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Boston
Medical Library
8 The Fenway
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JAHRESBERICHT
ÜBER DIE
FORTSCHRITTE
AUF DEM GEBIETE DER
CHIRURGIE.
JAHRESBERICHT
ÜBER DIE
FORTSCHRITTE
AUF DEM GEBIETE DER
CHIRURGIE
UNTER MITWIRKUNG VON
Db. Bartholdt (Wiesbaden), Dr. Becker (Hiloesheim), Prof. von Bonsdorff (Hklsinofors),
Bk. Borchard (Poseh), Dr. B. Bosse (Berun), Prof. Dr. Bötticher (Giessen), Dr. Brunner
iMüssrrliiigen), Prof. Dollinger (Budapest), Prof. Dr.Ehsich (Rostock), Dr. Giani (Turin),
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Dr. Zimmermann (Dresden).
REDIGIERT UND HERAUSGEGEBEN
VON
PROF. DR. HILDEBRAND
IN BERLIN.
XI. JAHRGANG.
BERICHT ÜBER DAS JAHR 1905*
WIESBADEN.
VERLAG VON J. F. BERGMANN.
1906.
Nachdrack verboten.
Übersetzungsrecht in alle Sprachen vorbehalten.
Druck der Kgl. UniverBit&todrucker«! von H. Stflrtz in Wanbnrg.
Inhalt.
I. Allgemeine Chirurgie.
Seit«
I. NtrkMe, Narkotika, Anaesthetika. Ref. Prof. Dr. A. Rltsclil, Freibarg . 3 — 48
Allgemeines über Narkose and Narkotisierang 8 — 11
Ghloroformnarkose und Chloroformsaaerstoffnarkose 11 — 21
Äthernarkose 21 — 23
ithy]chlorid 28 — 25
Slischnarkose 25 — 26
Skopolamin-Morphin-Narkose 26 — 83
Lokale Anästhesie 33 _ 89
Rfickenmarksanftsthesie 39 — 48
n. AUgeneiae Operatioiislelire. Ref. Prof. Dr. A. Ritschl, F reibarg . . . 48 — 63
OL Vertiftnflgea. Ref. Oberarzt Dr. Ernst Pagenstecher, Wiesbaden . . . 68 — 66
IV. Verbreooa^efl oad Erfriemogeo. Ref. Oberarzt Dr. E. Pafeostecher,
Wiesbaden 67 — 69
A. Yerbrennangen 67 — 69
B. Erfrieraogen 69
V. Aüfeaidiie Qeschwalatlehre. Ref. Dr. R. Volkmaon, Dessau 69 — 90
Ätiologie der malignen GeschwQlste 69 — 78
Histologie der Geschwülste 78 — 81
Klinik nnd Kasuistik der Geschwülste 81 — 90
VI. Vertetzang eo ood chinirgische Krankheiten der Haut und des Snbkntan-
fcwcbes. Ref. Kgl. Kreisarzt Dr. E. Becker, Hiidesheim 91 —126
Allgemeines 91 — 93
Spezielles 98 —126
I. Verletzungen 93 — 99
1. Frische Verletzungen 93
2. Narben behandlang, Plastik, Transplantation 94 — 99
II. Chirurgische Erkrankungen 99 — 126
1. Zirkulationsstörungen 99 —101
2. EntzQndungen 101
3. Spezifische Entzündungen 101—107
4. Progressive Ernährungsstörungen 107—121
a) Hypertrophie 107—112
b) Geschwülste 112-121
VI Inhalt.
5. Regressive Ernährungsstörungen 1.
6. Epitheliale Anhangsgebilde der Haut 1^
7. Seltene, durch Parasiten erzeugte Hantkrankheiten . . . . li
VII. Tuberkulose, Syphilis, Lepra, Aktinomykose, Mllibrand, Maul- uod
Klaueuseuche, Echinococcus. Ref. Priv.-Doz. Dr. R. Waldvogel, Göttin gen
• und Medizinalrat Dr. A. Borchard, Posen 12
Tuberkulose. Ref. Priv.-Doz. Dr. R. Waldvogel, Göttingen . . 12
Botryomykose, Rotz, Noma, Aktinomykose, Echinococcus,
Milzbrand, Lepra. Syphilis. Ref. Medizinalrat Dr. A. Borchard»
Posen 18
Botryomykose, Rotz, Noma 18
Aktinomykose 181
Echinococcus 18^
Milzbrand 18(
Lepra 18^
Syphilis 18£
VIII. Erkrankungen der Sehnen, Sehnenscheiden und Muskeln. Ref. Prof. Dr.
E. Qoldmann, Freiburg 19g
' IX. Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blutgefässe, der Lymph-
gefXsse und Lymphdrüsen. Ref. Prof. Dr. E. Ehrich, Rostock . . . 205
Allgemein.es 205
Hämophilie 210
Blutstillung. Hämostatika 211
Venaesektion. — Intravenöse Infusion 213-
Heilwirkung der Hyperämie 214
Gefässverletzung. — Unterbindung. — Gefässnaht 215-
Arterienerkranknng 221-
Das Aneurysma 2^6-
Phlebitis. Thrombose. Varicen 232-
Lymphdrüsen- und Lymphgefässerkrankungen 236-
Gefässgeschwülste 242-
X. Verlegungen und chirurgische Erkrankungen der peripherischen Nerven.
Ref. Prof. Dr. Th. Kölliker, Leipzig 243-
Lehrbttcher
Nervenanatomie
Nervendegeneration. Nervenregeneration ....
Pathologie der Nerven .
Nervenluxation
Nervennaht ......
Nerven-Anastomose
Nervenlösung
Nervendehoung 243—!
Nervenresektion
Intrakranielle Trigeminusresektion
Sympathicus-Resektion
Periphere Paralyse
Neuralgie
Neuritis
Neurora 1
Nachtrag zu 1904 ^
XI. Allgemeines über Frakturen und Verletzungen der Gelenke. Ref. Geh.
Med.-Rat Prof. Dr. A. Hoffa. Berlin 255-2;
Inhalt. VII
Betto
Xil. Die Ericraiilaiiiffea der Koocheo. Ref. Prosektor Dr. C. Hnefer, Alton a 271-291
Allgemeines 275—278
Anomalien des Knochen Wachstums 278—280
Osteomyelitis, Ostitis fibrosa 280-281
Tnberkalose, Lnes, Typhus, Lepra 281—282
Ostitis defonnans, Osteoarthropathie 282—283
Osteomalacie 288-284
Rachitis and Barlowsche Krankheit 284—285
Akromegalie 285—286
Knochen plombier ang, osteoplastische Operationen 286—288
Zysten und GeschwQre 288—291
XID. Erkraaknafen der Gelenke. Ref. Dr. K. Bartholdy, Wiesbaden. . . 291-306
Allgemeines 291^294
Erkrankungen der Gklenke bei akuten Infektionen 294—295
Chronische Erkrankungen der Gklenke 295—303
Sonstige Erkrankungen 303-806
XIV. WiiBdheilaiif t Stönmgea der Wandheiloot» Waodlofektlooserref er (Ent-
zifldaaf , Eiteroof , Erysipel, iiyogene Allgemeiaerkrankaafen, Toxlmie,
Sephthimie). Waadbehaadlans:, Aseptik, Antiseptlk, Antiseptika. Ref.
Chefarzt Dr. K. Bmnner, Mflnsterlingen 306—331
1. Wandheilung, Störungen der Wundheilung 806—314
a) Allgemeines. Experimental Untersuchungen, Bakteriologisches Aber
Wundinfektion- und Eitererreger 306-309
b) Phlegmone, Gangrftn, Noma, Furunkel, Karbunkel, Staphylokokken-
Infektion 309—310
c) Streptokokkeninfektion. Erysipelas. Antistreptokokkenserum . 310—313
d) Pyogene Allgemeinerkraokungen. Toxftmie, Sephth&mie, Pyo-
sephthftmie 913—314
2. Wandbehandlung 314-331
a) Aseptische Wundbehandlung. Geschichtliches. Bedingungen der
Aseptik. Allgemeines 314—317
h) Desinfektion der Hände und des Operationsfeldes 317—319
c) Sterilisation des Naht- und Unterbindungsmateriales 820
d) Sterilisation des Verbandmateriales, der Instrumente, Schwämme 881
e) Antiseptik, Antiseptika 322—325
f) Behandlung von Verletzungen und infizierten Wunden .... 326—327
g) Behandlung akuter Entzündungen mit Biers Stauungshyperämie 327—331
XV. Tetaoiis. Ref. Chefarzt Dr. K. Bmnner, Münsterlingen 332-338
L Pathogenese, Wirkung des Tetanusgiftes. Symptomatologie. Kopftetanus 332—335
n. Therapie 335—338
XVI. Wnt Ref. Chefarzt Dr. K. Branner, Mansterlingen ...... 338—340
IL Spezielle Chirurgie.
I. Kopf.
L Die Verletznngen und chinirf Ischen Krankheiten des SchXdels und Gehirns.
Ref. Dr. E. von Meyer, Frankfurt a/M 343—367
Allgemeines Ober Hirnchirurgie und Trepanation 843—346
Verletzungen des Schädels und Qehirns durch Schuss und andere Ge-
walten. Traumatische Meningitis und Himabszesse 346—354
VIIT Inhalt.
Sc
Erkrankungen der Stirn- und Eeilbeinhöhlen 354
Hydrocephalus, Meningocelen, Encephalocelen, Meningitis und nicht
otogene Thrombosen 856
Trigeminusneuralgie 357
Epilepsie 857
Tumoren und Zysten 860-
Otitische Erkrankungen 864-
N achtrag: Ausländische Referate 867
II. Verletzuoi:ea ood chlrorfische Krankheiten des äusseren Anges, des
äosseren Ohres und der Nase. Ref. Dr. Q. Zimmermann, Dresden und
Dr. W. L M^er, Dresden 368-
A. Verletzungen und chirurg. Krankheiten des äusseren
Auges. Ref. Dr. W. L. M^er, Dresden 368-
B. Verletzungen und chirurg. Krankheiten des äusseren
Ohres und der Nase. Ref. Dr. Q. Zimmermann, Dresden . . 398-
1. Ohr 398-
2. Nase 402-
III. Die Verletzungen und die chirurgischen Krankheiten des Gesichts, der
Spelcheldr&sen, des Mundes, der Zunge, des Gaumens, der Gesichtsnerven,
der Mandeln, der Kiefer und der Zähne. Ref. Prof. Dr. C. Partsch,
Breslau 410—
Erkrankungen des Gesichts 410—
Erkrankungen der Gesichtsnerven 418—
Angeborene Missbildungen 421—
Erkrankungen der Mundschleimhaut 424—
Erkrankungen der Speicheldrüsen 426—
Erkrankungen der Zunge 432—
Erkrankungen des Gaumens 436—
Erkrankungen der Mandeln 441 —
Erkrankungen der Kieferhöhlen 446—
Erkrankungen der Kiefer und Zähne 451—^
n. Hals.
IV. Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Halses und der Schilddrüse.
Ref. Dr. D. Mac Gillavry, Amsterdam 462— £
Schilddrüse. Morbus Basedow 462—4
Andere Halsorgane 489—5
V. Chirurgische Erkrankungen des Rachens und der Speiseröhre. Ref.
Priv.-Doz. Dr. F. Sauerbruch, Greifs wald 503—5
Rachen 503-5
Ösophagus 506—5!
VI. Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien. Ref. Prof. Dr. C. Bötticher, Gi essen . 526-51
A. Kehlkopf 526-5(
B. Luftröhre und Bronchien 533— 5^
m. Brust.
VII. Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Thorax. Ref. Prof. Dr. C.
Bötticher, Gi essen 538-54
VIII. Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der Brustdruse. Ref.
Prof. Dr. G. Bötticher, Giessen 547-55
Angeborane und entzündliche Störungen der Brustdrüse 547—54:
Geschwülste der Brustdrüse 549-55'
Inhalt. IX
Seite
OL Verietmfeo aad chirnrtische Krankheiten der Pleura und Lnnfe. Ref.
Okcrant Dr. J. Schnlz, Barmen 555—594
Heora 555—567
Longe 567—594
I Erfcraafaiafea des Denens und des Herzbeutels. Ref. Dr. B. Bosse,
fierlin 595-629
MisBbildaogen, teila angeboren, teils erworben 597—598
Experimentelle Physiologie nnd Pathologie des Herzens 598—599
Hendilatation 599—601
Spontane und posttiaomatische Herz- und Gefässyeränderangen . . . 601 — 604
Fremdkörper 604
Digitalis und Ersatzmittel 604-606
Entzfindongen 606—609
Geachwfilste 609—611
Herzanenrysmen 611
Aortenanenrysmen 611—612
Aneorysmen anderer Gefftsse 613—614
Stich- und Scbassyerletzongen 614—616
Operative Herzchirurgie 616—620
IT. Bauch.
XL Verfetznufea nnd chirursische Erkrankungen des Magens. Ref. Dr. B.
Meser, Zittau 621—714
A. Allgemeines 621—667
B. Spezielles 668—714
a) Verletzungen, Ulcus ventriculi traumaticum und Fremdkörper . 668—670
b) Gastroptose. Magendilatation. Postoperative und parenchymatöse
Magenblutungen 670—679
c) Yolyulus des Magens 679
d) Kongenitale Pylorusstenose. Kongenitaler Sanduhrmagen . . . 679 — 684
e) Entzündungen, Geschwftre und deren Folgeerscheinungen . . . 685—703
f) GeschwfllBte, Lues, Tuberkulose 703—714
Xn. Die Verletznngen nnd chirurgischen Krankheiten des Darmes. Ref. Dr. E.
Hagenbach, Basel und Dr. B. Voswinckel, Berlin 714—827
Allgemeines. Technik. Ref. Dr. £. Hagenbach 714—738
Kongenitale Störungen. Ref. Dr. E. Hagen bach 733—735
Verletzungen. Fremdkörper. Ref. Dr. £. Hagen bach 735—740
Tumoren. Ref. Dr. E. Hagenbah 740—747
Entzfindnngen, Geschwfire, Strikturen, Divertikel, Perforation Ref. Dr.
E. Hagenbach 747—767
1. Kolitis, Sigmoiditis 747-750
2. Tuberkulose, Syphilis 750—755
3. Geschwfire, Gangrftn 755—758
4. Stenosen 759—761
5. Dilatation, Hirschsprungsche Krankheit, chronische Konstipation 761—763
6. Perforation, insbesondere bei Typhus abdominalis 763—764
7. Divertikel, Prolaps, Fisteln, Enteroptose, Varia , 765—767
Appendicitis. Ref. Dr. E. Voswinckel, Berlin 768—818
Darmverschluss. Ref. Dr. E. Hagenbach . 818—827
1. Allgemeines 818—820
2. Strangulation, Knickung, Kompression 820—821
3. Volvnlus 821—824
4. Invagination 824—827
5. Heus durch Meokelsehes Divertikel, Wfirmer etc 827
X Inhalt.
XIII. Erkraakaagea der Banchwand und des Peritoneums. Ref. Oberarzt Dr.
Ernst Pafeostecher, Wiesbaden 82
Bauch. Allgemeines 82
Erkranknngen der Banchwand 83
Erkrankangen des Nabels *. . 83;
Verletzungen des Bauches * 831
Akute Peritonitis 83t
Tuberkulose Peritonitis 84€
Aszites 841
Geschwülste 84.=
Krankheiten des Mesenteriums und Netzes 846
Bretroperitoneales Gewebe 85C
Nachtrag:: Italienisshe Literatnr. Ref. Dr. R. Qiani, Turin . . . . 851
XIV. Verletzungen und chirargisclie Krankheiten des Rektums. Ref. Dr. Fr.
Mertens, Bremerhaven 853
A. Allgemeines 853
B. Spezielles 858
a) Kongenitale Störungen 858
b) Verletzungen. Fremdkörper 858
c) Entzflndungen, GescbwQre, Strikturen 858
d) GeschwtQste, Prolapse, Hämorrhoiden 860-
XV. Die Hernien. Ref. Dr. E. Kammeyer, Berlin 866
Allgemeines 867-
Inguinalhemien 874-
Kruralhernien 879-
ümbilikalhernien 882-
Innere Hernien 883-
Seltene Hernien 884-
XVI. Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Leber und Qallenblase.
Ref. Oberarzt Dr. Ernst Pagenstecher, Wiesbaden 891-
Allgemeines 891—
Verletzungen der Leber und der Gallenblase 893—
Schnflrleber, Wanderleber, Leberdrrhose, Tuberkulose, Syphilis . . 896—
Echinokokken der Leber 899—
Leberabszess, Leberen tzflndung, Cholangitis 906—
Tumoren der Leber, Gallenblase und Gallengänge ....... 902—
Erkrankungen der Gallenblase und des Ductus cysticus ausschliesslich
Tumoren 905—
Erkrankungen des Ductus choledochus und hepaticus (ausschliesslich
Tumoren) 911—
Galienstoinileus 914
Nachtrag: Italienische Literatur. Ref. Dr. R. Qiaai, Turin .... 915-
XVII. Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der Milz. Ref. Dr.
Achilles Maller, Basel 920-
Verletzungen 920—
Akute Entzündungen 921—
Chronische Entzündungen 922—
Hyperplasien 923—
Zysten 929-
Varia 931- !
XVIII. Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der Nieren und Harn-
leiter. Ref. Priv.-Doz. Dr. P. Ziegler, M ü n c h e n ...... 934- 1(
Inhalt. XI
Seite
Aogeborene Missbildangeii 934— 986
ADatomie und Physiologie 936— 937
NierenTerletzongen 937— 938
Wanderniere 938— 944
Hjdronephroee 944— 946
Aknte Pyelitis, I^onephritis, Pyonephrose, Nieren abszesse . . . 946 — 949
Para-Perinephritis 949
Tuberkulose 949— 955
Nephrolitbiasis 955— 960
Anurie 960— 961
Funktionelle Nierendiagnostik 961— 968
Geschwülste und Zysten 869- 976
a) Zysten 971— 974
b) Geschwülste 974— 976
Operationen 977— 979
Akute und chronische Entzündung 979— 992
Chirurgie der Harnleiter 992— 998
Kasuistik und Lehrbücher 998—1003
Chirurgie der Nebenniere 1008—1005
Adrenalin usw 1005—1007
Syphilis 1007
Varia 1007
XIX. Die VerietzBogea und chirargiscbeo Krankheiten der Blase. Ref.
Prof. Dr. H. Reerink, Freibnrg i. Br 1011-1035
Anatomie und Physiologie der Blase 1011—1012
Allgemeines Ober Blasenchirurgie 1012—1020
Ektopie, MissbUdungen, Divertikel 1020—1022
Yerletzongen der Blase 1022—1024
Zystitis, Perzystitis 1024—1027
Tuberkulose der Blase 1027
Fremdkörper der Harnblase 1027—1028
Blasensteine 1028-1030
Geschwülste der Blase 1080—1035
XX. IKe Verletznngen ood chirargiscbea Krankheiten der männlichen
Genitalien. Ref. Dr. H. Mohr, Bielefeld 1035-1120
Allgemeines. Penis. Skrotum 1035 — 1047
Hüllen des Hodens und Samenstranges 1047—1051
Hoden, Nebenhoden und Samenstrang 1041—1068
Prostata, Samenbläschen, Cowpersche DrQsen 1068—1111
Nachtrag. Italienische Referate 1112—1120
XXI. Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Urethra. Ref. Prof.
Dr. F. Pels-Lensden, Berlin 1120-1133
XXII. Verletzungen und chirurgische Krankheiten der oberen Extremität.
Ref. Or. C. Neck, Chemnitz 1133-1151
Angeborene Krankheiten, Missbildungen, Entwickelungshem-
mungen etc 1133—1136
Krankheiten der Haut 1136-1137
Erkrankungen und Verletzungen der Gefässe 1187
Erkrankungen und Verletzungen der Nerven 1137—1188
Erkrankungen und Verletzungen der Muskeln, Sehnen, Sehnen-
scheiden, Schleimbeutel und Faszien 1138—1139
Erkrankungen der Knochen und Gelenke 1139—1142
XII Inhalt
Frakturen 11^
Luxationen 114
Verschiedenes HS
XXIII. Die Verletzuni^en uad chlnirKlscben Krankheiten der unteren Extre-
mität. Ref.: Oberarzt Dr. P. Schnitze, Duisburg, Medizinalrat
Dr. A. Borchard, Posen, Dr. P. Snter, Basel 115:
Angeborene Missbildungen und Difformitäten der
unteren Extremität. Ref. Oberarzt Dr. P. Schnitze, Duis-
burg 115!
Eongenitale Luxation der Hüfte 1151
Coxa vara 1151
Coxa valga 1161
Genu recurvatum und Genu valgum 1161
Kongenitale Luxation des Fussgelenks . 116^
Klumpfuss und Hohlfnss 1163
Plattfuss 1166
Metatarsns varus 1168
Halux valgus 1168
Kongenitale Defekte 1168
Verletzungen der Knochen und Gelenke der unteren
Extremität. Ref. Medizinalrat Dr. A. Borchard, Posen . . 1170
Allgemeines 1170
Frakturen und Luxationen im Bereich des Beckens 1170
Luxationen im Hüftgelenk 1171-
Frakturen des Schenkelhalses 1172-
Frakturen des Oberschenkels 1174-
Knie 1175-
Luxation der Patella 1176
Streckapparat des Knies 1176-
Verletzungen der Semilunarknorpel, Kreuzbänder usw 1179
Unterschenkel 1179-
Luxationen im Bereich des Fusses 1191
Frakturen im Bereich des Talus und Calcaneus 1182
Mittel- und Vorderfuss 1182-
Die Erkrankungen der unteren Extremität unter Aus-
schluss der angeborenen Missbildungen, der Diffor-
mitäten, Frakturen und Luxationen. Ref. Dr. P. Snter,
Basel 1184-
Lehrbflcher, Anatomie, Allgemeines, Operationsmethoden, Apparate 1184-
Erkrankungen und Verletzungen der Weichteile 1193-
Haut und Anhangsgebilde 1193
Blutgefässe 1194-
Nerven 1196
Sehnen, Sehnenscheiden, Faszien, Muskeln, Schleimbeutel,
Lymphgefässe und Lymphdrüsen 1196-
Varia 1199-
Verletzungen und Erkrankungen der Knochen 1206—
Becken 1106
Oberschenkel 1206-
ünterschenkel 1208-
Knochen des Fusses 1211—
Inhalt. XIII
Seite
Erkrankangen der Gelenke 1212—1226
Dee Hfiftgeleukes 1212-1215
Des Kniegelenkes 1215—1225
Des Fussgelenkes 1225—1226
XXIV. OieVerletzaoteo und chinirgischea Krankheiten der Wirbelsinle uod
des Rnckenmarks. Ref. Geh. Med.-Rat Prof. Dr. A. Hoffa, Berlin 1227-1265
Frakturen, Lnxationen und sonstige Verletzungen der Wirbelsäule 1227—1231
Osteomyelitis, trsumatische Erkrankungen und chronische Ent-
zündungen der Wirbelsäule 1231—1285
Spondylitis tuberculosa 1235—1239
Skoliose 1289-1253
Tumoren der Wirbelsäule, des Rückenmarks und seiner Häute,
Spina bifida, Missbildungen 1254—1258
Traumatische Rückenmarkserkrankungen 1258—1260
Nachtrag: Italienische Referate 1260—1265
XXV. Kdatienolo^e. Ref. Dr. A. Perti, Karlsruhe 1265—1293
XXVL Die Lehre voo den Instmmenteii, Apparaten und Prothesen. Ref.
Prof. Dr. 0. Hildebrand» Berlin 1294-1296
XXVII. Kriepchimrfie. Ref. Generalarzt Prof. Dr. K. Seydel, München 1297-1305
XXVUL Italienische Literatur von 1905. Ref. Dr. R. Qlaui, Turin . . 1305-1345
III.
HisMiches; Lehrbiicher; Berichte. Aufsätze allcemeinen Inhalts. Ref. Prof.
Dr. 0. Hildebrand, Berlin 1349—1364
Geschichte der Chirurgie 1349—1350
Lehrbücher 1350-1351
Jahresberichte von Krankenhäusern etc 1352 — 1354
Aufsätse allgemeinen chirurgischen Inhalts 1354 — 1364
AntMta-Rccister 1365—1388
Sacl-R^ster 1389
Die Redaktion des von Prof. Dr. O. Hildebrand (Berlin) he
gegebenen Jahresberichtes richtet an die Herren Fachgenosser
Forscher, welche in dessen Gebiete Gehöriges und Verwai
publizieren, die ergebene Bitte, sie durch rasche Übersendung
Separat-Abdrücken ihrer Veröffentlichungen sowie durch einschlag
Mitteilungen baldigst und ausgiebigst unterstützen zu wollen.
Zusendungen wolle man an Herrn Professor Dr. O. Hildebr;
Berlin N.W., Kronprinzen Ufer 61., richten.
Berichtigungen.
Aaf S. 23 — 24 mass e» mehrfach statt Fluorixio PhloridEin heüeten.
Aaf S. 4, 26 und 27 mu.ss es statt Dick Dirk heisHeD.
Aaf S. 783 8. Zeile von unten muKs es statt Laminariatherapie Scrumtherapie heinsen.
I. Teil.
Allgemeine Chirurgie
Jabrctbwieht fBr Chinirgie 1905.
I.
Narkose, Narkotika, Anästhetika.
Referent: A. Ritschl, Freiburg.
Die mit * yersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
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1. Allgemeines fiber Narkose und Narkotisierung.
Müller (108) fasst in einem far den praktischen Arzt bestimmten A
satz die Hauptkontraindikationen des Chloroforms und Äthers zusammen,
die Gefahren der Mittel hinweisend. Durch die richtige Wahl der Nark
sierongsmittel, unter denen Chloroform und Äther die gebräuchlichsten,
sich aber gleichwertige Mittel darsteUen, sowie durch die richtige Meth(
der Anwendung können die Gefahren der Narkose auf ein Minimum reduzi
werden.
Luke (91) bespricht in einem klinischen Vortrage ohne Neues zu bring
die Erfordernisse eines guten Narkotikums und die Notwendigkeit, dass c
Ritsch L, Narkose, Narkotika, Anäathotika. 9
Airkotiseur die Tlieorie und Praxis des Narkotisierens gründlich erlerne. Ein
Röckbück auf die Zeit, ehe es die Narkose gab, wird in den Vortrag ein-
gedochteiL
In einem Vortrage beschäftigt sich Luke (90) mit den Ursachen und
der BehaDdlüDg des Erbrechens während und nach der Narkose. Für die-
selbe ist von Bedeutung das zur Verwendung kommende Anästhetikum, die
>atar der Operation und ihre Dauer, der Grad yon Sorgfalt, mit der nar-
kotisiert wird, die Vorkereitung und Nachbehandlung des Operierten, der
Zustand des Kranken zur Zeit der Operation, besonders soweit es sich um
die Verdaaongsorgane handelt, endlich das Alter, Geschlecht und Temperament
des Kranken. Die Behandlung muss darauf gerichtet sein, das in den Geweben
beiindliche Narkotikum möglichst schnell zur Ausscheidung zu bringen, sowie
die im Magen befindlichen, mit dem Narkotisierungsmittel erfüllten Massen
20 beseitigen. Die Auscheidung, welche durch die Lungen, die Haut, den
Darm nnd die Nieren erfolgt, sollte durch künstliche Erhöhung der Funktionen
dieser Organe befördert werden.
Schopf (147) hält die vielen neuen, zum Teil recht komplizierten
ipparate zur Narkotisierung für überflüssig, da sich die Dosierung mit Hilfe
einer gewöhnlichen Maske in bester Weise erreichen lasse; denn in jedem
Fall sei die zur Herbeiführung der Narkose notwendige Menge des Narkoti-
kums Terschieden gross und selbst während der Narkose müsse mit der Zu-
fiihr des Narkotikums ein rascheres oder langsameres Tempo eingeschlagen
Verden. AU dieses richtig zu beurteilen und auszuführen sei Sache des Nar-
kotisierenden. Durch Todesfalle vom Gebrauch von reinem Chloroform, Äther,
Billroth-Mischung abgeschreckt, hat Schopf sich neuerdings für Schleichs
Siedegemisch entschieden, welches er, ohne einen Todesfall zu erleben, nun-
mehr 7 Jahre in Gebrauch hat. Die interne oder subkutane Darreichung von
Narkoticis verwirft Schopf aus dem Grunde, weil er nur solche Methoden
für erlaubt hält, die eine alhnähliche, dem Fall angepasste Zufuhr des Nar-
kosemittels bis zur Erreichung des vorgesteckten Zieles gestatten. Diesen
Anfordenmgen genügt aber nur die Inhalationsnarkose. Um deren Gefahren
ZD umgehen, empfiehlt Schopf die möglichst ausgedehnte Anwendung und
veitere Verrollkommnung der lokalen Anästhesie. Selbst die Morphiuminjek-
tionen vor der allgemeinen Narkose hält er für bedenklich. Die lumbale
Anästhesie hat 'neben beschränktem Anwendungsgebiet den Nachteil unan-
genehmer Allgemeinwirkungen (Kollaps) und birgt die Gefahren der Menin-
gitis in sich.
Engelken (40) hat den Apparat zur Einleitung des Überdruckver-
iahrens, den er in einer Arbeit des vorigen Jahrgangs (Ref. S. 10) beschreibt,
in verschiedener Hinsicht verbessert. Der den Narkotiseur aufnehmende, luft-
dicht« Kasten hat sechseckige Gestalt erhalten, die drei vorderen Seiten des
Oberbaaes sind aus Glas hergestellt, und es kann der Kasten bei drei Zentner
Gewicht #on einer einzelnen Person dirigiert werden. Durch Mikrophone
i^t für leichten Verkehr des Narkotisierenden mit dem Operateur gesorgt.
Die Entlüftnngsvorrichtungen sind vereinfacht, das Manometer für die Druck-
bestimmong dem Narkotisierenden und dem Operierenden gleichzeitig sicht-
^' Praktische Versuche ergaben, dass ohne besondere Belästigung für den
Narkotiseur mehrere Narkosen nacheinander ausgeführt werden können, da
iiä einer Entfernung von 30 cm von der Maske von Chloroform nichts zu
riechen ist. Wesentliche Besonderheiten bietet die Narkose unter Überdruck
10 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
nicht, es sei denn, dass zu deren Unterhaltung dem Patienten eine wesent-
lich geringere Ghlorofornimenge zuzuführen ist. Die Vorrichtung bewährte
sich bei verschiedenen eingreifenden Lungenoperationen bestens, inbesondere
verliefen die Narkosen durchaus befriedigend.
Thompson (162) stellte durch Versuche an Hunden fest, dass die
Narkose einen bestimmten Einfluss auf die Urinsekretion ausübt, dergestalt,
dass bis zum Eintritt voller Anästhesie die Urinabsonderung vermehrt ist,
während der tiefen Narkose aber so gut wie völlig versiegt und zwar bei
Äthergebrauch in noch höherem Grade ate bei Ghloroformgebrauch. Nach der
Narkose erholen sich die Nieren ausserordentlich schnell und produzieren für
eine gewisse Zeit eine beträchtlich reichere Urinmenge als unter gewöhnlichen
Verhältnissen.
Guthries (53) Aufsatz beschäftigt sich mit jenen eigentümlichen Todes-
fällen, die kürzere oder längere Zeit nach der Narkose auftreten , nachdem
heftiges, unstillbares Erbrechen, Erregung, DeUrien, gelegentlich Ikterus und
schliesslich Bewusstlosigkeit und Koma vorausgegangen. Der Tod erfolgt
durchschnittlich am fünften Tage, manchmal später, manchmal schon nach
12 — 48 Stunden. Guthries Beobachtungen gipfeln in folgenden Sätzen:
Äther und Chloroform sind unter gewissen , zurzeit noch unbekannten
Bedingungen gefährlich. Die Erscheinungen weisen auf eine Säureintozikation
hin durch die giftigen Vorstufen des Azetons; diese Gifte (/f-Oxybuttersäure
und ähnliches) entstehen durch Spaltung von Fett. In fast allen Todesfallen
Hess sich fettige Metamorphose in den meisten Organen, besonders der Leber,
nachweisen. Die Säureintoxikation hängt mit solcher Fettmetamorphose eng
zusammen. Wenn allgemeine Fettmetamorphose prolongierten Chloroform-
narkosen folgt, so ist doch kaum anzunehmen, dass sie durch kleine Mengen
Chloroform bei kurzen Operationen entstehen kann. Der Äther ist nicht
fähig ähnliche Veränderungen wie das Chloroform hervorzurufen, dennoch
werden solche in derselben Ausdehnung bei Todesfällen nach Äther gefunden.
Hieraus ist zu folgern, dass |die Fettmetamorphosen bereits vor der Ätheri-
sierung bestanden haben. Die Spaltung des Fettes in Säuregifte mag dem
zuzuschreiben sein, dass Chloroform und Äther den normalen Stoffwechsel
schädigen oder auf irgend eine Weise die Wirkung im Darme vorhandener
bakterieller Toxine fördern. Jedenfalls muss eine fettige Umwandlung höheren
Grades vorausgegangen sein, um eine Vergiftung mit Fettsäuren zu erklären.
Wahrscheinlich ist, dass die fettigen Veränderungen in der Leber physio-
logisch sind und ihrer Natur nach mehr infiltrative als degenerative. Wenn
die Dinge so lägen, wäre es verständlich, warum die Anästhetika zu gewissen
Zeiten gefährlich sind, zu andern aber nicht, sofern nämlich der eigentliche
Grund der Gefahr in einer übergrossen Menge von Fett bestände, die zur
Zeit der Operation in der Leber vorhanden ist. Der übergrosse Fettgehalt
der Leber kann bedingt sein durch Zufuhr grosser Mengen von Lebertran
und Fett, wie sie zur Kräftigung rachitischer und schwächlicher Kinder so
oft angewandt werden, womöglich bei gleichzeitigem Mangel an Körperbe-
wegung.
Aus Vorstehendem zieht Guthrie für die Narkotisierung von Kindern
folgende praktische Schlüsse: 1. Vor der Operation bei fetten und scheinbar
gesunden Kindern sollte sorgfaltig nach Verdauungsstörungen (^bilious attacks^)
gefahndet werden, da diese in Wirklichkeit durch Säurevergiftung bedingt
sein könnten. 2. In allen Fällen, wo Überschuss an Fett und Mangel an
Ritschl, Narkose, Narkotika, Anftathetika. 11
EörperübuBg angenommen werden kann, sollte mit der Operation gewartet
und einige Tage lang fettfreie Nahrang gegeben werden. Milde Abführmittel
sind während dieser Zeit jedenfalls nützlich. Der Urin sollte auf Acid. dia-
cetic. untersucht und bei positiver Reaktion Alkalien, wie Natr. bicarbonicum
gegeben werden. 3. Es sei femer daran zu denken, dass Hunger und Furcht
Azetonurie hervorrufen. Guthrie empfiehlt daher Nährklistiere zwei Stunden
Tor und unmittelbar nach der Operation zu geben, zumal sich die Furcht
vor der Operation nicht immer wirksam bekämpfen lasse. 4. Treten Sym-
ptome Ton Säureintoxikation nach Operationen auf, so sind folgende Mittel
anzuwenden: Aderlass, Eochsalzinfusion und Klistiere von Natronbikarbonat-
lösung.
Müller (110), welcher über Herzmassage experimentell gearbeitet hat,
empfiehlt zur Wiederbelebung neben der Massage des Herzens nach Eröffnung
des Brustkorbes und Herzbeutels die gleichzeitige intravenöse Infusion von
Sauerstoff und warmer Kochsalzlösung. Durch dieses Verfahren gelang
es Müller Hunde, die infolge von Ghloroformvergiftung 20 — 25 Minuten
ohne Puls und Atmung gewesen waren, wiederzubeleben. Er glaubt daher
dieses Verfahren, für welches er zum Gebrauch beim Menschen besondere
Vorschriften erteilt, auch bei Vergiftungs- und Erstickungstod den Ärzten
empfehlen zu können.
Bellamy Gardners (5) Zungenzange soll beim Vorziehen der Zunge
Quetschungen vermeiden und trägt an der einen der breiten, die Zunge um-
fassenden Branchen eine Metallspitze, die sich beim Gebrauch in die Zunge
einbohrt. Das kurz gebaute Instrument ist an der Vereinigungsstelle der
Branchen soweit ausgebogen, dass es mit dem durchgesteckten Daumen der
linken Hand gehalten werden kann, so dass die übrigen Finger noch zum
Vorschieben des Unterkiefers gebraucht werden können.'
Delorme (31) zeigt in der Soci6t6 de Chirurgie de Paris einen Apparat,
den Haury ersonnen hat, um während der Narkose den Unterkiefer in vor-
geschobener Stellung zu erhalten. Er besteht aus einer Art Rahmen oder
Gestell, von dem jederseits zwei Säulen ausgehen. Die Nackengegend ruht
auf ersterem, während die an den Enden der Säulen befindlichen, durch
Schrauben in der erforderlichen Lage feststellbaren Pelotten einen Druck gegen
die aufsteigenden Kieferäste ausüben. Der Apparat, der den Narkotiseur
entlasten soll, hat sich in verschiedenen Krankenanstalten bewährt.
2, Chloroformnarkose und Ghloroformsauerstoffnarkose.
Der Bericht des Chloroformkomitees der Britischen medizinischen Ge-
sellschaft von 1905 (131) enthält weitere Untersuchungen Sherringtons und
Miss Sowtons über die Wirkung cbloroformhaltiger Ernährungsflüssigkeit
auf die Muskulatur. Objekte der Untersuchung waren der Skelettmuskel, die
Muskulatur der Gefässe einer Extremität und die Muskularis des Dünn-
darms. Es zeigte sich im allgemeinen, dass der lähmenden Wirkung des
Chloroforms ein Stadium erhöhter Erregbarkeit vorauszugehen pflegt, die sich
insbesondere an den Gefässen in einer vorübergehenden Verengerung kund
gibt, der später eine längere Zeit andauernde Erweiterung folgt. Im Ver^
gleich zum Herzmuskel ist der Skelettmuskel weniger empfindlich gegenüber
dem Chloroform, denn der gleiche Chloroformgehalt des Blutes, der bei jenem
schwächend und schliesslich lähmend wirkte, übte einen merkbaren Einfluss
12 JahreBbericht fflr Chirurgie. I. Teil.
auf diesen nicht ans. Das Chloroform wirkte femer in Blut gelöst weniger
giftig als in Kochsalzlösung.
Yernon Harconrt ist mit noch nicht abgeschlossenen Versuchen
beschäftigt, den dhloroformgehalt der Inspirations- und Exspirationsluft
Chloroformierter zu ermittehi. Er konnte feststellen, dass mehr als die Hälfte
des inspirierten Chloroforms wieder exspiriert wird.
Lucas Championniäre (88) yeröffientlicht zwei klinische Vorträge, in
denen er seine Ansichten über die Chloroformnarkose darlegt. Im ersten wendet
er sich gegen die von den Physiologen vertretene Lehre, dass bei der Narkose
verschiedene, regelmässig ablaufende Stadien unterschieden werden könnten
und warnt davor, die bei Tierversuchen gemachten Erfahrungen auf die mensch-
liche Praxis zu übertragen. Er weist hin auf die grosse Mannigfaltigkeit,
mit der die Vergiftung durch Chloroform (der Ausdruck Chloroformschlaf ist
unpassend, weil er die falsche Ansicht erwecken könnte, es handle sich um
einen dem physiologischen Schlaf nahestehenden und demgemäss ungefähr-
lichen Zustand) vor, während und nach der Narkose verlaufe und führt die-
selbe zurück auf die verschiedene Intensität, mit der die Vergiftung die
einzelnen Körperorgane ergreift. Praktisch folgert Championniere aus
diesen Erwägungen, dass wir nicht das Recht haben, das Chloroform innerhalb
der von den Physiologen bestimmten Grenzen bis zur Sättigung zu geben,
sondern dass es Pflicht ist, in jedem einzelnen Fall mit einem Minimum von
Chloroform auszukommen.
Im zweiten klinischen Vortrage behandelt Lucas Championni^re
(89) die Kegeln der Chloroformierung. In erster Linie ist die Respiration zu
überwachen und dem Patienten der freie Zutritt möglichst reiner Luft zu ermög-
lichen. Die Beschaffenheit des Chloroforms hängt weniger von der Art seiner
Darstellung ab, als von seiner absoluten Reinheit, die gesichert wird durch
öfteres Nachdestillieren und das Aufheben des Chloroforms in kleinen gefärbten
Fläschchen. Bei Herzkranken ist die Chloroformnarkose weniger gefährlich als
bei Lungenkranken. Es sollte daher der Zustand der Lungen vor der Narkose
gründlich untersucht werden. Bei Lungenkranken ist äusserste Vorsicht bei
der Chloroformierung geboten. Nervöse Personen werden wie Alkoholiker
leicht von stärkeren Erregungszuständen in den Anfangsstadien der Nar-
kose ergriffen. Dem kann man begegnen dadurch, dass man für möglichste
Ruhe sorgt und solche Personen nicht in geräuschvollen Operationssälen
narkotisiert. Für die Belebung Asphyktischer kommt nur die künstliche
Atmung unter Vorziehung der Zunge in Betracht. Die Labordeschen
Zungentraktionen wirken durch Erregung der Pharynxreflexe. Wenn aber
die Reflexe verschwunden sind, hat dieses Verfahren keinerlei Zweck. Ebenso-
wenig schätzt Lucas Championni^re die Anwendung der Elektrizität und
der Flagellationen zur Wiederbelebung. Durch IV« Stunden geübte künstliche
Atmung gelang esChampionni^re die Zirkulation aufrecht zu erhalten
und danach durch Tracheotomie und folgende Einblasung von Sauerstoff die
Atmung wieder herzustellen. Weiterhin gibt Lucas Championniere all-
gemeine Ratschläge für die Handhabung der Narkose, warnt vor jeder Über-
hastung und bespricht die bekannten kleineren Hilfeleistungen bei gestörter
Narkose. Zum Schluss gibt er Anweisungen über die Behandlung der Patienten
während und nach dem Erwachen. Anhangsweise werden noch verschiedene
der neueren Chloroformapparate erwähnt (Dubois und Vernonu. Harcourt)
und der von Ricard, sowie von Dupont und Reynier besprochen (Ab-
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anfisthetika. 13
iädimgeii). In der Konstruktion des Both-Drägerschen Chloroformsauerstoff-
ipparates erblickt Lucas Championniere einen wichtigen Fortschritt,
insofern die Darreichung reinen Sauerstoffs die Unreinlichkeiten der Atmo-
sphäre in einem Operationssaal ausschaltet, und gewisse schädliche Verun-
reinigungen des Chloroforms durch den Sauerstoff unschädlich gemacht zu
Verden scheinen.
Tissot (165) kritisiert die Lehre der Physiologen, dass beim Atmen
Ton Chloroformluftgemischen das Chloroform sich im Blut solange löst, bis
€5 die gleiche Spannung erreicht hat, als das Chloroform in der Luft; femer
da^ Chloroformluftgemische bis zu 12 : 100 ungefährlich seien. Er weist
mch 1. dass ein solcher Ausgleich in der Dampfspannung im Blute nicht
stattfinden kann, weil die Dosis 7 — 12 : 100 die tödliche Dosis schon über-
schreiten würde, 2. dass sich ein stabiles Gleichgewicht der Spannungen in
Loft und Blut zu keiner Zeit einstellt, 3. dass der Chloroformgehalt des
Bhtes yielmehr fortwährend schwankt je nach der Schnelligkeit, mit dem das
Chloroform ins Blut eindringt und wieder ausgeschieden wird, und abhängt
TGQ der Qualität der Atmung.
Auf die Beobachtung der Atmungstiefe legt Tissot beim Chloro-
&fniieren praktisch das grösste Gewicht, weil bei gesteigerter Atmung leicht
fe&hrliche Intoxikationen auftreten können, zumal wenn stärkere Chloroform-
kftg^nische zur Anwendung kommen, deren Chloroformgehalt 6—8 : 100
nicht überschreiten sollten. Die Tropfmethode hält er für ein sehr zweck-
mässiges Verfahren, wenn man darauf halte, das gefahrliche Exzitations-
stadium (polypnöe) nicht gewaltsam abzukürzen und in jedem Stadium, in
welchem die Atmung gesteigert sei, das Chloroform vorsichtig gebe.
Tissot (164) stellte durch Thierexperimente folgende Tatsachen fest:
Die Mei^enverhältnisse der im arteriellen Blut befindlichen Gase werden
durch die Chloroformierung nur dann verändert, wenn die Atmung in
stärkerem Masse Not leidet. Eine erheblichere Beeinträchtigung des Luft-
wechsels in der Lunge während der Chloroformnarkose führt zu einer Ver-
armung des Blutes an Sauerstoff. Schwache Chloroformdosen bedingen beim
Tier eine erhebliche und dauernde Steigerung des Gaswechsels in der Lunge
und demgemäss indirekt einen gesteigerten, über das Normale hinausgehenden
Gehalt des Blutes an Sauerstoff.
Tissot (166) studierte auf experimentellem Wege die Wirkung des
Chloroforms auf das Herz und dessen nervöse Zentren, indem er Beobachtungen
über den Blutdruck anstellte.
Ein Sinken des Blutdrucks gab in präziser Weise Auskunft über bevor-
stehende Gefahren, noch ehe an der Respiration Veränderungen bemerkbar
waren. Ausser ihrem verspäteten Erscheinen sind die Erscheinungen von
Seiten der Atmung auch oft schwer richtig zu beurteilen.
Bellamy Gardner (6) bemerkt in einer Zuschrift an die Herausgeber
der .,Lancet^^, dass die Verwendung eines Chloroformdampf- Luftgemisches
Ton bestimmtem Chloroformgehalt sich auch bei folgenden Klassen von Patienten
als unzureichend erwiesen habe: 1. bei solchen, die an Tropenfieber gelitten
haben, 2. bei Emphysematikem, 3. im Fieber. Bei ersteren bedurfte es
ausserordentlich starker Chloroformgaben, um die Muskeln für Bauchoperationen
m erschlaffen. Bei Emphysematikem ist infolge der verminderten Beweglich-
keit des Thorax und der Erweiterung der Lufträume in der Lunge die Gas-
diffosion verlangsamt. Bei stark Fiebernden ist zu berücksichtigen, dass die
14 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
Gase, sofern sie eine erhöhte Temperatur annehmen müssen, sich in geringerem
Grade im Blute lösen. Seiner Erfahrung nach ist Chloroform weniger im-
stande, reflektorische Spasmen fernzuhalten, als Äther. Bellamy Gardner
war öfter genötigt, bei Operationen, die eine Erweiterung des Sphincter ani
und des Gervix uteri oder Ziehen an den Becken- oder Abdominalorganen er-
forderten, Äther zu geben.
Beynier (132) weist in einem vor der Aead^mie de m^decine gehaltenen
Vortrage auf die Wichtigkeit hin, die Chloroformdämpfe in einer bestimmten
Verdünnung mit Luft zu geben und beruft sich hierbei auf die bekannten
Versuche Paul Berts. Zur Bereitung bestimmter Chloroformdampf-Luft-
gemische hat ein Schüler Reyniers, namens Dupont, mit Unterstützung
Chabauds und Thurneyssens einen handlichen Apparat konstruiert.
Dieser ist nach dem Prinzip gebaut, dass aus dem Inneren einer Flasche, in
der Chloroform verdampft, nach Belieben grössere oder kleinere Mengen
Chloroformdampf der Atmungsluft beigemengt werden können. Der
Apparat selbst besteht aus einer geräumigen Metallflasche, die teilweise mit
Chloroform gefüllt wird. In den Deckel der Flasche sind eingelassen 1. ein
Thermometer, das in das Chloroform eintaucht und gestattet, dessen Tempe-
ratur, die auf 15 — 16^ zu halten ist, abzulesen; 2. ein weiteres Rohr,
welches den Zutritt von Luft in den Innenraum der Flasche gestattet, jedoch
durch eine mit Zeiger verbundene Schiebervorrichtung ganz oder teilweise
geschlossen werden kann; 3. ein engeres Rohr, welches oberhalb des Deckels
in einen wagerechten, offenen Schenkel mündet, durch den der zu Nar-
kotisierende atmet. Das Rohr wird zu diesem Zwecke mittelst Gummi-
schlauchs mit einer dem Gesicht eng anliegenden Maske verbunden. Der
Atmungsluft werden um so mehr Chloroformdämpfe beigemischt, je weiter die
Verschlussklappe am Rohr 1 geöffnet wird. Der Zeiger gibt den Grad der
Beimischung von Chloroformdämpfen zur Atmungsluft in "/o, und zwar 0— 12 Vo
(12 g Chloroform auf 100 1 Luft) an. Beim Gebrauch wird der Schieber
zunächst auf 0 eingestellt. Der Kranke atmet alsdann reine Luft, nun wird
langsam steigend mehr und mehr geöffnet. Mit 8 ^/o igen Gemischen gelingt
es oft schon, die Narkose herbeizuführen. Darauf wird auf 5 — 6*^/o zur
Unterhaltung der Narkose zurückgestellt. Der Apparat wurde bei 125 Nar-
kosen mit vorzüglichem Erfolge gebraucht, sofern die Narkosen viel ruhiger
verliefen und die Folgen weit weniger belästigend waren. Man hat bei Be-
nutzung dieses Apparates noch den Vorteil, dass man die Narkose auch
ungeübten Händen anvertrauen kann, da eine Überdosierung damit ausge-
schlossen ist.
In der Diskussion zu diesem Vortrag ergreift Lucas Championni^re
das Wort. Er führt zunächst aus, dass beim Menschen die Chloroform-
narkose durchaus nicht nach einer von den Physiologen an Tieren festgestellten
Gesetzmässigkeit, vielmehr je nach der individuellen Empfänglichkeit des
Einzelnen sehr verschieden verlaufe, dass auch die Dosis sich beim Einzelnen
nie im voraus bestimmen lasse. Daher erfordere jede einzelne Narkose
Individualisierung. Zudem seien die verschiedenen Chloroformsorten in ihrer
Wirkung ungleich und ein selbst von Chemikern als rein befundenes Chloro-
form enthalte bisweilen Beimischungen die für die Narkose schwer ins Gewicht
fallen. Diese sind leicht zu beseitigen durch Redestillation. Für Chloroform-
apparate zur Dosierung schwärmt Lucas Championni^re im allgemeinen
nicht, insbesondere hält er den Apparat, den Reynier empfohlen hat, auch
Ritsohl, Narkose, Narkotika, Anftsthetika. 15
nicki for ▼ollkommen, besonders weil die zur Wirkung kommende Dosis
sowohl mit der Temperatur als auch je nach der Zahl und der Tiefe der
Athemzage wechseln muss. Von allen neuen Apparaten bedeutet nach Lucas
Championni^re nur der Rothsche einen erheblichen Fortschritt. Worin
dieser besteht, wird im einzelnen herTorgeboben.
Folgt noch je eine Erwiderung von Beynier und Lucas Championni^re,
die sich vor aUem um die Bedeutung der Ergebnisse der Tierphysiologie für
die ärztliche Narkosenpraxis dreht, sowie um den Wert der neueren Chloro-
formapparate, speziell des Roth- Drägerschen und des Dupont-Chabaud-
Thurneys senschen.
Nach ähnlichen Prinzipien wie der Dupontsche Chloroformapparat ist
der des Engländers Levy (86) konstruiert, den er an der Hand von Ab-
bildungen beschreibt.
Tnf f ier (168) hat von Collin einen handlichen Apparat zur Dosierung
Ton Chloroformdampf-Luftgemischen anfertigen lassen, der von den bekannten
Apparaten den Vorzug hat, dass er ganz aus Metall besteht und der Maske
immittelbar aufsitzt. Er ist nach dem Prinzip gebaut, dass die Inspirations-
Inft dorch eine Kammer streift, in der Chloroform verdampft. Ein an der
Seitenflache der Maske angebrachte verstellbare Öffnung lässt gleichzeitig
mehr oder weniger atmosphärische Luft zutreten.
Bei der Vorstellung ^eses Apparates in der AcadSmie de Chirurgie de
Paris entspinnt sich zwischen Tuff ier und Reynier ein Streit, ob und in-
wieweit sich mit den neueren Chloroformapparaten eine genaue Dosierung des
Chioroforms ermöglichen lasse.
Ricard (132) unterzieht die neueren Chloroformapparate (Roth-
Drägers, Vernon-Harcourt's, Dupont-Chabaud-Thurneyssens)
einer Kritik, wobei er dem letzteren den Mangel an Ventilen vorwirft. Das
Spiel der Ventile erleichtere ungemein die Beobachtung der Atmung. Da-
gegen lasse sich das Thermometer in letzterem Apparat gut entbehren, da
man bei niederer Temperatur den Ausfall an Chloroformdampf durch Ver-
minderung des Luftzutritts ausgleichen könnte und umgekehrt. Ricard
hat nach ähnlichen Prinzipien einen Apparat konstruiert mit Ein- und Aus-
atmungSYentil. Die Inspirationsluft streicht durch ein Glasgefäss, in welchem
Chloroform verdampft. Ihr Gehalt an Chloroform kann durch Öffnen und
Schliessen einer Anzahl von Öffnungen reguliert werden. Zugleich enthält
der Apparat im Innern eine höher und tiefer stellbare Scheibe, die es ermög-
licht, das Zuströmen von Chloroformdämpfen zu der Inspirationsluft gänzlich
auszuschalten. Die Konstruktion ist im Original nachzusehen, woselbst der
Apparat abgebildet ist. Bei 200 Narkosen bewährte sich der Ricard sehe
Apparat bestens.
Imbert (68) berichtet über 50 Narkosen mit dem Chloroformapparat
Ricards, die sehr günstig verliefen. Der Chloroformverbrauch betrug durch-
schnittlich pro Stunde 25 g. Die Narkose trat in 2 — 10 Minuten ein, die
Kranken erwachten 3—5 Minuten nach Beendigung der Chloroformzufuhr.
Erbrechen während der Narkose nur in 7 Fällen. Die Narkosen verliefen
auffallend ruhig und gleichmässig und wurden durch keinerlei beunruhigende
Zufälle unterbrochen.
Faure (41) hat 100 Narkosen mit dem Ricard sehen Apparat aus*
gefuhrt. Seine Erfahrungen mit demselben sind etwa die gleichen, wie die
Imberts.
16 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
Leguen (84) hat ebenfalls günstige Erfahrungen mit dem Bicard-
schen Apparat bei 200 Narkosen gemacht. Er lobt die Gleichmässigkeit
und Einfachheit der Technik, das Fernbleiben des Exzitationsstadiums , das
seltene Vorkommen Ton Erbrechen und den geringen Verbranch von Chloro-
form.
In der Pariser chirargischen Gesellschaft entspinnt sich eine lange, sich
über mehrere Sitzungen hinziehende Diskussion über die Chloroformierung
unter Anwendung der neueren Apparate zur Dosierung von Chloroformluft- und
Chloroformsauerstoffgemischen. Den Anlass hierzu gibt die Demonstration
seines Chloroformapparates durch Ricard (134), der in der folgenden Sitzung
Reynier die des Dupont sehen Apparates folgen lässt. Die Erörterungen,
die im einzelnen wiederzugeben der Raum eines Referates nicht zulässt, drehen
sich teils um die Erfolge mit den einzelnen Apparaten, teils um ihre Bau-
art, ob Ventile zweckmässig sind oder nicht, endlich auch um die Frage, ob
es denn einen wirklichen Vorteil bedeute, dass man das althergebrachte Ver-
fahren, das Chloroform auf der Kompresse oder Maske zu geben, durch die
Anwendung nicht stets und überall zugänglicher Apparate, die die Aufmerk-
samkeit des Narkotisierenden vom Kranken abzulenken geeignet seien, ersetzen
wolle (Berger), abgesehen davon, dass das Schematische der Narkotisierung
mit den Apparaten den Narkotisierenden zu geringerer Aufmerksamkeit ver-
leiten und ferner dazu führen könnte, dass man verlernen würde das Chloro-
form in der einfachsten Weise, d. h. auf der Kompresse zu geben.
Delbet (29) demonstriert der Pariser chir. Gesellschaft einen Apparat,
der ohne Tubage die Zufuhr von Chloroformdämpfen unmittelbar zum Aditus
laryngis zu bewerkstelligen und so die Unterhaltung der Narkose bei Ope-
rationen im Gesicht, in der Nase, im Mund und seiner Umgebung ungestört
vorzunehmen gestattet. Der Apparat besteht aus einem den Larynx ab-
schliessenden Teil, der seinen Halt findet in der Furche, welche die Epiglottis mit
der Zungenbasis verbindet sowie in den seitlichen Ausbuchtungen des Pharynx,
während der untere Rand dieses Teils des Apparates bis zur Cartilago cri-
coidea hinabreicht. An diesen schliesst sich ein Röhrensystem, welches die
Chloroformdämpfe heranführt und in die Mitte des Mundes zu liegen kommt.
Für Zungenamputationen und Gaumenoperationen hat Delbet das RöhreD-
system derart abgeändert, dass es seitlich aus den Mundwinkeln herausgeleitet
werden kann. Die Form des Apparates ist auch im Original nicht recht
verständlich, da Abbildungen dem Text nicht beigegeben sind.
In der Diskussion wird die Zweckmässigkeit des Apparates von Tuffier
anerkannt.
Eine Vorrichtung, um durch die Nase die Chloroformdämpfe unmittelbar
in den Pharynx zu bringen, hat Toubert (167) erdacht und demonstriert
sie in der Pariser chir. Gesellschaft. Sie besteht aus einem geräumigen Metall-
trichter, der mit einer Platte geschlossen werden kann. Eine Öffnung dieser
Platte gestattet das tropfenweise Einbringen von Chloroform in das Innere
des Trichters, woselbst es von einem Wattebausch aufgenommen wird. Das
Rohr des Trichters enthält eine seitlich aus dem Trichtergefäss herausgeleitete
Röhre, die zwischen sich und der Trichterwand noch einen freien Raum lässt,
durch den die Chloroformdämpfe entweichen können. Das Ende dieser Röhre
wird mit einer Fahrradluftpumpe verbunden, dem Trichterrohr ein Gummi-
schlauch aufgesetzt, der nach Kokainisierung durch ein Nasenloch bis in dea
Pharynx eingeführt wird.
Ritechl, Narkose, Narkotika, Anftathetika. 17
Der neue Chloroformapparat Moni profus and Rogers (104) besteht
ans einem Röhre&system von der Form eines h. Das freie Ende des kürzeren
vertikalen Schenkels, an dem seitlich das Ezpirationsventil angebracht ist,
wird durch einen Gummischlauch mit der eng anschliessenden Gesichtsmaske
Terbnnden. Der längere vertikale Schenkel trägt am oberen Ende einen
Tropfapparat, der genaue Einstellung der Tropfenzahl durch einen Zeiger
gestattet. Das im Innern der Röhre verdampfende Chloroform mischt sich
der Atemloft bei, die ein im queren Schenkel des h gelegenes Inspirations-
v^itil passiert.
Imbert (68) beschäftigt sich in einem längeren Aufsatz mit dem Wert
der Chloroformierungsapparate, von denen er neun, darunter die neuesten
französischen bespricht. Er hebt zum Schluss hervor, dass die Bestrebungen der
Qtirurgen, dosierte Chloroformluftgemische anzuwenden, sich auf die von Paul
Bert ausgegangenen Anregungen zurückführen lassen, dass dieser jedoch nur
die toxische Apnoe studiert habe. Es gebe indessen noch andere Zufalle,
die sich durch dosierte Mischungen nicht mit Sicherheit vermeiden Hessen.
Wenn auch die neuesten Modelle der Chloroformapparate den älteren gegen-
über durch ihre Handlichkeit und die Einfachheit sie zu bedienen auszeich-
neten, so sei doch noch weitere Vereinfachung ihrer Konstruktion erwünscht.
Wenn femer diese Apparate, die einen wirklichen Fortschritt der chirurgischen
Technik bedeuteten, dazu beigetragen hätten, die Zahl der üblen Zufalle, vor
allem auch der Todesfalle durch die Chloroformnarkose zu vermindern, so
müsse man sich doch stets bewusst bleiben, dass eine absolut sichere auto-
matische Methode der Chloroformienmg nicht existiere und die klinische
Beobachtung daher nach wie vor notwendig und nicht zu vernachlässigen sei.
Lane (83) spricht sich gegen den Gebrauch komplizierter Apparate
zur Dosierung des Chloroforms aus. Er begründet seine Ansicht damit, dass
die Menge Chloroforms, die ins Blut aufgenommen werde, in letzter Linie
von der Atmung abhängig sei, dass ebenso wie Chloroform aufgenommen,
solches auch durch die Lungen wieder ausgeschieden werde (künstliche Atmung).
Es sei demnach die Resorption von Chloroform in den Lungen einem .fort-
währenden Wechsel unterworfen, der sich durch den Gebrauch von gleich-
massig dosierenden Apparaten nicht beseitigen lasse. Diese Apparate hätten
den Nachteil, dass man sich gegen Überdosierung gesichert fühlte, femer dass
die Aufmerksamkeit des Narkotiseurs durch die Bedienung dieser Apparate
geteilt und vom Patienten abgelenkt werde, während es im Literesse desselben
unerlasslich sei, dass ihm, besonders seiner Atmung, die volle Aufmerksamkeit
zuteil werde.
Winter (180) stellte an dem nach der Lange ndorffschen Methode
isolierten, überlebenden Säugetierherz (Katze) Versuche an, um die von ver-
schiedenen Forschem erwähnten, kardiotonischen Wirkungen der Nebennieren-
präparate zu ergründen. Nach Sherrington und Sowton bedarf es einer
f 4^00 igen Chloroformlösung, um das Herz der Katze in neun Minuten, einer
solchen von IV^Voo, um es in 60 Sekunden in dauernden Stillstand zu ver-
setzen. Winter gelang es nun fast regelmässig das Katzenherz durch Supra-
reninlösnng wieder zu beleben, selbst wenn die letale Dosis um ein mehr-
faches überschritten worden war. Durch eine zweite Versuchsreihe wurde
am blossgelegten Tierherzen festgestellt, dass durch Injektionen von 1 com
1^'ooiger Suprareninlösung in die linke Herzkammer das durch das 3 — 6 fache
der bisher für tödlich befundenen Chloroformmenge zum Stillstand gebrachte
Jaliresberidit flu* Ghlmrgie 1905. 2
18 Jahresbericht fOr Chirurgie. L Teil.
Herz der Katze wieder in rhythmischen und andauernden Gang zn bringen ist,
selbst wenn schon ein gewisser Grad von Starre des Herzmuskels eingetreten
war. Die Wiederbelebung gelang in einem Falle, nachdem der Herzstillstand
bereits 12 Minuten, in einem weiteren, nachdem er sogar 32 Minuten gedauert
hatte und künstliche Atmung und energische Herzmassage unwirksam geblieben
waren. Im letzten Fall kamen ausser drei Injektionen und energischer Massage,
nachdem das Herz einigermassen in Gang gebracht worden war, noch eine
intravenöse Injektion zur Anwendung, die eine beträchtliche Steigerung des Blut-
drucks bewirkte. Zur Wiederbelebung ist eine intravenöse Injektion 'an sich,
wie ein Versuch lehrte, unwirksam, weil es darauf ankommt, das Mittel mög-
lichst direkt den Ernährungsgefässen des Herzens zuzuführen. Winter
glaubt die Injektion von Nebennierenextrakt ins linke Herz zur Wiederbele-
bung bei Chloroformsynkope empfehlen zu können, wenn alle anderen Mittel
versagt haben.
Diskussion: Eönigstein hat bereits auf Grund eigener Unter-
suchungen im Jahre 1897 und 1898 bei drohendem Herztod speziell in der
Chloroformnarkose Nebennierenextrakt empfohlen und schUesst sich daher dem
Schlusssatze Winters vollkommen an.
Thenen fand, dass Kaninchen, welche durch intradurale Injektion von
V* — ^Z« ccm einer 2 — 5% igen Kokainlösung in der Höhe des zweiten Hals-
wirbels in schweren Shock mit Blutdrucksenkung unter 35 mm Hg versetzt
waren, durch Suprareniniujektionen in die Venen sich im Verlauf von 10
bis 20 Minuten unter Bückkehr normalen Blutdrucks und regelmässiger Spon-
tanatmung wieder erholten. In einem Falle gelang es ein 40 Minuten zuvor
verendetes Kaninchen, bei dem die künstliche Atmung nicht sistiert war,
durch Injektion von Va ccm Suprareninlösung (1 : 2000) in die rechte Jugular-
vene innerhalb 27 Minuten wieder völlig zu beleben.
Gross und Sencert (51) berichten über einen Fall von Chlorofonn-
synkope während einer Bauchoperation. Da die üblichen Belebungsmittel
nach 7 — 8 Minuten nicht zum Ziel geführt hatten, und von der Laparotomie-
wunde aus keinerlei Pulsationen an der Aorta zu fühlen waren, begann der
Operateur durch das erschlaffte Zwerchfell hindurch das Herz, welches sich
von unten her leicht fassen Hess, rhythmisch zu komprimieren. Nach fünf
Minuten begann das Herz, welches sich schlaff und weich anfühlte, härter zu
werden, und es stellte sich alsbald die Herzaktion und nicht lange danach
auch die Atmung wieder ein. Der Kranke genas vollständig. Im Anschlüsse
an die Mitteilung dieses Falles liefern Gross und Sencert eine kritische
Studie über die bisherigen Bestrebungen auf dem Gebiete der Wiederbelebung
scheintoter Chloroformierter. Sie kommen zu folgenden Schlussfolgerungen:
Unter den üblichen Methoden der Wiederbelebung ist, vorausgesetzt dass die
Organe gesund sind, die Herzmassage das wirksamste Mittel. Man kann zum
Herzen gelangen auf dreifachem Wege: 1. Durch die Thoraxwand. Dies ist
der gefahrvollste Weg. Auch hat diese Methode noch niemals Erfolg gehabt.
2. Der Weg durch das Zwerchfell mit Eröffnung desselben. Eine gleichfalls
komplizierte Methode. 3. Der Weg durch das Zwerchfell ohne Eröffnung von
unten her. Diese Methode ist die einfachste und schonendste, zugleich aber
wirksamste, denn sie allein hat bisher drei positive Resultate aufzuweisen.
Villette (171) weist darauf hin, dass die einfache Kompression des
Thorax bei Chloroformsynkope deshalb häufig unwirksam ist, weil der Thorax
sich in Exspirationsstellung befindet. Der ausgeübte Druck lässt wohl die
Ritscill, Narkose, Narkotika, Anftathetika. 19
jZ^rrelnft ans der Lunge entweichen, es fehlt aber an einer hinreichenden
InspiratiaDsbewegang beim Nachlassen des Druckes. Um eine solche wirksam
herbeizuführen, empfiehlt Villette die Faradisation der Pektoralmuskeln bei
senkrecht emporgehobenen Armen mit kräftigem Strom. Der Zug der sich
kontrahierenden Mnskelgmppen hebt energisch die lüavikula und die ersten
sechs Bippen nnd veranlasst eine ausserordentlich ei^ebige Inspirationsbe-
wegimg. Bei Tieren konnte auf diese Weise eine 3— 4 mal hintereinander
erzeugte Chloroformasphyxie jedesmal prompt beseitigt werden.
Renon (130) teilt Erfahrungen mit über den Verlauf und Ausgang von
vier Chloroformnarkosen bei Herzkranken. In einem der Fälle (Kardiosklerose)
trat am zweiten Tage Tod an Lungenödem ein. R6non bespricht im An-
schlösse daran kurz die Indikationen und Kontraindikationen der Chloroform-
narkose bei Herzkranken, die sich mit den Ansichten Huchards (siehe
Jahi^. 1903, S. 50) decken.
Über den Wert der von Krawkof f und Fedor of f empfohlenen Hedonal-
Chloroformnarkose urteilt Mintz (102) auf Grund von 176 Beobachtungen
'128 Mäimem und 47 Frauen). Es wurden je nach Alter und Geschlecht bis
zu 5 g Hedonal gegeben. Abgesehen davon, dass das Mittel in einer be-
deiit«iiden Zahl von Fällen den gewünschten Schlaf nicht herbeiführte, zeigten
sich Terhaltnismässig häufig unangenehme Nebenerscheinungen, wie Exzitation
Tor und nach der Narkose, Erbrechen, anhaltende Blässe usw. Zudem bewirkt
das Hedonal ein vorzeitiges Erlöschen der Reflexe und vorzeitige Pulsverlang-
samang, so dass die Tiefe der Narkose nicht an den üblichen Erscheinungen
geprüft werden kann. Mintz steht auf dem Standpunkte, dass es nicht
statthaft ist, durch nicht gleichgültige Narkotika Bewasstseinsverlust vor der
Chloroformnarkose herbeizuführen.
Scott Carmichael und Beattie (148) berichten über einen Fall
ton protrahiertem Chloroformtod, den sie vor allem nach der pathologisch-
anatomischen Seite sehr genau verfolgt haben. Das betreffende 3V« Jahre alte
Kind war zum Zwecke einer Ellenbogengelenksresektion wegen Tuberkulose
30 Minuten lang chloroformiert worden und starb 42 Stunden nach der
Operation. Es war nach dem Erwachen unruhig, sehr blass, klagte über
starken Darst, erbrach dreimal, zuletzt sechs Stunden vor dem Ende kaffee-
satzartige Massen. Die Leichenuntersuchung ergab fettige Degeneration in
Lmigen, Leber, Niere. Die Magenblutung konnte nur zurückgeführt werden
aaf eine fettige Degeneration der Kapillarendothelien der Magenschleimhaut.
Ein Fall von plötzlichem Tod während der Narkose, bei dem, wie
die Sektion ergab, eine Embolie die Todesursache war, gibt Guinard (32)
Veranlassnng auf die Möglichkeit solcher Ereignisse während der Narkose
hinzuweisen. Manche derartige Unglücksfälle, die mit der Chloroformierung
mchts gemein haben^ werden unter die Chloroformtodesfalle gerechnet. Vor
Irrtümern kann nur die Obduktion schützen, bei der vor allem die Venen in
der Nachbarschaft des Krankheitsherdes einer gründlichen Untersuchung zu
unterziehen sind.
Brever (17) berichtet über folgenden Fall:
Ein 82 jahriger, früher gesunder Mann zog sich beim Fallen vom Fahrrad, während
«r nnehte, eine Verletzung des Mandbodens zu. Zur genaaeren Untersuchung wurde er
cblorofonniert und bekam einen epileptischen Anfall, der, nachdem das Chloroform entzogen,
Mhr bald anfhdrte. Zugleich setzte die Atmung aus. Tracheotomie. Kompression des Thorax.
^«T Patient erholt sich, bekommt jedoch alsbald einen zweiten Anfall und 2 Stunden später
einen dritten. Nach den AnfäUen befand er sich in delirierendem Zustande. Tod am folgenden
2*
20 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
Tage. Der in der Blase befindliche Drin enthielt Eiweiss, die Nieren waren gesunc
in der Zunge und Phlegmone im Nacken.
Es blieb die Frage offen, ob epileptischer oder nrämischer Ani
Denuce (33) lässt, um Erbrechen während nnd nach der Na:
yerhindem, mit gutem Erfolge VI» Stunden vor Beginn der Narkose t
bis 800 ccm, Wasser trinken. Er will durch Anfüllung des Mag
Wasser verhindern, dass die Magenschleimhaut in unmittelbare Be
kommt mit verschlucktem Speichel, der während der Chloroforminha
reichlich mit Chloroform imprägniert ist und daher auf die Schleimha
starken Reiz ausübt. Da anhaltendes Erbrechen nach der Narkose b<
bei Magenkranken meist darauf beruht, dass zäher, chloroformhaltiger
an der Magenschleimhaut haftet, so empfiehlt es sich durch Magenaus
diese Schleimmassen mechanisch zu entfernen.
Diez (35) teilt die von ihm zur Verhinderung des Erbrechens
Chloroformnarkose angestellten Untersuchungen mit.
Trinken von frischem Wasser vor der Chlorformnarkose (Hess- D <
Ausspülung des Magens ; Waschen des Blutes mittelst Hypodermokl jse ^
xmd nach der Chloroformnarkose; lokale Anästhesie der Magenscbk
mit Kokain allein und mit Kokain im Verein mit Adrenalin; das De
von Saiep und sonstige von Lewin zum Schutze der Magenschle
gegen die Chloroformeinwirkung in Vorschlag gebrachte muzilaginö
tränke; die von Grad vorgeschlagenen Ergotininjektionen : alle diese
erwiesen sich, die einen mehr, die anderen weniger, ungeeignet zur ^
derung des Erbrechens.
Diez griff zuletzt zum Skopolamin, welches in Verbindung mi
phium schon als ein Mittel zur Erreichung der allgemeinen Anästhesie,
aber, um das durch Chloroform drohende Erbrechen zu verhindern, e
worden war.
Er machte seine Beobachtungen an 80 Operierten. Er injizierte
Skopolamin mit 1 cg Morphium 10 Minuten vor Beginn der Chloroformi
Von 80 Chloroformierten haben nur vier einigen Brechreiz 12 Stunden
gehabt. Mit diesem Mittel wird die Aufregungsperiode herabgesetzt, un(
erreicht die allgemeine Anästhesie mit einer geringeren Dosis Chlorofor
Die Skopolamin- und Morphiuminjektion wurde wirksam gefunden
in einem Falle von nicht zu bewältigendem Erbrechen bei einer mit Wi
niere behafteten und in einen bejammernswerten Zustand herabg<
menen Frau.
Er hatte niemals irgendwelche Übelstände infolge des Gebrauches <
Mittels zu beobachten, weshalb er es nur empfehlen kann. R. Gia
Armand und Bertier (2) haben die sich bei der Verbrennunj
Chloroformdämpfen in der Luft entstehenden Gase zum Gegenstand c
scher und experimentell toxikologischer Untersuchungen gemacht, wob<
Bekanntes nochmals bestätigen. Für den Narkotisierten hat die pho
haltige Luft insofern die übelste Bedeutung, als die Intoxikation sich
die heftigen Reizerscheinungen vollzieht wie bei Gesunden und plötzlicli
Cyanose und respiratorischer Synkope einsetzt. Zur Vorbeugung wird empfo
wenn nicht elektrische Beleuchtung zu haben ist, anstatt Chloroform i
zur Narkose zu verwenden.
Betagh (7) berichtet, dass in der chirurgischen Universitätskiini
Messina zur Erwärmung des Operationssaals ein Gasofen aufgestellt wi
Ritachl, Narkoee, Narkotika, Anäathetika. 21
Üs man ihn zum erstenmal bei zwei Operationen in Benutzung nahm, kam es
durch Einwirkung der offenen Flammen auf die sich im Baume verbreitenden
CUoroformdämpfe zur Entwickelung der bekannten reizenden Gase, die weniger
den Fortgang der Operationen hinderten , als bei den Operierten und den
Iizten mehr oder weniger schwere Folgen hervorriefen. Beschränkten sich
diese bei den Ärzten auf Kopfschmerzen und Übelkeit, so kam es bei einer
AD Ovahalcyste Operierten zu heftigstem Erbrechen mit Synkope und Kon-
Tulsionen, begleitet von Albuminurie und schwachem, schnellem Pulse. Einige
Tage laug enthielt der Urin ausserdem Hämoglobin, Blutkörperchen und
Zylinder, daneben bestand leichter Ikterus. Ein zweiter. Bruchoperierter ging
an einer Nachblutung vor Ablauf der ersten 12 Stunden zugrunde, ohne dass
sich bei der Antopsie eine Ruptur grösserer Gefässe hätte nachweisen lassen.
Betagh stellte über die Wirkimg der bei Chloroformverbrennung entstehen*
den Gase experimentelle Untersuchungen an. Hierbei fand er, dass längere
einmaUge Chloroformnarkosen oder mehrfache kürzere Narkosen in Gegenwart
einer offenen Flamme Kongestionen und Hämorrhagien, besonders im Gebiete
der Nieren, zuweilen auch degenerative Veränderungen in Leber, Herz und
Nieren bewirken. Ausserdem ergab die spektroskopische Blutuntersuchung
die Absorptionsstreifen des Oxjhämoglobins.
Im her t (66) warnt gleichfalls vor der Aufstellung von Gasöfen in
Operationsräumen und verbreitet sich über die Zersetzungsprodukte, die das
Chloroform unter verschiedenen Umständen liefert.
Die aus dem Hamburger Hafenkrankenhause stammende Mitteilung von
Kothfuchs (141) betrifft Unzulänglichlichkeiten der Sauerstoff-Chloroform*
Darkose mit dem Roth-Dräg er sehen Apparat. Ein mit alten perikarditi-
schen Narben, Fettbewachsung und leichter fettiger Degeneration des Herz-
moskels behafteter Kranker starb in der Narkose, nachdem er 4Vs g Chloro*
form geatmet hatte. Lästig ist, dass sich bei Benutzung des Apparates der
Eintritt der Toleranz verzögert, offenbar weil Sauerstoff ein Antidot des Chloro-
forms ist (Roth). Bei Alkoholikern wurde zur einfachen Tropfnarkose zurück-
gegriffen, weil die mit dem Apparate zu gewährende maximale Chloroform-
menge nicht ausreichte, um einen Alkoholiker über das Exzitationsstadium
hinwegzabringen. Nach diesen Erfahrungen ist der Roth-Drägersche
Apparat noch in manchen Beziehungen verbesserungsbedürftig.
3. Äthernarkose.
Borchgrevink (12) betont, dass der Äther so viele und unzweifelhafte
^ orteile besitze, dass er als generelles Betäubungsmittel vorzuziehen sei.
Hj. V. Bonsdorff.
Krougiline (78) hat die zuerst von Pirogoff 1847 geübte Narkoti-
sienmg mit Äther per rectum der Vergessenheit entrissen und berichtet über
^ine an 43 Kranken gemachten Erfahrungen. Nach voraufgehender Ent-
leenu^ des Rektums werden Ätherdämpfe, die durch Eintauchen einer mit
Äther gefüllten Flasche in 45^ warmes Wasser erzeugt sind, durch einen Schlauch
niit Glasansatz in das Rektum geleitet. Zu vermeiden ist Äther in Substanz
auf die Schleimhaut des Rektums zu bringen. Im Beginn der Prozedur emp-
findet der Kranke ein schmerzhafteß mit Stuhldrang verbundenes Gefühl,
welches nach 1—3 Minuten verschwindet. In den meisten Fällen gelingt es
in bner Zeit eine zur Vornahme von Operationen hinreichende Anästhesie
22 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
zu erzeugen; bei ungenügender Narkose wnrde Chloroform mitgegeben. Das
Verfahren wird besonders für solche Fälle empfohlen, wo Lungenkrankheiten
die Anwendung von Ätherinhalationen verbieten. Ausser Diarrhöen, die ge-
wöhnlich nur einen Tag bestehen (nur in einem Fall hielten sie drei Tage
an), waren unangenehme Folgen der Rektalnarkose nicht zu bemerken.
Erougiline ist zu der Ansicht gekommen, dass das Verfahren allge-
meiner Verbreitung wert sei und namentlich bei Operationen an Kopf und
Hals besondere Vorteile biete. Eontraindiziert ist dasselbe selbstverständlich
bei Erkrankungen des Darmes und Peritoneums.
Um den Einfluss der Äthemarkose auf die Nieren zu ermitteln, hat
Backer-Gröndahl (3) 92 Patienten untersucht. Bei diesen Untersuchungen
ist nicht nur das Vorkommen von Albuminurie, sondern auch von Zylindrurie
in Betracht gezogen werden. Die Ergebnisse sahen folgendermassen aus.
Nach 75 einfachen Narkosen ist 27 mal (36 ^/o) Albuminurie gefunden worden.
Dieser hohe Prozentsatz der Albuminurie erklärt sich nach der Ansicht des
Verfs. daraus, dass die in Betracht kommenden Kranken im allgemeinen
grösseren und langwierigen Operationen unterzogen worden waren. Albuminurie
trat auf am Ausgang des ersten Tages in 20 Vo, nach dem Ausgang des ersten
Tages in 16 7o der Fälle. Die Albuminurie hat durchschnittlich 7 — 9 Tage
angedauert. Von Einfluss sind auf die Albuminurie gewesen das Alter der
Patienten, die Operationsart, die Operationszeit und die angewandte Äther-
menge. Bei wiederholten Narkosen ist die Albuminurie zwar nach jeder Be-
täubung aufgetreten, hat aber dabei an Intensität abgenommen. Eine Intoxi-
kationsnephritis würde der Äther also nicht hervorrufen.
Hj. V. Bonsdorf f.
Röhricht (136) hat die Urine von 100 unter Athernarkose Operierten
auf Zucker untersucht. In 12 Fällen konnte Glykosurie nachgewiesen werden.
Zuckerausscheidung bis zu l^/o. Bö bricht glaubt dem zunehmenden Alter
eine gewisse Disposition für das Auftreten der Narkosenglykosurie zusprechen
zu können. Dass nicht das Trauma, sondern die Äthemarkose die Ursache
an der abnormen Hambeschaffenheit trägt, konnte Röhricht durch die
Untersuchung des Harns von 22 Unfallverletzten und von 6 nur einer Narkose
Unterworfenen feststellen. Von ersteren zeigte kein einziger Glykosurie, von
letzteren zwei spontane und 1 alimentäre Glykosurie.
Drurys uud Thomsons (38) Äthemarkoseapparat soll zur ungehin-
derten Ausführung von Mund- und Kieferoperationen dienen und besteht aus
einer geräumigen Metallröhre, deren eines Ende mit einer nur die Nase
deckenden Maske rechtwinkelig verbunden ist, während das andere, gleich-
falls rechtwinkelig abgebogene Ende einen Gummibeutel nach Art der Clo-
v ersehen Maske trägt, der über die Scheitelpartie des Kopfes zu liegen
kommt. Am hinteren Ende der Röhre befindet sich eine Öffnung, die durch
eine Klappe geschlossen werden kann, dazu bestimmt, das zur Einleitung der
Narkose verwendete Äthylchlorid dem Röhreninneren zuzuführen. Im Mittel-
teil der Röhrenwand befindet sich eine zweite^ gleichfalls verschliessbare,
grössere Öffnung, die auf ein im Röhrenlumen befindliches Schwammstück
führt. Auf diesen Schwamm wird der zur Unterhaltung der Narkose dienende
Äther aufgegossen. Der Apparat, welcher sich in der Praxis gut bewährt
haben soll, ist im Original abgebildet. Er lässt sich durch Kochen sterilisieren.
Pletzer (122) empfiehlt zur Verhinderung postoperativer Entzündungen
der Luftwege wärmstens die Morphium-Äthertropf narkose nach den Witz el-
Ritschi, Narkose, Narkotika, Aoästhetika. 23
sehen Grandsaizen. Er sieht in der prophylaktischen Desinfektion des Mundes
und Rachens, in der Tieflagemng des Kopfes während und nach der Narkose
bis zum TöUigen Erwachen und endlich in systematischem Tiefatmen nach
der Operation das wirksamste Mittel postoperative Erkrankungen der Luft-
wege za Yerhindem.
Seelig (149) rühmt auf Grund von 65 Fällen die Äthylchlorid-Äther-
Xarkose mit ^/t Stunde Yoraufgehender Injektion von Skopolamin (Vioo grain)
mid Morphin (V< grain). Die Kombination hat folgende Vorzüge:
Es wird erheblich weniger Äther gebraucht, die Speichelsekretion ist
nicht gesteigert, das Exzitationsstadium wird yermieden, die Neigung zum
Erbredien wesentlich seltener beobachtet und nach der Operation Ruhe und
Schmerzlosigkeit für ca. 24 Stxmden erzielt. Zur Allgemeinnarkose mit Äthyl-
chlorid und Äther bedient sich Seelig eines von ihm für die Anwendung
des Athylchlorids besonders hergerichteten Bennet sehen Narkotisierungsappi^
rates, Ton dem sich im Original eine Abbildung vorfindet.
Äthylchlorid.
Mo Cardio (98) verbreitet sich in einem längeren Artikel nochmals
^frühere Publikationen 1901 und 1903) über das Äthylchlorid. Er reiht es
nach den mit ihm gemachten Erfahrungen ein zwischen das Lachgas und
den Äther. Er hält es für toxischer als jenes und für fast so gefahrlos wie
diesen, wenn es in ausgesuchten Fällen benutzt wird. Durch seine Unge-
fahrlichkeit bildet das Lachgas xmter den Anästhetika eine Klasse für sich.
Daher sollte es, wenn immer möglich, in erster Linie in Anwendung kommen.
Zum Ersatz von Chloroform und Äther lässt Mc Cardio das Äthylchlorid
wohl gelten, niemals aber zum Ersatz von Lachgas. Sei für kurze Operationen
eine längere und tiefere Anästhesie erforderlich, als sie Lachgas oder Lachgas
— Sauerstoff zu liefern vermöchten, so empfiehlt Mc Cardio das Äthyl-
chlorid, besonders aber zur Einleitung der Äthemarkose. Kontraindikationen :
Verdickung der Weichteile des Nackens, Laryngitis, Larynxödem und Ver-
engerungen der oberen Luftwege.
Schifone (145) hat über die Chloräthyl-Narkose klinische und experi-
mentelle Untersuchungen angestellt. Wie aus den ersteren folgt, kann das
Chlorathyl bei Alkoholisten und Neuropathikem eine langwierige und heftige
Reizungsperiode hervorrufen und sogar die Narkose immöglich machen; in
dieser Periode kann die Atmung notleiden und Asphyxie auftreten; vollständige
Muskelentspannung ist selten und das Erwachen nicht frei von den gewöhnlichen
Störungen (Ekel, Erbrechen, Kopfschmerz usw.). Die experimentellen Unter-
suchungen wurden an Hunden und Kaninchen angestellt. Bei den Hunden nahm
man vor und nach der Narkose: 1. die Harnuntersuchung, 2. den Nachweis der
Nierendurchgängigkeit mittelst des Methylenblaus, 3. den Nachweis der fluori-
zinischen Glykosurie vor. Der Harn wurde durch Katheterismus gewonnen. Die
Anästhesie wurde durch das von der Soci6t6 chimique des usines du Rhone
gelieferte Chloräthyl hervorgebracht, indem man 5 ccm des Anästhetikums
auf eine in vier Schichten gefaltete und in die Hohlhand gelegte Gazekom-
presse goss und die letztere an der Tierschnauze anlegte. Die Narkosen
dauerten von 15 Minuten bis 1^/2 Stunden, wobei man die Erscheinungen der
Narkose und die Menge des Anästhetikums aufzeichnete. Bei der Harn-
untersuchung, ausser der Methylenblau- und Fluorizinprobe , wurden die
24 Jahresbericht ftlr Chirurgie. I. Teil.
gewöhnlichen Methoden verwendet. Zur Dosierung der Chloride wende
die Methode von Gansse an. Die bei den Hnnden ausgeführten 'Kb
sind durch eine lange Reizungsperiode mit nachträglicher Anästhesie g
zeichnet, während vollständige Muskelspannung selten ist. Das Sn
erfolgt in rascher Weise. In dieser Periode beobachtete man Trisrnr
Opisthotonus, welche wenige Minuten dauern, zusammen mit einem Tr
heitszustand. Während der Narkose nehmen die Pulsschläge an Zahl i
der Blutdruck steigt herunter, um nach dem Erwachen zur Norm zur
kehren.
Bei den Kaninchen fehlt die Reizungsperiode, die Anästhesie uz
Muskelerschlafifung sind vollständig ; im übrigen verhält es sich wie bei Hi
Aus der Harnuntersuchung ergab sich Folgendes: 1. das Eiweiss tr
geringer Menge auf und verschwindet am ersten oder zweiten Tage nac
Narkose, auch bei verlängerten (90 Minuten) Narkosen und bei grö
Gaben von Anästhetikum (240 ccm) und wiederholten Narkosen. 2.
Veränderung der normalen Harnbestandteile. 3. Der mikroskopisch
fund fällt negativ aus. 4. Unter den neun Versuchen traten sec
Grallenfarbstoffe auf, um in den zwei der Narkose folgenden Tagen zi
schwinden. 5. Die Ausscheidung des Methylenblaus erfolgt in normaler \
6. Die Fluorizin-Glykosurie geht normal vor sich. 7. Die Durchgang
und Funktionsfahigkeit der Niere ist also normal. — Bei der Sektion c
behandelten Tiere, sowohl nach der Narkose als nach den Methylenblau-
Fluorizinproben ausgeführt, beobachtete man nur Nierenkongestion; be
mikroskopischen Untersuchung trübe Schwellung des Epithels der gesr
Hamröhrenkanälchen ; nichts in der Leber und in den Lungen.
Verf. kommt also zu den Schlüssen: 1. Das Aethylenum chloratum
besser als das Chloroform und der Äther ertragen, ist aber nicht
unschädlich. 2. Es bewirkt unvollständige Erschlaffung und zu rasches
wachen, ausserdem eine lange Reizungsperiode bei Alkoholisten und N<
pathikem; es ist also nur zu kleinen Operationen geringer Bedeutung
kurzer Dauer tauglich, bei welchen die örtliche Anästhesie wohl genügt.
R. Giani (Roc
Lop (87) hat das Chloräthyl 420 mal in der Chirurgie, Gynäkologie
Geburtshilfe als allgemeines Anästhetikum gebraucht und empfiehlt es s
da er keinen einzigen Unglücksfall damit erlebte. Er gibt das Mittel
einem zu einem Trichter geformten Taschentuch, in welches er ein S
hydrophile Watte legt. Durch Nachgiessen von 3—4 ccm Chloräthyl (
jede Minute lässt sich die einmal gewonnene Narkose beliebig bis zu einer Sti
unterhalten. Gleich gute Resultate hatten Roux (Marseille) bei ca. 1
und Mal herbe bei 3000 Narkosen.
Murray (114) empfiehlt auf Grund grosser Erfahrung das Athylchl»
zur Ausführung von Operationen bis zu 20 Minuten Dauer in der Kin(
Praids. Im ersten Lebensjahre hat Murray 150 mal mit Äthylchlorid i
kotisiert, das jüngste Kind war erst fünf Tage alt. Von Vorteil ist, c
die Äthylchloridnarkose ausser einigen Stunden Nahrungsenthaltung keine
Vorbereitungen bedarf und man nach dem Erwachen die Patienten alsb
nach Hause nehmen lassen kann. Kinder unter sechs Monaten erhal
als erste Dosis 3 ccm, über sechs Monaten 5 ccm in die Maske gespritzt.
ist wichtig, neben dem Äthylchlorid genügend Luft atmen zu lassen. Dadui
assen sich alle üblen Zufälle, die in erster Linie von der Atmung droh
Ritsehl, Narkose, Narkotika, Aoästhetika. 25
im sicheisten Termeiden. Unangenehme Folgen nach dem Erwachen wie
Erbrechen, Konvulsionen würden nie beobachtet, ersteres auch nicht, wenn
akbald nach dem Erwachen Nahrung gegeben wnrde.
Martin (95) beschreibt eine neue von Siffre ersonnene Äthylchlorid-
maske, die das Entweichen von Äthylchloriddämpfen in die umgebende Luft
möglichst Terhindem und eine genauere Dosierung gestatten soll. Sie besteht
aus einem Mund und Nase bedeckenden Mantel aus weichem Kautschuk, an
de^en Anssenseite eine mit dem Innenraum des Mantels durch eine Öffnung
Terbondene Kaatschukröhre befestigt ist. In diese wird die eine bestimmte
Menge von Äthylchlorid enthaltende Glasröhre hineingesteckt. Sofern letztere
in der Mitte eine Einschnürung besitzt, gelingt es leicht, sie in situ zu zer-
brechen^ worauf sich der Inhalt durch die in den Maskeninnenraum führende
<>£iung auf eine dortselbst befindliche Gazekompresse ergiesst.
5. Mischnarkose.
Müller (112) beobachtete den Blutdruck bei der Sauerstoff-Chloroform-
earkose nnd fand, dass dieser vom Beginn der Toleranz bis zum Ende der-
selben konstant sinkt, um nach dem Erwachen wieder anzusteigen, dass dieser
Fall d^ Blutdrucks jedoch bedeutend geringer und ebenmässiger ist als bei
der reinen Chloroformnarkose. Die Respirationsfrequenz, welche durch Chloro-
form beträchtlich sinkt, hält sich in der Chloroformsauerstoffnarkose mehr
auf normaler Höhe.
Auch auf die inneren Organe wirkt die Chloroformsauerstoffnarkose
weniger schädlich. Wenn auch unter ihrem Einfluss fettige Degeneration in
den Organzellen stattfindet, so erreicht diese doch nicht den Grad wie bei
der einfachen Chloroformnarkose. Dies zeigte sich z. B. sehr deutlich beim
iftndeherzen nach zweistündiger Mischnarkose, sofern nur stellenweise die
Qaerstreifang verschwunden war und nur hier und da in der Gegend der
Kerne einige Fetttröpfchen zu finden waren. Anderseits schützt der Sauerstoff
nicht vor einer bedeutenden Verschlimmerung der Fettmetamorphose, wenn
die Narkose bald wiederholt wird. In ähnlicher Weise wie am Herzen ver-
hielten sich die Befunde an Lungen, Nieren, Leber. Starke Blutverluste
erhöhen in beträchtlichem Masse die Neigung zur fettigen Degeneration. Der
Sauerstoff wirkt günstig, sofern er die Kohlensäure verdrängt und die Wider-
standskraft der Zellen vermehrt. Bei der Mischnarkose wird zudem an Chloro-
form bedeutend gespart.
Die Sauerstoff -Äthernarkose erhöht den Blutdruck über die
Norm, wirkt auf die inneren Organe schwächer als reiner Äther, besonders
was Salivation und Fettmetamorphose anbetrifft, besitzt aber auch geringere
narkotische Kraft als die einfache Äthemarkose. Durch die kombinierte
Chloroform -Äther-Sauerstoffnarkose lassen sich die Nachteile der einzelnen
Narkosearten vermindern. Unerlässlich sind auch bei ihr exakteste Dosierung,
genaueste Beobachtung des Kranken und Kenntnis der Indikationen und
Kontraindikationen für das einzelne Narkotikum. Die kombinierte Sauer-
stoffinarkose ist zweifellos die beste Methode, die wir besitzen, denn bei ihrer
Vielseitigkeit lässt sich für den Organismus jedes Kranken eine geeignete
Kombination herstellen.
B. Müller (111) ist durch Tierversuche zu der Überzeugung gekommen,
dass der Wert der Mischnarkose bedeutend überschätzt wird. Denn wenn
26 Jahresbericht fttr Ghirargie. I. Teil.
sie auch gewisse äussere Vorteile bietet, so summieren sich bei ihr di
Wirkungen der zur Verwendung kommenden Gase; so z. B. die schädlicl
kung des Äthers auf die Lunge mit der Eigenschaft des Chloroform]
metamorphose in den inneren, parenchymatösen Organen zu erzeugen.
6. Skopolamin-Morphin-Narkose.
y. Niederhäusern (116) steUte unter Dumonts Leitung Vc
über die Wirkung von Skopolamin-Morphiuminjektionen yerschiedener
an und kommt zu folgenden Ergebnissen:
1. Durch Skopolamin-Morphininjektionen lässt sich in zuverlässiger
eine yoUständige , tiefe Narkose nicht erzielen, da Stärke wie Dan
Wirkung starken individuellen Schwankungen ausgesetzt sind.
2. Weder die Weite der Pupille, noch die Steigerung der Pulsfr«
können als Mass für das Überwiegen der Skopolaminwirkung (und f
Stärke der narkotischen Wirkung überhaupt) genommen werden. Beid
ebenfalls individuellen Schwankungen sehr unterworfen.
3. Es ist nach den Erfahrungen v. Niederhäuserns überhaupt
möglich durch Gaben, welche die Maximaldosen nur wenig überschi
eine vollständige Narkose, die zu operativen Eingriffen genügte, zu erz<
4. Kleine Gaben, 5 dmg Skop. 4~1 cg Mo., eine halbe Stunde tg
Athemarkose injiziert, wirken ähnlich wie 1 mg Atropin -|- 1 cg Mo. an
Verlauf der ÄÜiemarkose ein: Das Exzitationsstadium wird ganz \
drückt, oder stark herabgesetzt; es findet keine übermässige, störende
vation statt. Nach der Operation ist der Schlaf ruhig und lang, und
operatives Erbrechen kommt fast nie vor. Bei Skop.-Mo. ist der Äth(
brauch durchschnittlich etwas geringer als bei Atropin-Mo. und der postopei
Schlaf vielleicht etwas länger.
Roith (137) stellt sämtliche Publikationen über die Skopolamin-Mor
Narkose zusammen und berichtet über 230 eigene Beobachtungen aus
Münchener und Heidelbei^er gynäkologischen Klinik. Er kommt zu
Endresultat, dass die Skopolamin-Morphin-Narkose, wenn man kleine I
in entsprechenden Zwischenräumen gibt (Dosierung von Kor ff UI
Kümmel), gefahrios ist. Der Hauptwert der Methode besteht in der
seitigung der postnarkotischen Beschwerden und Gefahren. Sie ist l
umständlicher und ebenso verlässlich wie jede andere Narkose, ergibt
ebensowenig wie diese immer ideale Erfolge, ausserdem ist sie schemat
und jeder kann mit ihr sichere und gute Erfolge erzielen.
Dirk ^36) berichtet in der freien Vereinigung der Chirurgen Be
über Erfahrungen mit der Skopolamin-Morphin-Narkose, die im St. Hed^
Krankenhause an 260 Fällen gewonnen wurden (hierunter 118 Laparotom
Die Kranken erhielten zwei Stunden vor der Operation ^'t mg Skopola
4- 1,5 cg Morphin, eine Stunde vor der Operation Vs mg Skopolamin -j- ^
Morphin. In 144 Fällen musste noch durch die Inhalationsnarkose mit Ä
(60—100 ccm), in 87 Fällen mit Chloroform (10—30 ccm) und Äther 50— 80(
nachgeholfen werden. Nur in 29 Fällen genügte die Skopolamin- Morph!
Wirkung allein. Drei Operierte im Älter von 69, 73 und 76 Jahren, die
Darmkrebs litten, starben am Operationstage. Sie waren sämtlich so st
geschwächt, dass sie eine Inhalationsnarkose nicht vertragen haben ¥rür(
Als Nachteil der neuen Xarkoseart wurde vor allem die Notwendigkeit
Ritschl, Narkose, Narkotika, Anästhetika. 27
H^enrachuiig der Patienten vor und nach der Operation empfunden. Als
Vorteile werden herrorgehoben: 1. Ausschaltung der psychischen Erregung
ror der Operation. 2. Wegfall des Angst- und Erstickungsgefuhls bei Ein-
leitung der Inhalationsnarkose. 3. Es fallen die üblichen Störungen der ge-
wüfaolichen Narkose, Salivation, Trachealrasseln, Husten, Brechreiz, Asphyxie
nnd Kollaps fort. 4. Durch den der Operation folgenden Schlaf wird der
Kranke Yom ersten Wundschmerz nicht belästigt. 5. Nach Bauchoperationen
tritt kein Erbrechen infolge von Nahrungsaufnahme ein. 6. Alte schwächliche
Leute, bei denen Äther und Chloroform gefahrlich sein würden, können
ohne besondere Gefahr mit Skopolamin-Morphium betäubt werden.
Diskussion: Israel hat die Skopolamin-Morphiumnarkose in332 Fällen
benutzt und bestätigt die Ausführungen des Vorredners. Er injizierte auf
einmal 0,0008 Skopolamin und 0,02 Morphin. In grossen Betrieben entstehen
bei Anwendung des Verfahrens mitunter dadurch Schwierigkeiten, dass sich bei
der Aufeinanderfolge mehrerer Operationen Zeit und Dauer nicht genau Yoraus
bestimmen lassen, so dass unter Umständen die Zeit des tiefsten Schlafes
lerpasst werden kann. In 32 Fällen (9,6 ^/o) war kein anderes Narkotikum
nötig. Obwohl immer bestes Mercksches Skopolamin benutzt wurde, war
die Wirkung individuell oft sehr verschieden, sowohl bezüglich der Tiefe des
ScUafes und seiner Dauer als auch bezüglich der Wirkung auf Pupillen und
Herz. Israel hatte einen Todesfall nach der üblichen Dosis Skopolamin-
Morphium und 40 g Äther bei einem Patienten, der nach achttägiger Anurie
in desolatem Zustande zur Operation kam und beim ersten Hautschnitt starb.
In zwei Fällen trat der Tod einige Tage nach der Operation unter auffälligen
Begleiterscheinungen (Benommenheit, hoher Pulsfrequenz, Koma etc.) ein und
es zeigten sich bei den Obduktionen Veränderungen des Herzens und der
parenchymatösen Unterleibsorgane wie bei Phosphorvergiftung. Israel gibt
zn bedenken, ob diese Schädigungen nicht aus der Kombination des Chloro-
foims mit dem Skopolamin erwachsen sind.
Rotter hält die Unbequemlichkeiten der Skopolamin-Morphin-Narkose
nicht für erheblich. Ihm ist auch die Ungleichmässigkeit der Wirkung auf-
gefallen, die wohl auf individueller Verschiedenheit in der Empfänglichkeit
der Enmken beruht. Er ist sehr zufrieden mit dieser sehr humanen Narkose.
Die bei ihm vorgekommenen Todesfalle bezieht er mehr auf die bestehenden
Leiden als auf die Narkose.
Dick (34) teilt Erfahrungen über die Morphium-Hyoszin-Narkose mit.
Von der Dosis 0,001 Hyoszin und 0,025 Morphin wurde die eine Hälfte zwei,
die andere eine Stunde vor der Operation gegeben. Meist war noch Äther
60-100 g) oder Chloroform (10 — 30 g) erforderlich. Drei Todesfälle betrafen
^te^ schwerkranke Individuen.
Israel erwähnt in der Diskussion, dass er die gleiche Narkosenart in
332 Fällen anwandte und drei Todesfälle, darunter einen bei einem bereits
acht Tage an Anurie leidenden Patienten erlebte. Die beiden anderen, vier
Tage nach der Operation sterbenden Patienten zeigten bei der Sektion schwere
fettige Degeneration der inneren Organe, so dass auf eine schwere Vergiftung
geschlossen werden musste.
Terrier und De j ardin (161) schildern die Skopolamin-Morphin-Nar-
kose, die zum erstenmal in Frankreich am 5. Dezember 1904 in der Klinik
der Pitie angewandt wurde. Terrier und D6 jardin haben die neue Methode
26iDal mit zufriedenstellendem Erfolge benützt. In 26 ^/o der Fälle kamen sie
28 Jahresbericht fflr Chirurgie. I. Teil.
ohne Chloroform ans. Es wurden in 1 ccm Wasser 1 mg Skopolamin nnd 1 cg
Morphin gegeben nnd je eine Einspritzung vier Stunden, zwei nnd eine Stunde
Tor der Operation gemacht. Nach Terrier und Dejardin überwiegen die
Vorteile der Methode deren Nachteile. Zu den letzteren rechnen sie die ge-
fässerweitemde Wirkung des Skopolamins, sowie die Spannung der Bauch-
muskulatur, die sich durch Chloroform nicht beseitigen lässt und die Skopo-
lamin-Morphin-Narkose in der Bauchchirurgie kontraindiziert. Durch eine
nur einmalige Injektion von 1 mg Skopolamin lassen sich indessen diese
störenden Wirkungen vermeiden, während die Mehrzahl der Vorteile besteben
bleiben. Die bisher bekannt gewordenen Todesfalle, 12 an der Zahl, werden
zum Schluss im Auszuge mitgeteilt und festgestellt, dass es sich zumeist um
Patienten in Extremis gehandelt hat, von denen auch das Skopolamin den
drohenden Exitus nicht abzuwenden yermochte.
Terrier (161) berichtete über seine Erfahrungen mit dem Skopolamin
auch in der Pariser chirurgischen Gesellschaft. Auf diese Mitteilung hin hat
Walther (175) die neue Anästhesierungsmethode versucht und ist mit seinen
Erfolgen so zufrieden, dass er seine an 56 Fällen gewonnenen Erfahrungen
gleichfalls der chirurgischen Gesellschaft unterbreiten zu müssen glaubt. Im
Gegensatz zu Terrier hat Walther nur eine einzige Injektion, enthaltend
1 cg Morphin und 1 mg Skopolamin, eine Stunde vor der Operation ge-
macht und regelmässig Chloroform gegeben (Ricard scher Apparat). Auf die
Injektion hin kommen die Patienten teils schlafend, teils schläfrig auf den
Operationstisch und bedürfen nur wenig Chloroform, um in tiefe Anästhesie zu
geraten. Hierbei fehlte selbst bei Alkoholikern ein ausgesprochenes Exzita-
tionsstadium. Mit dem Eintritt voller Chloroformwirkung wird der zuvor
schnelle Puls langsam. Der Schlaf ist gleichmässig und ruhig, niemals wurde
Blässe des Gesichts und Störungen der Atmung beobachtet. Die Pupille ist
leicht erweitert. Nach der Chloroformnarkose bleibt der Kranke noch für
2 — 5 Stunden in leichtem Schlaf. Die Urinsekretion scheint nach der Skopo-
lamininjektion auffallend gesteigert. Durch die Anwendung von nur 1 mg Skopo-
lamin sind die ungünstigen Wirkungen desselben entsprechend abgeschwächt,
so die Gefasserweiterung, so dass eine nennenswerte Steigerung der Blutung
nicht beobachtet werden konnte, auch die Eontraktion der Bauchmuskeln
Hess sich stets durch hinreichende Vertiefung der Chloroformnarkose be-
seitigen. Die meisten der Operierten hatten Erbrechen am gleichen oder dem
folgenden Tage. Frische Lösungen vermochten an der Häufigkeit des Er-
brechens nichts zu ändern. Jedenfalls scheint das Skopolamin dem Chloro-
formerbrechen gegenüber keinen Einfluss auszuüben.
In der Diskussion teilt Terrier mit, dass er weitere 53 Fälle unter
Skopolaminanästhesie operiert habe. Auch er hat statt drei Injektionen neuer-
dings nur eine einzige gemacht, zumal er genötigt war, bei der ersten Serie
von Narkosen in 74 ^/o Chloroform zu geben. Er gibt dieser Methode den
Vorzug, auch weil die ungünstigen Wirkungen des Skopolamins in Wegfall
kommen. Erbrechen tritt dann leicht ein, wenn die Skopolaminmorphinlösungen
gekocht werden, weil hierbei nicht nur das Morphin unter Bildung von Apo-
morphin zersetzt wird, sondern auch das Skopolamin sich in Hyoszin imd
Atroszin spaltet. Man soll daher entweder frische Lösungen mit sterilem
Wasser ansetzen und nicht nachträglich kochen oder tyndalisieren (d. h. die
Lösung sechsmal auf 70^ erhitzen).
Defontaine (28), welcher eine Chloroform- oder Äthemarkose
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anfiathetika. 29
sDter allen Umständen für einen bedeutungsvollen Eingriff halt, hat schon
früher besonders bei Hernien, Gastroenterostomien, OTariotomien etc. ohne
Xirkose nach einer blossen Morphiuminjektion operiert. Für derartige Fälle
hat er neuerdings auch zum Skopolamin gegriffen, von dem er in Ver-
bindimg mit Morphin (0,01) 0,001 eine Stunde vor der Operation gibt. Bei
3(t Operationen kam viermal kein Chloroform, 24 mal Chloroform in Ä.nwen-
doog. Er ist vom Skopolamin sehr befriedigt; selbst wenn kein Chloroform
gebraucht wurde, und die Kranken während der Operation über Schmerzen
kkgten, erinnerten sie sich später nicht mehr daran. Die Chloroformnarkose
lerläuft nach Skopolamininjektion weit ruhiger und ungefährlicher als ohne
sie, ist leichter zu handhaben, und es bedarf geringerer Mengen des Inhala-
tionsmittels. Deshalb kam es bei den Operierten niemals zum Erbrechen.
Defontaine erblickt aus diesen Gründen in der Chloroformnarkose mit vor-
aosgeschickter einmaliger Skopolaminmorphininjektion einen bedeutungsvollen
Fortschritt auf dem Gebiete der Narkose.
Monod (103) berichtet in einer späteren Sitzung der Pariser chirurgi-
schen Gesellschaft über eine schwere Synkope, welche bei einer sonst gesunden
Frau nach vollendeter Cholecystektomie eintrat. Die Person hatte eine relativ
rosse Menge (50 ccm) Chloroform erhalten, sowie eine Skopolaminmorphin-
injektion in üblicher Dosis zwei Stunden vor Beginn der Operation. Monod
scUiesst aus dieser Erfahrung, dass selbst in schwachen Dosen die Anwendung
des Skopolamins gefahrlich sei.
Walther weist auf die hohe Cbloroformdosis hin und bemerkt, dass
er unter 112 Anästhesien etwas Ähnliches wie Monod niemals erlebt habe.
Zahradnicky (184) hat 232 mal die Skopolamin-Morphin-Narkose nach
Kor ff zur Ausfuhrung gebracht (zweimalige Injektion von 0,001 Sk. und
0.O25, in den 31 letzten Fällen 0,02 Mo. IV» nnd V» Stunde vor der Opera-
tion). In 132 Fällen war Nachhilfe mit Äther oder Chloroform nötig. Die
Narkose for sich genügte nur in 47,7 ^/o der Fälle. Viermal wurde starke
Zyanose beobachtet, die in einem Falle unter schwerer Dyspnoe letal endete.
Nach Hinweis auf die verschiedenen in der Chirurgie in Gebrauch
stehenden anästhetischen Mischungen und auf die physiologische Wirkung des
Skopolamins kommt Palermo (118) auf die neuere Vereinigung der Mor-
phinm-SkopoIamin-Narkose mit der Chloroformnarkose zu spechen.
Palermo hat 184 klinische Fälle von erwachsenen Individuen beob-
achtet, welche chirurgische Eingriffe von verschiedener Intensität und verschie-
dener Dauer durchmachten. Die Morphium-Skopolamin-Injektion wurde in
einigen Fällen 10 Minuten in anderen 30 Minuten vor der Chloroformnarkose
vollzogen: die injizierte Quantität betrug einen Kubikzentimeter wässeriger
Losung mit einem Gehalt an Skopolaminbromhydrat von einem Milligramm
ond an Morphiumchlorhydrat von einem Zentigramm.
Verf. kommt alsdann zu folgenden Schlüssen:
1. Die 30 Minuten vor der allgemeinen Chloroformanästhesie vorgenom-
mene Morphium-Skopolamin-Injektion erzeugt einen Zustand der Halbbewusst-
bigkeit, welche den Zustand der Ängstlichkeit des zu Operierenden mit allen
ihren möglichen Folgen verhütet.
2. Sie hebt die Willensperiode der Chloroformnarkose auf.
3. Sie setzt die Aufregungsperiode herab imd hebt sie zuweilen auf.
4. Sie bereitet günstig die Periode der Muskehresolution und der chirurgi-
schen Toleranz vor.
'dO Jahi^bericht für Chirnrgie. I. Teil.
5. Sie erhöht den Blutdruck und steigert die Herzsystole, wodurch die
exagerierte Exzitation der Nervenelemente des Bulbus und der Wurzeln des
Vagus ausgeglichen und so der Stillstand des Herzens durch die Wirkung
des Chloroforms verhütet wird.
6. Sie verhindert Erbrechen während der Chloroformnarkose.
7. Sie gestattet eine tiefe Narkose mit geringsten Chloroformmengen zu
erhalten.
8. Sie hält den Patienten in tiefem, ruhigen Schlaf für wenigstens zwei
Stunden nach dem Operationsakt: unterdrückt in den meisten Fällen das Er-
brechen nach der Operation und belässt so die Verdauungsorgane heilsamer-
weise in Buhe. E. Giani.
An der Freiburger Frauenklinik wurden, wie Gauss (48) berichtet,
300 Gebärende mit Skopolamin-Morphium (I. Injektion: Skopolamin 0,00045,
Morph. 0,0015, H. Injektion: Skopolamin 0,00015, Morph. 0,0015) behandelt.
Lässt die Wirkung der ersten Injektion nach mehreren Stunden nach, so
wird eine zweite gemacht, eventuell sogar eine dritte, bei der das Morphium
ganz wegfallen kann. Bei 4,7 °/o der Fälle versagte die Wirkung, weil die
Geburt zu rasch verlief, 16,3 ^/o der Frauen hatten erhebliche Linderung der
Schmerzen und 78®/o verfielen in leichten Dämmerschlaf. Auf die Wehen
hatte das Mittel keinen nennenswerten Einfluss. Von den Rinden wurden
56,4 ®/o lebensfrisch, 27,1 Vo oligopnoisch und 14,2 ^/o asphyktisch geboren.
Diskussion. Eroemer (Giessen) kam etwa zu den gleichen
Besultaten.
V. Steinhüchel (Graz) lobt das Mittel besonders bei protrahierten
Geburten. Zwei Todesfalle nach gynäkologischen Operationen mussten dem
Skopolamin zur Last gelegt werden.
Ziffer (185) ist durch seine Erfahrungen an der Budapester Landes-
hebammenschule zu einem warmen Verehrer der Skopolamin-Morphiumnarkose
geworden, die er für völlig ungefährlich hält. Von einer Lösung, die auf
10 g Aq. dest. 0,005 g Skopolamin und 0,1 g Morphin enthält, wurden für
Operationszwecke gewöhnlich drei Pravazspritzen, und zwar 2V«, 1*/» und V*
Stunde vor der Operation gegeben. Eine vierte Injektion wurde unter Um-
ständen noch während der Operation gemacht, wenn ausnahmsweise viel
Chloroform nötig war. Der Verbrauch an Chloroform, der sich gewöhnlich
nicht umgehen liess, war ausserordentlich gering und betrug durchschnittUch
pro Minute nur 0,14 g. Somit ist die Gefahr einer Überdosierung des
Chloroforms ausgeschlossen, ebenso die Gefahr einer tödlichen Spätwirkung
des Chloroforms bei langdauernden Operationen. Da die Herzfunktion stark
gesteigert ist, ist Synkope nicht zu befürchten. Ein Exzitationsstadium ist
meist nicht vorhanden, oder, wenn es vorkommt, kurz und milde. Erbrechen
erfolgt während der Narkose niemals, nach ihr sehr selten, meist nur dann,
wenn verhältnismässig viel Chloroform gebraucht wird. Nach dem Erwachen
fühlen sich die Kranken wohl, klagen nicht über Schmerzen und können als-
bald wieder Nahrung zu sich nehmen. Die Skopolamin-Morphiumnarkose hält
Ziffer für einen wichtigen Ersatz der Chloroformnarkose, wenn diese wie
bei Kachexie, Arteriosklerose, Vitium cordis, hochgradiger Anämie, Diabetes,
Albuminurie und vorgeschrittenem Lebensalter kontraindiziert ist. Mit Chloro-
form kombiniert ist sie der reinen Chloroformnarkose vorzuziehen, weil an
Chloroform gespart, und dadurch die Gefahr erheblich verringert wird.
BitBchl, Narkose, Narkotika, AnäsÜietika. 31
In Form der Halbnarkose empfiehlt Ziffer die Skopolamin-Morphium-
oirkose bei kleinen operativen Eingriffen, wo nicht so sehr gegen den Schmerz
als gegen die Furcht und Aufregung der Kranken angekämpft werden muss.
Der Nutzen des Skopolamin-Morphins ist in der Geburtshilfe gleichfalls
ein grosser. Hier kommt vor allem die Halbnarkose in Frage zur Linderung
schmerzhafler Wehen, bei Abnormitäten, die jeden Augenblick operatives Ein-
greifen erfordern können, und wo nötigenfalls Chloroform oder Äther ange-
wandt werden müssen. Femer bei deliriumartigen Zuständen während der
Gebart, Tetanie des Uterus und Eklampsie eventuell in Verbindung mit
(lilorofonn.
Kochmann (74), der sich experimentell mit den pharmakodynamischen
Eigenschaften des Skopolamins beschäftigt hat, ergreift das Wort, um vor
einer leiditferügen Anwendung der Skopolamin-Morphin-Narkose zu warnen.
Der verwirft die Morphin-Skopolamin-Kombination zur allgemeinen Narkose
gänzlich, weil die erforderlichen Dosen zu hoch sind und die individuelle
Wirkung beim Menschen zu verschieden ist. Deshalb sollte das Mittel nur
lor Unterstützung der Inhalationsnarkose zur Verwendung kommen. Durch
Tierversuche stellte Kochmann fest, dass das Skopolamin bei Personen mit
Herz- und Nierenaffektionen besonders schädlich wirkt, sofern es in grösseren
Dosen eine Blutdrucksenkung durch Schädigung des exzitomotorischen Apparates
des Herzens hervorruft.
Kochmann rät in der Dosierung nicht über 0,01 — 0,02 g Morphin
bjdrochl. und 0,0005 — 0,001 g Skopolamin. hydrobrom. hinauszugehen und
die Narkose mit Chloroform oder Äther zu vertiefen. Für eine folgende Äther-
narkose hat das Skopolamin den Vorteil, dass es die Hypersekretion der
Speichel- und Schleimdrüsen unterdrückt, und so eine Ursache der Äther-
pnemnonien in Fortfall kommt.
Da die Methode zur Zeit noch in den Einderschuhen steckt, eignet sie
sich noch nicht für die allgemeine Praxis. Ihre Gefährlichkeit lehrt auch
die Statistik — auf 1200 Narkosen 12 Todesfälle = ein Todesfall auf 100
Narkosen — , wenn auch unter diesen mindestens zur fiälfte ganz hoffnungs-
lose Kranke sich befinden, die vielleicht auch jeder anderen Narkose erlegen
irären. ^
Koch mann gibt zum Schluss die Anregung, die Morphin- Skopolamin-
iBJektioneu mit der Schi eich sehen Infiltrationsanästhesie zu kombinieren.
Landau (82) hebt die hohe Mortalität der Morphium-Skopolamin-Nar-
kose hervor und berichtet über einen neuen Todesfall, der sich in der Privat-
kiinik Dr. Karewskis ereignete, nachdem das Verfahren in 17 Fällen sich
M allgemeinen bewährt hatte. Es wird hervorgehoben , dass gerade alte,
vorzeitig gebrechliche Leute das Skopolamin auffallend gut vertrugen. Der
Todesfall betraf einen 66jährigen Mann, der ausser an asthmatischen Anfallen
nie an einer ernsteren Krankheit gelitten hatte und einer Hämorrhoidal-
operation unterzogen wurde. Er erhielt 0,9 mg Skopolamin und 2 cg Mor-
plun, überstand die Operation gut, starb aber drei Stunden nach dieser an
HenkoUaps, für den in erster Linie die Giftwirkung des Skopolamins ver-
^tvortlich gemacht werden musste.
Die Publikationen über die Skopolaminnarkose, bei der in 85 Prozent der
ralle noch Chloroform gegeben werden muss, veranlassen Tuffier (169)
seiner Erfahrungen zu gedenken, die er in früherer Zeit mit einer ähnlichen
Kombination, dem Atropin-Morphin und Chloroform gemacht hat (Verfahren
32 Jahresbericht fOr Ghinirgie. I. Teil.
von Dastre und Morath). Tnffier verbreitet sich über die p1
sehen Grundlagen dieser Methode, die sich besonders beim schvrei
formierbaren Hunde als vollkommen stichhaltig erwiesen hatten, so
Verfahren der Experimentalchirurgie grossen Nutzen brachte. Die
beim Menschen (Injektion von 1 — 2 cg Morphin + V« mg Atropin */
vor der Chloroformdarreichung) habe er nach wenigen Versuchen i^ie
lassen, weil die Patienten nach Einatmung von nur 2 — 3 g Chlore
einen solchen Znstand der Depression gerieten, dass sie eher einei
nahe zu sein schienen. Der geringste Zufall würde genügt haben, um S'
Lebensgefahr herbeizuführen. Auch das Erwachen war in zwei Fälh
gradig verzögert.
In einem Artikel der Semaine m^dicale (81) wird auf die höh
lichkeit der Skopolamin-Morphiumnarkose. (12 Todesfalle auf 1189 ^
= ca. 1 ^/o) hingewiesen, die diejenige der Chloroformnarkose um das i
die der Äthemarkose um das 50 fache übertrifft. Es bleibe daher
ständlich, dass man auch neuerdings in Frankreich für diese Narl
Stimmung zu machen versuche.
In einem zweiten Artikel, der 10 Monate später erschien, kom
Verf. des letzten Artikels Maurans (96) nochmals in einem länger
satz auf die Skopolamin-Morphiumnarkose zurück und stellt weiter 10
fälle aus der Literatur zusammen, um nochmals energisch vor dem
Verfahren zu warnen.
Puschnig (128) steUt 700 Narkosen, die in den letzten sechs
in der geburtshilflich-gynäkologischen Abteilung des Landeskrankenha
Klagenfurt nach verschiedenen neueren Methoden ausgeführt wurde
sammen. Den gemachten Erfahrungen nach sind Morphin-Skopolami
tionen vor Chloroformnarkosen Morphininjektionen vorzuziehen, w
vor der Narkose wesentlich stärker beruhigend wirken, in der Narkc
Exzitation ausschalten, das Antetoleranzstadium kürzen, die Chloroforu
verringern, nach der Narkose die Ruhe des Patienten fördern und c
brechen hinausschieben. Irgendeine der Injektion zuzuschreibende ung
Beeinflussung speziell der Herzfunktion ist nicht zu konstatieren. Die <
formerspamis ist aber eine geringe, die Gefährlichkeit der Chloroforms
wird dementsprechend auch nur in geringem Masse herabgesetzt. Die
Chloroformnarkose nach Witzel hat vor anderen Methoden spezie
Chloroformnarkose den Vorzug der Ungefährlichkeit und der Geringfüi
der der Narkose folgenden Störungen. Auch hier empfiehlt sich eine \
gehende Morphin-Skopolamininjektion , weil sie sekretionsvermindemd
und Erbrechen und Aspirationskatarrhe seltener macht. Der dritte Te
Arbeit beschäftigt sich mit der Anwendung von Morphin-Skopolamin
Geburtshilfe. Die analgesierende Wirkung von Injektionen von V» mg i
lamin und 0,01 Morphin erwies sich günstig bei aussergewöhnlich sei
haften Wehen. Diese werden reguliert, die Pausen länger bei ungescbwi
Intensität der Kontraktionen. Die Nachgeburtszeit wurde nicht ungi
beeinflusst, die Frucht nicht geschädigt. Zum Schluss empfiehlt Pusc
Injektionen von Skopolamin (0,0005) + Morphin (0,01) auch zur bl
Schmerzstillung an Stelle der üblichen Anwendung des Morphiums alleii
den verschiedensten schmerzhaften Zuständen, insbesondere zur Bekam]
des Wundschmerzes nach Operationen. Sie haben vor den einfachen Morpl
Ritschi, Narkoae, Narkotika, Anftsthetika. 33
js/ektionen den Vorteil, dass ihre Wirkung intensiver und langanhaltender ist
und zugleich Schlaf erzeugt wird.
7. Lokale Anästhesie.
In seinem Hand- und Lehrbuch der Lokalanästhesie schildert Braun (14)
den gegenwärtigen Stand dieses wichtigen Kapitels der allgemeinen Chirurgie.
Er war durch seine grundlegenden Arbeiten über die wissenschaftlichen Vor-
aussetzungen der Lokalanästhesie und durch seine reichen praktischen Er-
tähmngen wohl wie kein anderer berufen, die bisherigen Errungenschaften
der örtlichen Betäubung, ihre Indikationen und Kontraindikationen, ihren
Wert und ihre Grenzen in einer ausführlichen Monographie wiederzugeben.
Als besondere Vorzüge des grossangelegten Werkes darf die Gründlichkeit
•l'-r Arbeit, die Übersichtlichkeit und die Klarheit der Darstellung hervor-
gehoben werden. Für den Praktiker bildet das Werk Brauns einen zuvor-
lissigen Ratgeber auf allen Gebieten der Lokalanästhesie, für den wissen-
srliäftlich Arbeitenden bietet es eine Fülle der Anregung und Belehrung. Von
^•^nderem Werte sind die im zweiten Teile des Werkes an der Hand zahl-
rtieher Abbildungen erläuterten Vorschriften der Anästhesierung der verschie-
denen Körperregionen zur Ausführung typischer Operationen.
Martin (94) hat, um dem praktischen Arzt die Orientiernng auf dem
stindig wachsenden Gebiete der lokalen Anästhesie zu erleichtern, ein 35 Seiten
haltendes Büchlein verfasst, welches alles praktisch Wichtige in gedrängter
Kürze enthält.
In einem für den praktischen Arzt geschriebenen Aufsatz grenzt
Maller (113) die Indikationen der Lokalanästhesie und der allgemeinen
Narkose ab, bespricht die Dosierung und die Technik der Kokaininjektionen.
Brouardels (18) Artikel (erschienen in den Annales d'hygiene, Sept.
1905) enthält kasuistische Mitteilungen, die beweisen, dass die Giftwirkung
des Kokains anf verschiedene Individuen, ja auf das gleiche Individuum zu
verschiedenen Zeiten eine sehr ungleiche ist, anderseits aber die bedeutende
Giftigkeit des Mittels illustrieren.
P eiser (120) berichtet aus der Strassburger chirurgischen Klinik über Er-
iahnmgen mit der unter Zuhilfenahme des Adrenalins erzeugten Lokalanästhesie,
soweit diese bei grösseren Eingriffen Verwendung fand. Die injizierte Lösung
bestand aus nenn Teilen einer 0,5 7o Kokain- oder /7-Eukainlösung, der ein Teil
^er 1 Voo Adrenalinlösung zugefügt war. Beim Gebrauche von 10 ccm wird die
Maximaldosis des Kokains erreicht, jedoch kann man ohne Bedenken auf 15
bis 20 ccm hinaufgehen, weil ein beträchtlicher Teil der Lösung bei der
Operation wieder aus den Geweben abfliesst. Die Anästhesie tritt gewöhnlich
nacb 15—20 Minuten ein, bei Amputationen empfiehlt es sich 30 — 45 Minuten
zn warten. Über zwei Stunden pflegt die Anästhesie nicht anzuhalten. Bei
ien Injektionen soll planmässig im Sinne der beabsichtigten Operation vor-
gegangen werden, wodurch auch an Injektionsflüssigkeit gespart wird. Um
nicht in grössere Gefässe zu injizieren, was wegen der unmittelbaren Wirkung
des Adrenalins aufs Herz bezw. das vasomotorische Zentrum, vermieden wer-
den mnss, tut man gut sich durch öfteres Abnehmen der Spritze von der
Kanüle zn vergewissem, dass kein Blut ausfliesst. Vor intrakutaner Ein-
^tzung ist zn warnen, weil durch das Adrenalin leicht Nekrosen entstehen.
Weiser schildert die Methode der Anästhesierung bei Operationen an der
]«la«Wridit Ar Chirnrsie 1906. 8
34 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Schilddrüse, bei Amputationen, Operationen im Gesicht, Bruchoperationen,
Laparotomien usw. Über die Leitungsanästhesie spricht sich P eis er auf
Grund seiner Erfahrungen dahin aus, dass diese an den grossen Nerven-
stämmen, wenigstens wenn man an der üblichen, gefahrlosen Dosierung fest-
hält, nicht zu erreichen ist und nur an den kleineren Nervenstämmen in den
peripheren Teilen der Extremitäten brauchbare Resultate mit ihr zu erzielen
sind. Gegenüber der Leitungsanästhesie hält er die systematisch durchge-
führte Querschnittsanästhesie in den peripheren Teilen der Extremitäten für
das einfachere und sicherere Verfahren.
Die von Sartorari (143) ersonnene anästhetische Mischung ist
folgende: Kokainhydrochlorat 5 cg, Dionin 2 cg, Chlomatrium 20 cg. Aqua
dest 50 g. Man lässt die Chlornatrium lösung kochen und gibt die Alkaloide
hinzu, wenn die Temperatur auf 60^ C gesunken ist; alsdann pasteurisiert
man, indem man darauf bedacht ist, dass die Temperatur nicht über diesen
Grad steigt. Die Injektion wird in das Unterhautzellgewebe acht Minuten
vor Beginn des Operationsaktes vorgenommen, und zwar sind bei einem Bruche
30 ccm der Lösung ausreichend. Eine Morphiumeinspritzung eine halbe Stande
vorher erhöht die Wirksamkeit des Anästhetikums bedeutend.
Der Verf. hat diese anästhetische Mischung mit gutem Erfolg in sieben
Fällen von Leistenbruch, in zwei Fällen von Geschwulst der Brustdrüse und
bei einem Unterzwerchfellabszess benutzt. R. Giani.
Sikemeier (151) gelangte auf Grund von Tierversuchen und Opera-
tionen über den Wert des Adrenalins zu wesentlichen anderen Resultaten als
Braun; so kam er bei der Lösung der Frage, ob und inwieweit das Kokain
durch Zusatz von Adrenalin in seiner Giftwirkung abgeschwächt wird, zu
einem negativen Ergebnis. Auch konnte sich Sikemeier von einer Erhöhung
der Kokainwirkung durch das Adrenalin nicht überzeugen. Bei einer doppel-
seitigen Bruchoperation, bei der auf der einen Seite Kokain allein, auf der
anderen Kokain- Adrenalin zur Anästhesierung verwandt war, konnte ein Unter-
schied in der Stärke der Anästhesie nicht wahrgenommen werden. Die
anämisierenden Eigenschaften des Adrenalins erkennt Sikemeier voll an,
dagegen leugnet er dessen Wert für die Lumbalanästhesie, wenigstens soweit
das Adrenalin hier die Wirkung des Kokains steigern und seine Giftigkeit
herabsetzen soll. Nach Ziegan lässt sich durch subdurale Injektion von
Adrenalin allein schon Anästhesie hervorrufen. Diese Wirkung summiert sich
mit der des Kokains, daher der durch die Kombination gewonnene Vorteil
für die Spinalanalgesie.
Hildebrandt (60) schildert die Vorteile der Nebennierenpräparate
als Styptika und als Zusatz zu anästhesierenden Lösungen. Nach seiner
an der chirurgischen Klinik der Charit^ besonders mit dem Suprarenin ge-
wonnenen Erfahrung sollte man bei subkutanen Injektionen die Dosis von 15
bis 20 Tropfen nicht überschreiten, da hiernach schon leichte Vergiftungs-
erscheinungen auftreten können. Anderseits können Gewebsnekrosen eintreten,
wenn man Lösungen von 1 : 5000 verwendet. Zur Unterbrechung des Kreis-
laufes in den Kapillaren genügen aber solche von 1 : 10000 vollauf. Für die
Anästhesierung von Schleimhäuten ist eine 5^/o Kokain- oder Eukainlösung
empfehlenswert, der man einige Tropfen sterilisierten Adrenalins 1:1000
zusetzt. Vortrefflich bewährte sich die von Braun empfohlene Kombination
des Schleichschen und Hackenbruchschen VerfaJirens der zirkulären
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anftsthetika. 35
iiuigebierong mit 0,05 — 0,1 ^/o Kokain- oder Eakainlösungen, zn denen
oin aof je 50 ccm 5 — 10 Tropfen Adrenalinlösnng zusetzt.
Goebell (50) rühmt die Wirkung der Nebennierenpr¶te sowohl zur
Blntstillnng insbesondere bei Leberresektionen, bei der Resektion des DI. Astes
des y. trigeminus am Foramen ovale , bei Operationen an der Mund- und
NasenscUeimhaut sowie zur Abtragung von Granulationen bei Transplantationen
nach Thiersch, als auch als Hilfsmittel die Wirkung der Infiltrations-
sTiästhesie zn verlängern. An den Fingern und Zehen liegt kein Grund vor,
die bewährte Oberstsche Anästhesie durch die regiönere Anästhesie mit
Kokain-Adrenalin bezw. Suprareninlösungen zu ersetzen.
Fischer (45) stellte an Kaninchen fest, dass intravenöse Injektionen von
Nebennierenpräparaten ebenso wie solche toxisch wirkender Substanzen im
iflgemeinen Arterionekrose verursachen, die zur Bildung von Beeten und
Aneoiysmen der Aorta führt. Später treten reaktiv entzündliche Vorgänge
ioza — MesarteriitiB — Endarteriitis. Am Herzen findet sich Myofibrosis,
Myoearditis inierstitialis und zuweilen Verkalkung von Herzmuskelfasem,
bklig auch grossere und kleinere Apoplexien. Bei subkutanen Adrenalinin-
ktionen blieben die Veränderungen aus; beim Hund auch, wenn intravenös
ir iziert wurde.
Wolowniks (182) experimentelle Untersuchungen über das Adrenalin
betreffen die Eigenschaft der Nebennierenextrakte Glykosurie und Temperatur-
btrabsetznng herbeizuführen.
Müller (107) tritt in einem Artikel des Zentralblattes für Gynäkologie
Frennd entgegen, der Eukain- Adrenalingemische für besser bezeichnet hatte,
iis Kokain-Adrenalingemische. Müller hat durch vergleichende Tierversuche
festgestellt, dass kein Tropfen Blut fliesst, wenn man in Verbindung mit 0,0001
Saprarenin 0,01 Kokain verwendet, die Anämisierung aber eine sehr geringe
ist wenn man in gleicher Dosis Tropakokain oder Eukain benutzt. Es beruht
dis darauf, dass die beiden letztgenannten Substanzen die Wirkung des
Adrenalms abschwächen. Will man gleichzeitig Anämisierung und Lokal-
msthesie mit Eukain und Tropakokain in Verbindung mit Adrenalin er-
zeugen, so kommt man der Maximaldosis des Adrenalins leicht sehr nahe
uder übersteigt sie sogar speziell beim Gebrauch in der Gynäkologie.
Braun (16) stellt an ein zur Lokalanästhesie dienendes Mittel folgende
Anforderungen : Dass es
1. im Verhältnis zu seiner örtlich anästhesierenden Potenz weniger
giftig ist als Kokain,
2. resorbiert wird, ohne das Gewebe im geringsten zu reizen und zu
schädigen,
3. in wässeriger Lösung einigermassen beständig und womöglich auch
anf einfache Weise zu sterilisieren ist,
4. sich mit Suprarenin kombinieren lässt^ ohne dessen gefassverengemde
Wirbng zu beeinträchtigen,
5- wenn es für Schleimhäute geeignet sein soll , schnell in diese ein-
dringt
Stovain erfüllt die zweite Forderung schlecht, scheint aber für die
Medüllaranästhesie von Vorteil zu sein.
Alypiu hat stark reizende Eigenschaften, erfüllt Forderung 3, 4, 5 jedoch
sehrgttt
36 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
NoYokain ist ungiftig, reizlos nnd dem Kokain in seiner Wirkung
zum mindesten ebenbürtig. In Verbindung mit Suprarenin, dessen Wirkung
es noch zu steigern scheint, bewährte es sich vortrefflich.
Schiff (144) berichtet aus der chirurgischen Klinik der Charit^ über
Versuche mit Stovain zur Herstellung lokaler Anästhesie. Vor dem Kokain
hat das Stovain den Vorzug einer einhalbmal geringeren Giftigkeit bei gleich
starkem Anästhesierungsvermögen und der grösseren Wohlfeilheit. Die gefäss-
erweiternde Wirkung gestattet das Operieren am sitzenden Kranken, verur-
sacht aber auch starke Blutung und verhindert die bei Kokaininjektionen so
deutliche Weissfärbung der Quaddeln. Durch Zusatz eines Nebennieren-
präparates lässt sich dieser Übelstand beseitigen, doch muss man auf Nach-
blutungen gefasst sein, wenn die Wirkung aufhört, wie Schiff bei einem
Kranken erfahren musste. Die Anästhesie befriedigte unter 196 Fällen in
92,5 ^/o, war dagegen in 7,5 7o ungenügend. Die Misserfolge kamen haupt-
sächlich bei Zahnextraktionen und Abszessen vor, während bei Panaritien
die Anästhesie stets befriedigte. Es kamen je nach Lage des Falles Vs^ ^/«
und 1 ^/o Lösungen zur Anwendung, entsprechend den verschiedenen Methoden
der lokalen Anästhesie. Nur in einem Fall folgten zwei Stunden nach einer
Zahnextraktion unter Stovain unangenehme Erscheinungen (Herzklopfen, Übel-
keit, allgemeine Mattigkeit).
Coakley (21) hält das Stovain, in 2^/oiger Lösung bei Hals- und Nasen-
operationen angewandt, dem Kokain für ebenbürtig, soweit es sich um die
Stärke der Anästhesie und die Schnelligkeit ihres Eintritts handelt. Die
Schleimhaut zieht sich nicht so stark zusammen wie bei Anwendung gleich-
starker Kokainlösung und das Gefühl der Konstriktion ist weniger ausge-
sprochen. Dagegen hat Stovain einen fauligen Geruch und einen bitteren
Geschmack. Vergiftungserscheinungen kamen nicht vor.
Meyer (99) prüfte das /?-Eukainnm lacticum an 30 Fällen meist
bei Operationen in der Nase. Es kam eine 15 ^/o ige Lösung in Anwendung,
mit der getränkt Wattebäusche fünf Minuten lang auf das Operationsgebiet
gelegt wurden. Zur Anämisierung wurde zuvor 1 ^/oo ige Adrenalinlösung auf-
gepinselt. Für submuköse Injektionen diente eine 2Voige Lösung.
Weitere Versuche betreffen das Stovain, welches in der Nase in 5 bis
10^/oiger Lösung angewandt wurde, zur submukösen Injektion in V»%iger
unter Zusatz von Vio Teil Adrenalin.
Beide Mittel sind nach den Erfahrungen Meyers geeignet das giftigere,
teuerere, nicht sterilisierbare Kokain zu ersetzen. Das Stovain ist dem Eukain
an Wirkung überlegen. Im Larynx versagte Eukain völlig. Stovain erzeugte
in einem Teil der Fälle hinreichende Empfindungslosigkeit und kann unter
Umständen dazu dienen Kokain zu sparen.
Gemuseus (49) stellt in seiner Dissertation zunächst alles zusammen,
was über die physiologischen Eigenschaften des Stovains und dessen Wirkungs-
weise auf den tierischen Organismus bekannt geworden ist und bespricht so-
dann die therapeutische Anwendung des Mittels. Er hat das Stovain selbst
in 100 Fällen der Landpraxis, darunter 95 mal bei Zahnoperationen erprobt.
Über die einzelnen Fälle berichtet er eingehend. Er verwandte 1 — 4% ige
Lösungen. In einem Falle (Extraktion von 10 Zähnen) verstieg sich Gemuseus
zu einer Dosis von 0,32 g Stovain ohne üble Folgen. Die Beobachtungen von
Gemuseus ergeben, dass Stovain 3— 4 mal weniger giftig ist als Kokain,
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anästhetika. 37
•üss es keine äblen Nebenerscheimmgen macht und den Vorteil besitzt, dass
man es auch am sitzenden Patienten anwenden kann.
Cernezzi (20) berichtet nach einer knrzen Würdigung der Literatur
aber experimentelle Untersuchungen an sechs Kaninchen zum Studium der
darch Stoyain- Adrenalinmischungen erzielbaren lokalen Anästhesie. Er kommt
zu folgenden Schlüssen:
1. Dass das Stovain als lokales Anästetikum wegen seiner mit einem
grieichen anästbetischen Vermögen vereinten geringeren Toxizität dem Kokain
Tonniziehen ist.
2. Dass die Stovain-Adrenalinmischung die Erreichung einer kompleten
lokalen Anästhesie gestattet und zwar von grösserer Dauer als blosse Stovain-
einspritzung.
Verf. betont dann den Umstand, dass die Stovain-Adrenalinmischung
die meisten chirurgischen Operationen schmerzlos zu vollführen gestattet, auch
ao entzündeten Geweben; er verwendet eine 0,5% ige Stovainlösung und gibt
n je drei Kubikzentimeter derselben einen Tropfen einer 1 ®/oo igen Adrenalin-
iäsnng hinzu (stärkste Dose 40 — 50 cg Stovain und 1 mg Adrenalin).
Schliesslich teilt er noch eine Statistik von 38 der verschiedensten
<}perationsakte mit, unter ihnen eine Laparotomie für Ileokolostomie in einem
Fall von ulzerierter Tuberkulose eines Stückes des Grimmdarmes, bei denen er
mit Vorteil die oben angegebene Stovain-Adrenalinmischung angewandt hat.
R. Giani.
Poenaru-Caplescu(123) berichtet über 24 operierte Fälle, wo er die
lokale Anästhesie mit 0,03 bis 0,06 Stovain mit gutem Erfolge anwandte«
In 46 Fällen wurde die Rachistovainisation mit denselben Dosen in den
verschiedensten Fällen mit sehr gutem Erfolge angewandt.
Stoianoff (Varna).
Sinclair (152) warnt vor der Anwendung des Stovains zur lokalen
Anästhesie. Auf Grund von fünf Beobachtungen hat er sich folgende Ansichten
Aber das Stovain bilden können:
1. Dass die anästhesierende Wirkung die des Kokains nicht erreicht,
besonders was die Dauer derselben anbetrifft.
2. Dass bei subkutaner Anwendung Intoxikationserscheinungen ähnlich
denen des Kokains auftreten.
3. Dass es eher gefährlicher ist als Kokain, sofern es chronisches Ödem
und Gangrän in den Geweben hervorruft, in die es injiziert wurde, wenn es
in 2^'oiger Lösung zur Anwendung kam.
4. Dass der Heilungsprozess durch Stovain ungünstig beeinilusst und um
mehrere Wochen verzögert wird.
Heine ke und La wen (55) berichten über Versuche mit Novokain.
Es wurde zunächst an Kaninchen festgestellt, dass Novokain etwa 7 mal
veniger giftig ist als Kokain, dass die Vergiftung sich in Lähmung der
Kürpermuskulatur und endlicher Lähmung der Atmung äussert, dass die
Konzentration der injizierten Novokainlösung keinen Einfluss auf die Gift-
wirkung hat, dass die Vergiftung durch Suprareninzusatz bei grossen Dosen
^em^ert, bei kleineren herabgesetzt wird, endlich dass Novokain die gefäss-
verengemden Eigenschaften des Suprarenins nicht beeinträchtigt. In der
Praxis erwies sich das Novokain als ein zuverlässiges und brauchbares Lokal-
^thetikom. Die osmotische Spannung der Novokainlösungen zeigt grosse
l'bereinstimmuiig mit der der Kokainlösungen. Es wird daher empfohlen,
38 Jahresbericht fttr Chirurgie, L Teil.
Lösungen bis IVo 0,9 ^/o Kochsalz zuzusetzen, Konzentrationen von 5%
an mit destilliertem Wasser herzustellen. Das Anästhesierungsvermögen des
Novokains steht dem des Kokains wenigstens in höheren Konzentrationen
und bei Suprareninzusatz wenig nach. Auf die Gewebe wirkt es nicht schädlich.
Die Lösungen können unbeschadet sterilisiert werden. Auch für die Me-
dullaranästhesie scheint das neue Mittel Vorzüge zu haben, sofern die Nach-
wirkungen noch geringer waren als die nach Stovainanwendung. Vor diesem
hat das Novokain auch noch den Vorzug, dass es die motorischen Nerven
weniger in Mitleidenschaft zieht.
Danielsen (27) spricht sich auf Grund von Erfahrungen, die an der
Marburger chirurgischen Poliklinik mit Novokain an 60 Fällen gewonnen
wurden, sehr günstig übdr das Mittel aus. Er bezeichnet das Novokain als
ein reizloses, schnell und intensiv wirkendes Lokalanästhetikum, bei dem keine
toxischen Nebenwirkungen , keine Reizerscheinungen oder nekrotisierenden
Wirkungen beobachtet worden sind. Zudem beeinträchtigt es die Wirkung
des Suprarenins in keiner Weise und lässt sich gut sterilisieren. Es kam in
1 und 2 ^/o igen Lösungen zur Infiltrations-Injektion und zur regionären (Obers t-
schen) Anästhesie zur Verwendung, zur Pinselung von Schleimhäuten in
10°/oiger Lösung.
Auch Schmidt (146) berichtet über günstige Erfahrungen mit Novokain
aus der Privatklinik Haenels (Dresden).
Impens (69) lenkt die Aufmerksamkeit auf ein neues Lokalanästhetikum
das ^Alypin^ (primäres salzsaures Salz des Benzoyltetramethyldiaminoäthyl-
dimethylkarbinols). Es ist ein in Wasser leicht löslicher, schön kristallisierter,
nicht hygroskopischer Körper. Die Lösungen reagieren neutral und trüben
sich, mit massigen Natriumbikarbonatmengen versetzt, nicht. Sie können, ohne
dass die anästhesierende Wirkung leidet, 5 — 10 Minuten gekocht werden.
2 — 4^0 ige Lösungen halten sich gut, dünnere können schimmelig werden.
Von den Schleimhäuten und vom subkutanen Zellgewebe wird Alypin leicht
aufgenommen. Auch 4—5 ^/o ige Lösungen verursachten an der Injektions-
stelle weder Entzündungen noch Nekrosen. An anästhesierender Kraft scheint
das Alypin dem Kokain noch überlegen zu sein. Am Menschenauge beobachtete
man schon nach längerer Applikation einer 0^025 ^/o igen Alypinlösung eine
Abstumpfung der Homhautempfindlichkeit, bei einer 0,05 ^/o igen Konzentration
wird der Kornealrefiex ausgelöscht. 1 — 2^0 ige Kollyrien anästhesieren die
Kornea nach 60 — 75 Sekunden vollständig. Kurz nach der Instillation einer
2 ^/o igen Alypinlösung stellt sich ein leichtes Brennen mit Hyperämie der
Bindehaut ein, welches nach einer Minute mit dem Eintritt der Anästhesie
aufhört. Die Anästhesie dauert 8 — 10 Minuten; nach Abklingen der Anästhesie
nimmt das Auge wieder sein normales Aussehen an. Mydriasis und Störung
der Akkommodation treten nicht ein. Die Dosis letalis des Alypins beträgt
bei Hund und Katze annähernd das Doppelte derjenigen des Kokains. Beim
Warmblüter kommt es nach grossen Dosen zu Verlangsamung der Pulsfrequenz.
Kleinere Dosen stören die Herzaktion nicht. Bei lokaler Applikation bewirkt
das Alypin eine Gefässerweiterung peripheren und zentralen Ursprungs. Eine
schwach lähmende Wirkung übt es auf das Protoplasma aus, es hemmt in
2^/oiger Lösung vollständig die Gärung der Bierhefe.
Stotzer (157) berichtet in seiner Dissertation über Versuche mit Alypin.
Er kommt zu folgenden Scblussfolgerungen : Das Alypin eignet sich vortrefflich
zur Lokalanästhesie. Besonders in stärkeren Lösungen ist es dem Kokain
Ritsehl, Narkose, Narkotika, AnästheUka. 89
•
d^bmtig; es lässt Erhitzen der Lösungen auf 120^ zu ohne Zersetzung, ist
in Losongen haltbar. Üble B'olgen wurden nicht beobachtet. Zudem reizt
es an der Injektionsstelle nicht und ist billiger als Kokain.
Weil (177) spricht sich aber die Eigenschaften des Alypins in der
Aogenheilkimde sehr günstig aus. Es hat vor dem Kokain nicht nur den
Yoizag geringerer Giftigkeit und des geringeren Preises, sondern verursacht
nicht wie dieses Mydriasis, Akkommodationslähmung und Erhöhung des intra-
okularen Druckes. Die Beizwirkung (Brennen nach der Ein t rauf elung) ist
nicht stärker als beim Kokain. Austrocknung der Bindehaut wurde nicht
beobacht-et.
Seeligsohn (150) verwandte das Alypin auch bei eingreifenden Ope-
rationen am Auge und ist mit der Wirkung sehr zufrieden gewesen.
Morton (106) hat die Methode, Arzneistofife mit Hilfe des galvanischen
Stroms in den Körper hineinzubringen, benutzt, um lokale Anästhesie zu
erzeugen. Er verwandte eine Mischung von Guajakol und Kokain, mit der
er Löschpapier tränkte. Dieses wurde auf die zu anästhesierende Körper-
steiie gelegt und nun ein galvanischer Strom von sechs Milliamperes sechs
Kinuten lang einwirken gelassen. Der Erfolg war durchaus zufriedenstellend.
Morton empfiehlt das Verfahren besonders für die kleine Chirurgie, hält sie
aber auch for grössere Eingriffe für geeignet Neuerdings hat er besonders
gute Erfolge mit einer Mischung von Kokain und Adrenalin gehabt.
Morton hat ausserdem Versuche gemacht, durch Gasdruck und mecha-
nischen Dmck Medikamente in die Körperoberfläche zum Eindringen zu
bringen, insbesondere um Anästhesie zu erzeugen. So applizierte er eine
Probierröhre, in welche er ein Gemisch von Guajakol, Äther und Kokain-
loänng gebracht hatte für einige Minuten mit ihrer Öffnung festschliessend
gegen seinen Arm und konstatierte danach, dass die Haut anästhetisch geworden
war. Die Wirkung schreibt er der Druckwirkung der sich entwickelnden
Atherdiunpfe zu, welche mechanisch ein tieferes Eindringen des Guajakols
und Kokains bewirken. Er empfiehlt dieses Verfahren besonders zur Her-
stellung von Zahnanästhesie. In die Höhlung des Zahns wird ein Watte-
bäoschchen mit der obengenannten Mischung gebracht und die Öffnung mit
einem weichen Kautschukstopfen verschlossen. Die Methode hat in der Zahn-
heilknnde für die schmerzlose Entfernung der Pulpa und des Nerven an Stelle
der Arsenikbebandlung bereits warme Anerkennung gefunden.
8. Bfickenmarksanästhesie.
Bier (8) erblickt in der Entdeckung des Stovains durch Fourneau einen
weiteren Schritt in der Vervollkommnung der ßückenmarksanästhesie. Es
wurde von Bier in 102 Fällen verwandt. Neben- und Nacherscheinungen
waren nur in einem geringen Teile der Fälle vorhanden, erreichten keine
grosse Höhe und gingen bald vorüber. Vier seither bekannt gewordene Todes-
fille sind dem Stovain wahrscheinlich nicht zuzuschreiben. Auch dürften sich
die Gefahren des Stovains durch Zusatz von Nebennierenpräparaten vermin-
dern lassen. Jedenfalls hat sich der Zusatz von Nebennierenpräparaten (Bier
T»wendet besonders Paranephrin oder Suprarenin) bei der ßückenmarks-
anästhesie mit Kokain als äusserst vorteilhaft erwiesen. Die anästhesierende
Wirkung des Stovains, die sonst zu wünschen übrig lässt, wird jedenfalls
dorch Nebemiierenpräparate sehr wesentlich verlängert. Bier ist der Mei-
40 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
•
nung, dass, wenn auch die Rückenmarksanästhesie noch weiterer Yervol
nung bedürftig sei, sie nunmehr doch Anwendung finden dürfe in
Fällen, wo die Allgemeinnarkose gefahrlich ist, besonders bei alten dek
Leuten, die Operationen bedeutend besser überständen, wenn ihnen i
gemeinnarkose erspart bliebe. Wenn der Rückenmarksanästhesie mri
Vergiftung Gefahren anhafteten, so sei anderseits zu bedenken, dass d
kotisierte Organismus auch weit schwerere Verletzungen vertrage i
wache. So sei ein Hauptverdienst der Anästhetika, dass sie den Shoi
hinderten.
Die mehr allgemein gehaltene Auskunft Biers über die jün^s^
fahrungen mit der Rückenmarksanästhesie wird von Dönitz (37) durc
teilung von Einzelheiten ergänzt. Im ganzen wurden an der Bonner
407 Personen der Rückenmarkanästhesie unterworfen, davon 102 mit S
7 mit Eucain. lactic, die übrigen mit Kokain. Von allen Mitteln h.
bisher das Stovain am besten bewährt. Zu etwa 80 ^/o der Fälle
während der Anästhesie alle üblen Nebenerscheinungen, blieben auch
im Anschluss daran aus. In den übrigen Fällen kamen Blässe des Gc
Erbrechen, Übelkeit und Kopfschmerzen vor, jedoch in weit milderer
als bei Verwendung von Kokain.
Manchmal breitete sich die Anästhesie nicht in der wünscheus'
Weise aus, es wurde z. B. nur das eine Bein anästhetisch. Diese ai
ersten Blick launenhafte Ausbreitung der injizierten Flüssigkeit hat ibi
Sache weniger in der Lagerung des Patienten, sondern beruht darauf,
die Injektion nicht in der Mittellinie vorgenommen wurde. Bei seil
Injektion breitet sich die Flüssigkeit, wie Dönitz durch Versuche ai
Leiche festgestellt hat, in den zwischen den Nervenbündeln der Cauda b
liehen, schmalen Spalten in der Längsrichtung aus und diffundiert er
zweiter Linie in querer Richtung. Dieses Verhalten ist am auffallen
wenn die Flüssigkeit dicht unter dem Conus terminalis zwischen die hu
sonders dicht angeordneten Nervenbündel gerät. Die Injektion hat dam
besten Erfolg, wenn es gelingt, in den von den beiden Caudahälften <
schlossenen, von Liquor cerebrospinalis erfüllten Raum (Cysterna termi
zu gelangen. Alsdann fliesst der Liquor im Strahle ab und die inji:
Flüssigkeit kann sich nach allen Richtungen ungehindert verbreiten. Eni
sich der Liquor langsam, tropfend, so befindet sich die Nadelspitze nici
dieser günstigsten Stelle, sondern ist gewöhnlich mehr seitlich in den Be
der eng aneinanderliegenden Nervenbündel geraten, die seine Verbrei
hemmen. Es muss demnach möglichst genau in der Medianlinie eingesto
werden. Pur die Wirkung der Kader sehen Beckenhochlagerung, dk
Verteilung der injizierten Flüssigkeit nach oben in der Bonner Klinik
oft angewandt wird, ist gleichfalls Vorbedingung, dass die Injektion in
Cysterna terminalis erfolgt ist. Die Scheidung des RückenmarkskanaL
eine vordere motorische und hintere sensible Sphäre durch die Ligg. d<
culata hindert das Übertreten der injizierten Flüssigkeit auf motorisches
biet, was bei der Anwendung des Stovains von Wichtigkeit ist, weil diest
viel höherem Grade als Kokain auch auf die motorischen Nerven wirkt
bei hohem Aufsteigen auf der vorderen Seite des Rückenmarks gefährj
Störungen der Atmungs- und Herztätigkeit bewirken könnte. Um die Flüs
keit sicher nur in den hinteren Abschnitt des Subarachnoidalraums zu brin(
empfiehlt Dönitz die Punktion ohne Mandrin. Man bemerkt dann am i
Bitschi, Narkose, Narkotika, Anftsthetika. 41
iiessen des Liqaor sofort, dass man tief genug eingedrungen ist und ver-
meidet so auch am leichtesten Verletzungen von Nerven und Blutgefässen.
Die Kopfstauung wurde noch nicht genügend oft angewandt, um über sie ein
abschliessendes Urteil zu gewinnen. Sie wirkt derart, dass durch Überfüllung
der Venen des Kopfes der Liquor in den Rückenmarkskanal gepresst wird
nnd unter einen bis auf das doppelte gesteigerten Druck gerät. Durch An-
legen oder Abnehmen der Halsbinde zu verschiedenen Zeiten (d. h. vor, nach
der Injektion, während der Anästhesie) kann man auf die Lage des Stovain-
depots einwirken. Sofern auch beim Erbrechen und Pressen Druckschwan-
hi^en im Lig. cerebrospinalis auftreten, kann man sich erklären, dass hier-
durch die Lage des Stovaindepots und demgemäss auch die Ausbreitung der
Anästbföie verändert werden kann. Herabsetzen kann man den Liquordruck
in den unteren Abschnitten des Rückgratkanales durch invertierte Lage sowie
durch Entfernung grösserer Mengen von Liquor und dadurch, wie ein Fall
lehrte, die anästhetische Zone nach oben verschieben.
Die den Xacherscheinungen der Spinalanalgesie mit Kokain und £ukain
jisrande liegende, aseptische Meningitis wird durch Stovain bei weitem nicht
m gleichem Masse erregt, und daher eignet sich das Mittel besonders gut zur
Rückenmarksanästhesie. Dönitz empfiehlt eine isotonische 4% ige Stovain-
feung unter Znsatz von 0,11 Vo Kochsalz und 0,01% Nebennierenpräparat,
oder 5 ^lo Stovainlösung, die an sich isotonisch ist, mit 0,01 ^/o Nebennieren-
Präparat Zur Lösung im abgelassenen Liquor Hess Dönitz Tabletten mit
folgender Zusammensetzung anfertigen: Stovain 0,02, Suprarenin boric. 0,00013,
Gummi arab. q. s. (2 — 3 Stück in Liquor zu lösen). Um an Stovain zu
sparen und durch eine möglichst geringfügige Vergiftung den Nacherschei-
nnngen vorzubeugen, ist es theoretisch am rationellsten die Injektion so vor-
zunehmen, dass nur die Wurzeln der zum Operationsgebiet ziehenden Nerven
umspült werden. Hierzu genügen im allgemeinen 0,04 Stovain. Da jedoch die
Gefahr einer Verletzung des Rückenmarks der allgemeinen Durchführung
dieses Prinzips im Wege steht, empfiehlt Dönitz möglichst hoch (zwischen
2. und 3. oder 1. und 2. Lendenwirbel) zu injizieren und durch Beckenhoch-
lagenmg oder Kopfstauung die Flüssigkeit an die gewünschte Stelle des
Rückenmarks zu verschieben. Auf diese Weise gelingt es auch eigentliche
Dorsalanästhesien zu erzeugen. Ob es möglich ist durch Vorsichtsmassregeln
die Nacherscheinungen völlig auszuschalten, ist fraglich , da bekanntlich die
einfache Lumbalpunktion nicht selten von Kopfschmerz und Erbrechen gefolgt
ist, die nach Bier auf einer sekundären Hyperämie des Zentralnervensystems
bemhen dürften. Durch medikamentöse Behandlung, vor allem den aus-
giebigen Gebrauch von Rizinusöl, lassen sich die Beschwerden mildem bezw.
beseitigen.
Die Stovainanästhesie ist kürzer als die Kokainanästhesie. Sie kann
Terlangert werden einmal durch Zusatz von Nebennierenpräparaten, sodann
dadurch, dass man darauf bedacht ist , die Lösung möglichst konzentriert
anf die hauptsachlich in Betracht kommenden Nervenwurzebi wirken zu
lassen.
Im allgemeinen ist es am rationellsten möglichst geringe Mengen des
Usongsmittels (1 ccm) zu verwenden, nur wenn der Abfluss von Liquor zu
väoscben übrig lässt, empfiehlt es sich grössere Mengen zu verwenden, um
^m in die Nervenbnndelzwischenräume gebrachtes Stovaindepot mehr zur
42 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Verteilung zu bringen. Zu diesem Zweck kann man auch nach der Ii
mehrmals Liquor aufziehen uad wieder zurückspritzen.
Infektionen der Einstichöffnungen sind bei der nötigen Vorsicht
gemeinen nicht zu befürchten, wurden aber bei gleichzeitigen pyäi
Prozessen zweimal beobachtet. Daher Vorsicht bei solchen!
Zum Schluss wird die Technik der Injektionen, die sich zum I
obigen Ausführungen ergibt, nochmals in ihren Hauptzügen geschilder
Es schliesst sich eine längere Diskussion an.
Gzerny ist mit der Kückenmarksanästhesie zufrieden, seitdem e
des Kokains Stovain verwendet. Injektion von 0,06—0,1 Stovain. Zi
2. und 3. Lendenwirbel, nachdem die zur Hälfte mit 10^/oiger Lösnng {
Spritze mit Liq. spinalis vollgesogen.
Hermes berichtet, dass im Krankenhause Moabit 90 mal die I^
marksanästhesie mit Stovain, darunter 45 mal bei Laparotomien inAnwi
gebracht wurde. Viermal versagte das Verfahren, zweimal bei dem gi
Patienten. Demnach scheint mit einer individuellen Empfänglichkeit ger
werden zu müssen. Bei Bruchoperationen kam mehrfach kalter Schweiz
Ausbruch mit Blässe und kleinem Puls , so dass einmal Kampfer g<
werden musste. Kopfweh wurde öfters geklagt, hielt einmal acht Tag<
mal bei einem kräftigen Manne sogar acht Wochen an. Dosis 0,04-
Glänzend bewährte sich die Methode bei zwei 75 und 76 jährigen Pat
mit eingeklemmten Brüchen und hochgradigen Lungen- und Herzvei
Hingen.
S i I b e rm a r k hat 300 Spinalanalgesien auf der v. M os e t i g sehen S
des Wiener allgemeinen Krankenhauses ausgeführt ohne alle üblen F
Er lässt nur eine Gegenanzeige gelten, nämlich ein Alter unter 16 j£
Üble Nachwirkungen kommen weniger bei alten, dekrepiden Leuten vor
bei jungen, kräftigen Menschen. Gänzlich ungefährlich ist die Spinalanal
wenn man kein Kokain, sondern Tropakokain, Eukain oder Stovain be
und gewisse Kleinigkeiten in der Technik beachtet. Man soll sich hüte]
Hautreinigung gebrauchtes Desinfiziens in die Tiefe zu verschleppen.
Injektion wird am sitzenden Patienten vorgenommen, Beckenhochlagerung
mieden. In 4^/o (einmal bei Stovain) blieb die Analgesie aus. Bulbän
scheinungen (Brechreiz, Erbrechen, Kollaps) lassen sich vermeiden, bezw
schwächen, wenn man höchstens 1 ccni Liquor abfiiessen lässt, dagegen 2
Injektionsflüssigkeit verwendet, um eine Herabsetzung des Druckes im Sp
kanal zu vermeiden. Entsteht Unterdruck, so wird die injizierte Flu
keit je mehr und mehr nach aufwärts verschleppt und kann so bis zur Me«
gelangen.
Neugebauer hat 480 Spinalanalgesien ausgeführt, meist mit Tr
kokain, seltener mit Eukain und Stovain, ohne je lebensgefährliche Fe
erlebt zu haben. Am besten eignet sich Tropakokain, doch hinterliess i
dieses in 30°/o der Fälle Kopfschmerzen. Eukain und Stovain machten
öfter Kopfschmerzen und vor allem Erbrechen. Zusatz von resorptions
langsamenden Mitteln (Gelatine) scheint eine wesentliche Verbesserung zu
sprechen. Für Laparotomien eignet sich die Rückenmarksanästhesie ni
weil grössere Dosen erforderlich sind und daher Vergiftungen leicht eintr(
können.
Preindlsberger referiert über 260 zumeist mit Tropakokain vo
nommenen Rückenmarksanästhesien. Mit Eukain (5 Fälle) war er nicht
Rjtaohl, Narkose, Narkotika, AnAstbetika. 43
frieden, Anasthesin (1 Fall) wurde seiner geringen Löslichkeit wegen wieder
«ofgegeben.
Preindlsberger beschränkte sich auf Operationen bis zur Unterbauch-
^egend. Die Wirkung war 14 mal oberflächlich, 14 mal fehlte sie ganz, 4 mal
mosste zur Narkose wegen Unruhe des Patienten geschritten werden, 2 mal
miselaDg die Punktion des Rückenmarkkanales. Einmal kam schwerer Kollaps
vor, der rasch vorüberging, sechsmal leichte Kollapserscheinungen. Temperatur-
steigenmgen in 8 Fällen bis 38,5^ und darüber zu 40,0^. Kopfschmerzen
in 35 Fällen leicht, in 2 Fällen schwer, in einem Fall 7 Tage anhaltend.
Dosis 0,04 — 0,07. Punktion in Seitenlage, danach leichte Beckenhochlagerung.
Göbel benutzte in Alexandrien zur Rückenmarksanästhesie Tropakokain
Qiid zwar nur an Eingeborenen (Fellachen), die von der Zivilisation noch nicht
als degeneriert angesehen werden können. Die unangenehmen Nebenerschei-
trangen (bes. Kopfschmerzen) wurden selbst dann nicht besser, als an Stelle
der zur Lösung verwandten Kochsalzlösung, abgelassener Liquor zur Verwen-
dung kam. Göbel gab deshalb nach 45 Versuchen die Rückenmarksanästhesie
wieder auf.
Im Schlusswort warnt Bier vor der Beckenhochlagerung, es sei denn,
däss Xebennierenpräparate mit injiziert würden, deren Verwendung er für
sehr wesentlich hält. Misserfolge hängen gewöhnlich von der Technik ab;
Bier rät die von Dönitz ausführlich geschilderte Methode genau zu befolgen.
Für Laparotomien hält er die Rückenmarksanästhesie im allgemeinen nicht
för geeignet. Diese sei immernoch kein fertiges Verfahren, könne aber bei alten,
elenden Leuten empfohlen werden, bei denen die allgemeine Narkose kondra-
iodiziert ist. Die Anästhesie über die Darmbeinschaufel künstlich nach oben
äoszadehnen, ist wegen der dadurch verstärkten Nacherscheinungen nicht zu
empfehlen.
Filii atre (43) empfiehlt auf Grund von 452 Fällen vor der Injektion
der Kokainlösnng in den Rückgratskanal reichlich Liquor cerebrospinalis zu
entleeren. Er benützt zur Injektion das Interstitium zwischen 5. Lenden-
wirbel und Kreuzbein, weil sich dieses durch seine Weite auszeichnet und die
Nervenbündel der Cauda hier weniger dicht liegen, als weiter oben. Die 11
bis 12 cm lange, in der Lichtung 1 mm messende Platiniridium-Nadel führt
Filliatre ano sitzenden Patienten IVt cm unterhalb und rechtsseitlich von
der Mitte des Dornfortsatzes des 5. Lendenwirbels ein, indem er zugleich
die Nadel nach rechts und abwärts um 45 ^ senkt. Vor der Injektion wartet
Filliatre, bis mindestens 10 com Liquor abgeflossen sind. Entleert sich der
Liquor im Strom, so wartet er, bis er tropft und lässt alsdann noch 10 ccm
abtropfen. Im Mittel wurden 18 ccm, im Maximum 80 ccm Liquor abgelassen.
Durch dieses Verfahren sollen die üblen Nachwirkungen der Lijektion so gut
vie ganz in Fortfall kommen. Nur hin und wieder wurde ein leichter, niemals
länger als 10 Minuten dauernder Zustand von Übelkeit beobachtet, den
Filliatre auf die Verminderung des Druckes im Liquor cerebrospinalis
zurückfuhrt. Einen Ersatz des Kokains durch Stovain hält Filliatre auf
Gnmd von acht Beobachtungen nicht für angezeigt, weil die Kokainisierung
nach der geschilderten Methode sich der Stovainisierung in jeder Beziehung
(Begleiterscheinungen, Qualität und Dauer der Analgesie) als überlegen ge-
zeigt habe.
Kurzweil 7 (79) teilt mit, dass auf der chirurgischen Abteilung des Dia-
^onissenhauses Leipzig in 53 Fällen die MeduUaranästhesie in Anwendung ge-
44 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
zogen wurde. Es kamen die Brauneschen Tabletten (0,01 Kokain und C
Suprarenin) in Liq. cerebrospinalis gelöst zur Verwendung, für Operal
an Damm und After eine, an Beinen und Becken zwei Tabletten. Inj<
meist zwischen 3. und 4. Lendenwirbel in Seitenlage; daher meist un^
massige Anästhesie der Beine. Die Anästhesie trat nach 10 Minuten,
wohl später ein und hielt eine Stunde an. Nebenerscheinungen ward
13 Fällen beobachtet, darunter dreimal schwererer Art (Erbrechen, Ko
Besonders haben junge Patienten darunter zu leiden gehabt. Nachwirki
kamen nur in fünf Fällen vor, am Operationstage oder am nächsten
auftretend, bestehend in Kopfschmerz, Erbrechen und Temperatursteigeri
bis 38,9 ^ In fünf Fällen Misserfolge, die auf abnorme Absackungei
Subarachnoidalraum zurückgeführt wurden. Die vorgenommenen Operat
gingen nicht über das Liq. inguinale hinaus.
Den gleichen Inhalt hat Brauns (15) Vortrag über Medullaranäst
gehalten in der Leipziger medizinischen Gesellschaft
In 16 Fällen von Operationen im Unterleib und an den Unterextremit
hat Igelsrud (65) mit gutem Erfolge Kokainisierung des Rückenmarkes
gewandt. Hj. von Bonsdori
Preleitner (126) hat die Spinalanalgesie auch auf Operationei
Kindern ausgedehnt, die, wie er berichtet, während der Operationen
schlafen, teils wach aber ruhig und einer Ablenkung zugänglich sind,
kam auf die Methode, weil eine größere Zahl von Kindern zur Operation
Bronchitis behaftet eingeliefert vmrden, und daher eine Allgemeinnarkose
denklich erschien. Die Dosis des in 3^/o Lösung zur Anwendung gelangei
/J-Eukains schwankte zwischen 0,03 — 0,045 und 0,06 je nach dem Alter
Kindes und der Dauer der auszuführenden Operation. Das jüngste Kind
472 Monate alt. Unter 40 Fällen war die Anästhesie 33 mal gut, fünf
ungenügend, zweimal versagte sie und es trat statt ihrer sogar Hyperästh
auf, so dass die Kinder bei leisester Berührung schrien und zuckten,
jektionsmethode nach Tuffier. In der Hälfte der Fälle kam es 6 — 10
nuten nach der Einspritzung zu Brechreiz oder einmaligem Erbrechen. I
in jedem Falle stieg die Temperatur am Operationstage abends auf 37,8
39,2^, erreichte aber am dritten Abend stets die Norm. Bei einem ne
jährigen Mädchen zeigten sich nach Injektion von zweimal 0,03 g Euk
Intoxikationserscheinungen und längere Zeit anhaltende Incontinentia urin
Letztere auch viermal bei anderen Kindern, um nach 2 — 3 Tagen wieder
verschwinden. Preleitner glaubt nach diesen Erfahrungen die Spin
analgesie im Kindesalter für solche Fälle empfehlen zu können, wo die /
gemeinnarkose kontraindiziert erscheint.
Zahradnicky (183) wandte die MeduUaranästhesie bisher in 60 Fäll
an (der jüngste Krüike 12 Jahre, der älteste 71 Jahre). In sechs Fällen war
Tropakokain (0,05), in 51 Eukain (0,03) entweder mit Adrenalin (dreimal) od
Suprarenin (57 mal), letztere in der Dosis von 0,0005 gebraucht. Alle Flüssi
keiten wurden sterilisiert Nur in zwei Fällen musste Inhalationsnarkose lii
zugefügt werden. In 58 Fällen erzielte man vollständige Anästhesie, welcl
gewöhnlich gegen drei Stunden dauerte. Im Stadium der Anästhesie hat
man Imal Kollapserscheinungen, 9 mal Sphinkterparese, 4 mal Erbrechen, 18 m
Parese der Unterextremitäten ; nach der Anästhesie kamen in 13 Fällen Ten
peratursteigerungen bis höchstens 38,2®, 3 mal Erbrechen, Imal sehr schwei
und 11 mal massige Kephalalgie vor. Die Kombination mit Adrenalin od(
RitBchl, Narkose, Narkotika, Anftsthetika. 45
Suprarenin TerTollkommnet die Mednllarnarkose , so dass sie keine üblen
Nebenerscheinungen hat und immer von Erfolg begleitet ist.
Fäster (46) berichtet über die Erfahrungen, welche durch 235 Fälle
Ton Spinalanalgesie an der Grazer chirurgischen Klinik gewonnen wurden. Es
kam durchweg Tropakokain (0,07 g) zur Anwendung, welches in Liquor
cerebrospinalis (7 ccm) gelöst wurde. Füster kommt zu folgenden Schluss-
folgerungen : die Spinalanalgesiemng mit Tropakokain unter den nötigen asepti-
schen Eaatelen ist ein quoad yitam gefahrloser Eingriff. In der grössten
Mehrzahl der Fälle genügte die Anästhesie, um Eingriffe von etwa einer Stunde
Daaer in den von Nabelhöhe abwärts gelegenen Körperregionen auszuführen.
Von besonderem Vorteil erwies sich die Methode bei solchen Personen, die
durch langdanemde Krankheitsprozesse, Tuberkulose, chronische Eiterungen,
Arteriosklerose, Marasmus herabgekommen waren und eine Inhalationsnarkose
schlecht vertragen haben würden. Bis auf einen Fall waren die Folgeerschei-
DUDgen niemals bedrohlicher Natur. Ein Mangel des Verfahrens besteht darin,
dass bei dem heutigen Stande der Technik die Anästhesie in einem Teile der
Fälle (4,7 ^/o) versagt und die Punktion in einigen Fällen nicht gelingen will.
Eine nach voraufgegangener Spinalanalgesiemng aus irgend einem Grunde ein-
^i;leitete Inhalationsnarkose verläuft gewöhnlich gutartiger als sonst und der
Aufwand an Narkotikum ist zur Herstellung voller Anästhesie beträchtlich
geringer als gewöhnlich. Bei Kindern unter 10 Jahren sowie beim Bestehen
akut entzündlicher Prozesse ist die Spinalanalgesie kontraindiziert.
Völker (173) berichtet über seine Erfahrungen mit der Medullar-
anästhesie. Er verwandte trocken sterilisiertes Tropakokain in der Dosis von
0,0^0,07 gelöst im aufgefangenen Liq. cerebrospinalis. Unter 40 Kranken
blieben 26 von üblen Neben- und Nachwirkungen gänzlich verschont, 13 hatten
ein bis mehrere Tage leichte Kopfschmerzen und spärliches Erbrechen und
nur drei Kranke mussten diese Störungen in heftigem Grade erdulden.
Während die Analgesie für Operationen am Damm, an den äusseren Ge-
nitalien, der Scheide, am Uterus und an den unteren Extremitäten befriedigte,
genügte sie nicht, wenn am Peritoneum manipuliert werden musste. Daher
ist die Mednllaranästhesie unbrauchbar bei solchen Cöliotomien, bei denen
aaf stärkere Adhäsionen oder entzündliche Verwachsungen zu rechnen ist. Aus
den gleichen Gründen empfiehlt es sich im allgemeinen nicht Laparotomien
unter Spinalanalgesie vorzunehmen, es sei denn, dass der Zustand der zu
Operierenden eine allgemeine Narkose verbietet ; denn gerade dekrepide Leute
Tertragen die Spinalanalgesie auffallend gut und es genügt eine sehr geringe
Menge von Äther oder Chloroform, um volle Schmerzlosigkeit zu erzeugen.
Eine ausführliche Arbeit über die Spinalanalgesie in der Gynä-
kologie und Geburtshilfe liefert Stolz (156). Mit grosser Ausführlich-
keit schildert er die Entwickelung der neuen Methode, um dann über eigene
Erfahnmgen zu berichten. Sein Beobachtungsmaterial umfasst 165 gynä-
kologische und 25 geburtshilfliche, operative Eingriffe. Es kam stets Tropa-
kok^n zur Anwendung in Dosen von 0,04 — 0,08 (meist 0,05 und 0,07 g),
gewohnlich direkt gelöst im abgelassenen Liquor cerebrospinalis. Nur aus-
i^^^weise wurden geringfügige Folgeerscheinungen beobachtet. Die Spinal-
^algesie eignet sich nach Stolz vorzüglich für alle Operationen am Anus
^i am äusseren Genitale. Überschreiten diese nicht 45 Minuten Dauer, so
genügen 0,05 g Tropakokain. Für länger dauernde Operationen, Kolpocölio-
tomien imd Cöliotomien sind 0,07 — 0,08 g erforderlich. Viele Laparotomien
46 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
(56,3 ^/o) konnten allein unter Spinalanalgesie beendigt werden, 30,9 ^/o der-
selben erforderten zur Vollendung noch der Inhalationsnarkose und 12,7 Vo
konnten nur unter gleichzeitiger allgemeiner Narkose ausgeführt werden.
In der Geburtshilfe kamen 0,05 g Tropakokain zur Anwendung, die für
eine Stunde wirksam zu sein pflegen. Die Wehentätigkeit blieb in ihrer
Stärke und Dauer unbeeinträchtigt, eher Hess sich eine Steigerung wahrnehmen.
Die reflektorische Aktion der Bauchpresse wird ausgeschaltet, doch kann die
Bauchpresse willkürlich in Tätigkeit versetzt werden. Für operative Eingriffe
in der Geburtshilfe eignet sich die Spinalanalgesie, doch ist die Lumbal-
punktion technisch bei Schwangeren erschwert.
V. Karas (70) schildert in kurzen Zügen die Geschichte der Rücken^
marksanästhesie und berichtet zum Schlüsse über seine an 22 Fällen (Militär-
personen) gewonnenen, günstigen Erfahrungen. Er bediente sich des Tropa-
kokains, welches er im aufgefangenen Liq. cerebrospinalis löste. Trotz Ver-
wendung von 0,06—0,1 g des Mittels kamen ausser Temperatursteigerungen
(zweimal bis 38,6 und 40,7^), vom Charakter des aseptischen Fiebers, keine
unangenehmen Neben- und Nachwirkungen vor.
Kydygier jun. (142) ging bei der Einleitung der Rückenmarksanästhesie
so vor, dass er das Tropakokain direkt innerhalb einer Lu er sehen Spritze,
deren Kolben entfernt war, und in welcher die Zerebrospinalflüssigkeit auf-
gefangen wurde, auflöste. Die Nadel wurde zwischen erstem und zweiten
Lendenwirbel eingeführt. Bei 49 Patienten war der Erfolg sechsmal unzu-
reichend, so dass Chloroform notwendig wurde. Ausser leichten Kopfschmerzen
und vereinzeltem Erbrechen wurden keine Komplikationen beobachtet, es sei
denn Steigerungen der Körpertemperatur auf 37,8 — 38,6^, die jedoch nur von
kurzer Dauer waren.
Colombani (24) teilt seine Erfahrungen über die Lumbalanalgesie
mit, die er an 100 Patienten im Alter von 17 — 72 Jahren machte. Nach
kurzer geschichtlicher Einleitung kritisiert er die Methode Guinard-Kos-
lowski, die er wegen der damit verbundenen Infektionsgefahr verwirft. Er
selbst benutzt steriUsierte Phiolen der Firma E. Merck, enthaltend 10 cg
Tropakokain, gelöst in 1 ccm physiologischer Kochsalzlösung. Hiervon bedurfte
er annähernd den vollen Inhalt, durchschnittlich 7 — 8 cg Tropakokain.
Weder' durch Überschreiten dieser Dosis noch durch Beckenhochlagerang
gelang es Colombani die Anästhesie über Nabelhöhe auszudehnen. Mit
Ausnahme von fünf Fällen trat niemals irgend eine störende Nachwirkung
zutage, es blieb auch fraglich, ob die beobachteten Störungen auf die Lumbal-
anästhesie zurückzuführen waren. Trotz dieser ausserordentlich günstigen
Ergebnisse hält Colombani die Medullaranasthesie nicht für ein harmloses
Verfahren und rät sie nur dann anzuwenden, wenn man mit der Lokal-
anästhesie nicht auskommt. Weder allgemeine Schwäche noch ; hohes Alter,
sieht er als Kontraindikation an, dagegen höhere Grade von Arteriosklerose
wegen def Möglichkeit bei der Punktion Gefässe zu verletzen und eine epi-
durale Blutung zu erzeugen.
Preindelsberger (125) gibt eine Übersicht über 345 Rückenmarks-
anästhesien, darunter 337 von ihm selbst eingeleitet. Seine Erfahrungen hat
er bereits auf dem Chirurgenkongress (siehe Diskussion S. 45) mitgeteilt.
Bezüglich der Dosierung betrachtet er als Maximaldosis für Tropakokain 0,07 g.
Bei Operationen an den unteren Extremitäten genügen 0,05 — 0,06 g, bei Ope-
rationen am Damm 0,04 — 0,05 g. Preindelsberger benutzt eine ganz ans
Ritsohl, Narkose, Narkotika, Anftathetika. 47
Metall bestehende, zerlegbare, 1 g fassende Spritze mit graduiertem Stiel. Die
Lumbalpunktion wird in Seitenlage, die Injektion nach Abfluss einer geringen
Menge Liquors ausgeführt.
Hildebrandt (59) gibt einen kurzen Überblick über den heutigen Stand
der Lumbalanästhesie. Nach den Erfahrungen, welche auf der chirurgischen
Abteilung der Charite gemacht wurden, ist das Verfahren nach der Einführung
des Stovains zu einer wesentlich höheren Vollkommenheit gediehen. Es eignet
sich die Spinalanalgesie besonders für solche Patienten, die die allgemeine
Narkose schlecht vertragen, so für ältere Leute mit Bronchitis, Emphysem,
Arteriosklerose und durch langes Kranksein heruntergekommene Personen,
ferner für an Lungentuberkulose und Herzfehlem Leidende und Potatoren.
Auch bei Heus und schweren, mit Shock verbundenen Verletzungen der
unteren Körperregionen ist sie der allgemeinen Narkose vorzuziehen, besonders
wenn man dem Stovain Epirenan zusetzt, um den Blutdruck zu heben.
Weniger bedeutungsvoll ist die Methode für die Kriegschirurgie, weil man
der Asepsis hier niemals so sicher sein kann und die Verwundeten durch
Blutverlust und Strapazen gewöhnlich so erschöpft sind, dass sie nur sehr
geringe Quantitäten Chloroform bedürfen. Kontraindikationen sind sep-
tische Zustände und A£fektionen des Rückenmarkes. Bei Benützung des Sto-
Tains traten unangenehme Neben- und Nacherscheinungen nur in 17 ^/o der
Fälle auf, während beim Kokain (mit Adrenalin) in 70 ^/o, beim Kokain unter
Zusatz von Adrenalin und Lösung in Liquor spinalis in 30 ^/o, beim Tropakokain
unter Zusatz von Adrenalin in 28 7o, beim Eukain in 20,5 Vo toxische Nach-
wirkungen beobachtet wurden. Stovain in Dosen von 0,03 — 0,04 g macht den
Damm schon nach drei Minuten unempfindlich, für Eingriffe unterhalb der
Leistenbeuge genügen 0,06 g, für Laparotomien unterhalb des Nabels 0,07
bis 0,08 g. Die Analgesie tritt bei Stovaingebrauch meist nach 10 — 15 Minuten
ein und hält 45—90 Minuten an.
Sonnenburgs (154) Versuche mit Stovain zur Rückenmarksanästhesie
erstrecken sich auf 57 Patienten. Durchschnittlicher Verbrauch 0,05 — 0,07
in 10^/oiger Lösung. Die Anästhesie, welche sich gewöhnlich nach ca. 5Vs
Minuten einstellte, reichte verschieden hoch und war zugleich mit motorischer
Lähmung verbunden. Sie war auch in den tieferen Schichten sehr vollkommen.
Nachwirkungen in Form von Kreuz-, Bein-, Magenschmerzen und Durstgefühl
waren sehr nnbedeutend. In 11 Fällen versagte die Anästhesie wohl infolge
fehlerhafter Technik. Eine Patientin ging 10 Tage nach der Operation an
Meningitis zugrunde. Seiner geringeren Giftigkeit wegen empfiehlt Sonnen-
burg das Stovain zu weiteren Versuchen.
Tilmann (163) hat 42 mal Lumbalanästhesien mit Stovain ausgeführt.
Er injizierte ohne anderweitigen Zusatz 0,04 — 0,06 Stovain und erzielte stets
ausreichende Anästhesie. Der Puls blieb fast immer ganz normal, nie kam
Erbrechen vor, doch wurden 33V8^/o der Kranken von Kopfschmerzen befallen
Die Lähmungserscheinungen gingen alle prompt zurück. Indikationen sind:
Herz- und Lungenkrankheiten, Potatorium, Fettsucht. Durch Stovaininjektionen
mit nachfolgender forcierter Beugung wurden mehrere schwere Ischiasfälle
erheblich gebessert.
Ihrem Bericht über 64 Operationen unter Rückenmarksanästhesie mittelst
Stovains (siehe 1904 S. 27) lassen Kendirdjy und Burgaud (72 und 73)
einen solchen über weitere 140 Fälle folgen. Bei kleinen Eingriffen an den
äusseren Genitalien und am Damm gingen sie mit der Dosis auf 0,03 g hinunter.
48 Jahresbericht fflr Chimrgie. I. Teil.
Die Wirkung befriedigte in allen Fällen. Gegen Stovain refraktäre 1
scheint es nicht zu geben. Eine Anzahl Kranke wurden innerhalb einiger ^
mehrere Male der Prozedur unterworfen ohne unangenehme Nebenwirk:
Auffallend ist, dass nach dem Aufliören der eigentlichen Anästhesie der '^
schmerz für viele Stunden ausgeschaltet ist. Üble Nebenerscheinungen ]
während der Operationen so gut wie gar nicht vor und waren auch na^
Operationen nur vereinzelt und nie erheblich.
Heresco und Strominger (56) haben die Rückenmarksanäs
mittelst Stovains nach 11 maligem Gebrauch bei Operationen an den
wegen der zahlreichen, unangenehmen Folgezustände wegen wieder aufgei
Herescu (57) wandte die Kachistovainisation in 10 Fällen von
genitalkrankheiten an. Gebrauchte Dosen 0,025 — 0,05, leichte Kopfschm
Temperatursteigerungen wurden bemerkt. In der Diskussion, die vo:
Chirurgen-Gesellschaft zu Bukarest stattfand, trat Kacoviceanu, der
1000 Rachikokainisationen verfügte, gegen das Stovain auf, dessen Nac
er angibt. Stoianoff (Van
Bon ach i (11) macht vor der Bukarester Chirurgen-Gesellschaft
Mitteilung über 23 verschiedene Fälle, wo mit geringen Nachteilen die I
stovainisation Anwendung fand. Stoianoff (Yarr
In seinem Studium, das ganz ähnlich dem zitierten Bonachi-Stn
ist, fügt Poenaru-Caplescu (124) den oben erwähnten 46 Fällen
122 neue Fälle von Rachistoavinisation aus derselben, Prof. Jonnescu's, h
bei. Dieselben kleinen Nachteile wie Cephalalgie, Erbrechen, kleine Te
raturerhöhungen , alles vorübergehend. Sonst zufrieden mit diesem r
Anästhetikum. Stoianoff (Vam
Walther (175) teilt einen Fall von Meningomyelitis mit, der sich
einer Kokaininjektion in den Rückgratskanal entwickelte. Die Erscheinu
setzten am dritten Tage nach der Operation ein und dauern jetzt zwei J
lang an.
IL
Allgemeine Operationslehre.
Referent: A. Ritschl, Freiburg i. Br.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
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Nr. 5 et 7.
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News 25. UL 1905.
Morison (18) führt in einem Vortrage aus, dass die Mehrzahl der
Operationen ansgeführt werden zur Verhinderung von Sepsis, zur Stillung von
Blatongen, zur Entfernung eines Krankheitsherdes. Diese Indikationen illu-
striert er durch Fälle seiner Praxis und stellt die Forderung, dass Affektionen,
die ZQ Sepsis führen können, wie Schädelverletzungen , Perityphlitis, Heus,
Nieren- und Gallensteine, Hals-, Nasen- und Ohrkrankheiten so früh als mög-
lich ond unter allen Umständen operiert werden sollten. Blutungen müssen
coergiscb angegriffen und blutende Gefasse gehörig freigelegt werden, um
sicher und schnell zum Ziel zu gelangen. Von dieser Art des Vorgehens
Jihmbtiickt Ar CUmrgle 1906. 4
50 Jahresbericht fflr Chirurgie. L Teil.
schliesst er auch rezidivierende Magenblutungen und geplatzte Extr
Schwangeschaft nicht aus. Ein besonderes Kapitel ist den Bauchivun
widmet. Schusswunden sollen im Kriege in Ruhe gelassen, dagc
der Friedenspraxis sofort operativ behandelt werden. Bei Yerle
durch stumpfe Gewalt hängt das Handeln vom Allgemeinzustande ,
schaffenheit usw. ab. Ist der Bauch gespannt und aufgetrieben, de]
gelähmt, so ist ein radikaler Eingriff zu vermeiden und höchstend eine
stomie vorzunehmen. Bei tuberkulösen Leiden, insbesondere bei Hals
tuberkulöse operiert Morison so früh als möglich. Auch für Gelen
kulose zieht er ein aktives Vorgehen der konservativen Methode im all^e
vor, lässt aber letztere für Personen unter 35 Jahren und besonders :
Handgelenk gelten. Bei Krebs kann man nicht frühzeitig genug op«
Bei Verdacht auf Darmkrebs, soll man sich vor einer Probelaparotomi
scheuen. Die Beschwerden, welche inoperable Karzinome verursachen,
sich durch Femhaltung von Infektion und Beseitigung von Jauchung
lieber gestalten.
Thomas (27) fordert für die physikalische (mediko-mechanische) S
lung chirurgischer Kranker besondere ärztliche Leitung, insbesondere
nung der operativen und mechanischen Chirurgie, da letztere nur dann i»
segensreich wirken könne, wenn der betreffende behandelnde Arzt sv
auf seine bezüglichen Aufgaben konzentrieren könne.
Ladenburger (15) führte selbst bedeutende Operationen, unter a:
Pylorusresektionen, Gholedochotomien , Myomoperationen, Exstirpatior
Pyosalpinx von oben, etc. in Privathäusem aus, im ganzen 88 Operai
Er sucht durch seine guten Erfolge den Beweis zu erbringen, dass bei :
entsprechender Herrichtung der Operationsutensilien sowie des Open
Zimmers den Anforderungen der Asepsis in vollstem Masse auch in den
nungen der Patienten genügt werden könne.
Doyen (6) spricht sich in einem längeren Artikel über die Schnei
aus, mit der chirurgische Eingriffe vorzunehmen sind. Er teilt die <
tionen im allgemeinen in drei grosse Gruppen ein in 1. Exstirpationc
nachträglicher Versorgung des Operationsgebietes, 2. reine Exstirpat
3. plastische Operationen. Die Freilegung des zu ezstirpierenden K<
teiles (Geschwulst) und die Exstirpation sollen von einem geübten Opei
in einem Minimum von Zeit ausgeführt werden. Für die Blutstillung
Herstellung günstiger Heilungsbedingungen in der entstandenen Wunde sol
der Operateur dagegen die nötige Zeit nehmen. In gleicher Weise erfo
plastische Operationen der Müsse, wenn sie gut gelingen sollen. Mit Rücl
auf die erhöhte Gefahr der Wundinfektion und den Operationsshock vei
Doyen zu langsames Vorgehen, wie denn das Zeichen eines geübten 0
teurs vor allem auch die Sicherheit und Schnelligkeit ist, mit der er
seiner Aufgabe entledigt.
Sternberg (26) behandelt in einem lesenswerten Vortrage die i
plikationen, die dem operativen Eingreifen durch gleichzeitig bestehend
fektions- und Stoffwechselkrankheiten erwachsen. In den Bereich s
Betrachtungen zieht er von den akuten Infektionskrankheiten den Typhus
Diphtherie, die akuten Exantheme, Influenza, das Erysipel, von den ch
sehen die Syphilis, die Tuberkulose, Malaria und Lepra, indem er deres
fluss auf den Verlauf der Operationen und die Wundheilung zum Teil an
Hand von Krankengeschichten feststellt. Er wendet sich sodann zu den
Ritsch 1, Allgemeine Operationslehre. 51
sdtntionsanomalieD, der Chlorose und Anämie, bespricht die perniziöse pro-
jET^sire Anämie, Lieukämie, Hämophilie und andere Formen hämorrhagischer
Diathese, Skorbut, femer die Fettleibigkeit, die Hamsänrediathese. Dem
Diabetes widmet er eine längere Besprechung. Er steht auf dem Standpunkte,
dass jeder als notwendig erkannte operative Eingriff auch beim Diabetiker
aosgefahrt werden darf, dass die Diät zu überwachen ist, eine spezielle Vor-
bereitungsknr wünschenswert, aber nicht Bedingung ist, somit also der Zeit-
punkt für die Operation ganz vom Befinden des Patienten abhängig gemacht
werden soll. Die Narkose, Operationsmethode und Wundbehandlung sind so
einfach als möglich zu wählen. Bei Azidose ist die Zufuhr von Alkalien not-
wendig. Zum Schlüsse erwähnt Sternberg kurz die Phosphaturie, die sich
in bezug auf chirurgische Komplikationen dem Diabetes sehr ähnlich verhält.
Dawsons (4) Untersuchungen des Blutes nach Operationen und Knochen-
brächen hatten folgende Ergebnisse:
Nach Operationen steigt die Temperatur gewöhnlich um P, selbst bei
normaler Heilnng kann diese Steigerung 2—3 Tage anhalten. Nach jeder
Operation yermehren sich die Leukozyten. Die Vermehrung erreicht ihr
Maximum einige Stunden nach der Operation. Die vielkemigen Leukozyten
rennehren sich sowohl verhältnismässig als auch ihrer absoluten Zahl nach
am stärksten, eine Zunahme der grossen, einkernigen Leukozyten macht sich
am meisten bemerkbar, wenn die letztgenannten wieder an Zahl abnehmen.
Die kleinen, einkernigen Zellen verringern sich relativ wie absolut und er-
reichen ihr Minimum am Tage nach der Operation, desgleichen die eosinophilen
Zellen, während die Mastzellen sich verschieden verhalten. In manchen Fällen
wurde an den vielkemigen Zellen leichte Glykogenreaktion festgestellt.
Die Leukozytose ist nicht abhängig von der Grösse des Blutverlustes,
ebensowenig von der Schwere der voraufgehenden Operation, der Narkose, der
der Operation folgenden Temperatursteigerung^ den vorbereitenden Massregeln
(Abfdhrmittel) etc.
Dawson erblickt in der auffallenden Blutveränderung eine Abwehr-
massregel des Körpers gegen die selbst bei strengster Asepsis nicht zu ver-
meidende, geringe Wundinfektion. Er stellt sich vor, dass die Vermehrung
der Leukozyten stattfindet, um durch Phagozytose die in der Wunde anwesen-
den Mikroorganismen unschädlich zu machen.
Friedrich (9) empfiehlt für Fälle schwerer Ernährungsstörungen, bei
denen wegen dauernden Erbrechens keine Nahrungsauftiahme per os, und
wegen der Unfähigkeit sie zu halten, Nährklistiere nicht angewandt werden
können, bei denen femer entzündliche Prozesse des Bauchfelles die Anlegung
Ton Emährungsfisteln nicht zulassen, die künstliche subkutane Ernährung.
Es gelang Friedrich Patienten mit Darmperforation und Peritonitis allein
kierdnrdi 10 — 14 Tage hinreichend zu emäluren, bis nunmehr wieder auf
natürlichem Wege die Nahrungsaufnahme vor sich gehen konnte. Über die
sobkaUne Einverleibung von Olivenöl und Traubenzucker hat sich Friedrich
bereits im Jahre 1902 auf dem Chirurgenkongress ausgesprochen. Dem Mindest-
bedarf des Körpers entsprechen 1200 Kalorien, denen man mit subkutaner
Einverleibung von je 100 g Olivenöl und Traubenzucker gerecht wird. Der
Traubenzucker ist in blutisotonischer, 3,38 *^/oiger Lösung zu verwenden. Für
die Praxis empfiehlt Friedrich pro Dosi 500 — 2000 g einer Lösung zu
uqmeren (Skarpiusches Dreieck, Fossa infraclavicularis, auch Wade und
Oberann usw.), die auf 1—2 Liter Wasser 2^/00 NaCl und 30 — 35^/oo
4*
52 Jabresbericht f&r Cbinirgie. I. Teil.
chemisch reinen Traubenzucker (Merck) enthält und durch 10 Minuten
Kochen sterilisiert wurde. Das Öl wird gleichfalls sterilisiert an beli
Stelle in Mengen von 30 — 100 g langsam eingespritzt. An einem zu
kutanen Injektion geeigneten Eiweisskörper fehlte es bisher, denn d
diesen Zweck versuchten Peptonpräparate führten ausnahmslos zu Ve.
rungen des Blutdruckes und der Blutalkaleszenz , zu Gestaltsverändei
der Blutkörperchen, Temperatursteigerungen und beeinflussten die Gerii
keit des Blutes. Erst durch Siegfried gelangte Friedrich in den
eines absolut reinen, albumosefreien Peptonpräparates des Pepsinfibrinpe
welches von diesen schädlichen Eigenschaften frei ist und bei einer ^.
dosis von 20 g ganz zur Verbrennung gelangt, so dass der Urin von F
und Eiweiss völlig freibleibt. Man gibt diesen Körper am besten in
Lösung oder injiziert ihn mit der Traubenzucker -NaCl- Lösung komb
(0,2 Kochsalz, 2,0 Traubenzucker, 4,0 Pepsinpepton auf 100 oder 2,0 ]
salz, 30,0 Traubenzucker, 15 — 20 g Pepton auf 1000 Wasser). Dbä
Pepsinfibrinpepton befindet sich leider nicht im Handel.
Müller (19) empfiehlt das Bioson, ein Eisen-Lecithin-Eiweisspräi
zur Hebung der Ernährung bei heruntergekommenen Patienten vor der
führung einer eingreifenden Operation, sowie zur Beschleunigung der H«
valeszenz nach einer solchen. Das Mittel hat den Vorzug, dass es auch
schwächsten und empfindlichsten Magen gut vertragen wird und weger
Beimischung von Kakao einen angenehmen Geschmack besitzt, sowie da)
billig ist.
Crile (3) hat in einem 420 Seiten starken Buche seine mit gro
Fleisse durchgeführten experimentellen und klinischen Untersuchungen
den Blutdruck in der Chirurgie niedergelegt. Die Ergebnisse laufen da
hinaus, dass in vielen Fällen die Kontrolle des Blutdruckes gleichbedeu
ist mit der Kontrolle des Lebens. Der unter den Erscheinungen des Sh
eintretende Abfall des Blutdruckes ist weniger auf eine Beeinträchtigung
Herzens und seiner Zentren als auf eine Erschöpfung der vasomotorisc
Zentren in der Medulla zurückzuführen. Kollaps beruht demgegenüber
einer Störung der Herzfunktion oder auf Blutverlusten. Nervöse Beize,
das Manipulieren an den Baucheingeweiden oder das Brennen an den Ex
mitäten bewirkt zunächst eine Steigerung des Blutdruckes, die nach der
Schöpfung des vasomotorischen Zentrums in den Abfall übergeht. In die;
Erschöpfungszustande Stimulantien zu geben ist unlogisch. Erregungsmi
sind dagegen bei Kollaps angebracht, weil hier eine solche Erschöpfung nJ
besteht. Crile hat den Wert der gebräuchlichsten Belebungsmittel an z2
reichen Tierversuchen studiert und fand, dass Strychnin bei Shock in thc
peutischen Dosen wirkungslos ist, in physiologischen gefährlich, ja tödl
werden kann. Salzwasserinfusionen haben bei Shock nur geringen W<
grösseren bei Kollaps; das Blut verträgt nur eine massige Verdünnung i
Salzwasser; Infusionen bei Shock steigern nur ganz vorübergehend den El
druck. Adrenalin wirkt auf das Herz und die Blutgefässe, erhöht be
normalen Tiere den Blutdruck wie auch beim enthaupteten, bei kokainisiert«
Rückenmark und bei allen Graden von Shock; es vrird durch die Gewe
und das Blut sehr rasch oxydiert, seine Wirkung ist daher flüchtig und mi
deshalb durch wiederholte Gaben unterhalten werden. In übermässiger Dos
wirkt es erregend auf den Herzhemmungsapparat. Sein klinischer Wert ist m
nicht genügend erprobt Um dem gesunkenen Blutdruck auf mechanischem Wei
Bit sohl, Allgemeine Operationalehre. 53
aofzahelfen, konstmierteCrile einen doppelwandigen, den ganzen Körper tun-
^chliessenden aufblasbaren Gummianzug, mit dem es gelingt einen allseitigen,
gleidunassigeii, dosierbaren Druck auf die Körperoberääche auszuüben. Diese
Methode gewährt eine Kontrolle des Blutdruckes innerhalb 25—60 mm Hg
imd hat sich in Terschiedenen Spitälern Amerikas bereits bei schweren Opera-
tionen and Verletzungen bewährt. Weniger wirksam erwies sich die Einwick-
InDg der Extremitäten und des Leibes unter gleichzeitiger Hochstellung des
Fönendes der Bettstatt. Durch Kombination von künstlicher Atmung, rhythmi-
schem Druck auf die Herzgegend und Adrenalininfusion gelang es, Tiere, die
anscheinend schon 15 Minuten tot waren, wiederzubeleben. Durch das gleiche
Verfahren und Anwendung des Gummianzuges konnte ein Patient, der infolge
schwerer Hirnverletzung augenscheinlich schon neun Minuten tot war, für
32 Minuten soweit wiederbelebt werden, dass kräftige Herzschläge widurge-
Dommen werden konnten und er imstande war seinen Kopf zu bewegen.
Wainwright (29), welcher zu Beginn seines Aufsatzes die Arbeiten
Criles auf diesem Gebiete würdigt, berichtet über klinische Erfahrungen in
der Bekämpfung Ton Shock. Das Sphygmomanometer von Riva Rozzi be-
wahrte sich in der Praxis zur Beobachtung des Blutdruckes und der Wirkung
rerschiedener therapeutischer Hilfsmittel. Dem Blutverlust ist oft ein erheb-
licher Teil des Blutdruckrückganges zuzuschreiben. Herzshock ganz auszu-
schliessen, findet nicht die Bestätigung seitens der Physiologen. Die Behand-
hing hat zweierlei zu erfüllen: 1. die Nervenimpulse fernzuhalten, 2. den Blut-
dniduibfall zu bekämpfen. Für ersteres kommt vor allem Morphin in Betracht,
f^ner die möglichst baldige Herrichtung einer zerfetzten Wunde, bei der von
zerquetschten und biossliegenden Nervenstämmen fortwährende Reize ausgehen.
Wainwright ist aus diesem Grunde bei schweren Extremitätenverletzungen
fnr primäres Amputieren. Zur Hebung des gesunkenen Blutdruckes empfiehlt
Wainwright in erster Linie den Cril eschen Gummianzug oder die Ein-
Wicklung der Extremitäten samt dem Abdomen. Von Kochsalzlösung-Infusionen
sah Wainwright in manchen Fällen von Pulslosigkeit Vorzügliches. Er
empfiehlt die Matthew sehe Lösung bestehend aus Ghlornatrium 0,9; Chlor-
kaüum 0,3, Chlorkalzium 0,2, Aqu. 100,0. Von Strychnin und Digitalin sagt
Crile, dass sie in leichteren Fallen von Shock nützlich seien. In schweren
Fallen dürften sie günstig wirken, wenn auf mechanischem Wege der Blut-
(Inick geregelt und dadurch ein mittlerer Grad von Shock künstlich herbei*
geführt wurde. Doch sollten diese Mittel in nicht zu kleinen Dosen ange-
wandt werden. Alkohol ist bei Shock zu verwerfen. Erst nach der Wieder-
hersteUong normalen Blutdruckes kann seine Anwendung bei elenden Patienten
als leicht diffusibler Nährstoff von hoher potentieller Energie wie bei schweren
Infektionskrankheiten notwendig werden. Diese seine von denen Criles in
nuncher Beziehung abweichenden Ansichten belegt Wainwrigth durch 12
Knnen, die teils von schwer Verletzten, teils von Patienten stammen, die
schweren, chirurgischen Operationen unterzogen wurden. Anhangsweise kommt
Wainwright noch auf die Temperaturverhältnisse des Shocks zu sprechen.
£r stellt fest, dass das Verhalten der Temperatur inkonstant, zuweilen erhöht,
zaneilen erniedrigt ist. Dieses Verhalten steht in Widerspruch zuKinamans
Beobachtung bei Tierversuchen, der im Shock die Temperatur stets erniedrigt
iuA tmd zwar etwa proportional dem Abfall des Blutdruckes.
S Chief f er (23) stellte fest, dass Hunde, wenn sie durch Kokaininjek-
{mssk in den Rückenmarkskanal anästhetisch gemacht waren, nicht wie normal
54 JahreAbericht fOr Chirurgie. I. TeiL
fühlende Tiere durch Schrotschüsse, die aus Entfernungen von 30 — 40 Schritt
auf sie abgegeben wurden, momentan zugrunde gingen, sondern wegliefen oder
wenigstens den Versuch dazu machten. Diese Versuche sind ein Beweis für
die Richtigkeit der Leyden-Gröningschen Shocktheorie, die dahin lautet,
dass ein heftiger, das Rückenmark entweder direkt oder durch Vermittlung
eines peripheren, sensiblen Nerven treflFender Reiz eine so starke Reflexhem-
mung (Ermüdungszustand des Rückenmarkes) hervorruft, dass sämtliche Funk-
tionen (Motilität, Sensibilät, Einfluss auf Herz, Gefässnerven und Respira-
tion) gelähmt oder auf ein Minimum herabgesetzt sind. Die Shockwirkung
der Schrotschüsse erklärt sich durch das gleichzeitige Getroffenwerden einer
Menge von nervösen Endapparaten und Sympathikusgeflechten, vor allem der
nervösen Endapparate des Herzens neben der grossen Erschütterung, die die
Stauchung der Geschosse verursacht. Durch die Rückenmarksanästhesie wer-
den die Zentralorgane den durch die peripheren Nerven vermittelten Reizen
entzogen und dadurch die Shockwirkung ferngehalten.
Malcolm (17) bespricht den Zustand der Blutgefässe im Shock. Die
Verletzung eines Nerven führt zur Kontraktion der Arteriolen des ganzen
Körpers. Bei genügend starker und anhaltender Reizung setzt sich die Ver-
engerung auch auf grössere Gefasse fort. Das Blut strömt nach einiger Zeit
nach zentralen Körperteilen, dehnt die hier befindlichen Blutgefässe aus, der
Druck im Pfortadersystem steigt, während er in den peripheren Arterien fällt.
Infolge erhöhten Drucks wird das Blutplasma durch die Gefässwände in die
umliegenden Gewebe gepresst, so dass das spezifische Gewicht des Blutes
steigt. Bei der Behandlung des Shocks kommt es demnach darauf an, die
Reizung des Nerven zu vermindern und den Blutdruck in den oberflächlichen
Gefässen zu erhalten. Ersteres kann man erreichen durch Kokainisierung der
Hauptnervenstämme vor der Operation, durch Injektion von Morphium. Die
Narkose muss tief genug sein und die Kranken müssen warm gehalten werden.
Da sie die Gefässe erweitem, wirken Nitroglyzerin, Alkohol und Äther günstig.
In gleichem Sinne wirken Reiben der Haut, Sen^flaster und andere Rube-
fazientien. Strychnin, Ergotin, Adrenalin, Bauchkompression und Einwickeln
der Extremitäten haben nur vorübergehenden Wert, können sogar gefährlich
werden, weil sie die Herzarbeit bedeutend vermehren. Auch Kochsalzinfusionen
haben nur sehr vorübergehenden Nutzen, weil die Salzlösng sehr rasch aus
den Gefässen in die Gewebe übertritt.
Delore und Duteil (5) beschreiben einen Todesfall, der sich bei der
Exstirpation einer grossen sarkomatösen Geschwulst am Halse ereignete, nach-
dem durch eine Öffnung in der stark erweiterten V. jugul. externa eine grössere
Quantität Luft aspiriert war. V« Stunde nach diesem für sämtliche Umste-
hende hörbarem Ereignis hörte das Herz auf zu schlagen. Eine aspiratorische
Punktion des rechten Herzohres förderte Blut mit einer grossen Quantität
Luft zutage, konnte aber den Exitus nicht abwenden. Delore und Duteil
nahmen Veranlassung, die Geschichte, Symptomatologie, die Pathogenese und
Therapie des Lufteintritts in die Venen zu besprechen, die Punktion des
rechten Herzohres, die ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall nicht erfolg-
reich war, weil sie zu spät ausgeführt wurde, halten sie für eine ungefährliche
aber wirksame Methode und geben zu ihrer Ausführung am Menschen tech-
nische Vorschriften.
Steinbüchel (25) warnt vor der Verallgemeinerung der zu diagnosti-
schen Zwecken auszuführenden Probeexzision in der gynäkologischen Praxis,
Ritsch], Allgemeine Operaüonslelire. 55
fie sie Winter zur frühzeitigen Erkennung des Karzinoms auch dem unter
QBgüiistigen äusseren Verhältnissen operierenden Praktiker empfohlen hatte.
Steinbüchel gründet diese Warnung auf einen durch die Probeexzision ver-
anlassten Todesfall an Sepsis, den er in der Grazer Frauenklinik erlebte.
Offenbar war die Infektion durch den getrübten Inhalt einiger angeschnittenen
Ofola Nabothi ausgegangen und wirkte so deletär, weil die kleine Wunde durch
zwei Nähte geschlossen wurde. Steinbüchel räht daher zu grösster Vor-
sicht bei diesen an und für sich geringfügigen Eingriffen.
Karewski (13) behandelt in einem sehr lesenswerten Vortrage auf
(irand reicher eigner Erfahrung die Stellung des Chirurgen zum Diabetiker.
Diesem drohen von seiten eines blutigen Eingriffs zwei Gefahren, das Koma
und die Infektion. Letztere im allgemeinen um so mehr, je höher der Grad
der Gljkosurie, werden doch z. B. die Wirkungen des Staphylococcus aureus
im Tierkörper, wie Bujwid nachwies, durch intravenöse Zuckerinjektionen
gesteigert. Lässt sich auch durch strengste Asepsis die Infektion vermeiden,
so dass selbst grosse chirurgische Eingriffe bei starker Glykosurie mit bestem
Erfolge vorgenommen wurden, so ist dieser Ausgang doch immerhin unsicher
wi daher, wenn möglich, jeder Operation eine antidiabetische Behandlung
Toranszaschicken. Wichtig ist femer der allgemeine Ernährungszustand des
Diabetikers. Je schlechter dieser, um so höher die Neigung zu Gewebszerfall
und nm so geringer die Heilungstendenz. Es kann demnach ein Kranker,
dessen Urin hohen Zuckergehalt aufweist, besser gegen die Wundinfektion
geschätzt sein, weil er sich in gutem Allgemeinzustand befindet, als ein anderer
mit massigem Zuckergehalt aber von schlechter Konstitution. Eine Operation
bon einerseits bestehende Glykosurie steigern oder scheinbar geheilten Dia-
betes wieder zum Vorschein bringen, andererseits (Absetzung brandiger Glied-
massen) alle Symptome des Diabetes zum Schwinden bringen. Der Einfluss
einer Operation nach der einen oder anderen dieser Richtungen ist jedoch
nicht yorausznbestimmen ; Karewski rät unter diesen Un^ständen, sofern ein
Aufschub des operativen Eingriffs möglich ist, die Entzuckerung herbeizuführen
und die Konstitution zu verbessern , zugleich aber die Chancen des Wund-
wlanfs mit in Rechnung zu stellen.
Die Bedingungen, unter denen das Koma auftritt, sind sehr mannig-
faltig. Wenn auch Fälle bekannt sind, wo trotz zuckerfreien Urins und trotz
TÖilig reaktionslosen Wundverlaufes der Tod an Koma erfolgte, so ist im
Allgemeinen doch das Auftreten dieser Komplikation nach Operationen
geknüpft an höhere Grade von Glykosurie (4 — 6**/o), vor allem aber zugleich
an Acetonnrie und Aceturie. Begünstigend wirken femer die Narkose, besonders
die Chloroformnarkose , Veränderungen in der Ernährung des Kranken, wie
exklusive Fleischkost , Fasten, Dursten oder Massnahmen zur Reinigung des
Magendannkanals bei Abdominaloperationen, femer die Aufhebung der freien
Körperbewegung und seelische Alteration, zumal durch psychische Erregung
<lie Zackerausscheidung unter Umständen rapide ansteigt. Im Einzelfalle
dürfte dem Zusammenwirken mehrerer dieser Ursachen der Ausbrach des
Koma zazQschieben sein. Zu seiner Vermeidung kann man weiter nichts tun,
^ diejenigen Massnahmen mit besonderer Strenge durchführen , die bei der
Behandlong schwer Zuckerkranker zur Vorbeugung gegen das Koma ange*
wendet werden.
Die Art des chirurgischen Eingriffs erleichtert im allgemeinen das Auf-
^ten des Komas, wenn sie wie Abdominaloperationen Nervenshock begfin-
56 Jahreabericht fOr Chirurgie. I. Teil.
stigt, sowie wenn die voraufgehende Krankheit (Darmokklusion, eingekl
Hernien, intraperitonale und sonstige Eiterungen) Infektionsgefahr Vo
leistet. Im allgemeinen aber ist man bezüglich des Ausganges einer Op^
nirgends so grossen Überraschungen nach der positiven me nach der
tiven Seite ausgesetzt als gerade beim Diabetes. Trotzdem ist die recht
Erkennung der Glykosurie von der grössten Bedeutung, denn sie vej
unter allen Umständen jede überflüssige und vermeidbare Operation,
mehr, je schwerer sie ist, oder wenn sie mit Arteriosklerose, Myokard iti
Nephritis vergesellschaftet ist. Ist das Blut bereits mit Säuren über
so darf nur die Frage der Lebensrettung den Ausschlag geben. Unter
Umständen sollen möglichst vor, jedenfalls aber nach dem Eingriff i
Quantitäten Alkalien zugeführt und vor und nach der Operation bedec
Flüssigkeitsmengen unter Zusatz von Alkalien verabfolgt werden, eventu
Form hypodermatischer Infusion. Man operiere, um Fasten zu vermi
früh morgens. Von Fall zu Fall muss über die Narkotisierungsart entsch
werden. Auch die lokale Anästhesie hat beim Diabetiker ihre Gef;
(psychische Erregung). Die Schi eich sehe Anästhesie ist unbrauchbar,
die Gewebe dabei in zu starke Spannung geraten. Man kann Adre
unbedenklich verwenden, künstliche Blutleere aber soll vermieden we
Bei der Ausführung der Operation ist vor allem auf Herstellung güns
Wundverhältnisse zu sehen und alles zu vermeiden, was der Ernährung
Gewebe hinderlich sein könnte. Bei der Nachbehandlung ist ausreicb
und geeignete Ernährung Haupterfordernis, daneben möglichst baldige Mu.
arbeit. Kosmetische Operationen, blutige Eingriffe bei Deformitäten und
artigen Geschwulstbildungen sind unstatthaft. Unter Umständen kann je<
bei günstigem Verhalten der Grundkrankheit aus sozialen Gründen eine ]
tive Indikation auch für einen Eingriff zur Beseitigung eines nicht di
lebensgefährlichen Zustandes bestehen. Drohende gangränöse Prozesse
Darm (Hernien, Ileus, Peritjrphlitis) erfordern operatives Eingreifen bald
weil durch Zuwarten die Chancen für die Erhaltung des Lebens abnehn
denn die Erfahrung lehrt, dass am gesunden, lebensfähigen Darm ohne Scha
für den Diabetiker operiert werden kann. Bei malignen Neubildungen
der Einsatz kein erheblicher, der Gewinn in den meisten Fällen ein
sicherer. Am ungünstigsten liegen die Verhältnisse beim Mastdarmkarzin
Für die Exstirpation sollte man in der Auswahl sehr vorsichtig sein unc
ausgedehntem Masse von der Anlegung eines Anus praeternaturalis Gebra
machen. Beim Magen- und Dickdarmkrebs hegen die Verhältnisse desl
günstiger, weil hier aseptisch operiert werden kann. Bei eiterigen und bi
digen Prozessen in der Peripherie soll man, wenn möglich exzidieren i
nicht inzidieren (Furunkel, Karbunkel), selbst dann, wenn Koma bereits b
gebrochen ist, oder falls die totale Entfernung des Eiterherdes nicht mög
ist, nach allgemein chirurgischen Grundsätzen möglichst radikal zu We
gehen. Für den Ort einer Amputation wegen Gangrän kommt vor allem
Asepsis und die hinreichende Blutversorgung in Frage (Arteriosklerose, Lym
angitis). Ist diese gesichert, wird man ceteris paribus. die Absetzung
tieferen Teilen vorziehen. Komplizierte Amputationsmethoden sind verweilSJ
von der primären Wundnaht ist Abstand zu nehmen.
R u f f (22), der einen Todesfall bei einer schwer diabetischen Frau
Koma erlebte, die wegen eines perityphlitiscben Abszesses operiert wur
unterzieht die Frage des Coma diabeticum nach operativen Eingriffen
Bitsohl, Allgemeine Operationslehre. 57
der Hand der Literatur einer kritischen Untersuchung. Er kommt zu dem
Endergebnis, dass auf diesem Gebiete noch gar nichts Sicheres bekannt ist,
wBder bänglich der Häufigkeit des Komas nach Operationen, noch bezüglich
der Prognose, noch der eigentlichen Ursachen dieser Komplikation. Daher
auch die sehr yerschiedenen Ansichten der Autoren über die Gefahren einer
Operation beim Diabetiker. Unter diesen Umständen bezeichnet Ruff die
Operation bei einem Diabetiker als ein Hazardspiel, bei dem das Leben des
Patienten den Einsatz darstellt. Demgemäss steht er auf dem Standpunkt,
dass Operationen nur unternommen werden dürfen, wenn es gilt, das Leben
des Patienten vor dem sicheren Tode zu bewahren. Er unterscheidet 1. lebens-
rettende, nicht aufzuschiebende Operationen, 2. lebensrettende Operationen,
die hinausgeschoben werden können, 3. lebenverläDgernde Operationen, die
nur dann gestattet sind, wenn der gegenwärtige Zustand der Kranken
unerträglich ist. Alle sonstigen Operationen sind im allgemeinen zu ver-
werfen. Für Gruppe 2 und 3 ist eine entsprechende Vorbereitung am Platze
bestehend in 1. vorsichtiger psychischer Vorbereitung des Kranken. 2. Anti-
diabetischer Diät bis zur möglichsten Entzuckerung und Überfütterung mit
Alkalien. 3. Untersuchung des Urins auf Ammoniak. Beträgt hier die aus-
geschiedene Tagesmenge mehr als 2 g, so ist von der Operation Abstand zu
nehmen. 4. Möglichster Vermeidung der Allgemeinnarkose. Wenn nötig, lieber
Äther als Chloroform. 5. Bei Laparotomien ist, um eine Entwässerung zu
vermeiden, von einer stärkeren Anwendung von Abführmitteln und Irrigationen
abzusehen. 6. Vor der Operation soll die Entziehung von Nahrungsmitteln
so kurz als möglich dauern und nach dieser die Nahrungszufuhr sobald als
möglich wieder beginnen eventuell per rectum.
Auf dem Chirurgenkongress 1905 hält Kelling (14) einen einleitenden
Vortrag über Pneumonien nach Laparotomien, an den sich eine ausgedehnte
Diskussion anschliesst. Er führt aus, dass als prädisponierende Faktoren in
Betracht kommen : Alter, Alkoholismus, karzinomatöse Kachexie, Herzschwäche,
Emphysem, längerdauemde Rückenlage und nervöse Beize (Schmerz, vaso-
motorische Stase und Abkühlung). Laparotomierte haben eine Neigung zu
Stasen in den Lungen, besonders im rechten Unterlappen.
Die Entzündungserreger gelangen in die Lunge: 1. auf dem Bronchial,
vege, 2. auf dem Blutwege, 3. auf dem Lymphwege.
1. Findet statt durch Aspiration des Inhaltes der Mundhöhle, der Nasen-
höhle, der Speiseröhre und des Magens beim Erbrechen. Am gefahrlichsten
ist die Bronchitis wegen der Aspiration des Sputums in andere Teile der
Lunge. 2. Embolische Pneumonien durch Thrombenbildung in den Venen.
Eiiunal stehen die Venen mit der Vena cava direkt in Verbindung (Magen,
Uteras usw.), andererseits handelt es sich um Thromben in den retroperi-
toneaJen Venen, weil die Lymphgefässe der Venenwände mit denen der Mesen-
terien in Verbindung stehen (bei eiterigen Typhlitiden und eingeklemmten
Brüchen). 3. Der Lymphweg geht: a) Durch die perforierenden Lymphgefässe
iu der Pleura. Eine Pneumonie wird aus der Pleuritis dann, wenn das
Langengewebe durch Stase ödematös wird, b) In die Blutgefässe des Zwerch-
fells. Dadurch entsteht Sepsis mit Hypostasen und lobären Entzündungen
und Thrombenbildnngen an anderen prädisponierten Stellen des Venensystems.
Redner führt femer aus, dass bei Laparotomien der Luftinfektion eine
grossere Bedeutung zuzusprechen ist als sonst bei Wunden.
58 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
«
Die Prophylaxe bei postoperativen Pneumonien ergibt sich at
Pathogenese. Die Hauptsache ist die Vermeidung der Infektion der (
gewebe, der Mesenterien und der freien Bauchhöhle. Die Zahl der
operativen Pneumonien geht, wenn man von den Aspirationspneumoziii
sieht, parallel der Infektion.
Diskussion.
Czerny hat nach 1300 Laparotomien Ö2mal Pneumonien mit 21 '
fallen beobachtet, jenseits des 40. Lebensjahres wohl wegen Residuen fri
Krankheiten die doppelte Zahl. Die Geschlechter sind gleich stark bet
Obesitas vorwiegend. Das Narkotikum ist von nebensächlicher Bedei
eher die Technik der Narkotisierung (Aspirationspneumonien). Aspi:
scheint häufiger bei genähten Wunden aufzutreten, weil die grösseren Schm
Atem und Husten unterdrücken lassen. Operationen in der Nähe des Zv
feiles begünstigen die Infektion, weil sie die Atembewegungen hemmen,
rechte Seite ist die häufiger befallene. In der Ätiologie spielt auch die Bc
hochlagerung eine Rolle. Prophylaktisch wichtig ist die Vorbereitung
Mundhöhle, der Bronchien und strenge Asepsis.
Kümmel hält die Wahl des Narkotisierungsmittels für bedeu
Äther erleichtert das Zustandekommen von Pneumonien. Die Chloroforms
Stoffnarkose, noch mehr die Skopolamin-Morphiumnarkose scheint bezt
der Pneumoniegefahr günstig, letztere auch wegen der austrocknenden Wii
des Skopolamins. Bei Anwendung des letzteren kamen fünfmal we
Todesfälle an Pneumonie vor. Die Kranken sollen zu frühzeitigem, ti
Atmen angehalten werden.
Unter dem Material der Innsbrucker chir. Klinik spielt die embol
Pneumonie, vrie Scbloffer an einer Tabelle darlegt, eine nicht unbetri
liehe Bolle. Bei Bruchoperationen lieferte besonders die Bassinische Met
embolische Pneumonien, was Schloff er darauf zurückführt, dass sich
leichter Thromben im Plexus pampiniformis bilden und durch Hustens
verschleppt werden können als bei der Wolf 1er sehen 11. Methode, di
abwechselnd mit der Bassinischen ausführte, ohne hierbei jemals eine
bolische Lungenkomplikation zu erleben.
Trendelenburg hatte nach Laparotomien 5% Pneumonien, i
sonstigen Operationen nur l^/o. Die ersteren verteilen sich auf bestin
Operationen folgendermassen : Gastrostomien 3 Vo, 6allensystemoperati(
6,4 ^/o, schwere Kontusionen 15%, Perityphlitis 5^/o, Probelaparotomien 4,'
weibliche Genitalien 2,8 ^/o, männliche Operierte 5 Wo, weibliche 2^/o. I
talität eOVo.
Franke erlebte vor mehreren Jahren eine solche Häufung von Lud]
entzündungen nach Bauchoperationen, dass er an das Vorhandensein einer
demischen Ursache denken musste. Mit sehr gutem Erfolge verwandte
folgende Medikation event. per anum: Inf. fol. Digitalis 1,5:150,0, N
salicyl. 7,0, Antipyrin 3,0 event. Sirup, ad 175,0; 28tündl. ein Esslöffel.
irgend leerem Pulse wird zugesetzt Nitroglyzerin 0,015 — 0,02, nach Bedarf
starkem Hustenreiz Kodein, bei trockenem Husten Liqu. Ammonii anisat.
Kau seh ergänzt die Statistik He nies aus der Breslauer Klinik du
weitere 1880 Laparotomien mit 2,4 ^/o Pneumonien und 1,4 ^/^ Mortalität
solchen. Die agonalen Pneumonien und 11 Embolien sind nicht mitgerechi
Prophylaktisch wird auf Fernhaltung jeder Abkühlung gehalten, Einwickelt
Ritschl, Allgemeioe Operationslehre. 59
der Beine, Spülrmgen mit warmer Kochsalzlösung, Erwärmung des Bettes, femer
Entleerung des Magens bei Ileus, Verwendung der Kausch sehen Sonde, um
Aspirationen zu verhindern. Pneumonien sind häufiger nach Zwerchfell- als
nach Mastdarmoperationen; wahrscheinlich geht die Infektion eher auf dem
Lyinph- als dem Blutwege vor sich (Zuruckleiben von Infektionskeimen in der
Nähe der Zwerchfellkuppen). Lungenembolien, die fast nur vorkommen, wenn
Veoen des grossen Kreislaufes lädiert wurden, haben mit postoperativen Pneu-
monien nichts zu tun. Die Anwendung des Äthers vermehrt die Zahl der
PDeomonien nicht. Die lokale Anästhesie brachte eher schlechtere Resultate,
Skopolamin verspricht jedenfalls keine besseren.
Mühsam spricht über Lungenkomplikationen bei 1000 Appendizitis-
operationen (Sonnenburgsche Klinik). Es kamen unter 45 Pneumonien 37
embolische vor. Von 9 Oberschenkelthrombosen waren 6 mit Lungenentzün-
iimg kompliziert. Von den embolisch entstandenen Pneumonien entfallen 14
aaf die Spital-, 23 auf die Privatpraxis; in letzterer sind die Patienten meist
in einem mehr heruntergekommenen Zustande. Männer scheinen der Embolie
mehr ausgesetzt als Weiber, während gegenüber nicht embolischen Pneumonien
kein Unterschied besteht. Die Erscheinungen sind oft nur geringfügig.
Prophylaktisch empfiehlt es sich bei alten Leuten und schlechter Herzaktion
Strophantus zu geben.
Heusner hält die Erweiterung der anatomischen Kenntnisse über die
AbSusswege der Lymphe aus der Bauchhöhle für wichtiger als die Statistik.
Nach den bisherigen anatomischen Untersuchungen sei eine direkte Einwan-
derung von Keimen in die Lunge nicht möglich. Auch Heusner erlebte
eine Epidemie von Pneumonien bei Laparotomierten. Er stellt sich vor,
dass bei der grossen Verbreitung der Pneumokokken, diese auch im Blute
kreisen können und zu Zeiten erhöhter Infektiosität durch Gelegenheitsur-
^hen, wie Verschlucken von Mundsekret, starke Abkühlung^ den Reiz der
Athernarkose , in der Lunge Fuss fassen können. Der Narkose möchte
Hensner keinen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung der Pneumonien
einrinmen. Auffallenderweise habe er mehr Pneumonien erlebt zu einer Zeit,
als er Sauerstoff bei der Narkose verwandte. Der Zufall spiele eine ent-
schiedene Rolle.
König sen. hält bakteriologische Untersuchungen für erforderlich, um
sicher zu entscheiden, wie oft es sich um Pneumokokken-Pneumonien, wie
oft am andere (hypostatische, embolische etc.) handelt. Die Kardinalfrage sei,
ob in diesen Fällen überhaupt hämatogene Pneumonien vorliegen.
Rehn bestreitet auf Grund reicher Erfahrungen die Behauptung Kel-
ÜDgs, dass nach Operationen eiteriger Prozesse im Bauche besonders viele
Pnenmonicn vorkommen.
König jun. hat nach sonst gut verlaufenden Perityphlitisoperationen
iwei Patienten durch Embolie verloren. Nach ihm ist jeder Perityphlitiker
Thrombenbesitzer. Die Äthemarkose disponiere zu Thrombenbildung, weil,
^tm die erregende Wirkung des Äthers aufhöre, ein Rückschlag in Form
Ton Kollaps oder Herzschwäche eintrete , der die Entstehung von Gerinnsel-
bildongen begünstige. Hier sei prophylaktisch Digitalis am Platze.
Friedrich hält die Statistik nicht für das geeignete Mittel, um die
vorliegenden Fragen zu lösen. Es kommt zumeist auf eine scharfe Scheidung
der Pneumonien nach der ätiologischen Seite an. Seiner Ansicht nach handelt
«s Mct Yorwiegend um Aspirationspneumonien, krupöse Formen kommen über-
60 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
haupt nicht in Betracht, die embolischen gehören nicht in da^s ]
die hypostatischen stehen wohl immer mit Atmungsinsuffizienz and i
thoner Entwickelung von in den Langen vorhandenen Bakterien
sammenhang. Um der Aspirations- und der hypostatischen Pneumonie
gegnen, fehlen nach Lage des Einzelfalles öfters die Mittel. Für die
tionsformen ist die Art, Tiefe nnd Daner der Narkose, für die hypas)
die Erschwerung der Atmung nach der Operation von vorwiegender Bed
Hieraus lässt sich die Art der Prophylaxe unmittelbar ableiten. Dsl S<
haftigkeit der Bauchwand vor allem die Atmung beeinträchtigt, ist AI
zu empfehlen.
Rotter spricht sich zugunsten der Morphium-Skopolaminnarkose a
deren Anwendung er wohl Bronchitiden, aber keine Pneumonien geseh€
Henke hält systematische Untersuchungen über die Bakteriolo^
postoperativen Pneumonien für erforderlich. Er hat bei Sektionen de
druck gewonnen, dass die Noxen hauptsächlich auf dem Luftwege die
erreichen. Infarkte kommen selten zur Beobachtung, häufig dagegen asthc
und hypostatische Pneumonien.
M ei sei teilt mit, dass Kraske dreimal bei hohem Steinschnitt
monie erlebte und für deren Entstehung die invertierte Lage verantw*
macht, sofern hierbei durch Druck der Unterleibsoi^ane gegen das
Herz Zirkulationsstörungen in der Lunge geschaffen wurden. Bei ein
dominal - sakralen Mastdarmexstirpation , der Bluterbrechen, Atemnot
hypostatische Pneumonie folgte, fand sich bei der Autopsie Blut im i
änderten Darme, welches wohl infolge der invertierten Lage durch ZI
tionsstöruugen im Pfortadergebiet zum Austritt gelangte.
Payr berichtet über Tierversuche, die deutlich zeigen, dass eine
leitung von Keimen aus dem Bauchraum durch die Lymphbahnen ii
Brusthöhle möglich ist.
Lenharz wurde durch Leichenbefunde bei postoperativen Pnenm
an solche bei Typhus lebhaft erinnert. Seiner Ansicht nach sind sie
Aspirationspneumonien. Der Schmerz, der auf Operationen in der Näh<
Zwerchfells folgt, hindert die freie Atmung und Ventilation der Lunge. 1
mng auf die gesunde Seite und Tiefatmen ist bei beginnender Hypo
ein sehr wirksames Heilmittel. Pneumokokken zirkulieren verhältnism
selten im Blut und dürften im allgemeinen erst von dem pneumoniscl
krankten Teil der Lunge aus ins Blut gelangen.
Krönlein hat bei 1409 Laparotomien nur 5,6 Voo Pneumoniemorbid
2,8 ^/oo Mortalität. Erkältung als Ursache leugnet er. Seine günstigen
folge schiebt er darauf, dass nur beste Qualität Äther zur Narkose verw
und dieser in sparsamster Weise verabfolgt wird. Aus diesem Grunde i
die Desinfektion vor Beginn der Narkose vollendet sein. Femer wird
Krönlein jede Malträtierung des Peritoneums sorgfältigst vermieden
strengste Asepsis beobachtet.
Trendelenburg bittet den Wert der Statistik nicht zu unterschät
Braun erklärt die Unterschiede im Prozentsatz der Pneumonien
den verschiedenen Operateuren dadurch, dass von manchen schon leic
Lungenerscheinungen als Pneumonien gedeutet wurden, von anderen nii
Es sollte zur Stellung der Diagnose Dämpfung, blutiges Sputum und broncbi^
Atmen verlangt werden.
Ritschl, Allgememe Operationslehre. 61
Eelling bemerkt im Schlnsswort Rehn gegenüber, dass die Infektion
^ier Baachhöble mit eiterigen Stoffen keineswegs gleichgültig sei. Eiterige
Prozesse sollten daher ohne Not unter keinen Umständen durch die freie
Bauchhöhle hindurch operiert werden. Heusner entgegnet er, dass das
Zwerchfell Ton der Bauchhöhle nach der Pleura, wie Tierversuche ergeben
haben, durchgängig ist.
Eine lebhafte Diskussion schliesst sich an einen Vortrag Picques (20)
in der Pariser chirurgischen Gesellschaft , in dem er darzulegen sucht, dass
dää Delirium tremens in vielen Fällen nicht auf Alkoholismus, sondern
auf einer Wundinfektion beruhe. Das rationelle Heilverfahren bestehe dem-
eemäss in einer chirurgischen Behandlung des eiterigen Prozesses. Dieser
rieorie wurde von Broca, Lucas-Ghampionniere und Reynier leb-
haft widersprochen. Letzterer gibt zu, dass sich in manchen Fällen, wo
Alkoholismus und Infektion vorliege, nicht bestimmt sagen lasse, welcher der
l<eiden Zustände für das ausbrechende Delirium hauptsächlich verantwortlich
sei, doch stehe fest, dass der Alkoholismus zu Delirien disponiere ebenso wie
mdere erworbene oder angeborene Gehimveränderungen, unter deren Einfluss
£iDche Kranke schon bei geringen Temperaturen delirierten, während andere
veit höhere Temperaturen ohne zu delirieren vertrügen. In einer längeren
Erwiderung verteidigt Picque seine Ansicht und knüpft daran die praktische
Fordenmg, dass eben wegen der notwendigen chirurgischen Behandlung deli-
rierende Kranke nicht, wie in Frankreich üblich, den psychiatrischen An-
stalten überwiesen werden sollten, sondern Vorsorge getroffen werden müsste,
soldie Kranke in den allgemeinen Krankenhäusern selbst zu isolieren. In der
deichen Sitzung wird über die Behandlung des Delirium tremens debattiert.
IHe meisten Redner sprechen sich für den Alkohol in Form von Rotwein unter
Znsatz von Opium (60 Tropfen auf eine Flasche) aus.' Qu6nu empfiehlt die
Injektion von kunstlichem Serum von dem Standpunkt aus, dass das Delirium
tremens der Ausdruck einer Vergiftung sei und es darauf ankomme den
Kranken zu entgiften. Bei Herzschwäche gibt Quenu gleichzeitig Strychnin-
solfat sabkutan. Mit dieser Behandlung hat er sehr zufriedenstellende Resul-
tate gehabt.
Bnnge (1) kommt in einer ausführlichen Arbeit auf seine, auf demChi-
nirgenkongress 1901 (siehe Jahrg. 1901 Seite 70) mitgeteilte Methode der
Bildung tragfahiger Diaphysenamputationsstümpfe ohne Osteoplastik zurück.
12 inzwischen nach den bekannten Prinzipien ausgeführte Unterschenkel-
unpntationen ergaben bis auf eine (Amputationsneurome) völlig unempfindliche
Stümpfe, auch zeigte der empfindliche Stumpf eine bei lokalisiertem Druck
%iunerzfreie, knöcherne Stumpffläche. Bunge schildert noch einmal die
Technik seines Amputationsverfahrens, die im allgemeinen darauf hinausläuft
1- die Hautnarbe in seitliche Partien des Stumpfes zu verlegen; 2. eine
Koochenneubildung am Stumpfende durch Entblössen des Knochenendes von
Periost und Knochenmark auf einige Millimeter fernzuhalten. Anhangsweise
vird noch über drei nach verschiedenen Richtungen anatomisch ungünstig
beschaffene Amputationsstümpfe (adhärente, zarte Narbe; Knochenzacke an
^erOehfläche bei derber Stumpfbedeckung; periostale, unregelmässig zackige
Wacheningen am Stumpfende) berichtet, die trotzdem unempfindlich und trag-
^hig waren. Bunge schliesst daraus, dass zur Erzielung tragfähiger Stümpfe
iDAimigfache Umstände beitragen können.
62 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
Pringle (21) bat das Bier sehe osteoplastische Amputationsve:
24inal, 15 mal am Unterschenkel, sechsmal am Oberschenkel, zwein
Oberarm and einmal am Vorderarm ausgeführt und ist mit dem funkti
Erfolge sehr zufrieden.
Frey (8) hat zur Verlängerung der Hautlappen nach einer Amp
mit Erfolg eine mehrtägige Gewichtsextension auf die Lappen wirken
Es wurden an der Haut oberhalb der Wunde auf 10 cm Länge, 5 cm
Heftpflasterstreifen befestigt, während die Wunde durch Jodoformgaze ge
war, die Streifen 25 cm unterhalb des Stumpfendes vereinigt und ei
sprechendes Gewicht angehängt, während das Glied auf einem Plenun
natum gelagert war.
Turinis (28) Arbeit über die Gritti^sche Operation liegen ach
(eine doppelseitige Operation) zugrunde, die vonRoux (Lausanne) o
wurden, ferner 128 Fälle, die der Literatur entnommen sind. Von d<
R o u X operierten Patienten benutzten drei das Stumpfende zur direkten 1
Zweimal kam es zur Verschiebung der Kniescheibe durch Zug des Quad
Einmal musste die Kniescheibe reponiert werden und blieb in guter
einmal wurde die eingetretene Verschiebung erst lange Zeit nach de
lassung aus der Klinik bemerkt. Geringe Lappengangrän, die keinen E
auf das funktionelle Endresultat hatte, kam in drei Fällen vor und wj
allgemeine Ernährungsstörungen der Glieder zurückzuführen. Ein Fall
mit Eiterung, es entstand eine adhärente, empfindliche Narbe am Stump
Der FaU hätte sich mangels genügenden Lappenmaterials eher zu einei
putation des Femur im unteren Drittel geeignet.
Als Anhang wird über drei Fälle (eine doppelseitige Operation) beri
die von Roux de Brignoles (Marseille) mit gutem funktionellem Re
operiert wurden.
Estor (7) hat ein Verfahren ausgebildet, welches auch bei Operai
im Wurzelgebiet der Extremitäten (hohe Amputationen und Exartiknlatj
die Esmarchsche Blutleere anzuwenden gestattet. Es besteht, kurz g*
darin, dass man durch Erfassen von Hautfalten mittelst kräftiger Koc
scher Unterbindungspinzetten sich einen Wall bildet, der das Abrutsche
umschnürenden Gummischlaucbes hindert. Die Pinzetten werden währen
Anlegung des Schlauches von der Assistenz senkrecht zur Körperoberi
gehalten, alsdann nach der Körpermitte zurückgeschlagen und vermi
eines zweiten, durch die ringförmigen Handgriffe gezogenen Gummischi
in dieser Lage erhalten. Estor gibt an Schulter und Hüfte die t
massigsten Punkte für die Anlegung der Pinzetten an und veranschai
die Technik an einer Anzahl von Abbildungen. Die Methode wurde ar
Leiche ausprobiert und ihre Wirkung durch zentralwärts von dem abs(
renden Schlauch vorgenommene Lijektionen einer gefärbten Flüssigkeit i
einem dem arteriellen etwa gleichkommenden Druck kontrolliert. In
Praxis bewährte sich das Verfahren bei einer Amputation des Obersche;
im obersten Viertel wegen Osteosarcoma femoris vortrefflich. Aus
A. femoralis entleerte sich kein Tropfen Blut.
Isnardi (12) glaubt die Transplantation von Thierschschen Läpp
auf intakte Granulationsflächen als etwas Neues empfehlen zu sollen i
hat diese Methode schon seit 12 Jahren stets befolgt). Natürlich muss
Granulationsfläche, wenn die Anheilung gelingen soll, aseptisch und ge^
sein. Die aufgetragenen Läppchen fixiert Isnardi mit einer einfachen I
Pagenatecher, Yergiftangeo. 63
weitmaschiger Gaze, die entweder an den Wundrändem mit Kollodium befestigt,
oder deren Enden um das Glied herumgeführt und dort geknotet oder ver-
näht werden. Über diese bis zur Anheilung der Läppchen liegenbleibende
Schicht, kommt ein feuchter Wundverband mit 3,5 Voiger Borlösung, der alle
12 (Eiterung) bis 24 Stunden gewechselt wird. Unter den Läppchen sich
verhalltes Blut oder Eiter wird beim Verbandwechsel mit einem Gazetupfer
ao^edrackt, eyentuell zu diesem Zweck das Läppchen skarifiziert. Isnardi
hatte bei Befolgung dieser Vorschriften stets günstige Resultate.
m.
Vergiftungen.
Referent: E. Pagenstecher, Wiesbaden.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
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38. Arthur Dean Bevan and Henry Baird Favill, Acid intoxication, and lata
poisonous effects of anesthetics. The joum. of the Amer. Med. Ass. 1905. SepL 2
and Sept 9.
Kelly (14) hat 400 chirurgische Fälle während vier Monate auf das
Vorkommen einer Säureintoxikation untersucht. Davon wurden in 46 Sym-
ptome leichterer oder schwererer Art gefunden und zwar in 12 von Appendi-
zitis, 14 von Frakturen und Kontusionen, 2 von Magenerkrankung, 2 von
Karzinom, 3 von äusseren Wunden, 2 von lokalen eiterigen Prozessen, 2 von
Himerschütterung, 1 von Salpingitis, 1 von multipler eiteriger Osteomyelitis,
von Wandemiere, von Kotfistel, von Epilepsie, tuberkulösen Lymphomen, Typhus,
diabetischer Gangrän, Hämorrhoiden und Alkoholismus. In 12 Fallen traten
sie im Anschluss an Narkosen, in 16 während des Spitalaufenthaltes ohne
sichtbare Ursache auf. Azeton und Azetessigsäure zusammen fanden sich
24 mal, Azeton allein 20mal, A.-Essigsäure zweimal allein, beide mit Zucker
zusammen dreimal. Azeton und Zucker einmal. In schweren Fällen schien
die Natronbehandlung ohne wesentlichen Nutzen. Guter Erfolg wurde von
Kocbsalzinfusion mit Adrenalin 1:50000 bei Kindern 200, Erwachsene
500 cm mit merklicher Wirkung auf den niederliegenden Puls und Blutdruck
gesehen.
Bevan (38). Die Symptome der Säureintoxikationen, Unruhe, Kon-
vulsionen, Koma traten nach den bisherigen Beobachtungen 10—150 Stunden
nach der Narkose auf. Der Ausgang der Erkrankung ist fast immer letal.
Es handelt sich meist um Individuen, deren Vitalität herabgesetzt ist. Die
Obduktion ergibt gelbe Atrophie der Leber als konstantesten und am meisten
augenfälliger Befund. Die Erscheinungen treten meist nach Chloroform nur
selten nach Äther auf und zwar um so häufiger, je länger die Narkose gedauert
hat. Die Mehrzahl der Kranken, 17 unter 30, war über 10 Jahre alt. Ver-
dacht auf Inusffizienz der Leber besonders bei Kindern ist demnach eine
Pagen Stecher, YergiftiiDgeiL. 85
Kontraindikation zur Chloroformnarkose. Alle Massnahmen, anch alkalische
Kochsalzinfosionen haben sich bisher als nutzlos erwiesen.
Maass (New-York).
Bokorny (2) fand, dass Algen durch eine Lösung yon 1 Sublimat auf
1000 Millionen Hektoliter Wasser getötet werden. Versuche ergaben, dass eine
Ansammlung des Giftes durch die lebenden Zellen stattfindet. Erst die grössere
Menge ist imstande, die Spirogyrenzellen abzulösen, die Sublimatwirkung ist
eine quantitative chemische Reaktion. Sublimat vermag von Spirogyrenplasma
die 200fache Menge seines Gewichtes bis zum Auflösen der Lebenserscheinungen
zu yerandem.
Zelionys (36) Material stammt aus den Untersuchungen von Wysso-
ko witsch über Injektion von Schlangengift. Dabei fanden sich ander Ein-
stichfitelle bedeutende Veränderungen der quergestreiften Muskulatur. Schon
Dach einer halben Stunde werden die Fasern nebst Kern und Sarkolemm nekro-
tisiert und erleiden hauptsächlich wachsgradige Degneration. Nach einigen
StaDden erscheinen Leukozyten, die dann zerfallen. Die Muskelkeme werden
nach 10 — 12 Stunden yermehrt gefunden, werden rund oder eckig. Es bilden
sich an den Muskelfasern Myoblasten. Ein Teil geht zugrunde; ein Teil
leitet die Regeneration durch Wachstum ihres Protoplasmas und Teilung ihrer
Kerne ein.
Eine eigentfimliche Degeneration beschreibt Zeliony als kömig-fSdige^
die auch nach Injektion von 20 ^/o Glyzerin oder Karbolsäure entsteht. Es
erscheinen im Sarkoplasma Kömchen oder Fäden die mit Hämatoxylin violett^
mit Safranin rot sich färben, in Reihen gelagert.
Plowright (28). Vergiftung durch Genuss von Pilzen sei in England
weniger häufig als anderwärts und meist durch eine Art, Amanita phalloides^
verorsacht. 18 Fälle, darunter drei neu mitgeteilte, werden zusammengestellt.
Symptome sind: Erbrechen, Diarrhöe, Magenkrämpfe, Kollaps, Delirien, sub-
normale Temperatur. Therapeutisch wird Atropin subkutan empfohlen.
Ford (8) konnte durch Einverleibung steigender Dosen yon Schwanmi-
gift bei Kaninchen ein Serum herstellen, welches antitoxische und antihämo-
lytische Eigenschaften bezüglich des Phallin zeigte.
MalafoBse (21). Drei FäUe yon tödlicher Yergiftnng darch Genuss des Safte»
der Pflanze Atrsctylis gnmmifera, einer algerischen Pahne. Erbrechen, Somnolenz, Herz-
und Respirationslfthmang.
6 all an (10). Arbeiter geniesst einen Rizinussamen. Sofortiger schwerer Kollaps*
Magenspalang, Exzitantien. Heilang.
Löbl (17). Kasnistische Mitteilang über Kampfer- and Atropin Vergiftung.
Pool er (30). Strychnin, zur Behandlung postdiphtherischer LAhmung bei einem
8 jähr. Kind gegeben, und versehentlich in zu grosser Menge gegeben, verursacht Vergiftungs-
eischeinungen (tonische Krämpfe).
fi. Meier (24) nahm steigende Dosen Strycbnin, bis Vergiftungserscheinungen ein-
traten, welche durch Bromokoll intravenös sehr schnell beseitigt wurden.
Krnmbholz (16) teilt zwei Fälle von Kohlenoxyd- resp. Leuchtgasvergiftung mit,
in welchen es nach einigen Tagen neben zerebralen Symptomen zu Hautnekrosen an
Terachiedenen Körperstellen kam. Die Ursache liegt in Schädigung der Gefässwand oder
herabgesetzter Zirkulation mit folgenden Thrombosierungen. Der erste Fall, ins Wasserbett
gelegt, endete tödlich durch Sepsis, im zweiten wurden die Nekrosen abgetragen und ent-
sprechend verbunden; er heilte.
Thompson (34) berichtet über einige Fälle von Kohlenoxyd Vergiftung.
Farbringer (9) teilt sein Obergutachten in einem strittigen Fall von Schwefel-
wasserstoffvergiftung mit Die Sektion war zweifelhaft gewesen, es bestand auch chronische
Kephritis. Farbringer spricht sich positiv aus nach den klinischen Symptomen:
Jahieabwieht für CSiinirgie 190&. 5
66 Jahresbericht ffir Chirurgie. I. Teil.
Mattigkeit, Atembeschwerden, frequenter Puls, Aufgeregtheit, Hin- und Herwand'
nommenheit, lallende Sprache, Muskelspannung in den Gliedern und Kiefern, zulet^a
wusstlosigkeit.
Dopfer (4) behandelte eine oberflächliche Verbrennung am Vorderarm eines
jfthrigen Kindes mit offiz. Borsalbe. Es entstand ein Scharlach Ahnliches Ezanthez
ganzen Körper mit blftnlich-schwarzer Verfärbung an Händen und Füssen. Matügkei
brechen, Diarrhöen, Tod. Sektion negativ.
Mahne (20). Schwächliche Frau mit ausgedehnten Verbrennungen 2. und 3. G
an Brust, BUcken, Armen und Oberschenkelii wird mehrere Wochen zweimal täglic!
10 ^oiger Wismutborsalbe verbunden. Nach einigen Wochen Stomatitis, blauschwarzer <
am Zahnfleisch, ulzeröse Flecke an Zunge und Zahnfleisch, Durchfälle, Eiweiss and Zyl
im Urin, frische Granulationen auf der Wunde. Tod trotz Weglassen der Salbe. i^
Schleimhaut schwarz verfärbt Parenchymatöse Nephritis.
Martin et (23). Mehrmaliges Auftreten von akuter Quecksilberintoxikation
Einlegen einer Zahnplombe von Amalgam.
Sugden (33). Tödliche Sublimatvergiftung infolge Verwechslung mit Phenazei
Murrel (26) berichtet Ober einen Selbstmordversuch durch Trinken von Oxals
Tod nach drei Tagen an Pneumonie. Die Schleimhäute von Bachen, Ösophagus und M
geschwollen und gerötet, verdickt, ohne Ulzerationen.
Lucas-Ghampionni^re (18) berichtet &ber einen Fall von Jodoformintoxik^
bei einem 19jährigen Kranken, bei welchem in einen kalten Abszess ca. 10 g Jodofor
Emulsion injiziert waren. Sehr früh trat eine intensive Bötung, Schwellung und BL
bildung zuerst am Kopf, dann an den Armen auf. Nach Entleerung des Jodoform ra
Heilung. Der Fall gleicht den von sog. Jodoformekzem nach lokaler Applikation
Wunden. Das Gemeinsame liegt in der Idiosynkrasie. In der Diskussion wurden sc
Fälle von Idiosynkrasie mitgeteilt und vor der Anwendung grösserer Dosen gewarnt.
Waldvogel (35). Nach Verbrühung mit kochendem Isosafrol und Einatmen
Dämpfe bekommt ein an Stauungen im Venensystem (Emphysem) leidender Mann an and
Haul^artien Stauungserscheinungen, so dass das Blut die Venen an den Klappen ku§
vorwölbt Die Haut reagiert hier mit Bötung, Epithelabschilferung, Geschwüren.
Schummerung in Anfällen. Jahrelanges Bostehen an den Armen. Das Hautjucken bl<
sobald die Haut warm wird. Ein neurasthenischer Zustand schliesst sich an.
Tierversuche ergaben intensive Giftwirkung auf Nervensystem, Gefässe
Parenchymzellen.
Beim Menschen ist eine Disposition nicht auszuschiiessen.
Genuss von Methylalkohol (37) fährte in Amerika häufig zu Y
giftongen, deren Symptome Kopfschmerz, Magenschmerz, Pnpillendilatati
partielle oder komplette Blindheit, in schwereren Fällen Dyspnoe, Stertor, 1
waren.
Pagenstecher, Yerbrennongen und Erfrierungen. 67
IV.
Verbrennungen und Erfrierungen.
Referent: E. Pagensteclier, Wiesbaden.
Die mit * bezeichneten Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Terbrennungen.
1. ^Combemale, Traitement du coup de froid. Consultat mödico-chirurg. Paris? chez
0. Dein.
% Doering, Über das Verhalten der Hftmolysine bei schweren Hautverbrennungen.
Langenbecks Arch. 76. Bd.
I. Parascondolo, Über Gifte im allgemeinen mit besonderer Berttcksichtignng desVer-
brennungsgiftes. Wiener med. Wocfaenschr. 1905. Nr. 20—82.
4. Pfeiffer, Experimentelle Beitrfige zur Ätiologie des primftren Verbrennungstodes.
YirchowB Arch. Bd. 180.
5. Beuter, Über die anatom. Kennzeichen des Verbrennungstodes. Wien. klin. Wochen-
Bchr. 1905. Nr. 23.
6. Sonnenbarg, Verbrennung und Erfrieren. Zeitschr. f. ärztL Fortb. 1905. Nr. 18.
T* Weidenfeld, Über die Therapie schwerer Verbrennungen. Wiener med. Presse 1905.
Nr. 24 und 25.
Parascondolo (3) gibt ein ansführliches Referat über tierische Gifte,
Toxine und Antitoxine und berichtet über seine Experimente an Hunden,
Pferden und Eseln das Yerbrennungsgift (nach der Methode B riegers) her-
zustellen und Hunde durch steigende Dosen zu immunisieren. Das Gift bildet
dch in den Organen Verbrannter; es steht dem Schlangengift sehr nahe, ist
den Toxinen im allgemeinen durch seine chemischen Eigenschaften und seine
Wirkimg auf dem Organismus verwandt. Er konnte 10 Hunde immunisieren.
Das Serum derselben besitzt Heilwirkung. 0,00015 g Gift in 1 g Wasser
töteten ein Meerschwein von 500 g in 2 — 4 Tagen. Die komplette Immuni-
aenmg dauerte 2 Monate. Das Gift hat hämolytische Eigenschaften. Wie
for das Schlangengift existieren 2 verschiedene Arten der Wirkung, eine von
den Komplementen herrührende und eine andere von solchen Substanzen ab-
stammende, welche nur durch Erwärmen wirksam werden. Die Wirkung des
Ambozeptors im Gift kann man sich so erklären, wie sie Ehrlich und
Morgenrot für die Ambozeptoren des Blutserums dachten. Es existieren ausser
den zytophilen Gruppen 2 haptophore Komplexe, von denen einer in ge-
wämlicher Weise Komplemente bindet, der andere sich mit anderen Elementen
▼erbinden kann.
Döring (2) bestätigt auf Grund eigner Untersuchungen der von Burk-
hardt (Arch. f. klin. Chir., Bd. 75) gegebenen Mitteilungen über hämolytische
Erscheinungen nach schweren Hautverbrennungen, insbesondere zur Wider-
legang der Ansicht von Dieterich, daß nach schweren Verbrennungen
Aotolfsine im Blut auftreten sollen.
5*
68 Jahresbericht ftr Chirurgie. I. Teil.
Pfeiffers (4) exakte and wichtige Arbeit über die Ätiologie des pri-
mären Verbrennongstodes stützt sich auf eine grosse Zahl Yon Experimenten
an Kaninchen und erörtert folgende Fragen: 1. Sind die Ton anderen Autoren
nachgewiesenen Giftstoffe imstande, die klinischen und pathologisch-anatomischen
Erscheinungen Verbrannter herbeiführen? 2. Wie charakterisiert sich che-
misch und biologisch das Gift? 3. Welche Stellung muss in genetischer und
ätiologischer Hinsicht den Organveränderungen gegenüber den Giftbefunden
eingeräumt werden und inwieweit sind diese an und für sich geeignet den
Tod herbeizuführen? 4. Lässt sich im Fall von I ein antitoxisches Serum
herstellen ?
Pfeiffer fand, dass in der Tat dem Harn und den Seren verbrannter
Tiere bestimmte und zwar für die eigene wie auch für fremde Spezies wirk-
same giftige Eigenschaften innewohnen. Die Giftigkeit des Harns steigt in
den sieben Stunden an und sinkt dann bis zum Tod ab. Die Giftigkeit des
Serums ist erst nach einiger Zeit, meist aber nach 24 Stunden nachweisbar
und steigt dann bis zum Tode an. Die obige erste Frage ist zu bejahen.
Dem Gift ist keine Inkubationszeit bei Einbringung in andere Tiere eigen*
Hämolytische und agglutinophore Giftgruppen sind nicht vorhanden. Die auf
Gewebe nekrotisierend wirkende Komponente vermag auf Erythrozyten nicht
zerstörend einzuwirken. Über die Natur des Körpers Hess sich kein Anhalts-
punkt gewinnen; er ist weder ein Ptomain noch hat er etwas mit derPyridin-
gruppe zu tun.
Es konnte weder aus dem Verbrennungsorte gleich nach der Hitze-Ein-
wirkung, noch aus Eiweisskörpem, die bis zur Koagulation und darüber hinaus
erwärmt wurden, ein Gift gewonnen werden. Die Angaben Weidenfelds
über Giftigkeit von gekochten Hautstücken bei subkutaner Einbringung wurden
nicht bestätigt. Autor nimmt an, dass durch Hitze das Eiweissmolekül so
verändert wird, dass daraus giftige Produkte sich nachher abspalten, dass also
das Gift sich nicht am Ort der Verbrennung und durch sie allein bildet.
Die Blutveränderungen (Hämoglobinämie und Hämoglobinurie sind allein
auf die Blutschädigung durch die Hitze zurückzuführen.
Der Tod hat eine verschiedene Ätiologie. In den zirka 2 — 6 Stunden
ist er Folge der Shockwirkung. Später ist die Intoxikation verantwortlich
zu machen. Im Spättod spielt die primäre Gefässschädigung und Schwächung
des Organismus durch die Gifte eine Rolle.
Reuter (5). Aus den an der Leiche vorgefundenen Verbrennungen
ersten bis dritten Grades allein lässt sich nicht entscheiden, ob die Verbren-
nung während des Lebens oder erst nach dem Tode stattgefunden hat. Es
ist zur Entscheidung dieser Frage immer auch der Befund an den inneren
Organen heranzuziehen. (Aspirierte Russpartikel, Kohlenoxydvergiftung.) Auch
postmortal können an ödematösen Körperstellen serumgefüllte Blasen erzeugt
werden. Sie sind meist sogen. Verdrängungsblasen, wie sie ja auch bei
intensiven Ödemen beobachtet werden.
Sonnenburg (6). Brandwimden sind nach aseptischen Grundsätzen
zu behandeln. Die Hauptsache ist sorgfältige Reinigung der betreffenden
Stellen durch Waschen. Darüber ein steriler Verband. Auch bei Anwendung
der Brandbinde soll man vorher reinigen.
Weidenfeld (7) bestimmte bei schweren Verbrennungen das Verhältnis
zwischen Körperoberfläche und Verbrennungsfiäche. Es ergab sich, dass die
Zeit bis zum Eintritt des Todes im umgekehrten Verhältnis mit der Ver-
Yolkmann, Allgemeine Geachwolstlehre. 69
bcimiiDgsfliche steht. Ansserdem kommt der Grad der Verbrennang in
Betracht; bei zweitgradiger totaler Yerbrühang pflegt der Tod nach derselben
Zeit einzatreten, nach welcher er bei drittgradiger schon bei einem Drittel
der Hut eintritt. Es verhält sich im ganzen und grossen die drittgradige
Verbreimang zur zweitgradigen wie 1 : 3. Die Todesursache liegt in Gift-
stoffen, welche ans der verbrannten Haut resorbiert werden und durch Wasser
extrahiert werden können. Ihre Menge hängt von der verbrannten Masse ab.
Sie müssen kumulativ wirken, da, wenn sie immer wieder ausgeschieden
worden, sich niemals jenes Verhältnis von Zeit und Ausscheidung ergeben
könnte.
Anf Grund dieser Resultate entschloss sich Weidenfeld die ver«
brannte Haut zu entfernen, indem er mit einem Thierschschen Transplan*
taüonsmesser die yerbrannten Teile parallel zur Oberfläche abschnitt bis zur
Blntong. Die Verschorfung ragt zwar mittelst Fasern noch tiefer, immerhin
Verden die verschorften Partien zum grossen Teil entfernt. Die Resultate,
die denmächst zusammengestellt werden sollen, sind die, dass alle Fälle,
bei denen ^/s — ^U der Oberfläche verbrannt war, mit dem Leben davon
kamen, was allerdings noch durch keine Methode erreicht ist.
B. Erfrierungen.
V.
Allgemeine Geschwulst lehre.
Referent: R. Volkmann, Dessau.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
I. Ätiologie der malignen Geschwülste.
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70 Jahresbericht für Chirurgie. I. TeiL
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41. Metchuikoff-Gallois, La question du cancer. Le progrto m^. beige 1905. Nr.
42. Orth, Die Morphologie der Krebse und die parasitäre Theorie. Berliner klin. Woche
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Yolkmaon, Allgemeine Geschwulatlelire. 71
ii Seh&ller, M., Mitteilangen über die Erebsparasiten. Wiener klin. Rnndschan. Nr. 39.
4'^. *— Chromatiiikörper der Krebs- und Sarkomparasiten des Menschen. Zentralbl. für
Biktenol. 37, 4.
50. *— Bemerkung zu der Besprechung meiner Broschüre .Parasitäre Krebsforschung' etc.
ZeDtralbl. f. prakt. Anat. 1905. Nr. 1.
51. Shaw Mackenzie, Local irritation and Cancer. Lancet 14. I. 1905. p. 120.
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54. Weinberg, Ätiologische Statistik des Krebses. Münch. med. Wochenschr. 1905.
Sr. 50.
55. Zimmermann, K., Ober den Micrococcus neoformans Doyen. Chirurg. Sektion des
Budapester kgl. Ärztevereins, Sitzung vom 13. lY. 1905. Orvosi Hetilap 1905. Nr. 80.
( Ungarisch.)
Über die Methoden und Wege, welche die Krebsforschung einzuschlagen
habe, um der Ätiologie auf die Spur zu kommen, stellte Weinberg (54) in
einer Sitzung des Komitees für Krebsforschung Thesen auf, die sich zum
kurzen Referat nicht eignen.
Dasselbe gilt von den Ausführungen Kolbs (32) über das gleiche Thema
und über eine Sammelforschung betreffs der Karzinomgenese.
Die Soc. mödic. des IX. Arrond. in Paris (14) hat eine Kommission ein-
gesetzt, die unter den Ärzten einen Fragebogen zirkulieren Hess, der Material
beibringen sollte betreffs Entscheidung der Frage, ob das Karzinom kontagiös
sei oder nicht. Von 62 Befragten äusserten sich 34 dahin, dass ihre Er-
fahrung in der Praxis ihnen keinerlei Grund zu der Annahme einer Konta-
giosiiat gegeben habe. Die anderen nennen je eine Anzahl von Fällen, wo
die Kontagiosität eine Rolle spielen soll. Die Fragestellung ist aber so all-
gemein, dass dabei etwas Sicheres gar nicht kerauskommen kann.
Ebenda trug Isch-Wall (30) eine Reihe von Einzelfällen vor, welche
ihm die Kontagiosität des Krebses, der Übertragbarkeit auf die Personen der
Umgebung zu beweisen scheinen. In der Diskussion behielt die Ansicht die
Oberhand, dass dies Material nichts beweise und dass die Frage nicht spruch-
reif sei.
Die kurzen Bemerkungen Maffeis (38) über den Einfluss der Traumen
auf die Entstehung maligner Neubildungen bringen gar nichts Neues, ebenso-
wenig der Artikel Bashfords (3) ^Ist die Krebsfrage lösbar?" und Beards
"4, 5, 6) über Krebsgenese.
Campiche (11) berichtet über die Arbeitsstätten und Arbeitsmethoden
der eDglichen Krebsforschung, die er aus eigener Anschauung kennt.
In der Berliner medizinischen Gesellschaft hat eine grosse Aussprache
über das Wesen und ^ie Ätiologie des Krebses stattgefunden. Orth,v. Hanse-
mann und Israel traten zunächst als Gegner der parasitären Theorie auf.
Orth (42) hielt einen eingehenden Vortrag über den heutigen Stand
der Kenntnisse von der Morphologie der Krebse und die parasitäre Theorie,
IQ dem er leugnet , dass zur Erklärung der Krebse eine parasitäre Ursache
notwendig sei und die Forderungen aufstellt, denen die Anhänger dieser
Theorie genügen müssten, wenn sie die parasitäre Natur des Krebses beweisen
voilten. Seine Schlusssätze sind:
1. Das wesentliche bei allen Krebsen, primären wie sekundären, sind
<li€ Krebszellen ; ohne Krebszellen keine Krebsmetastasen.
2. Zur Erklärung der Metastasenbildung brauchen wir keine Parasiten,
^a reichen wachstumsfähige Krebszellen vollkommen aus.
72 Jahreaberioht f&r Chirurgie. I. Teil.
3. Eine Analogie der Krebsmetastasen mit den metastatischen Eitemngen,
Tuberkelbildnngen oder sonstigen infektiösen Granulomwnchemngen liegt nicht
vor, somit kann auch kein Analogieschlnss aaf eine parasitäre Entstehung
des Krebses gemacht werden.
4. Die gelungenen Übertragongen von Krebs auf ein anderes Individuum
können ohne Zuhilfenahme der Parasitentheorie durch die Annahme einer
durch übertragene Zellen vermittelten Metastase auf ein anderes Individuum
erklärt werden.
5. Was von Parasiten bisher beschrieben worden ist, ist noch weit ent-
fernt davon, für wissenschaftliche Theorien eine geeignete Grundlage zu bieten
oder mit anderen Worten: die parasitäre Theorie schwebt für die Krebse
immer noch völlig in der Luft.
Israel (31) bestreitet auch die Möglichkeit einer parasitären Ur-
sache der Krebserkrankung, und zwar aus biogenetischen Gründen. Er weist
darauf hin, dass bei jeder Neubildung, auch dem physiologischen Ersatz von
Defekten, der Regeneration, immer vom Körper ein Plus von Material geliefert
werde, und dass die normale Ersatzproliferation ohne scharfe Grenze in die
pathologische Wucherung in exzessivem Masse übergehe. Die Auffassung, dass
ein in eine Zelle eingedrungener Parasit diese zur Teilung anregen könne, sei
direkt falsch, die Zelle vermehre sich nicht deshalb, sondern gehe zugrunde.
Die genaueren Deduktionen müssen im Original nachgelesen werden. Der
Autor schliesst mit den Worten: ;, Wichtig für den Fortschritt ist aber, dass
wenn spezifische Krebsparasiten auch hypothetisch nicht erlaubt sind, die
kostbare Arbeit, die zu ihrer Auffindung angewandt wird, nutzlos bleiben
muss.^
V. Hansemann (25). Man sucht im allgemeinen den Krebs auf dreierlei
Weise erklären: 1. durch die Annahme einer parasitären Ursache; 2. durch
die Vererbung; 3. durch traumatische Einflüsse. Was die parasitäre Theorie
anbelangt, so sind nach v. Hanse mann die Überimpfungen von Mensch
auf Tier bisher noch nie gelungen. Die angeblich gelungenen Experimente
haben entzündliche, nicht neoplastische Geschwülste erzeugt. Die Überpflan-
zungen von Tier auf Tier sind oft gelungen (die Jen senschen Tumoren
hält aber v. Hansemann nicht für Karzinome); haben aber für das mensch-
liche Karzinom gar keine Bedeutung.
Die Beobachtungen angeblicher direkter Ansteckungen durch Krebs von
Mensch zu Mensch sind gleichfalls nicht beweiskräftig. Die Zahlen sind zu
gering und der Zufall spielt hier bei der so sehr häufigen Erkrankung auch
eine Rolle. Die angebliche Zunahme der Krebse, die auch ihre Infektions-
natur beweisen soll, erkennt v. Hansemann nicht an. Betreffs des Nach-
weises der Krebserreger fällt v. Hansemann das harte Urteil: „Man muss
sagen, dass diejenigen, die bisher die Existenz von Krebsparasiten behauptet
haben, entweder nichts von Parasiten verstehen, oder nichts von Krebsen,
oder auch von beiden nichts.^ Die Behauptung der Erblichkeit ist gleichfalls
bei genauerer Nachprüfung hinfallig. Was die Traumen als ätiologisches Mo-
ment anbetrifft, so ist v. Hanse mann der Ansicht, dass chronische, durch
Traumen hervorgerufene Entzündungsvorgänge wohl eine ursächliche Rolle
spielen können, dass aber auf diese Weise keineswegs alle Karzinome ent-
standen sein können. In Summa ist es nach v. Hansemann beim Krebs
ebenso wie bei anderen pathologischen Prozessen, d. h. es spielen Reiz und
Reizbarkeit die ausschlaggebende Rolle. Die Reize sowohl wie die Reizbar-
Yolkmann, Ailgemeine Greaehwnbtlohre. 73
sisd qnaiitaÜY und quantitativ in jedem Falle yenchieden und es ist
deshalb a priori falsch, anzunehmen, dass es eine einzige Ätiologie des
Karzinoms geben könnte ; dieselbe wird, wenn sie überhaupt einmal aufgeklärt
wird, eine yielfache sein.
Leyden (34, 35) verfocht gegen diese drei seinen bekannten entgegen-
gesetzten Standpunkt.
Er fuhrt aus, warum ihm die parasitäre Theorie die annehmbarste sei,
wezm die Ribbertsche und andere Auffassungen der pathologischen Ana-
tomen nicht genügten, und hält an seinen vogelaugeähnlichen Zelleinschlüssen
ab ursächlichen Krebserregem fest. Wesentlich Neues wird nicht vorgebracht,
sondern nur der Standpunkt präzisiert.
Die Frage wurde weiter von sehr zahlreichen Rednern beider Parteien
in fiertagiger Debatte erörtert. Ein Referat darüber ist in kurzem nicht zu
geben. Eine Einigung der Anschauungen konnte natürlich dadurch nicht er*-
zielt werden. Debatte (33).
Sc hu 11 er (48) behauptet, die von ihm gefundenen und beschriebenen
Organismen erfüllen die Postulate, welche Orth zum Beweise der parasitären
Theorie gefordert hatte, vollkommen. Er habe auch durch Injektion der Ver-
suchstiere mit den Parasitenkulturen allein (nach Abtötung der Epithelzellen)
E&rzinome erhalten. Sc hü 11 er fordert dann nochmals, dass man bei Nach-
prüfang seiner Untersuchungsergebnisse seine Untersuchungsmethode anwende,
weil nur so die Krebsparasiten zur Anschauung zu bringen seien.
Beats on (7) verteidigt auf Grund seiner Untersuchungen über das
histologische Verhalten der Karzinomzellen seine Ansicht, dass das Karzinom
lediglich eine Zellwucherung im Epithel sei, für deren parasitäre Natur nichts
spreche. In praktischer Beziehung hält er die Kastration bei Karzinomatösen
Dach wie vor für ein wertvolles therapeutisches Mittel.
Farmer, Moore und Walker (22) beschreiben und bilden ab die
in den Keimzellen der Hoden von Säugetieren regelmässig zu findenden Ge-
bilde^ welche den sogen. PI imm ersehen Krebskörperchen gleichen.
Robertson und Wade (45) behaupten, die Plasmodiophora brassicae
sei identisch mit den Krebsparasiten, die sie gefunden haben. Sie beschreiben
die Entwidcelnngsstadien dieser Parasiten.
Jaboulay (28) bringt mit seinen Bemerkungen über die Myxosporidien
der Tumoren nichts Neues.
Unnas (53) Ausführungen über die pseudoparasitären Zelleinschlüsse
des Karzinoms und die hyaline Zelldegeneration eignen sich nicht zum kurzen
Referat Zum gleichen Resultat, dass die vielumstrittenen Zelleinschlüsse der
Karzinome als Parasiten nicht gedeutet werden können, kommt Blum (8).
Feinberg (23) hat auf dem Kongress für innere Medizin in Wiesbaden
über die feinere Histologie und die Ätiologie der gutartigen und bösartigen
Epithelgeschwülste gesprochen. Er glaubt in den schon früher von ihm be-
schrieb^en Histosporidien die Erreger der Karzinome sicher nachgewiesen
m haben und berichtet, dass er die Lebensweise dies Protozoen weiterverfolgt
habe. Er nimmt an, dass die Sporenbildung dieser Parasiten in eine Zwischen-
tirt, und zwar in den in langsam fliessendem Wasser lebenden Cyklopiden
und Daphniden vor sich geht. Durch Benutzung stehenden oder langsam
liessenden Wassers infiziere sich auch (beim Baden, durch Gefässauswaschen etc.)
der Mensch mit den freischwimmenden Sporen. Das Karzinom komme vor-
74 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
wiegend in Orten vor, die an solchen stehenden oder langsam fliessenden Ge-
wässern liegen.
Die Redaktion der ^Medizinischen Klinik^ (43) hat eine Um-
frage betreffend die Ätiologie des Krebses veranstaltet und folgende Fragen
dabei gestellt:
1. Entstehung der Krebszellen;
2. Infektiosität der Krebskrankheit;
3. Massnahmen zur Bekämpfung der Krebskrankheit.
Sie veröffentlicht die daraufhin eingegangenen längeren und kürzeren
Ausführungen von Aschoff, Ziegler, Marchand, Bibbert, Czerny,
Henke und Bashford.
Von diesen Autoren ist Czerny der einzige, der die parasitäre Natur
des Krebses verficht. Die Infektiosität des Karzinoms wird von allen ge-
leugnet, nur Czerny spricht sich darüber sehr unbestimmt aus.
Shaw-Mackenzies (51) Brief betreffend die Entstehung des Gallen-
blasenkarzinoms ist unwesentlich.
Die folgende Gruppe von Arbeiten befasst sich mit der Übertragung
maligner Geschwülste von Tier auf Tier:
Ehrlich und Apolant (21) geben die Resultate ihrer Karzinoms-
übertragungsversuche von Mäusen. Sie haben in zwei Jahren die primären
Tumoren von 164 Mäusen untersucht; die Mäuse waren sämtlich weibliche
Tiere und die Karzinome, so sehr sie auch auf der Körperoberfläche ver-
streut waren, immer auf die Mamma resp. aberrierte Mammateile zurück-
zuführen. Es waren reine Adenome oder Adenokarzinome, oft mit Zysten-
bildung. 71 Primärtumoren wurden weiter verimpft. Alter und Geschlecht
der Impflinge spielten keine Rolle für das Gelingen oder Misslingen der Über-
tragung. Es ergab sich zunächst 1. dass die Virulenz eine sehr variable ist
und 2. dass (der Gegensatz zu Jensens Erfahrungen) die Virulenz sich mit
der fortgesetzten Weiterverimpfung immer mehr steigerte. Von den 71 ver-
impften Tumoren waren 10 übertragbar. Ein Stamm wurde durch 60 Gene-
rationen gezüchtet. In einem Falle wurde die Entstehung eines Sarkoms auf
dem Boden eines Karzinoms beobachtet. Der Fall wird genauer beschrieben.
Basford, Murray und Gramer (2) haben in den letzten 2 V2 Jahren
mehr als 10000 Übertragungsversuche von bösartigen Geschwülsten gemacht.
Das Material dazu stammt von 12 spontanen und 4 transplantierten Mäuse-
Karzinomen, sowie von 14 verschiedenen Karzinomen und Sarkomen von
Ratten, Hunden, Katzen und Pferden. — Nur die Mäusekarzinome haben
sich :als übertragbar erwiesen; die 900 Versuche an anderen Tieren waren
vergeblich. Die entgegengesetzten positiven Resultate, die in der Literatur
mitgeteilt werden, halten der Kritik nicht stand , da Fehlerquellen nicht aus-
geschaltet sind, über die Bashford sich genauer verbreitet und die im Ori-
ginal nachzulesen sind.
Hosemann (27) berichtet über die Verschiedenartigkeit des Baues der ma-
lignen Mäusetumoren, die alle gewöhnlich als Karzinome bezeichnet werden.
Er kommt zu dem Schluss, dass es sich meist wahrscheinlich um Endotheliome,
und zwar Saftspalten-Endotheliome handelt.
Loeb (36) hat bei Inokulationen von Tumoren bei Tieren gefunden, dass
die Virulenz des Materials mit der Zahl der Generationen, durch die der Tu-
mor gezüchtet wurde, sich insofern ändert, als sie in den ersten beiden Ge-
nerationen zu — und dann dauernd abnimmt.
Volkmann, AUgemeine Geschwulstlehre. 75
May et (39) demonstriert einen eigrossen, in den Mesenterialdrüsen
eines Hundes entwickelten, mikroskopisch noch nicht untersnchten Tumor,
Jer ,Jes characteres d'un Cancer enc^phaloide'^ zeigt. Der Tumor ist ex*-
perimentiell erzeugt und hat sich in 6 Monaten entwickelt, nachdem dem
Hunde eine filtrierte Mazeration eines gutartigen Fibroms vom Menschen in
die Leber injiziert worden war. Mayet Poncet (in der Diskussion) finden
besonders interessant, dass hier ein maligner Tumor durch Inokulation des
!ilazerats eines gutartigen Tumors erzeugt sei. Das lasse Schlüsse auf die
nahe Venrandschaft aller Tumoren zu. (? Ref.)
Derselbe (40) zeigt in einer anderen Sitzung den Fachgenossen mikro-
skopische und makroskopische Präparate eines „Cancer" (grossspindelzelligen
Tumors) Tom Hunde, der in der Milz nach Injektion eines Mazerats vom
oenschlichen Cterusmyom entstanden sein soll. Genaueres fehlt.
In einer Reihe von Publikationen an verschiedenen Orten verficht Doyen
;16— 20 etc.) seinen Micrococcus neoformans als Krebserreger und berichtet
aber die Tumoren, die er durch Injektion dieser Kulturen bei Tieren erzeugt
hat und über seine Serumbehandlungsmethode am Menschen. Das eine Mal
i'M demonstrierte er Präparate von 2 mit Micrococcus neoformans injizierten
Händen, in deren Lungen dieser Organismus eine echte epitheliale Zellwuche-
nmg und im zweiten Falle ein echtes Enchondrom erzeugt haben sollte.
Brault und Letulle wiesen in der Diskussion diese Deutung und Auffassung
ak irrtümlich zurück.
In einer späteren Sitzung der Soc. anatomique zeigte derselbe (89)
Photogramme und mikroskopische Präparate der Lungen von weissen Ratten,
in denen er experimentell Enchondrombildung hervorgerufen zu haben glaubte,
und zwar durch Injektion von seinem Micrococcus neoformans in die Bauch*
hohle der Tiere. Ausserdem glaubte er in die Lymphdrüsen der Tiere epi-
theliale Neoplasmen dadurch erzeugt zu haben. — In der Diskussion meint
Branlt, die angeblichen Enchondrommassen in den Lungen seien weiter
nichts als Schleim, und die epithelialen Zellhaufen in den Lymphdrüsen seien
oiir entzündliche Wucherungen der dortigen Endothelien. Dieser Ansicht ist
ändi Cornil.
Femer gab derselbe (18) im Progres mädical beige die Statistik seiner
Krebskranken für die Zeit vom L Oktober 1904 bis 1. April 1905. Er hat
seine Serumtherapie in 76 Fällen angewandt, und zwar 35 ohne Operation,
41 mit Operation. Das ;,Endresultat^ ist kurz : 2 Fälle blieben unbeeinflusst)
43 noch in Behandlung; ;,dans 31 cas le resultat peut etre considere, des
äajonrd'hni , comme satisfaisant.^ Von den 35 nicht operierten Fällen sind
n ^favorables^, die anderen noch in Behandlung. Das Genauere kann hier
sidit referiert werden. Er gibt folgende Schlusssätze: Viele maligne Tumoren
künnen vorteilhaft ohne Operation behandelt werden. In gewissen Fällen
bon man durch interstitielle Injektionen (des Krebsheilmittels) die Ausstossung
der Knoten und dauerhafte Vemarbung erzielen. Durch Ligatur der zu-
fahrenden Arterien kann man die Wirkung des Mittels unterstützen
Bedii^ungen für den Ersatz seiner Behandlungsmethode sind, dass der Fall
eicht allzu vorgeschritten sei, dann der Kräftezustand des Patienten noch
^t sei und dass er Geduld und Ausdauer genug habe.
Einen wenig überzeugenden Versuch, Doyens Entdeckung und Krebs-
!Khandlui^methode zu schützen und zu empfehlen macht Jacobs (29). Er
^ht eine genaue Beschreibung des Doyenschen Micrococcus neoformans, des
76 JfthrMbericht far Chiruigie. I. T«U.
Doyen sehen Verfahrens der Krebsbehandlnng und die Krankengeschic
eigenen 10 Fälle^ die er mit dem Doyen sehen Serum behandelt Ixi
Ton diesen kein einziger geheilt ist und sie alle noch in Behandlung
können sie für den Wert der Therapie nichts beweisen.
Thomson (52) berichtet kurz über Doyens Anschauungen
der parasitären Ätiologie des Krebses, seine Untersuchungen, sein Labore
und seine therapeutischen Resultate bei Anwendung der Toxine, die
Kulturen der Micrococcus neoformans herstellen lässt. Keine Kritik.
Zimmermann (55) züchtete aus den Axillardrüsen eines Mam
zinomes den Doyen sehen Micrococcus. Er ist der Meinung, dass
bei diesem Mikrococcus um eine Sekundär-Infektion der Nährböden £
Luft handle. Gergö (Bada]
Metchnikoff (41) hat im Institut Pasteur die Angaben D
betr. den Micrococcus neoformans in Krebsgeschwülsten nachgeprüft n
Organismen gefunden, deren Eigenschaften sich mit den von Doy<
schriebenen decken.
Gallois (41) hat gleichfalls die Organismen aus den Anstrichs
raten der Tumoren wachsen sehen , er drückt sich aber sehr Torsichti
Die Beobachtungszeit sei viel zu kurz, um ihm ein Urt-eil zu ermöglicl:
könne nur von einem ^Eindruck^ sprechen, den er von der Sache hab
dieser sei ;,fayorable^.
Zu einem ganz anderen, geradezu vernichtenden Urteil ist abe:
Kommission gekommen, welche von der Soc. de Chir. in Paris zur
Prüfung der Doyen sehen Angaben eingesetzt worden war. Der Re
D e 1 be t (15) gibt folgende Erfahrungen bei der Krebsbehandlung nach L
zu Protokoll: 26 Kranke wurden nach der Doyenschen Serum- Methoi
handelt, teils mit, teils ohne Operation. Die Resultate waren folgend
wesen: 1. Serumtherapie ohne Operation: 3 Fälle, 3 Verschlimmen
2. Dasselbe bei Rezidivtumoren: 7 Fälle, 5 Verschlimmerungen, 2 Fäl
verwertbar. 3. Serumtherapie mit Operation : 16 Fälle, 12 Verschlimmere
2 unverändert, 1 Lymphosarkom ohne Rezidiv, 1 unverwertbar. Aue
zeitweilige Besserungen wurden trotz langdauemder Behandlungen ni
erzielt. Endergebnis: Die Doyen sehe Krebsheilmethode ist völlig w(
weil sie keinerlei bessernde Einwirkung auf Karzinome ausübt.
Hodgson stellt auf 1 Druckseite (!) die Behauptung auf, das
einem sei eine Erkrankung des Nervensystems. Wenn im verschreit^
Alter dessen Spannkraft nachlasse, träten Karzinome auf. Die als Er
mehrfach geschilderten Körperchen seien nicht die Ursache, sondern Pro<
der Karzinoms. Die Therapie müsse auch deshalb in erster Linie
Nervensystem kräftigen (!).
Borrmann (9), der früher schon in einer ausführlichen Monogrj
die Entstehungs- und Wachstumsart der Magen- und Darmkarzinome
schrieben hatte, hat sich nun der Entstehung und dem Wachstum der l
karzinome in einer 170 Seiten umfassenden, mit 14 Tafeln ausgestati
Monographie zugewendet. Er hatte schon für das Schleimhautkarzinora
funden, dass die Annahme, dass man aus den Randpartien der Tumoren
aus den Wacbstumstellen auf den Entstehungsmodus schliessen könne, ü
sei. Wachstum und Entstehung seien zwei verschiedene Dinge und übri
wachse das Karzinom auch an den Randpartien nicht, wie vielfach noch
genommen, durch weitergehende Erkrankung der umgebenden Epithelze
YolkmanD, AllgMneioe Q«ftebwalstlehre. 77
sondern unter Verdrängung dieser aas sich selbst heraus. — Ans der opera-
ÜTen Tätigkeit zahlreicher Chirorgen stammen die 265 Fälle kleinster Haut-
^ karzinome, die Borrmann untersuchte und die im allgemeinen nicht über
2—3 cm gross waren. Das kleinste bestand nur aus ca. 40 Zellen. Borr*
mann unterscheidet das Koriumkarzinom, das im Korium entsteht und
nicht verhornt, und das Plattenepithelkarzinom, das im Plattenepithel
entsteht und verhornt. Zu den ersteren gehören nach Borrmann fast alle
in der Literatur als Endotheliome beschriebenen Tumoren.
Zunächst bespricht Borrmann detailliert das Wachstum der Korium-
karzinome und dann ihre Entstehung an der Hand der aUerkleinsten Tumoren.
Er fand, dass sie nicht wie bisher angenommen (als ^Basalzellenkarzinome^)
in der untersten Schicht des Bete Malpighi entstehen, sondern unter dieser
im Karzinom, aus dislozirten Zellhaufen, embryonal verlagerten Zellkomplexen
hervorgehen. Das Genauere muss im Original nachgelesen werden. Unter
80 Fällen von Koriumkarzinom fand Borrmann 15 mal Multiplizität der
Entstehung. Es folgt die Besprechung der Wachstumsart der Plattenepithel-
karzinome, die sich nicht durch karzinomatöse Entartung des Epithels an
ihrem Rande, sondern durch Wachstum aus sich selbst heraus und Verdrän-
gung und Substituierung der Epidermis vergrössem; dann die Entstehung
derselben, wobei Borrmann auf allerkleinste Karzinome, die in der Um-
gebnng grösserer entstanden, rekurriert (einer derselben mass nur 0,15:0,1
mm). Auch die allerkleinsten Tumoren wachsen nur aus sich heraus
und nicht unter Beteiligung des umgebenden Epithels. Sie entstehen, indem
ein isolierter, versprengter, von vornherein selbständiger Zellenhaufen anfängt
zn wachsen. Dem Einwachsen des Epithels in das Bindegewebe geht, wie
Ribbert betont, immer eine entzündliche Veränderung des Bindegewebes
voraus;' nie wächst das Epithel ohne diese primär in das Bindegewebe ein.
Den Uranfang der Karzinome stellen aber immer kleinste Zelldystopien dar;
die parasitäre Theorie des Krebses ist mit diesen Ergebnissen unvereinbar.
Wahrscheinlich stammen die meisten dieser Dystopien aus embryonaler Zeit.
Ailes Nähere siehe das Original, bezw. die zahlreichen vorzüglichen Zeichnungen.
Borrmann (10) kommt dann noch einmal auf seine Auffassung der
Krebsentstehung zurück und betont, dass es ein Fehler sei, immer das Wachs-
tum und die Entstehung des Krebses durcheinander zu werfen. Die Wachs-
tamsfrage sei ziemlich geklärt, die Entstehung noch ganz unklar, weil Kar-
zinome, die wirklich im ersten Entstehen sind, eben nicht zur Untersuchung
ZQ kommen pflegen, und aus dem Wachstum auf die Entstehung zu schliessen,
sei falsch.
Goebel (24) hat während 6 jähriger ärztlicher Tätigkeit in Alexandrien
TJelfach Gelegenheit gehabt, die Bilharziakrankheit zu beobachten. Seinen
früheren Publikationen über diese Erkrankungen fügt er jetzt seine Beob-
achtungen über Blasentumoren an, die durch Bilbarzia erzeugt sind und die
er operiert hat. Er beschreibt zunächst 15 gutartige Geschwülste, von denen
13 als Granulationsgeschwülste, 2 als Zottenpolypen bezeichnet werden müssen
und die oft zugleich mit Steinbildung und schwerer Zystitis vorkamen. Die
malignen Tumoren waren ausschliesslich Karzinome der Blase, von den
18 Tumoren waren 6 solide Karzinome und 12 Kankroide. Dazu kommt
ein zweifelhafter Fall von Sarkom. Den Kankroiden ging stets ein leuko-
plakieartiger Zustand der Blasenschleimhaut voraus. Die Bilharziawürnier
^d ihre Eier wurden in den Tumoren gefunden. Goebel sieht in den
78 Jahresbericht fOr Chirurgie. L Teil. .
Bilharziakarzinomen der Blase ein Analogon zu den Narben-, Kuss-, P^
etc. Krebsen, also den ^Reizkarzinomen^. Sie sprechen gegen die par
Krebstheorie. Den Übergang gutartiger Bilharziatumoren in bösarti«
Goebel nicht beobachten können. Dreizehn Tafeln mit Abbildunge
der Arbeit beigegeben.
II. Histoiog^ie der Geschwülste.
56. Bashford, The growth of Cancer. Lancet I. lY. 1905.
57. Bindi, Da tissu ^lastique dans les tameara. Rev. de chir. 1905. Nr. 7.
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62. Fischer, Embryom der Wade. Münch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 38.
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prat. 1905. Nr. 7.
65. *Henke-Miodowski, Über die fragl. Fähigkeit gewisser Hefestftmme, Neubilc
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66. Hoffmann, Vorkommen von Spirochäten bei ulzerierten Karzinomen. Berlin e
Wochenschr. 1905. Nr. 28.
67. '''Kirchner, Bösartiges Endotheliom. Deutsche militärftrztl. Zeitschr. 1905. Hei
68. Mal herbe, A. et Mal herbe, H., Becherches sur le sarcome. Le Progrös m^d.
Nr. 19.
69. Milne, Golloid Carcinoma. Brit. med. Joum. 1905. Oct. 14. p. 925.
70. Monte errat, Garcinoma. Med. Press 14. VI. 1905.
71. *Moore-W alker, On the behaviour of leucocytes in malignant growths. The I
1905. August 5.
72. Neu borg, Ghemisches zur Karzinomfrage. Berl. klin. Wochenschr. 1905. Nr. 5
73. Petersen-, Zur Histologie der Schleimhautkarzinome. Berl. klin. Wochenschr.
Nr. 19. p. 580.
74. — und Golmers, Anatomische und klinische Untersuchungen über die Magen-
Darmkarzinome. Beitr. z. klin. Ghir. XLIII. Heft 1.
75. Pick, Der Schilddrüsenkrebs der Salmoniden (Edelfische). Berliner klin. Wochei
Nr. 46.
76. '''Pick, Zur Frage der Entstehung des Ghorioepithelioms etc. Yirchows Arch. I
77. Ritter, Die Ursachen der Nekrosenbildung im Karzinom. Berl. klin. Wochenschr.
Nr. 19. p. 580.
78. — G., Die Ursache der Nekrose im Krebsgewebe. Arch. für klin. Ghir. Bd. 77. Hc
79. Romme, La cellule canc^reuse. La Presse m^d. 1905. Nr. 31.
80. ^Schmidt, Die Verbreitungswege der Karzinome und die Beziehung generalisi
Sarkome zu den leukämischen Neubildungen. Jena 1903. Gnst. Fischer.
81. Sternberg, Zur Kenntnis des Ghloroms. Zieglers Beitr. zur path. Anat XXX
Heft 3.
Petersen und Colmers (74) bringen eine grosse, mit vielen Ta
und Textabbildungen versehene, eingehende Studie über die Histologie i
Klinik der Magen- und Darmkarzinome auf Grund der Untersuchungen
66 Magen-, 22 Kolon- und 212 Rektumkarzinomen der Heidelberger Klii
Das 200 Seiten starke Buch lässt sich in kurzem nicht referieren. Di
mögen die wichtigsten der Schlusssätze, in die die Verff. ihre Resultate
sammenfassen, hier angeführt werden:
;,Das periphere Wachstum des Magen- und Darmkarzinoms erfolgt ni^
dui'ch eine fortschreitende, krebsige Entartung der benachbarten Drüs
Volkmann, Allgemeine Geschwnlstlehre. 70
(multizentrisch), sondern ganz überwiegend durch Yermehrong der Tumor*
elefflente ans sich heraus (unizentrisch). — Es gibt verschiedene, wohl charak-
terisierte Formen des peripheren Wachstums: a) das expansive, b) das in-
filtrierende, aa) das interglanduläre, bb) das intragkmduläre Wachstum.
a und aa sind leicht als unizentrisch zu erkennen, bb ist sehr ver¥rickelt
und schwer zu deuten ; es erzeugt mannigfache Täuschungsbilder .... Wegen
des überwiegend unizentrischen Wachstums sind die Randpartien der Magen-
und Darmkarzinome zu histogenetischen Studien nur mit allergrösster Vor-
sicht zu benutzen ; es bleiben jedoch einige Bilder übrig, die für eine primäre
krebsige Entartung des Epithels ohne wesentliche Beteiligung des Bindegewebes
sprechen. — Die Verbreitungswege des Karzinoms sind sehr verschieden beim
Magen, Kolon oder Rektum ; innerhalb desselben Organs sind sie wieder sehr
verschieden je nach der anatomischen Form des Karzinoms. Das Magen-
karzinom verbreitet sich mit Vorliebe innerhalb der Magenwand selbst und
zwar oft sehr weit über die makroskopischen Grenzen hinaus. Es bevorzugt
dabei die kleine Kurvatur; sehr häufig überschreitet es auch den Pylorus.
Das Kolonkarzinom bleibt sehr lange auf umschriebene Stellen der Darm-
vand beschränkt. Das Rektumkarzinom dehnt sich innerhalb der Darmwand
gleichfalls nur relativ wenig aus, dagegen dringt es ziemlich frühzeitig in
das pararektale Gewebe ein. Innerhalb der Magen- und Darmwand wächst
das Karzinom fast ausschliesslich kontinuierlich; auf die Lymphdrüsen da-
gegen springt es häufig diskontinuierlich über Die verschiedenen ana-
tomischen Karzinomformen zeigen bezüglich ihrer Malignität im Magen nur
geringe, im Rektum dagegen sehr bedeutende Unterschiede. Beim Rektum-
karzinom muss daher die durch Probexzision festzustellende anatomische Form
bei der Indikation zur Operation unbedingt mit herangezogen werden
Nicht von jedem zurückgelassenen Karzinomherd muss unbedingt ein Rezidiv
ausgehen ; es spielen die Heilungsvorgänge beim Karzinom eine grössere Rolle,
als bisher angenommen wurde Die Rezidivfrage fällt nicht stets
zusammen mit der Drüsenfrage Die Wachstumsverhältnisse des
Magen- und Darmkarzinoms erscheinen bis jetzt unvereinbar mit einer parasi-
tären Ätiologie.*'
Einen Auszug aus dieser Arbeit trug Petersen (73) auf dem Chirurgen-
kongress vor.
Pick (75) gibt die Beschreibung und Abbildungen eines endemisch auf-
tretenden Kaltblüterkarzinoms, des Schilddrüsenkrebses bei Salmoniden (Bach-
saibling).
Neubergs (72) Mitteilungen über normale fermentative Vorgänge beim
Krebs in seinem Vortrag ;, Chemisches zur Karzinomfrage^ müssen im Original
Dachgelesen werden.
Montserrat (70) schlägt in kurzen Sätzen vor, die Tumoren rein
morphologisch zu bezeichnen und Namen wie Endotheliom etc. fallen zu lassen.
Alle Nomenklaturen, die vom rein morphologischen Prinzip abwichen, wirkten
nnr verwirrend. Der Bezeichnung Karzinoni resp. Sarkom solle man dann,
wenn das Muttergewebe nachweisbar sei, die histogenetische Eigenschaft des
betreffenden Tumors in einem entsprechenden Adjektivum hinzufügen.
Ritter (77, 78) bringt eine interessante Studie über die Nekrosen-
bildong im Karzinomgewebe. Die Art und Ursache der Nekrosenentstehung
ist nach Ritter trotz der sehr zahlreichen Erklärungsversuche noch ganz
unerklärbar, wenn man nicht annimmt, dass ein parasitäres Agens im
80 Jahresbericht fttr Chirai^e. I. Teil.
Zentrum des NenbUdimgsberdes ebenso einen deletaren Einflnss anf die Ge-
Schwulstzellen ausübt, wie dies im Zentrum der tuberkulösen und syphilitischen
Herde der Fall ist. Nach Ritter ist das Karzinom den infektiösen chroni*
sehen Granulationsgeschwülsten insoferne analog, als man es auffassen kann
als eine durch parasitäre Schädigung erzeugte Reaktion des Epithels. Also
nicht die Krebszellen seien das zerstörende Element, sondern der Parasit.
Die Epithelwucherung sei ein reaktiver Vorgang des Organismus und nicht die
Krankheit selbst. Damit stimme überein, dass oft in der Peripherie der Krebs-
herde jede reaktive Abwehrmassregel des Organismus fehle, was unbegreiflich
sei, wenn die Krebszellen selbst das schädigende Element wären. Ritter
stellt sich den Vorgang so vor, dass der hypothetische Parasit das Epithel
zur Nekrose bringe, doch versuche das Epithel durch reaktive Wucherung
dagegen anzukämpfen. Daher zentraler Verfall und periphere Wucherung.
Die Art der Nekrosenbildung wird sehr detailliert beschrieben (Mammakarzinom)
und ausführlich dargelegt, weshalb alle früheren Erklärungen der Nekrotisierung
im Karzinomgewebe (Zirkulationsstörungen, Druck; verminderte Vitalität etc.)
zur Erklärung nicht hinreichten. Ritter behauptet nicht, dass der Parasi-
tismus sicher, oder dass gar der Parasit schon gefunden sei, aber er hält die
Nekrosenbildung im Krebsgewebe für eine Erscheinung, welche kaum anders
als durch Annahme einer parasitären Ursache der Erkrankung erklärt werden
könne.
Hoff mann (66) hat bei drei ulzerierten Karzinomen (1 Zervixkarzinom
und 2 Hautkrebsen) in der sezemierten Flüssigkeit Spirochäten, und zwar
sowohl die Refringens als auch die Pallida gefunden. Er rät auf derartige
Vorkommnisse zu achten.
Rommes (79) kurzer Aufsatz betreffs der parasitären Natur des Kar-
zinoms referiert nur mit Erstaunen die Ansichten der in der Berliner Dis-
kussion aufgetretenen Gegner der parasitären Theorie: Orth, v. Hanse-
mann, Israel und die von Marchand, Aschoff, Ziegler, Ribbert
u. a. gesandten Antworten an die Redaktion der ;,Mediz. Klinik^ in der Um*
frage (s. Nr. 43!).
Mi Ine (69) hat bei einem 13 jährigen Jungen ein Kolloidkarzinom des
Rektum beobachtet, an dem der PiBitient starb.
An einer Anzahl Tumoren verschiedener Art (2 Angiomen, 5 Fibromen
und Sarkomen, 5 Karzinomen der Mamma, Haut und Zunge) hat Bindi (57)
das Verhalten der elastischen Fasern studiert. Er fand, dass das elastische
Gewebe in Angiomen nur an den grösseren Gefässen und in der Kapsel des
Tumors vorkommt; in den Bindegewebstumoren ist es sehr spärlich, ebenso
in den Karzinomen, wo es nur in den Bindegewebssepten vorkommt und aus-
nahmsweise in den in diesen Geschwülsten oft enthaltenen Herden kleinzelligen
Gewebes.
Einen äusserst interessanten Fall von echtem primärem Embryom der
Wade beschreibt Fischer (62) und er erörtert in sehr klarer Weise die
bisherigen Theorien über die Enlstehung der Embryome. Fischer kommt
zu dem Schlüsse, dass es drei Möglichkeiten für die Entstehung von Embryomen
gibt: 1. aus befruchteten Polzellen (sehr unwahrscheinlich); 2. aus verlagerten
Blastomeren (Marchand-Bonnet); 3. aus Geschlechtszellen. Vielleicht be-
stehen alle drei Möglichkeiten. Die genaue Analyse seines Falles führt ihn
zu dem Schlüsse, dass dieser Fall ausschliesslich durch die Marchand-
Bonn et sehe Blastomeren -Theorie erklärbar ist, und dass es in dieser Be-
Volkmann, Allgemeine Geschwalstlehre. 81
re^DBg ein Unikum darstellt. Der Aufsatz ist ausserordentlich klar und
Qbtneagend geschrieben.
Farmer-Moore (61) hat in drei Fällen von beginnendem Karzinom
g^fonden, dass die Leukozyten massenhaft in die Epithelzellen an der Grenze
drr Wacherung eindrangen und dass diese Epithelzellen dann allmählich in
KarzinomzeUen übergingen, indem oft gleichzeitige Karyomitose der Epithel-
zelle imd der eingeschlossenen Leukozyten erfolgte (!).
Ernst (60) hat systematisch die Yerbreitungsart des Karzinoms in den
Ljmphbahnen der Nerven studiert und berichtet die interessanten Ergebnisse.
Die Krebszellen brechen in das Perineurium ein und wachsen genau den
Lmphspalten entsprechend, wie durch Kontrollversuche mit Farbinjektionen
der Nervenscheiden festgestellt wurde ; meist in Form einer einfachen , kon-
tinuierlichen Krebszellplatte an der Innen- und an der Aussenwand des
ringförmigen Spaltramns. Die Endothelzellen gehen dabei allmählich passiv zu-
gnmde. Die Markscheiden der Achsenzylinder werden dadurch zum Schwund
Erbracht und Ernst wirft die Frage auf, ob nicht dieser Markverlust der
Nrrven die heftigen Neuralgien bei Krebskranken bedinge. Wenn die heftigen
Schmerzen Krebskranker so zu deuten wären, so würde das prognostisch
richtig sein für die Behandlung des Karzinoms. — Li der folgenden Dis-
hssion meint v. Her ff, dass die Annahme sehr wahrscheinlich sei und
dass man dann bei den so viel Schmerzen verursachenden Uteruskarzinomen
innehmen müsse, dass die Plexus ischiadici bereits erkrankt seien — ein
Fingerzeig, dass die radikalen Versuche weitgehendster Ausräumung vergeb-
lich sein mnssten, da wir die Plexus doch nicht entfernen können.
M. und H. Malherbe (68) haben nach dem Referat im Progr^s medical
fin Sarkomwerk (1. Band 609 Seiten) verfasst, das mir im Original nicht
Torgelegen hat. Es soll das einzige Werk sein , das in dieser Vollkommen-
h^rit das Sarkom behandelt.
An dem Fall von Chlorom, den Sternberg (81) beschreibt, ist be-
f<:iDder8 bemerkenswert eine starke Beteiligung von Knochenmarkselementen
i:i der Zusammensetzung der Tumoren. Sternberg unterscheidet deshalb
eine Ijmphoide und eine myeloide Form des Chloroms (Ghlorolymphosarkom
ind Chloromyelosarkom).
Cornil und Coudray (59) handeln kurz über einige Riesenzellen-
sarkome in histologischer und klinischer Beziehung. Sie betonen die Wichtig-
keit der Probeexzision. Weim man Spindelzellbau mit Riesenzellen findet,
iunn man zunächst konservativ operieren; falls es sich aber um Rundzell-
sarkome mit Riesenzellen handelt, soll man sofort ganz radikal operieren.
Coenen (58) beschreibt vier maligne Gaumengeschwülste, die er als
Adenokarzinome (nicht als Endotheliome) bezeichnet und auf kongenitale
Keim?erlagerungen zurückführt.
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105. Landau, Krebs und Sarkom am gleichen Menschen. MOnch. med. Wochenschr.
Nr. 14.
106. ^Legres, Les rayons de Roentgen et le traitement du Cancer. Bull, de TAcj
m^. 1905. Nr. 34.
107. Lewin, Stoffwechseluntersuchungen bei Karzinomatösen. Deutsche med. Wo
sehr. 1905. Nr 6.
108. *Marie, L*agglutination du microbe de Doyen. Soc. anat. de Paris 1905. Nr. '
109. Moldovan, Kongenitale Sarkom- und Fibrombildung der Haut. Prager med. W^o
sehr. 1905. Nr. 29 und 30.
110. Oberndorfer, Über Multiplizität von Tumoren. MQnch. med. Wochenschr.
Nr. 31.
111. Owen, The "eure" of Cancer. Lancet 15. IV. 1905.
112. Pulvermacher, Fall von primärem Sarkom des Beckenbindegewebes. Zentral
Gyn. 1905. Nr. 2.
113. Pusey, X-ray in Carcinoma. Ann. of Surg. 1905. Dec.
114. Rah au d, L'amnios et les productions cong^nitales. Arch. g^när. de m^d. 1905. N
115. Richards, Morbid growths, with a Suggestion or to treatment. Lancet 1905. Sep
116. Richter, Zur Kasuistik der multiplen primären Karzinome. Wiener klin. Woi
sehr. 1905. Nr. 33.
117. Robson, Krebs und seine Behandlung. Allg. med. Zentral-Zeitg. 1905. Nr. 46 u
118. Rosenbach, Ejisuistischer Beitrag zur Multiplizität primärer E[arzinome. Vircii
Arch. 179, 3.
119. Schkarin, Rflckbildung von Neoplasmen nach operativen Eingriffen. Prager
Wochenschr. 1905. Nr. 37 und 38.
120. Schiff, Über nichtoperative Behandlung von Epitheliomen. Wiener med. Presse 1
Nr. 14.
121. Schmidt, Weitere Resultate einer spezifischen Therapie des Karzinoms. Mflnch. i
Wochenschr. 1905. Nr. 3. p. 143.
122. ^Sohmincke, Zur Kasuistik primärer Multiplizität maligner Tumoren. Yircho
Arch. 183, 1.
123. Shoemaker, Sarcoma of pelvic organs not controUed by the x-ray or by col
fluid. Annala of Surg. 1905. July.
VolkmanDf AllgemeiDe Geschwulsilehre. 83
1% Steiner, Paul, Beiträge zar Statistik des Krebses, mit besonderer Rflcksicht der
Dtnererfolge durch die operative Behandlung an der chirurgischen Universitfttsklinik
Nr. I zu Budapest (Direktor Prof. Dr. Julius D ollin ger). Orrosi Hetilap 1905.
Nr. 40-44.
125. *Stieker, Infektion and krebsige Geschwülste an den äusseren Geschlechtsorganen
des Hundes. Langenbecks Arch. Bd. 78.
126. Swoboda, Ober Selbstheilung von Angiomen. Medizin. Blätter 1905. Nr. 10 und
Wiener klin. Wochenschr. Nr. 8.
127. Tedeschi, Les difförentes albnmines et les Behanges nntrifs dans les n^phrites et
le eancer. La Sem. mM. 1905. Nr. 44. p. 522.
1^ Tei ssier, Rhumatisme chroniqne et Cancer. Lyon m^. 1905. Nr. 17. p. 935.
129. Toffier, Les sönuns non sp^ifiques dans le traitement des tumeurs. Presse m^.
1905. Nr. 4.
190. *Viilar, Plaralit^ de n^plasmes chez la mdme malade. Jonm. de m^d. de Bord.
1905. Nr. 12. p. 202.
ISl Werner, Berechnung des .absoluten Heilprozentes* in der Statistik der Uterus-
karzinome. Zentralbl. f. Gyn. 1905. Nr. 1.
131 Wiesner, Moderne medikamentöse Behandlung des Krebses. Wiener klin. Rondschatt
19(fö. Nr. 42.
In einem Sammelreferat yod Wieener (131) ist eine Übersicht über
die moderne medikamentöse BehandluDg des Krebses gegeben. Als Heilmittel
sind Tor allem versacht worden : Natrium kakodylicmn, Arrhenal, Nektrianin^
Chinin, snlfomariat., Lysol, Osmiumsäure, Muzin, Ameisensäure, Formaldehyd,
Thyreoidin mit Kastration, Adrenalin, Hemisin, Doyens „Heilserum^, Eosin,
lokale Erfrierung durch Ghloräthyl, flüssige Kohlensäure und flüssige Luft,
Natrium hydrocarbonicum, die Arsenikpasten, die Radi umstrahlen. Als an^
äbthesierende, roborierende und sekretionshindemde Mittel sind noch empfohlen
vorden: Glykogenal, Calcium chlorat. pur. cryst., Wasserstoffsuperoxyd, Ortho-
form, Eukain, Dionin, Xeroin, Anästhesin. Aspirin, Pyramiden, Veronal. —
Das Sammelreferat umfasst nur einen Teil der betreffenden Literatur; so
fehlen die Versuche der Serumbehandlung und Antitoxinbehandlung (z. B. der
Franzosen), das Kankroin« die Röntgentherapie, die Trunezeksche und
Kellingsche Methode etc., dennoch zeigt schon diese Zusammenstellung die
Vielseitigkeit der Krebsheilversuche.
Über die Krankheiten, die dem Krebs vorangehen, sprach v. Berg-
mann (87) mit Krankendemonstration. Er behandelt die Narben-, Paraffin-,
Psoriasis-, Lupas-, Fistelgangkrebse etc. und die Beziehung der Maler zu den
K&mnomen. Nichts Neues.
Palvermacher (112) berichtet über ein primäres Sarkom des Becken-
bindegewebes (Ligam. latum), das in der Landau sehen Klinik exstirpiert
vnrde, bald rezidivierte und zur Obduktion kam. Es handelte sich um ein
grosszeUiges Spindelzellsarkom, das in keiner Beziehung zum Uterus oder den
Adnexen stand. Pulvermacher zitiert eine Arbeit von P. über primäre
^rkome des Lig. latum und meint, dass bisher 16 Fälle dieser Erkrankung
beobachtet worden seien.
Die Ausführungen Werners (131) über Berechnung des absoluten Hei-
longsprozentes in der Statistik der Uteruskarzinome wenden sich gegen die
Terschiedenartige Berechnungsweise der Autoren, die unvergleichbare Zahlen
^ebe. Er macht Vorschläge, die im Original nachgesehen werden müssen,
md die darin gipfeln, dass die Statistiken nicht Heilungsprozente, sondern
folgende vier Zahlen geben sollten :
6*
84 Jahresbericht fftr Chimripe. I. Teil.
1. Zahl der aufgenommenen Patienten;
2. Zahl der operierten Patienten;
3. Zahl der primär gestorbenen Patienten;
4. Zahl der (nach 5 Jahren) danernd geheilten Patienten.
Wie die Verschollenen etc. eingereiht werden sollen, darüber verbreitet
sich Werner genauer. Ans diesen vier Zahlen lassen sich die Prozente
leicht berechnen und von Laien nachrechnen.
Einen Fall von Anto-Inoknlation von Sarkom (Kontakt-Sarkom des Ober-
kiefers nach primärem Sarkom des Unterkiefers) teilt Duronx (95) mit.
Der primäre Tumor war eine periostale Neubildung des Alveolarfortsatzes
gewesen. Über den histologischen Befund ist nichts mitgeteilt.
Hör and (101) stellt eine noch in Behandlung befindliche Kranke mit
inoperablem Mammakarzinom vor, die er mit Injektionen von Trypanrot
behandelt und gebessert hat. Er beobachtete jedesmal nach den Injektionen
bedeutende Leukozytose. Das Allgemeinbefinden hat sich gebessert, der Tumor
verkleinert. Kein Endresultat.
Rabaud (114) wendet sich in einer eingehenden Untersuchung gegen
die Theorie G. St.-Hilaires, nach der die von ihm als Entwickelungshem-
mung aufgefassten Monstrositäten, Teratome und kongenitalen Abnormitäten
durch den Einfluss des Amnions (Verwachsungen, Druck etc.) verursacht sind.
Rabaud weist nach, dass die Abnormitäten des Amnions nur mechanische
Hinderungen und pathologische Veränderungen hervorrufen könne, aber nie-
mals die Differenzierung der Gewebe und Organe oder deren Wachstumsrich-
tung beeinflussen könne.
Betreffs der verschiedenen Sera die zur Behandlung von Karzinom emp-
fohlen werden und speziell betr. des Löffl ersehen äussert sich Tuffier
(129) kurz dahin, dass alle nicht spezifischen Sera zeitweise eine vorüber-
gehende Verkleinerung von Tumoren herbeiführen könnten, weil sie alle eine
Leukozytose verursachen. Es sei ganz gleichgültig, ob man einem Krebskranken
Diphtherieserum oder Tetanusserum oder ein Krebsserum einspritze, die
Wirkung sei immer die gleiche; ein auf die Dauer günstiger Einfluss werde
von keinem einzigen Präparat auf das Karzinom ausgeübt.
Brault (89), Professor der Mediz. Schule in Algier, tritt der von meh-
reren deutschen Autoren aufgestellten irrigen Behauptung entgegen, dass die
eingeborene farbige Bevölkerung tropischer Länder nicht oder nur extrem
selten von der Krebskrankheit befallen werde. Er hat selbst unter der musel-
männischen Bevölkerung Algiers in den letzten 10 Jahren 16 Fälle von ma-
lignen Tumoren, und zwar 13 Krebse und 3 Sarkome beobachtet und er
bringt von einigen Fällen Photogramme. Er ist überzeugt, dass bei genauer
Führung der Statistik die Zahl der Erkrankungen bei der farbigen Bevölke-
rung sich als gamicht so klein zeigen werde, um so mehr als bis jetzt die
Frauen so gut wie nie zur Untersuchung und Behandlung kommen.
Otto Schmidt (121), der schon früher über seine Krebsheilmethode (Im-
munisierung mit einem aus malignen Tumoren in Reinkultur gezüchteten Para-
siten) berichtet hat, bringt weiteres Beobachtungsmaterial. Von 40 Fällen
sollen 3 geheilt sein. Die Tumoren waren inoperable Rezidive untersuchter
Karzinome. Detaillierte Daten fehlen.
In der Diskussion äussert Dreesmann seine lebhafte Bedenken be-
treffs der Beweiskraft der Mitteilung. Zeitweiliges Schwinden der Tumoren
Yolkmann, Allgemeine Geschwalstlehre. 85
bedente noch keine Heilung. Zudem sei klinisch manches Berichtete sehr
ioffallend. Genaueres siehe Original.
Dollinger (93) publiziert kurz die Dauerfolge der operativen Krebs-
behandlung in seiner Klinik. 1897 — 1901 wurden 226 Krebse operiert. Von
den einmal operierten sind auf 3jährige Rezidivfreiheit berechnet 41,937o
geheilt worden, auf 5 jährige berechnet 41,93%, also hat die gleichen Zahlen«
Bei den mehrfach operierten sind die betreffenden Zahlen 32 Vo und 38%;
alle zusammengerechnet: 40% und 41,25 ^/o. Bemerkenswert ist, dass die
Mammakarzinome, als nur die Pektoralfaszie entfernt wurde, nur 16 ^/o
Heilnngen ei^aben; später, als der Muskel radikal entfernt wurde, 41,17 ^/o»
Fuld (97) hat sich der grossen Mühe unterzogen, die Angaben Kellings
•5. frühere Jahrgänge !) über eine Serumreaktion bei Krebskranken nachzuprüfen
und zwar in 16 Fällen. Das Ergebnis — über die Details kann hier nicht
berichtet werden — ist, dass er bei peinlicher Innehaltung der Kelling-
schen Vorschriften ;,die Existenz der von ihm als charakteristisch für das
Serum Krebskranker angegebenen (und sogar als diagnostisch wertvoll ange-
sehenen) Reaktion in keinem Falle mit Bestinmitheit, höchstens in einem
Falle andeutungsweise feststellen konnte''.
Darauf antwortet Kelling (104) in einem langen Aufsatz, der sich
koiz hier nicht referieren lässt. Kelling schliesst: „Ich kann als Resultat
mit Sicherheit behaupten, dass es Fälle von Karzinom gibt, bei denen im
Blute eigentümliche Präzipitine kreisen, die bestimmte Beziehungen zu einem
dem menschlichen Körper fremden Art Ei weiss aufweisen; ferner, dass man
diese Reaktion bei anderen Krankheiten nicht findet und dass man auf die
Reaktion hin, wenn sie bei einwandsfreier Technik deutlich zutage tritt,
okkiilte Karzinome mit Sicherheit diagnostizieren kann. Hingegen beweist der
negativen Ausfall der Reaktion nichts gegen das Bestehen eines Karzinoms.^
Hiergegen wendet sich Fuld (104) nochmals in einem polemischen
Artikel.
Keetley (103) glaubte eine genügende Prophylaxe gegen Karzinome im
Interesse des Einzelnen und der Allgemeinheit in folgenden Regeln zu finden :
1. Sterilisation aller Nahrung, Sauberkeit der Küche. 2. Vernichtung aller
Produkte, die von ülzerationen stammen (Sekrete, VerbandstoflFe etc.). 3. Früh-
zeitige gründliche Operation der diagnostizierten Fälle. 4. Enthaltung von
köq)erlichen Berührungen Anderer nach Möglichkeit. 5. Enthaltung von
Alkohol, Tabak und allen reizenden Nahrungsmitteln, die den Boden des
Digestionsapparates durch chronische Alteration zur Krebserkrankung emp-
iai^iich machen könnten.
Aus der Heidelberger Klinik berichtet Arnsperger (85) über 11 Fälle
^on Karzinomrezidiven, die 6—19 Jahre nach der Entfernung des Primär-
tnmors aufgetreten waren.
Teissier (128) weist auf das häufige ZusammentreflFen von chronischen
Rhenmatismus und Karzinom hin; über die Art des eventuellen Zusanunen-
^ängs wird aber in der kurzen Mitteilung nichts Genaueres gesagt.
Owen (111) bringt eine wertlose Mitteilung über einen Fall von mehr-
{acb operiertem Mannnakarzinom, der schliesslich geheilt wurde.
Hirschberg (100) hat an sich selbst die Abheilung eines Epithelioms
der Ohrmuschel (nicht mikroskopisch untersucht) durch Sonnenstrahlung während
«ines winterlichen Aufenthalts in der Umgebung von Genf erlebt ; er richtet
86 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
die Aufmerksamkeit der Dermatx)logen auf die auch für derartige Affektionen,
wie er meint, segensreiche Einwirkung der Winterkuren im Hochgebirge«
Andrews (84) will eine mathematische Formel gefunden haben, nach
der man ausrechnen kann, welche Chancen der einzelne Fall von Karzinom
hat, durch Operation geheilt zu bleiben oder nicht. Einige Messungen ge-
Ikügen ihm, um das festzustellen. (!)
Curl (91) bildet zwei Fälle von Elephantiasis der Beine und des Ge-
sichts ab, ersteren vor und nach der sehr erfolgreichen Behandlung, die in
Exzision von grösseren Stücken der Haut und der Subkutis in mehreren
Sitzungen bestand.
Gullan (98) hat zwei Fälle von Morbus Addisonii Suprarenin angewandt,
und sehr günstige Einwirkung davon gesehen. Er ist überzeugt, dass die
Fälle, bei denen die Nebennierenerkrankung das einzig Wesentliche ist, die
Suprareninbehandlung helfen eventuell heilen kann; dass aber bei stärkerer
Erkrankung des Plexus symphathicus, die nur in einem Teil der Fälle vorliegt,
die Suprareninbehandlung versagen wird.
A. Fraenkel (96) hat die vielfach verbreitete Annahme, dass Paralyse
und Karzinom sich gegenseitig ausschlössen, an 1744 Obduktionsprotokollen von
Paralytikern nachgeprüft und gefunden, dass 5 Fälle von Karzinom dabei
waren ; dies ist aber doch eine erstaunlich geringe Zahl. Der Grund, warum
Paralytiker so selten an Karzinom erkranken, sieht Fraenkel in der Tat-
sache, dass die Paralytiker durchweg an schwerer vorgeschrittener Arterio-
sklerose und konsekutiven Herzveränderungen leiden, während es für die Kar-
zinomkranken im Gegenteil charakteristisch ist, dass ihr Herz- und Blutge-
fässapparat intakt und meist besonders gut und kräftig entwickelt ist. Bei
Karzinomkranken (die noch nicht kachektisch sind) findet man fast eine
Ateriosklerose. Benecke hat bei systematischen Untersuchungen festgestellt,
dass für die Konstitution der an Karzinom Verstorbenen charakteristisch ist :
1. Kräftig entwickeltes Herz; 2. weites oder zu weites arterielles System;
3. relativ engePuImonalis; 4. kleine oder zu kleine Lunge; 5. gut entwickelte
Leber; 6. kräftiges Muskel- und Knochensystem. Also ein diametraler Gegen-
satz zur phthisischen Konstitution und zur Konstitution der Paralytiker, die
demnach zur Krebserkrankung nicht prädestiniert sind.
Die K. K. Gesellschaft der Arzte in Wien (102) hat ein Karzinom-
Komitee gewählt, welches in der „W.Kl.Wochenschr.'^^einen Aufruf an die prak-
tischen Ärzte erlässt, in dem auf die grosse Bedeutung der Frühdiagnose und
Frühoperation des Karzinoms eindringlich hingewiesen wird. Der allgemeinen
Begründung folgt eine Besprechung der einzelnen Karzinome und Körper-
regionen und der Symptome, welche bei der Erkrankung der einzelnen Organe
an Krebs denken lassen müssen.
Der Vortrag von Schiff (120) über nicht operative Therapie der Epi-
theliome ist kurz und bringt nichts Neues.
Robson (117) hat seine „Bradshaw Lecture" auch in der deutschen
Sprache erscheinen lassen unter dem Titel „Der Krebs und seine Behand-
lung**. Es ist ein referierender Vortrag.
Bei zwei tödlich verlaufenen operierten Fällen von multiplen Peritoneal-
sarkommetastasen hat Schkarin (119) eine auffallend rasche Rückbildung
von Tumormassen nach der Probelaparotomie gesehen. Er ist überzeugt,
dass im Anschluss an die Operation ein rascher fettiger Zerfall der Tumoren
Yolkmann, Allgemeine Geschwalstlehre. 87
r-Li^etreten ist, da er in den Präparaten des einen Falles fettige Degene-
ration der Sarkommassen fand.
Shoemaker (123) veröflFentlicht einen Fall von Unterleibs-Spindelzell-
sarkom« der ihm deshalb interessant erscheint, weil er durch Röntgenstrahlen
ond Coleys Toxinbehandlung nicht geheilt wurde (! (Ref.)
In einer Krebsdebatte in New-York (^9) sprach Harwey zuerst über die
Bü&g zn beobachtende Spontanheilung des Karzinoms bei Mäusen und über
den entwickelungshemmenden Einfluss, den normales Blutserum auf inoku-
lierte Krebse aasübe.
Coley macht darauf aufmerksam, wie oft offenbar bereits infizierte
Lymphdrüsen zurückgingen, wenn nur der Primärtumor entfernt werde, also
eine Spontanheilung. Frederic, Dunning und Noble wollen jeder einen
Fall Ton völliger Spontanheilung eines festgestellten Karzinoms gesehen haben
(Details fehlen). Betreffs der Kontagiosität konnte keine Einigung der An-
^ichten erzielt werden. Coley hält das Karzinom für so übertragbar, dasa
er meint, jeder Karzinomatöse müsse mit eben der Vorsicht behandelt werden»
wie ein Septischer, wenn die Umgebung nicht infiziert werden solle. Er hat
öbrigens bei 40 Mammakarzinomen nicht eine einzige Heilung und auch keine
ilt^erung durch die Röntgenbehandlung gesehen. Die bei Sarkomen so wirk-
>Ämen Toxine versagen völlig beim Karzinom.
Spontanheilung von prominenten Angiomen bei Kindern hat Swoboda
^126) viermal beobachtet. Einmal ging der Tumor zugrunde, weil intra partum
Thrombose eingetreten war, der die völlige Schrumpfung folgte. Die anderen
Male waren Entzündungen durch äussere Verletzungen (Kratzen etc ) die Ur-
sache des Zerfalls und der narbigen Spontanheilung.
Vier Fälle von kongenitalem Sarkom und Fibrom der Haut hat Mol-
doYan (109) untersucht. Die Literatur enthält nur wenige analoge Fälle.
Mehrere Fälle multipler primärer Karzinome verschiedenartigen Baues
hat Richter (116) beobachtet (1 Adenosarkom der Schilddrüse mit Karzinom
des Uterus ; 1 Adenosarkom der Mamma mit Karzinom des Uterus ; 1 Adeno-
sarkom der Flexura hepatica mit Karzinom des Ovariums.
Bernhard (88) publiziert die Abbildungen von vier kolossalen, soliden
Tumoren, die durch Operation geheilt wurden. Ein Fibrom der Nates wog
12 kg, ein solches der Brust IOV2 kg.
Richards (115) empfiehlt nach allgemeinen, hier nicht referierbaren
Mexionen für alle malignen Tumoren die Behandlung mittelst des elek-
trischen Stromes.
Lewin (107) hat StoflFwechseluntersuchungen an 11 Karzinomkranken
angestellt. Er fand, dass ebenso wie bei der Tuberkulose-Kachexie auch bei
dw Krebs-Kachexie eine vermehrte Ausscheidung der Mineralsalze gegenüber
der Nahrungsaufnahme stattfindet („Demineralisation"). Betreffs der aroma-
tbckn Substanzen (Phenol, Indikan) fand Lewin: Karzinomkranke mit
n^ativer N-Bilanz, d. h. mit Kachexie zeigen eine weit stärkere Vermehrung
der aromatischen Substanzen im Urin als solche mit positiver N-Bilanz, also
ohne Körpereiweisszerfall. Diese Vermehrung ist nicht allein die Folge von
vermehrter Darmfaulnis oder jauchigem Zerfall der Krebsmassen ; es ist viel-
mehr wahrscheinlich, dass sie durch den toxischen Eiweisszerfall bewirkt wird.
cie we damit zum Teil eine Folge von Vorgängen im intermediären Stoff-
wechsel, bei denen bakterielle Einflüsse keine Rolle spielen.
88 Jahresbericht f&r Chirurgie. I. Teil.
Rosenbach (118) berichtet über einen Fall von Multiplizität
Karzinome. Bei einer Obduktion fanden sich in einer Leiche ein Kslu
des Ösophagus und ein Drüsenkrebs des Magens. Beide hatten Meta^
gemacht.
Krebs und Sarkom am gleichen Menschen hat Landau (105) in
rewskis Klinik beobachtet. Der 38jährige Mann litt gleichzeitig am e
Adenokarzinom des Rektums und einem Fibrosarkom der Mamma. ;
wurden exstirpiert und Patient war nach 7 Monaten noch rezidivfrei- A
diesen beiden Tumoren hatte er noch mehrere spitze Exostosen und
grosses Osteom am Unterkiefer und an verschiedenen Stellen bohnen^
Naevi pigmentosi.
Über primäre Multiplizität von Tumoren bringt Oberndorfer
einen zusammenfassenden, klinischen Vortrag.
Tedeschi (127) hat Nieren- und Krebskranke systematisch mit
schiedenartigen Eiweissstofifen ernährt, hat aber gefunden, dass die Real
des Körpers in den einzelnen Fällen eine sehr verschiedene ist. Er empl
für die ;,dyskrasischen Formen*' der Nephritis vorwiegend Pflanzeneiwe
weniger tierisches Eiweiss zu verwenden. Milchdiät nur zeitweise, nich
lange. Die ;, anderen Formen^ der Nephritis erfordern Milchdiät, die zeit\>
durch andersartige Eiweissnahrung ersetzt wird. Betrefifs der Krebskrai
bringt die Untersuchung nichts Brauchbares.
D rage (94) hat ulzerierte Karzinome mit zimtsauren Salzen behau
und gefunden, dass dadurch der Geruch gemildert und die Schmerzen
ringert wurden. Eine Heilung oder Besserung fand ebensowenig statt
bei den nicht ulzerierten Fällen.
Pusey (113) hat bei allen oberflächlicher gelegenen Karzinomen a
sehr grosser Ausdehnung immer sehr bedeutende Besserung und oft v
Vemarbung nach Behandlung mit Röntgenstrahlen gesehen. Wenn Drüi
beteiligung schon da ist, ist die Operation sicherer. Er führt einige Beisp
an. Nichts Neues.
Im Auftrage seines Chefs, Prof. Dollinger, zog Steiner (124)
hebungen über das Schicksal von 226 Krebskranken ein, die in der Kli
Dollingers im Zeiträume vom 1. September 1897 bis 1. September U
operiert wurden. Das Resum6 seines detaillierten Ausweises ist, den einzeli
Organen nach geordnet, folgendes:
1. Gesicht.
a) Primärer Krebs: 15 Fälle.
Rezidivfrei nach 3 Jahren 38,40 ^/o,
„ 5 „ 37,500/0.
b) Rezidive: 8 Fälle.
Rezidivfrei nach 3 Jahren 28,60 Vo,
„ 5 „ 40,00 °/o.
2. Lippen.
a) Primärer Krebs: 56 Fälle.
Rezidivfrei nach 3 Jahren 70,45^/0,
„ 5 „ 72,000/0.
b) Rezidive: 15 Fälle.
Rezidivfrei nach 3 Jahren 20,00 "/o,
„ 5 , 27,30 «/o.
Volkmann, Allgemeine Geschwnlstlehre. 89
(NB. Ans den statistischen Erhebungen geht hervor, dass die Rezidive
mehr als in der Hälfte der Fälle in den ersten 6 Monaten nach der Operation
inftreten, in 25 ^/o der Fälle hingegen erst nach 3 Jahren. Im Falle sich
wiederholender Rezidive scheinen wiederholte Eingriffe das Leben der Kranken
zu Teriängem.)
3. Mnnd-Rachenhöhle: 17 Fälle.
Rezidivfrei nach 3 Jahren 29,40 ^/o.
4. Znnge und Znngengrund: 13 FäUe.
Operative Mortalität in 5 Fällen; die übrigen Kranken sind inner-
halb eines Jahres an lokalen und regionären Rezidiven gestorben.
5. Kehlkopf: 3 Fälle.
Operative Mortalität in 1 Falle; ein Kranker lebt über 5 Jahre
rezidivfrei; das Schicksal des dritten ist unbekannt.
6. Brustdrüse: 108 Fälle.
a) Primärer Krebs:
Rezidivfrei nach 3 Jahren 43,70%.
b) Rezidive: Der Zeitraum nach der Operation — seit dem Ein-
fuhren der radikalen Methode von Halsted-Kocher — ist zu
kurz, um die Fälle verwerten zu können.
7. Magen.
Ein radikaler Eingriff geschah in 5 Fällen; zweimal führte Prof.
Dollinger die totale Magenexstirpation, zweimal die Pylorusresek-
tion und einmal eine partielle Magenezstirpation aus. 2 Kranke
starben nach der Operation auf der Klinik, einer zu Hause nach 7
Monaten, die zwei Kranken mit totaler Magenexstirpation leben und
sind gesund — der eine 5, der andere 10 Jahre nach der Operation.
8. Blinddarm: 2 Fälle.
Operative Mortalität keine. (NB. Auch bei 5 weiteren Blinddarm-
resektionen wegen Tuberkulose und Fibrom hatte Dollinger keine
operative Mortalität.) Ein Kranker starb 5 Monate nach der Ope-
ration an Rezidiven, der andere befand sich 5 Jahre nach der radi-
kalen Operation noch wohl.
9. Mastdarm: 6 radikal operierte Fälle.
Operative Mortalität 33,3 <>/o.
Definitive Heilung (rezidivfrei über 5 Jahre) 25 ^/o.
10. Penis: 6 Fälle.
Rezidivfrei nach 3 Jahren 3 Fälle.
11. Gliedmassen: 4 radikal operierte Fälle ohne Rezidiven bisher.
Die Zusammenfassung dieser verschiedenen Dauererfolge bei den ein-
zehen Organen ergibt als Resultat: dass die Operation von den wegen pri-
mären Krebses operierten Kranken 42 ®/o, von den wegen Rezidiven operierten
Kranken ungefähr 39 ^/o geheilt würden. 6 ergo (Budapest).
Dollinger (92) Hess an jene Kranke seiner Klinik, die in dem vier-
jährigen Zeiträume vom 1. September 1897, wo er die Leitung der Klinik
übernahm, bis 1. September 1901 daselbst an Krebs operiert wurden, Frage-
bogen ergehen, um sich über die Dauererfolge zu unterrichten. Es wurden
in dem erwähnten Zeiträume 226 Krebskranke operiert ; von diesen wurden
an 193 primäre Radikaloperationen ausgeführt, 33 kamen wegen Rezidiven in
chimrgische Behandlung.
90 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
A. Dauererfolge der einmal operierten Krebskranken.
1. Auf dreijährige Rezidivfreiheit berechnet. In dem be-
züglichen Zeiträume wurden 193 Krebskranke operiert ; das weitere Schicksal
ist Ton 150 Kranken bekannt.
Von diesen sind au Komplikationen des Wund-
verlaufes gestorben 13 = 8,66^0
An interkurrenten Krankheiten gestorben ... 4 = 2,68 „
Rezidive bekamen 71= 47,33 ;,
Rezidivfrei blieben 62 = 41,33 „
150 = 99,98^/0.
2. Auf fünfjährige Rezidivfreiheit berechnet. Es wurden
in dem bezüglichen Zeiträume 83 Krebskranke operiert. Davon ist bei 62
das weitere Schicksal bekannt.
Von diesen sind an Komplikationen des Wund-
verlaufes gestorben 2 = 3,22 7©
Rezidive bekamen 34 = 54,83 jy
Rezidivfrei blieben 26 = 41,93 „
62 = 99,98 7o.
6. Die Dauererfolge der mehrmals operierten Krebskranken.
1. Auf dreijährige Rezidivfreiheit berechnet. Operiert wur-
den in dem bezüglichen Zeiträume 33 Rezidivkrebse.
Von diesen bekamen Rezidive 17 = 68,0 ®/o
Rezidivfrei blieben 8 = 32,0 y^
25 = 100,0 «/o.
2. Auf fünfjährige Rezidivfreiheit berechnet. Es gelangten
in dem bezüglichen Zeiträume 26 Rezidivkrebse zur Operation; das weitere
Schicksal wurde bei 18 Kranken ermittelt.
Von diesem bekamen Rezidive 11 = 61,11 **/o
Rezidivfrei blieben 7 = 38,88 „
18 = 99,99^/0.
C. Die Dauererfolge der einmal und der mehrmals operierten
Krebskranken zusammen.
Es leben von sämtlichen Operierten — zusammen die einmal und mehr-
mals Operierten — rezidivfrei:
mindestens 3 Jahre nach der Operation . . 40,00 ®/o
T) ^ u V rj y) • • 41,20 /o.
Delling er hoflft, dass sich mit der technischen Vervollkommnung der
operativen Krebstherapie, als auch bei frühzeitigem chirurgischen Eingreifen,
wozu in erster Linie eine Aufklärung des grossen Publikums über die Krebs-
krankheit notwendig ist — auch diese hier mitgeteilten Dauererfolge sich
bedeutend besser gestalten werden. Gergö (Budapest).
Becker, Yerletzongen und Chirurg. Krankheiten der Haut etc. 91
VI.
Verletzungen und ehirurgisehe Krankheiten der Haut
und des Subkutangewebes.
Referent: E. Becker, Hildesheim.
Die mit * venehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
Allgemeines.
1. Bonnal, Des iojectione hjpodermiqaea. Joam. de mäd. de Bordeaux 1905. Nr. 42.
1 £schweiler, Das histologische Verhalten des Paraffins zum lebenden Grewebe. Areh*
fOi Ltryngologie. Bd. 17. Heft 1.
l Holl&nder, Zur Technik der Hantnaht. Zeitschrift für Ärztliche Fortbildung 1905.
Nr. 1 and 2.
4. Laqaeur, Die therapeutische Verwendung der Lichtwärmestrahlen. Berliner klin,
Wocfaenschr. 1905. Nr. 16.
5. Mie Leod, Tropical diseases of the skin. Brit. med. journ. 1905. Not. 11. p. 1266.
6. Talke, Über die grossen DrQsen der Achselhöhlenhaut des Menschen. Archiv fdr
mikioskop. Anatomie und Entwickelungsgeschichte. Bd. 61. p. 537.
7. Zieler, über die Wirkung des konzentrierten elektrischen Bogenliohtes (nach Finsen)
lof die normale Haut. Dermatolog. Zeitschrift. Bd. XIII. Heft 1.
In Arcachon an der Westküste Frankreichs gibt es einen Phantasten
namens Bonnal (l), der seit 25 Jahren bei Skrofulösen und Phthisikem
Stewasser sabkntan einspritzt, ausgehend von dem Gedanken: La mer est
on grand mystere, qui garde ses secrets et nous röserve bien des surprises.
Bei Phthisikem im ersten und zweiten Stadium konstatiert er schon am
nreiten und dritten Tage ^^sehr glückliche Erfolge^: Rückkehr des Schlafes,
des Appetits und leichter Verdauung, Aufhören der Nachtschweisse, Besserung
des Allgemeinbefindens usw. Er schöpft das Meerwasser direkt aus dem Ozean
ZOT Flntzeit, filtriert es und injiziert es bei richtiger Temperatur sofort; auf
Flaschen zu ziehen wiederrät er, da dann das Seewasser seine Wunderkraft
einbässe. Er injiziert 2 — 3mal die Woche 6 — 10, höchstens 40 Gramm. Er
schliesst seine Arbeit mit den Worten: En un mot, la mer est un serum
Mtnrel, la s^ve biologique par excellence.
Eschweiler (2) studierte das histologische Verhalten des Paraffins zum
lebenden Gewebe an einem Stückchen, welches er einer 23jährigen Patientin
entfernt hatte ; ihr war vor Jahresfrist von anderer Seite zur Beseitigung einer
syphilitischen Sattelnase eine ausgiebige Injektion von Hartparaffin gemacht
und dadurch ein hässliches Resultat erzielt worden. Er folgert aus seinen
Mparaten, dass das Schicksal des injizierten Paraffins völlige
Aufsaugung und Ersatz durch Bindegewebe sei. Wie im einzelnen
das erfolgt, ist noch unaufgeklärt ; jedenfalls geht lange Zeit darüber hin.
Im einzelnen erfolgt der Umwandelungsprozess in älteren Depots von Paraffin
flüt hohen Schmelzpunkten folgendermassen: Sehr kleine Paraffinpartikelchen
92 Jahresbericht; für Chirurgie. I. Teil.
werden von wuchernden, fixen Bindegewebszellen, die zu Riesenzellen zusammen-
fliessen, umgeben. Durch Zusammenscbluss benachbarter Riesenzellen wird
eine grosse, nunmehr das Paraffinklümpchen beherbergende Zelle geschaffen,
welche die Aufsaugung des Paraffins bewirkt. Nach dem Verschwinden des-
selben erfolgt die Rückverwandlung der Riesenzelle in epitheloide (fixe) Binde-
gewebszellen, welche ihrerseit Bindegewebsfasern bilden. Aus dem jungen
zellreichen Bindegewebe wird später eine derbe Bindegewebsschwarte.
Etwas grössere Paraffindepots werden in ihrer Bindegewebsalveole von
Riesenzellen umgeben. Diese Riesenzellen suchen nicht nur Kontakt mit ihren
Nachbarriesenzellen, sondern sie treiben protoplasmatische Fortsätze in das
Paraffin hinein, und zwar vorzugsweise in die Spalten zwischen den Paraffin-
schollen. Fortsätze gegenüber liegender Riesenzellen können sich in dieser
Weise vereinigen und eine paraffingefüllte Alveole in mehrere Abteilungen
zerlegen, wodurch die Schnelligkeit der Resorption gefördert wird. In dem
Masse, wie das Paraffin aufgesogen wird, wachsen die Riesenzellen. Sobald
sie sich eine gewisse Strecke in das Paraffin „hineingefressen^ und demgemäss
von der Alveolarwand entfernt haben, beginnen nahe der letzteren die Riesen-
wellen in kleinere Zellen zu zerfallen, die nunmehr Bindegewebsfasern pro-
duzieren. So kommt es von einer Seite her oder konzentrisch zu einem
Wachsen des Alveolarbalges resp. zu einer Verkleinerung des Alveolenlumens.
Schliesslich ist die frühere grosse, paraffingefüllte Alveole sehr verkleinert und
statt mit Paraffin mit einem Konglomerat von Riesenzellenresten und epi-
theloiden Bindegewebszellen gefüllt. Der vorher deutlich von der Nachbar-
schaft abgesetzte Bindegewebsbalg lockert sich auf und zerfasert sich sowohl
nach innen hin in das neugebildete Bindegewebe hinein, wie auch nach seiner
Nachbarschaft hin. Der alveoläre Charakter geht auf diese Weise allmählich
ganz verloren.
Als therapeutische Nutzanwendung ergibt sich, dass der definitive Er-
satz des Paraffins durch Bindegewebe und damit der beste Erfolg demgemäss
am sichersten und raschesten durch Erzeugung vieler kleiner, statt weniger
grosser Paraffindepots erzeugt wird.
Talke (6) hat histologische Untersuchungen über die sogen, grossen
Drüsen der Achselhöhlenhaut des Menschen angestellt. Schon makroskopisch
haben die grossen Schweissdrüsen ihre Besonderheiten. Sie liegen
ausschliesslich im Unterhautbindegewebe und bilden hier eine fast zusammen-
hängende Platte, die nach oben an die Kutis und nach der Tiefe zu an die
Achselhöhlenfaszie stösst. Sie stellt ein Oval dar von ungefährem Längs-
durchmesser eines Hühnereies bei einer Dicke von 2 — 8 mm und zeichnet
sich im frischen Zustande durch eine opak-weissliche oder rötliche Farbe aus,
mit braungelblicher Beimischung, so dass sie in dem weissen Bindegewebe
und dem gelben Fettgewebe ohne weiteres mit blossem Auge erkennbar ist.
Präpariert man sie an der unteren Hautfläche frei, so erkennt man einen
Zerfall in einzelne Läppchen, deren Drüsenkörper Erbsen- bis Kleinbohnen-
grösse haben. Nirgends finden sich übrigens Übergänge zwischen den kleinen
und grossen Achseldrüsen. Jeder Drüsenkörper zerfällt wieder in 10 — 30
kleinere Drüsenkörper, die durch eine bindegewebige Hülle umfasst werden;
letztere enthält zahlreiche elastische Fasern. Der mikroskopische Befund,
welcher durch eine Tafel vorzüglicher Abbildungen erläutert wird, beschäftigt
sich hauptsächlich mit dem feinen Bau der Drüsenepithelien in den verschie-
denen Phasen der Sekretion und mit den Pigmentbildungen innerhalb der
Becker, Verleizangen und chirorg. Krankheiten der Haut etc. 93
EpitiielieiL 'Es fragt sich noch, ob diese Zelleinschlüsse Fett sind, möglicher-
weise sind sie als Sekretionsprodnkte aufzufassen. Das Sekret der Achsel-
drüse ist breiartig; auch wässerige Absonderungen sind beobachtet worden.
Wegen Einzelheiten muss auf das Original verwiesen werden.
Ziel er (7) hat die Wirkung des konzentrierten elektrischen Bogen-
licht^s (nach F i n s e n) auf die normaleHaut in mikroskopischen Schnitten,
die zu Terschiedenen Zeiten exstirpiert wurde, studiert. Er experimentierte
teils am Kaninchenohr, teils am eigenen Vorderarm, benützte den Apparat
TOD Finsen-Reyn bei einer Stromstärke von 15, 18 bezw. 20 — 21 Ampere
and einer Spannung von 50 Volt; als positive Elektrode diente eine 12 mm
"Starke Dochtkohle, als negative eine 8 mm starke Homogenkohle ; Bestrahlungs-
dauer 75 Minuten. Er fasst die durch die Finsenlampe hervorgerufenen
Veränderungen als einen Entzündungsprozess auf; auf die örtliche Gewebs-
>chldigung und die Veränderungen der Zirkulationsverhältnisse mit Hyper-
ifflie und gesteigerter Exsudation aus den Gefässen folgen reaktive und byper-
plastische Gewebswucherungen. Die durch das Licht hervorgerufene Ent-
zändnng tritt spät ein, steigt langsam an und ist im Vergleich zu den ersten
Erscheinungen, zumal der schweren Schädigung bestimmter Elemente, eine
verhältnismässig oberflächliche und milde verlaufende. Es dürfte das in erster
Linie der durch die enorme Hyperämie ermöglichten besseren Ernährung der
geschädigten Bezirke zuzuschreiben sein. Wir unterstützen also mit der
Finsenbestrahlnng die Heilbestrebungen (natürlichen Schutzmittel) des Orga-
nismus, indem wir sie, die allein nicht zur Überwindung der Schädlichkeit
ansreichen, soiiireit steigern, dass sie erfolgreich gegen den krankmachenden
Prozess wirken können. Das wesentlichste Moment ist also die Erzeugung
»:mer akuten Entzündung mit ihren Folgen. Sie haben wir als den hervor-
ragendsten Heilfaktor anzusehen. Die durch die Finsenbestrahlnng hervor-
gtnifene Reaktion ist ein klassischer Beweis für die Heilkraft der Entzündung,
die irir als einen nützlichen Vorgang ansehen müssen (B i e r).
Laqueur (4) gibt einen zusammenfassenden Überblick über die thera-
f»entische Verwendung der Licht-Wärme-Strahlen ohne speziell . chirurgisches
Interesse.
MacLeods(5) Vorlesung über Tropenkrankheiten ist ohne chirurgisches
Interesse.
Holländer (3) bespricht die verschiedenen Methoden der Hautnaht
ohne neues zu bringen.
Spezielles.
L Verletzungen.
1. Frische Verletzungen.
Herrn »DO, Emphyaema sabcntanenm während des Qebäraktes entstanden. Zeitscbr. f. Geb.
TL Gyn. bS, 3.
Hermann beschreibt ein subkutanes Emphysem, welches bei einer Erst-
gebärenden infolge des Fressens entstanden war. Zuerst schwoll das linke
iDleriid, dann das linke Oberlid und schnell darauf Stirn, Kopf, Hals, Brust,
Böcken, Bauch bis zum Nabel und linke Oberextremität. Auf der rechten
iiatte die Frau gelegen; sie war unbeteiligt. Die Luft muss nach der ganzen
Iiitstehnngsgeschichte nicht aus geplatzten Lungenhläschen, sondern von der
Nase ans anter die Haut ausgetreten sein.
94 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
2. Narbenbehandlung, Plastik, Transplantation.
1. Beitzke, Neuere Arbeiten über NarbenbildaDg and Regeneration. Berl. klin. W
sehr. 1905. Nr. 19. p. 575.
2. Bnrkbardt, Experimentelle Studien über Lebenedauer und Lebensfähigkeit 3\
dermiszellen. Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Hauttransplantation. I>€
Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 79.
8. Eeetley, Piastic surgery. Lancet 4. III. 1905.
4. Kennedy, Grafting of completely-separated skin-flaps in the treatment of contrj
dae to cicatrices. Brit. med. Journ. 29. IV. 1905.
5. Lerda, Guido, SulV evoluzione della sensibilitä nelle cicatrici, nelle plastiche
innesti. (2 Note dai Rendiconti della R. Accademia dei Lincei. Vol. XIV. 1^
Serie 5a, fasc. 9^ e 10^. Ebenfalls veröffentlicht in den Archives italiennes de b
XLIV, fasc. 1, und in denResoconti del coogresso di Psicologia, 8ez. sperimentale
6. Malcolm Morris, The treatment of scars and cheloid. Practitioner 1905. Dec
7. Meilin, Thiosinamin bei Narbenkontrakturen. Deutsche med. Wochenschrift-
Nr. 5.
' 8. Mendel, Fibrolysin, eine neue Thiosinaminverbindung. Therap. Monatshefte
Nr. 2.
9. Neumann, Die Transplantation nicht bösartiger Gewebe. Dissert. Berlin 190^
10. Stegmann, Die kosmetische Behandlung der Blatternarben mit Vaselin und Ölv
Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 13.
11. Sueve, The treatment of b'ums and skin grafting. Journ. of the americ. med.
1905. July 1.
12. Taddei, Sulla questione delle fibre elastiche nel cheloide cicatriziale. Lo speriin
1905. Fasc. V.
13. Veyrassat, De Temploi de la Solution physiologique chaude dans le traiteraei
niedres. Rev. möd. de la Suisse Rom. 1905. Nr. 6 und 8.
er
Beitzke (1) bespricht die neueren Arbeiten über Narbenbildun
Regeneration in sämtlichen Gewebsarten. Die Hautnarben hat Miner
genauer studiert. Die Narbenschrumpfung kommt durch den Vernarbi
prozess selbst zustande und tritt nicht etwa erst in der fertigen Narbe
Von wesentlichem Einfluss auf die Konfiguration der Narbe ist ihre Ste
zur Faserrichtung in der Haut. In dieser Richtung findet ein bestän<
Zug statt, der zunächst das KlafiFen der Wundränder verursacht. So(
stellen sich die das junge Narbengewebe konstituierenden Fibroblasten
ihrer Längsrichtung parallel zur Faserrichtung ein. In der Richtung
stärksten Hautspannung tritt die geringste Schrumpfung ein. Bei i
Narben zeigt sich dann eine allmähliche ;,Veroberflächigung^ derart, dass
ursprünglich auf dem Durchschnitte sitzende Narbe an der Oberfläche hn
wird und sich aus der Tiefe vollkommen nach oben zieht. Es hypertropl
das anstossende gesunde Gewebe und sucht unterhalb der Narbe gleich
seine Kontinuität wieder zu gewinnen. Ein Stillstand in diesen Vorgäi
erfolgt, sobald zwischen Spannung und Widerstandskraft in der Narbe
deren Umgebung Gleichgewicht eingetreten ist. Die Neubildung elastis(
Fasern beginnt nach J o r e s in der per primam geheilten Narbe 4—6 Woc
nach der Verletzung. Haare w^erden in Hautnarben nicht neu gebildet; ^
aber ein genügend grosser Haarstumpf zurückgelassen, so kann das B
wieder emporsprossen, wobei die Zellen des Haarbalges sich an der Epidei
sierung des Defektes beteiligen.
Neumann (9) gibt in seiner Dissertation eine historische Darstelli
über die Transplantation nicht bösartiger Gewebe, die klar und kritik
geschrieben ist, sich zum Referate aber um so weniger eignet, als eigj
Untersuchungen nicht angestellt sind. Er kommt zu dem Schlüsse: „iii
Becker, Yerletzangen und chirarg. Krankheiten der Haut ete. 95
den bisherigen Untersuchungen kann man den Unterschied zwischen gut-
artigem und bösartigem Gewebe bei den Übertragungen dahin zusammen-
fassen, dass es wohl gelingt, bei gutartigem Gewebe ein gewisses Wachstum
an der Übertragungsstelle zu erzielen. In den meisten Fällen aber kommt
es früher oder später zu einer Rückbildung. In keinem Falle ist es möglich ge-
wesen, durch derartige Übertragungen eine Krankheit mit malignem Charakter
fu erzeugen."
Veyrassat (13) schildert die an der Rev er dinschen Klinik in Genf
übliche Methode der Irrigation von Wunden mit warmer Kochsalzlösung nach
dem Vorgange von Reclus (1888), welche seit Anfang 1903 ausgeübt wird.
In einer historischen Einleitung über die Rückwirkung der Wärme und
speziell des warmen Wassers und warmer Luft bei Wunden und Geschwüren,
welche auf Hippokrates zurückgreift, hätten wohl auch Biers Bestrebungen
erwähnt werden können. Sodann bespricht er in einem Kapitel die physio-
lo^sche Wirkung des warmen Wassers, welche die lokale Stase bei der ent-
zündlichen Hyperämie beseitigt, entzündliche Exsudate rasch zur Resorption
bringt, das Odem zum Verschwinden bringt und dadurch auch den schmerz-
haften Spannungsdruck auf die Nerven beseitigt. Die meisten Mikroben
werden ebenfalls durch 50°iges Wasser abgetötet, nicht allerdings die spe-
ziellen Eitererreger (Pyogenes aureus und albus), geschweige denn ihre Sporen.
Die Methode wird folgendermassen ausgeübt: Man braucht einen Irri-
gator mit IV« Meter Gummischlauch (um unter Druck einwirken zu können)
und 4 — 5 Liter 0,7°/oige physiologische Kochsalzlösung von 50*^ Celsius.
Man irrigiert direkt die Wunde und besonders deren Ränder. Bei sehr empfind-
lichen Patienten, welche diese Hitzegrade nicht gut ertragen können, spritzt
man in Absätzen einen Strahl heissen Wassers auf die Wunde. Sehr energische
Menschen ertragen dagegen sogar Wasser von 55° Celsius. Sodann bedeckt
man die Wunde mit Gazekompressen, welche in 50°iges Wasser getaucht
sind, um das Geschwür möglichst unter der Einwirkung des warmen Wassers
m erhalten. Darüber kommt Watte und ein sorgfältig mit gleichmässiger
Kompression angelegter Bindenverband. Solange die Geschwürsflächen noch
infiziert sind, schmierigen Belag aufweisen oder atonische Granulationen, irri-
giert man täglich einmal, sobald frische Granulationen auftreten, was nach
etwa 3 — 4 Malen einzutreten pflegt , nur alle 2 — 3 Tage. Die Verbände
müssen natürlich später wieder mit grosser Vorsicht entfernt werden. So-
bald die Überhäutung ordentlich in Gang gekommen ist, genügt die Irrigation
alle 4 — 5 Tage. Seine Darstellung belegt er durch zahlreiche Krankenge-
schichten , denen er zwei Fälle von Milzbrandpusteln voraufschickt , die
gleichfalls geheilt wurden. Es folgen einfache Krampfadergeschwüre, spezi-
fische ünterschenkelgeschwüre, traumatische Geschwüre, Verbrennungen und
Erfrienmgen. Er beschliesst die Arbeit mit folgenden Sätzen :
1. 50® ige warme Kochsalzlösung in Form von Irrigationen ist das beste
Heilmittel für einfache Geschwüre und schlecht heilende Wunden.
2. Eline Lösung von 55 ^ ist noch wirksamer und beschleunigt die Heilung
noch mehr, ist allerdings nur bei sehr energischen Menschen anwendbar wegen
der Schmerzhaftigkeit der Applikation.
3. Die Methode ist wohlfeil, ungiftig und leicht auch ausserhalb von
Krankenhäusern verwendbar, und beseitigt Ödem und Schmerzen selbst bei
Wanden mit kal lösen Rändern.
96 JahroBbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
4. Sie hat den grossen Vorzug, dass sie nicht mit Bettruhe kombiniert
zu werden braucht und daher die Kranken in der Ausübung ihres Berufes
wenig stört.
Die Untersuchungen von Taddei (12) dienen als Ergänzung zu dem von
ihm über Genese und Entwickelung der elastischen Fasern im Narbengewebe
angestellten Studium und haben weiterhin den Zweck, die Annahme Gold-
manns auf ihren Wert zu untersuchen, welcher meinte, in der ausgeglichenen
Entwickelung der elastischen Fasern das Wesen des Keloid erkennen zu
können und damit die wichtigsten histologischen und klinischen Eigentüm-
lichkeiten des Keloid zu erklären.
Verf. macht vor allem darauf aufmerksam, dass nicht in dem ganzen
oberflächlich von dem narbigen Epithel bezeichneten Gebiete jene Stränge von
kollagener Natur mit leicht fibrillärer oder homogener Struktur bestehen, die
von den verschiedenen Beobachtern beschrieben worden sind. Dieselben
nehmen mehr oder weniger ausgedehnt die tiefliegenden und zentralen Teile
ein. In diesen wahrscheinlich aus reproduzierten und untereinander ver-
schmolzenen koUagenen Fasern gebildeten Strängen, in denen die dreifache
Färbung von Apathy auch eine besondere chemische Affinität nachweist
(Gelbfärbung, während man bei den gewöhnlichen kollagenen Elementen eine
rote Färbung bekommt), fehlen die elastischen Fasern vollständig.
Hingegen ist es in den subepithelialen Schichten flPapillarschicht der
Derma), in den peripheren Schichten und auch in den fibrozellulären Scheide-
wänden, welche die in verschiedentlicher Weise untereinander verflochtenen
homogenen Stränge trennen, möglich, eine mehr oder weniger reichliche und
entwickelte Neubildung von elastischen Fasern zu erkennen.
Das heisst, dieselben bilden sich, wo ausgewachsene Bindegewebselemente
mit normalen Eigenschaften bestehen.
Verf. weist nach, dass es nicht möglich ist, für die regenerierten elasti-
schen Fasern einen anderen Ursprung anzunehmen als den aus den Binde-
gewebselementen.
Hieraus schliesst Verf., dass das Fehlen elastischer Fasern in dem
narbigen Keloid nicht als primär anzusehen ist, sondern als sekujndär nach
der besonderen Alteration, die das Neubildungsbindegewebe trifft.
B. Giani.
Burckhardt (2) hat an Hunden Hautläppchen von der Haut der
Hinterschenkel entnommen, teils trocken, teils in feuchter Kammer eine Zeitr
lang aufbewahrt und dann auf die Muskulatur zwischen den Schulterblättern,
deren Haut vorher exstirpiert war, aufgepflanzt. Ein grosser Teil der Ver-
suche misslang wegen der Unruhe der Tierei Die positiven Ergebnisse be-
stätigen Wentschers Beobachtungen, dass Hautläppchen, die 24 Stunden
nach der Entnahme aufgepflanzt wurden, in ihrer Lebens- und Proliferations-
fähigkeit ebenso gut zur Anheilung kamen, wie sofort nach der Entnahme
aufgelegte Stücke. Ausserdem gelang Anheilung bei einem 8 Tage lang
feucht und bei einem 12 Tage lang trocken aufbewahrten Läppchen. Be-
züglich der Einzelheiten wird auf das Original verwiesen. Burckhardt
legt das Hauptgewicht auf die feste Verbindung der gut gestalteten Epi-
dermiszellen mit ihrer bindegewebigen Unterlage und auf in das Bodengewebe
sich einsenkende zapfenförmige Fortsätze, während dem Nachweise von Mitosen
(W entscher) weniger Wert beigelegt wird. Den Hauptanteil an der Neu-
bildung der Epidermis haben jedenfalls die untersten Zellen der Schleimhaut
Becker, Verlaizangen und cbirurg. Krankheiten der Hant etc. 97
der Epidermis, die Basalzellen , die als die jOngsten begreiflicherweise die
iröste ProliferatioBS&higkeit besitzen. Die oberflächlichen Zelllagen werden
.>ft nekrotisch. Gute mikroskopische Bilder veranschaulichen die histologische
Beschmbnng. Bnrckhardt hat 24 Stnnden lang aufbewahrte Läppchen
namentlich dort in der Praxis verwandt, wo wegen starker Granulations-
hhitimg die Lä{>pchen nicht sogleich aufgelegt werden konnten. Er legte
dann tags daraiif die Läppchen auf die trockene Wunde. Er bestätigt femer
die Angaben Isnardis und anderer, dass es nicht nötig ist, die Granula»
tionen vorher abzukratzen.
Lerdas (5) Studien betreffen die Entwickelung der Sensibilität in den
Xarbeo, den Hautplastiken und Transplantationen. Er kommt zu folgenden
ScUösseii:
1. Das Granulaüonsgewebe ist für Reize jeglicher Art unempfindlich.
1 Die Abrasionen der Haut verletzen in kaum nennenswerter Weise
die spenfische Sensibilität, welche in sehr kurzer Zeit wieder normal wird.
3. Die Narben atrophieren nicht, wie mehrfach behauptet wird, sondern
«erden YoUer und mit Haaren und Drüsen ausgerüstet und erlangen schliess-
lich einen leidlichen Grad von Sensibilität.
4. Die Sensibilität stellt sich in den Narben und Thier seh sehen Trans*
pJantaüonen langsam vom Rande her wieder ein.
5. Bei der Wiederkehr der Sensibilität kann man sehr häufig eine
Trennnng der Qualitäten insofern beobachten, als das Berührungsvermögen
die Schmerzempfindlichkeit und diese gelegentlich die Wärmeempfindlichkeit
überholt.
6. Die Sensibilität erreicht die frühere Vollkommenheit erst wieder
mch sehr langer Zeit; bei Läsionen von einigem Umfang vergehen mehrere
Jahre darüber. Der funktionelle Reiz übt einen wohltätigen Einfluss auf den
Verhmf aus.
7. Im Vergleich zu den Narben werden die transplantierten Läppchen
ifi demselben Masse mit Verspätung wieder sensibel , als die Zeitdauer der
Vemarbuig abgekürzt ist.
8. Was die funktionelle Sensibilität anlangt, so erreichen die durch
Verschiebung, durch Drehung oder nach der italienischen Methode gebildeten
Haatlappen unter allen Methoden am schnellsten und besten wieder ihre
Sensibüität.
Mal com Morris (6) bespricht in einem klinischen Vortrage die Be-
biDdlnng der Narben und Keloide, nachdem er den histologischen Befund ge-
schildert hat. Er macht insbesondere auf das spontane Verschwinden oder
mindestens das Stationärbleiben der Keloide nach einer Reihe von Jahren
aufmerksam. Bezüglich der Behandlung bespricht er nur die dermatologischen
Methoden, die alle ebenso unzuverlässig sind, wie die chirurgische Entfernung
der Kek)ide. Ausgezeichnete kosmetische Erfolge erhielt er dagegen mit
rmsenlicht z. B. bei Lupusnarben, Drüsennarben am Halse, Verbrennungs-
Qtfben usw. Damen konnten wieder ausgeschnittene Kleider tragen. Blättern-
den eignen sich nicht für diese Methode , weil immer nur kleine Bezirke
l^trahlt werden können. Bei Keloiden wurden auch Röntgenstrahlen erfolg-
nridi Terwandt.
Sneve (11) teilt acht Fälle schwerster Verbrennung und Verbrühung
üt Seine Behandlung besteht darin, die ganz offen der Luft ausgesetzten
Verbrennungen ersten und zweiten Grades mit Zinkstearat zu bestreuen
lakrabcrkht für Ghimrgle 1905. 7
9S Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
unter peinlichster Reinhaltung , bis sich ein fester Schorf gebildet hat. Die
Verbrennungen dritten Grades werden nur der Luft ausgesetzt, häufig abge-
tupft und mit physiologischer Kochsalzlösung abgewaschen. Das Kranken-
zimmer soll sehr warm (Blutwärme!) gehalten werden. Die gesunden Teile
der Haut werden mit kaltem Wasser, Spiritus oder dergl. abgerieben, die
Qlieder, soweit ohne Schmerzen ausführbar, in gutem Zustande gehalten.
Stärkere Desinfektionsmittel sind zu vermeiden. Grössere Granulations-
flächen werden nach Thiersch transplantiert. Durch das Fehlen des Ver-
bandes wird das Hineinwachsen der Granulationen in den Verbandstoff ver-
mieden, welcher ausserdem infolge der Durchtränkung mit Wundsekret als
feuchter Verband wirkt, die Hautatmung verhindert und leichtere Grade der
Verbrennung in schwere verwandelt. Der Schmerz soll bei offener Behand-
lung viel geringer sein ; nur in den ersten Stunden bestehen heftige Schmerzen,
die mit Morphium bekämpft werden. Die Narben sollen bei diesem Ver-
fahren viel zarter und verschieblicher sein, als bei anderen Behandlungs-
methoden. Subkutan gelegene Narben werden frühzeitig exzidiert.
Kennedy (4) teilt ausführlich einen Fall von Narbenexzision mit unge-
stielter Lappenplastik mit. Ein 19 jähriger Mann hatte infolge einer Petroleum-
explosion eine Verbrennung des rechten Handrückens und der Rückseite des
Daumens erlitten, welche trotz antiseptischer Behandlung, Bäder und passiver
Bewegungen zur fixen Kontraktur des Daumens in Hj'perextension gefülirt
hatte. Die Narbe wurde exzidiert und durch einen ovalen Hautlappen vom
Oberschenkel (4 Zoll lang, 2^lt Zoll breit) gedeckt. Beim ersten Verband-
wechsel nach drei Wochen war der Lappen per primam angeheilt. Nach
sechs Wochen die Daumenbewegungen, wie durch Photographie bewiesen wird,
wieder normal, die Sensibilität erst nach 13 Wochen.
Keetley (3) bringt hübsche Beiträge zur plastischen Chirurgie, die im
Original nachgelesen werden müssen; prinzipiell neue Methoden sind nicht
darunter.
Stegmann (10) hat in einem Falle von Blatternarben einen kosmeti-
schen Erfolg erzielt durch Einspritzung von Vaseline und Ölvaseline nach
Gersunys Empfehlung. In sieben Sitzungen jeden zweiten Tag wurden
5 ccm Vaseline und 20 ccm Ölvaseline im ganzen injiziert. Der Erfolg war
deshalb so gut, weil es ein sehr mageres Gesicht war. Verf. empfiehlt, das
Verfahren auf solche Fälle zu beschränken.
M e 1 1 i n (7) berichtet über einen Fall von ausgedehnter Narbenkontraktur
nach Kleiderbrand bei einer 53 jährigen Frau, welche in 25 Injektionen 2,3 g
Thiosinamin erhielt (dreimal wöchentlich eine Spritze, später alle 14 Tage
eine Spritze). Wenn auch Massage und medio-mechanische Übungen die Be-
handlung noch weiter unterstützten, so ist doch die schnelle Erweichung der
Narben und Lösung der Kontrakturen in erster Linie dem Thiosinamin zu
verdanken. Verwendet werden 15 — 20% ige alkoholische Lösungen, von
denen in steigender Dosis ^/s-— 1 Pravazspritze voll eingespritzt wird.
Mendel (8) empfiehlt das von ihm dargestellte Fibrolysin, ein
Doppelsalz des Thiosinamins und Natrium salicylicum (Verhältnis 1 : 0,5) sehr
warm zur Behandlung aller möglichen Narben. Es wird in braunen, zuge-
schmolzenen Ampullen von Merck in Darmstadt in den Handel gebracht,
die 2,3 ccm einer Lösung von 1,5 Fibrolysin in 8,5 Wasser enthalten;
der Inhalt jeder Ampulle entspricht 0,2 Thiosinamin. Die Einspritzung er-
folgt subkutan, intramuskulär und intravenös alle 1—2—3 Tage. Die Zahl
Becker, Verleizangea luid chiraig. Krankheiten der Haut etc. B9
dtf Injektionen schwankt zwischen 5 und 50. Unangenehme Nebenwirkungen
smd nicht beobachtet. Schon wenige Minuten nach der Einspritzung ändern
die Narben ihre Farbe » werden durchscheinend, teigig und gequollen. Das
yUttel besitzt also, wie das Thiosinamin , eine elektive Wirkung gegenüber
dem Narbengewebe. Die Einspritzung ist aber viel weniger schmerzhaft als
beim Thiosinamin. Angewandt wurde es mit bestem Erfolge bei Narben»
Keloid, Ulcus cruris, pleuritischen Schwarten, Gelenkankylosen, parametrischem
Exsudat, Ischias und sogar bei traumatischer Epilepsie. Verf. kommt zu
folgenden Schlnssfolgerungen :
1. Das Fibrolysin hat dieselben pharmakodynamischen Eigenschaften,
wie das Thiosinamin, vor dem es folgende Vozüge besitzt.
2. Es ist sowohl subkutan, wie intramuskulär und intravenös ohne be-
sondere Belästigung oder Schädigung der Patienten zu verwenden.
3. Es ist leicht löslich und wird deswegen schneller resorbiert und ist
deshalb wirksamer als das Thiosinamin.
4. Die Herstellung der Fibrolysinlösung in Ampullen ermöglicht dem
Arzte die billigste Anwendungsweise und leistet gleichzeitig Garantie für ein
absolut steriles und unzersetztes Medikament.
n. Chirurgische Erkrankungen.
1. Zirkulationsstörungen.
I. Bö DD ig er. Elastische SpaDoaiig der Haut und deren Beziehang zum Odem. Zeitschr.
f. exper. Path. u. Ther. Bd. 1.
1 Dopt er, £tiide des altärations histologiqnes des nerfs p^riph^riqnes dans les oedömes
duoniqoes. Gaz. des HAp. 1905. Nr. 4.
S. Esckweiler, HautOdem. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 10. p. 405.
1 *Gerber, Infektiöse idiopathische Purpura. Wiener klin. Rundschau 1905. Nr. 19.
5. Mac Gowan, The use of adrenalin chloride in diseases of the skin. The joum. of
cotan. dia. 1905. Februar, p. 72 ff.
6. Mann, The caiises and treatment of oedema. Brit med. joum. 20. Y. 1905.
7. Morean, Contribotion a Tötude de Toeddme du traumatique. Procds verb. Acad. roy.
de vM. de Belg. 81. XII. 1904. Ref. in Gaz. des Hdp. 1905. Nr. 11.
8. Stainforth, Oeddmes durs traumatiques. Arch. möd. beiges 1905. Nov.
9. Urj, Beitrag zur Kasuistik zur Erythromelalgie. Dies. Rostock 1905.
10. Ziegler, Histolog. Untersuchungen Aber das ödem der Haut und des Unterhautzeil-
gewebea. Zieglers Beitr. zur path. Anat. 36. 3.
Mac Gowan (5) teilt seine Erfahrungen mit, die er bei innerlicher
Darreichiing von Adrenalin bei den verschiedenartigsten Hautblutungen und
Blutungen in den Hamwegen und den Darm gemacht hat. Interessant ist
es, dass er einem Neugeborenen mit Darmblutungen während der ersten
Lebenswochen alle zwei Stunden einen halben Tropfen der einpromilligen Lö-
sung mit gutem Erfolge gegeben hat.
Eschweiler (3) hat innerhalb zweier Jahre bei 17 Gefangenen, welche
sich in Einzelhaft befanden, Ödeme an den Füssen und Unterschenkeln be^
obachtet, die gelegentlich sich sogar auf den Oberschenkel, Skrotum, Bauch,
Brust und Gesicht ausdehnten. Es waren Männer im Alter von 17 — 59
Jahren, die im übrigen vollkommen gesund waren und auch keinerlei Be<
schwerden von den Ödemen hatten. Letztere kamen und gingen schnell, wie-
wohl Reste oft noch lange bestehen blieben. Die kürzeste Dauer betrug 5
Tage, die längste 6 Wochen. Die kürzeste Frist zwischen der Einlieferung
100 JakrMbfihcht fftr Chirurgie. I. Teil.
in das Gefängnis und dem Auftreten der Ödeme betrug S Tage, die längste
5Vt Wochen. Verf. nimmt an, dass die fast vollkommene Ruhe, der plötzliche
Wegfall der früher gewohnten Bewegung zusammen mit der plötzlichen Ab«
derung der gesamten Lebensweise und den durch die Veihaftung gesetzten
psychischen Einflüssen das ausschlaggebende Moment für das Entstehen dieser
bislang nicht beschriebenen (wohl aber bei vielen Gefangenen auch von an-
deren Gefangnisärzten schon beobachteten Bef.) Hautödeme gebildet haben.
Nach Boenniger (1) ist die elastische Spannung der Haut abhängig
vom Alter und vom Ernährungszustände des Patienten und ist beim Ödem
erhöht. Die Elastizität, von welcher die Spannung abhängt, ist nicht hoch-
gradig und wesentlich durch das Alter beeinflussi Zustände von Überdehnung
der Haut gibt es im allgemeinen nicht. Die elastische Vollkommenheit der
Haut geht beim Ödem nicht verloren.
Ziegler (10) hat die feineren histologischen Gewebsveränderungen der
Haut und des Unterhautzellgewebes bei verschiedenen Formen des Ödems fest*
gestellt, wabei er sich besonders über das Auftreten und das Schicksal der
sog. freien Zellen ausspricht. Ausserdem werden die fixen Zellen, die ela»«
tischen und Bindegewebszüge, Kapillaren, Ödemflüssigkeit usw. eingehend
berücksichtigt. Er unterscheidet nichtentzündliche und entzündliche Ödeme.
Bei letzteren herrschen ein- und vielkemige Leukozyten in der Ödemflüssig-
keit vor.
Mann (6) bringt eine längere Abhandlung über das Ödem und unter-
scheidet dasjenige, welches durch Herzstörungen hervorgerufen wird, von dem-
jenigen, welches durch Nierenerkrankungen veranlasst ist. hx beiden Fällen
9chiebt er dem Chlornatrium eine besondere Bedeutung zu. Wenn viel Chlor-
natrium vorhanden ist, so bestehe auch viel Ödemflüssigkeit und umgekehrt.
Er bespricht sodann die Kryoskopie und den osmotischen Druck bei dieser
Erkrankung und geht zum Schluss auf die Behandlung ein. Die Arbeit hat
aber mehr für den inneren Arzt Interesse.
Stainforth (8) bringt zur Kasuistik des harten traumatischen Ödems
(Secr^tan) einen Beitrag. Ein Soldat zog sich eine Quetschung der rediten
inneren Kniegegend zu, konnte jedoch noch Dienst tun. Nach zwei Tagen
starke Schwellung des Gelenkes, an welche sich eine Schwellung an der Luien-
seite des Oberschenkels anschloss. Letztere bildete sich zu einem ^^hartem
Ödem^ aus. Heilung in zwei Monaten. (Es ist mir zweifelhaft, ob es sich
hier nicht vielmehr um die häufige Form der gerade am Oberschenkel vor-
kommenden Myositis ossificans vom Femurperiost ausgehend gehandelt hat.
Die klassiche Stelle für das Secretansche Ödem ist vielmehr der Hand-
rücken. Ref.)
Moreau (7) beschreibt einen Fall von sogenanntem hartem trauma-
tischen Ödem, welches bekanntlich zuerst Secrötan beschrieben hat. Der
Fall ist aber dadurch bemerkenswert, dass die Erkrankung im Oberschenkel
sass und nicht wie gewöhnlich an den Händen. Er vergleicht die Erkrankung
mit der von Beclus beschriebenen sogenannten Holz-Phlegmone und glaubt,
dass in der Tat beide Krankheiten dieselben sind. Er kommt zu folgenden
Schlussfolgerungen :
1. Unter dem Einfluss abgeschwächter Bakterien kann sich mehr oder
weniger schnell im Bindegewebe eine spezifisch chronische Infiltration aus-
bilden, welche sich von dem gewöhnlichen Ödem nur durch ein entzündliches
Exsudat unterscheidet.
Becker, Verletzangen und chirarg. Krankheiten der Haut etc. 101
2. Diese Infiltration hat eine grosse Neigang sich in hartes fibröses
Geirebe umzubilden und dieses wird in der Regel erst nach einer sehr langen
Zeit resorbiert.
3. Es kann zwar deutlich abgegrenzt sein, wie das beim harten trau-
matisdien Ödem an Hand und Fuss der Fall ist und ebenso auch bei der
Holzphlegmone. Es kann aber auch vorkommen, dass es nicht begrenzt ist
and mehr die Neigung hat, sich auszubreiten.
4. Das Charakteristische an dem ganzen Vorgang ist, dass er unbe-
grenzt lange dauern kann und dass er allen Behandlungsmethoden, welche
sonst beim-gewöhnlichen Ödem und allen entzündlichen Vorgängen nützen, trotzt*
Dopt er (2) lenkt die Aufmerksamkeit auf die histologischen Verände-
rungen der pheripheren Nerven beim chronischen Ödem, nachdem er mehrere
Fälle von Ödem infolge von Nieren-, Herz- oder Venenerkrankung hat mikro-
skopisch untersuchen können und kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Kranke mit chronischen Gliederschwellungen infolge von Herzstörung,
Nephritis oder Phlebitis zeigen in den infiltrierten Partien Störungen der
Motilität und Sensibilität, welche unter dem unmittelbaren Einfluss von
NeTvenstörungen stehen.
2. Diese Störungen sind zweierlei Art: a) eine hyaline Degeneration;
b eine Segment-Nekrose um den Achsenzylinder herum.
3. Die Segment Nekrose entsteht unter dem unmittelbaren Einfluss der
eindringenden Ödemflüssigkeit durch den Segment-Ring. Von hier aus breitet
sie sich in der ganzen Ausdehnung von einem bis zum anderen Segment aus,
zerstört nach und nach die Markscheide, greift aber den Achsenzjlinder
nicht an.
4. Ist der Achsenzylinder aber erst einmal hinreichend angegriffen, so
dass er die Leitung nicht hinreichend mehr versehen kann, so beginnt die
typische absteigende Degeneration desselben.
2. Entsttndnngen.
I. LedermanD, Ein Fall von Pyodermite v^götanie. Berliner klin. Wochenschr. 1905^
Nr. 6.
1 Pflanz, Ober Dermatitis nach Frimnla obeonica. Inang.-DiB8ert. Rostock 1905.
Pflanz (2) stellt in seiner Doktor-Dissertation einige Fälle von Derma-
titis nach Primula obeonica zusammen. Die Arbeit ist ohne chirurgisches
Interesse.
Ledermann (1) beschreibt einen Fall von pyodermite v6getante (Hal-
lopeau) bei einem Mädchen von 26 Jahren, bestehend im Auftreten von
Äl^essen und Pusteln auf der ganzen Körperoberfläche. Die Arbeit hat vor-
wiegend dermatologisches Interesse.
S. Speiiilsche Entzündungen.
1. Anglade et Jacqnin, Syndrome addisonien. Joum. de möd. de Bordeaux 1905.
Nr. 27. p. 493.
2. Andry, Gonococde mötastatiqne de la peao. Ann. de dermatologie et de sypb. 1905»
p 544.
3. Balz er, Dermatite bnlleose et onyxis tropho-neurotiqne au coura de rhumatisme
blenDorrhagiqoe. Progrds m^d. 21. i, 1905. p. 690.
i *— Contribntion k T^tnde clioiques du lupua exanth^matique. Ann. de derm. et de
syph. 1905. Nr. 7. p. 605.
102 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
5. Bensaude-Rivet, Les formes chroniques de porpura faömorrhagique etc. Arch.
de m^d. 1905. Nr. 4.
6. Bolton and Er e wer, A caae of extensive cntaneous diphtheria with an ez&imna
of the nervous System. Lancet 29. IV. 1905. p 1131.
7. *Darier et Walter, Tubercnlides papulo-n^crotiques. Soc. de Denn, et de Sypfa. I
Nr. 7 p. 621. Juill.
8. Doutrelepont, Histologische Untersachungen über die Einwirkung der Fins
bestrahlung bei Lapns. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 32.
9. Dreuw, HGl-Bebandlung des Lupus. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 14. p. ^
10. Fordyce, Finsen institut at Kopenhagen. Journ. of cut. dis. 1905. Nr. 11.
11. Graham, Aesculin in conjunction with Finsen light in the treatment of lupns valgra
Lancet 1905. Dec. 16.
12. Juliusberg, Über Tuberkulide und disseminierte Hauttuberkulosen. Mitteilangen
den Grenzgebieten. Bd. XIII. Heft 4, 5.
13. — Gefrierbehandlung bei Hautkrankheiten. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. IC
14. Elingmüller-Halberstädter, Über die bakterizide Wirkung des Lichtes bei
Finsenbestrahlung. Deutsche med. Wochenschrift 1905. Nr. 14.
15. Lesser, Zur Finsenbehandlung des Lupus. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 4
16. Diskussion Aber Lessers Vortrag betreffend die Finsenbehandlung bei Lupus. Berli:
klin. Wochenschr. 1905. Nr. 6. p. 159.
17. Morestin, Lupus de la face dorsale de la main etc. BulL et m^m. de la soc. an
de Paris 1905. Nr. 2. p. 166.
18. Morris, The light-treatment of lupus vulgaris. Lancet 1905. Oct. 28. p. 1241.
19. Praetorius, Über Muskelgummen im Frahstadium der Syphilis. Dlss. Rostock 19*
20. Robert, Purpura h^morrhagique et tuberculose chrönique. Th^se de Paris 1904. R
in Arch. g^n. de möd. 1905. Nr. 5. p. 299.
21. ALSlatineanu, Die Lupusbehandlung durch Tuberkulin. Revista Stiintzelor Me
cale 1905. Nr. 2. p. 104 (rumAnisch).
22. Strebel, Über kombinierte Behandlung des Lupus. Wiener med. Presse 1905. Nr. 4
23. *U n n a , Einiges Aber die Lupustherapie der Zukunft und der Vergangenheit Theraf
der Gegenwart Jan. 1905.
24. Vi dal. Du traitement du lupus. Bull, de Tacad. de möd. 1905. 8. Oct p. 203.
Anglade und J acqn in (1) beschreiben einen Fall von Addison sch<
Krankheit bei einem 12jährigen idiotischen und epileptischen Mädchen un
teilen den Sektionsbefund mit, bei welchem sich eine allgemeine Drüsei
tuberkulöse und eine Schrumpfung der Leber, der Nieren und der Nebei
nieren fand. Sie gehen von der kühnen Voraussetzung aus, dass die Epilepsi
eine „Sclerose cerebrale** sei und glauben so den Fall am besten erklärt z
haben.
Bolton und Brewer (6) berichten über einen Fall von Diphtheri
der Haut bei einem IV2 jährigen Mädchen, die an einer Wunde in der Weichen
gegend entstanden war, ob nach vorherigen Kratzeflfekten , ist zweifelhaft
Die Wunden heilten unter antiseptischen Verbänden. Das Kind starb abe;
nach einigen Wochen unter den Erscheinungen von Herzschwäche. Diphtherie
bazillen wurden in Reinkulturen nachgewiesen. Bei der Sektion Jane
sich fettige Myodegeneratio cordis, fettige Degeneration der Nierenepithelien,
keine nennenswerten Veränderungen am Zentralnervensystem. Der Fall isl
ein Beleg dafür, dass ohne bakteriologische Untersuchung die Diagnose a«i
Hautdiphtherie klinisch nicht gestellt werden kann.
Audry (2) behandelte in Tonlose einen 19jährigen Kaffeekellner an
Tripper mit folgenden Hautkomplikationen: 1. polymorphen, scharlachartigen
Erythemen, 2. gonokokkenhaltigen Pusteln, 3. subkutanen Abszessen, 4. gonor-
rhoischem Panaritium. Der histologische Befund exzidierter Stücke wird mit-
geteilt. Da die Krankheiten der Haut infolge von Tripper bislang nur (?)
von deutschen Autoren beschrieben sind und dieser Kranke ebenfalls deut-
Beeker, YerletzuDgen und chlrurg. Krankheiten der Haut eto. 1(J3
scher Abkunft ist, so sieht Verf. darin eine Prädisposition der germanischeii
Rasse (! ?L
Balz er (3) teilt folgende Beobachtung mit: 32 jähriger Sattler mit
Tripperrheumatismus im Schulter-, Ellbogen-, Hand- und Kniegelenke. Plötz-
licher Ausbruch einer sehr schmerzhaften Dermatitis bullosa an Handtellern
imd Fusssohlen, mit nachfolgender hartnäckiger Exfoliation. Gleichzeitig
iosfall der Nägel. In der Blase wurden Tripperkokken nicht gefunden.
Verf. halt die Erkrankung für tropho-neurotischer Natur,
Praetorius (19) konnte ein Muskelgumma in frühzeitiger Syphilis,
welches am rechten Unterarm eine pflaumengrosse Geschwulst im Pronator
tcres bildete, exzidieren und mikroskopisch untersuchen. Dabei fanden sich
Bindegewebszüge in Form eines feinfaserigen, sehr zellreichen Gewebes. Aä
den Gefassen bestand eine deutliche Wucherung der Adventitia und Intima,
so dass das Gefass gelegentlich völlig obliteriert war. Im Zentrum des Prä*
(•arates fanden sich mehrere nekrotische Herde; Riesenzellen sind nicht ge*
fanden. — Ähnliche Fälle stellt er aus der Literatur zusammen und kommt
zn folgenden Schlussfolgerungen:
Die Krankheitsdauer beträgt beim ersten Auftreten der Gummen durch-
schnittlich 2 — 7 Monate, bei gutartigem Verlaufe 2 — 10 Monate. Das männ-
liche Geschlecht überwiegt ; Lebensalter schwankt zwischen 20 und 30 Jahren,
Der Sitz der Erkrankung war in drei Fällen die Zunge, in einem der Kopf-
tiicker und in sämtlichen übrigen Fällen die Extremitätenmuskulatur. Die
(jrösse des Tumors schwankt ionerhalb weiter Grenzen, von Haselnuss- bis
Apfelgrösse. Die Konsistenz ist gleichmässig derb. Bei eintretender Ein-
schmelzong ent^steht Fluktuation. — Verlauf ist gutartig. Nach eingeleiteter
Behandlung verschwindet die Geschwulst in 14 Tagen bis 3 Monaten; in
vielen Fällen wird ausdrücklich bemerkt, dass eine erkennbare Verletzung
der Muskulatur oder sonstige äussere Schädigungen nicht vorgelegen haben.
Jnliusberg (12) teilt die Beobachtungen der Neisserschen Klinik
über sogen. Tuberkulide mit und beschreibt zunächst Liehen und Acne
^c^oph1llosorum. Tuberkulide mit zentraler Nekrose sind der Lupus erythe-
matodes disseminatus (Boeck) oder Folliclis (Barthelemy). Meist zu
Beginn der kalten Jahreszeit treten auf den Streckseiten der Extremitäten
Knötchen auf, die im Zentrum zerfallen, ein kleines Geschwür bilden und
einer deprimierten, mit einem Pigmentsaum umgebenden Narbe heilen. Ahn*
lieh und kaum nnterscheidbar sind die „Tuberculides nodulaires", auch die
Falle Ton Erythema indurativum mit platten Infiltraten. Die Prognose aller
dieser Erkrankungen ist günstig. Gelegentlich hat man Tuberkelbazillen in
ihnen gefunden ; oft scheinen sie indessen nur durch Tuberkeltoxine verur-
sacht zu sein. Sie reagieren prompt auf Alt-Tuberkulin.
Bensaude und Rivet (6) besprechen die chronischen Formen der
Pwpnra haemorrhagica, welche grosse Seltenheiten sind. Sie selbst haben
U Fälle derart beobachtet und in der Literatur etwa 20 vorgefunden. Die
Krankheit tritt in zwei verschiedenen Formen auf. Die erstere, sogenannte
kontinuierliche Form ist sehr selten. Er handelt sich um Kranke, die meist
an Magen- und Darmstörungen leiden und sehr elend aussehen. Untersucht
man sie genauer, so findet man bei ihnen einige Ekchymosen oder Purpura-
Flecke, worauf sie erklären, dass sie diese schon seit Jahren hätten, denselben
aber keine Bedeutung beilegten, da sie schnell immer wieder verschwunden
wären. Die Kranken neigen zu Nasen- und Zahnfieischblutungen. Die zweite,
101 Jahresbencht für GhirOrgie. I. Teil
sogenannte intermittierende Form, scheint häufig vorzukommen. In Zwischen-
räumen von Monaten und Jahren -treten häufig isolierte Blutungen, Nasen-,
Magen- und Hautblutungen auf. Es ist dieses das klassische Bild der soge-
nannten Werl ho ff sehen Krankheit. Die Kranken haben das Gefühl der
allgemeinen Ermattung, der Gliederschwere und sehen blass aus. Die Krank-
heit dauert verschieden lange, oft recht lange Zeit, selbst länger als 20 Jahre.
Die freien Zwischenräume können auch 7, 8, 10, in einem Falle sogar 17
Jahre lang dauern. Die Kranken sterben meist an einer interkurrenten
Krankheit. Kie Krankheit darf nicht mit Hämophilie verwechselt werden,
welche in einer mangelhaften Gerinnungsfähigkeit des Blutes beruht und bei
der der Blutkuchen sich unter der Einwirkung von Wärme in normaler Weise
zusammenzieht. Bei der Purpura haemorrhagica dagegen gerinnt das Blut
zwar zur normalen Zeit, aber der Blutkuchen zieht sich absolut nicht zu-
sammen. Ausserdem besteht eine deutliche Verminderung der roten Blut-
körperchen. Es liegt nahe, anzunehmen, dass die Krankheit auf irgend einer
Blutveränderung, wie bei der Cholämie oder toxischen Prozessen infolge von
Magen- und Darmstörungen, oder endlich infolge von Mikrobeneinwirkung
wie bei der Malaria beruht. Letzterich hat einen Bazillus dafür verant-
wortlich gemacht. Die Verfasser haben ebenfalls danach gesucht, aber ver-
geblich. Dagegen haben sie in fünf Fällen den Tuberkelbazillus nachweisen
können und in fünf weiteren Fällen halten sie die Tuberkulose für sehr
wahrscheinlich.
Robert (20) hat in seiner Doktor-Dissertation ebenfalls Beweise er-
bracht, dass Purpura haemorrhagica und Tuberkulose vielfach miteinander
Hand in Hand gehen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Behauptung auch
anderweitig Bestätigung finden wird.
Fordyce(lO) gibt einen kurzen Reisebericht über das Finseninstitut
in Kopenhagen und die dortige Lupusbehandlung, die ausser dem Lichte auch
alle anderen Heilfaktoren berücksichtigt. Täglich werden oft 200 Kranke
behandelt; den anderen Kliniken ist das Material entzogen.
Max Juliusberg (13) hat in der Neisserschen Klinik sich einen
kleinen Brausekopf von IV» cm Durchmesser mit mehreren Öffnungen auf
eine Kohlensäurebombe montieren lassen und gefriert damit die Haut ein.
Schon nach wenigen Sekunden ist die Haut fest und hart gefroren und bleibt
etwa 20 — 30 Sekunden in diesem Zustande. An exzidierten Stücken konnte
er mikroskopisch alle Stadien der Entzündung feststellen. Es schliesst sich
dauernd eine zerstörende und ätzende Wirkung in den oberflächlichen Schichten,
Bei nachfolgender Salzsäureätzung (nach Dreuw) werden auch die tieferen
Schichten nekrotisch. Letztere Methode wird daher vorwiegend bei Lupus
und Kankroid in Frage kommen.
D r e u w (9) demonstrierte im Hamburger ärztlichen Vereine seine bereits
mehrfach publizierte (vgl. Jahrgang 1904, S. 130) Methode der Salzsäureätzung
des Lupus, welche sich besonders für den praktischen Arzt sehr eigne, und
zeigte an mikroskopischen Bildern die Ätzwirkung. Seine Resultate sollen
gut sein.
Vi dal (24) macht der Acad^mie de Medecine eine Mitteilung über die
Behandlung des ulzerierten Lupus und anderer Tuberkulosen mittelst direkter
Sonnenstrahlen. Es werden vier geheilte Fälle mitgeteilt: 1. Ulzerierter Lupus;
2. tuberkulöse Halsdrüsenfisteln ; 3. mehrjährige Kniegelenktuberkulose ; 4. ;, Ar-
thritis sicca mit chronischen Hygromen an beiden Knien^. In allen vier
Becker, Verletsangen and chirarg. Krankheiten der Hant etc. 105
FMkai soUen Seeluft, Wärme und gute Emähmng wirkungslos geblieben sein.
Eine Diskussion schloss sich an den Vortrag nicht an.
Strebe! (22) behandelt die verschiedenen Methoden der Lupusbehand-
huig Tom dermatologischen Standpunkte und zieht in temperamentvoller Weise
aber die ^klägliche Pfuscharbeit^ der Chirurgen her, welche ;,ihre Hände
lieber davon lassen^ sollten, statt Lupus zu exstirpieren. Andererseits warnt
er Tor zu übertriebenen Hoffnungen bei der Lichttherapie. Am wichtigsten
ist die Beurteilung, wie tief der Lupus sitzt. Die Lichtstrahlen haben wenige
ebe primäre, keimtötende Kraft, sondern sie erregen vielmehr eine neue
Entzündung in einer alten, trägen, spezifischen Entzündungszone und dadurch
werden die Bakterien abgetötet. Natürlich bedarf man dazu grosser Strom-
stärken. Auch die Qualität des Lichtes spielt eine Rolle. Für tiefere Lupus-
herde eignet sich z. B. das konzentrierte Eisenlicht absolut nicht. Streng zu
rö^en ist die nachlässige Behandlung der Apparate, über die viel geklagt
wird; Hautverbrennungen und ausbleibender Erfolg sind die Folge. Schlecht
oder gar nicht für die Lichttherapie eignet sich der Lupus tumidus und die-
jenigen flächenhaften Lupusformen, welche tiefbraune Knotenherde in sich
enthalten. Auch jene Formen von Lupus, wo bereits grosse Strecken in
Xärbengewebe verwandelt sind, und wo sich unterhalb der Narben neue
Knoten bilden, sowie Lupus verrucosus wird man schwerlich beeinflussen
können. Gute Resultate bekommt man dagegen beim disseminierten, serpigi-
oösen sowie ulzerösen Lupus. Hieran anschliessend bespricht er die ^^von
ihm in die Therapie eingeführten Methoden^ mit Induktionsfunkenlicht,
£lektix>-Photokaustik, Hochfrequenzfunken und Kathodenstrahlen, sowie Rönt*
gentherapie und Radiotherapie. Von der Sensibilisierungsmethode (Dryer)
und der Eosinmethode (Jessionek) hält er nichts. Etwas mehr schon von
Heissluftmethode (Holländer), Thermokauter, Exzision und chemischen Ätz^
methoden.
Lesser (15) hielt in der Berliner medizinischen Gesellschaft einen Vor-
trag über die Finsenbehandlung des Lupus. Um ein endgültiges Urteil
über das Fembleiben von Rezidiven sich zu bilden, ist der seit Einführung
der Methode verstrichene Zeitraum von 10 Jahren zu kurz. Indessen ist
erwiesen, dass Rezidive nach der Finsenmethode länger ausbleiben als nach
der Mehrzahl der anderen Behandlungsmethoden. Das geht unzweifelhaft aus
den Kopenhagener Zusammenstellungen über 800 Fälle hervor. Hinsichtlich
dfö kosmetischen Erfolges wird die Finsenmethode durch keine andere er-
reicht. Die Art der Wirkung beruht darin, das die Lichtstrahlen elektiv
wirken, nur das Kranke zerstören und im umgebenden gesunden Gewebe
Entzündungserscheinungen hervorrufen. Falsch ist es, die Lichtbehandlung
als Allheilmittel hinzustellen, sie ist aber eines der besten Mittel. Zum Schluss
Tergieicht er sie kurz mit den übrigen bekannten Methoden. In der an-
schliessenden Diskussion (16) bestreitet Levy-Dorn zunächst, dass die
Finsen Wirkung ausschliesslich auf der Einwirkung der chemischen Strahlen
benihe. Dass eine Wärmewirkung dem Patienten nicht zum Bewusstsein
käme, läge daran, dass die abgekühlten Kompressorien dieses verhüteten.
Trotzdem könnten aber die Wärmestrahlen wirksam sein. Er empfiehlt einen
Apparat von Marie, bei dem die Bogenlampe direkt am Kompressorium
befestigt ist, so dass der Abstand von Lampe bis Haut nur ö cm beträgt.
Holländer empfiehlt seine Heissluftapparate als besonders für den Schleim-
hautlnpus geeignet, der bekanntlich in 60 7o der Fälle vorliege und für
106 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
Finsenbehandlung unzugänglich sei. Blaschko tritt für die chemischen
Mittel (Kalilauge, Salzsäure, Pyrogallussäure) und insbesondere das Alttuber-
kulin ein. Auch Senator empfiehlt letzteres. Fritz Lesser betont, dass
der kosmetische Erfolg der Finsenbehandlung zu teuer erkauft werden
müsse. Für die ärmere Bevölkerung kämen nur Methoden in Frage, die
schnelle und gründliche Heilung herbeiführten.
Malcom Morris (18) teilt seine Erfahrungen über die Lichtbehand-
lung des Lupus vulgaris mit, welche er in 5^/2 jähriger Praxis gewonnen hat.
Er benutzt die Reynsche Modifikation der Finsenlampe, weil sie wohl-
feiler, aber gleich wirksam ist. Die Lorten-Genoud-Lampe ist nutzlos,
da ihre Strahlen nicht tief genug eindringen. Er hat Erfolge mit dieser
Methode erzielt, die diejenigen aller anderen Methoden in den Schatten
stellen. Der Lupus vulgaris ist aber bekanntlich so variabel, dass es für ihn
keine Universalmethode geben kann; insbesondere sind alle Fälle, in denen
bereits eine Allgemeininfektion eingetreten ist, für alle Methoden verloren. Wo
der Lupusherd nur klein ist und nicht in die Tiefe dringt, ist Finsens
Methode die beste von allen. In Fällen, wo der Lupus sich schnell auf die
Nachbarschaft ausdehnt, empfiehlt sich die Kombination mit Röntgenbestrah-
lungen; letztere eignen sich besonders bei sehr ausgedehnten Erkrankungen.
Da die Röntgenstrahlen überdies eine grössere zerstörende Kraft und Tiefen-
wirkung entfalten, die Expositionszeit und der Nachschmerz kürzer ist, so
haben sie ebenfalls ihre Vorteile; insbesondere auch bei allen ulzerierten
Fällen, wo sich die Kombination mit Chemikalien empfiehlt. Von seinen 75
Fällen stellten 21 kleine, 31 mittelgrosse und 18 sehr ausgedehnte Herde
dar; in 23 Fällen waren die Schleimhäute erkrankt. Von der ersten Kate-
gorie ist die Mehrzahl geheilt und jahrelang rezidivfrei geblieben. In der
Mehrzahl der Fälle der zweiten Gruppe wurde nur eine zeitweilige Heilung
erzielt, Rezidive waren häufiger. In nur zehn Fällen der dritten Gruppe
wurde nach mehrfachen Rezidivoperationen Heilung erzielt, die übrigen Kranken
waren wegen Rezidiven in andauernder Behandlung. Daraus ergibt sich, dass
die Lichtbehandlung in ihren Endeffekten nicht andauernder ist als andere
Methoden. Vorteile der Methode sind die guten kosmetischen Erfolge, Nach-
teile die lange Behandlungsdauer und ihre Kostspieligkeit. Alles in allem
ist die Methode in ihrer Nutzanwendung sehr beschränkt. Da sie nur
oberflächlich wirkt, so wird die Mehrzahl der Fälle, welche vom Naseninnem
ausgeht, durch sie nicht beeinflusst.
Doutrelepont (8) teilt ausführlich das Ergebnis seiner histologischen
Untersuchung bei der Lupusbehandlung mit der Finsen-Reyn-Lampe mit^
auf welche im einzelnen verwiesen werden muss. Nach ihm kommt es dabei
so .gut wie nie zur Abtötung der Tuberkelbazillen, sondern nur zu neuer
heftiger Entzündung, mit dem Endresultat, dass die pathologischen Zellen
nekrotisch werden und Bindegewebe neugebildet wird, entweder aus Lympho-
zyten oder aus den Kernen der epitheloiden Zellen oder der fixen Binde-
gewebszellen.
Klingmüller und Halberstädter (14) kommen auf Grund von
Tierversuchen zu dem Ergebnisse, dass bei der Finsenbehandlung selbst
verhältnismässig oberflächlich gelegene Tuberkelbazillen nicht abgetötet werden,
dass also die dem Licht zukommende, sehr starke, bakterientötende Kraft
keine Rolle spielt bei der Behandlung der Hauttuberkulose. Es können also
Becker, Yerletzungen und chiiiirg. Krankheiten der Haut etc. 307
di> so überaus günstigen Erfolge der Finsenbehandlung beim Lnpus vul-
jTiris nicht auf der bakteriziden Wirkung des Lichtes beruhen.
Graham (11) hat bei der Finsenbehandlung des Lupus die Kmi
>»>nsibilisiert durch Einspritzungen von Äskulin, einem Glykosid, welches aus
der Borke der Pferdekastanie (Aesculus hippocastanum) gewonnen wird, ins-
besondere im März, vor Beginn der Blütezeit. Es muss frisch bereitet und
in alkalischer 2 — 3^/oiger Lösung verwendet werden. Der Urin zeigt 15
Minuten nach der Lijektion Fluoreszenzerscheinungen. Er hat bis zu 100 In-
jektionen bei demselben Kranken gemacht, ohne üble Symptome beobachtet
m haben. Äskulin soll nach seinen Studien kräftig die ultravioletten Strahlen
absorbieren und dadurch die Wirkung des Fi nsen lichtes unterstützen. Die
Narben sind keloidartig. (Zweifelhafter Vorteil? Ref.)
In einem Falle von Lupus der Nase wandte Slatineanu(21)die Tuberkulin-
mjektionen an, mit vorübergehender Besserung. Stoi'anoff (Vama).
Morestin (17) beschreibt einen bemerkenswerten Fall von Lupus deft
H^drückens und der Finger infolge einer Gelenktuberkulose am Mittelfinger^
welche bereits 10 Jahre lang bestand und niemals ordentlich behandelt war.
I^r Mittelfinger musste entfernt werden und die gesamte Haut der Hand,
des Zeigefingers und vierten Fingers wurde vollständig entfernt. Um diese
grosse Wunde zu decken, bildete er aus der Bauchhaut unterhalb des Nabels
i'inen grossen viereckigen Lappen mit der Basis nach unten, fixierte die Hand
ä]if den Bauch und schlug den Lappen über Handrücken und Finger hinüber.
Xach drei Wochen durchtrennte er den Stiel des Lappens, welcher auf dem
ILmdrücken gut angewachsen war. Um nun den kolossalen Defekt in der
Banchhaut zu decken, unterminierte er dieselbe in weiter Ausdehnung nach
allen Richtungen hin. Am meisten hinderlich war der Nabel , weil hier die
Hant verwachsen war und sich nicht verziehen liess. Er umschnitt ihn des-
yb, so dass er wie mit einer Art Halskrause umgeben war, zog jetzt kräftig
'lie Haut nach nnten und machte an einer höher gelegenen Stelle ein Knopf-
loch durch die Haut, durch welches er den Nabel herauszog und mit einigen
Mhten fixierte. Auf diese Weise liess sich der anfangliche Defekt von 14 cm
Länge und 9 cm Breite durch die direkte Naht schliessen. Die Hand war
dnrch die Hautlappenbildung wieder brauchbar geworden. Beide Wunden
heilten tadellos. — Allerdings hat die Kranke später ein Rezidiv bekommen.
4. Progressive ErnShrungsstörungen.
a) Hypertrophie.
1. ßearmaniiy Psomsis et ichthyose. Ann. de denn, et syph. 1905. Nr. 11. p. 873.
2- ~ Cb^oldes secondaireB ä des cicatrices syphilitiqaeB (nature infectiease des chöloYdes).
AojL de derm. et syph. 1905. Nr. 12.
3. Broasse et Brnc, üo cas de pemphigas foliac^ primitif. Ann. de denn, et de syph. 1905»
Nr. 11.
^ Brimacombe, The histo-pathoiogy of sebon-hoea etc. The Lancet 18. IL 1905.
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". Hallopeau et Dnranton, Sar an cas de mycosis fongoYde ä grands crat^res con-f
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Nr. 11. p. 862.
^< — et Gran Cham p, Sar an mykosis fongolde a forme lichenoide et en placards avec
localisation initiale et disposition en groapes circin^s. Annales de dermatolog. et de
«yphü. 1905. Nr. 11. p. 864.
108 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
9. Kuhn, Zur Kasuistik und Therapie der Elephantiasis. Wiener klin. Wochenschr. 1905.
Nr. 21.
10. Markwald, Lipomatosis einzelner Extremitäten. Deutsche med. Wocheuschr. 1905.
Nr. 11. p. 448.
11. Merk, Hautsymptome der Pellagra. Wiener med. Blfttter 1905. Nr. 46. Bdl. Halb-
monatsschrift fQr Haut- etc. Krankh.
12. — Mykosis fungoides. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 15. p. 894.
13. Mibelli, A propos de deuz nouveaux cas de Porokeratose. Aon. de dermat. et
syph. 1905. Nr. 6. p. 503.
14. Nicolan, Contribution k l'^tude clinique et histologique des manifestations cutan^es
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Nr. 8 et 9.
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p. 230.
16. Pelagati, Mykosis fungoides und Leukämie. Monatshefte für prakt. Dermatologie.
Bd. 89. Nr. 7.
17. Riehl, Ichthyosis congenita. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 21. p. 500.
18. *Robbin8, Some observations on leucoderma (Addison*s keloid). Med. News 1905.
Dec 30. p. 1260.
19. Sorrentino, Über einen Fall von Elephantiasis nostras ▼ulvaris. Arch. f. Denn. u.
Syph. Bd. 71. Heft 2 u. 3.
20. Stintzing, Ad Keloide. MOnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 2. p. 94.
81. Swoboda, Sog. Elephantiasis congenita. Wiener med. Wochenschr 1905. Nr. 40.
p. 1926.
22. Thibierge, Scl^rodermie syst^matis^ de la face. Ann. de dorm, et syph. 1905. Nr. 12.
28. Truffi, Sur un cas de Porokeratose systämatisöe. Ann. de dorm, et syph. 1905.
Nr. 6. p. 521.
2i. Westphal, Zwei Fälle von Elephantiasis bei Dementia praecox. Deutsche medisin.
Wochenschr. 1905. Nr. 15. p. 612.
Brimacombe (4) bespricht die Histopathologie der Seborrhoea und
Psoriasis, die er für einander nahe verwandt hält und kommt zu folgenden
Schlnssfolgerungen : Bei beiden zeigt die Haut wichtige Veränderungen. Das
Bindegewebe ist verdickt, hat geschwollene Bündel und zeigt eine Wucherung
seiner Zellen. Die Lymph- und Blutgefässe sind erweitert und die Umgebung
ihrer Wandungen mit Leukozyten bedeckt. Die Talgdrüsen sind atrophisch ;
in besonders hervorragendem Masse aber die Schweissdrüsen und deren Aus-
führungsgänge. Dort) wo die Epithelzellen geschwollen sind, ist die Lichtung
des Ganges sowohl wie der Drüsen erweitert und wo die Epithelzellen atro-
phisch sind, da ist die Lichtung verengt bis zur Berührung der Zollager.
Der Ausführungsgang der Schweissdrüsen zieht sich in die Länge. In lange
bestehenden Fällen von Psoriasis verschwindet das Ödem des Bindegewebes
und die Tiefe der Kutis nähert sich mehr dem Normalen. Li diesen Fällen
ist also die Atrophie der Schweissdrüsen und ihrer Ausführungsgänge das
Primäre, was am meisten charakteristisch ist. Die begleitende Entzündung
muss als ein sekundärer Prozess im Gegensatz zu Unnas Ansicht betrachtet
werden, welcher sie als primäre und nicht als eine sekretionale Störung
auffasst.
C o n d e r (5) bringt zunächt eine ausführliche Darstellung der Geschichte,
Symptomatologie und pathologischen Anatomie der Addisson sehen Krankheit
und teilt sodann drei eigene Fälle mit, in deren einen die Nebennieren und
der Plexus solaris intakt waren. Die Arbeit hat wenig chirurgisches Interesse.
Stintzing (20) stellt in der Naturwissenschaftlich-Medizinischen Ge-
sellschaft zu Jena einen 36 jährigen Kranken mit zahlreichen Keloiden vor,
welche vor 11 Jahren begonnen hatten. Eine Ursache dafür war nicht an-
Becker, Yerletsmigen md ohirnrg. Knakheitea der Haut etc. 109
iQgeben; Verletzungen ausgeacUossen. Das grösste und älteste Keloid fand
sieh üb^ dem Brostbein, hatte eine rechteckige Gestalt von 6 : 3,5 cm and
überragte das Niveau der Haut um 1 cm. Nach Ezzision haben sich mehr-
fach Rezidive gebildet, Einspritzungen von Thiosinamin sind wirkungslos ge-
wesen, ebenso Finsenbehandlung. Verkleinert haben sich nur einige der Röntgen-
Bestrahlung ausgesetzte grössere Herde.
Beurmann und Gougerot (2) beschreiben bei einem 27 jährigen
Manne mit rapid verlaufender, sehr maligner Syphilis sekund&r auftretende
Keloide und schliessen daran Beobachtungen über die Wahrscheinlichkeit der
infektiösen Natur der Keloide.
Beurmann und Gougerot (1) teilen einen Fall von gleichzeitigem
Vorkonmien von Psoriasis und Ichthyosis bei einem 28jährigen Erdarbeiter
mit; ohne chirurgisches Interesse.
Riehl (17) stellte in der Wiener Gesellschaft der Ärzte ein 1 Vi jähriges
Mädchen mit angeborener Ichthyosis als ungemein seltenen Fall vor.
Der ganze behaarte Kopf war von einer harten zerklüfteten Homschale be-
deckt, beide Ohrmuscheln in schwielige Hommasse eingebettet und an der
Schädelwand fixiert. Der ganze Rumpf ist mit einem Hompanzer massiger
Dicke bekleidet, der durch ein Furchensystem in einzelne Schilder geteilt ist.
Die Mächtigkeit der Homauflage beträgt 1 — 3 mm. Kinder mit Keratosis
uniTeisalis foetalis werden entweder tot geboren oder sterben einige Stunden
nach der Geburt. Daher ist dieser Fall besonders bemerkenswert.
Nico I an (14) bespricht einleitend die heutigen Ansichten über Leu«
kämie und Pseudoleukämie und schildert dann an zwei Krankengeschichten
ans der Bemer Haut- Klinik die verschiedenartigen Hauterscheinungen bei
diesen Krankheiten, welche man in zwei Gruppen teilen kann: 1. Bildung
TOD Geschwülsten zumal im Gesicht bei Leukämie; 2. pruriginöse Derma-
tosen, welche häufiger bei Pseudoleukämie auftreten.
In der Vereinigung Niederrheinisch -Westfälischer Chirurgen zeigt Mark-
wäld (10) zwei schöne Präparate einer höchst seltenen und merkwürdigen
Veränderung der Gewebe der unteren Gliedmassen. Es handelt sich um eine
exzessive Wucherung des Fettgewebes, infolge derer die Extremität ein plumpes
monströses Äussere gewinnt, das der Elephantiasis sehr ähnlich sieht, mit
dieser aber gamichts zu tun hat. Es ist eine reine Lipomatose. Seit
20 Jahren sind einzelne Fälle derart in der Literatur beschrieben : Das eine
Präparat, der Hnke Fuss eines 20 jährigen Mädchens, zeigt eine enorme Ver-
grösserung der grossen und zweiten Zehe. Am zweiten Präparate, das von
einem fünfjährigen Knaben stammt, erstreckt sich die WucherungsancMnalie
anf den ganzen Unterschenkel und Fuss. Ätiologie unklar. Bei der mikro-
skopischen Untersuchung findet sich überall normales Gewebe, nur die Epi-
dermis ist etwas verdickt. Die Lymphgefasse sind dünnwandig, an den
Senen nichts Krankhaftes. Nur das Fettgewebe wuchert schrankenlos. Die
Verdickung und plumpe Form des Fusses wurde bei dem Knaben bereits bei
der Geburt entdeckt, im ersten Jahre führte die Wucherung bereits zur Ver-
steifung des Fussgelenkes. Auch zeigte sich, dass der Knochen des erkrankten
linken Unterschenkels dick^ als der rechte war. Die Fettwucherungen gingen
in den Knochen hinein, so dass dieser von ihnen durchsetzt war. Es bildet
sich Fettmark und unter dem Einflüsse der Wuchenmgsvorgänge kann auch
das Längenwachstum der Extremität in abnormer Weise zunehmen.
110 Jahresbericht fflr Chirargie. I. Teil.
Brousse und Bruc (3) beschreiben einen Fall von Pemphigus foliaceus
bei einem 46 jährigen Manne, der tödlich endete. Ohne chirurgisches Inter-
esse. Eine Tafel Abbildungen.
Thiebierge (22) beobachtete bei einem 15jährigen Mädchen Sklero-
dermiestreifen im Gesicht, welche senkrecht von der Glabella bis Nasen-
wurzel und von dem rechten Ohre über die Wange verliefen. Vor 3 Jahre
Beginn, seit einem Jahre Stillstand des Leidens.
Nicolas und Favre (15) teilen einen Fall von Sklerodermie und
Raynaud scher Krankheit mit. Es handelt sich um ein 22 jähriges Mädchen
die beide Erkrankungen in ausgedehntem Masse hatte. Auf die Einzelheiten
kaim nicht näher eingegangen werden ; bemerkenswert ist, dass bei der Rönt-
gen-Photographie das Knochengewebe der Finger-Phalangen raretiziert, am
Endglied des Mittelfingers geradezu wie abgenagt erschien und bis zur Hälfte
vollständig geschwunden war. Am rechten Zeigefinger bestand dieselbe Er-
scheinung, nur nicht in so ausgedehntem Masse. Röntgen-Bilder sind bislang
in diesen Fällen nur selten gemacht.
Die Arbeiten von Mibelli (13) und Truffi (23) behandeln eine sel-
tene Hautkrankheit, die ersterer 1893 entdeckt und als Porokeratose be-
zeichnet hat. Ohne chirurgisches Interesse.
K u h n (9) teilt die Krankengeschichte einer 45jährigen Frau mit, welche
seit 15 Jahren alljährlich oft mehrere Erysipele an den Beinen gehabt hat.
Jedesmal blieben neue chronische Bindegewebsverdickungen zurück. Durch
mehrere gute Abbildungen wird dieser Fall von kolossaler Elephantiasis
gut illustriert. Wegen Herzfehlers konnte sie nicht narkotisiert werden. Es
wurde ihr daher ohne Narkose in zwei Sitzungen je ein grosser, 2 bezw.
6 Pfund schwerer, gestielter Tumor entfernt. Beide Male heilte die Wunde
nach vorübergehender Lymphorrhöe gut. Die mikroskopische Untersuchung
ergab das bekannte Bild der chronischen Entzündung mit Bindegewebsneu-
bildung und Gefassverdickung.
Westphal (24) stellte zwei Patientinnen mit Dementia praecox vor,
welche an Elephantiasis litten: bei der einen fand sich die Erkrankung
am rechten Unterschenkel und Fuss, bei der anderen Kranken an den Scham-
lippen. Möglicherweise kann man sich die Fälle so erklären, dass die mangel-
hafte Reinlichkeit der Haut bei Geisteskranken zu Ödemen führt und aus
diesen bekanntermassen sehr leicht elephantiastische Verdickungen hervor-
gehen.
Sorrentino (19) fand bei einer Frau, die vor vier Jahren einen
Tripper mit Bubonen durchgemacht hatte , eine binnen sechs Monaten ent-
standene Elephantiasis der grossen und kleinen Schamlippe. Er amputierte
sie und vernähte die Wunden. Genaue Beschreibung des mikroskopischen
Befundes mit 3 Tafeln, Abbildungen. Hält den Trippercoccus für ursächlich
für die Elephantiasis. Einzelheiten im Original nachzulesen.
Sowoboda (21) beschreibt einen weiteren Fall (vergl. Jahresbericht
für 1904, Seite 138) von kongenitaler Elephantiasis des rechten Armes bei
einem Neugeborenen, der nach sechs Tagen starb. Sektion verweigert.
Hallopeau und Duranton (7) und Hallopeau und Granchamp
(8) bereichem die Fälle von Mycosis fungoides um kasuistische Mitteilungen.
Siehe Original.
Pelagati (16) beobachtete einen zwar nicht ganz typischen Fall von
Mycosis fungoides, bei dem er einen Blutbefund wie bei myelogener Leukämie
Becker, Yerletzangen.and chinirg. Krankheiten der Haat etc. 111
erhob. Er fasst die Hautefloreszenzen als Metastasen der Leukämie anf. Der
Fäll regt dazn an, in Fällen von Mykosis stets das Blut zu untersuchen.
Merk (12) berichtet kurz über einen Fall von Mycosis fungoides bei
einem 56 jahrigen Manne, der seit sechs Jahren an chronischen, sehr hart-
nackigen Ekzemen litt. Allmählich bildeten sich eigentümliche Infiltrationen
und derbe 7 knotige Schwellungen in der Achselhöhle und Brusthaut. Es
lautete also die Diagnose auf Mycosis fungoides am Ende des prämykotischen
Stadiums.
(ran eher (6) bespricht in zwei ausführlichen Artikeln die Mycosis
fungoides. Im ersten Artikel bespricht er zunächst die Prädromalerschei-
Dungen und die eigentliche Krankheit, im zweiten dagegen den Verlauf, die
Diagnostik und die Behandlung. Der eigentlichen Erkrankung gehen in
vitalen Fällen Erkrankungen der verschiedensten Art vorauf, insbesondere Ek-
»fme von lebhaft roter Farbe, die zu Pruritus neigen, ferner Psoriasis, deren
Flecke sehr stark über die Hautoberfiäche hervorragen, femer Liehen und
«rtidlich Urtikaria, ebenfalls durch ein lebhaftes Rot ausgezeichnet. Alle diese
Eruptionen haben eine lange Dauer, erscheinen und verschwinden wieder,
alx^r sie sind doch im allgemeinen hartnäckig und bestehen oft mehrere
.lahre hindurch. Gerade dieses ist charakteristisch für das spätere Auftreten
der Mykosis. Im Laufe der Jahre werden diese Eruptionen hartnäckiger,
verschwinden seltener und man merkt in ihrer Umgebung eine rötliche Ver-
härtung der Haut, die allmählich mehr in die Tiefe fortschreitet und so zu
«•iner wirklichen ausgebreiteten harten Geschwulst wird. Indessen muss be-
merkt werden, dass diese Hauterkrankungen auch allmählich verschwinden
können, ohne jegliche Spuren zu hinterlassen. Dieses Vorstadium dauert sehr
lange, selbst bis zu 20 Jahren, aber es ist interessant, dass man hieraus
schon mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die spätere Mykosis schliessen kann.
Die Tumoren der letzteren sind sehr charakteristisch, haben die Grösse einer
Haselnuss oder Walnuss, eines Eies, sind häufig gelappt und erinnern in
Kestalt und Farbe auffallend an Tomaten. — Gesellen sich Blutungen hinzu,
so erscheinen sie violett und selbst schwarz.* Die Geschwulst sitzt auschliess-
lich in der Haut und lässt sich gegen die Unterlage hin und her bewegen.
Am häufigsten sitzt sie auf dem Rücken, sowie an den Schultern und der Hüfte.
In allen Fällen können die Geschwülste eine Zeitlang stationär bleiben.
Eine grosser Teil von ihnen verschwindet, ohne Spuren zu hinterlassen, was
wichtig für die Behandlung ist. Man braucht sich nicht einzubilden, dass
däs Arzneimittel, welches man anwandte, geholfen hat, denn bald erscheint
wieder eine neue Geschwulst und die Krankheit nimmt ihren verhängnisvollen
Verlauf. Am allerhäufigsten zerfallt der Tumor, entleert eine fadenziehende,
aber nicht stinkende Flüssigkeit, welche zu dicken Borken eintrocknet. Die
Milz vergrössert sich, wie bei allen Infektionskrankheiten, selbst die Lymph-
drusen sind häufig verjgrössert und verhärtet. In einer gewissen Reihe von
FäUen sind die weissen Blutkörperchen vermehrt. Der Verlauf der Krank-
heit ist oft langsam; sie dauert 10 Jahre und mehr. Es gibt nur einen
Vall, welcher wirklich geheilt ist. Im letzten Stadium treten Durchfalle
hinzn, Lungenentzündung und allgemeine Kachexie. — Bei der Sektion findet
man Geschwülste , welche aus Bindegewebe mit einem feinen Netzwerk be-
stehen, in denen zahlreiche junge Bindegewebszellen angehäuft sind. Der
^aU gleicht am meisten demjenigen eines Rundzellensarkoms, wie überhaupt
der Verfasser seit Jahren die Theorie verficht , dass die Mykosis fungoides
112 Jahreeborichi fttr Chunxrgi». I. Toil.
nicbts weiter sei als eine besondere Art von Hantaarkom. Die meisten
deutschen Antoren schliessen sich seiner Ansicht an, während französische
Forscher die Krankheit für eine L3rmphadenitis der Haut ansehen. —
Philipson hat gezeigt, dass die anfänglichen Haut-Eruptionen mikroskopisch
denselben Bau wie die schliessUohen Tumoren haben. Die Ursache der Er-
krankung ist unbekannt. Sie tritt nach dem 40. Jahre auf und befällt haupt-
sächlich das männliche Geschlecht, ist nicht erblich und scheint auch nicht
ansteckend zu sein, wiewohl anzunehmen ist, dass ein Mikrobe ihr zugrunde
Uegt. Die Diagnostik ist in einer grösseren Anzahl von Fällen sehr schwer,
besonders Wenn es sich um die prodromalen Hauteruptionen handrit. Die
Behandlungsmethoden sind machtlos; feuchte Verbände, Kauterisieren und
Radiotherapie bringen nur Yoriibergehenden Nutzen.
Merk (11) charakterisiert kurz die klinischen Zeichen der Pellagra auf
der Naturforscherversammlung in Meran 1905; ohne chimrgisohes Interesse.
b) Geschwulste.
1. ^Aviragnet, Tumears cutaii^ee multiples de natiire sarcoraatense. Abb. de Denn, et
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2. Bevaeqaa» CiliBdroma cataneo dell« regiene ligoiDato geniena. Gieniale iniwnasioiial«
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7. Coenen, über Endotheliome der Haut. Langenbecks Arch. 76. Bd.
8. * — Ad Haatkrehs. Lang enb ecke Arch. 78. Bd.
9. Darier, Traitement de r^pithölioma par le Radiam. Le Radium 1905^ 15 Sept
10. Fran^ais, Un cas de sarcoides aoua^catanös multiplea. Ann. de denn. 1905. Nr. 3.
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14. Johnston, Melanoma. The Journal of cutan. dis. 1905. Jan.-Febr.
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20. Monzardo, G., Considerazioni cliniche et anatomo-patologische a proposito d'un caso
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22. Pietzner, Ober traumatische Epithelzysten. Dissert. Rostock 1905.
28. *R ohrer, Venereal warts etc. Amer. Journ. of the Med. Sciences Nov. llKH. Ref. in
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24. Runge, Über einen Fall von Xanthoma tuberosum multiplex. Dias. Strasaburg 1905
Becker, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Haut etc. 113
25. Schamberg-Hirschler, Epithelioma of the forehead. The journ. of cntaneona
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klin. Wochenscbr. 1905. Nr. 5.
Ti. Sick, Schanmzellentamor der Haut. Virchows Arch. 179. 8.
Pietzner (22) hat in der Rostocker Hautklinik 2 Fälle von trauma-
tischen Epithelzysten mikroskopisch untersucht und 73 Fälle aus der Lite-
ratur zusammengestellt. Er zieht folgende Schlüsse:
Zwischen dem Trauma und der Entstehung der Zyste liegt ein Zeitraum
von 1 Monat bis zu 24 Jahren. Die Zysten haben keinen typischen Sitz,
kamen aber 68 mal, also nur mit wenigen Ausnahmefällen an den Händen vor*
Nur 10 mal handelt es sich um weibliche Personen, sonst um Männer.
Das Alter schwankt zwischen 20 und 80 Jahren; Imal ist ein 8 jähriger
Knabe, 3 mal Personen zwischen 15 und 20 Jahren genannt. Meistens fanden
sich die Zysten an der Beugeseite der Finger, nur in 2 Fällen an der Rück-
seite, 9maJ am Daumen, 21 mal am Zeigefinger, 13 mal am Mittelfinger, 5 mal
am Ringfinger und 3 mal am kleinen Finger. In 43 Fällen wurde ausdrück-
lich eine Verletzung als Ursache angegeben, so z. B. Hundebiss, Schlag mit
dem Hammer, Schnittverletzung, Eindringen eines Holzstückchens, Stichver-
letzimgen, Quetschungen etc. Die Grösse der Zysten schwankt vom Hanf-
korn bis Taubenei. Bei der mikroskopischen Untersuchung fand sich gelegent-
lich ein Zusanmienhang zwischen äusserer Haut und Zyste, aber nicht immer.
Die beiden Fälle des Verfassers sind Typen für beide Möglichkeiten. Im
ersteren Falle fand sich eine mit Epithel ausgekleidete Zyste tief im Korium
ohne Papillenbildung und ohne Zusammenhang mit der Oberfläche der Haut,
im zweiten Falle dagegen fand sich eine Zyste, die einen bald mehr bald
weniger entwickelten Papillarkörper aufweist und direkt mit dem Epithellager
der Haut im Zusammenhange stand. Im ersteren Falle hat offenbar das
Trauma ein Stückchen Epithelgewebe mit den versorgenden Gefässen in die
Tiefe verlagert, nachdem es von dem übrigen Gewebe gleicher Art völlig los-
getrennt war. Im zweiten Falle dagegen wurden Teile des Epithels von diesem
nicht völlig getrennt, sondern verblieben, in die Tiefe gestossen, in Verbindung
mit demselben.
Die von Felix Franke s. Z. aufgestellte Ansicht von der embryonalen
Entstehungsart der Fingerzysten wird durch diese wie durch die Arbeiten
der letzten Jahre überhaupt zurückgewiesen.
Die Behandlung kann nur in einer gründlichen operativen Entfernung
bestehen.
Clejat (5) beschreibt einen Fall von Warzen unter der Fusssohle bei
einer Frau, die seit etwa einem Jahre bestanden. Unter dem Köpfchen des
3. Mittelfuss-Knochens fand sich eine Schwiele von etwa der Grösse eines
Franksstücks, in deren Mitte ein kleiner zapfenförmiger Tumor etwa von der
Grösse einer Erbse hervorwuchs. Die Geschwulst ist äusserst schmerzhaft.
i^eit einigen Tagen entwickelt sich auch am Köpfchen des 6. Mittelfuss-
Knochens eine kleine, linsengrosse, ähnliche Anschwellung. In einem 2. Falle
bemerkte er dieselbe Erkrankung bei einem 20jährigen Soldaten, der infolge
dieser Störung dienstunfähig war.
In beiden Fällen hat er die Geschwulst mit dem scharfen Löffel heraus-
gehoben, nachdem die umgebenden Schwielen mit dem Messer schichtweise
abgetragen waren. Man sieht diese Erkrankung nur selten, weil die meisten
Jahresberieht IQr Chirurgio 1905 8
114 Jahresbericht für Chirargie. I. Teil.
Menschen sie für Htihnerangen halten und sich dem Barbier anvertrauei
nicht dem Arzte. In der Literatur will er nur 24 solcher Fälle gefi
haben. Einige Male ist die Warze so gewuchert, dass ihre Ränder übe
Schwiele herüberhingen und die Gestalt eines Champignons annahm. Ir
tenen Fällen wuchert sie auch unter der Obei'fläche. Die Erkankiirij
äusserst schmerzhaft, hindert im Gehen und wird besonders durch We
der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit beeinflusst. Ausserliche £in^"irkii
scheinen eine grosse Rolle zu spielen, insbesondere Druck und Reibuna
Schuhwerks. Die Behandlung besteht in Auslöffelung unter Lokal-Anästh
Schein (26) empfiehlt die spitzen Kondylome mittelst der Äthylchic
watte an der gesamten Oberfläche, der Basis und allenfalls auch am t
zum Erfrieren zu bringen. Die gesunde Umgebung wird mittelst trockc
Watte oder Gaze geschützt. Sobald das Gerüst und seine Basis hart
weiss geworden ist, ist die Prozedur vollendet. Das Kondylom stirbt ii
einigen Tagen ab und fällt von selbst ab. Der Schmerz des Erfriereiis
erträglich. In vielen Fällen war einmalige Erfrierung ausreichend; nur i\
nahmsweise waren Wiederholungen nötig. Auch bei Rezidiven wurde dasse
Verfahren geübt. Man muss besonders darauf achten, dass der ÄthylcliJor
strahl ein starker, energischer ist und auch die Basis des Kondyloms trii
Sick (27) untersuchte eine eigrosse, derbe Geschwulst, die auf ci
Aussenseite im oberen Drittel des Oberschenkels gesessen hatte. Die Ha
über ihr war rot und trocken: die Geschwulst war verschieblich und s
abzugrenzen. Sie wurde in der K ochschen Klinik exstirpiert. Der mikr
skopische Befund wird sehr ausführlich mitgeteilt. Demnach handelt es sie
um eine aus Bindesubstanzelementen hervorgegangene Geschwulst mit scliai
miger »Hypertrophie des Protoplasmas. Wegen der Einzelheiten wird auf ih
Original verwiesen.
Genevois (11) hat in seiner Lyoner Dissertation die Myome d(^
Haut besprochen; sie bestehen histologisch aus glatten Muskelfasern. Sit
kommen am häufigsten an den Oberextremitäten, zumal in der Schultergegend
seltener unterhalb des Nabels und an den Beinen vor. Es gibt zwei Arten
ganz kleine, von höchstens Linsengrösse und grosse, von Mandel- bis Man-
darinengrösse ; die grösseren haben eine rötliche Farbe und können sich im
Wachstum schliesslich so abheben, dass sie gestielt scheinen. Sie wachsen
sehr langsam und sind vorwiegend schmerzlos. Nach langem Bestehen werden
sie allerdings oft Sitz lebhafter Schmerzen, zumal bei Temperatiirwechseln,
die so heftig werden können, dass schon bei der Einwirkung der äusseren
Luft unerträgliche Schmerzen sich einstellen. Dann verdammen sie die Kranken
zu absoluter Untätigkeit. Die einzige Behandlung besteht in der Exstirpation,
falls sie nicht zu zahlreich sind.
Monzardo (20) berichtet über einen Fall von Recklinghausen-
scher Krankheit mit zahlreichen umfangreichen sitzenden und gestiehen, über
die ganze Körperoberfläche zerstreuten Fibrombildungen, bei dem keine
psychischen Alterationen noch solche des Nervensystems zu erkennen waren.
Kein Tumor war längs des Verlaufes der oberflächlichen Nerven bemerkbar.
Bei der histologischen Untersuchung der exstirpierten Tumoren fand Verf. die
typische Struktur des Fibroma molluscum, traf aber in den Neubildungen
keine Spur von Nervenelementen an. Er schliesst sich daher den Ansichten
Landowskys und Ramonds an, welche die Existenz einer hyperplastischen
Faserdiathese annehmen, welche zu Tumoren verschiedenen Ursprungs auf
Becker, Yerletzimgeii und chirarg. Krankheiten der Haut etc. 115
Kosten der Bindegewebshüllen der Geßisse, Nerven und Drüsen Anlass gibt,
ohne wie Recklinghausen den Ursprung der Neubildungen für konstant
ans dem Perineurium hervorgehend anzusehen.
Da in dem Blute des Patienten verschiedene in polinukleärer Leuko-
zrthämie and Eosinophilie bestehende Alterationen infolge vorgeschrittener
Malanainfektion vorgefunden wurden, so denkt Verf. schliesslich, dass diese
Infektion in diesem Falle als ermöglichende Ursache habe wirken können.
R. Giani.
Rnnge (24) beschreibt in seiner Dissertation die Krankheitsgeschichte
eines 32 jährigen Reisenden, der mit Xanthomeruptionen übersät war. Arsenik-
palver brachten einen bedeutenden Rückgang. Am exzidierten Hautstückchen
war die Epidermis vollkommen normal. Die Neubildung war durch einen
schmalen Streifen normalen Kutisgewebes von der Epidermis getrennt und
las in der Kutis, nach keiner Richtung hin scharf begrenzt ; die Papillen ab-
geflacht, die Subkutis normal. In der Mitte der Eruption haben sich grössere
HoMraume gebildet dadurch, dass hier die fettige Umrandung derselben am
weitesten gediehen, die Zellwände zum Platzen kamen und der fettige Inhalt
zusammenfloss. Der Prozess reicht höchstens bis zur Höhe der Schweiss-
drüsen. Es handelt sich um die seltene perifollikäre Form des Xan-
thoma tuberosum multiplex. Klinische und ätiologische Natur der
Erkrankung ist unaufgeklärt.
Fran^ais (10) behandelte eine 45jährige Kassiererin, welche seit ihrem
37. Lebensjahre an Innen- und Aussenseite beider Oberschenkel schmerzhafte
Geschwülste bemerkt hatte, die allmählich grösser geworden waren. Im übrigen
war die Person kräftig und gut genährt und alle Geschwülste, welche die
verschiedenartigsten Grössen hatten, lagen im Unterhaut -Bindegewebe und
varen nicht mit der Haut verwachsen. Die Lymphdrüsen waren nicht ge-
schwollen; es bestand beständig Fieber bis zu 38 Grad. Einige Knoten
irurden herausgeschnitten und mikroskopisch untersucht. Sie enthielten
Lymphozyten und epithelioide Zellen. Verfasser kommt zu dem Schluss, dass
es sich um multiple Sarkome im ünterhautzellgewebe handele, welche in
einer gewissen Beziehung mit einer besonderen Form der Tuberkuliden
stehen.
Bevacqua (2) berichtet einen Fall, in dem ein Tumor der Jochbein-
r^on exstirpiert wurde. Es wurden Schnitte daraus hergestellt, fixiert, zum
Teil in Zenker scher Lösung, die übrigen in 70°/oigem Alkohol: die Schnitte
sind gefärbt mit Hämalaun und Eosin. Mit blossem Auge bemerkt man helle
farblose Räume von verschiedentlicher Form und Grösse unter der Haut,
welche nach der Tiefe hin baumförmig werden bis zur Bildung eines äusserst
feinen Plexus. Der Tumor steht nicht in Beziehung zur Schleimschicht
nnd ist von der Haut durch das Unterhautbindegewebe getrennt. Die Drüsen
sind normal. Die oben angegebenen Räume sind mantelartig von Zellenele-
menten umgeben: sie stellen farblose, durchsichtige, von hyalinem myxoma-
tösem Bindegewebe durchsetzte Zylinder dar. Der Tumor resultiert dem-
nach aus Zellanhäufungen, deren Zellen einen dicken, leicht färbbaren Kern
besitzen und voneinander durch dünne, dazwischen gelagerte Fäserchen ge-
trennt sind, wodurch man unregelmässig angeordnete Stränge bekommt. Ge-
fiisse in dem Stroma des Tumors fehlen. Verf. ist der Meinung, dass die
Zellen einen analogen Ursprung hätten wie die der Endotheliome. An einigen
Stellen beobachtet man deutlich oft auf beträchtliche Massen ausgedehnte
8*
116 Jahresbericht für Chirurgie. L Teil.
Metaplasie, derart, dass manchmal wirkliche, myxomatöse Netze bestehen.
Die oben angegebenen hellen Räume schwanken nach Form, Grösse, Inhalt.
Einige haben das Aussehen eines Lymphgefasses. Im Innern siebt man
Schleimgewebe, in anderen hyaline Massen. Sie sind zurückzuführen auf
Schleimmetamorphose der Geschwnlstelemente. Spärlich ist das Bindegewebs-
stroma, welches gegeben ist durch zarte Bündel mit unregelmässigem Verlauf,
welche die hyaline und Schleimmetamorphose erfahren. In den Zellsträngen
finden sich eiförmige, glasige, homogene, lichtbrechende Körper, die aus einer
Veränderung der neoplastischen Zellen herrühren; in ihnen fand er nie die
Reaktion des Glykogens. Es handelt sich um ein zylindromatöses Endotheliom.
Nach einigen Beobachtungen schliesst der Verf., dass die Epithel- und Binde-
gewebsgeschwülste im allgemeinen die zylindromatöse Form annehmen können
und das die Bezeichnung Cylindroma histologisch den Begriff der besonderen
Form eines Tumors gibt, nicht seiner Natur. R. Giani.
Mangelsdorf (18) beschreibt die Krankengeschichte einer 39jährigen
Frau, welche an der Vorderfläche des rechten Oberschenkels rapid wachsende
dunkelgefarbte Tumoren hatte. Bei der Sektion waren beide Eiterstöcke in
grosse, zystische Tumoren verwandelt. An der Haut des rechten Oberschenkels
fand sich eine grosse Anzahl Melanosarkome, ein Hämangiom der Leber nnd
Zystangiome beider Ovarien. Er beschreibt genau den mikroskopischen Be-
fund und ist der Ansicht, dass die Ovarientumoren mit den primären Haut-
geschwülsten nichts zu tun haben. Im übrigen muss auf die Einzelheiten ver-.
wiesen werden.
Johnstons (14) Arbeit über melanotische Geschwülste mit 18 Mikro-
photogrammen und einer Tafel farbiger Abbildungen erschöpft das Thema in
vorzüglicher Weise. Er kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Abgesehen von der natürlichen Einteilung in Chorioidea- und Haut-
tumoren, zeigen die melanotischen Geschwülste, welche man wegen ihres ver-
schiedenartigen Ursprungs am besten Melanomata nennt, mancherlei Ver-
schiedenheiten.
2. Die gewöhnlichste und deshalb wichtigste Geschwulst entsteht aus
weichen Muttermälem und ist ein Lymphgefässendotheliom. Nävomelanome,
deren Histogenese man nicht bestimmen kann, müssen ihnen zugerechnet
werden.
3. Es gibt eine zweite Varietät mit demselben mikroskopischen Bilde,
die nicht aus dem Nävus entsteht und deren Ursprung direkt auf das Endo-
thelium, wahrscheinlich ebenfalls der Lymphgefässe zurückgeht. Hierher ge-
hört das melanotische Nagelgeschwür und der bösartige Leberfleck der
Franzosen.
4. Die dritte Gruppe ist epithelialen Ursprungs, obwohl es geleugnet
worden ist. Diese Tumoren stellen verschiedene Typen dar und haben nur
eine sehr langsame Wachstumstendenz, eine Tatsache, welche genügt, um
einen Hauptunterschied gegenüber den Melanoendotheliomen darzutun, deren
Fähigkeit in dieser Hinsicht kaum übertroffen werden kann.
5. Die histologische Untersuchung ist die einzig mögliche Methode, um
beide Gruppen zu unterscheiden.
B o r m a n n (3) hat im Laufe von drei Jahren die ihm von etwa 60 Chi-
rurgen zugesandten kleinsten Hautkrebse mikroskopisch untersucht und
bringt in einer umfangreichen, von hervorragendem Fleisse und Sachkenntnis
zeugenden Arbeit wertvolles Tatsachenmaterial. Das Material ist vor allen
Becker, Verletzangen und Chirurg. Krankheiten der Haut etc. 117
Dingen yom statistischen Standpunkte sehr gründlich bearbeitet, nachdem
Verf. seine histologischen Untersuchungen bereits 1904 in der Zeitschrift für
Krebsforschung eingehend mitgeteilt hat. Er zieht auch ältere Statistiken
zum Vergleich hinzu und konstatiert dabei in erster Linie, dass die Heil-
erfolge jetzt viel bessere sind als früher. Es ist nicht möglich, die Arbeit
in Kürze so ausführlich zu referieren, wie sie es verdiente. Er teilt die
Hantkarzinome ein in verhornende und nicht verhornende. Letztere nennt
er Koriumkarzinome und lässt sie aus subepidermalen Zellhaufen entstehen,
die im Fötalleben abgegrenzt waren. Sie stellen etwa ^/s seines Materials
dar. Von den 253 Hautkarzinomen sassen 235 im Gesicht = 93 ^/o. Benutzt
er auch die Statistiken von v. Bergmann, v. Winiwarter, Trendelen-
burg und Schmitz, so ergibt sich eine Gesamtstatistik von 1231 Gesichts-
karzinomen. Davon war der Sitz in 45,6% die Unterlippe, in 14,7 ®/o die
!sÄse, in 11,8% das Auge, in 11,4% die Wange, in 4,6% die Stirn, in
3,8% das Ohr, in 3,6% die Schläfe, in 2,9^/0 die Oberlippe und in 1,1%
das Kinn und die Unterkiefergegend. Dem Geschlechte nach kommen von
den Gesichtskrebsen nach seiner Statistik 131 auf Männer = 55,7 ^/o und
104 auf Frauen = 44,3%, so dass erstere nur um ^U prävalieren, während
nach den anderen grossen Statistiken die Männer dreimal an Zahl die Frauen
übertrafen, nämlich 892 Männer = 72,6% und 339 Frauen = 27,3^/0. Für
diese auffallige Mehrbeteiligung des weiblichen Geschlechtes fehlt vorderhand
die Erklärung. Das höchste Durchschnittsalter liegt bei seinen 235 Patienten
beim Unterlippenkrebs mit 65 Jahren und das niedrigste beim Ohrkrebs mit
Ö6,2 Jahren; für sämtliche Kranken ergibt sich ein Durchschnittalter von
Ton 61,4 Jahren. Die Zeitdauer des Bestehens des Krebsleidens ist in des
Verfs. Statistik entschieden geringer, als in den älteren Statistiken; denn
56,4^/0 aller umranken kamen bereits im ersten Jahre des Krankheitsbestehens
in die Hände des Operateurs. Besonders Unterlippenkrebse, Wangen- und
Nasenkrebse, die durch ihren Sitz dem Kranken frühzeitig auffallen, suchten
frühzeitig ärztliche Hilfe nach. Dem entspricht auch die durchweg geringe
Grösse der Geschwülste, ein Umstand, der bei den älteren Statistiken keines-
wegs hervortritt. Ziemlich genau die Hälfte der Fälle (115) waren nur 1 cm
gross und noch kleiner, Geschwülste von 4 oder 5 cm im Durchmesser äusserst
selten. Die kleinsten untersuchten Karzinome hatten nur einen Durchmesser
Ton 1 mm! Hinsichtlich der Ätiologie sind einige Fälle von Kombination
mit Lupus und Hauttuberkulose erwähnenswert. Unter seinen 235 Fällen
fand er 51 mal multiple Karzinome = 21,7 ^/o, was in den bisherigen Sta-
tistiken noch nie so oft festgestellt ist. Er fand 21 mal lokale Multiplizität
(41,2 ^/o) und 18mal getrennte Multiplizität (35,3 ^/o). Erstere führt er darauf
zorfick, dass die „embryonalen Zelldystopien^, die nach seiner Ansicht die
Ursache der Krebsentwickelung sind, meist dicht zusammenliegen. Weiteres
Wachsen der benachbarten kleinsten Krebsherde führt natürlich zur Kon-
flnenz, so dass aus ursprünglich multiplen Krebsen schliesslich ein ein-
facher wird. Das ändert aber nichts an der Tatsache der ursprünglichen
Multiplizität. In einem Falle fanden sich gleichzeitig 6 Karzinome an ver-
schiedenen Stellen. Bezüglich der Operationsresultate legt er den Hauptwert
auf die Kombination histologischer Untersuchungen der Randpartien des
Tnmors mit klinischer Weiterbeobachtung des Falles. Die Resultate sind
deshalb für den Chirurgen besonders interessant und wichtig, weil sie vor
allem zeigen, ob wirklich im Gesunden operiert worden ist. Er kann in
118 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil
diesem Sinne nur 136 Fälle yerwerten für die Rezidiyfrage, weil sie klinis«
veiterbeobachtet und histologisch genau untersucht sind. Von diesen IZ
Fällen wurden 111 = 81,6^/o im Gesunden, 25 = 18,4 im Kranken operiex
Die weiteren Nachforschungen ergaben, dass von 136 an Gesichtskrebs of>i
rierten Kranken 105 rezidivfrei am Leben blieben = 77,2 ^/o. Das Gesichte
karzinom ist also relativ ein sehr giüistiges. Im Anschluss hieran gibt e
noch kurz eine Übersicht gleicher Art für die nicht im Gesichte sitzendej
Karzinome, welche er untersuchen konnte. Dieserhalb sei auf das Origina
verwiesen. Die ganze Arbeit kann jedem zum Studium dringend empfohlei
werden.
Borrmann (4) teilte in der Göttinger medizinischen Gesellschaft seine
bekannten Untersuchungen über das Koriumkarzinom mit.
Schamberg und Hirschler (25) teilten einen Fall von EpitheUom
der Stimhaut mit. Bei einem 24jährigen Manne hatte seit der Geburt ein
Naevus papillaris von 3 cm Durchmesser und blassroter bis gelblicher Ober-
fläche bestanden. Vor zwei Jahren war der Naevus durch einen Schlag mit
einem Schirm getroffen und einige Monate nachher schnell gewachsen. Er
wurde exstirpiert. Der mikroskopische Befund wird eingehend geschildert
und durch drei Tafeln guter Abbildungen erläutert. Interessant an dem Falle
ist das jugendliche Alter des Kranken, das Wachstum im Anschluss an ein
Trauma und die Entstehung aus einem nichtpigmentierten Male.
Coenen (7) berichtet über Endotheliome der Haut, welche neuerdings
von einer Reihe von Autoren anders beurteilt werden. Borrmann glaubt
z. B. auf Grund seiner ausgezeichneten Untersuchungen, dass die fraglichen
Geschwülste aus kongenital verlagerten Basalzellen entstehen, die entweder
durch den Schluss der fötalen Gesichtsspalten oder bei der Bildung der
Haarbälge und Hautdrüsen in das Korium verlagert würden. Denn normaler-
weise macht die Keimschicht des Hautepithels in das darunter liegende Korium
Einstülpungen, aus denen sich Haarbälge, Talg- und Schweissdrüsen ent-
wickeln. Tritt in dieser Entwickelung eine Störung ein, schnürt sich z. B.
eine solche Epitheleinstülpung oder ein Teil derselben ab, so gelangt auf
diese Weise ein Epithelkeim ins Korium, der nicht mehr mit dem Epithel
der Keimschicht der Epidermis in Zusammenhang steht. Je nachdem dieser
Epithelzapfen noch nicht differenziert war oder schon die Differenzierung zu
Drüsenzellen oder Haarbalgepithel durchgemacht hat, wird die Wucherung
den Charakter der Basalzellen oder der Drüsenzellen oder des Haarbalg-
epithels darbieten. Eine Reihe derartiger Geschwülste beschreibt Verf. klinisch
und mikroskopisch und kommt auf Grund seiner Studien ebenfalls zum
Schluss, dass die meisten als Endotheliome der Gesichtshaut beschriebenen
Geschwülste keine Endotheliome, sondern Epitheliome sind und aus kongenital
verlagerten Zellen der Keimschicht des Rete Malpighi entstehen.
Auf dem V. internationalen Dermatologenkongresse im September 1904
in Berlin hat Mi belli (19) seine Erfahrungen über die Arsenikbehandlung
der Epitheliome mitgeteilt. Von 20 Patienten heilten 15 vollständig und
dauerhaft. Nach seinen histologischen Untersuchungen übt das Arsenigsänre-
Anhydrid eine ätzende Wirkung auf die Epithelzelle aus und bringt sie zum
Absterben, ohne die darunter liegende Kutis anzugreifen. Für diese Be-
handlungsmethode eignen sich aber nur „gutartige^ Epitheliome ^wenigstens
in ihrem Anfangsstadium ^, die ;,auf dem Boden sogenannter ;, präkarzinoma-
töser Dermatosen^ entstehen, wie z. B. das Hauthorn, das Keratoma senile,
Becker, Verletzungen and ehirorg. Krankheiten der Haut etc. 119
die seborrhoische Warze, oder auch solche, welche ohne vorausgegangene
andere krankhafte Lokalerscheinungen mit dem charakteristischen Initial-
Stadium des sogen. Perlknötchens auftreten.^ Er will die Behandlung nur
auf diese Formen, die ;,man quasi Epitheliome der Dermatologen nennen
könnte", beschränkt wissen. Man wird dem Verf. die Frage vorlegen müssen,
ob das denn überhaupt Epitheliome im chirurgisch-pathologischen Sinne sind!
Von den verschiedensten Zubereitungen hat er eine Arsenik -Äther -Alkohol-
mischung von 2,0 : 2,5 : 100,0 als besonders praktisch befunden ; ein mit der
Flüssigkeit getränkter Wattebausch wird dauernd unter fixem Verbände mit
der Geschworsobertläche in Kontakt gehalten, nachdem die letztere gereinigt
und ^aufgefrischt^ (V) worden ist. Er stellt zum Schlüsse folgende Leit-
satze auf:
1. Mit einer direkt aufgetragenen flüssigen AsgOs-Mischung kann man
das Hautepitheliom radikal heilen.
2. Ein nach dieser Methode geheiltes Epitheliom lässt eine flache, kleine,
iienig sichtbare Narbe zurück. Unter den kosmetischen Methoden ist somit
die Arsenikbehandlung die beste.
3. Die spezifische therapeutische Wirkung der As^Os ist auf die toxi-
schen Veränderungen zurückzuführen, welche diese Substanz im Protoplasma
der Epithelzellen der epithelialen Neubildungen hervorruft. Diese Verände-
rungen sind besonderer Art und substantiell verschieden von denjenigen, welche
dieselbe Substanz im Bindegewebe und im Gefässsystem veranlasst.
4. Die beschriebene Methode ist beim beginnenden Hautepitheliom jedes-
mal indiziert, wenn keine ausgesprochene Bösartigkeit vorliegt, ebenso in
allen Epitheliomen, die in der Art und Weise, wie sie entstehen und in ihrer
klinischen und histologischen Symptomatologie nicht jene ausgesprochenen
Zeichen von Bösartigkeit zeigen (oder bei denen sie wenigstens nicht so rasch
Terlaufen), welche zuweilen den Abschluss der Krankheit bildet, welche Form
und Schwere dieselbe auch im Anfange gezeigt haben mag.
5. Mit der As^Og lassen sich nicht die schweren, entschieden bösartigen
Formen von Hautepitheliomen heilen, aber auch in diesen Fällen lässt sich
mit Hilfe dieser Behandlungsweise eine mehr oder weniger dauerhafte Besserung
erzielen.
6. Ein unvollständiger Erfolg der Arsenikbehandlung verschlimmert die
lokalen Bedingungen in bezug auf die spätere Anwendung einer anderen Be-
handlungsmethode in keiner- Weise.
7. Zuweilen nach vermeintlicher vollständiger und definitiver Heilung
kommt es nach mehr oder weniger langer Zeit zu einem Rezidiv; dann ist
es aber sehr oft möglich , bei nochmaliger Anwendung genau derselben Be-
handlungsmethode die dauernde Heilung der rezidivierten Neubildung zu er-
reichen.
8. Die Alkohol-Äther-Mischung, unter fixem Verbände appliziert, ist
unter allen Anwendungsweisen der As^Os diejenige, welche die besten Re-
sultate gibt.
Manby (17) berichtet kurz über recht gute Erfolge bei Behandlung
TOD Ulcus rodens im Gesichte in drei Fällen mit einer Kapsel, enthaltend
5 mg Radiumbromid. Durch 26 Sitzungen von durchschnittlich 20 Minuten
Dauer bezw. 19 und 7 Sitzungen von 50 Minuten Dauer wurde schnelles
Verschwinden der Geschwüre und glatte Überbäutung erreicht. Heilung
zweifelhaft, da die Beobachtungszeit zu kurz.
120 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Darier (0) spricht sich lobend über die Behandlung des Ulcus t*oc
mit Radium aus. Er benutzt Radiumbromid und prüft zunächst die W
samkeit des Präparates am eigenen Vorderarme. Nach 5, 15, 20 IVIinu
langer Bestrahlung entwickeln sick kleine rosa bis tiefrote entzündliche Hg
nach Ablauf von 8, 14 bis 20 Tagen. Ist das Präparat sehr rein, so ks
die Verbrennungswirkung sofort nach der Applikation einsetzen. Er ifsrern
Sitzungen von 20 bis 30 Minuten Dauer an und wiederholt sie alle 2 bis
bis 8 Tage. Ein Fall von erfolgreicher Behandlung eines Ulcus rodens i
Oberlide einer 52jährigen Dame wird ausführlich mitgeteilt; keine S|]
einer Narbe ist zurückgeblieben.
MacKee (6) bringt einige Krankengeschichten, aus denen die heilen«
Wirkung hochfrequenter Ströme auf Geschwüre ersichtlich ist; diese berui
anscheinend auf der Erzeugung einer starken Hyperämie, da eine bakterizic
Wirkung ihnen nicht inne wohnt. Zunächst teilt er sechs Krankengescliicb^^
von Herpes progenitalis und weichem Schanker mit. Darauf fertigt er di
„chronischen Kankroide^ mit der Bemerkung ab, dass sie ;,nicht erwäihnens
wert^ seien mit einer Ausnahme, bei welcher kein Erfolg konstatiert wäre
Daran schliesst er drei Krankengeschichten von Krampfadergeschwüre n. Ii
allen drei Fällen waren voraufgehende antiseptische Behandlungsmethoden er
folglos geblieben, während die hochfrequenten Ströme nach wenigen Bestrab*
lungen endgültige Heilung brachten. Wegen der Einzelheiten muss auf das
Original verwiesen werden.
Jesionek und v. Tappeiner (13) bringen auf sechs Doppeltafeln
Photogramme von Patienten mit Hautkarzinomen vor und nach der Behand-
lung mit fluoreszierenden Stoffen und erklären sie durch kurze Kranken-
geschichten.
1. 70jährige Frau mit multiplem Karzinom im Gesicht. Täglich Be-
strahlung mit direktem Sonnenlicht, Tageslicht, Bogenlicht (25 Ampere) unter
ständiger Bepinselung mit stark konzentrierten wässerigen Lösungen von
Eosin und wiederholter Injektion dieser Lösungen in das Gewebe und die
Tumoren. Wiederholte Gesichtserysipele. Wachstumszunahme der
Geschwülste. Schliesslicher Ausgang nicht mitgeteilt.
2. 60jähriger Taglöhner mit Ulcus rodens auf der Glabella. Behandlung
wie vor; starb an Erysipelas faciei ungeheilt.
3. 64jährige Frau mit Ulcus rodens der Nase und Unterlippe. Be-
strahlung unter Verwendung von Magdalarot. Nach 6 monatlicher, zeitweise
unterbrochener Behandlung — interkurrentes Erysipell — geheilt.
4. 63 jährige Mann mit Kankroid der Nase (Rezidiv). Bepinselung mit
l°/oigem Fluoreszin, später l®/oigem Eosin. ErysipelasI Schliesslich
geheilt.
5. 50 jähriger Mann mit Ulcus rodens der Unterlippe. Eosin; geheilt.
6. 50jährige Frau mit Ulcus rodens der Nase. Bepinselung mit 5 bö-
igem Eosin, später IVoigem dichloranthracendisulfosaurem Natron.
Auffällig sind die häutigen Erysipele. Der Beschreibung des objektiven
Befundes ist nicht mit absoluter Sicherheit eine Heilung zu entnehmen; in
einer Fussnote ist gesagt, dass die letzten Fälle bis 12. Dezember 1904 rezidiv-
frei geblieben seien ; die Behandlung dauerte aber vielfach bis Sommer 1904.
Also unsicher!
Lang (15) stellte in der Wiener Gesellschaft der Arzte einen 52 jäh-
rigen Herrn vor, der vor 28 Jahren Lues überstanden hatte. Im Gesichte
Becker, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Haat etc. 121
fanden sich ausgedelmte Ulzerationen, das rechte Angenlid fehlt; an Stirn,
Nase, Ohr krebsförmige und flache Geschwüre. Die Haut am ganzen übrigen
Körper ist schmutzig-graubraun infolge zahlreicher, dicht angeordneter, kaum
st^dnadelkopfgrosser Pigmentierungen. Die Schleimhaut ist frei. Die Ge-
schwülste erweisen sich mikroskopisch als echte, alveolär gebaute Basalzellen-
karzinome. In der flachen, pigmentierten Haut fand man Epithelstränge in
die Tiefe ziehen, die sich kolbig verdicken, in die Kutis eindringen, Seiten-
äste anssenden, sich verzweigen und ausgedehnte Zellstränge und Netze bilden.
Charakteristisch für die Erkrankung ist die Ausbreitung über grosse Terri-
torien, die Pigmentierungen, die Atrophien und die karzinösen Plaques, end-
lich der überaus chronische Verlauf. Obwohl Ähnlichkeit mit Xeroderma
pigmentosum besteht, unterscheidet sich die Krankheit doch sehr wesentlich
daTOD. Lang schlägt die Bezeichnung Garcinoderma pigmentosum
TOT. Die Prognose ist wegen des chronischen Verlaufes nicht so unbedingt
schlecht. Souveränes Mittel ist Röntgenbestrahlung.
Cheatle (6) stellt die Theorie auf, dass Leukämie, Skleroderma und
Ulcus rodens im Gesichte und Rumpf an Stellen auftreten, wo die Nerven
die Haut erreichen. Diese Stellen entsprechen den Head sehen Nerven-
pnnkten. Die neuropathologische Ätiologie, die für Leukoderma und Sklero-
derma schon vielfach anerkannt sei, müsse auch auf das Ulcus rodens über-
tragen werden. Wenn diese Annahme richtig ist, so würde sie hinsichtlich
der Entstehung des Karzinoms mehr für die embryonale als parasitäre Theorie
sprechen. Nach der Lehre von Head beweist ein mehrfaches Befallensein
seiner Nervenpunkte im Gebiete eines und desselben Nerven, z. B. beim
Herpes zoster, eine zentral bedingte Ursache der Erkrankung, ein einfaches
Befallensein eine peripher bedingte. Demnach müsste für das Ulcus rodens
der neuropathische Faktor peripher bedingt sein.
Glimm (12) beschreibt eine ungewöhnliche Form der Verhornung bei
einem Hautkarzinom in der Achselhöhle eines 61 jähriges Mannes, welches
seit einem Jahre bestand , vor sechs Wochen aufgebrochen war und ständig
Bkt und gelbe, krümelige Massen entleert hatte. Der Tumor war 6 cm
lang, 5V> cm breit und 2 cm hoch und machte in der Tiefe an der Faszie
Halt. Bei der mikroskopischen Untersuchung fand man ein ausgesprochenes
infiltratives Wachstum, kompakte Krebszellenstränge, Epithelnester, Riff-
zellen und Zellen mit Keratohyalin , daneben alle Stadien der Zerstö-
ning des Bindegewebes. In der Nähe des Tumors zeigte das Oberflächen-
epithel eine starke Wucherungstendenz, die Verhomungszone war sehr breit.
Bas Stratum granulosum umfasste sechs Zelllagen, Matrixzellen setzten sich
fingerförmig in die Tiefe fort, Talgdrüsen und Uaarbälge fehlten. In den
Umphknoten der Achselhöhle fanden sich entzündliche Erscheinungen. Bei
Anwendung der verschiedensten Färbemethoden entstanden übereinstimmend
Bilder, die für ;,Verhornung'^ sprachen. Die verhornten Zellkomplexe er-
reichteü fast Erbsengrösse. was in diesem Umfange bei Hautkrebsen sonst
nicU beobachtet wird.
5. Regressive Ernährungsstörungen.
1- Dinkler, Über akute multiple Hautgangräu. Arcb. für Derm. u. Syph. 71. 1.
2. v.Kirclibaa erfBehaudlung der Furunkulose und Follikulitis mit Hefepräparaten. Deutsch,
med. Wocbenschr. 1905. Nr. 18.
122 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
3. Marcus, Eine neue lokale Behandlungsmethode der Furunkulose und KarbnnkeL
Manch, med. Wochenschr. 1905. Nr. 21.
4. ^Meisels-Brunner, Versuche mit Cerolin bei Behandlung von Furunkulose und
Obstipation. Pharm, u. therap. Rundschau 1905. Nr. 5.
5. Schmidlechner, Ulcus vulvae rodens Virchow. Archiv fOr Oynftkologie. Bd. 74.
Heft 1.
6. Schmincke, Zur Frage der .Holzphlegmone' etc. Zentralbl. f. Chir. 1905. Nr. 1.
7. Thalmann, Das Ulcus gonorrhoicum serpiginosum. Arch. für Dermat. und Syph.
Bd. 71. Heft 1.
8. £örner, Konzentrierte Earbolsfture gegen Furunkulose. Münch. med. Wochenschr.
1905. Nr. 42.
9. Waelsch, Hautkrankheiten und Stoffwechselanomalien. Prager med. Wochenschr. 1905.
Nr. 43-46.
10. Watson, A case of widespread ulceration of skin and connectiv tissue. Lancet
3. VI. 1905.
11. Zieler, Zur Pathogenese der Dehnungsstreifen der Haut (Striae cutis distensae).
^ Mflnchener med. Wochenschrift 1905. Nr. 87.
12. — Über akute multiple Hautgangrftn nebst Untersuchungen über durch rohe Salzs&ure
hervorgerufene Nekrosen. Deutsche Zeitschr. für Nervenheilk. Bd. XXVIII. p. 184.
Ziel er (11) hat zwei fetten Studenten ans der Banchhant frisch ent-
standene Striae ausgeschnitten, welche 14 Tage bezw. 6 — 8 Monate bestanden
haben sollten. Er beschreibt genau die mikroskopische Struktur und kommt
zu dem Ergebnisse, dass es sich lediglich um Dehnungszerreissungen der
elastischen Elemente der Haut ohne jede Spur einer reaktiven Entzündung
wie sie Jores angenommen hatte, handelt. Es ist eine Überdehnung der
Haut und Umordnung der faserigen Elemente, wobei zunächst zwar die
elastischen Fasern wohl noch standhalten. Erst ganz allmählich nach einem
längeren stationären Zustande setzt die Regneration elastischer Fasern vom
Rande her ein. Man bezeichnet daher den Prozess besser nicht als Striae
atrophicae, sondern als Distensio cutis (Langer) oder als Striae cutis
distensae (Köbner) bezw. Dehnungsstreifen der Haut (Kalten-
bach); denn die mechanische Dehnung ist die Hauptsache.
Waelsch (9) bespricht in einem klinischen Vortrage die Beziehungen
der Hautkrankheiten zur Diabetes, Gicht und Fettsucht. In therapeutischer
Hinsicht berührt er zum Schlüsse eingehend die Furunkelbehandlung. Bei
beginnendem Furunkel Einstossen des Spitzbrenners und trockener Verband, im
vorgeschrittenen Stadium Kreuzschnitt und essigsaure Tonerde -Verbände,
häufige Bäder. Bei Achselhöhlenfurunkeln keine enge Kleidungsstücke, gute
Schweissblätter.
Marcus (3) behandelt den Furunkel und Karbunkel in folgender Weise:
solange noch keine Eiterung besteht, sticht er eine Epilationsnadel, die den
Minuspol darstellt, unter einem Strom von 1—2 M.-A. ein, steigert den Strom
bis zu 10 M.-A., rührt mit der Nadel die FollikelöflFnung um, wobei sich
Wasserstoff entwickelt, und unter Schäumen die verätzten Gewebsteile her^
ausdringen. Dann wird die Nadel entfernt, der Strom gewendet, so dass jetzt
der Pluspol in dem Follikel steckt und sich Sauerstoff entwickelt. Ist schon
Eiter vorhanden, so nimmt er stärkere Nadeln, wiederholt die Prozedur zwei
mal am Tage und entfernt bei grösserer Zerstörung den Eiterpfropf mit der
Haken-Pinzette. Selbst mächtige Karbunkel will er auf diese Weise binnen
5 — 6 Tagen derartig gereinigt haben, dass die Heilung beginnen konnte.
Körner (8) behandelt Scrophuloderma und Furunkel mittelst einer
konzentrierten Auflösung von reiner kristallisierter Karbolsäure in absolutem
Becker, Yerletzimgen und chirarg. Krankheiten der Haut etc. 123
oder retifiziertem Alkohol ; hierüber einen indifferenten Salbenverband. Die
Furnskel behandelt er mit einer feinen Nadel oder Sonde, die er in die
Karbolsiore getaucht hat. Die Touchiemng erfolgt täglich einmal, oft genügt
eise einzige Betnpfang, manchmal muss das Verfahren (bis zu 8 Tagen) wieder-
holt werden.
Y. Kirch bau er (2) fasst seine Erfahrungen über die Behandlung der
Funmkulose und FoUikulitis mit Hefepräparaten in folgenden Sätzen zu-
sammen:
1. Die interne Behandlung (dreimal täglich einen Kaffeelöffel voll Levu-
nnose vor dem Essen) mit Hefepräparaten bei Akne, Furunkulose und Follir
klitis zeigt bei ^einer Infektion von innen^ ;,sehr gute Erfolge^.
2. Bei einer Infektion von aussen verspricht die interne Behandlung
nicht viel. Hier tritt die erstere Behandlung mit Hefeseife in ihre Rechte,
am besten mit Salizylschwefelhefeseife (Dampfseifenfabrik George Meyer & Co;
in Hamburg stellte ihm eine Hefeseife her, die aus 2 Teilen Salizylsäure,
'i Teilen Sulfnr praecipitat. und 91 Teilen Hefegrundlage bestand).
3. Eine kombinierte Behandlung ist nur da indiziert, wo man sich über
die Ätiologie des Falles nicht klar ist oder falls bei einer Infektion voa
aussen Infektionsstoffe auf dem Wege der lymphatischen Resorption bereits in
die Blutbahn gelangt sind.
Schmincke (6) hat bei einem tödlich verlaufenen Falle von Reclus-
scher Holzphlegmone mikroskopisch Karzinomzellen gefunden und warnt vor
der etwaigen Auffassung der Erkrankung ohne mikroskopische Untersuchung,
Er polemisiert gegen Merkel (Zentralblatt f. Chirurgie 1904 No. 48), welcher
den Befand bezweifelt hatte.
Schmidlechner(5) teilt einen Fall, der äusserst selten vorkommenden
nachVirchow benannten Form den Ulcus vulvae rodens mit. Er definiert
diese Krankheitsform als eine in der Vulvae sich entwickelnde chronische
Ulzeration, welche von der diffusen Hyperplasie der benachbarten Teile be-
gleitet wird und deren Histologie ein von anderen ulzerösen Prozessen ab-
weichendes Bild ergibt. Heilungstendenz fehlt vollständig.
Watson (10) behandelte einen 61jährigen, sehr heruntergekommenen
Mann mit Geschwüren unbekannter Ätiologie, die den ganzen Körper seit
5 Jähren bedeckten, mit Bettruhe, guter Ernährung, Lebertran, antiseptischen
Verbänden und Arm- und Beinbädem von einstündiger Dauer und erzielte in
4 Monaten komplette Heilung.
Thal mann (7) beschreibt aus der Lesser sehen Klinik einige Fälle
Ton Ulcus gonorrhoicum serpiginosum, in denen er Tripperkokken gefunden
liat and fordert dazu auf, dass solche Fälle genauer bakteriologisch untersucht
werden möchten.
Znr Frage der akuten multiplen Hautgangrän bringt Zieler
12] einen Beitrag. Bei einem 22 jährigen aus gesunder Famile stammenden
anämischen, aber neuropathisch nicht veranlagten Mädchen traten seit */« Jahre
ohne erkennbare Veranlassung Hauteffloreszenzen auf, die sich als quaddel-
artige Erhebungen auf entzündlich gerötetem Grunde charakterisieren und
nach 12—24 Stunden wieder ins Niveau der Haut zurücksinken. Ein ober-
Sächlicher Schorf stösst sich nach 8 Tagen ab, darunter findet sich normale
Haut. An einzelnen Stellen tritt indessen tiefer gehende Gangräm ein, die
auf die verschiedenartigsten therapeutischen Einwirkungen kaum reagiert.
Die Effloreszenzen treten bald hier, bald dort regellos auf Rumpf und Glied-
124 Jahresbericht fQr Cbirargie. I. Teil.
massen auf; irgend welche Gesetzmässigkeit ist nicht zu erkennen. Nach
einem zweiten kurzen Klinikaufenthalt erfolgte der Tod an Lungentuberkulose ;
die Sektion wurde verweigert. Selbstbeschädigung war sicher ausgeschlossen;
sonstige ätiologische Momente fehlten. Dauer der Erkrankung 2 Jahre,
Grösse der Nekrosen schwankte zwischen Linsen- bis Fünfmarkstückgrösse.
Der histologische Befund exzidierter Stückchen aus den verschiedenen Eut-
wickelungsstadien wird genau mitgeteilt und durch Abbildungen erläutert.
Hiernach scheinen vasomotorische Vorgänge die Hauptrolle zu spielen, obwohl
die letzte Ursache als eine selbständige Neurose im Sinne Doutreleponts
aufzufassen ist. Zum Vergleiche erzeugte Verfasser bei einer Wärterin mit
roher Salzsäure Nekrosen, die er exzidierte und mikroskopierte und kommt
dann zu folgendem Endergebnisse : Bei der akuten multiplen Hautgangrän finden
sich Veränderungen, die nur auf in der Kutis ablaufende Prozesse bezogen
werden können, während jede Andeutung einer von der Hautoberfläche kom-
menden Einwirkung fehlt. Bei der Salzsäurenekrose dagegen können die vom
Papillarkörper ausgehenden Veränderungen nur als Reaktion auf den von
aussen einwirkenden Reiz aufgefasst werden, dessen Einfluss auch sonst sich
vorwiegend auf die. äussersten Schichten der Haut erstreckt, während die
tieferen jede Beeinflussung vermissen lassen.
Da die klinischen Symptome für eine Differentialdiagnose frischer, akuter
multipler Hautgangrän und artefizieller Nekrose nicht genügen, so muss stets
der mikroskopische Beweis vorliegen, soll eine artefizielle Entstehung der
Gangräne mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
D in kl er (1) behandelte eine junge Lehrerin mit akuter multipler Haut-
gangrän und kommt zu folgenden Schlussfolgerungen:
1. Die akute multiple Hautgangrän ist eine leicht erkennbare, wohl
umschriebene Hauterkrankung, welche in Schüben verläuft und während der
Anfälle zu sensiblen und vasomotorisch-trophischen Störungen führt; die ersten
Erscheinungen sind teils subjektive (initiales Jucken und Brennen) teils ob-
jektive (Hypästhesie, Hyperästhesie und Anästhesie). Als vasomotorisch-tro-
phische Veränderungen werden beobachtet : Rötung, Schwellung, Blasenbildung
oder Einsinkung, grün-gelbliche Verfärbung, Schrumpfung, Nekrose oder Gan-
grän der befallenen Hautstellen mit oder ohne sekundäre Eiterung.
2. Die neurotische Basis des Leidens wird durch das relativ häufige
Vorhandensein hysterischer und verwandter nervöser Störungen, sowie durch
die initialen und späteren sensiblen Störungen nahegelegt; der Nachweis der
degenerativen Veränderungen in den Nervenstämmchen der erkrankten Haut-
bezirke vermag diese Annahme zu stützen.
Bei der Behandlung scheinen allgemeine kräftigende Massnahmen (diäte-
tischer, hydriatischer Art) in Verbindung mit subkutanem Gebrauche von
Natrium arsenicosum von entschiedenem Nutzen zu sein; Femhalten trauma-
tischer Einwirkungen auf die Haut sowie Schutz der entstandenen Nekrosen
vor eitriger Sekundärinfektion erscheinen dringend geboten.
6. Epitheliale Anhangsgebilde der Haut.
1. Kromayer, £ine neue sichere EpUationsmethode : das Stanzen. Deutsche medizin.
Wochenschrift 1905. Nr. 5.
2. Maren se, Ein Fall von Hypertrichosis sacralis. Mflnch. med. Wochenschr. 1905.
Nr. 6. p. 261.
Becker, Yerletzangen nnd cliirarg. Kranklieiten der Haut etc. 125
Maren se (2) bespricht einen Fall Yon ausserordentlich hochgradiger
Haarentwickelung in der Krenzbeingegend bei einem Arbeiter. Wenn die Haare
einige Jahre nnbeschnitten blieben, so erreichten sie eine Länge bis zur Mitte
des Oberschenkels. — Im übrigen bietet der Fall nichts Interessantes.
Kromayer (1) beschreibt sein seit sechs Jahren geübtes Verfahren
der Epilation. Mittelst feiner rotierender Zylindermesser, welche durch eine
Tretmaschine oder Motor in Drehung versetzt werden, wird der Haarschaft
nebst Wurzelscheide und Papille aus der Haut heraus geschnitten, d. h. es
werden aDe diejenigen Teile, von denen bei allen bisherigen Epilationsmethoden
das Haarrezidiv ausging, mechanisch und gründlich entfernt. Wegen der
Einzelheiten verweise ich auf das Original.
7. Seltene durch Parasiten erzeugte Hautkrankheiten.
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0. Zambilovici, Ein Fall von Botryomykose beim Menschen. Bevista de chirurg. 1905.
Nr. 6. p. 259 (mmftnisch).
Küttner (3) beschreibt vier Fälle von Botryomykose. Der Sitz der
Geschwulst war einmal die Hand, einmal das Kinn und zweimal der Fuss.
Die kleinen gestielten Geschwülste neigen zu Blutungen , deren Residuen ge-
legentlich Anlass zu Verwechselungen mit Melanosarkomen Anlass geben. Die
Neignng zu Blutungen rührt von dem exzessiven Gefässreichtum her. Der
histologische Bau ist typisch: es sind Granulationsgeschwülste, in denen die
Kapillaren an Zahl und Ausdehnung ganz enorm zugenommen haben; aus
eioer Wucherung der Endothelien sind die Zellmassen der Geschwulst hervor-
gegangen. Nach Küttners Untersuchungen sind die in den Geschwülsten
gefundenen Kokken gewöhnliche Staphylokokken. Gegen die Spezifität der
Erreger sprechen die geringen Unterschiede gegenüber den gewöhnlichen
Staphylokokken, das Fehlen einwandsfreier Resultate im Tierexperimente, das
überwiegende Vorkommen der Kokken in den oberflächlichen, einer Infektion
TOD aussen am leichtesten zugänglichen Teilen der Geschwülste, ihr inkon-
stantes Vorkommen überhaupt und die Möglichkeit einer Verwechselung mit
zelligen Degenerationsprodukten. Küttner ist der Ansicht, dass für die
Entstehung der Granulome traumatische Einwirkungen eine Rolle spielen
Bevorzugung der exponierten Stellen an Hand und Fuss!). Er fasst den
ganzen Prozess als eine schleichende Infektion mit Staphylokokken auf, wobei
es nicht zur Eiterung, sondern zur Bildung von Granulationsgewebe kommt.
Die auffallend starke Gefässwucherung führt er auf häufige Gefässscbädigungen
t>ei Gelegenheit häufiger Traumen zurück. Da nach seiner Ansicht jeder
Anhaltspunkt dafür fehlt, dass es sich um eine Infektionskrankheit handelt,
so bezeichnet er die Geschwülste nach ihrem Bau als teleangiektatische Granu-
lome und empfiehlt die Bezeichnung Botryomykose fallen zu lassen.
Im Falle Zambilovicis (5) handelte es sich um ein exstirpiertes
Tiermarkstückgrosses Botryomykom der Fussohle. Stoianoff (Varna).
12() Jahresbericht fOr Chirargie. I. Teil.
Brandweiner (2) beschreibt einen Fall von Blastomykose der >^
haut, welche mit der Folliculitis exulcerans serpiginosa nasi nstcb.
posi grosse Ähnlichkeit hatte. Die Arbeit hat vorwiegend dermatolo^is
Interesse.
Adamson (1) beschreibt eingehend sein Verfahren, den Herpes
sorans (Ringworm der Engländer) der Kopfhaut mit Röntgenstrahleo zu
handeln. Die Behandlung geschieht in einer Sitzung, die Strahleninteni
¥rird mit Hilfe radiometrischer Pastillen von Sabouraud gemessen , di
Anwendung er als einfach und genau empfiehlt. Das Ausfallen der üi
und damit das Erlöschen der Krankheit begann zwei Wochen nach der Si tsri
sechs Wochen später beginnt das Wachstum neuer Haare. Die Einzeihe
dieser praktisch bedeutenden Arbeit sind im Original nachzulesen.
Wobbach (4) beschreibt eingehend seine Züchtungs versuche bei eii
Fall von Blastomykose, welche er als ^^Dermatitis coccidioidi
bezeichnet. Nach seinen Angaben sollen nur 40 Fälle derart (Ref. ?) in <
Literatur bekannt sein, in denen 17 verschiedene Mikroorganismen gefuni
sind. Alle gehören aber in die Klasse des Oidium. Die Arbeit wird dui
3 Tafeln mit 17 Mikrophotogrammen erläutert.
vn.
Tuberkulose, Syphilis, Lepra, Aktinomykose, Milzbrand
Maul- und Klauenseuche, Echinococcus.
Referenten: R. Waldvogel, Göttingen und A. Borchard, Posen.
Die mit * yersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Tuberkulose.
Referent: R. Waldvogel, Göttingen.
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Cheinisse (21). Es gab zuviel auf dem Kongress, es war keine Auswahl
getroffen und so ging unnützerweise viel Zeit verloren. Die Teilnahme der
Tageszeitungen führte zu üblen Reklamen. Im Kongress kann man nicht zugleich
TissenschafÜiche Fragen erledigen und antituberkulöse Propaganda treiben.
Die Schaffung von vier Sektionen störte die Arbeit und bewirkte, dass derselbe
liegenstand vor zwei Sektionen behandelt wurde, es fehlte an einer einheit-
lichen Initiative, die Frage nach dem vergleichenden Studium der verschiedenen
Tuberkulosen wurde vor der chirurgischen Sektion verhandelt. Was die
SteUang der Rinder- und Menschenbazillen anlangt, so hat unter denen, welche
ander Diskussion teilnahmen, nur Lignieres die Einheit bekämpft. Die
Muglichkeit der Übertragung von Rindertuberkulose auf den Menschen ist
nicht mehr bestritten, das ist ein grosser Schritt vorwärts. Die Kuhmilch
\>i gefahrUch, danach haben sich die Behörden zu richten. Im Gegensatz
züQi Berliner Kongress wurde auf diesem der Erblichkeit und dem tuberku-
lösen Boden ein breiterer Raum gewährt. Die Erhöhung des respiratorischen
Stoffwechsels nach Robin wurde nicht anerkannt. Nach Burckhardt
Terschlechtert die Schwangerschaft die Prognose der Lungentuberkulose nicht,
nach Bouchard soll ein tuberkulöses Mädchen nicht heiraten. Sie wird
m tun kinderlos zu sein, wird sie schwanger, so hat man nicht das Recht
einer verurteilten Mutter zuliebe ein Kind zu opfern , das vielleicht weniger
prädisponiert ist als andere. Nach Goff entwickelt sich die Lungentuber-
blose nur ausnahmsweise bei Diabetikern , welche einer Behandlung und
einem strengen Regime unterworfen sind. Zwischen Intermittens und
Tuberkulose besteht kein Antagonismus, ebensowenig ist die Phthise bei
Arthritis chronica stets eine schrumpfende. Das Trauma ist bei der Ent-
steaung der Tuberkulose ein Accidens, ohne dasselbe würde sich die Tuber-
kulose unter einem andern Einfluss haben zeigen können, eine bestehende
Tuberkulose kann durch ein Trauma verschlimmert werden. Die Mehrzahl
df-r neuen diagnostischen Verfahren verlangen eine zu exakte Ausführung,
unterliegen vielfacher Deutung, können also nicht ärztliches Gemeingut werden.
I)ie rein klinischen ältesten Verfahren bleiben die Grundlage der Frühdiagnose,
nach Turban bleibt die Röntgendiagnostik weit hinter der Auskultation
ziirück. Die Semmreaktion nach Arloing und Courmont bildet eine nütz-
liche Vervollständigung der anderen Untersuchungsmittel, erfordert aber viel
Sorgfalt und Geschicklichkeit, die Abwesenheit derselben lässt den Gedanken
in Tuberkulose nicht schwinden; ist sie positiv bei einem Menschen ohne
Fieber, so wird man das Bestehen derselben vermuten; nach Besangon
I ^ind die Agglutinationen nicht spezifisch. So wurde ein Tumor albus nach
der Serumreaktion für tuberkulös gehalten und die Amputation vorgeschlagen,
I })l)mb«rieht für Chirurgie 1905. 9
130 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Qnecksilberbehandlang beseitigte ihn. Ein Ansteigen des Blutdruckes ist von
guter, ein Sinken von schlechter Vorbedeutung, eine Hypertension bedarf als
Ursache der Hämoptoe der Behandlung. Von den therapeutischen Gesichts-
punkten betreffen die einen die Ernährung, die andern die Serumtherapie.
Bei der Ernährung der Tuberkulösen ist übertrieben worden, die Überernäh-
rung ist mit mehr Kritik zu verwenden, es soll heissen: ;,Iss viel, aber verdaue
gut^. Die Vielheit der Sera und der Tuberkuline ist der beste Beweis gegen
die Güte des einzelnen als spezifisch gepriesenen. Das ostentative Sichfern-
halten aller derjenigen, die in Paris mit dem Marmore kschen Serum
gearbeitet haben, sprach nicht zu gunsten desselben. Maragliano mit dem
antituberkulösen Serum, Denys mit der filtrierten Bouillon des Menschen-
bazillus brachten ihre therapeutischen Versuche in Erinnerung, v. Behring
ist es gelungen, den Bazillus von gewissen schädlichen Prinzipien zu befreien
und ihn in eine amorphe Masse überzuführen, die von den Ljmphzellen glatt
resorbiert wird und den Tierkörper immun macht ; er selbst hat darauf hin-
gewiesen, dass das Mittel experimentell und klinisch zu prüfen sei. Abge-
sehen vom vergleichenden Studium der verschiedenen Tuberkulosen hat dieser
Kongress unsere Kenntnisse über die Tuberkulose nicht erweitert, in der
Diagnostik wahrt die Klinik ihre Rechte.
Als bemerkenswert vom Tuberkulosekongress (22) werden hervorgehoben
der Bericht Courtois-Suffits über die Dispensarien und die Vorschläge
Regniers über die Unterbringung tuberkulöser Kinder in Hospitälern. Die
Erklärung des berühmten Bakteriologen Behring über die Heilung der Tuber-
kulose, welche der „Matin^ unter der Überschrift brachte: „Professor Behring
sagt, dass er die Tuberkulose vor Ablauf eines Jahres würde heilen können"",
kann nicht mit Stillschweigen übergangen werden, sie lautet wörtlich: Im
nächsten August spätestens werde ich die neue Heilmethode der Tuberkulose,
zu der mich meine Arbeiten geführt haben, bekannt geben. Es ist kein Serum,
kein Vaccin, es ist ein nicht allein schützendes, sondern heilendes Mittel.
Wie ich es beim Diphtherieserum tat, reserviere ich mir auch für einige Zeit
das Geheimnis dieses Mittels; ich werde allen meine Methode auseinander-
setzen und die Anwendung den Ärzten überlassen, aber ohne die Natur des
Mittels aufzudecken, denn ich glaube das Recht zu haben, einen Augenblick
die Wohltaten meiner Entdeckung zu wahren, die mich in den Stand setzen
werden später anderen Arbeiten nachzugehen.^ Einige Tage nach dieser Er-
klärung hat Behring ein theoretisches Apergu dieser Entdeckung zu geben
sich veranlasst gefühlt, welches wiedergegeben und an das die Frage geknüpft
wird, warum Behring mit der Bekanntmachung des Mittels bis zum August
wartet.
Philip (61) gibt trotz der durch die enorme Menge der Vorträge be-
dingten Schwierigkeiten eine Generalübersicht über das, was der Kongress in
bezug auf Pathologie, Diagnose, Prophylaxe und Behandlung wesentlich ge-
fördert hat. Betreffs der hauptsächlichen ätiologischen Faktoren bestand be-
merkenswerte Uneinigkeit. Robin gab an, dass der respiratorische Stoff-
wechsel bei Kindern tuberkulöser Eltern erhöht sei und durch Lebertran,
Kai. arsenicos, Kai. cacodylicum und Adrenalin herabgesetzt werden könne.
Bei Betrachtung der Ähnlichkeiten zwischen den Menschen-, Rinder-, Geflügel-
bazillen kommt man zu dem Schluss, dass es sich nur um Varietäten der-
selben Spezies handelt; diese inkonstanten Varietäten beruhen auf Unterschieden
des Kulturmediums usw. Menschen- und Rinderbazillen sind derselben Art
Waldrogel, Taberkolose. 131
and gegenseitig übertragbar, doch gehen Tierbazillen nur selten auf den
Menschen über im Vergleich zu der Übertragung von Mensch zu Mensch.
Calmette nnd Gervais zeigten Präparate, welche dartun, dass Menschen-,
Rinder- nnd Geflügeltuberkulose durch tuberkulöse Affektionen des Euters
aaf Ziegen übertragen werden kann. Die Sektion kam zu dem Schluss : der
KoDgress erklärt, dass es nicht allein notwendig ist, die Kontaktinfektion von
Mensch zu Mensch zu verhüten, sondern auch gegen die Rindertuberkulose
prophylaktische Massnahmen zu treffen, und dass man sich gegen alle Arten
von Tiertuberkulose schützen soll. Koch hat seine gegenteilige Ansicht da-
mals als noch nicht feststehend bezeichnet. Nach Courmont scheint die
Beobachtung zugunsten der Identität aller säurefesten Bazillen zu sprechen,
selbst die Resultate der Impfung geben nicht immer die Möglichkeit, die
Taberkelbazillen abzutrennen. Alkohol hat keine Wirkung auf Tuberkulose,
bim aber den Widerstand der Tiere gegen Infektion erhöhen, andere Autoren
fanden, dass der fortgesetzte Genuss von Alkohol das Fortschreiten der Tuber-
kulose begünstigt. Die auf die Diagnose zielenden Arbeiten brachten wenig
Neaes oder Sicheres. Temperatur- und Pulserhöhung beantworten bei Tuber-
kulösen körperliche Übung, Ermüdung, Erschöpfung. Mangelhafte Entwick-
lang der Thoraxmuskulatur, besonders der Schulterblattthoraxmuskeln verdient
Beachtung. Dass die Auskultation der Perkussion bei der Erkennung früher
Veränderungen vorgezogen wurde, hält Verf. für einen Fehler. Stellt das
Röntgenbild Veränderungen fest, so handelt es sich nicht mehr um Initial-
stadien; ein Vergleich der Leistungen der Durchleuchtung mit denen der
anderen physikalischen Methoden ist schwer. Die Anschauungen Möllers
über die diagnostische Bedeutung des Tuberkulins stimmen mit denen des
Verf. zusammen, den das Tuberkulin in zweifelhaften Fällen nie im Stich
gelassen hat. Die Zytodiagnose erfuhr keine Bereicherung. Die Sanatorien
dienen oft nur einfach der Isolierung vorgeschrittener Fälle. Erzieherisch
spielt das Sanatorium eine wichtige Rolle, die Bedeutung der Sanatorien
trat zu sehr in den Vordergrund, sie sollen mit weniger Luxus gebaut werden.
Die Dispensarien haben eine umfassendere Aufgabe, sie dienen der Belehrung,
der WohnungskontroUe ; Arzneien, Spuckfiaschen, Nahrungsmittel sollen von
ilmen verteilt werden, sie sollen für Desinfektion sorgen. Die Organisation
gegen die Tuberkulose soll von Staatsautoritäten gefördert werden als be-
sonderes Department. Mit der Zunahme der Tuberkulosebehandlung in In-
stituten fallt die Sterblichkeitsziffer. Alle Fälle von vorgeschrittener Tuber-
blose sollen zur Kenntnis gebracht werden. Die Desinfektion ist nicht nur
nach dem Ablauf der Krankheit, sondern auch im Verlauf auszuführen. In
Deutschland spielt das System der Zwangsversicherung eine grosse Rolle im
Kampf gegen die Tuberkulose; Bielefeldt bringt das starke Abfallen der
Tuberknlosemortalität damit in Zusammenhang, die Versammlung beschloss
im grossen und ganzen eine Nachahmung der deutschen Verhältnisse. Verf.
gibt dann den Vortrag v. Behrings (s. Ref. 17) ausführlich wieder. Es ist
zu bedauern, dass die für die vollständige Untersuchung und kritische Nach-
profong notwendige Zeit nicht beendet war, ehe ein einziges Wort besonders
Tor Laien darüber gesprochen wurde. Der Berliner, der Britische, der Pariser
KoDgress litten an der Verkündigung unfertiger Untersuchungen, die Erinne-
nmg an die Resultate der beiden früheren drängt zu dem Wunsche: absit
omen. Es ist traurig, dass wenn das Thema von dem unzweifelhaften Wert
desKochschen Tuberkulins berührt wird, all die alten Argumente aus Zeiten,
9*
132 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
in denen es unzweckmässig verwandt wurde, wieder aufgewärmt werden.
Beranecks neues Tuberkulin enthält extrazelluläre Toxine und intrazellu-
läre, ist leicht toxisch, hat aber ausgesprochene bakterizide Eigenschaften, es
löst eine aktive Phagozytose aus; Verf. glaubt, dass das B6ra neck sehe
Tuberkulin bei allen Formen von Tuberkulose grossen Wert hat. Das Serum
Marmoreks erzielt in den meisten Fällen deutliche Besserung und die
Methode ist gefahrlos. Die Ernährung mit rohem Fleisch führt zu bemerkens-
werter Besserung des Allgemeinbefindens, sie ist von therapeutischer Bedeu-
tung und muss systematisch durchgeführt werden. Die alten Behandlungs-
methoden des Lupus sind noch nicht ganz verdrängt, manche Fälle trotzen
alten und neuen Methoden. Die Lichtbehandlungsresultate sind befriedigen-
der als die mit anderen Verfahren erzielten, die Röntgenstrahlen kommen
mehr bei ausgedehnten Prozessen in Betracht, bei Schleimhautlupus und viel
Ulzerationen. Frühzeitige Lumbalpunktion bei tuberkulöser Meningitis wird
empfohlen, von chirurgischen Eingriffen kann bei lokalisierten Formen etwas
erwartet werden. Bei 36 Fällen von Solitärtuberkeln hatte Dur et 23 Er-
folge und 11 Todesfälle, 24 sassen in den Hemisphären, 12 im Kleinhirn.
Die Erfolge mit 3 Ausnahmen betrafen Tuberkel der Hemisphären, bei Kindern
sind die Tuberkulome leicht multipel. Beim Kapitel des Kinderschutzes wurde
wenig Wichtiges vorgebracht. Schulärzte sollen die Schüler in Perioden be-
aufsichtigen, die Klassenräume und das Erziehungssystem kontrolUeren. Be-
achtenswert scheint der Vorschlag, für tuberkulöse Kinder besondere Schulen
auf mehr physiologischer Basis einzurichten.
Nach Mariani (55) ist die Einheit der Tuberkelbazillen und die Mög-
lichkeit der Übertragimg auf den Menschen und von Menschen auf Tiere
allgemein anerkannt. Die Serumreaktion ist nicht nur diagnostisch, sondern
auch prognostisch wichtig. Das Studium des respiratorischen Stoffwechsels
besitzt keine grosse diagnostische Bedeutung. Die Tuberkulose ist keine direkt
erbliche Krankheit, aber die Kinder tuberkulöser Eltern sind zur Tuberkulose
prädisponiert, diese Prädisposition kann durch hygienische und therapeutische
Massnahmen bekämpft werden. Die Erbauung von Sanatorien ist teurer als
nützlich, man soll die Dispensaires vorziehen. Statt der Überernährung soll
man eine eiweissreiche Nahrung einführen. Bazillenprodukte erzeugen bei
Mensch und Tier Schutzstoffe; das neue Mittel v. Behrings beruht auf
diesen Prinzipien.
Sehr früh hat Auf rech t (4) auf die Mitwirkung der ererbten Anlage und
der sozialen Misstände bei der Entstehung der Tuberkulose aufmerksam ge-
macht, die Wichtigkeit der Disposition erhellt aus den Untersuchungen Naegelis.
Verf. hat bis auf den heutigen Tag im Krankenhause keinen Fall gesehen,
der ihm die Vermutung nahegelegt hätte, dass die Krankheit durch Einatmung
des Tuberkelbazillus entstanden sei, auch ist von Ärzten und Pflegepersonal
keiner an Lungenschwindsucht oder einer anderen Form von Tuberkulose er-
krankt. Gegenüber Cornets statistischen Angaben, dass die Mitglieder von
katholischen Pflegerinnenorden von der Tuberkulose furchtbar heimgesucht
werden, hebt Aufrecht hervor, dass schon unter den Bewerberinnen um An-
stellung in der inneren Station in 67 j8 ^/o Veränderungen der Lungenspitzen nach-
gewiesen werden können und dass er bei seinen Autopsien in 82^0 bei Erwachsenen
krankhafte Veränderungen in den Lungenspitzen fand. Verf. erkannte, dass die
ersten tuberkulösen Lungenveränderungen gar keinen Zusammenhang mit den
Luftwegen haben, sondern von kleinsten Gefässen ausgehen, in deren Wand sich
Waldvogel, Tuberkulose. 133
die Bazillen zuerst festsetzen und vermehren. So tritt eine Schwellung der
Ge&swand ein und der zugehörige Abschnitt der Lunge verwandelt sich in
einen käsigen Tuberkel. Die Bazillen kommen durch die unversehrte Wand
aas verkästen bazillenhaltigen Drüsen in den Blutstrom. Von 10 heraus-
genommenen Gaumen- und 16 Rachenmandeln waren je 2 und 3 mal Tuberkel
und Bazillen zu finden. Goerdeler fand bei Sektionen von 21 Kindern unter
1 Jahr 2 mal Tuberkel bezw. Bazillen in den Gaumenmandeln, während der
übrige Körper ganz frei war ; bei 9 Kindern bis zu 1 Jahr 1 mal in den ver-
grösserten Gaumenmandeln und in den am Kieferwinkel lagernden Halsdrüsen
Tuberkel, Imal nur eine tuberkulöse Unterkieferdrüse. Unter 17 Fällen,
einige schon im jugendlichen Alter, fanden sich 1 mal Tuberkel in der Gaumen-
mandel, in den Hals- und Mediastinaldrüsen, Imal Tuberkel in der Rachen-
mandel, den Unterkieferwinkel-, den Halsdrüsen und denen des Mediastinums
Imal in der Gaumenmandel, den Hals- und Mediastinaldrüsen. Aufrecht
bat femer tuberkulöskäsige Massen bei 7 Kaninchen im Halse in der Gegend
der Mandeln verrieben, eins ist nach 8 Tagen gestorben mit 3 hellgrauen
Knötchen in der Mandel, einzelnen an der Zungenwurzel, ein zweites nach
4 Monaten mit freien Mandeln, Rachen- und Unterleibsorganen; hier waren
in beiden Lungen verkäste Knoten, in den Mediastinaldrüsen Verkäsung und
eitrige Verflüssigung, in den Halsdrüsen frische Schwellung, Mediastinaldrüsen
und Lungenknoten enthielten Bazillen. Ein drittes wurde nach 4 Monaten
getötet, Lungenknötchen enthielten Bazillen, sonst Befund wie im vorigen Fall,
2 Tiere haben erheblich abgenommen. So scheinen also gerade die von der
Halsschleimhaut aus eingedrungenen Bazillen beim Tier wie beim Menschen
Zunächst die alleinige Erkrankung der Lungen herbeizuführen, während auf
anderem Wege in den Tierkörper eingebrachte Bazillen mehr eine allgemeine
Tuberkulose zur Folge haben. P'ür die Lungentuberkulose kann der Eintritt
des Bazillus durch den Darm nicht in Betracht kommen wegen der Seltenheit
der Darmtukerkulose, weil Menschen mit nur durch die Sektion feststellbarer
Lungentuberkulose überaus selten tuberkulöse Mesenterialdrüsen oder tuber-
kulöse Darmgeschwüre zeigen und weil bei tuberkulösen Mesenterialdrüsen
Lungentuberkulose überaus selten ist. Die Entstehung von Lungentuberkulose
bei tuberkulösen Mesenterialdrüsen wird begünstigt, wenn die Bazillen von
diesen Drüsen zu denen des Mediastinums hinaufwuchem. In den Mund der
Kinder können Bazillen leicht geraten, man sehe sich bei der Wahl der Kinder-
päegerinnen vor, die die Kinder nicht auf den Mund küssen dürfen, man
lasse etwas ältere Kinder nicht auf dem Fussboden, nicht mit Sand spielen.
Man verabfolge Kindern die Milch nur im gekochten Zustande, man lasse
die Entfernung geschwollener Mandeln in jedem Fall vornehmen. Bei der
Skrofulöse sind die Gefdsswände abnorm durchlässig, chronische Mandel-
schwellungen sind die Folge eines dadurch vermehrten Austrittes weisser
Blutkörperchen in das Gewebe dieser Mandeln. Haben bei Kindern die
Drüsen am Hals allmählich ohne vorhergegangene akute Krankheit eine be-
liichtlicbe Grösse erreicht, so sind dieselben operativ zu entfernen. Erkranken
Ohr und Hirnhäute isoliert, so sind die Bazillen aus den Halsdrüsen in die
.^rien des Halses gedrungen; die Tuberkel der Hirnhäute sind nichts anderes
als umschriebene Verdickungen der Wand kleinster Hirngefässe. Die Lungen-
tuberkulose überwiegt, weil sie 2 Bezugsquellen hat, einmal die Venen und
dann die Lungenarterien, selten führt die Bauchtuberkulose zu der der Lungen.
Die Krankheit setzt symptomlos ein, durch heftige Hustenstösse kommen
184 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Zemmgen des zwischen den Tuberkeln liegenden Lungengewebes und Blut-
stauungen zustande, die zu entzündliche Veränderungen führen. Der Bazillus
erscheint erst spät im Auswurf, in der Magdeburger Untersuchungsstation
wurden bei 852 Untersuchungen nur 238 mal Bazillen gefunden. Dass der
Staub an und für sich die Krankheit nicht erzeugt, ist sicher, die Lungen-
substanz zeigt selbst bei reichlicher Absetzung von Kohle nie Verdichtungen.
Die Lungenschwindsucht lässt sich verhüten, wenn wir die entzündlichen Ver-
änderungen des zwischen den Tuberkeln liegenden Gewebes verhüten, und das
können wir. Aufrecht hofft, dass die unfruchtbare Hypothese, dass die
Lungenschwindsucht durch Einatmung des Bazillus entsteht, bald verdrängt
wird, denn aus seiner Auffassung lassen sich Verhaltungs- und Verhütungs-
massregeln ableiten.
Aufrecht (5) gibt, gestützt auf eigene Beobachtungen und Unter-
suchungen, mit kritischer Verwertung der neuesten Literatur, eine Praktikern
wie Theoretikern gleich wertvolle Pathologie und Therapie der Lungentuber-
kulose. Im Kapitel Pathogenese und pathologische Anatomie der Lungen-
schwindsucht weist er die Entstehung derselben durch Einatmung zurück
und führt die Anfänge des Leidens auf eine Erkrankung der Wand kleinerer
Blutgefässe mit Nekrose des von ihnen versorgten Gewebsgebietes zurück. In der
Gefässwand lassen sich Bazillen nachweisen, ein genetischer Zusammenhang
mit den miliaren grauen Tuberkeln ist auszuschliessen. Der miliare graue
Tuberkel ist nur der Durchschnitt durch ein Gefäss mit verdickter Wand.
Ausser dem grauen und dem käsigen Tuberkel hat an dem Prozess der Lungen-
schwindsucht einen sehr beträchtlichen Anteil die käsige Pneumonie, die aus
einer parenchymatösen Erkrankung der Lunge in der Umgebung der käsigen
Tuberkel hervorgeht; bei der Perlsucht aber entstehen mehr interstitielle
Prozesse. In die Blutgefässe gelangt der Bazillus hauptsächlich von Hais-
und Mediastinaldrüsen aus, und in diese von der Aussenwelt durch die Hals-
schleimhaut, bezw. die Tonsillen. Es entstehen so drei Verlaufsweisen der
Lungentuberkulose, die chronische, die subakute und die akute, welch letztere
nur eine Teilerscheinung der allgemeinen Miliartuberkulose ist. Die Wichtig-
keit der Disposition ist besonders klar durch Nägeli erweisen. In den
Mund kann der Bazillus gelangen durch den Kuss phthisischer Menschen, durch
Schmutz an den Händen, durch Milch perlsüchtiger Kühe, dass er erst in
den Darm und dann zu den Lungen gelangt, ist nicht anzunehmen. Schon
den Tonsillen dürfte eine verschiedenartige Disposition betreffs des Durch-
trittes der Bazillen zukommen. Ist der Bazillus in die Drüsen gelangt, so
ist die Skrofulöse der wichtigste Faktor für seine Vermehrung, das Wesen
der Skrofulöse besteht in einer erhöhten Permeabilität für austretende Leuko-
zyten und eintretende Bakterien, eine hereditäre Anlage besteht insofern,
als die Skrofulöse zwischen der Tuberkulose der Eltern und der der Kinder
vermittelt. Bei einer ausschliesslichen tuberkulösen Bazillenmeningitis können
die Bazillen nur durch einen Zweig der Karotis von einer Halsdrüse aus ins
Gehirn geführt sein, durch die Venae mesaraicae in die Leber, in die Lungen
aber gelangen sie sowohl auf dem Wege peripherer Venen als auch von
Mediastinaldrüsen direkt durch die Art. pulmonalis. Die günstigeren Bedingungen
für das Haftenbleiben in den Spitzen sind gegeben durch den Bau der oberen
Thoraxapertur, erschwerte Zirkulation. Die bedeutsamsten disponierenden
Momente für das Auftreten der desquamatio-pneumonischen Prozesse sind Bron-
chialkatarrhe, Hämoptoe, Traumen, Inhalation von Staub. Die chronische
Waldvogel, Taberkolose. 135
Phthise teilt Aufrecht in drei Stadieo, zwischen erstem und zweitem tritt
InsveileD Hämoptoe auf. Durch Perkussion und Auskultation kann festgestellt
Verden, welches die frühesten Veränderungen bei der chronischen Lungen-
tuberkulose sind, Thorakometrie, Spirometrie, Pneumatometrie und Radio-
skopie haben geringere Bedeutung. Das wichtigste Moment für das Auf-
treten der hänfig vorkommenden Hämoptoe sind körperliche Anstrengungen.
Zwischen Husten und der tuberkulösen Affektion existiert zumal im Anfang
kein direkter Zusammenhang, bisweilen besteht im Beginn nur häufiges Räu-
spern. Der Husten kann bei symptomlos yorhandenen käsigen Tuberkeln
in der Spitze desquamativ-pneumonische Prozesse in ihrer Umgebung an-
regen. Fehlen Bazillen, so ist es nicht unrichtig, unter gewissen Bedin-
gungen probatorische Tuberkulininjektionen vorzunehmen, obwohl sie, zumal
im Anfangsstadium^ keine volle Sicherheit bieten. Die prophylaktischen Mass-
nahmen sind: Tötung der Bazillen in den Sputis, durch Desinfektion der
Kleidung und Wohnung, durch Ausmerzen perlsüchtigen Rindviehs, Verhütung
des Eindringens in den Körper durch Verkehr von Kindern mit Tuberkulösen,
durch Schmutz an den Händen, Hautverletzung, Zirkumzision, Tätowierung,
Vernichtung an der Eintrittsstelle durch Entfernung zumal der Tonsillen,
Bekämpfung der Skrofulöse, Verhütung des Hinzutretens desquamativ-pneu-
monischer Prozesse durch Vermeidung körperlicher Anstrengungen, Bronchial-
kätarrhe, Staubinhalation. Zur Beseitigung etwa vorhandenen Hustens ist
medikamentöse Behandlung und zweckentsprechende Herrichtung der Schlaf-
räume erforderlich. Die hygienisch-diätetische Behandlung kann gegen den
eTitstehenden pneumonischen erst die Phthise bedingenden Prozess sehr nutz-
bringend sein. Der Nutzen der Heilstätten würde nicht angezweifelt werden,
wenn die Indikationen für die Freiluftkur, für die Anwendung kalten Wassers
und der Medikamente genauer als bisher beachtet würden. Das Anfangs-
stadiom bei fieberlosem Verlauf bedarf keiner spezifischen Behandlung, bei
fiebernden, sonst weniger Aussicht auf Heilung bietenden Fällen lässt sich
durch Anwendung minimaler Tuberkulindosen Erfolg erzielen.
Bei der von den deutschen Pathologen stets hochgehaltenen Disposition
TQX Tuberkulose handelt es sich um relative Eigenschaften der Gewebe ; die
EoDstitntion, der feinere Bau und der Stoffwechsel der Gewebe kann gegen-
über der einen Krankheitsursache eine schlechte, gegenüber einer anderen
eine gute sein. Wir sind von der Erkennung der feineren morphologischen
Tind biologischen Grundlagen der Disposition noch weit entfernt und müssen
zufrieden sein, wenn es gelingt, für das Bestehen einer Disposition gröbere
Xeränderangen der Gewebe als Grundlage nachzuweisen. Bei der disse-
minierten akuten Miliartuberkulose sind nach Orth (59) die Knötchen im
Oberlappen grösser, opak, nekrotisch, umgeben von einer mehr oder weniger
breiten Zone käsiger Pneumonie, während sie im Unterlappen kleiner, sub-
lüiliat fast immer noch grau erscheinen. Die Knötchen im Oberlappen sind
älter nnd da in der Zufuhr der Bazillen ein Unterschied nicht wohl sein kann,
80 besteht in der Spitze eine grössere Vulnerabilität, geringere Widerstands-
l^raft. kurz eine Disposition zur Erkrankung. Orth zeigt dann das Prä-
parat eines Falles, in dem neben massiger Lungenphthise ausgesprochene
Tuberkulose des Ösophagus im ganzen Bereich der durch Salzsäure verätzten
iiulüeren und unteren Abschnitte bestand mit Bazillen. Es ist nicht
^möglich, dass die Bazillen durch das Blut an den durch die Verätzung
{letzten Locus minoris resistentiae gelangt sind, zumal wir wissen, wie häufig
136 Jahresbericht ffir Ghirargie. I. Teil.
Blutgefässe bei tuberkulösen Veränderungen besonders in den Lungen
sind, und wir uns der Vorstellung nicht entziehen können, dassauch bei kl^in,
Herden öfters Bazillen ins Blut gelangen. Im 2. Fall fanden sich ausgede^b^:;
Halsdrüsentuberkulose, eine geringe Lungenschwindsucht, Verkäsung und Ve
kalkung von tracheobronchialen und bronchopulmonalen Lymphdrüsen , e
Darmgeschwür. An einem typischen chronischen Magengeschwür, das selb
völlig frei von Tuberkulose war, lag eine ganz von Tuberkulose durchsetzl
Lymphdrüse mit zahlreichen Bazillen, während die Nachbarschaft fast völlii
frei von Tuberkulose war. Das Magengeschwür hat wohl den Bazillen di
Pforte zum Eindringen in die benachbarte Lymphdrüse geöffnet. In de
Magenwand war der Boden für die Ansiedelung der Bazillen nicht geeignet
Ln ganzen sind 100 Fälle plazentarer Tuberkelbazillenübertragnngr be
kannt, die Zahl der leidlich gut beschriebenen Fälle aber, in denen ein tTber-
gang der Tuberkulose vom Vater auf die Frucht angenommen werden muss,
beträgt nur zwei, nämlich von Sarwey und Landouzy; Friedmann (29) sncht
diesen Fragen auf experimentellem Wege beizukommen. Er fand, dass bei
7 — Stägigen Kaninchenembryonen, welche von Vatertieren abstammen, denen
einige Wochen vor der Zeugung menschliche Tuberkel- oder Perlsuchtbazillen in
die Samenleiter gespritzt waren, in der Regel solche Bazillen nachweisbar waren,
ebenso bei solchen, die von Vatertieren absfÄmmten, denen einige Wochen vor
der Zeugung Tuberkelbazillen in beide Hoden injiziert waren. Fand die Begattung
erst nach vier oder mehr Wochen statt, so erfolgte keine Konzeption melir,
in einem Fall hörte die Begattung auf. Werden die Bazillen in die Lungen ge-
bracht und der Prozess kommt zum Stillstand, so sind die 7 tägigen Embryonen
stets bazillenfrei und entwickeln sich zu gesunden Tieren, bei intraperitonealem
Infektionsmodus breitet sich die Tuberkulose zu schnell aus und die erfolg-
reiche Begattung dürfte nur selten noch stattfinden. Sechstägige Kaninchen-
embryonen, deren Vatertieren wenige Wochen vor der Zeugung Bazillen in-
travenös injiziert wurden, enthalten bisweilen wenig Bazillen. Fand die
Zeugung etwas längere Zeit nach der Infektion statt, so lassen sich in den
sechstägigen Embryonen in der Regel keine Bazillen nachweisen, doch sind
nach Ausweis der mikroskopischen Untersuchung und Meerschweinchenimpfung
einige Bazillen auch dann noch ganz vereinzelt, aber offenbar avirulent in
Organen einiger Neugeborener nachzuweisen. Bazillen, die gleich nach der Be-
gattung Kaninchenweibchen intravaginal injiziert wurden, Hessen sich in sieben-
tägigen Embryonen in der Regel vereinzelt nachweisen; sie hindern jedoch
die normale Entwicklung der Früchte in keiner Weise. Das negative Resultat
kann vielleicht zum Teil auf die relative Unempfänglichkeit des Kanineben-
körpers gegen menschliche Tuberkulose bezogen werden. Auch die Versuche
V. Baumgartens und Maffuccis an Hühnereiern fielen nur mit Hühner-
tuberkelbazillen sofort positiv aus. Die Muttertiere blieben in Friedmanns
Versuchen stets gesund. Intraperitoneal oder intravenös infizierte und kurze
Zeit darauf begattete Meerschweinchen- oder Kaninchen weibchen scheinen,
falls die Infektion schon vorgeschritten, überhaupt nicht mehr zu konzipieren.
Es tritt Gravidität und normale Entwickelung der Föten ein, welche frei
sind von Tuberkeln und Bazillen, wenn die Infektion einige Tage nach der
erfolgreichen Begattung geschehen war. Bei subkutaner Infektion des Mutter-
tieres mit kurz darauffolgender Begattung können einzelne Bazillen durch die
Plazenta in die Fötalleber übergehen, rufen hier jedoch keine histologischen
Veränderungen hervor, verhalten sich hier in der Regel avirulent. Bei Unter-
Waldyogel, Tuberkalose. 137
5üchimg Ton 6 Paar Nebenhoden nnd Hoden von Lungenphthisikem auf Serien-
cchnitten fand sich nur in einem der Fälle je ein Bacillus in der äussersten
Zellschicht eines Hodenkanälchens und in einem Nebenhodenkanal. Die Ver-
haltnisse beim Menschen fär das Zustandekommen einer kongenitalen tuber-
kak>sen Infektion liegen insofern günstiger als in diesen Versuchen, als der
im Menschen gezüchtete Bacillus direkt ohne Zwischenwirt und ohne Ein-
schaltung eines Nährbodens in den Keim eines Individuums der gleichen
Spezies eintritt und das Leben eines Menschen so viel länger ist. Dass also
die Vererbung keineswegs kurz von der Hand zu weisen ist, dürfte keinem
Zweifel unterliegen; wie gross ihr Anteil an der Entstehung menschlicher
Tuberkulose ist, darüber zu entscheiden, dürfte trotz mühseliger pathologisch-
anatomischer Forschung wohl auch für die Zukunft unmöglich bleiben.
Simmonds (74) will unter Zugrundelegung von 15 Frühformen der Samen-
biasentuberkulose über die ersten Veränderungen, die der Tuberkelbazillus
in der Samenblase hervorruft und die weitere Ausbreitung des tuberkulösen
Prozesses in der ersten Periode der Erkrankung berichten und im Anschluss
daran seine Ansicht über die Pathogenese derselben entwickeln. In den
frühesten Fällen ist nur der Inhalt eitrig, ohne dass selbst mikroskopisch an
der Schleimhaut Strukturstörungen erkennbar sind , es besteht eine eitrige
Spermatocystitis auf tuberkulöser Basis. Erst später ergreift der anfänglich
oberflächliche, sich durch Epithelproliferation, Rundzelleninfiltrate, regressive
Metamorphosen dokumentierende Prozess die tieferen Schichten der Mukosa,
die Erkrankung nimmt vom Inhalt der Samenblasen ihren Anfang, nicht von
der Wandung. Wie soll man sich den Weg der Infektion denken ? In vier
Fällen in denen der Nebenhoden verkäst war, ist wohl ohne weiteres zuzu-
geben, dass von hieraus eine Verschleppung der Bazillen in die Samenblasen
mit dem Sekretstrom erfolgen konnte. Dass von der Prostata aus, in der
nur kleine, völlig feste Herde sich befanden, die Infektion der Samenblasen
aasgegangen sei, erscheint Simmonds nicht wahrscheinlich. In den übrigen
11 F^en wird folgende Entstehung angenommen: Die in den gesunden Hoden
tuberkulöser Individuen ausgeschiedenen Bazillen gelangen mit dem Sekret-
strom in die Samenblasen, vermehren sich hier im zeitweise stagnierenden
Inhalt und erzeugen zunächst eitrigen Katarrh. Es ist zu vermuten, dass
die angegebenen Entstehungsweisen die regelmässigen sind. In den Samen-
blasen mit intakten Wandungen und freien Ausführungsgängen fanden sich
regelmässig sehr grosse Mengen von Bazillen imd daneben in manchen Fällen
völlig normal aussehende Spermatozoen, es läge also die Gefahr der Infektion
des Eies vor. Die Erfahrungen des Verfs. über die Tuberkulose des weib-
lichen Genitalsystems lassen deren Entstehung durch mit dem Sperma ejaku-
lierte Bazillen als mindestens recht selten erscheinen.
Welchen Anteil die Erblichkeit, welchen der Kontakt an der Ver-
breitung der Tuberkulose haben, ist durchaus unklar; Ar thaud (3) versucht
es zu entscheiden an der Hand der Statistik und der klinischen und patho-
logisch-anatomischen Tatsachen. Die einfache Prüfung der absteigenden Mortali-
tatskurre lässt die Idee der Erblichkeit nicht ausschliessen , dieser Faktor
scheint in Paris im ersten Lebensjahr sehr wichtig zu sein. Es erscheint
veuig logisch, wenn man die überwiegende Sterblichkeit an Tuberkulose auf
Rechnung einer speziellen Empfänglichkeit des Kindes setzen will. Die Mortalität
mmmt vom 1. — 15. Lebensjahr ab, um dann anzusteigen, das spricht für eine
138 Jahresbericht fQr Chirargie. I. Teil.
erhöhte Widerstandsfähigkeit in dieser Periode. Die klinische ]VfortaJitä
Statistik ergibt für das erste Jahr 90 Vo Lymphdrüsentuberkulose und relat
wenig solche der Lungen. Diese letzteren nehmen bis zum 3. Lebensjahr
bis auf 70 Vo, beide Formen nehmen bis zum 25. Jahr ab bis auf öO^'/o, m
60 Jahren erreicht die Zahl der Tuberkulosen wieder 75 ^/o. Morbiditats- ui
Mortalität skurye laufen fast parallel, nur vom 45. Jahre ab mehrt sich di
Zahl der anderen zum Tode führenden Krankheiten, sie ergeben, dass Kontal
und Heredität einen fast gleichen Anteil haben, dass die erstere Ursache siel
nach dem 25. Lebensjahr bemerkbar macht, die letztere vor dieser Zeit. Di
Prozentzahlen, welche durch klinische Tatsachen geliefert werden, sind di\
höchsten, dann die durch Autopsien gewonnenen und die, welche nach dej
Statistik angeben, wie viel Todesfälle in jedem Alter auf Tuberkuiose zv
rechnen sind, treffen in der Mitte des Lebens zusammen, sie betragen nacb
den verschiedensten Autoren 50— 60^0, aber im Kindes- und Greisena/terj
gehen sie weit auseinander. Für das Alter ist die Erklärung leicht, denn
im Alter ist die Tuberkulose latent, wenn nicht inaktiv, hn Kindesalter sind
die Verhältnisse weniger eindeutig. Beim Kinde und bis zu 15 Jahren ist
die Drüsentuberkulose sehr häufig, mit dem Alter abnehmend, währezzd die
Lungenveränderungen bis zum 3. Jahr zu und dann langsam abnehmen. Die
Schwere der Krankheit wächst mit dem Alter. Wenn man die Hypothese
der Vererbung zulässt, so kann es keinem Widerspruch begegnen, dass die
Tuberkulose, beim Kinde wesentlich eine der Drüsen, sich mit der Zeit in
den Meningen, Lungen und im Peritoneum lokalisiert und dass die Häufig*
keit dieser Lokalisationen grösser erscheint bei einem gegebenen Satz von
Tuberkulösen. Die Anhänger der Kontaktinfektion würden nicht erklären können,
warum unter 3 Jahren die Kontaktinfektion sehr gross und jenseits jenes
Alters fast 0 ist, da die Sterblichkeit abnimmt. Die Mikropolyadenie des
Kindes ist die anatomische Grundlage dessen, was man die erbliche Anlage
nennt. Auf Grund der relativen Widerstandsfähigkeit des Kindes beträgt die
Sterblichkeit an reiner Tuberkulose nur 3^/o, aber die grosse Letalität der
Kinder von Tuberkulösen geht weit über diese Ziffer, die anderen sterben im
ersten Lebensjahr an Krankheiten, unter denen sich die Tuberkulose sehr
häufig darstellt, Meningitis, Bronchopneumonie, so kommen 10— 20^/o heraus^
das ist die Zahl der bei der Autopsie konstatierten Tuberkulosen, in welcher
sich der Einiluss der Erblichkeit ausdrückt, die Gesamtsumme der paratuber-
kulösen Erkrankungen ist ungefähr 90 Vo aller Todesfälle. Die Tuberkulose
des ersten Lebensjahres ist also nicht selten, bei den paratuberkulösen Er-
krankungen ist die Tuberkulose prädisponierend, ihre Zahl nimmt bis zum
15. Lebensjahre ab, Masern, Keuchhusten, typhoide Fieber der Heranwachsen-
den sind nur larvierte Formen oder verbunden mit einer verkannten Tuber-
kulose. Aus einer Zusammenstellung der Mortalitätskurven nach den Lebens-
altern aus verschiedenen Ländern zieht Verf. den Schluss, dass in den kälteren
Klimaten die Kontaktinfektion die Sterblichkeit an Tuberkulose beeinäusst,
in den warmen die Heredität dominiert; in den wärmeren Ländern herrschen
die akuten Formen vor. Der Einfluss der Heredität, der den Wert der Sterb-
lichkeit im ersten Lebensjahr in die Höhe treibt, trägt durch Abschwächnng
dazu bei, dass das Alter, in dem der Herangewachsene der Mortalität seinen
Tribut zahlt, ein höheres wird. Die Kontaktinfektion erreicht ihr Maximum
in der zweiten Hälfte des Lebens bewirkt die Schwere der Erkrankungen,
erhöht die Zahl für das Maximum der Mortalität, in welchem Alter sie sich
Waldvogel, Taberknlose. 139
auch nacli den Klimaten einstellt. Erblichkeit und Kontakt üben wenigstens
in Frankreich auf Morbidität und Mortalität einen gleich grossen Einfluss aus.
Neu ist an v. Behrings Lehre seine Theorie von der infantilen tuber-
kniösen Infektion. Die Annahme einer voraufgegangenen disponierenden In-
fektion ist aber nach Beitzkes (lö) Ansicht für die Erklärung der Schwind-
sachtsentstehung absolut nicht erforderlich. Die infantile Infektion setzt
nach T. Behring keine anatomischen Veränderungen, der Pathologe kann
ihren Nachweis also nur führen, indem er die Bazillen im Blute sucht.
Beitzke hat daher Kinder im Alter von zwei Tagen bis neun Jahren unter-
sucht, indem er das Blut mit einer Spritze aus dem rechten Ventrikel zog
und mindestens in der Menge von 1 ccm Meerschweinchen subkutan und
peritoneal einspritzte; die Herzgerinnsel wurden der Inoskopie nach Jousset
unterworfen. Zur Prüfung der angewandten Verfahren wurden dieselben auch
bei sechs Fällen von Miliartuberkulose und schwerer Lungentuberkulose benutzt,
in drei Fällen wiesen die Meerschweinchen tuberkulöse Veränderungen auf,
währ^id die Inoskopie nur einmal ein positives Resultat förderte; letztere
Methode ist nicht einwandsfrei. Bei 47 genau durchsuchten, anatomisch nicht
tuberkulösen Kindern hat sich weder durch den Tierversuch noch durch die
Inoskopie der geringste Anhalt für die Anwesenheit von Tuberkel bazillen im
Blut ergeben, v. Behrings Behauptungen von der Existenz einer latenten
infantilen Infektion erfahren durch diese Untersuchungen zum mindesten keine
Stütze.
Die bisher benutzten Befunde sind nicht geeignet, um aus ihnen ganz
bestimmte Schlüsse auf die Art des Eindringens der Tuberkelbazillen zu ziehen.
Für die Behauptung, dass ein latenter Zustand der Bazillen sehr häufig vor-
komme, sind bisher keine überzeugenden Beweise beigebracht worden. Die
Untersuchungen von Weichselbaum und Bartel (84) wurden so ange-
stellt, dass aus Kinderleichen ohne makroskopisch wahrnehmbare Tuberkulose
die Gaumentonsillen und alle Hals-, Brust- und Mesenteriallymphdrüsen heraus-
prapariert und jede Gruppe getrennt verarbeitet wurde. Die eine Hälfte der
Drüsen wurde mikroskopiert, die andere mit Fleischbrühe verrieben auf Meer-
schweinchen anfangs intraperitoneal, später subkutan verimpft. Aus den Be-
fimden wird geschlossen, dass in den angeführten 8 Fällen in einer Anzahl
Ton Lymphdrüsen und auch in den Tonsillen lebende Bazillen vorhanden waren,
dass diese aber in den Organen noch keine spezifischen tuberkulösen Verände-
nmgen gesetzt hatten. Auch Kälble, Mac Fadyen und Macconkey haben
in ganz vereinzelten makro- und mikroskopisch tuberkulosefreien Drüsen tier-
pathogene Bazillen gefunden. Durch diese Untersuchungen ist erwiesen, dass
in Lymphdrüsen gelangende lebende Tuberkelbazillen sich in diesen eine ge-
wisse Zeit hindurch lebensfähig erhalten können, ohne dass es hierbei zu
spezifisch tuberkulösen Veränderungen zu kommen braucht. In 4 von den
8 Fällen wurde durch Verimpfung eine Allgemeintuberkulose freilich erst nach
45 Tagen bis zu 5 Monaten erzeugt. Schlüsse über die Eintrittspforte sind
mit Vorsicht zu ziehen.
Dass die Tuberkelbazillen bei ihrem Eindringen in den Körper die Ein-
pangspforte ungehindert passieren und erst in den regionären Lymphdrüsen
sich ansiedeln, kann v. Baumgarten (13) nach seinen experimentellen Erfah-
rungen nicht für richtig halten, nur in einigen wenigen Fällen bedurfte es
ZOT Feststellung der Primärerkrankung an der Infektionspforte der mikro-
skopischen Untersuchung nämlich bei kürzerer Lebensdauer und schwachem
140 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
Infektionsresaltat. Damit stimmen im grossen und ganzen die objeki
Befunde der Autoren zusammen, fast vollständig bei Impfungen an doi*
kutis, der vorderen Augenkammer und am Peritoneum. Doch auch bei ei^
lieh kutanen Impfungen, bei Inhalationen und Fütterungsexperimenten stii
die Mehrzahl der Versuche mit Baumgartens Anschauungen iibei
Den Co rnet sehen Impfexperimenten an der Kutis und den äuss«
Schleimhäuten, bei denen eine mikroskopische Untersuchung der Infekt i
stelle nicht vorgenommen wurde, stehen die zahlreichen Versuche des ^^€
gegenüber, der niemals ein Ausbleiben des tuberkulösen Prozesses an der In
stelle vermisste. Auch in den Fütterungsversuchen des Verfs. war ausnahm:
die Schleimhaut des Digestionstraktus schwer erkrankt, nur bei frühem 1
musste man zum Mikroskop greifen, konnte dann aber in den Follikeln
Tonsille, des Darms oder der Rachenwand eine mindestens gleichaltrige oi
sogar voi^erücktere Tuberkulose als in den regionären Lymphdrüsen nachweis
wo die Bazillen auf einen viel kleineren Raum zusammengedrängt eine stä.rk<
Wirkung entfalten können. In der Wand des Digestionskanals können wt
charakterisierte tuberkulöse Produkte vorhanden sein, ohne makroskopise
Veränderungen zu setzen. Bei einer Reihe von Autoren, welche sich n
der Fütterungstuberkulose beschäftigend keine Veränderungen des Digest ior
traktus fanden und doch eine Infektion des Körpers von dieser Stelle ai
annahmen, tritt die Lungenerkrankung derartig in den Vordergrund, da
eine primäre Erkrankung dieser und sekundäre Infektion von Drüsen am Hai
an den Bronchien und im Mesenterium anzunehmen ist, ein verschluckt«
Teil der gefütterten Bazillen könnte wirkungslos geblieben sein. Der grösst
Teil aber erzeugt im Verdauungstraktus eine primäre Tuberkulose, sei es in dei
oberen Wegen und der Darmwand, oder der Darmwand und den oberen Wege:
allein. Von einem Beweis, dass inhalierte Bazillen durch die Schleimhäute
der oberen Luftwege in den Körper eindringen und daselbst Tuberkulo5^(
erzeugen können, ohne dass es zu einer tuberkulösen Erkrankung der Schleim-
häute selbst kommt, kann nicht die Rede sein. Cornets Versuche für einti
primäre Bronchialdrüsentuberkulose ohne Lungenafifektion sind nicht beweisend.
denn die Lungen sind nicht mikroskopisch untersucht und die Infektion Her
Bronchialdrüsen vom Nasenrachenraum ist nicht ausgesshlossen. Aus den
Versuchen v. Baumgartens, der homogene Suspensionen von Bazillen in
minimaler Menge unter Vermeidung einer lokalen Infektion in die Lungen
von der Trachea aus blrachte, geht einwandsfrei hervor, dass die Lunge nicht
durchgängig ist und dass der Bronchialdrüsentuberkulose die der Lungen
vorausgeht. Beim Menschen liegen betreffs der Verhältnisse an der Eingangs-
pforte die Dinge ebenso. Findet man isolierte Lymphknotenerkrankung, so
können diese auch von anderen Gebieten als den an ihrem Quellengebiet liegen-
den infiziert sein , zweitens auf hämatogenem Wege ; auch hierfür kann
V. Baumgarten beweisende Tierexperimente beibringen. Zudem bestände
die Möglichkeit einer kongenitalen bazillären Infektion. Andererseits ist doch
grosse Vorsicht geboten, wenn man aus vorhandenen Erkrankungen der Ein-
trittspforten schliessen will, dass die Infektion hier eingedrungen ist, denn
die hämatogene Infektion steht dem im Wege ; das gilt auch für die Tuber-
kulose der Lymphdrüsen. Die Lungen lassen sich von entfernten Stellen in-
fizieren, der Weg der Tuberkulose lässt sich nicht immer verfolgen, Narben
verschwinden, konzeptionelle oder namentlich plazentare Infektion kann ihre
Ursache sein. Für die primäre Darmtuberkulose, tritt die hämatogene In-
Waldvogel, Taberkulose. 141
fektic«! zurück, die primäre enterogene Infektion muss aber nicht immer eine
TiOEStaterine sein. In den meisten Fällen ist ims die Erkenntnis der Herkunft
und der Eintrittsstelle des Infektionserregers verschlossen.
Beitzke (16) kommt an der Hand der vorliegenden Literatur zu fol-
genden Ergebnissen betreffs der Infektionswege bei der Lungentuberkulose.
Die Bedeutung der germinativen Infektion ist für den Menschen vorerst noch
eine problematische, der plazentaren muss jedenfalls für die Tuberkulose der
ersten Lebensmonate eine Rolle zuerteilt werden. Die anatomische Unter-
suchung ist nicht imstande, im einzelnen Falle bestimmte Schlüsse auf die Her-
kunft der Bazillen zu machen, nur wenn bei einem grossen Material die Ein-
trittspforte in der überwiegenden Anzahl der Fälle in einem und demselben
Hrgan gefunden wird, kann ein Rückschluss auf das Vorherrschen eines
bestimmten Infektionsmodus gezogen werden. In neuester Zeit hat Abrikosoff
die aerogene Infektion durch sorgfältige Untersuchung in acht Fällen mit
kleinsten primären tuberkulösen Herdchen in der Lunge höchst wahrscheinlich
e^macht. Bei Kindern findet sich die erste Lokalisation in den Lymphdrüsen.
Nach den neuesten Untersuchungen von Lubarsch würde sich die Wag-
^hale zugunsten der aerogenen Infektion senken, da Gornets Einwen-
dungen nicht stichhaltig erscheinen. Die höchsten bei der primären Darm-
tuberkulose ermittelten Zahlen würden nicht ausreichen, der Behringschen
Hypothese von der infantilen tuberkulösen Infektion eine anatomische Grund-
hkze zu geben. Die Anschauung von Beck und Wassermann, nach der
die Bazillen von der Mund- und Kachenhöhle aus die Supraklavikulardrüsen
innzieren und auf die Lungenspitze übergreifen, ist nach Bei tzk es Befunden
nicht haltbar, da die Erkrankung der entsprechenden Lunge stets älter war.
Pur die Annahme v. Behrings, die infantile Infektion könne ohne ana-
tomische Spuren verlaufen, sind keine Beweise erbracht. Der schwindsüchtige
Mensch ist also die Hauptgefahr für die tuberkulöse Infektion, aber auch der
KinderbaziUus kann dem Menschen verderblich werden.
Tropfte Bartel (9) Tuberkelbazillen in Kulturaufschwemmung in das
Were ]^faul der Versuchstiere, so entstand allgemeine Lymphdrüsentuberkulose,
dabei traten tuberkulöse Veränderungen der inneren Organe auf, die Schleim-
Laute blieben anscheinend intakt. Waren Tuberkel bazillen in Kulturauf-
H'iiwemmung der Nahrung beigemengt, so Hessen sich Zeichen einer Bazillen-
Invasion am regionären lymphatischen Gewebe der oberen und unteren Wege
des Digestionstraktus nachweisen, doch waren die Mesenterialdrüsen häufiger
bfftroffen. Waren die Bazillen in tuberkulöse Organstückchen eingeschlossen,
k) trat die Beteiligung der Lymphdrüsen der oberen Speisewege gegenüber
der der Mesenteriallymphdrüsen fast völlig in den Hintergrund. Makroskopisch
ergaben sich niemals Anhaltspunkte für eine tuberkulöse Erkrankung an irgend
einer Stelle des Organismus, mikroskopisch fanden sich Epitheloidzellentuberkel,
isolierte Riesenzellen, zumeist auch Tuberkelbazillen. Bei Impfversuchen er-
gaben sich an die Impfstelle gebundene Veränderungen, seltener war eine
weitere Verbreitung auf Lymphdrüsen oder die Organe bemerkbar. Bronchial-
iymphknoten fand Verf. bei Fütterung mit der Nahrung beigemengten Bazillen
gelegentlich nicht vor 3 Wochen mitbetroffen, dabei war Aspiration ausge-
sciilossen. £s liess sich feststellen, dass das regionäre lymphatische Gewebe
des Verdauungs- und Bespirationstraktus bereits von der Bazilleninvasion
betroffen war, bevor eine Veränderung spezifisch tuberkulöser Natur im
lymphatischen Gewebe des Fütterungstieres konstatiert werden konnte. Die
142 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
an Meerschweinchen, welche mit dem lymphatischen Gewebe der Fütterangs-
tiere geimpft waren , festgestellten Veränderungen wiesen anf eine Virulenz-
steigerung hin. Ältere Impfprodukte zeigten Organisationsvorgänge, mit deren
Eintritt die Bazillen zn schwinden begannen. Die lokal gebliebenen Verände-
rungen bei der Impfung mit schwach virulenten Kulturen waren nicht durch
tote Bazillen hervorgerufen. Nach 104 Tagen Hessen sich bei den Impftieren
allgemeine Tuberkulose hervorrufende Bazillen aus dem lymphatischen Ge-
webe der Tonsillen, Hals- und Mesenteriallymphknoten nachweisen, ohne dass
mikroskopisch Veränderungen tuberkulöser Natur beim Fütterungstier aufzu-
finden waren. Wir müssen ein Stadium der Tuberkulose annehmen, in dem
lediglich Erscheinungen allgemeiner, nicht spezifischer Natur den Ausdruck
der Infektion bilden und dieses Stadium kann geraume Zeit andauern. Waren
bei dem Fütterungsversuch des Verfs. die Bazillen schon über alle Lymphdrüsen
verbreitet, so liegt die Möglichkeit nahe, dass eine manifeste Tuberkulose
nicht immer an die regionären Lympbdrüsengruppen der Infektionsstelle ge-
bunden zu sein braucht, die Prophylaxe muss also alle möglichen Eintrittspforten
berücksichtigen. Ausserdem scheint eine wechselnde Empfänglichkeit des
lymphatischen Gewebes für die tuberkulöse Infektion zu bestehen. Schon nach
Stunden sind die Bazillen ohne Schädigung der Schleimhaut bei der Fütterung
von Bazillen in den Mesenteriallymphknoten nachweisbar mit geringer Viru-
lenzschädigung. Letztere scheint erst in den Lymphdrüsen soweit erreicht zu
werden, dass zunächst die eingewanderten Bazillen sich dem Nachweis durch
Tierversuch, Kultur und histologische Veränderungen einige Zeit hindurch ent-
ziehen. Erst nach einiger Zeit ist es möglich, sie nachzuweisen und zw^ar
kommt es teils zu mikroskopischen Veränderungen im lymphatischen Gewebe,
teils bleibt dasselbe im spezifischen Sinne unverändert. Dann liefern Impf-
versuch und Kultur den Nachweis. In noch späterer Zeit scheinen die Bazillen
in den Lymphdrüsen wiederum eine Steigerung ihrer Pathogenität erfahren
zu können, ohne dass deshalb mikroskopische, geschweige denn makroskopische
Veränderungen der lymphatischen Gewebe spezifischer Natur nachweisbar wären.
Vielleicht ist das Stadium, in dem die Bazillen zugleich eine erhöhte Wachs-
tumsenergie auf künstlichen Nährböden zeigen, ein Stadium, in dem Bazillen
längere Zeit in Lymphdrüsen sich latent erhalten können, auch ohne vorder-
hand spezifische Veränderungen zu erzeugen. So könnte man Behrings
Überzeugung von der lang dauernden Latenz der Bazillen ohne Erzeugung
pathologischer Erscheinungen zum mindesten beachtenswert finden.
Der Teppichversuch Cor nets und die Experimente Möllers, der Meer-
schweinchen von Phthisikern aus einer Entfernung von 40 cm anhusten Hess,
können nicht ernstlich für diesen oder jenen Infektionsmodus beim Menschen
als massgebendes Vergleichsbild benutzt werden. Barte 1 und Spieler (11)
Hessen deshalb 28 durchwegs junge Meerschweinchen verschiedene Zeit lang
in einer Familienwohnung mit hustenden Phthisikern leben teils im Käfig,
teils frei umherlaufend, sie wurden dann im Institut entweder sofort ver-
arbeitet oder erst, nachdem sie einige Zeit im Stall bei guter Pflege verweilt
hatten. Von den getöteten oder spontan verendeten Tieren wurden unter
sterilen Kautelen Zungen- und Rachenschleimhaut, Hals-, Bronchial- und Mesen-
teriallymphknoten, in einer Reihe von Fällen auch Lungen und Trachea zu
Impfversuchen an Meerschweinchen und zu histologischen Zwecken verwandt.
Es kann nach den Resultaten nicht bezweifelt werden, dass bei völlig natür-
licher Infektionsgelegenheit Tuberkelbazillen mit dem Luftstrom auch in die
Waldvogel, Tuberkalose. 143
tieferen Respirationswege — die Lungen — gelangen können. Eine unbe-
dingt Torherrschende Rolle bei der Entstehung der Tuberkulose im allgemeinen
und der Lungentuberkulose im besonderen kann diesem Infektionsmodus nicht
zugeschrieben werden. Mundhöhle, Nasenrachenraum, Darmkanal sind im
Kindesalter die wichtigeren Eingangspforten der Tuberkulose. Das Augen-
merk ist auch auf den Eauakt resp. das Zahnfleisch als Eingangsstelle der
Infektion zu lenken, die Tonsilleninfektion ist selten. Bei den Tierversuchen
stossen wir wiederum auf ein Stadium der Tuberkuloseinfektion, bei dem ledig-
lich Erscheinungen allgemeiner nicht spezifisch tuberkulöser Natur am lym-
phatischen Apparat den Ausdruck desselben bilden. Ein Tier zeigte, wie der
Organismus nur einmal kurze Zeit der lufektionsgelegenheit ausgesetzt, der
Infektion erst in einem Alter erliegt, in dem längst Geschlechtsreife erreicht
wurde, ohne dass bis kurz vor seinem Exitus Krankheitserscheinungen auf-
traten.
In einem gewissen äusserlich nicht charakterisierten Stadium der Tuber-
kulose erlagen Meerschweinchen der neuerlichen Einführung von grösseren
Mengen reiner Tuberkelbazillen in nach Stunden bemessener Krankheit, das
dabei gefundene peritonitische Exsudat enthält in den höchsten Graden von
Überempfindlichkeit fast ausschliesslich Lymphozyten; in kleinen Auflagerungen
auf Milz, am Leberrande und Netz finden sich polynukleäre Leukozyten und
Makrophagen mit stärkster Phagozytose von Bazillen. Ähnliche Exsudate
kann man auch nach Einspritzung hinreichender Mengen von Tuberkulin und
gelegentlich auch beim natürlichen Tod an Tuberkulose finden. Neben den
reinen Fällen von Überempfindlichkeit kamen solche mit 15—24 Stunden
langer Krankheitsdauer vor, bei der jedoch die Bauchhöhlenflüssigkeit vor-
wiegend Makrophagen und polynukleäre Leukozyten enthält mit so ausgiebiger
Phagozytose, dass freie Bazillen nur noch spärlich vorhanden sind. Die
Exsudatflüssigkeit typisch überempfindUcher Tiere mit Lymphozyten und mit
grösseren Mengen von Tuberkelbazillen ist imstande Meerschweinchen von
ca. 200 g Gewicht binnen kurzer Zeit zu töten, was die Flüssigkeit und die
reinen Bazillen allein nicht vermögen. Die Ursache, warum gewisse Bakterien
die Abwehrkräfte des Organismus lahm legen können, beruht auf der Aus-
scheidung besonderer StoflTe, der Aggressine. Der Tuberkelbazillus haftet in den
kleinsten Mengen im Meerschweinchen und vermehrt sich, er ist nach Bail (7)
echter Parasit, das Moment der Vergiftung tritt bei ihm nicht hervor; für
das bereits tuberkulöse Meerschweinchen ist er aber nur Halbparasit, er muss
in grösserer Menge eingeführt werden und tötet durch Endotoxine; so ist es
auch bei der Überempfindlichkeit. Das bei ihr festzustellende Krankbeitsbild
nach neuerlicher Bazilleneinspritzung ist ganz zweifellos das einer Vergiftung,
das Gift muss durch Auflösung frei geworden sein. Die Ursache des Ausbleibens
dieser Vergiftung beim normalen Meerschweinchen muss in einer Schutzvorrich-
tung liegen, die beim tuberkulösen auf natürliche Weise, beim akuten Tod ge-
sander Tiere durch gleichzeitige Einführung von Exsudat und Bazillen künstlich
beseitigt wird; diese Schutzvorrichtung wird durch eine Ansammlung von
Leukozyten in der Bauchhöhle geliefert, beim überempfindlichen Tiere über-
wogen die Lymphozyten. Die Versuche B a i 1 s zeigen deutlich, dass der durch
gleichzeitige Einspritzung von Tuberkelbazillen und geeignetem Exsudat her-
vorgerufene akute Tod gesunder Meerschweinchen bei grosser Zellarmut der
Bauchhöhle eintritt; das ist keine Tuberkulinwirkung, wohl aber vermag das
Exsudat hochgradig tuberkulöser und dann mit Tuberkulin getöteter Tiere
144 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
den akuten Tod hervorzurufen; aber auch von selbst entstandene £x:si:tcl2.i
bei spontan gestorbenen Tieren können diese Wirkung entfalten, docb nie
jedes Exsudat tuberkulöser Meerschweincheu ist zur Erzeugung des a^kut
Todes geeignet, ausgesprochene Lymphozytose ist unbedingt erforderlich, £> oc
dieser klar zentrifugierten Flüssigkeit und 100 mg möglichst junger Bazille
kulturen v^erden stets zum Ziel führen. Aber es liegen noch komplizierte
Vorgänge bei diesen Versuchen vor, z. B. erleiden erwärmte (Va Stunde aof 6C>
Exsudate nicht nur keine Einbusse, sondern sogar eine Verstärkung ihr«
Wirkung und kleinere Mengen des gleichen Exsudats führen akuten Tod liei
bei, grössere aber nicht. Das Exsudat überempfindlicher Tiere besitzt ul
Eigenschaften, um mit dem Tuberkelbazillus dieselbe Wirkung zu entfialte
wie ein Choleraaggressin mit Choleravibrionen, bei beiden führt Leukozyt er
abhaltung den Tod herbei, es steht also nichts im Wege, das Vorhandenseii
von Tuberkuloseaggressinen in solchen Exsudaten anzunehmen. Alles ^waj
die Auflösung von Bazillen und damit das Freiwerden der Endotoxine hindert,
z. B. das Ausbleiben der Bakteriolyse innerhalb der Organe, das landarme
Eintreten derselben unter der Haut und vor allem die Phagozytose, ist Schatz-
vorrichtung des Körpers, der eigentliche Körperschutz gegen Vergiftung fängt
erst mit der Leukozyteneinwanderung an, besonders bei der Tuberkulose.
Man kann sich den Verlauf der Tuberkuloseinfektion nach der Aggressin-
hypothese folgendermassen vorstellen : Der Bazillus bildet sehr langsam Aggres-
sine, der ganze Prozess beschränkt sich innerhalb des tuberkulösen Gewebes.
Das Aggressin dringt in die Umgebung und erleichtert die Tuberkulisieruiig
des Körpers. Mit der Lähmung der Leukozyten durch das überall verteilte
Aggressin schwindet jeder Schutz vor Vergiftung, sobald ein Bazillus aas dezz2
tuberkulösen Gewebe hinauskommt und durch die Körpersäfte gelöst wird.
Die Vergiftung tritt infolge der durch die Langsamkeit des ganzen Prozessen
gesteigerten Autolyse mit Abmagerung und dergl. in die Erscheinung and
führt schliesslich den Tod herbei. Spritzt man einem völlig mit Aggressin
überschwemmten Tier neue Bazillen ein, so addieren sich die vorhandenen
mit dem eingeführten Gift, ist die Aggressinüberschwemmung noch unvoll-
ständig, so erfolgt mehr oder minder ausgiebiger Schutz durch Leukozytose.
Salus (70) berichtet über das Aggressin des Kolibakterium mit besonderer
Rücksicht auf seine Spezifität. Das Aggressin befähigt die Bakterien sich
die Leukozyten vom Leibe zu halten. Die aggressiven Eigenschaften müssen
besonders am Ort der ersten Ansiedlung zum Vorschein kommen, Bail wies
sie im lokalen Milzbrandödem, im Peritonealexsudat bei intraperitonealer
Impfung für Typhus und Cholera, Kikuchi für Dysenterie nach, während Weil
bei intrapleuraler Verimpfung von Hühnercholerabakterien das Brustfellexsudat
der Kaninchen mit aggressiven Eigenschaften ausgerüstet fand. Die Autoren
bezeichnen diese Flüssigkeiten als mit Aggressinen ausgerüstet, ohne damit prä-
judizieren zu wollen, ob diese Qualitäten an besondere Stoffe oder nur an
einen physikalisch-chemischen Zustand dieser Körperflüssigkeiten gebunden
sind. Die Aggressine bedingen an sich keine Giftigkeit, aber das betreffende
Exsudat kann daneben Toxine enthalten. Zum Nachweis der aggressiven
Eigenschaften dienen mannigfache Mittel. Fügt man der untertödlichen Dosis
eines Bazillus ein Aggressin zu, dann wird sie zur tödlichen. Ein weiterer
Nachweis liegt im Fembleiben der Leukozyten, ferner paralysiert das Aggressin
die Wirkung eines in die Bauchhöhle des Meerschweinchens gleichzeitig mit-
injizierten bakteriellen Immunserums, schliesslich kann man mittelst Aggressin-
Waldvogel, Tuberkulose. 145
belumdlang bei Tieren eine eigenartige Immunität erzielen, welche von der
bakteriziden total verschieden ist. Bisher war eine Spezifität der Aggressine
lucht zn erkennen, wir haben in der Aggressivität einen neuen Massstab für
den Grad der Verwandtschaft der Bakterien.
V.Pirquet und Schick (62) diskutieren die von B a i 1 aufgestellte Ag-
gressintheorie, sie glauben, dass es nicht notwendig ist, zur Erklärung der
Wirkung des Exsudates und der Überempfindlichkeit eine bakterielle Substanz
anzunehmen, sondern dass Reaktionsprodukte des Organismus vollkommen
aasreichen die beiden Grundversuche Bails zu erklären. Dieselbe Über-
empfindlichkeit wird bei Erkrankungen gefunden, die nicht durch vermehrungs-
fabige Substanzen mit Sekretion hervorgerufen werden, z. B. bei der Serum-
krankheit. Bei der ersten Injektion von artfremden Serum treten erst am
8.— 12. Tage typische Krankheitssymptome auf, erfolgt die Reinjektion inner-
halb der Inkubationszeit, so erzeugt sie für sich keine Krankheit, erfolgt sie
später, so tritt sofortige Reaktion ein, am schönsten nach einem Intervall
von 3--6 Wochen. Impft man ein tuberkulös infiziertes Meerschweinchen
nach 4 — 6 Wochen, so entsteht an der Impfstelle eine Nekrose mit flacher
Ulzeration, welche gewöhnlich schnell und dauernd heilt, wäre nach Bail
das tuberkulöse Meerschweinchen mit Aggrossin überschwemmt, so wäre dieser
Verlauf der zweiten Infektion ganz unerklärlich. Mit Bails Theorie ist
ferner unvereinbar, dass auch Vorbehandlung mit toten Tuberkelbazillen akuten
Tod bei der Reinjektion erzeugt. Heckes hat auch Exsudate beobachtet,
wo nicht nur keine Aggressinwirkung, sondern sogar eine Art Schutzwirkung
eintrat. Die Überempfindlichkeit an tuberkulösen Meerschweinchen ist nicht
durch ein vom Bakterium sezerniertes Aggressin, sondern durch antikörper-
artige Reaktionsprodukte des infizierten Organismus bedingt.
Die Aggressinhypothese soll nach Bail (6) zwei auffällige Erscheinungen
erklaren, 1. dass tuberkulöse Meerschweinchen in einem gewissen Stadium der
Krankheit nach neuer intraperitonealer Einspritzung grösserer Bazillenmengen
binnen wenigen Stunden mit charakteristischem Befunde sterben (Überempfind-
lichkeit], 2. dass gesunde Tiere von etwa 200 g in kurzer Zeit sterben, wenn
sie grössere Mengen von Tuberkelbazillen mit dem Exsudat überempfindlich
gestorbener Tiere, das in grösserer Menge angewendet werden und bestimmte
Bedingungen erfüllen muss, intraperitoneal erhalten (akuter Tod). Daraus er-
gibt sich nicht, dass die Körperflüssigkeiten Tuberkulöser einen Stoff enthalten,
welcher in Verbindung mit Tuberkelbazillen ein Gift für das Meerschweinchen
ist, wie V. Pirquet und Schick gefolgert haben; das Gift wird von den
Bazillen geliefert, das Exsudat hält in Verbindung mit Tuberkelbazillen die
Leukozyten fem. Auch soll nicht gesagt sein, dass die Körperflüssigkeit
Taberkulöser schlechthin einen Stoff von den Eigenschaften des Aggressins
enthalten müsste. Die Vergiftung erfolgt nicht deshalb, weil bei gleichzeitiger
Injektion von Bazillen und Aggressin etwa ein neuer giftiger Stoff entstünde
oder weil das Aggressin selbst aus den Bazillen Gift frei macht, sondern weil
die onkozytären Schutzkräfte abgehalten werden das auf irgend eine Weise
trei werdende Gift zu paralysieren oder dessen Resorption zu verhindern. Ob
das wirklich tödliche Stoffe sind, darüber soll das Wort Aggressin nichts
Inwidemifliches sagen.
Romme (67) gibt in dieser Arbeit die Ansichten Bails, Hokes und
^uknchis über die Aggressine wieder, die dazu dienen, eine neue Theorie
über Infektion und Immunität aufzustellen. Das Wort Aggressin soll die ganzen
Jakretbrneht IQr Chirurgie 1905 10
146 Jahresbericht f&r Chirurgie. I. Teil.
Erscheinungen umfassen, die es bewirken, dass die einen Mikrobien sich im
Körper vermehren, ohne eine Toxiinfektion zusetzen, die anderen nicht. Bail
glaubt annehmen zu können, dass die ersteren imstande waren, die Yerteidigni^s*
kräfte des Organismus zu annullieren, dadurch aggressive Eigenschaften gegen
die Zellen des Körpers zu erhalten, denn das Meerschweinchen, das längere Zeit
tuberkulisiert ist, stirbt in wenigen Stunden mit allen Zeichen einer akutesten
Vergiftung, wenn man Tuberkelbazillen in seine Bauchhöhle injiziert. In dem
trüben Bauchexsudat dieser Tiere findet man fast nur Lymphozyten. Inji-
ziert man massenweise Tuberkelbazillen, welche zur Entfernung des Tuber-
kulins gewaschen sind, bei einem frischen Meerschweinchen, so treten gleiche
Ereignisse nicht ein; auch bei ihnen entsteht ein Exsudat, aber mit grossen
Polynukleären, die sich der Tuberkelbazillen bemächtigen. Die Dinge ver-
laufen in fast gleicher Weise, wenn man einem frischen Meerschweinchen eine
Mischung von Bazillen und Tuberkulin injiziert. Man kann aber den Tod
eines normalen Meerschweinchens schnell herbeiführen, wenn man statt des
Tuberkulins eine gewisse Menge zentrifugierten Peritonealexsudats nimmt, das
von einem tuberkulösen Meerschweinchen stammt, getötet durch eine frische
Infektion mit Tuberkulose, man findet dann im Bauchexsudat wieder Lympho-
zyten. Die den schnellen Tod herbeiführenden, im Bauchexsudat übertnber-
kulinisierter Meerschweinchen vorhandenen Substanzen, die im Tuberkulin
fehlen, sind die Aggressine. Die von den Bazillen abgesonderten Aggressine
werden auf dem Lymphwege resorbiert und führen zu einer Sättigung des
Körpers damit; in dem Augenblick ist die Wirkung der Bazillen uneinge-
schränkt und es erscheinen die Zeichen der Intoxikation. Der rapide Tod
tuberkulöser Meerschweinchen, die infolge einer neuen intraperitonealen In-
jektion gewaschener Bazillen übertuberkulisiert sind, erklärt sich auf folgende
Weise. Nach der Injektion in die Bauchhöhle entsteht ein Aggressine ent-
haltendes Exsudat, diese verhindern die Phagozyten am Eintritt in die Bauch-
höhle; es erscheinen nur Lymphozyten. Dadurch, dass die Leukozyten nicht
wirken, verfallen die Bazillen der Bakteriolyse , die Gifte werden frei und
töten. So wirkt nicht nur der Tuberkelbazillus, sondern Hoke hat gezeigt,
dass die pleuritischen Exsudate bei Pneumokokkeninfektion auch Aggressine
enthalten. Kukuchi zeigte, dass der Dysenteriebazillus eine veritable In-
fektion mit Beteiligung aller Organe hervorrufen kann, wenn man ihn kulti-
viert, indem man das Peritonealexsudat, in dem er sich befindet, direkt von
einer Bauchhöhle in die andere überträgt. Unsere Anschauungen über die
Phagozytose werden durch diese Arbeiten wesentlich erweitert, in gewissen
Fällen wenigstens dient die Phagozytose dem Schutz des Organismus, wenn
sie sich der Bakteriolyse entgegenstellt, die allerdings bislang selbst als ein
Verteidigungsmittel, die Heilung sichernd, angesehen ist.
Die Kenntnis der Aggressine musste zur Entdeckung von antiaggres-
siven Seris führen und Bail hat zwei antiaggressive Sera mit immuni-
sierenden und heilenden Eigenschaften, eines gegen Typhus, eines gegen
Cholera, demonstriert, während Kukuchi ein spezifisches Serum gegen Dysen-
terie bekannt gibt. Die Hypothese der Agressine ist von Bail aufgestellt,
um die ganz akute Intoxikation übertuberkulisierter Meerschweinchen zu er-
klären und diejenige von jungen Meerschweinchen, denen man ins Peritoneum
eine Mischung von gewaschenen Tuberkelbazillen und von Peritonealexsudat,
das von übertuberkulisierten Meerschweinchen herstammt, injiziert. Nach dieser
Hypothese werden, wenn der tuberkulöse Organismus mit Aggressinen über-
Waldvogel, Taberkuloae. 147
satdgt ist, welche die phagozytäre Verteidigung aufheben, die injizierten Koch-
seben Bazillen, wenn sie ins Peritoneum eines Meerschweinchens gespritzt
werden, aufgelöst, ohne von Phagozyten aufgenommen zu werden und führen
darch ihr in Freiheit gesetztes Tuberkulin die Vergiftung des Tieres herbei.
Welches auch der Ursprung der Aggressine ist, ob sie vom infizierten Orga-
nismus gebildet werden, wie das Pirquet und Schick vermuten, oder ob
sie Ton den Bazillen gebildet werden, wie das Bai 1 behauptet, jedenfalls sind,
wie Romme (68) meint, die Tatsachen, welche die antiaggressiven Sera betreffen,
sehr bemerkenswert. Man stellt sie dar, indem man ein Tier mittelst subkutaner
bjektionen peritonitischen oder pleuritischen Exsudats immunisiert, das von
Tieren stammt, welche eine intraperitoneale Injektion von Typhus-, Dysenterie-
bazillen oder Choleravibrionen bekommen haben. Das Exsudat ist selbstver-
ständlich vor der Injektion zentrifugiert, sterilisiert und auf die Abwesenheit
lebender Mikrobien geprüft. Ein Meerschweinchen, durch ein aggressives Exsudat
iminnnisiert — aktive Immunisation — erträgt die intraperitoneale Injektion
des aggressiven Exsudats und von Typhusbazillen in Dosen, welche die Tiere
anfehlbar sonst töten. Ebenso wirkt die prophylaktische Injektion von anti-
aggressivem Serum — passive Immunität — , doch lässt diese Art zuweilen im
Stich. Der Mechanismus dieser Immunisierung und Heilung würde ein anderer
sein als der der antitoxischen und bakteriziden Sera. Die antiaggressiven
Sera, wenigstens das gegen die Typhusbazillen, sind nicht bakterizid, Bail
bat in diesen Seris sehr energische agglutinierende Eigenschaften festgestellt
selbst im Verhältnis 1 : 100000.
Die Tuberkulose ist bei natürlicher Infektionsgelegenheit eine Infektion
exquisit lymphogenen Ursprungs. Man unterscheidet bei der Skrofulöse der
Lymphdrüsen die tuberkulöse, die pyogene Form und eine Kombination beider
Prozesse, besonders Com et bringt schon pathologisch-anatomisch die Tuber-
kuloseinfektion in einen gewissen Gegensatz zur pyogenen und baut auf dieser
anatomischen Grundlage Anschauungen über den klinischen Verlauf der pyo-
genen nnd tuberkulösen Skrofulöse auf. Demgegenüber will Bart et (10) auf
übereinstinunende Ergebnisse neuester Forschung hinweisen, die geeignet er-
scheinen, jede trennende Schranke zwischen Tuberkulose und anderweitigen
Ijmphogenen Infektionen in pathologisch-anatomischer und damit auch in
klinischer Beziehung in vielen Punkten als unhaltbar erscheinen zu lassen.
Es gelang nämlich, wie schon früheren Untersuchem, Weichselbaum und
Bartel im lymphatischen, nicht spezifisch tuberkulös veränderten Gewebe
nmlenie Bazillen nachzuweisen; solche lediglich geschwollenen Lymphdrüsen
mit virulenten Tuberkelbazillen wiesen mikroskopisch nur lymphoide Hyper-
plasie ohne stärkere Hyperämie auf, Veränderungen, die sich mit denen des
ersten Stadiums der pyogenen Infektion decken. Diese Befunde müssen den
Gedanken wachrufen, dass die Wirkung des Bazillus im lymphoiden Gewebe
auch eine kleinzellige Hyperplasie hervorbringen kann und dass sie mit der
Bildong typischer Tuberkel abgeschlossen erscheint. Wir müssen also im
lymphoiden Stadium die vernehmlichsten Eingangspforten suchen, indem wir
ein grösseres Gewicht auf die Infektion durch den Digestionstraktus und nicht
zun wenigsten durch den Hals legen, wie Harbitz betont. Die Tuberkulose
i^t nach Ansicht des Verf. im Stadium manifester Veränderungen in noch
^el weiterem Masse als Infektion kryptogenetischen Ursprungs anzusehen als
fö bei der pyogenen Infektion der Fall ist, denn letztere setzt doch in vielen
Fällen typische Veränderungen der Eintrittspforten. Weichselbaum und
10*
148 JafarMbericht für Chirurgie. I. Teil.
Bartel halten sich für berechtigt eine längere Latenz der Bazillen im noch
nicht spezifisch veränderten lymphatischen Gewebe anzunehmen. Die Filtration
in den Lymphdrüsen ist wohl eine unvollkommene, aber man muss bei der
Vermehrung der Lymphozyten an eine Schutzwirkung denken, die ausreichen
kann, eine Zeitlang das Entstehen von manifesten Veränderungen aufzuhalten,
wie auch wohl eine Infektion im Stadium der kleinzelligen Hyperplasie aus-
heilen mag. Gegenüber diesem hemmenden Einfluss der Lymphozyten ergaben
Kontrollversuche mit Blutserum und Leukozytenexsudaten ein negatives
Resultat.
Ribbert (66) hält seine Bedenken gegen die Lehre Weigerts von
der Entstehung der Miliartuberkulose in den wesentlichsten Punkten aufrecht,
wenn er seine Anschauung auch in manchen Punkten modifiziert hat. Der
plötzliche Einbruch von Bazillen in das Gefasssystem ist für die meisten Fälle
theoretisch konstruiert, nirgendwo sicher nachgewiesen und überall unwahr-
scheinlich. Die hämatogene Entstehung der chronischen Lungenphthise ist
häufig. Die Tuberkel sind nicht alle zugleich, sondern während eines längeren
Zeitraumes nacheinander zustande gekommen. Es bleibt also nur die Mög-
lichkeit, dass bei der Miliartuberkulose die Bazillen immer wieder aufs neue
in den Kreislauf gelangten und sich in den Organen festsetzten. In einer
Lunge müssen bei Miliartuberkulose mindestens viele Tausende von Intima-
tuberkeln vorhanden sein, Ribbert gibt an, wie man sie suchen muss. Auch
die Intimatuberkel sind, da sie nicht alle gleiches Alter aufweisen, durch eine
sich über längere Zeit erstreckende^ immer erneute Ansiedelung von Bazillen
entstanden. Nachdem Bazillen aus dem primären Einbruch ins Blut gelangt
sind, werden die Bazillen nicht nur von den kleinen Intimatuberkeln geliefert,
sondern es kommen dieselben in den Fällen, in denen wirklich eine plötzliche
Eröffnung eines erweichten Herdes stattgefunden hat, auch weiterhin noch
aus diesem. Bazillen gelangen auch bei Phthisikem nicht selten ins Blut,
eine Miliartuberkulose entsteht aber bei ihnen nicht, weil nur einzelne Bazillen
aus kleinen Gefassen austreten und nur spärliche Intimatuberkel erzeugt
werden, die Miliartuberkulose ist von der Existenz umfangreicher Gefassherde
abhängig. Aber sie entsteht nur bei Individuen, die infolge günstiger Ent-
wickelungsbedingungen grosse Intimatuberkel entstehen lassen, während bei
Phthisikern eine Endangitistuberkulose im allgemeinen nicht zustande kommt.
Auch die Bazillen werden sich bei den Disponierten in den defekten Gefass-
herden und den miliaren Intimatuberkeln dauernd vermehren. Die gleich-
massige Verteilung der miliaren Tuberkel in der Lunge hat ihren Grund in
der Tatsache, dass die Bazillen sich in den letzten Pulmonalarterienästen in
der Intima festsetzen, diese engen Arterien verlaufen neben den lymphatischen
Herdchen oder durch sie.
Silbergleit (73) hat die im pathologischen Institut zu Posen in den
Jahren von 1900 — 1904 gesammelten Fälle von akuter allgemeiner Miliar-
tuberkulose eingehend bearbeitet und gibt zunächst die Sektionsprotokolle von
11 Fällen von Lungenvenentuberkulose, von 3 Fällen von Tuberkulose anderer
Venen, von 5 Fällen von Tuberkulose des Ductus thoracicus, von 3 Fällen
von Herz- und Arterientuberkulose imd 9 negativen Fällen. In den letzten
9 Fällen darf man äussere Umstände für die Fehlresultate mit grösster Sicher-
heit verantwortlich machen. Die Zahl der gefundenen Einbruchsherde bei
akuter und allgemeiner Miliartuberkulose ist mit der grösseren Übung der
Obduzenten gewachsen. Von den Fällen Silbergleits bleiben 23 sachgemäss
Waldvogel, Tuberkulose. 149
imtersacht, in 95,6 ®/o wurde der Ausgangspunkt nachgewiesen, die Gefäss-
taberkel yerteilten sich auf folgende Blutgefässe: Lungenvenen 11, Vena
soprarenalis 1, rechtes Herz 1, Ductus thoracicus 4, Aorta thoracica 1, Arteria
pnlmonalis 1, Ductus thoracicus und Vena pulmonalis 1, Vena jugularis und
pnloioixalis 1, Vena suprarenalis und Aorta abdominalis 1 Fall. Stets war
der Zusammenhang mit dem Blutstrom nachweisbar. Ribbert hat gegen
Weigerts Lehre die verschiedene Grösse der Miliartuberkel angeführt, Verf.
hat die Grössendifferenz der Lungentuberkel nicht regelmässig, kaum sehr
häufig gefanden. Zum Beweise dafür, dass, während ein infektionsfähiger
W ei gertscher Gefasstuberkel noch nie ohne Miliartuberkulose gefunden ist,
eine Kndarteriitis tuberculosa bei ausgedehnten chronischen Lungentuberkulosen
oft festzustellen ist, gibt Verf. 4 Untersuchungsprotokolle; in diesen ist aber
Ton hämatogenen tuberkulösen Veränderungen wenig zu finden. Sehr wichtig
ist, dass in Fällen von akuter miliarer Tuberkulose, in denen die Lungen
ganz frei von älteren tuberkulösen Herden waren, keine Ribbertschen Ge-
fasse gefunden wurden. Es ist also wahrscheinlicher, dass nicht die tuber-
kulösen Herde des Lungengewebes von den Gefassherden aus entstehen,
sondern umgekehrt diese von den Lungenherden aus. Die Ähnlichkeit der
Kinder -Allgemeintuberkulose mit der akuten allgemeinen Miliartuberkulose
hat dazu geführt, dass bei einigen Autoren der Prozentsatz der gefundenen
Gefasstuberkel ein zu geringer war. Nach 5 vom Verf. mitgeteilten Proto-
kollen ist die Unterscheidung in jedem einzelnen Fall deutlich genug.
G^en die Ribbert sehe Theorie spricht, dass seine Froliferationsstellen,
nämlich die Bazillenklumpen in den Kapillaren und die Miliartuberkel der
Lungenspitzen, nicht konstant nachweisbar sind, dass sie unzureichend er-
scheinen, dass sie ohne akute Miliartuberkulose, ja sogar ohne jede hämato-
gene Ausbreitung der Tuberkulose gefunden werden. Die tuberkulösen Ge-
fassherde entstehen nur ausnahmsweise durch Übergreifen tuberkulöser Herde
der Nachbarschaft, sondern meist durch Ansiedelung vereinzelter hämatogen
verschleppter Tuberkelpilze in die Gefässwand. Relativ häufig werden mehrere
infektionstüchtige Blutgefassherde gefunden, dadurch findet die ungleiche Grösse
der Terschiedenen Miliartuberkel in demselben Organ und in verschiedenen
ihre Erklärung. Weigerts Theorie gilt nur für die Fälle von akuter all-
gemeiner Miliartuberkulose, welche charakterisiert sind durch die gleiche
Grosse der miliaren Knötchen und ihre gleichmässige Verteilung; eine gewisse
Ähnlichkeit einzelner Formen der menschlichen Allgemeintuberkulose mit der
akuten allgemeinen Miliartuberkulose ist ja vorhanden, im allgemeinen sind
die 3 Formen der generalisierten Tuberkulose, akute Allgemeintuberkulose,
Übergangsformen, chronische Allgemeintuberkulose leicht von einander zu
trennen. Gerade für die akute allgemeine Miliartuberkulose dürfte die Ribbert-
sche Annahme einer Disposition tiberflüssig erscheinen.
Der Menschen- und Rinderbazillus unterscheiden sich nach Kos sei (41)
deutlich, wenn man sie aus den kranken Organen des Menschen resp. des
Rindes nach derselben Methode züchtet, erstere sind länger und schlanker,
sie wachsen üppig auf künstlichen Nährböden, auf der Bouillon bilden sie eine
dicke Haut, sie erzeugen in 3 — ^5^/oiger Glyzerinbouillon zunehmende Mengen
Ton Säure, Kaninchen widerstehen ihnen länger. Der Unterschied zwischen
den beiden Typen ist besonders deutlich bei Einatmung oder Verschlucken der
Bazillen. Der Bazillus der Vogeltuberkulose weicht wieder von diesen bei-
den Typen &b. Eine Kultur aus Rindertuberkulose erzeugt stets beim Rind
150 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
progrediente Tuberkulose, wenn man 5 cg subkutan verimpft, die Über-
tragung von Gewebsstückchen gibt keine Entscheidung. Die Versuche A r 1 o i n g s
und de Jongs, welche glauben, dass man bei Rindern mit Bazillen vom
Typus humanus Tuberkulose erzeugen kann, sind mit zu grossen Bazillen-
mengen angestellt, die Experimente, nach denen eine Umformung des Rinder-
typus in den menschlichen und umgekehrt möglich sein soll, sind nicht
beweisend; die wiedergefundenen Bazillen bei Aufenthalt im Tierkörper
brauchen nicht aus den einverleibten entstanden zu sein, zumal sie bei der
langen Zeit auf unkontrollierbaren Wegen eingedrungen sein können. Kossel
erhielt selbst bei fünfmaliger Passage des Ziegen- und mehrfacher durch den
Rinderkörper immer typische Menschenbazillen wieder, mit diesen Resultaten
stimmen die von Gratia, Möller und Ligniferes überein. Die Tatsache,
dass man Rindvieh mit Hilfe von Menschenbazillen gegen die des Rindes
immunisieren kann, zeigt, dass es sich bei dieser Immunitätsreaktion nicht
um eine in dieser Beziehung spezifische handelt. Die weitverbreitete Rinder-
tuberkulose ist ausschliesslich auf Infektion mit dem Rindertypus zurückzu-
führen, Schweine sind in hohem Grade empfänglich für den Rinderbazillus,
weniger für den menschlichen Typ. In 10 ^/o menschlicher Tuberkulose fand
Verf. Rinderbazillen , vorzugsweise bei Kindern im Intestinaltraktus und in
Mesenterialdrüsen , bei Phthisen wurde nur der Menschenbazillus festgestellt,
aber beide Arten kommen auch bei einem Menschen vor. Die menschliche
Tuberkulose entsteht hauptsächlich aus der Infektion mit Menschentuberkel-
bazillen, sie werden von Mensch zu Mensch übertragen. Findet man beim
Menschen Bazillen vom Rindertypus, so ist die Nahrungsinfektion sehr wahr-
scheinlich. Da die Tatsache, dass ein Kind an primärer Darmtuberkulose
leidet, nicht beweist, dass seine Bazillen tierischer Abkunft sind, so kann man
bei primärer Darmtuberkulose Bazillen vom menschlichen ebenso oft finden
wie vom Rindertypus. Die Hauptquelle für die Infektion mit Rindertnber-
kulose ist die Milch von Kühen, welche an Eutertuberkulose erkrankt sind.
Aus den bisherigen Experimenten folgt, dass eine Infektion, die ein Mensch
sich vom Rinde zuzieht, nicht leicht auf andere Menschen übertragbar ist
und nicht zur Verbreitung der Tuberkulose beiträgt. Die Rolle, welche die
Infektion vom Rindvieh aus in der Verbreitung der Tuberkulose beim Menschen
spielt, ist gegenüber der Gefahr, welche von einem Phtbisiker ausgeht, gering.
Die Massregeln gegen die erste Art der Übertragung sollten in ihrer jetzigen
Ausdehnung Geltung behalten.
Nach Raws (64) Ansicht werden die Lungen durch Inhalation von
Bazillen, die einem anderen Phthisisfalle entstammen, infiziert oder durch zu-
fallige Einatmung trockener Bazillen; das trifft für die grosse Mehrzahl der
Lungentuberkulosen zu. In wenigen Fällen wird die Lungenspitze ergriffen
durch die Ausbreitung in den Halslymphdrüsen, das hat Raw unter 3500
Fällen von Tuberkulose mit 650 Autopsien 3mal beobachtet. Besonders bei
Kindern nehmen die Bazillen häufig ihren Weg von den Mesenterialdrüsen
durch das Diaphragma in die Lungen, wenn der Darm durch Milch infiziert
ist. Menschen- und Rinderbazillen sind verschiedene Varietäten derselben
Art, sie können je nach Lebensalter und Ort der Infektion verschiedene Krank-
heitsbilder erzeugen. Primäre Intestinaltuberkulose und Tabes mesaraica
stammen gewöhnlich vom Rinde, auch die Miliartuberkulose ist durch Rinder-
bazillen erzengt. In den meisten Fällen von Tuberkulose ist der Prozess fast
immer auf die Lungen beschränkt. Von diesen Phthisefällen waren nur in
Waldvogel, Taberkalose. 151
15 Halsdrosen und Gelenke erkrankt, in vorgeschrittenen Fällen sind Darm und
Mes^tmaldrüsen oft sekundär affiziert, die meisten Menschen sterben
sTJschen 30 und 40 Jahren an Phthise, alle anderen Formen der Tuberkulose
sind beim Erwachsenen selten, Menschen mit diesen Tuberkuloseformen
sterben gewöhnlich an einer nicht tuberkulösen Krankheit, an Amyloid, Er-
schöpfung oder Miliartuberkulose. Menschen- und Rinderbazillen erscheinen
klinisch als Antagonisten. Die Tuberkulose des Intestinums, der Mesenterial-
driisen und der serösen Häute bei Kindern ist wahrscheinlich durch Infektion
mit Rinderbazillen hervorgerufen. Die Tabes mesaraica ist vor dem Alter
TOD 3 Jahren häufiger als später, Verf. beobachtete davon 382 Fälle, von
denen 103 zur Sektion kamen, er hat häufig gefühlt, dass vergrösserte Mesen-
terialdrüsen kleiner wurden, das Kind genas. Die Sterblichkeit der Kinder
an Bauchtuberkulose hat ebenso wie die Tuberkulose unter den Rindern zu-
genommen. Handelsmilch enthält nach mehreren Untersuchern 15,5 — 30 Vo
Tnberkelbazillen. Menschenbazillen, durch Milch einer tuberkulösen Mutter
eingeführt, können beim Brustkinde primäre Bauchfelltuberkulose erzeugen,
doch das lässt sich nicht beweisen, aber bei 46 Todesfallen an Tabes mesa-
raica waren nur 4mal phthisische Eltern zu eruieren. Die Milchinfektion beginnt
in den Mesenterialdrüsen mit oder ohne Darmulzeration, breitet sich darauf
au{ retroperitoneale und durch das Diaphragma auf die Drüsen des hinteren
Mediastinums aus und befäUt dann Pleura und Lungen, in 13 letal verlaufenen
Yällen waren die Lungen überhaupt nicht affiziert. So verläuft auch die
Füttemngsinfektion beim Kalb, der Ductus thoracicus vermittelt zwischen
Bauch und Brust. Die Bazillen sind weit häufiger in den Mesenterialdrüsen
als bei der Autopsie gefunden wird. Die Bauchfelltuberkulose ist eine
lokalisierte Lifektion mit Rinderbazillen, die am Absterben sind, Rindertuber-
hlose ist für Kinder virulenter als menschliche. Bei 400 Fällen von Tabes
mesaraica wurde mit Ausnahme von 2 Fällen, in denen die Mutter phthisisch
war, kein stets an der Brust ernährtes Kind angetroffen. Auch nach den
Resultaten der deutschen Kommission war in 6 von 66 Fällen der Rinder-
bazillos der Erreger. Kinder mit vergrösserten Halsdrüsen, tuberkulösen Ge-
lenken und Wirbelsäule genesen meist, Phthisiker haben in einer verschwin-
dend geringen Anzahl Lymphdrüsen-, Gelenk- und Wirbelsäulentuberkulose. Die
Halsdrosen können auch durch eine von den Lungenspitzen aufwärts steigende
Tuberkulose ergriffen werden. Der Menschenbazillus dringt nicht in die Hals-
drüsen, sie werden durch Milch infiziert und sollten stets entfernt werden.
Die Miliartuberkulose nach Drüsen- und Knochentuberkulose ergreift vorzugs-
weise die serösen Häute, wie die Rindertuberkulose. Die tuberkulöse Menin-
gitis tritt meist in der Milchtrinkperiode auf und ist oft das einzige tuber-
kulöse Symptom. Von 123 solchen Meningitisfällen war keiner, in dem nur
die Bmst gereicht wurde , nur bei 3 bestand daneben Phthise , Phthisiker
haben selten Hirnsymptome. Auch der Lupus ist aus denselben Gründen eine
Infektion mit Rinderbazillen. Der Mensch wird demnach von 2 Varietäten
des Bazillus heimgesucht, die eine erzeugt bei Erwachsenen Phthise, die andere
Ton Rindern stammend, ergreift Kinder während der Periode des Milchtrinkens,
beide wirken antagonistisch, die Rindertuberkulose immunisiert gegen die
Wirkungen des Menschenbazillus; es soll das Serum tuberkulöser Rinder prophy-
laktisch gegen Phthise injiziert werden. Kinder sollen keine ungekochte Milch
trinken.
Durch kritische Zusammenstellung der einschlägigen Literatur kommt
152 Jahresbericht fflr Chirui'gie. I. Teil.
Issakowitsch (36) zu folgenden Schlüssen betreffend die Frage n&ch d
Verwandtschaft zwischen Rinder- und Menschentuberkulose. Die 'Möglic
keit der Übertragung der Menschentuberkulose auf Rinder ist eirwiese
mehr können weitere Impfversuche an Rindern zur Lösung dei* Fra.(^
nicht beitragen. Das Vorkommen von Rinderbazillen in menseblichc
Organen ist bewiesen. Für die Beantwortung der Frage nach der Veriraürfi
Schaft beider Arten spielt die Häufigkeit der tuberkulösen Darmerkra^nkange
so lange keine entscheidende Rolle, bis nachgewiesen wird, dass die T>arni
tuberkulöse nur durch Rindertuberkelbazillen hervorgerufen wird. ^Weiten
Untersuchungen, ob und unter welchen Bedingungen die Menschen tnberkf»/
bazillen in die Rinderbazillen umgezüchtet werden können, würden für di<!
Lösung der Frage von nicht zu unterschätzendem Nutzen sein.
Kutscher (43) referiert zunächst die Ansichten von Koch und
Behring über das Verhalten der menschlichen Tuberkelbazillen zu denen'
der Rindertuberkulose und über die Infektion des Menschen mit beiden
Arten. Nach den Untersuchungen von Kossei, Weber, Heuss sind mor- |
phologisch und kulturell Rinderbaziilen von denea des Menschen zu unter-
scheiden, es bestehen femer gewaltige Virulenzunterschiede, erstere ver- i
breiten sich auch nach Becks Untersuchungen mehr im Tierkörper. Es
besteht kein Grund, die mangelnde Pathogenität der Rinderbazillen für den
Menschen nicht auch anzuerkennen. Betreffs des Verhältnisses der Erreger
der Geflügeltuberkulose zu den Säugetiertuberkelbazillen haben die Arbeiten ron
Weber, Bofinger, Rabinowitsch ergeben, dass die ersteren sowohl
nach ihren kulturellen als nach ihren pathogenen Eigenschaften als ein dritter
besonders für sich alleinstehender Typus des Tuberkelbazillus anzusehen sind.
Der Geflügelbazillus steht der Gruppe der Säugetiertuberkelbazillen noch ferner
als die zu letzterer Gruppe gehörigen Rinder- und Menschentuberkelbazillen
untereinander; für die Infektion des Menschen scheint er gar nicht in Be-
tracht zu kommen; doch hat Vage des von Menschen Bazillen gezüchtet, die
sich kulturell wie Geflügeltuberkulose verhielten. Die Kaltblütertuberkelbaziliej}
scheinen mit den Erregem menschlicher Tuberkulose nichts zu tun zu haben ;
es ist nicht erwiesen, dass echte Menschenbazillen sich; durch Kaltblüter-
passage in Kaltblütertuberkelbazillen verwandeln lassen. In Rücksicht auf die
Zugehörigkeit der drei einzelnen Typen der Tuberkulosebazillen zu einer ge-
meinsamen grossen Bakteriengruppe konnte erwartet werden, dass immuni-
satorische Beziehungen der einzelnen Tuberkuloseerreger zueinander bestehen,
Koch und Neufeld haben nach dem Prinzip Jenners Kälber, Ziegen mid
Esel durch intravenöse Injektion lebender menschlicher Tuberkelbazillen gegen
die tödliche Dosis virulenter Perlsucht immunisiert. Ob nach dem Ver-
fahren Behrings Rinder ohne Schädigung der Tiere zuverlässig gegen die
natürliche Infektion zu immunisieren sind, muss durch weitere Erfahrungen
festgestellt werden. Versuche mit Kaltblütertuberkelbazillen gegen mensch- ,
liehe Tuberkulose zu immunisieren, sind von Dieudonn^ ohne Erfolg ver-
sucht. Die Angaben Mo e Hers über erfolgreiche Immunisierungsversuche
von Meerschweinchen mit den Erregem der Blindschleichentuberkulose sind
unbestätigt, Friedmanns Resultate mit dem Schildkrötenbazillus gründen
sich auf zu wenig positive Versuche.
Nach V. Schroen (70) werden Phthise und Tuberkulose von zwei ver-
schiedenen Erregem erzeugt, der Erreger der ersteren ist ein Fadenpilz, der
Waldvogel, Taberknlose. 153
in den käsigen Massen zu finden ist, er bildet in der Lunge verfilzte, anfangs
geschlossene Massen, welche käsig und schleimig erweichen und später durch
die Kommonikation mit einem Bronchus zu offenen käsigen Herden werden.
So erzeugt der Fadenpilz, dessen Reinzüchtung bislang nicht gelungen ist,
die grossen Kavernen, deren Wand er in Form eines dicken dreischichtigen
Belages auskleidet. Der Erreger der Tuberkulose ist der Tuberkelbazillus,
beide Prozesse, Phthise und Tuberkulose können gleichzeitig in einer Lunge
vorhanden sein, dann ist der Tuberkelbazillus zuerst eingedrungen.
Verwendet man heisses alkalisches Earbolfuchsin zur Bazillenfarbung,
so sind in den Bazillen keine Lücken zu erkennen, wohl aber reichUch die
bekannten kugeligen Kömer, die Turban (81) als Vorläufer von beimTuberkel-
bazillns nicht zur Entwickelung gelangenden Sporen ansieht. In sehr alten
Kaltaren kann man mit Delasfields Hämatoxylin eine Hülle nachweisen.
^iU man elastische Fasern und Bazillen im Sputum zugleich färben, so ist
Karbolfuchsin, dann Salzsäurealkohol, dann Weigertsche Färbung zu ver-
wenden. Im frischen Sputum sieht man auf den elastischen Fasern Auflage-
rungen, die von Engel als Fettorganisation gedeutet sind und wahrscheinlich
^us verkästen Zellen stammen. In einem Fall von Lungentuberkulose und
primärem Langenkrebs grenzten Krebszellen und Tuberkel unmittelbar an-
einander.
T wich eil (82) hat zahlreiche die natürlichen Verhältnisse der Praxis
nachahmende Versuche darüber angestellt, wie lange die Bazillen im Sputum
sich lebensfähig erhalten. Die beiden verwandten Sputa stammten von Patienten
mit progredienter Phthise und enthielten nach Injektion in die Leistenbeuge
Ton Meerschweinchen bei denselben ausgedehnte tuberkulöse Veränderungen
setzende Bazillen. Mit jeder Probe wurde ein Meerschweinchen geimpft, fand
sich nach 2 — 3 Wochen keine Vergrösserung der Drüsen, wurde ein zweites mit
demselben Material infiziert. BUeben die Meerschweinchen 4 — 6 Wochen am
Leben, so wurden sie getötet; bei der Autopsie wurden Ausstrichpräparate
Ton Drüsen und Tuberkeln gemacht und mikroskopisch untersucht. Bazillen
des Sputums in paraffinierten Flaschen, untergebracht in einem dunklen feuchten
Verschlag, erzeugten Tuberkulose nach 170 Tagen, nicht nach 188, untergebracht
in einem dunklen Klosett, waren virulent nach 160 Tagen, nicht nach 188, in
einem diffus belichteten Zimmer nach 124, nicht nach 175, dem direkten
Sonnenlicht ausgesetzt, nach einer Stunde, nicht nach 7, in Thermostaten nach
33 Tagen, nicht nach 100. Sputum in mit Baumwolle verschlossenen Flaschen,
aufgehoben in einem feuchten dunklen Verschlage, erzeugt Tuberkulose nach
157, nicht nach 172 Tagen, aufgehoben in einem dunklen Klosett, nach 100
Tagen, aber nicht nach 141. Sputum im Sand an einem hellen feuchten Platz
enthalt virulente Bazillen nach 123, nicht nach 148 Tagen, an einem trockenen
kellen Platz nach 30 Tagen, nicht nach 70. Mit einem Sputum im Taschen-
tuch erzeugte man Tuberkulose nach 70 Tagen, nicht nach 110, mit dem an
einem Teppich nach 39, nicht nach 70, mit dem auf Holz nach 70, nicht
nsch 110, mit Sputum auf einer wollenen Bettdecke nach 70 Tagen, nicht
nach 110. Mit Sputum, in offenen Flaschen draussen in den Wintermonaten
aufgehoben, erzeugte man Tuberkulose nach 110, aber nicht nach 132 Tagen.
Mit Sputum in Eis erhielt Twi che 11 ein positives Resultat nach 102 Tagen,
nicht nach 153. Die Lebensdauer der Tuberkelbazillen im Sputum wird also
Yerlängert durch Dunkelheit und Feuchtigkeit, so lebten sie noch nach 5^^
Monaten. Die Temperatur von 37^ ist ungünstiger für sie als die Zimmer-
154 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
temperatur, ebenso die Temperatur nahe dem Gefrierpunkte. Direkte Sonne
strahlen töten die Bazillen in wenigen Stunden.
Neben die Tuberkulosen mit wohl charakterisierten histologisohezi Pn
zessen haben Poncet undLeriche (63) die septikämische und entzimdiicZi
Form gestellt, letztere ist am häufigsten an den Gelenken und auf den seröse
Häuten, diese Erscheinungen setzen den tuberkulösen Rheumatismus zasammei;
Aber alle Gewebe und Organe des Körpers können durch Toxine der Tuberkel
bazillen ohne charakteristische anatomische Läsionen erkranken, man siebt h
den bindegewebigen Partien Kundzellen, welche mit den aus den Gefassei
kommenden Leukozyten identisch sind; nur ausnahmsweise erscheinen mnde
Herde, epitheloide Riesenzellen; der Tuberkel ist nichts für den Tuberkel-
bazillus Charakteristisches. Nur die Klinik kann die tuberkulöse Nartur der
einfachen Entzündungen aufdecken, die sich in allen Organen lokalisieren
kann und bisher in ihrer Ätiologie unbekannte Prozesse aufklärt. Die ent-
zündliche Tuberkulose des Magens äussert sich in zwei Formen, der hyper-
trophischen und einer ulzerösen, denen die VerfF. noch eine rein bindege^webi^e
anreihen. Mukosa und Peritoneum sind dabei meist intakt. Patel hat einen
hierher gehörenden Fall mitgeteilt, jede andere Ätiologie für die Pylorus-
stenose war auszuschliessen , das Alter des Kranken, die Anwesenheit von
Lymphknoten machen die Tuberkulose wahrscheinlich, 2 Monate nach der
Gastroenterostomie bekam er ein wenig Ascites. Gleiche A£Pektionen sind auch
bei Tuberkulösen gesehen. Pate Ha hat in 2 Fällen von Pylorusstenose bei
torpiden Lungentuberkulosen Bindegewebsknoten neben dem verdickten Pylorus-
ring gefunden, die er der Tuberkulose zuweist. Gleiche Veränderungen finden
wir in dem Ueocökalteil des Darms, im Dickdarm; einzelne und multiple
Stenosen, die man bisher als rein entzündlich angesprochen hat, lassen den
tuberkulösen Charakter nicht erkennen, da die heilende Sklerose jede bazil-
läre Läsion verschwinden lässt, andere Autoren sind allmählich zur Ansicht
der Verfi. über die tuberkulöse Natur dieser Prozesse gekommen. Chronische
knotenförmige Mastitis, subakute chronische Thyreoiditen , Kröpfe, Indura-
tionen des Corpus cavernosum, Verkürzung der Palmaraponeurose, Knoten der
Sehnenscheiden gehören alle in dies Gebiet.
Die Tuberkulose im vorbazillären Stadium zu erkennen ist wertvoll,
Edhem (25) will mit dem Ausdruck Prätuberkulose einen scharf geprägten
klinischen Typus umfassen, der oft einen grossen Teil der kleinen Zufälle
der Tuberkulose besitzt, der aber nichtsdestoweniger charakteristisch vom
klinischen Standpunkt ist. Diese Verhältnisse kommen am besten in drei
poliklinischen Beobachtungen zum Ausdruck. Ergibt die Anamnese hereditäre
Belastung, so muss die Tuberkulose geargwöhnt werden, man muss auf Beruf
und Lebensweise, die zu einem längeren Kontakt mit Bazillen zwingen, achten.
Das Nervensystem der Tuberkulösen ist durch eine reizbare Schwäche charak-
terisiert, die Depression dominiert, die Prätuberkulösen klagen über die ver-
schiedensten Schmerzen: Kopfschmerz, Interkostalneuralgien, toxische Neuri-
tiden, besonders Ischias, Gelenk-, Magen- und Muskelschmerzen. Die prä-
tuberkulöse Anämie drückt dem Gesicht einen besonderen Stempel auf, das
tuberkulöse Gift erzeugt eine kardio-vaskuläre Asthenie, Tachykardie, Herab-
setzung des Blutdrucks. Auch die Schrumpfung der Mitralklappe gehört unter
die kleinen Zufälle bei der Tuberkulose. Das Blut zeigt Abnahme der Azi-
dität, in 27 ^/o ist nach Arloing und Courmont die Agglutination positiv.
Aus einer Hyperchlorhydrie im Anfang wird langsam bei Tuberkulösen eine
Waldvogel, Taberkolose. 155
£jpochlorhydrie, die Motilität des Magens ist verlangsamt, bei den Prätaber-
kalösen bestehen die Zeichen einer gastrischen Hyposthenie, Appetitlosigkeit,
Terlangsamnng der Motilität, Konstipation, Gastralgie. Thoraxde^ormitäten,
Abnahme der Thoraxkapazität, leichte Dyspnoe, Schmerzen in der Brust, ver-
schleierte nnd schwache Stimme, leichter Husten, Pleuritis nach Erkältungen,
Steigerung des respiratorischen Chemismus begleiten im Gebiet der Luftwege
die Pratuberkulose. Im Urin finden sich Eiweiss, herabgesetzte Azidität und
von Autophagie Zeugnis ablegende Stoffwechselprodukte, wie Phosphate, Chlo-
ride, Sulfate, Harnstoff, Harnsäure, Kreatin, Leuzin, Tyrosin. Dazu kommt
der tuberkulöse Rheumatismus in allen seinen Formen, von der Arthralgie
und dem Hydrarthros bis zu akuten Gelenkrheumatismen und deformierenden
Arthropathien, meist sich im Knie lokalisierend. Alle Knochentuberkulosen,
die lokalisiert bleiben, gehören der Prätuberkulose an, sie ist eine bazilläre
Toxinämie. Die prätuberkulösen Lokalisationen in den Lymphwegen gehören
zur Skrofulöse, Akne und Furunkulose sind toxischen Ursprungs. Die all-
gemeine Ernährung wird charakterisiert als ein Fieber in der Ernährung, es
besteht Autophagie, auch in der Prätuberkulose besteht eine Vermehrung der
Kohlensäure, des gesamten aufgenommenen Sauerstoffs und des absorbierten,
der respiratorische Stoffwechsel ist erhöht. Die Temperatur macht etwas
höhere Tagesschwankungen. Es gibt keine Prätuberkulose, aber Prätuber-
kulöse. Zur Feststellung der Prätuberkulose haben wir noch mehrere Labora-
toriomsverfahren. Das Tuberkulin ist vor allem ein Heilmittel der Prätuber-
kulose, diagnostisch und therapeutisch braucht man seine Anwendung nicht
zu fürchten, von der Injektion künstlichen Serums erwartet Verf. nicht viel,
die Abnahme der Eosinophilen in der Blasenflüssigkeit würde in einigen Fällen
aushelfen; das sicherste Verfahren, um Prätuberkulose festzustellen, ist die
Serumreaktion von Arloing und Courmont. Doch dazu gehören Labora-
torien, die Diagnose der Prätuberkulose ist aber vor allem eine klinische, sie
wird sicher durch die Trias der Anämie, der Magen- und Kopfschmerzen.
Alle die verschiedenen und verschieden wirkenden Giftstoffe der Bazillen sind
die Ursache der Prätuberkulose. In diesem Stadium ist der Körper zu kräftigen,
das wenig eingreifende Tuberkulin Marechals komme zur Anwendung.
0 eh 1er (58) bezeichnet die Tuberkulosen als sekundär, bei denen ein
stillstehender oder vernarbter Herd durch Trauma, Erschöpfungszustände zum
Fortschreiten angeregt und zur bedrohlichen Gefahr wird. Im ersten zum
Beweis beigebrachten Fall löste ein im Bronchus sitzender aspirierter Knopf
die zum Tode führende Tuberkulose aus. Dieser Ausgang ist nach Verf.
nicht ungewöhnlich. Ähnlich wie die von einem Fremdkörper bewirkte Bron-
chitis und Peribronchitis kann auch der Insult einer Pneumonie mit Empyem
wirken, so im zweiten Fall, in dem der Patient zwei Jahre nach dem Auftreten
eines vom Hausarzt lange konservierten Empyems starb. Im dritten Fall
fahrte ein perityphlitisches Exsudat bei nichttuberkulösem Wurmfortsatz zu
Eiteransammlung über der Leber, im Pleuraraum, im kleinen Becken — hier
lag der Kotstein — , es entstanden Fisteln. Die Sektion ergab Verwachsungen
der rechten Lunge, Tuberkel im Herzbeutel, käsige Knoten im Netz, auf der
Darmserosa, Darmwand und Schleimhaut frei von Tuberkulose, einige käsige
Knoten in der Milz, auf der Leber, Lebergewebe frei. Ausgegangen war die
Tuberkulose wohl von den Mesenterialdrüsen, angeregt durch die Perityphlitis-
eitening. Diese sekundären Tuberkulosen sind wohl nicht selten, selten ist
die Einsicht in ihre sekundäre Natur. Viele der Lungentuberkulosen der
156 Jahresbericht für Chirurgie* I. Teil.
jungen Leute werden wohl sekundär sein, ausgelöst durch Not, Mangel, Übei^
anstrengung, Schwangerschaft, Pubertät. Der Rückgang der Tuberkulose-
sterblichkeit beruht gewiss nicht auf den Leistungen der Lungenheilstätten,
sondern auf der Hebung des Wohlstandes. Zwischen Infektion und Ausbruch
der Krankheit können Jahrzehnte der Ruhe liegen.
Ferranini (27) will feststellen, ob das Gros der Symptome bei Kindern
tuberkulöser Eltern einfach auf einen besonders günstigen Boden für die Ent-
Wickelung der Tuberkulose hinweist oder ob sie bereits Zeichen einer statt-
gehabten, sehr abgeschwächten Toxiinfektion sind. Die von den Eltern auf
die Embryonen übertragenen tuberkulösen Toxine erzeugen Dystrophien der
Muskeln und Knochen, und so können auch die Anomalien des Thorax und
der Lungenfunktion auf eine Infektion der tuberkulösen Deszendenten zurück-
geführt werden. Dasselbe gilt für die anderen Symptome der Prädis-
ponierten, sie sind eine Mischung von Infantilismus, wenigstens Juvenilismus
und Lymphatismus, auch das können tuberkulöse Toxine hervorrufen entweder
direkt oder durch Einwirkung auf die Drüsen mit innerer Sekretion. Die
Skrofulöse wird ja von manchen Autoren schon als abgeschwächte Tuber-
kulose angesehen. Die Anomalien am Gefassapparat sind ebenfalls Stigmat-a
des Infantilismus, es fehlt an Tonus und Elastizität der Gefässwände. Nach
Teissier ist auch die orthostatische Albuminurie einer unvollständigen Ent-
wickelung der Niere zuzuschreiben. Verf. ist der Ansicht, dass bei zur Tuber-
kulose prädisponierten Menschen die Zeichen der Hypotonie und mangelhaften
Elastizität zur Insuffizienz des chromophilen Gewebes in der Medullarsubstanz
der Nebennieren führen kann. Die Zeichen der Myasthenie, Psychasthenie,
Angiohypotonie sind klassische Symptome des Addison, bei Tuberkulösen mit
diesen Symptomen verbunden mit Schwarzfärbung der Haut findet man Sklerose
des Plexus solaris, der Nebennierenkapseln ; diese Sklerose kann von der Wir-
kung tuberkulöser Toxine abhängen, wie Tierexperimente von Oppenheim
undLoeper zeigten. Auch die Autophagie kann man mit Toxinen erzeugen,
die anderen lokalisierten Zeichen der Prädisposition sind meist solche einer
abgeschwächten Tuberkulose, zu denen sie von manchen Autoren gerechnet
werden. Die Tuberkulinreaktion war bei 96 Kindern tuberkulöser Eltern
negativ, während die eine schwache Tuberkulose anzeigende Serumreaktion
von Arloing und Courmont bei Kindern tuberkulöser Eltern langdauern-
der und beträchtlicher ist als bei Kindern gesunder; daher ist die Zahl der
von Tuberkulose heimgesuchten Kinder in den ersten Jahren relativ niedrig,
trotzdem Gelegenheit zur Einführung von Bazillen reichlich vorhanden ist.
In einem Bergwerksbezirk ist nach Richter die abgeschwächte Form der
Tuberkulose sehr verbreitet, trotz schlechter äusserer Verhältnisse sterben aber
wenig Menschen im Alter von 25 — 40 Jahren an Tuberkulose, während in
Breslau bei geringer Kindertuberkulose in abgeschwächter Form viel Erwachsene
an Tuberkulose sterben. Im allgemeinen leiden die Kinder Tuberkulöser an
milderen lokalisierten Formen, auch die Nachkommen von Vögeln, welche mit
Vogeltuberkulose geimpft sind, überwinden 2 — 3 aufeinander folgende Infek-
tionen leichter als die gesunder Tiere. Bei der Syphilis kann man dasselbe
beobachten, man spricht hier von parasyphilitischen Erscheinungen und nicht von
Prädisposition zur Syphilis, so sollte man die Erscheinungen bei Kindern
tuberkulöser Eltern paratuberkulös nennen. Das sind nicht Namensunterschiede,
sondern hinter ihnen steckt eine ganz andere Auffassung; die positive Agglutina-
Waldvogel» Tuberkulose. 157
don und negative Reaktion auf Tuberkulin würde zur Diagnose der Para-
toberkolose herangezogen werden.
Gegenwärtig ist der Wert der Serumdiagnose bei Tuberkulose noch
zweifelhaft) normales Serum und das anderer Krankheiten erzeugt ebenfalls
Agglutination, tmd Patienten mit ausgesprochenen Tuberkulosesymptomen im
b^innenden oder yorgerückten Stadium lassen die Reaktion vermissen. Der
Hauptgrund für die verschiedenen Resultate der Autoren beruht in der Test*
äussigkeit. Kinghorn (38) hat von Courmont ihm überlassene homogene
Kultur verwandt; gezüchtet wurde in dem vom selben Autor angegebenen
Stadium. Als positiv wurde die Reaktion angesehen, wenn in einer Verdünnung
TOD 1:5 nach 5 Stunden in einer Aufschwemmung der Bazillen in physiologischer
KochsalzIösuDg mit blossem Auge erkennbare Flocken erzeugt wurden und
dann Sedimentation und Klärung. Der Verf. kommt zu folgenden Resultaten :
In Torgeschrittenen Fällen mit sehr ausgedehnten Veränderungen ist die Re*
akiion gewöhnlich negativ, positiv ist sie am häufigsten in den günstigsten
Fallen, bei einer gewissen Zahl günstiger Fälle mit deutlichen Zeichen der
Krankheit fehlt die Agglutination. Neun von den zwölf robusten Leuten
reagierten, 6 von den 9 standen in nahen Beziehungen zu tuberkulösen Kranken«
In den Fällen von Tuberkulose war die durchschnittliche Agglutinationskraft
1:10, in den normalen Fällen 1 : 23. Die Agglutination ist also kein zuverlässiges
Beweismittel für klinische Tuberkulose.
6 i a 1 y k (20) will die verschiedenen Merkmale, die bei Skrofulöse in den
ersten Stadien auftreten, darlegen, um womöglich schon frühzeitig diese Krank-
kit zu erkennen ; er fast sie als lokale Tuberkulose auf. Das wichtigste Symptom
ist ein bei zwei- bis dreistündlichen Messungen feststellbares, länger an-
dauerndes Fieber; die Reaktion auf Tuberkulin ist ebenfalls wertvoll. Ein
Fall illustriert die Schwierigkeiten der Diagnose, bei dem man schliesslich
an eine tuberkulöse Erkrankung der Wirbelsäule denken musste.
Insbesondere bei Pleuritiden nach Traumen ist es nicht unwichtig zu
entscheiden, ob es sich lediglich um traumatische Rippenfellreizungen oder
nm die ersten Anzeichen einer Tuberkulose handelt. Köhler (40) zieht nun
ans den vorliegenden Erfahrungen über das Tuberkulin den Schluss, dass
nach dem Ausfall der Tuberkulinreaktion allein sich unser Urteil über den
traumatischen Charakter der Erkrankung nicht richten darf. Köhler teilt
dann die Geschichte eines Unfallkranken mit traumatischer Hysterie nach
Verbrennung und Lokalisation der Beschwerden in der Brust mit, bei dem
im Krankenhause im Jahre 1903 nach Probeinjektionen von Alttuberkulin in
den nächsten 24 Stunden Temperatursteigerungen von 1 — 2^, Störungen des
Allgemeinbefindens, Schmerzen, Appetitverlust eintraten. Schon damals wurde
betont, dass kein klinischer Fingerzeig für eine tuberkulöse Erkrankung be-
stehe, und Köhler hat den Kranken nach 2 Jahren genau untersucht, ohne
Spuren eines oiganischen Leidens nachweisen zu können. Er glaubt demnach
dass die Tuberkulinreaktion , wenn die klinische Diagnose nicht auf Tuber-
kulose lautet, für die Begutachtung solcher Unfälle nicht ausschlaggebend ist.
Bei Phthisikem ist nach den Untersuchungen von Stanley-Parkin-
son (76) die respiratorische Kapazität herabgesetzt, der Thorax mangel-
haft entwickelt, wahrscheinlich auch die Lungen. Die Vermehrung der Atem-
H^ zeigt, dass die Umsetzungen in den Organen erhöht sind und zugleich
die dies anzeigende Menge der Purinkörper des Harns. Die Resultate der
Prüfung des respiratorischen Chemismus ergaben gleichfalls eine Vermehrung.
158 Jahresbericht für Chirurgie. L Teil.
Es ist oft schwer zu entscheiden, ob die Syphilis oder die Tuberkulo
das ätiologische Moment bestimmter Erscheinungen sind, Syphilis uxicl Tub€
kulose haben enge Beziehungen zueinander. Haut und Schleimhautulzer
tionen der Syphilis können direkt tuberkulös werden, besonders die Isuryngi
tracheale Syphilis gibt Veranlassung zu einer Inhalationstuberkulose, aber d\
direkte Tuberkulisation Syphilitischer ist selten, jedoch die indirekte koznizi
häufiger vor und Sergent (72) zögert nicht die Syphilis in das ätiologisch
Kapitel der Lungentuberkulose einzureihen; die Syphilis schafft ein günstige
Terrain für die Tuberkuloseinfektion besonders bei Kindern tuberkulöser Eutern
Unter den Syphilitischen, die tuberkulös werden, muss man zwei Grixppei
unterscheiden, die einen werden gleich im Beginn der Syphilis tuberkulös, dk
anderen später, wenn die Syphilis erloschen scheint. Man muss also dem
frisch Infizierten das lange Zusammensein mit Phthisikem untersagen und
ihn in gute hygienische Verhältnisse bringen. Die Tuberkulose im Verlauf
tertiärer Syphilis ist nicht selten. Die Prädisposition zur Tuberkulose, ge-
schaffen durch die Syphilis, breitet sich auf die Nachkommenschaft aus, die
Kinder erben das syphilitische Terrain für die Tuberkulose. Bei der Syphilis
können sich Virus und Terrain vererben oder das Terrain allein. Die heredi-
täre Syphilis hat Beziehungen zur Skrofulöse, Verf. führt 5 Fälle von Tuber-
kulose an, die sich bei 5 Deszendenten von Syphilitikern entwickelte, für
hereditäre Syphilis fand sich kein Stigma. Die Skrofulöse hat oft keine andere
Ätiologie als die Syphilis der Eltern, wir würden bei exaktem Nachforschen
diese Ursache häufig, wenn nicht immer, finden. Die Tuberkulose bei Syphi-
litikern ist der antisypbilitischen Behandlung in der grossen Mehrzahl der
Fälle zugängig, Jod ist in diesen Fällen zu verwerfen, Quecksilber das ge-
gebene Mittel. Eine Lungentuberkulose bei einem Manne mit unzweifelhaft
syphilitischen Hautulzerationen besserte sich unter Quecksilberinjektionen
schnell, die Bazillen schwanden, der Lungenbefund ging zurück, der Kranke
nahm 10 Pfd. zu. Die Syphilis begünstigt oft die Vemarbung tuberkulöser
Läsionen, Tumor albus, Lupus sind durch Schmierkuren geheilt, weil das
Quecksilber das ererbte oder erworbene Terrain modifiziert, für den Bazillus
ungeeignet gemacht hat. Prophylaxe der Syphilis und Tuberkulose sind eng
miteinander verknüpft.
Das Gesetz der allgemeinen Pathologie, dass ein Trauma an dem Ort,
wo es einwirkt, eine generalisierte oder anderswo lokalisierte Infektion lokalisiert
ist nach den Untersuchungen von Lannelongue (47) besonders für die Tuber-
kulose nicht richtig. Benutzt man sterilisierte Produkte menschlicher Tuber-
kulose oder reine Kulturen, die Schul 1er nicht verwandte, so erhält man
niemals beim Meerschweinchen, selbst nicht beim Kaninchen tuberkulöse
Osteoarthritiden im Bereich grosser und kleiner Gelenkkontusionen von Frak-
turen, Luxationen, Epiphysentrennungen, und doch sind alle fast 100 betragende!}
Versuchstiere an Tuberkulose eingegangen. Dagegen erhielten Lannelongue
und Achar d eitrige Arthritis und tuberkulöse Osteitis bei Verwendung unreiner
Produkte menschlicher Tuberkulose, wie Blut, Sputum, bei der Autopsie gewon-
nener Lungenteile. Beim Menschen wird die Bedingung, damit sich der Bazillus
in einem traumatischen Herd lokalisiert, nämlich die Infektion des Blutes, fast
niemals erfüllt. Verf. hat bei Menschen, die an Lungen- oder Knochentuber-
kulose leiden, eine grosse Anzahl von Traumen gesehen, niemals wurde aus
dem traumatischen Herd ein tuberkulöser. Das Trauma deckt nur eine ,
latente oder nicht erkannte Tuberkulose auf, damit stimmen andere Autoren
WaldTOgel, TaberkuloM. 159
oberein. Aus zahlreichen Erfahrungen am Kaninchen geht heryor, dass, wenn
Dan tuberkulöse Gelenke erzeugt und 2 mal 10 Minuten leichte Bewegungen
mit dem kranken Gelenk ausfuhren lässt, der Verlauf ein viel schnellerer und
au^esprochener ist; es bildet sich eine Kontraktur, die bei Kontrolltieren aus-
bleibt. Die anatomischen Untersuchungen der Bewegungen unterworfenen und
nach 124 Tagen getöteten Tiere ergaben ausgesprochene Knorpelveränderungen,
Entblössung der knöchernen Gelenkenden, Knochennizerationen und Osteitis
tuberculosa, Bilder, die mit den in menschlichen tuberkulösen Gelenken
Torkommenden identisch sind. Heftige Verletzungen bei Tieren unter
denselben Bedingungen, die aber keine Bewegungen ausführten, erzeugten
nichts Gleiches. Diese Resultate sprechen für die Immobilisierul^ tuberkulöser
Gelenke.
Die Mehrzahl der Skeletttuberkulosen sind metastatischen Ursprungs;
es ist aber nicht gelungen im Experiment diejenigen Bedingungen nachztiahmen,
welche beim Menschen ursächliche Beziehungen zwischen Trauma und Gelenk-
tuberkulöse begründen können. Gegen die Auffassung, dass durch das Traulüa
die Tuberkulose aus einem klinisch latenten in einen manifesten Zustand über*
geführt wird, lassen sich mancherlei vorläufig nicht zu beseitigende Bedenken er-
heben. Nach dem vorliegenden Material darf man annehmen, dass nur bei einem
Fünftel bis Viertel der Fälle von tuberkulöser Erkrankung der Knochen und
Gelenke Traumen als Gelegenheitsursachen beschuldigt werden können. Wir
sind also nur berechtigt mit mehr oder weniger grosser Wahrscheinlichkeit
die Annahme einer traumatischen Entstehung der Tuberkulose zu machen
imd sollen an die einzelnen Fälle mit der Mutmassung herantreten, dass die
behauptete traumatische Ätiologie von vornherein unwahrscheinlich ist. Nach
Ledderhoses (49) Beobachtungen ist die Zahl der als entschädigungspflichtig
anerkannten Knochen- imd Gelenktuberkulosen bei den landwirtschaftlichen
Berafsgenossenschaften grösser als in den gewerblichen, die Ärzte haben wohl
manchmal wissenschaftliche Forschungsresultate und Anschauungen in dieser
Frage nicht im Auge behalten. Man kann niemals mehr als die Wahrschein-
lichkeit zugeben und auch nur dann ein bejahendes Urteil über den Zusammen-
hang der Tuberkulose mit dem Trauma aussprechen, wenn diese Wahrschein-
lichkeit durch glaubwürdige Angaben und einwandsfreie Tatsachen und Gründe
gestützt werden kann.
Kutscher (43) berichtet über neueste Arbeiten über die Epidemiologie
der Tuberkulose. Aus Cornets Arbeiten geht ohne Zweifel hervor, dass
sich die Lehre v. Behrings von der infantilen Infektion in keiner Weise
mit der Statistik der Tuberkulose als Todesursache in Einklang bringen lässt.
Dank den vom kranken Menschen als Ansteckungsquelle ausgehenden Mass-
nahmen zur Bekämpfung der Tuberkulose ist diese Krankheit heute bei uns
in der Abnahme begriffen. Das Ergebnis der auf Veranlassung von Flügge
dnrch Speck angestellten Ermittelungen über die Ernährung von Patienten
der Limgenheilstätten als Säuglinge war, dass von 5770 tuberkulösen Kranken
}155 ausschliesslich mit Frauenmilch ernährt waren; das Verhältnis der
spater tuberkulös gewordenen Brustkinder zu den im Säuglingsalter mit Kuh-
milch ernährten stellte sich wie 73 : 27. Japan, in dem die Ernährung durch
die Mutter als Regel gilt, hat nach Heymanns Arbeit etwa die gleiche
Taberkulosemortalität in den Jahren 1891 — 95 wie England. NachKitasato
stehen Menschen- und Rindertuberkulose in Japan in keiner Beziehung zu-
einander, ähnlich liegen nach Rieder-Pascha die Verhältnisse in Konstan-
160 JahreBb«richt fQr Chirurgie. I. Teil.
tinopel, obwohl die Ernährung fast ausschliesslich durch Mutter oder Axoi
geschieht, ist die Tuberkulose ausserordentlich verbreitet. In Gröol^sj
betrug die Sterblichkeit an Schwindsucht in den Jahren 18öO — 1861 32,6 ^
aller Todesfälle, Kuhmilch findet aber so gut wie gar keine Verwenduxa
Gleiches ergeben auch die Mitteilungen von Fisch über die Verhältnisse £
der Goldküste. Zudem berücksichtigt v. Behring nicht genügend, dass in ei
gekochte Kuhmilch verabreicht wird. Dass die bakteriziden Schutzsioffe d.<
rohen Milch für die Verhütung der Tuberkulose in Betracht kommen, ersclieii
nach den Versuchen mit anderen Bakterienarten zweifelhaft. In der JFoi
malinmilch beginnt nach zwei Tagen eine starke Bakterienvermehrung b(
normalem Aussehen und Geschmack, ihre Verabreichung kann also Säuglingen
gefährlich werden. Nach wie vor muss in grossen Städten in grossem M&ss
Stabe einwandsfreie Säuglingsmilch beschafft werden.
Die Tuberkulose ist nach Sofer (75) eine Proletarierkrankheit. Verf
führt an der Hand der Wiener Verhältnisse aus, dass der Parallelismas,
welcher zwischen Wohnungsdichtigkeit und Tuberkulosesterblichkeit besteht,
nicht dazu führen darf, den Komplex aller Faktoren, die die Sterblichkeit an
Tuberkulose beeinflussen, mit der Wohnungsdichtigkeit zu identifizieren. Das
weibliche Geschlecht wird in auffallender Weise weniger von der Tuberkulose
betroffen, 3,2 gegenüber 5,2 p. m. bei Männern, die Weiber sind den Schä.den
gewerblicher Arbeit und dem Alkoholismus weniger ausgesetzt. Die Schaff'ung
von Gartenstädten wäre so ein Zukunftsideal. In Österreich-Ungarn stecken
die Bestrebungen um Volksheilstätten und Walderholungsstätten noch in den
Kinderschuhen. Wichtig ist die Aufklärung des Volkes durch Vorträge über
das Wesen und die Verhütung der Tuberkulose.
Die Tuberkulose zu heilen ist eine der Wirklichkeit noch sehr ferne
Illusion, sie zu verhüten ist praktisch von grösserer Wichtigkeit. Um das zu
erreichen, ist die Frage zu beantworten, ist die Tuberkulose, wie fast allge-
mein angenommen wird, eine kontagiöse Krankheit, ist die Verbreitung der
Bazillen durch getrocknete Sputa der wirkliche und Hauptgrund des Übels?
Leray (50) zitiert eine ganze Reihe berühmter Kliniker aus Frankreich und
anderen Ländern, die trotz ausgiebigster Gelegenheit keinen Fall von durch
Ansteckung entstandener Tuberkulose gesehen haben und die die Kontagiosität
der Tuberkulose entweder ganz leugnen oder sie nur in ganz geringem Masse
als bestehend anerkennen. Krankenpersonal wird durch die Pflege vonPhthisikem
nicht infiziert. Und wie viel Zufälligkeiten können bei einer so verbreiteten
Krankheit unterlaufen, wenn wirklich Fälle, welche eine Kontagiosität der
Tuberkulose beweisen sollen, gefunden werden! In einer Stadt wie Paris mit
so vielen Phthisikem müssten in kurzer Zeit alle Einwohner infiziert sein.
In allen Beobachtungen, die von klassischer Kontaktinfektion berichten, wird
von besonders herkulischen Menschen berichtet, die infiziert wurden, sie starben
schneller als der sie infizierende schwächliche, wer hat nun von beiden das
geeignetste Terrain für den Bazillus? Das Meerschweinchen mit seinem so
ausserordentlich günstigen Boden für die Entwickelung der Tuberkulose leidet,
obwohl es denselben Kontaktgefahren ausgesetzt ist wie der Mensch, nie selbst
an dieser Krankheit. Manche Autoren identifizieren die Erreger der Menschen-
und Geflügeltuberkulose und doch kann man bei Hühnern, die mit 45—^ kg
Sputum gefüttert sind, keine Spur von Tuberkulose nachweisen. Die Wider-
sprüche in der experimentellen Medizin, welche mit biochemischen und bio-
physischen Differenzen ihrer Versuchsobjekte nicht rechnet, lässt heute diese,
Waldvogel, Tuberkulose. 161
Eargen jene Theorie entstehen, das lehrt der Streit über die Identität der
Bazillenarten. Man soll den alten Klinikern, welche die Kontagiosität der
Taberknlose leugneten, mehr Beachtung schenken. Fort darum mit den ein-
schränkenden und grausamen Gesetzen, man darf nicht bei einigen Fällen,
die ohne Zweifel für Kontagiosität sprechen, das Dogma aufstellen, ,,eine Tuber-
talose entsteht aus der andern'', jeder schafft sich selbst seine Tuberkulose
durch unhygienisches Leben. Mit der Verfolgung des Bazillus hat man in
l)eatschland Hunderte von Millionen vergeudet, wie S a v o i r e in einer wichtigen
Arbeit gezeigt bat. In England hat sich die Tuberkulose vermindert, weil
man gut« Luft, gute Nahrung bot, gegen Alkoholismus und Völlerei ankämpfte.
Auch die Deutschen glauben nicht mehr wie auf dem Berliner Kongress,
dass die Schaffung von Sanatorien den ganzen Kampf gegen die Tuberkulose
bedeutet, auf dem Pariser (23) hat die Sache der Sanatorien wieder eine
Niederlage erlitten, der Arbeiter findet in denselben seine Arbeitskräfte nicht
wieder, auch die Prophylaxe wird durch den Aufenthalt im Sanatorium nicht
gehoben, die Leistungen stehen in keinem Verhältnis zu den Aufwendungen,
die ganze soziale Lage, die Wohnung muss gebessert werden. Der Luxus der
Sanatorien soll geringer sein und sie sollen ausschliesslich den Tuberkulose-
Vandidaten reserviert werden, die grosse Masse ausgesprochener Phthisen gehört
in Krankenhäuser mit Absonderung. Für die Dispensaires ist es zu schwer
selbständig vorzugehen, weil, wenn sie nach den Ideen ihres Urhebers gebaut
werden, ihr Budget zu hoch ist; es ist ihnen unmöglich, sich ausschliesslich
der Konsultation zu widmen, ohne dass sie zu unnützen Polikliniken degene-
rieren, die sogar gefährlich werden. Sie sollen Dispensaires der Verhütung
sein, die zur Tuberkulose Prädisponierten entdecken , die Heilbaren ins Gebirge,
«m die See, ins Sanatorium dirigieren. Die grosse Mehrzahl der während
der Schuiperiode beobachteten Tuberkulosen sind auf Familienkontagium
zQriickznführen und sind entstanden vor dem Eintritt des Kindes in die
Schule, es handelt sich meist um latente, geschlossene, nicht kontagiöse Formen.
Die Schule muss daher weniger die Gefahr der Kontaktinfektion im Auge
haben als die Sorge, wie sie die Kinder, welche prädisponiert oder Träger
latenter Tuberkulosen sind, schützt, sie darf nicht Kinder vom Unterricht
aasschliessen, ohne ihnen einen Ersatz zu schaffen. Wohnt das Kind nicht
mit einem Tuberkulösen zusammen, so ist es relativ leicht zu schützen, indem
man die Milch, seine Spaziergänge, seine Spiele beaufsichtigt; ist ein Fall von
ofener Tuberkulose in der Familie, so ist er zu entfernen, ist dies unmöglich,
so sind die verschiedenen Massregeln zu treffen, um die direkte oder indirekte
Berührung zu verhüten. Die Familienprophylaxe bleibt in armen Familien
ohnmächtig und muss der sozialen weichen, es kommen Seehospize, Ferien-
kolonien, öffentliche Gärten, Höhensanatorien in Betracht, aber das Geleistete
ist infolge des Mangels an Geldmitteln geringe der Staat muss Volksgärten,
Spiel- und Sportplätze unterhalten. Leider hat sich der Kongress fast aus-
schliesslich auf die Wohnungefrage beschränkt. Die Bestimmung ungesunde
Wohnungen niederzureisen ist völlig unzureichend, sie steht nur auf dem
Papier. Es gilt die Lebensbedingungen zu bessern, die Hungerlöhne zu unter-
drücken, die Beziehungen zwischen Kapital und Arbeit sind zu modifizieren«
Behring (17) führt aus, dass die immunisierende Wirkung seines Bovo-
Taccins auf der Gegenwart einer Substanz beruht, welche den Giften der
Tüherkulose entstammt und T. C. genannt wird. Wird dies in den lebenden
Zellen des behandelten Organismus verändert, so bezeichnet es B e h r i n g als T. H.
JahiMborieht Ar Chinirgi« 1005. 11
162 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
T. C. repräsentiert das Quasilebensprinzip der Bazillen, es ist die Ursache für
die Überempfindliohkeit gegen das Tuberkulin Kochs und der Schutzreaktion
des Körpers. Das Mittel ist berufen die durch Phthise bedrohten Menschen
Tor den schädlichen Folgen der tuberkulösen Infektion zu schützen. Behring
hat definitiv darauf verzichtet lebende Bazillen in den Menschenkörper ein-
zuführen. Mit Hilfe von Erfahrungen in vitro hat er die aktive Immuni-
sierung in eine passive verwandelt, dem Körper wird das lange und ge-
fahrvolle Herausarbeiten des T. C. erspart. Um das T. C. von Substanzen
zu befreien, welche seine therapeutische Wirkung hindern, ist es gut drei
Gruppen bazillärer Substanzen zu unterscheiden, eine wasserlösliche mit fermen-
tativen und katalytischen Eigenschaften, von Behring T. V. genannt, von der
ein Gramm Substanz im Trockenzustande virulenter ist als 1 Liter Koch-
sches Tuberkulin, eine nur in Salzlösungen lösliche globulinartige TGl, eben-
falls giftig nach der Art des Koch sehen Tuberkulins, drittens mehrere nicht
toxische nur in Alkohol, Äther, Chloroform löslich. Nach Entfernung dieser
Substanzen bleibt der Bestbazillus mit der Form und den tinktoriellen Eigen-
schaften der Tuberkelbazillen; er kann in eine resorbierbare amorphe Sub-
stanz verwandelt werden. Die amorphe Substanz wird von den lymphatischen
Zellen der verschiedenen Tiere umgewandelt, diese Zellen werden oxyphil oder
eosinophil, parallel mit den Metamorphosen der Zellen unter dem Einfluss des
T. C. entwickelt sich die Immunität. Das T. C. kann Tuberkel erzeugen,
die niemals verkäst oder erweicht werden. Aus dem T. C. kann in vitro
ein Heilmittel ohne Gefahren bereitet werden. Erst wenn Kliniker die
Wirksamkeit und Unschädlichkeit desselben festgestellt haben, wird der thera-
peutische Teil des von Behring angekündigten Buches erscheinen.
Marmorek hält die Mitteilung von Behrings für absolut unklar.
Wenn sein Bovovaccin die Grundlage seiner Entdeckung ist, so hat sie nichts
Positives, denn das Bovovaccin ist unwirksam; Behring bringt nur Hypo-
thesen, die Trennung der 3 Gruppen ist persönliche Auffassung, Marmoreks
Serum ist spezifisch, Behring hätte die Resultate mit seinem T. C. angeben
können. Niemand in der Welt kann ein Resultat kontrollieren oder berichtigen,
über das man keine ernsthafte Angaben besitzt.
Die konservative Methode in der Behandlung der Gelenktuberkulosen
ist auf dem ersten internationalen Chirurgenkongress (79) eingehend emp-
fohlen, einige der Methoden überraschen etwas und man müsste die Kranken
sehen. Bier reseziert nur Fuss und Knie, offene und geschlossene Tuber-
kulosen werden gestaut, kalte Abszesse werden inzidiert und aspiriert,
die im Anfang nützliche Immobilisierung kann früh aufgegeben werden,
durch aktive und passive Mobilisierung erhält man schliesslich ein gut
funktionierendes Gelenk. Der Schlauch wird täglich 2 — 3 Stunden umge-
legt, er darf keine Schmerzen verursachen, die Behandlung dauert wenigstens
9 Monate. Von 17 Handtuberkulosen wurden 15 geheilt, 2 gebessert, Behand-
lungsdauer durchschnittlich 12 Monate, von 11 Ellbogentuberkulosen 8 geheilt,
3 gebessert, Dauer 9 Monate; von 13 Fusstuberkulosen sind 8 geheilt, 3 ge-
bessert, bei 1 kein Resultat, bei 1 sekundäre Amputation, Dauer 10 Monat;
Knietuberkulosen 3 Heilungen, 2 Besserungen (in 8 anderen Resektion nach
kurzem Stauungsversuch); 1 Schultertuberkulose mit vollkommener Funktion
geheilt. Nach Broca ist die Immobilisation die Grundlage jeder Behandlung,
die Resektionen geben traurige Resultate infolge der Verkürzungen, bei
eitrigem Tumor albus greift man zu Punktionen und Injektionen von Jodoform-
Waldvogel, Tuberkaloae. 163
Ither 10^/oig, Broca spricht nur von Kindern. Nach Willems ist die
konserrative Behandlung bei Erwachsenen weniger glücklich, er greift zur
Amputation nur bei vorgeschrittener viszeraler Tuberkulose oder vielfachen
ertemen Lokalisationen. Die Besektion ist angezeigt bei gewissen ganz
schweren Formen, bei denen, die langer konservativer Behandlung trotzen, bei
geschlossenen eitrigen Formen, die Jodoforminjektionen nicht weichen, bei
offenen eitrigen und bei Sequestern der Erwachsenen. Die Indikationen wechseln
nach den^Gelenken, sie passt am besten fürs Knie der Erwachsenem, ist selten
zu machen an der Hüfte und am Handgelenk, viel häufiger am Ellbogen, am
Fuss imd an der Schulter. Auch für Bradford ist die operative Behandlung
die Ausnahme. Do Hing er tritt für absolut konservative Therapie ein, er
hX 80 '^jo Heilungen, er kombiniert die Stauung mit völliger Immobilisation.
Walt her nnterlässt alle grossen Resektionen, selbst bei Erwachsenen und
am Knie. 6arr6 verwendet im allgemeinen Immobilisation und Jodoform,
die regelmässigen Injektionen lassen sich aber, wenn man in einer grossen
Provinz die Kranken selten sieht, nicht immer durchführen, er ist daher
ofierativ eingeschritten bei Knie und Fuss, er machte 8 Arthrektomien und
ITT Resektionen mit 94°/o unmittelbaren guten Resultaten, die späteren
waren funktionell gut in 92,3 ^/o schlecht in 7,7 ; die konservative Methode
lieferte ihm am Fuss 43 ^/o Erfolge, die Resektion nach König 80 ^/o, Miss-
erfolge in 10**/o; lO^/o starben an anderweitiger Tuberkulose. Wie Garre
halt Sinclair White die Resektion für die Methode der Wahl bei Knie-
taberkulose in der Spitalpraxis. Verneuil verteidigt die Vereinigung ohne
Drain bei der Resektion, bei der eitrigen Koxitis macht er zahlreiche grosse
Einschnitte, lässt alles offen, tamponiert mit Gaze. Auch Kocher tritt für
das operative Verfahren ein, wenn ein Knochenherd besteht, der total ezstirpiert
werden kann, wenn das Gelenk in falscher Stellung feststeht, wenn die Re-
sektion wahrscheinlich ein besseres funktionelles Resultat liefert als die Im-
mobilisierung, z. B. am Ellbogen. Schlechte Resultate bei der Resektion
kommen oft auf Kosten der Mischinfektion, diese Sekundärinfektion muss auf
jede Weise verhütet werden, darauf besteht auch de Quervain; die Ärzte
müssen auf die ernste Bedeutung der Punktionen und kleinen Inzisionen hin-
gewiesen werden.
Es fehlt zurzeit noch ein befriedigender Abschluss der Behandlung der
cbirnrgischen Tuberkulose. Kranke der Art sollen nach Beendigung der
ersten Behandlung auf das Vorhandensein weiterer tuberkulöser Herde an
gleicher oder entfernter Stelle untersucht und davon befreit werden. Es
QDterliegt keinem Zweifel, dass wir im Tuberkulin bei sachgemässer Anwen-
dung ein untrügliches Mittel zur Erkennung auch der latenten Tuberkulose
besitzen, auch die Frage der Heilbarkeit der Tuberkulose in der hier in
Betracht kommenden latenten oder wenig vorschrittenen Form glaubt
Kraemer (42) bejahen zu können. Die Hauptsache bleibt immer der Nach-
weis der Heilung durch den negativen Ausfall der Tuberkulinnacfaprüfung,
die Methode der Behandlung ist an und für sich irrelevant. Ein Hauptein-
vaiid von Seiten der Chirurgen, dass eine ganze Reihe ihrer Kranken nach der
operativen oder konservativen Behandlung gesund bleibt, wird durch die Erwä-
gungen beseitigt, dass ohne Tuberkulinprüfung ein gewisses Urteil darüber nicht
abzugeben ist und dass das Zurückbleiben manifester oder besonders latenter
Herde doch häufig ist Ein Trauma kann wieder die schwersten Prosesse aus«
lösen, die chirurgisch Kranken gehen sehr häufig an Schwindsucht zugrunde.
164 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Es ist vor der Vernachlässigung latenter Tuberkuloseherde dringend z
warnen. Nach Rastration der einen Seite erkrankt die zweite in 26 ^/o, w;*
bei lege artis Nach behandelten nicht mehr vorkommen dürfte. Die lokalt
Reaktion bei der Tuberkulinin jektion weist dabei oft auf den Sitz latent ei
Herde hin. Stellen wir das Vorhandensein von Herden bei chirurgisch
behandelten Tuberkulösen fest, so schützen wir auch andere durch das Spatui22
gefährdete Menschen und wir verhindern, dass die Krankheit auf die Kinder
vererbt wird.
Hof mann (33) hat das Granulationsgewebe bei zum erstenmal be-
handelten Kranken vor und nach dem Saugen mit den bekannten App&raten
aus fistulösen fungösen Lymphomen und Knochenherden oberflächlich mit
scharfem Löffel oder Schere entfernt und untersucht. In den oberflächlichen
Granulationen dieser Fisteln finden sich nur selten Tuberkel, Riesenzellen,
sowie Verkäsung. Nach dem V« stündigen Saugen unterscheidet sich dos Ver-
hältnis von roten und weissen Blutkörperchen in den Gefässen kaum von dem
normalen Befunde, im Interstitium sind fast alle Leukozyten verschwanden,
die Gewebsmaschen erweitert und mit serösem Gerinnsel erfüllt, man glaubt
ein ganz anderes Gewebe vor sich zu haben. Das Granulationsgewebe wird
von Leukozyten freigewaschen, die sich im gewonnenen Extravasat befinden, i
Mit den Elementen des Blutes werden in allererster Beihe Bakterien mit-
genommen. Geringfügige Hämorrhagien haben keine Bedeutung. Man kajin
die obersten Schichten einer normalen Epidermis voll Leukozyten sangen.
Die Gefasswand erstarkt im Verlauf der Saugbehandlung an bindegewebigen
Elementen, die Sprossung wird günstif; beeinflusst. Man muss sich bewnsst
sein, dass sich so komplizierte Veränderungen im Blutkreislauf keineswegs
durch histologische Bilder erklären lassen.
hl Ergänzung einer früheren Arbeit (s. Jahresber. 1904. S. 78) berichten
Baumgarten und Hegler (14) jetzt über einen Versuch, bei dem Kalb I
82 ccm Immunserum subkutan injiziert bekam, dann 5 ccm einer bazilJeii-
reichen Perlsuchtemulsion, Kalb II 5 ccm Bazillenemulsion und dann 70 ccm
des Kinderimmunserums, Kalb III nur 5 ccm der Bazillenmulsion. Alle drei
Tiere hatten auf Tuberkulin nicht reagiert, das Immunserum stammte von
einem Tier, welches nach vorangegangener Impfung mit menschlichen Tuberkel-
bazillen 5 mal nacheinander mit virulentem Perlsuchtmaterial subkutan infiziert
war, ohne nennenswerte Krankheitserscheinungen dargeboten zu haben, auch
die Tuberkulinprobe war während der ganzen Beobachtung negativ. Die
Entnahme des Serums geschah zwei Monate nach der letzten Probeimpfung.
Kalb II wurde in moribundem Zustande nach 39 Tagen geschlachtet, es zeigte
tuberkulöse Knoten an der Impfstelle, Drüsentuberkulose und Miliartuberkulose
in den Lungen und Nieren ähnlich wie Kalb lU, das im abgemagerten
Zustand nach 130 Tagen geschlachtet wurde. Das am selben Tage geschlachtete
Kalb I zeigte nur in der kaum vergrösserten rechten Bugdrüse einzelne
zweifelhafte gelbliche Knötchen, sonst im ganzen Körper keine Spur von
makroskopischer Tuberkulose. Es liegt demnach der Schluss nahe genug, dass
Kalb I durch die Vorbehandlung mit dem Rinderimmunserum gegen die In-
fektion mit Perlsuchtvirus in vollständigster Weise immunisiert wurde, während
bei Kalb II die mit der Gifteinverleibung einsetzende und zwei Wochen danach
fortgesetzte Serumbehandlung ohne Erfolg bUeb. Das schliesst nicht aus, dass
nicht doch durch Verstärkung der Serumbehandlung oder schwächere Infektion
therapeutische Erfolge mit dem Serum erzielt werden können.
Waldvogeli Tuberkulose. 165
Die Behringsche Impfung entfaltet ihre Wirkung auch vom Sub*
htangewebe , Klemperer (39) hat die subkutane Zufuhr von Menschen-
bazillen zwecks nachträglicher Immunisierung perlsuchtkranker bezw. perl-
suchtinjGzierter Rinder in regelmässigen , meist 8 tägigen Intervallen mit
steigenden Dosen wiederholt. Jede stärkere Reaktion nach der Injektion der
Menschenbazillen blieb bei den perlsüchtigen Tieren aus. Dann wurden Kälber
mit Perlsnchtmaterial infiziert, das entweder direkt in Kochsalzlösung auf-
geschwemmt wurde oder nach einmaliger Passage des Meerschweinchenkörpers.
Das Menschenbazillenmaterial war aus Phthisikersputum gewonnen, das auf
Meerschweinchen übertragen wurde; jedesmal wurden die frischen Drüsen
eines neuen Meerschweinchens mit Kochsalzlösung verrieben, so dass eine
kiiftige Virulenz der Bazillen gewährleistet war. Aus diesen Versuchen ergab
sich ein dentlicher Einfluss der nachträglichen Immunisierung mit Menschen-
haziüen auf die tuberkulöse Infektion des Kalbes, doch ist dieser Einfluss
ein begrenzter, intravenöse und intraperitoneale Infektion werden in ihrem
Verlauf nicht aufgehalten, immerhin ist bei zweimaliger subkutaner Infektion
und einem Beginn der Nachbehandlung 21 Tage nach der ersten Infektion
eine Hemmnng des Krankheitsverlaufes unverkennbar. Auch beim Menschen ist
eine aktive Immunisierung nur durch lebende Bakterien zu erzielen und Verf.
hat zimächst geprüft, ob die Zufuhr abgeschwächter oder artfremder lebender
Taberkelbazillen beim Menschen ohne Gefahr möglich ist. Er injizierte sich 0,25
ccm einer Rinderbazillenaufschwemmung aus Meerschweinchendrüsen, Hess die
Schwiele exzidieren; die Untersuchung ergab gut organisiertes Granulations-
gewebe mit Riesenzellen, keine Verkäsung, keine Bazillen. Ferner wurden einem
sich zur Verfügung stellenden schwerkranken Phthisiker 14 mal Rinderbazillen
subkutan injiziert, auch hier trat keine akute Reaktion auf, Patient bekam
eine Reihe von Abszessen. Nun ging Klemperer zur subkutanen Ein-
verleibung von Rinderbazillen bei Tuberkulösen über, deren Erkrankung weniger
vorgeschritten war. In vier Fällen wurden 39 Einspritzungen gemacht, die
Noblen Beschwerden waren wenig erheblich, 4 mal entstand ein Abszess, die
Patienten berichteten über subjektive Besserung, nahmen zum Teil an Gewicht
zu. Es bleibt zu prüfen, ob der Mensch mittelst subkutan eingeführter
Rindertuberkelbazillen zu immunisieren ist. Verf. will anregen, eine grössere
kmki von Tuberkulösen in möglichst frühem Stadium auf diese Art in ge-
eigneten Instituten zu behandeln.
Allen (1) versuchte einen tieferen Einblick in den Mechanismus des
spezifischen erworbenen Widerstandes gegen menschliche Bazillen bei Kanin-
cW zu gewinnen, welche mit intravenösen Injektionen von Bazillen geringer
Virulenz vorbehandelt waren. Für die vorbehandelten Tiere ergab sich während
isx ersten 10 Tage eine durchschnittlich höhere Temperatur als bei den Kon-
trolltieren, dies ging parallel mit der anatomisch konstatierten Hyperämie in
fen Tagen, in den nächsten 10 Tagen aber war die Temperatur der Kon-
troQtiere höher. Bei den geimpften Tieren entwickelten sich weit mehr Ag-
{lutinine als bei den KontitUtieren, sie sind also ein spezifisches Reaktions*
Produkt. Ob der Agglutination auch eine wichtige Rolle im Kampf gegen
iie Infektion zukommt, ist gegenwärtig weniger sicher. Die Sedimentation
in Kochs Emulsion war ganz deutlich in den meisten geimpften Seris vom
3—30. Tage nach der virulenten Impfung, ihr Maximum von 1 : 50 in 2 Seris
erreichend und konstanter zwischen dem 5. und 12. Tage. Alle Sera waren
vor der Impfung und während der ersten 2 Tage und nach dem
166 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
30. Tage nach der Impfung. Nur 9 von 26 Kontrolltieren zeigten eine Ag-
glutination, am höchsten am 9. Tage, im Verhältnis 1 : 20. Was die Phago-
zytose anlangt, so ergab sich zwischen den geimpften und Eontrollseris vor
und nach der virulenten Infektion kein Unterschied; im allgemeinen war die
Phagozytose vollständiger, wenn das Serum die Bazillen agglutinierte. Die
intensive Reaktion der geimpften Meerschweinchen wurde nur in den Lungen
beobachtet, wo die meisten Bazillen sich aufhalten und in wenigen Fällen
folgte derselben eine solche Abnahme der Resistenz, dass statt der Resorption
sich grosse Käseherde entwickelten, stärker als bei den Kontrolltieren.
Nach W rights (85) Untersuchungen folgt der Einverleibung eines
Vaccins eine Periode der Intoxikation, die durch die Abnahme des opsonischen
Faktors des Blutes charakterisiert ist Diese negative Phase kann sich der
klinischen Beobachtung kund tun durch einen Anstieg der Temperatur und
eine Störung des Allgemeinbefindens ; der negativen Phase folgt eine positive,
angezeigt durch ein Anwachsen der antibakteriellen Kräfte des Blutes und
der vermehrten Widerstandskraft, die Kurve sinkt darauf zuerst schnell, dann
langsamer. Das Blut kann dann für eine verschieden lange Periode auf einer
etwas höheren antibakteriellen Kraft erhalten werden als sie vor der Impfung
bestand, diese Kraft kann aber, und das ist bei der Einverleibung des Tuberkel-
vaccins das Gewöhnlichste, in 10 — 14 Tagen wieder ihren alten Standpunkt
einnehmen. Durch Wiedereinimpfung in der positiven und negativen Phase ist
es unmöglich, einen stärkeren Ausschlag der positiven zu erzielen, während
man mit einer Steigerung der negativen rechnen muss. Es können maximale
Immunisierungswerte erzielt werden durch die Einverleibung von Tuberkulin-
dosen, ohne dass eine Störung des Gesamtorganismus stattfindet. Der
Immunisierungsvorgang kann durch kleine Reize in Gang gebracht werden.
Verf. hält es demnach für wichtig, mit den kleinsten eine genügende Reaktion
hervorrufenden Dosen anzufangen und sie nur zu wiederholen, wenn der Effekt
der vorhergehenden völlig verschwunden 'ist, er beginnt mit Viooo mg des
Bazillenpulvers und geht nicht über Veoo mg. Werden die Zeichen der nega-
tiven Phasen nach jeder Einimpfung ausgesprochener , so ist die Dosis über-
schritten , nehmen sie ab , so kommt man gut vorwärts. Strikt lokalisierte
Infektionen tendieren wie der Lupus nicht zur Heilung, Infektionen des ganzen
Systems enden gewöhnlich mit Tod oder in eine nicht unbegrenzt hinaus-
geschobene Heilung. Die Vermehrung der Bakterien im Organismus kommt
dadurch zustande, dass sie sich nicht in dem fliessenden Blut, welches alle
bakteriziden, agglutinierenden und antibakteriellen Elemente enthält, aufhalten,
sondern im Gewebe, wo sie diesen Einflüssen fast entzogen sind. Bei der Be-
handlung lokaler Tuberkulose ist zu berücksichtigen, dass die antituberkn-
lösen Hilfsmittel des Blutes geringer sind als im normalen, dass die immuni-
sierenden Reize fehlen, dass die Bazillen unter günstigen Bedingungen wachsen,
dass eine Vermehrung der antibakteriellen Kräfte durch Einverleibung von
Tuberkelvaccin erzielt werden kann, dass wir Mittel besitzen, den Lymph-
strom durch den Herd zu verstärken und damit mehr antibakterielle Sub-
stanzen an den Herd heran zu bringen. Betreffs der Mittel, welche diesem
letzteren Zweck dienen, bemerkt Wright, dass die Durchströmung des Herdes
in dem Fall, wo die Lymphe nur geringe antibakterielle Kraft besitzt, gefahr-
voll sein kann, man daher diese Mittel durch Autoinokulation oder künstliche
Impfung vermehren soll, dass man einen reichlichen Lymphstrom erzielen kann
mit Zitronensäure, dass m Fällen, in denen der Herd in einer Lymphdrüse
WaldTogel, Tuberkulose. 167
]ie^ auch auf das dazu gehörige Gebiet der Blntstrom gerichtet wird. Das alte
Tuberkulin kann in solchen Fällen zur Vermehrung des Lymphflusses Ver-
wendung finden ; bei eiternden Fisteln kann ein entkalkendes in einer konzen-
trierten Salz- oder Zuckerlösung gelöstes Mittel gebraucht werden, der Finsen-
behandlnng sollen Impfprozeduren vorhergehen. Von den chirurgischen Be-
handlungen soll man nur einen Transport bakterieller Elemente ins Blut er-
warten, sie öffnen die Lymphräume, oder Massage und Muskelbewegungen akti-
rieren den Lympbstrom. Die Erfolge mit Kochs Neutuberkulin bei Lupus sind
nur teilweise günstig, es ist zu wünschen, dass die Finsenbehandlung hinzu-
kommt. Gut waren die Resultate bei tuberkulöser Ulzeration des subkutanen
Gewebes selbst in Fällen, die der gewöhnlichen chirurgischen Behandlung
getrotzt hatten. Den zweitbesten Beweis für die Wirksamkeit der Vaccin-
betiandlung lieferten die Ausgänge der Drüsentuberkulose, chirurgische und
klimatische Behandlung müssen zurücktreten. Die Tuberkulose des Urogenital-
traktus liefert-e in einer Beziehung mehr, in anderer weniger überzeugende
Erfolge als die an Stellen lokalisierte, welche unserem Blick und Gefühl zugäng-
lich sind. Bei diesen günstigen Erfolgen mit Bakterienvaccinen soll der Chirurg
etwas Ton seiner Überzeugung aufgeben, dass nur Exstirpation und Anwen-
dung von Antisepticis bei lokaler Tuberkulose zum Ziele führen. Verf. gibt
dann die 7 Fälle von tuberkulöser Ulzeration des subkutanen Gewebes und der
Knochen, die mit Tuberkulin behandelt sind, darauf die 5 von Drüsentuber-
kulose und die 5 von Urogenitaltuberkulose ausführlich wieder und beantwortet
dann die Frage, ob bei Infektionen des ganzen Körpers mit Rücksicht darauf,
dass der Mechanismus der Immunisierung spontan in Bewegung gesetzt wird,
ein Vorteil von der Einverleibung bakterieller Vaccine erwartet werden kann.
Zieht sich eine fieberhafte Infektion ohne Innehaltung eines bestimmten Typus
lange Zeit hin und kommen die Bakterienvaccine bei subkutaner Einverleibung
in konzentrierter Wirkung auf das subkutane Gewebe zur Geltung, so können
wir zur Immunisierung wohl beitragen, ohne die Intoxikation von Herz und
Nerven zu vermehren. Körperliche Anstrengungen, geistige Überanstrengung,
Erregmigen führen bei lokaler fieberhafter Tuberkulose zum Übertritt von
tuberkulösen Giften ins Blut und zum Sinken des Immunitätsindex weit unter 1.
Dießettruhe und die die Gerinnung und Viskosität des Blutes erhöhende Milchdiät
wirken dem entgegen. Schneidet man aber die Zufuhr der Gifte ins Blut
ab, so steht der Immunisierungsprozess still und die dauernde Ruhe hat dann
auch noch den Nachteil, dass der Kranke bei der Rückkehr zur Beschäftigung
vieder aus seinen Geweben tuberkulöse Stofi'e aufnimmt. Bei fieberhaften
Wibisen oder anderen lokalisierten Tuberkulosen sollen wir die Infektion
zQDächst auf den Standpunkt einer reinen lokalisierten zurückbringen, dann
an die Stelle der ungleichmässigen Autoinokulation eine wirkungsvolle Im-
mnnisieniDg durch genau geregelte Impfung mit Tuberkelvaccin setzen und
vm Scbluss bei genügender Immunität die Schutzstoffe durch geregelte Be*
wegang, Beachtung des Blutdrucks, Herabsetzung der Blutkoagulabilität überall
\vm transportieren.
Das Hauptergebnis der immunisatorischen Bestrebungen gegen die Tuber-
Wose ist, dass die Immunität nicht durch Toxine, sondern durch Impfung
mit lebenden, aber abgeschwächten Bazillen erzielt wird. Die Abschwächung
Vaniv dadurch hervorgerufen sein, dass die betreffenden Bazillen, z. B. von
Kaltblütern stammend, überhaupt keine Virulenz für den zu schützenden Orga-
lüsmug besitzen oder dadurch, dass virulente Bazillen lange auf künstlichen
168 Jahresbericht für Ghirargie. I. Teil.
Nährböden gezüchtet wurden. Kaninchen und Meerschweinchen sind keine
idealen Objekte für die Immunisation. Trudeau (80) prüfte nun zunächst,
ob ein lebender Bazillus nötig sei, um den höchsten Grad der Immunität zu
erzeugen oder ob tote Bazillen gleich wirksam seien. 12 Meerschweinchen
wurden infiziert mit einem halben Milligramm lebhaft wachsender abge-
schwächter Menschenbazillen, 12 mit denselben Bazillen, nachdem sie 15 Minuten
in Dampf sterilisiert waren; nach einem Monat bekamen die Meerschwein-
chen dieselben abgeschwächten Kulturen in der Dosis von 1 mg intraperitoneal.
Nach einem weiteren Monat wurde 1 mg virulenter menschlicher Tuberkel-
bazillen den Meerschweinchen in die Leistenbeuge injiziert zugleich mit acht
nicht vorbehandelten Kontrolltieren. Das letzte der Kontrolltiere starb nach
20 Tagen, zu dieser Zeit waren erst 4 von den mit toten Bazillen geimpften
eingegangen, während die mit lebenden vorbehandelten alle lebten. Zur selben
Zeit, als das letzte der Kontrolltiere starb, wurde je eins der beiden Versuchs-
reihen getötet, es bestanden bei den Kontrolltieren und den mit toten Bazillen
vorbehandelten verkäste Lymphknoten, grosse Käseherde in Milz, Leber und
Lungen; in den Organen der mit lebenden Bazillen vorbehandelten Tiere ist
mit blossem Auge nichts von Verkäsung zu sehen. Die durchschnittliche
Lebensdauer der Kontrolltiere betrug 70 ^/a Tage, die der mit toten Bazillen
vorbehandelten 99, die der mit lebenden geimpften 155; ein gewisser Eintiuss
der Impfung mit toten Bazillen ist also auch erkennbar. Tötete Verf. die
Bazillen nicht durch Hitze, sondern durch Sonnenlicht, so war in letzterem
Fall der Schutz weniger ausgesprochen. In der zweiten Versuchsreihe wollte
Verf. bestimmen, ob ein Unterschied in der Schutzwirkung besteht bei Ver-
wendung abgeschwächter Menschenbazillen und der von Kaltblütern, ferner
ob der Grad der Abschwächung , der durch prolongiertes Wachstum erzielt
wird, parallel geht mit der Schutzwirkung. Je 12 Meerschweinchen wurden
vorbehandelt, 1. mit etwa 15 Jahre auf Nährböden weitergezüchteten Bazillen,
2. mit über 20 Jahre kultivierten, 3. mit Frosch-, 4. mit Blindschleichenbazillen,
nur die Tiere der 1. Serie reagierten auf Tuberkulin in einer einen leichten
tuberkulösen Prozess anzeigenden Weise. Nach 33 Tagen erhielten alle Tiere
Vio mg virulenter Menschenbazillenkultur subkutan, 44 Tage nach dieser letzten
Impfung wurden alle getötet. Trudeau kommt zu folgenden Resultaten.
Tote Bazillen vermehren in ganz geringem Grade den Widerstand gegen eine
folgende Impfung, lebende abgeschwächte verursachen einen stärkeren Grad
von Immunität als dieselben, durch Hitze getötet. Der Grad der Abschwächung
zeigt bestimmte Beziehungen zu dem Schutz, welcher beim Meerschweinchen
gegen Infektion mit virulenten Menschenbazillen erzielt wird. Eine Kultur,
welche noch in geringem Grade Zellen zerstört und sich zu den benachbarten
Lymphdrüsen ausbreitet, schützt mehr als eine, welche kaum lokale Verände-
rungen erzeugt. Kaltblüterbazillen, welche nur bei Zimmertemperatur wachsen,
erzeugen keine bemerkbare Immunität. Der Grund dafür, dass durch Hitze
abgetötete Bazillen weniger Schutz erzielen als dieselben Bazillen nicht er-
hitzt, liegt nicht in chemischen Veränderungen, die durch die Hitze bewirkt
sind. Toxinimmunität oder die durch tote Keime erzielte ist nie so intensiv
und lang dauernd als die durch das lebende Virus erzeugte. Der Grad der
Abschwächung beeinflusst den Grad der Immunität.
Der Koch sehe Tuberkel bazillus unterliegt nach Ferran (26) grossen
Schwankungen auch in seinen konstantesten Eigenschaften, diese Variabilität
gehorcht aber bestimmten Gesetzen, wir müssen ihn trotzdem als um-
Waldvogel, Taberknlose. 169
schriebene Art auffassen, er ist kein Saprophyt und kann sich in der Aussen-^
weit nicht vermehren; er ist obligater Parasit, so dass schon aus diesem
Grund Zweifel daran, dass er der Erreger einer so verbreiteten Krankheit ist,
gestattet sind. Wenn Gewebe, Flüssigkeiten ohne den K ochschen Bazillus
bei Überimpfung übertragbare Tuberkulose erzeugen, so muss man zugeben,
dass dieses säurefeste Bakterium noch andere uns unbekannte biologische
Phasen durchmacht. Die Genese der spontanen Tuberkulose des Menschen ist
Modifikationen unterworfen, welche unter dem Einfluss des Milieus der
Chemismus anderer nicht säurefester Bazillen mit saprophytischen Eigenschaften
herrorbringen kann. Diese Bazillen erwerben, wenn sie in einem Organismus,
den sie passend verändert haben, ein Parasitendasein führen, die Eigenschaften
des säurebeständigen K ochschen Bacillus. Man hat säurebeständige Bazillen
in den Dejektionen von Typhuskranken gefunden. Die Wi dal sehe Reaktion
war bei einigen Kranken mit galoppierender Phthise positiv; die zufällige
od^r experimentelle Übertragung Koch scher Bazillen auf die Haut erzeugt
niemals ganz akute Tuberkulosen wie die spontan auftretende; so ist die aus-
^hliessliche ätiologische Stellung des säurebeständigen Kochschen Bazillus
hei der Genese der Tuberkulose stark erschüttert; dazu sind die Eigenschaften
demselben ausserordentlich wandelbar. Der Koch sehe Bazillus behält die
Eigenschaft Tuberkulose zu erzeugen, wenn auch in abgeschwächtem Masse,
wenn ihm alle seine spezifischen Charaktere wie das Wachsen in Haufen, die
Farbenreaktion, die Produktion aromatischer Substanzen genommen sind; durch
Kultor in einer Bouillon, die Meerschweinchenblut enthält, kann man die Viru-
lenz dieser Bazillen erhöhen, spritzt man sie intravenös ein, so dass der Tod
erfolgt, ehe die Bakterien von Phagozyten aufgenommen werden, so kann man
ans den Geweben eine virulente Art gewinnen, die in den Kochschen Bazillus
Terwandelt ist. Erzeugt man Tuberkulose mit Geweben oder Flüssigkeiten,
in denen Koch sehe Bazillen nicht zu finden, sind, so existiert eben ein
Tuberkel erzeugender Bazillus, der noch nicht säurebeständig, aber mit dem
Kochschen Bazillus verwandt ist. Solche Tuberkulose mit solchen Bazillen
ist bei Tieren häufiger als beim Menschen. Diese Verwandlung der saprophy-
tischen wenig tuberkulogenen Arten in säurebeständige tuberkulogene hängt
mit der Zunahme von Fettsubstanzen zusammen, wenn man sie zwingt Eiter
zu produzieren; auch durch Serum von mit Kochschen Bazillen überimmuni-
sierten Pferden behandelten Meerschweinchen wird die Entwickelung dieser Bak-
terien zum säarebeständigen Typus begünstigt. In spontan tuberkulösen Orga-
nismen besteht neben dem tuberkulogenen, säurebeständigen ein anderes ebenso
tuberknlogenes, aber nicht säurebeständiges Bakterium, das in den Kochschen
Bacillus verwandelt werden kann. Infiziert man statt mit Reinkultur mit
Käse ans einem Lymphknoten eine Reihe von Meerschweinchen , so sterben
die Tiere nach langer Zeit und die Bauchorgane sind in Tuberkelhaufen ver-
ifaudelt, 80 dass das Tier am Mangel der Bauchorgane stirbt, das Virus
steigert sich nicht, der Bazillus kann nicht wieder saprophytisch werden, er ist
am Ende seiner bakteriellen Entwickelung. Die menschliche Tuberkulose endet
ganz anders, oft vor der Entwickelung von Tuberkeln, eine interstitielle Ent-
^iimg herrscht vor, Kachexie und Fieber sind ausgesprochener. Impft man
Meerschweinchen mit tuberkulogenen, nicht säurebeständigen virulenten Bazillen,
^ ist das Bild beschränkt auf Fieber, Kachexie, interstitielle Entzündung ;
<lerTod tritt so schnell ein, dass sich keine Tuberkel entwickeln können.
^"^ gibt Übergänge zwischen diesen beiden extremen Arten , manche nicht
170 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
säurebeständige behalten ihre tuberkulogene Virulenz und produzieren keine
säurebeständigen. Bis die tuberkulogenen nicht säurebeständigen Bakterien
den höchsten Grad der Anpassung an die Zellen des höheren Organismus
gewonnen haben, sind sie züchtbar und können ein Leben wie vulgäre Sapro-
pbyten führen. Gelingt es sie aus Sputum oder tuberkulösen Geweben zu isolieren,
so lassen sie sich durch Serum der Tuberkulösen, von denen sie stammen,
agglutinieren, sie spielen die Rolle, die man jetzt dem K ochschen Bazillus
zuerteilt. Sehr zahlreiche Versuche haben den Verf. belehrt , dass weder Milch
noch Serum überimmunisierter Tiere die Wirkung einer Impfung mit dem
tuberkulösen Virus aufhalten kann ; die löslichen Toxine erzeugen Entzündung,
Fieber, Kachexie, die festen Toxine den Tuberkel, gegen die löslichen Toxine
kann man eine Immunität nur erzielen mit dem Filtrat sehr virulenter Kulturen
von Arten, die nicht säurebeständig sind, aber stark phthisiogen, während die
fixen Toxine nicht gegen ihre eigenen Wirkungen immunisieren. Der Tuberkel ist
nur das Caput mortuum eines spezifischen infektiösen Prozesses, wie der Sequester
bei einer Knochenentzündung, in leichten Fällen entsteht kein Tuberkel, sie
entgehen dem Kliniker und erzeugen die spontane Immunisierung; Verf. im-
munisiert gegen die der Tuberkelbildung vorausgehenden Prozesse. Immunisiert
man Meerschweinchen, indem man ihnen 2— 3 mal tote Kulturen des tuber-
kulogenen Saprophyten einspritzt, und setzt sie der Spontaninfektion aus zu-
gleich mit anderen nicht vorbehandelten, so sterben letztere tuberkulös, indem
sie das mit ihren Dejektionen verunreinigte Wasser trinken oder Nahrung ge-
messen, die mit einer Kultur dieser Saprophyten vermischt ist, die immuni-
sierten bleiben gesund. Aus Experimenten folgt, dass die Nachkommen tuber-
kulöser Eltern eine leichte Immunität besitzen, welches das Auftreten der ersten
lokalen Manifestationen verzögert.
Petruschky (60) bespricht zunächst die diagnostische Verwendung
der Koch sehen Tuberkulinpräparate, von denen das Neutuberkulin fast nur
zu therapeutischen Zwecken gebraucht wird ; er kommt zu dem Schluss, dass
das Auftreten des Symptomenkomplexes der toxischen Wirkung (Entzündungs-
erscheinungen, Steigen der Körpertemperatur, Reaktionen der Erkrankungs-
herde, Störung des Allgemeinbefindens) nach Einspritzung einer unter 10 mg
liegenden Dosis des alten Tuberkulins mit wissenschaftlicher Sicherheit das
Vorhandensein eines Tuberkuloseherdes im Körper beweist, man soll sich nicht
mit einer einzigen Injektion begnügen, bei Personen mit gestreckter Kurve kann
die Prüfung ohne Gefahr ambulatorisch vorgenommen werden. Petruschky s
Ansichten über die Pathogenese der Tuberkulose sind kurz folgende: Sie
wird relativ früh erworben, meist im Kindesalter, nur ausnahmsweise vererbt,
die Übertragung geschieht durch Einatmung und Kontakt, die gewöhnlichen
Eintrittspforten sind die oberen Luftwege, Nasenrachenraum, Mandeln^ der
erste Teil des Bronchialbaumes, seltener der Magendarmkanal. Lymphknoten
sind regelmässig die erste Ansiedelungsstelle der Bazillen, es besteht ein langes
Inkubationsstadium. Verf. unterscheidet das Primärstadium der Lymphknoten-
infektion, das Sekundärstadium der Metastasenbildung, das Tertiärstadium des
Gewebszerfalls, im letzten wird die Tuberkulose eine ofl'ene. Die bisher als
disponiert angesehenen Menschen sind bereits infiziert, wie die Prüfung mit
Tuberkulin sicher stellt. Die Nachkommen Tuberkulöser scheinen nach neueren
Statistiken eher eine zähere Widerstandsfähigkeit gegen Tuberkulose zu
besitzen als andere Menschen. Eine Mobilisierung der Tuberkelbazillen durch
Tuberkulin ist niemals zu fürchten. Die allgemeine Durchführung der vor-
Waldvogel, Taberkalose. 171
hei2g€iideii Behandlung des Primärstadiums mit Tuberkulin wäre der gegen-
wärtig einzig mögliche Weg zur Ausrottung der Tuberkulose. Oft können
Fälle mit erheblicher doppelseitiger Tuberkulose unter Tuberkulin über Er-
warten gut heilen, während Fälle mit geringeren klinischen Krankheitszeichen
nicht recht Torwarts kommen und schliesslich sekundären Infektionen erliegen.
Noch geeignet sind offene Tuberkulosen bei gutem Allgemeinzustand ohne
Fieber. Mit einer einzigen Kur kann eine völlige Ausheilung nicht erzielt
werden, es empfiehlt sich nach 8 — 10 wöchentlicher Behandlung eine ebenso
Linge Pause eintreten zu lassen und dann die Kur zu wiederholen. Verf.
gebt dann genauer auf die Technik der Tuberkulinbehandlung ein, die thera-
pfutische Dosenfolge wird an der Hand von Beispielen erläutert. Nur der
Verlust der Reaktionsfähigkeit auf Tuberkulin und das dauernde Verschwinden
des Bazillenauswurfes sind sicherste Kennzeichen der Heilung. Die Nach-
prüfung ist zwei bis drei Monate nach Abschluss einer Kuretappe mit etwas
höheren Dosen von altem Tuberkulin vorzunehmen als bei der Vorprüfung.
Nach zweimaligem negativem Ausfall der Prüfung kahn Patient mit grosser
Wahrscheinlichkeit als geheilt angesehen werden. Petruschky setzt dann
sein System der Tuberkulinkur auseinander. Die Behandlung ist seit 1893
völlig abgeschlossen bei 92 Fällen,, von den 38 offenen Tuberkulosen starben
«5(»''o, sind geheilt 40, von den 54 geschlossenen starb keiner, 100 ^'o heilten.
Die Tuberkulintherapie ist aus dem Versuchsstadium heraus. Statt der in
langer Zeit sich yerwirklichenden Hoffnungen Behrings will Petruschky
durch die Tat gezeigt haben, dass der gegenwärtigen Generation, auch wenn
Tiie bereits infiziert ist, durch die K ochschen Tuberkulinpräparate geholfen
werden kann.
Koch suchte bei der Verwendung seiner neuesten Tuberkulinpräparate
den Versuchstieren durch Behandlung mit Bakterienkulturen Immunstoffe zu
Terschaffen und glaubte, dass man das Agglutinationsvermögen als einen Wert-
messer für den erzielten Grad der Immunität betrachten kann. Dass dieser
Zusammenhang bestand, schliesst Koch aus dem klinischen Verhalten seiner
Patienten, deren Befinden mit dem Eintritt der agglutinierenden Eigenschaften
mh. besserte, ohne Bücksicht auf anatomische Untersuchungen Virchows,
die auch heute noch zu Recht bestehen. Jürgens (37) hat nun Meer-
&ch weinchen nach den von Koch gegebenen Vorschriften mit Tuberkulin
behandelt und den Effekt dieser Behandlung auf die Agglutinationsfähigkeit
des Blutserums dann mit dem anatomisch nachweisbaren Resultat der künst*
liehen Infektion mit Tuberkelbazillen verglichen. Diese Untersuchungen
bben ergeben, dass bei sämtlichen gesunden und tuberkulös erkrankten Ver-
suchstieren durch Einspritzungen mit Neutuberkulin das Blutserum in hohen
Verdünnangen die Fähigkeit erlangt Tuberkel bazillen zu agglutinieren, dass
aber trotzdem in keinem einzigen Falle eine Immunität gegen Tuberkulose
zustande gekommen ist; es traten wohl erhebliche Veränderungen der experi-
mentellen Tuberkulose auf, aber keine Heilung, kein Stillstand. Die Aggluti-
ninbildung ist also lediglich abhängig von dem injizierten Präparat, nicht
aber von den gebildeten Schutzstoffen. Wie bei diesen Tierversuchen war das
Resultat der Tuberkulinbehandlung auch bei Phthisikem, auch in den günstigsten
Fällen konnte kein anderer Erfolg erzielt werden, als er auch ohne Tuber-
kulin erwartet werden durfte, gewöhnlich behielt die Tuberkulose ihren pro-
^essiven Charakter bei, trotzdem fast stets eine Steigerung des Agglutinations-
vennögens möglich war. Die Agglutininbildung steht also überhaupt in keiner
172 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
nachgewiesenen Beziehung zur Immunität, sondern ist lediglich eine A
auf die Tuberkulinvergiftung. Aber auch im Blute nicht mit Tub<
behandelter Patienten finden sich manchmal ziemlich hohe Agslutim
werte unabhängig von dem anatomisch nachweisbaren Krankheitsprozes
sind abhängig von der Resorption der Bakteriengifte wie bei den mit Tube
Behandelten von diesem. Bei Gesunden und leicht Kranken lässt sie
Agglutinationsvermögen höher treiben als bei Phthisikern, wo die Anwei
grösserer Tuberkulindosen wegen der bedenklichen Reaktionen überha^upt
ausführbar ist. Da die Bakterienprodukte beim Phthisiker nicht in
massiger Weise ins Blut gelangen, so gibt es keine typische Agglutinai
kurve wie bei anderen Infektionen. Bei einer leichten tuberkulösen Lui
Spitzenerkrankung mit Ausgang in Heilung kann deshalb dauernd die Ag^
nationsreaktion fehlen, bei einer progressen Phthise kann sie hoch
Ist sie es nicht immer, so ist zu bedenken, dass die klinischen Erst
nungen der Lungenphthise nicht allein durch tuberkulöse Prozesse bec
sind. Die durch Bakteriengifte erzeugten Antikörper stehen zu irgend weh
Schutzkörpem in keiner nachweisbaren Beziehung. Die Vorstellungen i
die heilende Wirkung des Tuberkulins sind also durch ätiologische Vn
suchungen ebenso wenig begründet wie die Annahme einer Heilwirkung du
klinisch-anatomische Erfahrung gestützt werden kann.
Freymuth (28) gibt das Tuberkulin per os und zwar so, dass morg
nüchtern zuerst eine Messerspitze Natr. bicarb., 10 Minuten später das Tul;
kulin in keratinisierten Pillen, nach 1 Stunde das erste Frühstück verabrei<
wird. Von 17 Fällen mit Bazillenausscheidung reagierten mit ansehnlich
Temperaturanstieg 5, das Reaktionsgefühl war schwächer als bei der lDJekti(
die Latenzzeit betrug einige Stunden, der Temperaturgipfel war steil, ho(
In 5 weiteren Fällen war der Einfluss auf die Temperatur geringer, in 7 fehl
er, mehrmals wurden lokale Reaktionen beobachtet und die Empfindlichkc
wurde nach der ersten Dosis grösser. Auch unter den geschlossenen Tube
kulosen reagierten 65 7o auf Tuberkulin per os. Die untere wirksame Dos
betrug 5 — 10 mg, die höchste 100. Es bestehen Relationen zwischen d(
Empfindlichkeit ein und desselben Individuums gegen die Einwirkung vo
Tuberkulin per os und per injectionem. Auch protrahierte Reaktionen kamei
vor, die Methode ist also ebenfalls nicht absolut harmlos. Eine Wirkung de
Tuberkulins per os ist sicher, sie ist viel unsicherer und schwächer als be
der subkutanen Injektion. Intern reagierende Patienten sind meist hocl
empfindlich. Verf. hofft, dass nach diesen Ergebnissen die probatorische Tuber
kulinanwendung insbesondere für die ambulante Praxis an Yerwertbarkeit ge-
winnt, ob auf diesem Wege therapeutische £rfoIge zu erzielen sind, ist noch
nicht zu beurteilen.
H o 1 d h e i m (34) ist auch bei ambulatorischer Anwendung von der ab-
soluten Unschädlichkeit des Alttuberkulins in jedem Falle bei richtiger Ver-
wendung überzeugt und kann nicht von einem einzigen Fall berichten, in welchem
es ihn im Stich gelassen hat. Bei der einzig sicheren probatorischen Tuber-
kulinimpfung spritzt er als erste Dosis 0,5 mg, bei fehlender Reaktion nach
9 Tagen 1 mg, die weitere Dosenfolge ist 3 mg, 5 mg und bei nun noch aus-
bleibender Reaktion 10. War der Kräftezustand nicht befriedigend, bestand
Fieber, so wurde Heilstättenbehandlung vorausgeschickt. Der Patient kann
trotz der Einspritzung seinen Berufspflichten nachgehen ; er nimmt die zwei-
stündlichen Temperaturmessungen vor. Gespritzt wird zweimal pro Woche, in
Waldvogel, Taberkulose. 173
F liVn ohne probatorische Vorimpfung sind die Dosen 0,0025 mg, 0,005, 0,01,
OjxS. OJ, 0,2, 0,3 mg usw. Die Behandlung wird bis 100 mg ey. bis 500 mg
ic 4—5 Monaten fortgeführt. Die Lösungen werden von der Apotheke in
sterilisierten Glasröhrchen bezogen. Zur Feststellung der Dauerheilung wurde
nach 3 — 4 Monaten eine Nachprüfung mit Tuberkulin angestellt, die ev. nach
rinem weiteren halben Jahr wiederholt wurde. Von den 20 bisher ambula-
htorisch behandelten Patienten unterbrachen 5 die Kur, von den 15 übrigen
hätten 9 bei Beginn der Kur massenhaft Bazillen im Sputum, die anderen
reagierten auf Tuberkulin. Die Bazillen verschwanden, 5 Kranke haben auf
zweimalige in Zwischenräume von 4 Monaten angestellte Probeimpfungen nicht
mehr reagiert, bei einem ist die Zeit nach der Kur zu kurz.
Lawson und Stewart (48) haben bei Lungentuberkulosen ohne Fieber,
miher in Sanatorium- und klimatischer Behandlung tägliche Blutuntersuchungen
aos^stellt und zwar kurz vor dem Beginn der Tuberkulininjektionskur und
täglich nach derselben und wollen in dieser vorläufigen Mitteilung einige Fragen
beantworten. "Während bei normalen Menschen der opsonische Index 0,9 bis
1.2 beträgt, ist er bei solchen, welche nach allen Untersuchungsmethoden ge-
sund zu sein scheinen, aber früher nachweislich an tuberkulöser Lungenerkran-
kung gehtten hatten, in 16 von 30 untersuchten Fällen entweder unter 0,9
iJer über 1,2, in Fällen von unzweifelhafter, nicht akuter Lungentuberkulose
ist er durchgehends niedrig; das kann für die Diagnose verwertet werden.
Spritzt man gesunden und kranken Menschen Tuberkulin ein, so folgt bei
Taberbilösen die sogenannte negative Phase Wrights, die Schutzkraft sinkt^
vährend sie bei normalen sofort zu hohen Werten ansteigt. Die Temperatur-
terhältnisse nach der Tuberkulininjektion geben über die Anwesenheit von
Taberkalose keine Auskunft, in über 50 ^'o der Fälle, die eine negative Phase
zeigten, machte sich die Reaktion nicht in einer Temperatursteigerung be-
merkbar. Aus diesen Befunden werden folgende Schlüsse für die Praxis der
LuDgentnberkuIosebehandlung gezogen. Die Wiederholung der Tuberkulin-
injektion muss Hand in Hand gehen mit der Blutuntersuchung und darf nicht
stattfinden, wenn der opsonische Index ein Überwiegen toxischer Produkte
anzeigt; ein Zwischenraum von 14 Tagen setzt die Gefahr, dass wir die Ver-
giftung des Organismus steigern, sehr herab. Erreicht man von Zeit zu Zeit
trio starkes Ansteigen des opsonischen Index, so beweist das nicht notwendig,
dass Besserung eintritt. Die Injektionen in Fällen von miliarer Tuberkulose
leisteten nichts Gutes. Wurden Patienten, weiche nach langer Sanatorium-
und Heilstättenbehandlung einen niedrigen opsonischen Index aufwiesen , so
loit Tuberkulin behandelt , dass die negative Phase vermieden wurde , so er-
&aimte man im Tuberkulin einen wichtigen Heilfaktor; es kommt nicht darauf
an einen hohen opsonischen Index zu erzielen, sondern einen normalen. Wie
lange der durch Tuberkulininjektionen geschaffene Schutz anhält, ist noch
liicht anzugeben.
Sciallero (71) hat aus den Tuberkelbazillen eine fettige Substanz ex-
trahiert, der sie ihre charakteristische Färbung verdanken; von diesem Pro-
dukt injizierte er je 2 ccm bei 2 Meerschweinchen, sie erlagen einer Vergif-
tung olme Mikroorganismen. Injizierte er nur 1 ccm und zugleich V& einer töd-
lichen Dosis von Tuberkulin oder gewaschenen und getrockneten Bazillen, so
übte das Extrakt eine kumulative Wirkung aus, die Tiere starben am folgen-
fcnTs^. Diese Wirkung blieb bei Giften wie Strychnin aus. Immunisie-
ningsfersache zeigten, dass man bis auf 7 — 11 ccm in die Höhe gehen kann^
174 Jahresbericht f&r Chirargie. I. Teil.
die agglutinierende Kraft des Blutes stieg während der Immunisiei'uii.
1 : 3 auf 1 : 40 oder 1 : 60. Solche Meerschweinchen konnten grosse AI
lebender Bazillen ertragen, es entstand eine lokale Reaktion, voriibers
des Fieber und leichter Gewichtsverlust, die Bazillen waren nicht ixis Gi
gedrungen. Während der Behandlungsperiode nahmen die Tiere st^Lirk a.
wicht zu.
Obwohl eine doppelte oder dreifache Zeit nötig wäre, damit die ü
täte vollen Wert haben, hat Stephanie (77) doch seine Erfahnxng'e/i
dem Marmorekschen Antituberkuloseserum an sieben Kranken, ^veelch«
13 Injektionen und 685 ccm des Serums behandelt wurden, mitgeteilt , d^
die Beobachtungen anderer bestätigen. Die hypodermatische Injektion
Rücken verläuft mit geringerer Lokalreaktion, die grosse Yerschiedenbei/
individuellen Reaktion zwang oft vom vorgeschriebenen Schema abzuweic
bei massiger Reaktion wurden täglich während drei Wochen 5 ccm eingespi
mit nachfolgender Ruhepause von drei Wochen. Die meisten Kranken blei
nur eine Stunde nach der Injektion im Bett. Lokal entsteht ein Eryth
bald verschwindend, die Fieberreaktion kann ganz ausbleiben, nur bei eii
Kranken wurden 38,5 bis 39,2^ erreicht; eine Hämoptoe trat einmal a
Zusammenhang mit den Injektionen auf, bei schneller Resorption entstel
Übelsein, Zyanose, leichte Bewusstseinstr Übung, Schmerzen, man soll d£
mit feiner Nadel langsam einspritzen. Eine während der Behandlung e
tretende Gewichtsabnahme weicht schnell, bald nach der Applikation wurc
Rasselgeräusche hörbarer, Sputum reichlicher. Eine Vergrösserung der Hen
eine Verschlimmerung des Zustandes ist nie eingetreten. Die behandelt
Fälle werden mitgeteilt. In drei war das Resultat überraschend, auch bei extr
pulmonalen tuberkulösen Lokalisationen kann das Serum sehr gutes leiste
vielleicht ist die Wirkung an eine bestimmte Entwickelungsphase des Tuberkti
bazillus gebunden.
Seit einem Jahr hat Stephanyim Sanatorium von Montana therapeutiscli
Versuche mit dem Marmorekschen Antituberkuloseserum bei Kranken az^g^
stellt, die der Höhenkur nicht zugänglich waren und bei denen schwere Forme;
vorlagen, es waren 17 Fälle mit 295 Injektionen von 1290 ccm Serum. Dei
besten Wegweiser für die Wiederholungen der Injektion lieferte die Temperatur
es wurde kein Schema befolgt. Die Zeit ist zu kurz, als dass ein Urteil übej
Dauerheilung abgegeben werden kann, als Belege für nur dem Serum zuzu-
schreibende wesentliche Besserung werden zwei Beispiele angeführt. Naci
gleichen Beobachtungen anderer Autoren erzeugt das M arm oreksche Serum
bei schweren Tuberkulosen unzweifelhafte Heilung in 50 ^/o, in 50 ist kein
Einfluss, wederein guter noch ein' schlechter, festzustellen. Verf. hat oft das
Serum auf bestimmte Symptome einwirken sehen, frische Lungenherde gingeo
zurück, Reibegeräusche verschwanden, eine hartnäckige Fieberkurve fiel, Knochen-
herde vernarbten, besonders schwand der Schmerz. In manchen Fällen wurde
das Fortschreiten einer schweren Tuberkulose aufgehalten und das sonst ver-
lorene Leben erhalten. In 3 von 5 Fällen werden lokale Symptome behoben^
in 5 von 7 das Leben erhalten. Verschlimmerung, grössere Ausbreitung ist
trotz Hyperämie der Krankheitsherde nie eingetreten, das Serum ist in allen
Stadien verwendbar, die 3 Knochentuberkulosen wurden am besten beeinflusst,
bei geschlossenen Tuberkulosen ist die Wirkung des Serums gross, auch in
den Fällen mit Höhienbildung war der Effekt ein gleicher, die Misserfolge
Waldvogel, Tuberkulose. 175
traten hervor bei bindegewebiger Infiltration oder käsig-bindegewebiger, bei
bn>n€hitischen und hepatisierenden Formen. Verf. setzt die Versuche fort.
Bassano (12) behandelte in 16 Monaten 5 Fälle von Tuberkulose mit
2Ü(K) ccm antituberkulösen Serums von Marmorek, er gibt die Kranken-
geschichteu ausführlich und ist durch diese geringe Erfahrung so ermutigt,
däss er ausgedehntere Versuche machen und andere dazu veranlassen möchte.
Das best« Resultat gibt das Serum bei chirurgischer Tuberkulose. Das Serum
richtet keinen Schaden an, die geringen, in 3 Fällen völlig fehlenden, leichten
Krankheitserscheinungen, Urticaria, Schmerzen an der Injektionsstelle, leichtes
allgemeines Unbehagen, hängen mit der Einführung des Pferdeserums zu-
sammen und schwinden schnell. Fieber und Schmerzen verschwinden, ersteres
Dach einem geringen Anstieg, letztere auch bei Peritonitis und Koxitis. Die Menge
des Sputums nimmt nach einer anfänglichen Vermehrung ebenfalls ab, das
Gewicht nimmt zu, das Allgemeinbefinden bessert sich. Verf. hielt sich nicht
immer streng an die Vorschriften Marmoreks, der einen um den anderen
Tag 8 ccm injiziert 3 Wochen lang, dann 3 Wochen pausiert und wieder
3 Wochen einspritzt; er hat mit gutem Resultat einmal in 12 Tagen 60 ccm
tinverleibt. Der Ort der Injektion sei die Bauch wand, man wechsle häufig,
•lie Nadel wurde tief eingeführt. Während der Serumkur wurden nur den
Stuhl regelnde Medikamente gegeben. Im ersten Fall bestand Lungen- und
Peritonealtuberkulose, die Prognose erschien absolut hoffnungslos. Das Peri-
toneum wurde eröffnet, mit zeitweisem Erfolg, dann brachten die Injektionen
Völliges Freisein von irgend einer Form der Tuberkulose. Im zweiten Fall
7aren linker Hoden und Nebenhoden wegen Tuberkulose exstirpiert, es ent-
wickelte sich dann Tuberkulose des rechten Nebenhodens, es entstand eine Fistel.
Nach den Seruminjektionen schien die Heilung vollständig zu sein. Der dritte
Patient ist noch in Behandlung, er litt an einer fistulösen Nebenhodentuber-
kulose, die nach Seruminjektionen geheilt ist, an einer Thoraxfistel, welche
sich schloss, und an einer Koxitis, die soweit gebessert ist, dass er kurze
Strecken mit dem Stock geht. Beim vierten mit Marmoreks Serum be-
handelten Kranken bestand ein tuberkulöser Abszess, der Sack wurde
exstirpiert, es blieben Fisteln, diese wurden gespalten, da sie sich nicht schlössen,
die Injektionen hoben das Körpergewicht und Allgemeingefühl, die Wunden
heilten schnell. Über den fünften Fall mit Lungentuberkulose kann ein definitives
Urteil noch nicht abgegeben werden, das Gewicht hob sich, Husten und Aus-
mrf nahmen ab.
Lew in (54) hat im Laboratorium Marmoreks Tierversuche ausgeführt,
welche zeigen, dass Marmoreks Serum einen günstigen Einfluss auf die
Heilung von tuberkulösen Wunden ausübt. Nach drei Wochen hatten die
KoDtroIltiere vollkommen ausgebildete Tuberkulose, während bei den mit Serum
behandelten Tieren jegliches Anzeichen von lokaler oder generalisierter Tuber-
kulose fehlte. Lewin hat die verschiedenen Ärzte, welche das Serum ver-
wandten, aufgesucht, das klinisch verwendbare Material war recht gross, es
lagen Geschichten von gegen 400 Fällen vor, V« waren Lungentuberkulosen,
TOD ihnen war in ungefähr 100 eine solche Besserung eingetreten, dass man
versacht wäre sie als geheilt zu betrachten. Von 21 Fällen von Meningitis
waren zwei geheilt. Von 100 Fällen chirurgischer Tuberkulose war in 80 7o
eine entschiedene Besserung oder Heilung eingetreten. Klinische Unter-
SQchnngen und Tierexperimente haben dem Verf. ergeben, dass Marmoreks
Senun Gr^enstand einer eingehenden klinischen Prüfung werden müsse.
176 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
Laffont (45) hat ein künstliches, hypertonisches, die Phagozyten
tigendes Serum konstruiert, das im ccm 0,5 g Dimethyl-Brucin oder Stry<
enthält, es ruft subkutan starken Fettansatz und Leukozytose hervoi*.
Einverleibung von reinen Bazillen lebten die mit diesem Serum belia.nd
Meerschweinchen 3 mal länger als die nicht behandelten. Bis zum End^i
Jahres 1904 sind 134 Tuberkulöse mit dem Serum behandelt, fast a.11
3. Stadium, unter ihnen 32 im kachektischen, gestorben sind 21, die
vornherein kachektisch waren, 6 Todesfälle sind der Torheit der ]Pa,tie
zuzurechnen. Von den übrigen sind 41 noch in Beobachtung, alle befii
sich wohl, führen ein hygienisches Leben, ihre Lungenveränderungen sind i
den Einspritzungen des Cytophilins fibrös geworden , sie husten nicht ,
fieberfrei. Da aber auch die Kontrolltiere die Injektion lange überie6
wartete Verf. mit der Behandlung bis zur Abmagerung und I>rüj
Schwellung und nahm als Kontrolltier das Tier, dessen Infektion am wenigs
vorgeschritten war. Er hat dann ein Tuberkulin hergestellt, indem er
Gewebe von Tieren, welche deutlich und schwer infiziert und dann durch *
Serum des Verfs. gekräftigt waren, bei der Temperatur des Blasenaufsteig
in geeigneter Weise auszog und ein zweites bei noch nicht 70*^. Die i
diesem Tuberkulin vorbehandelten und dann infizierten Tiere sind die am erst
und schwersten erkrankten. Mit diesem Tuberkulin und gleichen Meng
Cytophilins nach der Infektion behandelte Tiere blieben unbegrenzt lange i
Leben, hiervon wurde das neue Tuberkulin gewonnen. Von 47 mit die^^
Tuberkulin behandelten schwerkranken Phthisikern starben 2, von den ander«
haben die meisten die Gesundheit wieder erlangt. Es wird ein Fall mitg
teilt, bei dem die Injektionen von Cytophilin und Tuberkulin die schwere
Lungenerscheinungen, den Diabetes und eine Meningitis heilten. Mit da
Tuberkulin Nr. 2 lassen sich Tiere am Leben erhalten, selbst wenn sie schwc
infiziert waren und die Behandlung erst 30 Tage nach der Impfung begani
Tiere, denen eine Emulsion hypertrophischer Drüsen von Tieren beigebracfa
war, welche mit einer Mischung von Tuberkulin 1 und von Cytophilin b£
handelt waren, zeigten eine sehr langsam verlaufende Tuberkulose.
Die Serumtherapie der Tuberkulose hat ihr letztes Wort noch nich
gesprochen, die auf sie gesetzten Hoffnungen sind nur relativ erfüllt, die durclj
Tuberkuline erzeugte Immunität ist dauernder als die durch Serotherapie. .Untei
Tuberkulintherapie fasst Bäraneck (18) die prophylaktischen und Heil-
impfuDgen zusammen, erzielt entweder mit lebenden oder toten Bazillen selbst
oder mit aus den Bazillenkörpem gewonnenen Extrakten oder mit löslichen
Produkten, welche von den Bazillen in den Kulturmedien erzeugt sind. Die
aktive Immunisierung der Laboratoriums- und Haustiere ist völlig durchführbar
durch Einführung von lebenden oder selbst toten Bazillen, während die Im-
munisierung durch das Kochsche Tuberkulin und ähnliche Bazillenextrakte
es nicht ist. Das Kochsche Tuberkulin repräsentiert nicht das wahre Toxin
des Tuberkelbazillus. Beraneck hat deswegen ein neues hergestellt, das
sich von den anderen Tuberkulinen unterscheidet durch die Zusammensetzung
des Nährbodens und durch die Gegenwart einer spezifischen, albuminoiden
Substanz, die durch Orthophosphorsäure den Bazillen entzogen ist. Sein Tuber-
kulin ist also eine Mischung von extrazellulären oder Stoffwechseltoxinen uod
von intracellulären , welche durch die Orthophosphorsäure , die den Bazillen
nur einen Teil der protoplasmatischen Komponenten entzieht, in Lösung ge-
bracht sind. Das Tuberkulin Beranecks erzielt bei Meerschweinchen eine
WaldTogel, Taberkalose. 177
halende und schützende Wirkung, die aber bei den so empfindlichen Tieren
Bidit bis zar vollständigen Immunisierung geht. Das chemische Studium der
Stoffwechselprodnkte und der protoplasmatiscben Komponenten der Bazillen
ist durchaus unToUendet. Soviel wir jetzt wissen, sind alle bis jetzt ge-
wonnenen Tuberkuline nicht identisch und es muss gelingen Substanzen aus
iben zu gewinnen, welche mehr immunisierend und weniger toxisch sind als
die im Koch sehen Tuberkulin enthaltenen. Das Tuberkulin des Verfs. wird
in Terschiedenen Krankenhäusern geprüft, jedenfalls wird es bessere Resultate
erzielen am Menschen als bei den Tierversuchen, bei denen eine lokiJe Reaktion
fast völlig fehlte. Den Heilwert bei Meerschweinchen erweisen zwei Versuchsserien,
in deren erster die b^andelten Tiere im Durchschnitt 31, in deren zweiter
^ Tage länger lebten als die unbehandelten. Die Schutzwirkung geht daraus
berror, dass 7 Meerschweinchen, die 4^/2 Monate lang vorbehandelt waren mit
Beranecks Tuberkulin und während dieser Zeit 39 Injektionen erhielten,
oäcbdem ihnen mit 6 Kontrolltieren 8 Tage nach dem Ende der Behandlung
0.25 com einer Bazilienemulsion eingespritzt war, durdischnittlich 135 Tage
langer lebten als die nicht immunisierten.
Nach negativen Resultaten, die Mendel selbst am Menschen erzielte,
und Versuchen am Hunde, die Vi olle t unternahm, hat Mendel seine Methode
der intratrachealen Injektion zum drittenmal geändert , bei dieser Technik
wirft er mit einer gewissen Kraft seine Lösung gegen die hintere oder Seiten-
vand des Pharynx und sieht sie der Yorderfläche der Arytenoidknorpel ent-
lang in die offene Larynxhöhle fliessen. Yiollet (83) hat anerkannt, dasa
durch diese neue Methode wenigstens bei gewissen geübten Kranken und mit
geübten Händen eine intratracheale Injektion sich ohne Einführung einer
Kanüle in den Larynx ausführen lässt, aber nur unter der unerlässlichen
Bedingung, nämlich, dass nicht geschluckt wird; den letzten Punkt bat Mendel
nicht berücksichtigt, er hält sein Verfahren für so leicht, dass es jeder Prak*
tiker bei jedem eben gekommenen Kranken verwenden kann. Mendel
schent sich nicht die Möglichkeit des Schluckens zu leugnen, wenn der
Kranke den Mund offen und die Zunge ausserhalb des Mundes festhält. Violett
hält zar Verhinderung des Schluckens einen Gewaltakt für notwendig, Mendel
aber nennt seine Methode zart, sie bringt nach ihm keinen Reflex, keinen
Spasmus, keinen Husten zustande. Viollet will feststellen, dass er sich in
sachlicher Weise mit der Kritik der Methode Mendels befasst hat.
Lal lern and (46) empfiehlt an der Hand einiger Fälle die intratrache-
alen Injektionen zuerst von Gabianol , wenn dies von den Patienten zurück-
gewiesen wird, von Eucalyptol. Die intratracheale Einverleibung hat vor der in
den Magen den Vorzug, dass sie kein Brennen und Aufstossen erzeugt. Die
Technik dieser Injektion ist einfach, Verf. macht sie im Hospital beim Voiv
übergehen am Bett, die Lungentuberkulose wird durch sie wirksam und leicht
beeinflusst, weniger schwere Fälle heilen, die unheilbaren Kranken spüren
Erleichterung. Die Injektionen kommen nicht in den Ösophagus. Intratracheale
Antipyrininjektionen bringen Hämoptoen zum Stehen.
Barbier-Bouvet (8) gibt eine Gesamtübersicht über den Stand der
Frage mtratrachealer Injektionen, er erwähnt die älteren Verfahren mit Ein-
stich in die Trachea, Kathetmsmus des Kehlkopfes, dann geht er ausführlich
anfdasIajektioBsverfahren Mendels ein, der die Flüssigkeit gegen diePharynx-
vand wirft, damit sie sich von da leicht in den Kehlkopf und die Luftröhre
ergiesst. Verf. bestreitet die Schlüsse dieses Autors und rechtfertigt seine
Jabretbcrieht fOr Chirurgie 1905 12
178 JahreBbericht für Chirorgie. I. Teil
Kritik über die Mendel sehe Methode durch persönlich mit Hilfe H^
angestellte Experimente. Wird Flüssigkeit durch Katheterismus des LäS
injiziert, so auskultiert man ein charakteristisches Geräusch, das b^i
20 Versuchen nach Mendelschem Verfahren nur einmal auftrat. Dei:* Kr
muss die Schluckreflexe unterdrücken, die Technik Mendels ist unznverl
und schwer, die einzig verwendbare Methode ist der Katheterismus des JLiO.
unter Kontrolle des Spiegels, sie kann bei Patienten mit Lungentnbex-ki
im Anfangsstadium eine gewissse Anzahl von Heilungen herbeifulii~ez2
scheint besonders in der Armenpraxis verwendbar, in der die Arbeit a.ii
Verwendung anderer hindert. Zum Beweis führt Verf. Beobachtungi'err
statistische Daten des Dr. Lacombe aus Paris an, der als Injektionsflü«
keit eine Mischung von Eukalpytusessenz und Guajakol, in Öl suspexid^
benutzt und sie unter Leitung des Spiegels durch Katheterismus des Kehlko]
einbringt.
Ha nee (32) gibt bis ins kleinste gehende Vorschriften für die Beha.ndl
der Tuberkulose, sie ist heilbar, Osler gibt 7,5 ^/o geheilte Lungenaffektioi
Biggs 30^0 an, von 12 Ärzten} die Verf. beobachtete, wurden 8 gesu
Nach Lawrason Browns Erfahrungen blieb fast ein Drittel von Patien
aller Klassen 2 Jahre und länger gesund. Die Idealbehandlung wird in c
Sanatorien gewährleistet, in der Umgebung der Sanatorien ist die Sterblichk
an Tuberkulose zurückgegangen. In der Praxis muss die Sanatoriumbehandlu
nachgeahmt werden. Von frischer Luft sei ausgiebig Gebrauch gemacht, (
Furcht vor Erkältung ist zu beseitigen, für den Aufenthalt im Freien wer
warmhaltende Oberkleidung bevorzugt, die leicht abzulegen ist. Absok
Bettruhe ist angezeigt in den Fällen mit Blutung, bei höherem Fieber, b
über 100 Pulsen, bei täglichem Frost, während der ersten Wochen der Beobac
tung, bei Pleuritis, wenn der Husten durch Bewegung stärker wird od<
Flüssigkeit vorhanden ist, wenn der Patient dauernd abnimmt oder sein Gi
wicht konstant bleibt aber unterhalb seines ihm zukommenden Masses, wen
die Fälle akut verlaufen oder ein chronischer akut aufflackert. Die Ernährun
spielt eine wichtige Rolle, der Appetit werde lieber durch natürliche Mitt(
als durch Drogen gehoben. Fleisch werde zweimal am Tage genossen, danebe:
6 Eier, Milch, Fett, Früchte, Vegetabilien, Cerealien sind nach Wunsch zuzu
fügen. Der schrankenlose Genuss von Tee, Kaffee, Süssigkeiten, Torten, Ein
gepöckeltem und stark Gewürztem ist zu vermeiden. Alkohol ist selten zi
verwenden, körperliche Übung, wenn nicht Ruhe notwendig ist, darf keim
Überermüdimg erzeugen. Für die Verwendung des Wassers werden genaue
Vorschriften gegeben. Zähne sind nachzusehen, es werde kleingekaut, genügende
Zeit für die regelmässig genonmienen Mahlzeiten sei vorhanden, tägliche £nc-
leerung erfolge. Die einfachste Methode der Sputumzerstörung ist die Ver-
brennung. Arzneien sind nur bei bestimmter Indikation zu verschreiben, in
Betracht kommen für den Verf. Kodein, Heroin, Kreosotcarbonat, Hypo-
phosphitsirup, Lebertran. Der Kranke ist über seinen Zustand aufzuklären,
der Arzt soll um seinen Kranken in jeder Beziehung besorgt sein, dann wird
er ihm und der Menschheit einen grossen Dienst leisten.
Wird die Tuberkulose früh entdeckt, so kann sie durch Behandlnng
in frischer Luft und Regelung der Lebensweise hintangehalten werden, doch
fehlen den meisten Menschen dazu die Mittel, auf Arzneimittel will Daly (24)
aber nicht verzichten. Der Husten ist am besten mit reizmildernden Mittein
zu behandeln. Gegen den pleuritischen Schmerz wirken Umschnüren der
Waldvogel, Taberknlose. 179
Brost auf der kranken Seite während der Exspiration und Opiate, Reizmittel
vd der Hant der kranken Seite. Als Schlafmittel sollte Chloral nur mit grosser
Bäcksicht aufis Herz gegeben werden, Brompräparate bei nervöser Schlaflosigkeit.
In allen Fallen, ausser wenn der Patient durch grosse Schwäche ans Bett
gefesselt ist, verordnet Daly ein Bad, femer Heisswasserflaschen an die Beine
and Umschläge aufs Abdomen. Reichen diese mechanischen Mittel nicht aus,
so kommen Yeronal, bei Schmerzen Morphium in Betracht. Bei Schmerzen
Tom Larynx aas beim Schlucken verhilft in milden Fällen Einsprayen von
Kokainlösungen Yor dem Essen, in schwereren Äthylchorid zur lokalen
Anästhesie, das Verf. sehr empfehlen kann. Bei Schweissen mit keiner oder
geringer Schwäche versagen oft die Antihidrotica, man fügt ihnen dann Brom
hinza. Als Anhidrotica wurden Atropin, Eumydrin, letzteres mit Vorzug,
Terwandt, weil es schneller wirkt und keine Trockenheit in der Brust erzeugt.
Berliner (19) injiziert bei Lungentuberkulose 5 ccm einer 40 ^/o igen Men-
thol-Rizinusauflösung wöchentlich einmal, später lautete das Rezept : Ol. euca-
lypti 10,0, Ol. floricin. p. 15,0, Menthol crystall 10,0, Florizinöl ist nicht zer-
setzlich. Die damit behandelten Kranken waren fast überwiegend solche mit
ansgedehnten Prozessen, die meisten mit Bazillen im Auswurf. Zunächst fiel die
aasserordenüiche sedative und antispasmodische Wirkung auf, Nachtschweisse
vurden unterdrückt. Weit vorgeschrittene Fälle wurden ihrem Geschick nicht
entzogen, bei den anderen Patienten nahm die Affektion fast immer einen
günstigen Verlauf, wenn er auch erst nach 20 Einspritzungen erreicht wurde.
Pnls mid Temperatur gingen zurück, die Expektoration wurde leichter, spärlich,
in einer Reihe von Fällen schwanden die Bazillen, perkutorische und auskul-
tatorische Phänomene gingen mit diesen Veränderungen parallel. Die Art der
^irknng genauer anzugeben ist nicht ganz leicht. Eine Hämoptoe traf nur
znfallig mit den Injektionen zusammen. Schonung der Kräfte, ein gewisses
Mass von Ernährung wirkten unterstützend, später wurden leicht durchführ-
bare Atemübungen verordnet.
Redard (65) verwendet in vielfachen Modifikationen bei der Behand-
lung der lokalen Tuberkulose das Wasserstoffsuperoxyd, es gibt nach ihm bei
kälten Abszessen, oberflächlichen und am Knochen liegenden, gute Resultate
in Lösung und bei Verwendung des Gases. Das Gas findet auch Verwendung
bei offenen Abzessen, tuberkulösen Fisteln, indem es vor allem gegen die
MischinfektioB wirkt. Die Wasserstoffsuperoxydmedikation ist auch sehr wirk-
sam bei Osteitis und Osteoarthritis tuberculosa, bei tuberkulösen Knochenfisteln.
Verf. kombiniert es mit anderen antituberkulösen Mitteln, bei Abszessen punktiert
ernnd spritzt folgende Lösungen ein: lO^oige Natriumphosphatlösung 75 ccm,
Wasserstoffsuperoxydwasser (12 Vol) 25 ccm; auch wird es mit Borsäure
kombiniert. Das sich entwickelnde Gas dringt in alle Gänge und Rezessus.
Bei offenen und infizierten Abzessen lässt Redard tagelang einen Wasser-
stoffsnperoxydgasstrom durchziehen. Bei geschlossenen kalten Abszessen ist
die Heilang die Regel , sie stellt sich schneller ein als bei Verwendung von
Jodoformöl.
H n g g a r d und M o r I a n d (35) haben systematische Untersuchungen über
den Eiofluss per os einverleibter Hefe auf Tuberkulose in den letzten zwei
Jahren angestellt. In keinem Fall war der Einfluss ein schlechter, das klinische,
an 36 Fällen gewonnene Resultat war, dass in fast jedem Fall irgend eine
Besserung bemerkt wurde, in dem das Mittel wenigstens einen Monat lang
dauernd gebraucht wurde. Bazillen waren mit Ausnahme eines Falles in allen
12*
180 JahreBl>ehckt für Chirorgie. I. Teil.
vor B^nn der Behandlung vorbsudea, in 5 verscliiranden sie und die K
heit T^urde sichtiich g^e8sei% in 7 Fällen^ die zur Heilung tendierten, i
8ie beschiennigt; 11 Fälle von mitüerer Intensität und zweifelhafter Pro
besserten sich mit AnsnaAme eines^ anch bei 12 vorgeschrittenen, van €
9 niedrigeres oder höheres Fieber hatten, wurde das Al^emeinbefiiideii ^
beeinflusst. Die Verff. suchten den Eii^ass der Hefe durch Untersne/itj
des Blutes auf den opsonischen Index Wrights 2n kontrollieren, d&für "wx
25 Fälle verwertet, in 20 von "diesen hob sich der Index, in einem blie
unbeeinflusst, von den bleibenden 4, bei denen der Index sank, waren in di
interkurrente Erkrankungen überstanden, in dem vierten Hess sich kein Gj
fär das Sinken auffinden. Die Hefe bewirkt ein Ansteigen der Leukoz}
zahlen, das bei Tuberkulösen geringer ausfiel. Neben der Hefe -mrurde
frühere Medikation fortgesetzt. Auf das Fieber hat die Hefe kdnen Kinil
Am meisten wurde Presshefe verwandt, zweimal am Tage ein walnussjgra
Stück.
Letulle (52) gibt eine detaillierte Beschreibung des Familien -Sa
toriums zu Montigny-en^Ortrevant mit vielen Abbildungen, das im Nor<
Frankreichs liegt. Er schildert die Lage der einzelnen Geb&ude, ihre £
richtung, den Betrieb der ganzen Anstalt, deren Charakteristikum 24 oni
grossen Bäumen verstreute Villen sind, von denen jede für eine Familie 1
stimmt ist. Der Verf. erwartet wohl mit Recht, dass das Sanatorium c
Bewunderung des internationalen Tub^kulosekongresses hervorrufen wen!
Zahlreiche ^Dispensaires^, poliklinische Heilstätten sind in Frankrei<
in den letzten Jahren gegründet, Paris besitzt deren allein 25—30. Letul
(53) gibt zunächst eine Beschreibung des ^Dispensaire de h ville de Paris
das seit einem Jahre arbeitet; er beschreibt seine Lage und Einrichtung. Di
Tätigkeit dieses Dispensariums erstreckt sich nicht nur auf das Innere de
Etablissements, indem es jeden Tag den heilbaren Tuberkulösen Bad un
Dusche, eine Mahlzeit, Gelegenheit zum Liegen in frischer Luft gewährt
sondern es desinfiziert die beschmutzte Wäsche, es vertraut den Kranken eine]
Taschenspucknapf an und gibt gedruckte Vorschriften und Belehrungen ii
die Hand. Die Geldmittel sind gering, öffentliche und private Wohltätigkeit
Lotterien müssen aushelfen.
Nachdem Meriggio (57) mit verschiedenem Glück verschiedene Heil'
mittel versucht hatte, versuchte er die Jodgelatine Sclavo: er berichtet
einen Fall, in dem er die Jodjodeinspritzungen nach Durante versuchte, die
er jedoch infolge Intoleranz des Patienten aussetzen musste; keinerlei ße-
sultate erzielte er mit Mercks Jedipin, bis er schliesslich die Jodgelatine
verwandte und zwar in Einspritzungen von 5 ccm, die ersten 25, tägh'ch,
die weiteren einen Tag um den anderen. Er hatte keine Erscheinungen von
Jodismus, das Fieber nahm ab, die Diurese nahm zu, das Exsudat wurde
resorbiert mit progessiver Besserung im Allgemeinbefinden.
Infolge des Umstandes, dass die Heilung mit der Jodgelatine Sdaro
eingeleitet war, preist er deren Vermögens- und Wirkungskraft. R Giasi.
Angioni (2) hat in der chirurgischen Klinik zu Cagliari lange zaerst
das Jodserum und dann die Jodgelatine Sclavo bei chirurgischen Formen der
Tuberkulose, sei es der Lymphdrüsen, sei es der Knochen oder Grelenke vtnd
auch der Epididymis verwandt, wodurch er manchmal wirkliche Heilungen,
manchmal bedeutende Besserung der Afi'ektion, stets jedoch ein beträchtücbes
Wiederaufblühen der Kräfte und de^ Aligemeinbefindens des Patienten er-
Borchard, BotiyomykooQ, Soüw NoQia, Aktinomykoae, Echinococcaa etc. 181
zielte. In bezog auf den Gehrauch der Jodgelatine SclaYO schliesat der
Verfasser:
1. Die Jodgetatine ist gänzlich onschädlich und mit der grössten Leichtig-
keit za injizieren ;
2. dieselbe wird örtlich nnd allgemein Tollkommen ertragen auch bei
taglichen Injektionen des Medikaments. R. Giani.
B. Botrjomyfcose, Rotz, Nonta, AktiBomykose, EekiMcocens, Milz-
brand, Lepra, Sypliilis.
Referent: A. Borchard, Posen.
Die mit * b^eiGkiMtQii Arbeiten eind nieht referiert worden.
Botryomykose^ Rots, Nona.
1. Barde sca, N.« Die Botryoiaykoee beim Mens^^hen. SpitaloL Nr. 9. p. 225 (ramftniach)«
% Bärge ten» BotiyQmyeoae de la comäeb Th^se de Lyon 1904. Ref. in Qaz. desHdp.
1905. Nr. 12.
3. ^Boaygaes, Denx cae de Botryomycoae. Joum. de m^d. de Paris 1905. Nr. 35.
i *ChaQ8 86, Etüde aar la Botryomycoae ohes le chevaL Soo. anat. de Paris. Juin 1905.
l. Gutowaki, Ein Beitrag zar Easoistik des Malleos acatua beim Menschen. Medycyna
1903. Nr. 4, 5. Kef. in Wiener käu. Rondschaa 1905. Nr. 1. p. 14.
6. *Marcondäs, Conrtes remarques aar an cas de noma. Ref. in Arch. g^n. de m^d.
1905. Nr. 2. p. 118.
7. Motchane, Le traitement de noma par la lomi^re rouge. Sem. m^d. 1905. Nr. 5.
Bardescu (1) berichtet in Kürze über ein erbsengrosses Botryomykom
einer Zehe des Fusses, bei einem 7 jährigen Knaben. Exstirpation, Genesung.
Mibroskopisch reine Staphylokokkenknlturen und charakteristischer Befand.
Stoianoff (Vama).
Die Mitteilungen über Botryomykose sind spärlicher geworden. Der von
Bargeton (2) mitgeteilte Fall ist wegen seines Sitzes unter der Haut (Kornea)
^i ^en der Ähnlichkeit mit einer sarkomatösen Neubildung interessant.
Marcondes (6) wandte in einem Falle von ausgedehntem Noma Spray
^OB 1^/oiger Karbollösung mit Erfolg an.
Sokolow hat schon vor fünf Jahren einen Fall von Noma mitgeteilt,
ifi welchem er durch Bestrahlung mit rotem Licht einen sehr guten thera-
pentischen Erfolg erzielt. Sein Assistent Motchane (7) hat die Versuche
vieier aufgenonunen und berichtet über einen Noma-Fall, welcher ebenfalls
dorch die obige Behandlungsmethode zur Heilung gebracht wurde. Eine
Hsolampe von 16 Kerzen mit konischem Reflektor, so dass die Strahlen
iof die Wunde begrenzt werden konnten, wurden in einer Entfernung von
^ cm von der Wunde aufgestellt. Die Strahlen, welche durch rotes Glas
geleitet wurden, wirkten Tag und Nacht. Nach drei Tagen waren die Schmerzen
182 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
verschwunden, traten aber sofort wieder auf, als die Bestrahlung aufhörte.
Vom zehnten Tage an waren überall frische Granulationen zu sehen.
In dem von Gutowski (5) mitgeteilten Fall von akuter Rotzkrankheit
trat zuerst eine Pleuritis unter schweren Krankheitserscheinungen auf, zehn
Tage später kamen subkutane Infiltrationen hinzu und erst vier Jahre vor
dem Tode zeigten sich spezifische Pusteln. Verf. betont die geringe Infek-
tiosität, hebt aber die grosse Malignität hervor. Die in der Literatur be-
schriebenen Fälle von Heilung dieser Krankheit verdienen kein Vertrauen.
• - • - - ■
Aktinomykose.
1. ^Actinomycosis. Ann. of Sarg. 1905. April, p. 627 ff.
2. Bevan, Actinomycosis. Annals of Surgery 1905. Nr. 5.
3. Cotte, Actinomycose cervicale. Lyon möd. 1905. Nr. 8. p. 107.
4. Crawford, Two cases of actin omycosis. The Lancet 1905. Joly 15. p. 157.
5. Hesserth, Actinomycosis of jaw. Annals of Surgery 1905. Nr. 5. p. 792.
6. *Hichens, Actinomycosis of the längs. Brit. med. joam. 4. XI. 1905.
7. Ho ff mann, Ein Fall von Aktinomykose der linken Halsseite. Monatsschr. f. Ohren-
beilk. 1905. Nr. 1. p. 26.
9. Kieseritzky-Bornhaapt, Üb&r einige unter dem Bilde der Aktinomykose verlaufende
Affektionen. Langenbecks Arch. 76. Bd.
9. Manninger, W., Fälle von Aktinomykose. Ärzte-Gesellschaft der Eonununalspit&Jer
zu Budapest, Sitzung vom 20. XU. 1905. Orvosi Hetilap 1906. Nr. 6. (Ungarisch.)
10. *Neukirch, Aktinomycetenfrage. Zeitschr. f. Hyg. Bd. 48. Heft B.
11. *Poiteau, Etüde sur l'actinomycose de la r^gion mammaire etc. Thtee de Lille 1904.
Ref. in Gaz. des Höp. 1905. Nr. 2. p. 20.
12. Poncet, Actinomycose. Lyon m^d. 1905. Nr. 26. p. 1898.
13. Villi ers, Pseudo-actinomycose. Lyon m^d. 1905. Nr. 38. p. 261.
14. Zupnik, Ober gattungsspezifische Behandlung der Aktinomykose. Deutsche medizin.
Wochenschr. 1905. Nr. 5. p. 208.
15. Zwintz, Pseudoparametrit. actinomycosa. Wiener med. Presse 1905. Nr. 10.
Nach Kieseritzky und Bornhaupt (8) verlaufen unter dem klinischen
Bilde der Aktinomykose auch Erkrankungen, die nicht durch den Strahlen-
pilz hervorgerufen sind. Diejenigen Erkrankungen, welche von den Mikro-
organismen hervorgerufen worden, die der Ciadothrix liquefaciens und den
von Berestnew beschriebenen Pilzen ähnlich sind, unterscheiden sich am
wenigsten von der echteu Aktinomykose. Wenn die den Sawtschenko-
schen Stäbchen ähnliche Mikroorganismen gefunden werden, so unterscheidet
sich das Krankheitsbild von der echten Aktinomykose durch den stinkenden
Eiter, einen milden, gutartigen Verlauf, durch die Möglichkeit einer primären,
zentralen Enochenerkrankung. Andere beobachtete Fälle unterscheiden sich
von der echten Aktinomykose durch eine schnell zunehmende Menge des Eiters,
der einen üblen Geruch besitzt, durch ein rapides Fortschreiten des Prozesses
bei hoher Temperatur ohne Neigung zur Heilung, durch einen schnellen
Kräfteverfall, der relativ schnell zum Tode führt. In Fällen von Aktino-
mykose und Pseudoaktinomykose muss die Therapie auf möglichst radikale
Beseitigung des Infektionsherdes gerichtet sein.
Bevan (2) berichtet über sechs Fälle von Aktinomykose. Hesserth (5)
stellt ein Mädchen von 15 Jtshren mit Aktinomykose des Unterschenkels vor»
das anfangs den Eindruck einer Nekrose mit Zellgewebsentzündung machte.
Bei der Operation gelangte man in eine derbe feste Masse, der Knochen war
entblösst. Später zeigten sich Aktinomyceskömchen. Jodkali brachte die
Affektion zur Heilung.
Borchard, Botryomykose, Rotz, Noma, AktinomykoBe, Echinococcus eio. 18S
Poncet (12) berichtet über einen Kranken, der schon einmal der Gegen^
stand einer Publikation in Lyon medic. 3 juillet 1904 war, und der an einer
Aktinomykose des Gesichtes und Halses litt, welche ausgezeichnet war durch
ausserordentlich heftige Schmerzen, als deren Grund Poncet eine Neuritis
actinomycotica ansieht.
Der von Cotte (3) mitgeteilte Fall von Aktinomykose bietet keine
Besonderheiten.
Die Mitteilung Villiers (13) betriflft einen Fall von Pseudoaktino-
mykose, bei welchem wohl die gelben Körperchen vorhanden waren, bei dem
aber die mikroskopische Diagnose im Stich Hess.
Hoff mann (7) sah einen Patienten mit Aktinomykose der linken Hals-
seite, der nach mehrjährigem Leiden und erfolgloser Jodkalitherapie ad exitum
kam. Die Sektion ergab mehrere gut abgekapselte bis hühnereigrosse aktino-
mykotische Abszesse in den Weichteilen der linken Halsseite, namentlich
hinter dem linken Stemokleidomastoideus. In die Trachea führten mehrfache
Fistelgänge, deren Eiter zur Bildung mehrfacher bronchopneumonischer Herde
gefuhrt hatte. Im Anschluss hieran berührt Traut mann einen im Jahre
1896 von Füth beschriebenen, von Rotter beobachteten Fall von Aktino-
mykose der Wirbelsäule und der Lungen.
Zwintz (15) teilt einen Fall von ausgedehnter Aktinomykose des Para-
metriums, des Peritoneums mit, bei dem aber der Beweis, dass es sich um
eine genitale Affektion handelt, nicht unbedingt gebracht ist.
C r a w f o r d (4) berichtet über zwei Fälle von Aktinomykose, von denen
eine an der Haut des Oberschenkels und der Inguinalgegend, der andere an
der Haut des Kinnes sass, beide wurden durch Exzision geheilt.
Die gattungsspezifische Therapie besteht in der Behandlung von Infek-
tionskrankheiten mit Produkten von Bakterien, die den Krankheitserregern
wohl gattungsverwandt, für die betreffenke Tierspezies unschädlich sind. Nach
diesem Prinzip hat Zupnik (14) einen 15jährigen Aktinomyceskranken be-
handelt, bei dem sich ein den ganzen rechten und einen Teil des linken
Quadranten des Abdomens einnehmender Tumor fand. Die Jodtherapie war
erfolglos. Der Kranke bekam im Laufe eines halben Jahres etwa 30 Tuberkulin-
(yetus)-injektionen und zwar zuerst an entfernten, dann an benachbarten
Stellen, zuletzt über der Geschwulst (von 0,0002 bis 3,5 com Tuberkulin an-
steigend). Der Tumor ist um die Hälfte kleiner geworden, zwei Fisteln haben
sich geschlossen.
Bei der Aktinomykose sah Manninger (9) nach Verabreichung einer
10*^/oigen Jodipinlösung, Kaffee- resp. Esslöffelweise 3 — 9 mal täglich, — spä-
testens in einigen Monaten stets Heilung. Sein chirurgisches Handeln be-
schränkte sich während dieser Kuren nur auf das Notwendigste, höchstens,
dass er hier und da einen Abszess eröffnete.
Demonstration zweier Kranken, welche vor kurzem in seine Behandlung
kamen, und von denen der eine schon nach einer Jodipinkur von zwei Mo-
naten fast vollkommen genas. Gergö (Budapest).
EchinococGus.
1. Broese, Ein Fall von Becken-Echinococcus. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 6
p. 159.
2. Basile, N. S., ün caso raro di ciati di echinococco delle pareti addominali di una
bambina. La Riforma medica. Luglio 1905.
181 Jabreabaicht für Chirurgie. I. Teil.
S. Ehrhardt, Über Echinokokken der SchilddrOae. Berliner klin. Wochensciir
Nr. 16.
4. *Gnyon, Lee kystes hydatiqnee pelviena. Abb. des mal. des org. göD.-ariii. 1905.
5. Kablukoff, Die Eohinokokkenkrankbeit. Langenbecks Arch. Bd. 78. p. 8-5
6. *Mabit, Des kystes hydatiques de rabdomen. Rot. de Ghir. 1905. Nr. 5.
7. Oliver, Traitement des kystes hydatiques. Reyista de la Sociedad med. Argent.
Jan.-Febr. p. 168—185. Ref. in Arch. gön. de m^d. 1905. Nr. 1. p. 52.
8. Port, Leberechinokokken. Deutsche med. Wochenscbr. 1905. Nr. 16. p. 656.
9. Rausch, Ober Gallenfluss nach Echinokokken<Operation. Langenbecks Arcb.
10. Rnpp, Über Ecbinoooccus im Beckenbindegewebe. Inaug.-Diss. Berlin 1905.
11. *Santucci, Primftre Lnngenechiookokken. Gau. d. ospedali 1904. Nr. 148.
12. *Souliö, Eyste hydatique alv^Iaire des mnscles. Soc. anat. 1905. Nr. 6.
18, Yegas-Aguilar, Dextrocardie cons^catiye ä des kystes hydatiques. La sen
möd. 1995. Nr. 4. p. 42.
14. Zirkelbach, Über die Gefahren der Punktion der Echinococcuszysien. Wiener
Wochenscbr. Nr. 86.
Ein 21 jähriger Patient hatte seit drei Jahren eine Anschwellang
Jugulum bemerkt. In der letzten Zeit war erhebliche Anschwellung ein
treten. Es wurde, da die Anschwellung deutlich fluktuierte, eine Kropfzj
angenommen und dieselbe durch den Koch ersehen Kragenschnitt fre igele
Die Muskeln zeigten sich mit der Zyste, deren jetzt erfolgte Punktion wass
klare Flüssigkeit ergab, fest verwachsen. Die weitere Operation der aJiseil
fest verwachsenen und tief in das Mediastinum reichenden Zyste erforder
eine breite Inzision derselben, wobei sich Echinokokkenblasen entleerten. B
der Exstirpation musste die Trennung im Schilddrüsengewebe vorgenommc
werden. Die Tracheairinge waren zum Teil usuriert, so dass die Luftröhi
an einzelnen Stellen nur einen häutigen Schlauch darstellte. Ehrhardt {i
ist nicht ganz sicher, ob der Echinococcus primär in der Schilddrüse en(
standen ist. Es liegt auch die Möglichkeit vor, dass derselbe im Mediastinum
primär entstanden ist. Auffallend waren ferner die überaus starken Atem
beschwerden.
Broese (1) operierte eine 40jährige Frau, die nach dem Untersuchangs-
befunde an einem Karzinom des Ovariums und anscheinend an Metastasen in
dem kleinen Becken litt. Bei der Operation sass ein Tumor subserös unter
dem Musculus rectus und konnte mit Resektion eines Teiles des Peritoneum
parietale entfernt werden. Zwei andere Tumoren sassen auf der Blase dicht
am Uterus. Die jetzt vorgenommene Untersuchung ergab, dass es sich um
Echinokokken handelte. Andere Tumoren sassen im Douglas. Sämtliche
wurden exstirpiert. Wenn dieselben auch scheinbar intraperitoneal lagen, so
hält Broese das doch nicht für einen Beweis, dass dieselben sich intra-
peritoneal entwickelt haben. Vielmehr liegt auch hier die Annahme nahe,
dass ursprünglich der Sitz ein subseröser war.
Nach Oliver (7) behandelt man die Echinokokkenzysten der Muskeln,
des Unterhautzellgewebes, oder wenn sie in weniger wichtigen Organen ge-
legen oder die Funktion des Organes völlig vernichtet haben, am besten mit
Exstirpation. Vereiterte Säcke, oder solche mit blutigem Inhalt oder Kalk-
ablagerung in der Wand werden drainiert. Zysten mit weichen Wandungen
werden eröffnet, l^oige Formollösung injiziert, nachdem zuvor Mutter- und
Tochterblasen herausgelassen sind. Mit Rücksicht auf die häufig eintretenden
postoperativen Eiterungen ist es zweckmässig, die Zystenwand zu fixieren und
den Kranken unter etwa zweimonatlicher Beobachtung zu halten. Füllt sich
Borehard, Botryomykoaa, Rots, Noma, Aktmomykosa, Echinococcaa etc. 185
die Zjste wieder, bleibt Fieber bestehen, so öSbet man am besten die Zyste
an einer kleineii Stelle.
Zirkelbach (14) sah nach der Punktion von Echinococcnszysten in
zvei Fällen schwere Symptome eintreten. Im ersten Falle trat eine Stnnde
nach der Funktion Atemnot, Dyspnoe, Schwäche der Herztätigkeit ein. Diesem
folgte Temperaturerhöhung und Somnolenz. Der Patient starb 9 Stunden
nach der Punktion. Im aweiten Falle folgten die schweren Symptome noch
schneller und trotz sofortiger Operation erfolgte der Tod nach fünf Tagen.
Bei der Ergebnislosigkeit der Obduktion ist es nicht anders als anzunehmen,
dass der Tod durch die Toxizität der Echinokokkenflüssigkeit verursacht
▼orde. Durch die Punktionsstelle wurde die Flüssigkeit in die Baoch- oder
Brvstköhle gepresst und hier resorbiert.
Basile (2) erläutert einen Fall von Echinococcuszyste, der als eine
grosse Seltenheit angesehen werden darf nicht nur wegen ihres Änlagesitzes
in der Dicke des inneren schiefen Bauchmuskels, sondern wegen des
zarten Alters des Patienten, in dem sie gefanden wurde; handelt es sich
ioch. um ein Tjähriges Mädchen. R. Giani.
Port (8) berichtet über einen glücklich operierten Fall von Leber-
echinococcus. Zweizeitige Operation. Nach 30 Tagen liess sich der ganze
Echinococciissack aus der Wunde ziehen.
Rausch (0) berichtet über einen Patienten, bei dem nach der zwei*
zeitigen Operation eines Leberechinocoocus, wobei gleichzeitig die Gallenblase
exstirpiert wurde, ein Monate lang andauernder, allen operativen Heilungs-
Ycrsachen widerstehender Gallenausfluss bestand. Es wurde deshalb als wahr-
scheinlich die Verlegung des Hepatikus oder Choledochus durch eine Echino-
kokkenblase angenommen. Dieselbe wurde zwar bei der Operation nicht ge-
funden, der Patient aber durch Choledochotomie und Hepatikusdrainage der
Heilung zugeführt. Im weiteren Verlauf wurde durch Ausspülen eine Echino-
kokkenblase entleert, die vielleicht die Gallengänge verlegt hatte.
In dem von Rupp (10) mitgeteilten Falle wurde der im Beckenbinde-
gewebe gelegene Echinococcus nach Einnähung des Sackes in die vordere
Bauchwand inzidiert und zur Ausheilung gebracht. In einer zweiten Operation
Turden zwei Blasen aus dem grossen Netz, eine aus dem Ligamentum hepato^
dsodenale, eine aus dem Ligamentum hepatorgastricum exstirpiert. Die Blasen
im grossen Netz waren schon bei der ersten Operation festgestellt.
Vegas (13) berichtet über einen Fall von Dextrokardie, bei welchem
iie Operation eine mannskopfgrosse Echinokokkenzyste der linken Seite er-
gab, welche mit den Bronchien kommunizierte.
Unter 86 Fällen von Echinococcuskrankheit eigener Beobachtung fand
Kabhkoff (ö) nur 7, in welchen der Echinococcus multipel aufgetreten
v&r. Diese relative Seltenheit erklärt er zum Teil dadurch , dass er jede
Probepnnktion vermied und auch bei der Operation die Bauchhöhle auf das
^rg<igste schützte. Zwei seiner Fälle von multiplen Echinokokken waren
entstanden nach auswärts vorgenommener Probepunktion nach einer traumati*
sclieD Zjstenmptur. Manche der Fälle zeigten eine Dissemination wie bei
einer malignen Geschwulst. Von des 6 Operierten starben 4, ein Zeichen
h die Schwere der Erkrankung.
Kablukoff (5) berichtet in demselben Heft von „L. A/ über 7 Fälle
^o& Milzechinokokken , von denen 6 nach der Methode von Lindemann
operiert wurden; bei einem wurde die Milzexstirpation gemacht. Andere
186 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Lokalisationen des Echinococcus waren nicht vorhanden. Die Geschwülste
hatten sämtlich eine erhebliche Grösse. Heilung in allen Fällen.
Milzbrand.
1. ^Anderson etc., Gases of glanders in maD. Glasgow med. joum. 1905. Oct. p. 280.
2. *B au mann, Nachweis von Miizbrandbazillen auf unbelebtem Materiale. Hygien. Rund-
schau 1905. Nr. 1. Ref. in Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 10. Lit.- Auszug p. IS.
3. Bell, A discussion on anthrax. Brit. med. joum. 14. X. 1905.
4. Bowlby-Andrewes, A second case of cutaneous anthrax. Brit. med. Journal
11. n. 1905.
5. Gourtellemont, Examen microscopique d*une pustule maligne. Arch. gön. de m6d.
1905. 25 Juill.
6. — Weill-Hall^, Deux cas de pustule maligne guöris par exöröse. Soc m^. des
Höp. 13. I. 1905. Ref. in 6az. des Hdp. 1905. Nr. 6. p. 68.
7. *6ilruth, Immunisation against anthrax etc. Lancet 4. U. 1905. p. 309.
8. Guinard, Pustule maligne. Bull, et möm. de la soc. de Ghir. de Paris 1905. Nr. 10.
9. Legge, Industrial anthrax. Brit. med. joum. 11. III., 18. III., 25. III and 1. lY. 1905.
10. Lockwood-Andrew es, A case of cutaneous anthrax etc. Brit. med. joum. 7. 1. 1905.
p. 16.
11. Mitchell, Gase of cutaneous anthrax treated without excision with Sclavos anti-
anthrax serum. British med. joum. 1905. July 15.
12. *Sassi, Earbolsäureeinspritzungen bei Milzbrand. Gazz. d. ospedali. Nr. 148.
13. *Scaglio8i, Veränderte Eigenschaften des Bac. anthracis. Zentralbl. f. Bakt. 37, 5.
14. *Stephenson, A case of glanders. The Dublin joum. 1905. Jan.
15. Stretton, A case of anthrax (malignant pustule) treated with professor Sclavo'a
serum. Lancet 4. II. 1905. p. 292.
16. Teacher, Gase of human anthrax septicaemia. Glasgow med. joum. 1905. Aug.
17. '''Thö mm essen, Darstellung des Anthrakoseimmunproteidin etc. Zentralbl. f. Bakt.
I. Abt. Bd. XXXn. Heft 11.
18. Thomas, A case of malignant pustule. Brit. med. joum. 7. I. 1905. p. 18.
19. *Toupet-Lebret, Heilung eines Falles von Milzbrand durch Injektion von LipiodoL
Gaz. des Hdp. Nr. 27.
20. Wilms, Serum behandlung des Milzbrandes. Münch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 23^.
Legge (9). Alle Fälle von Anthrax, welche in den verschiedenen In-
dustrien in England vorkommen, müssen angezeigt werden. Am meisten
werden die Wollarbeiter (Sortierer und Kämmer) betroffen sowie Leute, die
mit Rosshaar zu tun haben. Im ganzen kamen in dem Zeitraum von 189&
bis 1904 261 Fälle zur Anzeige. Am meisten sind die Arbeiter, welcba
asiatische Wolle verarbeiten, gefährdet. Die Mortalität betrug 25,6 ^/o. Am
gefahrlichsten ist der Anthrax des Gesichtes und Halses. Von den Arbeitern»
welche mit Wolle aus Neuseeland oder Australien zu tun hatten, erkrankte
keiner. Gefährlich ist die persische, türkische Wolle und das chinesische
und russische Wollhaar. Die Pustel wurde meist exzidiert und die Wunde
mit Ipekakuanha bepudert, daneben Ipekakuanha innerlich. Jedoch ist es
ratsam, die Exzision der Pustel nur bei sehr früh in Behandlung kommenden
Fällen vorzunehmen. Die Erfahrungen mit dem Sclavo sehen Serum waren
sehr gute und auch die kosmetischen Resultate waren glänzend. Auch bei
intravenöser Injektion ist das Serum unschädlich. Die Infektion zu verhüten
ist trotz der genauesten Vorschriften in den Betrieben sehr schwierig.
Mitchell (11) drückt sich noch vorsichtig über die Erfolge des Serum-
behandlung aus. Er glaubt, dass grosse Anfangsdosen die besten Resultate
geben, dass es aber doch nicht gerechtfertigt sei, mit Serum allein, ohne
Exzision der Pustel zu behandeln, vorausgesestzt , dass eine Exzision nach
dem anatomischen Sitz der Pustel möglich ist.
Borchard, Botryomykose, Rotz, Noma, Aktinomykose, Echinococons etc. 187
Wilms (20) teilt zwei Fälle von Milzbrandinfektion im Gesicht mit,
Teiche beide einen sehr schweren Verlauf zeigten und nach intravenöser In-
jektion Ton Milzbrandserum in Heilung übergingen. Wenn auch der Erfolg
nicht unbedingt der Heilwirkung des Serums zuzuschreiben ist, so ist doch
der gänstige Einfluss bei den Fällen, selbst wenn man auch noch so skeptisch
ist. m(^t zweifelhaft. Irgend eine schädigende Nebenwirkung wurde nicht
beobachtet. Die Injektionen wurden intravenös (Vena med.) zu je 20 ccm
gemacht. Im ersten Falle waren sechs Injektionen zum Teil subkutan, zum
Teil intravenös je einmal am Tage nötig, im zweiten Falle zwei.
Te ach er (16) bespricht einen ungewöhnlich schwer und schnell tödlich
Terianfenden Fall von intestinalem Anthrax, der durch Infektion durch den
Terdauungstraktus entstanden war und während des Lebens keinerlei Anhalts-
punkte für die Milzbranddiagnose geboten hatte. Die Sektion und Tierexperi-i
mente klärten erst den Fall auf.
Thomas (18) behandelte eine Pustula maligna am Vorderarm mit Er-
folg durch Exzision, nachheriger Kauterisation und Einpudern mit Pulv. ipecac.
Innerlich wurde Ipekakuanha und Morphium gegeben.
Lockwood-Andrewes (10) behandelten einen Milzbrand in der Nähe
des Auges mit gutem Erfolg mit dem Serum von Sclavo.
In der Mitteilung Chalmers (Lancet 1. 4. 05) handelt es sich um
einen Fall von intestinalem Anthrax, der durch Infektion mit den in der
Fabrik gebrauchten Gegenständen entstanden war.
Stretton (15) berichtet über einen Fall von Anthrax, wo die Exzision
der Pustel erst nach drei Tagen vorgenommen werden konnte, also zu einer
Zeit, in welcher wenig Nutzen mehr von diesem Vorgehen sonst gesehen
wurde und wo nach Injektion von Serum völlige Heilung eintrat.
Guinard (8) berichtet über ein Pustula maligna der Tabatiere, welche
er durch Exzision und Injektion von Jod zur Heilung brachte.
Bowlby und Andrewes (4) berichten über einen zweiten erfolgreich
mit Semm behandelten Fall von Anthrax. Während bei der Aufnahme des.
Patienten in dem Bläschen reichlich Anthraxbazillen nachweisbar waren, war
der Inhalt dieser Bläschen 19 Stunden nach der Seruminfektion steril und
blieb es auch im weiteren Verlauf.
Bei der Behandlung des Anthrax empfehlen in der von Bell (3) er-
öffneten Diskussion die meisten Autoren Exzision und Seruminjektion. Bei
Anthrakoämie, bei ausgedehntem Ödem ist Injektion von Serum das einzig
anwendbare Mittel.
In den beiden von Courtellemont und Weil-Halle (6) mitgeteilten
Fülen von Anthrax war die Prognose einmal wegen des Alters des Patienten,
im anderen Falle wegen der lokalen Ausdehnung der Affektion sehr zweifel-
kft. Es wurde in einem Abstand von 2 cm die Pustel exstirpiert, der Grund
käQterisiert und in die Haut sowie in die Drüsen 2% ige Jodlösung ein-
gespritzt.
Nach der mikroskopischen Unter^chung einer Pustula maligna hält
Courtellemont (5) es für sicher, dass es Pusteln epidermoidalen Ursprungs
gibt. Interessant war die massenhafte Anhäufung von roten Blutkörpem in
im Krankheitsherd. Dieses gibt die charakteristische schwarze Farbe.
188 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
Lepra«
1. Bassewitz, Spielen die Erätzmilben eine RoUe bei Lepra? Mtlnch. med. Wochen-
schrift 1905. Nr. 41.
2. *Lepra. Bibhotheea intemat. 1904. Vol. TV. Faso. 4.
3. L. O'Connell, A phase of the ^ellow periL Med. News 25. XL 1905.
4. Deyeke-Resohad, Nene Gesichtspunkte in der Leprafrage. Deatsche med. Wochen-
schrift 1905. Nr. 13.
5. Duque, Traitement de la l^pre par le PaUtayier ou Manglier rouge. Paris 1905.
6. *Dyer, The eure of leprosy. Med. News 1906. Jnlj 29. p. 199.
7. *EhIers, Die Lepra aaf den dänischen Antillen. Lepra. BibKoth. intemat 1904 VoL 4.
Fase. 2, 3.
8. ^Graham, A case of leprosy. Lancet 21. X. 1905. p. 1175.
9. Leredde-Paatrier, Diagnose der Lepra. Soc. de biologie 1902. 5 D^c. Ret in
Wiener klin. Randschao 1905. Nr. 4. p. 64.
10. *Literatiarreferate Aber Lepra. Ann. de derm. et de syph. VI, 1. p. 90.
11. *Manicatide-Galasche8ca, Fall von gemischter Lepra. Spitalol. Nr. 21/22.
lla.*Ormsby, Ein klinischer Fall von Lepra. Joarn. of Amer^ Assoc. Nr. 27.
12. *Rochet-Billet, ün cas de Idpre. Ann. de denn, et de syphil. 1905. Nr. 5.
18. *TourtoaIinBey, Subkutane Chaulmoograöl- Einspritzungen gegen die Lepra. Monats-
hefte für prakt. Dermatol, 40, 2.
L. O'Connell (3) weist auf die Gefahr der in Tahiti bestehenden, zu
enormen Vergrösserungen der Gliedmassen (cf. Abbildungen) führenden Ele-
phantiasis hin, als deren Heilmittel schliesslich nur die Amputation der mon-
strösen Gliedmassen übrig bleibt.
Leredde und Pautrier (9) empfehlen auf Grund zweier Beobach-
tungen bei negativen Ausfall der Untersuchung der Nase auf Leprabazillen
die Darreichung von 4 g Jodkali, um eine Hypersekretion der Nase herbeizu-
führen. Ob das Mittel in allen Fällen wirksam sein wird, muss dahin ge-
stellt bleiben.
D 0 u q u e (5) empfiehlt ein Extrakt von PalStuvier oder Manglier rouge
als ein leicht handliches Mittel gegen die Lepra. Er hält es für das beste
Heilmittel, was die Medizin bis jetzt gegen diese Krankheit besitzt. In der
ersten Periode der Erkrankung heilen 100 Vo in 8 — 12 Monaten. In der
zweiten Periode werden noch 60% Heilungen und 40 Vo wesentliche Besse-
mngen in 2 — 5 Jahren erzielt. In der dritten Periode beobachtet man mehr
oder weniger deutliche Besserungen.
Nach Deycke-Reschad (4) ist man imstande mit relativ einfachen
Mitteln aus nicht farbebeständigen Diphtherideen säurefeste Bazillen zu machen.
Die Diphtheridee ist die Anpassungsform des Leprabazillus an künstliche
Existenzbedingung, und der Bazillus des menschlichen Lepragewebes die ad-
äquale säurefeste Anpassungsform an das parasitische Dasein.
Höchstwahrscheinlich bildet ein mit Krätze behafteter Lepröser eine
Tiel grössere Ansteckungsgefahr für seine gesunde Umgebung, wie andere
nicht Skabiose Leidensgenossen. Nach Ansicht Bassewitz (1) erfolgt in
dem mitgeteilten Falle die Übertragung der Lepra durch die Krätzemilben.
Jedenfalls ist es dennoch vom grössten Interesse, den Nachweis zu fuhren,
ob in den Skoroptesmilben Aussätziger der Hansenscbe Bazillus nachzu-
weisen ist. Fernerhin ist an der Mitteilung bemerkenswert der mit Sicher-
heit geführte Nachweis, dass die Übertragung des Krankheitsgiftes der muti-
lierenden anästhetischen Lepra auf Gesunde den Typus des Knotenaussatzes
hervorzurufen vermag.
Borcliard, Botryomykose, ftoiz, Nomii, Aktinomykose, Echinococcus etc. 189
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Nach ihrer ersten Mitteilimg hatten Schaudinn und Hoffmann (79)
in 7 Primäraffekten, 9 Sekundärpapeln und 12 typisch erkrankten Leisten-
drüsen die Spirochaete pellida gefunden, ebenso im Milzblut. Trotzdem liegt
es ihnen fem, ein abschliessendes Urteil über die ätiologische Bedeutung
dieses Kleinlebewesens zu geben. In der Mitteilung in der deutschen med.
Wochenschrift berichten die Autoren über die Untersuchungsbefunde von den
Leistendrüsensaft Syphilitischer. Es wurde in sämtlichen 8 Fällen ein positiver
Befimd erhoben.
Schaudinn und Hoff mann (77) können die Tatsache feststellen, dass
nicht nur an der Oberfläche syphilitischer Papeln und Primäraffekte, sondern
auch in der Tiefe des Gewebes und in indolenten geschwollenen Leistendrüsen
bei klinisch unverkennbarer Syphilis echte Spirochäten in frischen und gefärbten
Präparaten nachweisbar gewesen sind. Ob zwischen den bei spitzen Kondy-
lomen gefundenen und den bei Syphilis vorhandenen Parasiten sichere Unter-
scheidungsmerkmale sich herausfinden lassen, muss die weitere Forschung
lehren.
Hoff mann (29) hat im ganzen 206 syphilitische Krankheitsprodukte
auf das Vorkommen der Spirochaete pallida untersucht, 184 mit positivem,
22 mit negativem Erfolg, bei 32 Primäraffekten waren 3 1 positive Ergebnisse ;
der eine negative Ausfall ist wohl darauf zurück zu führen, dass zu tiefe,
ih. unterhalb des eigentlichen Infiltrates gelegene Partien zu den Saftaus-
strichen benutzt wurden.
192 Jahresbericht fflr Chirurgie. I. TüL
Drösenpunktionen wurden 38 mal gemacht, SOmal mit posititivem,
mit negativem Erfolge. Auch in dem Reizsemm der nässenden Papeii
geschlossenen syphilitischen Papeln und Pusteln, in impetiginösen Stell ez
behaarten Kopfhaut wurde die Spirochäte gefunden, niemals aber in e
Präparate von nichtsyphilitischen Krankheitsprodnkten der Patienten.
In einer weiteren Mitteilung geht Hoffmann (31) auf die von and
Autoren erhobenen Befunde ein und kommt auf Grund weiterer Untersuch a^
zu dem Schluss, dass die Spirochaete pallida in den verschiedensten Ki*.
heitsprodukten der Syphilis, welche nach klinischen und experimentellen
fahrungen das Virus beherbergen, mit immer grösserer Regelmässigkeit
funden ist, so dass ein konstantes Vorkommen bei rezenter Syphilis wohl
hauptet werden kann; bei unkomplizierten Fällen von akquiri^*ter Sypl
ist sie in der Tiefe der Primäraffekte und Genitalpapeln, in den Lymphdrü^
in den mannigfaitigen Ezanthemformen und endlich in einer Anzahl
Fällen auch im Blut rein und ohne Beimischung anderer Keime nachgewie
worden. In den inneren Organen, den spezifischen Exanthemen und mitan
im Blut kongenital-syphilitischer Kinder ist ihr Nachweis zahlreichen Antoi
gelungen. Bei nicht syphilitisch Erkrankten und Gesunden ist die Spirochai
pallida bisher stets vermisst worden. Auch bei syphilitisch experimentell
fizierten Affen wurde sie gefunden, so dass wohl kaum ein anderer Schlc
möglich ist, als dass die Spirochaete pallida der Erreger der Syphilis h
Auch Oppenheim-Sachs (64) fanden die Spirochaete pallida an
schliesslich im syphilitischen Gewebe.
In der Sitzung vom 16. Mai besprachen Metchnikoff und Ron
ihre Erfahrungen über die Spirochaete pallida. Wenn es dennoch auch In
dem Fehlen neuer Reinkulturen noch vieler Untersuchungen bedarf, so spricl]
doch die ganze Reihe der Tatsachen dafür, dass die Syphilis eine chronisch
Spirillose ist, hervorgerufen durch die Spirochaete pallida Schaudinn.
Davidsohn (13) erzielt durch die Färbung mit wässeriger Kresyl violett
lösung, welche ausserordentlich einfach und billig ist, dieselben Resultate wi<
mit Giemsa scher Losung. Eine Messerspitze Kresylviolett auf 100 g Wasser^
die Deckglasanstriche kommen Vs~l~4Ä Stunden (mit demselben Resultat]
in die frisch filtrierte Lösung. Nach Ablaufen oder Abspülen der Lösung
werden die Präparate getrocknet.
Nach Kraus (39) kann man mit grösster Wahrscheinlichkeit die Spiro-
chaete pallida als Erreger der Syphilis ansehen. Pal tauf legt der Ent-
deckung ebenfalls grosse Bedeutimg bei. Volk fand in Sklerosen und Papeln
in der Mehrzahl der Fälle Spirochaete pallida. Ebenso bestätigen Ehrmann,
Lipschütz, Oppenheim die Befunde.
Wenn auch nach Spitzer (90) es noch nicht möglich ist, die Spiro-
chaete pallida als Erreger der Syphilis anzusprechen, so ist doch das fast
regelmässige Vorkommen derselben in luetischen Produkten, das konstante
Fehlen derselben in nicht luetischen Bildungen recht bedeutsam. Bezüglich
der Therapie ist es wichtig, dass Patienten sowohl im Beginne der ersten
Allgemeintherapie als auch am Ende derselben Spirochäten in den Eroptions-
stellen oder deren Residuen hatten. In aufgetretenen Rezidiven fanden sich
ebenfalls Spirochäten. Mithin beeinflussen die therapeutischen Massnahmen
den rein morphologischen Befund der Spirochäten nicht sichtbar.
Kraut und Prentschaft (40) fassen ihre Untersuchungen dahin zu-
sammen, dass die Spirochaete pallida im gesunden Gewebe der Menschen
Borchard, Botryomykose, Rotz, Noma, Aktinomykose, Echinococcus etc. 193
und Affen und auch in andersartig nicht syphilitisch erkrankten Geweben
nicht Torkommt. Dagegen liess sie sich konstant in syphilitischen Produkten
bei Menschen und Affen nachweisen.
Bnschke (10) teilt in der Diskussion über den Vortrag von Schau-
dinn und Hoffmann mit, dass es ihm bei einem hereditär syphilitischen
Kinde gelangen sei, Spirochäten im Blute nachzuweisen. Pill icke hat die
UstersnchnDgen von Schaudinn und Hoffmann nach seinen Arbeiten
nar bestätigen können. Besonders treten die Autoren dem Einwände, der
Ton anderer Seite gemacht wurde, entgegen, dass es sich um etwaige Yer-
unreinignngen der Farbstofflösung gehandelt habe.
Die Syphilis (Metchnikoff [52]) ist eine chronische Spirillose, er-
zeugt durch eine Spirochäte, welche nicht allein für Menschen, sondern auch
für Affen pathogen ist. Das Fieber ist immer auf Mikroben zurückzuführen,
die ebenfalls für den Menschen wie für den Affen pathogen sind.
Röscher (73) hat in frischen Fällen bezw. in den erfahrungsgemäss
äDsteckenden Produkten der Frühperiode dieser Krankheit so gut wie kon-
stant die Spirochaete pallida gefunden, während dieselbe bei anderen Er-
krankungen bisher stets vermisst ist. Wenn bei klinisch noch unsicherer
Diagnose die Spirochaete pallidae gefunden wurde, so treten im weiteren Yer-
lanfe stets unzweifelhafte Erscheinungen von sekundärer Syphilis auf.
Hoff mann (28) gelang der Nachweis der Spirochaete pallida in einem
eben entstehenden Initialeffekt eines Macacus rhesus, welcher mit dem Blut
eines vor wenigstens sechs Monaten mit Syphilis infizierten, noch unbehandelten
Mannes geimpft war.
Flexner (16) fand in drei Fällen von Syphilis die Spirochaete pallida^
wahrend in zwei nichtsyphilitischen Fällen dieselbe fehlt.
Levaditi und Petresco (47) fanden die Spirochäte in den Flüssig-
keitsergüssen nnter den durch das Fliegenpflaster gezogenen Blasen bei
Syphilitikern^ sei es, dass das Pflaster auf den syphilitischen Stellen oder in
der Nachbarschaft derselben aufgelegt war.
Noeggerath (63) und Staehelin gelang der Nachweis der Spiro-
chaete pallida in dem Blut eines unbehandelten, sekundär luetischen Patienten.
Es wurde 1 ccm Blut in der zehnfachen Menge VsVoiger Essigsäure aufge-
fallen. Nach Zentrifugieren wurden die Ausstrichpräparate nach Giemsa
gefärbt
Levaditi (47) fand die Spirochaete pallida konstant in den Haut-
erkrankungen und Organen von Neugeborenen mit kongenitaler Syphilis, nicht
aber in nicht spezifischen Affektionen.
Wenn auch noch eine grosse Anzahl Tatsachen gesammelt werden
rnnss, so glauben doch Metchnikoff und Roux (51), dass das bisher
Gefundene sehr für die ätiologische Rolle der Spirochaete pallida spricht.
Galli-Vallerio und Lassueur (19) fanden in den Kondylomen
einer Syphilitischen und in den Schleimhautplaques von fünf Syphilitikern
onter sechs die Spirochaete pallida. Dass er dieselbe einmal nicht gefunden
hat und auch in den Drüsen und hartem Schanker nicht, spricht nicht gegen
die Annahme einer Spezifizität der Spirochaete pallida, da die Untersuchung
relativ schwierig und zuweilen nicht das genügende Material zu erhalten ist.
Fränkel(17) ist der sicheren Ansicht, dass die von Schaudinn und
Hoffmann zuerst beschriebenen Spirochäten als Erreger der Syphilis anzu-
sehen sind. Demgegenüber haben Kiolemeno gl on (38) undv. Cube auch
J&bniberiebt^fOr Chirurgie 1905 13
194 Jahresbericht fttr Chirurgie. L Teil.
in nicht syphilitischen Produkten die Spirochaete pallida gefunden soi^ii
stagnierenden Sekreten. Sie glauben , dass die Spirochäten ausgespr-ool
Saprophyten sind und halten die obige Anschauung Fraenkels gegen l
der reservierten Ausdrucks weise von Schaudinn und Hoffmann
etwas voreilig.
Ploeger (65) gibt eine einfache Färbungsmethode der Spirocli£
pallida (1 Minute in Karbolgentianaviolett-Lösung, wie sie von Czaple^rs
für die Gram sehe Methode angegeben ist, Abspülen mit Wasser) an, gla
aber im übrigen, dass in der Angelegenheit es noch sehr viel zu klärea ^
ehe die Frage nach der Ätiologie gelöst werden kann.
Nach Rille (72) muss man zugeben, dass die Spirochäten einen gersul<
konstanten Befund verschiedener rezent syphilitischer Produkte darstelle
Die von Donne im Jahre 1837 gefundene Vibrio lineola wird wohl <
Spirochaete refringens gewesen sein.
In der anderen Mitteilung Rill es (71) handelt es sich um Spirocliätc
befunde bei tertiärer Syphilis. Entweder handelt es sich um Spirochae
pallida, oder es gibt Spirochätenformen, deren Differenzierung als Pallida od
Refringens zurzeit unmöglich scheint. Baudi und Simonelli (85) fand«
in einem Falle von sekundärer Syphilis in dem dem Grunde von Schleimhau
Zellen entnommenen Material eine ausserordentlich grosse Zahl von Spirochäte]
die meist die Merkmale der Spirochaete pallida hatten. Am Grunde di
Schleimhautzellen lagen auch in diesem Falle grosse Zellen mit offenbar i
Zerfall geratenem Protoplasma, die in der Kemsubstanz Spirochäten enl
halten (Zellenparasitismus). Neumann (59) fand in 6 Fällen von Syphih's
erkrankungen 5 mal die Spirochäte. Der Fall, welcher ein negatives Resulta
ergab, war schon fast abgeheilt. Süpfle (93) fand in sechs verschiedene!
animalen Lymphproben, sowie einmal im Inhalt einer siebentägigen Vakzine«
pustel spirochätenähuliche Gebilde. Bonhoff hat früher ebenfalls Spiro-
chäten im Vakzinematerial gefunden.
Sobernheim und Tomaszewski (86) sehen die Spirochaete pallida
als regelmässige Begleiterin der infektiösen Produkte der Syphilis an. In
nicht syphilitischen Produkten haben sie dieselbe nicht gefunden. Wenn
auch noch keine Reinkulturen vorliegen, so glauben sie doch nicht, an der
ätiologischen Natur der Spirochäten zweifeln zu dürfen.
Nach Herxheimer (23) ist die Behauptung Thesings, dass die
Spirochaete pallida ein typisches Bakterium sei und nichts für ihre Protozoen-
natur spräche, unhaltbar.
Herxheimer und Löser gelang es. Geissein bei der Spirochaete
pallida nachzuweisen. Dieselben stellen sehr dünne Gebilde dar von der
Länge einer halben Spirochäte und sitzen an beiden Polen.
Nach Nicolas (60), Favre und Andre sprechen das Vorkommen
der Spirochäte auf den syphilitischen Produkten im Stadium der Virulenz,
sowie bei hereditärer Lues für die Spezifität. Dagegen spricht das nicht
konstante Vorkommen bei virulenten syphilitischen Produkten, die Vergesell-
schaftung mit anderen Parasiten in den Drüsen, die Anwesenheit der Spiro-
chäte in gewöhnlichen, nicht syphilitischen Affektionen und die schwere
Unterscheidung von der Spirochaete refringens. Ausserdem sind die Fälle,
in welchen die Spirochaete pallida im Blute gefunden wurde, noch sehr wenig
zahlreich. Es müssen noch neue Charakteristika zur Individualisierung der
Parasiten gebracht werden.
BoTcliard, Botryomykose, Rotz, Noma, Aktinomykoae, EchinococcuB eto. 195
Pollaodt (67) berichtet über drei Fälle von Nosokomialgangrän bei
Untersdienkelgeschwären, welche durch fusiforme Bazillen verursacht würde.
Er nimmt bezüglich dieser Spirochäten an, dass sie eine besondere Patho»
genital nicht besitzen.
Kraus s (43) wirft in Erwiderung auf den Aufsatz: ;, Versuche über
aktive Immunisierung bei Lues^ Brandweiner vor, dass er einmal die
Yälie zu spät in Behandlung genommen habe und ausserdem nicht genau nach
der Vorschrift verfahren sei.
Trotz Spirochaete pallida, trotz experimenteller Inokulation von Syphilis
ist es nach Salmon (76) doch in manchen Fällen noch nötig, bei sekundären
Erscheinungen abzuwarten, um die Diagnose eines syphilitischen Schankers
sicher stellen zu können.
In der. „Med. Presse^ gibt Wieney (6) ein Referat über die Spiro-
chaete pallida.
Die Arbeit Bandlers (4) ist ein Sammelreferat der bis zum August
1905 erschienenen Arbeiten über die Spirochaete pallida.
Thesing (95) begründet eingehend seine Ansicht, dass der Beweis für
die Protozoennatur der Spirochäten wie für die ätiologische Bedeutung der
Spirochaete pallida noch ausstehe.
Siegel (82) hat bei der Maul- und Klauenseuche, den Pocken, dem
Scharlach, der Syphilis Parasiten gefunden, die anscheinend derselben Proto*
zoengattung angehören.
Siegel (83) glaubt den Cytorrhyctes luis, dessen Morphologie er ein-
gehend schildert, als den Erreger der Syphilis bezeichnen zu müssen, da auch
die Tierexperimente ihm ein positives Ergebnis zu haben schienen.
Der Cytorrhyctes luis (Siegel) tritt nach Merk (57) im Menschenblut
einige Zeit nach Erscheinung der Sklerose auf. Er hält sich lange Jahre
ond weicht den Injektionen sehr schwer, schneller den Inunktionen. In
schwereren Fällen tritt er auch in die roten Blutscheiben ein. Merk glaubt,
dass er nicht zu allen Tages- und Nachtstunden im selben Individuum in
gleicher Häufigkeit zu finden sei.
Jancke (34) hatte in sämtlichen Fällen von Lues in allen untersuchten
Präparaten einen positiven Befund von Cytorrhyctes luis, während die von
sicher gesunden Frauen kommenden Plazenten keine einzige Form aufwiesen.
Bibbert (69) fand in der Niere eines syphilitischen Kindes und in
zwei der Parotis entnommenen Präparaten, in denen keine Vermutung auf
Syphilis vorlag, grosse protozoeuähnliche Gebilde ähnlich den von Jesionek
und Kiolemenoglon beobachteten. Über die Bedeutung dieser Gebilde,
die wahrscheinlich als Protozoen aufzufassen sind , lässt sich zurzeit noch
nichts Bestimmtes aussagen.
Niessen (62) bespricht in der ;, Medizinischen Woche^ den heutigen
Stand der Syphiliserkenntnis.
Thibierge (97) kommt zu bemerkenswerten Resultaten bei experimen-
teller Syphilisübertragung an Affen. Es gelang ihm z. B. den gewöhnlichen
Schanker an mehreren bis drei Impfstellen des Augenlides hervorzurufen.
Hoff mann (30) gibt ein ausführliches Referat über die bis jetzt von
terschiedenen Autoren angestellten Experimente der Übertragung von Syphilis
anf Tiere mit besonderer Berücksichtigung der Bedeutung derartiger Versuche.
Kraus (42) glaubt mit Metchnikoff und Roux aus seinen Ver*
Sachen schliessen zu können, dass es gelingt, syphilitisches Virus auch
13*
106 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
auf nicht anthropoide Affen zu übertragen. Die Affektion lokalisiez*!^
aber bloss an der Impfstelle und führt nicht zur generalisierten Syx^hilis
beim Menschen und Schimpansen. Jedoch ist der experimentell ei*z£
Primäraffekt als ein syphilitisches Produkt anzusehen.
Das Vorkommen (58) syphilitischer Knochenveränderungen von Skelel
die mehr als 500 Jahre alt sind, sowie grössere Häufigkeit derartiger Kxick:
in Europa reicht allein schon hin, um die Hypothese des amerikaxiisc
Ursprungs der Syphilis zu widerlegen.
Hochsinger (26) teilt einen Fall von Polymyositis heredo-sypliili
im Säuglingsalter mit. Bis jetzt ist kein anatomisch sicher gestellter I
von durch Rückenmarkssyphilis bedingter Armlähmung im Säugliiigsa.lter
kannt. Der Fall Hochsingers erscheint geeignet, auf die besondere Wicht
keit der myopathischen Genese der syphilitischen Extremitätenlähmung <
Säuglinge hinzuweisen.
Eine ausführliche Besprechung der kongenitalen latenten Hypoplasi
der drüsigen Organe bei kongenitaler Syphilis gibt Kilma(35) anschlieseei
an eine Reihe früherer Publikationen. Diese Affektionen sind schon im ei
bryonalen Leben angelegt und haben ihren Ursprung in einer Hemmung od<
Beschränkung der normalen embryonalen Entwickelung in ihren verschiedene
Phasen. So glaubt auch Kilma, dass das syphilitische Virus unter günstige
Bedingungen vor allem einen hemmenden Einfluss auf die Entwickelang de
zukünftigen Individuums, besonders auf die Entwickelung seiner Drüsenorgan«
ausübt.
Marshall (49) teilt einen Fall von Syphilis hereditaria in der dritten
Generation mit. Die Grossmutter hatte Gummata an beiden Knien, die Mutter
zeigte mit 16 Jahren ein Gumma in der Poplitealgegend und eine Zerstörung
des Gaumens. Sie heiratete mit 19 Jahren und das erste Kind trug deut-
liche Zeichen der Syphilis.
Unter Berücksichtigung auch der ausländischen Literatur berichtet
Ampbell (11) über einen Fall von Syphilis hereditaria tarda. Derseibe
betrifft ein 16jähriges, gesundes Mädchen, das bis zum 15. Jahre keinerlei
Erscheinungen von Syphilis geboten hatte und dann an Schmerzen und syphi-
litischer Affektion der Beine erkrankte.
Nach Hop mann (33) soll man einen Patienten in infantilem oder
juvenilem Alter, bei dem trotz Fehlens von schwereren Mittelohrveränderungen
eine beiderseitige, starke Schwerhörigkeit mit sehr beeinträchtigter oder auf-
gehobener Knochenleitung, mit oder ohne heftigen Schwindel und subjektiven
Geräusche auftritt und bei dem auch die übrigen Symptome der Hutchin-
son sehen Trias oder andere hereditär-luetische Erscheinungen vorhanden sind,
sofort einer energischen antiluetischen Kur unterworfen. Am besten ist Queck-
silber. Nur so kann man vom Gehör retten , was noch zu retten ist. Die
Schmierkur ist mehrmals im Laufe von 2 — 3 Jahren zu wiederholen.
Bei dem Patienten Hoffmanns (28) waren nach einem Cunnilingus
gangränöse Ulcera mixta an Lippe und Zunge entstanden, femer ein Chancre
successif an der Kniefurche und ein von spezifischer Lymphangitis und Lymph-
adenitis gefolgter Pseudoprimäraffekt am linken Unteraum.
Nach Lessers (46) Annahme wird im Eruptionsstadium der Syphilis
der ganze Körper mit dem Gift überschwemmt. Es bleiben an zahlreichen
Orten zuerst in gleichmässiger Weise Reste des Giftes liegen, von welchen aus
dann im weiteren Verlauf Rezidive ausgeben. Je grösser der seit der In-
Borchard, Botryomykose, Botz, Noma, Aktinomykose, Echinococcus etc. 197
fektion verflossene Zeitraum wird, um so mehr geben die restierenden Keime
zagnmde. Es ist diese Annahme auch eine wesentliche Begründung für die
Zweckmässigkeit und Notwendigkeit der intermittierenden Quecksilberbehand-
long der Syphilis.
Cipollina (12) hat mit Rossi ein Serum antisyphiliticum durch In-
jektion von grossen Dosen defibrinierten Blutes sekundär Syphilitischer, welche
noch keine spezifische Behandlung erfahren hatten, erhalten.
Dies Serum wurde bei 40 Patienten mit sekundären oder tertiären Er-
scheinungen angewandt und erwies sich sowohl bei den sekundären Erschei-
nungen als wie besonders den tertiären im Ulzerationsstadium wirksam.
Spitzer (90) hat Versuche mit Serumbehandlung der Syphilis gemacht
und glaubt, dass in einzelnen rechtzeitig injizierten Fällen die vorgenommenen
Injektionen vielleicht nicht ohne Einfluss gewesen sein können.
Brandweiner (9) berichtet über negative Ergebnisse der. aktiven
Immunisierung und glaubt auch nicht, dass man sich von diesen Versuchen
etwas versprechen kann.
Lane (45) bespricht in dem Rückblick über einige neue Werke aus
dem Gebiete der Syphilis die Behandlung derselben in der Armee, die experi-
mentellen Untersuchungen über Syphilis, die allgemeine Paralyse im Gefolge
der Syphilis, die Abortivbehandlung derselben, die intramuskulären Injektionen
von Kalomel bei Syphilis, intramuskuläre Jodipininjektionen im tertiären
Stadium.
Nach verschiedenen Versuchen glaubt Andry (1), dass Suppositörien
TOD ^huile grise^ gut vertragen werden, und dass sich das Quecksilber auch
als Ausscheidung im Urin nachweisen lässt. Bei der leichten Anwendbarkeit
der Methode empfiehlt er dieselbe zur Nachprüfung, wenn er selbst auch zu
sicheren Resultaten nicht gekommen ist.
Tomaszewski (99) bespricht die Technik der subkutanen Jodipin-
anwendung.
Variol (100) rühmt sehr das alte Mittel „Mercurium cum crela^ gegen
Syphilis hereditaria. Ausser einer spezifischen Wirkung ist es von gutem
Einfluss bei der Gastroenteritis. Variol gibt es in einer Dosis von 3 cg.
Krefting (44) empfiehlt zur regulären ambulatorischen Behandlungs-
weise der Syphilis wöchentliche Sublimatinjektionen von 10 g einer V2^/oigen
Sublimatlösung und zwar sowohl bei schweren als bei leichten Fällen.
Nach Bechhold (5) wird durch Quecksilber und Chloroform-Harn die
Wirkung des Nyl and ersehen Reagens aufgehoben. Es ist deshalb nötig,
bei Menschen, welche sich mit Sublimat waschen, bei Syphilitikern, die eine
Qaecksilberkur gebrauchen, beim negativen Ausfall der Nylan der sehen Probe
eine andere Probe anzustellen. Ebenso wird natürlich durch das Auswaschen
der Nachtgeschirre mit Sublimat die Reaktion beeinträchtigt. Das Versagen der
Reaktion zeigt ferner an, ob bereits eine Quecksilbersättigung des Organismus
eingetreten ist.
In der Frage ^Syphilis und Trauma" erwachsen bei der Beurteilung
TOD Unfallverletzten oft Schwierigkeiten dadurch, dass zwar Zeichen frischer
oder alter Syphilis vorhanden sind, dass aber nicht klarzustellen ist, ob die
vorliegende Lokalisation des syphilitischen Prozesses durch den Unfall be-
dingt ist. Die Beschwerden der Kranken können von traumatischen Stö-
nmgen herrühren, Syphilis und Trauma können als ursächliche Momente
198 Jahresbericht für Chimrgie. I. Teil.
nebeneinander bestehen, oder es kann die Syphilis allein die Urs&olie
Beschwerden sein. Zwei mit diesen Fragen sich beschäftigende Gmt&ol
teilt Meyer (54) mit.
vm.
Erkrankungen der Sehnen, Sehnenscheiden und
Muskeln.
Referent: E- Goldmann, Freiburg.
Die mit * veraehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Aleesandri, Ün caao di angioma cavemoso del muscolo trapezio. Policlinico. Sezioii
chirargica 1905. F'asc. 3.
2. BrOning, Zwei seltene Fälle von aubkataner Sehnenzerreisaang. Mflnchener mec
Wochenschr. 1905. Nr. 40.
3. Delfino, £., Sni tnmori primitivi delle borae aierose. La'riforma medica I90o
Settembre.
4. Ferrarini, G., ,Sopra la fnntione dei mnacoli immobilizzati". Stadie rioerche speri
mentali. Archivio di Ortiopedia 1905. Anno 22. Faac. 6.
5. Frftnkel, James, Sehnenoperationen. Berliner klin. Wochenschrift 1905. Nr. 45,
p. 1428.
6. Frank, Beitrag zur tranmatiscben Moskelverknöcherang. Langenbecks Archiv.
Bd. 76.
7. Grünbaum, Zur Kasuistik der Myositis osaifioans traumatica. Wiener med. Presse
1905. Nr. 39 und 40.
8. Heine, Myositis ossificans traumatica. Monatsschrift für Unfall- und Invalidenkande
1905. Nr. 8.
9. Hilde br and, Ischämische Muskellähmungen. Berliner klin. Wochenschr. 1905. p. 1058.
10. Hildebrandt, Über eine neue Methode der Muskeltransplantation. Langenbecks
Archiv. Bd. 78.
11. Kaiser, Zur Kenntnis der primären Muskeltuberkuiose. Langenbecks Archiv.
Bd. 77.
12. *Keen, William W., Rupture of the tendon of the biceps flexor cubiti. Aonals of
surgery 1905. May.
13. Krau SS, Eine praktisch wichtige Form von Sehnenzerrung. Medizin. Blätter 190l5.
Nr. 43 und 44.
14. Küttner, Über subkutane Sehnen-Scheidenhämatoroe. Beiträge zur klin. Chiruigie.
Bd. XLIV.
15. *Lange, Sehnenverpflanzung. Zeitschr. f. ärztl. Fortbildung 1905. Nr. 22.
16. Marcus, Ein Beitrag zur Lehre von der Muskelabmagerung. Monatsschr. f. Unfall-
heilkunde 1905. Nr. 7.
17. Mignon, Hypertrophie partielle des mnscles strito. Soc. de diir. 1905. Nr. 26.
18. P^hu et Heraud, La myosite ossifiante progressive. Gaz. d. Höp. 1905. Nr. 140.
19. Pellegrini, A., Ossificazione traumatica del legamento coUaterale tibiale del ginocchio
(con tre figure). La Clinica Modema. Anno XI. Firenze 1905.
20. Poncet, Hypertrophie musculaire essentielle donnant lieu ä une erreur de diagnostic
Lyon m6d. 1905. Nr. 31.
Goldmann, Erkrankungen der Sehnen, Sehnenscheiden und Muskeln. 1JD9
21. Poncet. Bypertropfaie mnseulaire partielle donnant lieu ä des exreurs de diagnoatic
SocMe de chir. 1905. Nr. 27.
22. *Reboul, Absence congönit. sym^triqne des muscles pectoraux. Rev. d'orthop. 1905.
Nr. 4.
2S. *Stern, Walther G., Die chirurgische Behandlung paralytischer Deformit&ten. New-
Yorker med. Monataschxift 1905. April.
24. StransB, Zar Kenntnis der sogenannten Myositis ossificans traumatica. Langen -
beeks Archiy. Bd. 78.
25. Tnbby, The treatment of paralysis by tendon transplantation and arthrodesis. The
Prmct. 1905. Not. p. 682.
26l Tnrner, £inige Ergftnznngen zur Technik der Sehnentransplantationen. Zeitachr. Ar
ortbc^id. Chirurgie 1905. Bd. 14.
27. Wollen borg, Arterienversorgung von Muskeln und Sehnen. Zeitschr. fOr orthopftd.
Cbirnzgie 1905. 14, 7.
S trau SS (24) berichtet über einen Fall von Verknöcherung im Qnadri-
ceps cmris nach einmaliger Verletzung des Muskels beim Fussballspiel. Das
Osteom hing mit dem Femur breit zusammen und veranlasste vor allem Be-
schwerden in den Beinspangen des Kniegelenks.
Durch die Entfernung der Geschwulst sind die Beschwerden gehoben
worden. Dieselbe stellte eine muschelähnliche Knochenzyste dar, in deren
Innerem eine serös-sanguinolente Flüssigkeit sich befand. Die genaue histo-
logische Untersuchung zeigte, dass das Osteom sowohl einer Wucherung des
intermusknlären Bindegewebes als des Periostes seine Entstehung verdankte.
Im Anschluss an diesen Fall unterwirft der Verfasser die Frage nach
der Pathogenese der Myositis ossificans traumatica einer eingehenden kriti-
schen Besprechung und stützt seine Ansichten vor allem auf die Ergebnisse
äusserst sorgfältiger Studien der Literatur.
Neue Gesichtspunkte für die Entstehung und das Wesen des Leidens
wurden jedoch nicht zutage gefordert.
Bezüglich der Behandlung vertritt der Verf. die operative Therapie in
allen Fällen, in denen durch das Osteom erheblichere Beschwerden veranlasst
worden.
Hildebrandt (10). In einem Falle von ausgedehnter Lähmung der
Schultermuskulatur mit konsekutiver Entwickelung eines Schlottergelenks ist
eine Besserung der Funktion und des Gelenkzustandes in folgender Weise
erzielt worden. Hart an seinem stemalen Ursprünge ist der Pectoralis major
abpräpariert und von der Brustwand losgelöst worden, wobei die grossen
Muskelgefasse und die ihn versorgenden N. thoracici anteriores geschont
wurden. Der Muskel ist dann um 80^ gedreht und sein freies Ende am
akromialen Klavikularende bezw. am Akromion vernäht worden. Die Muskel-
fasern liefen somit senkrecht zum Oberarm herunter. Der Verlauf der Ope-
ration war ein günstiger. Der Kranke konnte den Arm nach vorne bis bei-
nahe zur Horizontalen erheben. —
Die Berechtigung zu so ausgedehnten Loslösungen von Muskeln wird
TOD experimentellen Untersuchungen abgeleitet, die folgendes Ergebnis ge-
liefert haben: ;,Es gelingt einen Muskel, welchen man fast vollkommen aus
der Zirkulation ausgeschaltet hat, im Körper wieder einzuheilen und funktions-
fähig zu erhalten, wenn man ihm seinen Nerv, d. h. den Zusammenhang mit
dem Zentrum, sowie die diesen versorgenden Gefässe lässt. Der grösste Teil
der Fasern geht allerdings zunächst zugrunde, doch bleibt die Regenerations-
faliigkeit vollkommen erhalten.^
200 Jahresbericht für Ghinirgie. I. Teil.
In zwei Fällen wurden Tumoren vorgetäuscht durch eine m
wahre Hypertrophie eines Muskels. In dem einen Falle glaubte Pon.ce
eine Geschwulst der Wange vor sich zu haben. Bei der Operation ze^ig
sich aber, dass nur eine umschriebene Volumenszunahme des Massetez* ^c
Nach Entfernung der vorspringenden Partie war der Zustand dauemd g^
In dem zweiten Fall wurde an der inneren Seite der Kniekehle eine Zuz
vorgenommen in dem Glauben, dass ein Schleimbeutelhygrom vorla.^.
zeigte sich aber lediglich eine umschriebene Hypertrophie der inneren I^oi
des Gastrokmenius.
Ähnliche Beobachtungen in der Lumbaigegend erwähnt Durand.
Ganz besonders bei der Übertragung der Kniebeugemuskeln SLVif
Strecker erweisen dieselben sich häufig zu kurz. Um nun die „Seidenselin<
nach Zange zu umgehen, schlägt Turner (26) vor, eine Periostknoch
lamelle an der Insertionsstelle der zu transplantierenden Sehne abzupräparien
und vermittelst derselben die Verlängerung zu beweckstelligen.
Frank (6) beschreibt zwei Fälle, in denen nach einmaligem Xnsi
(Huf schlag, Luxation) eine Verknöcherung im Quadriceps und im Brach ia
internus sich gebildet hatte. Im ersten Falle sass das Osteom breit auf de
Femurknochen auf, im zweiten fand sich neben einem freien Osteom i
Brachialis internus eine Knochengeschwulst, die mit dem Proc. coronoidei;
ulnae zusammenhing.
Starke Störungen in den betreflfenden Gelenken wurden durch die opera
tive Entfernung der Geschwülste gehoben.
Bezüglich der Ätiologie dieser traumatischen, ossifizierenden Mjosih'i:
nimmt der Verfasser einen vermittelnden Standpunkt ein, indem er sie so-
wohl auf eine Schädigung des Periostes als auch des intermuskulären Binde-
gewebes zurückführt. Je nach der Schwere der Läsion ist die ossifizierende
Tätigkeit im Periost oder im Muskelbindegewebe stärker und dementsprechend
die Knochengeschwulst mit dem Knochen verwachsen oder frei im Muskel.
Die Knochenbildung selbst könnte nach Ansicht des V^erf. als eine
funktionelle Anpassung des geschädigten Muskelbindegewebes aufgefasst werden.
Ein operativer Eingriff, der sich auf die Entfernung der Knochengeschwulst
beschränken kann, erscheint bei funktionellen Schädigungen der Muskeln oder
der benachbarten Gelenke geboten.
Bei einer 70jährigen Frau fand Kaiser (11) eine Tuberkulose im Ge-
biete des Glutaeus max., gastrocnemius und des Palmaris longus, welche
klinisch sich als fluktuierende Anschwellungen der betreffenden Muskeln
kimdgab. Die Impfversuche und die histologischen Nachforschungen bestä-
tigten die Annahme einer Muskeltuberkulose. Bei der Autopsie der Patientin
zeigten sich die benachbarten Knochen und Gelenke intakt. In der linken
Lungenspitze wurde ein älterer tuberkulöser Herd gefunden, femer ein tuber-
kulöser Thrombus der Vena jugular. int., der zu einer Miliartuberkulose im
kleinen Kreislauf den Anlass gab.
Die geringe Veränderung in der Lungenspitze, ihre völlige Abgrenzung
Hessen dem Verf. es wahrscheinlich erscheinen, dass die Muskeltuberkulose
die allgemeine Verbreitung der Tuberkulose bedingt hat.
Die einschlägige Literatur ist sehr sorgfältig berücksichtigt.
Poncet (21) bespricht die beiden bereits oben referierten Fälle aber-
mals. Im Anschluss an seinen Vortrag berichten Arron und Faure über
Goldmann, Erkranknogen der SehnoD, Sehnenscheiden and Muskeln. 201
Üioliche Pseudotumoren der Wange und des inneren Fussrandes, die nur
aus quei^estreifter Muskelsubstanz bestanden.
Ähnlich den Beobachtungen von Poncet sind diejenigen von M i g n o n (1 7),
die den Masseter gastrocnemius und soleus betreffen. Stets fanden sich
Pseudotumoren, die bei der Kontraktion des betreffenden Muskels härter
wurden und zunahmen, und die bei der Exstirpation sich als normale, quer-
gestreifte Muskelsubstanz erwiesen.
Da Hernie und Ruptur ausgeschlossen waren, nimmt der Verf. eine
lokalisierte Hypertrophie des Muskels an.
Seinen Ausführungen treten Potberat und andere bei, während Poi-
rier die Ansicht äussert, dass es sich in derartigen Fällen immer um par-
tielle Muskelrupturen handelt.
Nach einer schweren Quetschung des Oberschenkels bildete sich an
dessen Aussenseite eine durch Röntgenstrahlen nachgewiesene Knochenzyste,
Ton der Heine (8) annimmt, dass sie primär durch Reizung des Periostes
am Knochen sich entwickelte und in die Weichteile sekundär ge¥nichert ist.
Blondere Beschwerden hat sie nicht verursacht. Eine Behandlung fand
nicht statt.
In drei Fällen hat Marcus (16) Atrophien der Interossei, partielle des
Deltoideus und des Yastus internus beobachtet, die als Inaktivitätsatrophien
sich nicht deuten Hessen, vielmehr auf eine direkte Schädigung der motorischen
oder trophischen Nerven der betreffenden Muskeln zurückgeführt werden
mussten.
Entartungsreaktionen und Sensibilitätsstörungen fehlten.
Die Atrophie setzte rasch ein. In demselben Muskel war die Atrophie
ungleich verteilt.
Die übliche Behandlung der Inaktivitätsatrophie versagte vollkommen.
Für gewöhnlich wird der Ausfall von Muskelkraft durch kompensatorische
Hypertrophie der erhaltenen Fasern ersetzt.
Verf. tritt für eine energische, frühzeitige Behandlung dieser Form von
Atrophie ein, die nach seiner Ansicht häufiger als bisher angenommen, vor-
kommt.
Durch Injektionen mit Terpentinquecksilber und nachträglicher Röntgen-
photographie hat Wollenberg (27) das Gefasssystem der Muskeln und
Sehnen bei Neugeborenen und Erwachsenen vortrefflich zur Ansicht gebracht.
Von seinen Resultaten seien nur folgende Punkte erwähnt:
Jeder einheitliche Muskel besitzt ein fast in sich abgeschlossenes Gefass-
srstem, in dem die Verbindungen mit der Nachbarschaft fein und spär-
lich sind.
Zur Längsrichtung des Muskels verlaufen quer oder umgreifen denselben
die Gelasse am M. biceps femoris, semimembranosus, tibialis anticus u. a.
Parallel zur Längsrichtung der Muskelfasern verlaufen die Hauptgefässe
im M. gracilis und semitendinosus.
Die Sehne erhält ihre Gefasse vorwiegend aus dem Peritenonium und
dessen Gefasse stammen entweder aus dem benachbarten Muskel oder an-
grenzenden Knochen, Bändern, Fett- oder Zellgewebe.
Nach Ahpräparieren des Peritenoniums bleibt fast kein Gefäss in der
Sehne sichtbar.
Dieses Verhalten scheint dem Verf. von praktischer Bedeutung für die
Frage, ob bei Sehnentransplantationen zirkuläre Durchschneidungen von Sehnen
202 JahreBberioht fQr Chirurgie. I. Teil.
deren peripheres Ende gefährden. Eine solche Gefahr besteht nicht. Viel-
mehr hat man bei Sehnenoperationen lediglich darauf zu achten, dass man
die Sehne nicht auf zu grosse Strecken von ihrem Peritenonium entblösst.
Der Arbeit sind zahlreiche Abbildungen von Röntgenaufnahmen bei-
gegeben.
Tubby (25) hält die Verbindung von Sehnen transplantation mit Ar-
throdese für angezeigt; er hat von der isolierten Sehnentransplantation be-
sonders an der oberen Extremität keinerlei sonderlichen Erfolge gesehen.
P6hu et Heraud (18) stellen lediglich bekannte Tatsachen aus der
Geschichte und dem Verlauf der Erkrankung aus der Literatur zusammen,
ohne eigene Beobachtungen.
Einen Fall dieser seltenen Verletzung beobachtete Eiittner (14) bei
einem Studenten, der auf die ausgestreckte Hand fiel. Genau entsprechend
der Sehnenscheide des M. digitorum communis und des M. poUids longas
entwickelte sich an der Dorsalseite der Hand eine fluktuierende Geschwulst,
die auf Massage zurückging.
Die Diagnose eines Sehnenscheidenhämatoms wurde aus dem Verlauf
und der Form der Geschwulst gestellt, femer aus der Tatsache, dass bei
Beugung und Streckung der Finger die Geschwulst sich mitbewegte.
Die bisher in der Literatur beschriebenen Fälle von Sehnenscheiden-
hämatom betrafen stets die dorsalen Scheiden der Finger und Hand, was der
Verf. von ihrer oberflächlichen Lage ableitet.
Das Hämatom kann nur bei unverletztem parietalem Blatt sich ent-
wickeln oder aber unter Verhältnissen, in denen der Riss des parietalen
Blattes etwa durch Eongestion erschlossen ist. Das Blut kann von einem
Riss in dem viszeralen Scheidenblatt herrühren oder von einem benachbarten
Gelenk, wenn unter normalen Verhältnissen eine Verbindung zwischen Gelenk
und Sehnenscheide vorliegt.
Grünbaum (7) teilt 8 neue Fälle von Muskelosteom mit. Sie betrafen
entweder den Quadriceps oder den Brachialis internus und hatten sich alle
mehr oder weniger rasch nach Quetschungen des Oberschenkels oder Traumen
der Ellenbogengelenksgegend entwickelt.
Verfasser vertritt die Ansicht, dass solche Osteome sich primär im
Muskel entwickeln können und von der Grösse des Blutergusses abhängig
sind. Er tritt dabei für frühzeitige Behandlung durch heisse Luftbäder und
Massage ein und vertritt die schonendere operative Behandlung nur, wenn
stärkere funktionelle Beschwerden vorhanden sind.
Kraus (13). Bei jugendlichen Individuen soll nach einmaliger stärkerer
Anstrengung in der Gegend des äusseren Leistenringes bei Knaben, in der-
jenigen der grossen Tube bei Mädchen, eine druckempfindliche Geschwulst
auftreten, die die Erscheinungen eines eingeklemmten Darmwandbruches bezw.
diejenige einer Appendizitis vortäuschen kann. Die Affektion konunt vor-
wiegend auf der rechten Seite vor.
^Die Hauptsymptome sind Schmerz und Schwellung in der Leisten-
gegend, reflektorische Stuhlverhaltung, normale Temperatur, Unmöglichkeit
zu gehen, Druckempfindlichkeit einer schmalen Zone zwischen dem Mac
Burney sehen Punkte und dem Os pubis.^
Mit Salben und Dunstumschlägen ist die Affektion vom Verfasser be-
seitigt worden.
Goldmann, Erkrankungeii der Sehnen, Sehnenscheiden und Muskeln. 20B
Hildebrand (9) vertritt die Ansicht, dass bei der sogenannten ischäm.
Muskellämiong ein Teil der Symptome nervösen Ursprungs ist. Bei Yer-
Jetznng der Ellenbogengegend werden die Knbitalgefasse tbrombosiert und
die Nerreiistamme in ihrer Ernährung geschädigt. Bei Vorderarmfrakturen
erzeugt der unzweckmässige Verband eine Muskelstarre. Die starren Muskeln
komprimieren N. ulnaris und medianus. Durch Präparation der Nerven-
stämme aus den starren Muskeln und Verlagerung unter die Haut hat Ver-
fasser eine Besserung der Lähmung erzielt.
Fränkel (ö) vertritt die Ansicht, dass auch bei progessiven Nerven-
leiden Seimenoperationen berechtigt sind, wenn die Aussicht besteht, dass
tur längere Zeit eine Verbesserung der Motilität zu erwarten ist. In einem
Falle von neurotischer progessiver Muskelatrophie hatte der Patient einen
starken Pes equino-varus Nach modellierenden Bedressement des Klumpfussea
wurde eine Verlängerung der Achillensehne nach Bayer und eine Verkürzung
der Strecker nach Hoffa vorgenommen, fand eine Verlagerung des
Th. anticus an die Aussenseite des Fusses. Der Erfolg der Operation war
ein ausgezeichneter.
Brünning (2) beschreibt zunächst einen Fall von subkutaner Zerreissung
der peripheren Bizepssehne hart an ihrem radialen Ansätze. Diese Zer-
reissung zog sich der Patient beim Verladen einer schweren Kiste zu. Die-
selbe gab sich durch geschwächte Beugefähigkeit des Vorderarmes und durch
eine Einsenkung des Bizepswulstes zu erkennen. Vermittelst der Naht etwa
4 Wochen nach der Verletzung wurde eine vollständige Heilung erzielt. In
dem zweiten Falle lag eine Zerreissung des Tib. anticus vor, die durch mini-
male Kontraktion der Fussstrecker bei fixiertem Fusse sich ereignete. Die
Ausfallserscheinungen waren gering und kompensiert durch die Zehenstrecker
ond dem Tub. pothicus. — Auch hier hat die Naht nach 4 Wochen vollen
Erfolg gehabt.
Ferrarini (4) machte seine Untersuchungen an Kaninchen, denen er eins
der Hinterbeine für eine Zeitdauer bis zu 3 Monaten mittelst eines Verbandes
in Extension immobilisierte. Mit diesen Tieren erzielte er graphische Dar-
stelhingen, indem er gleichzeitig mit einer einzigen elektrischen Quelle beide
Nervüjschiatici reizte und die Sehnen der Gastrocnemii mit zwei unterstellten
in ihrem Bau identischen Myographen verband. Mit dieser Anordnung studierte
Verfasser die Funktion des immobilisierten Muskels im Vergleich zu der des
geisanden und hatte besonders im Auge: die Reizbarkeit, den Stoss, die
Ergographie und den Tetanus.
Auf diese Weise hat Verf. konstatieren können, dass der immobilisierte
Muskel in bezug auf den gleichnamigen gesunden 1. weniger reizbar ist und
diese Herabsetzung gering und bis zu einem gewissen Punkt an die Dauer
der Immobilisation gebunden ist ; 2. einen langsameren und bedeutend weniger
energischen Stoss gibt, und dass die Energieherabsetzuug ebenfalls bis zu
einem gewissen Punkt an die Dauer der Immobilisation gebunden ist; 3. eine
erheblich geringere mechanische Arbeitsfähigkeit besitzt; 4. eine rasch ab-
fallende Anstrengungskurve gibt ; 5. einen leichter vollständigen Tetanus gibt,
bei dem die prätet^anische Elevation eher verschwindet, wodurch die Linie
des Tetanus selbst anstatt rasch und vertikal, langsam und geneigt wird.
Der Verf. schliesst so auf Grund seiner Untersuchungen mit der Be-
bauptung, dass die Merkmale der Funktion des immobilisierten Muskels in
ihrsD Hauptzügen ähnlich sind denen, welche man bei der Funktion des ge-
204 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Sunden und müden Muskels vorfindet, weshalb man sagen kanix, das
lang hinausgezogene Immobilisation eines Muskels, anscheinend i^eni^
dessen Funktion in derselben Weise wie die Anstrengung verändeirt.
R. GisL
Nach eingehender Besprechung der über den Gegenstand vorliege
Literatur beschreibt Delfino (3) einen Fall von einem fibromyxoma
Tumor, der sich primär an dem zwischen dem inneren Ende des AI. ga
cnemius und der Sehne des Semimembranosus bestehenden Schleimsack
wickelt hatte. R. G isn
Nach Hinweis auf die grosse Seltenheit primärer Bandverknöchera]
illustriert Bellegrini (19) einen Fall von traumatischer Verknöclienmg
Lig. coUat. tib. des Knies. Es handelte sich um einen 36 jährigen Mi
der sechs Monate vorher aus einer Höhe von 2 Metern herabgestürzt
mit der Innenfläche des Knies heftig auf einen eisernen Behälter aufgesch/a
war. Es fand sich eine taubeneigrosse Anschwellung von länglicher F(
und knöcherner Konsistenz, die fest auf dem Epicondylus femoralis aufsi
Mit Hilfe der klinischen Daten und der radiographischen Untersuchung kon
die Diagnose gestellt werden und es wurde die Exstirpation Yorgenomm
Bei der Operation fand man, dass die Yerknöcherung mit breiter Basis i
dem Epikondyl angesetzt war und dass sie mit dem Lig. coUat. tib, o
Knies ein Ganzes bildete. Nach Zerlegung des pathologischen Stückes l
merkte man , das die Ossifikation den zentralen Teil des Ligaments auf '
seiner Länge einnahm.
Die histologische Untersuchung zeigte an der Grenze der OssiGkatic
die Umbildung von Sehnengewebe in Knochengewebe ; Verf. nimmt daher ai
dass ein Teil der Yerknöcherung sich auf Kosten des Bandes unabhängig ro
dem Periost gebildet haben könne; andererseits kann unter Berücksichtigun
der engen Verwachsung der Verknöcherung mit dem Schenkelbein und ihre
stärkeren Entwicklung an dieser Stelle nicht ausgeschlossen werden, das
auch das Periost zur Bildung dieser Verknöcherung beigetragen; er schliess
deshalb, dass ein einziger Reiz (das Trauma) zu gleicher Zeit eine abnorme
Ossifikation von seiten des Periosts und eine Umbildung von Bandgewebe m
Knochen bedingt hat.
Die Verknöcheruug entwickelte sich als direkte Folge eines einzigen,
heftigen, bei der Arbeit davongetragenen Traumas ; es ist deshalb diese Ver-
letzung im Hinblick auf die Schadenersatzleistung als ein bei der Arbeit er-
littener Unfall zu betrachten. R. Giani.
Alessandri (1) nimmt von einem Falle von kavernösem Angiom des
M. trapezius den Anlass, um die diesbezügliche Literatur zusammenzustellen.
Dann beschreibt er den von ihm operierten Fall und berichtet über den
mikroskopischen Befund, welcher dem von anderen Autoren schon beschrie-
benen vollständig glich. Es handelte sich um eine 29jährige Frau, welche
eine halborangengrosse , weiche, fluktuierende Geschwulst in der rechten
Rückengegend aufwies. Da man das Kriterium der Reduzierbarkeit ihres
Umfanges nicht feststellen konnte, so dachte man zuerst an eine Lymphocele
oder an ein zystisches Lymphangiom. Beim operativen Eingriff offenbarte
sich die wahre Beschaffenheit der Geschwulst. R. Giani (Rom).
Eh rieh, Yerletznngen und chinirg. Krankheiten der Blutgefilsae etc. 205
IX.
Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blut-
gefässe, der Lymphgefässe und Lymphdrüsen-
Referent; E. Ehrich, Rostock.
Die mit * yersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Allgemeines.
I. Barte], J., Die Bedeutung der Lymphdrüse als Schutzorgan gegen die Tuberkulose-
iofektion. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 41.
t Bier, A., Bemerkungen zu Katzensteins Arbeit: .Über Entstehung und Wesen des
Uteriellen KoUateralkreislaufs". Deutsche Zeitschr. f. Cbir. Bd. 79.
3. Bondet-Piöry, Sur un cas de maladie des plongeurs (hämatomyölie chez un sca-
pkaodrier p^cheur d'öponges). Lyon m^d. 1905. Nr. 26. p. 1406.
i Bosse, Postoperative Leukozytose. Wiener med. Presse 1905. Nr. 38.
5. Delamare et Tanasesco, Recherohes sur les artöres du sympathique cöphalique.
Ball et m^m. de la Soc. anat. de Paris 1905. Nr. 6. p. 548.
6. Les art^res du sympathique abdominal. Bull, et m^m. de la Soci^tö anat. de
Paris 1905. Nr. 6. p. 547.
'. *Farabeuf, Sur les vaisseaux sangoins des organes gönito-urinaires du p^rin^e et du
pelvis. BoU. de TAcad. de m^d. 1905. Nr. 15.
i Fiori, P., Influenza dell* allacciatura delle giugulari sugli esiti della legatura dei gross!
troDchi arteriosi del coUo. La riforma medica 1905.
9. Hildebrand, Scholz, Wieting, Das Arteriensystem des Menschen im Stereoskop.
Höntgenbild. IT. Aufl. Wiesbaden 1904. J. F. Bergmann.
10. Holobat, Beziehungen zwischen Blutdruck und Znsammensetzung des Blutes. Wieuer
Uin. Wochenschr. 1905. Nr. 49.
II. Israel, 0., Über aktive Lymphozytose und die Mechanik der Emigration. Berliner
klio. Wochenschr. 1905. Nr. 18.
12. Katzenstein, W., Über Entstehung und Wesen des arteriellen KoUateralkreislaufs.
Deutsche Zeitschr. f. Chir. LXXVII.
1^ - Über Entstehung und Wesen des arteriellen KoUateralkreislaufs. Eine Entgegnung
an Herra Prof. Bier. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 80.
R MÜDer, Die sogenannten Stauungsblutungen infolge Überdrucks im Rumpf und dessen
verschiedene Ursachen. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 76. 2, 8.
13. - Nachtrag zu dem Aufsatz „Über die sog. Stauuugsblutungen infolge Überdrucks im
Humpf*. Deutsche Zeitschr. f. Chir. 76. 4—6.
16. Most, Klinische und topographisch-anatomische Untersuchungen über den Lymphgefäss-
appant des Kopfes und des Halses. AUgem. med. Zentral-Ztg. 1905. Nr. 47.
!'■ Reich, Über die Glykogenreaktion des Blutes und ihre Verwertbarkeit bei chirurgischen
Affektioneo. Beitr. zur klin. Chir. 1904. Bd. XLII.
1<. ^chridde, Wanderungsf^bigkeit der Lymphozyten. Münch. med. Wochenschr. 1905.
Kr. 39.
^^ Stadler, £. und Hirsch, C, Meteorismus und Kreislauf. Eine Experimentalunter-
rachoiig. Grenzgeb. der Chir. und Med. 1905. Bd. 15.
Bartel (1) gelang es in vitro durch längere Einwirkung von Lympho-
zyten (Milz, Mesenterialdrüsen vom Hund) die zwischen ihnen suspendierten
^überkelbazillen in ihrer Wirkung im Impfversuch am Meerschweinchen voll-
206 JAhresbericht für Chirurgie. I. Teil
ständig zü hemmen, während Kontrollversnche mit aktivem und inaktivem
Serum keine hemmenden, sondern nur eine leicht abschwächende Wirkung
ergaben. Auf Grund seiner Versuche betrachtet er die Lymphdrüse, im all-
gemeinen den Lymphozyt, nicht nur als Schutzorgan, sondern zugleich als
wichtigen Heilfaktor gegen die Tuberkuloseinfektion und will in diesem Sinne
eine Therapie ausbauen, für die er den Weg vorzeichnet.
Bondet und Piery (3) beschreiben einen typischen Fall von „Taucher-
krankheit^, die hinsichtlich ihrer Ätiologie und ihres Symptomenbildes der
Caissonkrankheit an die Seite zu stellen ist. Die ersten Erscheinungen, die
sich bei dem Patienten nach dem Aufstieg aus einer Tiefe von 72 m zeigten,
bestanden in Ohrensausen, Schwindelgefühl, Hitzempfindung im Leibe. Innerhalb
von 4 Stunden entwickelte sich eine vollständige Paralyse sämtlicher Extre-
mitäten, die an den unteren mit einer kompleten Anästhesie einherging.
Während sie sich an den oberen nach 15 Tagen wieder zurückbildete, ent-
wickelte sich aus der schlaffen Lähmung der unteren gegen Ende des 4. Monats
ein Zustand spastischer Paraplegie. Urinretention bestand einen Monat hin-
durch. Als Ursache des Krankheitsbildes sprechen die Verff. Blutungs- und
sekundäre Erweichungsherde im Rückenmark bis zur Höhe des 2. Dorsal-
segments an.
Nach den Untersuchungen Busses (4) ist die postoperative Hyperleuko-
zytose als eine regelmässige Erscheinung anzusehen und zwar ist die Ver-
mehrung am geringsten bei extraperitonealen Operationen, stärker bei solchen
in unmittelbarer Nähe des Peritoneums und am stärksten bei intraperitonealen
Eingriffen. Sie verschwindet in gesetzmässigem Abfall. Wertvoll ist ihr
Nachweis besonders dadurch, dass Komplikationen im Heilungsverlauf meist
2 — 3 Tage vorher sich dokumentieren. Vereinzelte Male erwies sich das Mittel
unzuverlässig.
Delamare und Tanasesco (5 und 6) teilen die Ergebnisse ihrer
Untersuchungen über die arterielle Versorgung des sympathischen Nerven-
systems des Bauches und des Kopfes mit. Zum kurzen Referat nicht ge-
eignet.
F i o r i (8). Es handelt sich um eine Präventivmitteilung, in der Verf.
13 an Hunden und Kaninchen angestellte Versuche darlegt, bei denen er
zweizeitig beide Carotiden und die beiden Vertebralarterien unterband, indem
er bei einigen derselben primär die Vena jugularis externa und interna auf
der einen Seite ligierte. Auf Grund dieser Versuche schliesst der Verf., dass
die Unterbindung der Venae jugulares nicht die Folgen der Ligatur der
grossen Arterienstämme des Halses verschlimmert. R. Giani.
Hildebrand, Scholz, Wieting (9). Die erste Lieferung der in
2. Auflage erscheinenden Sammlung von stereoskopischen Röntgenbildern aus
dem Krankenhause Hamburg-Eppendorf bringt 10 Photographien vom Arterien-
system des Menschen. Die Aufnahmen wurden von Leichenteilen gewonnen,
in deren Arterien eine Terpentinquecksilbermasse injiziert worden war. Die
vorzüglich reproduzierten Bilder liefern ein äusserst klares und anschauliebes
Bild von der Verteilung der Arterien im Körper bis in die feinsten Ver-
zweigungen.
Holobut(lO) hat Untersuchungen über die Beziehungen zwischen Blut-
druck und Zusammensetzung des Blutes an Kaninchen angestellt, indem bei
ihnen Blutdruck Veränderungen entweder mechanisch, oder durch Faradisieren
oder durch chemische Mittel: Strychnin, Adrenalin, Nikotin, Pilokarpin erzeugt
Eh rieh, Yerletzcuigeii und ohirurg. Krankheiten der Blutgefftase etc. 207
urarden. Er kommt zu folgenden Ergebnissen : Im Gegensatz zu den bisherigen
iDschaaungen geht die Blutdrucksteigerung nicht immer mit einer Zunahme
der Zahl der roten Blutkörperchen einher, wie auch andererseits nicht immer
bei Blatdruckemiedrigung eine Abnahme ihrer Zahl stattfindet. Die Zu* und
Abnahme der Zahl der roten Blutkörperchen darf nicht immer als ein Zeichen
der Neubildung resp. des Zerfalls derselben angesehen werden. Als Hauptursache
der Schwankungen der Blutkörperchenzahl in der Raumeinheit bei Blutdruck-
Teranderungen sind die Schwankungen des Volumens der roten Blutkörperchen
zu betrachten. Die Trockensubstanz des Blutes und des Plasmas unterliegt
bei Blatdmckwechsel im allgemeinen nur unbedeutenden Schwankungen.
Israel (11) hält die Untersuchungsmethoden, mittelst derer in einigen
neueren Arbeiten der Nachweis der Emigrationsfahigkeit der Lymphozyten
geführt ist, für unzureichend und weist auf die Schwierigkeiten hin, die sich
der Beantwortung dieser Frage entgegenstellen. Nach seiner Ansicht, die sich
auf eigene Untersuchungen stützt, kann der Beweis für die aktive Emigrations-
lahigkeit der Lymphozyten bis jetzt nicht als erbracht gelten. In die Exsu-
date der serösen Häute sind sie sicher eingeschwemmt. Zu einem sicheren
Ergebnis in dieser Frage kann nur die Untersuchung des entzündeten Ge-
webes selber führen.
Katzenstein (12) liefert zunächst eine kritische Zusammenstellung der
in der Literatur über die Ursachen des arteriellen KoUateralkreislaufs nieder-
gelegen Ansichten, indem er besonders gegen die von Bier vertretene Theorie
Stellung nimmt, und gibt dann die Resultate seiner eigenen Forschungen
vieder, die an einem grossen Tiermaterial gewonnen wurden. Es werden
nacheinander die Vorgänge besprochen, die sich nach Unterbindung grösserer
Gefasse abspielen: 1. zentral von der Ligaturstelle; 2. an dem intermediären
Gefassbezirk, d. h. an den Kollateralen; 3. an dem pheripherischen Gefassab-
schnitt. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen sind im wesentlichen folgende :
Die Ausbildung des arteriellen KoUateralkreislaufs ist in erster Linie vom
Vorhandensein kleiner Verbindungsbahnen zwischen zentralem und pheriphe-
rischem Gebiet abhängig. Die nur auf diesen Bahnen mögliche Blutströmung
in das unterbundene Gebiet kommt infolge der grossen Differenz des im
zentralen und peripherischen Gebiete herrschenden Blutdruckes zustande.
Die Grösse der Differenz ist vorzugsweise abhängig von der Höhe des Blut-
druckes im zentral gelegenen Gebiet, die ihrerseits durch die vermehrte Tätigkeit
des Herzens hervorgerufen wird. Dem Vorhandensein grösserer|Widerstände, die
durch die erwähnten Verbindungsbahnen dargestellt werden, passt sich das
Herz durch vermehrte Tätigkeit an. Die Beanspruchung dieser Verbindungs-
bahnen bewirkt eine allmählich entstehende Anpassung dieser Gefässe, deren
Lumen sich langsam erweitert und deren Wand sich verdickt. Mit der Aus-
dehnung der Kollateralen werden die in ihnen vorhandenen Widerstände ge-
ringer, die Herzensenergie lässt allmählich nach, die Differenz des Blutdrucks
im zentralen und peripherischen Gebiet wird geringer, bis sie gleich Null ist.
Durch die nunmehr ausgedehnten Verbindungsbahnen wird die gleiche Menge
Blut in das unterbundene Gebiet befördert wie vorher, der daselbst herab-
gesunkene Druck hat seine frühere Höhe wieder erreicht und damit ist der
Kollateralkreislauf ausgebildet.
Bier (2) tritt der von Katzenstein an seiner Theorie des Kollateral-
kreislaufes geübten Kritik entgegen und wendet sich gegen die Auffassung
dieses Autors, dass die wesentliche Ursache der Entstehung des Kollateral-
206 Jahresbericbt fttr Chirurgie. I. Teil.
kreislaufes eine Blutdruckerhöhung sei. Wenn die letztere bei 'dei^ JJnt4
bindung sehr grosser Gefässe eine wichtige Rolle spiele, so handle es si
hier jedoch um künstlich geschaffene Ausnahmefalle. Dagegen sei es bei di
alltäglich vorkommenden Kreislaufstörungen in erster Linie die Verminderu]
des Widerstandes in den kleinen Gefässen des anämischen Gewebes, die zi
Anlockung des Blutes führe, wofür Bier einige Beispiele aus seixien Ve:
suchen zum Beweise anführt. Auf einige weitere Bemerkungen ßiers z
der Frage kann hier nicht näher eingegangen werden.
Eatzenstein (13) hält in einer Entgegnung an Bier an seiner Be
hauptung fest, dass die nach Lösung einer temporären Gefässliga.tur auf
tretende Hyperämie im anämischen Bezirk die Folge des plötzlicheii AuS'
gleichs der grossen Druckdifferenz im Gefässsystem ist. Die Theorie Biers
von der Anlockung des Blutes durch das anämische Gewebe werde durch
dessen Versuche nicht bewiesen.
Milner (14) gibt an der Hand von fünf Fällen sogen. Stauungisb/a-
tungen infolge Überdrucks- im Rumpf, die innerhalb eines Jahres in der
Charite zu Berlin zur Beobachtung kamen, und unter Mitverwertusg* der
einschlägigen Literatur eine Schilderung des Symptomenbildes dieser Affektion
und beschäftigt sich besonders eingehend mit dem Mechanismus ihrer £/2^
stehung. Die Ergebnisse seiner Erwägungen sind folgende: Die Stauungs-
blutungen am Kopf und Hals, die nach Bumpf kompression, nach Erbrecfae/z,
epileptischen Anfallen, Keuchhusten und schweren Entbindungen, femer bei
Strangulierten und endlich bei im Gedränge stark Gequetschten auftrete!?
können, entstehen hauptsächlich dadurch, dass der starke Überdruck in den
Rumpfhöhlen zu einer ßückschleuderung von Venenblut in das klappenlosa
Wurzelgebiet der Cava superior führt. Damit diese Rückschleuderung des
Blutes zustande kommt, ist eine passive einmalige Kompression des Thora^r
meist nicht ausreichend, sondern es muss der Kontusion meist eine reflek-
torische Lispiration mit nachfolgender Glottisschliessung und Anspannung
der Bauchdecken vorausgehen. Dazu gesellt sich häufig der gleichgerichtete
Einfluss späterer Abwehrbewegungen der Eingeklemmten, durch die auch
eine beträchtliche arterielle Fluxion nach oben herbeigeführt wird, femer
eine COg-Intoxikation und die mechanische Behinderung des venösen Rück-
flusses. Zur Entstehung der Stauungsblutungen ist nicht eine sehr hoch-
gradige Rumpfkompression notwendig und bei nur ;,momentaner^ Dauer
w^ürde eine solche allein wahrscheinlich fast niemals zur Erzeugung schwerer
Zirkulationsstörungen der beschriebenen Art hinreichen, ohne gleichzeitig die
inneren Organe schwer zu verletzen.
In einem Nachtrag zu vorstehender Arbeit teilt Milner (15) einen
weiteren hierhergehörigen Fall mit, der insofern von Interesse ist, als die
vorgenommene Sektion seine Ansicht, dass die Mitwirkung eines reflektorischen
Glottis verschlusses im Augenblick der Gewalteinwirkung bei der Entstehung
des Symptomenbildes eine wichtige Rolle spiele, bestätigte. Es fanden sich
oberhalb der Glottis bis zur Epiglottis einschliesslich sehr reichUche Sugil-
lationen und Petechien, während an der subglottischen und der trachealen
Schleimhaut nur spärliche, kleine Ekchymosen nachweisbar waren.
Most (16) hat sehr gründliche systematische Untersuchungen über den
Lymphgefässapparat des Kopfes und Halses angestellt. Aus den Ergebnissen,
die besonders für den Chirurgen von praktischer Bedeutung sind , sei hier
Ehr ich, Yerletzmigen and chirarg. Krankheiten der Blutgefässe etc. 209
nar folgendes angeführt: Die Lymphe strömt in seitwärts und abwärts ge-
richtetem Yerlanf aus den Qnellgebieten an Kopf und Hals den regionären
Drnsen zu, und zwar im grossen und ganzen aus den vorderen Gesichts-
partien zu den submaxillaren und submentalen Drüsen, aus den seitlichen
Partien des Kopfes zu den Drüsen an und in der Parotis und von der
Scheitelhöhe nach rückwärts zu den retroaurikulären und okzipitalen Drüsen
oder vielmehr direkt zu den tiefen Zervikaldrüsen. Die Lymphe aus den
Schleimhäuten der oberen Luft- und Yerdauungswege begibt sich im wesent-
lichen direkt zu den tiefen Zervikaldrüsen, nachdem sie die beschriebenen,
naher der Mittellinie gelegenen Drüsen vielfach passiert hat. Nur aus den
vordersten Teilen der Nasen- und Mundhöhlenschleimhaut und aus der
Wangenschleimhaut gelangen Gefälle zu den submaxillaren Drüsen. Un-
regelmässigkeiten, wie ein Hinübertreten zu benachbarten Drüsengruppen, ein
Überschreiten der Mittellinie, konmien vor.
Reich (17) hat an einem grossen Krankenmaterial der Tübinger
Klinik Untersuchungen über die Verwertbarkeit der Glykogenreaktion des
Blutes bei chirurgischen Affektionen angestellt und benutzte dazu die von
Ehrlich und von Z o 1 1 i k o f e r angegebenen Jodreaktionen. Die Jodreaktion
im Blute darf als Glykogenreaktion bezeichnet werden, da die aus dem Blute
dargestellte jodophile Substanz sich weder chemisch, noch polarimetrisch noch
morphologisch von derjenigen der Leber unterscheidet. Wahrscheinlich ist
sie als ein Zeichen der Degeneration jodophiler Leukozyten aufzufassen. Was
die Resultate der klinischen Untersuchungen anbetrifft, so erweist sich die
Jodreaktion bei entzündlichen und eiterigen Prozessen bis zum gewissen
Masse als Gradmesser der Wirkung, den die Infektion auf den Gesamt-
organismns, speziell auf das Blut ausübt. Je intensiver und länger eine
positive Reaktion dauert, um so wahrscheinlicher ist das Bestehen einer
Eiterung. Jedoch ist die Leukozytenzählung der Jodreaktion überlegen. Bei
chirurgischen Tuberkulosen kann das Verfahren zum Nachweis einer Misch-
infektion wertvoll sein, bei Tumoren ist es ohne Bedeutung. Das ResumÄ
der Untersuchungen bildet : Der Chirurg kann ohne Nachteil auf die Jodprobe
verzichten.
Schridde (18) hat in einem Falle von Lymphozythämie eines Neu-
geborenen mittelst einer besonderen Färbemethode in Lymphknoten die
Wanderungsfahigkeit der Lymphozyten, denen nach der Lehre Ehrl ich s
eine aktive Beweglichkeit fehlen soll, nachgewiesen und zwar sprachen die
Befunde für eine Immigration der Zellen, nicht für eine Emigration. Er
hält es für sehr wahrscheinlich, dass auch unter normalen Verhältnissen eine
solche Immigration der Lymphozyten in die Kapillaren stattfindet. Unent-
schieden bleibt, ob die im Blute kreisenden Lymphozyten diese Wanderungs-
fihigkeit bewahren.
Stadler und Kirsch (19). Während Hamburger die im Beginn
einer Erhöhung des intraabdominalen Druckes auftretende Steigerung des
Blutdruckes auf die durch eine Kompression der Venen im Bauch bedingte
Erschwerung des Kreislaufs zurückführt, fanden die Verff., die anstatt der
Einführung einer Kochsalzlösung in die Bauchhöhle eine Steigerung des
Druckes durch Aufblähung der Därme erzielten, dass die Blutdrucksteigerung
beim Meteorismus eine dyspnoische ist. Sie tritt stets synchron mit der Er-
schwerung der Atmung durch Hochdrängen des Zwerchfells ein.
Jaln-Mbcricht für Chimrgio 1905. 14
210 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
2. Hämophilie.
1. Bovis, De Fh^mophilie chez la femme. Semaine möd. 1905. Sept. 6.
2. Malherbe, Note sur an cas d'hömatarie grave d'origine h^roophilique sunrenue cl
rhomme ä la suite d'un cathöt^risme. Annal. des malad, des org. g^n.-urin. 190^- Ni~<
3. Moses, H., Psoasbämatome bei Hämophilie. Bruns Beitr. Bd. 47.
4. Perthes, Lokale Anwendung defibrinierten Blutes zur Stillung der Blutung bei BS.iz
philie. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 16.
5. Bomme, L'hör^dit^ dans rhömophilie et le purpura h^morrhagique chroniqiz«. J
Presse m^dic. 1905. Nr. 11.
6. Sahli, H., Über das Wesen der Hämophilie. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 56.
7. Weil, Emile, L*Hömophilie. Pathog^nie et Söroth^rapie. La Presse m^d. 1905. IS Oc
Nr. 84.
8. Wilson, John J., Haemophilia. Practit. 1905. Dec. p. 829.
Bovis (1) weist darauf hin, dass das Vorkommen der Hämophilie bei/7
weiblichen Geschlechte keineswegs so selten ist, wie vielfach angenoinnie]
wird. Häufig sind auf ein Organ, insbesondere auf den Uterus beschränkt/
oder rudimentäre Formen. TJnter 26 Bluterfamilien entstammenden Frauen
die selber nicht Bluterinnen waren, war bei 19 die Periode abnorm reichlich.
Die Besonderheiten in dem Krankheitsbilde beim weiblichen Geschlecht
werden genauer besprochen.
Malherbe (2). Bei einem Patienten mit Gonorrhöe trat während der
Sondenbehandlung eine schwere, anhaltende Hämaturie auf, die sich als
hämophilen Ursprungs herausstellte. Nachdem alle anderen Mittel versagt
hatten, kamen am 7. Tage Adrenalin (30 Tropfen in 3 Portionen) und 6 g
Chlorkalzium in wässeriger Lösung zur Anwendung. Am nächsten Tage ver-
ringerte sich die Blutung, um bald ganz zu sistieren. Verf. ist geneigt, dem
Chlorkalzium den glücklichen Verlauf zuzuschreiben. Als Quelle der Blutung
wurde der Blasenhals angesprochen.
Moses (3). Mitteilung dreier Fälle von Psoashämatomen bei Hämo-
philie aus der Königsberger Klinik, die spontan entstanden waren. Aus der
Literatur konnte Verf. im ganzen nur 17 Fälle von Psoashämatomen zu-
sammenstellen, die jedoch fast sämtlich traumatischen Ursprungs waren. Die
Diagnose ist schwierig, da die klinischen Symptome nicht wesentlich von
denen anderer Affektionen im Bereich des Psoas abweichen und somit Ver-
wechslungen mit Lues, kalten Abszessen, Echinococcus, Osteomyelitis, Psoitis,
Sarkom vorkommen. Sichere Aufklärung bringt nur die Probepunktion, die
zwar nicht unbedenklich, aber erlaubt ist, da die nach innen erfolgende
Blutung durch Kompression seitens des Hämatoms zum Stehen kommt.
Perthes (4) hat bei einem hämophilen Knaben eine sehr hartnäckige
Zahnfleischblutung, die allen anderen Massnahmen getrotzt hatte, durch ört-
liche Anwendung defibrinierten Blutes zum Stillstand gebracht.
ßomme (5) weist kurz darauf hin, dass die Purpura haemorrhagica,
die in einer kontinuierlichen und intermittierenden Form auftreten kann, der
Hämophilie im klinischen Bilde sehr ähneln kann, sich jedoch dadurch von
ihr unterscheidet, dass das Leiden nicht erblich ist.
Sahli (6) hat sehr eingehende Blutuntersuchungen bei vier Blutern, die
aus drei verschiedenen Familien stammten und deren Krankengeschichten
ausführlich wiedergegeben werden, angestellt. Aus den Ergebnissen der
Arbeit sei folgendes angeführt : Die morphologische Untersuchung des Blutes
bei dreien ergab eine massige Verminderung der prozentischen Zahl der neutro-
Ehr ich, Yerletzongen und chirorg. Krankheiten der Blntgefässe etc. 211
philen Leukozyten mit prozentischem Überwiegen der Lymphozyten. Die 6e-
jinnbarkeit des Blutes erwies sich in allen vier Fällen znr Zeit, wo die
Kranken keine Blutungen hatten, als hochgradig verlangsamt gegenüber der
2(orm, eine so konstante Erscheinung, dass sie diagnostisch verwertbar ist.
Zar Zeit, wo der eine Patient an einer schwer stillbaren Blutung litt, zeigte
das aus der Verletzung tropfende Blut unter Bildung eines starken Fibrin-
koagulums auf der Wunde hochgradige Beschleunigung der Gerinnung, in-
folge der Beladung des aussickernden Blutes mit Fibrinferment aus dem
Koagulum, über welches es floss. Aber auch das aus einer anderen frischen
Stichwunde zu dieser Zeit entnommene Blut gerann rascher wie in der Norm
oder mindestens normal rasch. Die Fortdauer der hämophilen Blutung trotz
hochgradiger Gerinnungsbeschleunigung kann nur auf die abnorme Qualität
der lädierten Wandungen der blutenden Gefasse zurückgeführt werden, welche
wahrscheinlich ungenügende Mengen von Thrombokinase oder zymoplastischer
Substanz liefern. Die mangelhafte Gerinnungsfähigkeit des Blutes in den
Intervallen zwischen den hämophilen Blutungen ist eine der genannten fehler-
haften chemischen Beschaffenheit der Gefässwände koordinierte Erscheinung
und vielleicht als eine allgemeine, durch das Keimplasma vererbbare
Eigenschaft der Zellen des hämophilen Organismus aufzufassen. Therapeutisch
ist gegen die Konstitutionsanomalie als solche nur die Indikation der Kräfti-
gung des Gesamtorganismus rationell begründet. Die Bevorzugung von Yege-
tabüien hat keinen Sinn. Gegen die Blutungen, soweit sie äusserlich zu-
gänglich, erweisen sich Kompression und Gelatineverbände wirksam, während
vor dem Versuch, dieselben durch die Allgemeinwirkung subkutan injizierter
Gelatine zu stillen, zu warnen ist. Für die Wirksamkeit anderer inner-
licher Mittel zur Blutstillung sind bisher keine sicheren Anhaltspunkte vor-
handen. Kontraindiziert ist die innerliche oder subkutane Anwendung
des Adrenalins.
Emile- Weil (7) hat in einem Falle von Hämophilie wiederholte Blut-
untersuchungen angestellt, wozu das Blut aus einer Vene durch Einstich ent-
nommen wurde (ohne dass es zu gefährlichen Nacliblutungen kam). Er fand,
dass als Ursache dieser hämorrhagischen Diathese eine mangelhafte Gerin-
nungsfähigkeit des Blutes anzusehen sei, und die letztere ihren Grund in
einer mangelhaften Produktion von Fibrinferment habe. Setzte er dem
Hamophilenblut im Reagenzglas einige Tropfen normalen menschlichen oder
tierischen Blutserums hinzu, so erfolgte die Gerinnung ebenso schnell wie
beim normalen Blut. Auf Grund dieses Ergebnisses hat er Versuche mit
intravenösen Seruminjektionen bei dem Hämophilen angestellt. Er erzielte
dadurch bei dem Patienten eine normale Gerinnungsfähigkeit des Blutes,
eine Wirkung, die jedoch nach einigen Wochen sich wieder verringerte.
Wilson (8) bringt einen kurzen Aufsatz über die Geschichte, die Patho-
logie und Therapie der Hämophilie.
3. Blutstillung. Hämostatika.
1. *Ahlberg, A propoB de la constriction hemostatique. Lyon möd. 1905. Nr. 1. p. 33.
2. Hare, Fr., The medical treatment of deep-seated haemorrhage. The LaDcet 1904.
Aag. 20. p. 522 and Oct. 1. p. 942.
3. Lanenatein, Zar praktischen Anwendung der Esmarch sehen Blutleere. Verhandl.
der dentschan Ges. f. Ghir. 1905. I. p. 60.
4. MQlIer, Ein neues Verfahren der Blutstillung. Berl. klin. Wochenscbr. 1905. Nr. 6.
14*
212 Jahresberickt fQr Gkinirgie. I. Teil.
5. Perm an. Die Aogiotripsie in der operativen Chinirgie. ZentralbL fär CbiK-. 1^
Nr. 38.
6. Schlee, Physikalische Betrachtungen über hftmostatische fijraft der Heissluft-^w^ Jr-Ic u
Arch. f. Orthop. 1905. Bd. III. Heft 3.
7. — Ober Blatstillang an parenchyroaiGsen Organen (Leber, Niere) mittelst }3^^I»»lii
dusche. Deutsche med. Wochenscbr. 1995. Nr. 8.
8. '"Vorn er, Kaliumpermanganat als billiges lokales Hämostatikum. München ^ir m^
Wochenscbr. 1905. Nr. 38.
9. WrYght, A. E„ and Paramore, W. Erasmus, On certain points in cowrem^x^m*
with the exaltation and reduction of blood coagulability by therapeutic m&SLSVMre
Lancet 1905. Oct 14. p. 1097.
Hare (2) hält es für unzweckmässig, bei inneren Blutungen MSt^i^e
die eine allgemeine Vasokonstriktion verursachen, wie besonders das kdren-SLlin
zu verabfolgen, da die Folge dieser gefassverengemden Wirkung ein Stoi^ei
des Blutdruckes und damit eine vermehrte Blutung ist. In der Absicht, st aH
dessen durch Erzeugung einer Gefassdilatation eine Blutung zu bekämpfen, Irsti
Verf. Versuche mit Einatmenlassen von Amjlnitrit gemacht. Das Yerfahi-en
hatte in 4 mitgeteilten Fällen von schwerer Hämoptoe einen prompten Erfolg^.
— Nach einer späteren Mitteilung des Verf. hat sich die Methode gut be-
währt. Unter 13 Fällen von Hämoptoe gelang es bei 12 die Blutung inner-
halb von 3 Minuten zum Stillstand zu bringen.
Lauenstein (3) empfiehlt, um bei Anwendung der Esmarchscheri
Blutleere Nervenlähmungen zu vermeiden, imter die elastische Binde eine aixf-
gerollte Binde in der Richtung der Arterie zu legen, wodurch der Druck der
elastischen Binde auf die Arterie verstärkt wird, während die übrigen Weieli-
teile vor unnötigem Druck bewahrt bleiben, — ein Verfahren, das in der
Bostocker chirurgischen Klinik unter Garr^ ebenfalls geübt wurde (Ref.).
Müller (4) hat ein Verfahren gefunden, mit welchem er eine mit Supra-
renin imprägnierte Watte und Gaze herstellt, welche einen bestimmten Pro-
millegehalt unzersetzter wirksamer Substanz enthält und dabei vollkommeo
steril ist. Er hat sich von der günstigen blutstillenden Wirkung der Verband-
stoffe in vielen Fällen überzeugt. (Bezugsquelle: Firma Arnold-Chemnitz.)
Per man (5) gibt die Beschreibung und Abbildung einiger für die
Angiotripsie bestimmter Instrumente. Er hat von denselben bei einer grossen
Zahl von Operationen Gebrauch gemacht, warnt aber vor der Anwendung der
Angiotripsie bei intraperitonealen Operationen, da hier eine Nachblutung
lebensgefährlich werden könnte.
Schlee (6) gibt dem Ha huschen elektrischen Heissluftbrenner den
Vorzug vor dem Instrument von Holländer, da ersterer infolge seiner
grösseren Austrittsöffnung und der reichlicheren Zuführung von Heissluftmenge
eine weit ausgedehntere Wirkung auf blutende Flächen auszuüben imstande
ist. — Nach einer weiteren Mitteilung (7) hat er mit dem Brenner bei experi-
mentellen Leber- und Nierenwunden eine prompte Blutstillung erzielt.
Wright und Paramore (^) stellten Versuche, um die Gerinnbarkeit
des Blutes zu steigern, mit Kalziumchlorid, Kalziumlaktat und Magnesinm-
karbonat an, das innerlich verabfolgt würde. Die beabsichtigte Wirkung trat
nach einer Einzeldosis von durchschnittlich 4 g innerhalb 1 Stunde ein und
hielt 3 — 17 Tage an (längere Zeit beim Kalziumlaktat wie beim Kalzium-
chlorid). Auch durch eine ausschliessliche Kuhmilchdiät, die reichlich Kalk-
und Magnesiumsalze enthält, Hess sich eine Erhöhung der Gerinnbarkeit er«
zielen. Vor der subkutanen Anwendung des Kalziumchlorid warnen die Verff.
Efarioh, Yerletzangen und chirurg. Krankheiten der Blutgefftsse etc. 213
Das E&Iziumlaktat darf in höchstens öVoiger Lösung injiziert werden. Ver-
sDche, die Gerinnbarkeit des Blutes zu verringern, die mit Zitronensäure
mgestellt wurden, hatten nur einen vorübergehenden Erfolg.
4. Yenaesektiou. — Intravenöse Infusion.
1. Abel, Über Salzwaaserinfiision. Deutsche militfträrxtl. ZeiUchr. 1905. Heft 9.
t ^Bnrford-JohiiBtone, Tranafaaion snbcutaneous and intravenous in gynaecological
practice. Med. Press 24. V. 1905. p. 531.
3. Evart, Y enaesection : its indications from a physiological Standpoint. The Med.
Chron. 1905. May.
4. Frank, £., Die intraTenOse Injektion und ihr gegenwärtiges Anwendungsgebiet. 2jeit-
acbr. fOr ärztL Fortb. 1905. Nr. 22.
5. Hall ion- Carrion, Le .s^rum physiologique*. Son efficiacitö th^rapeutique. Son mode
d'action. Son titrage rationnel. Avantage du s^rum marin. Arch. gön. de möd. 1905.
Nr. 25.
6. Maass, Th. A., Intravenöse Injektionen. Berl. klin. Wochenschr. 1905. Nr. iO.
7. Schiele, Die sabkntane Verwendung von alkoholischer Eochsalslösung. Zeitschr. fttr
Krankenpflege 1905. Nr. i.
Abel (1) betrachtet die Salzwasserinfusionen als ein ausserordentlich
wirksames Mittel, wenn sie in geeigneten Fällen und mit der nötigen Kritik
angewandt werden. Bei Anämien wirkt die Infusion flüssigkeitersetzend,
wärmezufuhrend, die Regeneration der Blutelemente beschleunigend und blut-
stillend. Bei geeigneten Vergiftungsfallen besteht die Hauptwirkung der In-
fusion in der Blut- und Giftverdünnung, dann in der Erhaltung der Nieren-
titi^eit. Bei Infektionskrankheiten beseitigt sie die Wasserverarmung d^
Gewebe und die Gefässerschlaffung und wirkt toxinverdünnend und Sekretion-
anregend.
Ewart (3) behandelt in einer längeren Abhandlung die Viskosität des
Blutes in ihrer Abhängigkeit von der Zahl der roten Blutkörperchen und
erÖTtert im Anschluss daran die Bedingungen, unter denen der Aderlass in
Enmkheitszuständen berechtigt ist. Diese Bedingungen sind vor allem: eine
\)est«bende Vermehrung der Zahl der roten Blutkörperchen über die Norm
und ein intaktes Zirkulationssystem. Als besondere Indikationen für Aus-
iühnmg des Aderlasses sind asphyktische Zustände im allgemeinen und Nar-
kosenznfalle anzusehen.
Franck (4) liefert eine zusammenfassende Besprechung der Geschichte,
der Technik und des Anwendungsgebietes der intravenösen Injektion. Begründet
imch Landerer, der zuerst grössere Mengen von Kochsalzlösung bei akuter
Animie direkt in die Armvene injizierte und dann seine Hetolbehandlung
vüf diesem Wege durchführte, hat das Verfahren in den letzten Jahren eine
immer mehr zunehmende Anerkennung gefunden. Verf., der reichliche Er-
(alurangen auf diesem Gebiete gesammelt hat, tritt warm für die intravenöse
Injektion ein. Er hat sehr gute Erfolge mit der Einverleibung von Fibrolysin,
rittritin^ (an Stelle der Salizylsäure), ganz besonders mit den französischen
Arsen- und Eisenpräparaten, dem ^Arsykodile" und dem ^jFerrikodile^ Le-
prince erzielt.
Hai Hon tmd Carrion (5) verbreiten sich in einer kritischen Studie
^ber die Bedeutung der Kochsalzinfusion. Für den Wert und die Un-
schädlichkeit derselben sprechen vielfältige klinische Erfahrungen. Dass durch
^lieselben eine vermehrte Elimination toxischer Stoffe, ein ;, Lavage du sang^
214 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
erzielt wird, lässt sich wissenschaftlich nicht beweisen. Während viele Anton
eine 9®/oige Lösung benutzen, wollen VerfF. eine 7,5 ®/o ige angewandt -wisse]
Dem Plasma ist zwar eine 9^/ooige Lösung isotonisch, dem NaCI-Geh< d<
Blutes entspricht jedoch eine 6®/ooige, darum wählen sie die mittlere Zah
Schliesslich treten Verft. sehr warm für die von Quinten empfohlenen Ir
fusionen von Meerwasser ein. Dieselben sind nach den Experimenten de
letzteren, wenigstens beim Tier, zweimal weniger toxisch und geben vorzüg
liehe Resultate in der Behandlung von Syphilis und Tuberkulose.
Maass (6) weist auf die Vorzüge der intravenösen Einverleibung voi
Arzneimitteln hin. Bewährt haben sich bislang in dieser Anwendungsfonri!
das KoUargol bei der puerperalen Sepsis, das ^Digalen^ bei Herzinsuffizienz,
Salizylpräparate beim Gelenkrheumatismus und das Fibrol jsin als narbezilösendes
Mittel. Die Methode hat neben ihren Vorteilen, unter denen die Schnelligkeit
der Wirkung an erster Stelle steht, auch ihre Schattenseiten.
Schiele (7) hat bei einem Patienten, bei dem sich im Verlaufe einer
Peritonitis ein Delirium tremens entwickelte, einen wesentlichen Erfolg durch
subkutane hifusion einer 8 ^/o igen alkoholischen Kochsalzlösung erzielt.
5. Heilwirkung der Uyper&mie.
1. Clement, 6., L'byperhtoie en th^rapeutique. Rev. möd. de la Suisse roni. Nr. 12.
2. Joseph, Einige Wirkungen des natürlichen Odems und der künstlichen ödemisierung.
Münch. med. Wochenscbr. 1905. Nr. 40.
3. Stich, R., Zur Behandlung akuter Entzündungen mittelst Stauungshyperämie. Berliner
klin. Wochenscbr. 1905. Nr. 49 und 50.
4. Tillmanns, H., Über Behandlung durch venöse Stauung. Deutsche med. Wochen-
schrift 1905. Nr. 4.
5. Volk, R., Zur Therapie der entzündlichen Leistendrüsen. Wiener med. Presse 2^5.
Nr. 48 und 49.
Clement (1) bespricht die verschiedenen Arten der Hyperämie und
die Indikationen für die therapeutische Anwendung derselben unter Zugrunde-
legung der verschiedenen Arbeiten Biers über den Gegenstand. Er tritt
warm für die neue Heilmethode ein, die er an der Bi ersehen Klinik selber
zu studieren Gelegenheit hatte.
Joseph (2) hat durch das Tierexperiment den Nachweis geführt, dass
das Stauungsödem in gleicher Weise entgiftend wirkt, wie das natürliche
Ödem bei bakteriellen Infektionen das produzierte Gift durch Verdünnung
unschädlich macht. Kaninchen, denen er 0,004 g Strychnin in den vorher
künstlich ödemisierten Oberschenkel spritzte, blieben am Leben und bekamen
nur leichte Vergiftungserscheinungen, während die Kontrolltiere bei der gleichen
Dosis sehr schnell starben. Neben dieser direkten, diluierenden Wirkung
hat das Ödem noch eine indirekte, resorptionshemmende , da es durch die
Raumbeengung die Zirkulation stört und Anämie erzeugt, die die Resorption
der[ Gifte verzögert. Ferner gewährt die künstliche Ödemisierung noch
den Vorteil einer einfacheren und sanfteren Wundbehandlung, da durch die
reichlichere Sekretion die Wundränder — bei schweren Infektionen — von
selber klaffen bleiben, nicht durch Tamponade offen gehalten zu werden
brauchen.
Stich (3). Die Erfahrungen mit der Stauungshyperämie bei akuten
Entzündungen aus der Garr eschen Klinik lauten recht günstig. Bei Pana-
ritien und Phlegmonen gelang es, beginnende Entzündungen wiederholt sehr
Ehrich, Yerleizongen und chirarg. Krankheiten der Blutgefässe etc. 215
schnell zum Rückgang zu bringen, bei schweren Fällen von Sehnenscheiden-
phlegmone die Sehne nnd ihre Funktion zu erhalten. Desgleichen waren die
Fesnltate bei Furunkeln, Abszessen, Mastitiden gute. Dagegen versagte die
üethode bei schweren Fällen von Osteomyelitis, abgesehen von der schmerz-
lindernden Wirkung. Stich hält die Technik für keineswegs einfach und
sieht die Hauptschwierigkeit in der richtigen Dosierung der Hyperämie.
Femer erfordert die Behandlung eine viel schärfere Kontrolle wie die bis-
her bekannten Behandlungsmethoden akuter Entzündungen.
Tillmanns (4) bespricht in einem klinischen Vortrage die Technik
der Bi ersehen Stauungshyperämie, die Theorien über die Wirkung derselben
anf den Lymphstrom und die Indikationen für ihre therapeutische Anwendung.
Tillmanns tritt warm für das Verfahren ein.
Nach einem Überblick über die früher geübte Behandlungsmethode der
entzündlichen Leistendrüsen teilt Volk (5) die Resultate mit, die mit der
Stauungshyperämie an der Abteilung von Prof. Lang erzielt wurden. Unter
58 Fällen, in denen sie eingeleitet wurde, brauchten nur 12 operiert zu
werden, ein Eingriff, der oft nur in einer einfachen Exkochleation bestand.
Volk empfiehlt deshalb die Methode, die ihm auch bei verschiedenen anderen
Affektionen gute Erfolge ergeben hat, wärmstens bei Lymphadenitiden. Sie
darf jedoch nicht dem Wartepersonal anvertraut werden.
6* GefBssverletzung. — Unterbindung. — GefSssnaht.
1. Boari, A., Allacciatnra simnltanea della giugolare interna e della carotide interna,
n Foliclinico 1905. sez. prat fasc. 34.
2. Bornkaapt, L., Gefftssverletzuogen und tranmatische Aneurysmen im russisch-japa-
nischen Kriege. Langenhecks Arch. 1905. 77, 3.
3. Dan gel. Über die Unterbindung der Vena jugularis interna. (Ein Fall von doppel-
seitiger Unterbindung.) Tnaug.-Diss. Königsberg 1905.
4 DeGaetano, Luigi, Allacciatura di grossi vasi per lesione traumatiche. Giornale
intemazionale di scienze mediche 1905. Nr. 3.
5. *6ayet, Plaie de Tart^re azillaire. Ligature. Revue de chir. 1905. Nr. 2. p. 287.
5. Gold mann, E., Über die Unterbindung von grossen Venenstftmmen. Beitr. z. klin.
Chir. XLVn, 1.
7. Yon Graff, Zur Therapie der operativen Verletzungen des Ductus thoracicus. Wiener
klin. Wochenschr. 1905. Nr. 1.
8. Honzel, Rteultat öloignö de la ligature de la veine cave införieure. Arch. prov. de
Chir. 1905. Nr. 9.
9. Jacobsthal, H., Über die Naht der Blutgefässe. Samml. klin. Vortr. N. F. Nr. 396.
Serie XIV. Heft 6.
10. Jiann, Joan, Die Sutur der Blutgefässe. Revista de Chirurgie. Nr. 11 und 12
(rumänisch).
11. — Beitrag zur experimentellen Chirurgie der Aorta abdominalis. Spitalul. Nr. 10. p. 270
(romanisch).
12. Katzenstein, Die Unterbindung der Aorta, ihre physiologische und ihre therapeu-
tische Bedeutung. Langenhecks Arch. Bd. 76, 3.
13. Enödler, A., Die Unterbindung und die Resektion der Vena femoralis unterhalb des
Ligamentum Poupartii. Dissert. Berlin 1905.
14. Martin, Suture of the femoral artery. Ann. of Surg. 1905. Oct. p. 618.
15. Lebram, Störungen des Gehörorganes nach Unterbindung der Karotis. Zeitschr. für
Ohrenheilk. 1905. L. 2.
16. Qoodbach, A., Über die Verletzung der Arteria vertebralis dicht unterhalb des Hinter-
hauptes. Inang.-Diss. Rostock 1905.
17. *Racoviceanu, Die Sutur der grossen Blutgefässe. Experimentelle Präparate. Revista
de Chirurgie. Nr. 5. p. 231 (rumänisch).
216 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
18. Bevenstorf, Ober tranmatisehe Aortenwandraptaren mit besonderer BerfieksB «?H t.i &
dea Mechanismoa ihrer Entatehung. Mitteil. a. d. Grenzgeb. XIV. 4.
19. Botter, J., Die Blutungen aus den grossen Gefftssen. Zeitschr. für ärztlicb^ ^'
bildung 1905. Nr. 13.
20. Trevisan, Due casi di ferita della gingulare interna. Rivista veneta di »oiöJ
mediche 1905. Fase. 5.
21. ünterberger, Fr., Über operative Verletzungen des Ductus thoracicoa. ^B *" "
Beitr. Bd. 47.
22. Weiss, Fall von isolierter doppelter Durchstechung der Arteria axillaris. Wieaer Jcl
Wochenschr. 1905. Nr. 15. p 390.
In einem Falle, in dem infolge eines in selbstmörderischer Absicht: sl\
gegebenen Revolverschusses derartig starke unmittelbare und sekundäre ^BIi
tungen auftraten, dass das Leben des Patienten durch sie bedroht war, nn
zwar mit einem Symptomkomplex], infolge deren die Lokalisation der X"^r
letzung entweder in dem Sinus cavernosus oder in dem den Sinus dnroli
ziehenden Karotisabschnitte angenommen werden musste, griff Boari <1
nach einem erfolglosen Versuche mit anderen einfacheren Hilfsmitteln zu-j
gleichzeitigen Unterbindung der Carotis interna und der Jugularis profcizi<ifl
und erzielte die Genesung des Patienten, eines älteren Mannes und chronisciien
Alkoholikers, ohne nach der Operation irgend ein bemerkenswertes Fakt^uzn
zum Nachteile des Gehirns zu beobachten.
Der Verf. nimmt Veranlassung zur Besprechung der Unannehmlichkeiten
der Unterbindung der Carotis primitiva, welche geringer oder gleich Xuli
werden, wenn man mit der Unterbindung der Carotis primitiva auch die dex"
Jugularis profunda verbindet, und erklärt sich für einen Anhänger der von
Ceri aufgestellten Theorie: ;,die gleichzeitige Unterbindung der Vene und der
Arterie setzt die Herabsetzung des Blutrückflusses in das rechte Verhältnis
mit der Herabsetzung des Zuflusses und bewahrt besser das Gleichgewicht
der Gehimzirkulation". R. Giani.
Bornhaupt (2) berichtet über seine Erfahrungen über Gefäss-Schuss-
Verletzungen aus dem russisch-japanischen Kriege. Unter 22 Fällen wurde
3 mal wegen Blutung operiert mit 1 Todesfall an Sepsis. Von 8 arteriellen
Aneurysmen wurden 5, unter 11 Fällen gleichzeitiger Verletzung von Arterie und
Vene 9 arteriovenöse Aneurysmen mit gutem Erfolg exstirpiert. Nach Ansicht
des Verf. erfordern die Gefässverletzungen im allgemeinen keinen operativen
Eingriff auf dem Schlachtfelde, ausgenommen bei profuser Blutung. Die zur
Bildung eines Aneurysma bestehende Tendenz soll durch den aseptischen
Verband und namentlich durch die Immobilisierung beim Transport unterstützt
werden. Die Gefässe weichen der Kugel nicht aus, sondern können von ihr
sowohl gestreift wie durchbohrt werden (Lochschuss). Arterielle Aneurysmen
können spontan heilen. Die Exstirpation des Aneurysma, 4 Wochen nach
der Verletzung bei verheiltem Schusskanal und bei strenger Asepsis ausgeführt,
garantiert am sichersten die radikale Heilung.
Dangel (3). Bei einem 33jährigen Manne musste bei der Exstirpation
karzinomatöser Halsdrüsen beiderseits die V. jugularis int. unterbunden werden.
Nach vorübergehender Zyanose und Pulsbeschleunigung stellte sich die normale
Zirkulation wieder her. Durch die 4 Wochen später vorgenommene Sektion
wurde festgestellt, dass der Ausgleich der Zirkulation durch die Anastomosen
im Foramen occipitale magnum erfolgt war. Die rechte Vertebralvene und
ein anderer vor der Wirbelsäule verlaufender Venenast waren hochgradig er-
weitert. Das Zustandekommen des KoUateralkreislaufes in diesem Falle wurde
Ehrich, Verletzongen und chirarg. Kranldieiten der Blutgefässe etc. 217
offenbar durch mehrere Umstände: das verhältnismässig jugendliche Alter,
^te Herztätigkeit, die allmähliche Erweiterung der Anastomosen infolge der
Um^rachsnng der Jugularvenen vom Tumor begünstigt.
In der Absicht, die Statistik zu bereichern und die verschiedenen Zu-
fälligkeiten und Varietäten der Verwundungen unter die Augen zu rücken und
zur Ersichtlichmachung der verschiedenen Operationsmodalitäten, berichtet
de Gaetano Luigi (4) verschiedene Fälle, in denen er eingriff.
Er beginnt mit zwei Fällen von Unterbindung der Karotis, in denen er
die durch das Verwundungsinstrument (Revolverkugel im ersten Falle, im
zweiten Stich- und Schnittwunde) geschaffene Bresche erweiterte, eine
Ligatur unter der Karotis durchzog, sie zusammenschnürte und Heilung
erzielte. £in Fall von Forcipressur der Achselschlagader hoch oben infolge
einer Stich- und Schnittwunde und darauffolgende Unterbindung der Schlüssel-
beinarterie: Exitus durch septische Infektion. Heilung erzielte er auch
bei einer Unterbindung der Arteria humeralis und bei einer Unterbindung
der Radialis und Gubitalis, und Naht des N. cubitalis. Infolge einer Schuss-
wnnde und darauffolgender höchst ausgedehnter Blutgeschwulst nahm er
Laparotomie vor mit transperitonealer Unterbindung der Arteria iliaca externa
und erzielte Heilung. Er unterband weiter transperitoneal die Arteria iliaca
communis und nahm auch die Gastrorrhaphie und Enterorrhaphie vor, um
für eine Schusswunde Hilfe zu schaffen; doch weder die Operation noch die
H vpodermoklyse vermochten den Patienten zu retten, der an dem starken Blut-
verlust starb. Zweimal unterband er die Glutaea und in einem Fall starb
der Patient an Gasgangrän. Heilung erzielte er durch Unterbinden der
Arteria und Vena femoralis wegen Quetschwunde und ein anderes Mal mit
demselben Elingriff wegen Stich- und Schnittwunde. Infolge einer Revolver-
schnsswunde unterband er die Vena femoralis und der Kranke genas sehr
gut. Schliesslich genasen zwei Individuen, bei denen er die Vena tibial. ant.
unterband.
Den beiden ersten Fällen misst er grosse Bedeutung bei, da Pilz und
Friedländer die Unterbindung der Carotis primitiva für gefahrvoll halten,
da sie 19 — 32®/o Gehirnstörungen und 10 — 18®/o Sterblichkeit gebe, während
bei seinen beiden Operierten nichts Derartiges sich ereignete. Vor der Forci«
pressur der Subclavia gibt er in der Folge wegen Misserfolgen, die Kollegen
aus diesem Operationsakt erhielten, der Unterbindung den Vorzug.
Verf. schliesst damit, dass er zu schnellbereiter Kühnheit zu derartigen
Eingriffen auffordert, indem man sich nicht durch die Qualität der verwundeten
Gefasse schrecken lässt, sondern einzig und allein sein Augenmerk darauf
richtet, der Blutung Einhalt zu tun. R. Giani.
Goldmann (6) teilt folgende Fälle von Unterbindung grosser Venen-
stämme mit: 1. Unterbindung der V. cava inf. wegen Rissverletzung bei der
Exstirpation einer tuberkulösen Pyonephrose. Exitus nach 14 Stunden, ohne
dass irgend welche Kreislaufstörungen eingetreten wären. Dass die Unter-
bmdung des Gefasses unterhalb der Vv. renales eine* berechtigte Operation
ist, zeigen einzelne klinische Erfahrungen, Tierversuche, Injektionen nach
Ausschaltung der V. cava. — 2. Unterbindung der V. subclavia bei der Re-
sektion der tuberkulös erkrankten 1. Rippe. Heilung. — 3. Unterbindung der
V. juguL comm., der V. subclav. und der V. anon., infolge Blutung bei der
Exstirpation tuberkulöser Lymphome mit Übergreifen des Prozesses auf die
Gefisswand. Heilung.
218 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Der venöse Kollateralkreislauf darf, wie Verf. ausführt, nicht allein
anatomischen Gesichtspunkten aus berücksichtigt werden, sondern seixi
Standekommen wird von der physiologischen Dignität des betr. Gefässes, t
des Organs mitbestimmt (Ausbleiben desselben bei plötzlichem Verschluss <
Pfortader, sowie der V. cava oberhalb der Vv. renales). Der Ausgleich eij
Kreislaufstörung an einer Vene, die lediglich eine ^Leitungsfunktion*^' h
erfolgt im allgemeinen leichter, als einer solchen, die nebenher nooli ei
Emährungsaufgabe hat. Für die unmittelbare Herstellung des venösen IC
lateralkreislaufes sind entscheidend: unversehrte Kollateralbahnen, norxna.]
Blutdruck, offene Lymphbahnen etc.
E. V. G raff (7) teilt einen Fall von Verletzung des Ductus thoracic
mit, die sich bei der Exstirpation tuberkulöser Halsdrüsen ereignete ui
durch die Ligatur des Ganges schnell geheilt wurde. Wie die Zusanunei
Stellung von 27 in der Literatur niedergelegten Fällen ergibt, ist die bei odc
nach Operationen am Halse auftretende Ghylorrhöe immer durch eine Ve:
letzung des Ductus thoracicus bedingt, und zwar wurde dieselbe nur bei Opc
rationen an der linken Halsseite beobachtet. Wenn die Ghylorrhöe auc!
meistens nur eine vorübergehende schwere Ernährungsstörung bedingt, s<
kann sie doch bei Hinzutreten anderer Schädlichkeiten auch zum Tode führen
Die beste Art der Behandlung besteht in der sofort auszuführenden Li^atui
des Duktus, die keinerlei schädliche Folgen nach sich zieht, bez. in der Nabi
des Ganges. Erst in 2. Linie kommt die Tamponade zur Behandlung der
Ghylorrhöe in Frage.
Houzel (8). Bei einer 36jährigen Frau kam es bei der Exstirpation
einer rechtsseitigen fistulösen Pyonephrose zu einem Einriss der Vena cava inf.
Nach einem erfolglosen Versuch , denselben zu nähen , wurde die doppelte
Unterbindung des Gefässes zentral und peripher von dem Riss vorgenommen.
Die Heilung erfolgte ungestört, ohne dass sich sichtbare Zeichen dafür ge-
boten hätten, in welcher Weise sich der Kollateralkreislauf entwickelt hätte.
Ein geringes Ödem der unteren Extremitäten blieb längere Zeit bestehen.
4 Jahre später fanden sich bei der Patientin, die völlig gesund geblieben war,
leichte Venenerweiterungen an den Unterschenkeln, wie man sie meist und
zwar gewöhnlich in höherem Grade bei Frauen des Alters, die mehrmals
geboren haben, antrifft.
Jacobsthal (9) gibt einen Überblick über die historische Entwickelung
der Naht der Blutgefässe, die Methoden derselben, ihre Resultate und über
die histiologiscben Heilungsvorgänge an der Gefässwand, die er selber genauer
studiert hat (s. diese Jahresber. VI, S. 166). Von 40 Arteriennähten, die er
in der Literatur ausfindig machen konnte, waren 5 zirkuläre, die übrigen
partielle, denen er einen neuen Fall aus der Riedeischen Klinik hinzufügt
(Naht der A. femoralis mit gutem Erfolg trotz eintretender Eiterung). Die
Zahl der erfolgreich ausgeführten Venennähte lässt sich gar nicht mehr be-
rechnen. Von hohem Interesse sind die neuesten Bestrebungen, die Gefäss-
naht zu benutzen, um erfolgreicher, als bisher möglich, die Transplantation
von Organen auszuführen.
In seiner langen, systematischen, noch nicht fertigen Studie beschreibt
Jianu (10) die Geschichte der Blutgefässnaht. Er zitiert alle bis jetzt be-
kannten Fälle, um endlich auf seine eigenen, beim Hunde operierten Fälle
überzugehen. Stoianoff (Vama).
Ehrich, Yerletzoogen und chirnrg. Krankheiten der Blatgefftsse etc. 219
Jiann (11) beschreibt seine sechs Fälle von Sntur der Aorta abdomi-
B3Jis beim Hände und seine eigene Technik. Er benützt eine spezielle ge-
bcigene Klemme, um nur diejenige Portion des Gefasses, die zu nähen ist, za
üsseiiy ohne die Zirknlation in der bleibenden Portion zu stören. So näht
er mit penetrierenden, separaten oder fortlaufenden Nähten mit Zwirn oder
Seide, die mit steriler Vaseline imbibiert ist, zur Vermeidung der Hämor-
rhagie durch die Nahtpunkte. Er nähte so. die Wunde der Länge oder der
(^ere nach, die Aorta, mit gutem Erfolge, ohne Thrombose zu bekommen,
seitdem er seine Klemme und nicht die temporären hämostatischen Ligaturen
benutzt. Stoianoff (Vama).
Katzenstein (12) hat zur Entscheidung der Frage, ob die Unter-
bmdang der Aorta am Menschen eine berechtigte Operation ist, eine grosse
Zähl von Tierversuchen angestellt, deren Ergebnisse sich von denen durch
Sonne nburg gewonnenen wesentlich unterscheiden. Während nach letz-
terem der Kollateralkreislauf sich in allerkürzester Zeit nach der Ligatur
herstellen kann, fand Verf., dass der Blutdruck bedeutend stärker sinkt und
der Pols viel längere Zeit verschwindet, als nach den Sonnenburgschen
Experimenten, bei denen nach seiner Ansicht wahrscheinlich keine komplete
Unterbindung des Gefasses stattgefunden hatte. Bei einem Tier, das am
Leben blieb , wurde die ursprüngliche Höhe des Druckes , gemessen an der
Femoralis, erst nach ca. 13 Wochen erreicht. Katzenstein nimmt auf
Grund seiner Ergebnisse an, dass die Bahnen, in denen sich der Kollateral-
kreislauf entwickelt, Arterien kleinsten Kalibers oder auch Kapillaren sind,
und es gelang ihm auch , dieselben , deren Zahl zunächst nach der Unter-
bindung minimal ist, dann relativ rasch zunimmt, durch Injektion nachzu-
weisen. Die eigentliche Ursache der Entstehung des KoUateralkreislaufs ist
die Erhöhung der Herztätigkeit , messbar an der Erhöhung des allgemeinen
Blutdrucks, die sich, wenn bei der Operation alle blutdruckemiedrigenden
Momente vermieden werden, sofort nachweisen lässt. Die Mehrbelastung
des Herzens hat zunächst eine Dilatation desselben, dann eine Hypertrophie
des linken Ventrikels zur Folge. Die beim Hunde nach der Unterbindung
der Aorta oberhalb der Bifurkation auftretenden Lähmungen der hinteren
Extremitäten und der Blase — die in den ersten Tagen schwere Zirkulations-
-tönmgen aufweist — sind peripherischer Natur, da eine anatomische Schädi-
gung des Rückenmarkes nicht nachweisbar ist und die Lähmungen vorüber-
gAend sind.
Aus einer Zusammenstellung sämtlicher beim Menschen ausgeführten
Vülerbiiidungen der Bauchaorta geht hervor, dass keine einzige Erfolg
katte, sondern sämtliche Operierte zugrunde gingen. Zwecks Heilung eines
lÄtipteriach gelegenen Aneurysma hat die Unterbindung wegen der baldigen
Ausbildung des KoUateralkreislaufs nicht die geringste Aussicht auf Erfolg.
Knödler (13) liefert einen Überblick über die Geschichte der Ligatur
^i der Resektion der Vena femoralis unterhalb des Lig. Poupartii und tritt
wi der Hand der Statistik , der er einen neuen , hierhergehörigen Fall aus
<i«r Charite in Berlin hinzufügt, für die Berechtigung der Operation ein.
Martin (14) führte mit Erfolg die Naht eines 2 cm langen, durch
^men Stahlsplitter entstandenen Loches der Art. femoralis zwischen mittlerem
^4 unterem Drittel aus. Die Pulsation, die durch den Druck des Hämatoms
iD den peripherischen Arterien aufgehoben war, war sofort nach der Naht wieder
^Ibar. Martin hält es für bemerkenswert, dass in keinem, der bisher ver-
220 Jahresbericht für Chinirgie. I. Teil.
öffentlichten Fälle von Arteriennaht sich nax^hträglich ein Aneurysma an der
Nahtstelle entwickelt hat.
Lebram (15). Bei der Durchsicht eines Materials yon ca. 1200 Fällen
von Ligatur der Karotis fand Lebram 8 (0,6 ^/o), in denen Störungen des
Gehörorgans der betreffenden Seite sich an den Eingriff anschlössen. 6 mal
handelte es sich um Schwerhörigkeit, die durch Anämie des inneren Ohres
zu erklären sei, 2 mal um eine Otalgie, die Verf. als Folge einer Thrombo-
sierung der Carotis interna, durch Druck derselben auf den Plexus tympanicos
auffasst.
Quodbach (16). Mitteilung des sehr seltenen Falles einer Stich-
Verletzung der Art. vertebralis zwischen Hinterhaupt und Atlas. Die Ligatur,
die am Orte der Verletzung unmöglich gewesen wäre, wurde an der Abgangs-
stelle von der Art. subclavia ausgeführt. Exitus infolge diffuser Meningitis
haemorrhagica cerebrospinalis. Es zeigte sich bei der Sektion, dass sich
das peripherische Ende der Arterie vollständig in die Kopf höhle zurückgezogen
hatte und beide Arterienenden thrombosiert waren.
Kevenstorf (18) beschäftigt sich auf Grund eines grösseren Sektions-
materials und an der Hand von Tierexperimenten eingehend mit dem Mecha-
nismus der Ruptur gesunder Aorten. Zu unterscheiden ist zwischen Platz-
ruptur, die durch übermässige Steigerung des Innendruckes, und Überdehnungs-
ruptur, die durch Dehnung der Arterienwand in der Längsrichtung zustande
kommt. Der erste Mechanismus, der namentlich bei den Rupturen des auf-
steigenden Teils der Aorta von Bedeutung ist, kommt dadurch zustande, dass
das Brustbein gegen die Wirbelsäule gepresst und damit das abführende Ge-
fässrohr verschlossen wird. Die Rupturen des absteigenden Teils der Aorta
sind in einem Teil der Fälle als Dehnungsrupturen aufzufassen: Durch die
komprimierende Gewalt wird das Herz nach links, die Lungen nach oben
gedrängt. Dadurch, dass der linke Bronchus, der mit der Aorta durch
Bindegewebsstränge ziemlich fest verbunden ist, der Bewegung der Lunge
folgt, kommt es zu einer Zerrung des an der Wirbelsäule fixierten Gefäss-
rohrs und zum Einreissen der Gefässwand.
Rotter (19) liefert eine für den Praktiker bestimmte Darstellung der
Lehre von den Verletzungen der grossen Gefasse. Es werden nacheinander
die verschiedenen Arten der traumatischen Blutungen besprochen, unter be-
sonderer Berücksichtigung der Schussverletzungen, die Formen der Nach-
blutung, sodann die Symptome der Verletzungen, indem besonders auf den
örtlichen Befund an dem verletzten Gefässrohr eingegangen wird. Schliesslich
werden die wichtigsten Grundsätze der Therapie (Frage des Transportes, des
Verbandes, Art der Ligatur) erörtert.
Trevisan (20). In dem ersten Falle wurden nach VerschUessung der
Wunde der Jugularis interna mittelst einer Pinzette, dann mit Gatgut Nr. 0
die Muskebi und die Aponeurose vereinigt ; nach 9 Tagen war Heilung erfolgt.
Nach dem aus einer sonstigen Ursache 20 Tage nach der Heilung erfolgten
Tode des Verwundeten zeigte die anatomische und histiologische Untersuchung
das Gefässlumen gangbar, obgleich der Durchmesser reduziert war, das Endothel
wieder gebildet, aktive Neubildung des elastischen Gerüstes, einige pro-
liferierende Elemente der Muskelhaut und narbiges Bindegewebe in direktem
Zusammenhang mit den Fasern des Stemo-cleidom.
In dem zweiten Falle erfolgte vollständige Heilung.
Ehrich, VerletzuDgen und chirnrg. Krankheiten der Blutgefässe etc. 221
Durch Versuche, die er ausführte, überzeugte er sich von der Bedeutung
der Aponeiirosis cervicalis media, insofern sie durch den Omohyoideus gestützt
ist: der intakte Stemo-cleidom. komprimiert die Wunde und die Gefahren
werden so verringert; in dem zweiten Falle wurde die Gasembolie durch
das enge Lumen der Wunde und die damit einhergehende arteriöse Läsion
vermieden.
Unter Betrachtung der Fälle anderer Autoren bemerkt Verf., dass die
CTefässonterbindung nur dann auszuführen ist, wenn ungefähr die Hälfte der
Zirkumferenz des Gefassrohrs verletzt ist; dass die laterale Unterbindung
besser als die Naht bei Stichwunden, die Naht dagegen angebracht ist, wenn
die Venenwände und die Scheide morsch sind. R. GianL
Unterberger (21). Bei der Exstirpation eines sehr verwachsenen
Haladrüsenpaketes linkerseits kam es zu einer gleichzeitigen Verletzang der
Vena subclavia und des Ductus thoracicus. Die Venenwunde wurde genäht^
der Ductus ligiert. Nach vorübergehender geringer Chylorrhöe Heilung. Auf
Gnmd einer Zusamm^istellung von 29 Fällen von Verletzung des Ductua
thoracicus bei Operationen in der linken Supraclaviculargrube empfiehlt Verf.
als die sicherste Behandlungsmethode die Ligatur des Ganges. Erst in
zweiter Linie kommt die Tamponade in Betracht ^ wenn die Unterbindung
unmöglich ist. An Varietäten im Verlauf des Ductus thoracicus kommen in
Betracht: Einmündung auf der rechten Halsseite bei anormaler oder auch
normaler Lage der Gefasse, deltaartige Einmündung, Einmündung in andere
Geiaase.
7. Arterienerkrankuiig.
1. Binmler, Ist die Arteriosklerose eine AlJgemeinkrankheit? Berliner klin. Wochen-
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222 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
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28. * Witte, Über Perforation der Aorta durch akute bakterielle Aortitis bei Pj^^
Zieglers Beitr. zur path. Anat. XXXVII, 1.
Bau ml er (1) erörtert die verschiedenen mechanischen, toxischen,
fektiösen nnd nervösen Einflüsse, die zur Entstehung der unter ^Ai-tei
Sklerose^ zu verstehenden Arterienerkrankung führen. Mit der Zeit, ^w
4urch fortwirkende Ursachen (Lebensweise, Nierenerkrankung) oder duroli
in der Arterien- oder in hinzutretender Herzerkrankung begründete slUi
meine Kreislaufsstörung oder durch Lokalerkrankungen, die von beschränkl
Zirkulationsstörungen abhängig sind, der Organismus in Mitleidenschaft g
zogen. Die Allgemeinerkrankung ist also eine sekundäre Erscheinung , d
Primäre sind, abgesehen von den genannten ätiologischen Faktoren, die Sto
Wechselanomalien, vor allem die auf Nephritis beruhenden und die von d
Arterienerkrankung abhängigen Kreislaufstörungen.
Barie (2). Im Verlaufe des akuten Gelenkrheumatismus komme
ausser entzündlichen Prozessen am Herzen solche am arteriellen System vo\
In dem Falle des Verf., der im übrigen ohne Komplikationen verlaufen wai
trat der Prozess am 16. Krankheitstage an der rechten Arteria brachiaii
auf. Gewöhnlich dokumentiert sich die Erkrankung durch Spontan- um
Druckschmerz und abnorm starke Pulsation. In einzelnen Fällen wiird<
hinterher eine Dilatation des Gefässes beobachtet. Im Falle des Verf. kart
es späterhin zu einer wesentlichen Abschwächung des Pulsschlages. Während
in diesem und in anderen Fällen ungestörte Heilung erfolgte, führte die Er-
krankung bei einer zweiten Gruppe von Beobachtungen zu einer Obliteration
des Gefässes mit mehr oder minder schweren Zirkulationsstörungen.
Braun (4) hat zur Entscheidung der Frage, ob die nach wiederholter
intravenöser Adrenalinzufuhr bei Kaninchen sich entwickelnde Arteriosklerose
durch die drucksteigernde Wirkung des Adrenalins oder durch toxische Wir-
kung desselben auf die Gefässwand zustande kommt, Tierversuche angestellt
in der Weise, dass er mit dem Adrenalin gleichzeitig Amylnitrit zur Aus-
schaltung der drucksteigemden Wirkung des ersteren injizierte. Da nun
trotzdem die gleichen Gefässveränderungen auftreten, so spricht dieser Um-
stand für die toxische Genese dieser Arteriosklerose, ein Ergebnis, das anderer-
seits darauf hinweist, dass die bei der menschlichen Arteriosklerose meist
nachweisbare Drucksteigerung nicht Ursache, sondern BegleiterscheinuDg des
die Gefässveränderungen bewirkenden Prozesses ist.
Butera Sillitti (5). Zwei Fälle von Embolie des Krummdarms, in
denen äusserst rasch der Tod eintrat. Bei der Sektion fand man gangrä-
nösen Brand von ungefähr 4 m Dünndarm und Blinddarm, dicken ischämischen
Infarkt des entsprechenden Mesenteriums und Klappenendokarditis. Butera
verbreitet sich über die Schwierigkeit, am Lebenden derartige Fälle diagno-
stizieren zu können. R. Giani.
Demmler (6). Mitteilung eines Falles von infektiöser Endarteriitis der
rechten Femoralis, die im Anschluss an eine Influenzapneumonie entstanden,
Ell rieh, Verletzongen und chimrg. Krankheiten der BlutgefäsBe etc. 223
lur Gangrän des Beines führte. Amputation im Oberschenkel. Einige Wochen
nach erfolgter Heilung Tod an Kachexie. Bei der Sektion zeigte sich die
Arteriitis bis zum Stamm der Iliaca fortgeschritten. Der Gefössthrombus
enthielt in reichlicher Menge Bacterium coli.
Elvy (7) empfiehlt den Gebrauch des Nitroglyzerins nicht nur bei be-
ginnender seniler Gangrän, sondern auch in allen Fällen von vermindertem
Blutzufluss infolge hochgradiger Kontraktion der Arterien. Er hat in einem
Falle von beginnender Gangrän der Hand und bei einem Nackenkarbunkel
einen günstigen Einfluss des Mittels beobachtet.
Escat (8) hat an einem grösseren Krankenmaterial Untersuchungen
über den genaueren Sitz der Blutung am Nasenseptum bei den verschiedenen
Formen des Nasenblutens angestellt und erläutert seine Befunde an
einigen Abbildungen. Die typische Stelle bildet für das Gros der leichten
Fälle ein 2 cm im Durchmesser haltender Bezirk am vorderen unteren Teil
der Scheidenwand, der im wesentlichen von der Art. spheno-palatina int. ver-
sorgt wird. In der Umrandung dieses Bezirks finden sich vier Punkte, ent-
sprechend den zuführenden Arterien, die die Quelle für schwerere Blutungen
bilden, aber noch leicht zugänglich sind. Bei den schweren Blutungen, wie
sie bei der Arteriosklerose häufig sind, handelt es sich in der Regel um
Rupturen eines der drei Äste bezw. des Stammes der Art. sphenopalat.
an dem hinteren Abschnitt des Septums, deren Sitz deshalb schwerer festzu-
stellen ist. Was die Therapie anbetrifft, so genügen in den leichteren Fällen
Ätzungen, in den schwereren empfiehlt sich die Tamponade mit Watte, even-
tuell getränkt mit Wasserstoffsuperoxyd, die 48 Stunden liegen bleibt, eventuell
mit nachfolgender Verschorfung der betreffenden Stellen.
£tienne (9) berichtet über drei Fälle, in denen sich im Anschluss an
die Einwirkung starker Kälte an den Händen schwere Sensibilitäts- und Zir-
kulationsstörungen entwickelten, die zur Gangrän von einzelnen Fingern
führten. Letztere trat bei zweien der Fälle erst auf, nachdem jene
Störungen längere Zeit bestanden hatten, in dem dritten Falle, in dem sich
im Anschluss an die Kälteeinwirkung eine Polyneuritis entwickelt hatte, im
Gefolge einer massigen Überanstrengung. Bemerkenswert war in dem zweiten
Falle die Verminderung des Pulses der linken Radialis, die Verf. auf eine
lokale Endarteritis obliterans zurückführt.
Fischer (10) hat an Kaninchen durch Adrenalininjektionen schwere
Gefässveränderungen , insbesondere an der Aorta erzeugt, die in einzelnen
Fällen die Bildung wirklicher Aneurysmen zur Folge hatten. Diese Verände-
rungen, die sich von der menschlichen Arteriosklerose makroskopisch und
mikroskopisch wesentlich unterscheiden, können nach Ansicht des Verfs. nicht
allein auf den gesteigerten Blutdruck zurückgeführt werden, sondern die nach
der Injektion auftretende Kachexie und Glykosurie bei den Tieren zeigt, dass
schwere Störungen des Stoffwechsels mit im Spiele sind.
Forssner (11). Beschreibung eines Falles von chronischer hämato-
gener Tuberkulose der Aorta, in dem alle drei Wandschichten von der Er-
krankung ergriffen waren. Forssner nimmt an, dass es sich um eine pri-
märe Tuberkulose der Media gehandelt hat, da nach den bisherigen Beobach-
tungen eine Intimatuberkulose sehr geringe Tendenz hat, auf die Media
überzugreifen, da femer in dem vorliegenden Falle keine endarteriitischen Ver-
änderungen vorhanden waren. Die Tuberkelbazillen sind der Aortenwand
224 Jaliresbericlit fOx ChimrgM. I. Teü.
wahrscheinlich von einem primären Bronchialdrüsenherd durch die Vasa vasis
zugeführt.
Hoffmann (12) liefert in seiner Habilitationsschrift auf Grund sehr
eingehender eigener Untersuchungen und unter Verwertung der einschlägigen
Literatur eine umfassende Darstellung der Pathologie der in der Frühperiode
der Syphilis auftretenden Venenerkrankungen, die nicht so selten sind, als
man früher angenommen hat. Aus den Ergebnissen der Arbeit sei folgendes
angeführt: Die erste Form der Erkrankung, die strangformige Phlebitis, die
mit Vorliebe Männer im Durchschnittsalter von 28 Jahren befällt, betrifft
zumeist die Vena saphena magna und zwar gewöhnlich grössere Abschnitte
derselben. Sie entsteht meist ziemlich plötzlich unter Schmerzen und doku-
mentiert sich durch das Auftreten eines harten, zylindrischen, verschieblichen
Stranges, an dem sich oft knotige Verdickungen entsprechend den Klappen
nachweisen lassen. Histiologisch ist sie ausgezeichnet durch eine bedeutende
Wandverdickung, insbesondere der Media und der Intima. Der Prozess geht
wahrscheinlich von den Vasa vasorum aus und hat eine mehr oder minder
ausgedehnte Thrombose zur Folge. In der peripherischen Schicht der Thromben
finden sich regelmässig sehr zahlreiche Riesenzellen. Die zweite Form, das
nodöse Syphilid, ist charakterisiert durch kugelige und spindelförmige Knoten-
bildung, die mit Vorliebe bei Frauen um variköse Unterschenkelvenen ent-
steht und ihren Ausgang von der Venenwand nimmt. Für die Annahme, dass
die dritte Form, das Erythema nodosum et multiforme syphiliticum von einer
Phlebitis kleiner subkutaner bezw. kutaner Venen ausgeht, konnte Verf. in
einem typischen Falle der ersteren Unterabteilung den Nachweis führen.
Lissauer (13) erzeugte durch wochen- und monatelang fortgesetzte
Adrenalininjektionen beim Kaninchen krankhafte Veränderungen der Aorten-
wand, die im Gegensatz zu der menschlichen Arteriosklerose, welche sich im
wesentlichen an der Intima abspielt, ihren Sitz in der Media haben, eine
Lokalisation, die in der Gefässpathologie des Menschen nur bei der syphi-
litischen Aortensklerose und der sogen, neurotischen Angiosklerose zur Be-
obachtung kommt. Gegenüber der von anderer Seite vertretenen Ansicht,
dass die Ursache der Erkrankung in toxischen Einflüssen und der blutdruck-
steigemden Wirkung des Adrenalins zu suchen ist, glaubt Verf., dass die
starke Kontraktion der Vasa vasorum unter der Wirkung des Mittels die
Ernährungsstörung der Media verursacht.
Michels und Weber (14) fügen den beiden im Vorjahre publizierten
einen neuen Fall von Arteriitis obliterans an der unteren Extremität hinzu,
der einen 39jährigen Patienten betraf und die Amputation unterhalb des
Knies nötig machte. Aus dem anatomischen Befunde ist die auffallend
schwache Entwickelung der Poplitea bemerkenswert. Hinsichtlich der Ätio-
logie halten die Verff. es für möglich, dass ungünstige soziale Verhältnisse
und Rasseneigentümlichkeit — zwei Patienten waren Juden — eine Rolle
spielten. Alkoholismus, Lues etc. waren sicher auszuschliessen.
Pehu et Gennet (lö). Demonstration eines Präparates von Thrombose
des Endteiles einer atheromatösen Aorta. Bemerkenswert war, dass in dem
betreffenden Fall zu Lebzeiten, abgesehen von herabgesetzter Temperatur und
fleckenförmiger livider Verfärbung an den unteren Extremitäten, keine nennens-
werten Störungen bestanden hatten.
Reitter (16). Bei einer Patientin mit inkompensiertem Herzfehler,
die bereits einen Lungeninfarkt überstanden hatte, traten schwere Darm-
Shrich, Verletzungen und chirarg. Krankheiten der Blutgefässe etc. 225
störuBgen: Auftreibimg, Schmerzhaftigkeit des Leibes, Erbrechen, blutige
Stähle aof, die die Annahme einer Embolie der Art mesent. sup. nahelegten.
Bei der Aatopsie fanden sich ausgedehnte, multiple, gangränöse Stellen am
lleiun, wahrscheinÜch infolge einer schweren Entzündung der Darmwand,
dagegen keine Embolie. Verf. zieht aus der Beobachtung den Schluss, dass
in yIto die Diagnose, ob Darmnekrose infolge Entzündung oder Embolie vor-
liegt» überhaupt nicht zu stellen ist, nicht einmal bei nachgewiesenem mög-
lichen Urspmngsort von Embolis.
Ribbert (17). Nach den Untersuchungen des Verfs. sind die arterio-
sklerotischen Veränderungen der Intima (und teilweise auch der Media) auf
Eindringen von Blutplasma zurückzuführen. Das letztere wird infolge der
Erhöhung des Blutdruckes vom Lumen der Arterien aus in die Intima hinein-
gepresst, und zwar besonders dort, wo umschriebene Ausbuchtungen zustande
kommen. Die Fibrillen werden auseinandergedrängt, die Spalträume werden
erweitert, die faserige Grundsubstanz quillt auf und es fallen Eiweisskörper
in festem, geronnenem Zustand aus.
Rome et Bombes de Villiers (18). Während die septische, ulze-
röse Form der Aortenentzündung gewöhnlich durch Fortleitung des Prozesses
Ton den Semilunarklappen her entsteht, ist das Vorkommen dieser Affektion
ohne jede Erkrankung dieser Klappen ein sehr seltenes. In dem hierher ge-
hörigen, klinisch und anatomisch genau beschriebenen Falle der Verff., der
das Bild der septischen Endokarditis bot — voraufgegangen waren multiple
Geienkschmerzen — fand sich bei der Autopsie eine Ulzeration von Frank-
stnckgrösse an der Aorta ascendens, während die Aortenklappen nur Schrump-
fung und Verdickung, keine frischen Veränderungen darboten. Gegenüber
den Fällen, wo der ulzeröse Prozess von atheromatösen Veränderungen der
Wand ausgeht, fehlten solche hier ganz. Mit Rücksicht auf ältere tuber-
kulöse Veränderungen in den Lungen und den positiven Ausfall der Tuber-
kulinreaktion sind die Verff. geneigt, den ulzerösen Prozess der Aorta als
tuberkulöser Natur aufzufassen, trotzdem die histologische Untersuchung keine
sicheren Zeichen hierfür ergab.
Soque und Corneloup (19) berichten über zwei Fälle von Aortitis
abdominalis. In dem einen Fall entwickelte sich im Anschluss an eine Influenza
zonäcbst eine Entzündung des Anfangsteils der Aorta, die stenokardische Anfälle
Temrsachte, und eine Erweiterung des Gefässrohres zur Folge hatte. Zehn
Monate später traten Anfälle von Kolikschmerzen, Durchfällen, Druckempfind-
lichkeit der Bauchaorta auf, Erscheinungen, die Verff. durch Fortschreiten des
entzündlichen Prozesses auf letztere erklären. Bei dem zweiten Patienten stellten
sich 14 Tage nach Überstehen einer ;,Influenza^ heftige Schmerzen im linken
Fasse ein, Kältegefühl und blaurote Verfärbung mit kleinen Blutaustritten.
Der Puls in der A. dorsalis pedis war beiderseits unfüblbar, ebenso in der
linken Tibialis postica, während das entsprechende Gefäss rechts eine erhöhte
Spannung aufwies. Die Bauchaorta erwies sich erweitert und äusserst druck-
empfindlich. Die Zirkulationsstörungen, die anfänglich am linken Fuss eine
Gangrän befürchten Hessen, verloren sich in einigen Wochen. — Ähnliche
Erscheinungen von Spasmus der peripheren Arterien mit vorübergehender
Unterbrechung der Zirkulation haben Verff. bei der interstitiellen Nephritis
beobachtet, wofür ein Beispiel angeführt wird. Sie erklären sie hier als
toxischer Natur, in obigem Falle als reflektorischen Ursprungs.
JakresbMielit für Gbinirgie 1905. 15
226 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Rumpf (20) hat Untersuchungen darüber angestellt, ob bei der Arteri
Sklerose Abweichungen in den chemischen Bestandteilen des Blutes und d
Gewebe mit den degenerativen Veränderungen der Gefässe einhergehen. ]
fand in initialen Fällen des Leidens eine Erhöhung des Fettgehaltes und eii
sehr beträchtliche Vermehrung des Kalkes in der erkrankten Aorta, nvährei
Kalium und Natrium vermindert war, in fortgeschrittenen Fällen neben d
Vermehrung der Erdalkalien eine Herabsetzung des Wassergehaltes des Blnt
und teilweise auch des Herzens und der Leber. Für die Entstehung d<
degenerativen Prozesses in der Gefässmuskulatur, der die Vorbedingung für di
Ablagerung der Kalksalze ist, sind vermutlich infektiöse und toxische Eii
fiüsse zu beschuldigen. Verf. knüpft daran einige Bemerkungen über di
Behandlung der Arteriosklerose.
Steinsberg (21) skizziert die moderne Behandlungsweise der Arteric
Sklerose in ihren Hauptzügen. Vor allem kommt es auf eine frühzeitige Er
kenntnis des Leidens an. Die kombinierte Jod-Bädertherapie ist am meistei
erfolgversprechend.
Thurston (22) berichtet über zwei Fälle von Gangrän mit Spontan-
amputation, die wegen der Ausdehnung des Prozesses bemerkenswert sind.
Der eine betraf den linken Vorderarm bei einem 50jährigen, der andere den
rechten Unterschenkel bei einem 40 jährigen Hindu. In dem ersteren war
wahrscheinlich eine Thrombose, in dem letzteren eine Embolie die Ursache.
8. Das Aneurysma.
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Ballance (2) führte in ein Aneurysma des Aortenbogens unter Lokal-
anästhesie mittelst einer feinen Hohlnadel einen 8 Fuss langen, dünnen
Silberdraht ein, der vorher aufgerollt war, in der Erwartung, dass er sich
i\ach der Einführung in den Sack wieder zusammenrollen würde, und Hess
4ö Minuten lang den elektrischen Strom durch den Körper gehen. Das Ende
des Drahtes wurde in das Aneurysma versenkt. Nachdem Patient längere
Zeit sehr an Schmerzen in dem Aneurysma gelitten hatte, machte sich von
der vierten. Woche ab eine zunehmende Verkleinerung und ein Härterwerden
desselben bemerkbar. Exitus 10 Monate post operationem. Bei der Sektion,
die ein sackförmiges Aneurysma des ersten Abschnitts des Aortenbogens er«
gab, fand sich nur ein Teil des Drahtes in dem Sacke , der übrige Teil war
in die Aorta bis zum Abgang der linken Carotis comm. und bis zum Boden
des linken Ventrikels vorgedrungen.
Bari in g (3). Bei einem Aneurysma der rechten Arteria subclavia be*
absichtigte Verf., die proximale Ligatur, die ihm im allgemeinen sehr gute
Resultate ergeben hat, auszuführen. Da sich aber bei der Operation sowohl
der Anfangsteil dieser Arterie sowie die Innominata und der unterste Teil
der Karotis erweitert erwiesen, unterband er die Axillaris im obersten Ab-
schnitt und die Carotis comm. oberhalb der Erweiterung. Der Erfolg war
«in vollständiger.
15*
228 Jahresbericht fftr Chirurgie. I. Teil.
Bedart (4) weist darauf hin, dass die Diagnostik von AortenAZieiirjs
men mittelst Röntgenstrahlen immer noch recht schwierig sei. Eine Ver
längerang und Verlagerung des Aortenbogens, wie sie gelegentlich die Folgt
von atheromatösen Veränderungen ist, kann Schatten auf dem Sohirm er^
zeugen, die falsch gedeutet werden. In manchen Fällen dagegen ^ebezi die
X-Strahlen viel genauere Aufschlüsse über den Sitz und die Ausdehnuzig des
Aneurysmas, als sie die gewöhnlichen Untersuchungsmethoden zu liefern
vermögen.
Bobbio (5). Verf. berichtet die Geschichte eines 20 jährigen BurscAezi,
der infolge eines bei einer Rauferei erhaltenenen Messerstiches in die linke
Wange sich in der Klinik mit einem enormen Haematoma cervico-faciale und
mit Sprech- und Atembeschwerden einfand. Expektative Behandlung für
mehrere Tage. Das Hämatom wird spontan resorbiert. Nach zwölf Tagen
stellt die laryngoskopische Untersuchung Lähmung des linksseitigen Rekurrens
fest und man bemerkt ebenfalls offensichtliche Lähmung des Hypoglossns der
linken Seite. Nach einem Monat wird das — auf das Volumen der Faust
eines Erwachsenen reduzierte, in der Parotisregion zusammengezogene — in
iien Pharynx hineinragende Hämatom deutlich pulsierend. Nach sorgfaltiger
Untersuchung wird die Diagnose auf falsches, traumatisches Aneu-
rysma der inneren Karotis gestellt. Ligatur der Carotis primitiva.
Heilung des Aneurysma, welches sofort aufhört zu pulsieren und bald darauf
vollständig verschwindet.
Als definitive Folgeerscheinung verblieb Lähmung des Rekurrens und
des Hypoglossus. Nach Erörterung des Falles gibt Verf. seiner Ansicht
dahin Ausdruck, dass das in die Wange eingedrungene Messer in den Maxillo-
pharyngealraum hinabgeglitten, zwischen dem Kronfortsatz und dem Gelenk-
kopf des Unterkiefers hindurchgegangen und Carotis interna, Vagus und
Hypoglossus verletzt habe. Die Verletzung ist also von einer ausnahmsweisen
Seltenheit. R. Giani.
Currie (8) führte in einem Falle, in dem vor drei Jahren die Ligatur
der rechten Arteria femoralis wegen Poplitealaneurysma vorgenommen war,
wegen sackförmigen Aneurysmas der Arteria iliaca externa die trans-
peritoneale Ligatur dieses Gefässes mit Erfolg aus. Er empfiehlt ein
derartiges Vorgehen für solche Fälle, in denen man bei der Grösse des
Aneurysma mit der Möglichkeit rechnen muss, die Iliaca communis zu ligieren.
Le Den tu (9). Im Anschluss an eine Stichverletzung an der Innen-
seite des Unterschenkels 12 cm unterhalb des Kniegelenks entwickelte sieb
ein Aneurysma, das von der unteren Hälfte der Kniekehle bis 16 cm unter-
halb des Gelenkspaltes reichte. Da es fraglich war, ob der Sack oberhalb
des Abgangs der Tibialis ant. oder unterhalb desselben, von der Tibialis
postica seinen Ausgang genommen hatte, sah Verf. von der Exstirpation ab
mit Hinblick auf die Möglichkeit des Eintritts einer Gangrän nach Unter-
bindung der Poplitea. Durch subkutane Gelatineinjektionen, die siebenmal
innerhalb von zwei Monaten ausgeführt wurden unter gleichzeitiger Anwen-
dung von massiger Kompression, wurde völlige Heilung erzielt.
Faure (11). Nach der Exstirpation eines Aneurysma der Arteria
Poplitea, das oberhalb der Teilungsstelle derselben und des Abgangs der
unteren Arteriae articulares sass, kam es zur Gangrän des Beins. Verf. lässt
es unentschieden, ob die hier angewandte Es mar ch sehe Blutleere oder
Ehrich, Yerletzangen and chirnrg. Krankheiten der Blatgefässe eto. 229
Tieimehr die schlechte Beschafifenheit des Arteriensystems für den Ausgang
yerantwortlich zn machen sei.
Gibson (13) bespricht fünf Fälle von Aneurysma des horizontalen Teils
des Aortenbogens unter Beifügung der Skiagramme. Nur in einem Falle
stimmte die Dämpfnngsfigur nicht mit dem Schatten auf dem Röntgenbilde
überein, eine Differenz, die möglicherweise auf das bestehende Lungen-
emph3rsem zurückzuführen war. Verf. fügt einen Fall hinzu von chronischer
Myokarditis mit sehr grossem Herzen, einhergehend mit linksseitiger Stimm-
bandlahmung, der ein Aortenaneurysma hätte vortäuschen können. Es fehlte
jedoch ein entsprechender Schatten auf dem Skiagramm. Während die Pro-
gnose der Aortenaneurysmen im allgemeinen zweifelhaft ist, demonstriert
Gibson einen weiteren Fall, in dem durch subkutane Gelatineinjektionen
ein wesentlicher Erfolg erzielt war. Hier hatten Symptome bestanden, die
auf einen Druck des Aneurysmas auf den Ductus thoracicus schliessen liessen.
Griffiths (14). In einem Falle von kokosnussgrossem Aneurysma der
Bauchaorta wurde vom Laparotomieschnitt aus ein Silberdraht in den Sack
eingeführt und 15 Minuten lang der galvanische Strom angewandt. Das
Aneurysma fühlte sich hinterher härter an, die Pulsation verschwand. Tod
nach fünf Stunden. Bei der Autopsie zeigte sich, dass eine Schlinge des
Drahtes bis in die Brustaorta vorgedrungen war.
Guinard (15). Exstirpation eines faustgrossen Aneurysma der Femo-
ralis im Hunt er sehen Kanal. Ungestörte Heilung, abgesehen von ober-
flachlichen Nekrosen an der Wade und Hacke. Verf. hält es für wichtig,
die Exstirpation mit der Unterbindung der Arterie unterhalb des Sackes
zu b^;innen, um dem Eintritt von Embolien durch das Manipulieren an dem
Sack vorzubeugen.
Halbron (15). Ein Aneurysma der Bauchaorta hatte zu hartnäckigen,
seit Monaten bestehenden Schmerzen im Bereich der Arteria sacroiliaca
rechterseits Veranlassung gegeben, deren Ursache zu Lebzeiten unaufgeklärt
blieb. Der Tod erfolgte durch Verblutung in die Bauchhöhle.
Israel (17) unterband wegen eines kindskopf grossen Aneurysma der
Ärteria glutea inf. die Hypogastrica, die ein doppelt so starkes Kaliber hatte,
wie die Iliaca. Nach der Ligatur trat eine ödematöse Schwellung beider
Unterschenkel auf, die sich erst nach längerer Zeit wieder verlor. Das
Aneurysma wurde vollständig geheilt.
Während die meisten Autoren hinsichtlich der Entstehung des Aneu-
rysma spurium die Ansicht vertreten, dass das durch die Arterienwunde in
die Umgebung fliessende Blut zuerst diffus in dieser sich verbreitet und dann
eine Begrenzung durch einen bindegewebigen Sack erhält^ der von der ent-
zündlich gereizten Umgebung geliefert wird, schliesst sich Kallenberger (18)
auf Grund der Untersuchung zweier traumatischer Aneurysmen der Ansicht
Ton Roser, Hain und Schultz an, dass — wenigstens in einem Teil der
Fälle — die Arterienwunde im Anfang durch einen Plättchen- und Fibrin-
thrombns geschlossen wird, dieser sich dann infolge des Blutdrucks ausweitet
und damit den Sack des Aneurysmas darstellt.
Luff (20). Es handelte sich um ein Aneurysma der Brustaorta, das
zur Perforation des Sternum und Bildung eines pulsierenden Geschwürs an
der Vorderfläche geführt hatte. Durch Jodkali und subkutane Gelatine-
injektionen vorübergehende wesentliche Besserung. Später Tod durch Ruptur
des Sackes. Das Aneurysma war vom Aortenbogen ausgegangen.
230 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Lilienthal (21) ligierte wegen eines enteneigrossen Aneurysma der
rechten Subclavia im mittleren Drittel das Gefäss im ersten Drittel nnd
unterband gleichzeitig die Carotis commun. Bei der Inzision des Sackes
kam es zu einer starken Blutung. Naht der Inzisionswunde. Heilung des
Aneurysma.
Mendes (22) betrachtet bei den Aneurysmen der Karotis die Ex-
stirpation des Sackes als die Methode der Wahl, trotz der Schwierigkeiten, die
die Operation haben kann. Ihre Resultate sind gute, wie die in der Literatur
mitgeteilten Fälle und zwei neue Beobachtungen des Verf., die ausführlich
beschrieben werden, lehren. In dem einen Falle handelte es sich um ein
seit 16 Monaten bemerktes Aneurysma von Mandarinengrösse bei einem
62jährigen Manne, das mit dem Sympathikus verwachsen war und sich bis
zum Processus mastoideus erstreckte. Patient war aphonisch, seine rechte
Pupille erweitert und lichtstarr. In dem zweiten Falle hatte das taubenei-
grosse Aneurysma zu Erscheinungen der Sympathikuskompression: Pulsver-
langsamung, Ptosis und Verengerung der Pupille und subjektiven Beschwerden
verschiedener Art Veranlassung gegeben. Bei der Operation kam es zur
Verletzung der Vena jugularis, die unterbunden werden musste. Zum Schluss
werden die zerebralen Störungen, die nach Ligatur der Carotis communis
auftreten können, besprochen.
Mignon (23) gibt die Beschreibung und Abbildung eines durch Messer-
stich entstandenen Aneurysma arterio-venosum der Achsel. Der Radialpuls
war stark geschwächt, die Hautvenen des Arms erheblich erweitert. Es be-
standen Kompressionserscheinungen seitens des Nervus ulnaris. Bei der Ope-
ration erwies sich die Arteria axillaris in Kommunikation mit zwei Venen,
von denen die grössere, die Axillarvene, thrombosiert war. Doppelte Unter-
bindung der Arterie uud der kleineren Vene nnd Resektion des betreffenden
Stücks beider Gefässe, während die thrombosierte Vene belassen wurde, un-
gestörte Heilung.
Morestin (24) hat viermal wegen Aneurysma der Aorta femoralis
operiert. Bei einer 74jährigen, sehr heruntergekommenen Frau beschränkte
er sich auf die Ligatur der Iliaca externa in Lokalanästhesie, um der drohenden
Perforation des Sackes vorzubeugen. Tod am nächsten Tage an Entkräftung.
Zwei Patienten wurden durch Exstirpation des Aneurysmas geheilt. In dem
einen Falle handelte es sich um einen Tumor im mittleren Drittel des Ober-
schenkels von einer Grösse, dass er kaum mit zwei aufgelegten Händen be-
deckt werden konnte, in dem zweiten um ein eigrosses Aneurysma im Hunt er-
sehen Kanal. Hier musste die V. femoralis mitreseziert werden. In dem
letzten Falle bestanden zwei Aneurysmen der rechten Femoralis, das obere war
drei-querfinger-, das untere zwölf-querfinger-hoch, von enormer Grösse, beide
getrennt durch eine vier-querängerbreite Brücke. Die Exstirpation des
kleineren gelang leicht, bei dem grösseren musste Verf. sich auf die Ligatur
der zu- und abführenden Gefässe und Spaltung des Sackes beschränken, da
die Exstirpation wegen schwerer Verwachsungen — der Sack war offenbar
früher geplatzt — nicht möglich war. Patient starb im Shock bald nach der
Operation. Nach Ansicht des Verf. wäre der unglückliche Ausgang vielleicht
vermieden, wenn die Operation in zwei Akten ausgeführt worden wäre.
Moty (25). Bei einem Aortenaneurysma erwies sich die Gelatine-
behandlung (innerhalb eines Monats sechs subkutane Injektionen von 135 bis
200 g einer 2 — 4 7o igen Lösung) nutzlos, der Patient ging infolge Perforation
Ehrich, Yerletzangen und chirurg. Krankheiten der Blutgefässe etc. 231
des Aneurysmas nach aussen zugrunde. Bei der Autopsie fand sich ein
äusserer Blatsack, der Grösse von ^/s Lit. entsprechend, der einen Sequester
der zweiten Kippe enthielt — die 2. — 4. Rippe waren arrodiert — , kommu-
nizierend mit einem faustgrossen inneren Sack. Letzterer stand durch ein
grosses Loch in Verbindung mit dem Anfangsteil der bis zur Höhe des
Tierten Dorsalwirbels stark erweiterten Aorta.
Monriquand (26). Ein Aneurysma der Bauchaorta hatte zu inter-
mittierenden Erscheinungen von Darmverschluss Veranlassung gegeben. Der
Befund: Ein daumengrosser Tumor neben der Wirbelsäule hätte an eine Neu-
bildung des Darms oder Magens denken lassen können, wenn nicht die
Anenrysmasymptome ausgesprochen gewesen wären. Der Tod erfolgte durch
Ruptur des Sackes mit enormer Blutung in das retroperitoneale Gewebe. Die
Wand der Aorta war stark verkalkt.
Osler (27) teilt seine an 16 — tabellarisch aufgeführten — Fällen von
Aneurysma der Bauchaorta gewonnenen Erfahrungen mit. Davon betrafen
14 das männliche Geschlecht. Die Symptomatologie wird eingehend erörtert
und besonders auf die Schwierigkeit der Diagnose hingewiesen. In drei Fällen,
die ausführlich wiedergegeben sind, handelte es sich um abnorm grosse Blut-
säcke. In dem einen, bei dem eine Probepunktion gemacht wurde, war ein
Sarkom diagnostiziert worden. Ein zweiter Fall starb während der Operation
an Verblutung, ohne dass eine Kompression der Aorta oberhalb ausführbar
var. In sieben Fällen wurde die elektrolytische Behandlung mittelst einge-
führtem Silberdraht angewandt, bei einzelnen davon mit vorübergehendem
Erfolg von kürzerer oder längerer Dauer. Die in der Lit-eratur mitgeteilten
Fälle von Unterbindung der Aorta bei dem Leiden verliefen sämtlich tödlich«
Bessere Resultate hat die Kompression oberhalb des Sackes aufzuweisen.
Owen (28). Bemerkenswerter Fall von Aneurysma der Poplitea bei
einem 12jährigen Knaben, das nach Bruch des Femur oberhalb des Knies
entstanden war. Heilung durch Ligatur der Femoralis im Hunt er sehen
Kanal.
Pluyette und Bruneau (29) beschreiben einen Fall von Aneurysma
arteriovenosum der Aorta und Vena subclavia rechterseits, der durch Nahschuss
entstanden war. Unmittelbar nach der Verletzung völlige sensible und mo-
torische Paralyse der oberen Extremität, die bald zurückging. Die Erschei-
nungen des Aneurysma traten nach sechs Tagen hervor. Der Radialpuls war
verspätet und schwächer wie links. Nach einigen Monaten war er nicht mehr
zu fühlen. Eine Beschränkung in der Beweglichkeit des Armes bestand fort.
Die galvanische Erregbarkeit der Muskeln war gering, die faradische stärker
heral^esetzt. Das sausende Geräusch über dem Aneurysma hatte sich wesent-
lich vermindert, so dass auf eine Heilung zu hoffen war. Yerff. haben aus
der Literatur 19 einschlägige Fälle zusammengestellt und geben eine ein-
gehende Schilderung der Ätiologie, Pathologie und Therapie des Krankheits-
bildes. Wegen der grossen Schwierigkeiten, die die operative Behandlung
bietet und der schlechten Resultate derselben (43 7o Mortalität gegenüber
8^/o bei den nicht operierten) raten sie zur exspektativen Behandlung.
Reynier und Saveriand (30) heilten ein Aneurysma der rechten
Subclavia durch Exstirpation, nachdem vorher mit Erfolg — wie das Präparat
zeigte — Gelatineinjektionen nach der Lancereauxschen Methode ange-
wandt waren. Sechs Monate hinterher bestanden noch gewisse Motilitäts-
und Sensibilitätsstörungen an der oberen Extremität.
232 Jahresbericht fQr Chinirgie. I. Teil.
Le roi des Barres (31) exstirpierte mit glücklichem Erfolge ei
zitronengrosses Aneurysma der Femoralis im Hunte r sehen Kaixarl, nachdei
sich die voraufgehende Behandlung mittelst Kompression, Schmierkur un
Jod intern erfolglos erwiesen hatte. Der spindelförmige Sack war stellen weis
sehr dünn und wies atheromatöse Veränderungen auf.
Routier (32). Ein durch Exstirpation geheiltes, zirkumskriptes, falschem
Aneurysma der Arteria radialis, das im Anschluss an eine Maschineoverletzuzi^
entstanden war.
Sheen (35) unterband bei einem 46jährigen Patienten mit Aneurysma
der rechten Subclavia die Arteria innominata und die Carotis communis. Da
die Pulsation am nächsten Tage, allerdings in vermindertem Masse, wieder-
kehrte, während die Konsistenz des Sackes derber Wurde, versuchte Verf. sieben
Wochen später die Innominata zentral von der ersten Ligatur noch einmal
zu unterbinden, musste aber wegen heftiger Blutung davon Abstand nehmen.
Durch einen dritten EingriflF 14 Tage darauf wurde die Subclavia dicht neben
dem Aneurysma doppelt ligiert und dadurch definitive Heilung erzielt. ^Tach
der Zusammenstellung des Verfs. wurde die Ligatur der Innominata bislang,
den beschriebenen Fall eingerechnet, achtmal mit Erfolg ausgeführt, während
28 Fälle (78^0) unglücklich endeten: durch Eiterung und sekundäre Blutung
(13), durch Sepsis (3), durch zerebrale Störungen (3). Seit Einfühmng der
Antisepsis hat sich die Prognose gebessert. Die Operation ist berechtigt bei
zirkumskriptem Aneurysma, kontraindiziert beim A. fusiforme und bei 6e-
stehender Arteriosklerose. Sheen hält es für erforderlich, die Innominata plus
Carotis communis zu ligieren, am besten aber in zwei Sitzungen, um dem Ein-
tritt zerebraler Störungen vorzubeugen.
<
9. Phlebitis. Thrombose. Taricen.
1. "'Audry, Seborrhoides circinOes hOmorrhagiques sur des jambes variqueoses. Ann. de
denn, et de syph. VI, 1. p. 87.
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July 29. p. 225.
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et prise pour une hernie crnrale. Bull, et mOm. de la soc. anat de Paris 1905. Nr. 6.
4. *6aalejac, Noavelle pathogOnie des varices. La Presse m6d, 1905. Nr. 50.
5. Graupner, Pyämie nach Verschlucken einer Nähnadel. Deutsche med. Wochenschr.
1905. Nr. 13. p. 524.
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8. Kashimura, S., Die Entstehung der Varicen der Vena saphena in ihrer Abhängigkeit
vom Gefässnervensystem. Virchows Arch. 1905. Bd. 179.
9. Ledderhose, 6., Studien über den Blutlauf in den Hautvenen unter physiologischen
und pathologischen Bedingungen. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie. Bd. XV. p. 355.
10. M ar cha i s , Comment on doit aujourd'hui traiter les phlöbites. Gaz. des Höp. 1905. Nr. 13«
IL * — Le traitement des phl^bites. Journ. de mäd. de Paris 1905. Nr. 14. p. 144.
12. Reymond et Sönöchal, Un cas de phlöbite variqueuse. Suppl^ance veineuse anor-
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13. Roh in, Sur le traitement de la phl^bite. Journ. de m^d. et de chir. prat 1905. Nr. 5.
14. Scagliosi, Über Phlebektasie. Virchows Arch. 180, 1.
15. Schwarz, G., Phlebitis migrans (non syphilitica). Virchows Arch. Bd. 182.
16. Souli^, Deux cas de phlöbite de la saph^ne interne. Gu^rison par la r^section partielle
de la veine. Arch. prov. de chir. 1905. Nr. 5.
17. — Sur quatre observat. de r^section de la saphdne. Bull, et möm. de la soc. de Chir.
de Paris 1905. Nr. 18.
Ehr ich, Verletzungen nnd chimrg. Krankheiten der Blutgefässe etc. 233
IS. Le Tohie, Stade cliniqae sur les thromboses de la veine cave sap^r. Th^se de Paris
1904. Bef. in Gaz. des H6p. 1905. Nr. 5. p. 56.
]9. Yaqnez, Le traitement de la phläbite des membres. La Semaine mäd. 1905. Nr. SO.
d). Yiannaj, Etüde critiqae sar Top^ration de Trendelenbourg. Rev. de chir. 1905. Nr. 1.
Granpner (5). Bei einem Patienten, der an Bauchfell- und Lungen-
entzündung erkrankte und plötzlich unter den Erscheinungen einer Embolie
surb, fand sich bei der Sektion an der Verbindungsstelle der V. jugularis
sin. comm. und der V. subclavia eine Nähnadel in Thrombenmasse eingelagert.
Halbron (6). Kurzer Hinweis darauf, dass im Anfangsstadium der
LoDgentuberknlose nicht selten Phlebitiden der Vena saphena vorkommen, die
regelmässig durch einen leichten Verlauf ausgezeichnet sind. Man soll in
derartigen Fällen von Phlebitis stets eine genaue Untersuchung der Lungen
Tomehmen.
Kallenberger (7) kommt auf Grund sehr eingehender histiologischer
Tutersuchungen eines grossen Varix der V. saphena magna zu dem Ergebnis,
dass für die Entstehung desselben als wesentliches Moment eine primäre
Roptur der Elast, intern, und extern, anzusehen ist, sei es, dass dieselbe
primär durch ein Trauma — wozu die Lage des Varix (an der Innenseite
des Knies) eine Prädisposition abgab — sei es, dass sie sekundär durch Deh-
Bung der Gefasswand, die die Erscheinungen der diffusen Phlebosklerose auf-
wies, verursacht wurde. Die Untersuchung eines anderen klinisch als Varix
der V. jugularis externa bezeichneten Präparates ergab, dass es sich um ein
KonTolut von erweiterten und zusammengeflossenen Venen, um einen Varix
^nastomoticns handelte, dessen Entstehung Verf. auf eine angeborene Schwäche
der Venenwand im Gebiet einer kongenitalen Missbildung zurückgeführt.
Eashimura (8). Den Ausgangspunkt der unter Rick er angestellten
Vntersuchungen über die Entstehung der Varicen bildet die Tatsache, dass
<lie Venen Organe mit einem vom sympathischen Nervensystem abhängigen
Tonus sind. Ihre Arbeitsleistung hängt von einer ebenfalls unter Einfluss
des Nervensystems stehenden Durchströmung mit Blut in dem Gefässnetz der
Venenwand ab. Treffen abnorm starke und zahlreiche Reize, wie eine Blut-
dmcksteigerung oder auch andere, etwa chemische, im gleichen Sinne wirkende,
das Nervensystem der Venenmuskulatur , so wird diese hyperplastisch , ein-
Wachstumsvorgang, der mit vermehrter Arbeit der Venenmuskulatur zu denken
ist. Gleichzeitig mit jener Reizung der Gefässnerven der Saphena werden
die Vasa vasis erweitert, verstärkt durchströmt und mit Hilfe des vermehrten
Blutes wird die erhöhte Arbeit geleistet. Folgt der Periode der erhöhten
Beizong die herabgesetzte Erregbarkeit, so nimmt die Geschwindigkeit des
Blutes in der Vene und in den Vasa vasis ab, es entsteht Stauungshyperämie,
<lie Schwund der Muskel- und Zunahme der Kollagenfasern zur Folge hat.
Die schliesslich aus Kollagenbindegewebe bestehende Wand wird durch den
BIntdrnck gedehnt. Die Elastinfasern verhalten sich in bezug auf Vermehrung
^d Verschwinden durchaus inkonstant.
Ledderhose (9) beschäftigt sich zunächst mit den Bewegungsvorgängen,
di« sich bei der Atmung in den normalen und den varikös erweiterten Haut-
tenen abspielen und die er auf dem Wege direkter Beobachtung studiert hat.
Die Beobachtung, dass synchron mit den Phasen der Atmung die Strömung
io den Venen der oberen und unteren Extremitäten in entgegengesetztem
^nme beeinfinsst wird, derart, dass an der unteren Extremität bei der
234 Jahresbericht für Chirorgie. I. Teil.
Inspiration Anschwellung, bei der Exspiration Abschwellnng eintritt, wäh-
rend an der oberen das Verhalten ein umgekehrtes ist, findet im fol-
genden ihre Erklärung: Bei der Inspiration findet Dnickabnahme im Thorax
statt, der eine Ansaugung des Blutes und damit eine Erleichterung der Strö-
mung für das ganze Gebiet der Cava superior zur Folge hat, während
die gleichzeitig entstehende intraabdominelle Druckerhöhung den venösen Zu- .
fluss aus den Beinvenen hemmt und umgekehrt. Was ferner die physio-
logische Bedeutung der Venenklappen anbetriflft, so führt Verf. den Nachweis,
dass die herrschende Lehre von der Abschwächung des hydrostatischen Druckes
in den Venen — d. h. des von der Blutsäule auf die Gefässv/and und die
Venenwurzeln ausgeübten Druckes — durch die Klappen eine irrtümliche ist.
Dies ergibt sich daraus, dass bei dem in einer beliebigen Stellung befindlichen
Menschen die Klappen offen stehen, so lange der Kreislauf nicht aus einem
Grunde eine schwere Störung erleidet. Nur in letzterem Falle mögen sio be-
rufen sein, rückläufige Bewegungen des Blutes aufzuhalten. Bei ihrem regel-
mässigen Sitz, distal von der Einmündung der Seitenäste, haben sie vielleicht
die Aufgabe, als Wehre zu dienen, indem sie das Einströmen aus den letzteren
in die Hauptbahn sich leichter vollziehen lassen. Was den Effekt der Tr en-
de lenburgschen Operation anbetrifft, so ist ihre Wirkung darin zu erblicken,
dass beim Gehen eine weitgehende Entleerung der Varicen in die tieferen
Unterschenkelvenen stattfindet, und dass die dadurch herbeigeführte Entlastung
der Venenwand allmählich deren verloren gegangene Elastizität wiederkehren
lässt. Die Tatsache, dass der grösste Durchmesser des Varix nicht zentral-
wärts, sondern peripherisch von der Klappe liegt, hat darin ihren Grund, dass
bei Erschlaffung der Venenwand die Stelle des Klappenansatzes infolge ihres
festeren Gefüges enger bleibt und nun die diktierende Kraft des Blutstroms
distal von der Klappe um so mehr zur Geltung kommt.
Marchais (10). In der Entwickelung der Phlebitis, wofür Verf. als
Beispiel die puerperale Form wählt, sind drei Stadien zu unterscheiden:
1. Die Bildung des primitiven Blutgerinnsels. 2. Die Bildung des sekundären
im Gefässlumen flottierenden Gerinnsels, das gefährliche Stadium. 3. Die
feste Verbindung des Thrombus mit der Gefässwand. Zur Beurteilung der
Frage, wann mit der Mobilisierung der Extremität, mit der nicht zu lange
gewartet werden soll , zu beginnen ist , sind genaue Temperaturmessungen
nötig. Odem und Schmerzen sind unzuverlässige Symptome. Für die Be-
handlung stellt Verf. folgende Regeln auf: Während der Fieberperiode und
der darauf folgenden 15 Tage absolute Ruhe. Lagerung des Beines in eine
Schiene ist entbehrlich. Nach Ablauf dieser Zeit die vier ersten Tage: pas-
sive Bewegungen und leichte Streichmassage, ausser an der Innenseite des
Beines, vom fünften Tage ab aktive Bewegungen. Ende der ersten Woche
Bewegungen des Knies und Muskelmassage. Um den 15. Tag herum kann
Patient einige Schritte gehen. Elastische Bandagen sind zu vermeiden, trotz
des auftretenden Ödems.
Reymond et Senechal (12) geben die genaue Beschreibung eines
durch Exstirpation gewonnenen Präparates einer varikösen Vena saphena mit
thrombophlebitischen Veränderungen. Bemerkenswert war das Vorhandensein
mehrerer Kollateralen, von denen die am stärksten entwickelte in ungewöhn-
licher Weise unter der Schenkelfascie verlief.
Roh ins (13) Behandlungsart der Phlebitiden ist eine sehr vielseitige.
Es werden nacheinander zunächst die Massnahmen bei den verschiedenen
k.
EIhrich» Yerletzangen and chirarg. Krankheiten der Blutgefässe etc. 235
u^en der Erkrankung — unter Anführung einer Anzahl von nützlichen
halben- und Bäderrezepten — besprochen, dann die Therapie der Kompli-
kationen erörtert und schliesslich für die ätiologisch verschiedenen Formen
der Phlebitis verschiedene therapeutische Vorschriften gegeben.
Scagliosi (14) vertritt gegenüber den Autoren, die als die primären
Erscheinungen bei der Entstehung der Phlebektasien die sich an den elasti-
schen Fasern abspielenden Veränderungen betrachten, die Ansicht, dass viel-
mehr die Muskelfasern der Media diejenigen anatomischen Elemente derselben
darstellen, welche primär bei der Phlebektasie erkranken und dass die ela-
stisdien Fäden erst sekundär in Mitleidenschaft gezogen werden. Erst wenn
die degenerativen Veränderungen in der Media einen höheren Grad erreicht
haben, kommt es zur Endophlebitis: einer Wucherung der Zellen der Intima
und einer Neubildung elastischer Fasern in derselben. Eine aktive Einwir^
Icimg des vermehrten Blutdrucks spielt für die Entstehung der Intimaver-
dickung keine Rolle, sondern letztere ist als Ausdruck einer kompensatorischen
Leistung aufzufassen, um die Widerstandsfunktionen der Media zu übernehmen»
Denn sie tritt nur dort auf, wo die Media so sehr verändert ist, dass sie
ihre medianische Funktion nicht mehr leisten kann.
Schwarz (15). Der als ^^Phlebitis migrans^ bezeichnete Krankheits-
prozess kam bei zwei Phthisikem im Endstadium zur Beobachtung und war
durch folgende Erscheinungen charakterisiert. Ohne spezielle Störung des
Allgemeinbefindens trat akut eine zirkumskripte schmerzhafte Entzündung im
Verlauf einer Vene ein, wobei dieselbe selbst an der betreffenden Stelle, ohne
ihre Durchgängigkeit zu verUeren, spindelförmig anschwoll und das umge-
bende Gewebe, besonders die bedeckende Haut, gleichfalls entzündliche Ver-
änderungen zeigte. Der knotenförmige Entzündungsherd schritt dann, sich
genau an das Gefäss haltend, mit dem Blut- und Lymphstrom oder gegen
denselben fort, an der Haut keine sichtbaren Spuren hinterlassend, während
eine geringe Verdickung des Gefässes weiter bestehen blieb. Als anatomisches
Substrat fanden sich an den Venen entzündliche Veränderungen der Adven-
tiüa und Media, während die Intima völlig intakt war. Eine genaue klinisch-
anatomische Präzisierung dieser eigentümlichen Venenerkrankung, für die Verf.
nur zwei Beispiele in der Literatur finden konnte, speziell auch nach der
Richtung, ob man eine syphilitische und eine nicht syphilitische Form unter-
scheiden darf, ist vorderhand nicht möglich.
Soulie (16) hat in zwei Fällen von Phlebitis der V. saphena, von denen
der eine schon früher mitgeteilt ist, durch die partielle Resektion der Vene
schnelle Heilung erzielt und empfiehlt deshalb die Operation bei dieser Affek-
tion. In dem letzten Falle, wo Soulie im unteren und oberen Drittel des
Oberschenkels eine Resektion vornahm, wies das untere Stück der Vene eine
Verdickung der Wand und Verengerung des Lumens auf.
Femer berichtet er (17) über günstige Erfolge der Operation bei meh-
reren Fällen von Varicen und varikösen Geschwüren. In dem einen Falle
wurde die Überhäutung des Geschwürs durch Überpflanzung von Kaninchen-
hant und Thiersch sehen, von dem Patienten entnommenen Läppchen wesent-
lich beschleunigt.
Le Tohic (18). Die Ursachen der Thrombose der oberen Hohlvene
sind: 1. Infektiöse Krankheiten und septische Wunden. 2. Krankhafte Affek-
tionen in der Nachbarschaft, die das Gefäss komprimieren und dasselbe in
Mitleidenschaft ziehen. 3. Herzklappenerkrankungen. Das Leiden entwickelt
236 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
sich häufig unter unbestimmten Symptomen, so dass die Diagnose schwierig
ist. Die Prognose ist sehr ernst, aber nicht absolut schlecht.
Vaquez (19) gibt eine Darstellung der von ihm geübten Behandlung
der Phlebitis in ihren verschiedenen' Formen. Bei der Phlegmasia alba ist
zunächst eine länger dauernde Immobilisierung erforderlich, deren Anwendungs-
form genauer erörtert wird. Mit der Mobilisierung soll erst begonnen werden,
wenn der Patient 20 Tage fieberfrei ist, der Druckschmerz sich verloren hat
und das Ödem zurück geht. Bei derjenigen Form der Phlebitis', der eine
örtliche Infektion der Venen zugrunde liegt, wie sie häufig bei Varicen vor-
kommt, spielt zunächst die Prophylaxe eine wichtige Rolle. Die eigentliche
Behandlung kann die gleiche sein wie bei der vorigen Form. Wenn man
operativ eingreift, ist dafür Sorge zu tragen, dass man an einer Stelle ligiert.
wo das Gefäss gesund ist, da sich der Prozess sonst weiterverbreitet. Bei der
rezidivierenden Phlebitis empfiehlt sich oft die Exstirpation. Schliesslich wird
die Behandlung der Besiduen der verschiedenen Formen der Erkrankung aus-
führlich besprochen.
Yianney (20) fasst alle Operationen am Stamm der V. saphena, die
bestimmt sind, eine definitive Unterbrechung ihres Blutstroms zu liefern,
unter der Bezeichnung ;,Tren de len bürg sehe Operation^ zusammen, da
Trendelenburg als erster den Methoden eine wissenschaftliche Begründung
gegeben hat. Verf. gibt einen kurzen Überblick über die verschiedenen vor
und nach Trendelenburg geübten Methoden und kritisiert sie hinsichtlich
ihres Wertes. Dass nicht nur nach der einfachen Ligatur, sondern auch nach
Resektion eines grösseren Stückes der Vene sich die Zirkulation in derselben
wiederherstellen kann durch Entwickelung von EoUateralen, bewies eine eigene
Beobachtung. Um die Ursachen, die dem nicht seltenen Versagen der Ope-
ration zugrunde liegen, klar zu stellen, hat Verf. eine Anzahl von Leichen-
versuchen angestellt. Er fand in 47 ^/o eine Kollateralvene, die in verschie-
dener Höhe am Oberschenkel in die Saphena einmündete, in 6,5 ^/o eine
doppelte Saphena. Hieraus ergibt sich, dass die Unterbindung im unteren
Drittel ganz unzuverlässig ist und nur die Ligatur hoch oben im Scarpa sehen
Dreieck mit Resektion unter Berücksichtigung einer doppelten Saphena sichere
Resultate geben kann. Die ausgedehnte Exstirpation der Vene ist meistens
entbehrlich.
10« Lymphdrüsen- und Lymphgef&sserkrankungen.
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Bergonie (1) hat in mehreren Fällen von tuberkulöser, nicht eiteriger
lymphdrüsenentzündung — unter denen bei zweien die Diagnose durch eine
Probeexzision sicher gestellt war — durch Röntgenstrahlen regelmässig eine
^rWiche Verkleinerung der Drüsen erzielt. Die Bestrahlungen, von 5 — 10
Minuten Dauer, wurden in 5 — Stägigen Zwischenräumen 1 — 3 Monate lang
ing^ivendet. Bei Bestrahlung der einen Halsseite blieben die auf der anderen
Seite befindlichen, gegen die Einwirkung der Strahlen geschützten Drüsen,
?m unverändert.
Browning (2) bespricht die neueren Ansichten über die atypischen
dornen der Leukämie an der Hand eines Falles, der im allgemeinen die
Cliaraktere der myelogenen Leukämie darbietend, durch einen starken Gehalt
grosser, Licht gekörnter Zellen im Blut ausgezeichnet war. Die myelogene
Leukämie beruht auf einer Hyperplasie des myeloiden Gewebes. Durch un-
^Wte Tirsächliche Momente kann es entweder zum Vorwiegen gekörnter
238 Jahresbericht f5r Chirargie. I. Teil
Zellen kommen oder ein gemischtzelliger Blntbefund resultieren. Bei der
letzteren Form der Leukämie handelt es sich entweder um eine Rückkehr
der myeloiden Zellen zum embryonalen Typus oder um eine Reaktion oder
eine mechanische Störung myeloiden Gewebes infolge lymphoider Hyperplasie.
Capuano (3). Vier Fälle von Tuberkulose der Lymphdrüsen, welche
mit der Kurmethode nach Dur ante behandelt und geheilt wurden.
R. Giani.
Cleland (4) weist darauf hin, dass die Keimzentren in den Lymph-
drüsen oft sehr grosse Ähnlichkeit mit Karzinommetastasen darbieten und
deshalb mit solchen verwechselt werden können. Unter den Unterscheidungs-
merkmalen ist das wichtigste, dass die — etwas grösseren — Krebszellen
scharf von den benachbarten Lymphozyten abzugrenzen sind, während die
Keimzentrumzellen, die wie die Lymphozyten konzentrisch angeordnet sind,
«Ue Übergänge zu den letzteren zeigen.
Dubreuilh (5) hat aus der Literatur 16 Fälle von Prurigo bezw. pru-
rigoähnlichen HantafFektionen bei leukämischen und pseudoleukämischen Er-
krankungen gesammelt und fügt dazu zwei eigene Beobachtungen, die sehr
ausführlich wiedergegeben werden. Das männliche Geschlecht wird von dem
Leiden wesentlich häufiger betroffen wie das weibliche, und zwar vorwiegend
junge Leute. Der Pruritus ist stets ausserordentlich quälend und hartnäckig.
Die Hautveränderungen können verschiedenartig sein. Die Drüsenschwellong
betraf stets vorwiegend die Halslymphdrüsen, in den Fällen des Verfs. einher-
gehend mit einer ödematösen Schwellung der Nachbarschaft, femer besonders
die mediastinalen und bronchialen Drüsen. In den Fällen, in denen eine
Vermehrung der weissen Blutkörperchen bestand, betraf dieselbe stets die
polynukleären Leukozyten. Über die näheren Beziehungen des Pruritus zu
den genannten Erkrankungen sowie über die Ätiologie der letzteren lässt sich
vorderhand nichts Bestimmtes sagen.
Du er OS (7). In einem Fall von Polyserositis ohne jede nachweisbaren
Organ Veränderungen ermöglichte es allein der zytodiagnostische Befund Tuber-
kulose auszuschliessen, wegen des Fehlens der für dieselbe typischen Lympho-
zytose, und die Diagnose: malignes Neoplasma zu stellen.
Gassmann (8) hat während des Primärstadiums der Syphilis eine
chronisch verlaufende Erweichung und Einschmelzung von Bubonen beobachtet,
ohne dass eine Sekundärinfektion im Spiele war. Die histologische Unter-
suchung der Drüsen ergab eine Art von Nekrose, keine Eiterung. Prompte
Rückbildung unter Quecksilberbehandluug.
Gross (9). Der Prozess der sogen. Adenolymphocele und die mit ihm
verbundene Lehre, die auf N61aton und seinen Schüler Anger zurückgeht,
haben sich bei den Franzosen bis in die neueste Zeit des lebhaftesten Inter-
esses erfreut. Gross, der sich die Erforschung der lymphektatischen Pro-
zesse zur Aufgabe gestellt hat, beschäftigt sich in der vorliegenden Arbeit,
der weitere Aufsätze folgen sollen, mit der französischen Auffassung, indem
er unter Verwertung eines umfangreichen Materiales Kritik an ihr übt. Er
weist nach, dass diese Lehre, die mit der Bezeichnung Adenolymphocele den
anatomischen Begriff eines ^Lymphdrüsen-Lymphangioms^ verbindet, eine
unrichtige ist, trotzdem viele französischen Chirurgen noch an ihr festhalten.
Bezüglich vieler Einzelheiten muss auf das Original verwiesen werden.
Gütig (10). Bei einer 18jährigen Patientin, die an einer Kombination
von Pseudoleukämie und Miliartuberkulose litt, fand sich eine auffällige ab-
Eh rieh, Verletzangen und chimrg. Krankheiten der Blatgefässe etc. 239
sdote Vermindernng der weissen Blutzellen. Die Anoabme, dass derselben
eine weitgehende anatomische Veränderung des Knochenmarks zugrunde liege,
lurde durch die Sektion bestätigt, die ein hochgradig lymphadenoides Kno-
chenmark ergab.
Nach der Ansicht von Hirschfeld (11) lässt sich die von Ehrlich
und Lazarus gegebene Definition der myeloiden Leukämie hinsichtlich des
Blntbefundes in der engen Begrenzung nicht mehr aufrecht erhalten. Verf.
zifalt ans der Literatur die Fälle auf, die jenen Kriterien nicht stand hielten
und fugt dazu eine eigene Beobachtung. Dieselbe sei deshalb bemerkenswert,
Teil es sich hier um den Übergang einer typischen in eine atypische myeloide
Leukämie handelte, indem neben dem Auftreten anderer Veränderungen die
Mizellen ganz, die eosinophilen fast verschwanden. Dass als Ursache dieser
Veränderung des Blutbildes die angewandte Röntgenbestrahlung anzusehen sei,
stellt er in Abrede.
Helly (12) setzt in einer Entgegnung an Hirschfeld auseinander,
weshalb dessen FaU nicht zur atypischen myeloiden Leukämie gerechnet werden
könne. Einerseits habe Verf. sich nicht genügend an die von Ehrlich ge-
gebene Definition gehalten, sodann erklärten sich die Abweichungen des Blut-
bildes, die übrigens erst im Endstadium der Krankheit aufgetreten sein, durch
die hochgradige Anämie und die Einwirkung der Röntgenstrahlen.
Kähnel (13) beschreibt den seltenen Fall von Perforation einer ver-
kästen Bronchialdrüse in den Ösophagus und in den rechten Hauptbronchus
bei einer 66 jährigen Patientin. Er ist der Ansicht, dass zunächst die Per-
foration der Drüse in den Ösophagus, von ihm aus die jauchige Infektion der
Drüse und ihrer Umgebung erfolgte, die dann durch Ausbreitung auf den
Bronchus die fötide Bronchitis und weiterhin den Durchbruch des Bronchus
ZOT Folge hatte.
L6vy und Clement (14) geben eine zusammenfassende Darstellung
der Pathogenese, Symptomatologie und Therapie der verschiedenen chronisch
entiündlichen und neoplastischen Lymphdrüsenschwellungen des Halses. Voraus-
geschickt wird eine eingehende anatomische Beschreibung der einzelnen Lymph-
irüsengruppen des Kopfes und Halses.
Während nach den Mitteilungen von Lubarsch und Pol lack das
Vorkommen von metaplastischer Knochenbildung in Lymphdrüsen nur dann
beobachtet wird, wenn dieselben vorher tuberkulös verändert waren, beobachtete
^lerkel (15) eine ausgedehnte Knochenbildung in einer völlig krebsig in-
itrierten abdominellen Lymphdrüse. Er hält es für sehr wahrscheinlich, dass
iure)} den Reiz der einwachsenden Krebszellen das periglanduläre Bindegewebe
m metaplastischen Knochenbildung angeregt wurde — das Knochengewebe
^ab schalenartig die hochgradig vergrösserte Drüse — , während hier von
einer embryonalen Verlagerung von Knochen nicht die Rede sein konnte.
Möbius (16). Eine ältere Frau erkrankte an Abmagerung, Tachykardie,
Drnsenschwellungen, leichten geistigen Störungen, Erscheinungen, die sich nach
lodgebrauch beträchtlich verschlimmerten, nach Aussetzen des Mittels sich
zun Teil besserten. Verf. weist auf die Analogie des Krankheitsbildes mit
TO Morbus Basedowii hin und wirft die Frage auf, ob nicht eine primäre
Erkrankung der Lymphdrüsen vorkomme, bei der in denselben ein dem Basedow-
Sift ähnliches Gift entstände.
Moorhead (17) berichtet über einen Fall, der monatelang das typische
Bildder Hodgkinschen Krankheit darbot und schliesslich unter den Er-
240 Jahresbericht für Chirurgie. 1. Teil.
scheinungen des Lymphosarkoms znm Ende führte. Er erörtert im Asscbit
daran die verschiedenen Merkmale, die gewöhnlich für jede der beicieii Kran
heiten als charakteristisch angesehen werden und spricht schliesslicli die A
sieht aus, dass das Lymphosarkom und die akute Hodgkinsche Krankhe
wahrscheinlich ein und derselbe Erankheitsprozess seien.
Muir (18) bespricht zunächst die verschiedenen Formen der tienkozyte
und gibt dann eine ausführliche Darstellung der Blut- und OrganbefarKle bei de
verschiedenen Arten der Lymphomatose. Er unterscheidet in dieser Hinsicht fol
gende Formen: 1. Die lymphatische Leukämie und die Pseudoleukämie. Daj
wesentliche Merkmal für beide ist die Vermehrung der Lymphozytexi in dei
Drüsen. 2. Die progressive Erkrankung einzelner Drüsengruppen, wie sie gelegent
lieh bei der Tuberkulose vorkommt. 3. Eine Form, die von den genannten zu
trennen ist und als Hodgkinsche Krankheit bezeichnet werden kann. Die-
selbe ist infektiöser Natur, aber unbekannter Ätiologie. 4. Das Lympho-
sarkom. Falls der Blutbefund keinen bestimmten Aufschluss gibt, kann die
Differentialdiagnose in vielen Fällen auf Grund der histiologischen Verände-
rungen der Drüsen gestellt werden.
Wie der von Nowack(19) genau untersuchte Fall lehrt, lässt sich die
von Pinkus gegebene Einteilung der Pseudoleukämie in drei Gruppen: Die
Lymphosarkomatose, die Lymphdrüsentuberkulose und die ^wirkliche^' Pseudo-
leukämie nicht auf alle Fälle anwenden. Die ersten zwei Formen Hessen sich
in jenem Falle sicher ausscbliessen, andererseits fehlte hier gerade das Cba-
rakteristikum, das Pinkus als ausschlaggebend für die Pseudoleukämie im
engeren Sinne ansieht, die Leukozytose, es bestand vielmehr eine — sehr
ungewöhnliche Leukopenie. Verf. hält es heutzutage noch nicht für möglich,
ein nach dem hämatologischen Befunde gut charakterisiertes KrankheitsbiiJ
als ^ wirkliche^ Pseudoleukämie herauszuheben, ebensowenig als man die
Diagnose Pseudoleukämie nur nach den klinischen Erscheinungen stellen kani?.
Peacocke (21). Kurze Mitteilung einer Beobachtung Hodgkin scher
Krankheit bei männlichen Zwillingen im Alter von vier Jahren.
Zwei Fälle von nicht durch Hautulzeration komplizierter Inguinal-
poliadenitis und zwei Fälle von durch Hautulzeration komplizierter Adenitis
der eine an der Leiche, der andere am Abszess, bei denen Perassi (22) die
Exstirpation der Drüsensäcke und der Fistelsinus mit Ausgang in Heilung
vornahm. Ebenfalls mit gutem Erfolg inzidierte, entleerte, schabte und drai-
nierte er einen oberflächlichen, einseitigen parapleuralen Klepsydraabszess
längs des siebten Interkostalraumes von oben.
In einem Falle dagegen von schwammiger Osteoarthritis des linken
Sprunggelenkes musste er nach einem erfolglosen Versuch der ostealen Arthr-
ektomie zur Amputation des Gliedes schreiten. R. Giani.
Puyhaubert (23) wandte in einem Falle von phlegmonöser Schwellung
des Handrückens und Lymphangitis des Armes eine subkutane Lijektion von
Terpentinöl an, worauf es sehr schnell zur lokalen eitrigen Einschmelznog
und Rückgang der entzündlichen Erscheinungen kam.
Ritter (24) hat wiederholt bei verschiedenen Karzinomen Lymphdrüsen
gefunden, die den Eindruck machten, als ob sie erst in Bildung begriffen
seien. Er ist der Ansicht, dass eine derartige Neubildung von Lymphdrüsen
die Reaktion des Körpers auf eine Invasion von Krebsinfektionsstoff ist.
Wenn sich diese Ansicht bestätigt, würden die Injektionsversucbe zum Studium
der Verbreitung des Krebses auf dem Lymphwege sehr an Wert verlieren.
Ell rieh, YerletziiBgeo und chirorg. Krankfauten der BlutgefäsBe eic. 241
Savariaud (25) weist unter Mitteilmig von drei diesbezüglichen Beob-
achtungen darauf hin, dass sich nicht selten im Anschlnae an eine Lymph-
ijtgküi der unteren Extremität Abszesse in der Fossa iliaca und im Becken
entwickeln. Der Vereiterung der betreffenden Lymphdrüsen gebt stets eine
Entzündung der Inguinaldrüsen voran. Der Sitz der Abszesse ist entweder
die Gegend oberhalb des Schenkelkanals oder der prävesikale Raum, indem
sie in letzerem Falle häufig Erscheinungen von Dysurie bedingen.
V. Schrötter (26). Bei einem 2ö jährigen Mann, der eine Rekurrens-
lähmnng und einige geschwollene Supraklavikularlymphdrüsen aufwies, fand
sich eine kolossale Dämpfung in der Herzgegend, die nur zum Teil durch
eine Fiüssigkeitsansammlung im Perikard bedingt sein konnte. Statt des
diagnostizierten Sarkoms ergab die Autopsie eine chronische uniyerselle Tuber-
kolose der Lymphdrüsen, insbesondere derer des Mediastinums, die einen
TnmoT von 16,5 cm Querdurchmeeser bildeten.
Schwedenberg (27). Nach den Ergebnissen der Arbeit, die sich auf
12 &asfiihrlich mitgeteilte P'älle aus dem Krankenhaus Hamburg-Eppendorf
stützt, ist die Karzinose des Ductus thoracicus keine so seltene Erkran-
kung. Sie kommt für gewöhnlich zustande durch direkten Transport
der Zellen Ton einem Organ der Bauchhöhle aus. Gleichgültig aber, ob der
Duktus karzinomatös verändert ist oder nicht, stellt er den Hauptweg dar,
auf dem die Krebszellen von der Bauchhöhle nach der Brusthöhle gelangen.
Entweder auf retrogradem Lymphwege oder häufiger durch das rechte Herz
wandern die Tumorelemente in die Lungen, die sie passieren, meistens ohne
hier sekundäre Geschwülste zu bilden. Aber auch aus den in den grossen
Kreislauf gelangten Keimen entsteht nicht immer eine Metastase; sehr viele
Zellen gehen auf dem Wege zugrunde.
Siegel (28) bespricht die verschiedenen medizinischen und chirurgischen
Methoden, die für die Behandlung der tuberkulösen Halsdrüsen in Frage
kommen. Bei der Exstirpation soll man mit Rücksicht auf die spätere Narbe
grosse Sdmitte möglichst vermeiden. Bei einzelnen geschwollenen Drüsen
k&nn man an Stelle der Exstirpation Injektionen von Thymolkampfer an-
wenden, die gewöhnlich eine Einschmelzung der Drüsensubstanz zur Folge
haben.
Warneckes (30) Untersuchungsergebnisse, die an vier zur Sektion ge-
kommenen Fällen Hodgkin scher Krankheit und sechs FäUen von exstirpierten,
sogen, malignen Lymphomen gewonnen wurden, bilden eine Bestätigung der
Ton Chiari u. a. vertretenen Ansicht, dass es möglich ist, von der grossen
Gruppe der Pseudoleukämie durch die pathologisch anatomischen Befunde die
Hodgkin sehe Krankheit abzugrenzen. Konstante Befunde derselben bilden
unter anderen die Schwellung des* gesamten lymphatischen Apparates und
die Enotenbildung in dem lymphadenoiden^ präformierten Gewebe der Organe,
besonders der Milz. Mikroskopisch ist vor allem charakteristisch die ausser-
ordentliche Variabilität der Zellformen: Epitheloidzellen, Fibroblasten und
Biesenzellen. Dass die Krankheit durch den typischen Tuberkelbazillus ver-
Qisacht wird, ist ganz unwahrscheinlich, wenn auch nicht direkt ausgeschlossen
ist) dass es sich um eine abgeschwächte Form der Tuberkulose handelt. Die
Itaufige Kombination mit Tuberkulose fasst Verf. als eine sekundäre, zufallige
Infektion auf.
Emile- Weil und Giere (31) berichten über die Ergebnisse ihrer
Untersuchungen über die Leukämie der Tiere, die in klinischer Hinsicht dem
JihnilMrieht für Chirurgie 1905. 16
242 Jahresbericht für Ohimrgie. I. Teil.
Krankheitsbilde beim Menschen gleicht, pathologisch-anatomisch bislaxig nie
genügend erforscht ist. Einzelne interessante Blutbefunde werden genan
mitgeteilt. Versuche, die Krankheit auf andere Tiere zu übertragen, hatt
stets ein negatives Resultat. Durch Röntgenbehandlung wurde bei eine
Hunde eine ganz erhebliche Verringerung der Zahl der weissen Blutkörperch^
und eine Verkleinerung der Lymphdrüsentumoren erzielt.
11. Gefässgeschwülste.
1. Beck, Durch Operation geheilter Fall von Angioma racemosam. Aus der New-Tork
med. Wochenschr. Dez. 1903.
2. Hardouin, Un cas d'angiome du qoadriceps femoral. Bull, et mto. de la soc ana
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5. Satter, H., Beitrag zu der Frage von den primären Muskelangiomen. Deatsc^he Zeit
sehr. f. Chir. 76, 4—6.
6. Yignard, P., et G. Mouriquand, Du p^rith^liome. Rev. de Chir. 1905. Nr. 10.
Beck (1). Erfolgreiche Exstirpation eines sehr ausgedehnten Angioma
racemosum, das die ganze behaarte Kopfhaut und den oberen Teil des Ge-
sichtes einnahm. Einige Zeit vorher waren nacheinander ohne wesentlicbeu
Effekt die Art. temporales, frontales und angulares unterbunden worden.
Histiologisch glich die Geschwulst einem Angiosarkom, während das klinische
Verhalten mehr für einen gutartigen Charakter derselben sprach.
Hardouin(2) beschreibt ein Angiom des Vastus internus oberhalb des
Kniegelenkes, das eine tuberkulöse Affektion vorgetäuscht hatte. Bei der
Exstirpation zeigte sich, dass dasselbe ganz diffus in der Muskulatur ge-
wachsen war und aus bis fingerdicken Gefässen bestand. Es folgt die Mit-
teilung des histiologischen Befundes.
Nov6-Josserand{4) operierte ein zystisches Lymphangiom des Halses
bei einem Kinde, das mit dem Gefässbündel der betreffenden Seite nicht ver-
wachsen war, dagegen — sich vor der Trachea auf die andere Seite er-
streckend — hier an der V. jugularis adhärent war. Die Zysten enthielten
serös-blutige Flüssigkeit. Eine Kommunikation mit den benachbarten Venen
bestand nicht.
Sutter (5) fügt den 40 in der Literatur beschriebenen Fällen von pri-
märem Muskelangiom, die tabellarisch aufgezählt werden, fünf, neue Beob-
achtungen hinzu, von denen vier einer eingehenden histiologischen Untersuchung
unterzogen wurden. In klinischer Hinsicht wird auf die Schwierigkeit der
Diagnose, da die meisten Muskelangiome nicht komprimierbar sind, und auf
die Möglichkeit der Rezidive, besonders bei den diffus verbreiteten Tumoren,
hingewiesen. Hinsichtlich der Struktur sind zu unterscheiden kavernöse und
teleangiektatische Formen. Von besonderem Interesse sind die Fälle, die mit
einer Hyperplasie der glatten Muskulatur einhergehen. Dieselbe tritt als kon-
zentrische oder exzentrische Wucherung an der Media auf und kann weiter-
hin zu geschwulstartigen Tumormassen Veranlassung geben. Hand in Hand
mit dieser Wucherung der Gefässwandelemente geht, als sekundärer Vorgang,
die Wucherung des Bindegewebes und das Auftreten von Fettgewebe als Er-
satz der zugrunde gegangenen quergestreiften Muskulatur. Die dünnwandigen
Bluträume bei den kavernösen Formen sind zum Teil auf Stauungsvorgänge
zurückzuführen.
Kölliker, Verletzungen und chirurg. Illrkrankangen der peripher. Nerven. 243
Vignard und Mouriquand (6). Es handelte sich am einen apfel-
grossen, angiomartigen Tnmor, der sich bei einem 60 jährigen Manne seit
drei Jahren in der linken Wangen- und Unterkiefergegend entwickelt hatte
find zu häufigen profusen Blutungen Anlass gab. Trotz vorausgeschickter
Ligatur der Carotis communis war die Exstirpation der Geschwulst mit be-
tiichÜichem Blutverlust verbunden. Tod unter Erscheinungen von Anämie.
Die histologische Untersuchung ergab die Struktur eines Perithelioms,
einer Geschwnlstform^ die bisher nur an den Meningen und an der Glandula
carotica beobachtet ist.
X.
Verletzungen und chirurgische Erkrankungen der
peripherischen Nerven.
Referent: Th. Kölliker, Leipzig.
Die mit * ▼ersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Lehrbücher.
1. Marion, George, Ghirorgie da Systeme nerveux. Avec 320 fig. dans le texte. Paris.
6. Steinheil 1905. Preis: 18 Frs. Der dritte Abschnitt behandelt die allgemeine und
speiielle Chirurgie der peripherischen Nerven.
2. Head, H., The afferent nervoas System from a new aspect. London. John Bale sons
tfld Banielaen 1905.
2. Nerven-Anatomie.
2a.*Reich, Über die feinere Stmktar der Zelle der peripheren Nerven. Jahresversammlung
des Deutschen YereiDS fflr Psychiatrie in Dresden am 28. u. 29. April 1904. München^
med. Wochenschr. 1905. Nr. 24. p. 1170.
ä. *Braa8, Kxperimentelle Beiträge znr Frage nach der Entwickelnng peripherer Nerven.
Anat. Anzeiger 1905. Bd. XXVI. Nr. 17 \l 18.
i *Köliiker, A. v., Die Entwickelang der Elemente des Nervensystems. Zeitschr. f&r
wiaaeDschaftl. Zoologie LXXXIL
b. *Schaltze, 0., Die Kontinuität der Organisationseinheiten der peripheren Nervenfasern.
Ärch. für die ges. Physiologie. Bd. 108.
6. *— Weiteres zur Entwickelung der peripheren Nerven mit Berücksichtigung der Nerven-
Tegeneration nach Nervenverletzungen. Yerh. d. physik.-med. Ges. zu Würzburg. N. F.
Bd. XXXVII. Nr. 7. Würzburg 1905.
8. Nervendegeneration, Nerrenregeneration.
1. Bethe, Über Nervenheilung und polare Wachstumserscheinungen an Nerven. Naturw.-
med. Verein zu Strassburg. Sitzong der med. Sektion am 12. Mai 1904. Münch. med.
Wochenschr. 1905. Nr. 25.
16*
244 Jahretbericlit fflr Chirurgie. I. Teil.
8. *l[i 1t i n g 1 0 n , An investigation on the regeaeratiofi of aervee. Britisk med« Joarn. 1905.
Nr. 2318. p. 9S5. 9 Fig.
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chroniques. Oaz. des h6p. Annäe 78. 1905. Nr. 4 p. 39-^42. 2 Fig.
5. Nervenluxation.
17. Tsutsumi Atsuma, Zur Kenntnis der Luxation des Nervus ulnaris und deren
operative Behandlung.
6. Nervennaht
18. '*Boeckel, J., Paralysie de la brauche profonde du nerf radial aprös traumatisme.
Sutore tardive. Gu^rison. Bull, de Tacad. de möd. 68. ann. 3. sär. Nr. 17 et 18.
19. *Bonnet, Section de la branche motrice du nerf radial. Bull, et möm. de la soc. de
Chir. de Paris 1905. XXX. Nr. 40.
20. Chaput, De la rtetauration rapide des fonctions ä la suite des sutures nerveuses.
Bull, et m^m. de la Soc. de Chir. de Paris 1904. Nr. 18.
21. *^ Section du nerf radial. Ibidem. Nr. 85.
22. *Rieffel, Sur la suture de la branche postörienre du nerf radial. Bull, et m^m. de
la Soc. de Chir. de Paris 1905. XXXI. Mr. 1.
23. Steinmann, Über traumatische Sehnen- und Nerventrennung. Konrespondenzb). fQr
Schweizer Ärzte 1905. p. 587. (Verf. verlangt aufmerksame Untersuchung, damit nicht
vollkommene und teilweise NervendurchschDeiduogen Übersehen werden.)
24. Wolfler, Sekundäre Nervennaht des N. hypoglossus. Verein deutscher ÄrztO in Prag,
Sitzung am 3. Febr. 1904. Manchen, med. Wochenschr. 1905. Nr. 10 und Beitr. zar
klin. Chir. Bd. 45. p. 294.
7. Neryen-Anastomose.
25. *Bruandet-Humbert, De la texture des nerfs. Application k l'anastomose nerveuse.
Arch. g^n. de m^d. 1905. Nr. 11.
26. Cushing, The special field of neurological surgery. John Hopkins hospital buU. 1905.
Mftrz. (Im Abschnitt über Chirurgie der peripheren Nerven wird die Nervenpfropfung
besprochen. Drei eigene Fillle am Fazialis.)
27. Füret, F., Traitement chirurgical de la paraljeie faciale. Rev. hebd. de laiyng.^
d'otol. et de rhiool. 1905. Nr. 32.
28. Gluck, Nervenplastik (greffe nerveuse) nebst Bemerkungen Aber Übungstherapie bei
Lfthmungen. Zeitochr. fflr difttetiscbe und physikal. Therapie 1905. Bd. IX. Heft 1.
29. Hackenbruch, Zur Behandlung der spinalen Kinderlähmung durch Nerven pfropfnng.
Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 25.
SO. — Zur Behandlung der spinalen Kinderl&hmung durch Nervenpf^opfung. Verhandl. d.
deutschen Ges. f. Chir. XXXIV. Kongress 1905.
ESlliker» YerletzimgeB «nd ebirarg. ErkraBkangen der peripher. Nerven. 245
3Qi.Pflaomer, Tratamieiito quirurgioo de U parälisie facial. Revue de la eoc. m^.
ifgentine 1905. Nr. 75.
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Wochenachr. 1905. Nr. 16. p. 652.
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tatien. Joom. of Amer. Assoc. Nr. 8.
33. Spitzj» H., Zur allgemeinen Technik der Nervenplastik. Wiener klin. Wochenachr. 1905.
Nr. a.
$i — Bie Ohtturatorins-Kmraliaplastik. Aus den Grenzgebieten der Chirurgie und Neuro-
logia. ZeitBchr. ftr orUiop. Chirurgte. Bd. XIY. Heft 1.
3d. Young, Report of a case of nerve anastomosis for the eure of infantile paralysie.
The americ. jovul of orthop. snrg. Vol IL Nr. 1.
8. Neryenlösiuig^.
M. Hildebraod, Über isehAniische Muskelifthmnng und ihre Behandlang. Freie Ver-
einigang der Chirurgen Berlins. Zentralbl. f. Chir. 1905. Nr. 30.
17. ran Lier, £. H., Über Nervenkompreasion« Beitr. anr klin. Chir. Bd. XLVI. p. 711.
9. NerYeHdehnung^.
38. ^Gerber, Ein Fall von Geburtalfthmnng des Armes, gebeilt durch Plexusdehnung.
Inaug.-Diss. Breslau 1905.
3^. *MoTt, Caaa of tranmatie stretching of the lowre cervical nerve roeta. The Glasgew
med. Joum. May 1905.
^. 'Gernassi, Male perforante del piede guarito coUo striamento del nervo plantare
iatemo. Rifonna m^d. Vol. XXI. Nr. 35.
10. Nerrenresektioii.
41. ^Bardescn, La r^ection dea nerfs dans la gangr^ne douloureuse des membres. Presse
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42. Lexer, Vereinfachung der Resektion dea dritten Trigeminuaaatee an der Schädelbasis.
Yoh. der deutachen Ges. für Chirurgie. XXXIV. Kongress 1905.
42a. Martin, Klinisches und Experimentelles zur Vagotomie am Halae. XI policlinico
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43. Po t berat, £., Nevraglie faciale. R^ection du nerf maxillaire aup^rieur. Bull, et
mtei. de la soe. de chir. de Paris. T. XXXL p. 227.
11. Intrakranielie Trigeminusresektion.
41 Cafaen, F., Exstirpation des Ganglion Gassen. Allg. ärztl. Verein zu Köln. Sitzung
am 6. Febr. 1905. Mftncben. med. Wochenschr. 1905. Nr. 16.
4-5. Perthes, Über Nervenregeneration nach Extraktion von Nerven wegen Trigeminus-
neoralgie. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 77. Heft 4/6.
12. Sympathikus-Resektion«
46. *D6lbet, De la rdsection du grand sympathique dans la n^vralgie faciale. 8oc. de
^ chir. 1905. Nr. 27.
4". *Poirier, Sur la r^section du grand sympathique contre la n^vralgie faciale. See. de
Chir. 1905. Nr. 29.
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ichr. f&r Unfallheilkunde 1905. Nr. 5.
^' Berohardt, Über einige seltener vorkommende peripherische Lähmungen. Berliner
klin. Wochenschr. 1905. Nr. 18.
^- *- Isolierte Lähmung des rechten N. muscnlo-cutaneus nach Tripper. Rerliner klin.
Wochenschr. 1905. Nr. 35.
246 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
51. Blenke, Über Lfthmungen im Gebiete der ünterschenkelnerven bei Rabenarbeitem
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52. *Bovin, Emil, Über die während der Entbindung entstandene Armplezusparalyac
bei dem Fötus. Hygiea 1905. Nr. 3.
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54. *Flataa, Über einen Fall traumatischer Nervenerkrankung. ÄrzÜ. Sacfaver8t.-Zeit««
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55. *F r i s c h a a e r , Ein Fall von Erb scher Plexuslähmung. Wiener klin. Wochensclir. 190o.
Nr. 47.
56. ^Hirschfeld, Über eine bisher noch nicht bekannte Begleiterscheinung der Parese des
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Nr. 9.
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62. *Voltz, Beitrag zur chirurgischen Therapie und Nachbehandlung praktisch -wichtiger
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63. Weber, Demonstration einer ROntgenplatte, auf der eine einseitige Halsrippe sichtbar
ist, die zu einer unteren Plexuslähmung geführt hat. Rheinisch-westfälische Gesellschaft
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zu Düsseldorf. München, med. Wochenschr. 1905. Nr. 33. Baldige Bessemiig der
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14. Neuralgie.
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65. *Cabannes-Tenliäres, Sur un cas de tic de la face ä la soite d'une paralysie
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68. *Harburn, Some points in the treatment of brachialgia and sciatica. Brit. med. jooni.
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S Fig.
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17. Nachtrag zu 1904.
Nervennaht.
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of the fifth and sixth cervical nerves. Brit. med. Joum. 22. X. 1904. p. 1065.
Periphere Paralyse.
$3. *Spadaro, Radialisparalyse nach Unfall. Gaz. d. ospedali 1904. Nr. 148.
Neurome.
9i *J. H. L a d k i n , A case of multiple fibroma (fibro-neuroma) of the nervs of the lower
eziremities with diffuse eniargement of the sicatics. Complicating sarcoma and meta-
stases in the lungs. Studies fr. Depart. of Pathology of the Coli, of Phys. and Surg.,
Colmnbia Univ. New York. Vol. 9. 1903,1904.
9-5. Nebaky, Neuro-fihromatose g^nöralis^e avec moUascum pendnlum de la moiti^ droite
de Ift face et ptosis de l'oreille. Ann. de dermat. et de syph. 1904. Nr. 11. Die Fibro-
mata pendula und das schlaff herabhängende, hypertrophische Ohrläppchen führt Verf.
auf Dennatolyse znrfick.
Bethe (7) beantwortet zunächst die Frage, ob sich der zentrale Stumpf
eines beliebigen Nerven mit dem peripheren Ende eines anderen beliebigen
Nerven funktionell verbinden kann. Diese Frage ist durch cbirurgische Nerven-
Implantationen schon bejaht. Verf. machte noch folgenden Versuch: Er
b^iizte bei einem Hunde die Ischiadici beider Seiten. Da die Nerven zu
^ sind, nähte er zwischen dem zentralen linken und peripheren rechten
Stumpf, und umgekehrt, ein 10 — 11 cm langes Stück des Ischiadikus eines
anderen Hundes ein. Die Funktion stellte sich nicht vollkommen her, nur
^en die Reize auf der Seite lokalisiert, auf der der Nerv ins Rückenmark
eintrat, bei Reiz des rechten Fusses hebt das Tier das linke Bein. Inkoordi-
248 Jahresbericht fflr ChmiTgie. I. Teil.
nationen bestanden nicht, trotzdem die Oberscfaenkelmuskeln gleicbseiti|$, die
des Unterschenkels und Fusses gekreuzt ionenriert sind. Die Frage, ob ^eoBibla
und motorische Nerven funktionsfähig miteinander verwachsen, wird vonieint-
Präganglionäre Fasern verbinden sich sowohl untereinander, als acK^ mit
motorischen Fasern, und zwar der zentrale Stumpf präganglionärer Bendel
mit dem peripheren Stumpf eines motorischen Nerven, Halssymphatikna« und
Laryngeus, Phrenikus und Halssympathikus. Postganglionäre Fasern können
sich nicht funktionell mit präganglionären verbinden, auch nicht mit den
peripheren Stümpfen motorischer Nerven. Zwei zentrale Stümpfe verwÄchsen
nur äusserlich, aber nicht histologisch und funktionell miteinander. Die zen-
tralen Enden zweier peripheren Stümpfe können sich bei eingetretener SLuto-
gener Regeneration funktionell miteinander vereinigen, so dass bei Reizung
des einen Stumpfes auch die von anderen innervierten Muskeln zucken. Aus
der Kontinuität eines Nerren faerau^eschnittene Stücke eines Nerven heilen
nur dann ein, wenn in der gleichen Lage vernäht wurde, aber nicht, wenn
sie um 180^ gedreht wurden. Nach Versuchen von Bethe scheint es auch
vahrscbeinlidi, dass bei Bildung eines Ringes aus einem eszidierten Nerven*
stück eine vollkommene Vereinigung der Fasern zustande kommen kann, ^renn
autogene Regeneration eintritt.
Okada (11) fand Wal 1er sehe Degeneration am Ischiadikus nach Unter-
bindung der Art. glutaea inferior oberhalb des Abganges der Art. comitans nerv.
ischiad. Bezüglich der Regeneration spricht sich Verf. gegen die autochthone
Regeneration der Nerven aus.
Perroncito (12) führt den Nachweis, dass alle im distalen Nerven-
stumpfe vorhandenen Nervenfasern ausschliesslich vom proximalen Nerven-
stumpf herstammen. Die autogene Nervenregeneration leugnet er. Die Be-
obachtungen von Tizzoni, Galeotti und Levi, v. Büngner, Bethe,
Bailance und Stewart (siehe die Referate in den früheren Jahrgängen der
Jahresberichte) sind nach Perroncito unrichtig und beruhen auf ungenü-
gende Untersuchungsmethoden. Verf. stellt ausführliche Mitteilungen seiner
Versuche und Untersuchungen in Aussicht. So bringt Perroncito die alte
Theorie der Nervenregeneration vom proximalen Nervenstumpf aus wieder zu
Ehren, eine Theorie, die Ref. auch stets verteidigt hat.
Perroncito (13) beschreibt die von den Achsenzyiindern des proxi-
malen Ner?enstumpfes ausgehende Nervenregeneration, die nach seinen Be-
obachtungen sehr zeitig beginnt. Schon zwei Tage nach der Nervendurch-
schneidung bestehen neugebildete Nervenfasern. Die Vorgänge im distalen
Nervenende sind weniger durchsichtig und stellt Verf. weitere Beobachtungen
in Aussicht. Die Arbeit wird durch drei schöne Tafeln mit 24 Abbildungen
illustriert.
Caminiti (14) ist der Ansicht, dass zahlreiche Veränderungen der im
Ga SS er sehen Ganglion beschriebenen Nervenzellen nicht charakteristisch
für Trigeminusneuralgie sind. Viele dieser Erscheinungen sind normale Be-
gleiterscheinungen des vorgerückten Alters und des Greisenalters, viele sind
in den verschiedensten Krankheiten beobachtet worden. Als Veränderungen,
bei denen die Neuralgie auf pathologische Vorgänge im Ganglion selbst zu-
rückzuführen sind, können nur jene angesprochen werden, die sich auf die
Fasern und das Bindegewebe des Ganglion beziehen, Störungen, die mit der
Rückbildung und mit der Sklerose endigen.
-^
Kolli k er, Verletzungen and chirarg. Erkrankungen der peripher. Nerven. 249
Tsatsami (17) berichtet über eine operativ behandelte Luxation des
y. olnaris aus der Rostocker Klinik. Müller schaffte ein sicheres Lager
för den Nerven in der Weise , dass er einen Periostknochenlappen aus dem
Epicondylns medialia bildete, diesen nach aussen umlegte und mit der Trizeps-
seime vernähte.
Wolf 1er (24) vernähte den bei einem Selbstmordversuch durchschnit-
tenen rediten N. hypoglossus 4^/t Monate nach der Verletzung. Erst nach
Yielen Monaten besserte sich der Zustand der Zungenmuskulatur, die Beweg-
lichkeit der Zunge und die Sprache. Es ist das der erste Fall von Nerven-
naht am N. hypoglossus. Wölflen berichtet ferner über sechs weitere Fälle
Ton Verletzungen des Hypoglossus, und zwar drei Schnitt- und drei Schuss-
lerletzungen, bei denen aber eine Naht nicht angelegt wurde.
Füret (27) gibt eine zusammenfassende Arbeit über Akzessorius- und
Hrpogiossus- Anastomose bei Fazialislähmung. Er befürwortet die Hypoglossus-
Anastomose nnd empfiehlt den Fazialis in ein Knopfloch im Hypoglossus zu
befestigen, nm der Atrophie der Zungenmuskulatur zu begegnen.
Gluck (28) beschreibt eine erfolgreiche Vereinigung des Fazialis mit
dem Eopfnickeraste des Akzessorius. Die totale Fazialislähmung bestand bei
der Operation schon fünf Jahre. Ein Jahr nach der Nervenpfropfung zeigte
sich Mitbewegung im Fazialisgebiet. Durch systematische Übungen erlernte
der Kranke die Willensimpulse zu trennen und eine koordinierte Tätigkeit
der Muskeln beider Gesichtshälften auszuführen.
Hackenbruch (29) hat bei spinaler Kinderlähmung in drei Fällen
eine Nerrenpfropfung in der Weise ausgeführt, dass er ein Drittel der Tibialis
in den gelähmten Peronaeus einpflanzte. In einem Falle war die Operation
erfolgreich, in den beiden anderen bildeten sich Narbenkeloide, die den Er-
folg vereitelten.
Bei einem Fall von doppelseitiger Lähmung der Peronaei und Extensores
digit. comm. longi et breves erzielte er (30) einen vollen Erfolg durch
Pfropfung eines vom N. tibialis abgespaltenen Lappens in den geschlitzten
N. peronaeus.
Bei einer Fazialislähmung im Anschlüsse an eine Radikaloperation eines
eitrigen Mittelohrkatarrhs hat Pflaum er (30 a) drei Monate nach der Durch-
schneidnng des Fazialis eine Anastomose zwischen Fazialis und Akzessorius
angelegt. Der Fazialis wurde hart am Proc. styloideus freigelegt und mit
dem Akzessorius, der unter dem oberen Drittel des Kopfnickers aufgesucht
wurde, nach Durchschneidung des Nerven vernäht. Vollkommene Wiederher-
stellung der Funktion nach 18 Monaten. Nur bei starker Aktion der Gesichts-
mnskeln tritt eine Kontraktion derCucullarisauf, umgekehrt erfolgen Zuckungen
der Gesichtsmuskeln bei vertikaler Erhebung des Armes.
Bei isolierter Lähmung eines Nerven, bei der der Lähmungsinsult an
imzuganglicher Stelle oder im Zentralnervensystem selbst liegt, können nach
Spitzy (33) die Muskeln des Lähmungsbezirkes wieder zur Innervierung ge-
bracht werden, wenn der betreffende Nerv an das Leitungssystem eines
benachbarten intakten Nerven angeschlossen wird. Beschreibung der Technik
fir zentrale und periphere Implantation und einer Anzahl vom Verf. ge-
brauchter Instrumente. In der zweiten Arbeit (34) bespricht Spitzy die
Neurotisierung des Kruralis durch den Obturatorius. Er empfiehlt die zen-
trale Implantation des oberflächlichen Obturatoriusastes in den gelähmten
Kruralis speziell bei poliomyelitischer Quadrizepslähmung.
252 Jahresbericht fiir Cliinii^ie. I. Teil.
her gehören die meisten der Radialisverletzungen in ganz typischer Weisi
Bei Brächen im unteren Drittel drückt am ehesten das nach oben, auasei
dislozierte untere Fragment gegen den Nerven. Bei Brächen dicht oberhall
des Ellbogengelenkes kommt am äusseren Ende des Nervenspiralganges da
obere nach aussen, unten und vom aufgeklappte Brucbende am häufigste]
dem Radialnerven zu nahe.
Bezüglich der Therapie empfiehlt Fessler:
1. Für Humerusfrakturen und Radialislähmung ohne Weicbteilwund<
Schienenverbände, die die gefährdete Stelle an der Aussenseite des Oberarme
durch Polsterung ober- und unterhalb der Frakturstelle vor Druck schützeii
und einen mehr nach der Innenseite des Oberarms vorspringenden stumpfen
Winkel der Bruchenden anstreben, noch besser aber nach Bardenheuei
Extension des im Fillbogen rechtwinklig gebeugten Armes am Ellbogen in der
verlängerten Achse des Oberarmes mit 5 kg nach unten, Kontraextension an
der Schulter nach oben mit 5 kg, femer gleichzeitig je eine Heftpflaster-
schleife mit 2—5 kg Gewicht ober- und unterhalb der Bruchstelle nach innen
über die Brust horizontal nach der anderen Seite des Bettes hin, um die
beiden Bruchenden gegen den Rumpf bin nach innen konvex vorspringend
abzulenken. Auf diese Weise werden die übereinander geschobenen Fragmente,
an deren Enden die Überdehnung des Nerven stattfindet, am ehesten repo-
niert, durch Gegenzug lässt sich sogar ein Abweichen der Fragmeute nach
der entgegengesetzten Richtung erzielen. Nach 8—14 Tagen lässt sich der
Streckverband durch einen Gipsverband ersetzen. Während des Anlegens des
Gipsverbandes lässt sich durch zwei Bindenzügel, die die Bruchendeu nach
innen ziehen, sowie durch einen weiteren Bindenzügel, der am rechtwinkelig
gebeugten Ellbogengelenke nach unten zieht, die Extension ausüben. Unter
diesen Massnahmen wird sich in leichteren Fällen die Lähmung allmählich
bessern. Dahin gehören vor allem diejenigen Formen, in denen es sich um
eine einfache, einmalige Quetschung des Nerven handelt. Erholt sich in den
nächsten 3 — 6 Wochen der Nerv nicht, dann wird man besser daran tun, den
Nerven, ehe er durch die zunehmende Überdehnung in grösserer Ausdehnung
atrophisch geworden ist, bloss zu legen, durch Neurolyse, Unterfütterung mit
einer Muskelschicht, Abtragung der prominenten Knochenkanten, Entfernung
der einschnürenden Bindegewebs- und Kallusmassen zu befreien, bei vollkom-
mener Zerstörung anzufrischen, durch Dehnung etwas zu verlängern und durch
die Naht, eventuell unter Eontinuitätsresektion des Humerus zu vereinigen.
2. Für Humerusfrakturen und Radialislähmung mit Weichteilverletzuogen,
die mit der Bruchstelle in Verbindung stehen, ergibt sich bei kleinen und
reinen Hautwunden zunächst die gleiche konservative Behandlung, der nach
Wochen, falls erforderlich, der operative Eingriff folgen kann. Hierher ge-
hören auch die Mehrzahl der Schussverletzungen.
Handelt es sich unter den gleichen Verhältnissen um ausgedehnte Weich-
teilverletzungen , die breit zur Bruchstelle führend den Nerven blossgelagt
haben, so ist bei nicht tief infizierter Wunde und vollkommener Nervendurch-
trennung die Nervenaht auszuführen, der Nerv ist dabei durch Einbetten in
Weichteile vor Verletzungen durch die Bruchstücke zu schützen.
Ist die Wunde der Infektion verdächtigt, so tamponiert man und schreitet
erst bei aseptischer Wunde zur Nervennaht.
Kiefer (57) beschreibt drei Fälle von Lähmungen des ArmnenrenplexQS
bei Luxationen des Schultergelenkes. Einer dieser Fälle trat erst bei Repo-
Kölliker, YerletznBgan tind ehimg. Erkrankiuig«! dar peripher. Nerren. 2a^
sitiofi der Lnzation ein. In allen drei Fällen handelte es sich um totale
PlexnsliUminngen: die zurückgebliebenen partiellen Lähmungen stellen die drei
Tjpen der partiellen Plexuslähmung dar, die Lähmung des oberen, mittleren
«id unteren Primärstammes.
I. Fall. Gelähmt sind aus dem Gebiete des Ulnaris die Muskeln des
Kleinfingerballens, der M. adductor pollicis, die Mm. interossei und lumbri-
cales III— V. Paretisch sind aus dem Gebiete des Radialis die Extensoren
der Hand und der Finger. Die Sensibilität, ausser dem Temperaturgefühl, ist
im Verbreitungsgebiet des Glnaris aufgehoben. Der Ulnaris geht aus dem
unteren Sekundärstamro hervor, der Radialis und Axillaris entstehen aus dem
hinteren Sekundärstamm. Eine Wurzel des hinteren Sekundärstammes und
die Wurzel des unteren Sekundärstammes finden aber ihren Ursprung im
unteren Primärstamm.
IL Fall. Gelähmt oder paretisch sind aus dem Gebiete des Radialis
die Mm. extensores carpi, extensor digitorum, extensor pollicis longus et
brevis, abdnctor pollicis longus, ferner der Axillaris mit dem Deltoideus, der
>^. mnscnlo-cntaneus mit dem Bizeps und Brachialis internus. Die Sensibilität
ist fast im ganzen Radialisgebiet abgestumpft. Die Nn. radialis und axillaris
entspringen gemeinschaftlich aus dem hinteren Sekundärstamm. Dieser be*
zieht aber eine seiner drei Wurzeln aus dem mittleren Primärstamm. Der
N. musculo-cutaneus entsteht direkt aus dem oberen Sekundärstamm und
dieser kommt mit einer Wurzel ebenfalls aus dem mittleren Primärstamm.
ni. Fall. Typus der Erbschen Lähmung. Gelähmt sind der N. mus-
culo-cutaneus mit dem Bizeps und Brachialis internus, aus dem Gebiete dea
Medianus die Mm. opponens und abductor pollicis brevis, aus dem Gebiete
des Radialis die Mm. supinator longus et brevis, femer der Axillaris mit dem
Deltoideus, der N. suprascapularis mit der Mm. supraspinatus und infraspinatus.
Die Sensibilitätsstörung ist nicht umschrieben. Der obere Primärstamm, in
dessen unmittelbarer Nähe der N* suprascapularis verläuft, der manchmal auch
erst aus ihm entspringt, entsendet eine vordere Wurzel zum oberen Sekundär-
stamm für den N. musculo-cutaneus und einen Teil des N. medianus und eine
hintere Worzel zum hinteren Sekundärstamm für den N. radialis (speziell für
den M. supinator) und den N. axillaris.
Monro (59) beschreibt zwei Fälle von juveniler, progressiver Muskel-
atrophie (Charcot, Marie, Tootb) bei Geschwistern von 10 und
13 Jahren. Die Peronaeusparese trat das eine Mal im 3. Lebensjahre nach
Masern ein, im zweiten Falle, bei dem die Lähmung sich im 5. Lebensjahre
entwickelte, Hess sich eine Ursache nicht feststellen.
Kokaineinspritzungen an der schmerhaften Stelle sind nach Demaillasson
;67) dann wirksam, wenn es sich um eine periphere Neuralgie handelt, tritt
die schmerzstillende Wirkung erst bei Einspritzung oberhalb der schmerz-
haften Stelle ein, dann handelt es sich um eine Neuralgie faszikulären Ur-
sprungs. Bei Neuralgien, die vom Rückenmark oder den sensiblen Wurzeln
ausgehen, ist nur die subdurale Einspritzung von Erfolg. Nach Demaillasson
lassen daher die Einspritzungen auch einen Schluss zu, ob eine Operation
und welche am Platze ist.
In einem Falle, bei dem weder die intrakranielle Trigeminusresektion noch
die Sympathiknsresektion Erfolg gehabt hatte, erwies sich Gramegna (67a)
die Durchleuchtung mit Strahlen von geringem Penetrationsvermögen wirksam.
254 Jahresbericht für Ghimrgie. I. Teil.
Hutchinson (69) legt bei der Behandlung der TrigeminusneuraJgie daji
Hauptgewicht auf eine exakte Diagnose der typischen Trigeminnsneuralgiti
Für eine solche spricht einseitiger Sitz, Beginn der Schmerzen im 2. oder
3. Trigeminusast, Übergang auf den zunächst nicht befallenen dieser beiden
Äste, Spasmen der Gesichtsmuskulatur im Anfalle. Während der zweite und
und dritte Ast in 60®/o der Fälle erkrankt ist, findet sich Erkrankung aller
drei Aste nur in 25 ^o.
Handelt es sich um Infraorbitalneuralgie, so reseziert Hutchinson
diesen Nerven extrakraniell, intrakraniell nur dann, wenn die Gaumenäste
mit ergriflfen sind. Isolierte Neuralgie des N. mandibularis wird durch Re-
sektion im Unterkiefkanal behandelt. Ist der Auriculo-temporalis betroffen,
so wird der dritte Ast mit dem anliegenden Abschnitt des Ganglion Gasseri
reseziert. Sind der zweite und dritte Ast ergriffen, dann entfernt Hutchinson
wegen der Ausfallserscheinungen vom ersten Aste aus bei Exstirpation des
ganzen Ganglion Gasseri, das Ganglion bis auf den obersten Abschnitt behufs
Schonung des Augenastes.
Spitzmüller (72) empfiehlt bei Neuralgien Injektionen einer halben
Pravazspritze von Kokain 0,3, Aq. dest. 20,0, Suprarenin gtt. VI. Die In-
jektionen, die in kürzester Zeit den Schmerz beheben, müssen in die nächste
Umgebung des betreffenden Nerven gemacht und öfters wiederholt werden.
Curschmann (77) beschreibt Fälle von peripheren Paresen, so des
Plexus brachialis infolge von Belastung der Schulter beim Tragen von jungen
Bäumen, des Peronaeus und im Gebiete des Tibialis durch andauerndes Ar-
beiten im Knien, des Ulnaris durch fortgesetzte Reizung der periphersten
Hautmuskelgebiete.
Winkelhausen (91) bespricht 11 Fälle von Stammneuromen und zwei
Fälle von Rankenneuromen aus der Jenaer chirurgischen Klinik. Unter den
11 Stamnmeuromen fanden sich drei Neurofibrome, das eine am N. medianus,
zwei am N. peronaeus, superficialis, ein Fibromyxom des Ulnaris, sieben Neuro-
Sarkome bezw. Myxosarkome, fünf am N. ischiadicus, je eines am N. tibialis
und N. intercostalis XII. Von den 11 Stammneuromen konnten acht bei der
ersten Operation unter Schonung der Kontinuität des Nerven ausgelöst werden
Hoffa, Allgemeines fiber Frakturen und Verletzungen der Gelenke. 255
XI.
Allgemeines über Frakturen und Verletzungen
der Gelenke.
Referent: A. Hoffa, Berlin.
1. Barden he aer und Gra essner, Die Technik der Extensionsverbände bei der Behand-
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2. Graeasner, Die Prinzipien der Bardenheu ersehen Frakturbehandlung. Berliner
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3. Berger, Sur le traitement des fractures par les appareils de marche. Bull, et möm.
de la aoc. de chir. de Paris. T. XXIX. p. 1134. Discussion p. 1153.
4. Bickham, The operative treatment of fractures in general. (Post graduate 1905.
p. XX. Nr. 3. March.) Vortrag in der Chir. soc. of the New York Post graduate med.
schoo] and hospital.
5. Bier, A., Die Bedeutung des Blutergusses fttr die Heilung des Enochenbruches, Heilung
Ton Pseudarthrosen und von verspäteter Eallusbildung durch Bluteiuspritzung. Med.
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6. Bourgeois, Les fractures chez les ^pileptiqoes. Revue fran^aise de m4d. et de
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10. Deatschlftnder, Die funktionelle Behandlung der Knochenbrüche. Vortrag im ärztl.
Verein in Hamburg. Sitzung am 4. April 1905. MOnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 75.
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16. Gebele, Über Drahtgipsbindenverbände. Münch. med. Wochenschr. 1904. Nr. 2.
17. — Über Frakturenbehandlung. MOnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 39.
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22. Klapp, Mobilisierung versteifter und Streckung kontrakturierter Gelenke durch Sang-
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2i KOnig, Fritz, Über die Berechtigung frQhzeitiger blutiger Eingriffe bei subkutanen
Knochenbrüehen. v. Langenbecks Arch. Bd.LXXVI. Heft 3.
256 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
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38. Kensington, Brauch, Philadelphia County Medical Society. Medical News 1905.
July 15.
Hennig (20) bespricht an der Hand von sieben in der Kieler Klinik
beobachteten Fällen die klinische Diagnose sabperiostaler Frakturen nnd deren
Erkennung im Röntgenbilde. P'ür die klinische Diagnose bleibt in den Fällen,
bei denen das Periost vollkommen eingerissen ist und Dislokation und abnorme
Beweglichkeit fehlen, nichts übrig, was sichere Anhaltspunkte für das Vor-
handensein einer Fraktur abgäbe, und deshalb wird, falls keine Röntgenauf-
nahme gemacht worden, eine solche Verletzung meist als Kontusion resp.
Distorsion aufgefasst werden. Die Heilung wird, da für den Verletzten nur
geringe Beschwerden bestehen, meist auch ohne komplizierte Behandlung von
statten gehen und in ihrem Resultate günstige Aussichten bieten. Vor der
Zeit der Röntgenuntersuchung sind solche Fälle sicher meist nicht erkannt
worden, und ihre Zahl wird wohl grösser sein, als man bisher annahm. Be-
sonders veranlagt zu einer solchen Verletzung erscheinen rhachitische Knochen
und die Knochen im Kindesalter, wo ja das Periost noch weicher und elasti-
scher ist als beim Erwachsenen.
Kassabian (38), Leonhard und Brady heben die grosse Bedeutung
der Röntgenstrahlen für die sichere Diagnosenstellung bei Frakturen lieryor.
Die Schmerzlosigkeit der Untersuchungsmethode, die nicht beschränkt wird
durch Schwellung und Verbände, die Sicherheit, mit welcher auch die Art
der Fraktur, die Lage der Bruchstücke etc. etc. erkannt wird, femer der
grosse Vorteil einer negativen Diagnose sind hervorragende Errungenschaften.
Wird die negative Diagnose gestellt, d. h. ist keine Fraktur vorhanden, dann
erspart man die langdauemde Immobilisation mit aU ihren lästigen Folgen
und dem Patienten und Arzt viel Beschwerden und Arbeit.
Kohl (23) berichtet über fünf Fälle, in denen nach einem Sturz auf
die vorgestreckte Handfläche ungefähr 3 cm oberhalb des Proc. styloid. radii
eine umschriebene Druckempfindlichkeit und Schwellung auftrat, ohne dass
Hoffa, Allgemeines über Fraktaren und Verletzungen der Gelenke. 257
die der typischen Radinsfraktnr zukommende Deformität nachzuweisen gewesen
Täre. Das Röntgenbild zeigte dabei stets eine zwar über die Dorsalfläche
des Radios ziehende buckeiförmige Faltung an der bezeichneten Stelle. An
der Yolarfläche des Radius ist kein Bruchspalt vorhanden. Diese Faltung
der Enochenrinde ist jedenfalls durch eine Biegung des Radius entstanden,
deren Sitz die dorsale Radiusfläche ist. Ähnliche Knochenbiegungsinfraktionen
sind von Gurlt experimentell erzeugt . worden mit dem Unterschiede, dass
dabei gleichzeitig an der konvex gebogenen Knochenfläche ein klaffender Riss
entstand. Die mitgeteilten Fälle sind demnach eine Vorstufe zu solchen Infrak-
tionen. Verf. teilt femer eine ähnliche Beobachtung am Humerus eines 14-
jährigen Mädchens mit, das nach einem Fall auf den Arm über Schmerzen
in diesem klagte und demonstriert die gleiche Erscheinung an einem Rönt-
genbild.
Hoffa (21) gibt in einem Vortrage den praktischen Ärzten eine Reihe
von Yerhaltungsmassregeln, die bei der ersten Hilfeleistung gelegentlich frischer
Knochen- und Gelenkverletzungen zu beobachten sind. Als obersten Grund-
satz stellt auch er das Primum non nocere hin , indem er vor jeder brüsken
Untersuchung der verletzten Extremität, vor jedem Berühren einer frischen
Wunde mit Finger oder Sonde ausdrücklichst warnt. Möglichste Schonung emp-
fiehlt er beim Transport der Verletzten, möglichste Exaktheit in der Reposi-
tion der Bruchstücke und Anlegung des fixierenden Verbandes. Vor aJlem
aber empfiehlt er, ob Fraktur oder Luxation, ^tets ein Röntgenbild machen
zn lassen, damit man nicht nach Abnahme selbst des bestangelegten Ver-
bandes dauernden, niemehr zu behebenden Schaden vorfinden muss. Die Im-
provisation des ersten Verbandes an dem Orte des Unfalles wird sich stets
nach den vorhandenen Mitteln richten müssen und es wird der Geschicklich-
keit und der Geistesgegenwart des einzelnen überlassen bleiben müssen, da
den richtigen Weg zu finden. So sehr er die Vorteile der mobilisierenden
Bebandlungsweise anerkennt, die besonders von Lucas Champion niere
ausgebildet worden, so glaubt Verf. doch nicht, dass sie in der Hand des
praktischen Arztes die erfolgreiche Anwendung finden kann, die man sich
von ihr verspricht. Denn es sei leichter, ein durch den Verband steif ge-
wordenes Gelenk wieder zu mobilisieren, als einen ohne Verband schlecht
geheilten Gelenkbruch zu redressieren.
Gebele (17) gibt in kurzen Zügen ein Bild von der Frakturenbehand-
lang, wie sie an der Münchener chirurgischen Klinik gehandhabt wird. Nach
einer kleinen historischen Entwickelung der jetzt herrschenden gegensätzlichen
Anschauung in der Behandlung der Frakturen: hier dauernde Fixation —
dort Mobilisation und Massage hebt Gebele die Vorteile beider Behandlungs-
methoden besonders hervor und schildert an der Hand von ca. 1200 Extremi-
tätenfrakturen das Vorgehen an der Münchener chirurgischen Klinik in den
^nzelnen Fällen.
Für die Behandlung der Brüche der oberen Extremitäten empfiehlt er
im allgemeinen auf jeden Fall eine kurz dauernde Fixation, z. B. bei typi-
schen Radiusfrakturen Fixation auf der Sched eschen Schiene 6-- 8 Tage,
Brachen am oberen Radiusende, isolierten Ulnafrakturen, Epiphysenbrüchen
am Humerus etc. 14tägige Fixation usw. Die Behandlung der Oberarmfrak-
tnren erfolgt gleichfalls mittelst Fixation resp. Extension und in besonderen
Fallen mittelst der horizontalen Extension nach Bardenheuer.
Jakrtsberielit tOx Oliinix«i« 1905. 17
258 Jahresbericht für Chirargie. I. Teil.
Für die blutige Behandlung der unkomplizierten intra- uad paraarti-
kulären Brüche, ebenso der apo- und epiphysären Frakturen erscheint dem
Verf. der Erfolg nicht im Verhältnis zu stehen zu den Gefahren des Ein-
griffes.
Für die Frakturen der unteren Extremitäten empfiehlt Gebele fast
ausschliesslich die Gehverbände. Nachdem die gebrochene Extremität ca. acht
Tage auf eine Schiene gelagert und gleich von Beginn an massiert ii^orden
ist, wird ein Gehverband angelegt, und zwar ohne jegliche Polsterung (Modell-
verband). Am Tage nach Anlegung dieses Verbandes gehen die Patienten
schon einher. Auf diese Weise heilen Malleolarfrakturen (der Verband bleibt
14 Tage bis 3 Wochen liegen) in 4 — 5 Wochen, Unterschenkelfrakturen —
der Verband liegt 3 — 4 Wochen — in 4 — 6 Wochen. Bei Oberschenkelschaft-
und Schenkelhalsbrüchen lassen sich keine Modell verbände anlegen. GebeJe
empfiehlt deshalb lieber, den Heftpflasterstreckverband von Bardenheuer
zu verwenden mit Hinzufügung von Quer- und Kotationszügen und einer ent-
sprechenden, nicht wie gewöhnlich zu geringen Gewichtsextension. Er fasst
seine Anschauung über Frakturenbehandlung folgendermassen zasammen.
^Nachdem die funktionelle Heilung der Fraktur wichtiger ist als die ana-
tomische, ist man verpflichtet, bei Behandlung der Frakturen die Gelenk-
versteifungen, die Atrophie der Muskulatur, die Stauungsödeme möglichst
hintanzuhalten und zwar durch Abkürzung der Fixationszeit der Fragmente.
Das Röntgenbild kann für die Beurteilung einer Frakturbehandlung nur mit-
bestimmend, nicht ausschlaggebend sein. Gebele empfiehlt als den für den
Praktiker gangbarsten Weg die Vereinigung von mobilisierender Behandlung
und Fixation.
Bardenheuer und Grässner (1, 2) geben in ihrer Technik der
Extensionsverbände bei der Behandlung der Frakturen und Luxationen der
Extremitäten eine genaue ausführliche Beschreibung aller Verbandmethoden,
wie sie für jeden Bruch bezw. jede Verrenkung im Bürgerhospital in Köln
erprobt und angewendet sind. Grässner schildert in der Arbeit die Prin-
zipien der Bardenheuerschen Frakturbehandlung eingehend die leitenden
Grundsätze in ganz gleicher Weise, wie es im allgemeinen Teil der erstge-
nannten Arbeit geschehen ist.
L. L. Championniere (8) bespricht ausführlich die grossen Vorteile
der von M. Lucas-Championniere inaugiu-ierten Methode der Behand-
lung der Frakturen mittelst Mobilisation und Massage. Er stellt die Haupt-
regeln dieser Behandlung etwa folgendermassen zusammen:
1. Die Mobilisation ist nötig für die Vitalität und die Festigkeit des
Knochens.
2. Die Massage, in der speziellen, von M. Championniere eingeführten
Form, stellt eine besondere Art der Bewegung dar, welche bei der Behand-
lung der Frakturen die Hauptrolle spielt.
3. Das erste Resultat dieser Massnahmen — welche unter keinen Um-
ständen Schmerzen verursachen dürfen — ist das Schwinden der Schmerzen
an der Bruchstelle.
4. Gleichzeitig mit den Schmerzen oder wenigstens kurze Zeit nachher
verschwinden die Muskelkontrakturen, die sich mehr weniger nahe der Bruch-
stelle eingestellt haben.
5. Die ganze Zeit der Wiederherstellung ist viel kürzer. Man sieht,
dass unter dem Einfluss von Bewegung und Massage der Bluterguss unend-
Hoffa, Allgemeines Aber Frakturen and Verletzungen der Gelenke. 259
lieh Tiel rascher yerschwindet, dass die Resorption viel besser erfolgt und die
Baal» die durch die Immobilisation so leidet, in viel besserem und frischerem
Zustand erhalten bleibt.
Eis wird auch hervorgehoben, dass es eine irrige Anschauung bedeutet,
venn man die Immobilisation. in der Frakturbebandlung für die einzig richtige
Methode hält. Wohl kann sie gegen das Eintreten starker Deformitäten
schützen und so zu einer guten Funktion des Gliedes beitragen. Aber die
Bedeutung einer kleinen Verschiebung bei einer vollkommen normal funktio-
nierendeii, kräftigen Extremität darf man nicht zu hoch einschätzen, jeden-
falls nicht so hoch, dass man auf Kosten der Funktion das Zurückbringen
in die vollkonmieu normale Gestalt zu sehr in den Vordergrund der Behand-
lung stellt.
Championniere spricht ferner über die Art und Anwendungsweise
dieser oben besprochenen Massnahme und weist besonders darauf hin, dass
die Massage äusserst sorgfältig, schonend und schmerzlos vorgenommen werden
niuss. Sie soll bezwecken, die Muskelkontrakturen durch Beseitigung der
Schmerzen aufzuheben und soll für die ihr folgenden einfachsten und wenig
ausgiebigen aktiven Bewegungen den Boden vorbereiten.
Deutschländer (10) berichtet in seinem Vortrage ^über die funktionelle
Behandlung der Knochenbrüche^ über die Resultate bei 140 Knochen-
brüchen, die unter Verzicht auf die fixierenden Dauenrerbände nur mit
^lassage, passiven und aktiven Bewegungen behandelt worden waren. Die
Resultate waren durchweg zufriedenstellend. Die Massage wirkt durch
eine arterielle Hyperämie an der Frakturstelle: der Stoffwechsel wird dadurch
an der betreffenden Stelle erhöht und es kommt auf diese Weise nicht zur
Ausbildung der so gefürchteten Inaktivitätsatrophie. Wenn auch die Form
des Knochens nach der Heilung nicht immer eine ideale zu nennen ist, so
ist doch die Funktion desselben jedesmal eine ausgezeichnete. Das Verfahren
hat demnach drei nicht zu unterschätzende Hauptvorteile: eine günstige Pro-
gnose, die Schnelligkeit und das gute funktionelle Resultat, was Deutsch-
land er an einer grossen Zahl von Röntgenbildern und an einer Anzahl
frischer, noch in Behandlung befindlicher Fälle zu beweisen sucht.
In einem Aufsatz The „Cure^ of Fractures des Lancet (37) wendet sich
der Verf. gegen die oft sorglose Art der Ärzte in der Frakturbehandlung.
Er hebt hervor, dass die beste anatomische Heilung dem Verletzten nichts
bedeuten kann, wenn während derselben die benachbarten Gelenke steif ge-
worden, die Sehnen und Muskeln sich verkürzt haben, der Patient schliesslich
seine Extremität nicht ordentlich brauchen kann. Ein Kurpfuscher — Bone-
setter — der dann die Extremität in die Hand bekommt, löst mit einer
gewaltsamen Bewegung die Adhäsionen, und wenn Fat. auch erst nach längerer
Zeit seine Gliedmassen gebrauchen kann, so ist doch der Bonesetter derjenige,
der endUch Hilfe gebracht. Und von dem Kurpfuscher hört man eigentlich
in der Öffentlichkeit nur gutes. Hat er irgendwo Schaden angerichtet, so
böten sich die Angehörigen des Patienten, ihre eigene Sorglosigkeit durch
Berufung eines Kurpfuschers noch an den Pranger zu stellen. Ebenso ver-
hält es sich mit den Ankylosen. Eine genaue Untersuchung und eine ge-
wissenhafte, zielbewusste Behandlung wird gewiss mehr erreichen, als das
blinde Eingreifen eines routinierten Empyrikers.
Hennequin (13) kritisiert in äusserst scharfer Weise die Gehbehand-
lüQg der Frakturen an den unteren Extremitäten, besonders des Oberschenkels,
17*
260 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
indem er behauptet, dass die Stützpunkte keines portativen Apparates aus-
reichen können, um bei Schrägbrüchen eine Wiederverschiebung der Bruch-
stücke unter dem Einflüsse der Muskelkontraktion und der Körperschwere zu
verhindem. Er weist dabei hin auf die nichts weniger als befriedigenden
Resultate der von Reclus und Delbet in der Pariser chirurgischen Gesell-
schaft vorgestellten Fälle und betont, dass es nur relativ selten von solchem
Vorteil ist, die Patienten nur für ganz kurze Zeit im Bett halten zu müssen.
Er empfiehlt die Anwendung seines bekannten Streckapparates.
Berger (3) spricht sich fast völlig ablehnend gegen die ambulante
Behandlung der Oberschenkelbrüche aus, während er der Extensionsbehand-
lung mittelst des Henne quin sehen Apparates das glänzendste Zeugnis aus-
stellt. Das Prinzip des Verfahrens: ;, Ausübung des Zuges am unteren
Fragmente durch Zug an dem im Kniegelenk halb gebeugten Unterschenkel^
hält er für unangreifbar. Es entspricht diese Stellung der grössten Kapazität
des Kniegelenks, also derjenigen Stellung, welchen das gebrochene Bein wegen
des die Fraktur meist begleitenden Flüssigkeitsergusses in das Kniegelenk
von selbst einzunehmen strebt. Bei halber Beugung des Kniegelenks befinden
sich alle Muskeln, besonders die vom Becken zum Unterschenkel ziehenden,
in gleicher Spannung und erleiden durch die Extension gleichmässige Zug-
wirkung. Die mehr weniger ausgesprochene Abduktionsstellung des Beines,
in welcher der Hennequinsche Apparat wirkt, hat den Vorteil, dass sie
das untere Fragment entsprechend dem in Abduktion stehenden oberen
Fragment festgehalten wird. Fuss- und Kniegelenk bleiben frei, und so wird
auch die im Kontentivverband drohende Versteifung des Kniegelenks aus-
geschaltet.
Bergers Erfahrungen haben ergeben, dass alle Oberschenkelfrakturen ohne
oder mit nur minimalster Verkürzung und Vermeidung von Versteifung und
Muskelatrophie unter Anwendung des Hennequ in sehen Apparates heilen.
Dabei ist die Anwendung des genannten Apparates ohne grosse Mühen mög-
lich und jedem Arzte zugänglich.
Der ambulanten Behandlung der Oberschenkelbrüche macht Berg er
eine Menge schwerer Nachteile zum Vorwurf: die Apparate bezw. Verbände
sind schwer anzulegen, verlangen beständige Überwachung, sind schwer und
unbeholfen, lassen eine wirklich freie Bewegung doch nicht zu, führen leicht
zur Versteifung der Glieder, vor allem aber vermögen sie einer Dislokation
und Heilung mit starker Verkürzung nicht entgegenzuarbeiten.
Für die Behandlung der Unterschenkelbrüche will Verf. die ambulante
Behandlung der einfachen Querbrüche ohne Dislokation oder isolierter Brüche
eines der beiden Diaphysen oder nur eines Knöchels mit Kontentivverbänden
gestatten; für alle anderen Brüche mit grösserer Neigung zur Dislokation
verlangt er Bettbehandlung.
Diesen Grundsätzen schliessen sich Lucas Championniere, Qu4nu,
Michaux, Broca, Bazy fast vollkommen an; alle erkennen die grossen
Vorzüge des Henne quin sehen Apparates für die Behandlung der Ober-
schenkelbrüche an. Bezüglich der unmittelbar oberhalb der Kondylen sitzenden
Oberschenkelbrüche ist L. Champonniere anderer Meinung, da er in
solchen Fällen die Anwendung des genannten Apparates für sehr schwierig
hält; bei Schenkelbrüchen hält er den Apparat för überflüssig; da lässt er
den Patienten schon frühzeitig umhergehen.
Hoffa, Allgemeines über Frakturen and Verletzungen der Grelenke. 261
Dag^en heben Qnenu, Michaux und Bazy gerade für Schenkel-
brüche die vorzügliche Brauchbarkeit des Apparates hervor, da er die Patienten
fast sofort von ihren Schmerzen befreit, ihnen das Sitzen ermöglicht und das
Hüftgelenk vor Versteifung bewahrt.
Die nach Frakturen eingetretenen Dislokationen erfordern verschieden
starke Gewichtsintensionen zu ihrer Beseitigung, je nachdem sie längere oder
kürzere Zeit bestanden haben. CodivillaO) stellt nun eine mathematische
Formel auf, nach welcher die Kraft berechnet werden kann, die genügt, um
den Widerstand der VtTeichteile, speziell der Muskeln zu beseitigen und auf
diese Weise winkelige Dififormitäten zu strecken oder durch Übereinander-
schieben der knöchernen Teile entstandenen longitudinalen Verkürzungen
auszugleichen.
Nach der Osteotome von Deformitäten empfiehlt Codivilla nicht die
dauernde Extension im Streckverband, sondern ein- oder mehrmalige Extension
auf dem Extensionstisch und Fixierung des so erhaltenen Resultats im Gips-
verband. Er warnt gleichzeitig vor der plötzlichen Anwendung besonders
starken Zuges, wegen schlimmer Folgeerscheinungen, die er danach berechnet
hat. Zum Schluss bespricht Verf. noch die Art der Fixation nach mehr-
maUgen Traktionen. Der Gipsverband, der von der Hüfte bis etwa zum
unteren Drittel des Unterschenkels reicht, wird an der Operationsstelle zirkulär
durchschnitten und nach entsprechender Extension mittelst Gipsbinden wieder
vereinigt. Zur Regulierung der Stellung des Fusses wird etwas hinter der
Sprunggelenklinie ein 4—7 cm langer Nagel durch den Calcaneus durchge-
trieben. Dieser Nagel kann mittelst einer Flügelschraube in zwei seitlich im
Gipsverband angebrachten, bis zur Sohle herabreichenden Schienen fixiert
werden.
Dujarier (12) berichtet über vier frische, durch perkutane Fixierung
mit Metallklammem behandelte Frakturen — zwei der Tibia, eine Femur-,
eine Radiusfraktur — und gibt Abbildungen besonders des Instrumentariums
und der Frakturen. Auf Grund seiner Erfahrungen gibt Dujarier ungefähr
folgende Verhaltungsmassregeln. Vor allem sind grosse Schnitte nötig. Die
Brnchenden werden ergiebig herausgehebelt und mit dem Tuffierschen ge-
bogenen Fussapparat zum Bohren der Löcher festgehalten, dann exakt reponiert.
Das Hauptstück ist die genaue Distanzierung der Bohrlöcher: sind sie zu
nahe, entstehen Sprünge und Abbiegungen beim Eintreiben der Klammem;
letzteres auch, wenn sie zu weit auseinander liegen. Zum Eintreiben der
Klammem, deren neues Modell verstärkte Winkel besitzt, haben Verf. sich
mit Vorteil eines Instmmentes bedient, das die Verletzung der Weichteile
verhindert.
Ist die Asepsis ohne Lücke, dann werden tief angelegte, von Muskel-
massen bedeckte Klammem allem Anscheine nach gut ertragen, wogegen
oberflächlich gelegte (Schienbein z. B.) zu Reizungen zu führen scheinen.
Die Klemmennaht frischer Brüche soll im allgemeinen erst dann ausge-
fdhrt werden, wenn die Röntgenaufnahme im fixierenden Verband ungenügende
Retention ergibt, sowie bei Leuten, wo es auf die Herstellung vorzüglicher
Koaptation ankommt — vor allem im jugendlichen Alter. Komminativbrüche,
auch wenn nur ein grösserer Splitter sich zwischen die Bruchenden einschiebt,
eignen sich nicht für das Verfahren. Die Kallusbildung ist reichlich und tritt
frühzeitig ein.
262 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Bickham (4) vertritt im allgemeinen den Standpunkt, dass man nur
unter ganz bestimmten Verhältnissen die Frakturen operativ angehen soll,
dass man langdauemde Fixation bei allen Frakturen vermeiden, frühzeitig
mit Massage und nach erfolgter Konsolidation mit aktiven Bewegungen be-
ginnen soll. Das Resultat der Frakturbebandlung soll nicht allgemein aus
dem Röntgenbilde, sondern wesentlich nach der Funktion beurteilt -werden.
Zur Vereinigung angefrischter Knochenenden empfiehlt Verf. vor allem
resorbierbares Material, und zwar Känguruhsehnen oder Chromcatgut, ausser-
dem erwähnt er die anderen Materialien: Silberdraht, Nägel, Elfenbeinstifte,
Schrauben, Zwingen, Klammem und Rahmen. Hierauf bespricht er die ver-
schiedenen Methoden der Knochentransplantation und beschreibt einen Fall
von Transplantation der Knochen von einem Hund auf die Tibia eines
Menschen sehr ausführlich. Als Indikationen für einen operativen Eingrift
bei einfachen unkomplizierten Frakturen stellt Verf. auf: Ein operativer Ein-
griff ist vorzunehmen
1. wenn die Bruchenden nicht gut adaptiert sind und in gut adaptierter
Stellung nicht in anderer Weise festgehalten werden können als durch ope-
rative Fixation;
2. bei Frakturen in der Nähe von Gelenken oder in Gelenken selbst;
3. bei komplizierenden Nerven- und Muskelzerreissungen;
4. bei gleichzeitiger Schädigung grosser Gefässe.
In all diesen Fällen sollte man aber nicht erst abwarten, sondern sofort
operieren.
Besonders häufig werden die Indikationen sein bei Schrägbrücken der
Tibia, bei Frakturen des Humerus nahe dem Schulter- und Ellbogengelenk.
Des ferneren an beiden Gelenkenden, der Kniescheibe, sowie bei Fraitureii
der Wirbelsäule und des Schädels.
Femer wird man auch bei verzögerter oder fehlender Konsolidation,
sowie bei mit störender Dislokation eingetretener Heilung operativ eingreifen
müssen.
Komplizierte Frakturen empfiehlt Verf. im allgemeinen mit operativer
Freilegung der Bruchenden und mehrtägiger primärer Drainage und Des-
infektion zu behandeln. Komminutivfrakturen werden nur dann freigelegt,
wenn klinischer Befund xmd Röntgenbild eine genügende Heilung nicht zu
versprechen scheinen.
Bei Epiphysenlösung empfiehlt Verf. genaueste Adaption, wie sie am
besten durch Operation zu erreichen ist.
Wie Bennet (1900) durch eine Umfrage bei 300 englischen Chirurgen
festgestellt hat, waren nur 5^/o Anbänger des prinzipiell operativen Verfahrens,
30% befanden sich etwa auf dem Standpunkt, welchen der Verf. einnimmt
und 60% wollten die Operation nur auf wenige Ausnahmefälle beschränkt
wissen.
Arbuthnot Lane (26) bespricht in einem Aufsatz die operative Be-
handlung einfacher Frakturen. Er hebt hervor, dass es in vielen Fällen das
Einfachste ist die Fraktur gleich operativ anzugehen, da dies das beste Re-
sultat verspricht. Die vielfach beklagten Misserfolge anderer Chirurgen erklärt
Verf. dadurch, dass man die doppelt notwendige Vorsicht in bezug auf Asepsis
wohl ausser acht gelassen hätte. Denn es sei dort, wo es sich darum han-
delte, ein grosses Stück Metall, sei es Silberdraht oder ein Nagel oder eine
Klammer, in die Wunde zu lassen, mehr als anderswo nötig auch die Mög-
Hoffa, Allgemeines über Frakturen und Verletzungen der Gelenke. 263
lichkeit des Imports irgenwelcher Schädlichkeiten von der Wunde fernzuhalten.
Und deshalb empfiehlt Verf. wieder das Operieren, ohne dass der Finger die
Wände berührt und ohne dass die Haut des Patienten, sei es direkt oder
indirekt, mit der Wunde in irgendwelchen Kontakt kommt. Verf. beschreibt
hierauf die Yon ihm verwendeten Fasszangen und empfiehlt als das sicherste
Mittel einer dauernden Vereinigung die Schraube. Einige beigefügten Röntgen-
bilder vor und nach der Operation zeigen deutlich die schöne Vereinigung
der Bruchstücke, wie sie mittelst Schraube, Silberdraht und Klammer ausge-
führt werden.
König (24) hält im Gegensatz zu Bardenheuer die operative Ver-
einigung der [Bruchstücke in einer Reihe schwerer Knochenbrüche für die
aussichtsreichere Methode, da die Extensionsbehandlung gerade in solchen
Fällen nicht immer tadellose Resultate ergibt. Die Operation wird am besten
in der zweiten Woche vorgenommen, wo schon eine wesentliche Umwandlung
an der Bruchstelle vor sich gegangen ist. König hält es nicht für ratsam
alle zertrümmerten Gewebsstücke zu entfernen, da sonst eine Verzögerung der
Kallusbildung leicht eintreten kann, er will nur die groben Repositionshinder-
nisse beseitigt wissen. Zur Naht empfiehlt er Draht, oft zusammen mit Elfen-
beinstiften, die dann besonders zur Aufnahme der Drähte hergerichtet sein
müssen. Als besonders wichtig für die Nachbehandlung empfiehlt auch
König frühzeitige Massage und Bewegung, je nach der Art des Bruches.
Bei Schaftbrüchen hält König die Operation selten für erforderlich,
am ehesten noch bei stark dislozierten Brüchen eines Vorderarmknochens und
bei Oberschenkelbrüchen , die nach 2 — 2^« Wochen eine starke Dislokation
and unausbleibliche Verkürzung aufweisen. Je mehr aber die Fraktur in die
Nahe des Gelenkendes rückt, desto häufiger wird die operative Therapie Platz
greifen müssen. Die Ursache für den Eingriff wird meist die bestehende
Gefahr einer Bewegungsbeschränkung durch das dislozierte Knochenbruch-
6täck oder durch starke Kallusbildung bei ungenügender und unmöglicher
exakter Reposition sein. Für die Behandlung der Schenkelhalsfrakturen will
Verf. bei allen Brüchen im trochanteren oder lateralen Teil des Schenkel-
halses von einem Eingriff absehen; nur wenn bei nicht eingekeiltem Bruch
die Bruchlinie sich am Röntgenbilde nahe am Kopfe zeigt und neben der
starken Aussenrotation sich eine völlig abnorme Beweglichkeit zeigt, kann
mm sich zu einer Operation entschliessen. In solchen Fällen ist es zweck-
mässig, nach ca. 8 Tagen den Eingriff auszuführen, da die konservative Be-
handlung die Aussichten der Operation verschlechtert. Auf Grund eines selbst
beobachteten Falles halt König die Adaptierung der Fragmente allein nicht
für ausreichend und hebt die Notwendigkeit hervor, die zerrissene Kapsel in
möglichstem Umfang wieder zu vernähen.
Sharpless, Martin, Huntington, Sherman und Hunkin (36)
besprechen in einer Diskussion über unvereinigte Frakturen die Ursachen der
nicht gelungenen Reposition sowie die Mittel und Wege diesem unangenehmen
Eieignis zu begegnen. Die meisten von ihnen sind der Ansicht, dass eine
deutliche Krepitation von einer Vereinigung der Frakturen zeuge, dass die
ßöutgenstrahlen eine wesentliche Unterstützung der Diagnose sind, aber nicht
aosschliessiich auf Kosten der anderen Methoden zur Diagnose verwendet
werden sollten , und dass man , ob mit oder ohne Operation, auf eine gute
Adaption der Knochenenden sehen müsse. Bei der Operation käme es sehr
264 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
daranf an, das Periost zu schonen, denn nur so könnte man eine gute Kon-
solidation erzielen.
Schemel (31) bringt in seiner Dissertation eine kurze und übersicht-
liche Zusammenstellung aller nur bei der Nachbehandlung verletzter Knochen
zur Verfügung stehender Hilfsmittel. Er berichtet über die Anwendung von
Stauungshjperämie zur Mobilisierung von versteiften Gelenken und über das
ganze Arsenal der übrigen Nachbehandlungsmethoden ohne wesentlich Neues
zu bringen.
V. Zschock (35) bespricht zunächst übersichtlich die unblutigen Methoden
der Pseudarthrosenbehandlung, von denen er besonders dem .«Heilgehen^ das
Wort redet, um dann sich eingehender mit den die direkte Fixation der Frag-
mente anstrebenden Methoden zu befassen. Es ist nicht möglich hier die
grosse Menge der vom Verf. einzeln besprochenen angegebenen Verfahren
näher zu erörtern und es ist dies auch nicht nötig, da sie ja allgemein be-
kannt sein dürften. Die Methode der Knochennaht steht an den bekannten
Methoden immer noch an erster Stelle. In der Heidelberger Klinik, über
deren in den letzten zehn Jahren operierte Frakturen die Dissertation be-
richtet, wird die Naht zumeist angewandt, und zwar im allgemeinen die ein-
fache Naht, in seltenen Fällen eine Doppelnaht oder eine Naht in Verbindung
mit Drahtumschnürung. Die sekundäre Operation wurde im ganzen 19 mal
ausgeführt, und zwar 4 mal am Schlüsselbein, 2 mal am Oberarm, 2 mal am
Unterarm, 4 mal am Oberschenkel, 4 mal am Unterschenkel und 2 mal an der
Kniescheibe. Primär wurde die blutige Knochenvereinigung 10 mal ausgeführt,
3 mal am Unterarm, 7 mal am Unterschenkel. Nicht mitgerechnet sind die
Unterkiefer- und Olekranonbrüche, welche weder in der Ausführung der Ope-
ration noch im Verlauf etwas Besonderes boten. 12 mal handelte es sich um
komplizierte, in den übrigen Fällen um einfache Frakturen. Sämtliche primär
operierte Fälle waren kompliziert. In Verwendung kam bei diesen einmal
Elfenbeinstiftverzapfung zur Vereinigung des frakturierten Radius, einmal
Hanse mann sehe Verschraubung bei einer Tibiaf raktur ; in den übrigen 8
Fällen — 2 Vorderarm- und 6 Tibiafrakturen — Drahtnaht resp. Drabtum-
wickelung. Sekundär wurden zwölf Pseudarthrosen behandelt, bei denen
7 mal eine Interposition von Weichteilen die Ursache war; im übrigen han-
delte es sich um schlechte Stellungen oder Nervenlähmungen. Die Kranken-
geschichten der einzelnen Fälle sind wiedergegeben und im Anschluss daran
werden die in der Klinik geltenden Prinzipien bezüglich der Operationstechnik
und Indikationsstellung erörtert, die sich im grossen und ganzen auch mit
den anderwärts üblichen decken. Im einzelnen sind für die sekundären Ope-
rationen zur Anwendung gelangt : 2 mal Elfenbeinstiftverzapfung zur Vereinigung
einer Klavikula und Tibia, 1 mal Bildung einer Periostknochenlappens zur Be-
seitigung einer trotz primärer Knochennaht entstandenen Pseudarthrose der
Tibia; 5 mal die Gussenbauersche Klammer und 12 mal die Drahtnaht Der
Wundverlauf gestaltete sich in den meisten Fällen günstig. Von den 24 in
Betracht kommenden Fällen (4 sind nicht verwertbar, 2 kamen zur Ampu-
tation, bei 2 ist das Resultat unbekannt), erfolgte in 21 Fällen Heilung, d. h.
feste Wiedervereinigung des frakturierten Knochens. In den 3 anderen Fällen
war 2 mal Besserung durch die Operation erzielt, während in einem Falle ein
Misserfolg infolge zu frühzeitiger Lockerung der Klammer zu verzeichnen war.
Zum Schluss seiner sehr lesenswerten Arbeit fasst Verf. die Prinzipien, welche
Hoffa, Allgemeinee über Frakturen and Verletzungen der Gelenke. 265
die Heidelberger Klinik zur Zeit in der Frage der Frakturbehandlung ein-
nimmt in folgenden Sätzen zusammen:
Die primäre Operation erscheint indiziert:
1. Bei komplizierten Frakturen der leicht zugänglichen Knochen, bei
denen man so wie so zu einem operativen Eingriff genötigt ist.
2. Bei solchen subkutanen Frakturen, bei welchen auf unblutigem Wege
eine Reposition der Fragmente nicht zu erzielen ist, resp. sich die Fragmente
idcht durch den Verband in guter Stellung fixieren lassen. Selbstverständlich
verlangt auch zweifellos nachgewiesene Muskelinterposition die primäre Kno-
chennaht.
3. Bei Frakturen mit schweren Nervenstörungen, sobald sie nach Ein-
richtung der Fraktur nicht zurückgehen, desgleichen bei Kompression eines
wichtigen Gefasses.
Die sekundäre Operation wird ausgeführt:
4. Bei allen Pseudarthrosen , nachdem das konservative Verfahren im
Stiche gelassen hat,
Friedheim (14) hat eine äusserst einfache Vorrichtung angegeben, die
eine wirksame Extension an jedem Bett anzubringen erlaubt. Sie besteht
aus einer festschraubbaren Klammer, die zwei zueinander senkrecht stehende
Öhre trägt, und vier Ansatzstücken, von denen zwei mit Rollen versehen
sini Diese Ansatzstücke können mit Hilfe von Schrauben in jeder beliebigen
Höhe und Richtung befestigt werden, so dass mit Hilfe dieses Vorrichtung,
selbst die kompliziertesten Extensionen ausgeführt werden können.
Fe Hz et (13) empfiehlt zur Behandlung von Unterschenkelbrüchen mit
starker Dislokation und Reiten der Bruchstücke aufeinander folgendes Ver-
fahren. Nach anfanglicher Fixation der gebrochenen Extremität unter ziem-
licher Ausgleichung der bestehenden Verschiebung im Gipsverband wird
mehrere Tage, nachdem Schmerzen und krankhafte Muskelkontraktionen nach-
gelassen, der Gipsverband in der Höhe der Bruchstelle aufgesägt und am
unteren Bruchstück mittelst eines um den Gipsverband in der Höhe des Fuss-
gelenkes kreuzförmig herumgeführten, 15 — 20 cm dicken Gummischlauches
ein kräftiger elastischer Zug ausgeführt. In wenigen Minuten soll unter Aus-
einanderweichen der Gipshülsen das Bein sich strecken und die Bruchstücke
so beweglich werden, dass man leicht eine vollkommene Korrektur erreichen
kann. Die Ränder der Gipshälften sollen sich erst 4 — 5 cm voneinander
entfernen, damit sich der Zug von der Haut genügend stark auf die Bruch-
stücke selbst fortpflanzen kann. Hierauf wird um die Gipshülsen in der
koirigierten Stellung ein Gipsverband angelegt, nach dessen Erhärtung der
elastische Zug entfernt wird. — In der auf diesen Vortrag folgenden Dis-
kussion erklärt Pierre Delbet, dass er ohne das vorher beschriebene Ver-
fahren zn kennen, in ganz ähnlicher Weise vorgegangen, aber wie die Röntgen-
photographien vor und nach Einwirkung der Extension gezeigt hätten, an
der Stellung der Bruchstücke kaum eine Veränderung habe erzielen können.
Der Gegensatz in den Resultaten Hesse sich, wie auch Referent selbst ver-
fahren, dadurch erklären, dass sich die Gipshülsen an der Extremität ver-
schieben.
Um dem Gipsverband besondere Festigkeit zu geben, empfiehlt Gebele
(16) die von der deutschen Drahtgipsbindenfabrik München, Landwehrstrasse 63,
hergestellten Binden aus Steifgaze und einem feinen, sehr biegsamen Messing-
266 Jahresbericht ftkr Chirurgie. I. Teil.
draht, die allerdings den einen Nachteil haben, dass sie teuerer zu stehen
kommen, als der gewöhnliche Holzspangipsverband.
Grunert (18) verweist zunächst auf die zusammenfassende Darstellung
der pathologischen Frakturen von Bruns aus dem Jahre 1886 und berichtet
hierauf zusammenfassend die in der Literatur von 1886—1904 niedergelegten
Mitteilungen über dieses Thema.
Was die Bezeichnung Spontanfrakturen betrifft, will Verf., da es Spontan-
frakturen im eigentlichen Sinne nicht gibt, diese ungenaue Bezeichnung künftig
durch die Namen pathologische Frakturen ersetzt wissen.
Er teilt die pathologischen Frakturen in zwei grosse Grruppen ein.
1. Knochenbrüchigkeit infolge lokaler Veränderung des Knochensystems,
2. Knochenbrüchigkeit infolge einer allgemeinen Erkrankung.
Zur ersten Gruppe rechnet er die pathologischen Frakturen durch Ge-
schwülste (Sarkome und Karzinome, Schilddrüsentumoren, Enchondrome und
Zysten, Echinococcuszysten) und durch entzündliche Erkrankungen (Infektiöse
Osteomyelitis, Tuberkulose der Knochen [Aneurysma]) endlich durch Syphilis.
Was die Frakturen bei Karzinomen und Sarkomen anlangt, so findet
sich hauptsächlich der Unterschied, dass bei den ersteren immer schon ein
anderes Organ von Karzinom befallen gewesen sein muss, bevor es infolge
der Knochenmetastase zu einer Fraktur kommt, während beim Sarkom die
Praktur oft das erste Symptom der bestehenden Knochenerkrankung sich
darstellt. Auch wird bei beiden Arten der Geschwülste die Therapie eine
verschiedene sein, indem man bei einem primären Sarkom die Absetzung der
Extremität nicht hinausschieben wird, während man einem Karzinomkranken,
der schon Metastasen aufweist, den Rest des Lebens dem Patienten nicht noch
durch eine Amputation verschlimmem wird. Eine Reihe von Frakturen bei
bestehenden Karzinomen anderer Organe wird auf Grund einer infolge der
Erkrankung bestehenden allgemeinen Diathese zu erklären sein.
Die Frakturen bei malignen Adenomen der Schilddrüsen heilen des
öfteren vollkommen, ^es muss also unzweifelhaft, da sonst bei rein metastatischen
bösartigen epithelialen Geschwülsten eine Heilung nicht beobachtet wurde,
eine Wechselwirkung zwischen Schilddrüse und Knochensystem bestehen.
Sehr viel seltener sind die Frakturen bei Enchondromen und Knochen-
zysten. Sind letztere sehr zahlreich, so kann es multiple Frakturen bei ganz
geringer Gewalteinwirkung geben. Entsprechend dem seltenen Auftreten des
Echinococcus im Knochen, kommt es verhältnismässig selten zu Frakturen
infolge eines solchen Prozesses.
Die Frakturen bei infektiöser Osteomyelitis sind relativ recht selten und
noch weniger häufig sind die pathologischen Frakturen bei der tuberkulösen
Osteomyelitis.
Auch die Syphilitis ist verhältnismässig selten die Ursache einer patho-
logischen Fraktur. Solche Frakturen sind ebenso wie bei der Tabes häufig
ohne Schmerz.
Zur zweiten Gruppe rechnet er die Knochenbrüchigkeit infolge einer
allgemeinen Erkrankung. Hierher gehören die Erkrankungen des Zentralnerven-
systems, besonders des Rückenmarkes. Obenan in der Häufigkeit die Tabes
dorsalis. So ist oft eine ohne jegliche stärkere Gewalteinwirkung entstandene
Fraktur oft das erste Symptom einer Tabes. Das hauptsächlichste Kenn-
zeichen einer tabischen Fraktur ist die vollkommene Schmerzlosigkeit.
Hoffa, Allgemeines Aber Frakturen und Verletzungen der Gelenke. 267
Häufig sind auch pathologische Frakturen bei der Syringomyelie. Hier
«iod es im Gegensatz znr Tabes vorzüglich die Knochen der oberen Extremi-
täten, velche brechen.
Bezäglich der Geisteskrankheiten, speziell der progressiven Paralyse sind
die Ansichten über die Entstehung der Frakturen noch geteilt. Ein Teil
niiDmt trophoneurotische Störungen, welche zur Knochenatrophie führen als
Uisache der Frakturen an andere behaupten, da es sich meist um Rippen-
irsktnren handelt, dass die Frakturen durch ein Trauma veranlasst würden
imd besonders auf die rohe Behandlung durch das Pflegepersonal zurückzu-
fübren seien.
Ansser bei den nervösen Erkrankungen findet sich zu Knochenbrüchen
disponierende Knochenatrophie besonders im Greisenalter, bei verschieden
chronischen Krankheiten, bei Inaktivitätsatrophie, femer bei Skorbut. Die
Tendenz des Skorbuts zu Blutungen kann den Zusammenhang dieser Frak«
tnren mit der Erkrankung erklären.
Rachitis und Osteomalazie führen erfahrungsgemäss ausserordentlich
laicht zn pathologischen Frakturen.
Als dritte Hauptgruppe führt Verf. die idiopathische Osteopsathyrose
an, eine Knochenbrüchigkeit der eine andere als die bisher bekannte Ursache
xtignmde liegen mnss. Auffallend bei diesen Fällen ist die Erblichkeit und
die Moltiplizität der Frakturen, sie scheint besonders oft in England und
Amerika vorzukommen.
ßnckert (30) bespricht in seiner Dissertation zunächst die verschie-
denen Ursachen, welche zu einer leichteren Brüchigkeit der Knochen führen
können nnd hebt einige Beispiele aus der Literatur hervor, welche die Be-
dpQtnng dieser verschiedenen Ursachen beleuchten. Er bespricht ferner das
weitere Schicksal solcher sogenannter Spontanfrakturen und erklärt die ent-
stehende Kallusbildung aus der sehr häufig infolge der Fraktur eintretenden
vermehrten Blutzufuhr zum Periost durch Schwellung und Entzündung der
Weichteile. Die zweite grosse Gruppe der Spontanfrakturen verdankt ihre
Entätehnng der Zerstörung des Knochens infolge von Geschwülsten. Hier
zeigt sich in bezag auf das weitere Schicksal der Fraktur ein wesentlicher
Unterschied. Trotz sorgfaltigster Behandlung bleibt die Konsolidation aus,
b kommt fast nie zu einer knöchernen Vereinigung der Bruchenden und die
Amputation bleibt meist als das einzige Mittel übrig, um das Leben
i^ Kranken zu retten. — Zum Schluss wendet sich Verf. speziell der
Bedeutung des Sarkoms zu und berichtet über die in der Literatur nieder-
gelegten Angaben über die Behandlung der Knochensarkome. Ihre Häufigkeit
z'^igt er an einer Zusammenstellung aller Knochensarkome aus den Sanitäts-
Wrichten von 1886—1901.
Döring (11) berichtet über einen interessanten Fall von idiopathischer
I ^Meopsathyrosis. Es handelte sich um einen bis zu seinem vierten Lebens-
jähre vollkommen gesunden, hereditär nicht belasteten Jungen, der durch
I mn leichten Fall einen Bruch des linken Oberschenkels erlitten. Der Bruch
ütilte in der gewöhnlichen Zeit ohne Folgen aus. Im Laufe der nächsten
Jähre kam es dann jedesmal durch unbedeutende Gewalteinwirkungen zu
neoen Frakturen, deren Zahl bis zum 15. Lebensjahr 22 erreichte; davon
Strafen 16 die untere Extremität, 4 die obere und 2 die Rippen. Mit Aus-
nahme des rechten Oberarms blieb kein langer Röhrenknochen verschont. Die
Melle bellten in der gewöhnlichen Zeit, die Schmerzhaftigkeit der einzelnen
268 JahreBbericht für Chirargie. I. Teil,
Frakturen war gering. Auf die näheren Details der sehr interessanten Arbeit
einzugehen, ist hier nicht Raum. Nur so viel sei hervorgehoben, dass die
Röntgenbilder eine ausserordentliche Atrophie der Diaphysen der Röhren-
knochen aufweisen, was ja zu den typischen Eigenheiten der Erkrankung ge-
hört, während die Epiphysen von normaler Gestalt, Grösse und Bildung sind
und die Gelenke normale Struktur und Funktion zeigen.
Die Knochenbrüche, welche bei Epileptikern während oder ausserhalb
der Anfälle zustande kommen, bespricht Bourgeois (6), Er fand, dass die
Frakturen im Anfalle besonders häufig sind und meist die kurzen Knochen
betreflFen. Letztere haben wohl eine besondere Brüchigkeit, für welch durch-
gemachte Rachitis häufig, Osteomalacie seltener verantwortlich gemacht werden
könnte. Die Ursachen dieser Knochenbrüchigkeit beruhen aber wohl meist
auf allgemeinen oder örtlichen trophischen Störungen, die als Folgezustände
der Epilepsie eventuell auch einer vorausgegangenen nervösen Störung zu be-
trachten sind. Immerhin sind Fälle von besonders ausgeprägter Brüchigkeit
der Knochen bei Epileptikern selten. Die Frakturen, welche durch direkte
Gewalteinwirkung entstehen, sind häufiger, als die durch indirekte Gewalt,
bei welch letzteren wohl die Torsion, besonders wenn die Extremität im An-
falle irgendwie fixiert ist, eine grosse Rolle spielt. Auch eine Hyperflexion
im Anfall kann die Entstehung einer Fraktur in Betracht kommen. Durch
Muskelkontraktion allein wird indes bei Epileptikern selten eine Fraktur zu-
stande kommen.
Bier (5) zeigte praktisch durch die Behandlung von Pseudarthrosen
mittelst Bluteinspritzungen, dass der Knochen sich einerseits durch die künst-
liche Zufuhr von Nährstoffen, d. h. von Blut passiv ernähren lässt, dass an-
dererseits der Bluterguss bei einem Knochenbruch gleichzeitig als entzündimgs-
erregender Reiz wird. Von Natur aus scheint der Bluterguss also schon sicher
nützlich. Wird er nun, wie das beispielsweise bei Diaphysenbrüchen geschieht,
die genäht werden, oder komplizierten freigelegten Frakturen weggeschafft,
so kommt es häufig zu einer verminderten Kallusbildung , wird, und das be-
weisen die Mitteilungen Biers, künstlich ein Bluterguss durch Bluteinspritzung
ersetzt, so tritt die gleiche Wirkung auf die Knochensubstanz ein. In sieben
von den zehn mitgeteilten Fällen war der Erfolg ein vollständiger, in einem
ein teilweiser, in einem blieb er ganz aus. In dem noch übrig bleibenden
Falle wurde eine Knochennaht ausgeführt und es kann zweifelhaft erscheinen,
ob die Bluteinspritzungen zu seiner Heilung beigetragen haben.
Bezüglich der Technik werden folgende Angaben gemacht. Eine sehr
gut schliessende, stärksten Druck aushaltende 30 cm Spritze mit Lederkolben
und weiter und starker, am besten exzentrisch angesetzter Hohlnadel wird
nach 24 stündigem Liegen in 5°/oiger Karbollösung durch die Haut in
eine gestaute Armvene eingestochen, voll Blut gesaugt und sofort auf die
Bruchenden, womöglich zum grossen Teil unter die Knochenhaut und wenn
das nicht geht, zwischen die Bruchenden unter starkem Druck eingespritzt.
Die Bruchstelle unterliegt einer erheblichen, reaktiven Entzündung und Über-
ernährung. Das Blut dient als Nährstoff und verdichtet sich bald zu einem
harten, festen Ringe, der unmittelbar in die Kallusbildung übergeht.
Leuten, deren Knochenbrüche trotz erheblichen Blutergusses nicht fest
werden, fehlt wahrscheinlich im Blute der genügende Reiz zur Knochenneubildung.
In zwei solchen Fällen wurde Blut anderer Menschen eingespritzt. Einen
noch stärkeren Reiz würde Hammel- oder Hundeblut abgeben.
Hoffa, AllgemeineB Aber Fraktaren und VerletzuDgen der Grelenke. 269
Trotz alledem ist daran festzuhalten, dass bei frischen Knochenbrüchen
ein übermässig starker oder in den Weichteilen befindlicher Blnterguss durch
kräftige Massage, besser noch durch Heissluftbehandlung bekämpft wer-
den mnss.
Schmieden (33) hat in einer Reihe yon Tierexperimenten den Ver-
geh gemacht, das Bier sehe Verfahren der Behandlung der Pseudarthrosen
durch Blnteinspritzung experimentell zu begründen. Von 19 Doppel versuchen
mit yerschiedenartiger Anordnung mussten zunächst 7 als unbrauchbar aus-
§rt-schieden werden, weil entweder kein Bluterguss oder Vereiterung einge-
triften war. Die übrigen 12 Doppelversuche ergeben nun folgendes Resultat.
In 7 Fällen konnte insofern ein deutlicher Einfluss des Blutergusses auf die
Kallusbildung nachgewiesen werden, als die Kallusbildung beschleunigt und
die Bmchenden früher miteinander yerschmolzen waren. Allerdings darf man
dabei nicht vergessen, dass für eine beschleunigte Kallusbildung und früheres
Verwachsen der Bruchstücke auch die Stellung der Bruchstücke zueinander,
der Verlauf der Bruchlinie etc. verantwortlich gemacht werden könnten»
JedenfaUs konnte bei keinem Versuche ein Befund erhoben werden, der gegen
die Theorie sprach, dass der Kallus durch Blutergüsse ernährt werden könnte.
Auch die übrigen fünf Fälle heilten gleich schnell und mit kräftiger Kallus-
bildung auf. Verf. glaubt nun in diesen Versuchen eine Stütze der Bi er-
sehen Pseudarthrosenbehandlung zu erblicken. Die gleichzeitig zur Beurtei-
lung der ganzen Frage vorgenommenen mikroskopischen Untersuchungen haben
zü keinem einwandsfreien Resultat geführt.
In einem genau beschriebenen Fall gibt Förtner (15) einen Beitrag
ZOT Kasuistik der Pseudarthrosenoperation. Es handelt sich um eine Pseud-
arthrose bei einem 20jährigen Mädchen. Es wurden zunächst die Fraktur-
enden freigelegt, reponiert und zur Anregung der Kallusbildung aneinander
gerieben- Die Frakturstelle freigelegt, ein Hämatom entleert, ein ausge-
>prengtes Knochenstück entfernt, die obere Spitze des unteren Frakturstückes
abgesägt und die Fläche des oberen abgemeisselt. In das obere der winkelig
nach oben unter scharfen Zug gebeugten Frakturstücke wird ein ca. 5 cm
langes, ca. 1 cm dickes, ausgekochtes, stiftartiges Stück eines Femur gesteckt
nnd das untere Frakturstück auf das freie Stiftende gedreht, bis das untere
Frakturstuck das obere berührt. Dann wird noch ein dicker Silberdraht hin-
durchgezogen. Nach einem Monat ist die Bruchstelle vollkommen konsolidiert,
keine abnorme Beweglichkeit, reiche Kallusbildung. Es besteht eine Ver-
kürzung von 5 cm. Trotz dieser Verkürzung ist das erzielte Resultat bei der
Kompliziertheit und Hartnäckigkeit des Falles als ein günstiges anzusehen.
Verf. bespricht das hier angewandte Verfahren, das seiner Ansicht nach bei
älmlicher Lage der Verhältnisse in erster Linie Berücksichtigung verdient,
noch eingehender und geht sodann noch kurz auf die verschiedenen, bei
Psendarthrosen eingeschlagenen Heiherfahren ein unter Prüfung der gegen-
seitigen Wertigkeit.
Scheuermann (32) bereichert die Kasuistik der Lähmungen im An-
scUnss an Frakturen um vier Fälle. Es handelt sich um eine Ulnarislähmung,
um zwei Radialislähmungen nach Humerusfraktur und um eine Lähmung des
Plexus brachialis nach Schlüsselbeinfraktur. Im ersten Falle wurde durch
die Operation, Entfernung eines Knochenvorsprungs, über welchem der Nerv
gespannt war, nach Ablauf eines Jahres eine vollkommene Restitutio ad inte-
grum erzielt. Im zweiten Falle — der Nerv, radialis war in einer durch den
270 Jahresbericht fQr Chirurgie. L Teil.
Kallas gebildeten Rinne fixiert und komprimiert, konnte durch die Au£lüsnng|
des Nerven keine wesentliche Besserung erreicht werden. Im dritten FalUi
— Lähmung des Nerv, radialis infolge dauernder Kompression durch ein dis-
loziertes Knochenstück — wurde nach Beseitigung des komprimierenden
Knochenstückes rasch völlige Wiederherstellung geschaffen. Im vierten Falk
— Lähmung des Plexus brachialis infolge dauernden Druckes der stark dis-
lozierten Bruchstücke einer Klavikularfraktur — konnte eine Besserung nicht
erreicht werden.
Schulz (34) macht kasuistische Mitteilungen über Frakturen der Finger-
phalangen unter Beibringung mehrerer recht interessanter Röntgenbefiinde.
Auf einzelne Details dieser Arbeit einzugehen würde zu weit führen. Im
übrigen enthält sie nichts wesentlich Neues.
Blecher (7) berichtet über mehrere Fälle von Infraktionen und Frakturen
des Schenkelhalses bei Jugendlichen, bei 20 — 22jährigen Soldaten, bei denen
die Verletzung nach einem unverhältnismässig geringen Trauma stattgefunden.
Erst im weiteren Verlauf und oft erst nach Hinzutritt eines wiederhoJten,
wenn auch nur leichten Traumas kommt es zu den schweren Funktions-
störungen und Krankheitserscheinungen, die dann auf die Schwere der Ver-
letzung hinweisen. Rechtzeitige, bezw. frühzeitige Röntgenaufnahme wird
dann stets vor falschen Diagnosen schützen können. Die Therapie bietet
nichts Besonderes, nur muss sie rechtzeitig einsetzen, um dififorme Heilungen
zu verhüten.
Klapp (22) berichtet über einige Modifikationen, die er an den Bi er-
sehen Saugapparaten angebracht hat und die bei gleichbleibender Hyperämie
eine leichtere Mobilisation des versteiften Gelcinks ermöglichen. Eine aus-
führliche Beschreibung dieser Modifikationen würde zu weit führen, v^reshalb
auf das Original hingewiesen werden muss.
Ein von Köper (25) beschriebener Fall beweist die seinerzeit von
Rindfeisch aufgestellte Hypothese, dass die über einer traumatischen
Exostose befindliche Bursa durch eine Ausstülpung der Gelenkkapsel entsteht,
die durch allmähliche Separation später zu einer selbständigen Bildung wird.
In dem Köper sehen Falle hatte das Trauma zu einer Abreissung des Mus-
culus biceps an der Tuberositas radii geführt. An der Stelle dieser Sehnen-
abreissung hatte sich von Seiten des mitverletzten Periosts eine Knochenneu-
bildung entwickelt. Über diese Exostose stülpte sich nun die wahrscheinlich
mitverletzte Kapsel des Ellenbogengelenks aus; dieser ausgestülpte Teil der
Gelenkkapsel schloss sich dann im weiteren Verlaufe des Prozesses mehr und
mehr gegen das übrige Gelenk ab, so dass allmählich aus der traumatischen
Exostose eine Exostosis bursata entstand. In dieser Bursa entstanden später
durch die üppige Kalluswucherung an der Tuberositas radii freie Gelenkkörper,
deren Herkunft durch die mikroskopische Untersuchung klargestellt werden
konnte. Die häufigste Ursache der Entstehung freier Gelenkkörper ist nach
Köpers Ausführungen die Arthritis deformans, ferner die Arthritis der
Tabiker. Auch die Rachitis prädisponiert zur Bildung freier Gelenkkörper,
ebenso ist lipomatöse Entstehungsweise der letzteren klar. In der Synovialis
selbst können sich Knorpelplatten bilden und ebenso in den Zottenenden, die
dann gelegentlich durch ein Trauma zur Ablösung kommen können. Ferner
können vom Perioste Knochenwucherungen ausgehen und in seltenen Fällen
Fibrinniederschläge und Blutkoagula zur Bildung freier Gelenkkörper führen.
Die Frage der Osteochondritis dissecans lässt Köper offen.
Hoffa, Allgemeines ül)er Frakturen und Yerletzangen der Gelenke. 271
Meyer (27) teilt die Krankengeschichten zweier Fälle von Gelenk-
i.5rp€rn im Kniegelenk ans der chirurgischen Universitätsklinik zu Leipzig
jüit und bespricht gleichzeitig in ausführlicher Weise die Entwickelung der
Streitfrage, ob ein Trauma die Ursache für den Prozess der Loslösung von
Teilen aus der Gelenkfläche abgibt oder ob in derartigen Fällen eine Osteo-
chondritis dissecans vorliegt. Auf Grund seiner gemachten Beobachtungen
uTid Studien kommt Verf. zu dem Schluss, dass weder die Tatsache noch die
Art des Traumas uns irgend welchen positiven Aufschluss gibt. Wir können
ein Trauma als Ursache für den Gelenkkörper annehmen, und auf der anderen
Seite spricht nichts gegen die Annahme einer Osteochondritis dissecans.
Moser (28) berichtet auf dem Naturforscher- und Ärztekongress 1904
unter Vorstellung von vier Patienten über recht ermutigende Resultate in
der Behandlung von Gelenksteifigkeiten mittelst Röntgenstrahlen. Ursache
dieser Erkrankungen war zweimal Gicht, einmal Tuberkulose und einmal
Lues« Schon nach verhältnismässig wenigen Bestrahlungen waren merkliche
Besserungen zu verzeichnen. Die Erklärung dieser therapeutischen Wirkung
der Röntgenstrahlen steht noch aus.
Rovsing (29) berichtet über zwei Fälle von Arthritis traumatica sicca
des Hüftgelenks — der eine Fall ist wohl eine Arthritis defocmans, der
andere eine alte mit partieller Ankylose ausgeheilte tuberkulöse Koxitis —
welche er mit ausgezeichnetem Erfolge mit Lijektionen von Vaseline in das
Gelenkinnere behandelt hat. Er hebt hervor, dass man nicht zu kleine
Mengen von Vaseline, also etwa 20 — 25 ccm zur Injektion verwenden soll
und glaubt, dass die wenig ermutigenden Resultate von Büdinger auf die
zu geringe Menge der injizierten Flüssigkeit zurückzuführen sind. Delagniere
hat gleichfalls Mitteilung von einem günstigen Falle gemacht.
xn.
Die Erkrankungen der Knochen.
Referent: C. Hueter, Altonau
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I. Allgemeines.
Retterer (17) hat festgestellt, dass bei gewissen Fischen ein osteoides
Knochengewebe vorhanden ist, das für immer seinen embryonalen Charakter
beibehält.
Die Arbeit von Jones (11) enthält technische Bemerkungen zur Unter-
sachimg des normalen Knochenmarkes und eine Einteilung der verschiedenen
Zellformen.
Stieda(18) macht auf eigentümliche im Gebiet der spongiösen Substanz
der kurzen Knochen und der Epiphysen der Röhrenknochen liegende, bei
der Röntgenuntersuchung sichtbar werdende Schatten aufmerksam, die, von
mnder oder ovaler Gestalt, durchaus nicht regelmässig gelagert sind. Sie
bestehen mikroskopisch aus kompaktem Knochengewebe und sind vom prak-
tischem Interesse, weil sie mit pathologischen Befunden verwechselt werden
können.
L ort et (14) demonstrierte deformierte Knochen von Affen, die in Ägypten
ausgegraben waren. Nach der Art der Bestattung konnten sie 4 — 5000 Jahre
alt sein. Über die Bedeutung dieser Knochendeformationen wurden in der
18*
276 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Diskussion verschiedene Ansichten geäussert. Die Mehrzahl der sich daran
Beteiligenden wax der Meinung, dass es sich um rachitische Deformitäten
bandelt.
Nach Ferrier (7) beruht der abnorm geringe Kalkgehalt, resp. der
abnorme Kalkverlust des Organismus auf dem geringen Kalkgehalt des Trink-
wassers und besonders auf einer fehlerhaften Ernährung (zu viele und zn
reichliche Mahlzeiten). Solche Leute leiden häufig an Zahnkaries und allge-
meinen Ernährungsstörungen. Ferrier konnte in solchen Fällen durch Ände-
rung der Diät und Darreichung von Kalkpräparaten Besserung herbeiführen.
Der menschliche Körper ist spezifisch schwerer als Wasser, in seltenen
Fällen, auf die man beim Baden aufmerksam wurde, jedoch leichter. Da
diese Individuen nicht besonders fett waren und keine Abnormitäten ihrer
Muskulatur ^ieigten, so ist der Schluss berechtigt, dass ihr Knochengewebe
leichter als in der Norm war. Dass in der Tat das Gewicht, resp. der Kalt-
gehalt der Knochen für das spezifische Gesamtgewicht des Körpers massgebend
ist, konnte Ferrier (8) nachweisen. Das spezifische Gewicht der Leute, die
einige Zeit mit Kalkpräparaten gefüttert waren, nahm zu. Ferrier glaubt
nun, dass abnorme Leichtigkeit des Knochensystems (Osteocie) ein frühzeitiges
Symptom der Osteomalacie sei. Eine Verwertung desselben für die Diagnose
ist praktisch schwierig. Nach Ferrier kann man mit Osteocie behaftete
Individuen an schlechten Zähnen erkennen.
Der von Blumenthal und Hirsch (4) mitgeteilte Fall betrifft ein
Mädchen, dessen vier Extremitäten Missbildungen aufwiesen.
Ad SteUe der rechten oberen Extremität befindet aioh ein kurzer Stumpf, der nur
den Humerus enthält. Die linke obere hat einen Oberarm, an dessen medialer Seite sich
direkt ein Finger ansetzt. An der rechten unteren Extremität sitzt an der Masse des Ober>
Bohenkels ein kleines fossähnliehes Gebilde mit nur zwei Zehen. An der linken unteren
fehlt die Fibula, die Tibia ist verkQrzt, nur vier Metatarsi sind vorhanden, drei normal»
Zehen , die vierte und ffinfte haben eine gemeinschaftliche erste Phalanx, die Patella fehlte
ebenso das koxale Femurende, beiderseits besteht knOcherne Verwachsung an Stelle des-
Kniegelenks.
Die Verf. erklären die Missbildungen durch amniotische Verwachsungen,
welche Abschnürung (fötale Amputation) und Verkümmerung der Extremitäten-
anlagen zur Folge hatten.
V. Hovorka (10) berichtet über eine angeborene Missbilduug bei einem
4 jährigen Knaben. Statt des linken Unterarmes besass er einen kurzen ab-
gerundeten Stumpf mit rudimentärem Radius und Ulna. Auf der Haut des
Stumpfes befand sich ein bewegliches Hautwärzchen mit 5 kleineren Tochter-
wärzchen, welche die rudimentären Finger darstellen. Es handelt sich dem-
nach nicht um eine sogenannte Spontanamputation, sondern um eine Hemmungs-
bildung, eine Hypoplasie resp. Aplasie, verursacht durch einen abschnürenden
Amnionstrang. Im Anschluss an diese Beobachtung bespricht Verf. die Syste-
matik der intrauterinen Gliedablösung an der Hand der einschlägigen Lite-
ratur und befürwortet eine prägnante Trennung der echten fötalen Spontan-
amputation (Abschnürung ganzer Glieder) von den intrauterinen Bildungs-
hemmungen und Wachstumsstörungen, die durch pathologische Prozesse der
Frucht und Fruchthäute oder durch Trauma entstehen können.
Nach Courtois-Suffit (6) sind die Beziehungen der Gicht zu dem
chronischen Rheumatismus von jeher etwas zweifelhaft gewesen. Wenn Tophi
fehlen, kann häufig die Differentialdiagnose schwer sein. Vielfach sind die
Symptome des chronischen Rheumatismus auf Gicht bezogen worden, häufig
Haeter, Die Erkrankungen der Knochen. 277
beide Erkrankungen zusammengeworfen worden (Rhumatisme goatteux).
Der vom Verf. mitgeteilte Fall (multiple Tophi, schwerer deformierender Rheu-
matismus der Hände und Füsse, wie aus Anamnese und radiographischer
Uniersachnng hervorgeht) beweist, dass Gicht und deformierender chronischer
Rheumaüsmus nebeneinander vorkommen können.
Arnsperger (2) berichtet über endemisches Auftreten von lymphoider
Leukämie. Es handelte sich um 5 sichere und weitere 6 nicht absolut ein-
wandfreie Fälle aus nahe gelegenen Dörfern im Enztal. Ätiologisch liess
sich nichts Sicheres eruieren, in einigen Fällen war Typhus vorausgegangen.
Y. Aberle (1) bespricht die historische Entwickelung der Lehre von
der subkutanen Osteotomie und ihre verschiedenen Methoden. Er empfiehlt
sodann die seinige im Verein mit Lorenz ausgebildete, welche die Vorteile
der bis dahin geübten Methoden vereinigen soU. Sie gestattet subkutane
Ausfuhrong und ist an allen Knochen der Extremitäten anwendbar. Der dabei
benützte Meissel hat Holzgriff, ist keilförmig zugeschärft, die schneidende
Kante nur 1 cm breit. Das Instrument wird durch die Haut auf den Knochen
durchgestossen, senkrecht aufgesetzt, und nun wird rinnenförmig die Korti-
kalis durchgemeisselt, der so geschwächte Knochen infrangiert und sofort
Gipsverband angelegt (Subkutane Zirkumferenzosteotomoklasie).
Openshaw (16) befürwortet bei rachitischer Verkrümmung des Tibien
die manuelle Osteoklase, die er allen anderen Methoden vorzieht und von
der er in 40 Fällen keinen Misserfolg gesehen hat.
Käst (12). Ein 31 jähriger bis dahin ganz gesund gewesener Mann erlitt
im Bette liegend durch Drehung seines Oberkörpers eine doppelte linksseitige
Femnrfraktur ohne lebhafte Schmerzempfindung. Auch später war die Un-
empfindlichkeit der verletzten Extremität sehr auffallend. Heilung mit mäch-
tiger Kallusbüdung. Wegen dieses Befundes, der abgeschwächten Sehnen-
reflexe und der sehr träge auf Licht reagierenden Pupillen dachte man an
eine beginnende Tabes. Doch liess eine 5jährige Beobachtung kein weiteres
Symptom auftreten , das diesen Verdacht gerechtfertigt hätte oder zur Er-
klärung der damals erlittenen Fraktur ätiologisch verwertet werden konnte.
Broca (ö) bespricht die Mechanik der Epiphysenablösung bei den
grossen Gelenken. Ausser der Epiphysentrennung durch direkte Gewaltein-
wirkung erwähnt er besonders die Mechanik dieser Verletzung durch Ab-
reissong (Zug). Dabei verhalten sich die einzelnen Gelenke verschieden nach
ihrem anatomischen Bau und der Insertion der Gelenkbänder. Je nachdem
sich die Gelenkbänder an die Epiphysen oder Diaphysen inserieren, ist die
Mi^Iichkeit einer Epiphysenablösung gegeben. Zum Schluss erwähnt Verf. noch
die partielle Epiphysenablösung. den Bluterguss ins Gelenk und die nach der
Epiphysentrennung auftretenden Wachstumsstörungen.
Zuppinger (19) hat neue automatisch wirkende Apparate konstruiert,
die eine permanente Extension zur Frakturbehandlung ermöglichen und zwar
für Femurfrakturen, ünterschenkelfrakturen und für Vorderarmbrüche. Das
gemeinsame Prinzip besteht darin, dass die Extremitäten, während sie mit
Flexion des Knies resp. Ellenbogengelenks in der Schiene fixiert werden, durch
die eigene Schwere extendiert werden, wobei die Apparate zugleich in der
Nähe der Fraktur noch Kontraextension ausüben.
Heussner (9) tritt bei Frakturen der unteren Extremitäten für die
Anwendung von Gehverbänden ein, die er nach anfänglicher Extensionsbe-
kndlung nach etwa einer Woche anlegt. Die Technik dieser Gehverbände,
278 JahreBbericht fflr Chirurgie. I. Teil.
sowie der Verbände bei Frakturen der oberen Extremität wird ausfuhrlich
mitgeteilt und muss im Original nachgesehen werden.
Von der theoretischen Erwägung ausgehend, dass der Blnterguss
Heilung von Knochenbrüchen notwendig und wichtig ist, hat Bier (3)
sucht, in Fällen von Pseudarthrosen und verzögerter Kallusbildong durch
die Bruchstelle eingespritztes Blut den fehlenden Beiz für die Knochenbildiing
künstlich zu erzeugen. Er hatte in 7 von 10 so behandelten Fällen vollen
Erfolg. Die Blutinjektion hat deutlich wahrnehmbare lokale Entzündungser-
scheinungen zur Folge. Die mit Lederstempel armierte Spritze muss 30 com
fassen. Das Blut muss unmittelbar auf oder womöglich zwischen die Brach'
enden gespritzt werden.
König (13) begründet die Berechtigung blutiger Operationen bei ge-
wissen Frakturen durch die Unzulänglichkeit der bisherigen Behandlungs-
methoden und die durch die Radiographie nachweisbaren schlechten Heilungs-
resultate, welche auf der Schwierigkeit der Reposition und Retention der
Bruchenden beruhen. In derartigen Fällen will er blutig vorgehen, doch soll
mit dem blutigen Eingriff einige Tage, bis in die zweite Woche hinein ge-
wartet werden. In technischer Beziehung empfiehlt er die Knochennaht und
zwar unter Zuhilfenahme eines Elfenbeinstifts oder einer dickeren Elfenbein-
prothese, welche in die Markhöhle eingefügt und durch Drahtnaht hier fixiert
werden. In einem zweiten Abschnitt behandelt er die speziellen Indikationen
für gewisse Frakturformen. Es sind besonders Frakturen am oberen und
unteren Humerusende und die' intrakapsuläre Femurfraktur, für die er die
blutige Reposition und Naht warm empfiehlt.
II. Anomiilien des Knochenwachstums.
Die von Helmbold (26) mitgeteilten Fälle betreffen zwei Zwerginnen
mit ausgesprochen rachitischem Zwergbecken, die durch Kaiserschnitt ent-
bunden wurden. Daran werden Betrachtungen über die verschiedenen Formen
des Zwergwuchses geknüpft.
In einer vorläufigen Mitteilung macht Aron (20) auf den Einfluss auf-
merksam, den der Gehalt der Nahrang an Kali und Natrium auf den Kalk-
ansatz und die Knochenbildung hat. Kälber, deren Nahrung bei genügender
Zufuhr von Phosphor und Kalk sehr arm an Natrium und reich an Kali ist,
bleiben in ihrem Knochenwachstum zurück.
Devon (22) berichtet über einen nahezu 11jährigen Knaben, dessen
körperliche Entwickelung der eines Erwachsenen glich. Die Epiphysen waren
bereits verknöchert, die Bart- und Schamhaare waren entwickelt, die Oenita-
lien ausgebildet, wie bei einem Erwachsenen. Die acht Geschwister waren
in keiner Weise abnorm.
Filhouleau (24) fand bei einem 9jährigen mit einem sehr grossen
kongenitalem Angiom (Naevus vasculosus?) am Fuss und Unterschenkel be-
hafteten Mädchen die betreffende Extremität von 3 cm verlängert. Die Ver-
längerung, die nur den Unterschenkel betraf, war durch Beckenverschiebung
und Skoliose ausgeglichen.
Mo uro (31) teilt einen Fall von Kretinismus mit, der ein 23 jähriges
Mädchen von sehr kleiner Statur betraf. Die Epiphysen waren noch nicht
verknöchert, (untere Epiphyse von Femur und Tibia, obere von Radius und
Ulna, Epiphysen der Fingerphalangen). Unter Darreichung von Thyreoid-
Hneter, Die ErkraDkangen der Knochen. 279
pfiparaten allgeineine Besserung, Zunahme der Körpergrösse von zwei Zoll
]BDerhaIb von drei Monaten.
Gross und Sencert (25) fanden bei einem 56jährigen mit doppel-
seitigem KrTptorchismos behafteten Manne, der Charaktere eines Kastraten
darbot, Spuren der Epiphysenknorpel im Röntgenbild, femer einen älteren
geheilten Knochenbmch am oberen Humerusende und eine frische Femur-
traktar, deren radiographische Untersuchang darauf hinwies, dass es sich am
Humems vielleicht um eine Epiphysenablösung gehandelt habe, während die
F^nurfraktur, nach geringfügigem Trauma entstanden, wahrscheinlich auf
eine unvollkommene Ossifikation der Epipbyse des grossen Trochanters hin-
deutete. Nach Verf. hat unvollkommene Hodenentwickelung, resp. mangel-
hafte Funktion der Hoden zweifellos Wachstumstörungen zur Folge. Wie die
Experiniente an kastrierten Tieren beweisen und Untersuchungen von Eunuchen
ergeb^i haben, kommt es bei solchen Individuen zu einer Verzögerung der
Epiphysenverknöcherung und einem gesteigerten Wachstum. Die Knochen
der Extremitäten, besonders der unteren, übertrafen in dem besprochenen
Falle die durchschnittliche Länge der Knochen gleich grosser Individuen um
ein erhebliches.
Hör and (28) demonstrierte zwei Kinder mit Wachstumsanomalien. In
dem einen Falle handelte es sich um typische Chondrodysplasie mit sehr
kurzen Extremitäten. Der zweite betraf ein Kind von sechs Jahren, dessen
Körpergrösse der eines einjährigen Kindes entsprach. Aus der Betrachtung
der Röntgenbilder ergab sich völliges Fehlen der epiphysären Knochenkeme
(Ächondroplasie). Bei beiden Kindern fehlte die Schilddrüse, Zeichen von
Myxödem waren nicht vorhanden.
Sevestre (33) teilt einen Fall von Chondrodystrophie mit, welcher ein
siebenjähriges Mädchen betrifft. Mit seiner Körpergrösse von 87 cm erscheint
es wie ein Kind von 3^-4 Jahren. Die Kleinheit beruht auf einer abnormen
Kürze der Extremitäten. Der Röntgenbefund wird nicht mitgeteilt. Von
Interesse ist die Tatsache, dass der Vater des Kindes in derselben Weise
missgebildet ist.
Lepage (29) berichtet über eine 23jährige mit Chondrodystrophie be-
haftete Frau, deren Epiphysen verknöchert waren. Ihre sämtlichen Geschwister
waren von normalem Körperbau. Wegen intensiver Beschwerden am Ende der
Gravidität musste die Entbindung durch Kaiserschnitt vollzogen werden. Das
Kind zeigte dieselbe Wachstumsanomalie wie die Mutter. Dieser Fall, wie
der eben erwähnte Sevestres beweisen, dass Chondrodystrophie erblich sein
kann, wie schon aus wenigen in der Literatur niedergelegten Beobachtungen
henrorgeht.
Dur ante (23) betont, dass kongenitale Mikromelie auf verschiedene
Ursachen zurückgeführt werden kann, als solche nennt er Rachitis, Ächondro-
plasie und periostale Dysplasie (Osteogenesis imperfecta). Die Differential-
diagnose dieser Erkrankungen in anatomischer und klinischer Hinsicht wird
kurz besprochen.
Looser (30) berichtet über einen Fall von idiopathischer Osteopsa-
tfajrose. Die dem Patienten amputierten beiden Unterschenkel lieferten das
Material zu einer genauen histologischen Untersuchung. Auf Grund der-
selben stellt Verf. fest, dass, wie schon früher von einigen Autoren vermutet
(Schnchardts periostale Dysplasie), idiopathische Osteopsathyrose und
Osteogenesis imperfecta, congenita et tarda, anatomisch identisch sind.
280 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
Nathan (32) gelangt auf Gmnd zweier klinisch beobachteter Fälle Yon
Osteogenesis imperfecta (Alter l^/a und 17 Jahre) zu der Auffassung, dass
diese Erkrankung und idiopathische Fragilitas ossium nur zwei Namen für
denselben pathologischen Prozess bedeuten.
Hohlfelds Fall (27) von Osteogenesis imperfecta betrifft ein neuge-
borenes Kind mit weichem, abgeflachten Hinterhaupt und multiplen Frakturen
der Extremitäten, darunter eine frische Humerusfraktur (intra partum ent-
standen) und multiple ältere intrauterine an Femur, Humerus und Tibia mit
deutlich erkennbarem Kallus. Die Differentialdiagnose (Rachitis, Ghondro-
dystrophie) wird besprochen.
Broca und Herbinet (21) berichten über vier Fälle von idiopathi-
scher Osteopsathyrose. Zwei Fälle betrafen Schwestern, bei denen eine ab-
norme Knochenbrüchigkeit erst im Alter von 8 resp. 11 Jahren bemerkt
wurde.
III. Osteomyelitis, Ostitis flbrosa.
Aus der grösseren Abhandlung Biers (35) über die Behandlung akut
eiteriger Prozesse sei hier nur die therapeutische Beeinflussung der akuten
Osteomyelitis durch Stauungshyperämie erwähnt. Bier hat eine Anzahl der-
artiger Fälle und zwar nicht nur leichte im ersten Stadium, sondern auch
schwere mit grossen Abszessen, Gelenkvereiterungen und Epiphysenlösung mit
Stauung behandelt. Die Abszesse wurden vorher punktiert oder der Eiter
durch kleine Inzisionen entleert, einigemal wurden auch diese Inzisionswunden
nach der Eiterentleerung wieder zugenäht. Drainage oder Tamponade wurde
nicht angewandt. Die Erfolge waren gut. Von neun Fällen akuter eiteriger
Osteomyelitis heilten vier ohne Nekrose, zwei mit geringer Nekrose, in zweien
trat ausgedehnte Nekrose ein. Das Fieber fiel häufig steil ab, ohne wieder-
zukehren. In ganz schweren septischen Fällen soll man die Stauungsbehand-
lung am besten gar nicht versuchen.
Mohr (41) gibt eine Übersicht über Ätiologie, Eingangspforten der In-
fektion, Häufigkeit und Komplikationen der akuten Osteomyelitis im Säug-
lingsalter. Die zwei mitgeteilten Fälle betreffen akute Osteomyelitis der
Hüftgelenksgegend bei Säuglingen. Heilung mit guter Funktion des Gelenks
im ersten Fall, im zweiten Eiterung und Epiphysenlösung, nach zwei Jahren
post operat. 2 cm Verkürzung.
In den beiden von Most (42) mitgeteilten Fällen von akuter Osteo-
myelitis trat die Erkrankung gleichzeitig an symmetrischen Knochenpartien
der Extremitäten auf. In beiden Fällen handelte es sich um die Tibien bei
12- und 15 jährigen Individuen.
Deutschländer (37) demonstrierte einen Fall von Ostitis albuminosa
des Badius. Ein 45jähriger Luetiker hatte eine komplizierte Fraktur des
Ellenbogengelenks erlitten. Neun Monate nach dem Unfälle traten Entzündungs-
erscheinungen im Ellenbogengelenk auf. Eine Fistel sezemierte klare Flüssig-
keit. Bei der Operation fand sich seröses Exsudat zwischen Periost und
Knochen, nirgends Eiter, Nekrose des oberen Badiusendes.
Nov^-Josserand (44) berichtet über einen Fall von akuter Osteo-
myelitis des Os ilei. Bei der Operation wurde die ganze sequestrierte Hüft-
pfanne entfernt, der Fermurkopf reseziert. Glatte Heilung mit knöcherner
Regeneration. 3 cm Verkürzung der Extremität.
Haeter, Die Erkrankungen der Knochen. 281
Vignard und Mouriquand (45) besprechen in ausführlicher Weise
die Osteomyelitis des Unterkiefers und zwar mit besonderer Berücksichtigung
der beim Kinde beobachteten Formen«
Labeyrie (39) hat in der Literatur 55 Fälle von akuter Osteo-
myelitis der Wirbelsäule gefunden, von diesen betrafen nur 11 £r-
vacbsene. Bei diesen war 10 mal der Lumbal teil der Wirbelsäule der Sitz
der Affektion. In 10 Fällen trat der Tod ein. Die Symptomatologie und
Diagnose dieses Leidens werden besprochen. Eine zweite subakute Form der
eiterigen Spondylitis ist nach Verf. am wenigsten gekannt, doch häufiger vor-
kommend, als die erst genannte. Nur zwei Beobachtungen, darunter eine
neue des Verf., werden mitgeteilt. Als eine dritte Form führt Verf. die
&knte oder subakute nicht eiterige Spondylitis an, als deren Typus er die
Spondylitis typhosa bezeichnet, deren klinische Erscheinungen mitgeteilt werden.
Ausser Typhus kommen für diese Form andere Infektionen der Wirbelsäule
weniger in Betracht. Verf. führt nur drei gut beobachtete Fälle nichteiteriger
SpondyUtis an, in diesen waren Pneumonie, Empyem, akute Osteomyelitis der
Spondylitis vorausgegangen. In einem vierten Kapitel bespricht Verf. aus-
führlich die chronische ankylosierende Spondylitis und zwar ihre pathologische
Anatomie, Ätiologie, Symptomatologie und Diagnose. Die Literatur, auch die
deatsche, ist zum Schluss angeführt.
Der von Lissauer (40) beschriebene, in mannigfacher Hinsicht inter-
essante Fall von Ostitis fibrosa war durch starke Knochenverdickungen und
Verbiegungen besonders an den unteren Extremitäten, femer durch anfalls-
weise auftretende heftige ruckartige Schmerzen in den Beinen charakterisiert.
Die Kopf- und Beckenknochen waren frei, es bestand Albuminurie, Lues lag
nicht vor. Die mikroskopische Untersuchung der befallenen Knochen ergab das
typische Bild der Ostitis fibrosa, als Nebenbefund ein Riesenzellensarkom an
einem Finger, doch keine Metastasen desselben in den anderen Knochen.
V. Brunn (36) teilt einen Fall von Ostitis fibrosa beider Oberschenkel
mit. Der Fall betraf ein 10 jähriges Mädchen, das vor einigen Jahren multiple
Frakturen beider Oberschenkel erlitten hatte. Jetzt hatte sich eine so hoch-
gradige Verbiegung im Sinne der Coxa vara herausgebildet, dass die Beine
vollständig überkreuzt waren. Abduktion der Extremitäten unmöglich. Es
vnrde eine einseitige Keilosteotomie unterhalb des Trochanters vorgenommen.
Die mikroskopische Untersuchung des erhaltenen Knochenmaterials ergab
Ostitis fibrosa.
lY. Tuberkulose, Lues, Typhus, Lepra«
Cumston (48) gibt eine ausführliche Darstellung der Pathologie und
Therapie der Knochentuberkulose mit besonderer Berücksichtigung der par-
artikulären Herde und ihrer frühzeitigen Behandlung.
Gangolphe (50) empfiehlt bei tuberkulösen Knochenabszessen an Stelle
der Spaltung die Entleerung des Eiters durch Punktion, dieser lässt er In-
jektion von einfachem Serum folgen. Die Punktion muss gegebenenfalls
wiederholt werden, sie genüge in den meisten Fällen, um Heilung zu erzielen.
Inder Diskussion bezweifelt Lannelongue, dass man in allen Fällen mit
der Punktion allein auskomme.
Die Schwierigkeit, tuberkulöse Knochen- und Knorpelherde der Rippen
ond des Stemums nach Resektion zur Heilung zu bringen, ist nach Matinian
(52) dadurch b^pründet, dass bei der Operation leicht eine tuberkulöse In-
282 Jahresbericht für Chirargie. L Teil.
fektion der Wnnde entsteht und die nach der Resektion des Periosts resp.
Perichondriums beraubten Knochen- nnd Enorpelenden als Fremdkörper
wirken und dadurch leicht Fisteln zurückbleiben. Zur Vermeidang dieser
Misstände empfiehlt Verf. das von Roux geübte Verfahren. Dieses besteht
in einer zweizeitigen Operation. Zuerst wird der Erkrankungsherd, der un-
berührt bleibt, durch je eine Rippensektion isoliert. Erst wenn die dadurch
gesetzten Wunden vollständig vernarbt sind, wird in einer zweiten Sitzung
das erkrankte Rippenstück samt Weichteiltuberkulose exzidiert. Es werden
vier Krankengeschichten mitgeteilt, bei denen die Roux sehe Methode erfolg-
reich angewandt wurde. In einem Fall wurde das ganze Stemum weggenommen,
Operation in drei Sitzungen, glatte Heilung.
Landow (51) berichtet über einen Fall von multipler gummöser Osteo-
myelitis (Tibia, Humeri, Metacarpus, Schädel) bei einer 16jährigen Patientin,
der diagnostische Schwierigkeiten darbot und erfolgreich operiert wurde. In
diagnostischer Hinsicht betont Verf. das eigentümliche schwefelgelbe Aus-
sehen des erkrankten Knochens.
Cristides (47) teilt eine Anzahl instruktiver Fälle von posttyphöser
Ostitis und Chondritis mit, Periostitis beider Schambeine ohne Eiterung bei
einem 17 jährigen Mädchen, femer Nekrose des ganzen Alveolarfortsatzes des
Oberkiefers, eiterige Osteochondritis einer Rippe, schwere nekrotisierende Pen-
chondritis der Kehlkopfknorpel und schliesslich Fälle von Spondylitis typhosa.
In einem mit Incontinentia urinae einhergehenden Falle ist Verf. geneigt,
eine toxische Meningo-Myelitis anzunehmen. In einem anderen handelte es
sich nach Verf. um eine Kombination von Spondylitis, wie fast inmier im
Lendenteil, mit Meningo-Myelitis.
Battle und Dudgeon (46) berichten über einen Fall von typhöser
Periostitis des Femur. Bei der Operation zeigte sich ein subperiostaJer Ab-
szess, der indiziert wurde. Das verdickte Periost war im ganzen Umfang
des Knochens abgelöst. Der Eiter enthielt Typhusbazillen in Reinkultur.
Glatte Heilung ohne Nekrose.
Deycke Pascha (49) macht Mitteilung über die bei Nervenlepra vor-
kommenden Knochenveränderungen. Ausgezeichnete Röntgenbilder illustrieren
die mitgeteilten Befunde. Die bei der tuberösen Form der Lepra vorkom-
menden leprösen Periostitiden sind selten, viel häufiger werden nicht spezi-
fische Knochenprozesse bei Nervenlepra beobachtet, welche rein destruktiver
Natur sind und, wenn nicht kompliziert, stets ohne entzündliche Erschei-
nungen verlaufen. Bei lepröser Spontanfraktur kommt es nie zu Kallusbildung.
Knöcherne Ankylosen bei leprösen Gelenkkontrakturen werden nicht beobachtet.
Als Ursache der schweren Knochenveränderungen kommt eine Verminderung
des Kalkgehaltes in Betracht, welche auf nervöse Einwirkung zurückzu-
führen ist.
V. Ostitis deformans, Osteoarthropathie.
Auf fr et (54) teilt einen Fall von Ostitis deformans mit; derselbe be-
trifft einen 45 jährigen Mann mit typischen Deformitäten der Tibien, der
Claviculae und des Schädels. Auf Grund der Anamnese kommt Verf. zu der
Annahme, hereditäre Lues als ätiologischen Faktor der Erkrankung anzu-
sehen.
Der von Das er (55) publizierte Fall von Ostitis deformans betrifft eine
50jährige Frau, die siebenmal schwanger gewesen war. Die Oberschenkel
Haeter, Die Erkrankungen der Knochen. 283
waren stark verdickt und verkrümmt, dergestalt, dass die Beine überkreuzt
sind, dabei sehr schmerzhaft. Die Röntgenbilder zeigen Yerdicknng und an-
regehnässigen Kalkgehalt der Kortikalis, die Markhöhlen waren gleichmässig
Yerengt
Perthes (58) stellte einen 43jährigen Kranken mit Ostitis deformans
Tor. Es bestanden Yerbiegangen nnd Verdickungen der Femora und der
TibieiL
Die Abhandlung Nr. 59 bespricht in Anlehnung an die These Vincents
die Pathologie der Paget sehen Knochenkrankheit, Symptomatologie, Diagnose
und Differentialdiagnose.
Die beiden von Hall (56) beschriebenen Fälle von Osteoarthropathie
betreffen Individuen 42 und 14 Jahre alt. Bei dem ersteren fanden sich
multiple Bronchiektasien. Die Mitteilung des zweiten Falles ist von Interesse
durch den schneüen Verlauf, die Entwickelung der typischen Symptome bald
nach der Exartikulation einer Hüfte wegen Femursarkom. Die Autopsie
ergab eine Sarkommetastase der rechten Lunge, die sich über alle drei Lappen
ausgedehnt hatte.
Krüger (57) stellte eine 52jährige Patientin mit Osteoarthropathie vor.
In ätiologischer Beziehung kommt vielleicht eine maligne Struma, resp. eine
Metastase derselben in der Lunge in Betracht. Die Röntgenbilder ergaben
periostale Auflagerungen an den Knochen der Hände und Füsse, femer Rare-
fikationsvorgange der inneren Knochenstruktur.
Tl. Osteomalacie.
McSweeny (62) demonstrierte das Skelett einer 40jährigen Frau mit
hochgradiger Osteoporose des ganzen Knochensystems, doch ohne Deformi-
täten imd ohne Frakturen. Der Fall war klinisch nicht beobachtet. Die
Osteoporose wurde als durch Osteomalacie bedingt angesehen.
Der Fall Popoffs (63) betrifft eine sextipare 40jährige Jüdin, bei
welcher während der letzten Schwangerschaft die Osteomalacie sich entwickelte
mit Inkorvation der Wirbelsäule, Deformität der Pubes, Schmerzen etc.
Stoi'anoff (Vama).
Berger (60) berichtet über einen Fall von schwerer Osteomalacie beim
Manne mit erheblichen knöchernen Deformitäten, der zuerst jeder Therapie
getrotzt hatte und der nachher spontan sich besserte. Die Seltenheit dieses
Vorkonunnisses bei schweren Fällen wird vom Verf. besonders hervorgehoben.
Bei einem 9jährigen Mädchen, das seit seiner Geburt aus geringfügigen
Anlassen zahlreiche Frakturen erlitten hatte und ausserdem Zeichen über-
standener Rachitis aufwies, traten in der Nähe der Frakturen Erweichungen
und Verlegungen auf. Diesen Prozess bezeichnete Vincent (6ö) als lokale
Osteomalacie.
Gay et (61) nimmt Bezug auf die von Vincent und anderen vorge-
tragenen Fälle, er hält die Erweichung und Verkrümmung der Knochen im
Gefolge von Frakturen für eine trophische Störung und rät, Elektrizität,
Manage, eventuell einen Gehapparat anzuwenden. Des tot hält weiterhin in
^er Diskussion den Namen ^lokalisierte Osteomalacie^ nicht für geeignet zur
Bezeichnung solcher Prozesse, die er ebenfalls für das Resultat trophischer
Störung hält. Er will indessen die Fälle von Vincent und einem anderen
Autor nicht mit der knöchernen Dystrophie traumatischen Ursprungs (akute
284 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Knochenatrophie ? Ref.) in Verbindung bringen, da bei diesen ersteren Ver-
dickungen der Knochen vorhanden sind.
Schlesinger (64) führt an der Hand von einschlägigen Fällen aus^
dass die Osteomalacie im Initialstadium diagnostische Schwierigkeiten bieten
kann. So kann die Syphilis einen der initialen Osteomalacie, bezüglich Knochen-
nnd Muskelerscheinungen sowie der Reflexe durchaus ähnlichen Symptomen-
komplex hervorrufen. Ebenso kann Hysterie Osteomalacie vortäuschen, so
lange Knochendeformitäten fehlen. Wenn osteomalacische Symptome Tor-
handen sind, jedoch Funktionsstörungen und Schmerzen rasch sich ändern
nnd durch Suggestion zu beeinflussen sind, wird man bei Anwesenheit an-
derer hysterischer Stigmata eine Pseudo-Osteomalacia hysterica annehmen.
VII. Bachitis und Barlowsche Krankheit;
C harr in und le Play (69) vertreten die Ansicht, dass Rachitis intra-
uterin vorkommt. Nach ihnen ist vielleicht Chondrodystrophie eine fötale
Manifestation der Rachitis.
Siegert (78) erörtert die Ätiologie der Rachitis. Es kommt nach Ab-
lehnung von Abnormitäten des Kalkstoffwechsels und der Infektionstheorie
als ätiologische Faktoren auf Grund neuerer Untersuchungen zu der Auf-
fassung, dass neben der künstlichen Ernährung und chronischen Störungen
der Respirations- und Verdauungsorgane als prädisponierende Momente haupt-
sächlich die Heredität in ätiologischer Hinsicht verantwortlich zu machen sei.
Nach Ebbel (71) kommt Rachitis in Madagaskar häufig vor, besonders
werden Störungen der Ossifikation der Schädelknochen und Rosenkranz oft
beobachtet, seltener Epiphysenanschwellungen und Verengerungen des Beckens.
Brandenberg (68) berichtet über eine Abhandlung Hagenbach-
Burckhardts: „Klinische Beobachtungen über die Muskulatur der Rachi-
tischen^, deren Inhalt er zustimmt. Aus der genannten Arbeit geht hervor,
dass gewisse sogenannte Deformitäten rachitischer Kinder besser als Stellongs-
nnd Haltungsanomalien bezeichnet werden, weil sie durch Schlaffheit und In-
suffizienz gewisser Muskelgruppen bedingt werden. Als Beispiele dieser
Myasthenie führt er den rachitischen Plattfuss an, ferner gewisse Fälle von
Skoliose und Kyphose bei rachitischen Kindern. Massage, aktive Bewegungen
und Elektrizität sind als therapeutische Massnahmen indiziert.
Rousseau-Saint-Philippe (75) empfiehlt zur Bekämpfung der, wie
er glaubt, auf Ernährungsstörungen und gastrointestinaler Intoxikation be-
ruhenden Rachitis eine rationelle Milchversorgung für die Säuglinge durch
Milchverteilungsanstalten, die zugleich die Ernährung der Kinder überwachen,
Ratschläge erteilen und zur Aufklären des Publikums, besonders der Mütter
beitragen sollen.
L e p s k i (74) berichtet über eine Reihe von Rachitisfällen bei Kindern,
die mit Phosphor behandelt wurden. Er schreibt die günstigen Erfolge der
Therapie weniger dem Phosphor, als den gleichzeitig angewendeten allgemeinen
hygienischen Massnahmen zu. Eine spezifische Wirkung auf den rachitischen
Prozess, resp. seine anatomische Grundlage hat der Phosphor nicht.
Schmor 1 (77) teilt die anatomischen und histologischen, bei der Unter-
suchung des Knochensystems von vier Fällen von Rachitis tarda erhobenen
Befunde mit. Die betreffenden Individuen standen im Alter von 21, 19, 18
nnd 9 Jahren.
Hneter, Die ErkraDkongen der Knochen. 285
Cnrschmann (70) bespricht unter Mitteilung eines einschlägigen Falle»
\fti einem 17 jährigen Mädchen die Dififerentialdiagnose dieses Falles und die
jTmptomatologie der Spätrachitis. Ein zweiter Fall eines 18 jährigen Patienten
4 von Interesse, weil er zeigt, dass die Rachitis tarda wegen der im Beginn
Ifs Leidens auftretenden Gehstörungen zu Verwechselung mit spinalen Er-
krankungen Veranlassung geben kann, Ein dritter mitgeteilter Fall beweist,
bä das Genu valgum adolescentium ein Frühsymptom und eine Teilerschei-
rnns der Rachitis tarda sein kann, wie dies seinerzeit von Mikulicz hervor-
lehoben worden ist. Verf. rät in allen Fällen von Genu valgum und varum
adolescentium, besonders im Initialstadium, zu einer spezifischen internen 6e-
iandlong der Rachitis.
H6bert (72) glaubt, dass sich häufig Symptome von Rachitis tarda im
Piefolge von Infektionskrankheiten einstellen. Er teilt einen Fall mit, in dem
er die rachitischen Symptome auf Myxödem zurückführt. Der Fall betrifft
ein 16jähriges Mädchen, das früher nie rachitisch gewesen war. Es hatte
deutliche Symptome von Myxödem und war in den letzten zwei Jahren nicht
mehr gewachsen. Die Schilddrüse war vergrössert, ihre Konsistenz vermehrt.
Es bestand doppelseitiges Genu varum und Skoliose der Wirbelsäule. Die
subjektiven Klagen waren allgemeine Müdigkeit und Schmerzen in den Knien
und Knöcheln. Besserung nach Behandlung mit Schilddrüsenpräparaten.
Die Experimente Bartensteins (67) betreffen die künstliche Erzeugung
teBarlow sehen Krankheit bei Tieren. Er unterzog die Untersuchungen
Bolles, der glaubte, einen künstlichen Morbus B. erzeugt zu haben, einer
^äctipmfang. Das Resultat seiner Untersuchungen war, dass es ihm nicht
gelang, die Barlowsche Krankheit bei Tieren zu erzeugen und damit die
Bolle sehen Experimente zu bestätigen. Durch Milchfütterung (rohe und
sterilisierte) mit etwas Heu und Kleie als Zusatz erhielt er bei jungen Tieren
fine Erkrankung des Knochensystems , die durch eine fibröse Degeneration
des Knochemnarkes mit sekundärer Atrophie der Knochen charakterisiert war.
k den hochgradig osteoporotischen Knochen traten schliesslich Spontanfrak-
türen auf.
Weill-Hall6 (79)^ Ausführliche klinische Studie der Barlowschen
Krankheit, die Symptomatologie, Diagnose, pathologische Anatomie, Ätiologie
^d Therapie umfasst.
Schlesinger (76) teilt einen Fall von Barlow scher Krankheit bei
tinem achtmonatlichen Knaben mit, der mit Cratoschem Kindermehl genährt
w. Als erstes charakteristisches Symptom der Erkrankung trat ein orbitales
Hämatom mit Protrusion des Bulbus auf. Im weiteren Verlauf wurde auch
«las andere Auge ebenso affiziert und es folgten als eine seltene Lokalisation
vukperiostale Blutergüsse an beiden oberen Femurepiphysen. Nach Änderung
der Diät (Milchnahrung) rasche Heilung.
Nach Aus s et (66) kommen bei der Behandlung der Barlowschen
Krankheit folgende Massnahmen in Betracht, gute hygienische Verhältnisse,
Reinlichkeit, Bäder, Ammenmilch oder einwandfreie frisch sterilisierte Kuh-
niilch, KartoflFeln, Fleischsaft, Saft frischer Früchte, auf das blutende Zahn--
feh Applikation von Zitronensaft oder Sauerstoffwasser.
Till. Akromegalie.
Schönborn (P6) gibt die klinische Geschichte und anatomischen Be-
W eines Falles von Akromegalie (Lymphangioendothelioma der Hypophysis)..
286 Jahresbericbt für Chirurgie. I. Teil.
Bleibtreu (80) fand bei der Obduktion eines Falles von Akromegalie
und Riesenwuchs die Hypophysis in eine stark pigmentierte bindegewebige
Masse verwandelt, in der mikroskopisch nur Reste von Drüsengewebe nach-
weisbar waren. Diese Veränderung der Hypophysis wurde auf eine Zerstörung
durch Blutung bezogen. Verf. erwägt die Frage, ob die Akromegalie, wie in
seinem Falle, überhaupt auf einem Ausfall der Hypophysisfunktion beruhe,
anstatt auf einer pathologischen Funktionssteigerung, wofür fiühere Befunde
bei Akromegalie zu sprechen scheinen.
Perrys (85) Fall von Akromegalie betrifft einen 20 jährigen Kreolen,
der sich in früher Jugend durch Fall von einem Baum eine Depressionsfraktur
des Stirnbeines zugezogen hatte. Im Alter von sechs Jahren fingen seine Finger
und Zehen an, sich zu verdicken. Andere Abnormitäten und Symptome von
Akromegalie waren nicht vorhanden. Verf. erwägt die Frage, ob nicht die
vorhandenen Veränderungen auf die früher erlittene Fraktur und dadurch
bedingte Schädigung der Hypophysis zurückzuführen sei.
Moyer (83) demonstrierte eine 23jährige Frau mit beginnender Akro-
megalie. Es bestand bitemporale Hemianopsie, Kopfweh, Vergrösserung des
Gesichtes und der Finger. Ein von anderer Seite in der Diskussion betontes,
für Akromegalie charakteristisches Symptom, abnorme Zwischenräume zwischen
den Zähnen des Unterkiefers, war in Moyers Fall nicht vorhanden.
Gange (81) berichtet über einen Fall von Akromegalie bei einem 25-
jährigen Mann, bei welchem man durch seine Erblindung zur Diagnose der
bis dahin unbemerkt gebliebene Akromegalie gelangte.
Nach Curschmann (82) kommen bei Akromegalie ausser den hjper-
plastischen Sjiochenveränderungen auch regressive in Betracht, die sich radio-
graphisch durch Rarefikation der Knochensubstanz bemerkbar machen. Für
diese Prozesse sind lange Dauer der Erkrankung, Stillstand der hypertrophi-
schen Vorgänge und allgemeine Kachexie von Bedeutung. In einem Falle,
wo letztere fehlte, waren auch atrophische Prozesse an den Knochen nicht
nachweisbar.
Pel (84) berichtet über zwei von luetischem Vater stammende Geschwister,
von denen das 22jährige Mädchen Zwergwuchs, Myxödem und Infantilismus
zeigte. Die Schilddrüse war nicht zu palpieren, Verf. nimmt einen kongeni-
talen Bildungsdefekt der Glandula thyreoidea an. Der Bruder litt an Akro-
megalie und wies ebenfalls Symptome von Infantilismus auf. Bei beiden
Geschwistern waren nachweisbare Anzeichen von Lues nicht vorhanden.
Vi dal und Boidin (88) demonstrierten einen jungen Mann von 23
Jahren, der eine Kombination von Akromegalie und Riesenwuchs darbot. Die
akromegalischen Symptome waren im wesentlichen auf die Knochen des Kopfes
beschränkt. Die Radiographie wies eine nur geringfügige Ausweitung der
Sella turcica nach, die Epiphysen waren verknöchert. An den inneren Organen
keine Symptome von Infantilismus, keine psychischen Abnormitäten, auffällige
Pulsverlangsamung.
IX. Knocbenplombierung, osteoplastische Operationen.
V, Mosetig und Jones (95) berichten über die Technik und Anwen-
dung der Jodoformplombe des erst genannten Autors und zwar bei Verschluss
von Knochenhöhlen als auch bei Gelenkaffektionen, im wesentlichen eine eng-
lische Bearbeitung der im vorigen Jahrgang referierten Abhandlung v. Mosetigs
über diesen Gegenstand.
Hueter, Die Erkrankangen der Knochen. 287
Mayrhofer (93) hat die Mos et ig sehe Jodoformknochenplombe auch
2ar Aosfullang von Knochendefekten, die nach Zahnwnrzeloperationen zurück-
blieben, verwendet. Es hat die Zusammensetzung der Plombe dahin modi-
fiziert, dass er an Stelle des 50 ^/o Jodoformgehaltes nur 20 Vo Jodoform der
)Ia^e zusetzt. Diese ist dann im flüssigen Zustande klar und durchsichtig.
Er empfiehlt dieselbe wegen des fester haftenden und leichter zu verarbeiten-
den durchsichtigen Materiales auch zur Ausfüllung nicht tuberkulöser Knochen-
hohlen.
Eisberg (91) berichtet über die Resultate seiner Operationen, bei denen
er ZOT Ausfullunig knöcherner Hohlräume die Mosetigsche Jodoformplombe
anwendete. Er empfiehlt vor Applikation der Plombe die Esmarchsche
Binde zu lösen. Oft dauerte es lange, bis die eingegossene flüssige Masse
hart wurde. Deshalb presste er die in Kittkonsistenz erstarrte Masse mit
den Händen in die Höhle ein. Heisse Luft zur Austrocknung der Höhlen
wurde nicht angewendet. Seine Resultate waren nicht besonders gut. In
einigen Fällen wurde die Plombe wieder ausgestossen , doch trat danach
öfters bald Heilung ein. In einem Falle zeigten sich Symptome von Jodo-
formintoxikation. Trotz seiner Misserfolge betrachtet er die Methode als
einen Fortschritt und hofft bei besserer Aneignung der Technik bessere
Kesnitate zu erzielen.
Caminti und Catalano (89) geben eine Übersicht über die ge-
bräuchlichen Methoden für den Ersatz von Knochendefekten, insbesondere
aber die Methode der Knochenplombierung und berichten dann über ihre
Eiperimente an Hunden, an welchen sie künstlich angelegte Knochendefekte
mit der Mosetigschen Jodoformplombe erfolgreich plombierten. Drei weitere
mitgeteilte klinische Fälle illustrieren die Anwendung dieser Methode zur Plombie-
rong Ton osteomyelitischen und tuberkulösen Knochenhöhlen. Die Verf. betrachten
diese Methode als einen wahren Fortschritt der chirurgischen Therapie, sie
kann vielleicht wegen der zuerst von ihnen geübten Anwendung der Plomben-
masse zur Ausfüllung von Weichteilhöhlenwunden geeignet sein, in gewissen
FäDen die Injektionen von Jodoformglyzerin zu ersetzen.
Um grosse Knochenhöhlen in den langen Knochen besonders im Femur
zur definitiven Heilung zu bringen, hat Ekehorn (90) in einigen Fällen mit
gntem Resultat die Wände der Knocbenhöhle durch Hauttransplantionen nach
Thiersch gedeckt. v. Bonsdorff.
Huntington (92) ersetzte den Schaft derTibia, welche durch Osteo-
myelitis verloren gegangen war, durch ein Segment der Fibula. Nachdem das
obere Ende der Fibula in den oberen Rest der Tibia eingelassen und die
Wnnde verheilt war, liess er den Kranken mit Schienen umhergehen. Hier-
durch entstand eine Veränderung im Fussgelenk, welche das funktionelle Re-
sultat, nachdem in zweiter Sitzung die unteren Enden beider Knochen ver-
einigt waren, sehr beeinträchtigte. Es ist demnach zweckmässig, bei der-
artigen zweizeitigen Operationen die Kranken in der Zwischenzeit nicht gehen
za lassen. M a a s s (New-York).
Mnrphy (96) berichtet über eine Anzahl von Ankylosenoperationen an
Knie-, Hüft- und Ellenbogengelenken, bestehend in Lösung der Adhäsionen
nüt Meissel und Messer, Exstirpation der Kapsel und Einlagerung eines die
ganze Gelenkfläche deckenden Faszienlappens. Das Kniegelenk wurde durch
seitliche Längsschnitte oder Querschnitte* mit Durchsägung der Patella eröffnet
und die Faszienfettlappen lateral oder medial und lateral vom Yastus genommen.
288 Jahresbericht ftSr Chirurgie. I. Teil.
Beim Hüftgelenk wurde znnächst ein U-förmiger Hantfaszienlappen, dessen
Mitte ungefähr der Spitze des Trochanters entsprach, nach oben geschlagen,
wodurch das Gelenk genügend frei wurde, um die Verwachsungen zu lösen
und die Kapsel zu exstirpieren. Der Faszienlappen wurde von der Unterflache
des zuerst gebildeten Hautfaszienlappens gewonnen. Beim Ellenbogengelenk
wurde zunächst nach Längsschnitt über dem Oberarm Haut^ und Unterhaut-
fettgewebe nach beiden Seiten zurückpräpariert und dann ein etwa 4Vs Zoll
langer und 2Vs Zoll breiter Faszienlappen mit Basis nach unten gebildet.
Die £rö£hung des Gelenks erfolgte durch Absägen des Olekranon mit Ketten-
säge. Mehr oder minder Beweglichkeit wurde in allen aseptisch verlaufenden
Fällen erzielt. Die Resultate haben sich gebessert, seitdem vollständige
Kapselresektion gemacht wurde und die Knochenenden in ganzer Ausdehnung
der Gelenkflächen Faszienzwischenlagerung erhielten. Wenn Faszie nicht vor-
handen, kann Muskel- oder Fettgewebe genommen werden. Die Nachbehand-
lung besteht zunächst in Extension und passiver Bewegung, sobald der Zu-
stand der Wunde es gestattet. Maass (New -York).
X. Zysten und Geschwüre.
Wilms (112) beschreibt einen Fall von Knochenzyste des Radius bei
einem 21jährigen Mädchen, das diesen Knochen bereits zweimal gebrochen
hatte. Die Zyste erstreckte sich von der Epiphysenlinie 8 cm weit in den
Schaft hinein, sie zeigte sich bei der Operation mit blutiger Flüssigkeit ge-
füllt. Von der Wand konnte man eine dünne, sehr gefassreiche Bindegewebs-
membran ablösen. Zusammendrücken der Zystenwand, glatte Heilung. Für
die Pathogenese der Zyste kommt wahrscheinlich das angiomartige Binde-
gewebe der Zystenwand in Betracht.
Glimm (99) berichtet über einen Fall von solitärer Knochenzyste des
Femur bei einem 12jährigen Knaben. Ein Trauma hatte zur Infraktion der
dünnen Knochenschale Veranlassung gegeben. Aufmeisselung, Exkochleation,
Abtragung der Knochenschale, Heilung durch Granulationsbildung nach Tam-
ponade der Höhle. Mikroskopisch waren in der Zystenwand keine Geschwulst-
reste zu erkennen. Der vorliegende Fall und eine kritische Übersicht der
einschlägigen Literatur (36 Beobachtungen) veranlasst Verf. für die Entstehung
der solitären Zysten in den langen Röhrenknochen im jugendlichen Alter die
Einschmelzung solider Tumoren auszuschliessen und eine entzündliche Ursache
anzunehmen. Des weiteren berichtet Verf. über eine Beobachtung, bei welcher
sich ein zystenähnlicher nach Trauma durch Absprengung eines Kortikal-
stückes der Tibia entstandener Hohlraum fand. Die Pseudozyste, im Röntgen-
bild sichtbar, lag im Gebiet der Kortikalis, letztere und das Periost waren
stark verdickt.
Von den beiden von Hab er er (100) mitgeteilten Fallen von Knochen-
zyste ist der eine interessantere bereits im vorigen Jahrgang besprochen
worden. Hinzugefügt mag werden, dass die mikroskopische Untersuchung
eines exzidierten Stückchens Riesenzellensarkom ergab. Hab er er rechnet
deshalb seinen Fall dem von Mikulicz aufgestellten Krankheitsbild der
Osteodystrophia cystica nicht zu. Die Tatsache, dass aus multipel auftretenden
Riesenzellensarkomen des Skeletts Zysten entstehen können, die einen relativ
gutartigen Verlauf nehmen, muss in Zukunft bei allen Fällen von Knochen-
zysten erwogen werden und das therapeutische Handelil beeinflussen.
Haeter, Die Erkrankungen der Knochen. 289
Mery und M^tayer (106) demonstrierten einen 12jährigen Knaben
jnit überaus zahlreichen Exostosen. Bemerkenswert ist für den Fall die
exquisite Heredität. Die Affektion soll in der Familie bereits in fünf bis
sechs Generationen vorgekommen sein. Die Verff. konnten bei dem Vater,
tirossrater und einem Onkel des Knaben noch Exostosen nachweisen. I
Die Exostosen sassen in den beiden von Marie, Levi und Beaulien '
r]04) mitgeteilten Fällen nicht nnr in der Nähe der Epiphysen, sondern auch
weit davon entfernt (epiphysäre und periostale Exostosen). Ihre Entwickelung
ging in dem einen Fall sehr schnell und war im ersten Lebensjahr vollendet,
im zweiten erfolgte sie langsam und war im 35. Lebensjahr noch nicht zum '
Stilistand gekommen.
Von den beiden von Kirmisson (102) mitgeteilten Fällen betrifft der
erst« ein 12jähriges Mädchen mit multiplen Exostosen und Wachstums-
stöTxmgen, das zugleich mit einer Skoliose behaftet war. Im zweiten Fall
handelte es sich um ein 9 jähriges Mädchen mit multiplen Exostosen, das
zugleich an ein Genu valgum und doppelseitigem Pes valgus litt. Wegen
dieser Befunde und der Anamnese der Fälle glaubt Kirmisson die Exostosen
im Sinne Volkmanns auf Rachitis zurückführen zu sollen.
In einer grösseren Arbeit unter eingehender Würdigung der einschlägigen
Literatur, besonders auch der deutschen, und Mitteilung eigener Fälle bespricht
Lenormant (103) die Wachstumsstörungen bei kartilaginären Exostosen
Tmd Enchondromen der Knochen. Was die ersteren anlangt, so besteht, wie
Verf. bemerkt, keine konstante Beziehung zwischen der Grösse der Verkürzung
und der Anzahl der Exostosen an dem befallenen Knochen. Bei ausgedehnten
Wachstumsstörungen bleibt das Wachstum des ganzen Körpers zurück, es
besteht Disproportion zwischen den verkürzten Extremitäten und dem Rumpf,
femer Asymmetrie in der Länge der entsprechenden Glieder. Ulna und Fibula
sind mit Vorliebe beteiligt, Exostosen an ihnen können Verkrümmungen und
Gelenkaffektionen nach sich ziehen. Unter den Chondromen machen besonders
diejenigen der Finger und Zehen Verkürzungen, die sich auch bei den anderen
Knochen der Extremität bemerkbar machen können. Auch hier ist die Ulna.
vorwiegend beteiligt. Exostosen wie Chondrome und Wachstumshemmungen
sind nicht direkt voneinander abhängig, sondern beide bedingt durch eine;
Abnormität der Osteogenese, die einerseits zu frühzeitiger Ossifikation oder
fonktioneller Insuffizienz des Epiphysenknorpels führt, andererseits zur Ab-
Sprengung von Knorpelteilen, die später verknöchern, oder aus denen Knorpel-
geschwülste hervorgehen.
Rebonl (108). Bericht über zwei Falle von periostalem Fibrolipom^
ausgegangen von der 9. und 10. Rippe, an der Ansatzstelle keine Ex-
ostosen. Bei der einen 30 jährigen Patientin war ein jedesmaliges Wachstum
vährend der Menstruation bemerkenswert, während welcher sich auch die
durch die Geschwulst verursachten Beschwerden verstärkten.
Bei den Lipomen der Knochen muss man unterscheiden zwischen den
in den Knochen eindringenden seltenen osteoperiostalen Lipomen und den ge-
Töhnlichai periostalen Lipomen. Schwartz und Chevrier (109) berichten
über innf Fälle der letzteren Art. Ihr Sitz war die Klavikula, Metakarpus,
Femor (zweimal), Domfortsatz der Wirbelsäule. Die Anheftung der Lipome
an ias Periost kann auch sekundär erfolgen. Bei den primären periostalen
Lipomen kann die Adhärenz der Tumoren an das Periost nur geringfügig oder
sehr fest sein. Die Lipome sind häufig, doch nicht immer, in der Mähe des
JilirMb«rieht für Chinirgi« 1905 19
290 JahroBbericht für Ghirargie. I. TeiL
Epiphyseoknorpels dem Periost angeheftet. In einem Fall befand sich eine
Exostose an der Adhäsionsstelle (Femun entstanden nach Trauma, Frau von
58 Jahren). In einem anderen fand sich eine Verbiegung des Femur und
ein Genu yalgum, das Lipom hatte einen intraartiknlären Fortsatz in das
Kniegelenk. Die Lipome wachsen bei Kindern oft recht schnell und können
mit Sarkomen verwechselt werden. Es werden auch bei diesen öfters Allge-
meinerscheinungen (Abmagerung) beobachtet.
In der Diskussion zu dem Vortrag von S ch war tz werden einige inter-
essante kasuistische Mitteilungen gemacht. Die periostalen Lipome wurden
zum Teil gestielt gefunden. In dem Falle Gruinards handelte es um ein
kongenitales Lipom, ausgehend vom Periost der Skapula, das drei Jahre nach
operativer Entfernung rezidivierte. Jedesmal vor der Operation war das
Allgemeinbefinden der Patientin schlecht (Abmagerung, Diarrhöe, Husten).
Nach der Operation des Lipoms schnelle Besserung. Ferner wird mehrfach
die Schwierigkeit der Diagnose hervorgehoben (Verwechselung mit Abszess
oder Sarkom).
Walther (111) berichtet über einen Fall von grossem Lipom am Ober-
schenkel bei einem 13jährigen Mädchen. Die Geschwulst war mit fibrösem
Stiel unterhalb des kleinen Trochanter dem Periost angeheftet. Vier ähn-
liche Fälle mit demselben Ausgangspunkt der Geschwulst, der der Epiphjsen-
linie des kleinen Trochanters entspricht, werden erwähnt.
Der Fall Sebileaus (110) stellt ein Analogon dar zu dem von Walther
publizierten. Sehr grosses Lipom am Oberschenkel, periostale Insertion des
Stiels unterhalb des kleinen Trochanter. Nach der vor drei Monaten vorge-
nommenen Operation war ein Rezidiv aufgetreten, das schnell gewachsen war.
Duroux und Corneloup (98). Eine Anschwellung des Kniegelenkes
bei einem 21jährigen jungen Mann, zuerst für einen tuberkulösen Hydrops
gehalten, erwies sich bedingt durch ein Myxom des unteren Femurendes, das
zystisch erweicht war und zu Blutungen in das Gelenk geführt hatte. Trotz
Amputation bald Rezidiv am Amputationsstumpf und Metastasen der Pleura
(Hämothorax). Der Tumor erwies sich mikroskopisch als reines Myxom ohne
sarkomatöse Bestandteile. Die Verff. betonen die Seltenheit des Myxoms der
Knochen und die in diesem Fall hervorgetretenen Malignität einer sonst all-
gemein für gutartig angesehenen Geschwulst.
Menne (105) konmit auf Grund von Untersuchung des zwei Fällen von
Myelom entstammenden Materiales zu der Auffassung, dass die Matrix der
Myelomzellen ursprünglich in einer indifferenten Bildungszelle des Knochen-
marks zu suchen sei. Aus dieser können Zellformen mit dem Charakter der
Plasmazellen, Erythroblasten und Myelozyten hervorgehen, wodurch sich die
verschiedenen Arten der Myelomzellen erklären. Selten kommt es zur Bil-
dung echter Myelozyten mit Ehr lieh sehen Granulis, in der Mehrzahl der
Fälle fehlt die Granulierung (Pseudomyelozyten).
Howard und Crile (101) haben aus der Literatur 19 Fälle von Endo-
theliom und Peritheliom der Knochen zusammengestellt, denen sie vier neue
Fälle anreihen. Dieselben betreffen ein Peritheliom des Humerus mit Meta-
stase der Nasenspitze, ein Peritheliom des Humerus mit multiplen Metastasen,
ein Lymphangioendotheliom der Wirbelsäule mit multiplen Metastasen und
schliesslich ein solches des Femur mit Metastasen der inguinalen Lymphdrüsen.
In den ersten beiden Fällen wsu" Spontanfraktur eingetreten, im ersten machte
sich Pulsation an der Frakturstelle bemerkbar, es wurde die Amputation vor-
Bftrtholdy, Erkrankungen der Gelenke. 291
leQommen. In allen Fällen letaler Ausgang. Die histologischen Befunde
Verden mitgeteilt. Eine ausführliche Besprechung . der 23 Fälle in patho-
{(^h-anatomischer und klinischer Hinsicht bildet den Schluss.
Blech er (97) hat in einem Fall von myelogenem grosszelligem Sarkom
des Homerüs 14 cm des oberen Humerusendes subperiostal reseziert und da-
sach Heilung mit relativ . gutem funktionellem Resultat erzielt. Der Periost-
zrlinder war mit Jodoformgaze tamponiert gewesen, was dem Verf. für die
Knochenregeneration von Wichtigkeit erscheint. Kein Rezidiv seit einem
halben Jahr«
Petren (107) hat vier Fälle von metastatischer Skelettkarzinose kli-
Bisch beobachtet und unter Verwertung derselben und der bezüglichen Lite-
ratur untersucht, ob eine frühzeitige Diagnose der Metastasen in der Wirbel-
säule und den Beckenknochen möglich ist, ehe objektiv wahrnehmbare Ver-
ändenmgen der Skelettteile oder schwere Erscheinungen (Difformitäten, Kom-
pression des Rückenmarks, Wurzelsymptome) eingetreten sind. Diese Er-
scheinungen werden sehr oft überhaupt vermisst, am häufigsten bei Metastasen
nach Prostatakrebs, aber auch nach Brustkrebs. Nach Verf. sind massgebend
für die Existenz solcher Metastasen im Skelettsystem Schmerzen , lange an-
daaemd, mit unbestimmter, wechselnder Lokalisation, oft auch anfallsweise
anftretend mit vollkommen freien Intervallen , häufig in Verbindung mit
Schwerfälligkeit der Bewegungen des Rumpfes, des Ganges, oder mit Unfähig-
keit zu gehen. Unter diesen Umständen wird die Diagnose der krebsigen
Metastasen der Wirbelsäule und des Beckens sehr wahrscheinlich, besonders
wenn für die genannten Symptome keine anderweitige Erklärung gefunden
werden kann.
XIII.
Erkrankungen der Gelenke.
Referent: K. Bartioldy, Wiesbaden.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
L Allgemeines.
1. Garschmann, Znr Methodik der Maskel- nnd Gelenkaensibilitätsbestimmung. Deutsche
med. Wochensobr. 1905. Nr, 31.
1 Bam, Die Behandlung von Gelenkerkrankungen mittelst Stanung. Wiener med. Presse
1905. Nr. 3.
3. Klapp, Mobüisiemng versteifter nnd Streckung kontrakturierter Gelenke durch Sang-
appante. Mfincb. med. Wochenschr. 1905. Nr. 17.
4. NorstrOm, Diseases of joints and their treatment by massage. New York medw
jounal 1904. Oct. Eef. in The medic. Ghron. 1905. Jan.
19*
292 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
5. Moser, Über Behandlung von Gelenksteifigkeiten mit Röntgenbestrablang:. 76. Ver-
samml. deutscher Naturl und Ärzte 1904.
6. *Wei8z, Yerhfitnng der Kontrakturen bei akaten Qelenkerkranknngen. Wiener med.
Wochenschr. 1905. Nr. 26.
7. * — Bewegung und Heilgymnastik in der Gelenktherapie. Wiener med. Presse 1905.
Nr. 18/19.
8. Lorenz, Kozitisbehandlung. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 21.
9. ^Rovsing, Behandlung von trockner traumatischer Arthritis mit Vaselininjektionen.
Uospitalstid. 1904. Nr. 52.
10. Drehmann, Deformitäten nach Gelenkentzündungen. Zeitschr. für orthop. Chir. 1905.
Bd. XIY. IV. Eongress der deutsch. Gesellsch. f. orthop. Chir. lY. 1905.
11. KOlIiker, Über Coxa valga. Münch. med. Wochenschr. 1905. 5. Sept.
12. *Borle, Contribution ä F^tude de Tembolie greisseuse aprte le redressement^ Ber.
m^. de la Suisse rem. 1905. Nr. 8/4.
13. L e w a n d 0 w s ky , Über subkutane und periartikuläre Yerkalkungen. Y i r c h o w s Arch.
Bd. 181. Heft 1.
14. Seggel, Experimentelle und histologische Beiträge zur Anatomie und Pathologie des
Gelenkknorpels. Deutsche Zeitschr. für Chir. 76. 1.
15. Fasoli, Sul comportamento delle cartilagini nelle ferite. Riforma medica 1905. Kr. 2.
16. Kennedy, Some cases of Joint excision. Med. Press 24. XU. 1905.
Gurschmann (1) gibt zur Bestimmimg der Mnskel- und Gelenksensi-
bilität eine eigene Methode an, die quantitative Messung erlaubt. Das Muskel-
kontraktionsgefiihl wird festgestellt bei möglichster Isolierung der Extremität
(Fränkel) durch Bestimmung der Minimalzuckung des Muskels und dann
der Empfindungsschwelle des Kontraktionsgefiihles desselben Muskels. Die
eventuelle Differenz zeigt den Grad der Herabsetzung der Kontraktionssensi-
bilität an; normal fallen beide Reaktionen zusammen. Zur Bestimmung des
Gelenkgefühles wird durch galvanomuskuläre Reizung die kleinste sichtbare
Bewegung des Gelenkes eruiert, dann die Gefühlsschwelle für die Gelenk-
bewegung. Normal fallen beide Momente zusammen. Bei Tabes, hemianästbe-
tischen Hemiplegien, Syringomyelie, Myelitiden zeigen sich Dififerenzen. Die
Methode ergibt sehr genaue und vor allem messbare Resultate.
Für die Behandlung mittelst Stauung sind nach Bum (2) geeignet die
gonorrhoische Gelenkveränderung, der akute Gichtanfall, der akute und sub-
akute Gelenkrheumatismus. Femer eignen sich Gelenkversteifungen und Ge-
lenktuberkulose. Arthritis deformans, chronischer Gelenkrheumatismus (mit
Ausnahme der hyperplastischen Form) und Hydropsie der Gelenke wurden
unter gleichzeitiger, sonst üblicher Behandlung günstig durch Stauung be-
einflusst.
Klapp (3) hat zur Mobilisierung versteifter Gelenke die Bi ersehen
Saugapparate derartig modifiziert, dass in eine Öffnung an der Seite des Saug-
kastens eine Gummikappe luftdicht eingesetzt ist. Beim Absaugen der Luft
aus dem Kasten stülpt sich diese Kappe ein und kann nun, wenn sie auf
ein gebeugtes Gelenk trifft , entweder beugend oder streckend auf dieses je
nach seiner Lage wirken.
Norströro(4) erläutert den Wert der Massage bei Gelenkerkrankungen.
Synovitis bedingt, wenn lange dauernd, einen Verlust der Elastizität der
Bänder und abnorme Beweglichkeit im Gelenk und Erguss. Massage bewährt
sich hier gut, indem sie organischen Veränderungen vorbeugt und Muskel-
atrophie verhindert. Bei akuter, traumatischer Arthritis ist Massage nur bei
eiteriger Arthritis kontraindiziert. Bei chronischer Arthritis ist selbstver-
ständlich die tuberkulöse und gonorrhoische Form Kontraindikation für Mas-
Bartholdjr, Erkrankaogen der Gelenke. 29^
sage, da hier Produkte zur Absorbtion gebracht würden, welche spezifische
Elemente enthalten. Bei rezidivierendem Hydrops ist Massage sehr gut. Auch
irüiritis deformans gibt gute Resultate bei Massage, ebenso Gelenkrheuma-
tismus im Stadium des Abklingens.
Moser (ö) hat bei vier Kranken mit Gelenkversteifungen verschiedenster
Ätiologie (Gicht, Tuberkulose, Lues) sehr günstige Resultate durch Röntgen-
strahlen erreicht. Nicht nur bei Eapselerkrankungen, sondern auch beiVer-
waclisungen der Gelenkenden können Röntgenstrahlen lockernd wirken, ob
direkt oder indirekt, bleibt fraglich. Bei einem Falle wurde bei alleiniger
Bestrahlung eines Kniegelenkes eine günstige Fernwirkung auf andere ver-
steifte Gelenke konstatiert. Moser nimmt an, dass entweder durch die Be-
strahlung gewisse, innerlich wirkende Sto£fe im Körper gebildet werden, oder
dass an der bestrahlten Stelle pathologische Produkte aufgesaugt und in den
Blutkreislauf gebracht wurden, die nun als Reiz wirken, um an anderen
Stellen den Aufsaugungsprozess auszulösen. In der Diskussion weist Heile
t Breslau) auf seine experimentellen Beobachtungen hin, die die Heilwirkung
der Kontgenstrahlen als Autolyse erklären.
Lorenz (8) betont seine guten Resultate der Behandlung der Coxitis
tüberculosa. Er verzichtet auf jede Extension, lässt die Kinder mit fixiertem
(jelenke auf der erkrankten Extremität auftretend laufen, abgesehen von
kuner Schonungszeit bei Schmerzen. Er will eine starre, eventuell knöcherne
Ankylose erreichen. In der Diskussion weist Mosetig auf die schweren
Me hin, welche mit Eiterung, Spontanluxation etc. einhergehen und ener-
gischen operativen Eingriff erfordern (Resektion).
Drehmann (10) weist auf Grund mehrerer Falle von Deformitäten
nach Gelenkentzündungen im frühesten Säuglingsalter darauf hin, dass solche
Tälle den Eindruck angeborener Deformitäten machen können. Zwei Fälle
zeigten Hüftgelenkluxationen, ein Fall Genu varum und Luxation im Schulter-
gelenk mit Verkürzung des Oberarms. Die Gelenkentzündungen sind gonor-
rhoisch.
Kölliker (11) beobachtete zwei Fälle von Coxa valga mit Neigungs-
vinkel 156® (2 Abbildungen). Der eine der Patienten, ein 76 Jahre alter
Herr, erhtt einen Bruch des Trochanters durch Fall, der bei fehlender Coxa
Taiga sowohl einen Schenkelhalsbruch bedingt hätte.
Lewandowsky (13) beschreibt knötchenförmige Verkalkungen sub-
btan und periartikulär an Hand und Vorderarm. Im mikroskopischen Bilde
iuiden sich Kalkablagerungen in teils unverändertem, teUs entzündlichem,
RiesenzeUen enthaltenden Bindegewebe. Lewandowsky nimmt eine Stoff-
^echselaDomalie an.
Seggel (14) (s. hier 1904) fand bei künstlich erzeugten Enorpeldefekten
m Femnr von Kaninchen, dass die Narbe sich im wesentlichen aus Binde-
gewebe Zusammensetzt. Knorpelneubildung mit Neubildung von Grundsubstanz
ist nur in geringem Grade vorhanden. Das Knochenmark und Kapsel oder
Ligamente' liefern reichlich Bindegewebe, falls sie im Wundgebiete liegen.
Ganz zentral und oberflächlich gelegene Defekte bleiben bestehen. Umwand-
lung bindegewebiger Narben in Knorpel erkennt Seggel nicht an. — In
tuberkulösen Gelenken ist das Bild des Knorpels ein äusserst wechselndes, je
nach der Schwere des Prozesses; in leichten Fällen Wucherung der Knorpel-
zellen, in schweren Fällen Absterben der Knorpelzellen, bei Pannusbildung
^rd der Knorpel durch Granulationszellen und Fibroblasten verbraucht.
2M ' Jahresbericht fQr Ghirnrgi«. I. Teil.
Fasoli (15) studiert den Emeuernngsprozess bei Knorpelwiinden.
In einer Reihe von Versuchen erzeugt er aseptische Wunden in dem
Inkrustationsknorpel der Schenkelkondylen des Kaninchens, ohne die Gelenk-
kapsel in ausgedehnter Weise zu öffnen. 24 operierte Kaninchen: am Leben
erhalten 7 bis 215 Tage. Bei den nur den Knorpel betreffenden Schnitt-
wunden findet er Nekrobioseerscheinungen längs der Wundränder: aktive
Proliferation der angrenzenden Knorpelzellen mit evidenten karyokinetischen
Figuren in den ersten Tagen nach dem Trauma und Produktion nener Grund-
substanz, die den Substanzverlust in oft übermässiger Weise aufEuUt. Die
allzu ausgedehnten Läsionen werden nicht vollständig wieder ersetzt, sondern
durch von den Seiten stammendes Bindegewebe bedeckt. Fällt der Schnitt
in die Nähe von Sehneninsertionen oder von Umbiegungen der Synovialis, so
wird der Substanzverlust durch junges von diesen herstammendes Bindegewebe
ersetzt. Wenn der Schnitt so weit ging, dass er den darunterliegenden
Knochen in Mitleidenschaft zog, so hat von dem blossgelegten Mark aus eine
aktive Proliferation der Markelemente statt, welche in die Läsionen fortgesetzt
hineinwuchem: manchmal bilden sie sogar einen Knorpelcallus.
In der zweiten Reihe studierte er das Verhalten der aseptischen Schnitt-
wunden des elastischen Ohrenknorpels. 22 beiderseitig operierte Kaninchen^
am Leben erhalten durch einen von 4 bis 190 Tage schwankendenden Zeit-
raum: Knorpelschnitt durch die ganze Dicke.
Er findet Nekrobioseerscheinungen längs der Wundränder: die an-
grenzenden Knorpelzellen verbleiben ganz und gar untätig. Von dem Pen-
chondrium und den nahe gelegenen Geweben aus hat aktive Bildung von
jungejh Bindegewebe statt, welches den Substanzverlust ausfüllt durch Er-
zeugung eines Kallus, in dem nach 30 Tagen die Knorpelmetamorphose be-
ginnt, welche von den dem vorher bestehenden Knorpel nächstgelegenen
Schichten aus einsetzt. Das elastische Gewebe entsteht direkt aus der nea-
gebildeten Grundsubstanz, unabhängig von den elastischen Fasern des Peri-
chondrium, der umliegenden Gewebe und des nahen normalen Knorpels. Die
sehr ausgedehnten Substanzverluste werden nur durch Bildung von schlaffem
Bindegewebe erneuert. R. Giani.
Kennedy (16) berichtet einige Fälle von Gelenkexzision. Im ersten
Falle einer Kniegelenkresektion wegen Tuberkulose benutzte er zur Fixierung
der Knochenenden den Tob in sehen Tasterzirkel, der nach Art einer Klammer
wirkt und die Enden absolut feststellt. Diese Fizierungsmethode soll sehr
gut und sicher sein. Es bedarf weiter keiner Schienen etc., es kann keine
Verbiegung und keine Verschiebung eintreten und die Schmerzen nach der
Operation sollen infolge der absoluten Ruhigstellung der Knochenenden sehr
gering sein. (Abbildung).
II. Erkrankungen der Gelenke bei akuten Infektionen.
1. Nattan-Larrier, Un cas d'arfchrite ä pneamocoqne chez an nonveau-n^ Arch. g^o«
de möd. 1905. Nr. 9.
2. Henbner, Der akute Gelenkrheumatismus im Eindesalter. Berliner klin. Woeben-
sehr. 1905. Nr. 88.
8. Hu tan, Artbrites aiguGs des nonveau»n^s. Revue fran^aise de möd. et de chir. 1905.
Nr. 23.
4. Rubner, Die intravenöse Salizylbebandlung. Deutsche med. Wocbensebr. 1905. Nr. 3.
5. Ifendel, Die intravenöse Salizylbebandlung und ihre diagnostiscbe Bedeutung. Münch.
med. Wocbensebr. 1905. Nr. 4.
Bartholdy, Ericranknngeii der Qelenke. 295
Xattan-Larrier (1) sah eine Arthritis pumlenta des Schültergelenkes
bedingt durch Pneumokokken bei einem Neugeborenen. Die Erkrankung trat
am siebenten Tage nach der Geburt in Erscheinung, ohne dass eine Er-
krankung der Mutter vorausgegangen war. Der Eiter der Gelenke enthielt
reichlich Pneumokokken. Als Eingangspforte wurde die Wunde einer Hasen-
schartenoperation, welche am vierten Lebenstage vorgenommen war, nachge-
TieseD. Es fanden sich in dieser Wunde, welche vereitert war, zahlreiche
Pneumokokken. An der rechten Schulter war insofern ein Trauma als be-
günstigend für die Entwickelung der Eiterung anzuerkennen, als das Kind
in L Schadellage Rücken links geboren wurde, wobei nicht selten gerade die
rechte Schulter im Geburtsmechanismus etwas geschädigt wird.
Heubner (2) hat zahlreiche Fälle von akutem Gelenkrheumatismus der
Kinder gesehen. Di4 Erkrankung ist für Kinder eine sehr gefährliche, da sie
ungleich häufiger als beim Erwachsenen eine schwere Herzkrankheit, die
obliterierende Perikarditis bedingt. In den letzten fünf Jahren hat Heubner
sieben Todesfalle an Rheumatismus gesehen. Alle sieben zeigten obliterierende
Perikarditis. Zwei noch in Behandlung befindliche Fälle geben schlechte
Prognose. Der Verlauf ist folgender. In der zweiten bis dritten Woche,
manchmal später,. Endokarditis, früher oder später tritt die Perikarditis ein.
Grosses Exsudat bildet sich, wird behandelt, ev. punktiert. Das Exsudat
pht znruck, aber das Kind erholt sich nicht. Pleuritis folgt. Die Kinder
siechen langsam hin, oft tritt plötzliche, nach Monaten schnell letal endende
Herzschwäche auf. Heubner erinnert an die Kardiolyse (Brauer) zur Ab-
wehr der schweren Folgen. (Ein operierter Fall noch in Beobachtung.)
Die akuten Gelenkentzündungen der Neugeborenen gehen nach Hu tan (3)
immer von einer Konjunktivitis seltener von einer -Vulvitis gonorrhoica aus.
Meist wird nur ein Gelenk und zwar zumeist das Kniegelenk, seltener das
Handgelenk befaUen. Bei polyartikulärem Auftreten werden grössere Gelenke,
»ach wieder Knie- und Handgelenk befallen. Komplikationen seitens des
Herzeiis, der Nieren usw. sind bei Neugeborenen nicht bekannt. Die Morta^
litat beträgt 20®/o, die Heilungsdauer 1— -4 Wochen.
Rubner (4) hat die von Mendel (Therapeutische Monatshefte. April
1904) empfohlene intravenöse Salizylinjektion gegen akuten Gelenkrheumatis-
mus [(Natr. salicyl. 17,5, Coffein 2,5, Aqua dest. ad 100,0 = Attritin) (2 ccm
intravenös)] mit gutem Erfolge angewandt.
Mendel (5) gibt die spezielle Technik seiner Salizylinjektion (Attritin).
Im Änschluss daran weist er auf die Wichtigkeit dieser Injektionen als
Merentialdiagnostisches Mittel zwischen rheumatischen und anderen Er<^
krankimgen (Tuberkulose, Tumoren) hin, welche letztere im Beginn bisweilen
fheumatische Beschwerden geben. Das sofortige Nachlassen der Beschwerden
beweist den rheumatischen Charakter, zumal wenn ev. vorhandene Schwellung
zurückgeht. Bei ca. 2000 Injektionen hat Mendel nie Schaden gesehen.
III. Chronische Erkrankungen der Gelenke.
(Toberkolose, chrou. Gelenkrheamatismus, Arthritis deform ans, Gonorrhöe, Gicht.)
1. Bier, Behandlung der Gelenktaberkolose. Gongr^s de la boc\M internationale de
Cfainn^e. Brflasel 1905.
2« Broca, Traitement de la tubercolose articolaire. (1. c).
3. Willems, Traitement de la tuberculose articolaire. (1. c).
^ Godivilla, Traitement de la tuberculose articulaire. (1. c).
296 Jahresbericht für Chirargie. I. Teil.
5. Bradford, Traifcement de la tabercolose ariicalaire. (I. c).
6. Diacoasion ad 1 — 5.
7. Qarrä, Über die Indikationen zar konaervativen und operativen Behandlang; der Gelenk-
tnberkiüose. Dentache med. Wochenachr. 1905. Nr. 47/48 (aiehe unter 6).
8. Loreuzoni, Contribnto clinico aUa cara conaerrativa nella inbercnloai delle artico-
lazionL Riviata Yeneta di Scienze Mediche 1905. Faac X.
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Barth oldy, Erkrankungen der Gklenke. 297
Die Frage der Behandlung der Gelenktnberkolose wurde auf dem I. Kon-
gress der internationalen chirurgischen Gesellschaft in Brüssel ausfuhrlich
erörtert. Bier (1) verlangt vor allem bei der Behandlung mit Stauungs-
hyperamie die richtige technische Anlage der Binde. Der Puls soll fühl-
bar bleiben, das Glied warm bleiben. Dauer der Stauung eine bis höchstens
drei Stunden. Bei längerem Liegen der Binde entstehen leicht grosse, kalte
Abszesse. Es soll femer ein chronisches Ödem des erkrankten Gliedes ver-
mieden werden. (Bei eventuellem Eintritt desselben Hochlagerung.) Bei
offenen Tuberkulosen muss der Verband abgenommen oder gelockert werden.
Kalte Abszesse sind mit kleinem Schnitt zu spalten und eventuell mit Saug-
apparaten zu entleeren. (Keine Auskratzung.) Beginnende Amyloiddegeneration
nnd schwere Lungenphthisen sind Kontraindikationen. (Amputation.) Die
konservative Behandlung soll nicht aufgegeben werden, wenn Verschlimmerung
eintritt. Die kalten Abszesse bei Stauuugshyperämie sind immer wieder zu
spalten. Jodoformbehandlung in Verbindung mit Stauungshyperämie hat Bier
aufgegeben, weil die Erfolge keine guten waren. Bei grossen, die ganze Ge-
lenkhöhle füllenden, kalten Abszessen ist Stauungshyperamie nicht angezeigt.
Bier verzichtet bei Stauungshyperämie auf Ruhigstellung. Bei Kniegelenks-
nnd Fnssgelenktuberkulose erhalten die Patienten abnehmbaren, festen Ver-
band, der nur bei Belastung der Gelenke (Gehen, Stehen) getragen wird. Aus
der gegebenen Statistik sehr günstiger Resultate hebt Bier selbst hervor,
(kss gerade beim Knie aus unbekannten Gründen die Resultate nicht so
günstig sind. Beim Handgelenk 88 7o Heilung, beim Ellenbogengelenk 72,7 Vo,
beim Fussgelenk 61,8% Heilung.
Broca (2) erkennt das Vorkommen eines Hydrops tuberculosus an,
^ber nicht in der häufigen Form wie Poncet ihn sehen will. Broca emp-
fiehlt Punktion, Jodoformglyzerininjektion, Ruhigstellung. Osteoarthritis tuber-
calosa erfordert Ruhigstellung im Verein mit Kompression. Die nach Re-
dressement auftretenden miliaren Erkrankungen sind zufallige Ereignisse, da
^ieningitis auch bei grossen Serien nur mit Extension behandelter Patienten
häufig sein können. Broca bespricht dann von bekannten Gesichtspunkten
äos die Resektion und die Arthrektomie, ferner die Mittel zur Injektion nach
Punktion.
Willems (3) gibt eine Übersicht über die Erfolge und Indikationen
der operativen Behandlung der Gelenktuberkulose. Die Indikationsstellung
lum operativen Eingreifen hat zu berücksichtigen: 1. den lokalen Zustand,
2. den Allgemeinzustand, 3. die Lokalisation. Nichteiterige Tuberkulosen der
Kinder können konservativ behandelt werden, ausgedehnte Erkrankungen ohne
Neigong zur Heilung soUen operiert werden. Fisteln erfordern nicht unbe-
dingt operativen Eingriff; sie sollen zunächst konservative Behandlung er-
fahren. Exstirpation der Fisteln allein ist zwecklos. Sequester erfordern
operativen Eingriff. Schwerere allgemeine Erkrankungen wie Intestinaltuber-
kalose oder Amyloiddegeneration der Nieren etc. erfordern Amputation. Die
Kaiegelenkstuberkulose der Kinder erfordert konservative Behandlung. Wird
doch operative Behandlung nötig, so ist die Amputation der Resektion vor-
zuziehen, da die Resektion bei Kindern Verkürzung und Kontrakturen zur
Folge hat. Beim Erwachsenen gibt die Resektion die besten Resultate. Für
das Ellenbogengelenk ist frühzeitige Resektion zu empfehlen, ebenso für die
Schalter, wegen der Häufigkeit der Sequesterbildung und der frühzeitigen
Atrophie^des Deltoides. Das Handgelenk erfordert erst nach schweren Zer-
298 Jahresbericht für Chinixgie. I. Teil.
störangen die Resektion. Das Fassgelenk soll bei Kindern konservativ» bei
Erwachsenen fräh mit Resektion behandelt werden.
Codiyilla (4) verlangt anch für die Kniegelenkstuberkulosen der Kin-
der die Resektion mit Schonung der Epiphysenlinie. Drohende Flexionsstel-
lung hiemach soll durch Tenotomie, Verpflanzung der Beugesebnen an die
Streckseite verhindert werden.
Bradford (5) weist auf die Folgen der Muskelspasmen hin, welche den
Femurkopf gegen das Acetabulum pressen und so diesen schädigen. Druck-
entlastung durch Extension sei daher während der Zeit der Spasmen not-
wendig. Neben der chirurgischen Behandlung darf der grosse günstige Ein-
fluss der Behandlung nicht ausser Acht gelassen werden.
Aus der Diskussion zur Gelenktuberkulosenfrage (6) sei folgendes er-
wähnt. Lebrun (Namur) hat seit Jahren bei Kindern nicht mehr reseziert,
sondern konservative Behandlung bevorzugt ; bei frischen Prozessen ist, solange
kein Knochenherd anzunehmen ist, die Arthrektomie zu machen, da bei Kin-
dern gerade die synoviale Erkrankung häufig. Blutstillung und Aseptisierung
der Wunde mit Thermokauter ; Drainage. Garre (Breslau) behandelt Hüft-
und Handgelenk konservativ. Das Kniegelenk gibt bei konservativer Behand-
lung wenig gute Resultate. Das Fussgelenk erfordert radikales Vorgehen (bei
konservativer Behandlung 56% Misserfolge). Hoffa (Berlin) weist auf die
Wichtigkeit der orthopädischen Nachbehandlung hin. Walt her (Paris) emp-
fiehlt die Chlorzinkinjektionen (exklusive Hüftgelenk). Beim Hüftgelenk ist
das Vorhandensein eines abgegrenzten Herdes (Röntgenbild), welcher ganz
und aseptisch entfembar, Indikation zur Operation (gründliche Ausräumung,
Ätzung mit Karbolsäure). Delling er erkennt soziale Indikationen nicht an
(öffentliche Fürsorge). Bier sehe Stauung hat er verlassen. Er bevorzugt
die Behandlung mit Ruhigstellung ohne Injektion bei frischen Fällen. Gelpke
(Basel) nimmt an, das Serum des tuberkulösen Hydarthros sei bakterizid,
verliere nach einiger Zeit seine bakterizide Kraft; nach Punktion bilde sich
neues bakterizides Serum. Darum punktiere man nicht zu früh, sondern
erst, wenn, nach dem Verlauf zu urteilen, die bakterizide Kraft im Abnehmen
sei. Die Wirkung des Jodoformglyzerins beruhe auf der sekretionsanregenden
Einwirkung des Glyzerins, das Jodoform sei gleichgültig oder schädlich.
Nach Aufführung der verschiedenen Mittel, die man bisher für die Be-
handlung der Gelenktuberkulosen besitzt, konstatiert Lorenzoni (8), dass
der operative Eingriff immer mehr Boden verliert, sei es, weil die Läsion
des Epiphysenknorpels das Wachstum der Knochen anhält, sei es, weil nicht
immer dadurch der tuberkulöse Herd aus dem Organismus entfernt wird.
Die in den vom Verf. berichteten Fällen angewandte konservative Be-
handlung besteht in Fixationsverband, Punktur, Ausräumung und Ausspülung
der Gelenke und Injektionen von Jodtinktur und Glyzerin zu gleichen Teilen:
innerliche Verabreichung von Jodoform, Aufenthalt in freier Luft und Über-
ernährung. Er teilt 28 operierte Fälle mit, von denen 19 in einem von 45
Tagen bis zu 4 Jahren schwankenden Zeiträume zur Heilung kamen. 4 der-
selben wurden dann immobilisiert und nach den Vorschriften der konser-
vativen Chirurgie behandelt ; 4 mussten ungeachtet der ersten Operation am-
putiert werden ; 1 wurde erstzeitig amputiert ; 3 starben vor der Vemarbung
des Herdes an verallgemeinerter Tuberkulose.
Von 151 nach der konservativen Methode behandelten Fällen:
Barth oldy, Erkrankaageii der Gelenke. 299
106 heilten in einem von 2 Monaten bis 2 Jahre und 7 Monate schwan-
kenden Zeiträume.
37 erzielten Besserung mit Aussicht auf sichere Heilung.
5 starben an schon vor Beginn der Behandlung ersichtlicher Verallge-
meinemng des Prozesses.
4 weigerten sich die Behandlung fortzusetzen.
Unter Hinweis darauf, dass das operative Verfahren als Folgezustände
Fistelgange, Verkürzungen, Ankylosen hinterlässt, wenn ganz der Zweck er-
reicht wird, schliesst Verf.: der Prozentsatz der Amputationen in zweiter
Zeit und des Exitus an Eingeweidetuberkulose ist ein hoher.
Mit der konservativen Behandlung hingegen bekommt man einen grösseren
Prozentsatz an Heilungen : und weiter kann die auf die Immobilisation folgende
Ankylose in der Folge bemeistert werden: die gewissenhaft dTurchgeführte
Behandlung vermeidet die Gefahr einer Diffusionsbegünstigung des Prozesses.
Punktnr und Ausspülung regen mit den injizierten antiseptischen Substanzen
die Bindegewebsnenbildung an, welche den Prozess beschränkt. In schweren
FäUen mit Fistelgängen usw. ist es vorteilhaft, die Gänge aufzuspalten, die
schwammartigen Bildungen, die käsigen Massen zu entfernen, Jod anzuwenden,
wobei man die Immobilisation fortsetzt; dabei muss man sich jedoch gegen-
wärtig halten, dass die äusserst schweren Fälle kein anderes Rettungsmittel
besitzen als die Amputation. Er schliesst in dem Sinne, dass, solange man
noch nicht das Spezifikum 'gegen den Koch sehen Bazillus besitzt, es das
Beste ist, den Organismus zu kräftigen. R. Giani.
Caldwell (9) erörtert die Frage, wann man ein Gelenk bei tuberkulöser
Erkrankung resezieren soll ; er bringt nur die allgemein gültigen Indikationen*
Aach hier werden die Resultate der Resektion des Fussgelenkel als ungünstig
bezeichnet.
Rocher (11) glaubt durch Behandlung tuberkulöser Knochen- und Ge-
lenkprozesse bei Kindern und jugendlichen Erwachsenen mit Eis eine Ein-
wirkung auf die krankhaften Erscheinungen ausüben zu können. Der Ein-
floß soll sich einerseits geltend machen durch Schmerzmilderung infolge
Wirkung auf die Blutfülle der Gefasse und zwar als Yasokonstriktion, anderer-
seits durch Wirkung auf die Bazillen direkt, indem Veränderungen in der
Blntzirknlation den Kampf des Organismus gegen die Bazillen erleichtem. Ein
direkter Einfluss auf die Bazillen ist nicht anzunehmen. Besonders bei der
Koxitis der Kinder soll die Schmerzlinderung eine hervorragende sein. Die
Kälte soll nicht allein, sondern im Verein mit den üblichen Behandlungs-
methoden verwandt werden.
Gauthier (12) bringt für das von Poncet und Leriche im Vor-
jahre beschriebene Krankbeit&bild des ankylosierenden Rheumatismus tubercu-
losus einen neuen Fall, bei welchem der Sitz der Erkrankung die ganze
Wirbelsäule ist Bemerkenswert sind als analoge sklerosierende Prozesse, in
diesem Falle eine alte Iritis und doppelseitige trockene Otitis auf tuberku-
löser Basis.
Wiart et Coutelas (13) geben eine Zusammenstellung der klinischen
Erscheinungen der tuberkulösen Arthropathien und die differentialdiagnosti-
schen Merkmale gegenüber den ähnlichen Krankheitsbildem der gonorrhoischen
und syphilitischen Gelenke.
Leriche (15) berichtet über zwei Fälle hochgradiger deformierender
Gelenkveränderungen an den Händen bei gleichzeitigen schweren tuberkulösen
aOO Jahresbericht für Chimzgie. L Teil.
Erkrankungen anderer Organe (Drüsen, Knochen); diese deformierenden Verl
änderangen fasst er als chronischen deformierenden tuberkulösen Gelenkt
rheumatismus auf.
Lannelongue und Achard (18) zeigen an Versuchen von Kaninchen
den Einfluss der Bewegungen bei der Entwickelung der Knochen- und Gelenki
tuberkulöse. Bewegungen erleichtem das Entstehen von Knorpel- und Knochen
herden. Die Versuche beweisen den schädigenden Einfluss aktiver und passivel
Bewegungen bei der Behandlung der Gelenktuberkulose des Menschen un<j
zeigen den hohen Wert der Immobilisation und der Extension.
Teissier (19) nimmt für jede Form des chronischen Gelenkrheumatis-
mus eine Infektion an. Diese kann entweder indirekt wirken, indeoti primär
das Gift oder die Toxine auf das Zentralnervensystem und die Wurzeln des
Bückenmarkes wirken (Trophoneurose), oder sie kann direkt wirken durch
die Bakteriengifte auf Synovialis und das periartikuläre Gewebe. Teissier
unterscheidet zwei grosse Gruppen: Erstens den chronischen deformierendezi
Rheumatismus mit den zwei Varietäten des progressiven polyartikulären und
partiellen Rheumatismus, und zweitens den chronischen infektiösen oder
Pseudorheumatismus mit verschiedenen Infektionsursachen (Staphylococcas,
Gonococcus, Tuberkelbacillus).
Nach Brunton (20) kann eine Arthritis rheumatica auch gastrointesti-
nalen Ursprungs sein.
Ibrahim (21) berichtet einen Fall von Arthritis chronica bei einem
Vif Jahre alten Kinde. Beginn der Krankheit in den Füssen und Händei].
Die Erkrankung schritt zentralwäxts weiter von den kleineren Gelenken zu
den grösseren, bis zum Ellenbogengelenk und Fussgelenk. Es handelt sich
um die nach Teissier und Roque als Rhumatisme chronique deformant
bezeichnete, in diesem Alter seltene primäre chronische Arthritis.
S c h ü 1 1 e r (24) verlangt die strenge Scheidung der Polyarthritis chronica
villosa von dem chronischen Gelenkrheumatismus und der Arthritis deformans.
Nur für den ersteren Prozess gelten seine Bazillenbefunde in der Form der
hantelformigen Bazillen. Zur Züchtung der Bazillen entnimmt man am besten
direkt lymphatische Gelenkzotten, bewahrt diese einen oder mehrere Tage
in einem sterilen Glase im Brutschrank, impft dann auf Bouillon, Peptonagar,
gekochte Kartoffel etc. Ein einfaches Verfahren besteht darin, dass man die
gewonnene Gelenkflüssigkeit zentrifugiert und dann entweder sofort oder nach
einiger Zeit (dunkel aufbewahren) auf oben genannte Nährböden impft.
Auch direkt aus dem Zentrif ugat lassen sich Ausstrichpräparate machen.
Ist kein Liquor im Gelenk, so kann man physiologische Kochsalzlösung oder
steriles Wasser einspritzen und wieder auslaufen lassen zwecks Gewinnung
bakterienhaltiger Flüssigkeit.
Sind trotz des Bakterienbefundes Veränderungen vorhanden, welche das
Bild einer einfachen Arthritis deformans zu bieten scheinen, so handelt es
sich nach Schul 1er um einen abgelaufenen syphilitischen Prozess, auf dessen
Boden sich der zottenbildende Prozess entwickelt hat. Schüller macht
weiterhin noch darauf aufmerksam, dass man bei den an zottenbildender
Synovitis erkrankten Gelenken häufig einen flacheren oder tieferen grubigen
Defekt am Rande des einen Gelenkendes bei sorgfältiger Palpation nachweisen
kann. (Bei Arthritis deformans nie vorhanden.)
Abrahams (26) erläutert verschiedene Formen der Arthritis deformans
und ähnlicher Krankheitsbilder. ^Stills Krankheit^ der Kinder wird meist
Bmrtholdy* Erkrankungen der Gelenke. 301
rbemnatische Arthritis der Kinder genannt, ist aber von dieser streng zu
trennen. Sie ist ein infektiöser Prozess und geht einher mit Yergrössening
der Milz und der Lymphdrüsen. Die Krankheit tritt mehr bei Knaben auf
aztd ergreift die Finger spät. Es handelt sich eine chronische, spezifische
Infektion, welche eine Synoyitis mit sekundären Veränderungen der Knorpel
bedingt. Die senile Osteo-arthritis stellt anfangs einen degenerativen Prozess
dar, als Zerfasemi^ und Schwinden des Gelenkknorpels; die Hypertrophie
der SynoTialfalten sind sekundäre Prozesse und fast als eine kompensatorische
Erscheinung anfzufassen. Anämie fehlt. Besonders befallen sind die grossen
(jelenke. Bei anderen Formen rheumatischer Arthritis besteht deutliche
Anämie. Bei jüngeren Frauen beginnen die arthritischen Veränderungen
bisweilen mit Niedergeschlagenheit und zu früher Menopause.
Bei einer seit 6 Jahren bestehenden schweren Arthritis deformans eines
23jährigen Mannes erzielte Alexander (27) wesentliche Besserung durch
grosse Dosen Arsen (Solut. Fowleri bis 3 mal tägl. 16 Tropfen).
Laqneur (29) betont in der Frage der physiologischen Behandlung der
gonorrhoischen Geienkerkrankungen, dass der frühere Standpunkt der abso-
loten Immobilisierung verlassen sei und mit Recht erstrebt werde, möglichst
bald in der Behandlung mit Bewegungen zu beginnen. Im ersten akuten
Stadium bewährt sich Ruhe und Watteeinpackungen. Dann aber soll starke
Hyperämie durch Stauung oder lokale fleissluftbäder erzeugt werden, wobei
frühzeitige Bewegungen erreicht werden können. Später soll die Massage zur
Anwendung kommen.
In der Diskussion lobt Burwinkel (Nauheim) Umschläge mit abso«
lotem Alkohol und Guttaperchapapier darüber als ein glänzendes Mittel zur
Behandlung gonorrhoischer Gelenke. (Aktive Hyperämie.)
Zabludowski (Berlin) weist darauf hin, dass der Chirurg wohl meist.
BOT sehr schwere Formen der Arthritis gonorrhoica zur Behandlung bekommt.
und daher nicht die günstigen Resultate der Vorredner kennt und erwartet..
Fol die schweren Fälle ist die Immobilisation nicht zu umgehen trotz der
bekannten Gefahr der Vernichtung der Gelenkbeweglichkeit.
Wintern itz (Wien) erinnert daran, dass entzündete Gelenke gegen
faradische Ströme fast unempfindlich sind, andererseits aber nach Durch-
kitnng allmählich gesteigerter Ströme schliesslich leichte Bewegungen ohne
^ymierzen zulassen. (Verfahren nach Drosdorff.)
Hirsch (30) hat 35 Fälle gonorrhoischer Arthritis mit Bier scher
Stannng behandelt. Er konmit zu dem Resultat, dass die Dauer der Be-
Wdlong nicht abgekürzt wird gegenüber den alten Behandlungsmethoden
and dass die funktionellen Resultate ebenfalls keine besseren sind. Er erkennt
UL, dass die Methode eine bequeme ist und dass häufig promptes Schwinden
der Schmerzen nach Einleitung der Stauung erreicht wird.
Frauenthal (31) gibt einen geschichtlichen Überblick über die Er-
kenntnis der Arthritis gonorrhoica. Er berichtet weiter: Von 600 Kindern
litten 70 an Gonorrhöe, von diesen 10 an Arthritis. Bei Kindern ist die
Temperatur meist höher als bei den Erwachsenen. Er sah zwei tödlich yer-
lanfene Falle bei Erwachsenen, bei welchen diagnostische Schwierigkeiten
erwachsen waren (Endokarditis). Bei Fussgelenkgonorrhöe ist auf spätere
Plattfiissbildung zu achten. Ein Fall von Erkrankung der Hüfte, welcher
erst ab zentrale Myelitis, dann als Tuberkulose galt, ergab später gonorrhoische
Entzündung. Kniegelenke behandelt er mit Heissluft 20*- 30 Minuten, dann
302: Jfthresberichi; für Gbirorgie. I. Teil.
Credesalbe, dann galvanische Ströme und schliesslich Salbe bedeckt mit Olseida
Das Bein wird in Gipsschienen gelagert.
Minkowski (33) führt aus, die gichtischen Ablagerungen aus kristalli«
nischem sauren hamsauren Natron und der Mehrgehalt des Blates an Haraj
säure sind nicht die Folge vermehrter Hamsäurebildung im Organismus, son^
dem die Folge von Unregelmässigkeiten in der Harnsäureausscheidnng. Dai
abnorme Verhalten der Harnsäure ist keine für sich bestehende Stömngi
sondern die Folge einer komplizierten Stoffwechselanomalie. Die abnormei]
Vorgänge im Stoffwechsel spielen sich ab in der Substanz der Zellkerne. Dei
akute Gichtanfall ist der Ausdruck einer auf die Beseitigung der abgelagerten
Urate hinzielenden Reaktion des Organismus. Die der Gicht zugrunde liegende
Stoffwechselanomalie beruht auf hereditär übertragbarer Anlage, die £nt-
Wickelung der Gicht wird begünstigt durch übermässige Nahrungszufuhr,
Mangel an Bewegung, Alkoholmissbrauch, Bleiintoxikation. Besondere Be-
deutung haben die Affektionen der Verdauungsorgane. Die Behandlung der
Gicht hat die Bekämpfung der primären Stoffwechselanomalie zu erstreben.
Regelung der Ernährung, Anregung des Stoffwechsels. Überladung des Orga-
nismus mit Harnsäure wird vermindert durch Fernhalten von nukleinreicher
Nahrung (Thymus, Leber, Nieren); Fleisch ist ebenso wie Fleischextrakt nur
in massigen Dosen zu gestatten.
Abführmittel bei Gicht wirken vielleicht deshalb günstig, weil die an
Purinbasen reichen Darminhalte aus dem Körper mitgehen. Verminderaog
der Hamsäurebildung durch Medikamente ist fraglich (Urosin, Sidonal, Chino-
tropin, Neu-Sidonal). Beförderung der Hamsäureausscheidung kann durch
Anregung der Hamsekretion erreicht werden (reichliche Wasserzufuhr, be-
sonders Mineralwässer). Versuche, die Oxydation der Harnsäure zu beschleu-
nigen (Zufuhr von AlkaJien, Inhalation von Sauerstoff, Thyreoidsubstanz, Spermin
Poehl) waren zwecklos. Erhöhung der Löslichkeit der Harnsäure im BJüt
und Gewebssäften war therapeutisch noch am aussichtsvoUsten. Aber Al-
kalien, Lithium, Piperazin etc. ohne wesentlichen Erfolg. Grösseren Erfo]^
verspricht die Idee, die Harnsäure in festere, nicht salzartige, aber leicht
lösliche Verbindungen mit anderen organischen Atomkomplexen überzuführes
(Harnstoff-, Nukleinzufuhr ohne Erfolg). Formaldehyd gibt mit Harnsäure
eine lösliche Verbindung, daher der gute Erfolg yon Urotropin bei ham-
sauren Steinen. Formaldehyd mit Zitronensäure = Zitarin hat gute Er-
folge. Nervina und Antineuralgika sind für die Schmerzen indiziert. Die
guten Erfolge der Kolchikumpräparate sind unaufgeklärt.
Zur symptomatischen Behandlung kommt für den akuten Anfall in Frage
Ruhigstellung, kalte oder warme Umschläge, schmerzstillende Mittel (Kolchikum-
präparate), Fieberdiät. Die chronischen Residuen erstreben vor allem physi-
kalische Heilmethoden, Massage, lokale Wärmezufuhr (Breiumschläge, beisse
Sandbäder, Fango, lokale Heissluftapparate, Heissluftduschen, Glühlicht-
bäder etc.). Chirurgische Behandlung erfordern nur gichtische Tophi, die
durch ihre Grösse oder ihren Sitz stören, und fistulöse Tophi. Ob die Aus-
räumung des meist zuerst befallenen Grosszehengelenkes nach Riedel die
Wiederkehr der Anfalle verhindern kann, ist noch fraglich. Je nach der Art
vorhandener Störungen bestimmter Organsysteme kommen die verschiedensten
Bäder als balneo therapeutische Hilfe in Frage.
Watson (34) nimmt an, dass die Gicht nicht durch die Harnsäure
hßryorgerufep wird, sondern dass die Harnsäure nur die Form der Ent-
Bartholdy» Erkrankongen der Gelenke. 3(B
liftdong an Ort und Stelle bedingt, während als eigentliche Ursache des
Ennkheitsbildes eine Infektion vom Darm ans anzusehen sei.
Holger-Trantne (36) glaubt, dass alle Gichtiker an Affektionen des
I»igestionstraktiis leiden und die ersten Erscheinungen der Gicht in einer
Colitis mucosa zu suchen seien und zwar infektiösen Ursprungs. Während
der Zeiten Yon Verstopfung oder ungenügendem Stuhlgang ist der Harnsäure-
gehalt des Urins vermehrt. Danach bewahrheite sich der alte Satz: Bene
curat, qui bene lajcat, insofern durch reichliche Stuhlentleerung viel resorbier-
bare Stoffe aus dem Körper ausgeführt werden. Das Bacterium coli com-
mime bildet im Stuhl eine organische Substanz, welche umgebildet wird in
Xanthin und Harnsäure während der Passage durch das Blut.
Ranson (36) gibt zunächst einen Überblick über die Entwickelung der
Theorien der Gicht resp. der Bildung der Harnsäure und des Harnstoffes.
Die Harnsäure im Urin kann exogenen Ursprunges sein, d. h. aus den Nahrungs-
mitteln stammen, oder sie kann endogenen Ursprunges sein, d. h. aus den
Zellen stammen. Im Blute entstehen sie erstens durch vermehrte exogene
oder endogene Produktion, zweitens durch mangelhafte Ausscheidung, drittens
durch mangelhafte Oxydation.
Courtois-Suffit (37) beschreibt einen Fall von Gicht kombiniert
mit chronischem deformierenden Gelenkrheumatismus. Die Differentialdiagnose
wird auf Grund von Röntgenbildern ermöglicht und gegeben.
Für die Behandlung der Gicht, insbesondere auch der chronischen
Falle wird von May et (38) das Zi tarin sehr empfohlen, das sich ihm auch
ab Prophylaktikum sehr bewährt hat.
Rosenbach (39) fand nach mikroskopischen Untersuchungen zweier
FäUe von Gicht, dass Uratniederschläge in den verschiedensten Geweben mit
Nekrose einhergehen, dass jedoch die Uratkristalle sich auch ohne Nekrose
der Gewebe ausbilden können. Um die nekrotisierten Herde bildet sich
Granalationsgewebe mit Fremdkörperriesenzellen. Auch in Knochen fand sich
Irata\isscheidung in den Knochenkörperchen, in der Grundsubstanz und im
Knocbeiunark. Im Mark finden sich um die abgestorbenen Herde ebenfalls
^ieseuaellen in dem entzündlich neugebildeten Gewebe.
IV. Sonstige Erkrankungen.
(Arthropathien, Tumoren, Hämophilie, GelenkmAase, kongenitale Erkrankangen.)
1. Cohn, Ober Knochen- nnd GelenkverAnderungen bei Tabes dorsalis. Zentralblatt für
Chir. 1905. Nr. 13. p. 355.
2. Fehres, Über einige Fftlle von Gelenkerkrankuagen bei Syringomyelie. Dissertat.
Rostock 1905.
^. )lfti«h, Tfaree caaes of intermittent hydrops of the Joint. Med. Press 1905. April.
4. Gingele, Über entzündliche FettgeschwOlate am Knie- und Fassgelenk. Mflnch. med.
Wocbenschr. 1905. Nr. 70.
5. Mohr, Znr Kenntnis der tiefliegenden paraartikalftren Lipome. Mflnch. med. Wochen-
schrift 1905. Nr. 38.
^- ¥ioelich. Abnorme Formen von Blutergelenken. Zeitschr. für orthop. Chir. 1905.
Bd. Xiy. IV. Kongreas der deutsch. Gesellsch. f. orthop. Chir. 1905.
7> Cornil-Coudray, Des corpa ötrangers articulaires et en particulier des corps trau*
matiqae au point de vue exp^rimental et histologiqne. Rerue de chir. 1905. Nr. 4.
S. Note enr les corps ötrangera articulaires. Bullet, de TAcad. möd. 1905. Nr. 11.
^. Corpa ötrangers articulaires. Gazette des Höpitaux 1905. Nr. 31.
10. Roskoschny, Ein Fall von angeborener vererbter Verbildnng beider Knie- und Ellen-
bogengelenke. Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1905. Bd. 76.
304 JahreBbericht fflr Chirurgie. L TeiL
Gohn (1) bat zahlreiche 8kiaj;rapbische Untersuchangen tabischer Arthro«
patbien an dem Materiale des Krankenhauses Moabit gemacht. Die über-<
reiche Kallasbildung, die bei tabischen Spontanfrakturen häufig ist, sieht zu
dem Gmndleiden in keiner Beziehung. Selten ist ein Fall doppelseitiger
Handgelenksarthropathie, die sich auf Grund eines Radiusbruches entwickelte.
Cohn macht noch auf das Vorkommen von tabischen Spontanbrüchen der
Patella aufinerksam. Zell er bemerkt in der Diskussion, er habe drei Fälle
von Kissfrakturen der Patella beobachtet, die beim Herabsteigen einer Treppe
entstanden. Bei den Patienten wurden nach 1 bis 1^/4 Jahren Symptome der
Tabes konstatiert.
F ehr es (2) bringt die Krankengeschichten von sechs Fällen von Gelenk-
erkrankungen bei Syringomyelie. Zwei Falle sind dxurch Benutzung von Gut-
achten und Obergutachten erläutert und weisen auf das immer noch häufige
Vorkommen der Syringomyelie in der Unfallspraxis hin.
Marsh (3) hat in drei Fällen von intermittierendem Hydrops durch
kleine Dosen von Arsen vorzüglichen Erfolg erzielt (Heilung). In den beiden
ersten Fällen trat der Erguss alle 14 Tage auf, im dritten Falle alle 12 Tage.
Im ersten Falle wurde einmal durch Punktion klare Flüssigkeit (Gelenkschmiere
verdünnt mit Serum) entleert. In der Diskussion rät Wallis Punktion; er
nimmt ätiologisch eine Infektion an. Poynten glaubt, die Mikroorganismen
befinden sich in den subendothelialen Gewebsschichten, nicht in der Flüssigkeit
des Gelenkes. Forbes Ross glaubt, es handle sich um eine seröse Hämor-
rhagie. Marsh glaubt nicht an eine infektiöse Erkrankung, da nie eine
Veränderung im Gelenk zu finden ist.
G äugele (4) gibt zu dem von Hoffa beschriebenen Krankheitsbild der
fibrösen hyperplastischen Entzündung des unter dem Ligamentum patellae ge-
legenen Fettgewebes vier neue Fälle, welche operativ behandelt, gute Resultate
geben. Die gleichen entzündlichen Fettgewebe wurden bei zwei Patienten mit
Plattfüssen am Malleolus extemus beobachtet, wo man ja häufig beim Pes planus
umschriebene schmerzhafte Schwellung findet. Exstirpation ergab beide Male
den Zusammenhang mit dem Fussgelenk und anatomisch das Bild entzünd-
licher Wucherung des Fettgewebes.
Mohr (5) liefert zur Kenntnis der tiefliegenden paraartikulären Lipome
einen neuen Fall, der insofern selten ist, als er das Ellenbogengelenk betrifft
(am häufigsten befallen das Kniegelenk). Die Geschwulst, welche operativ
entfernt wurde , ging aus vom Spatium interosseum des Vorderarmes , dicht
am Ansatz der Gelenkkapsel. Von paraartikulären Lipomen in der Nähe
des Ellenbogengelenkes fand Mohr in der Literatur sechs Fälle. Im vorlie-
genden Falle bestanden Druckerscheinungen auf Nerven und Gefasse.
Froelich (6) beschreibt zwei, vom gewöhnlichem Bilde der Blutergelenke
abweichende Formen von Blutergelenken. Die eine Form betrifft das Hüft-
gelenk und spielt sich unter dem Bilde einer Osteomyelitis acuta ab (Fieber,
Schmerzen, Schwellung). Es fehlt die entzündliche Rötung. Rückgang der
Erscheinungen nach ca. 10 Tagen, dem volle Heilung folgt. Die andere Form
nennt Froelich die Arthritis haemophilica tardiva tritt bei Patienten auf,
die in ihrer Jugend keine oder nur geringe Zeichen von Hämophilie hatten.
Im Alter von 17—23 Jahren besteht ein Krankheitsbild ähnlich dem Tumor
albus. (Tuberkulininjektion ohne Reaktion.) Resektion hat keine gefahrlichen
Folgen, während bei Fällen der ersten Form bei operativem Eingriff durch
Verkennen des Krankeitsbildes hohe Gefahr (Exitus) besteht.
Bartholdy, Erkrankungen der Gelenke. dO&
Cornil und Condray (7,8,9) haben bei Hunden künstliche Gelenkkörper
erzeugt, indem sie an den Kondylen intraartikulär Knochenknorpelstücke
loslösten, die sie entweder an Ort und Stelle liegen Hessen, oder in der Ge-
lenkhöhle Yerlagerten oder mit einer schmalen Knochenbrücke im Zusammen-
bog mit dem Kondylus liessen. Es ergaben sich folgende Resultate. Experi-
menteU erzeugte traumatische Körper sind fast niemals frei; meist findet
man dieselben entweder an der knöchernen Ursprungsstelle fixiert oder in
der Synovialis. Im ersteren Falle ist ausnahmsweise Knochenfläche mit
Knochenfläche vereinigt durch knöchernes Gewebe, welches aus den Markräumen
des Kondylus und des Gelenkkörpers sich entwickelt ohne Bildung von Knorpel-
gevebe. Häufiger ist der Körper mit der Kondylenfläche durch Faserknorpel
Terbnnden. Am häufigsten wird die Verbindung hergestellt durch die Syno-
vialis, und zwar wird von ihr entweder fixierendes Gewebe zwischen Körper
und Kondylus geliefert oder der Körper wird ganz von ihr umgeben. Die
Yeisiiche ergaben, dass das Volumen der Körper zunimmt, bisweilen sogar
sehr stark und zwar entweder durch Produktion von Bindegewebe oder durch
Neubildung von Bindegewebsknorpel. Alle Körper zeigen zuerst ein mehr oder
weniger starkes Schwinden der lebenden Zellen. Auf der Knochenfläche des
Körpers finden sich sehr bald nekrotische Felder und in gleicher Zeit neuge-
bildete Felder, die aus den Markräumen hervorgehen. Konstant findet man
ferner an der Oberfläche des Knorpels einen Reizzustand, der sich durch eine
Vermehrung der Knorpelzellen kennzeichnet. An der Knochenfläche des
Körpers ist Knorpelneubildung nichts Konstantes, weder bei freien noch bei
adhärenten. Oft findet man nur Bindegewebe. Knorpel und zwar Faserknorpel
fand sich besonders in denjenigen Fällen reichlich, in welchen der Körper in
Kontakt blieb mit der Knochen -Knorpel -Zone, von der er stammte. Der
Knorpel entwickelt sich aus den Markräumen des freien Körpers. Der Knorpel
der freien Körper bleibt lange erhalten, wenn sie nicht von Synovialis um-
geben sind. Im anderen Falle wird er schnell durch Bindegewebe von der
Oberfläche aus ersetzt; schliesslich dringt auch von den Markräumen aus
Bindegewebe ein, welches sich mit dem ersteren vereinigt. Die Umbildung
der freien Körper geschieht so sehr schnell.
Die Verfasser beschreiben des weiteren ein Corpus mobile eines Knie-
gelenkes eines Menschen, gewonnen durch Operation.
Der kirschgrosse Körper, der mit einem langen Bindegewebsstiele an
der Tibiafläche ansass, war bedeckt von einer bindegewebigen Hülle, darunter
lag eine Knorpelschicht, die nicht vom Bindegewebe durchsetzt war. Dieser
Veline Knorpel zeigte ausserordentlich starke Vermehrung der Knorpelzellen.
Der knöcherne Kern zeigte ebenfalls starke aktive Prozesse. Dieser Körper
schien von einer Ekchondrose zu stammen. Es folgt noch die Beschreibung
eines tuberkulösen Sequesters in einem Kniegelenk, der vollkommen das Bild
eines traumatisch entstandenen Corpus mobile bot. Das Vorkommen einer
Osteochondritis im Sinne Königs halten die Verfasser bisher als nicht be-
wiesen; sie glauben in solchen Fällen an eine Mitwirkung tuberkulöser
Vorgänge.
Hoskoschny (10) veröflfentlicht einen Fall von angeborener, vererbter
Verbildnng beider Kniegelenke und Ellenbogengelenke. Es handelt sich um
einen 30jährigen Mann und dessen 4 Jahre alten Sohn, welchen beiden
doppelseitiges Genu valgum angeboren war. Im Röntgenbild zeigt sich bei
Widen ein isoliert an der medialen Seite des Kniegelenkes liegendes Knochen-
Jakmberiebt fOr Cbirargie 1905. 20
906 Jahreabericht fOr Chirurgie. L Teil.
gebilde, welches mit Tibia und Femur artikuliert. Boskoschny glaubt,
dass es sich hier um einen isoliert entwickelten Condylus internus handelt,
indem die Femurdiaphyse 2 Knochenkeme enthielt, aus deren medialem das
Enochenstück sich bildete. Bei beiden Patienten war femer im Ellenbogen
eine angeborene Erkrankung, welche sich funktionell in starker Behinderung
der Pro- und Supination geltend machte. Beim Vater (Böntgenbild) bestand
beiderseits Verrenkung des Bädiusköpfchens nach hinten; beide Vorderarm-
knochen stark verkürzt und verkrümmt.
XIV.
Wundheilung, Störungen der Wundheilung, Wund-
infektionserreger ( Entzündung, Eiterung, Erysipel,
pyogene Allgemeinerkrankungen, Toxämie, Sephth-
ämie),Wundbehandlung, Aseptik, Antiseptik, Antiseptika.
Referent: Konrad Bmnner, Miinsterlingen.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Wundheilung, Störungen der Wundheilung.
a) Allgemeines. Experimental Untersuchungen. Bakteriologisches
über Wundinfektion- und Eitererreger.
1. Canon, Die Bakteriologie des Blutes bei Infektionskrankheiten. Jena. 8. Fischer.
2. *Garle8, Les abc^s de fixation et le poavoir bact^ricide da sang. Joom. de m^d. de
Bord. 1905. Nr. 3.
3. Conradi, Spontane Wachstumshemmung der Bakterien infolge Selbstvergiftung.
Manch, med. Wochenschr. 1905. Nr. 37.
4. *Boxer, Strepto- und Diplokokken auf Blutn&hrböden. Wiener klin. Wochenschr. 1905.
Nr. 16. p. 419.
5. *£ Hermann, Bakterielle Nekrose beim Menschen. Zentralbl. f. Bakt. 38, 4.
6. *Grünbaum, Diagnostic value of the leucocyte. Practit. 1905. Dec. p. 767.
7. Harbordt, Typhus-Reaktion in Abszessinhalt und Blut nach 23 Jahren. Zentralbl.
f. Chir. 1904. Nr. 44.
8. *Holmes, Natur und Bedeutung der Leukozytose. Journ. of Amer. Assoc. Nr. 4.
9. Jayle, La Septic^mie des plaies par autoinfection. La Presse m^. 1905. Nr. 90.
10. Israel, Ober aktive Lymphozytose und die Mechanik der Emigration. Berliner klin.
Wochenschr. 1905. Nr. 18.
11. *Jochmann, Über die Bakteriämie und die Bedeutung der bakteriologischen Blat-
untersuchung usw. Zeitschr. f. klin. Med. 1904. Bd. 54. Heft 5 u. 6.
12. Kranepuhl, Abszessbildung durch Bacillus paratyphosus B. Mflnch. med. Wochen-
schr. 1905. Nr. 28.
13. Marcuse, Alkohol und Infektion. Wiener klin. Rundschau 1905. Nr. 35.
Branner, Wondheilnng, Störungen der Wandheilong etc. 307
li Paasini, F.» Über Giftstoffe in den Knltoren des Guphlegmonebazillas. Wiener Uin.
Woehenaclir. 1905. Nr. 86.
li Renner, Künailiche Hyperlenkosytoee. Grenzgeb. der Med. a. Chir. 1905. Bd. 15.
16. ^e Rny, Mierobiame latent Arch. gön. de möd. 1905. Nr. 86.
17. lieber, Baktarienfeindliehe Stoffe dea Blutflbrina. Zentralbl. f. Hakt. 8S, 5.
18. «Sehiimbarg, Kontaktinfektion. Zeitachr. f. ftrztl. Fortb. 1905. Nr. 1&
19. Waaaermann-Citron, Die lokale Immunität der Gewebe and ihre prakt. Wichtig-
keit. Deutache med. Wochenachr. 1905. Nr. 15.
Renner (15). Nachdem Miyake, einer Anregang von v. Mikulicz
folgend, an Tieren Versuche unternommen hatte, um die Widerstandsfähig-
keit der Gewebe durch künstlich erzeugte Hyperleukozytose zu erhöhen, und
diese Versuche wenigstens bei Infektion des Peritoneum mit Bacterium coli
anscheinend recht günstige Ergebnisse geliefert hatten, ging y. Mikulicz
daran, die praktischen Schlussfolgerungen aus ihnen zu ziehen, indem er
versuchte, auch Menschen durch künstlich erzeugte Hyperleukozytose gegen
eine eyentnelle operative Infektion, speziell des Peritoneum, widerstandsfähiger
zu machen. Renner fiel nun die Aufgabe zu, diese Fälle genau zu beob-
achten und hierüber zu berichten. Verf. kommt in diesen sehr ausfuhrlichen
Berichten zu folgenden Schlüssen:
1. Die Hefenukleinsäure ruft beim Menschen bei subkutaner Injektion
nach kurz dauernder Hypoleukozytose mit Sicherheit eine Hyperleuko-
zytose hervor.
2. Ihre Wirkung ist bei subkutaner Anwendung fast ebenso prompt, wie
bei intraperitonealer, und dieses aus humanen Gründen vorzuziehen.
3. Nebenwirkungen sind bei Anwendung 2^/oiger Lösung und einer Ge-
samtmenge von 1 g Nukleinsäure zwar sicher vorhanden, aber ohne
irgend schädliche oder besonders unangenehme Folgen.
4. Wenn man aus der geringen Zahl unserer statistisch verwertbaren
Fälle einen Schluss ziehen darf, so kann man sagen, dass sie für eine
Wirkung der subkutanen Injektionen von Hefenukleinsäure auf eine Ver-
mehrung der Resistenz des menschlichen Peritoneum gegen Bacterium coli
sprechen und wahrscheinlich auch gegen andere pathogene Bakterien.
Zum mindesten aber fordern unsere Resultate zu einer weiteren Prüfung
der Methode auf. Vielleicht erfüllen sich noch einmal im Sinne unserer
Bestrebung List er s vorausahnende Worte, dass die Phagozytose das
Hauptmittel der Verteidigung lebender Organismen gegen die Invasion
ihrer mikroskopischen Feinde sei und dass dieses Ergebnis auch für
das praktische Handeln des Arztes nützlich sei.
Wir dürfen dabei aber nicht vergessen, dass es sich immer nur um
Termehnmg der Resistenz handelt, nicht um eine spezifische Immunität, und
dass sie rasch vorübergeht.
Die Entscheidung der Frage, ob es sich bei der Resistenzvermehrung
nm eine reine Phagozytose oder um Alexinwirkung handelt, gehöre nicht vor
das Forum der Chirurgen.
Canons (1) verdienstvolle Arbeiten auf dem Gebiete der Blutbak-
teriologie sind in früheren Referaten dieses Jahresberichtes ^) schon gewürdigt
vorden. Im vorliegenden Werke wird uns das Umfassendste geboten von
allem, was auf diesem Gebiete produziert worden ist, Die Monographie zer-
1) Vergl. Jahresbericht 1904.
20*
306 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
fallt in drei Hauptteile, einen speziellen und einen allgemeinen. Im dritten
Teile werden ,die auf dem Blutwege entstandenen hämatogenen, oder zu-weilen
so entstehenden lokalen Krankheiten beschrieben und sodann die Therapie
abgehandelt. Den Schluss bildet ein umfangreiches Literaturverzeichnis. Die
Literatur ist im ganzen in sorgfaltiger Weise verwertet, wovon sich der-
jenige, der, wie Referent, auf diesem Gebiete sich selbst betätigt hat, bald
überzeugt.
Im Abschnitte Terminologie sagt Verf.: „Wir werden gut tun, ehe
wir Näheres über die Toxine wissen, die Worte „Sepsis** und „septisch'^ aJs
Sammelbezeichnungen weiter zu gebrauchen. In der Praxis, wo bakterio-
logische Untersuchungen oft nicht vorliegen, wird es sich empfehlen, alle
durch Bakterien hervorgerufenen Allgemeininfektionen so zu nennen, welche
ähnlich verlaufen, wie die durch die eigentlichen Eiterkokken verursachten.
Diese Terminologie hat auch Lenhartz in seinen septischen Krankheiten
angewendet. In wissenschaftlichen Abhandlungen und da, wo die Krankheits-
erreger bekannt sind, würde es aber vielleicht zweckentsprechender sein,
das Wort ^septisch" nur bei den durch Streptokokken und Staphylokokken
hervorgerufenen Infektionen anzuwenden, wie es in der vorliegenden Arbeit
durchgeführt ist" ^).
Aus Untersuchungen und Beobachtungen von Wassermann und
Citren (19) geht hervor, dass Gewebe, die mit Infektionsstoffen
in Berührung kommen, lokal auf diese in immunisatorischer
Hinsicht reagieren. Diese Tatsache ist praktisch von grosser Wichtig-
keit. Jeder Chirurg weiss, dass die verschiedenen Gewebe des Organismus
sich sehr verschieden tolerant gegenüber Infektionserregern zeigen. „So ist
das Gewebe des Mastdarms, das Gewebe der Mundhöhle von Haus aus in
bezug auf die Infektionsgefahr nicht zu vergleichen mit dem Gewebe ge-
schlossener Höhlen, wie beispielweise der Peritonealhöhle, des Pleuraraumes
oder der Gelenkhöhlen. Manche Gewebe sind gegen eine bestimmte Bak-
terienart absolut unempfänglich, während dieselbe Bakterienart für andere
Gewebe wiederum einen in hohem Masse entzündungserregenden und patho-
genen Mikroorganismus darstellt. Dasselbe Bacterium coli, das für die
Darmschleimhaut des erwachsenen Menschen völlig unschädlich ist, erregt
die ausgesprochensten und unter Umständen gefährlichsten infektiösen Ent-
zündungserscheinungen, wenn es auf die Schleimhaut des uropoetischen
Apparates, in das Nierenbecken wie in die Ureteren gelangt. Bei dem
Versuch der Erklärung dieser Differenzen ist vor allem zu betonen, dass
die Gewebe, welche von Natur aus stets steril sind, am allerempfindlichsten
sich gegenüber Mikrobien verhalten, während die Gewebe, welche wir als die
tolerantesten bezeichnen, beispielsweise das Gewebe der Mastdarmschleimhaut,
der Mund- und Rachenhöhle, ununterbrochen in dem innigsten lokalen Eon-
takt mit allen möglichen saprophytischen und parasitären Mikrobien stehen.
Daraus resultiert die Vermutung, dass durch den immerwährenden Kontakt
eines Gewebes mit Mikrobien eine gewisse lokale Immunität gegenüber diesen
Lebewesen erfolgt.
Einen Einblick in die Erklärung dieser merkwürdigen und praktisch so
wichtigen Tatsachen scheinen die erwähnten Experimente über lokale Reaktion
1) Fast muss man verzweifeln, dass hier je eine Einigang anf abgekiftrte Begriffe
stattfindet. Referent.
Brunner, Wundbeilung, Störungen der Waüdbeiiang etc. d09
der Gewebezellen im Anschlags ' an Bakterieneinverleibung za bieten.. Diese
Versuche lehren, dass die Zellen den Kontakt mit Bakterien durch
immanisierende Reaktionen beantworten.
Nach Israel (10) kann bis jetzt der Beweis für die aktive Emi-
grationsfähigkeit der Lymphozyten nicht als erbracht gelten; in
die Exsudate der serösen Häute sind sie sicher eingeschwemmt. Ihte Kon-
tr&ktilität ist eine integrierende Eigenschaft ihrer protoplasmatischen Zell-
kürper; dass einzelne Exemplare mit besonders grossen Zellkörpern bei be-
sonders schwerer Läsion von Gefassen auch extravasieren, kann als möglich
Zugegeben werden, obwohl auch hierfür der Beweis fehlt, dass sie dies aktiv
bewerkstelligen. Das ändert nichts daran, dass den physikalisch so gut für
Wanderzellen ausgerüsteten polymorphkernigen Zellen die aktive Rolle bei der
Eiterbildung im wesentlichen allein zufällt.
Die Untersuchungen von Conradi und Kurpjuweit (3) knüpfen an
die fieobachtungen van Eijkmanns an, nach welchen der Wachstumsstiil-
stand älterer Kulturen nicht auf einem Auf brauch der Nährstoffe, sondern
auf der Bildung thermolabiler, diffusibler Stoffwechselprodukte beruht. Die
Verff. gelangten zu dem Ergebnisse, dass die Bakterien von der ersten Stunde
ihres Wachstums an entwickelungshemmende Stoffe bilden. Ihre Wirksamkeit
äbertreffe den antiseptischen Wert der Karbolsäure. Die Bildung der Hem-
muogsstoffe und die Intensität der Bakterienvermehrung halten gleichen
Schritt. Es ist anzunehmen, dass die entwickelungshemmenden Stoffe der
Bakterien enzymartige Körper sind und wahrscheinlich mit den intrazellulären
Fermenten in nahe Beziehung zu bringen sind, welche die Selbstzersetzung
der Bakterien bedingen.
Passinis (14) Versuche zeigen, dass sich in Reinkulturen des Gas-
phlegmonebazillus zwei vollkommen voneinander differente Giftsubstanzen
bilden kömien, deren eine den raschen Tod der Versuchstiere durch Störungen
des Atmungszentrums resp. der die Zirkulationsorgane innervierenden Apparate
hervorruft, während die andere analoge Erscheinungen erzielt, wie das „Sepsin
Faost". Die Tatsacheii zeigen femer, dass auch die normalerweise im Darm-
traktus vorhandenen anaeröbisch wachsenden Mikrobien in den Kulturen Stoff-
wechselprodukte erzeugen können, denen schädigende Wirkungen zukommen.
Marcuse (13) gibt ein Sammelreferat über das Thema Alkohol und
Infektion. Die Ergebnisse der experimentellen Forschungen sollen beweisen,
dass bereits kurzdauernde, nur durch wenige Tage fortgesetzte Behandlung
mit grossen Alkoholdosen. imstande ist, die Produktion antibakterieller Körper
sebr vrdsentlich zu beeinflussen.
Eranepnhl (12). Bei einem Falle ruhrartiger Darmerkrankung entstand
un Obereehenkel an der Stelle einer Salzinfusion ein Abszess, ans welchem B. para-
ijphosns gezüchtet wurde.
Harbordt (7). 61jfthr. Mann macht 1881 Typhus durch. 10. Jahre später traten
Abszesse anf, aas denen Typhusbazillen gezüchtet wurden. Das Serum des Blutes
»gglatinierte in typischer Weise Typhusbazillen.
1^' Phlegmone, Gangrän, Noma, Furunkel, Karbunkel, Staphylo-
kokkeninf ektion.
1* *BaIdnzzl, Pyogenes-Infektionen. Gazz. d. ospedali. Nr. 13.
^< Fichtner, Ober leichte Formen der Holzphlegmone. Münch. med. Wochenschr. 1905.
Nr. 35.
^ Friedrichs, Ein merkwürdiger Fall von Allgemeininf ektion durch Staphylokokken.
Deutaelie militärftrztl. Zeitschr. 1905. Nr. 8.
310 Jahresbericht i&r Chirurgie. I. Teil.
4. *Lejar8, Le phlegmon ligneox. La Sem. m^d. 1905. Nr. 5. p. 52.
5. *Parmentier,Iie phlegmon ligseux. Le progree m^. beige 1905. Nr. 17.
6. *R6iia, Über NosokomialgangrAo. Arch. f. Denn. n. Syph. 71, 2 — 8.
Fichtner (2) berichtet über ;,leichte Formen der Holzphleg-
mone^, bei denen die Infiltration sich anf die Lymphdrüsen und deren
nächste Umgebung beschränkte. Bakteriologische Untersuchung fehlte.
Friedrichs (3). Fall von Allgemeininfektion durch Staphylokokken
nach geringfügiger Fussverletzung, bedingt durch Schuhwerk.
c) Streptokokkeninfektion. Erysipelas. AntiStreptokokken-
serum.
1. Aronson, Über Streptokokkenserum. Berl. klin. Wochenschr. 1905. Nr. 8. p. 216 ff.
2. Anch^, ErysipMe erratiqne. Joam. de m^d. da Bord. 1905. Nr. 16. p. 269.
8. *Boueh4, Ein komplizierter Fall von Erysipel AUgem. Wiener med. Zeitg. 1905.
Nr. 14.
4. ^Bnrckhard, Senuntherapie der Streptokokkeninfektion etc. Zeitochr. f. Gelrartsh.
u. Gyn. 58, 8.
5. *F eidmann, Erfolgreiche Behandlung eines Falles von Erysipel mit Argent. colloid.
Dentsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 8.
6. ^Fischer, Bedeutnng der Agglutination für die Diagnose der patliol. and saprophyt.
Streptokokken. Zentralbl. f. Bakt 87, 4.
7. FrAnkel, £., Über menschenpathogene Streptokokken. MfLoch. med. Wochenschr. 1905.
Nr. 12.
8. Franke, Eontagioeität des Erysipels. Zeitschr. f. Ghir. Bd. 78.
9. *6aaltier, Purpura h^morrhagique au cours d'nn ^rysip^ de la faoe. Arch. gen.
de m^. 5. IX. 1905.
10. ^Gordon, Differenzierung von Streptokokken. Zentralbl. f. Bakt 87, 5.
11. * — A ready method of differentiating Streptococci. Lancet 1905. Nov. 11. p. 1400.
12. ^HeinriciuB, Experimentelle Untersuchungen über die Einwirkung des Streptococcus
pyogenes auf die Schleimhaut der Gebärmutter und Seheide. Arch. f. Gyn. 74, 2.
18. *Kerner, Hämolyse und A^utination der Streptokokken. Zentralbl. f. Bakt. 88, 3.
14. Klein, Easuistisdier Beitr^ zur therapeutiachen Anwendung des Dr. A r o n a o n sehen
Antistreptokokkenserums. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 8.
15. Lubowski, Das A r o n s o n sehe Streptokokkenserum. AUgem. med. Zentral-Ztg. 1905.
Nr. 49.
16. ^Mayer, Zur Pirog off sehen Kampferbehandlung des Erysipels. MOnch. medidn.
Wochenschr. 1905. Nr. 42.
17. Meyer, Die klinische Anwendung des Streptokokkenserums. Berliner klin. Wodien-
schr. 1905. Nr. 8.
18. * — Über Streptokokkenserumtherapie. Therap. d. Gegenwart 1905. Jan. p. 88.
19. *Raw, Antistreptococcic serum. Med. Press 1905. Nov. 8. p. 482.
20. Bossiwall-Schick, Über spezifische Agglutinatioa von Streptokokken ete. Wiener
klin. Wochenschr. 1905. Nr. 1.
21. ^uediger, Mechanismus der Streptokokkeninfektion. Joum. of Amer. Asaoc Nr. 3.
22. Schwarzenbach, Die interne Behandlung der Streptomykoaen mit Formaldehyd.
Korrespondenzbl. f. Schweizer Ärzte 1905. Nr. 24.
28. — Beitrage zur Pathologie und Therapie der Streptomykosen« Korrespondent, för
Schweizer Ärzte 1905. Nr. 5, 6, 7.
24. *Soubbotine, Traitement de T^rysipMe de la face etc. Bull. mM. 759.
25. ToUkahn, M., Über Eryeipelas im deutschen Heere 1882— 1902. In.-DiBa. Berlin 1905.
26. Walthard, Natur und klin. Bedeutung der Scheidenstreptokokken. Korrespondenzbl.
far Schweizer Ärzte 1905. Nr. 17.
E. Fraenkel (7). Seitdem Schottmüller die Verwendung der auch
sonst in der Bakteriologie ausgezeichnete Dienste leistenden Blutagar-Misch-
platten für die Züchtung der Streptokokken empfohlen hat, haben wir neben
Brunner, Wundheilaog, Störungen der Wundheilang etc. 311
den bisher bekannten zwei weitere Streptokokkenarten kennen gelernt, die
sich dnrcli ihr knltorelles Verhalten sowohl untereinander, als auch dem
Streptococcns pyogenes gegenüber unterscheiden. Die eine derselben
bat Schott müller als Streptococcus yiridans s. mitior, die zweite
als Streptococcus mucosus bezeichnet. Von dem Streptococcus
mitior wissen wir, dass er bei manchen, klinisch durch einen sehr pro-
trahierten Verlauf und gewisse Eigentümlichkeiten der Fieberkurve ausge-
zeichneten Endokarditisfällen angetrofifen wird, die schliesslich letal
verlaufen. Der Streptococcus mucosus ist in einer Anzahl von Fällen
als Erreger der echten, fibrinösen, lobären Pneumonie anzusehen. Es lohnte
den Versuch auch gegen die hier aufgeführten Streptokokkenarten spezifische
Sera herzustellen.
Franke (8) kam es darauf an zu untersuchen, ob vom Ausbruch des
Erysipels an bis zur völligen Restitutio ad integrum der Erkrankte eine
Gefahr für seine Umgebung bedeute, ob sich also auf seiner Haut und in
der ihn umgebenden Luft Streptokokken nachweisen lassen. Die Ergebnisse
stehen in Einklang mit den Untersuchungen von Klemm, Respinger und
Achalme; d. h. es kommt niemals vor, dass der in den Lymphbahnen der
Kutis sich verbreitende Streptococcus an die Oberfläche gelangt und hier in
Blasen oder Hautschuppen nachzuweisen wäre. Damit lag Verf. daran , den '
Ensipelkranken, etwas von dem ihm anhaftenden Fluch zu befreien, der ihn
gleichsam aus der Gemeinschaft mit anderen Leidenden ausstosse.
Aach 6 (2). Waaderndea Erysipelas bei einem zweimonatliebea Kinde. Zuerst
Auftreten am Vorderarm, dann an verschiedenen anderen Kdrperatellen, snleixt wieder an
dem zuerst befallenen Orte, f- Erreger ein Streptokokkus mit kurzen Ketten.
Nach der Dissertation von Tollkühn (25) sind in den Jahren 1882
bis 1902 im ganzen 16181 Fälle von Erysipelas im deutschen Heere be-
obachtet worden. Die Zahl der Erkrankungen hat im Laufe der Zeit abge-
nommen; was wohl mit den besseren prophylaktischen Einrichtungen der
neueren Zeit in Zusammenhang zu bringen sei. Die Wintermonate zeigen
bei weitem grössere Mengen als die Sommermonate; deutlich ist eine Häufung
zu gewissen Zeiten bemerkbar ; so im Winter, wenn der Frost und die trockene
Luft das Entstehen von Reizungen der Nasenschleimhaut und von Oberhaut-
einrissen begünstigt. Den häufigsten Ausgangspunkt bilden kleine Schrunden,
Geschwüre oder kleine Wunden an der Nasenschleimhaut oder an den Nasen-
flägehi, wie sie leicht nach länger bestehendem Schnupfen auftreten. Unter
den Komplikationen wird als die gefährlichste die eiterige Menigitis
erwähnt.
Rossiwall und Schick (20) ist es gelungen, bei einem sicheren extra-
bnkkalen Scharlachfalle mit nach aussen abgeschlossenem Primäraffekte
Streptokokken in Reinkultur nachzuweisen, die durch Scharlachserum
Moser spezifisch hoch agglutiniert wurden und, dass es in weiteren 11 Fällen
möglich war, im regulären Primäraffekt, d. h. bei Scharlachangina neben an-
deren, nicht agglutinierbaren Streptokokken solche zu finden, die vom Schar-
lachsemm Moser in gleicher Weise agglutiniert wurden. Daraus folge, dass
die in den Belägen der Scharlachangina nachweisbaren Streptokokken nicht
einheitlich seien, sondern verschiedenen, durch Agglutinationen unterscheid-
baren Gruppen angehören.
Über die Natur und die klinische Bedeutung der Scheiden-
streptokokken spricht Walthard (26). Die Lehre von der häufigen An-
312 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Wesenheit von Streptokokken im Scheidensekret gesunder, gravider Frauen
ist eine Tatsache. Vergleichende Studien der morphologischen sowie der
färberischen Eigenschaften der Yaginalstreptokokken mit Streptokokken aus
eiterigen Prozessen des menschlichen Körpers ergaben keine Anhaltspunkte
für eine Differenzierung der Streptokokken nach ihrer Pathogenit&t fiir den
Menschen. Ebensowenig ist es möglich, die Scheidenstreptokokken vom Strepto-
coccus pyogenes durch Charakteren der Kulturen auf künstlichen Nährböden
zu unterscheiden. Zur Aufklärung wurden deshalb die Agglutination
und die Hämolyse herangezogen. Die letztere ergab keine Unterscliiede,
welche eine Differenzierung der Vaginalstreptokokken gegenüber dem Strepto-
coccus pyogenes erlauben. Die Agglutinationsversuche deuten auf eine nahe
Verwandtschaft der Vaginalstreptokokkenstämme mit dem Streptococcus pyo-
genes.
Nach Meyer (17) ergeben sich als notwendige Forderungen für die
klinische Anwendung des Streptokokkenserums folgende Fakta:
1. Zur therapeutischen Anwendung am Menschen darf nur ein als wirk-
sam erprobtes Streptokokkenserum verwendet werden.
2. Die Wirksamkeit des Streptokokkenserums ist behördlich zu prüfen,
und zwar mittelst solcher Stämme, welche unverändert aus menschlichen
Krankheiten gezüchtet worden sind und sich nicht in der Hand der Serum-
darsteller befunden haben.
3. Der Praktiker, welcher Streptokokkenserum anwendet, ist verpflichtet,
soweit über den theoretischen Vorgang der Serumwirkung orientiert zu sein,
um die Indikationen und die Gegenindikationen zu stellen.
4. Die Streptokokkenserumbehandlung darf nicht als letztes Mittel in
Anwendung gezogen werden, sondern ist als Prophylaktikum im weitesten
Sinne zu betrachten.
Lubowski (15). Zusammenfassende Literaturübersicht über das
Aronsonsche Antistreptokokkenserum und dessen therapeutische
Verwendung. In einem ersten Abschnitte sind Geschichte, Darstel-
lung und experimentelle Untersuchungen berücksichtigt. Erwähnt
sei daraus: Ruppel und Aronson sind der Ansicht, dass die vom Typus
Tavel, d. h. die Sera, zu deren Erzeugung grundsätzlich nur solche Kulturen
benutzt werden, welche direkt von menschlichen Streptokokkenerkrankungen,
ohne jede Tierpassage auf künstlichen Nährböden, in Reinkulturen gezüchtet
werden, auch gegenüber tiervirulenten Kulturen fast vollständig unwirksam
sind, und dass es dadurch unmöglich ist, sich von dem tatsächlichen Vor-
handensein von Immunstoffen in dem Serum durch das Tierexperiment zu
überzeugen. Ein zweiter Absclinitt gibt eine Übersicht über die thera-
peutische Anwendung unter Berücksichtigung hauptsächlich des Schar-
lachs, der puerperalen Infektion. Aus den bisherigen Erfahrungen
gehe hervor, dass das Aronsonsche Serum in absehbarer Zeit, in thera-
peutischem Arzneischatz eine derjenigen des Diphtherieserums gleiche Stellung
einnehmen werde.
Klein (14). Zwei unter Behandlung mit Serum-Ar onson günstig verlaufene Fälle.
1. Fall Pleuropneumonie. 2. Fall vom ürogenitoltraktus ausgehende Sepsis. Bakteriologische
Untersuchung fehlt.
Aronson (1) bemerkt in der Diskussion zu Meyers Vortrag, dass er
seine Pferde ausser mit den von Menschen direkt gezüchteten Streptokokken
BrnnneryWandfaeilang, Störungen der Wandbeilung etc. 313
sach mit tieirirulenten Streptokokken immunisiere und dass diese Metkode
Don auch im Past Burschen Institut Anwendung finde.
Das Charakteristische bei der Wirkung des Streptokokkenserums sei
neben der frappanten Besserung des Allgemeinbefindens in vielen Fällen ein
Temperaturabfali. Leider werde mit der spezifischen Therapie immer viel
m spat begonnen. Beim Tiere seien die Heilwirkungen seines Serums ganz
aorbitante.
Schwarzenbach (22) hält Formaldehyd in maximaler Dosis bis
zu 0,15 pro die für Erwachsene und ältere Kinder als vollständig unschäd-
lich. Es soll imstande sein, im lebenden Körper, ohne Schädigung dieses
letzteren Streptokokken abzutöten*); wobei es nicht anti toxisch wirke. Ob-
schon ein erheblicher Prozentsatz im Harn ausgeschieden, reize es die Nieren
nicht.
Schwarzenbach (23) entwickelt in seinen Beiträgen zur Pathologie
und Therapie der Streptokokken in therapeutischer Hinsicht sehr
optimistische Ansichten. Bei Streptomykosen der unteren Luftwege soll na-
mentlich das Ichthyol eine intensive Wirkung entfalten; es wird dabei von
einer ^sichereren" Wirkung gesprochen bei innerer Applikation, als man sie
mit Kreosotpräparaten erziele. Auf die Lungen wirke es offenbar vermöge
des Schwefelgehaltes. Es scheine „ein Teil des mit dem Ichthyol eingeführten
^iwefels durch die Lungen, vielleicht als Schwefelwasserstoff ausgeschieden
ZQ werden und dabei auf die vorhandenen Keime entwickelungshemmend zu
wirken.**
<i Pyogene Allgemeinerkrankungen. Toxämie, Sephthämie,
Pyosephthämie.
1. Adolph^ Fall von schwerster Allgemeininfektion bei Cholangitis. Operation. Heilung.
Mitteil, ans den Grenzgebieten. Bd. XV. Heft 3 u. 4.
2. Biland, über einen Fall von Staphylohämie. Eorreepondenzbl. f. Schweizer Arzte 1905.
Sr. 12,
3. firehmer, Ober Gonokokkenaepsis der Neugeborenen. Deutsche med. Wochenschr. 1905.
Nr. 2.
4. Bamm, Über die Unterbindung der abführenden Venen des Uterus bei Pyftmle. Berl.
klin. Wocbenschr. 1905. Nr. 1. p. 19.
5. J&eobitz, Fall von Sepsis. Mflncb. med. Wochenscbr. 1905. Nr. 42.
6. *Majew8ki, Behandlung mancher sept. Zustände. Przegl. lekarski. Nr. 1—4.
I. Moorbead, The bacillus coH communis as a cause of septicaemia. The Practitioner
1905. Juoi.
6. Stiobli, Doppelsepsis. Münch. med. WocHenschr. 1905. Nr. 45.
^. Wynn, General gonococcal infection. The Lancet 11. II. 1905.
Wynn (9) berichtet über drei Fälle von Gonokokken -Allgemein-
infektion. Stets war der Ausgangspunkt die Urethra. Die Samenbläschen
vaien in allen Fällen beteiligt und möglicherweise ging die Allgemeininfektion
Ton hier aus. Im dritten Fall war vielleicht der Ausgangspunkt ein Prostata-
a^bszess. Im ersten Falle wurde der Gonococcus allein im Blut gefunden, in
Metastaten fand sich ausserdem Bact. coli. Im zweiten und dritten Fall
^en Bact. coli und Streptokokken im Eiter gefunden. Eine sehr seltene
Komplikation bilden die bei Fall 1 und 2 konstatierten subkutanen Abszesse.
M 3 zeigte eine typische Pyämie mit Abszessen in Lungen und Nieren.
M Wozu Referent und mit ihm wohl viele Andere ein ? setzen.
314 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
Verf. hat bis jetzt keinen Fall in der Literatur gefunden, bei dem Gooo*
kokken in den Lungen gefunden wiurden. Frische Endokarditis war bei zwei
Fällen vorhanden, bei einem Fall mit Gonokokken. In der Literatur findet
sich, dass unter den Mischinfektionen mit Gonokokken am meisten Koli-
bazillen sich finden. Für den kulturellen Nachweis der Gonokokken im Blnt
ist Blutagar notwendig.
Brehmer (3). Fall von Gonokokkensepsis nach Ophthalmia DeoDatomm. In
einer EllhogengeleDkeiteruiig Gonokokken im AoBstrich.
Biland (2). Fall von sog. kryptogenetischer Staphylokokken-Py&mie
mit Knoehen- und Schleimbeutelherden, mit einer am ehesten dnreh die KokkeDansscheidmig
dureh die Niere za erklärenden Staphylokokken-Ürethritia nnd konaekntiver £pididymitiB,
mit Erythems nodosmn ihnlichen HantmetastaseD and mit an£Eallender Neigung der Staphylo-
kokkenherde zu luYolution ohne Abazedierung.
Jacobitz (5). Bei einem Fall von Ekzem mit nachfolgender Sepsis wurde der
Staphylococcus citreus als Erreger gefunden und zwar an nässenden Hautstellen, im
Sputum, im Eiter von Abszessen.
Stäubli (8). Bei einem Fall you .Doppelsepsis* liess sich neben dem Streptococcus
longus als Erreger der primären Infektion ein winzig kleines, nur ca. 0,4 ^ langes Kurz-
Stäbchen nachweisen.
Bei dem Ton Adolph (1) beschriebenen Fall von ^jschwerster All-
gemeininfektion bei Cholangitis^ fanden sich in der ;,OperatioDS-
galle^ zahlreiche Kolibakterien. Die Galle erschien dabei ganz normal.
Der Fall ging mit hohem remittierendem Fieber einher. Nach der Chole-
zystotomie Heilung.
Moorhead (7). Nach ausgiebiger Betrachtung der in- und ausländi-
schen einschlägigen Literatur teilt Verf. einen genau beobachteten und bak-
teriol(^isch untersuchten Fall von Koli-Septikämie mit.
Es handelte sich um einen 37 jährigen Mann, der unter hohem Fieber
von remittierendem Charakter mit hohen Abendexazerbationen erkrankte und
unter Koma starb. Die post mortem ausgeführten bakteriologischen Unter-
suchungen ergaben allgemeine Verbreitung des Bacterium coli, auch in
der Zerebrospinaläüssigkeit und in den Seitenventrikeln.
Bumm (4) berichtet über zwei Fälle von Pyämie, ^bei denen die
Heilung in dem einen Fall sicher und in dem andern wahrscheinlich auf d i e
Unterbindung der abführenden Venen zurückgeführt werden muss".
Dieser operative Eingriff sei zuerst von W. A. Freund in Strassburg vor-
geschlagen worden, später sei es Tendelenberg gelungen, einen Fall
chronischer puerperaler Pyämie durch Unterbindung der Venae hypogastricae
und einer V. spermatica zu heilen. Bei den referierten Fällen hat Bumm
die Venae hypogastricae unterbunden, in denen die Thromben lagen. Er
glaubt, dass durch die Unterbindung die Zirkulation in den Becken venen
unterbrochen und damit die Fortschleuderung oder Fortschwemmung der
infektiösen Thrombenmassen beseitigt wurde.
2. Wundbehandlung^.
a) Aseptische Wundbehandlung. Geschichtliches.
Bedingungen der Aseptik. Allgemeines.
1. Allen, üne technique chirnrg. simple et aseptique. Bev. de Chir. 1905. Nr. 12.
2. *Aymard, Glass a suhstitute for lint in the treatment of granulating wounds.
Lancet 18. XI. 1905.
3. Bernhard, Offene Wundbehandlung und Transplantation. Zeitschr. f. Chir, Bd. 78^
Brauner, Wnndheiliing, Stömngen der WundheilaDg eto. 315
i 'Byfold, Einige Ponkie in der Technik aseptischer Operationen. Jonm. of Amer.
Aasoc Nr. 10.
:. Ingel, Trockene nnd feuchte Wnndbefaandlnng. Zeitschr. f. ftrztl. Forib. 1905. Nr. 12.
6. Gräser, Wan^behandlung and Wundverband. Mflnch. med. Wochenscbr. 1905. Nr. 49.
:. Hahn, Über den heutigen Stand der Aseptik in der Chirurgie. AUg. Wiener med.
Ztg. 1905. Nr. 24, 25, 26.
\ 'Haoghion, The healing of wounds etc. The Dublin Joum, 1905. Jan. pag. 59.
9. 'Müller, Die moderne Wundbehandlung. Allg. med. Zentral-Ztg. 1905. Nr. 9.
10. *— Asepsis bei Laparotomie. Wiener med. Wochenschr. 1905. Nr. 86.
11. *Po]losson, Sur quelques points de Tasepsie opäratoire. Bev. de ehimrg. 1905.
lir. 3. peg. 424.
22 'Soderbaam, Traitement des plaies. Ref. in Arch. g6n, de m^. 1905. Nr. 2. pag. 123.
M TiTel, £., Chirurgische Infektion. Moderne ärztliche Bibliothek. H. 22/28.
U. Thomas, Modem fashions in snrgery. Brit. med. Joum. 1905. Dec 28.
15. Tweedy, Asepsis in the Rotunda hoepital. The practitioner 1905. March.
\i. Micskowski, Mikroskopische Befunde des Wundsekrets. Poln. Arch. f. biolog. u.
med. WissMisch. Bd. IIL Ref. in Zentralbl. f. Chir. 21.
In der sehr anregend geschriebenen monographischen Bearbeitung des
Kapitels ^Chirurgische Infektion^ sagtTavel (13) im Vorwort, man dürfe
eoUchieden behaupten, dass nur derjenige Chirurg, der die Grundlagen der
Bakteriologie gründlich kennt und auf diesem Gebiete viel gesehen und ge-
arbeitet bat, imstande sei , in bezng auf glatte Wundheilung dauernd gute
Resultate zu erzielen. Im I. Hauptteil der Schrift wird sodann die Wund-
infektion besprochen, die Kontamination der Wunde, die Disposition
und Virulenz. Es kann hier nur einzelnes herausgegriffen werden. Im
Abschmtt Kontaktinfektion sagt Verf. über die Handschuhe : Die Zwirn-
handschohe mit oder ohne Manschette sind ;,grobe Filter^, die unmöglich die
Bakterien der Handoberfläche zurückbehalten. Die Gummihandschuhe wären
das Idealste, „wenn man sie nicht so oft und so sicher im Laufe einer
Openition einhacken, einschneiden oder einreissen würde, was ihre Vorteile
Tollstäodig illusorisch macht^. Absolut indiziert sind dagegen die Gummi-
kodschiihe als Hände schütz zur Verhütung der Infektion der Hände.
.Wir schliessen also aus den Inkonvenienzen der Handschuhe bei aseptischen
Operaücmen, dass das Tragen von Handschuhen zu grosse Nachteile besitzt,
m es konsequent durchzuführen, wenn nicht gerade spezielle Indikationen
torüegMi^ ^).
Zar Sterilisation der Instrumente empfiehlt Verf. Kochen in
2^o\geT Borlösung während V« Stunde. Das Ligaturmaterial soll anti-
septisch sein (eine Forderung^ die früher schon vom Bef. aufgestellt worden
'x^h), Dass Catgut sich nicht sterilisieren lasse, sei ;,ein Märchen^.
Von der Wundirrigation sagt Verf.: Die Chirurgen, welche die
^'mide nicht irrigieren, werden eine Infektion durch Irrigationsflüssigkeit
nicht erieben, ^dagegen werden sie um so mehr ihre Wunden zur Infektion
wi anderen Wegen disponieren^. Man vermeide bei länger dauernden Ope-
ratioDen die Eintrocknung, die sog. trockene Aseptik, dieselbe sei ^absolut
0 Dm deckt sich im ganzen vollkommen mit den Ansichten des Referenten. VergL
uei Z^irnhandschnhe, Stadien üher Wundinfektion etc. I. T. S. 186. 1898. Über
6d m m jb aodechahe. Siehe Referat Über Haeglers Monographie im Korrespondenzbl. f.
Schw. Arzte 1900. S. 449. Chirargische Erfahrungen über Magenkarzinom. 1901. Über
iejmpropbjkzie bei Magenoperationen. Beitr. z, klin. Chir. Festschrift Krön lein; ferner
fieoerkongeo in diesen Jahresberichten zu entsprechenden Referaten.
^) Yergl. frohere Jahresberichte.
816 Jfthresbericht für Chirurgie. I. Teil. -
2u verwerfen^. * Zur Irrigation empfiehlt er seine Salzsodalosnng. Jed<
antisepiische Irrigation ist zu vermeiden. Die Drainage ist füi
die. aseptische Heilung. von. allergrösster Bedeutung. Am besten seien Glas
drains; Gummid.rains imprägnieren sich mit dem Antiseptikum, in den
sie liegen, und können unangenehme Ätzwirkung ausüben^). - 24 — 4Sstündig€
Drainage genügt. Als prophylaktisches Mittel gegen Hämatome ist Gelatine
zu empfehlen. -7 , .
. Die Antisepsis und die Asepsis verfolgen ein gemeinsames erstes Ziel:
die minimalste Kontamination der Wunde. Das zweite zu erstrebende Ziel
die Abtötung der kontaminierenden Bakterien, will die Antisepsis vermittelst
chemischer Antisepticis erzielen, während die Asepsis auf die phy-siologischen
bakteriziden Eigenschaften des Organismus rechnet, um der Infektion vorzu-
beugen. .....
Gras er (6) verfolgt in seinem Aufsatz die Absicht, einige Versuche
und Erfahrungen zu besprechen, welche er in den letzten Jahren anf seiner
Klinik gemacht hat Als der grösste Fortschritt erscheint ihm aus dem letzten
Jahrzehnt die klare Erkenntnis, dass wir nicht imstande sind, unsere Hände,
nachdem sie mit infektiößem Material beschmutzt worden, keimfrei zu machen.
Er verwendet Handschuhe sehr viel, ^nicht nur in der Sorge vor Beschmutzung,
sondern auch gerade dann, wenn höchstes Mass von Sorgfalt anzuwenden ist:
er kann damit ebenso genau fühlen und operieren, wie ohne dieselben; er-
schwert ist nur das Festhalten glatter Eingeweide, besonders des Magens.
Gummihandschuhe werden auf beiden Seiten sehr ausgiebig mit Seife f;e-
waschen und 10 Minuten in Sodalösung gekocht. Von sonstigen Vorsichts-
massregeln verwendet er nur die Kopfmützen. Hautdesinfektion am Patienten
stets am Tage vor der Operation. Waschung bis zu einer halben Stunde
durch das Pflegepersonal. Desinfektion mit Alkohol und Sublimat, sowie An-
legen des sterilen Schutzverbandes durch den Abteilungsarzt *). Auf diese Weise
ist gesorgt, dass die Vorbereitung ohne jede Hast geschieht und die Ruhe
beim Einleiten d^r Narkose nicht durch Waschen gestört wird. — Gefäss-
Unterbindung mit Jodcatgut (Jodlösung Billmann -Mannheim). Auf genähte
Wunden Schleier von Gaze, neben der Wunde mit Kollodium befestigt.
Höhlenwunden werden drainiert (Glasdrain).
Bernhard (3) hat die Insolation nun auch bei der Transplantations-
behandlung ausgiebig benutzt und ist mit den Erfolgen sehr zufrieden. Die
Besonnung granulierender Wunden erleichtere durch ihre austrocknende Wir-
kung einerseits und ihrie Anregung zur Bildung kräftiger, gesunder Granu-
lationen anderseits sehr die Transplantation. Schon nach einer Viertelstunde
sind gewöhnlich die Läppchen mit der Unterlage so fest verklebt, dass man
eine gewisse Gewalt anwenden muss, um sie loszureissen. Einige Fälle illu-
strieren das Gesagte.
Thomas (14) gibt die Bescbreibang von oach seiner Ansicht praktischen Eopf-
mützen mit Handhab.e zum Aufsetzen, geeignet namentlich für Operateure mit langem
Haar, oder solche, die im Motorwagen reisen etc., wobei Staub sich in die Haare setzt.
Ferner gibt er Notizen über Wundbinde und Handschuhe und andere , modern fashions
•in surgery*.
1) Eine Beobachtung, die Referent bei vieljährigem ausgiebigem Gebrauch der Gummi-
drainsnoch nie gemacht hat.
2) Dem Referenten scheint dies Verfahren weniger Sicherheit zu leisten, als Reioiguag
anmittelbar vor der Operation. Der Schutzverband kann sich leicht verschieben, die Haut
von neuem verunreinigt werden.
B rann er, Wandheilung, Störungen der Wundbeilung etc. 317
Allen (1) Chirurg in Cleveland Ohio hält nach seinen vielfachen
hikteriologischen Untersuchungen die Gesichtsmaske nicht für notwendig
heim Operieren. Gummihandschuhe sind sehr zu empfehlen. Das Operations-
frld könne mit grosser Sicherkeit auf dem Operationstisch präpariert werden.
Ikie Patienten werden am Morgen des Operationstages gebadet. Sterilisation
der Verbandstoffe 30 Minuten in gespanntem Dampf.
Tweedy (15). Beschreibung der im Frauenspital (Rotunda^Hospital) in Dublin ge-
briedilichen Asepsis. Bei Operationen Gummihandschuhe.
Hahn (7). Übersicht ,Über den heutigen Stand der Aseptik in der Chirurgie*.
b) Desinfektion der Hände und des Operationsfeldes.
I. 'Ahlfeld, Rehabilitierung der Hand. Mttnch. med. Wochenschr. Nr. 49.
1 *Collin8, An experimental inquiry into the infection of operative wounds from the
skin . Brit. med. Joum. 1905. July 15.
t 'Dawborn,. Desinfection of the skin. Ann. of Surg. 1905. Nr. 5. pag. 773.
i DoT, Schweisssekretion der Hände bei Chirurgen und Asepsis. Gaz. des Hdp. Nr. 24.
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6. Herff, t.. Die Heisswasser - Alkoholdesinfektion. MQnch. med. Wochenschr. 1905.
Nr. 24, 25.
7. Maworski, Beiträge zur praktischen Händedesinfektion. Berlin -Wien, Urban &
Schwarzenberg.
7a.*Leedham-Green, Sterilization of the hands and skin. Brit. med. Joum. 1905.
30. Septbr.
8. Paochet, Les gants en Chirurgie. Arch. prov. de Ghir. 1905. Nr. 12. Dec.
9. *Pearson, Observations on sterilization of the hands. Brit. med. Joum. 1905.
30. Sept p. 785.
lö. Remenir, E., Zum Gebrauch der Paragummi- Handschuhe. Orvosi Hetilap 1905.
Nr. 84. Ungarisch.
II. Reyerdin-Massol, De Tasepsie des mains en Chirurgie. Rev. m^d. de la Suisse.
Rom 1905. Nr. 1.
li Komme, Les gants en caontchouc. La Presse m^d. 1905. Nr. 17.
13. Ssrwey, Bakteriolog. Bemerkungen zur Heisswasser- Alkoholdesinfektion. Deutsche
med. Wochenschr. 1905. Nr. 1.
14. *Schaeffer, In Sachen Alkohol wider Sublamin. Monatsschr. f. Geb. 21. 2.
15. Seitz, Hände-In- und Desinfektion. Zentralbl. f. Bakt. 37. 5.
Engels (5) beschäftigt sich in seiner grossen Arbeit mit der Kombi-
nation verschiedener Desinfektionsmittel mit Alkohol und
gknbt gezeigt zu haben, dass diese Kombination immer eine bedeutende
tberlegenheit im desinfektorischen Wert besitze, einerseits gegenüber der
wässerigen Lösung desselben Mittels, andererseits gegenüber dem Alkohol
aWein. Er betont dabei ausdrücklich, dass ihm die Tatsache bekannt sei,
dass bei den über dies Thema vorliegenden Versuchen der meisten anderen
Xutoren die Verwendung des Alkohols statt des Wassers als Lösungsmittel^
im Gegenteil eine Verschlechterung des Desinfektionsefifektes zur Folge hatte.
Mam ^ird nach seiner Meinung gut tun, bei Händedesinfektionen in Zukunft
weder den Alkohol allein noch in Verbindung mit einem in Wasser gelösten
Dtöinfektionsmittel nach Fürbingers Vorschrift zu verwenden. Das Des-
infiziens in alkoholischer Lösung, d. h. in Zusammenziehung
i«r Fürbingerschen Methode gebe die besten Resultate.
Weiter sei er zur Überzeugung gekommen, dass das Sublamin unter
i^n bisher bekannten Händedesinfizientien die erste Stelle einnehme, sowohl
in bezug auf bakterizide Wirkung als auf tiefere Wirkung und Einfluss auf
^^ Haiut. Diese Versuche seien auch schon von der Fürbing er sehen
318 Jahresberieht flGbr Chirurgie. I. Teil.
Schule anerkannt , insofern sie schon statt des Sublimats die wässerige Sul>
laminlösung eingeschoben haben.
Die empfohlene Desinfektionsordnung gestaltet sich folgendennassen:
Waschung der Hände mit steriler Seife (braune Kaliseife) and sterileij
Bürste in heissem Wasser ... 5 Minuten; Applikation der alkoholischen
Sublaminlösung 2 ^/oo ... 5 Minuten.
Für die Praxis wird empfohlen, stets folgende Lösung yorrätig zq
halten:
10 ^/o Sublamin- Alkohollösung.
10 g Sublamin werden in 96 ccm 50 ^/o Alkohol (bereitet aus gleichen
Raumteilen Alkohol und Wasser) + 0,15 ccm einer l®/oigen Eosinlösung in
50 ^/o Alkohol gelöst, so dass die Menge 100 ccm beträgt. Man kann sich
jederzeit aus der beschriebenen Stammlösung durch Auflösung von 10, 20.
30 ccm in Alkohol schnell die gewünschte 1, 2, 3 etc. prom. Desinfektions-
lösung zTun sofortigen Gebrauche herstellen.
Die Untersuchungen von Seitz (15) sind Verhältnissen angepasst, bei
denen es sich nicht darum handelt, die in der Tiefe sitzenden Bewohner der
Haut abzutöten, sondern Bakterien, die erst kurze Zeit vorher von aussen an
die Hände gelangt sind, wieder zu entfernen; mit andern Worten, wenn es
gelte, die Übertragung von Infektionskrankheiten durch die Hände zu ver-
hüten unter Umständen, wie sie in der Praxis häufig genug vorkommen. Es
zeigte sich bei diesen mit Prodigiosus, Bacterium coli angestellten
Versuchen, dass die Wirksamkeit einer einfachen Waschung mit
Wasser und Seife ;,eine sehr gute^ ist, anderseits lassen die Ver-
suche über die Wichtigkeit eines kurzen Handbades in einer
antiseptischen Lösung keinen Zweifel bestehen. Andererseits
beweisen sie auch die wichtige Tatsache, dass trotz der Reste von Sublimat
und Lysoform, welche von dem Handbade an den Händen haften geblieben
sein mögen, sich unter besonderen Umständen lebensfähige Keime in grosser
Anzahl übertragen lassen.
Sarwey (13). Zur bakteriologischen Prüfung desinfizierter Hände hat
Ahlfeld die sogen. ;,Gummihandschuhmethode^ ersonnen, welche im wesent-
lichen darin besteht, dass die mit der Heisswasseralkoholmethode desinfizierte
Hand längere Zeit durch einen mit sterilem Bouillonsaft gefüllten sterilen
Gummihandschuh von der Aussenluft abgeschlossen und dann auf ihren Keim-
gehalt kulturell geprüft wird. Bei Nachprüfung dieser Methode gelangt
Sarwey zu folgenden Resultaten:
1. Wie aus früheren Versuchsreihen, so geht auch aus denjenigen Ver-
suchen, welche in strengster Befolgung der von Ahlfeld angewandten Ver-
Buchstechnik eine exakte Nachprüfung seiner Handschuhexperimente dar-
stellen, unzweideutig hervor, dass die Hände durch die Heisswasseralkohol-
desinfektion nicht keimfrei gemacht werden können.
2. Ahlfelds entgegengesetzt lautende Versuchsresultate, nach welchem
seiner Heisswasseralkoholdesinfektion die Fähigkeit einer absoluten Sterili-
sierung der unvorbereiteten Tageshände zukommen soll, beruhen auf ver-
schiedenen Versuchsfehlem, die der von ihm geübten Versuchstechnik an-
haften; diese sind es, welche trotz vorhandenen Keimgehalts der desinfizierten
Hände ein Sterilbleiben seiner Bouillonröhrchen bewirkt und so eine Steri-
lität der Hände vorgetäuscht haben.
Brnnner, Wandheilang, StOraDgen der Wondheilang etc. 319
3. Diese Fehlerquellen sind im wesentlichen zurückzuführen anf die zu
beme Anzahl von Einzelprüfungen, welche gleichzeitig von derselben Yer-
suchshand al^enommen wurden; femer auf die ausschliessliche Verwendung
Ton Bouillon als Nährböden, endlich auf die aus mehreren Gründen zu ge-
ringe Intensit&t seiner Keimentnahme. Die Ausschaltung dieser Fehlerquellen,
^reiche durch gewisse Änderungen in der Versuchsanordnung erreicht werden
kann, hat das Auftreten von Handkeimen im Nährboden und damit das in
der ersten These festgelegte Versuchsresultat zur unmittelbaren Folge.
Remenar (10) berichtet über den Erfolg des Gebrauches von Para-
gummi^Handschuhen an der I. Chirurg. Universitätsklinik (Direktor Prof.
J. Dollinge r) zu Budapest. Die Vorteile dieser Handschuhe sind:
1. Eine absolute Sterilisation.
2. Bei mehreren Operationen nacheinander kann das zeitraubende
Waschen etwas abgekürzt werden, insofeme wir nach kurzer gründlicher
Reinigung die Handschuhe wechseln.
3. Im Notfalle erlaubt das Wechseln der Handschuhe auch nach
Toransgehenden septischen Operationen spätere aseptische. Dies ist besonders
für den praktischen Arzt von Wichtigkeit.
Seit dem Herbste 1905 lässt Delling er über die Paragummi-Hand-
sdohe noch v. Mikuliczsche Zwirn- Handschuhe ziehen, um ein Rutschen
der Gummi -Handschuhe zu vermeiden. Trotz der zwei Handschuhe ist das
Ta^fuhl ein gutes. Gergö (Budapest).
Reverdin et Massol (11) kommen in ihrer experimentellen Arbeit
über Asepsis der Hände in Übereinstimmung mit vielen anderen Ver-
SQchsergebnissen anderer Autoren zu dem Resultate, dass eine absolute
Sterilisation der Hände nicht möglich ist. Am wichtigsten ist die mecha-
nische Bearbeitung mit der Bürste; Hitze und Seife sind dabei Adjuvantien,
welche die Reinigung beschleunigen. Antiseptika können nur bei langer Ein-
virkmig auf die Hände wirksam sein. Eine Schweissinfektion existiert nicht
Je länger und intensiver die Waschung ausgeführt wird, desto mehr verein-
facht sich die Mikrobienflora der Hand. Zuletzt bleibt immer der polymorphe
Coccns von Axel Cedercreutz zurück.
von Her ff (6) schliesst aus seinen operativen und geburtshilflichen
Erfahrungen, dass die Heisswasseralkoholdesinfektion nach Ahlfeld zum
mindesten eben so gut sei wie die Für bringer sehe, wenn nicht noch besser.
Jeden&lls sei sie einfacher in der Technik und verdiene daher allgemeine
Verbreitung. Die Ergebnisse des Frauenspitals beweisen, dass sich auch
ohne Handschahe schwere ektogene Infektionen mit grosser Sicherheit auf
TJele Jahre hin vermeiden lassen.
Fauchet (8) empfiehlt als besten impermeablen Handschuh ^le gant
de Chapnt.^ Jeden Tag ausgekocht, halte er Monate. Wenn eine Nadel
ib durchsticht, kann er repariert werden. Resume: „il n'y a qu'un gant:
c'est le gant impermeable; il n'y a qu'un gant impermeable; c'est le gant de
Chaput.^ Konservierung in Talkpuder. Vor der Operation im Seifenwasser
gewaschen, dann 10 Minuten gekocht.
Romme (12). Referat und E^ritik der Versuche von Reverdin et Massol Aber
Hiodedesinfektion ; ebenso Dor (4).
B20 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
c) Sterilisation des Naht- und Unterbindungamateri a.ls.
1. Bartlett, Eine neue Methode der Sterilisation von Gatgat. ZentralbL f. Cliir. 1905.
Nr. 15.
2. Des fo 8808, Le crin de Florence. Presse möd. 1905. Jnlj 15.
3. Föderl, Catgutsteriliaation. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 51. pag. 1366.
4. Heerfoldt, Sterilisation von Catgat durch Kochen. Hospitalstid. Nr. 46 (1904).
5. Moschcowitz, Dry iodine Catgut. Annais of Snrgery. 1905. Sept.
Bartlett (1) empfiehlt folgendes neue Verfahren der Catgut-
sterilisation:
1. Das Rohmaterial wird in Fäden von etwa 2 Fuss Länge geschnitten
und jeder dieser Fäden wird um sich selbst gewunden. Die so entstehenden
Ringe, die einen Durchmesser ungefähr von der Grösse eines Zweimarkstückes
haben, werden wie die Perlen an einen Zwirn- oder Baumwollfaden gereiht,
damit man sämtliche Fäden bequem hantieren kann.
2. Dieses Band von Catgutringen wird nun eine Stunde lang bei einer
Temperatur von 85° C und eine weitere Stunde bei 105** C getrocknet, und
zwar wird die Temperatur langsam auf die gewünschte Höhe gebracht.
3. Das Catgut wird nun in flüssiges Paraffin gebracht und bleibt in
dieser Flüssigkeit, bis es transparent geworden ist, was in spätestens zwölf
Stunden der Fall ist.
4. Darauf wird das Glasgefass mit dem Öl und Catgut in ein Sandbad
gestellt und die Temperatur eine Stunde lang ganz allmählich auf 160^ C
erhitzt, worauf diese Temperatur eine zweite Stunde lang unterhalten wird.
5. Nun hebt man den Faden mit den Catgutringen mittelst eines aus-
gekochten Instrumentes aus dem Öl und bringt das Catgut in ein steriles
Glasgefass, das mit folgender Mischung gefüllt ist:
Jodkristalle 1 Teil,
desodoriertes Methylalkohol 100 Teile.
Nachdem man jetzt den Faden mit ausgekochter Schere durchschnitten
und herausgezogen hat, bleibt das Catgut in dieser Flüssigkeit liegen und ist
nach 24 Stunden gebrauchsfertig.
V. Moschcowitz (5). Sehr ausführliche und exakte Arbeit über
trockenes Jodcatgut mit bakteriologischer Prüfung. Präparation in der
Claudiusschen Originallösung von 1 Jod, 1 Jodkali, Wasser 100. Am zehnten
Tage Herausnehmen aus der Lösung und trockene Aufbewahrung in sterilem
Gefäss. Vor dem Gebrauch durch Karbollösung oder steriles Wasser gezogen.
Das Catgut ist „absolut^ steril.
Foederl(3) hat einen einfachen und wenig kostspieligen Apparat kon-
struieren lassen (Firma Baumann, Wien), um Catgut und Seite in überhitzten
Alkoholdämpfen zu sterilisieren. Es entwickelt sich im Innern ein Druck von
27» Atmosphären und die Temperatur steigt schon nach kurzer Zeit auf 100®.
Temperaturen von 100 ® bei einem Druck von 2 Atmosphären seien ausreichend
für die Abtötung der uns bekannten widerstandsfähigen Mikroorganismen.
Bakteriologische Untersuchungen bestätigten dies.
Desfosses (2). Mitteilungen über Herstellung und Provenienz des
;,Crin de Florence^ oder „Silk worm gut". Passavant hatte 1865 zuerst
die Idee, dieses Material bei der Staphylorrhaphie zu verwenden. Es sind
die Fasern, welche aus den Drüsen der Bombyx mori gezogen werden, bevor
sie den Kokon spinnt, also nicht gesponnene Seide.
Brunner, Wandheilang, StGrangen der Wundheilung etc. 321
d) Sterilisation des Yerbandmateriales, der Instrumente,
Schwämme.
1. ^Andrews, A method of Bterilisiog sponges. Lancet 1905. Oct. 14. p. 1106.
S. Grosse» Neues fiber Sterilisation besonders von Kathetern and chirurgischen Messern.
Mfinch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 81.
3. *— Neaes über Sterilisation. Med. Blätter 1905. Nr. 37, 38, 39.
4. Holzapfel, E., Zur Sterilisation von Verbandstoffen. Zentralbl. f. Gyn. 1905. Nr. 51.
5. Soeb, Über therapentische Verwendung mit Nebenniereneztrakt imprägnierter Ver-
bandstoffe. Allg. Wiener med. Ztg. 1905. Nr. 85.
6. Longa et, De la Sterilisation des Instruments. Le Progr^s m^d. 1905. Nr. 21, 22.
1. — De la Sterilisation des objets de pansement. Le Progrös m^d. 1905. Nr. 88.
8. ^Richaud, Däsinfection des Instruments de Chirurgie par le cyanure et roxycyanore
de mercure. Lyon m^d. 1905. Nr. 2. pag. 72.
Holzapfel (4) ist wie Braatz der Meinnng, dass die Vorwärmung
der Desinfektion mit strömendem Dampf nachteilig sei, denn bei der Zulei-
tung des gesättigten 100^ igen Wasserdampfes zu vorgewärmten Verband-
stoffen entstehe überhitzter, nicht etwa stärker gespannter Dampf, der
weit weniger keimtötend wirke, als der gesättigte 100^ ige ^). Die Vorwärmung
lasse sich leicht vermeiden auch bei Apparaten die für eine solche einge-
richtet sind. Man müsse eben die Verbandstoffe nicht gleich in den Apparat
einsetzen, sobald die Heizflamme angezündet wird, sondern erst dann, wenn
das Wasser zum Kochen gebracht ist und 100^ igen Dampf erzeugt. Setzt
man zu dieser Zeit die Verbandstoffe ein, so werden sie sofort der Dampf-
durchströmung unterworfen, während sie im anderen Falle durch die allmäh-
liche Erhitzung des Wassermantels angewärmt werden, ehe die Dampfdurch-
strömung beginnt.
Von den Einsatzkasten verlangt man, dass sie den Wasserdampf unter
möglichst geringer Behinderung von oben nach unten durchtreten lassen und
Mch der Desinfektion die Verbandstoffe vor späterer Verunreinigung schützen.
Diesen Postulaten entsprechen die Schimmelbuschschen Büchsen nicht
gamz. Verf. empfiehlt nun eine Modifikation, welcher die gerügten Mängel
nicht anhaften. Beschreibung ist im Original nachzulesen.
Nach Longuet (6) gewährt für die Sterilisation der Instrumente am
meisten Sicherheit die von ihm genannte ^Methode sporicide^ mit gespanntem
Dampf ohne Wasser (^Vapeur anhydre sous pression"), wozu er das bei 110®
siedende ^ytolene*' verwendet. Es wird dadurch die Oxydation vermieden
und eine neue Etappe auf dem Wege der „absoluten Sterilisation^ erreicht.
Dasselbe sporizide Verfahren empfiehlt er zur Sterilisation der Verbandstoffe.
Grosse (3) empfiehlt neuerdings die Sterilisation der Messer im Wasser^
dampf und empfiehlt im Interesse der Einheitlichkeit einen Wasserdampf-
Sterilisator für Verbandstoffe und Instrumente zugleich. Ihm entgegnet Kr o-
nacher, er erachte dieses Verfahren als einen Rückschritt; die Messer leiden
dadurch, das beste Verfahren sei Auskochen in Sodalösung. (Schimmel-
busch.)
Nach Koch (5) eignen sich mit Nebennierenextrakt imprä-
gnierte Verbandstoffe vorzüglich zur Tamponade der Nasenhöhlen nach
Muscheloperationen.
1) Vergleiche dem gegenüber die 1903, p. 110 und 1904, p. 53 referierten Arbeiten
▼OD Borchardt and Beckmann, nach welchen dem Vorwärmemodaa der Lauten-
BchUge rächen Apparate diese Nachteüe nicht anhaften.
Jabwbericht für ChimTgie 1905 21
322 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
e) Antiseptik, Antiseptika.
1. Aronheim, Verwendung von Baleamum peruyianum bei Behandlung von Wunden
und chroniachen ünterachenkelgeachwüren. Mflnch. med. Wochenechr. 1905. Nr. 37.
2. Blugger, Die Verwendung der SpirituBverbände. Deutsche med. Wochenechr. 1905.
Nr. 7.
8. Chlumsky, Behandlung chirurgischer Infektionen mit Phenolkampfer. Zentralblatt
f. Chir. 38.
4. Gohn, Zur Behandlung septischer Prozesse mit Argentum coUoidale Gred^. Wiener
klin.-therap. Wochenschr. Nr. 49.
5. *Goudrain, L'eau ozygön^e etc. Th^se de Paris 1904. Michaion ref. in Gaz. des
Höp. 1905. Nr. 2. pag. 21.
6. Gotte, Gangräne phöniqu6e. Presse möd. 1905. 5 Juill.
7. *Etterlen, Snr Taeide borique. Lyon m^d. 1905. Nr. 10. pag. 508.
8. *Fiorentini, Ober intravenöse Injektion von Thymol etc. 6azz. degli osped. 1904.
Nr. 97.
9. ^Friedberger-Oettinger, Versuche ftber die desinfizierende Wirkung des yGriseriBs*.
Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 7.
10. *Galli- Valerie, Über Isoform. Therap. Monatsh. 1905. Nr. 5. pag. 259.
11. *Hotys, Alkohol und Silber in der modernen Therapie. Allg. med. Zentral- Ztg. 1905.
Nr. 46.
12. Jacobson, Über Melioform, ein neues Desinfektionsmittel. Med. Klinik 1905. Nr. 15.
13. Isaja« 8uir azione antisettica delP isotachiolo. II Policlinico, sez. chir. 1905. Nr. 10.
14. Loewe, Alkohol- Silber-Salbe. Allg. med. Zentral-Ztg. 1905. Nr. 9.
15. Meyer, Über Isoform. Allg. med. Zentral-Ztg. 1905. Nr. 27.
16. Mailer, Parisol. Zeitschr. f. Ghir. Bd. 79.
17. Rau, Zur Kollargolbehandlong. Therap. Monatsschr. 1905. Nr. 12.
18. *BChmann, Über das pJodo-Anisol (Isoform) und sein Verhalten im Tier-Organismns.
Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 9.
19. Schi off er, Über Perubalsam als Mittel zur Wundbehandlung. Langenbecks
Arch. 77. 3.
20. *Scholtz, Über die Verwendung des 80 ^/o igen Wasserstoffsuperoxyd etc. Arch. f.
Derm. u. Syph. 1904. Bd. 71. 2 u. 3.
21. *Schwarz, Ein neues antiseptisches Pulver. Med. Blfttter 1905. Nr. 34.
22. *Walko, Über lokale Alkoholtherapie. Prager med. Wochenschr. 1905. Nr. 4.
23. Weissmann, Über EoUargol. Therap. Monatsschr. 1905. Nr. 8.
24. *Wenckebach, CoUargol by Septicaemie. Weekbl. yoor Geneesk. Nr. 3.
25. *Wolffenstein, Zinkperhydroi. Therap. Monatsh. 1900. H. 11.
Cohn (4) hat über die Wirkung des Argent. colloidaie (Crede)
Tierversuche angestellt, welche negativ ausfielen. Das lösliche Silber vermöge
keinen Schutz gegen Infektionen zu gewähren, da es bald nach seiner Ein-
verleibung unwirksame Niederschläge in den Organen bilde.
Weissmann (23). Sammelbericht über Kollargol, zum Schlüsse Mitteilang
eigener Erfahrangen. Das Fazit lautet sehr günstig; unter anderem ist gesagt: , Kollargol
ist ein ausgezeichnetes Prophylaktikum bei schweren Verletzungen und grösseren operativen
Eingriffen'.
Rau (17). Günstiger Erfolg von intravenöser Eollargolbehandlung bei 2 FftUen.
1. Pyftmie nach granulierender Wunde am Nacken. 2. Puerperalinfektion. Es scheint dem
Verf. wahrscheinlich, dass die Eollargolbehandlung den Beifall weiterer Ärztlicher Kreise
finden werde, wenn erst jedermann sich mit der Technik befreundet und die Furcht vor
der , Luftblase* verloren haben werde.
Die von Loewe (14) empfohlene Alkohol-Silbersalbe enthält
*/» °/o Kollargol, 70°/o eines 96% igen Spiritus, Natronseife, Wachs und etwas
Glyzerin. Sie soll die Vorzüge des Alkohols und des löslichen Silbers ver-
einigen. Der Alkohol ruft durch seinen Reiz auf die Gewebe Hyperämie
hervor und macht dieselben besonders geeignet zur Aufnahme des reizlosen
ungiftigen, aber antiseptisch wirksamen KoUargols.
Branner, Wnndheiliing, StOrangen der Wandheilang etc. 323
Nach Blngger (2) haben sich hinsichtlich der Wirkung der Spiri-
tasTcrbände die von Salzwedel gemachten Angaben bestätigt. Phleg-
monen, Panaritien, Fnrunkel, Lymphangitis bilden die haupt-
sächlichsten Indikationen. Nach kurzer Zeit macht sich nach seinen Be-
obachtungen eine schmerzstillende Wirkung, sowie Beschränkung der Ent-
töndung bemerkbar. Kommt es zu Eiterung, so beobachte man auffallend
rasch eintretenden Zerfall, bezw. Einschmelzung zu meist kleineren, scharf
begrenzten Eiterherden. Die Technik bleibt die von Salzwedel angegebene.
Auf die Hant kommt zimächst der mit Spiritus durchtränkte Verbandmull
in etwa achtfacher Lage, darüber eine 2 — ^3 cm dicke Schicht lockerer reiner
Wundwatte, darüber eine Decke von durchlochtem Gummistoff; das Ganze
mit einer Binde befestigt.
Schloffer (19) hat in der Innsbrucker Klinik mit Verwendung von
Perubalsam bei akzidentellen Wunden eine Reihe von Erfahrungen ge-
ironuen, ,^die beweisen^, dass diese Substanz einen ganz ausgesprochen
günstigen Einfluss auf die Heilung derartiger Wunden hat. Untersuchungen
von Sater ergaben bei geringer Giftigkeit des Mittels hervorstechende fäulnis-
und entzundungswidrige Wirkung des Mittels. Nach gewissen Richtungen
.ganz Terblüffende^ Ergebnisse ergaben sich bei der klinischen Erprobung;
namentlich bei gequetschten und verunreinigten Wunden soll es eine Wirkiug
äussern, ^die keinem der übrigen Mittel zur Behandlung solcher Wunden
zukoimnt'^. Es traten keine schweren Entzündungserscheinungen auf, stinkende
Eitenmgen blieben aus usw. Histologische Untersuchungen zeigten, dass der
Ba\sam in der nächsten Umgebung stets eine breite Zone stärkerer Leuko-
zjtensammlung, niemals aber nur die Spur einer Verätzung hervorruft.
Aronheim (1). Lobredt auf BalBamum peruvianum. Verf. hat .aach die
sssanbersten RisB-Quetachwonden ohne Eitemng zar Heilang gebracht Bei Unterschenkel-
geiehwflren ala Salbe:
Rp.: Arg. nitric. 0,3
Bals. perav. 5,0
Paranephrin 2,0
üngt Diachyl. ad 50.
Chlamski (S) empfiehlt zur Behandlung infizierter Wanden, Furunkel und chirurgi-
«eher Infektionen den Phenolkampher:
Rp.: Acidi carbol. purissimi 80,0
Gampforae tritae 60,0
Alcohol. absolut. 10,0.
Jacobson (12). Melioform enthält neben 25 ^/o Formalin noch
15 Vo essigsaure Tonerde. Durch 0,2®/oige Lösung wird Staphylococcus
^TLieus in 5 Minuten, Bacillus anthracis in 10 Minuten in der Entwickelung
gehemmt. Das Mittel habe folgende Vorzüge:
1. Es könne als ungiftig bezeichnet werden (? Ref.).
2. Es sei in der Verdünnung von 6 : 1000 geruchlos.
3. Es greife weder Hände noch Instrumente an.
4. Es ist ökonomischer als z. B. Lysol und Lysoform.
Unter dem Namen Isotachiol hat Prof. Paterno ein neues Silber-
salz angegeben, welches vor dem Tachiol den Vorzug einer grösseren Be-
ständigkeit zeigt, ohne Alteration auch im festen Zustande aufbewahrt werden
käim und ausserdem preiswerter ist als Fluorsilber.
Isaja (13) hat zunächst das antiseptische Vermögen des Isotachiols in
Titro festgestellt. Er hat die Wirkung des Isotachiols auf diejenigen Mikro-
21*
324 Jahresbericht fdr Chirurgie. L Teil.
Organismen geprüft, welche in der Praxis das meiste Interesse haben, d. h.
auf die pyogenen Staphylokokken in ihrer Abart aureus und albus, auf den
Typhusbazillus, auf das Bacterium coli, auf den Bazillus des Karbunkel. Die
Resultate der verschiedenen Versuche zeigen, dass der Staphylococcus pyogenes
aureus und das Kolibakterium durch Lösungen 1 : 100000 nach 5 Minuten
getötet werden; der Staphylococcus pyogenes albus und der Typhusbazillus
durch Lösungen von 1 : 100000 nach 3 Minuten, die Bazillen des Karbunkels
durch Lösungen von 1:50000 nach 5 Minuten, die Karbunkelsporen durch
Lösungen von 1 : 1000 nach 5 bis SO Minuten. Diese Resultate sind fast
gleich den von Perez mit dem Tachiol erzielten.
Durch sein toxisches Vermögen bietet das Isotachiol, wie das Tachiol
eine unzweifelhafte Überlegenheit über alle anderen Antiseptika. Zur Prüfung
der Toxizität hat Isaja zwei Versuchsreihen angestellt: bei der ersten inji-
zierte er das Antiseptikum in das Unterhautzellgewebe sowohl bei Kaninchen
wie Meerschweinchen, bei der zweiten Reihe injizierte er auf endovenösem
Weg. Nach Nachweisung der Toleranz des Organismus gegenüber dem Iso-
tachiol studierte er die Wirkung, die dasselbe auf den infizierten Organismus
ausübt, indem er sowohl die lokale als auch die allgemeine Wirkung studierte.
Aus diesen Versuchen ergab sich, dass die Isotachioleinspritzungen eine lokale
bakterientötende Wirkung ausüben, die auf die Injektionsstelle umschrieben
ist. Was die allgemeine Wirkung angeht, so fand Verf., dass bei den am
stärksten virulenten Infektionen, wie dem Karbunkel, man den Tod des Tieres
mittelst des Isotachiols verzögern kann, sei es dass dasselbe subkutan oder
auf endovenösem Wege dargereicht wird; nie jedoch erreicht man das Über-
leben des Tieres. Dies bestätigt die Tatsache, dass die Isotachioleinspritzungen
hauptsächlich eine lokale Wirkung ausüben und demnach ihre Wirksamkeit
in dem Anfangsstadium der AiFektion entfalten können, d. h. dann, wenn der
Herd noch lokalisiert ist.
Nach Bestimmung des starken antiseptischen Vermögens, sowohl in vitro
als in den tierischen Geweben, und der minimalen Toxizität hat Isaja die
Wirkung des Isotachiols in der Praxis versucht. Das Isotachiol wurde in
grossem Massstabe in dem chirurgischen Institut zu Rom mit zufrieden-
stellenden Resultaten als Desinfektionsmittel bei eiternden Höhlungen oder
Gängen, sowie bei ulzerösen Prozessen zur Anwendung gebracht. Zur Des-
infektion der eiternden Höhlungen und Gänge wurden l^/oo ige Lösungen ver-
wandt, sei es zu Ausspülungen, wie zum Tränken der Gaze, mit der die
Wunden bedeckt wurden. Und seit mehreren Jahren ist nach Isaja in jenem
Institut das Tachiol durch das Isotachiol ersetzt worden, da sich dasselbe
konstant von der gleichen Wirksamkeit und von der gleichen relativen Un-
schädlichkeit des ersteren zeigt.
Dem Verf. erschien es von Wichtigkeit festzustellen, ob Trinkwasser, welches dem Iso-
tachiol in einem derartigen Verhältnis zugesetzt wurde, dass eine Lösung von 1 : 500000 ent-
stand, fähig wäre, sich steril zu erhalten, auch wenn es der Luft ausgesetzt wurde. Zu dem
Zwecke stellte er zwei Reihen von Versuchen an, indem er die Untersuchung auch auf das
Tachiol ausdehnte, mit dem sich schon andere im Institut des Prof. Patern 6 beschäftigt
haben. Er wies nun nach, dass das Isotachiol und das Tachiol in dem Verhältnis von
1 : 500 000 fähig sind, nicht nur die Mikroorganismen zu töten, welche sich in dem gewöhn-
lichen Quellwasser finden können, sondern auch diejenigen, welche in das besagte Wasser
durch die Luft und den Staub übertragen werden können. Es blieb noch die Art dieser
Keime festzustellen, welche sich in besagtem Wasser fanden und auf die das Antiseptikum
in so äusserst schwacher Lösung fähig war, eine zerstörende Wirkung auazufiben; durch
wiederholte bakteriologische Untersuchung genannten Wassers konstatierte er die An-
Brunner, Wundheilang, Störungea der Wandheilung etc. 325
vMciüieii derSarcina roaea, der Sarciua luteoflava und von Schimmelpilzen (Aspergillua
riftTiscenao).
Anf d«r anderen Seite wollte I s a j a experimentieren , ob und in welcher Zeit die
1:500000 Tachiol- und Isotachiollösongen imstande wären, besonders infiziertes Wasser zu
aienliaieTeo. Die Resultate der mit dem Staphylococcus aureus, dem Typhuabacillus und
km Bacterinm coli vorgenommenen Versuche übertrafen jede Erwartung.
Bedenkt man, so schliesst der Verf., die äusserst geringe Menge des in
emem Liter der Lösung 1 : 500 000 enthaltenen Antiseptikum (cgm 0,20), be-
denkt man die vollkommene Unschädlichkeit dieser Dosis für den lebenden
Organismus, so ergibt sich daraus eine Tatsache von der höchsten hygienischen
und therapeutischen Bedeutung. Denn es wäre des Vorschlag nicht gewagt,
jedesmal in den Fällen, wo man Interesse hat, steriles Wasser zu erhalten
und aufzubewahren, auch wenn es der Luft ausgesetzt gehalten werden muss,
zQ dem Tachiol oder Isotachiol in den oben angegebenen Proportionen zu
greifen. Dass derartige Lösungen nicht nur nicht die Klarheit und den Ge-
schmadc des Wassers alterieren (besonders was das Isotachiol anbelangt),
sondern auch unschädlich sind, ist einerseits aus der äusserst geringen Dosis
zu mntmassen, wurde aber auch von Isaja experimentell bewiesen: zwei
Hunde, denen man lange Zeit hindurch ausschliesslich Isotachiol in den oben
angegebenen Lösungen zu trinken gegeben hatte, blieben immer wohl und
zeigten nie irgend welches Symptom, das die Aufmerksamkeit auf sich gerufen
hätte, noch eine Gewichtsabnahme des Körpers. R. Giani.
Das Ton Müller (16) empfohlene Parisol stellt ein Kondensations-
prodnkt von Formaldehyd und verseiften Naphtachinonen dar. Es ist
eine Flüssigkeit von heller, wasserklarer Farbe mit angenehmem, erfirischen-
dem Geruch. Lösungen in Wasser von 0,5 — 5^/o sollen „in ihren Wirkungen
den bisher üblichen antiseptischen Lösungen entschieden überlegen^ sein, und
ivBi in bakterizider und desodorisierender Hinsicht. Es sei das ^denkbar
stärkste Mittel^, dem Sublimat, der Karbolsäure und dem Lysol überlegen.
Protokolle bakteriologischer Untersuchungen werden als Beweise hierfür vor-
gelegt. Das Mittel habe femer den Vorzug, mit dem Eiweis der Zelle keine
Qnlösliclien Verbindungen einzugehen und tief in die Poren und oberen Zell-
schicbten der Haut und Schleimhaut einzudringen, es eigne sich daher be-
sonders zur Sterilisation der Hände. — Hinter den Satz „In der Wundbehand-
loog wird sich das Parisol sehr bald einen dauernden Ruf und den ersten
Platz unter den Antisepticis erwerben^, möchte Ref. ein ? setzen.
Meyer (15). Ober I s o f o r m. Fast ansschliesslich referierende Angaben über Heiles
Ijotersac^ongen.
Cotte (6). Fall von Fingergangrän durch Umschläge mit
Karbolwasser. Amputation. Ein Schnitt durch den Finger zeigte Ne-
krose alier Schichten bis auf den Knochen. Die Konzentration der Lösung
iei Ton weniger Einfluss als die Dauer der Applikation. Es handle sich dabei,
oach der Ansicht einzelner Autoren , um eine eigentümliche Trophoneurose,
ausgezeichnet durch schnellen Verlauf, nach anderen, um die Wirkung haupt-
sächlich auf die Gefässe, die Hauptsache aber sei die Koagulation des
^iweisses. Als Therapie können im Anfang alkalische Bäder von Wirkung
sein, doch kommen die Patienten meist zu spät in Behandlung.
326 Jahreabwicht für Chirurgie. I. Teü.
f) Behandlnng von Yerletznngen und infizierten Woinden.
1. 'Bett, Über den ersten Verband mit Perab&lsam. Der Militärarzt 1905. Kr. 3.
2. Friedrich, Die Behandlung infektions^erdAchtiger und infizierter Wunden eiiiBehliefia'
lieh der panaritialen, phlegmonöaen, furunkulösen Entzflndungen. Deutsche med. WocfaeD*
Schrift 1905. Nr. 26.
3. *Fürth, Zur Behandlnng von yerunreinigten Wunden. Pharmakol. u. ihersp. Rond^
Behau 1905. Nr. 12.
4b Lejars, Traitement des plaies par äcrasement de la main. Sem. m^ 1905. Nr. 9<
pag. 98.
5. Mflller, B., Über Vnlvoplast. Therap. Monatshefte H. 6.
6. ^Rosthorn, Die Behandlung der puerperalen Infektionen. Dentsche med. Wochen^
Schrift 1905. Nr. 28.
7. Yejrassat, De Temploi de la Solution phjsiologiqne chande dans le traitement des
ulcäres. Rev. m^. de la Suisse rom. 1905 Nr. 8.
8. Wiener, Zelluloid als Wundverband. Zentralbl. f. Ghir. 43.
Über die Behandlung frischer, infektionsverd ächtiger
Wunden sagt Friedrich (2): Bei kleinem Umfang der Wunde kann
die Behandlung durch sofortige Äusätzung mit konzentrierter Karbolsäure,
durch Ausbrennen mit Glühstift, durch Ausschneiden des ganzen infektions-
verdächtigen Herdes bewerkstelligt werden. Von der Ausätzung machen
wir mit bestem Erfolge Gebrauch bei denjenigen frischen Wunden kleinen
Umfangs, wo eine unmittelbare Gefahr für den Träger durch ein besonderes
gefahrliches, namentlich schon an den menschlichen Organismus angezüchteten
Virus naheliegt, so bei kleinen Stich- und Risswunden der Ärzte und des
Heilpersonals, nach Manipulation an Leichen oder septischen Kranken. Hier
sei nichts Zuverlässigeres als die sofortige Aufträufehmg eines oder weniger
Tropfen konzentrierter Karbolsaure, einer Jodtinktur, Lapis infemalis und
verwandter Ätzmittel oder das Berühren mit dem Glühstift zu empfehlen.
Ausschneidung des infektionsverdächtigen Gewebes kann sehr nütziich
zur Verwendung kommen bei Weichteilverletzungen, insbesondere des Kopfes,
sie hat aber naturgemäss ihre engen Grenzen. Nach Möglichkeit ist sie bei
allen Verletzungen anzustreben, die nach ihrem Hergange die Tetanns-
gefahr in sich schliessen. Bei grösseren akzidentellen Wunden tritt je nach
Bedarf die breite Erweiterung des Wundgebietes in ihr unbeschränktes Recht.
Ruhigstellung des Verletzungsgebietes, lose Bedeckung mit keimfreiem Ver-
bandmaterial schaffen zunächst für den Verletzten die günstigsten Bedingungen.
Friedrich hält es für den grössten Fortschritt in der Wundbehandlung,
seit Listers Entdeckung, dass wir hinsichtlich unserer Vorstellungen über
die chemische Desinfektion der Wunden und hinsichtlich der Überlegenheit
physikaHscher Massnahmen uns vollständig klar geworden seien ^).
Hinsichtlich der Behandlung erkennbar infizierter, operativer
und akzidenteller Wunden, einschliesslich der entzündlichen Prozesse
nach kleinsten Gewebsläsionen, Panaritien, Phlegmonen, Furunkeln steht
heutigen Tages die möglichste Fürsorge für Öffnung und Offenhaltung aller
Herdinfektion, sowie der Infektionsprogredienz zeigenden Gewebepartien obenan.
Mit vollem Rechte wendet sich Verfasser gegen den Schlachtruf: ^Fort mit
den feuchten Kompressen'^. Das war und ist, was nicht genug
betont werden kann, ein Missverstehen, eine Missdeutung
1) Der Beweis ist hier nirgends geleistet, dass hei akzidentellen, schweren Ver-
letzungen die Tamponade mit steriler Gaze der antiseptischen Tamponade mit
Jodoform oder Vioform gleichwertig ist. Referent.
Brnnner, WqndbeilaDg, StöroDgen der Wundheilang etc. 327
biologischer Vorgänge.^ Der feuchte Verband leistet zur Herabmin-
derung des Schmerzes, zur Hebung des subjektiven Befindens, zur Erhaltung
tiner heilbringenden Hyperämie, zur Erweichung der durch den entzündlichen
Prozess stark gespannten Oberhaut so Treffliches, und unterstützt so sehr die
Abgrenzmig entzündlicher Vorgänge, dass man endlich das Eifern gegen ihn
aufgeben sollte.
Was die Silberpräparate und die Antisera betrifft, so befinden
sich diese Mittel nach dem Dafürhalten des Verf. noch nicht in dem Stadium,
,dass sie für die ärztliche Praxis empfohlen werden dürften^.
Lejars (4) betont in seinem Aufsatze über Behandlung von Zermalmung
der Hand, man solle nicht die schwer beschmutzte Haut reinigen, ohne die
Wunde gut vorher zu decken, man soll die Wunde selbst weder waschen
noch bürsten, sondern so schonend als möglich behandeln. Man kann zu
konservativ und zu wenig konservativ sein. Steife Gelenke konservieren habe
keinen Wert.
Das von B. Müller (5) empfohlene Leukoplast besteht aus einem
Streifen Leinwand, welcher auf der einen Seite mit Leukoplastmasse belegt
ist Dazwischen eine durchlochte Schicht, mit Protargol-Xeroformgelatine in-
prägniert, dient zur sicheren Bedeckung kleiner Wunden.
Wiener (8) empfiehlt Zelluloid als Wundverband, gelöst in Azeton.
Als Antiseptikum habe es dieselbe Wertigkeit wie Alkohol. Der grosse Vor-
zog der Zelluloidverbände bestehe darin, dass sie die Wunde luft- und wasser-
dicht abschliessen.
Veyrassat (7) hält Irrigation mit physiologischer Kochsalzlösung von
50* Temperatur für das beste Mittel zur Behandlung ulzeröser Prozesse.
g) Behandlung akuter Entzündungen mit Biers Stauungs-
hyperämie.
L B«ckman, Elio, Die BehandluDg von Krankheiten mittelst künstlicher Hyperämie
naeh Bier. Hygiea 1905. H. 5. pag. 481.
2l Bier, Das Verfahren der Stanangehyperftmie bei akut entzfindlichen Krankheiten.
Langonbecks Archiv 77. 1.
S. — Behaadlang akuter Eiterungen mit Stauungshyperftmie. MQnch. med. Wochenachr.
1905. Nr. 7.
4. Brunn, Über die Staunngabehandlung bei akuten Entzündungen. BrunsBeitr. 46. Bd.
5. Danielaen, Über die Bedeutung der Bi ersehen Stanungsbehandlung. Münch. med.
1905. Nr. 48.
6. Berlin, Behandlung akuter Eiterungen mit Bier scher Stauungshyperftmie. Münch.
med. Wochenschr. 1905. Nr. 29.
7. Habs, Erfahrungen mit Bierseber Stauungshyperftmie. Wiener klin. Rundschau
1905. Nr. 46.
8l Heine, Behandlung den akuten eiterigen MittelohrentsOndungen mittelst Stauungs*
hyperftmie nach Bier. Berl. klin. Wochenachr. 1905. Nr. 2a
9. Key, Ejnar, Über die Behandlung akuter Eiterungen mit Hyperftmie nach Bier.
AUmftnna svenska Lftkartidningen 1905. Nr. 81. p. 485.
10. Klapp, Über die Behandlung entzündlicher Erkrankungen mittelst Sangapparaten.
Manch, med. Wochenschr. 1905. Nr. 16.
11. Leaer, Über eine Beobachtung im Gefolge der Bier sehen Stauungshyperftmie bei
akut eiterigen Prozessen. Zentralbl. f. Ghir. 1905. Nr. 17. pag. 470.
12. Manninger, W., Die Heilung lokal entzündlicher Infektionen mittelst venöser Hyper-
ftmie. Mitteilung aus der chirurgischen Abteilung des neuen St. Johannea-Spitales zu
Budapest (Direktor Dr. £. Ludyik). Orvosi Hetilap 1905. Nr. 47-50 inkl. Ungarisch.
13. Payr, W5lflers Erysipelbehandlung. Wiener med. Wochenschr. 1905. Nr. 88.
328 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
li. Bitter, C, Die Entstehang der entzfindlichen Hyperftmie. Mitteilungen a. d. Grenz-
gebieten d. Med. n. Ghir. Bd. 14. U. 8.
15. Sich, Akute Eiterungen und Stauungshyperämie. Berliner klin. Wochenscfar. 1905.
Nr. 14. pag. 410.
16. Stich, Akute Entzündungen mittelst Stauungshyperämie. Berliner klin. Wochenscfar.
Nr. 49 n. 50.
In vorliegender wichtiger Abhandlung legt Bier (3) Erfahrungen über
Behandlung akuter Eiterungen mit Stauungshyperämie nieder.
Seit langem hat Bier die Entzündung als etwas nützliches betrachtet, sie
nicht bekämpft, sondern unterstützt. Seit zehn Jahren wendet er das reine
Gegenteil der Antiphlogose, die Stauungshyperämie, welche das beste zurzeit
bekannte, die Entzündung verstärkende Mittel darstellt, auch bei einer Reibe
von akuten Entzündungen an, nachdem er sie vorher schon bei chronischen
benutzt hatte. Neuerdings hat er nun das Mittel auch bei ^schweren und
schwersten^ Entzündungen, bei allen in der letzten Zeit in der Bonner chirur-
gischen Klinik vorkommenden Eiterungen mit sehr gutem Erfolge angewendet.
Im ganzen ist die Behandlung in 100 Fällen ausgesprochener akuter and
subakuter Eiterung, in denen der Eiter durch Probepunktion, Punktion, Ein-
schnitt, oder Ausfluss aus Wunden und Fisteln zweifellos festgestellt war
und die der Stauungshyperämie unterworfen wurden, abgeschlossen. In vor-
liegendem Berichte sollen von drei der folgenschwersten Sorten akuter Eite-
rungen: Vereiterung grosser Gelenke, Sehnenscheidenphleg-
mone, Osteomyelitiden alle abgeschlossenen Fälle mitgeteilt werden.
Verf. ist sich dabei bewusst, dass er mit seinen Ansichten ^bei der grossen
Mehrheit der Fachgenossen auf die grössten Zweifel und den heftigsten Wider-
spruch stossen werde, da er mit seinen Beobachtungen das meiste umstossen
und auf den Kopf stelle, was man als unzweifelhafte und absolut feststehende
Tatsachen in der Beurteilung und Behandlung der akuten Eiterungen ge-
lehrt hat."
Was die Technik betrifft, so legt man um das befallene Glied in
mehreren Gängen so fest eine Gummibinde an, dass eine starke Stauungs-
hyperämie entsteht. Die Binde soll bei akuten Entzündungen womöglich zu
einem roten, feurigen Ödem führen. Man soll sie, wenn es angeht, nicht zu
nahe am Krankheitsherde anlegen; bei entzündlichen Krankheiten der Hand
und des Fusses in der Begel am Oberarm oder am Oberschenkel. Peripher
liegende Körperteile werden nicht eingewickelt. Starke Blaufärbung darf nicht
hervorgerufen werden.
Hinsichtlich der Wirkung ist eine der hervorragendsten Eigenschaften
des Mittels die prompte Linderung der Schmerzen. Auf Eiterungen
wirkt es verschieden. Zuweilen bringt die Hyperämie Eiterungen zum Still-
stand und zur Resorption, in anderen Fällen werden heisse Abszesse in kalte,
in wieder anderen Eiter in Serum verwandelt. In der Regel wird die Eite-
rung vermehrt, der Ablauf derselben erfolgt schnell. Sie führt zu rascher
Abstossung der schon brandig gewordenen Gewebe und, was wichtiger ist,
sie erhält Körperteile am Leben, mit deren Absterben wir
uns als etwas Selbstverständlichem und Unvermeidlichem bei
unserer üblichen Behandlung vertraut gemacht haben. Wunder-
bar ist femer, dass unter kräftiger Stauungshyperämie die heftigsten ent-
zündlichen Schwellungen und ausgedehnten Ödeme , nachdem sie . anfangs
B rann er, Wundheilang, Störungen der Wundheilung etc. 329
durch dieses Mittel gewaltig vermehrt sind, sich später trotz des Liegen-
bieibeos der stauenden Binde zurückbilden und die Glieder abschwellen.
In einem nächsten Abschnitte wird nun über ;,Unterdrückung be-
ginnender Eiterungen durch Stauungshyperämie^ berichtet
unter Mitgabe der Kasuistik. Dabei ist bemerkt, dass solche beginnende,
akut entzündliche Infektionsherde wohl immer das dankbarste Feld für die
Stannngshyperämie bleiben werden. Weitere Abschnitte berichten über ;, Ver-
wandlung heisser Abszesse in kalte^, über Verschwinden von
Abszessen, über Behandlung vereiterter Gelenke, akute und rezi-
divierende Osteomyelitis, Sehnen scheiden Phlegmonen. Am
Schlosse ein epikritischer Rückblick. Auf die Frage, wodurch wirkt die Stauungs-
kyerämie? antwortet Verf.: durch eine ganz enorme Steigerung der Entzün-
dnng, als ein Abwehrmittel gegen die Infektion. Die Lehre von der Anti-
phlogose werde dereinst ;,zu den schlimmsten Irrlehren der Medizin gerechnet
Verden^, man habe wieder einmal die Dinge gründlich verwechselt und als
die Schädlichkeit bekämpft, was in Wirklichkeit die Abwehr der Schädlichkeit
bedeute. Die richtig ausgeführte Stauung bedinge keine Verschlechterung,
sondern eine Verbesserung der Ernährung. Nicht die entzündliche Stauung
mache die Nekrosen, sondern die primäre Schädlichkeit, im wesentlichen die
Bakteriengifte.
In seinem Vortrage am Chirurgenkongress 1905 schildert Bier (2) sein
Verfahren der Stauungshyperämie bei akut entzündlichen
Krankheiten. Er betont, dass dieses Verfahren eine sehr sorgfältige Technik
erfordere. Die Guromibinde soll 10—22 Stunden getragen werden etc. (Ver-
gliche das obige Referat.) Das Verfahren soll nur den venösen Rückfluss,
nicht aber den arteriellen Zufiuss behindern. Bei akuten Entzündungen soll
das Glied keine stärkere Blaufärbung zeigen, es muss warm bleiben und der
Puls stets gut zu fühlen sein. Es ist die Schwäche des Verfahrens, dass die
Siaaimgshyperämie auf das Sorgfältigste dosiert werden muss, deshalb soll sie
auf das Peinlichste überwacht werden. Die Resultate wechseln mit dem
Wechsel der Assistenten, ja der Schwestern. Für die allgemeine Praxis eignet
sich Yorläufig das Verfahren nicht, sondern vorderhand lediglich für Kranken-
häuser. Sicher vorhandene Abszesse sollen unter allen Umständen gespalten
werden, nur kommt man unter diesem Mittel mit viel kleineren und weniger
^«TBtümmelnden aus. Bei akut entzündeten Gelenk- und Sehnenscheiden-
phlegmonen werden grundsätzlich vorgenommen, sobald das Schwinden der
Sctimerzen dies gestattet. Verbände sollen unter allen Umständen locker an-
gel^ werden.
Kopfstauung wird angewendet bei schweren Fällen von Parulis, Dakryo-
zystitis, Otitis media, Mastoiditis.
Die Saugapparate nach Klapp eignen sich besonders zur Behand-
hiDg von Panaritien und Paronychien.
Klapp (10) empfiehlt und bespricht die Behandlung entzündlicher
Prozesse, speziell der Mastitis, Furunkel, Karbunkel, Abszesse
mittelst der von ihm angegebenen Saugapparate, die schon in der Hand
der meisten Ärzte sind. Anscheinend wird bei Mastitis durch die Stauungs-
ijperämie von dem eiterinfiltrierten Gewebe mehr am Leben erhalten, als
bei anderen Behandlungswdsen. Bei Behandlung der Furunkel stehe es
i^^isser Zweifel, dass man solche beginnende damit kupieren könne. Bei den
330 Jahresbericht für Chirorgie. I. Teil.
m
ausgebildeten ergibt sich eine schnellere Heilung, es trete schnell die Bildung
und Lösung des Haarbalgsequesters auf.
Aus den Untersuchungen Ritters (14) über die Entstehung der
entzündlichen Hyperämie folgt, dass als Ursache für die entzündliche
Hyperämie ausser der verminderten Elastizität und vermehrter Dehnbarkeit
noch eine Attraktionswirkung in Betracht kommt, die durch die Schädigung
entsteht, welche der Entzündungserreger im Gewebe hervorruft, denn die
Schädigung des Gewebes bedingt eine Erhöhung des normalen osmotischen
Druckes in den Geweben und ihren Flüssigkeiten und so muss nach rein
physikalischen Gesetzen das Blut angelockt werden. Inwieweit beide Kräfte
nebeneinander einhergehen, inwieweit der osmotische Druck die primäre Kraft
ist, muss dahin gestellt bleiben. Jedenfalls erklären sich durch die Attraktions-
kraft des osmotischen Druckes die vorstehenden klinischen und experimentellen
Beobachtungen bei der entzündlichen Hyperämie nach Verf. recht gut.
V. Brunn (4) berichtet über Erfahrungen mit Stauungsbehandlong in
der V. Br uns sehen Klinik: 1. Panaritien und Phlegmonen. 2. Vereiterung
grosser Gelenke. 3. Akute Osteomyelitis. 4. Infizierte Wunden. 5. Abszesse»
6. Mastitis. Das Endurteil fasst er folgendermassen zusammen : Die Stauungs-
hyperämie ist ein sehr wertvolles Mittel zur Bekämpfung der akuten Ent-
zündungen, besonders für die Anfangsstadien und für die schweren progre-
dienten Fälle. Sie ist jedoch in ihrem Wesen und ihrer Wirkungsweise noch
so wenig erforscht, dass die nötige Kritik nie ausser acht gelassen werden
sollte. Besonders verdienen im gegenwärtigen Versuchsstadium die Misserfolge
und üblen Zufälle Beachtung, aus denen wir vielleicht manches auch über die
Wirkungsweise der Stauung selbst lernen können.
Stichs (16) Erfahrungen aus Gar res Klinik in Königsberg. Resultate
bei Sehnenscheiden-Phlegmonen sehr zufriedenstellend. Beginnende
Entzündungen gingen zurück. In schweren Fällen, bei denen sonst Nekrose
der Sehne zu erwarten war, blieb diese nicht nur am Leben, sondern es trat
restitutio ad integrum ein. Bei schwereren Fällen von Osteomyelitis
keine befriedigenden Resultate; zu abschliessendem Urteil ist aber hier die
Erfahrung zu klein. Schmerzlinderung trat besonders bei Mastitis
auffallend zutage. Dies Verfahren erfordert , was sehr betont werden muss,
eine viel schärfere Kontrolle als alle andern bisher bekannten Behandlungs-
methoden akuter Entzündungen. Bei Geduld und Energie schöne Resultate.
Sick (15) empfiehlt die Methode dringend zur Nachahmung und rühmt
besonders ihre vorzüglichen Erfolge bei eitrigen Sehnenscheidenentzündungen,
bei denen möglichst frühzeitige Anwendung kombiniert mit Inzisionen vielfach
imstande sei, die sonst verlorenen Sehnen zu retten.
Habs (7) Bericht aus dem Magdeburger Spital Sudenburg, Anwendung
bei 70 ;,ausgewählten^ Fällen akuter Entzündung.
In fast allen Fällen schwanden die Schmerzen sehr bald; nur in einem
Falle von Panaritium klagte der Patient gleich bei der ersten Anlegung der
Binde derart, dass die Behandlung aufgegeben werden musste.
Die Entzündungserscheinungen gingen meist prompt in zwei bis vier
Tagen zurück, ebenso in unkomplizierten Fällen das Fieber. Die Regeneration
der Gewebe erfolgte rascher und vollkommener als es nach sonstigen Er-
fahrungen zu erwarten war.
Das Gros der Fälle bilden subkutane Phlegmonen und Panaritien. Man
machte hier zu Beginn der Behandlung eine oder einige ganz kleine Inzisionen
Brnnner, WnncUbeiluig, StörongeB der Wnü^heilang eto. 331
ond legte sofort auf etwa 20 Standen die Staunngsbinde an; dann etwa
Tierständige Pause und neue Bindenanlegung. In allen Fällen war die
Wirkung der Stauung eine prompte. In einem Falle allerdings (es handelte
sich um Nekrose eines Fingers infolge Quetschung mit Handphlegmone) kam
es trotz der Stauung am zweiten Behandlungstage zur Ausbildung eines
Erysipels, welches vom Unterarm über die Bindenanlegungsstelle hinweg bis
zmn Rücken kroch; der Fall verlief schliesslich günstig. Bier hat übrigens
einen ähnlichen Fall veröffentlicht.
Danielsen (5) berichtet über Erfahrungen der Marborger Poliklinik
mit Bier scher Stauung bei akuten Entzündungen. Dieselben lauten durchaus
güTfötig. Folgende Vorzüge haben sich herausgestellt: 1. Die schmerzhaften
grossen Inzisionen fallen fort. 2. Die schmerzhafte Tamponade fällt fort.
3. Schwere Bewegungsstörungen bei Gelenk- und Sehnenscheidenaffektionen
werden vermieden. 4. Die Behandlungsdauer wird meist verkürzt. 5. Durch
Interlassen der grossen Inzisionen fallen hässliche Narbenbildungen fort
Der Aufsatz schliesst mit dem Satze: ;,Wir halten die Bier sehe Behandlung
der akuten Entzündung und Eiterung für die grösste therapeutische Er-
nmgenschaft, welche die neueste Zeit der Chirurgie gebracht hat.
Nach einer eingehenden Schilderung der Technik der Bi ersehen
Suuiaqg, publiziert Manninger (12) seine Erfolge mit derselben nach mehr-
moMtlicher, ausgedehnter Anwendung besonders bei akut entzündlichen
Prozessen. Behandelt wurden Furunkel, Karbunkel, Phlegmonen, Sehnen-
scWdenentzündungen, Osteomyelitiden etc.
Die Erfolge übertrafen jegliche Erwartung. Manninger kommt zum
Schlosse, dass durch die Stauungsmethode 1. die Kranken vieler Schmerzen
eDthoben wM'den, 2. sich durch dieselbe manche Kontraktur vermeiden lässt
and 3. die ZaiH der verstümmelnden chirurgischen Operationen (Amputationen,
Resektionen) um ein bedeutendes herabgedrückt wird. 6 ergo (Budapest).
Payr (18). Im Jahre 1888 machte WOlfler den Yorsehlag, das Erysipel durch
eineq oder mtthrere Heftpflasteratreifen , die mftsaig fest, jedoch ateta nrknlftr anzolegeu
mea, abxogrensea und so das weitere Fortschreiten der Erkrankung hintanznhalten. Verf
gl&uU nun nicht fehlzugeben» wenn er die zahlreichen Erfolge, die mit dieaem Verfahren
enielt woiden , auf eine allerdinga technisch sehr unvollkommene Stauungshyperämie
nrflckf&hrt, obschon keiner der Autoren eine solche herbeiführen wollte.
Leser (11) weist gestützt auf eine Beobachtung darauf hin, dass das
Anlegen von Stairangsbinden bei Allgemeininfektion, d. h. in solchen
FÜIen, bei denen Mikroorganismen und ihre Gifte im Blute kreisen, seine
Gefahren insofern hat, als an den von den Binden umschnürten Gewebs-
parüen event. leicht neue Abszesse auftreten können und wirft die Frage
auf, ob solche Beobachtungen auch von anderer Seite gemacht seien.
Nach Heines (8) Mitteilung über Behandlung der akuten
eitrigen Mittelohrentzündung mittelst Stauungshyperämie scheinen
sich für die Behandlung Fälle mit Mastoiditis besonders zu eignen.
Unbedenklich aber sei die Methode nicht. Abgesehen von der Gefahr einer
Ven^erung der Operation liege die viel schlimmere vor, dass der richtige
Moment zum Eingriff verpasst werde.
Berlin (6). Bericht über drei mit Bier scher Stannog behandelte Fälle: Sehnen-
KbeideDphlegmone , Panaritiam, Osteomyelitis. Erfolg sehr befriedigend. Verf. hat den
l^^ck, dass ohne diese Behandlang die Sehnen der Nekrose verfallen wären.
332 Jahresbericht ffir Chirurgie. I. Teil.
XV.
Tetanus.
Referent: Konrad Brimner, Münsterlingen.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Pathogenese« Wirkung des Tetanusgiftes. Symptomatologrie.
Kopftetanus.
1. Axhansen, Lokaler Tetanus. Zeitschr. f. Chir. Bd. 78.
2. *Bussell, Strychnine poisoning and of tetanus by spinal anaestheaia. Laneet 1905.
Sept. 23. p. 887.
3. *Gantacuzino, J., Ober einige neue Arbeiten über den sog. .spontanen' oder « idio-
pathischen*' Tetanus in Revista Stiintzelor Medicale Nr. 1. p. 5. (Rumänisch).
4. *D e t r e - S e 1 1 e i , Die hämolytische W irkung des Tetanusgiftes. Wiener klin. Wochen-
schrift 1905. Nr. 18.
•5. Grttnberger, Ein Fall von Tetanus traumaticus. Prager med. Wochenschr. 1905.
Nr. 18.
6. *James Hendrie Lloyd, A. M., M. D., A case of Gephalic Tetanus with paralysis
of both seventh nerves. The joum. of the Amer. Med. Ass. 1905. Oct. 7.
7. Hnatek, Tetanus und Neuritis. Wiener med. Wochenschr. 1905. Nr. 20, 21, 22, 23.
8. *Jansen, Fall von kryptogenetischem Tetanus. Weekbl. voor Geneesk. 1904. Nr. 27.
9. Kfister, Ortlicher Tetanus. Langenbecks Arch. 77. 2.
10. Pälicand, Sur un cas de t^tanos. Lyon möd. 1905. Nr. 29. p. 103.
11. *Meinhard-Pfaundler, Ober den .Pseudo tetanus der Kinder* usw. Monatsschr.
t Einderheilk. III. 5.
12. Ramsay, Case of cephalic tetanus. The Glasgow Med. Joum. 1605. Mai. p. 361.
13. Romme, Tätanos consöcutif auz injections sous-cutan^es de quinine. Presse m^d.
1905. Nr. 7.
14. Senator, Beschaffenheit des Harns im Tetanus. Berliner klin. Wochenschr. Nr. 44a.
15. Yilliers, Tätanos spontan^. Gaz. des U6p. 1905. Nr. 92.
16. Vincent, T^tanos et quinine. Sem. möd. 1905. Nr. 8. p. 87.
17. Zak, Tetanus mit Augenmuskelparese. Zentralbl. f. inn. Med. 1904. Nr. 44.
18. Zupnik, Zur Pathogenese des Tetanus. Deutsche med. Wochenschr, 1905. Nr. 50.
Zupnik (18). Die Tetanusphänomene werden, wie Verf. ausführt, heute
durch zwei, in ihrem Wesen von Grund aus verschiedene pathogenetische Theo-
rien erklärt^). Die eine stammt von Brunn er und Goldscheide r. Da-
nach hat die Muskelstarre einen doppelten Ursprung, einen zentralen in den
Ganglienzellen des Rückenmarkes und einen peripheren in den Achsenzylin-
dem; beide werden unter dem Einfluss des Giftes überreizbar. Die impflokale
Starre stellt sich danach bei Mensch und Tier darum zu allererst ein, weil
das dortselbst zeitlich früher und in der grössten Konzentration vorhan-
dene Gift am ehesten die für das Zustandekommen der Starre nötigen Ver-
änderungen der peripheren Nerven herbeiführt. Die zweite pathogenetische
Theorie verlegt den Ursprung der Muskelstarre ausschiesslich ins Rücken-
1) Verf. berücksichtigt das früher Erforschte im Gegensatz zur Arbeit von Meyer
und Ransom. Vergl. Jahresbericht 1903. p. 59.
Brunn er, Tetanus. 333
mark und erklärt das Erstauftreten der impflokalen Starre durch eine pri-
märe Afiektion des entsprechenden Rückenmarksegmentes. Nach der Meinung
eines Teiles der diese Ansicht vertretenden Forscher — Gumprecht,
Stintzing, v. Moschowitz gelangt das Gift in das korrespondierende Seg-
ment entlang den peripherischen Nerven, nach der Ansicht der anderen —
Bruschettini, Tizzoni und Cattani, Marie, H. Meyer und Ran-
som, Tiberti, wandert es im Nerven selbst.
Zupnik kommt auf Grund seiner eigenen Experimente und Unter-
suchungen zu einer anderen Theorie. Er glaubt, dass das Gift sowohl beim
Menschen als auch bei allen Warm- und schliesslich auch bei Kaltblütern
zwei Gewebsarten zugleich und für sich angreift : Das Muskelgewebe und das
Rückenmark. Im letzteren erzeugt das Gift, dem Strychnin völlig analog,
ausschliesslich eine hohe Refiexerregbarkeit, in dem ersteren einzig und allein
eine permanente Starre. Beide Gewebsarten erhalten das Gift — von direkten
Muskelinfektionen abgesehen — ausschliesslich auf dem Wege der Blutbahn.
Es ist diese Auffassung, wie Verf. im Laufe dieser Ausführungen bewiesen
zu haben glaubt, nicht allein experimentell in einer unzweifelhaften Weise
begründet, sondern sie bringt auch für die vielgestaltigen klinischen Krank-
heitsbilder und tierexperimentellen Befunde eine einheitliche Erklärung.
Eine direkte Infektion vom Muskelgewebe muss demnach bei Spontan-
erkrankungen wie Experimentalinfektionen eine primäre impflokale Starre zur
Folge haben, weil das an der Infektionsstelle befindliche Gewebe das Toxin
nicht nur zu allererst, sondern auch in der stärksten Konzentration erhält.
Aus demselben Grunde zeigen die in loco infectionis befindlichen Muskeln,
auch nachdem die übrige Muskulatur völlig starr geworden, die allerhoch-
gradigste Kontraktur. Die Aszendenz, oder richtiger gesagt, die konzentrische
Ausbreitung der Muskelstarre verdankt ihre Entstehung einer lokalen Aus-
breitung des Toxins von Muskel zu Muskel. Sie kann nur dann in Erschei-
nung treten, wenn die primäre Infektion ein muskelhaltiges Gebiet betrifft.
Besondere Schwierigkeiten hat jeder pathogenetischen Theorie die Er-
k^Tungdes primären Auftretens von Trismus bereitet. Hier musste sich
ausDahmslos jede der bis auf den heutigen Tag aufgestellten Hypothesen mit
willkürlichen Hilfshypothesen behelfen. Unsere Auffassung erklärt auch dieses
Phänomen in derselben einfachen, ja nahezu selbstverständlichen Weise: In
all den Fällen, in welchen eine primäre Berührung des Toxins mit Muskel-
gewebe nicht stattfindet, also bei allen spontanen und experimentellen Infek-
tionen in muskelfreien Gebieten gelangt das Gift von der Stelle der Infektion
bezw. Injektion Tage hindurch permanent in die Blutbahn und wird von hier
aus zu einem Teile vom Kückenmark zum anderen von der gesamten Körper-
mnskulatur gebunden. Prädilektionsstellen für das Toxin existieren nicht:
m Muskel ist dem anderen gleich , und es wird des Toxin mit derselben
Kraft, mit derselben Quantität von allen gleichzeitig aufgenommen. Infolge-
dessen ist allerorts zugleich der normale Muskeltonus kontinuierlich im Steigen
begriffen. Diese, schliesslich in Form von Dauerkontrakturen wahrnehmbare,
stetige Zunahme des Tonus muss selbstverständlich aus Gründen rein physi-
kalischer und physiologischer Natur zu allererst in denjenigen Muskelgruppen
nianifest werden, deren Agonisten und Antogonisten das grösste Missverhältnis
der groben mechanischen Kraft aufzuweisen haben. Dieses letztere trifft bei
fast allen Tierarten für die Kaumuskulatur und die Pharynx-Konstriktoren,
334 Jahresbeneht für Chirurgie. I. Teil.
bei einzelnen für die mimische Masknlatnr und bei den anfrecht gehenden
auch für die mächtigen Rückenstrecker zn.
Axhaasen(l) beschreibt in seiner Arbeit über ;,lokalen Tetanus'^
einen in Helferichs Klinik beobachteten derartigen Fall mit folgenden
Erscheinungen: Einschneiden einer Pferdeleine und Entstehen you Wanden
an Hand und Hals;
13. Tag nach der Verletzung : Beginn mit Hyperämie und Ödem in der
Umgebung einer oberflächlichen, gut granulierenden Wunde der liaken Hand
und Zuckungen im linken Arm.
15. Tag: Zurückgehen der lokalen Wundreakti<Hi , Zunahme der Zuk-
kungen, die einen stets gleichmässigen, charakteristischen Verlauf nehmen nnd
Refiexsteigerung aufweisen, Ausbildung der Starre im linken Arm; erstes
Fühlbarwerden des vorderen Masseterrandes bei Betastung vom Mnnd her.
31. Tag: Höhepunkt der allgemeinen Starre, komplette Starre des
linken Armes in extremer, dem Typ der Zuckungen entsprechender Stellung
bei völliger Beweglichkeit des rechten Armes.
36. Tag: Beginn der Lösung der allgemeinen Starre ; lokale Starre un-
verändert.
50. Tag: Lösung des allgemeinen Tetanus beendet; Beginn der Lösung
der Starre des linken Armes.
57. Tag: Fortschritt der Lösung im linken Arm. Die jetzige Stellung
noch sicher zum Teil tetanischer Natur, wie der Nachlass in Narkose und
dib Wiederkehr nach der Narkose beweist, während der Rest der kontrakten
Stellung auf sekundären Veränderungen in den Weichteilen und den Gelenken
beruht. (Roses Stadium ancyloticum.)
Am 80. Tage besteht diese Kontraktur auch noch zu einem gewissen
Grade.
Anschliessend an diese Beobachtung werden aus der Literatur Fälle
von lokalem Tetanus zusammengestellt und im Hinblick auf die neueren ex-
perimentellen Untersuchungen über die Art der Giftwirkung epikritisch in
trefflicher Weise besprochen, wobei Verf. zu dem Resultate kommt, dass die
klinische Erfahrung mit der Theorie der Nervenleitung sehr gut im
Einklang stehe. Dabei wird auch die Pathogenese des Kopftetanus
gebührend berücksichtigt.
Hnateks (7) Beobachtung zeigt, dass ein typischer traumatischer, nicht
mit Antitoxin behandelter Tetanusfall, der günstig endete, von ausgedehnten
anatomischen Veränderungen begleitet war, die auf eine tiefe Alteration des
Nervensystems hindeuteten. Es zeigten sich neuritische Veränderungen, welche
zum grösseren Teil die Nerven des Plexus brachialis betrafen und Anomalien
der Sensibilität und der Motilität, vasomotorische und trophische Störungen
herbeiführten. Die letzteren zeigten sich in einer ungewöhnlichen Art und
Weise, indem sie ausser den Weichteilen der Extremität auch die Knochen
und Gelenke ergriffen. Die Erklärung dieser bis jetzt noch nicht beobachteten
Veränderungen liegt wohl in der Eigentümlichkeit einer Komponente des
Tetanusgiftes, die peripheren Nerven bei einer besonderen lokalen Empfäng-
lichkeit derselben und bei einer allgemeinen Resistenz des Organismus gegen
die tödliche Wirkung des Giftes zu verändern. Die lange Wirkungsdauer des
Tetanusgiftes dürfte die Bedingung sein, welche in einem gegebenen Falle
derartige Veränderungen in ausgiebiger Weise erleichtert.
Brunner, Tetanus. 335
Villiers (lö) berichtet über einen sogenannten ^^spontanen^ Tetanus,
Jetanos a frigore^ ohne auffindbare Eingangspforte. Dieser Tetanus soll seine
Entstehung nicht dem Bazillus Nicolaier verdanken, welcher nicht gefunden
vnrde, sondern ^^sehr wahrscheinlich^ dem Pneumococcus, welcher in
grosser Zahl gefunden wurde, im Sputum und bei der Autopsie in der ent-
zündeten Lunge, und zwar mit Ausschluss anderer Mikroorganismen. Ähn-
kbe Beobachtungen seien schon publiziert, so von Ghaillons.
Romme (13). Ähnlich wie bei Gelatine hat man nach Injektion von
Chinin unter 6ie Haut Tetanus erlebt. Beobachtungen von Segard,
deBurat, d^Emery-Desbrousses u. a. lassen darüber keinen Zweifel.
Diese Tetanusfälle waren sogar foudroyant im Auftreten. Unten referierte
Untersachungen Yon Vincent werfen auf die Genese dieser Fälle Licht.
Senator (14) gibt eine Übersicht über die neuen Untersuchungen
vber die Beschaffenheit des Harns und den Stoffwechsel im
Tetanus. Er hält es für bewiesen, dass im Tetanus trotz hoher Fieber-
temperatnren der Eiweisszerfall nicht gesteigert, sondern sogar stark herab-
gesetzt sein kann. Jedenfalls scheint der Stoffwechsel im fieberhaften Tetanus
sich TOD dem Verhalten in anderen fieberhaften Krankheiten zu unterscheiden,
irenigstens was den Eiweisszerfall betrifft.
Grünberger (5). Tetanus traumaticus mit Ausgang in Heilung unter
Antitoxin und Blaulichtbehandlung. Verletzung durch eine Nadel in der
rechten Ferse. Inkubationsdauer von drei Tagen; der Fall wird als zu den
schweren gehörig bezeichnet. Allgemeine intensive Krämpfe. Temperatur bis
39.9^ C. 11 Injektionen von je 100 Einheiten des Behring sehen Anti-
toxins. Innerlich Urethan bis zu 12 g. Daneben blaues Licht. Die Be-
ruhigung und das subjektive Wohlbefinden der früher aufgeregten und äusserst
cnrnhigen Kranken war auffallend.
Nach Vincent (16) begünstigt subkutane Injektion von
Chinin die Entwickelung der Tetanusinfektion; per os ist kein
derartiger Einflnss bemerkbar. Diese Wirkung beruhe auf einer Schädigung
der Leukozyten, auf einer Lähmung der weissen Blutzellen.
Zak (17). Tetanus, vier Wochen nach Verletzung am Fasse auftretend , daran an-
ficUid88eiid Parese des Trochlearis.
Nadi Verf. der erste Fall, bei dem anschliessend an eine Verletzung des distalen
Körperteiles Lähaiong von Augenmuskeln auftrat.
Ramsay (12). Kopftetanus bei einer 23jährigen Frau nach Ver-
letzung am äusseren Winkel des rechten Auges. Nach sieben Tagen Trismus.
Fazialislähmung rechts. Nachher wurde der rechte Trapezius ergriffen und
es schloss sich allgemeiner Tetanus an. In der Wunde Tetanusbazillen.
Laryngealer Spasmus und Dysphagie, ähnlich der Hydrophobie. Behandlung
mit subkutaner Seruminjektion und Chloral. Heilung.
2. Therapie.
1. ^Anders, Preliminary Report of the Statistical study of Tetanus. Med. Press. 1905.
Jnly 22. Nr. 187.
1 B&celli, M., Traitement du t^tanos. La Sem. m^d. 1905. Nr. 44.
S. ^Calineseu, Vier Beobachtungen von chirurgischem Tetanus. Spitalul Nr. 1.
4. Clairmont, Tetanusheilserum. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 49.
^. CollinBi E., A case of tetanns successfuUy treated with antitetanic serum and curare.
Uncei April 15.
^. *Cook, Tetanns succesfuliy treated by antitoxin. Lancet 1905. Dec. 2.
336 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
7. Flesch, Prognose des Trismos, Tetanus neonator. und infant mit BerfickBic^tigan^
der Serumtherapie. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 5.
8. Grenet, Les traitements actuels de tätanos. Arch. gen. de möd. 1905. Nr. 16.
8a. Küster, £., Ein Fall von örtlichem Tetanus. Antitoxin-Etnspritzangen in die Nerven
Stämme. Heilung. VerhandL d. Chirurgenkongresses 1905. p. 161.
9. Henderson, Notes on a case of tetanus. Lancet 1905. April 8. p. 929.
10. *Maberlj, Tetanus and chloral hydrate. Lancet 1905. Mai 6.
11. Mornac, Traitement du t^tanos. La Presse medic. 1905. Nr. 12.
12. Neugebauer, £in Beitrag zur Behandlung des Wundstarrkrampfes mit «Dural-
infnsion*. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 18.
13. Rogers, John, The treatment of tetanus by intraneural and intraspinal injections
of antitoxin. The joum. of the Amer. Med. Ass. 1905. July 1.
14. Rottenstein, Ein schwerer Fall von Tetanus. Manch, med. Wochenschr. 1905. Nr. 3.
15. *Sadjer, Hydrotherapie und Tetanus. Zentralbl. f. d. ges. Therapie 1904. Nov.
16. Stoney, 2 cases of tetanus treated. Lancet 1905. April 29. p. 1133.
17. Storrd, S., A case of acute tetanus treated with intracerebral injections of antitoxin.
Lancet. September 23.
Küster (8a) glaubt den von Meyer und Ransom aufgestellten Satz:
„die gefährdeten Rückenmarkszentren können durch Sperrung der zuführenden
Nerven mit Antitoxin vor dem Tetanusgifte geschützt werden** durch eine
eigene klinische Erfahrung bestätigen zu können, „welche einem gelungenen
Experimente gleichwertig sein dürfte^. Es handelt sich um einen örtlichen
Tetanus des rechten Armes. Einem Laboratoriumsverwalter im Laboratorium
von Behring zerbrach ein mit virulenter Tetanusbazillenkultur gefüllter
Glaskolben in der flachen Hand, als er den Wattepfropfen fest einzudrücken
versuchte. Die Glasscherben erzeugten mehrere Schnittwunden der rechten
Hohlhand, über welche die Flüssigkeit hinweglief. Die Wunden wurden mit
Antitoxin ausgewaschen und man spritzte ausserdem etwa 27» Stunden nach
der Verletzung 40 Antitoxineinheiten in den rechten Vorderarm ein. Nach
sechs Tagen begannen Schmerzen im Arme, am nächsten Tage stechende
Empfindungen im ganzen Körper, am siebenten Tage Muskelspannungen im
Arme und am Halse. Am Beginn des achten Tages wurden Antitoxin-
injektionen in die Nervenstämme des Armes bis zu den Nervenwurzeln ge-
macht. Dies brachte in wenigen Stunden eine Änderung des Krankheits-
bildes, insbesondere Nachlass der schmerzhaften ' Muskelstarre. Die Heilung
erfolgte nach länger dauernder sehr schmerzhafter Myositis. Wenn die
Meyer sehen Versuche als massgebend anerkannt und der Beurteilung zu-
grunde gelegt werden, so dürfte dieser Verlauf in folgender Weise zu deuten
sein: Das von den Endapparaten der peripheren Nerven aufgesogene Gift wird
innerhalb sechs Tagen, welche die Inkubationszeit darstellen, bis ins Rücken-
mark fortgeschwemmt. Jetzt erst beginnen die Zeichen nicht nur der Ver-
giftung der Rückenmarkszentren in Form schmerzhafter Muskelstarre des
rechten Armes, sondern auch darüber hinaus in Form einer Starre der Hais-
und Nackenmuskeln. Die Absperrung erneuter Zufuhr durch die Achsen-
zylinder bewirkt sofortigen Nachlass der Erscheinungen am Hals und Nacken,
bald auch am Arme, am längsten bleibt eine Starre der Kaumuskeln
bemerkbar. Daraus gehe hervor, dass die Hauptgefahr eines solchen Zu-
standes in dem beständigen Nachschub des Giftes aus dem Orte der ersten
Lifektion und aus den mit Gift überschwemmten Achsenzylindem zu suchen
sei. Gelingt es, diese ständig fliessende Quelle zu verstopfen, wozu die In-
filtration des kranken Nerven mit Antitoxin das rechte Mittel ist, so wird
Branner, Tetanus. 337
der Körper mit den bereits über den Nervenstamm hinaus eingedrungenen
Giftmengen fertig nnd die Genesung kann erfolgen.
Rogers (13). Die pessimistischen Anschauungen über den Wert des
Tetanusantitoxin beruhen im wesentlichen auf fehlerhafter Anwendung
desselben. Sabdiirale Injektionen haben wenig Wert, weil es so eingeführt
Star rasch nnd vollständig ins Blut übergeht. Ebenso haben subkutane Ein-
spritzungen nach dem Ausbruch der Symptome wenig Wert, weil es rasch
ausgeschieden nnd zerstört wird, während das Toxin rasch von den motorischen
Nenren aufgenommen wird, wo es für das Antitoxin unzugänglich ist. Um
Völle Wirkungen zn erzielen, ist das Antitoxin in Chloroformnarkose in eine
oberflächliche Vene 10 — 20, ccm reichlich in die Umgebung der Wunde, in
die grossen Nervenstämme der von Krämpfen befallenen Glieder, in die Nerven-
&abstanz der Cauda equina einzuspritzen. Die Nervenstämme werden durch
^idenfäden markiert und die Wunde offen gelassen, um nach 24 Stunden
die Injektion wiederholen zu können. In die Nervenstämme wird so viel
iBiiziert, dass sie etwa auf das dreifache ihres normalen Umfanges anschwellen.
Bei Injektionen in die Cauda equina müssen durch mehrfaches Hin- und Her-
iieheu der Nadel Zuckungen der Beine ausgelöst werden, dass man sicher
ist, die Nervensubstanz verletzt zu haben, weil sonst das Antitoxin nicht in
dieselbe hineingelangt. In das Halsmark wurden wiederholt 20 — 30 Tropfen
ohne störende Symptome injiziert, in die Cauda 10 — 20 ccm. Von sieben so
kliandelten Kranken starben drei. Einen Todesfall schiebt Rogers darauf,
dass bei der zweiten Injektion irrtümlich Diphtherie -Antitoxin genommen
^urde. Zwei Fälle erschienen von vornherein hoffnungslos.
Maass (New-York).
Clairmont (4) berichtet über endoneurale Antitoxinbehand-
Inng. Er erwähnt den oben referierten Fall Küsters und sieben Fälle
Rogers. Von den letzteren heilten vier. Nun referiert er über einen Fall
aas der Klinik v. Eiseisbergs. Nach sechstägiger Inkubation setzte akut,
mit Fieber und profusen Schweissen Tetanus nach komplizierter Fraktur ein.
Anfallend waren dabei die erhöhte Reflexerregbarkeit als erstes Symptom
und der Beginn an der verletzten Extremität als lokaler Tetanus, der sich
rasch über den Stamm ausbreitete. Der Arm wurde amputiert. Bakterio-
logische Untersuchung Tetanusbazillen und malignes Ödem. Endoneurale In-
jektion an der Amputationsfläche, daneben subkutane Injektion in grossen
Mengen. Heilung.
Nach Flesch (7) gibt der Tetanus im Kindesalter eine viel bessere
Prognose als bei Erwachsenen; das gelte speziell für den Tetanus
infantium. Bezüglich des Tetanus neonatorum sei die Prognose nicht
so absolut ungünstig, wie das allseits behauptet werde. Verschiedene Um-
stände scheinen dafür zu sprechen, dass die Letalität des Tetanus infantium
bei den mit Serum behandelten Fäller von 40— 50% auf 15 — 20 ^/o fallen.
Beim Tetanus neonatorum könne in dieser Richtung kein nennenswerter
Fortschritt verzeichnet werden. In den zusammenfassenden Statistiken, die
den Wert des Antitoxins beleuchten, seien der Tetanus neonatorum, Tetanus
infantium und Tetanus der Erwachsenen gesondert zu beachten.
Nengebauer (12) berichtet über zwei Fälle von Tetanus, welche, will
man die Dauer der Inkubationszeit als Massstab für die Schwere der Er-
krankung nehmen, nicht zu den schweren gerechnet werden können. Ge-
oesong unter Duralinfusion mit Antitoxin. Er empfiehlt Behrings
JibrwiMridii für Chirorgi« 1905. 22
398 Jahresbericht f&r Chirurgie. I. Teil.
trockenes Antitoxin, welches sich durch lange Haltbarkeit auszeichnet, bereit
zu halten.
Stoney (16). 1. FalL 34jähriger Mann. Tetanaa nach Brandwunden. Inkubation
▼on 17 Tagen. Behandlung mit lumbaler Injektion von Serum, f«
2. Fall. 19jfthriger Mann. Holzsplitter unter einem FingernageL Inkubation von
18 Tagen. Subkutane Injektion von Serum. Heilung. Daneben Brom und Chloralbydrat
Der von Mornac (11) mitgeteilte, durch epidurale Injektion von Serum behan-
delte Fall endete letal, obschon 60 ccm eingespritzt wurden. lUpider Verlauf und spätes
Binsetzen der Intervention wetden beschuldigt.
Co 1 lins (5). ITjfthriger Mann mit Fussverletzung. Inkubation von 9 Ta^ren. All-
gemeiner Tetanus. Behandlung mit subkutaner Serum Injektion und Curare. Genesung,
Storrd (17). 30 jähriger Mann mit eiternder Wunde der Hand und Lymphangitis.
Akuter Tetanns, 90 Stunden nach der Verletzung beginnend. Intrazerebrale Injektion von
Serum. Genesung. *
Grenet (8) kurze Übersicht nebst Kritik der bei Tetanus gebrauch-
liehen Behandlungen. Verf. bemerkt mit Recht, dass es ausserordentlich
schwierig ist, ein Urteil abzugeben.
Rottenstein (14). ISjäbriges Mädchen. Infektion bei Grartenarbeit. Inknbatioo
zehn Tage. Schwerer Tetanus ; Serum ohne Einfloss. Narkotika machen Muskelerschlaffang
und Herabsetzung der Reflexe, besonders Ghloralbydrat.
Nach Baccelli(2) soll die Behandlung des Tetanus mit subkutaner
Injektion von Karbolsäure bessere Resultate geben als die Serum-
tberapie von Behring und Tizzoni. Die Statistik der letzteren ergebe
eine Mortalität von 44,6—50,6^,0, während sie bei der Methode Baccelli
nur 10°/o betrage auf 260 beobachtete Fälle.
HeÄderson (9). Handverletzung mit Karbollösung ausgewaschen. Nach ffinf Tagen
Ausbruch des Tetanus, der bald allgemein wird. Subkutane Seruminjektion. Heilang.
XVI.
Wut
Referent: Konrad Brunner, Miinsterlingen.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Bertarelli, Die neuen Erfahrungen und Fortschritte auf dem Gebiete der Pathologie
der Wutkrankheit. Wiener klin. Rundschau 1905. Nr. 9.
2. Calabr^se, Action des rayons de Röntgen sur le virus rabique. La Sem. m^d.
1905. Nr. 44. p. 522.
3. *Gourmont, Nouveau cas de rage apr^s morsure par un chien errant, non saivie
de traitement antirabique. Lyon m4d. 1905. Nr. 34. p. 311.
4. *Coutauz, Le traitement de la rage en province. Gaz. m^d. de P. 1905. Nr. 10.
5. Heller, Heutiger Stand der Lyssa-Forschung. Korr. f. Schws. Ärzte 1905. Nr. 17.
6. *Konrädi, Ist die Wut vererbbar? Zentralbl. f. Bakt. 38. 1.
7. * — Symptome und Prophylaxe experim. bei Lyssa. Zentralbl. f. Bakt. 38. 2.
8. *Eraus-Kreissl, Über den Nachweis von Schutzstoffen gegen Hundswut beim
Menseben. Zentralbl. f. Bakt. I. Abt. XXXII. Bd. Nr. 11.
Brauner, Wut 33^
9L Leelere, Caa de rage kumaine par ItehemMit. Joam. de m4d. et de chir. 1905.
25 AoftL p. 63a.
IQ. ^Lenzmann, Ein Fall von Lyssa homana. Mttnch. med. Wochenschr« 1905. Nr. 33.
H. *Lnzzani, Zor Diagnose der Wnt Zextschr. f. Hyg. 1904. 49. Bd. H. 2.
12. Maas, Ein Fall von Lyssa humana. Mliick. med. Weehensehr. 1905. Nr. 8.
11 *Mar»ftck, Über die feinere Stroktnr der N egri sehen Kttrper. Wiener klin. Wochen-
schrift 1905. Nr. 25.
11 Nicolas-Favrey Erytheme polymorphe purpariqne cons^cntif ä la Taceination anti-
raUqae. Lyon m^d. 1905. Nr. 5. p. 287.
15. Nicolas -Bancel, Lencocytose au coars de la raccination antirabiqne. Lyon möd.
1906. Nr. 24. p. 1815.
i& 'Nicolas, D'hydropbobie cone4catif ade simples Idchemeots non satvie de traitement
Lyon m*d. 1905. Nr. 33. p. 271.
17. Bemlinger, Absorption da virus rabique par la pean fratchement ras^e. Gaz. des
Hdp. 1905. Nr. 83. p. 993.
18. ^S e h i f f m a n n , Zoi Eeuntnis der N e g r i sehen K5rper bei der Wntkrankheit. Wiener
klin. Wocfaeaechr. 1905l Nr. 25.
19. 'Sotiriadäa, La lyssophobie. Le Progr^s m^d. 1905. Nr. 49.
Heller (5) gibt in seinem Vortrag eine Übersicht über ^den gegen-
wärtigen Stand der Hunds wutlehr e^. Es seien daraus einige Sätze
über Art und Erfolg der Schutzimpfung wiedergegeben: Sind Menschen
gebissen worden, so desinfiziere der Arzt ihre Wunden sofort gründlich (Was
ist gründlich ? Ref.) und veranlasse den Patienten sofort, die antirabische Kur
Tomehmen zu lassen. Die Kaninchen, welche zur Diagnose mit dem ver^
dächtigen Hundehim infiziert werden, zeigen erst nach 16 — 20 Tagen die
entscheidenden Symptome der Wut. Bei Infektion des Menschen durch Bisse
muss diese Zeit benutzt werden, um durch Schutzimpfung während der In-
kubationsdauer den Menschen zu immunisieren, ehe die Krankheit zustande
kommt. Bei Wutverdacht kann jeder Zeitverlust dem Patienten das Leben
kosten. Die Behandlung dauert bei leichten und mittelschweren Verletzungen
18 Tage, bei schweren 21 Tage. Überträgt man das Wutgift eines tollen
Hnndes, das Strassenvirus, von Kaninchen zu Kaninchen, so verkürzt sich
die ursprüngliche IStägige Inkubationsdauer bis zu einem Minimum von
6 Tagen. Solches Virus fixe ist das Material für die Schutzimpfung.
Von zirka 50000 Patienten der verschiedenen Institute, die nachge-
wiesenermassen von tollwutkranken Tieren verletzt waren, erkrankten und
starben nach vollzogener Schutzimpfung zirka 1%. Es waren also nach
dieser Berechnung von 18 Personen durch die Schutzimpfung sicher 17 ge-
rettet.
Der Übersicht Bertarellis (1), Über die neuen Erfahrungen
und Fortschritte auf dem Gebiete der Pathologie der Wut-
krankheit, sei hier folgendes entnommen: Allgemein bekannt ist heute die
Entdeckung Negris. Er wies nach, dass in den Nervenzellen, besonders in
den Pyramidenzellen des Ammonshornes der an künstlicher oder natürlicher
Wut verendeten Tiere besondere Körperchen zu finden sind, denen er para-
sitäre Bedeutung beilegte. Heute kann man sagen, begegnet man bei einem
Tiere diesen Körperchen, so ist anzunehmen, dass es wutkrank ist. Mit Vor-
liebe wird zur Prüfung das Ammonshorn benutzt. Die Natur der Negris-
schen Körperchen ist noch nicht aufgeklärt.
Über den Speichel Wutkranker weiss man heute, dass er in vielen
Fällen nicht virulent ist. Zu den Speicheldrüsen gelangt das Virus wahr-
scheinlich auf der Nervenbahn.
22*
340 JahroBbericht für Ohirargie. I. Teil.
Yalenti in Pavia ist es gelungeii, den Nachweis zu bringen, dass das
Chinin imstande ist, das Wutvinis in vitro und in vivo zu neatralisieren,
es ist also die Frage nicht unberechtigt, ob dies nicht auf eine eventuelle
Protozoennatur des Wutparasiten schliessen lasse.
Bei dem von Maass (12) beschriebenen Falle von Lyssa gelang es nicht,
trotz Anfertigung zahlreicher Präparate sowohl vom Zentralnervensystem des
Kindes als der geimpften Tiere die von Negri beschriebenen Parasiten zu
finden. Histologisch war im Rückenmark zellige Infiltration, besonders in
der grauen Substanz um Gefässe und motorische Ganglienzellen, Infiltration
um den Zentralkanal. In der grauen Substanz verschiedene Arten von Nerven-
zeOendegenerationen.
Nicolas et Favre (14) beschreiben ein polymorphes, purpnraartiges
Erythem nach antirabischer Impfung eines 8jährigen Kindes. Heilung.
Calabrese (2) hat durch Einwirkung der Röntgenstrahlen
auf das Wutgift in vitro während zwei Stunden nur eine Verkürzung
der Inkubationszeit um 24 Stunden bewirkt.
Versuche mit Badium hatten völlig negatives Resultat.
Nach Nicolas etBaucel (15) verursachen die antirabischen Impfungen
eine konstante Hyperleukozytose, am meisten zu Ende der Behandlung.
Remlinger (17) hat bei Meerschweinchen und Kaninchen, deren Haut
frisch rasiert worden war, unter möglichster Vermeidung von Läsionen, eine
Emulsion von Virus fix einreiben lassen und dabei Wut hervorgerufen.
II. Teil.
Spezielle Chirurgie.
I.
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten
des Schädels und Gehirns.
Referent: E. v. Meyer, Frankfurt a. M.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
Allgemeines fiber Himchirurgie und Trepanation»
1. ^Krause, Himchirargie. Berltn«^Wi#n 1904. Urban und Schwarsenberg.
2. Leedham-Green, On the olosare of traomatic defecta of the akali. Brit med. Jounu
15. IV. 1905.
3. Mieolaon, Emplojment of celluloid platea for eoveriog openings in the akuU eto.
Medk. NewB 7. I. 1905. p. 45.
4. *Schftller, Die Schädelbasia im Röntgenbilde. Hamborg 1905. Lukas Grftfe n. Sillem.
5. Sultan, Zar Technik der Osteoplastik am Schädel. Deutsche Zeitsohr. f. CJürargie.
Bd. 80.
6. *Taffier, Appareil destinä aus Operations sur les os et ä la tröpanation cranienne«
See de Chir. 1905. Nr. 37.
7. *ViIlar, Le oraniomötre de Krönlein en topographie cranio- cerebrale. Journ. de mM.
de Bord. 1905. Nr. 10.
Nicolson (8) empfiehlt znrDecknng von Scbädeldefekten die Zelluloid-
platten.
Leedham-Green (2) spricht sich sehr zugunsten der Müller-
^onig sehen Methode aus zur Deckung von Scbädeldefekten. Wenn diese
nicht ausführbar, empfiehlt er die von M e r t e n s , d. h. die Anwendung von
aT^ekochtem Knochen.
Sultan (5) empfiehlt auf Grund eines Falles die Osteoplastik nach
l^urante zur Deckung von Scbädeldefekten; es handelt sich um gestielte
Periost-Knochenlappen, speziell zur primären Deckung.
Srkruikiuigen und Tumoren des kn(>ehemen Schädels und der Weiehteile«
1* ^Antonin, L., Die by datischen Cysten der Schädelknochen. Spitalnl. Nr. 20. p. 569.
2Pbototypien (mmftniscb).
1 - Des kystes hydatiqnes des os du crftne. La Fresse m^d. 1905. Nr. 51.
344 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil
3. *Mc Arthar, L. L., Pneamaiocele of the craniam. The jonni. of Uie Amer. Med.
Ass. 1905. May 6.
4. Axenfeld, ErOnleins Orbitalresektion. Laogenbecks Archiv^ 77, 2.
5. * — Krönleins Orbitalresektion. Mflnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 23.
6. *— OrbiUlresektion. Zentralbl. f. Chir. Nr. 30.
7. Borchardt, Cholesteatom der hinteren Schftdelgrube. Langenbecks Arch. 77, 3.
8. ^Bnschke, Fall von symmetrischen sarkomatOsen Tumoren der Schlftfenregionen.
Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 82.
9. Chernbach, B., Enormes Angioma des linken äusseren Ohres. Profase Hftmorrhagie,
Ligatur der linken Carotis communis, Heilung. Spitalul. Nr. 9. p. 229 (rumftnisch).
10. *Czermak, Osteoplastische Resektion der äusseren AugenhOhlenwand. Deatsche med.
Wochenschr. 39 u. 40.
11. Dollinger.J., Modifikation der osteoplastischen Methode Erönleins bei Tumoren
der Orbita. Chirurg. Sektion des Budapester kgL Ärzte-Vereins, Sitzung vom 16. II. 1905.
Orvosi Hetilap 1905. Nr. 19.
12. y. Eiseisberg, Haemangioma venosum capitis. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 6.
p. 149.
13. '^'Engstler, LuckenschftdeL Arch. f. Einderheilk. 40, 1 — 4.
14. *Greeff, Exstirpation retrobulbärer Tumoren etc. Berliner klin. Wochenschr. 1905.
p. 248.
15. *Helborn, Krön lein sehe Operation. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 10. p. 276.
16. * — Kr Onl ein sehe Operation. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 2. Vereins-
beil. p. 85.
17. Kopp 1er, Behandlung entzOndL Erkrankungen von Kopf und Gesicht mit Staunngs-
hyperämie. Mflnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 45. Nr. 46. p. 2224, Nr. 47. p. 2283.
18. AliKrogius, Behandlung d. Angioma arter. racemosum der Schädeldecken. Zentralbl.
ffir Chir. Nr. 39.
19. *Lafon-Villemonte, Sarcome ä myöloplaxes de Torbite. Joum. de mäd. de Bord.
1905. Nr. 5. p. 80.
20. Mauclaire, Hyperostoses et ezostoses äbumöes non syphilitiques de la r^gion tempo-
rale. Bull, et möm. de la soc. anat. de Paris 1905. Nr. 1. p. 67.
21. M eres t in, Tumeur inflammatoire et exostose traumatique de la rögion frontale. Soc
anat. 1905. Oct.
22. Ranzi, Tamorartige Hyperostose des Schädels. Wiener klin. Wochenschr. Nr. 6.
23. Von Saar, Erworbene Elephantiasis der Kopfschwarte. Langenbecks Archiv.
Bd. 78.
24. Schlagintweit, Über einen Fall yon intra- und eztrakraniell gelegenem Echinococcus.
Deutsche Zeitschr. f. Chir. 76. 2, 3.
25. *Tauber, Haemangioma cavernosum venosum capitis. Wiener med. Wochenschr. 1905.
Nr. 19.
26. *Unterberger, Ein echtes Cholesteatom der Schädelknochen. Deutsche Zeitschr. f.
Chir. 81, 1.
27. Vincent, Kystes congenitauz multiples du cräne communication de Tun d'eux avec
la cavit^ cranienne. Extirpation suivie d'^coulement prolong^ du liquide c^phalu-
rachidien. Gudrison. Arch. prov. de Chir. 1905. Nr. 12. D4c,
28. *Vitanoff, Zwei Fälle von Echinococcus orbitae. Letopisti na lekarskija sajuz v.
Bulgaria. Nr. 3—4. p. 148 (bulgarisch).
29. *W ein berger, Extra- oder intradurale Geschwulst? Wiener klin. Rundschau 1905.
Nr. 3. p. 45.
Keppler (17) veröffentlicht die günstigen Resultate der Stauungs-
hyperämie bei entzündlichen Erkrankungen am Kopf und Gesicht und speziell
bei eitrigen Mittelohrerkrankungen. Von 22 Fällen wurden 12 von akuter
Mastoiditis nach kleinen Einschnitten ohne Nekrose rasch geheilt. Bei chro-
nischen Fällen gab es keine ermutigenden Resultate. Ein Fall von beginnender
eitriger otogener Leptomeningitis wurde geheilt. Sonst kamen noch Fälle von
Parotis, Erysipel, Eiterungen am Ober- und Unterkiefer mit günstigem Resul-
tate in Behandlung.
T. Meyer, Verletsangen nnd ehinirg. Krankheiten des Schftdek n. Gehirns. 345
Es liandelte sich im Falle Chernbachs (9) um eine 50jährige Frau,
die seit 2 Jahren ein Angioma des linken Ohres trägt, das 3 mal grösser als
nonnaliter ist. Nach einer profusen Blutung, klassische Ligatur der Carotis
communis, ohne schlechte Nachteile. Stoianoff (Vama).
Krogins (18) hat ein grosses Ang. arterial-racem. der Temporalgegend
dadurch zum Schwinden gebracht, dass er in mehreren Sitzungen an der
Peripherie subkutane Umstechungen machte. Mit einer stark gekrümmten
Nadel wurde ein Catgutfaden direkt über den Knochen durchgeführt und mit
äner flachen Nadel dicht unter der Haut wieder zur Einstichstello heraus-
geleitet, wo dann die Enden geknotet wurden.
T. Eiseisberg (12) teilt einen Fall von angeborenem Haemangioma
Tenosum capitis zwischen den beiden Parietalia mit, welcher wahrscheinlich
mit dem Schadelinnem (Sin. longitudinalis) kommuniziert.
Tauber (25) beschreibt einen analogen Fall mit in der Gegend der
rechten Schläfe.
Ranzi (22) publiziert einen von v. Eiseisberg operierten Fall von
tumorartiger Hyperostose des Schädels. Die kindskopfgrosse Geschwulst,
welche die Gegend des linken Stirnbeins und die vorderen Partien des linken
Scheitelbeins einnahm, bestand seit dem 5. Lebensmonat; ein zweiter,
eigrosser Tumor über dem linken Supraorbitalbogen bestand seit 2 Jahren
zugleich mit Exophthalmus. Beiderseitige Stauungspupille. Radioskopisch zeigte
sich der Tumor von der Schädelbasis ausgehend. Der 650 g schwere Tumor
wurde an der Basis abgetragen, wobei die Dura an einer Stelle eröffnet
wurde. Der kleinere Tumor wurde später entfernt. Glatte Heilung. Die
Stauungspnpille ist rechts fast vollkommen verschwunden, links ist sie
gebessert.
Vincent (27) exstirpierte mit Erfolg bei einem 2 jährigen Kind drei
ioDgenitale Dermoidcysten in der linken Fossa temporalis. Die eine war durch
Perforation des Knochens in feste Verwachsungen mit der Dura und der
Arachnoidea eingegangen, so dass bei der Exstirpation ein Defekt entstand,
welcher durch längeres Ausfliessen von Zerebrospinalflüssigkeit die Heilung
ferzögerte.
Morestin (21) beobachtete nach einem Trauma am Stirnbein einen
entzündlichen Tumor mit Exostosenbildung. Nach Abtragung glatte Heilung.
Mauclaire (20) beschreibt eine grosse Exostose, die primär von der
Cellul. mastoid. ausgegangen ist und daher eine gewisse Analogie zu den
Exostosen des Sin. frontalis und maxillaris bietet. Es gelang den Tumor in
einzelnen Fragmenten zu entfernen und glatte Heilung zu erzielen.
Borchardt (7) operierte mit Erfolg ein Cholesteatom der hinteren
Schadelgrube, welcher doppelseitige Stauungspapille, Ataxie mit Neigung
links umzufallen, Nystagmus und sehr starker Druckschmerz am linken
Oocipitale veranlasst hatte. Den Symptomen war eine leichte Schädelver-
letzung vorausgegangen, die trotz schneller Heilung Kopfschmerz, Brech-
neigung und Abnahme des Sehvermögens zurückliess.
Antonin (2) berichtet über einen Fall von Hydatidencyste der Schädel-
tnochen, welchen er als 8. der in der Literatur aufgefundenen Fälle be-
zeichnet. Es handelte sich um einen Soldaten, der in der Kindheit epilepti-
forme Anfälle hatte. Im Dienst plötzlicher Tod in einem epileptischen
Anfall. Bei der Autopsie fand sich eine hühnereigrosse Hydatidencyste in
der Scheitelgegend mit zahlreichen Tochterblasen. Die Cyste befand sich
346 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
zwischen dem recbten Os parietale und der Dura und hatte die innere
Knochenlamelle zum Schwund gebracht and eine tiefe Depression an der
Rolandschen Furche hervorgerufen. Die in der Literatur bekannten Fälle
werden kurz referiert in bezug auf die pathologische Anatomie, die Symptomato-
logie und die Hirnläsionen.
Über einem mit gutem Erfolg operierten Fall Ton intra- und extra-
kraniell gelegenem Elchinococcus berichtet Schlagintweit (24). Das ISjähr.
Mädchen hatte Nackenschmerzen und Nackenschwellung, die innerhalb
4 Wochen schnell zunahm und fluktuierend wurde, dann trat Schwindel
Schwerhörigkeit, Kopfschmerz und Stauungspapille auf, so dass intrazerebraler
Druck angenommen wurde. Wegen Luesverdacht energische antilaetiscbe
Kur ohne Erfolg, Freilegung der Geschwulst durch Schnitt durch L^.
Nuchae. Es fand sich eine grosse Blase mit zahlreichen kleinen Bläschen»
Echinococcusfädchen. Der Schädelknochen ist usuriert aber zeigt nirgends
ein sondierbares Loch. Trotzdem Trepanation, wobei dickflüssige Massen mit
zahlreichen Echinococcusbläschen sich entleerten. Die Schädeldecke wird
zwischen Proc. mastoid., Sinus transvers. und longitudinalis entfernt. Die
Bläschen waren nur extradnral und hatten das Hirn komprimiert. Gute
Heilung und Rückgang der Symptome. Nach ^U Jahr völlige Arbeits-
fähigkeit.
Axenfeld (4) und Heiborn (15) sprechen sich sehr zugunsten der
Krönl einschen Orbitalresektion zur Entfernung retrobulbärer Tumoren und
zur Behandhing retrobulbärer Entzündungen aus.
Bei der typischen Methode Krönleins beobachtete Dollinger (11)
eine partielle Lähmung des oberen Lidschliessers , die er sich aas der
Durchschneidung von Fasern des N. facialis zum M. orbicularis und M. pal-
pebralis erklärt.
Um dies zu vermeiden, rät Dollinger zu folgender Schnittfiihiung.
Er beginnt 2 7^ cm oberhalb der Mitte der Orbita, geht in der gleichen
Entfernung vom Orbitalrande und in S-Form nach aussen, unten und rück--
wärts bis zum oberen Rande des. Jochbogens und darauf noch 1 ^/> cm nach
hinten. Die obere Hälfte des Schnittes dringt bis auf das Periost durch, in
der unteren Hälfte jedoch wird die Faszie des M. temporalis geschont. Wird
nun der untere Lappen oben subperiosteal, tiefer unten subfaszial, samt der
Fascia zygomatico-temporalis, abgelöst, so gelangt man ohne Verletzung der
obenerwähnten Fazialisäste zur Periorbita. Die Knochendurchtrennung ge-
schieht in den Richtungslinien Krönleins; zur Spaltung des Jochfortsatzes
benützt Dollinger die Giglische Säge. Die ganze äussere Wand der
Orbita lässt sich im Zusammenhange mit dem M. temporalis nach aussen
umlegen.
Dollinger operierte 4 Tumoren der Orbita auf diese Weise ohne
jegliche Lähmungserscheinungen von Seiten der Lidneryen. (Vergl. auch
Dollinger J., Die konservative Chirurgie der Orbita. Jahresbericht. X. Jahr^
gang. Seite 321.) Gergö (Budapest).
Verletcungen des Schädels und Gehirns durch Schuss und andere Gewalten»
Traumatische Meningitis und Hirnabszesse.
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Enz (14) berichtet über eine von Brnnner nach 15 Monaten zur
Heilung gebrachten Skalpierung des Kopfes. Aus dem Skalp warden acht
je 4:10ccm grosse Lappen geschnitten, nach Wolf- Krauses Methode
aufgelegt und mit Catgut befestigt. An der Stirn heilten zwei und ein dritter
über dem linken Ohre an. Nach fünf Transplantationen nach Thiersch
YÖUige Überhäutung. Der Augenlidschluss war gut; im Bereich der Trans-
plantation war die Sensibilität herabgesetzt. .
Stieda (40) bespricht die Art der Behandlung bei komplizierten Schädel-
frakturen und traumatischen Schädeldefekten in der Hallenser Klinik. Es
wird da auf einen möglichst raschen und vollständigen knöchernen Verschluss
gesehen, weil ein grösserer Schädeldefekt immer als Locus minoris resistentiae
zu betrachten ist. Von 48 Fällen wurden 31 nachuntersucht, lömal war
sofortige Reimplantation der Knochenstückchen oder die Einpflanzung von
Stückchen der Lamina externa aus der Nachbarschaft; 9 mal war die sekun-
däre Implantation ausgekochter Knochenstückchen auf gut granulierende
Wunden gemacht worden; 8 mal war nach der Benarbung eine osteoplastische
Operation vorgenommen worden, und zwar nach Müller-König, oder Ver-
schieben und Umklappen von Periostknochenlappen oder Plastik aus der
Tibia. Die primären Reimplantationen und osteoplastischen Nachoperationen
glückten alle ; vor den sekundären Implantationen trat 4 mal Sequestrieroog
oder Resorption auf, so dass bleibende Defekte zurückblieben. Die Nach-
untei-suchung ergab:
1. Von fünf o£fenen pulsierenden Schädeldefekten haben alle bis auf
einen erhebliche Beschwerden und zwar Kopfschmerzen, Brausen im Kopf,
Schwindelanfälle.
2. Von 15 primären Implantationen sind 10 völlig beschwerdefrei.
Drei haben zeitweise Kopfschmerzen, einer angeblich Schwindelanfälle, einer
ist Paralytiker.
3. Von den fünf, bei denen die sekundär implantierten Knochenstücke
einheilten, haben vier Kopfschmerzen und zeitweise Schwindel, einer ist be-
schwerdefrei.
4. Von den acht durch osteoplastische Operationen geheilten Schädel-
defekten hat einer (nach Seydel aus der Tibia corticalis gedeckt) geringe
Beschwerden. Einer ist Epileptiker, bei dem aber schwere Läsion des Ge-
hirns bei der Verletzung vorhanden war. Die übrigen fünf sind beschwerde- ,
▼. Mejer, Verletzimgeii and cbirarg. Krankheiten des Schädels a. Gehirns. 349
ir^i. Bei zwei von diesen wurde die Osteoplastik wegen bestehender Epilepsie
vorgenommen nnd Heilung erzielt (4V4 nnd V^ Jahre Beobachtungsdauer).
Anf Grund dieser Erfahrungen empfiehlt Stieda den möglichst früh-
zeitigen knöchernen Verschluss eines traumatischen Defektes nnd zwar, wenn
Toriglich, die primäre Implantation oder nach eingetretener Heilung Exzision
der Narbe nnd osteoplastische Deckung mit Haut-Periostknochenlappen, oder
P^riostknochenlappen.
Morel (26) empfiehlt primäre Trepanation bei allen Fällen von Schuss-
fcrletznngen, bei allen Frakturen mit Symptomen der Lokalisation und in
allen FäUen von Knocheneintreibung auch ohne lokalisierte Symptome.
Croce (10) beschreibt einen Fall von schwerer kompliziertem Bruch
beider Stirnbeine mit ausgedehnter Hirnverletzung, der schliesslich an Menin-
gitis zugrunde ging und publiziert das Sektionsprotokoll. Speziell richtete er
seine Untersuchungen auf die Symptome, welche für die funktionelle Bedeu-
tmig des Stimhims Anfklärung geben konnten. Von allen angegebenen Sjrm-
ptomen früherer Fälle konnte er nur das Symptom der heiteren lustigen
Stimmung, die im schroffen Gegensatz zu dem schwerkranken Zustand stand^
feststellen, femer einen Mangel an Aufmerksamkeit und Selbstbeherrschung.
Poissonier (33) gibt an der Hand der Literatur eine Besprechung
der Orbitalfrakturen inbezug auf Ätiologie, Symptomatologie, Prognose nnd
Behandlung.
Hathaway (16) beobachtete bei einer Fraktur der Fossa anterior eine
Verletzung des rechten Optikus, welche zur völligen Blindheit des rechten
Auges führte. In 3 Wochen war vollständige Sehnervenatrophie eingetreten.
Einen ähnlichen Fall, bei welchem auch der Abduzens geschädigt war,
beobachtete Panting (31).
Eine ansführliche Besprechung an Hand der Literatur über die Frak-
turen des Felsenbeins, ihre Ätiologie, Symptomatologie, Komplikation, Prognose
und Behandlung gibt Chevrier (9).
Cernezzi (8) erläutert einen mit Glück von ihm mit Trepanation
operierten Fall von kompliziertem Bruch mit Depression des linken Scheitel-
\yeiLS mit Erscheinungen von Lähmung des rechten Armes und Parese des
eotq)rechenden Beines.
Nach einem kurzen Hinweis auf die Geschichte des Arguments spricht
er Ton den Vorzügen der primären Trepanation gegenüber der abwartenden
Behandlung und erklärt sich für einen Anhänger des frühzeitigen Eingriffes.
R. Giani.
Wight (43) beobachtete ein subdurales Hämatom, bei welchem ein auf-
fallend langer Intervall hervorzuheben ist. Ein 52jähriger Patient war nach
mm Sturz vom Wagen einige Minuten bewusstlos, bis sich am zweiten Tage
linksseitige Hemiplegie einstellte mit Erbrechen, aber ohne Druckpuls. Die
Lähmung besserte sich innerhalb 3 Wochen, trat aber nach 2 Monaten wieder
ein, nach 3 V« Monaten verschlechterte sich das Allgemeinbefinden und nach
weiteren 2 Monaten waren bedrohliche Symptome eines rechtsseitigen Häma-
toms vorhanden. Operation vrurde verweigert. Bei der Sektion fand sich
^m snbdarales Blutgerinnsel, das ^/s des Hirnvolums betrug ; es sass in der
oberen Hälfte der rechten Hemisphäre und zeigte verschiedene Stadien alter
^d frischer Blutung. Die einschlägige Literatur ist berücksichtigt.
Pacha (29) hat in einem Falle von Schädeltrauma (indirekt nach Fall
a\i{ die Füsse), wegen heftiger Kopfschmerzen und Erbrechen mehrmals die
doO Jahresbericht für ChiruFgie. IL Teil.
Lumbalpunktion ausgeführt, wobei sich unter starkem Druck bämorrhagiscbe
Zerebrospinalflüssigkeit entleerte. Heilung. Eine Fraktur hat wahrscheinlich
nicht vorgelegen.
Ebenso berichteten Po th erat (35), Quenu (28) und andere Oiirurgen
in der Diskussion dieses Vortrages über die günstigen Resultate wiederholter
Lumbalpunktion bei Schädelbasisbrüchen.
Marchand (24) fand bei der Sektion einer 63 jährigen Frau, die geistig
nie normal war, eine Verdickung der Meningen, welche er auf eine in der
Kindheit erlittene Schädelfraktur zurückführt.
In der Mitteilung vonBouvier (3), die im Wesentlichen im Titel schon
wiedergegeben ist, handelte es sich um Hysterie. Beim Beginn der Narkose
plötzliches Verschwinden der Aphasie und aller Symptome. Pat. hat früher
schon mehrfach ähnliche Zustände spez. Aphasie gehabt.
Vincent (42) beobachtete bei einem Knaben mit Schädelbruch und
Depression der Fragmente motorische Aphasie und epileptiforme Krampte.
Keine Symptome eines grösseren Blutergusses. Bei der Trepanation fand
sich trotzdem die Art. mening. media zerrissen, aber durch einen Splitter
komprimiert, so dass eine Blutung vermieden war. Nach Extraktion des
Splitters Unterbindung der Arteria und Naht der Dura. Glatte Heilung und
Rückgang der Symptome.
Mit Erfolg trepanierte Bouvier (4) eine komplizierte Fraktur des
Schädelbeins mit submeningealen Bluterguss, der nach Inzision entleert wurde,
und auf Tamponade zwischen Dura und Hautlappen zum Stillstand gebracht
wurde. Es war nur eine Verminderung der Sensibilität auf der rechten Seit«
nachweisbar, keine Lähmung.
Durand (12) beobachtete bei einem 3jährigen Kinde nach einem Trauma
am zehnten Tage Fieber, nach weiteren sechs Tagen Kopfschmerzen, dann
linksseitige Krämpfe, die in den Fingern begannen. Nachdem noch mehrere
Attaken bei Temperatursteigerung abgelaufen waren und linksseitige Lähmung
bestand, wurde trepaniert wegen Verdacht einer Fraktur mit Infektion und
extraduralem Abszess. Die Dura fand sich vollständig normal. Nach ein-
facher Tamponade schneller Rückgang der Lähmung. Durand glaubt an
eine Intoxikation der motorischen Zone vorübergehender Natur mit Neigung
zum langsamen Rückgang.
Gaussel und Massabuan (15) berichten über einen von Forgue
mit günstigem Erfolg operierten Fall von rechtsseitiger Hemiplegie mit Hemi-
ataxie nach einem Trauma auf das linke Scheitelbein. Die Operation war
2^/2 Monate nach dem Unfall ausgeführt und förderte einen Splitter zutage^
welcher das Hirn komprimierte, ohne Adhäsionen oder Verdickungen der Dura
erzeugt zu haben.
Bei einem 3 jährigen Knaben, der mit der rechten Kopfseite auf eine
eiserne Spitze gefallen war, blieb eine sezernierende Wunde zurück, die
3 Vs Monate keine weiteren Erscheinungen machte. Wegen Erbrechens,
Fieber und Symptomen eines Himabszesses operierte Kennedy (19) und
fand einen das Hirn durchsetzenden eiternden Kanal, in welchem sich
Stückchen eines Strohhutes vorfanden. Nach Tamponade Heilung ohne jeden
Defekt.
Mit Erfolg operierte Peck (32) einen vereiterten Thrombus des Sinns
lateralis, kurze Zeit nach der Heilung einer Schädelbasisfraktur. Es handelte
sich offenbar um eine Infektion vom Mittelohr ausgehend.
T. Meyer, Yerletzongen and ekirurg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. ^1
T. Schmarda (37) publiziert eine erfolgreiche Trepanation bei einem
5 jährigen Kinde wegen traumatischen Hirnabszesses der rechten Schläfen
4 Monate nach der Verletzung.
W^en eiteriger Meningitis bei Schädelbasisfraktur, bei der die Lumbal-
panktion dicken Eiter entleerte, trepanierte Kümmel (21) am zehnten Tage
Bach der Verletzung beide Scheitelbeine und führte Gazestreifen an die
Schadelbasis. Der schwer benommene and polslose Mann besserte sich von
Tag ZQ Tag; am dritten Tage entleerte sich bei der Lumbalpunktion noch
ieidit getrübte Flüssigkeit, am sechsten Tage war sie klar. Patient war am
zehnten Tage Boch aphasisch und agraphisch, nach vier Wochen yollständig
gesund und arbeitsfähig.
In einem zweiten Falle von aufsteigender Meningitis nach einem ope-
rativen Eingriff am Wirbelkanal besserten sich nur die Erscheinungen, Be-
nommenheit und Schmerzen; Patient ging nach einigen Tagen zugrunde.
Bei tuberkulöser Meningitis hat Kümmel zwar keine Heilung, aber
günstige Beeinflussung der heftigen Kopfschmerzen und des Fiebers gesehen.
Bayerthal (2) teilt einen Fall von eiteriger Meningitis, der tödlich
endete, mit und fasst dieselbe als Folge einer 2Vs Jahre zurückliegenden
Schädelbasisfraktur auf, so dass eine Unfallrente bewilligt wurde. Auffallend
war noch vor der Erkrankung an Meningitis eine Abnahme des Gedächt-
nisses, welche auf organische Veränderungen in den Kapillaren und Ganglien-
zellen beruht.
Pallard (30) gibt die Krankengeschichte und Sektionsprotokoll eines
2l}ähTigen Mannes, der mit Fieber eingebracht war, dann fieberlos während
zwei Monaten heftiges Kopfweh und Erbrechen hatte, und rapid abmagerte.
Die ganze Krankheit von 66 Tagen zeigte einmal eine lOtägige Remission
mit Verschwinden aller Symptome. Die Diagnose lautete auf einen anormalen
Memngitis oder Tumor ohne Lokalisation. Die Untersuchung der Zerebro-
spinalflüssigkeit sprach für Tumor. Die Sektion ergab einen ausgedehnten
Xbsxess des rechten Lobus frontalis. Die Ätiologie ist unbekannt, da weitere
Sektion verweigert war.
Über drei Fazialislähmungen traumatischen Ursprungs berichtet Minor
(25). Der erste Fall betraf eine hohe Läsion wahrscheinlich Fissur der Pars
peirosa, der zweite eine Zerreissung in der Wange, der dritte eine Verletzung
neben dem Ohr durch Zertrümmerung des linken Oberkiefers, wobei auch der
Trigeminus lädiert wurde.
Roneali (36) hat Gelegenheit gehabt, in der von Prof. Durante ge-
leiteten chirui^ischen Klinik zu Rom zwei typische Fälle von Neuro- Psychosis
post-traamatica zu studieren.
Die erste Beobachtung betrifft einen Fall von Neuro -Psychosis post-
traumatica, welcher sich vorwiegend unter der Form von Grössenwahn und
Seigung zur Tobsucht äusserte. Auf das Trauma in der linken Parietal-
region folgte Gehirnerschütterung und nach Verschwinden derselben entwickelten
sich starke Cephalalgien und Lähmung der rechten Seite, welche nach einiger
Zeit in Parese überging, jedoch ohne jede Störung in dem Gefühls-, Wärme-
^üd Schmerzempfindungsvermögen. Nach ungefähr einem Jahr begannen
Zeichen von Geistesgestörtheit aufzutreten, infolge deren Patient in einer
Irrenanstalt untergebracht wurde. Er hatte Anfälle von Tobsucht und wurde
höchst gefährlich, wenn seinen zusammenhanglosen Versicherungen wider-
sprochen wurde, oder wenn er vermeinte, dass die ihn umgebenden Personen
352 Jahreabericht für Chirurgie. II. Teil.
ihm nicht jene Ehrerbietung entgegenbrächten, anf die er in seinem Grössen-
wahn ein Anrecht zu haben glaubte.
In diesem Falle hatte die Kraniektomie, durch Entfernung des einge-
sunkenen Knochens und Lostrennung der Adhärenzen zwischen der inneren
Fläche der Dura mater und Pia meningea, den Erfolg, dass die psychischen
Erscheinungen in ihrer verhängnisvollen Entwicklung fortschritten. In der
Tat wurden diese Störungen nach der Kraniektomie milder derart, dass beute,
zehn Jahre nach dem Eingriff, keine Spur von Grössenwahn und Tobsucht
mehr besteht, dahingegen dauert ein Zustand der Geistesschwäche an, welche
ihm jedoch einige Beschäftigung gestattet.
Die zweite Beobachtung bezieht sich auf einen Fall von Neuro-Psychosis
post-traumatica, der von dem ersten recht verschieden ist, da sich zu Hystero-
Neurasthenie- Erscheinungen ein Hjpocbondriedelierium gesellte. Bei einer
Frau traten infolge eines Traumas, entsprechend der sagittalen Naht, fast
gleichzeitig teilweise Anfälle von Epilepsia bravais-jaksoniana ohne Bewusst-
losigkeit, psychische Erscheinungen und unzweifelhafte Anzeichen von Hystero-
Neurasthenie auf, welche in Magenstörungen und in Störungen des Geschlechts-
apparates, des Rachens und des Gehörsapparates bestanden: von diesen Stömngen
waren einige andauernd, andere traten anfallsweise auf.
Der operative Eingriff ergab vollständige Aufklärung über die tonisch-
klinischen Kontraktionen in beiden Beinen, da feste Verwachsungen zwischen
Pie meninges und Innenfläche der Dura mater angetroffen wurden, die sich
bis zur Fissura interhaemisphaerica erstreckten und teilweise, aber direkt
den linken parazentralen Lappen und demnach indirekt vielleicht auch den
rechten in Mitleidenschaft zogen. Wenn die vorgefundenen Verwachsungen
die partielle Epilepsia bravais-jaksoniana, sowie die Schwächung der rechten
Körperseite und die leichte Parese des gleichzeitigen Fazialis zu erklären
vermögen, so sind sie doch nicht imstande, den Mechanismus aufzuklären,
welcher die Störungen des Magens, des Geschlechtsapparates, des Rachen-
und Gehörapparates und des Geistes hervorgerufen hat. Diese Störungen
können nicht anders erklärt werden als durch die Annahme von Hysterismus,
der zurückzuführen ist auf anderweitige ebenfalls durch das Trauma verur-
sachte Verletzungen, deren Sitz jedoch in der Hirnsubstanz und nicht in den
Meningen lokalisiert sein muss. Mit dem Bruch der narbigen Verwachsungen
konstatierte man in der Tat vollständiges Aufhören der Epilepsieanfalle; das
gleiche war nicht der Fall mit den seelischen Störungen in Form von Hjpo-
chondriedelirium und den hystero-neurasthenischen Erscheinungen, die nach
dem Trauma zugleich mit den epilepsieförmigen Anfällen aufgetreten waren.
Diese Störungen dauerten nicht nur an, sondern modifizierten sieb in keiner
Weise mit der Kranioresektion, welcher Nebenumstand Roneali annehmen
lässt, dass in diesem Falle das anatomische Substrat der psychischen und
hystero-neurasthenischen Erscheinungen ganz und gar unabhängig war von
den Narbenbändchen, die zu durchbrechen bei dem Operationsakt gelungen war.
Roneali ist daher der Ansicht, dass auch unter Annahme, wie nicht
in Abrede zu stellen ist, von Fällen von traumatischer Hystero-Neurasthenie,
welche man bis zu einem gewissen Punkt als eigentliche Neurosen ansehen
kann, die in zum Hysterismus und Neurasthenie veranlagten Personen auf-
treten, nichtsdestoweniger in der grossen Mehrheit der Fälle solche Formen
von traumatischer Hystero-Neurasthenie als das Ergebnis von mehr oder
T. Meyer, Verleizungen und chirurg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. 353
veniger tiefen, in der Hirnsubstanz der Patienten lokalisierten Alterationen
zn betrachten sind.
Verf. hält es daher für nnerlässlich, die nachtranmatischen Nenro-
psychosen, die sich mit einer vorwiegend, wenn nicht ausschliesslich, hysteri-
schen oder neurasthenischen, oder zu einer Zeit hysteroneurasthenischen
PhäDomenologie zeigen, in hystierische oder neurasthenische oder unorganische
resp. funktionelle traumatische hysteroneurasthenische Neuropsychosen zu
anterscheiden, je nachdem ob das Trauma die Krankheit in der Nevraxe
des Verwundeten dadurch hervorgerufen hat, dass es nur als anregendes
Agens funktionierte oder aber als wirkendes Agens durch Hervorrufung von
makroskopisch oder mikroskopisch wahrnehmbaren Läsionen.
Die therapeutische und vor allem die gerichtsärztlicbe Bedeutung, welche
die von Roneali vorgeschlagene Einteilung bat, betrifft die Frage nach der
rechtlichen Haftbarkeit in den Fällen von Geistesstörungen, die die Arbeiter
durch Unfälle bei der Arbeit treffen können.
Ramend und mit ihm die meisten Neuropathologen und Gerichtsärzte
sind der Ansicht, dass die Traumata in kürzerer oder längerer Zeit zur Hystero-
Beurasthenie Veranlassung geben, indem sie als anregendes Agens der Krank-
heit in einem schon kongenital veranlagten Hirne funktionieren und nicht als
räkendes Agens. Sie kommen daher zu dem Schlüsse, dass jedweder Ar-
beiter, der bei Ausübung seines Handwerks einen starken Stoss an den Kopf
erlitte oder eine heftige Erschütterung am ganzen Körper und infolgedessen
an Neoropsychose, verbunden mit Hysteroneurasthenie, oder nicht, erkrankte
und so arbeitsunfähig wurde, nur Anspruch hat auf eine der vor dem erlit-
tenen Trauma bestehenden Veranlagung seines Gehirns zu Hysterismus und
Nenrasthenie untergeordnete Geldentschädigung.
Während der heutige Stand unserer Kenntnisse in bezug auf die post-
tr&nmatischen Neuropsychosen, sagt Roneali, uns einerseits besagt, dasa
derartig bestimmte Schlüsse nicht mehr annehmbar sind, treibt er uns im
Gegenteil zu der Ansicht, dass die meisten post-traumatiscben Neuropsychosen,
seien dieselben nun mit Hysterie, Neurasthenie oder Hypochondrie verbunden
oder nicht, anzusehen sind als das Ergebnis makroskopischer oder mikro-
skopischer durch das Trauma hervorgerufener Verletzungen, welche in der
innersten Textur eines oder mehrerer Teile der Nevraxe der mit Neuro-
psychosen behafteten Individuen ihren Sitz haben. Roneali ist daher der
Ansicht, dass sowohl der Staat, als auch die Gesellschaften und Eigentümer
industrieller und landwirtschaftlicher Betriebe von dem modernen Gesetzgeber
voll und ganz für haftpflichtig anzusehen sind, wenn ein infolge eines Un-
falles bei der Arbeit an Neuropsychose erkrankender Arbeiter sich dauernd
arbeitsunfähig fühlt, und demnach gesetzlich gezwungen werden müssen, nicht
ihm eine irrisorische Entschädigung zu verabfolgen, sondern ihm eine der-
artige Entschädigung zu geben, deren Zinsen der Summe gleichkommen, die
er jährlich als Lohn für seine Arbeit empfing.
Gewiss kann man, fügt Roneali hinzu, wenn es sich um Fälle von
sekundärer Hysterie oder Neurasthenie nach chirurgischen Operationen han-
delt, besonders die, welche nicht allzu selten nach Eingri£fen an den Zeugungs-
organen, namentlich bei Frauen, entstehen, bis zu einem gewissen Punkt mit
ausreichender Sicherheit sagen, dass es sich bei diesen Nebenumständen ' um
angeborene Prädisposition handle, da man nicht ausschliessen kann, dass in
solchen Fällen um zerebrale Intoxikationen infolge von in dem chirurgischen
JihTHbtrieiii Ar Chinirgit 100& 23
354 Jahreebericht far Cbimrgie. IL Teil.
Herd entsprungenen Prozessen regressiver Metamorphose, handle. Dieser
Meinung sind Picque, Garnier, Joffroy, Granger und viele andere.
Steht man jedoch vor einem Individuum, welches ein Trauma am Kopfe^
ohne Fraktur der Knochen erlitten hat, oder aber eine durch den Anstoss
zweier in Bewegung befindlicher Züge, oder die Explosion einer Mine oder
einer Pulverfabrik usw. hervorgebrachte Erschütterung, und will man in solchen
Fällen beständig die angeborene Prädisposition ins Treffen führen, ohne die
Möglichkeit anatomischer Verletzungen im Gehirn in Betracht zu ziehen, die
dergleichen Unfälle hervorgerufen haben dürften, so erscheint dies nicht nur
als unexakt, sondern geradezu als der Wahrheit der Tatsachen nicht ent-
sprechend.
In bezug auf die chirurgische Behandlung bei den traumatischen Neuro-
psychosen bemerkt Roneali, dass die Kraniektomie in beiden untersuchten
Fällen sich vorteilhaft zeigte: bei der ersten Beobachtung hatte sie den Er-
folg, dass die psychischen Erscheinungen, bestehend in Grössenwahn und
tobsüchtigen Handlungen, welche einen progressiven Gang hatten, sich derart
milderten, dass sie ganz und gur verschwanden und an ihrer Stelle nur eine
Geistesschwäche zurückblieb; bei der zweiten Beobachtung trug sie dazu bei,
die bravais-jaksonianischen Anfälle zum Aufhören zu bringen und den Inhalt
der Parese der der Verletzung entgegengesetzten Seite zu bessern.
Aus der Analyse der oben erwähnten Fälle und der Fälle anderer
Autoren, welche eine Gesamtzahl von 35 Fällen von post-traumatischen Neuro-
psychosen bilden, entnimmt Roneali, dass die Kraniektomie als unmittel-
bares Resultat 18 vollständige Heilungen, 11 Besserungen, 4 nicht gebesserte,
1 vorübergehende Heilung und eine vorübergehende Besserung ergeben hat;
dieses Resultat ist als sehr ermutigend anzusehen und mehr als hinreichend,
um zugunsten der Nützlichkeit des chirurgischen Eingriffes bei post-trauma-
tischen Neuropsychosen zu schliessen. Gewiss, so schliesst der Verf., muss
der Eingriff in jedem Falle sehr vorsichtig sein und der Chirurg darf keine
goldenen Berge versprechen, denn es ist notwendig gegenwärtig zu halten, dass
neben den Heilungen und bemerkenswerten Besserungen auch eine recht grosse
Zahl von wichtigen Resultaten besteht und sehr viele vorübergehende Besse-
rungen und Heilungen. R. Giani.
Erkrankungen der Stirn- und Keilbeinhöhlen.
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Goldmann (3) macht auf den grossen Wert der Röntgenaufnahmen
bei Erkrankungen der Stirnhöhle aufmerksam. Es lässt sich feststellen, ob
überhaupt eine Stirnhöhle vorhanden ist, ob beide gleichmässig oder ungleich-
massig entwickelt sind, ob sie durch ein Septum vollständig oder unvollständig
geschieden sind, ob knöcherne Lamellen einzelne Abschnitte ganz oder unvoll-
kommen abtrennen. Auch die Cellul. mastoid. des Felsenbeines lassen sich
deutlich darstellen.
Freudenthal (2) öffnet die Stirnhöhle nicht, wie Killian, über der
Knochenbrücke, welche aus kosmetischen Gründen stehen bleibt, sondern
imter derselben, am medialen Ende des oberen Orbitalrandes. Hier findet
man die Stirnhöhle immer, während man bei geringer Ausdehnung derselben
leicht in die Schädelhöhle gerät, wenn nach Killian verfahren wird. Sobald
die Stirnhöhle in angegebener Weise eröffnet ist, wird ihre Ausdehnung
zonächst mit der Sonde bestimmt und dann die vollständige Freilegung ge-
macht.
Milligan (8) eröffnet den Sinus frontalis durch einen supraorbitalen
Schnitt, bei doppelseitiger Erkrankung durch einen medianen. Von der vor-
deren Sinuswand wird ein Stück reseziert. Bei massigen Veränderungen der
Schleimhaut entleert er den Eiter und reinigt die Höhle und sorgt für guten
Äbflnss. Bei schweren Veränderungen der Schleimhaut verhält er sich ver-
schieden. Ist die Tiefe der Höhle nicht grösser als 2 cm, so nimmt er die
Tordere Knochenwand ganz weg und strebt völlige Obliteration an. Das
äussere Drittel der Hautwände wird genäht. Bei grösseren Dimensionen der
Höhle entfernt er die ganze Schleimhaut und lässt die Höhle sich durch
Granulationen füllen. Wichtig ist gründliche Ausräumung der infizierten
Schleimhaut und Entfernung der infizierten Siebbeinzellen und freie Verbin-
dimg mit der Nase. Von seinen 40 Patienten sind 2 gestorben an Stirnlappen-
abszess und Meningitis; 28 sind völlig geheilt, 4 haben noch geringe Eite-
rung und 5 haben trotz langer Behandlung noch reichliche Sekretion.
Turner (17) bespricht die chronische Eiterung des Sinus frontalis und
üire operative Behandlung und kommt zum Schluss, dass nicht eine einzelne
Methode anf alle Fälle anwendbar sei. Die Ogs ton- Luc sehe Methode ist
anwendbar mit einfacher Eröffnung der vorderen Wand und Drainage, wenn
der Sinns klein ist und nicht zur gleichen Zeit eine Erkrankung des Sinus
etbmoidalis besteht. In diesem Falle ist für lange Zeit die Kommunikation
mit der Nase und die Drainage zu unterhalten. In jedem anderen Fall ist
• 23*
356 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
Obliteration des Sinus anzustreben; ein besserer Zugang zu den Etlimoidal-
zellen ist durch Resektion des Processus frontalis des Oberkiefers zu erreichen
und einer breiten Kommunikation mit der Nase. Wenn der Sinas schmal
und nicht prominent ist, ist es unnötig, die Knochenbrücke zu schonen. Die
Ki II i ansehe Methode gibt sehr zufriedenstellende Resultate.
Es fehlt an genügendem statistischen Material, um die Häufigkeit von
Himkomplikationen bei chronischen Stimsinuseiterungen festzustellen. Zu den
bisher veröffentlichten 30 Fällen von derartigen Komplikationen fugt Turner
(16) weitere 12, so dass im ganzen 42 zur Verfügung stehen. Die durch Be-
teiligung der Ethmoidalzellen bedingte Komplikation besteht in 62®/o. Von
den verschiedenen operativen Methoden gibt die Luc-Operation (Drainage
mit Erhaltung des Sinus) 58 Vo Heilungen. Von 67 Fällen nach der Obliterans-
methode von Kuhnt operiert, wurde nur einer geheilt. Von den nach den
verschiedenen Operationen eingetretenen Todesfällen entfallen 74 Vo auf die
L uc- Operation. * Die Killi an- Operation gibt von allen die besten Resultate^
mit Berücksichtigung von Heilung und Entstellung.
Thomson (15) veröffentlicht zwei tödlich endende Fälle von Stirn-
höhleneiterung. Im ersten Fall handelte es sich um doppelseitige Erkrankung
der Stirnbein-, Keilbein- und Oberkieferhöhle. Durch die Goldwell-Lncsche
Operation im linken Sinus maxillaris wurde die latente Sinusit. frontalis und
ethmoidalis derselben Seite angeregt und nach der Operation des linken Sinus
frontalis kam es zur septischen Leptomeningitis , die von der chronischen
Eiterung der anderen Seite ausging. Der zweite Fall von Multisinusitis ging
ebenfalls trotz mehrfacher Operationen mit ausgiebiger Drainage an subduralem
Abszess und Meningitis, von den Ethmoidalzellen ausgehend, zugrunde.
Über die Entfernung eines ausgedehnten, weichen Myxofibroms im Sinns
orbitalis und sphenoidalis und maxillaris durch Auslöffelung und Heilang be-
richtet Moreau (9).
Onodi (10). Die Geschwulst entwickelte sich bei einer 30jährigen Frau
innerhalb von sechs Jahren und bildete eine nussgrosse Vorwölbung im rechten,
inneren Augenwinkel. Endonasale Exstirpation, Heilung.
Onodi gibt eine genaue Beschreibung des rhinoskopischen Bildes, der
Sondierung und bewerkstelligten Köntgenoskopie sowie des histologischen Be-
fundes. Gergö (Budapest).
In einem Falle von Empyem des Sinus sphenoidalis, bei dem leichter
Exophthalmus und Amblyopie bestand, machte Escat (1) die Eröffnung von
der Orbita aus. und curettierte den Sinus, der mit Eiter gefüllt war. Die
Orbitalwunde wurde ohne Drainage vernäht. Das Resultat war ausgezeichnet.
Hydrocephalus, Meningocelen. Encephalocelen, Meningitis und nicht oto»
gene Thrombosen.
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Nach Mitteilung von Hirschel (2) wurde ein ITjähriger Mensch von
Czerny wegen Meningitis im Anschluss an ein Kopferysipel trepaniert, da
die Diagnose auf akuten Himabszess, subkortikal in der Gegend der linken
Zentralwindungen , wahrscheinlich yerbunden mit lokaler eitriger Meningitis
lautet. Es war eine Kontusion über dem linken Auge ohne äussere Wunde
Toraosgi^angen. Nach mehrfachen Punktionen des Gehirns und Meningen
kam man auf Eiter, so dass die Trepanation gemacht wurde, welche 60 ccm
Eiter entleerte. Das Gehirn quoll nicht hervor, sondern blieb eingesunken
liegen. Der Eiter ergab Streptokokken in Reinkultur.
Kurze vorübergehende Besserung, dann schneller Tod. Bei der Sektion
fand sich eine ausgedehnte Thrombose des Sin. longitudinal. sup., die sich
fortsetzte auf die pialen und zerebralen Venen der rechten Hemisphäre und
besonders stark auf der linken Hirnseite über Stirn und Scheitellappen. Der
meningitische Eiterherd war völlig zirkumskript und abgeschlossen. Hirschel
nimmt nach dem Verlauf und deren Sektionsbefund an, dass eine primäre
traumatische Veränderung an der linken Hemisphäre vorgelegen haben muss,
bevor das Erysipel entstand, und dass dieser Herd erst sekundär durch die
Erysipelkokken zur Meningitis infiziert wurde. Die Kopfvenen waren der
Weg der Infektion.
Über einen Fall von Meningitis bei Carcinoma metastat. piae matr.
infolge von Magenkarzinomen berichtet Scholz (6). Das Magenkarzinom war
im Leben nicht nachweisbar gewesen. Im Gehirn findet sich keine Metastase,
die Meningen sind aber karzinomatös infiltriert, was meist erst mikroskopisch
erkannt werden kann.
Zur Behandlung des Hydrocephalus hat N i c o 1 1 (3) folgendes Verfahren
angewandt, über dessen Enderfolg aber noch nichts zu berichten ist, da die
Operation erst vor kurzem stattfand. Er reseziert zwei Lendenwirbelbogen
und einen Proc. transversus, eröffnet von da aus die Peritonealhöhle und ver-
bindet dieselbe mit den Meningen durch ein resorbierbares oder durch ein
später zu entfernendes Glasdrain oder, wie er es in diesem P'alle getan, wird
ein Netzzipfel an den Meningen befestigt.
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Lexer (2) gibt zur Vereinfachung der Resektion des 3. Trigeminusastes
an der Schädelbasis eine Modifikation an, die in einem einfacheren Schnitt
am oberen Jochbogenrand und subkutaner Durchtrennung des Jochbeins be-
steht. Es lässt sich dabei die Fazialisverletzung mit Ausnahme der Stim-
äste mit Sicherheit vermeiden, die Art. meningea und temporalis brauchen
nicht unterbunden zu werden, der Unterkiefer bleibt unberührt und eine
Knochemiaht ist unnötig.
Epilepsie.
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358 Jahresbericht für Chirurgie. U. Teil.
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Auf Grund seiner Erfahrungen über die operative Beeinflussbarkeit des
Epileptikergehirns kommt Friedrich (4) zu dem Schlüsse, dass in einer
verhältnismässig grossen Zahl genuiner Epilepsie Traumen das Krankheitsbild
einleiten und dass für jeden Anfall der primäre Reiz der Auslösung in die
Gehirnrinde zu verlegen ist. Unter solchen Umständen ist es möglich trau-
matische Stellen operativ in Angriff zu nehmen und Fälle günstig zu beein-
flussen, die als genuine bezeichnet wurden. Ein grosser Prozentsatz der sog.
genuinen Epilepsie hat eine primär traumatogene Genese, wenn auch die
Tatsache festgehalten werden muss, dass es nur bei vorhandener Himdis-
position (neuropathische Belastung) zur Entwickelung der Epilepsie kommt.
Es sollen daher alle Fälle sogen, genuiner Epilepsie eingehend und genau
auf ihre traumatische Vergangenheit geprüft werden und genaue Beobachtungen
darüber angestellt werden, aus denen ein Schluss gezogen werden kann, von
welcher Stelle der Hirnrinde der Reiz im ersten Anfang der Krankheit aus-
gegangen ist, um sie eventuell operativ anzugreifen; eine Verallgemeinerung
auf die operative Behandlung jedes genuinen Epileptikers weist er energisch
zurück.
In bezug auf die Operation hält er sich an den Vorschlag Kochers,
eine grössere Trepanationslücke und Exzision der Dura zu machen; eine
Ventrikeldrainage hat er nie ausgeführt. Bei traumatisch veränderten Stellen
wurde dort trepaniert, sonst im hinteren Bereiche des rechten Stirnhimes.
Aus seinen Beobachtungen hat er den Eindruck gewonnen, dass die
Koch ersehe Theorie nicht für alle Fälle zulässig ist.
Unter 11 Fällen sind speziell 3 hervorzuheben, von denen einer seit
der Operation nie wieder Anfälle hatte, obgleich das Krankheitsbild sehr
schwer und mit Idiotie einhergehend war ; auch psychisch übertraf der Erfolg
die Erwartungen. Die Epilepsie hatte 13 Jahre bestanden. Ein zweiter Fall
ist namhaft gebessert, so dass er in seinem Beruf nicht mehr gestört ist und
ein dritter kann sogar mit Erfolg einen wissenschaftlichen Beruf betreiben.
Drei hoffnungslose genuine Epileptiker mit psychischen Alterationen und
Idiotie sind in der Weise beeinflusst worden, dass bei zwei der Charakter
der Anfälle auf Wochen und Monate günstig verändert war, um späterhin
zu dem alten Krankheitsbild zurückzukehren. Der Dritte ist ein Jahr anfalls-
frei geblieben, ist aber psychisch ungünstig beeinflusst worden. — Die übrigen
Fälle konnten zum Teil nicht genügend kontrolliert werden, zeigten aber
während der Beobachtungszeit das Bild der Besserung.
T. Mejer, Yerletzimgeii und chinirg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. 359
Rone all (9) erläutert zwei Ton Prof. Durante mit Kraniektomie
operierte Fälle und zwar der eine wegen partieller traumatischer Bravais-
Jackson scher Reflexepilepsie, der andere wegen mit Hemiparese und Hypo-
ästhesie des rechten Lappens einhergehender Bravais- Jacksonscher Epi-
lepsie mit Bewegnngsaphasie und partieller Gehöraphasie , unvollständiger
Alexie und Agraphie und mit Schwächung der psychischen Kräfte.
Bei der Untersuchung des durch die Kraniektomie abgetragenen Gehirn-
gewebes fand Roneali bei dem ersten eine narbige Nevrogliobindegewebs-
sklerc^e und bei dem zweiten eine reine Gliose, beide sekundär als Folge
eines Schädeltraumas.
Auf Grund des günstigen Ausgangs der Graniektomie äussert sich Verf.
dahin, dass in den Fällen von Nevrogliobindegewebssklerose und von reiner
posttraumatischer Gliose die vollständige Abtragung des wenn auch ausge-
dehnten Krankheitsherdes indiziert sei, sobald er nur scharf umschrieben ist:
er zeigt alsdann die Zweckmässigkeit und Gefahrlosigkeit der Horsley sehen
Methode.
Schliesslich behauptet er, wobei er sich auf den zweiten Fall stützt, in
dem die Neurogliose eine sekundäre und die Folge eines Traumas war, das
viele Jahre vorher den Schädel getroffen hatte, ohne Bruch der Schädel-
knochen zu bewirken, dass jedwede Nervenstörungen, welche auf ein
Trauma folgen , das die Sehädelwanduugen unversehrt gelassen hat , das Er-
gebnis tiefgehender Veränderungen der innersten Struktur der Rinde der
Gehimhemisphären sind.
Auf Grund hiervon hält er es für billig, dass die über Arbeitsunfälle
in Kraft stehenden Gesetze in für die Arbeiter günstigem Sinne abgeändert
werden müssten. R. Giani.
Einen eigentümlichen bisher nicht aufgeklärten Fall von Hirnblutung,
welche Jackson sehe Epilepsie hervorrief, beschreibt Mermingas (8). Es
war eine Neubildung oder ein Solitärtuberkel angenommen und wegen plötz-
licher Himdruckerscheinungen wurde die Kraniotomie vorgenommen. Es fand
sich eine eigrosse Blutansammlung an der vorderen Zentralwindung und am
anliegenden Teil des Stirnlappens. Nach glatter Heilung (Handlähmung blieb
noch bestehen) traten nach 4 Wochen wieder Symptome des Hirndrucks auf.
Darch eine einfache Trepanation wurde wieder die 'Blutansammlung entleert.
Unter Drainage heilte die Wunde langsam aus, die Symptome auch die
Handlähmung, gingen zurück. Nach 4 Monaten finden sieh noch häufige
krampfhafte Zuckungen des linken Arms, welche sich auf Gesiebt und Bein
fortsetzt.
Fränkel (3) beobachtete bei einem Patienten, der nach einer Schuss-
Terletzung (Suieidium) einen bleibenden Schädeldefekt zurückbehalten hatte,
zwei Jahre später nach einem Trauma auf die Narbe heftige und häufige
epileptische Anfalle. Zuerst wurde der Versuch gemacht durch ein einge-
pflanztes Knochenstück und eine Zelluloidplatte den Defekt zu schliessen,
wodurch die Anfalle günstig beeinflusst wurden. Die Plastik löste sich jedoch
wieder und damit traten die Krämpfe in immer heftigerer Weise wieder auf
und Aufregungszustände kamen dazu. Nachdem es gelungen war, die Lücken
in vollkommen solider Weise mit Zelluloidplatten dauernd zu schliessen, war
das Krankheitsbild gehoben und es besteht jetzt eine Heilungsdauer von
8 Jahren.
aeO Jahresbericht für Chirargie. IL Teil.
Sebileau (10) berichtet über einen Fall von posttranmatischer Epi-
lepsie, die 14 Monate nach einem Sturz auf den Schädel auftrat. Die An-
fäle boten nicht das Bild der Jacksonschen Epilepsie; es wurde die aiis*
gedehnte (6 cm) Trepanation gemacht und dabei nur eine Verdickung der
Dura gefunden. Nur ganz vorübergehender Erfolg. Sebileau nimmt des-
halb eine essentielle Epilepsie an. Die Deckung des Defektes war durch eine
Goldplatte gemacht, welche 1 mm dick, mehrfach durchlöchert war und
reaktionslos einheilte.
Spratling und Park (12) berichten über eine Heilung (7Vt Monate)
und zwei wesentliche Besserungen von Epilepsie durch bilaterale Resektion
des Sympathikus.
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In einer klinischen Studie über die Geschwülste des rechten und linken
Schläfenlappens kommt Knapp (19) zu folgenden Schlussfolgerungen: Das
häufige Vorkommen von Okulomotoriuslähmungen bei raumbeschränkenden
Erkrankungen im Schläfenlappen ist von der grössten lokaldiagnostischen
Bedeutung und kann uns häufig die Möglichkeit verschaffen, Tumoren im
rechten Schläfenlappen, die bisher einer Lokaldiagnose allgemein als nicht
zugänglich erschienen, richtig zu lokalisieren. Damit ist die Aussicht ge-
wonnen, dem Chirurgen Geschwülste im rechten Schläfenlappen zur Operation
ZQ überweisen. Chirurgische Eingriffe an dieser Stelle sind um so unbe-
denklicher, als eine Verletzung wichtiger Zentren an derselben nicht zu be-
fürchten ist.
Eine spätauftretende transitorische rezidivierende partielle Okulomotorius-
lähmung, besonders eine gleichseitige Ptosis oder Mydriasis mit Störungen der
Pupillenreaktion findet sich am häufigsten bei Tumoren des Schläfenlappens.
Tritt zu der gleichseitigen Okulomotoriusstörung eine gekreuzte Hemi-
parese hinzu, entsteht also eine sog. Hemiplegia altemans superior bei einem
schon jahrelang sich bemerklich machenden Tumor, so ist derselbe mit grösster
Wahrscheinlichkeit im Schläfenlappen zu suchen.
Vereinigt sich mit der Hemiplegia altemans ein scheinbar zerebellarer
S^nptomenkomplex, so ist fast mit Sicherheit anzunehmen, dass der Tumor
im Schläfenlappen seinen Sitz hat.
Im folgenden Falle war es dem Verf. gelungen, auf Grund der Fern-
symptome die Diagnose auf einen Tumor des rechten Schläfenlappens zu
stellen, so dass er zur Operation gebracht werden konnte. Bei demselben
fand sich im Mark des rechten Schläfenlappens eine etwa walnussgrosse, von
362 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
normaler Hirnrinde bedeckte, diffus in die Umgebung übergehende Geschwulst,
die mit dem scharfen Löffel entfernt werden konnte. Der Fall ist mit Aus-
nahme von zeitweilig auftretenden Kopfschmerzen geheilt.
Friedrich (4) konnte den Kranken mit Stirnhimtumor und schwerer
Psychose, den er operiert und als geheilt bezeichnen konnte, jetzt nach
4Vt Jahren noch als dauernd geheilt vorstellen. Siehe Bericht über das
Jahr 1902.
Der Fall Stromingers (39) ist derselbe, über welchen wir schon im
Jahre 1901 berichtet haben. Es handelte sich während des Lebens um rechte
infantile Hemiplegie, Epilepsie und Gesichtstelangiektasie. Bei der Autopsie
fand man eine Atrophie der linken Gehimhemisphäre mit anormal grosser
Vaskularisation der verdickten Gefasse der Pia-mater, die IV2 bis 2 cm
dick war. Stoi'anoff (Vama).
Brumiche (6) berichtet über 14 Fälle von operierten Hirntumoren;
zweimal war die Operation radikal mit einer Heilung und einer Besserung,
bei vier Fällen handelte es sich um Palliativoperationen mit zwei vorüber-
gehenden Besserungen und einer dauernden Besserung.
C US hing (8) empfiehlt zur symptomatischen Behandlung der inoperabeln
Hirntumoren die Trepanation.
Owens (30) operierte in zwei Zeiten (wegen Blutung) in der Voraus-
setzung, ein Osteom der Schädelinnenfläche zu finden, da früher ein äusseres
Osteom entfernt worden war. Er fand in der Dura eine Öffnung und in der
Gegend des rechten Armzentrums eine weiche Geschwulst, welche ein abge-
kapselter Rundzellensarkom war.
Wegen Himprolaps wurde später eine Goldplatte in den Defekt gelegt,
welche glatt einheilte. Die Übelkeit, das Brechen, Kopfschmerz und Be-
nommenheit waren beseitigt.
Bei einem Patienten mit Symptomen eines Tumors im rechten Lobas
frontalis machte Thurston die Trepanation, konnte aber keinen Tumor
finden. Tod nach einigen Tagen. Bei der Sektion fand sich ein Gliosarkom
des Nucleus caudatus, welcher die Druckerscheinungen im Lobus frontalis
ausgelöst hatte. Der hintere Teil des Tumors drückte auf die Capsula interna^
wodurch die linksseitige Parese erklärt war.
In einem Falle von diagnostiziertem Tumor im rechten Lobus des Klein-
hirns trepanierte Warrington (43), konnte aber die Geschwulst nicht finden.
Bei der Sektion fand sich ein taubeneigrosses Sarkom in der Tiefe des rechten
Lobus. In einem weiteren Falle, in dem Patient in halbkomatösem Zustand
eingeliefert war und keine genaue Diagnose zuliess, fand sich bei der Sektion
eine grosse Zyste, die den rechten Lobus vollständig einnahm.
Einen eigenartigen Fall als Folge eines Stosses gegen den Scheitel mit
leichter Gehirnerschütterung beobachtete Glynn (12). Bei dem 21jährigen
Patienten entwickelte sich im Laufe von ö Jahren das Bild des zunehmenden
Himdrucks, Kopfschmerz, Nachlass des Gedächtnisses, Schwindel, Neigung
nach vorn über zu fallen, Apathie, Abnahme des Sehvermögens bis zur Blind-
heit, Incontinentia urinae und Krämpfe. Plötzlicher reichlicher Abgang von
seröser Flüssigkeit aus dem rechten Nasenloch brachte bei beständig weiter
bestehender Sekretion Heilung. Beim Vorwärtsneigen des Kopfes entleerten
sich in der Minute 1 — 5 Tropfen Zerebrospinalfiüssigkeit. Glynn glaubt,
dass es sich um einen Hydroceph. intern, acquisitus infolge von traumatischer
Meningitis handelt. Durch den enormen Druck suchte sich schliesslich die
T. Hey er, Verletzangen ond chinirg. Krankheiten des Sohftdela u. Gehirns. 363
ZerebrospiDalflüssigkeit einen Ausweg aus dem Arachnoidealraum längs der
OlfaktoriuBscheide.
Trevelyan (42) gibt die anatomische Beschreibung von vier Gehim-
zvsten. Zwei waren myoplastische Zysten, die dritte eine einfache Zyste des
Vlex. chorioid., und die vierte eine des Kleinhirns. Die Arbeit ist rein patho-
logisch-anatomisch.
Jaboulay (17) berichtet über den Patienten, bei welchem er 1901
<s. Jahrb. 1901 pag. 369 Piollet) ein Gliom des Kleinhirns in zwei Zeiten
exstirpiert hat. Erst im Dezember 1904 kam er wieder; er war seit zwei
Jahren blind, der Kopfschmerz war wieder erschienen, aber das Schwanken
uud der Schwindel sind weggeblieben. Jetzt bot er ein eigenartiges Bild,
indem alle Wochen unter leichter Temperatursteigerung Kopfschmerz, Er-
brechen, Rückenschmerzen, Schmerzen in den unteren Extremitäten auftraten.
Dabei vergrösserte und verhärtete sich die postoperative Hernie und zwar
irreponibel. Nach 3—4 Tagen verschwanden die Symptome wieder.
Nach Lumbalpunktion schwanden die Symptome sehr schnell; schliess-
lich eröffnete Jaboulay die Hernie, wobei ein Stück Kleinhirn exzidiert
wurde, das kein Neoplasma zeigte. Nach vierwöchentlichem Abfluss der
Zerobrospinalflüssigkeit kein Kopfweh und Rückenschmerzen mehr, und Wieder-
auftreten der Sehfähigkeit. In der Narbe besteht noch eine kleine, massig
sezernierende Fistel.
Clarke (7) beobachtete in zwei Fällen von Kleinhirngeschwülsten voll-
ständige Taubheit und lästiges Ohrgeräusch als hauptsächlichste und erste
Symptome, denen die übrigen erst nachfolgten. Bei einem Patienten wurde
eine ausgedehnte Kraniotomie gemacht, worauf Kopfschmerzen und Neuritis
optica zurückgingen, die Taubheit blieb. Patient lebte vier Jahre in leid-
lichem Zustand. Der Tumor war ein Fibrom.
Borchard (2) versuchte bei einer 45jährigen Patientin einen Tumor
des Kleinhirn -Brückenwinkels zu entfernen. Wegen schlechtem Allgemein-
zustande und Blutung musste dreizeitig operiert werden. Tod nach 26 Stunden.
Borchard empfiehlt frühzeitige Operation, möglichst in einer Sitzung durch
Bildang eines grossen Lappens aus der Hinterhauptschappe und eines Teils
des Fersenbeins, wodurch ein guter Überblick bis zum Pons gewonnen wird.
Garre (11) operierte mit Erfolg ein Gliosarkom der Regio occipitalis;
die Hemianopsie als Ausfallerscheinung blieb bestehen, dagegen sind die
Himdmcksymptome geschwunden. Ein Patient mit Sarkom des linken Felsen-
beins mit Lähmung des 6. — 11. Hirnnerven ist nach der ausgedehnten £x-
stirpation gestorben. Der Vagus war bei der Operation durchrissen und
Patient starb an einer Respirationssynkope.
Lichtheim (21) beschreibt zwei Fälle von Kleinhirnzysten, bei welchen
die Diagnose durch die von N e i s s e r angegebene Punktion bestätigt wurde ;
therapeutisch genügte jedoch wiederholte Punktion nicht, so dass beide Fälle
^on Garre operiert wurden und zur Heilung kamen. Lichtheim fordert,
dass durch Himpunktion frühzeitig die Diagnose ermöglicht werden kann
und die frühzeitige Operation vorgenommen werden soll, um dem Übergang
der Stauungspapille in Sehnervenatrophie vorzukommen.
364 Jahresbericht fClr Chirurgie. II. Teil.
Otitische Erkrankungen.
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Ohrenheilk. 1905. L. 2.
33. * — Bemerkungen zu meiner Methode der Bulbusoperation. Zeitachr. fOr Ohrenheilk»
Bd. 49. Heft 3 u. 4.
Grossmann (12) stellt fest, dass bei der Ohroperation ebenso wie
bei anderen Operationen und im gleichen Verhältnis postoperative Psychosen
xorkommen. Zweifellos das wirksamste Moment ist die Meisselerschütterung^
da TOD vier Psychosen drei das typische Bild des sekundären traumatischen
Irreseins darboten. Auch eine kurz vor der Operation vorgenommene Lumbal-
punktion kann die Disposition zu seelischen Erkrankungen steigern.
Im Hinblick auf die guten Resultate, die Dahlgren (7) bei der Be-
handlung der chronischen eitrigen Otitis media nach Stackes Methode
erzielt hat, empfiehlt er diese zur Anwendung bei allen chronischen eitrigen
Otitiden, die sonst auf keine Weise zur Heilung zu bringen sind, d. h. wo
sidi die konservative Behandlung als ohnmächtig erwiesen hat. Verf. hebt
hervor, dass die Operation allerdings sehr genaue Kenntnisse bezüglich der
normalen wie der abnormen Verhältnisse des Mittelohres und seiner Um-
gebung erfordert, unter den Voraussetzungen aber sei sie ein ungefährlicher
und im höchsten Grade segenstiftender Eingriff. Hj. von Bonsdorf f.
Schatz (26) hat in drei Fällen nach akuten Mastoideusoperationen
schon am 11. bis 14. Tage die Knochenplombierung mit Paraffin vorgenommen
ond in kurzer Zeit Heilung erzielt. In zwei Fällen bestanden noch keine
Granulationen über der blossgelegten Dura und Sinus, und trotzdem wurde
die Plombierung gut vertragen.
Henrici (14) macht Mitteilung von Tuberkulose des Warzenfortsatze»
bei Kindern (drei unter 7 Jahren, zwei bei 8 jährigen). Mit den früher be-
richteten acht Fällen zusammen liefert die primäre Warzenfortsatztuberkulose
etwas weniger als ^/e der Mastoiditis des Kindesalters, ist also jedenfalls
häufiger, als man sonst annimmt. Besonderes Interesse gewinnt diese Form
durch ihren Charakter als primär ossale und nicht von einer Paukenhöhlen-
tuberkulöse fortgeleitete Erkrankung.
Wegen chronischer Mittelohreiterung mit perisinuöser Eiterung und
Phlebitis jugul. machte Karewski (16) die Radikaloperation, bei welcher
wegen ausgedehnter Erkrankung der Schädelknochen ein ungewöhnlich grosses
Stück derselben fortgenommen werden musste. Der Knochenersatz blieb aus,
so dass ein osteoplastischer Verschluss notwendig wurde. Es wurde ein
Müller- Königscher Lappen gebildet, der die Art. occipit. enthielt.
Klinischer Fall von linksseitiger, durch Thrombophlebitis des entspre-
chenden Sinus lateralis komplizierter Streptokokkenmastoiditis, der von C e r-
nezzi (6) mit Trepanation des Mastoideus, Entleerung und Drainage des
Sinns unter Erzielung eines günstigen Resultates behandelt wurde.
R. Giani.
Uchermann (28) gibt eine erschöpfende klinische Darstellung der
otogenen Pyämie und der otogenen infektiösen Sinusthrombose auf der Grund-
366 Jahresbericht fQr Ghirargie. II. Teil.
läge von 30 Krankheitsfällen. Es werden detaillierte, mit epikritischen Be-
merkungen versehene Krankengeschichten mitgeteilt. Von den Krankbeits-
fallen beziehen sich fünf auf die otogene Pyämie, die übrigen aaf Sinus-
thrombose, davon zwei mit Meningitis und Gehirnabszess kompliziert.
Hj. von Bonsdorff.
Auf Grund eines eigenen und mehrerer aus der Literatur zusammen-
gestellter Fälle gibt ofForselles (10) eine Darstellung der Abduzenslähmnng
der Komplikation einer Otitis media und hebt hervor, dass diese Komplikation
auf einer leichteren Form von Meningitis beruht. In diesen Fällen rät Verf.,
frühzeitig die Mastoidealzellen zu öffnen, eventuell die Schädelhöhle an der
Fovea media freizulegen. Hj. von Bonsdorff.
Hinsberg (15) tritt sehr dafür ein, dass eine diffuse eitrige Menin-
gitis keine Kontraindikation für operative Eingriffe mehr abgeben darf, und
dass man nach den Erfolgen bei traumatischer Meningitis auch bei der otiti-
schen energisch vorgehen soll.
Lermoyez und B ellin (19) haben zwei Fälle von Meningitis bei chro-
nischer Mittelohreiterung nach der Trepanation durch wiederholte Lumbal-
punktion zum Ausheilen gebracht.
Neu mann (22) publiziert die Krankengeschichten von zwei otitischen
Himabszessen :
1. Otitis media suppur. chronic, sin. Cholesteatom labyrinthid. pur.
Absces. lobi temp. sin. mit Durchbruch in den linken Ventrikel. Trotz des
sehr grossen Cholesteatoms und des bei der Sektion gefundenen kindskopf-
grossen Schläfenlappenabszess bestanden bis 8 Tage vor der Hospitalaufsahme
keine subjektiven Beschwerden, oder objektiven Zeichen der Erkrankung.
Dieselben traten erst an die akute Exazerbation des Ohrenleidens auf. Bei
der Sektion fand sich eine Kommunikation des Hirnabszesses mit dem Laby-
rinth durch den oberen Bogengang.
2. Otitis media suppur. chronic, sin. Perforation der Membrana flav.
Shrapnelli. Abszess im linken Schläfenlappen. Radikaloperation. Eröffnung
und Entleerung des Abszesses. Heilung.
Zur Feststellung, ob die Meningitis die Veranlassung zu dem Gehirn-
abszess gab, zirkumskript oder allgemein war, ob sie serös oder eitrig war,
wurde eine Lumbalpunktion gemacht, die sterile Flüssigkeit, aber zahlreiche
mono- und polynukleäre Leukozyten ergab. Dieser Befund scheint für die
Gehimabszesse charakteristisch zu sein.
Kennedy (17) operierte mit gutem Erfolg einen otitischen Hirnabszess,
der trotz seiner Grösse in Heilung ausging. Ein grosser Teil des Schläfen-
lappens war zerstört. Es bestand starker Hirndruck, Neuritis optica der
rechten erkrankten Seite.
Nicoll (23) spricht sich zu gunsten der präliminaren Unterbindung der
Vena jugularis aus, nicht nur bei der Thrombose, sondern auch zur radikaleren
Operation bei Tuberkulose, weil sie wesentlich einfacher und aseptischer zu
machen ist, als wenn bei der Operation am Ohr oder am eitrigen Thrombus
die Indikation zur Ligatur unverhofft auftritt.
Mont^li (21) berichtet über einen Fall von otitischem Temporallappen-
abszess, der drainiert wurde, aber nach kurzer Besserung den Tod an Basilar-
meningitis verursachte.
Lannois (18) beobachtete nach einer Trepanation wegen Otitis media
später unter neuem Fieber einen subkutanen Abszess oberhalb, nach dessen
T. Meyer, Verletzongen und chirarg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. 367
Eroffiamig es sich herausstellte, dass es sich um einen extraduralen, oberhalb
des Sinus gelegenen Abszess handelte, der sich durch ein Emissarium spontan
entleert hatte.
Schmiegelow (27) liefert einen Bericht über 19 von ihm behandelte
Fälle Yon otogenem Gehimabszess. In 13 Fällen trat der Gehirnabszess als
Komplikation bei einem chronischen, in 6 Fällen bei einem akuten Ohren-
leiden auf. Schmiegelow diskutiert die Symptome, die dieses Leiden
charakterisieren, berührt die anderen endokraniellen Erkrankungen, die gleich-
zeitig Torkommen können, und hebt die Schwierigkeiten in diagnostischer
Hinsicht hervor. In 5 der 19 Fälle konnte die Diagnose nicht intra vitam
gestellt werden, in den übrigen 14 Fällen gelang es, einen Abszess zu dia-
gnostizieren, aber nur in 9 Fällen konnte dieser bei der Operation ange-
troffen werden. Von den 9 Fällen, in denen der Gehimabszess entleert
wurde, gingen 5 in Genesung aus; die übrigen starben teils an Meningitis,
teils infolge eines anderen Gehimabsesses, welcher nicht entdeckt worden ist.
Hj. von Bonsdorff.
of Forselles (9) teilt folgende Fälle von Komplikationen eitriger
Otitiden mit: 1. Zwei Fälle von Gehimabszess, der eine führte an eitriger
Meningitis zum Tode. 2. Ein Fall von extraduralem Abszess. 3. Sieben Fälle
von otitischer Pyämie nach Lateralsinusthrombose. 4. Vier Fälle von Menin-
gitis. Trotzdem die Prognose der eitrigen Meningitis schlecht ist, trägt Verf.
äi^esichts des verzweifelten Charakters der Fälle kein Bedenken, einen opera-
tiven Eingriff vorzuschlagen, der frühzeitig und mit einer verbesserten Technik
ausgeführt, möglicherweise die Prognose dieses Leidens günstiger gestalten
könnte. Hj. von Bonsdorff.
Kachtrag.
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September.
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(nun&niach).
Jonnescu (2) operierte diese Frau vor 9 Jahren wegen Osteosarcoma
der rechten Maxilla superior. Sto'ianoff (Yarna).
Rezidivierende faustgrosse Geschwulst des Unterkiefers. Severeanu(3)
operierte sie im Jahre 1902, zuletzt Rezidiv. S toi an off (Vama).
368 Jahresbericht fttr Chimrgie. IL Teil.
IL
Verletzungen und chirurgische Krankheiten des
äusseren Auges, des äusseren Ohres und der Nase.
Referenten: G. Zimmermann, Dresden und W. L. Meyer, Dresden.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Verletzungen und chirargische Krankheiten des äusseren Auges.
Referent: W. L. Meyer, Dresden.
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Zwei sehr missliche Zwisehenfälle nach PaxaffiBinjektioneii wegen Sattel-
nase teilt Uhthoff(177) mit. In dem ersten Falle trat bei einer 45 jährigen
Frau während der dritten Injektion von ^/s g Paraffin von 43 ° Schmelzpunkt
plötzliche Erblindung des linken Auges ein, unter dem typisch^i Bilde der
Embolie der Art. centralis retinae. Diese Fälle sind glÜGklicherweiae ausser-
ordentlich selten.
In dem zweiten Falle handelte es sich um einen 57jährigen Arbeiter,
dem ebenfalls wegen Sattelnase von einem Arzte dtei Injektionen mit Paraffin^
unbekannten Schmelzpunktes, jedenfalls Weichparaffin, gemacht waren. Ein
Vierteljahr später sparte der Äfann nach starker Anstrengung, wobei er sehr
in Seh weiss gekommen war, ein Jucken und Drücken in beiden Augen, die
am folgenden Tage nicht mehr geöffnet werden konnten. Es bestand eine
mächtige, paukenförmige Auftreibung der oberen und unteren Lider, die die
Lider fest aufeinander presste, so dass dieselben spontan nicht die Spur ge-
öffiiet werden konnten. Die Konsistenz der tumorartigen Auftreibungen war
sehr derb, die Haut zum Teil ganz fest damit verwachsen.
Die derben Massen wurden in mehreren Sitzungen entfernt. Dabei
zeigte sich, dass sie teilweise ganz diffus in das umgebende Gewebe über-
gingen. Der Orbikularis und Levator waren ganz durchwuchert. Bei der
Heilung fiel eine starke Retraktion überall auf. Mikroskopisch fand sich
stellenweise in ausgedehntem Maese Paraffin in Tropfenform im entzüodlich
derb infiltrierten Gewebe, zum Teil waren massenhaft rielkemige Riesenzellen
in die entzündliche Wucherung eingestreut. Es liegen also keine scharf ab-
gegrenzten Paraffintumoren vor, sondern eine Infiltration des Gewebes mit
Paraffinpartikeln und dazwischenliegender starker, entzündlicher Wuchermig,
die sekundär durch das in das Lid gewanderte Paraffin hervorgerufen ist.
Diese Fälle mahnen zu äusserster Vorsicht, namentKch mit Weichparaffin.
Man soll daher nicht zuviel Paraffin auf einmal injizieren und nicht zu schnell
hintereinander, stets aber unter Absperrung der umgebend^i Blutbahnen
während der Injektion.
Der von Schwarz bach (161) mitgeteilte Fall von Nekrose der Lider
und des Orbitalinhaltes ist ätiologisch nicht ganz aufgeklärt, wahrscheinlich
handelte es sich um eine schwere Quetschung durch Fall auf eine Ofenkante
in einem Anfall von Delirium tremens und nachträgliche Infektion, welche,
da der Verletzte die ganze Nacht sich selbst überlassen blieb und der In*
Hey er, Yerletzuigen und ehirarg. Eraiikbeiten dee äasseren Auges. 375
gegenüber geringe Widerstandskraft besass, zu der schweren Nekrose
fiihrU.
Berger (18) stellt, gestützt auf das Material der Strassburger Klinik
fest» dass die direkten isolierten Verletzungen der äusseren Augenmuskeln
aaseerst selten sind« Der Muskel reisst meist an der schwächsten Stelle beim
Übei^ang in die Sehne. Verf. empfiehlt mit dem operativen Eingreifen ab-
iBwarten bis zur Resorption der oft starken Blutergüsse und dann die regel- '
rechte Vorlagerung zu machen^ bei der man das abgerissene Muskelende meist
etwas weiter hinten am Bulbus inseriert findet.
£ine besonders kleine Art von Rupturen an der Homhautgrenze , die
Ton den Skleralmpturen etwas abweichen, hat Fuchs (55) Gelegenheit ge-
habt m 17 Fällen zu beobachten. Es handelt sich hier nicht um direkte
Ihirchtrennung der Augenhüllen, sondern um eine Berstung yon innen heraus.
Während die Länge der gewölailichen typischen Skleralrupturen 8 — 12 mm
beträgt, ist die Länge dieser Rupturen 2 — 4 mm. Der Riss sitzt 1 — 2 mm
Tom Limbua oder in diesem selbst und nicht wie bei der Skleralruptur 2 bis
5 mm vom Limbus. Diese Rupturen liegen fast stets nach oben und innen.
Es kommt regelmässig zu einem meist kleinen Irisprolaps; Abreissuug der
Iris, Iridodialyse ist nicht selten, ferner öfters Zerreissung der Zonnia und
der Linsenkapsel. Während die Skleralrupturen meist bei älteren Leuten
beobachtet werden, finden sich diese Rupturen an der Hornhautgrenze gerade
bei jugendlichen Individuen. Die Prognose ist im ganzen gut. Die wichtige
Therapie besteht im Abtragen des Irisprolapses unter sorgfältiger Reposition
der Iiisschenkel. Bei etwaigem Klaffen der Wunden Bindehautdeckung.
Die Wunden werden vielleicht oft für die Folge direkten Eindringens
des Terletzenden Körpers ins Auge gehalten. Es lässt sich aber meist aus
den Begleiterscheinungen eine Kontusion feststellen.
Nach eigenen Erfahrungen an 74 Fällen erörtert Purtscher (144)
die Frage der Prognose der Augenverletzungen durch stumpfe Gewalt bezüg-
lich der Erhaltung des Sehvermögens als auch der Gefährdung des anderen
Auges dnrch sympathische Ophthalmie. Bei den Kuhbornstossverletzungen
fanden sich 26 Fälle von Berstung, in fast Vs der Fälle wurde brauchbare
Sehkraft erzielt. Die Zerschmetterung des Augapfels erfordert sofortige
Eaukleation, während die Berstung mit offener Wunde eine leidlich gute
Prognose hat, falls der Glaskörperverlust nicht zu gross ist. Die subkonjunk-
tivalen Rupturen sind günstiger, doch kann es stets zur endogenen Infektion
kommen.
Wolff (184) hat an dem poliklinischen Material der Charite vier Falle
von Augenverletzungen bei der Geburt auf 581 Geburten bei engem Becken
▼ahrend 10 Jahren beobachtet und gibt im Anschluss an diese Fälle eine
ToUständige Literaturübersicht und Zusammenstellung der einschlägigen Lite-
ratur in einer Tabelle.
Als Fortsetzung einer Dissertation von Breckle: Erfolgreiche Extrak-
tion von Kupfersplittem aus dem Auge, Tübingen 1904, gibt Hornstein (86)
einen zusammenfassenden Bericht über die in der Tübinger Klinik beobach-
teten Fälle von Verletzung des Auges durch Kupfer- und Messingsplitter,
insgesamt über 65 Fälle, die mit drei Ausnahmen das männliche Geschlecht
betrafen. 53 Fälle sind Zündhütchenverletzungen, die übrigens mit Abnahme
der Verwendung der Zündhütchen seltener geworden sind. Der Verlauf richtet
sich, al^esehen von der etwa stattgehabten Infektion, nach dem Sitz des
376 JahreBbericht fftr Chirurgie, ü. Teü.
Splitters, der in '/s der Fälle im Glaskörper sass and dort znr Abszessbildang
geführt hatte, besonders wenn er auf dem Ziliarkörper lag. In 12 Fällen
wurden Extraktionsversuche gemacht, von denen drei gelangen. Diese Fälle
geben Anregung, von der primären Enukleation Abstand zu nehmen und in
geeigneten Fällen immer wieder Extraktionsversuche vorzunehmen, und zwar
mittelst meridionalen Skleralschnittes, wie bei den Eisensplittern.
Mit den Schussverletzungen des Auges, besonders mit der Wirkung der
einzelnen Geschossarten auf das Auge beschäftigt sich Pei per (134) sehr
eingehend an der Hand einer grösseren Kasuistik aus der Berliner Univer-
sitäts-Augenklinik.
Pollak (142) weist auf die Schwierigkeiten hin, welche bei den Ver-
letzungen der Sehorgane bei Scbläfenschüssen entstehen, bezüglich Diagnose
und Prognose, hauptsächlich aber für die Beurteilung, ob die Folgezustäode
durch das Projektil selbst oder durch Knochenfragmente, welche von der
Bahn des Geschosses abseits liegen können, oder endlich durch Blutergüsse
verursacht sind. Er versucht Symptomgruppen derart aufzustellen, dass be-
stimmte Erscheinungen auf bestimmte Arten von Verletzungen hinweisen
können, und beschäftigt sich vor allem mit dem aus dem Verhalteu des Ge-
sichtsfeldes zu ziehenden Schlüssen an der Hand von vier Fällen, die er be-
züglich des Geschossganges nach den Symptomen analysiert. Von diesen ist
besonders ein Fall interessant, der einen sektorenförmigen Ausfall im unteren
nasalen Quadranten des linken Gesichtsfeldes bei rechtsseitigem Einschuss
aufwies, mithin eine Verletzung des Optikus temporal und oben. Dieser Fall,
bei welchem das Geruchsvermögen vollständig aufgehoben und gleich nach
der Verletzung ein ungeheueres Durstgefühl aufgetreten war, lässt sich so
erklären, dass das Projektil, das knöcherne Orbitaldach durchschlagend, in
die Schädelhöhle eingedrungen ist, die Lamina cribrosa frakturiert, den Riech-
kolben zerstört und den linken Processus clinoideus getroffen hat, der abge-
brochen wurde, nach innen rotierte und so die intrakranielle Verletzung des
Optikus temporalwärts und oben zustande brachte, genau so, wie sich dies
in einem Falle von Berlin anatomisch nachweisen Hess. Das Symptom des
enormen Durstgefühls wird auch bei Geschwülsten des Chiasma und der
Hypophysis beobachtet und war hier wohl durch Blutungen in die Hypophysis-
Gegend veranlasst. Das Röntgenbild ergab die Kugel an der Stelle, wo die
Augen-Gehirnhöble und die äussere Schläfengrube aneinander grenzen. Erst
durch die klinischen Symptome wurde die genaue Lokalisation ermöglicht.
Nach Ansicht des Verfs. lässt die Röntgen-Diagnostik bei diesen Fällen im
Stich und ist überschätzt worden. Um so wichtiger sind die präzisen klini-
schen Lokalisationsdiagnosen, welche durch die Augensymptome und die Ge-
sichtsfeldaufnahme ermöglich werden.
Bei der konzentrischen Einengung des Gesichtsfeldes handelt sich meist
um eine Fraktur oder Splitterbildung im Canalis opticus. Die anschliessende
Kallusbildung führt hier nach 6 — 8 Wochen zur völligen Erblindung, was für
die Prognose wichtig ist.
Zwei neue Fälle bringt Scholz (159) nach ausführlicher Besprechung
der Literatur über die Verletzungen der Augen bei Schläfenschüssen aus der
Greifswalder Klinik bei. In dem einen Falle waren beide Optici durchtrennt,
in dem anderen hatte wahrscheinlich eine in den Stamm des Optikus erfolgte
Blutung ein zentrales Skotom auf dem linken Auge veranlasst, während rechts
der Optikus durchtrennt war.
Meyer, Verletzangeii und chirarg. Krankheiten des äasseren Auges. 377
Eine eigenartige Verletzung der Orbita sah Lafon (105). Eine 70jährige
Frau bohrte sich bei einem Sturz eine Schirmspitze über dem inneren Augen-
inukel in die Orbita. Die Spitze drang 4 cm vom Einstich in der Mitte der
Stirn heraus. Die Beobachtung ist interessant, da die Spitze nach Durch-
XT^nnung des Ligamentum palpebr. int. in die Orbita so weit eingedrungen ist,
das sie den Rectus internus vollständig und die Aponeurose des Levator in
der inneren Hälfte zerrissen hat. Anstatt nun weiter in die Tiefe zu dringen,
ist die Spitze um den Orbitalrand herumgegangen und mitten auf der Stirn
herausgekommen. Im inneren Orbitalwinkel war ein fest-weicher, druckemp-
findlidier, haselnussgrosser Tumor vorhanden, der sich bei Inzision fibrös er-
wies, knirschte und blutreich war, das Periost war im Orbitalwinkel verdickt,
der Knochen intakt.
In einer sehr guten, farbigen Tafel gibt Paul (132) das ophthalmosko-
pisdie Bild eines einzigartigen Falles von totaler Losreissung der Retina von
dem Sehnerven, welches seine Entstehung nur einer ganz besonderen Ver-
ietzungsmechamk verdanken kann. Bei den Fällen der Literatur handelt es
ach um Ausreissang des Sehnerven aus dem Skleralloch, während hier der
Patient mit dem Auge auf einen oben breiten Pfahl gefallen ist, wodurch der
fiulbi» stark nach hinten und direkt auf den Sehnerven gedrückt wurde.
Di^e Verletzung wird im allgemeinen nicht viel schaden. Wenn aber der
Stoss den Bulbus direkt g^enüber dem Sehnerveneintritt trifft, so kann
der Sehnerv nicht ausweichen und wird in den Bulbus hineingestülpt. Die
Betina kann sich nicht mit einstülpen, da sie durch den Glaskörper an die
Sklera festgepresst wird. Die Folge muss eine vollständige Losreissung der
Ketina vom Sehnerven sein*, während die Ghoroidea, die mit dem Opticus
nicht in direktem Zusammenhang steht, keine wesentliche Verletzung erleidet.
Zur Kasuistik der direkten Sehnervenverletzungen bringt Reichmann
,149) zwei neue Fälle von Verletzung im gefasslosen Abschnitt.
Über zwei Fälle von Limbustumoren , ein Karzinom und ein Melano-
sarkom, die mit Erhaltung des Bulbus exstirpiert wurden, berichtet B 1 o h m (29).
Das Melanosarkom hat seinen Ausgang wahrscheinlich von einem Naevus pig-
mentosus am Limbus genommen, die Entstehung des Karzinoms ist dunkel.
Diese Tumoren neigen zwar zu Bezidiven, bilden aber nur sehr selten Meta-
stasen, weshalb die Exstirpation im Gesunden bei dauernder Beobachtung des
Patienten genügt. Verf. bespricht dann im Anschluss daran die Technik der
in dem einen Falle zur Verhütung des Hinaufwachsens der Konjunktiva an-
gewandten Transplantation von Kaninchen-Kornea.
Ischreyt (95) hat an einer Tabelle von 45 Beobachtungen von epi-
balbären Karzinomen aus der Literatur und zwei eigenen genau untersuchten
Fällen versucht, die Frage nach der Art und der Häufigkeit der Perforation
der Sklera bezw. der Gefährlichkeit dieses Prozesses zu lösen und scharf be-
stimmte Indikationen zur Enukleation aufzustellen.
Eine absolute Lidikation zur Enukleation scheinen ihm die Limbuskar-
zisome zu geben. Hier muss also die Diagnose durch Probeexzision gesichert
sein. Bestimmend ist das Auftreten von Drüsenmetastasen. Bei einem Falle
TOD auf den Bulbus übergreifendem Lidkarzinom konnte ein Eindringen in
den Bulbus nicht konstatiert werden.
In dem von Hirschberg und Ginsberg(82) mitgeteilten Falle han-
delt es sich um eine komeale Neubildung, die in die Gruppe der entzünd-
üclien Pseudotumoren gehört, bei einem stark tuberkulösen Kinde. Wahr-
378 Jahreabeiiefat fttr Chirurgie. II. Teil.
schemlich hat es sich auch bei dem Hornhautprozess um Tuberkulose g^bandelt^
doch liessen sich keine Bazillen nachweisen, nur junges GranalatioDSgewebe»
z. T. mit Scfaleimgewebe.
van Duyse (50) beobachtete einen 67 jährigen Mann mit symmetrischer^
pseudoleukämischer Anschwellung der Träaenr und Speicheldrüsen und einem
flachen Tumor am Gaumendach. Die Biutontersuchung schloss Leukämie aus.
Mit Röntgenstrahlen wurde ein Schatten im Mediastinum festgestellt Daa
eine Lymphom der Tränendrüse war unter Radiotherapie zurückgegangen, als
plötzlich Exitus eintrat. Nach Ansicht des Yerfs. führt die isolierte lympho*
matöse Hyperplasie der Tränen- und Speicheldrüsen wahrscheinlich zu den
Fällen mit allgemeiner, peripherer Drüsenschwellnng. Wenn die Ansicht
V. Brunns richtig ist, dass diese Fälle nur graduell verschieden sind, so hat
das von v. Mikulicz aufgestellte Krankheitsbild für sich keine Existensbe-
rechtigung mehr.
Einen der seltenen Fälle von Dacryops bringt Gold zieher (59) bei.
Es handelte sich um eine nussgrosse Geschwulst zwischen äusserem Komeal-
limbus und Canthus externus, die oben und unten bis in den Fomix reichte.
Die Entfernung des nicht druckempfindlichen, durchscheinenden, mit der Sklera
nur locker yerwachsenen Tumors gelang leicht. Es ergab sich eine Zyste
mit wasserklarer Flüssigkeit, in deren Wand sich noch einige kleinere Zystchen
befanden. Mikroskopisch zeigten sich Querschnitte von Drüsensubstanz und
im oberen Teil eine Partie der Glandula lacrymalis palpebr. mit einem Aus-
führungsgang der Tränendrüse. Verf. stellt dann seinen Fall den in der
Literatur niedergelegten 18 Fällen von Dacryops und Hydatis glandulae
lacrymalis gegenüber und stallt danach das Bild des Dacryops folgender*
massen auf. Der Dacryops sitzt stets im äusseren Ai^enwiiidcel von b^den
Lidern bedeckt, in lockerem Zusammenhang mit der Sklera, von Konjunktiva
bedeckt, zeigt Fluktuation und wasserklaren Inhalt. Die Funktion der Tränen-
Sekretion bleibt normal, die Beschwerden sind gering. Nur die retrobulbären
Zysten scheinen bedenkliche Symptome hervorzurufen. Die Differentialdiagnose
ist hier manchmal nicht leicht.
Es scheint sich bei dem Dacrypos um eine sogen. ^Schleimzyste^ zu
handeln wie bei der Ranula, um Kombination einer Myxangioitis der Aus-
führungsgänge mit einer partiellen Myxadenitis. Das doppelseitige Auftreten
bei zwei Fällen der Literatur und der gleichzeitige Befund bei zwei Schwestern
lassen den Gedanken an eine angeborene Anomalie aufkommen. Von allen
Theorien scheint dem Verf. jene der originären Erkrankung der Tränendrüse
für die meisten Fälle die grösste Wahrscheinlichkeit zu haben.
Plitt (141) gibt eine Übersicht über 27 in der Literatur niedergelegte
Fälle von Tuberkubse der Tränendrüsen. In keinem Falle ist die Diagnose
vor der Exstirpation richtig gestellt worden. Der Nachweis von Tuberkel-
bazillen ist nur in 4 Fällen gelungen. Er gelang auch in dem dann vom
Verf. mitgeteilten Falle nicht, sondern erst, nachdem die Schnitte 3 X 24
Stunden im Brutschrank in Karbolfuchsin gefärbt waren. Dieser Fall ist ein
Unikum in bezug auf die mannigfaltige Lokalisation der Tuberkulose im Tränen-
apparat, nämlich in beiden Tränendrüsen, links in der Konjunktiva der oberen
Übergangsfaite , rechts sekundär im Tränensack, der nach Auftreten einer
teigigen Anschwellung wenige Tage nach der Exstirpation der Tränendrüse
entfernt wurde. Es handelte sich um ein grosses, ziemlich kräftig gebautes
Mädchen, das stark erblich belastet war und früher selbst an Husten und
Meyer, Verletsmigen nnd chirarg, Krankheiteii des äusaeren Auges. 379
iaflwarf gditten hatte. Schon 5 Jahre vorher hatte sieh eine Anfichwelbmg
des Oberhdea in der Gregend der Tränendrüse gezeigt. Der orbitale Teil des
Oberüfllea hing in der lateralen BäJfte stark über den palpebralen herüber.
Ib der geschwollenen Partie fühlte man einen haselno^sgrossen derben
Knoten.
Verf. entwirft dann zusammenfassend das klinische Krankheitsbild der
Trinendrüaentnberknk)se und weist besonders aof die Wi^igkeit der heredi-
tären Belastung nnd der genauen Untersnchang auf andere tuberkulöse Herde
iiin. Da es sich aber auch bei Fehlen j^lichen derartigen Anhaltes um
Trinendrnae&taberkuiose handeln kann, empfiehlt er für alle Fälle indolenter
Triaendräaenschwellung die diagnostische TuberkuKn-Injektion.
Shiba (163) glaubt, dass man sich bei häufiger Untersuchung exstir-
pierter Trinensäcke überzeugen wird, dass einerseits nicht alle Fälle von
Dakryozystitis bei Tuberkulose des Gesichtes, der Nase etc. echt tuberkulös
sind, dass es aber andererseits Fälle von tuberkulöser Dakryozystitis gibt»
Teiche klinisch nicht als solche diagnostiziert werden. Zur Beleuchtung dieser
Tatsache bringt er 13 Fälle aus der Freiburger Klinik, ans welchen hervor-
gdit^ dasff sich auch unter dem Bilde der gewöhnlichen eitrigen Dakryozystitis,
wie unter dem der Phlegmone eine tuberkulöse Entzündung des Tränensackes
Terbeigen kann. Es ist das ein Gnmd mehr, bei den schweren chronischen
Trinensackeiterungen in weitem Masse die Exstirpation des kranken Tränen^-
sad^es in Anwendnng zu Inringen. Bei Fällen, welche nach der Exstirpation
ein RezidiT oder eine Fistel zeigen, ist besonders an Tuberkulose zu denken,
äokfae Fälle Ton primärer Tränensacktuberkulose sind nicht so selten. Bei
hartnäckigen Fällen von Dakryozystitis hat man immer an Tuberkulose zu
denken. Bei Tuberkulose des Gesichts und der Nase, ja auch bei Konjunkti-
raltoberknlose ist die Dakryozystitis manchmal nur entzündlich. In anderen
Fallen ist eine aufsteigende Tuberkulose der Tränenwege anzunehmen. Da
in den genannten Fällen die konservative Therapie ganz unzuverlässig ist,
Hnd für das Allgemeinbefinden nicht unbedenklich, so ist die Exstirpation
des Tränensackes das einzig Richtige. Der Vorschlag von Morax, den
Eiter auf Tuberkdbazillen zu färben, ist beherzigenswert. In Wirklichkeit
kommt Tränensacktuberkulose relativ selten bei Konjunktivaltuberkulose vor.
Den ig hat unter 73 Fällen nur drei gefunden.
Als Indikationen zur Exstirpation des Tränensackes stellt Knapp (100)
auf: 1. die chronische purulente, anderer Behandlung trotzende Dakryozystitis»
2. Wiederholte Anfalle Ton akuter Dakryozystitis mit Abszessbildung. 3. Er-
wdterung des Tränensackes, mag der Inhalt ausdrückbar sein oder nicht,
i Tränensackfistel. Die lokale Anästhesie empfiehlt sich nur bei Fehlen von
Entzündnngserschräiungen, eventuell wird vorher noch schwache Kokainlösung
in den Tränensack eingespritzt. Wichtig ist die genaue Prüfung mittelst
reflektierten Lichtes, dass keine Schleimhautreste, entzündliches Periost oder
kariöse Knochen zurückbleiben, wobei namentlich auch auf die Kuppe der
Fossa lacrymalis zu achten ist. Wenn der Knochen an der inneren Wand
sich erkrankt zeigt und oberflächliches Kurettement nicht genügen sollte,
muss eine freie Öffnung nach der Nase zu geschaffen werden.
Dübbers (48) wiederholt in seiner Arbeit die Ansicht Axenfelds,
dsss die Ausschaltung des Tränensackes zweifellos die beste Behandlungs-
methode der Dakryozystitis bei der arbeitenden Klasse ist (cfr. diesen Bericht
über 1903) und schildert eingehend das von Axenfeld unter lokaler An*-
380 Jahresbericht far Chirurgie. IL Teil.
ästhesie geübte Verfahren der subperiostalen Ezstirpation des Tränensackes
nach Aufzählang der Indikationen. In einer Tabelle hat er 100 von Axen-
f el d ausgeführte Exstirpationen nach Beruf, Krankheitsverlauf und endgältigem
Resultat zusammengestellt. Zum Schluss gibt er eine Übersicht über die die
Frage der Therapie des Tränensackleidens behandelnden Literatur der letzten
Jahre.
Die Unterbindung der Vena ophthalm. sup. hat bei einem von Sattler
(156) mitgeteilten Falle von pulsierendem Exophthalmus nach Stossverletzung
zur Heilung geführt. Es handelte sich um einen leicht kompressiblen Varjx
aneurysmaticus im medialen Teile der Orbita mit lauten Blasegerauschen.
Zur Vorsicht wurde vor der Exstirpation des Sackes die Carotis commun.
freigelegt und mit einer losen Fadenschlinge versehen, um eine eventuelle
Blutung sofort beherrschen zu können. Nach Exstirpation des Sackes, der
durch die auf das Vierfache verdickte Venenwand mit reichlicher Entwicke-
lung elastischer Fasern gebildet wurde, wurde mit einer kleinen eigens dazu
gefertigten Aneurysma-Nadel die Vena ophthalm. super, unterbunden, worauf
der der Vena angul. entsprechende Sack auch noch verschwand. In den
ersten 17 Tagen bestanden heftige Kopfschmerzen ohne Fieber, die analog
den Fällen von Szimanowsky und Lasarew auf Thrombose des Sinus
cavern. zu beziehen sind. Nach dem äusserst günstigen Verlauf in diesem
Falle und dem Nachweis der beträchtlichen Verdickung der Venen wand glaubt
Sattler der prophylaktischen Freilegung der Carotis commun. entraten und
in ähnlichen Fällen mit der orbitalen Operation der Unterbindung und Re-
sektion der aneurysmatisch erweiterten Vena ophthalm. sup. allein auskommen
zu können.
Diese Mitteilung Sattlers veranlasst Schwalbach (160) auf einen
Fall zurückzukommen, den er in der Deutschen med. Wochenschrift 1905
pag. 1050 veröffentlicht hat. Es handelte sich um einen Exophthalmus
pulsans bei einem 12jährigen Knaben nach Stich mit Stricknadel, dessen
Entwicklung Schwalbach verfolgen konnte. Die Diagnose war auf Aneu-
rysma arterio-venosum der Carotis interna sin. und des Sinus cavernosus ge-
stellt. Der Exophthalmus nahm trotz geübter Digitalkompression der Carotis
commun. zu. Es fiel auf, dass bei der Kompression der Karotis nur das
Schwirren verschwand, nicht aber ein blasendes Geräusch. Dieses schwand
erst nach Kompression der anderen Karotis oder nach Druck mit dem Finger
tief in den inneren Augenwinkel gegen die hintere obere Augenhöhlenwand.
Bei der Operation schwand nach der Ligatur der Garot. comm. sin. zunächst
jedes Geräusch, nach 1 — 2 Minuten aber kam das blasende Geräusch wieder,
wenn auch leiser. Verf. entschloss sich nun zur Resektion des fraglichen
Gefässes, welche von einem Schnitt am Margo supraorbitalis nach Spaltung
der Tenon sehen Kapsel aus, nach doppelter Unterbindung auf 3 — 4 cm, aus-
geführt wurde. Mit dem Augenblicke der Ligatur hörte jedes Geräusch auf,
um nicht wiederzukehren. Im Gegensatz zu Sattler fand er die elastischen
Elemente in dem varikösen Gefäss nicht vermehrt, was er mit dem kurzen
Bestehen des Prozesses erklärt. Auf Grund seines Falles kommt Verf. zu
dem Vorschlag, dass man bei der operativen Behandlung des Exophthalmus
pulsans zuerst in der Orbita den Varyx aneurysmaticus resezieren und hierauf,
wenn sich iiicht sofort der gewünschte Erfolg zeigen sollte, die Unterbindung
der Karotis hinzufügen müsse. Er ist ebenfalls für den Zugang vom inneren
Augenwinkel aus.
Meyer, Yerletzimgen und ehimrg. Krankheiten dee äusseren Aoges. 381
Braunschweig (33) macht auf die Wichtigkeit der Auskultation zur
Diagnose des pulsierenden Exophthalmus aufmerksam. Ob in der Orbita ein
fiiUbares Pulsieren entsteht, hängt in erster Linie Ton der Dauer des Leidens
ab. Das sausende Geräusch, das durch das Einströmen von Arterienblut in
den Sinus cavernosus entsteht, muss immer zuerst angetroffen werden und
geht dem Exophthalmus und der Pulsation der Orbita voraus. Die Diagnose
ist daher am sichersten mit dem Stethoskop zu stellen. Wenn der trauma-
tische Exophthalmus die Szene beherrscht, so kann die Erkennung des even-
tuell gleichzeitig entstandenen pulsierenden Exophthalmus sich schwierig ge-
stalten und dieser lange unentdeckt bleiben, wenn nicht das Brausen im
Kopf darauf führt. Bei den häufigeren Formen des pulsierenden Exophthal-
mus, den ohne Orbitalverletzung auftretenden und idiopathischen, ist als erste
cburakteristische Erscheinung das Aneurysmageräusch zu betrachten. Ex-
ophthalmus und Pulsation schliessen sich erst sekundär an, manchmal erst
nach Monaten. Zur Differentialdiagnose gegenüber dem enorm seltenen
Aneurysma der Arteria ophthalmica in ihrem orbitalen Verlauf empfiehlt
Verf. folgenden Versuch. Ganz ähnlich wie bei den Aneurysmen der Extre-
mitäten wird sich ein solches in zentripetaler Richtung gar nicht oder nur
sehr langsam durch Kompression entleeren lassen, im Gegensatz zu den
beim Karotis-Aneurysma fast augenblicklich und vollständig wegdrückbaren
Venektasien der Orbita.
Bei der durch zwei Röntgenbilder und sphygmographische Aufnahmen
illustrierten mitgeteilten eigenen Beobachtung ist es nach Ansicht des Ver-
fassers durch das Projektil (Schussverletzung bei Suicid), das bis an den
Sinns cavernosus vorgedrungen ist, zu einer Berstung der Intima in der
Carotis interna innerhalb des Sinus cavern. gekommen. Es hat sich zu-
erst ein Aneurysma verum gebildet und erst später ein Aneurysma arterio-
Tenosum.
Der Fall heilte durch Kompression der Carotis communis, deren Wir-
kimg sich hier erst nach 4 Wochen sicher zeigte, während sie sonst, wenn
überhaupt, sehr frühzeitig eintritt. Verf. spricht sich nach einem Überblick
über die beim pulsierenden Exophthalmus geübten Behandlungsmethoden für
die Rompression der Carotis communis in erster Linie aus und würde, abge-
sehen von vitalen Indikationen, erst bei ihrem Versagen die Unterbindung
folgen lassen, eventuell auch die Unterbindung der Vena orbitalis superior
in der Tiefe der Orbita.
Nach Murray (130) ist bei pulsierendem Exophthalmus die Ligatur
der Carotis communis der Kompression derselben in den Resultaten weit
überlegen. Sobald das Krankheitsbild sich voll entwickelt hat, soll sofort
operiert werden, da längeres Warten die Sehkraft gefährdet. Die rechtzeitige
Operation hat in etwa 80 ^/o Heilung oder Besserung erzielt. Bei Kückf allen
ond Misserfolgen spielt der durch die Arteria thyreoidea sup. sich entwickelnde
Materalkreislauf eine grosse Rolle. Aus diesem Grunde scheint die Unter-
bindung der Carotis interna bessere Resultate zu geben als die der Carotis
communis. Die Unterbindung der Carotis commun. ist bisher 5 mal doppel-
seitig bei gesunden Arterien ohne Todesfall gemacht worden. Bei zwei Rück>
Men nach Unterbindung der Carotis comm. führte die Exzision des Venen-
geflechts am inneren Augenwinkel zur Heilung, wahrscheinlich indem die hier
beginnende Venenthrombose sich in den Sinus cavernosus fortsetzte. Es ist
382 Jahrosbericht f&r Cbirorgie. II. Tsil.
deshalb vielleicht zweckmässig, zanäcbst mit dieser Operation zu beginnen
und erst bei Fehlscblagen derselben die Carotis interna zu anterbäideii.
Mnrray berichtet einen eigenen Fall, in dem ein Jaiir nach Unter-
bindung d^ Carotis commnnis ein Rückfall eintrat, wahrsdieialich ireil erst
die Carotis interna satt der Carotis commnnis unterbunden wurde.
Maass (New-Ytirk).
Plenk (140) hat in einem Fall von pulsierendem Exophthalmna, her-
Yorgerufen durch einen kompressiblen Tumor innen oben in der Orbita nadi
Querbruch des Schädeldaches mit Fortsetzung auf die Schädelbasis, durch
Digitalkompression der Carotis commun. sin. wegen Ablehnung der Operation
Eückgai^ des Exophthalmus gesehen, allerdings unter Abnahme des Sebyer-
mögens.
Holz (85) teilt zum Kapitel des Exophthalmus zwei Fälle mit, in denen
ein doppelseitiger Exophthalmus ohne alle Herzkomplikationen, in dem einen
Falle aber verbunden mit Graefeschem und Stell wag schem Symptom
nach Entfernung von adenoiden Vegetationen im Bachen in zehn Tagen yer-
«chwand, um in einem Fall nach einem Rezidiv wieder aufzutreten und
nach radikaler Entfernung der Rachenmandel definitiv zu verschwinden. Im
«weiten Falle waren auch die Gaumentonsillen vergrössert, jedodi war deren
Entfernung ohne Einfluss, erst nach Entfernung der Rachentonsille war nach
<ca. 14 Tagen der Exophthalmus ganz verschwunden.
Nach Spieglers (166) Ansicht ist der Exophthalmus bei adenoiden
Vegetationen gar nicht so selten, da er innerhalb zwei Wochen fünf Fälle zu
'Gesicht bekam« die ausser dem Exophthalmus keinerlei Basedow- Symptome
aufwiesen. Verf. nimmt mit Holz einen kausalen Zusammenhang zwischen
•den Adenoiden und dem Exophthalmus an, glaubt aber, dass die hyperplastische
Hachentonsille eine retrobulbäre Lymphstauung und diese den Exophthalmus
bedinge. In 2 Fällen war gleichzeitig Turmschädel vorhanden.
Der Exophthalmus bei Turmschädel hat nach Uhthoff (176), welcher
mit Illustrationen 3 Fälle von Exophthalmus bei Schädeldeformität (1 Turm-
:schädel, 1 Hydrocephalus externus und 1 Hydrocephalus intern.) mitteilt,
eine andere Ursache. In allen 3 Fällen ist es nämlich eine Knochendis-
lokation und damit Veränderung in der Gestalt der Orbita, die zum Ex-
ophtalmus geführt hat, eine Frontalstellung des Orbitaldaches und eine Ver-
ringerung des vertikalen Durchmessers der Orbita, welche ihre Ursache in
der Deformität des vorderen Schädelabschnittes und einer Depression des
oberen Orbitaldaches hat. Venöse Stauung infolge intrakranieller Druck-
Steigerung mit Kompression des Himsinus dürfte in diesen Fallen als ätio-
logischer Faktor wenig in Betracht kommen.
Birch-Hirschfeld (25) glaubt, dass man bei der Ätiologie des trau-
matischen Enophthalmus nicht suchen soll, eine für alle Fälle passende Er-
klärung zu finden, sondern dass man weiter kommen wird, wenn man jeden
Fall für sich allein genau analysiert und nach den Momenten seiner Ent-
stehung sucht. Er bringt die Krankengeschichten von 4 Fällen, deren einer
1898 schon von Grüner t veröffentlicht worden ist und bespricht zunächst
jeden Fall für sich, um dann festzustellen, dass allen 4 Fällen gemeinsam
ist eine Fraktur des Orbitalrandes und der Orbitalwand, die auch in einem
Falle mit Röntgen direkt nachgewiesen werden konnte.
Ebenso ist in den Fällen von Le derer die Orbitalfraktur als Haupt-
4]rsache angesprochen. Die Kasuistik von Leder er ist von Meltzer (I2ö)
Hey er, Yerletmiigeii und diirarg. Krankheiten des äuBseren Aages. 863
bis zwa Jabe 1905 fortgefahrt worden und amfasst 68 Fälle. Dazu kommen
noch T neue Fälle, also im ganzen 70 Fälle. Eine einheitliche Entstehung
ist mcht nachzuweisen. Die narbige Schrumpfung des retrobulbären Gewebes
scheint mdhi ohne Bedeutung. Neuerdings wur^ auch die Läsion der Fas-
zienzipfel, die den BtfHms am Orbitalrand fixieren, angeschuldigt. Vielleicht
Kefert £e Rratgenpho^graphie eine gute Beihilfe zur Feststellung der sonst
schwer nachweisbaren Depressionsfrakturen der Orbita. Vermutlich wird sich
auf Gnmd eines ausgedehnteren Materials feststellen lassen, dass das klinische
Bild des traumatischen Enophthalmus auf yerschiedene Weise und durch das
Zosamraenwirken versohied^ier Faktoren entstehen kann.
ßnen der seltenen Fälle von Echinococcus der Orbita bat Treu (171)
bei einer jungen Frau beobachtet, der nach drei im Laufe des Entstehens
erfolgten Geburten jedesmal eine Zunahme des Exophthalmus gezeigt haben
soll. Eine sichere Zunahme des Exopthalums ist dann nach einer etwas
energischen Palpation der Geschwulst durch einen Arzt beobachtet worden.
Unter temporärer Resektion nach Krön lein wurde der die ganze Orbitalhöhle
ausfüllende flachhöckerige, zystische Tumor nach Feststellung der Diagnose
entfernt, indem die einzelnen Zysten eröffnet, ausgekratzt und mit Sublimat-
bäoschen ausgewischt wurden. Die Heilung erfolgte per primam. Der Ex-
ophthalmus ging rasch zurück. Verf. erklärt die Zunahme des Exophthalmus
nach der Untersuchung bei Fehlen jeden Anhaltes für eine Hämahorrhagie
so. dass damals der Bulbus luxiert wurde und die Echinococcuszysten dem
Bulbus nach der Druckentlastung gleichsam nachwuchsen.
Während bis vor kurzem die Lehre galt, dass Echinococcus im Augen-
inneren nicht vorkomme und Kraemer im Handbuch von Graefe-Saemisch
zwei derartige Beobachtungen nicht anerkannt hat, glaubt Greeff (62), dass
ein von Wem er- Dublin in den Ophth. Society Transact. Vol. XXIII mit-
geteilter Fall einwandsfrei ist. Die Zyste lag subretinal bis an die Linse
heranreichend und stellte sich als typische Echinococcusblase mit Brutkapsebi
heraus.
Zur Diagnostik und Pathologie der Orbitaltumoren teilt Birch-Hirsch-
feld (24) Tier Fälle mit, welche einen Orbitaltumor mit starkem Exophthalmus
vortäuschten, bei denen es sich aber weder um Lues noch Tuberkulose, Leuk-
ämie oder Pseudoleukämie handelte. In dem einen Falle wurde wegen Ver-
dachtes auf Sarkom im Anschluss an die Kr önl einsehe Operati(m die
Exenteratio orbitae angeschlossen. Nach 27* Monaten erschien dieser Patient
mit einem ebenso starken Exophthalmus auf dem anderen Auge, der zu einem
Ulcus corneae und zur Perforation führte und bestehen blieb bei ungestörtem
Allgem^befinden. Die mikroskopische Untwsuchxmg dieses und eines anderen
Falles ei^b die Durchsetzung des ganzen Orbitalgewebes von Herden lymphoider
Zeilen mit zahlreichen typischen Follikeln, so dass Verf. den Prozess am
besten als ^disseminierte Lymphomatose des Orbita'' zu bezeichnen glaubt.
Das Vorhandensein von Blutgefassyeränderungen und Plasmazellen und das
doppelseitige Auftreten liess an einen chronisch entzündlichen Prozess denken.
In einem anderen Falle, der unter Arsen abheilte, ergab die Untersuchung
einer Probeexzision, die im Anschluss an die Krönleinsche Operation ge-
macht war, denselben Befund. Verf. macht darauf aufmerksam, dass ganz
analoge disseminierte follikuläre Herde in Fällen von Lymphangiomen der
Orbita nachgewiesen wurden.
384 Jahresbericht für Chimrgie. IL Teil.
Pihl (139) hat IV» Jahre nach der Enukleation eines yerletzten Auges
eine kleine schwarzblaue Geschwulst von 3 mm Durchmesser in der Spitze
der Orbita gefunden. Die Verletzung, welche zur Enukleation geführt hatte,
bestand in einer horizontalen, fast bis auf den Optikus gehenden Durch*
trennung des Bulbus durch ein gegen das Auge geworfenes scharfes Blech-
stück. Es handelte sich histologisch um ein Granulationsgewebe mit hämato-
genem Pigment und eingeschlossenen feinen Fremdkörperchen. Verf. denkt
sich die Entstehung so, dass durch die Verletzung feinste Schmutzpartikelchen
in die Orbita gedrungen sind, die nach der Enukleation auf eineoi Blut-
koagulum unter der Conjunct. zurückgeblieben sind. Diese haben nun durch
formativen Reiz zur Bildung von Riesenzellen und Granulationsgewebe, dann
zur Einkapselung geführt. Parasiten, Tuberkelbazillen fehlten. Die Bildung
dürfte also den in der Literatur beschriebenen Fällen von sog. ^Fremdkörper-
tuberkulöse*' ziemlich nahe kommen.
G o 1 o w i n (60) gibt die histologische Beschreibung der in diesem Jahres-
bericht schon 1904 erwähnten fünf Fälle von Sehnerventumoren. In zwei
Fällen handelte es sich um maligne Tumoren, Endotheliom und Angiosarkom,
beides waren extradurale Tumoren. Die drei übrigen hält Golowin für
durchaus gutartig. Er ist geneigt, für diese Fälle eine ;,£lephanthiasis nervi
optici^ aufzustellen, deren Entstehung er sich durch eine infolge irgendwelcher
Krankheitserreger herbeigeführte entzündliche Yerklebung der Optikusscheiden
und nachfolgende Hyperplasie aller Gewebsarten denkt.
Eine Dermoidzyste der Orbita exstirpierte Peschel (135) bei einem
14jährigen Kinde blutsverwandter Eltern. Die Entfernung war durch Ver-
wachsung mit dem Periost erschwert. Die Wand war stellenweise stark ver-
dickt durch kavernöses Gewebe. Bemerkenswert waren eine grosse Zahl von
Mastzellen, die haufenweise in den Zystenwandungen lagen.
Unter ausführlichem Eingehen auf die Literatur, die Entwickelnngs-
geschichte, Topographie, Ätiologie und pathologische Anatomie etc. der
Osteome beschreibt Heine (77) ein vom Siebbein ausgegangenes sog. ^ totes
Osteom" der Orbita, welches im Bergmannstrost in Halle operiert wurde.
Er weist besonders auf die Bedeutung der Röntgen-Durchleuchtung hin, die
nach seiner Ansicht für derartige Fälle grössere Beachtung verdient.
Die Prognose für die Operation dieser Tumoren ist jetzt infolge der
Antiseptik und Aseptik erheblich besser wie früher, wo Berlin als Indi-
kationen zum operativen Eingriff nur grosse Schmerzhaftigkeit und die Ge-
fahr für das betreffende Auge aufstellte.
Gelegentlich der Vorstellung zweier Fälle von Siebbeinnekrose nach
Skarlatina hebt Preysing (143) wie schon früher hervor, dass es sich bei
diesen Siebbeinnekrosen ebenso um eine typische Nachkrankheit des Scharlachs
handelt, wie bei der Schläfenbeinnekrose. Die frühzeitige breite Eröffnung
und Ausräumung des Siebbeinlabyrinths und der Keilbeinhöhle von der Orbita
aus durch Bogenschnitt über den Nasenrücken und die Augenbraue ist das
einzig Richtige. Ein einseitiges entzündliches Ödem des oberen Augenlides
mit Druckempfindlichkeit in der Gegend des Tränenbeines nach Ablauf des
eigentliches Scharlachs ist für die Affektion bezeichnend.
Einen Fall von Orbitalphlegmone mit ausgedehnter Abszessbildung an
an der Wange, der Nasenwurzel und der Schläfe und Eiterung in der Nase
und im Rachen beschreibt Kaiser (96). Der Fall, welcher nach ausgiebigen
Inzisionen und Drainage mit Gegenöffnungen abheilte, gibt dem Verf. Ver-
Meyer, Yerletzangen und chirarg. Krankheiten des äusseren Aages. 385
ankssnng, die Entstehung der mannigfachen Komplikationen zu untersuchen.
Es handelte sich wohl um eine idiopathische Orbitalphlegmone, nach der
Leber sehen Theorie von einer Verletzung an den Lidern ausgehend. Im
Anschlnss daran ist eine Thrombophlebitis aufgetreten, die sich nach dem
Plexus pterygoideus und durch die Vena angularis nasi auf die Vena nasal.
externa fortgesetzt und Eiterungen in Nase und Rachen veranlasst hat. Die I
Frage, ob ein Empyem des Siebbeinlabyrinthes bestanden hat, lässt sich nicht |
mit Sicherheit beantworten. Periostitis oder Karies der Orbitalwand war
nicht vorhanden.
Bei den einzelnen Komplikationen geht Verf. dann noch näher auf
die Ätiologie ein. Er gibt eine tabellarische Zusammenstellung der Fälle von
Orbitalphlegmone mit Schläfenabszess. Nach Leber erfolgt die Infektion
ans der Orbita nach der Schläfe durch Venen, welche die Vena ophthalm.
infer. mit dem Plexus pterygoid. oder maxillar. internus durch die Fissur,
orbital, infer. in Verbindung setzen, während Gurwitsch auf den Weg der
Übertragung durch die Vena zygomatica tempor. hinweist, welche mit der
Vena temp. profund, anastomosiert. Abszesse des Gesichts scheinen bei
Orbitalphlegmone noch nie so ausgedehnt beobachtet zu sein, wie im vor-
liegenden Falle.
Die intensive Schwellung der Nasenschleimhaut und der Eiterabfluss
ans dem Cavum nasi ist bei dem Falle aussergewöhnlich. Ein Empyem des
Siebbeins war nicht festztistellen , und so ist der Weg der Infektion wohl
durch die Venen gegangen, indem die Vena ethmoidales anter. et poster. in
die Vena ophthalm. sup. münden.
Racheninfektionen sind auch sonst beobachtet. Die Erklärung liegt nach
£?ersbusch darin, dass Gefässe aus der Fossa pterygopalatina nach dem
Schlmid, besonders nach dem weichen Gaumen laufen. In der Fossa pterygo-
palatina aber stehen die Venen mit denen der Augenhöhle einerseits und
denen des Plexus pterygoideus andererseits in Verbindung.
Therapeutisch ist die ausgiebige Eröffnung und Entspannung der
Orbita etc. durch breite Inzisionen, besonders die Durchtrennung der Fascia
tarso-orbitalis, am Platze, die auch im vorliegenden Falle zum Erfolg geführt
hat und quoad visum ein günstiges Resultat gab S = ^lio, während es ohne
die Spaltung wohl zu einem Einbruch des Eiters in die Schädelhöhle ge-
kommen wäre.
Mit der Ätiologie der Orbitalphlegmonen befasstsich Nikolaus Müller
129) eingehend und stellt yerschiedene Gruppen ätiologischer Momente auf»
für die er dann aus der Literatur oder aus den Journalen der Würzburger
Klinik Beispiele anführt. Nach der Erörterung der ätiologischen Momente
gibt Verf. im zweiten Teil einen kurzen Überblick über den Verlauf der Er-
krankung und die yerschiedenartige Mitbeteiligung des Auges und die Mög-
lichkeiten des Übergreifens des Prozesses auf das Gehirn und seine Häute
unter dem Bilde der Thrombose des Sinus cavernosus, Meningitis und Ge-
liiiBabszess.
In einem von Reis (150) mitgeteilten Falle, der mit schon erfolgter
Spontanperforation bei Panophthalmie in die Klinik kam und konservativ
bebandelt wurde, kam es zum Exitus letalis und zwar infolge von Meningitis
Tmd Gehimabszess. Die Sektion und histologische Untersuchung des Falles
ergab, dass der Hirnabszess wohl in weiterer Folge der Panophthalmie auf
dem Ljrmphwege entstanden war und dass unabhängig davon im terminalen
JfthrMboidit IBr Gbinungie 1905. 25
38G Jahresbericht fQr Chirargie. IT. Teil.
Stadium die Entzündnng auch auf dem Wege der Optiknsscheiden zerebral-
wärts Yorgedrungen war. Die Enukleation bezw. Exenteration hätte also hier
das Leben nicht gerettet.
Als Ursache der Fälle von Meningitis nach Enukleation bei Panophtbalmie
sieht Mars hall (120) nicht die Enukleation selbst, sondern die Verzögerung
der Entfernung des Eiterherdes in dem befallenen Auge an im Hinblick auf
zwei Fälle von Auftreten einer Meningitis ohne operativen Eingriff. Er
empfiehlt nach der Enukleation reichliche Irrigation und lockeren Verband.
Die kosmetischen Bestrebungen der Ophthalmochirurgie beschränken
sich nach Sachs (154) nicht nur auf die Beseitigung von vorhandenen Ent-
stellungen, sondern sie sind vor allem darauf gerichtet, die am Auge oder
seiner Umgebung unabweisbar gewordenen Operationen unter tunlichster Ver-
meidung von Entstellung durchzuführen. Fast alle Operationen sind unter
diesen Gesichtspunkten modifiziert worden.
Die entstellenden Anomalien in der Weite der Lidspalte sind je nach
der Entstehung, Krampf oder Lähmung, zu behandeln. Verschmälerung der
Lidspalte z. B. durch Lähmung des Lidhebers darf nicht durch Verkürzung
des Lides behoben werden, sonst erhält man einen Lagophthalmus. Bei un-
vollkommener Lähmung macht man am besten die Vomähung des Levator
palpebr. Bei vollkommener Lähmung des Lidhebers kommen andere Methoden
in Betracht, neuerdings besonders die von Hess und Motais (erstere erstrebt
eine Fixierung des Lides an den Muse, frontalis, letztere besteht in einer
Einnähung eines Teiles der Sehne des Rect. sup. in das obere Lid). Die
Methode von Motais ist nur bei doppelseitiger Ptosis zu verwenden wegen
des Auftretens von Doppelbildern, bei einseitiger Ptosis nur bei gleichzeitiger
Amblyopie oder Amaurose. Aber manchmal ist auch das Verfahren von
Hess ohne Erfolg, einseitig, wenn Patienten die einseitige Benutzung des
Muse, frontalis nicht lernen.
Bei ;,Ptosis adiposa^ macht man natürlich die Exstirpation der Fett-
läppchen. Beim Exophthalmus ist die Tarsoraphie dann unbedingt indiziert
und unaufschiebbar, wenn ein Lagophtalmus besteht und ein Rückgang des
Exophthalmus nicht in kurzem zu erwarten steht. Bei narbigen Schrumpfungen
empfiehlt sich die Lidplastik und zwar gibt Verf. dabei den ungestielten, aus
der Innenfläche des Oberarmes gewonnenen Lappen den Vorzug, weiche er
nach einer Schablone des Defektes aus Guttaperchapapier mit der Lanze
umschneidet und in der Schicht der sukkulenten Epithelien abpräpariert.
Vorbedingung ist die sorgfältige Exstirpation des Narbengewebes.
Bei ^Ectropinum senile^ gibt Verf. dem Verfahren von Kuhnt den
Vorzug: intermarginale Spaltung des Lides in zwei Platten hinter den
Wimpern und Exzision eines Dreieck keils, Basis am Lidrand, aus dem inneren
Blatt mit horizontalen Suturen, event. Kombination von dem Verfahren von
Kuhnt mit dem von Szymanowsky.
Bei den Schieloperationen tritt er für die Vorlagerung des Antagonisten
ein. Von den Ersatzoperationen der Enukleation erhält man von der Evis-
zeration nach Bunge nur dann einen genügenden Stumpf, wenn sich die
Skleralhöhle mit Granulationen füllt. Das Mulessche Verfahren ist unbe-
ständig, die eingenähten Glas- oder Silberkugeln stossen sich bald ab.
W einhar dt (180) setzt die Dissertation von Kost er aus dem Jahr 1899
fort und berichtet über 1122 Enukleationen seit Bestehen der Tübinger
Augenklinik bis Ende 1904 nach verschiedenen Gesichtspunkten, Geschlecht,
Meyer, Yerletsmigeii und chirnrg. Krankheiten des ftasseren Auges. 387
Bernfsklassen, Alter und Indikationen. Besonders bemerkenswert unter der
hngen Beibe sind neben anderen 6 Fälle von ezpulsiyer Blutung, 2 nach
Gbukomiridektomie und 4 nach Staroperationen. Die grösste Zahl der
Enukleationen sind durch Verletzungen veranlasst worden, wenn auch die
Zahl an sich infolge möglichst konservativer Behandlung geringer geworden
ist. Dabei ist aber nicht ausser Acht zu lassen, dass auch einzelne Fälle
sympathischer Ophthalmie diesen Versuchen konservativer Behandlung zur
Last zu legen sind und nicht zu verschweigen, dass hin und wieder die not-
wendige Zustimmung zur Enukleation von den Patienten später nicht mehr
oder doch erheblich schwieriger zu erhalten war als unter dem Eindruck der
frischen Verletzxmg.
Bei Panophtbalmitis ist die Enukleation stets vor dem Auftreten von
Chemosis, Protrusion und Phlegmone der Orbita vorgenommen worden bis
auf 4 Fälle und so durfte hierauf die günstige Statistik betreffs der Todes-
ßlle zurückzuführen sein. Es ist nämlich in der ganzen Reihe kein Todes-
fall zu verzeichnen bei 83 Enukleationen wegen PanOphthalmitis.
Die Weiss sehen Versuche der Anwendung der Schleich sehen Infil-
trationsanasthesie bei der Enukleation hat Otto Meyer (127) wieder auf-
genommen, aber bald wieder aufgegeben zugunsten einer „kombinierten Lokal-
anästhesie'' ; d. h. er führt den ersten Teil der Operation, die Durchtrennung
der Konjnnktiva und der Muskeln unter Kokaineinträufeln mit Adrenalin-
zosatz aus und dann die Durchtrennung des Optikus und der Ziliarnerven
anter Schi eich scher Infiltrationsanästhesie nach Injektion einer halben
Spritze Lösung 11 mittelst gekrümmter Kanüle hinter den Bulbus. 2 Minuten
nach der Injektion kann die Durchschneidung des Optikus und der Ziliar-
Derven vorgenommen werden. Nach seinen Erfahrungen möchte er die
Fälle von starker Druckempfindlichkeit des Bulbus und schlechtem Allgemein-
befinden von der Methode ausschliessen, dagegen bei den übrigen, auch bei
leichter Druckempfindlichkeit, das Verfahren als Ersatz der immerhin nicht
nngefahrlichen Allgemeinnarkose empfehlen.
Für die Verbesserung des Stumpfes nach der Enukleation konnte sich
Lagrange (111) an 11 Fällen von der guten Wirkung der Einpflanzung
von Kaninchenaugen in die menschliche Tenonsche Kapsel überzeugen.
l^otig ist die Fixierung der losgelösten geraden Augenmuskeln und exakte
Tamponade der Tenonschen Kapsel gegen Blutung. Das Kaninchenauge
mnss jung sein, frisch enukleiert und soll höchstens so gross sein wie das
entfernte Auge. Die Kornea muss auf den hinteren Pol kommen um die
Fäden auf dem hinteren Pol des Kaninchenauges zu knüpfen. Die Muskeln
müssen vor dem Knüpfen glatt ausgebreitet werden, damit sie nicht einrollen.
Die KoDJanktiva wird mit 3 Nähten darüber geschlossen , die nach 8 Tagen
entfernt werden. Auszuschliessen ist Panophthalmie, stürmische Iridozyklitis
\iiid entzündliches Glaukom. Das Kaninchenauge schrumpft später etwas.
Zu den von Domela Nieuwenhuis 1900 gesammelten 44 Fällen
^on Krön leinscher Operation hat Helbron (79) noch 61 Fälle aus der
Literatur gesammelt, denen er noch 15 Fälle meist aus der Berliner Klinik
iiinzufügt. In der Einleitung erörtert er eingehend die mit der Krön-
leioschen Operation konkurrierenden Methoden. Das Hauptergebnis ist,
dass beim Krönlein der Bulbus sich fast ausnahmslos erhalten lässt; auch
die Sehschärfe bleibt, abgesehen von den Sehnerventumoren meist erhalten
<^er bessert sich sogar. Dagegen bleiben fast immer mehr oder weniger
25*
388 Jahresbericht f&r Chirurgie. II. Teil
schwere Muskelstöningen zurück. Der Zugang zu den hinteren Partien der
Orbita ist stets hinreichend gross, wenn die Tumoren temporal sitzen, bei
nasalem Sitz oft nicht genügend. Die Anwendung der Krönl einsehen
Operation empfiehlt sich bei Zysten, Kavernomen, grossen Tränendrüsentumoren,
langsam wachsenden soliden Orbitaltumoren, bei allen Geschwülsten des Seh-
nerven und seiner Scheiden eventuell auch bei Fremdkörpern in der Orbita,
Zirkulationsstörungen und weit nach hinten liegenden Orbitalwanderkran-
kungen, schliesslich noch zu diagnostischen Zwecken. Bei ausgesprochen
malignen Geschwülsten namentlich bei jugendlichen Individuen ist die Exen-
teratio orbitae rationeller gegen Rezidive. Bei weit nach vom liegenden
Tumoren etc. ist die einfache Exstirpation von vorne vorzuziehen.
Greeff (63) hält bei der Mitteilung eines Falles von retrobulbärem
Tumor das Krönl einsehe Verfahren für nicht so vorteilhaft.
Gegen diese Kritik des Krönl ein sehen Verfahrens wendet sich
Axenfeld (6) scharf in seinem Vortrag vor dem Chirurgenkongress 190o.
Die Krönleinsche Operation gestattet die Erhaltung des Bulbus sowohl,
als auch meist des Sehvermögens und ist auch da indiziert, wo es nur gilt,
bei der Exstirpation von Tumoren, die neben dem Bulbus liegen, Raum zu
schafifen, wie Vortragender an verschiedenen Fällen erfahren hat. Für innen
gelegene Tumoren wird diese Verschiebbarkeit des Orbitalinhaltes in Frage
kommen, mehr nach aussen gelegene werden direkt von der Resektionswunde
aus exstirpiert. Vortragender glaubt sein Urteil für die neben dem Bulbus
fühlbaren Orbitalgeschwülste dahin zusammen fassen zu müssen, dass sie sich
zwar oft von vomher entfernen lassen, dass aber, wenn sie weit in die
Tiefe reichen, die temporäre Resektion zu Hilfe genommen werden soll. Das
Hauptgebiet ist aber die retrobulbäre Chirurgie. Die alte Methode der Enu-
kleation und die der Durchschneidung des Rectus extern, und des Opticus
nach Knapp zerstören das Sehvermögen vollständig, was bei Fehldiagnosen
sehr peinlich ist, während die Resektion, wie verschiedene Fälle lehren, den
Irrtum unter Erhaltung des Sehvermögens erkennen lässt. ;,Wir müssen erst
sehen, was vorliegt, in welcher Beziehung der Optikus zu der Erkrankung
steht, bevor wir ihn durchtrennen." Auch die Vollständigkeit der Entfernung^
wird damit gewährleistet. Unter 22 nach der früheren Methode operierten
Fällen waren 10, bei welchen später Phthisis bulbi eingetreten war oder
enukleiert werden musste, bei 15 nach Krönleiu operierten Sehnerven-
tumoren ist fast stets der Bulbus erhalten geblieben. Vortr. hat natürlich
abgrenzbare und operable Geschwülste in erster Linie im Auge. Geschwülste,
die mit dem Bulbus verwachsen sind oder gar von ihm ausgehen, erfordern
die Exenteratio orbitae mit nachfolgendem plastischem Verschluss nach
Küster. Bei den diffusen malignen Geschwülsten ist die Prognose natürlich
infaust, wenigstens sehr schlecht. Nach Misserfolgen des Krön lein sehen
Verfahrens bei solchen Fällen über das Verfahren an sich abzuurteilen, ist
falsch; die Mortalität beim Krönlein ist gleich Null. Vortr. steht nach
alledem nicht an, für die Chirurgie der eigentlich retrobulbären Geschwülste
die Krönleinsche Methode für unentbehrlich und für einen recht bedeutenden
Fortschritt zu erklären. Aber auch bei Orbitalentzündungen leistet sie
Gutes. Von Nebenhöhlen fortgeleitete Prozesse werden vom Rande der Orbita
her angegriffen. Bei den in der Tiefe sitzenden Entzündungen ist der Zugang
von der Seite her rationell. So war das der Fall bei einem 5 jährigen Knaben,
wo im retrobulbären Fettzellgewebe ein Abszess erö&et wurde, der von den
Meyer, Verletzungen und chinxrg. Krankheiten des äusseren Auges. 389
hintersten Siebbeinzellen ausging. In andern Fällen (cf. Diss. Gruber)
fäod sich kein Eiter. Bezüglich der Operation erwähnt Yortr. einige tech-
nische Kleinigkeiten. So eröffnet er des Rect. extern, wegen das Periost
nicht in der Horizontalen, sondern etwas ober- oder unterhalb und legt sofort
Nähte in die Periostränder, um sie wieder vereinigen zu können. Weiter
bedient er sich zum Beiseitehalten des Fettgewebes eigenartiger Platten von
Win die r. Bei entzündlichen Prozessen hebelt er stets das Periost auch
erst Tom Orbitaldach und vom Boden der Orbita ab, da Periostabszesse so
znr Entdeckung gelangen.
Mermingas (126) hat bei einem jungen Mann, welcher aus nächster
Xähe einen Schuss aus einem Taschenrevolver in die Mitte der Glabella
erhalten hatte, der zu Exophthalmus und Lidödem mit Hornhauttrübung am
ra^hten Auge geführt hatte, wegen Schmerzen im rechten Auge mit Fremd-
körpergefühl hinter dem Bulbus die Krön lein sehe Operation ausgeführt.
Die deformierte Kugel fand sich dicht am Foramen opticum. Die Wunde
lieilte per primam, nachdem ein Gazestreifen, der bis in die Tiefe der Orbita
geführt war und aus der Hautwunde unten heraushing, am zweiten Tage
entfernt war. Patient war nach kurzer Zeit erwerbsfähig. — Verf. schlägt,
da die Durchmeisselung des Knochens manchmal Schwierigkeiten bietet, vor,
die Giglische Drahtsäge zu benutzen, die er bei Versuchen an der Leiche
nach Durchtrennung der Weichteile und Abheben des Periostes von der
Innenfläche der äusseren Orbitalwand mittelst einer Deschampschen Nadel
durch die Fiss. orbit. infer. hineinführt und von da nach aussen, dicht an
der äusseren Fläche der Orbitalwand bis zum äusseren Rand des Proc. front.
des Jochbeins durchstösst. Die Durchführung der Säge ist noch einfacher,
wenn man die Nadel nach Durchbohrung der Weichteile aussen zurückzieht,
sie Ton aussen durch das so gemachte Loch wieder einführt und die Säge
nachzieht. Für den Proc. zygomat. des Stirnbeins wird die Nadel durch die
Fiss. orbit. infer. bis zum äusseren Rand des abzusägenden Proc. etwas ober-
halb der Sutura zygomat. front, dicht an der äusseren Fläche der lateralen
Orbitalwand durchgeführt.
Pihl (138) machte, da er glaubte, mit dem klassischen Schnitt beim
Krönlein in einem Falle nicht auszukommen, eine kleine Modifikation der
Schnittfährung, indem er in zwei zusammenhängenden Teilen einen orbitalen
Scbitt, der im äusseren Drittel der Augenbraue begann und auf der äusseren
Orbitalkante zum Jochbogen lief, anlegte und vom Endpunkte desselben einen
temporalen fast rechtwinklig abbiegenden Schnitt machte, der oberen Kante
des Jochbogens folgend. Der Zugang zur Orbita war ein vorzüglicher. Die
Art des Tumors erweckte den Verdacht auf Sarkom, weshalb die Exenteratio
orbitae angeschlossen wurde. Es war ein kleinzelliges Sarkom. Auch bei
einem Rundzellensarkom der Tränendrüse gewährte die Schnittführung einen
selir guten Zugang zu dem Tumor. Auch kosmetisch ist der Schnitt gut,
da die Narbe durch die Braue gedeckt ist.
Angelucci (4) hat in 2 Fällen von tief in die Orbita sich erstrecken-
den Tumoren der mittleren Partie des Orbitaldaches bei intaktem Sehver-
^^igen die dauernde Resektion der lateralen Orbitalwand mit gutem kosme-
tischen Erfolg ausgeführt.
In einem dritten Falle hat er die temporäre Resektion der äusseren
Orbitalwand so ausgeführt, dass er einfache Sägeeinschnitte nahe der Naht
wischen Jochbein und Oberkiefer und in der Sutur zwischen Jochbein und
ddO Jahresbericht für Chirurgie. U. Teü.
Stirnbein ca. 6 cmm tief angelegt und nun das Jochbein nach aussen laxiert
hat, wobei sich das Jochbein in den Nahtlinien vom Keilbeinflügel einerseits
und vom Oberkiefer andererseits loslöste. Es wurde also genau der dem
Jochbein angehörende Teil der äusseren Orbitalwand ausgebrochen und dann
wieder mit gutem Erfolg reponiert. Verf. glaubt, dass bei der Luxation des
Jochbeins die Nahtlinien zwischen Jochbein und Keilbein stets leicht durch-
brechen werden, da die Verwachsung erst im höheren Alter eintritt. Sein
Patient war schon 50 Jahre alt. Angel ucci schlägt vor, die totale
Resektion des Jochbeins nach van Merris in Anlehnung an diese seine
Operationsmethode vorzunehmen.
Endlich teilt Czermak (44) eine Modifikation des Krönleinschen
Verfahrens mit, die ihm für kleine Tumoren ganz hinten in der Spitze der
Orbita oder unterhalb oder nasalwärts vom Bulbus besonders geeignet
erscheint. Der Artikel ist mit Illustrationen versehen und ist am besten im
Original nachzulesen.
Bocchi (30) hat 4 Fälle von paralytischer Ptosis nach der Methode
von Angelucci operiert, die zu denjenigen gehört, welche eine Verbindung
zwischen dem gelähmten Oberlide und dem Muse, frontalis herzustellen
suchen (cf. Arch. di ottalm. 1900 und 1902). Er ist mit dem kosmetischen
und funktionellen Resultat sehr zufrieden und hält diese Operationsmethode
nach eingehender Besprechung auch den Methoden von Motais und Parinaud
gejgenüber für überlegen.
Elter und Haass (51/52) teilen ein Operationsverfahren mit, welches
sie gemeinsam an einer 50jährigen Frau mit vollständigem Ektropium des
Unterlides durch Lupusnarben zur Beseitigung des Ektropiums angewandt
haben. EU er hatte in Erinnerung an einen von W. Müller 1903 operierten
Fall, der mitgeteilt wird und bei welchem das ganze untere Lid durch eine
freie Plastik aus der Ohrmuschel mit ausgezeichnetem Erfolg ersetzt worden
war, vorgeschlagen, einen ähnlichen Weg zu versuchen. Die Verfasser hatten
demnach nach Mobilisierung des Lidrandes durch Schnitt dicht unterhalb
desselben und Preipräparieren der Bindehaut bis dicht an den Bulbus ein
entsprechend grosses Stück aus der Ohrmuschel herauspräpariert nach Los-
lösen der Haut an der Vorderseite und hatten dieses, Wundfläche auf Wnnd-
fläche, durch feine Nähte exakt mit dem Wundrand am Lidrande vereinigt.
Der Konjunktivalfalz wurde durch eine Sn eilen sehe Naht genügend nach
unten gezogen. Der Hautknorpellappen heilte nach anfänglicher bedrohlicher
Verfärbung gut ein. Das Resultat war ein viel besseres, als das auf der
anderen Seite mittelst gestielten Hautlappens erzielte.
In einem Nachtrage erwähnen die Autoren, dass ihnen die Mitteilung
Bü dingers (cf. diesen Bericht über 1902) entgangen war, der als erster,
allerdings mit einem etwas komplizierteren Verfahren die Ohrmuschel zum
Ersatz von Liddefekten herangezogen habe.
Birch-Hir Sehfeld (22/23) empfiehlt nach den Erfahrungen an 5 Fällen
in der Leipziger Klinik das Verfahren zur Tarsoplastik von Büdinger (cf.
diesen Bericht für das Jahr 1902) besonders auch für die Fälle, wo die äussere
Lidhaut stehen bleiben kann und nur Tarsus und Eonjunktiva entfernt werden.
Um Störungen in der Heilung zu vermeiden, macht er eine kleine Modifi-
kation des Verfahrens, indem er den oberen Hautrand des Ohrlappens mit
dem oberen Rande des gestielten Hautlappens oder des stehen gebliebenen
Lidrandes sorgfältig vernäht.
Meyer, Yerleizungen und chirarg. Krankheiten des äusseren Anges. 391
Indikationen sind Lidtumoren, Trachom, Tuberkulose mit Beteiligung
des Tarsus, Kolobome, Verletzungen. Verf. hält die Methode für sehr
braachbar, da der Knorpel sehr wenig Anforderungen an Ernährung stellt
nnd gut einheilt.
De Lapersonne (114) hat bei einem Fall von hochgradigem narbigem
Ektropium des Lides derart, dass der Lidrand des Oberlides umgestülpt in
der G^end der Augenbraue stand, die alte sogen, italienische Methode der
Rkinoplastik nach Tagliakozzi mit gutem Erfolg angewandt. Nach Be-
weglichmachen der Lider und Vernähen der Lidspalte wurde in den grossen
Defekt am Oberlid der vorher genau abgemessene gestielte Lappen aus dem
Oberarm eingenäht und der Arm zweckmässig am Kopf festbandagiert. Nach
12 Tagen wurde der Stiel durchschnitten.
Um die Lider dem Zuge der unvermeidlichen Schrumpfung transplan-
üerter Hautlappen zu entziehen und ein Rezidiv des Narben-Ektropiums zu
rermeiden, sondert Hotz (87) die Wundfläche in zwei Teile, deren einer die
Oberfläche des Lides, der andere die Wundfläche jenseits des Lides darstellt.
Jeder Teil wird mit einem besonderen Lappen gedeckt. Den bis an den
Lidrand lospräparierten Lidlappen sichert man dann beim Oberlid, indem man
seinen oberen Rand mit dem oberen Tarsalrand vernäht und den übrigen
Üetekt mit einem eigenen Lappen deckt, beim unteren Lide, indem man den
unteren Rand des Lidlappens etwas oberhalb des unteren Orbitalrandes mit
der Fascia tarso-orbitalis vernäht. Der Tarsus ist hier zu klein und hat zu
wenig Halt. Wenn bei Mangel an Haut auch der Lidlappen nach Thiersch
transplantiert werden muss, so wird dieser Thiersch sehe Lappen ebenso
mit dem oberen Tarsusrand oder der Faszie unten vernäht. Der Lidrand
«ird durch zwei Ligaturen, deren Enden auf der Wange befestigt werden,
möglichst weit nach unten oder oben gezogen und der noch übrige Defekt
mit einem eigenen Lappen gedeckt. Am unteren Ende wird der Lidhaut-
lappen in dem narbigen Gewebe , der stärkeren Schrumpfung wegen , etwas
^er umschnitten und der gedehnte Lidrand am äusseren Winkel etwas
verkürzt durch Abtragen eines Stückchens Zilienboden, ähnlich wie bei der
Tarsorraphie.
Benson (16) gibt einen Überblick über die Entwickelung der heutigen
Methoden der Blepharoplastik. Die ursprünglichste Methode war die einfache
Abtragung des Zilienbodens bei Trichiasis und die Bekämpfung des Entro-
pinms durch Versuche, den Tarsus zu strecken mit Parallelschnitten durch
KoDJanktiva und Haut oder V-förmigen Exzisionen aus dem Tarsus oder der
Konjonktiva oder mit Kauterisationen und damit Verkürzung der Haut. Dann
gelangte man zur intermarginalen Spaltung und zur Transplantation des
Zilienbodens mit Verlust von Haut. Weiterhin wurde der Hautstreifen nicht
mehr weggeworfen, sondern unterhalb der Zilien transplantiert, um diese zu
stätzen. Auf diese Weise wurde das Lid nicht mehr verkürzt. Aber auch
dieses Verfahren befriedigte nicht ganz , da die transplantierte Haut doch
Haare enthielt. So kam man schliesslich zu unseren jetzigen Methoden, zur
Yer&cliiebung des Zilienbodens mit Transplantation von Lippenschleimhaut
aaf das Lid. Verf. hält die seit über 20 Jahren am St. Marks Hospital ge-
äbte Methode der Blepharoplastik für die einfachste und beste und beschreibt
äe eingehend: Nach Anästhesierung wird eine Snellensche oder Knapp sehe
Klemmpinzette an das Lid gelegt und mit dem Grae feschen Messer eine
istermarginale Spaltung entlang dem ganzen freien Lidrand gemacht, so zwar.
392 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
dass alle Zilien in dem vorderen Hautlappen enthalten sind und keine in dem
hinteren Bindehautlappen stehen bleiben. Die Inzision soll mindestens 1 cm tief
gehen und lieber schräg vorwärts, so dass die Wunde frei klaffen kann. Fall&
einige Haare im hinteren Lappen stehen geblieben sein sollten, werden sie ein-
zeln exzidiert. Nun wird unter Einsetzung einer zweiten Klemme an der
Unterlippe durch zwei Parallelschnitte, die an den Enden durch Bogenschnitte
verbunden werden, ein der Inzision entsprechendes Stück Lippenschleimhant
umschnitten und abpräpariert und auf dem Finger vom submukösen Fett etc.
gereinigt. Dieser Lappen, der eher kürzer wie länger als die Inzision sein soll,
wird mit feiner Seidensutur mit dem einen Zipfel in das Ende der Inzisions-
wunde eingenäht, ebenso das andere Ende und beide Ränder werden dann mit den
entsprechenden Hautwundrändern durch 2 — 3 Nähte vereinigt. Eine stärkere
Blutung kommt nach Abnahme der Klemme, steht aber bald. Diese Blutung
schadet nichts, wenn der Lappen gut vernäht ist. Die Lippenwunde wird
mit fortlaufender Naht geschlossen, was aber nicht unbedingt nötig ist. Es
wird ein Borsalbenverband (Monoculus) angelegt, der am nächsten Tage ge-
wechselt wird. Die Operation dauert 15 Minuten. Nach 4 — 5 Tagen werden
die Suturen entfernt. Der Schleimhautlappen, der zuerst weiss aussieht, vas-
kularisiert sich rasch. Alle Komplikationen der Methode sind zu meiden.
Wichtig ist, dass die intermarginale Inzision tief ist, und zwar nicht nur in
der Mitte, sondern auch an den Enden, femer, dass der Schleimhautlappen
nicht länger ist als die Inzision, er verträgt leicht eine leichte Spannung.
Bei vier Fällen von Symblepharon totale beider Lider hat Grunert (66)
sowohl mit der Anwendung gestielter Hautlappen, als von Epidermislappen
nach Thiersch schliesslich gute kosmetische Erfolge erzielt. Die alte Me-
thode der Transplantation gestielter Hautlappen ist durchaus verwendbar.
Die Operation darf nicht zu frühzeitig vorgenommen werden, die sorgfältige
Exzision alles Narbengewebes aus der Orbita ist die erste Bedingung. Sehr
zweckmässig ist es, die Lider nach Spaltung der äusseren Kommissur zur
Transplantation auf die Augenbrauen- und Wangengegend in ektropionierter
Stellung aufzunähen. Die schwierigste Stelle für die Deckung ist der hintere
Pol. Wenn hier noch Schleimhaut steht, schont man sie sorgfältig und löst
die Lider ausgiebig ab. Bei späteren Ergänzungsoperationen tut man gut,
eine Prothese einzulegen. Von dem dauernden Tragen einer Prothese mit
methodischen Lidschlussübungen sowie von Thiosinamin-Injektionen zur Lösung
der Narben hat Verf. gute Erfolge gesehen.
Holth (84) hat früher bei der May sehen Sjmblepharonoperation ein-
fache Prothesen mit Thiersch-Läppchen eingelegt und acht Tage unberührt
liegen lassen. Wegen der starken Sekretansammlung hat er die von Müller-
Wiesbaden angefertigte Beformprothese mit einem sagittalen Kanal an Stelle
der Iris versehen lassen, der den Abfluss des Sekretes und auch noch die
Fixierung der Läppchen mit durehgelegten Fäden gestattet. In einem Falle
von alter Kalkverbrennung, bei welchem der Bulbus ganz erhalten war und
das Einlegen einer Prothese nicht gestattete, legte Verf. die Thiersch-
Läppchen mittelst eines Ringes aus Silberdraht von 1,5 mm Stärke im Fornix
fest. Statt des Silberringes kann in solchen Fällen auch eine Interims-Pro-
these mit einem Loch von 8 mm Durchmesser an Stelle der Iris getragen
werden.
Über seine nach langjähriger Erfahrung bei ., Symblepharon totale" ge-
übte Methode berichtet Hotz (88). Er benutzt zur Deckung Epidermis-
Meyer, Yerleizaiigen und chirarg. Krankheiten des ftasseren Anges. 393
bppen, die er der Innenfiache des Oberarmes entnimmt. Nachdem er anfangs
för den Defekt am Bulbus und am Lide je einen eigenen Lappen benutzt
hatte, ging er später zur Deckung mittelst eines einzigen Lappens über, indem
er nach dem Vorgänge von May, welcher nach der Symblepharonoperation
eine Glasprothese zur Fixierung der transplantierten Lappen einlegte, dünn
ausgewalzte Bleiplatten benutzte, die, genau nach dem Lide zurechtgeschnitten,
den Lappen besonders in der Übergangsfalte gut fixieren. Verf. operiert nie
an beiden Lidern zugleich , sondern stets erst am unteren Lide und einige
Monate später am oberen. Gründliche Durchtrennung und Exzision aller
Sarbenstränge bis in die Tiefe ist die erste Bedingung, besonders die tiefe
Trennung des Lides von Bulbus. Dann wird beim unteren Lide mit einer
starken Schere aus einer 2V> cm breiten, ^/2 mm dicken Bleiplatte eine halb-
mondförmige Scheibe so zurechtgeschnitten, dass sie genau in die Lidtasche
passt, d. h. dass sie mit ihrem konvexen Rand fest auf dem Fomix aufsitzt
und mit ihrem geraden Rand, der mit drei Nahtlöchem versehen wird, genau
mit dem Lidrand abschneidet, dabei mit den abgerundeten Ecken hinter dem
änsseren und inneren Lidwinkel liegt. Der Hautlappen wird vom Messer bei
ektropioniertem Lide auf der Bulbuswundfläche ausgebreitet, an den Rändern
der Conj. bulbi mit je zwei feinen Seidensuturen befestigt, über die Lidwund-
ääche glatt ausgebreitet und nun der konvexe Rand der Bleiplatte auf die
Stelle der Übergangsfalte aufgesetzt und leicht angedrückt, während der
A^istent das Lid zurückgehen lässt. Nach nochmaliger genauer Glättung
wird durch das der Lidrandmitte am nächsten gelegene Loch am geraden
Rand der Platte eine mit schwarzer Seide armierte Nadel gestossen und vom
Assistenten geknüpft, desgl. am nasalen und temporalen Ende. Das Lid ist
darcli die Platte vollständig immobilisiert, die Lidspalte braucht deshalb nicht
veroäht zu werden und der Verband kann nach drei Tagen wegbleiben, wäh-
rend die Platte eine Woche liegen bleibt. Beim Symblepharon des oberen
Lides mnss die Wirkung des Levator palpebr. ausgeschaltet werden. Zu
diesem Zweck wird die Bleiplatte so geschnitten, dass sie den ganzen Aug-
apfel gat deckt, gut in beide Übergangsfalten reicht und so gross ist, dass
die Lider gerade geschlossen werden können. Bei gut erhaltener Kornea
wird ein entsprechendes Loch aus der Platte geschnitten. Auch hier wird
nach Vorbereitung der Platte und Exzision aller Narben der Epidermislappen
anf die Wundfläche des Bulbus übertragen und an die Ränder der Conj.
bulbi befestigt Dann wird er über den Bulbus, den Fomix und das ever-
tierte Lid sorgfältig ausgebreitet, die Bleiplatte auf den Bulbus aufgelegt, so
dass ihr oberer Rand gut in der Übergangsfalte liegt, das untere Lid wie
bei Einlegen eines Glasauges herübergezogen und nun nach nochmaliger
Glättong des Lappens das obere Lid langsam über die Platte gleiten gelassen.
Die Lidränder werden durch drei Nähte vereinigt, die nach 4 — 5 Tagen
darchschneiden, während die Platte mindestens eine Woche liegen bleibt.
In ganz ähnlicher Weise ist Gullstrand (68) bei totalem Symblepharon
des unteren Lides verfahren. Er hat eine passende, dem unteren Lide ent-
sprechende Prothese aus Guttapercha geformt, ebenfalls am oberen Rande
mit vier Lochern versehen und nun mit der Konkavseite auf einen ausge-
breiteten Epidermislappen 6 X 6 cm gelegt. Durch zwei von der Wundfläche
her dnrch den Epidermislappen eingestochene , doppelt armierte Fäden und
Durchstechen der um die Prothese umgeschlagenen Lappenenden wurde die
Prothese vollständig durch den Epidermislappen eingewickelt und nun tief in
394 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
den Yollständig von allen Narbenfaden befreiten Fomix eingeführt nnd durch
Ausstechen sämtlicher vier Nadebi schief nach unten durch das Augenlid mit
Ausstichstelle in der Nähe des Infraorbitalrandes und Knüpfen der Fäden zu
zweien auf der Haut fixiert.
Bei drei anderen nach der Methode von May operierten Fällen Yon
Symphblepharon totale hat er vor allem das Ziel im Auge gehabt, nicht nur
durch möglichst kräftige Stütze das Festhalten des Lappens an der Stelle des
zu bildenden Fornix zu sichern, sondern auch durch vollkommenes Durch-
trennen der Narbenmasse, so dass kein einziger Narbenfaden mehr um den
neuen Fornix herumgeht, einer nachträglichen Schrumpfung vorzubeugen.
Ersteres erreicht er durch Anwendung eines einzigen grossen Lappens, der
um die Prothese herumgenäht wird und durch temporäre Vemähung der Lid-
spalte, letzteres durch so tiefes Hineingehen mit dem Messer, bis dasselbe
ganz frei ohne merklichen Widerstand in der Orbita bewegt werden kann.
Hoch heim (83) hat einen Ersatz der keilförmigen Exzision aus dem
Tarsus nach Snellen, die seiner Erfahrung nach wegen der Narben Verände-
rungen schwierig ist, so angestrebt, dass er den Tarsus in seiner ganzen
Länge, ohne Rücksisht auf die Meibomschen Drüsen intramarginal auf
2 mm gespalten hat und nach Exzision eines Haut-Muskel-Lappens über dem
Tarsus tief fassende Nähte durch den Tarsus geführt hat, um diese Wunde
zu schliessen. Wenn beim Knüpfen dieser fünf Fäden mit einer Sonde der
Tarsus in die Tiefe gedrückt wird, so besorgen die Nähte die Streckung des
Tarsus im Sinne von Snellen und die Ektropionierung des unteren Lid-
randes, so dass die intermarginale Schnittwunde klafft für die nun folgende
Implantation von Schleimhaut.
Die Arbeit von Boldt (31) enthält eine genaue Beschreibung der
Kuhnt sehen Tarsalexzision bei Narbentrachom, Pannus etc. nnd ihrer Er-
folge besonders bezüglich des Pannus und beschäftigt sich dann polemisch
mit dem von Pollnow aufgebrachten Prioritätsstreit über das Kuhnt sehe
Verfahren, das nach Pollnow nur eine unwesentliche Modifikation der
schon früher von Heisrath geübten Bindehaut-Knorpel-Exzison sein soll.
Als Warnung vor den frühzeitigen Mitteilungen von Erfolgen mit neuen
Heilmethoden veröffentlicht Trousseau (173) die Geschichte eines Falles
von Epithelioma palpebrae, den er acht Jahre hindurch beobachtet hat. Das
Epitheliom heilte unter allen modernen Behandlungsarten in kurzer Zeit ab,
um jedesmal bald wieder zu rezidivieren. Wenn die Patientin nach jeder
Heilung verschwunden wäre, so würde sie vermutlich drei oder vier Fälle von
auffallender Heilung geliefert haben. So ist sie nur einmal von anderer Seite
nach einer Kur mit Methylenblau als ;,geheilt^ veröffentlicht worden. Die
ersten Anfänge der Geschwulst lagen 16 Jahre zurück, nach 8 Jahren be-
gann ein rascheres Wachstum. Da die Patientin von Operation nichts wissen
wollte, wurde zunächst nach vorbereitenden Kataplasmen mit antiseptischen
Lösungen von Hydrarg. oxycyan. vorgegangen. Nach einem Monat Abheilung,
nach zwei Monat Rezidiv, das unter Chromsäure und Milchsäure heilte. Nach
fünf Monaten kam Patientin wieder mit einem Rezidiv, nachdem inzwischen
schon die bei ihr mit Methylenblau erreichte Heilung publiziert worden war.
Trotz der doppelt so grossen Ausdehnung der Geschwulst heilte sie in zv^ei
Monaten wieder ab unter Chlorkalium und schliesslich ein Rezidiv unter Arsen-
behandlung nach Czerny so prompt, dass Verf. den Fall schon veröffent-
lichen wollte. Nach einem Jahr trat aber wiederum ein Rückfall auf, dies-
Meyer, Yerletsangen and chirarg. Krankheiten des äusseren Auges. 395
mal mit Yerhärteten Knoten in der Tiefe. Die entstandene Ulzeration heilte
3]iter Röntgenstrahlen, die Induration in der Tiefe blieb aber bestehen. Nun
tödlich entschloss sich die Patientin zur Operation und so erfolgte schliess-
lich auf chirurgischem Wege die definitive Heilung.
Die Arbeit yon Best (20) enthält eine wertvolle Übersicht über die
neueren Anästhetika in der Augenheilkunde mit einer ausführlichen Literatur-
aLgabe. Verf. empfiehlt gleich anderen die ausgedehnte Anwendung der
Lokalanästhesie und die Benutzung möglichst konzentrierter Lösung, um die'
Anästhesie möglichst vollkommen zu gestalten und durch ein Minimum von
InjektioDsflüssigkeit die topographischen Verhältnisse nicht zu ändern.
Guttmann (69) macht besonders bei der Behandlung des Trachoms
mit Ausrollen etc. ausgiebigen Gebrauch von Infiltrationsanästhesie, die er
lebhaft empfiehlt. Er benutzt eme Lösung von Natr. chlor. 0,2, Kokain
0,05-0,1 Aqu. dest. 100,0 und eine Pravazspritze von 1 com mit sehr dünner
Kinale (Nr. 27) von V» Zoll Länge. Nach Eintropfen von Kokain 1 ®/o mehr-
mals in 3 Min. und Abwaschen der Lider ektropioniert er das obere Lid
doppelt and sticht dicht über dem Knorpel die Spitze der Kanüle so ober-
flachlich wie möglich ein, besonders bei Kindern, um diesen keinen anfang-
licheD Schmerz zu machen, und injiziert 3 — 4 Tropfen. Vom Rand des
Bläschens wird langsam weiterinjiziert bis der ganze Konjunktivalsack hoch-
gehoben ist Ebenso am unteren Lide. Bei Schieloperationen wird die Conj.
bolbi mit möglichst geringen Mengen ebenso infiltriert. Bei Tumoren an der
äusseren Lidfläche, Chalazien etc. muss nicht nur die Haut, sondern auch
die Conj. palpebr. infiltriert werden.
Unter den Infektionsquellen für Baibuswunden steht nach Silex (164)
der Tränensack obenan. Er empfiehlt im Falle von Vorhandensein eines
TiiBenleidens oder dessen späterer Entdeckung sofortige Exstirpation des
Tränensackes oder, wenn das nicht geht, Spalten und Auskratzen desselben.
Bei Infektion des Glaskörpers ist die tiefe endokulare Kaustik mit spitzem
Paqnehn angezeigt. Bei Hypopyon subkonjunktivale Injektionen mit Sublimat
1:1000 oder Hydrarg. oxycyan. 1:2000 oder auch Kochsalzlösung 4%, die
weniger schmerzhaft sind. Bei Klaffen der Wundränder Kaustik und Kon-
janktiralplastik. Energisches rasches Vorgehen erfordert die Infektion post
operationem. Hier wirkt ein Konjunktivallappen nach Abfliessenlassen des
Kammerinhaltes und sorgfaltiger Kaustik aller infiltrierten Homhautpartien
unter der Lupe oft überraschend. Dieses Verfahren kann noch mit Jodo-
(omeinfühning kombiniert werden. Silex nimmt dazu pulverisiertes, steriles
Jodoform, nicht die Ha ab sehen Plättchen. Auch Hg-Kuren nach Schirmer
6-8 g pro die und Injektionen geben oft guten Erfolg.
Bezugnehmend auf die Arbeiten von Frank und Kraus (cf. diese Be-
nchie über 1904), die von der Jodoformdesinfektion keine Erfolge gesehen
liabeD, n&mentlich auch keine Sicherheit gegen die sympathische Ophthalmie,
biingt, Cohn (41) vier Fälle von infizierten Augen aus der Silexschen
Klinik, bei welchen die Jodoformeinführung vollständig im Stich gelassen hat.
I Von einem praktischen greifbaren Erfolg ist auch nicht ein einziges Mal zu
sprechen, da der Ausgang einmal Phthisis bulbi und dreimal Enukleation war,
^ drei Mal wegen drohender sympathischer Ophthalmie ausgeführt. Er
glaubt, dass der Erfolg bei vielen Fällen wohl den gleichzeitigen sonstigen
^lasmahmen, namentlich der Inunktionskur nach Schirm er zuzuschreiben
396 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
ist. Auch bei einem Fall von Iristuberkulose hat das Jodoform nichts
geleistet.
Nach Berücksichtigung der Literatur über die intraokulare Jodoform-
desinfektion des Auges, insbesondere der Arbeit von Kraus gibt Rave (147)
die Krankengeschichten von 17 Fällen der Würzburger Klinik, bei denen
Jodoform stets erst eingeführt wurde, nachdem ein Hypopyon aufgetreten
war. Die Erfolge sind im grossen ganzen nicht gerade als glänzend zu be-
zeichnen. Doch lässt sich hiernach kein allgemein gültiger Schluss auf die
Wirksamkeit der Jodoformtherapie bei intraokularen Eiterungen herleiten, da
die Anzahl der Fälle zu klein ist.
Demgegenüber empfiehlt D i e h 1 (47) nach den Erfahrungen der Giessener
Klinik an 14 Fällen die Jodoformeinführung in die Vorderkammer, da sie,
wo andere Massnahmen im Stiche lassen, noch gute Resultate liefern könne.
Zweimal wurde Jodoform in den Glaskörper eingebracht. Der eine Fall
(Magnetoperation) endete mit Phthisis bulbi und Enucleatio, der andere, eine
infizierte perforierende Verletzung, heilte ab.
1 1 k a (90) teilt die Heilerfolge bei Fremdkörpern in infizierten Augäpfeln
aus der Greifswalder Klinik mit bei Behandlung mit hohen Quecksilberdosen
(6—9 g Ungt. ein. pro die). Unter 18 Fällen waren 13 = 72^/0 Heilungen
zu konstatieren. Augen mit brauchbarem Sehvermögen, das heisst mindestens
Fingerzählen in 3 m wurden in 33°/o der Fälle erhalten. Dieses Resultat
ist um so befriedigender, als unter den 18 Fallen 10 mal Glaskörperabszess
mit Sicherheit festgestellt werden konnte.
Die von Schirmer (157) vorgestellten, durch hohe Quecksilbergaben
geheilten Fälle von infizierten perforierenden Augenverletzungen gehören wohl
mit zu obiger Reibe.
Greef (63) hat in einem Falle von Lidkarzinom mit epitheloiden Zellen
Heilung durch Röntgenstrahlen erreicht.
Von einem auffallenden Erfolge der Röntgen-Therapie bei einem Epi-
theliom des Lides und der Wange berichten Lafon-Villemonte (109).
Bei einer 70jährigen Frau wurde ein fünffrankstückgrosses eiterndes Epi-
theliom des Lides und der Wange nach Vorbehandlung mit feuchten Ver-
bänden in vier Sitzungen je fünf Minuten in 15 cm Abstand bestrahlt. Bei
der Entlassung nach 18 Tagen war der Defekt überhäutet, glatt, nur noch
leicht gerötet, was bald schwand. Verflf. halten die Heilung selbst nicht für
vollständig. Es finden sich in dem Lide einige kleine, wenig harte Knötchen,
die in der Diskussion als Rezidive bezeichnet werden.
Guibert und Gu6riteau (67) haben einen ihrer Ansicht nach ope-
rativ unheilbaren Fall von Karzinom des Tränensackes mit Röntgenstrahlen
mit ausgezeichnetem kosmetischen Effekt geheilt. Wenigstens ist Patient
6 Monate rezidivfrei geblieben. Diese Besserung tritt nach den Verfassern
meist erst ein, wenn die Strahlenwirkung bis zur Verbrennung fortge-
setzt wird.
Demgegenüber weist Kirchner (99) auf die Radium-Therapie hin, die
nach seinen Erfahrungen gleich frappante Resultate gibt, ohne Gefahrdung
des Auges. Er teilt einen Fall mit, bei welchem er mit 1 mg Radiumbromid
(Prof. Dr. Giesel) ein ulzerierendes Kankroid des temporalen Lidwinkels,
das je ^/s des Lides einnahm, mit ganz staunenswertem Ergebnis bestrahlt
hat. Verf. geht ausführlich auf die Wirkungsweise des Radiums ein, dem
man eine elektivo Wirkung auf die rasch wachsenden Zellen der Neoplasmen
Meyer, Verleteaogeii und chirorg. Krankheiten des äaseeren Aages. 397
itßcbreiben muss. Man braucht die Geschwulstzellen nicht abzutöten, sondern
mit dem Radium nur in ihrer Entwickelung zu hemmen, dann wird der
Korper selbst mit ihnen fertig und man erhält ideale Narben. Bedingung
:^t genaae Bekanntschaft mit dem verwandten Präparat und sorgfältige Do-
sierung, die am Lide relativ leicht ist. Er hat ein mit Blei ausgekleidetes
Messingschiffchen von 6 mm Länge benutzt, in welchem in einer kleinen
Hohlang hinter einem Glimmerplättchen die Radiumkristalle lagen. Damit
hzm man immer nur wenige Quadratmillimeter Fläche auf einmal bestrahlen,
jann muss das Schiffchen weiter geschoben werden.
Ein zweiter Fall von Eankroid des Lides war mit 15 Bestrahlungen
Ton je 15 — 20 Minuten Dauer, die hintereinander an einem Tage, jedesmal
mit einer anderen Stelle der Geschwulst vorgenommen wurden, behandelt
worden. Nach drei Wochen war der Fall fast vollständig abgeheilt, trotzdem
U Tage nach der Bestrahlung noch kein Erfolg sichtbar gewesen war. Nach
Qochmaliger Bestrahlung des Restes war nach 14 Tagen das ganze Geschwür
restlos überhäutet und mit weichen Narben. Das Resultat war ebenfalls
ein ausgezeichnetes.
Schliesslich ist noch über eine Arbeit über den Wert und die Wirkung
der Sympathikus-Resektion beim Glaukom zu berichten. Li sehr dankens-
lerter Weise hat Medow (123) den Bericht über 4 neue Fälle von Sym-
pathikas-Resektion aus der Axenfeldschen Klinik mit einem referierenden
Bericht über 102 aus der seit der Arbeit von Axenfeld und Ziehe (cfr.
diesen Bericht über das Jahr 1901) erschienenen Literatur zusammengestellten
Fälle Terbunden. Eine Prüfung der 106 Fälle in ihrer Wirkung auf die ver-
schiedenen Formen des Glaukoms lässt den Verfasser zu denselben Schlüssen
kommen, wie Axenfeld und Ziehe an ihren 55 Fällen: beim Glaucoma
acut, und snbacut ist die Sympathikusresektion nur angezeigt, wenn die Iri-
dektomie verweigert wird, wenn sie auf dem anderen Auge geschadet hat,
oder wenn trotz L*idektomie das Glaukom fortbesteht. Beim Glaucom.
baemorrhag. und bei Hydrophthalmus ist sie ein berechtigter Versuch, der
beim Glancom. infant. mindestens Aussicht auf kosmetischen Erfolg hat.
Bei Glanc. chron. und simplex ist die Rektion als Ergänzung und Unter-
stützung der Iridektomie bei progressiven Fällen zu empfehlen. Eine Sym-
pätbiknsresektion ohne vorhergehende Lridektomie ist nur gerechtfertigt, wenn
diese Operation geschadet hat oder verweigert wird. Die Sympathikus-
reseküon ist eine Erzgänzungsoperation und wird nie die Iridektomie ver-
drängen, zumal da stets mit den Symptomen der Sympathikuslähmung, näm-
licli Miosis, Ptosis, Hyperämie der Konjunktiva, des Zahnfleisches, überhaupt
der Kopfhälfte, zu rechnen ist, der in der Regel die Beizungssypmtome
Torausgehen.
Inzwischen haben wir aber ein neues Operationsverfahren beim Glaukom
erhalten durch Heine (78) in der Zyklodialyse, d. h. Erzeugung einer peri-
pheren Iridodialyse von einem Skleralschnitt aus, der 5 mm vom Limbus
I entfernt angelegt wird, durch vorsichtiges Eingehen auf der Choriodea bezw.
i dem Ciliarkörper entlang durch das Lig. pectinat. hindurch in die vordere
Kammer.
Diese Operation scheint noch bei einer ganzen Anzahl von Fällen zu
^^Uen, wo man bisher nur noch die Sympathikus-Resektion zur Verfügung
398 Jahresbericht far Chirurgie. IL Teü.
B. Yerletzangen und chirargische Krankheiten des äusseren Ohres
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Referent: G. Zimmermann, Dresden.
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biete der Ohrenheilkunde erscheint in diesem Berichtsjahr nicht gross ; wohl
mit aus dem Grunde, weil heute ein gut Teil des Interesses der Ohrenärzte —
Körner, Kretschmann u. a. — wieder mehr physiologischen Fragen zu-
gewandt ist. Gerade die Widersprüche der täglichen klinischen Erfahrung
mit den Forderungen geltender Theorien machen sich ihnen am meisten
fdhlbar, während sie dem Fachphysiologen verborgen oder doch nicht in dem
Masse brennend sind, dass er zu gründlicher Nachprüfung sich entschlösse.
So trägt auch in dem sonst mit ganz ausserordentlichem Fleiss von Schäfer
bearbeiteten Abschnitt des Nag eischen Handbuches über ;,den Gehörsinn^
gerade der den Ohrenarzt interessierende Teil über die Funktion des Mittel-
obrs den neueren Forschungsergebnissen nur wenig Rechnung und macht es
nicht überflüssig, dass auch weiterhin die Ohrenärzte diesem Teil der Physio-
)i^e selbständig sich widmen.
Von den erschienenen Anstaltsberichten aus Göttingen (5) und München (19)
und Halle (13) verdient der letztere wieder durch die epikritische eingehende
Besprechung Yon 5 Fällen von Warzenfortsatzeiterung mit Sinusthrombose
besonderes chirurgisches Interesse, und ausserdem wegen der ausführlichen
Mitteilang des grössten Teils der beobachteten Todesfälle.
!^0Yak (30) beschreibt einen Fall, wo bei einem 63jährigen Manne
sich eine ganz rudimentär entwickelte Muschel fand und man daneben nicht
nnr eine Defektbildung der Pauke, sondern auch des inneren Ohres kon-
statieren konnte. Im Röntgenbilde zeigte sich eine deutliche Verkleinerung
des rechten Felsenbeines, eine Abflachung der rechten Schläfenbeinschuppe
und eine schlechtere Entwickelnng der rechten Unterkieferhälfte, so dass das
Aussehen des Patienten manche hatte an eine Fazialisparese denken lassen,
wofür aber keine sonstigen Anzeichen sprechen.
E'ine grundlegende Arbeit über die Verletzungen des Gehörorganes hat
Passow (31) veröffentlicht. Das ganze bisher schon stark angeschwollene
zerstreute kasuistische Material ist gesichtet und an der Hand eigener
Jalireab«riclit für Cfainu^e. II. Teil.
Erfahningea za klarer übersichtlicher Darstellnng gebracht. Ein
hlagewerk ersten Ranges, besonders auch für den Begntachter.
ayr (32) empfiehlt zum Zwecke der Ohrrerkleinemng die Exzision
lorpelstücken stets in Sichelform vorzunehmen und hat ansserdem in
Falle noch einen abpräparierten Knorpellappen der Ohrmuschel imter
i>eriostbräcke am Froc. mastoideas dorcfagezogen , cm so noch vor
der Hautwunde das Ohr beliebig stark an den Schädel heran-
n.
[ftug (17) konnte bei einem Patienten nach einem Böllerschuss eine
ting fast des ganzen Trommelfells and mit ihm des Hammers aus
Verbindungen konstatieren and daneben auch Labjrintherschüttemng
lemder Funktionsstörung.
[asslaaer (14) beschreibt einige ganz interessante Fälle : Trommelfell-
ihörgangsverbrühung durch heisses Karbolglyzerin, Gehörgangsfraktur
Uufschlag mit Heilung unter leichter Kallusbildnng u. a.
laug (18) demonstrierte das Präparat eines Falles vom Kansinom der
jchel eines 65jäbrigeD Mannes. Der Tumor war in Jahresfrist aus
Pigmentnävus zu Taubeneigrösse gewachsen, ulzeriert und nahm die
Hinterseite der Muschel bis in die Haut des Proc. mast. ein; keine
Schwellungen; mikroskopisch melanotische Partien; über den Heilerfolg
its ausgesagt.
Irübl (6) bringt die mikroskopischen Untersuchungen von drei Ge-
itchen aus dem Gehörgaug (zwei Fibromen und einer vielleicht sypbili-
Granulationsgeschwnlst), die durch Zystenbüdung, Cholesteatombildung
lerkwürdig erschienen. Im Zusammenhang damit wird eines Schläfen-
*zinoms Erwähnung getan. Ein weiterer Fall von papillärem Polyp
m Mittelohr ist deshalb interessant, weil er von Zylinderepithel be-
war und doch im Innern eine Cholesteatomperle aufwies; wahr-
ich hervorgegangen aus einer inselförmigen Metaplasie des Zylinder-
ä, die in die Tiefe sich senkte und hier durch Verklebung der Ein-
gsstelle zu einer Ansammlung verhornter Lamellen fahrte.
Iramer (Sj belegt wieder mit einer Beobachtung, dass unter Umständen
rfumnkel typische Erscheinungen einer Mastoiditis verursachen kann,
laudier (12) empfiehlt für noch geschlossene oder schon offene Gehör-
irunkel eine Ichthyolsalbe (5 : 3U).
lüller (28) hat bei akuten Mittelohreiterungen bakteriologisch es be-
gefunden, dass der Ohreneiter von Haus aus meist nur eine Bakterienart
it, und dass erst in einem späteren Stadium der Erkrankung gleich-
iwei Arten vorkommen. Drei oder mehr Bakterienarten wurden nie
m. Ausserdem wird zweier Fälle von Typhus- und Diphtherieerkran-
^wähnung getan, wo auch im Ohreneiter fast in Reinkultur Typhus resp.
eriebazillen nachzuweisen waren.
londermann (34, 3ö, 3Üj empfiehlt bei Ohreiterungen die Aspirations-
le, nicht nur weil sie bequem und leichter den Eiter entleert, sondern
regen der günstigen Wirkung, die die dabei entstehende Hyperämie
:h brii^. Er hat sich eine festanliegende Maske konstruiert, die über
Dze Ohrmuschel gestülpt wird und die mit einem ansaugenden Ballon
einen Schlauch mit Ventilverschluss verbunden ist. In zwei akuten
bildeten sich auf die Anwendung der Aspiration auch Schwellungen
en Warzenfortsatz zurück. Und auch in chronischen Fällen war die
Zimmermann, Yerkizmigen n. ekinirg. Krankheiten des äusseren Ohres eto. 401
Methode erfolgreich. Unter VerwenduDg einer etwas kleineren Maske liess
Mch bei manchen Naseneiterungen das Verfahren sich gut verwerten.
Die Stannngshyperämie hat auch in der Behandlung der eitrigen Ohr-
erkraokung Eingang gefunden und wie aus der Arbeit von Keppler (22)
hervorgeht, glänzende Erfolge gehabt. In der Bonner Chirurg. Klinik wurden
i) Falle nach der Methode behandelt und darunter die 10 akuten, die früher
ohne weiteres die Aufmeisselung indiziert hätten , zur Ausheilung gebracht,
(^ne dass irgend etwas Weiteres angewandt worden wäre, als gelegentlich
bei nachgewiesener Fluktuation eine kleine Inzision, wobei jede Drainage
oder Tamponade noch fortgelassen wurde. Die chronischen Fälle werden nur
onter erst noch näher zu erforschenden Indikationen von dem Verfahren
Vorteil haben. Die Anwendungsweise des Verfahrens ist in der Arbeit genau
beschrieben und durch die detailliert beigegebenen Krankengeschichten er*
&utert
Heine (21), der das Verfahren in 23 akuten Fällen verwendet hat,
berichtet, dass er trotzdem in 8 Fällen habe zur Aufmeisselung schreiten
müssen; das Verfahren eigne sich am besten bei Mastoiditiden mit Abszess-
bildang oder Infiltration der Weichteile, besonders auch in den Formen der
Bezold sehen Mastoiditis.
Merg (27) berichtet über einen 10 monatlichen Säugling, der mit Inter-
Tailen kurzdauernder Besserung unter schweren meningitischen Symptomen
erkrankt war: Fieber bis 40^, Somnolenz, Krämpfen, Nackensteifigkeit usw.
Die Lombalpunktion zweimal vorgenommen ergab kein Resultat, bis
schliesslich Eiterdurchbruch aus dem rechten Ohr die Situation aufklärte und
definitive Heilung herbeiführte.
Ausgehend von einem Fall chronischer Otitis, wo der Eiter durch das
nmde Fenster das Labyrinth und von da längst der Akustikusscheide die
Meningen infiziert hatte, bespricht Smurthwaite (33) die bekannten Mittel,
am die Ohreitemng zu sistieren, wobei Borsäurespülungen, Karbolalkohol und
Wasserstoffsuperoxyd als besonders wirksam hervorgehoben werden.
Der Aufsatz von Ballance (2) ist aus einer Diskussion in der Liver-
pooler medic. Gesellschaft hervorgegangen und bringt wertvolle Aphorismen
zur Chirurgie des Warzenfortsatzee , die durch eingestreute Krankennotizen
ergänzt werden.
Beyer (3) erwähnt einen Fall, der vor 3 Jahren radikal mit Frei*
legnng des gesunden Sinus operiert war und wo sich eine gespannte bläuliche
Vorwölbong in der Sinusgegend fand, die auf Druck auf die Jugularis sich
anspannte. Indessen es ergab sich, dass es nicht wie zuerst angenommen^
m Sinnsprolaps war, sondern ein mit Granulationen erfüllter kariöser Herd
in den hhiteren Terminalzellen.
Labarre (25) weist auf jene seltenen Fälle hin, wo eine eiterige £nt-
nndang das schwerer zugängliche Antmm zuerst befällt und die geschwollene
Schleimhaut des Aditns dann ein Weitergeben nach dem Mittelohr verlegt.
Die Diagnose ist oft schwierig und die Therapie ist die frühzeitige Eröffnung
des Antmm, wie an vier Fällen exemplifiziert wird.
Babinski (1) hat von Lunbalponktionen günstige Erfolge bei dem
Meni Preschen Symptomenkomplex gehabt: der dabei vorhandene Schwindel
vurde stets, das Sausen und die Taubheit häufig günstig beeinflusst.
Im Anschluss an einen selbstbeobachteten Fall (Sie benmann sehe
Klinik], wo die durch Cholesteatom induzierte Labyrintheiterung auf dem
JikrtAerMkt Ar Ghimrgto 1905. 26
4D2 Jahresbericht fflr Chirurgie. U. Teil.
Wege des Aquaeductns vestibuli einen Kleinhirnabszess herbeigeführt hatte,
hat Boesch (4) die gesamte Literatur durchgesehen und gefunden, dass
unter 65 Fällen 22 mal (33,84 **/o) der Eiter vom Labyrinth durch den
Aquaeductus vestibuli nach innen schreitet. Es entsteht ein Empyem des
Saccus endolymphaticus und je nach der Art der Berstung und Adhäsionen
entweder eine rasch verlaufende Meningitis oder ein Kleinhirnabszess. Das
Sakkusempyem ist der Operation zugänglich und der Gang der Operation
wird genauer besprochen. Die einschlägigen Fälle und die Literatur sind
tabellarisch zusammengestellt.
Kümmel (23) hat an der Hand von 8 ausführlich mitgeteilten Kranken-
geschichten die Pathologie der infektiösen Labyrintheiterungen behandelt und
besonders auf die Diagnose, auch der schleichenden Formen, die Aufmerk-
samkeit gelenkt. Gerade durch eine sorgfältige Beobachtung der Ausfalls-
erscheinungen und Abweichungen in der Funktion wird man erst naeh und
nach zu sicheren Diagnosen und Indikationsstellungen gelangen können.
Verf. gibt am Schluss der Abhandlung das in der Heidelberger Klinik ge-
brauchte Untersuchungschema, um bei der Aufnahme des Befundes nichts
zu übersehen.
2. Nase.
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Eine ganz ungewöhnliche Misabildiuig fand Tsakyroglotis (62) bei
einem 50 jährigen Bauern ans der Umgebung vonSmyroa: Die Nasenflügel
beiderseits dnrch eine 1 cm lange Spalte von der NaaeoBpitie getrenot und
von der Nasenspitze zwei nach der Stirn zu divergierend erbabene Enochen-
wülste.
Martin (46) stellt zwei nach seiner Methode (cf. Jahresber. 1904, S. 335}
wiederhergestellte Fälle von Nasenfraktur vor; bat das Verfahren aber, wie
er auf Anfrage Vincents sagte, nur in frischen Fällen bisher erprobt.
In einem veralteten Falle hat nach demselben Vorgehen Berard 14)
einen zufriedenstellenden Erfolg gehabt.
Bloebaum (6) empfiehlt zur Radikaloperation des Rfainopbyma das
g^vanokaustische Glübmesser und bringt einen neuen Fall (mit Photographie),
wo in fünf Sitzungen ein vollbefriedigendes Resultat erreicht wurde.
Unna (63) rät alle Höcker in Narkose wegzuschneiden, daas über dem
Knorpel eine bis 2 nun dicke Hautschicht noch bleibt, weil sonst die Über-
bäutnng von den Seiten ausgehend, leicht zu narb^en Verziebungen führt.
Danach Pulver- und Salbenbebandlung.
Bei zwei Kranken, die eine Sattelnase, der eine durch Lues, der andere
durch eine Entzöndung in der Kindheit bekommen hatten, bat Berger (ö)
durch Einpflanzui^ von Rippenknorpel die Nase wieder aufgerichtet. Das
Verfahren wird eingehend beschrieben, es erfordert nur peinlichste Asepsis
und ist dann allen anderen Methoden überlegen.
Erblindung nach Paraffininjektioneo zur Korrektur der Sattelnase sind
wahrscheinlich sehr viel häufiger, als es nach den mitgeteilten Fällen den
Anschein hat. Die Gefahr ist so gross, dass die Methode trotz ihrer guten
kosmetischen Resultate aufgegeben werden sollte. Wenn die Injektion
trotzdem vorgenomnwn wird, sollte sie nicht mit Paraffin von 110 F.
Schmelzpunkt, sondern 115 F. Schmelzpunkt gemacht werden. Plastische
Operationen verdienra den Vorzog. Weil tte nur eine Uuigsnarbe aaf dem
Nasenrücken hinterlässt, ist Einpflanzung eines Knochenperioststfickes aus
der vorderen Tibiakante ein sehr zweckmässiges Verfahren. In einem von
Weltz (66) operierten Falle war das Resultat nicht ganz den Anforderungea
entsprechend, weil das Knochenstück nicht dick genug war.
Zimmermann, YerlAizangen n. ehirarg. Krankheiten des äusseren Ohres etc. 405
Miiitz (48) erlebte aach in einem Falle, wo nur eine kleine Stelle am
aDteren Rande eines schon Tor Jahresfrist angelegten Paraffindepots korrigiert
lerden sollte und wo ^/s g 43^ige8 Parafin injiziert wurde, dass 3 Minuten
ikraof Schmerzen im linken Ange und kurz darauf völlige Erblindung eintrat.
Opbthahno6k<q>isch war eine Embolie der Arteria centr. retinae auszuschliessen,
ond zusammengenommen mit anderen Symptomen wird eine von der Vena
itts. ext auf die Vena centr. retinae und weiter fortschreitende Thrombose
aDznnehmen sein. Verf. hat seitdem nie wieder die Methode angewendet und
warnt auch andere davor.
Gauthier (2ö). Ein Hautkarzinom vom inneren Augenwinkel von
Mandarinengrösse war von Jaboulay exstirpiert und der ziemlich grosse
Sabfitaozverlust durch Lappenbildung aus der Nachbarschaft mit gutem Er-
folg gedeckt. Im Anschluss an die Vorstellung des Falles wurde lebhaft über
die Verwertbarkeit von Röntgenstrahlen und Methylenblau in solchen Fällen
diskutiert. Besonders Des tot empfahl aber die Röntgenstrahlung nur im
Anfang oder znm Schluss, sonst aber das Messer anzuwenden.
In einem anderen Falle hatte Jaboulay (34) das syphilitisch zerstörte
Nasenseptum durch einen Lappen aus der Oberlippe mit nach drei Wochen
erkennbarem gutem Erfolge substituiert. Von einem weiteren, nach der in-
dischen Methode operierten Fall von Rhinoplastik wurden Photographien
gezeigt.
In der Berliner mediz. Gesellschaft stellte Joseph (35) teils persönlich,
teils in Abbildungen Patienten vor, die er intranasal zur Abtragung von
Höckern der Nase oder zur Verkürzung der Nase operiert hatte, ohne dass
äusserlich Narben sichtbar geblieben wären. Es waren nach Zurechtschneiden
der Nasenflügel beiderseits die medialen Schenkel der Garth. alares, zuweilen
aach ein Teil des lateralen Abschnittes des Flügelknorpels reseziert worden.
Die anatomischen Untersuchungen von Cuneo und Andrä (17) ergaben
eine fast absolute Unabhängigkeit des von den Meningen aus injizierten Lymph-
oetzes des Pars olfactoria und des in der Pars respiratoria der Nase ge-
legenen Lymphnetzes und Hessen ausserdem erkennen, dass mit zunehmendem
Alter das erstere an Ausdehnung verliert, was pathologisch von Wichtig-
keit wird.
Marc Andrä (1) hat in einer Dissertation ausserdem noch des weiteren
die Bahnen der abführenden Lymphgefässe und Drüsen untersucht und syste-
matisch zusammengestellt.
Gegen die Hämatome der Nasenscheidewand empfiehlt Baumgarten (3)
einen Tag Eisumschläge zu machen und dann mit Wicken von Karbolwatte
ständig zu tamponieren. In 6 — 10 Tagen verschwinden durch diese Behand-
lung die Hämatome und unter 40 Fällen kam es auf diese Weise nur fünfmal
Yor, dass die Ergüsse abszedierten.
Zur Nasentamponade bei Blutungen empfiehlt Borde (7) Tampons ein-
tufogen, die zuvor mit einer blutstillenden oder antiseptischen Flüssigkeit
getränkt und dann sorgfältig wieder ausgedrückt waren. Wenn sie in
der Nase liegen, lässt num sie vom äusseren Ende sich wieder vollsaugen und
<iurch die darauf erfolgende Ausdehnung sollen sie einen genügenden Druck
^t' die Gewebe zur Stillung des Blutes ausüben.
Wie an er (68) gibt ein Sammelreferat über alle die möglichen Methoden,
i\« bisher bei Nasenblutungen angewendet sind.
Jiliraeberielit für ChJrnrgie. II. TeiL
Chronshitzky (13) empfiehlt znr Nasentamponade nach Operationen
altbekannte Eisenchloridwatte.
Kornfeld (38) konnte bei einer 21jährigen Äraberin klinisch und
[teriologisch Khinosklerom nachweisen; der zweite Fall, der bisher in
irpten beobachtet ist und ein Beweis für die Schröttersche Ansicht,
iB das Sklerom weiter verbreitet ist, als man bisher annahm.
Lermoyez (41) betont die Notwendigkeit quantitativer Rhinometrie
1 bespricht die zu dem Zwecke konstruierten Apparate, welche aus dem
Verschlag der wärmeren Naseoausatmung auf kälteren Glas- oder Spiegel-
tten, Anhaltspunkte für die mehr oder weniger genügende Nasendurch-
igigkeit gewähren.
Anton (2) konnte bei einer 53jährig6n Frau eine typische, knöcherne
esie der linken Ghoane beobachten, ohne dass die Frau im Leben grosse
icbwerden davon gehabt hätte. Deshalb wnrde auch ein operativer Eingriff
[elehnt.
Sim Wallace(65) siebt ein wesentliches ätiologisches Moment für die
genügende Nasenatmnng in der Schiefstellimg der Zähne, wodurch der
iimen geknickt und die Nasengänge verengt würden, und protestiert leit-
t gegen die jetzt beliebte Methode, die Kinder allzulange mit Milch und
iiger Kost zu füttern, anstatt sie frühzeitig ans Kauen zu gewöhnen.
Kohler (36) beschreibt einen Fall, wo bei einem 29jälirigen, übrigens
editär luetischen Mann auf dem Nasenboden kurz hinter dem Introitus
mit der Krone '/t cm hervorragender Zahn entdeckt nnd entfernt wurde,
sonst im Oberkiefer alle Zähne vollzählig waren, handelte es sich zweifel-
um einen überzähligen Zahn, der vielleicht wegen Persistenz eines Milch-
ines retiniert war; vielleicht war auch durch vorausgegangene syphilitische
jtmktionen der Zahnkeim so verlagert worden, dass er nach der Nase zu
■chgebrochen war.
Besonders auch bei der Naseneiternng des Kindes — selbst bei den
onischen Formen — hat Sondermann (58, 59) gute Erfolge gehabt mit
a von ihm beschriebenen Saugverfahren.
Honneth (33), der die Sondermannsche Methode in der Esch-
ilerschen Poliklinik nachgeprüft hat, hebt besonders ihren grossen Wert
diagnostisch brauchbarstes Mittel hervor, indem es nicht nur in den
:h sonst zweifellosen Fällen gelang, den Sitz der Eiterungen zu bestimmen,
dem auch in den zweifelhaften Fällen immer ausschlaggebend war, ob
klicb eine Eitemng vorlag oder nicht. Dazu kam wenigstens in manchen
iten Fällen ein beachtenswerter therapeutischer Erfolg.
Auf Grund bakteriologischer und klinischer Untersuchungen sind L e vr i s
1 Turner (42) u. a. zu folgenden Schlüssen gekommen, dass die gesunden
benhöhlen wahrscheinlich steril sind, dass die Organismen, welche sich ge-
entlich darin vorfinden, nicht virulent sind, wenn sie auch der Art nach
denen gehören, welchen man sonst bei den Eiterungen begegnet. Bei den
erungen fanden sich hauptsächlich Streptokokken, (in 80'*/a der chroni-
en, in 60% der akuten Fätlej, Pneumokokken und Staphylokokken. Die
tische Erfahrung, dass die Nebenhöhlen nicht von der Nase aus infiziert
'den, liesB sich auch bakteriologisch bestätigen.
Von Forselles (23) wird gegenüber der Galvanokaustik der unteren
schel warm empfohlen die Resektion, und zwar statt mit Scheren und
ilingen mittelst einer Zange, deren Schenkel vom Schloss ab 5 Vi cm messen.
Zimmermann, Yerletzapgen n. chirorg. Krankheiten des ftusseren Ohres etc. 407
Iler eine Schenkel liegt im unteren, der andere im mittleren Nasengange,
die Muschel wird möglichst lateral gefasst und mit einer Drehung vollständig
entfernt. Kurzdauernde Einlage eines sterilen Tupfers; Nachblutungen sind
nicht beobachtet unter 210 Fällen der letzten 5 Jahre.
Schatz (55) konnte bei einer 40jährigen Frau in der mittleren Muschel
eine jener aus einer abgesprengten Siebbeinzelle hervorgegangenen Knochen-
zysten von über Walnussgrösse operieren, deren Inhalt durch eine Influenza-
afiektion wohl vereitert und zu rasenden Kopfschmerzen Anlass geworden war.
Halasz (29) beobachtet bei einer 50jährigen, an Asthma leidenden
Frau eine st-ark vergrösserte mittlere Muschel links, darunter einen kleinen
Polyp. Bei der Resektion ergab sich, dass es sich um eine ganz dünnwandige
Knochenblase handelte und dass eine eigentliche mittlere Muschel gänzlich
fehlte. Es war anzunehmen, dass eine embryonale abgesprengte Siebbeinzelle
durch ihre Yergrösserung die Entwickelung der mittleren Muschel vollkommen
behindert hatte. Die asthmatischen Anfälle hatten nach der Operation auf-
gehört.
Edmunds (19) gibt einen kurzen Bericht über einen Fall von
Rhinitis caseosa enthaltend Detritusmassen mit phosphorsaurem Kalk und
Cholesterin.
T. Navratil (50) versuchte bei Ozaena die submuköse Paraffininjektion
in sieben Fällen. Eine vollkommene Heilung trat nicht ein, doch wurde der
Zustand der Kranken bedeutend gebessert.
Navratil bewerkstelligt die Injektionen unter Lokalanästhesie einer
10*^0 igen Alypinlösung ; wegen der langwierigen Nachbehandlung, es sind
täglich öftere Nasenspülungen notwendig, empfiehlt er jedoch die Methode
nur bei intelligenten Personen. Gergö (Budapest).
Bobone (11) empfiehlt gegen Ozaena nach vorgängiger Ausspülung der
Krusten die Nasenschleimhaut mit einer Petroleumlösung, der 1,25 ^/o Euka-
lyptusöl und 0,05 Vo Strychnin. nitr. zugesetzt sind, zu betupfen, und hat oft
schon am folgenden Tage darauf Abnahme des Gestankes und der Krusten
bemerkt.
Löwe (44) hat seine schon teilweise bisher veröffentlichten Mitteilungen
über radikale Freilegung des Naseninnem zu einer grossen Monographie zu-
sammengefasst und mit einem Atlas von 11 höchst instruktiven Tafeln er-
läutert. Die Arbeit behandelt in einzelnen Paragraphen: die Dekortikation
der Gesichtsmaske, die Operationen am Septum, die Ausräumungen der Kiefer-
höhle, des Siebbeinlabyrinths und der Stirnhöhle, die Freilegung der Basis
cranii von unten und die Abklappung des harten Gaumens. Die präzise
Darstellung im Verein mit den prächtigen Tafeln erleichtert wesentlich das
Studium der empfohlenen Methoden und wird Anlass werden, sie in weiteren
Kreisen, vielleicht wohl mit einigen Einschränkungen, einzuführen oder min-
destens nachzuprüfen.
In einem kleineren Aufsatze wendet Löwe (43) sich einmal gegen
Winckler wegen einer Differenz über die Chirurgie der Nasenscheidewand
und bringt sodann noch kasuistisches Material zur Abklappuug des harten
Gaumens.
Als das Wesentliche seiner submukösen Fensterresektion beschreibt
Killian (39), ;,dass er sich zwischen beiden Schleimhautblättem des Septum
mit Hilfe seiner langen Spekula einen medialen Raum schafft, in dem er wie
innerhalb einer Nasenhöhle bequem operieren kann. Den Eingang in die
JkhrMbwicht fQr (AinlrgM. II. Toil.
le bildet die vom ai^elegte geradlinige Schnittminde. Alle übrigen tecb-
lien Einzelheites gruppieren sich vm diese' Gmodidee." Diese nan an
Füllen erprobte Methode wird an der Hand der prächtigen AbbiMungeo
1 rascher Eingang scbaffen.
Freer (24) sieht anch die Idealoperation aller SeptnmdeTiationen in
Fensterresektion und beschreibt sein Verrabren, das er anabhängig von
neueren Publikationen seit 1901 schon in 68 Fällen mit bestem ErfoJg
)t hat. Abbildungen, speziell auch des von ihm benötigten Instmmen-
ims sind der Arbeit eingefügt.
Smnrthwaite (57) tritt ebenfalls warm für die submnköse Resektion
Septnmderiationen ein: er bat sie einige 30 M^ in den verschiedensten
an ausgeführt, immer nur in Lokalanästhesie und mit zunehmender Er-
ung auch in sehr kurzer Zeit; er beschreibt genau die einzelnen Phasen
»8 Vorgehens. Pegler betont demgegenüber, die Mouresche Methode
Spaltung des Septum sei einfacher und schneller auszuführen, bei der
Qukösen Resektion empfehle sich ausserdem die Narkose am tiefhäogenden
fe.
Downie (18) konnte, was bisher wohl noch nicht beobachtet ist, bei
m 7 wöchigen Kinde einen Polypen finden und operieren, der die rechte
B stenosierte und schon zwei Wochen nach der Geburt sich entwickelte.
Faare (21) hat einen mandarinengrossen Naeenrachenpolypen von vom
irpiert, indem er nach Abtrennung des Nasenflügels die laterale Knochen-
andung noch etwas abtrug und dann die untere Muschel resezierte. Es
de dadurch hinreichend Platz geschaffen zur Exstirpation des Polypen,
vom Rachendach ausgehend nach der KeObeinhöhle und der Orbita zu
ausgedehnt hatte. Die sehr beträchtliche Blutung konnte durch Tampo-
) beherrscht werden, Hess aber eine primäre Naht nicht zu, trotzdem gute
ung ohne jede Entstellung.
Moritz (49) bespricht die durch Nebenhöhlenerkrankungen bedingten
ptome, wie Kopfschmerz, Fieber, Asthma, gastrische und Augenerkran-
jen, zerebrale Komplikationen und betont die Wichtigl^eit rbinologischer
ersuchungen.
Ahnlich hat auch Bronner (9) die Nebenerscheinungen der Nasen-
mhöhlen zusammengestellt und fordert zu gründlicher Untersochung der
e auf, warnt dabei aber vor Übereifer in der Beseitigung aller anch der
sdeutenderen Hypertrophien und Deviationen.
Whitehead (67) lenkt besonders auf den Kopfschmerz als Symptom
Nebenhöhl enerkranknngen die Aufmerksamkeit und gibt in dem Schluss-
itz die bekannten Hinweise für die Behandlung.
In einer Probevorlesung bespricht Fein (22) als Etnieitang die Ziele
Grenzen, die im allgemeinen der Behandlung der Nebenhöhleneitmmgeii
)tzt sind.
Für die Operation der Kieferhöhle empfiehlt Gerber (27) wieder, die
ffnung von der Fossa canina ans mit Anlegung einer breiten Lüt^e in
siehe des mittleren Nasenganges.
Chiari (16) weist darauf hin, dass alle gutartigen Neubildungen ge-
ntlich in der Kieferhöhle vorkommen, besonders natürlich Polypen und
;en. Während sie aber meist langsam wachsen, keine Schmerzen machen
nur aihnäblich die Kieferhöhlenwände ausdehnen, sind die malignen Tn-
Zimmermann, Verietzungen o, ehiinrg. Erankbeiton des äusseren Ohres etc. 409
iDoren yon rascherem Wachstum und meist mit eitrigem, zuweilen blutigem
Ausfluss yerbunden. Tuberkulose ist selten, gummöse Prozesse noch gar nicht
beobaditet.
Im Rostocker Arzteverein wies Peters (54) auf die Nebenhöhleneite-
ruDgen hin, die sich in der Hälfte aller mit Phlegmonen und Fisteln kompli«
zierten Tränensackeiterungen vorfinden und die nur bei den nicht kompli-
zierten Tränensackeiterungen regelmässig vermisst werden. Behandelt man
nicht nur örtlich, sondern auch intranasal, so dass hier für Eiterabfluss aus
den Nebenhöhlen gesorgt wird, so gelingt es, ohne weitere grössere Ope-
rationen des Leidens Herr zu werden. Im Anschluss daran sprach Körner
\40) über die Diagnose der Nebenhöhleneiterungen und empfahl dabei beson-
ders das Ei lli ansehe Spekulum für den mittleren Nasengang und in seltenen
Fällen auch die probatorische Anwendung des Gonchotoms.
Der Fall von Hay (30) betraf ein 19 jähriges Mädchen, wo zunächst
nur Augensymptome vorherrschen: Gesichtsfeldbeschränkung, Augenmuskel-
stönmgen n. ä. in dem Grade, dass das Mädchen ihren Dienst als Tele-
phonistin aufgeben musste. Es zeigte sich dann bei der Rhinoscopia post.
als einziger Befand eine geringe Eiterabsonderung am Dach der rechten Choane.
Tüter Äthylcblorid wurde das hintere Drittel der rechten mittleren Muschel
abgetragen, mit einer abgebogenen Kürette die hinteren Ethmoidalzellen aus-
gekratzt, wenig Eiter, Keilbeinhöhle frei. Rasche Besserung.
In der Jahresversammlung der Brit. med. Association eröffinete Tilley
{62) mit einem Vortrag über Keilbeinhöhleneiterung eine längere Diskussion;
er selbst empfiehlt in unkomplizierten Fällen nach gehöriger Kokainisierung
in Chioroformäthemarkose die mittlere Muschel zu resezieren und dann breit
die fordere Keilbeinhöblenwand mit einem kräftigen gekrümmten Messer ab-
zutragen und ebenso auch die benachbarten Siebbeinzellen zu öffnen. (In
einem Falle musste zu Hammer und Meissel gegriffen werden.) Dabei wird
aber Tor Curetiieren des Sinus, besonders der oberen und Seitenwand als zu
gefahrlich gewarnt. Hinterher Tamponade, die auch die nächste Zeit noch
täglich erneuert wird.
Jahraebericht ftlr Chirurgie. II. Tai).
erletzungen und die chirurgischen Krankheiten-
Bsiehts, der Speicheldrüsen, des Mundes, der Zung^e,,
iaumens, der Gesichtsnerven, der Mandeln, der
Kiefer und der Zähne.
Referent: C. Partsch, Breslau.
Die mit * Tersehenen Arbeiten eind nicht referiert worden.
Erkrankungen des Gesichts.
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Partschy Die VerletzuDgen and Chirurg. Krankheiten des Gesichts etc. 411
Tanasesco (19) beschreibt ein drittes in der nasoorbitalen Falte ziehendes
Unskellager, das er als 3. Heber der Oberlippe oder tiefen Heber benennt.
L< entspringt von der aufsteigenden Partie des Oberkiefers, aus andern
«ekigen und maskulären Fasern und verteilt sich fächerförmig in der Ober-
tippe. Es wird vom N. facialis versorgt. Die meisten Anatomen haben es
v^^hon gesehen, aber als abnormes Bündel anderer Muskehi betrachtet.
Parsons (15) hat den Beziehungen zwischen den Kieferdifformitäten
oBd der Verlegung der Nase eine eingehendere Betrachtung gewidmet. Die
Obstruktion der Nase führt zu der als „adenoid facies^ bekannten Gesichts-
difformität. Das Gesicht ist lang, die Nasenspitze verbreitert und zusammen-
gedruckt, der Unterkiefer hängt herab, der Mund ist offen, der Kieferbogen
seitlich zusammengedrückt, der Gaumen hoch, die oberen Schneidezähne vor*
stehend, die Oberlippe von den Zähnen abstehend, der innere Augenwinkel
herabgezogen, die Augenbrauen gehoben, das Gesicht stupid, halb idiotisch.
Die Gamnendifformität wird von den Einen auf die Behinderung der Nasen-
atmung direkt, von den Andern auf die angeborene Schädelbildung zurückgeführt
und zwar meist mit den Dolichocephalen. Hoher Alveolarbogen ist meist
Terbüpft mit allgemeiner Schmalheit des Gesichts, Enge der Nase und der
()rbita. Mit der EInge ist verminderter Druck (?) in den Räumen des Ge-
^ichtsschädels verbunden und die dauernde Wirkung des stärkeren äusseren
Druckes formt den Oberkiefer um im Sinne der Dolichocephalie. Dass die
adenoiden Wucherungen nichts damit zu tun haben, lehren die Beobachtungen
Frankels, der sie ebenso häufig mit diesen Erscheinungen verknüpft fand
als ohne sie. Die Behauptung, dass die Wucherungen eine Hemmung des
Wachstums der Kiefer im Gefolge haben, ist nicht zutreffend. Letztere ist
durchaus nicht immer erweisbar. Es lässt sich auch physikalisch nicht be-
haupten, dass der Druck im Nasopharynx verändert sein müsse. Zuzugestehen
ist nur, dass die Blutversorgung der Gesichtsknochen bei der lymphatischen^
rachitischen Konstitution eine ungenügende sein kann. Man wird die Ver-
legung des Nasenweges physikalisch anders beurteilen müssen, wenn das
Hiudeniis vom und wenn dasselbe hinten liegt. Das charakteristischeste
Zeichen für die adenoiden Vegetationen scheint die Abflachung und Ver-
breiternng des Nasenrückens zu sein.
Bei vorderer Verlegung der Nase scheint, wie es Verf. durch ein Bei-
spiel belegt, ein besonders hoch gewölbter Gaumen, seitliche Kompression
desselben, V-form und offene Bucht zu entstehen. Die Entfernung der Vege-
tationen ist für die Verbesserung der Gesichtskorrektur von wesentlicher Be-
deutung.
Brown (1) sah ein 11 jähriges Kind, das mit 2 Jahren eine schwere
Verbrennung erlitten hatte, in sehr elendem Zustande. Die Hälfte alles dessen,
vas sie trank, floss aus dem Munde zurück, so dass sein Hals dauernd benetzt
var. Es ging dauernd mit vorwärts geneigtem Kopf. Zunächst wurde durch
einen Querschnitt von einem Kieferwinkel zum andern die Lippe gelöst und
der Kopf aufrecht gestellt und die dadurch entstandene Wundfläche mit zwei
m der Scholtergegend genommenen Hautlappen gedeckt. Die evertierte Lippe
^e aufwärts geführt und in den Defekt ein Oberarmlappen nach der
indi^ben Methode angelegt. Wertvoll erwies sich bei der Behandlung das
Kiod nach den Operationen die ersten 4 — 5 Tage in Ruhe zu halten durch
üeine Dosen von Opium und die Vornahme der Verbände unter Anästhesie.
412 JAhresbericbt fflr Chirurgie. II. Teil.
Die schwierige Ernähnmg wurde durch einen Schlauch bewerkstelligt. Der
Kopf wurde durch Sandsäcke immobilisiert.
Kaposi (9) beschreibt einen Fall schwerster Gesichtsverletzung, den
er bei einer 54jährigen Frau beobachtete, welche, auf einer Leiter stehend,
beim Abrutschen derselben sich so verletzte, dass sie sich mit dem Kinn in
den Leiterhaken festhakend den ganzen Unterkiefer mit der Gesichtsmaske
in einem Strich herabriss. Die Gesichtsmaske blieb am Haken hängen. Eine
weite Wundhöhle reichte von der schlitzförmig geöffneten Zungenmuskulatur,
den beiderseits abgerissenen Plicae epiglotticae , der eröffneten Kieferhöhle
bis an die Nasenwurzel. Die Behandlung erforderte recht viel Mühe; die
Ernährung konnte nur mit der Schlundsonde geschehen. Dann musste durch
Plastik aus der Schläfe das Ektropion vermieden werden; die starke
Speichelung wurde durch Exstirpation der Sublinguales und Submaxillares be-
kämpft. Die Ernährung erlernte die Patientin merkwürdig gut; ebenso das
Sprechen. Der Patientin wurde zum Schluss von Port eine gut vulka-
nisierte Gesichtsmaske, die mit einem Brillengestell an den Ohren zu tragen
war, gefertigt und damit der Patientin der Aufenthalt unter Menschen
möglich gemacht.
Watts (21) hat bei einem 15jährigen Knaben, dem die Unterlippe
zwei Tage vorher von einem Pony vollständig abgebissen worden war,
sodass selbst die Knochenhaut des Unterkiefers fehlte, bei der grossen Aus-
dehnung des Defekts denselben mit einem Lappen aus dem Arm zu decken
versucht. Ein 12 cm breiter, 18 cm langer Lappen des Haut- und Unter-
hantbindegewebes wurde mit Läppchen, die vom Schenkel genommen waren,
an seiner Unterfläche gedeckt, so dass er von beiden Seiten nun mit Haut
überkleidet war. Durch einen schweren Luftröhrenkatarrh musste die
2. Operation verschoben werden, wodurch aber der Lappen sich entsprechend
yerkürzte und zusammenzc^. Er wurde in die angefrischten Ränder der
Lippenwunde eingesetzt, der Arm dann mit einem Gipsverbande 3 Wochen
lang befestigt und abgetrennt und durch 2 spätere Operationen durch Um-
säumung mit Schleimhaut so weit zurecht gestutzt, dass ein gutes plastisches
Resultat zustande kam.
Rosenbach (17) erklärt die Malignität der Gesichtsfurunkel durch das
eigenartige anatomische Verhältnis der Gesichtsmuskeln zur Haut und zum
Unterhautbindegewebe, wodurch bei der Tätigkeit der Muskeln der Infektions-
stoff direkt in die Maschen der Nachbarschaft eingepumpt werde. Er will
durch die mikroskopische Untersuchung solcher malignen Furunkel den Effekt
der Einpressung in die Gewebsmaschen in Form eigentümlicher kokkenhaltiger
Eitergänge nachgewiesen haben. Er ist aus dem Grunde ein Verehrer der
rücksichtslosen, breitklaffenden Inzisionen, die nicht nur durch Entleerung
von Eiter und infektiöser Gewebsflüssigkeit wirken, sondern auch durch Um-
wandlung der negativen Chemotaxis in positive.
Donati (6). Nach Hinweis auf die verschiedenen angeborenen und er*
worbenen Makrochilieformen beschreibt Donati einen Fall, der unter d&a klini-
schen Gesichtspunkt vollkommen die erworbene Ijmphangiomatöse Makrochilie
vortäuschte, während die Volumenzunahme der Lippe ausschliesslich auf der
Anwesenheit multipler Adenome der Schleimdrüsen der Lippe beruhte. In der
Literatur sollen sich nur zwei derartige Fälle finden, die von Fränkel resp.
Eisendrath beschrieben worden sind.
Paria cb, Verletsnngeii und ekirnrg. Krankheiten des Gesichis etc. 413
Patient war ein 20 jähriger junger Bauer Yon blödsinnigem Aussehen.
Die Deformität datierte Yon dem 10. — 11. Lebensjahre her und bestand in
iiaer Vohimenzunahme der Oberlippe, die langsam und progressiv sich bis
zsr Bildang einer echten Uniormlicbkeit vollzogen hatte. Bei der Operation
und man, dass die Volumenzunahme auf der Anwesenheit zahlreicher, rund-
ficher, weicher Knötchen von verschiedenem Umfang von Stecknadelkopf- bis
za Erbsengrösse beruhte , die auf der tiefgelegenen Fläche der Schleimhaut
inseriert waren und so zusammengerückt, dass sie in ihrem Gesamtbild eine
leicht gewellte, sammetartige Fläche bildeten, während sie beim Auseinander-
spreizen der Wunde sich voneinander ausleifeln.
Mikroskopische Diagnose: multiple Adenome der Schleimdrüsen.
Bisher ist diese Form von Makrochilie nur bei jungen Leuten und dem
männlichen Geschlecht beobachtet worden. R. Giani.
Tuffier (20) bespricht die operative Entfernung der cirsoiden Aneu-
rysmen in der Gegend der Parotis ohne Läsion des M. facialis. Er sah
3 Fälle; einer betraf ein 2 jähriges Kind mit einem in der Tiefe der Parotis
ohne Mitbeteilignng der Haut sich entwickelnden nussgrossen pulsierenden
Tumor, der durch Kompression auf die Karotiden verschwand, sich durch
Dmck verkleinem liess, nirgends abei* ein Schwirren oder ein Geräusch ver-
riet Injektion mit Piazza scher Flüssigkeit war nutzlos, elektrolytische
Behandhmg in 3 Sitzungen brachte Heilang, da sie 10 Jahren nun besteht.
Der 2. Fall betraf ein 18 jähriges Mädchen mit einem roten Nävus,
der den ganzen Ausbreitungsbezirk der Carot. ext. betraf. Neben diesem die
rechte Gesichtsseite, Ohr, Schlund, Kiefer, Gaumen und Zunge einnehmenden
ingeborenen Veränderung, fand sich noch in der Tiefe ein nussgrosser be-
sonderer Tumor, deutlich pulsierend und Geräusch hervorrufend. Man konnte
durch die Haut hindurch die Pulsation wahrnehmen. Aus dem Munde waren
bereits Blutungen eingetreten. Tuffier stand von der gewünschten Unter-
bindung ab und machte Elektrolyse. Die Methode musste aber aufgegeben
werden, da sie kein Resultat zeitigte und eine leichte Fazialisparese hervor-
rief. Es wurde dann die Unterbindung der Gar. ext. mit Injektion einer
irregulären Flüssigkeit in Vorschlag gebracht. Nachdem man sich überzeugt».
dass die Ligatur die Pulsation aufhob, wurde in die mit einem Schlüssel
zusammengedrückte Geschwulst 6 Tropfen der Piazzaschen Flüssigkeit
.1 g Eisenchlorid (30^), Chlomatrium 1 g, destill. Wasser 4 g) mit vordringender
Einale eingespritzt. Die Kranke genas. Die Heilung war nach einem Jahr
noch ToUkommen, die Blutungen waren verschwunden.
Der 3. Fall bot einen pulsierenden, schwirrenden Tumor mit erweiterten
Karotiden; der 22jährige Mann hatte mit 17 Jahren an der Halsseite die
Geschwulst bemerkt; sie verwuchs mit der Umgebung. Auskultation liess
ein leichtes Blasen mit systolischer Verschärfung wahrnehmen.
Die Unterbindung der Gar. ext. wurde trotz der starken venösen Vas-
; UariaatioB vorgenommen, die Ligatur angelegt, nachdem man sich über-
I 2Mgt, dsis sie eine Unterbrechnng der Pulsation bewirkte und 7 — 8 Tropfoi
I Piazza sehe Flöflsigkeit injiziert. Die Pulsation hörte endgültig auf. Der
Kranke hatte aber epileptoforme Zufalle, wahrscheinlich von intrakraniellen
Enreitenmgen der Karotis, wie sie Tuffier bei der Trepanation eines
indem Kranken geeeben. Jedenfalls bleiben diese pulsierenden Tnmoren der
faiotisgegend schwer zu behandebi.
414 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Lucas Championniere sah nach der einfachen Ligatur allmählich
Resorption des Tumors und vollständige Heilung in 2 Jahren eintreten.
Poirier macht noch Mitteilung über Mangel der Drüsenkette der
Jugularis und das Vorkommen eines Varix arteriosus, der dem Stamm der
Carotis externa angehörte.
Schwartz bestätigt die endgültige Heilung des von Tuffier mit
Elektrolyse geheilten Falles.
Coenen (3) weist nach, dass die sogenannten Endotheliome des Ge-
sichts meist keine solchen sind, sondern sich bei genauerer Untersuchung als
Basalzellenkrebs, Adenokarzinome und Trichoepitheliome herausstellen.
Dawbarn (4) musste bei einem 55jährigen Manne ein ausgedehntes
Karzinom der Unterlippe entfernen. Die ganze Lippe war infiltriert und
die Induration ging noch beinahe 1 cm über jeden Mundwinkel hinaus. Er
hat den Defekt nach der von Dowd angegebenen Modifikation der Mal-
gaigne sehen Plastik mit gutem Erfolge geschlossen.
Alessandri (22) legt die verschiedenen für den Ersatz der Substanz-
Yerluste der Wange ausgedachten Plastikverfahren dar, sei es, dass die-
selben nur die Schleimhaut oder die ganze Dicke der Wange selbst inter-
essieren.
Kr weist darauf hin, dass die meisten derselben von schwieriger Aus
führbarkeit und zweifelhaftem Ausgang sind, und hebt die Mängel der Ver-
fahren von Esmarch und Rizzoli hervor, welche in Fällen von narbiger
Klemme zur Kesektion der Kinnlade griffen. Im Anschluss daran beschreibt
er sein neues Verfahren der Autoplastik, das von ihm in zwei Fällen von
narbiger Kieferklemme nach Stomatitis ulcero-gangraenosa angewandt wurde
und von deniBn er die Krankengeschichte mitteilt und die Photographie bringt.
Der postoperative Erfolg war vorzüglich und ein dauernder. Professor Ales-
sandri umschneidet auf der seitlichen Halsregion einen länglichen viereckigen
Lappen, mit der Basis nach oben, 2 cm oberhalb des unteren Randes des
Unterkiefers und zu dieser parallel. Der 6 cm lange Lappen wird von der
Unterlage bis an die Basis, welche in der Höhe des unteren Gingivalfornix
liegt, abpräpariert: in dieser Höhe macht Verf. einen transversalen Einschnitt
der Wangenweichteile durch die ganze Dicke. Durch diese Spalte zieht er
•den Lappen in die Mundhöhle, derart, dass die Handfläche des Lappens nach
der Mundhöhle hin gerichtet ist. Der obere Rand des Lappens wird mit der
Schleimhaut des oberen Gingivalfornix vernäht: die hintere Ecke des oberen
Lappenrandes kann von dem Munde aus nicht vernäht werden, weshalb ihn
Verf. mit Nähstichen fixiert, die durch die ganze Dicke der Wange hindurch-
•gehen und aussen auf der Haut verknüpft werden.
Der Substanzverlust des Halses wird primär durch Verschiebung eines
zweiten unmittelbar unter dem ersteren ümschnittenen Lappens mit unterer
Basis gedeckt.
Nach 10 Tagen wird der Stiel des ersten Lappens durchschnitten und
der untere Rand desselben mit der Schleimhaut des unteren Zahnfleisches
•vernäht, wodurch der untere Gingivalfornix wieder hergestellt wird. Dieses
Verfahret! setzt die Verunstaltung des Gesichts auf ein Minimum herab,
da sich die zurückbleibende Quernarbe unter dem unteren Rande des Unter-
kiefers verbergen lässt) sobald die Basis des Lappens weiter nach unten ver-
legt wird. 1 . -.
Partsch, Yerletzangen und chirarg. Krankheiten des Gesichts etc. 415
Die Einbeilung ist sicher, während dieselbe in Anbetracht der narbigen
Nätor der blutigen Oberfläche bei der Kieferklemme nicht ebenso sicher
väre mit den auf der Brust resp. auf der Regio snpraclavia umschnittenen
Lappen von Irael-Hahn. Die Anfrischung der narbigen Fläche wird von
dem Mondinnem aus vorgenommen; es wird demnach in dem Falle von Ver-
letzoug des Stenonschen Ganges die Bildung einer mit der Haut kommuni-
aerenden Speichelfistel vermieden.
Man kann gegen dieses Verfahren den durch die Möglichkeit, Haare
auf dem Lappen zu haben, gegebenen Übelstand geltend machen. Neben der
bekannten Tatsache jedoch, dass die in die Mundhöhle verbrachte Haut die
Hornschicht verliert und die Eigenschaften der Schleimhaut annimmt, hat
Verf. bei einem seiner Operierten (einem 19 jährigen Manne) 11 Monate nach
der Operation den Lappen gänzlich haarlos gefunden, während deren zahllose
auf der Wange wuchsen. R. Giani.
Crosti (23) nahm bei einem 61 jährigen Individuum, das mit schwerer,
jeder Behandlang trotzender Neuralgie des rechtsseitigen N. maxillaris superior
behaftet war, die Resektion des zweiten Schenkels des Trigeminus
Tor und erzielte vollkommene und dauernde Heilung. Er griff den Nerven
von der Fossa pterygo-maxillaris aus nach dem Verfahren von Segond an
and resezierte den ganzen zwischen seinem Hervortreten am Foramen
iLagnnm rotundum und seinen letzten Teilungen unter dem infraorbitalen
Loch begriffenen Abschnitt. R. Giani.
Delfino (24) beschreibt einen interessanten von ihm operierten Fall
TOD angeborener Makroglossie neurofibromatöser Natur. Es handelte sich
um ein 3 jähriges Mädchen, das seit Geburt eine beträchtliche Verdickung
der linken Zungenhälfte gezeigt hatte. In den letzten Jahren war die Ver-
dickung rasch gewachsen, derart, dass dadurch dauerndes Hervortreten des
OrgaDS um ein Stück von ca. 2 cm erzeugt wurde. Li der hypertrophischen
Hälfte hatte die Zunge eine unregelmässige, von seichten Furchen durch-
z(^ne Oberfläche; die rauhe und körnige rudimentäre Dorsalschleimhaut war
mit hypertrophischen Papillen besät. Die Konsistenz des verdickten Teiles
war etwas härter, besonders gegen die Spitze; die Bewegungen des Organs
normal; der spezifische Geschmackssinn in dem hypertrophischen Teil erhalten.
Im übrigen Teil des Organismus zeigte Patientin sonst nichts Bemerkens-
wertes: vollständige Abwesenheit von Hautfibromen, von Pigmentflecken, von
fohlbaren Knoten längs des Verlaufs der oberflächlichen Nerven.
Es wurde die Resektion des verdickten Stückes ausgeführt: der Opera-
tionsakt hatte einen vorzüglichen Ausgang, da sich das Organ nach ungefähr
einem Jahre bei dem Volumen erhalten hat, auf das es durch die Ope-
ration reduziert wurde , und die Sjprache eine bemerkenswerte Besserung er-
fahren hat.
Im Anschluss beschreibt Verf. eingehend den mikroskopischen Befund
des abgetragenen Zungenstückes. Das gesamte Zungenstroma war einge-
nommen durch eine äusserst grosse Zahl von knotenartigen Bildungen von
verschiedener Form und Grösse von 40 Mikron bis zu V« Millimeter, welche
überall, zwischen den Muskelbündeln , den Lappen der Drüsen und der der
vorderen Gruppe (Nuhn sehe Drüse) infiltriert waren. Die Knötcheö inva-
dierten die Dermaschicht der Dorsaloberfläche, indem sie sich sogair in die
%ertrophisehen Papillen einschoben, die in diesem Schnitt angetroffen werden;
416
Jahresbericht für Chirargie. II* Teil.
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Weitere äusserst zahlreiche Knötchen wurden in der Subdermabchicht der
unteren Zungenfläcfae angetroffen.
An keiner Stelle zeigte das ünterschleimhautbindegewebe dilatierte
Ljmpbgefasse oder ersichtliche Lymphlakunen: die Blutgefässe hatten weder
in der Zahl noch in der Grösse eine Zunahme erfahren.
Die Struktur dieser knotenartigen Bildungen erschien höchst interessant :
sie bestanden aus einer Bindegewebskapsel mit konzentrischen Bündeln, welche
ein schlaffes, aus dünnen Fäserchen mit spärlichen ovalen Kernen gebildetes
Bindegewebe enthielten. Durch Verflechten untereinander bildeten diese
Fäserchen inhaltslose, nicht durch endotheliale Elemente ausgekleidete Rämne.
Im Zentrum des Knötchens befand sich eine Zone von kompaktem Binde-
gewebe, welches ein Bündel von Medullamervenfasem umgab, deren Zahl bei
den grösseren Knötchen von 2 bis 10, 20 und mehr schwankte. Das bald in
der Mitte des Knötchens, bald exzentrisch gelegene Nervenfaserbündel durch-
zog das Knötchen von einem Ende zum anderen: an einigen Präparaten sab
man deutlich den Zusammenhang des schlaffen Bindegewebes des Knötchens
mit der die Nervenfasern umgebenden Bindegewebsscheide ; das interfibrilläre
Bindegewebe schien an der Neubildung keinen Anteil zu nehmen. Die Nerven-
fasern zeigten keinerlei Anzeichen von Degeneration. An den Serienschnitten
wurden einige Nervenbündelchen ohne irgend welches Anzeichen von fibro-
matöser Neubildung angetroffen; doch war der Verlauf dieser Bündel ein sehr
kurzer. In der Tat teilten sich dieselben bald weiter und eine jede der Ver-
zweigungen gab zu zahlreichen Neubildungen Veranlassung, die sich gleich
den Knoten eines Rosenkranzes bis zu den letzten in den Zungenpapillen be-
stehenden Nervenverästelungen folgten. Verf. hat weiter wahrgenommen, dass
die in den verschiedenen Schnitten des kranken Teiles der Zunge angetrof-
fenen Nervenstämme bedeutend kleiner waren als die in analogen Schnitten
normaler Zungen beobachteten. Er sieht diese Erscheinung als mit einer
primären und anormalen Weiterteilung der Nervenstämme in Zusammenhang
stehend an. Die oben beschriebenen Neurofibrome nahmen alle Stellen der
untersuchten Masse ein; ja in einigen Strecken bestand nur eine reichliche
Knotenbildung, in der die Knötchen durch spärliches Bindegewebe getrennt
waren, ohne eine Spur von Lymphlakunen oder Gefässektasien und mit einigen
seltenen Muskelfasern. Die durch Neurofibrome platt gedrückten oder dis-
soziierten Muskelbündel der Zunge zeigten keine bedeutenden Alterationen.
Die Speicheldrüsen der Zunge waren normal.
Zum Schlüsse hebt Verf. die äusserste Seltenheit seines Falles hervor,
unter Anführung des einzigen aus der Literatur, der mit demselben einige
Ähnlichkeit hätte und von Abbot und Schaltock (Annais of Surgery 1903,
Nr. 3) mitgeteilt wurde. K Giani.
S. Pusateri (25). Es handelt sich um einen 48jährigen Mann, der
im Februar 1904 in die Klinik für Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten
zu Turin eintrat und über Schwierigkeiten beim Schlucken klagte. Es war
zu bemerken, dass die linke Tonsille halbmandarinengross war und eine
Anschwellung der Halsknoten bestand. Nach SteUung der Diagnose auf pri-
märes Sarkom der Tonsille, wurde zur Behandlung mit X-Strahlen geschritten
und Patient nach ungefähr zwei Monaten klinisch gebeilt entlassen; nach
einigen Tagen aber kam er mit einer Anschwellung der rechtMi TonaiUe und
der Halsknoten der gleichen Seite wieder, weshalb er wieder in Behandlung
genommen wurde, bis er nach ungefähr 1^/t Monat das Spital fireiwiUig fast
Partscb, Verletzangen und chirurg. Eranklieiten des Geeiehts eto. 417
gdieilt TerKess, indem nur eine haselnussgrosse Drüse an dem Winkel des
rechten Kiefers znrückblieb. Zwei Monate später jedoch wuchs diese kleine
Anschwellung mehr nnd mehr an und verbreitete sich über den ganzen Hals;
nach drei Monaten kam er zum dritten Male in Behandlung, doch ohne
Erfolg, da die Geschwulst rasch an Grösse zunahm und den Nacken und die
rechte Schulter invadierte, so dass Patient im März 1905, 13 Monate nach
Beginn des Leidens, an langsamer Asphyxie zugrunde ging.
Bei der Sektion beobachtete man beträchtliche Anschwellung des
Halses, die sich auf den Nacken, den oberen Brustteil und die rechte Schulter-
blattgegend erstreckte. Beim Schnitt erschien die neuplastische Masse fleischig,
Ton zmo grössten Teil fibröser Konsistenz und bildete mit fast allen Muskeln
des Halses eine einzige Masse. Es bestanden grosse Drüsenpäcke von der
Geschwulstmasse ähnlichem Aussehen an den Achselhöhlen und metastatische
Knoten an den beiden Schilddrüsenlappen, am Epi-, Meso- und Endokardium,
an der vorderen Leberfläche, an der kleinen Krümmung des Magens. Die
Tonsillen von atrophischem Aussehen.
Die mikroskopische Untersuchung der Geschwulstmasse und der
metastatifichen Knoten zeigte, dass es sich um ein Lymphosarkom handelte:
bei der Untersuchung der Tonsillen erkannte man, dass das Bekleidungs-
epitbel intakt war, und von dem lymphoiden Gewebe nichts weiter übrig blieb,
als einige äusserst kleine Inseln, während alles Übrige in Bindegewebe umge-
wandelt war, teils in Hyalindegeneration, teils in fibröser Sklerose und durch-
furcht von Gefassen, die von einem produktiven Prozess ergriffen waren, durch
den die meisten schon obliteriert waren.
Der Fall zeigt, dass diese Art von Behandlung hat wirksam sein können
durch Heilung des Tumors an oberflächlichen Stellen (Tonsillen) und wirkungs-
los bei den tiefgelegenen Metastasen (Halsknoten).
Mores tin (13) beschreibt 2 Fälle eines ausgedehnten Wangenkarzinoms,
beseitigt mit Besektion des Unterkiefers und Autoplastik in verschiedenen
Zeiten. Bei einer 38 jährigen Frau bestand von einem Geschwür der Schleim-
haut ausgehend ein seit 2 Jahren sich entwickelnder Defekt, der mit
Röntgenstrahlen behandelt sich sichtlich vergrösserte durch Abstossen umfang-
reicher Schorfe. Aber in einem Wochenbett trat Rezidiv ein. Bei ihrer
Aaihahme war die Wange beinahe vollkommen zerstört; so dass nur eine
schmale Brücke noch von Zahnfleisch zu Zahnfleisch reicht. Drüsen waren
nicht vorhanden. Es werden bei der Operation entfernt ein Drittel der
Oberlippe, die Hälfte der Unterlippe, die Gesichtshaut bis zum Kieferwinkel,
der Unterkiefer vom seitlichen Schneidezahn, der Oberkiefer in seiner
rechten Hälfte. Tamponade stillt die Blutung; der Ersatz wird verschoben.
Die anfangs sehr grosse Wundhöhle verkleinert sich bei gutem Allgemeinbe-
finden zusehends. Dann wird allmählich durch Plastik die Wiederherstellung
normaler Verhältnisse versucht. Zuerst wird durch Ablösen der vorhandenen
Lippenreste nnd entsprechende Verziehung ein neuer Mund gebildet. Durch
Kantocheiloplastik werden die beiden Lippen verbunden; dann durch Ver-
ziehung der Schleimhaut des Mundbodens die Wangenschleimhaut hergestellt
und mit einem Halslappen gedeckt.
Die Kranke wurde wieder arbeitsfähig.
Beim 2. Fall, einen 45jährigen Obsthändler betreffend, war die Lage
noch sdilechter. Er war schon operiert ; aber trotzdem Rezidiv ; die Gegend
bis zum Os hyoides war auch bereits ergriffen, der Tumor in den Unter-
Ar Caiinurgi« 1M5. 27
418 Jahresbericht für Chirurgie. IL TeiL
kiefer vorgedrungen. Die Geschwulst stand an der Grenze der Operabilität.
Es werden fortgenommen die Wange, mehr als ^/s der Ober- und Unterlippe,
die Speicheldrüse mit den Lymphknoten, der grösste Teil des Unterkiefers.
Primär wird kein Versuch zur Deckung gemacht, da der Blutverlust sehr
gross war; energische Tamponade und Dauerpinzetten zur Biatstillung.
300 g Serum. Die Wunde granuliert gut, so dass man an plastische Deckung
denken muss. Lippenrest und Wange werden mobilisiert. Ein grosser Teil
der Oberlippe kann zur Wangenbildung verwandt werden. Aus der Mund-
boden- und Zungenschleimhaut wird die Wange gebildet und die nach aussen
gerichtete Wundfiäche mit einem Halslappen gedeckt, dann durch Yerziehung
der Unterlippe der Mund hergestellt. Das Endresultat war ein recht zu-
friedenstellendes. Die Resektion des Kiefers ist daher ein Erfordernis. Lippe,
anderseitige Wange und Mundboden müssen zum Schluss der neuen Mund-
höhle herhalten.
Morestin (12) gibt die Krankheitsgeschichte eines Mannes, bei dem
auf einer Narbe nach einer in der Kindheit erlittenen Verbrennung seit
2 Jahren ein rapid wachsendes, von der Schläfe bis zur Mitte der Wange
und bis zum Kieferwinkel reichendes Karzinom entstanden ist und bereits
zu einer Kieferklemme geführt hat. Morestin machte den Versuch einer
Exstirpation , musste aber wegen des Blutverlustes und grossen Schwäche
aufhören und konnte erst 5 Tage später eine Deckung des Defekts mit einem
Halslappen vornehmen. Der weiteren Heilung kam ein Rezidiv znvor, das auf
der wunden Fläche aufschoss. Dieses wurde nochmals operativ in Angriff
genommen und dabei das Kiefergelenk, das Jochbein, ein Teil des aufsteigen-
den Kieferrestes weggenommen. Trotzdem anfangs Heilung einzutreten schien,
trat an der Orbita ein Rezidiv auf, welches ihn dahin gerafft hat. Auf-
fälligerweise trat trotz des epithelialen Karzinoms mit Homkugeln keine
Drüsenschwellung ein. Diese Narbenkarzinome sind nicht ganz selten.
Stegmann (18) stellt einen mit Vaselininjektionen bebandelten Fall
von Atrophia facialis bilateralis vor. Es kamen nur Injektionen von Unguentum
Paraffini und Ölvaselin, 1 Teil Vaselin und 4 Teile Öl zur Verwendung.
Nach Resorption des Öles bleibt das Vaselin zerstreut liegen und erzeugt ein
neues, der Konsistenz des Fettgewebes sehr nahe kommendes Gewebe. Hart-
paraffin sollte gar nicht mehr Verwendung finden. Die Venenpunktion wird
durch Aspirieren des Spritzenstempels festgestellt. Der Fall war erheblich
gebessert.
Erkrankungen der Gesichtsnerven.
1. Buk, Ad Fazialislähmung. The Edinburgh med. journ. 1905. Febr. p. 220.
2. CushingyHarvey, The surgical Aspects of Major Neuralgia of the Trigeminal Nerve.
The Journal of the Araer. Med. Aas. March 11., 18. and 25., April 1. and 8. 1905.
3. '^Langdow, Doppelseitige Fazialislähraang. Journ. of Amer. Ass. Nr. 3.
4. *Munch, The surgical treatment of facial paralysis. The Med. Press 18. I. 1905.
5. Potherat, N^vralgie faciale etc. Bull, et m^m. de la soc. de Ghir. de Paris 1905.
Nr. 8. p, 227.
6. Rouville, Növralgie du nerf maxillaire inför. Bull, et m^m. de la soc. de Chir. de
Paris 1905. Nr. 9.
7. Wolf 1er, Über die Naht des N. hypoglossus. Bruns Beitr. 45, 2.
Blik (1) in Baltimore hat 1902 schon auf die ätiologische Bedeutung
der einfachen Otitis media auf das Zustandekommen einer Fazialisparese hin-
gewiesen. Er behauptet, dass in der Mehrzahl der Fälle von sogenannter
Part seh, Yerletzangen nnd chirorg. Krankheitea des Gesichts etc. 419
rheumatischer Fazialislähmnng eine akute oder subakute Otitis bei der soge-
nannten Erkältung eine Rolle spiele. Er sah vier Fälle hintereinander, in
denen er eine massige Entzündung des Mittelohres kurz vor dem Eintritt
der Fazialislähmung beobachtete. Die Entleerung des Exsudates führte in
kurzem Heilung der Parese herbei.
Neuerdings konnte Buk dasselbe bestätigen. Von 12 Fällen rheumati-
scher Parese gab keiner der Kranken irgend etwas über das Ohr an. Aber
in zehn derselben konnte festgestellt werden, dass das Ohr irgend eine Er-
scheinung bot, ehe die Lähmung eingetreten war. In allen Fällen bestand
tatsachlich Mittelohrentzündung in geringem Grade und oft ohne Behandlung
ausheilend. Die starken Erscheinungen der Gesichtslähmung dominierten
über die geringen Ohrbeschwerden. Gegenreize am Wangenfortsatz und Jod-
kalinm sind die besten Mittel. Auch die Parazentese kommt in Frage.
Richard (6) bespricht einen von Gervais de Rouville operierten
Fall einer 3 Jahre lang bestehenden Gesichtsneuralgie, welche nach dem
Segond sehen Verfahren operiert und noch nach 7 Jahren als gesund be-
funden wurde. Er betraf einen 61 jährigen Gutsbesitzer, der, abgesehen von
einigen Anfällen von Ischias, gesund geblieben war. Seit 3 Jahren hatten
sich Schmerzen in den Zähnen des rechten Oberkiefers eingestellt. Die Zähne
wurden allmählich sämtlich gezogen bis auf den Eckzahn, ohne dass dadurch
Erleichterung eintrat. Er magerte ab, schlief nicht mehr und drängte zur
Operation. Ein Druckpunkt am For. infraorbitale war nicht vorhanden, viel-
mehr empfand Pat. bei Druck eine gewisse Erleichterung. Druck auf die
Oberlieferschleimhaut löste den Anfall aus. Zuerst wurde die Glättung des
Oberkiefers nach Jarre ausgeführt, ohne jeden Erfolg. Es wurde die typische
Operation nach Lossen-Braun gemacht, die Blutung war gering; trotzdem
konnte der Nerv nicht gesehen werden. Ausser zwei Stichkanaleitenmgen
verlief die Heilung glatt. Nach vier Jahren war die Heilung noch vollkommen
gut und ist es noch bis heute geblieben.
Potherat (5) hat nach Lossen-Braun-S6gond zehn Fälle von
Gesichtsneuralgie operiert, und zwar nach dem Vorgange Poiriers von
einem kleinen Schnitt aus, der L-förmig, mit seinem langen Teil parallel
dem oberen Rand des Jochbogens, dem kürzern vertikal an der äusseren
Orbita geführt wird, und der nach der Operation so genau vereinigt wird,
dass man so gut wie keine Spuren von ihm sieht. Auch auf die Durch-
schneidung des Jochbogens wird besonderer Wert gelegt. Der Nerv wird
erst durchtrennt, wenn er am For. rotundum sichtbar geworden ist. Das
umgebende Gewebe der Flügelgaumengrube lässt sich so bei Seite ziehen,
dass er unschwer zu Gesicht kommt. Bei der Frau liegt der Nerv dicht
am Ursprung des Pteryg. externus, beim Manne an der vorderen Partie des
Kammes, welcher die untere von der äusseren Furche des grossen Keilbein-
flügels trennt. Manchmal muss das Tuberculum pterygoideum abgemeisselt
werden. Der Durchschnitt des Nerven dicht am Ganglion reicht aus, es
bedarf einer besonderen Zerstörung des M eck eischen Ganglions nicht.
Nach der Zusammenstellung Janviers kamen auf 51 Fälle 41 Heilungen,
10 Rezidive, Von seinen 10 Fällen sind von 7 Nachrichten zu erhalten ge-
wesen. Keiner hat ein Rezidiv nach 2 — 3 Monaten bekommen. Er empfiehlt
daher die Operation sehr.
Guinard verteidigt sich, dass er in seinem Falle hufeisenförmig
geschnitten hat; es wurde gleichzeitig der Mandibularis nicht entfernt. Den
27*
420 Jahresbericht fOr Chirargie. IL Teil
Schnitt dnrch Jochbein und seinen Fortsatz führt er so ans, dass eine £röff-
nnng des Antmms yermieden wird. Wenn er einen grösseren Schnitt emp-
fehle, so soll damit nicht ein übermässiger gemeint sein. Potherat er*
widert, dass die Vermeidung der Kieferhöhle zn einem höheren Schrägschnitt
zwingt. Anatomisch müsse die Abtragung des Nerven dicht am Ganglion
genügen.
Cnshing (2) berichtet über 20 Fälle von Exstirpation des Granglion
Gasseri. In zwei von diesen Fällen gelang es, nur die unteren zwei Drittel
des Ganglion zu entfernen. In diesen beiden war der Erfolg kein ganz voll-
ständiger, während bei allen übrigen eine absolute Heilung erzielt wurde.
Dass die Trennung der sensiblen Wurzel allein dauernde Heilung bringt, ist
bisher noch zweifelhaft. Der grösste Vorzug dieses letzteren Verfahrens wärde
die Erhaltung der motorischen Funktion der Kaumuskeln sein. Die Mortali-
tät der von Cushing gemachten vollständigen Ganglionexstirpationen be-
trägt 5^/o. Ein Patient starb auf dem Tisch, Den Arcus zjgomaticus ent-
fernt Cushing immer, weil seine Erhaltung später die durch Muskelatrophie
bedingte Deformität grösser erscheinen lässt. Der Schädel wird in möglichst
geringer Ausdehnung geöffnet, so dass die Meningea media fast immer ge-
schont wird. Der Rand eines kleinen Loches gibt ausserdem einen guten
Stützpunkt beim Loshebeln des Ganglion. Cushing steht am Kopfende des
Kranken und hält selbst den Spatel zum Hochheben des Temporallappens.
Ein Assistent hält immer einen kleinen Tampon bereit, um bei Blutung tem-
porär zu tamponieren. Adrenalin und Karotisunterbindung ist gegen diese
venösen Blutungen ganz zwecklos. Manchmal stillt etwas Bewegen oder eine
Lageveränderung des Kranken die venöse Blutung. Drainage ist nur bei
stark blutenden Fällen nötig. Während der Narkose lässt Cushing jetzt
immer Blutdrucksmessungen mit dem Riva-Rocci- Apparat anstellen. Ein
Kranker, bei dem Sinken des Blutdruckes nicht beachtet wurde, starb auf
dem Tisch. Ein Fallen des Blutdruckes tritt immer gleich nach Entfernung
des Ganglion ein, was mehr auf den gleichzeitig aufhörenden Druck auf den
I Temporallappen zu schieben ist, als auf das Ausdrehen des Ganglion. Vor-
i herige Kokainisierang des Ganglion scheint zwecklos zu sein. Einmal wurde
j beim Herausdrehen des Ganglion der Sinus venosus angerissen, wahrschein-
lich weil ein Stückchen Dura mitgefasst war. Die Blutung stand leicht auf
Tamponade. Die Entfernung des Tampons gelang erst, nachdem der Sinus
I : anscheinend thrombosiert war, was sich durch Exophthalmus und Retinal-
blutung ankündigte. Das Auge musste enukleiert werden. Das Auge ist nach
i j jeder Operation für 10 Tage oder länger durch Bedecken mit einem Uhrglas
[ zu schützen. So lassen sich Komeaschädigungen fast immer vermeiden.
Augenmuskellähmungen sind häufig, gehen aber immer zurück. Die der voll-
ständigen Exstirpation des Ganglion folgenden sensiblen und motorischen
Störungen sind sehr eingehend beschrieben. Verf. beklagt, dass dieses, seit
Krauses erster Arbeit über den Gegenstand, von allen späteren Autoren
unterlassen worden ist. Eine genaue mikroskopische Untersuchung der von
Cushing exstirpierten Ganglia hat in Übereinstimmung mit früheren Beob-
achtern ergeben, dass pathologische Veränderungen nur in den Präparaten
nachgewiesen wurden, bei denen Nervenresektionen der Entfernung des Ganglion
vorausgegangen waren. Maass (New-York).
Wolf 1er (7) sah bei einem 38jährigen Manne, der sich im Irrsinne
eine Halsverletzung beigebracht hatte, eine Lähmung der rechten Zungen-
\ . U :
.••.I
Part seh, Yerletsaogen und Chirurg. Krankheiiien des Odsichts etc. 421
hälft« durch Verletzung des rechten N. hypoglossns. Es wurde die alte Narbe
«xzidiert, der zentrale Stumpf in demselben Yorgefhnden, das periphere Ende
erst nach I&ngerem Suchen tief in der Narbe gefunden. Beide Nervenenden
Verden durch drei Nähte vereinigt. Die Muskulatur der rechten Zungen-
hilfte besserte sich nach einem halben Jahre, damit Bewegungen und Sprache.
Die Wiederherstellung der Erregbarkeit ist noch nicht erfolgt, es ist aber
keine Entartongsreaktion eingetreten. Sensibilität und Geschmack unter-
^heidet sich gegenüber der gesunden Seite nicht.
Angeborene Missbildungen.
1. Bayer, Lippenkompreesion zur unblutigen Operation der flasenscharte. Zentralbl. f.
Chir. Nr. 32.
1 Barr j, On 67 caeee of congenital cleft palate. Brit med. Joum. 1905. Oct 7. p. 853.
3. *Broea, La technique etc. de la palatoplastie. Revue d'orthop. 1905. Nr. 1.
4. 'Brown, y. J., A syatem for tfae surgical correction of hareiip and cleft palate. The
joum. of the Amer. Ifed. Ass. 1905. Maroh 18.
b. *Danham, Retention method after hareiip Operation. Ann. of surg. 1905. Oot. Nr. 4.
p. 593.
6. *£lirBiann, De Tinfloence de certaines maladies intercnmntes snr la marehe des
palitoplastiea. Bull, de l'acad. de m6d. 1905. 11 Juül.
I. Kirehmayr, Ein Beitrag zu den G^ichtsmiasbildungen. Deutsche Zeitschrift für
Cbir. 81, 1.
8. Küster. Komplizierte Hasenscharte. Zentralbl. f. Chir. Nr. 27.
1 Owen, Remarks on cleft-palate Operation- wounds healing bj second Intention. Brit
med. Journal 1905. Nr. 2321. June 24.
10. Stoker , On Operation for closure of cleft palate in infants. Brit med. Joum. 24. VL 1905.
II. Thellnng, Eong. behaarter Rachenpolyp. Zeitschr. f. Chir. Bd. 78.
12. *Wollcombe, Mandibular processes associated with double hareiip. The Lauert
11. IL 1905.
Kirchmayr (7) beschreibt eine seltene ßesichtsmissbildung eines vier
Monate alten Mädchens. Die linke Hälfte der Oberlippe zeigt im Filtrum
eine die ganze Höhe durchziehende, 2,2 cm breite Spalte, die noch durch den
harten und weichen Gaumen hindurchzieht. Der linke Nasenflügel ist breit
gezogen. Tränenröhrchen und -Kanüle intakt, Iris linkerseits ein Kolobom,
und ein in den Sehnerven reichendes Choroidealkolobom.
Am Augenhöhlendach sitzt senkrecht oberhalb des inneren Winkels ein
2.2 cm langes, rüsselförmiges Gebilde, am Ansatz 0,6 ccm, in der Mitte 0,9 cm,
an seinem Ende 0,9 — 1,2 cm breit. Auf dem Gebilde sitzen kleine WoU-
härchen, einzelne Falten, und am unteren Ende eine grubige Einziehung. Es
ist pendnlierend, an der Basis knorpelig, sondierbar. Bei Druck auf den
Rüssel entleert sich klare, salzig schmeckende, fadenziehende Flüssigkeit. Beim
Schreien verkürzt sich der Rüssel. Im Röntgenbilde zeigte sich ein langer
Spalt zwischen dem Nasenbein und dem Nasenfortsatz des Oberkiefers.
Ein ähnlicher Fall ist yon Selenkoff und von Landow beschrieben.
Zu erklären sind diese Missbildungen durch eine im Gebiete der genannten
Spalte angreifende, vorübergehende, leicht örtlich, beschränkte Schädigung,
die in den ersten Entwickelungswochen eingesetzt haben muss.
Thellnng (11) sah bei einem mit der Zange zur Welt gebrachten
Kinde, dessen Mutter in der fünften Woche der Gravidität gefallen war,
einen vor dem Munde hervorragenden Tumor, apfelgross, wie von Haut über-
zogen, mit einer Anzahl feiner Haare besetzt. Der Stiel, aus zarter, lippenrot-
Ucher Haut gebildet, geht allmählich in Schleimhaut über. Die Oberlippe
422 Jabreebericht fDr Chirurgie. II. Teil.
ist eingekerbt. Der Gäumeo median gespalten; der Stiel reicht durch die
palte bis an die hintere Rachenwand. Der Tnmor vird unter heftiger B)u-
ing ans dem Stiel entfernt. Er besteht ans Bindegewebe mit behaarter
!utis. Der Stiel kugelig knöchern. Verf. stellt 26 Fälle aus der Literatur
isammen.
Bayer (1) empäehtt zur Vermeidung der Blutung bei Hasenscbart-
perationea ein schon seit 15 Jahren benutztes Instrument. Er hält die un-
lutige Durchführung nicht nur der sauberen Arbeit wegen erwünscht, son-
em auch zur Abwendung und Verhütung direkter Gefahr für das Kind
eboten. Zwei gleiche parallel laufende Branchen sind an dem einen Ende
urch zwei FührungBstäbe und eine Schraube verbunden. Die freien Enden
nd gerieft. An dem freien Ende der auf die Schleimhautseite kommendeD
ranchen trägt einen scharfen kurzen Stift, der die Schleimhaut durchspiesst.
Dieses Kompressorium stört bei der Operation nicht, sondern dient
elmehr als bequeme Handhabe zum Umklappen und Verziehen der Lippenteile.
Küster (8j schlägt vor, die Blutung ans den Lippenästen, die man
slang durch Digitalkompressiou stillte, durch zwei Seidenligaturen, die in
IT Nähe der Mundwinkel durch die ganze Dicke der Wange geführt werden.
1 verhindern. Es dienen <Hese Seidcnzüge auch als Handhaben für das
usschneiden und Wundmachen der Lippen. Femer schlägt er vor, bei der
erbreiterung und AbSachung des Nasenflügels das Nasenloch in der Weise
1 bilden, dass die Ablösung des Nasenflügels durch einen Schnitt erfolgt, der
2h bis an den lateralen Spaltrand mit Bildung eines schmalen, aber derben
ippens fortsetzt. Dieser Zipfel wird nach der medialen Seite des Nasen-
cbs hinübergezogen und damit eine vollkommene Rundung des Nasenloches
xeicht. Der infolge der Verziehnng der Wandung des Nasenloches zurück-
eibende Spalt wird nicht von rechts nach links, sondern von unten nach
)eii geschlossen. Der kosmetische Erfolg ist sehr zufriedenstellend.
Berry (2) berichtet über 67 Fälle von Uranoplastik, die er alle nach
irselben Methode ausgeführt bat. Er ist kein Anhänger der Frühoperation,
mdern nimmt sie nicht vor dem 23. oder 24. Lebensmonat vor. Nur bei
blecht genährten Kindern mit sehr dünner Schleimhaut rät er bis zum
Jahr, aber nicht länger zu warten. In 43 Fällen hat er nach dem 4. Jabr
terieren müssen, namentlich bei Fällen, die früher schon anderwärts operiert
srden waren, oder bei denen durch Arzte oder Dentisten abzuwarten ge-
ten worden war. Berry hat selbst bei grosser Spalte und wenig ver-
irechenden Fällen unter 20 Jahr die Operation abgelehnt, und niemals anter
) Jahren zur Anlegung einer Prothese geraten. Er ist der alten Methode
ifolgt mit kleinen Abweichungen in der Technik. Zwei Funkte sind für das
BÜngen der Operation von Bedeutung. Zunächst muss der weiche Gaumen
Jlkommen von den hinteren Rändern der Ganmenknochen abgelöst sein;
nst stösst die Annäherung der Lappen in der Mittellinie auf Schwierigkeiten,
ies geschieht am besten durch stark auf die Fläche gekrümmte Scheren-
ätter. Die Anfrischung erfolgt erst nach Ablösung der Lappen. Ausdehnung
id L^e der seitlichen Schnitte ist noch von Bedeutung. Früher hatte
erry den Fehler gemacht, die Schnitte zu nahe der Mittellinie zu legen,
IS Furcht, die Art. palat. zu verletzen. Jetzt trägt er davor keine Scheu
ehr, nur muss man hier zur Vermeidung von Blutung, wenn sie angeschnitten
j, gleich ganz durcbtrennen. Sie zieht sich dann zurück und die Blutung
Partsch, Verletzungen und chirurg. Krankheiten des Gesichts etc. 423
steht schnell. Berry hat nie primär oder sekundär unangenehme Nachteil^
darch die Blutung gesehen.
Während die Inzision hinten bis zur Mitte zwischen dem weichen Gaumen
und der seitlichen Schlundwand reichen kann, soll sie nach vorn die Gegend
des 1. oder 2. Prämolaren bei Kindern, den 1. oder 2. Molaren bei Erwach-
senen nicht überschreiten. Führt man die Schnitte bis nahe an die Schneide-
zähne, ist Absterben der Lappen sicher. Bei zu grosser und weiter Spalte
soll man lieber das vordere Ende in einer späteren Operation schliessen.
Die gute Wiederherstellung eines weichen Gaumens ist für die Sprache
sehr wesentlich. Ist die erste Operation missglückt, ist das erheblich schwie-*
riger. Eine Schädigung der Muskulatur des Gaumens durch die Inzisionen
kann nicht zugegeben werden.
Was die Sprachstörung anlangt, so muss der Ansicht Lanes entgegen^
getreten werden, dass diese davon kommt, dass die Luft nicht durch die
esge Nase gehen könne, sondern im Gegenteil, dass zu viel Luft durch die
Nase geht, weil diese Höhle nicht ausreichend abgeschlossen werden kann.
Von den forcierten Operationen ist Berry kein Freund. In 4 von 10 Fällen
hat er den Tod eintreten sehen. Die Besultate seiner Operationsmethode
rind sehr zufriedenstellend. Berry hat von 65 Fällen in 57 Fällen den
harten Gaumen erkrankt gefunden. In 26 Fällen war der harte Gaumen
nach der ersten Operation geschlossen, in 10 waren kleine Nachoperationen
erforderlich. In 16 blieben kleine Fisteln zurück.
Die besten Erfolge für das Sprechen werden erreicht, wenn die Kinder
Tor dem 4. Jahre operiert werden.
Brown (4). Bei breiten Hasenscharten sollten vor der Operation die
Lippenteile durch Heftpflaster-Streifen genähert werden, bis sie ohne Span-
nung aneinander liegen. Vorstehende Zwischenkiefer sind durch eine Vor-
operation zurückzulagern bevor die Lippenspalte geschlossen wird. Gaumen-
spalten bei neugeborenen Kindern sind ebenfalls so mit Heftpflaster zu
behandeln, dass die Erweiterung durch Muskelzug verhindert wird. Sobald
das Milchzahngebiss voll entwickelt, sind die Kieferhälften durch entsprechende
Apparate einander langsam zu nähern. Erst wenn dies erreicht, so weit man
erwarten kann, ist die Operation anzuschliessen. Nach Verheilung des Gau-
mens sind Sprachübungen notwendig.
Owen (9) betont die Schwierigkeit, in welcher sich der Chirurg befindet,
wenn die nranoplastische Wunde nicht primär heilt, während bei jeder anderen
Wunde die Heilung durch Granulation dann noch zustande kommt, ist bei
der üranoplastik der ganze Erfolg der Operation verloren. Owen schiebt
die Schuld daran der septischen Infektion zu und sucht diese zu bekämpfen,
indem er die Kinder vor der Operation einen ländlichen Aufenthalt nehmen
lässt. Bei einem 8jährigen Mädchen, bei dem schon drei Versuche gemacht
worden waren, die Spalte des weichen und der hinteren Partie des harten
Ganmens zum Schluss zu bringen, machte Owen nochmals eine Operation
und musste dabei ebenfalls erleben, dass die Wundränder nicht verheilten.
die Xähte durchschnitten und die Spalte wieder so weit klaffte, wie vor der
Operation. Die bakteriologische Untersuchung stellte die Anwesenheit reich-
licher gelber Staphylokokken fest, das Kind wurde dann subtiler Reinigung
des Mnndes unterworfen und so viel als möglich an die Luft gebracht. Die
granulierenden Ränder noch einmal angefrischt und vereinigt, sie heilten
424 JahreilMricht fDr ChiruTgi«. U. Teil. 1
daan prompt. Er igt in derselben Weise noch in TerschiedeoeD andereal
Fällen verfahren.
Stoker (10) bespricht die ron Brophy eingeführte Opor&tionsmethoda
des gespaltenen Gaumens, die darin beruht, dass schon in sehr früher
Lebensperiode Oberkiefer nnd Gaumen durch Drahtnähte einander genähert,
miteinander vereinigt werden. Brophy empfiehlt die Methode, weil bell
jungen Kindern der Shock wegen mangelhafter Entwickelung des Nerrensystemal
viel geringer ausfallt, ferner die Knochen vor ihrer ToUkommenen Verkalkung'
sich ohne Bruch besser miteinander rerbinden lassen , weil femer die früh-i
zeitig einander genäherten Muskeln viel eher in zweckmässige Tätigkeit zu
versetzen sind, als wie dann, wenn sie in viel späterem Lebensalter aiim'
Schwand gekommen, viertens, weil nach Vereinigung der Gaumenfortsätze
die Zahnfortsätze des Oberkiefers sich normal stellen, fünftens, dass alle
Gewebe sich besser umformen nach frühen Operationen, sechstens, dass die
Aussicht später eine genügende Sprache zn enangen, bei frfiherer Operation
grösser ist, weil sich noch nicht üble Angewohnheiten eingeschlichen nnd die
muskulösen Teile kräftiger sind.
Stoker bat drei Fälle nach Bropby operiert und bat im ersten Falle
gute Vereinigung des weichen und harten Gaumens erhalten, mit Aasn^m«
der Uvnla; im zweiten Falle trat keine Vereinigung des weichen Gaumens
ein und die Operation mnsste bis ins zweite Jahr verschoben werden: im
dritten Falle war der Spalt so weit, dass die Ränder des harten Gaumens
nicht aneinander gebracht werden konnten. Die Operation wurde immer in
liosescber Lage ausgeführt, besondere Instrumente sind nicht notwendig,
big anf die starke Listonsche Nadel, an die Unannehmlichkeit der Platten
und Drähte gewöhnen sich die Kinder rasch und überstehen die Operation
im allgemeinen sehr gut, selbst ein sehr schwaches und schlecht genährtes
Kind kam gut über die Operation hinweg. Stoker hält die Operation für
sehr beachtenswert.
Erkrankungen der Hundsohlflimhant.
L Boaa-hjoidieD avec peraistano« da canal d» Bochdalek,
snatorniquee 1905. iä^y.
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Nr. 7. p. 118.
Farlow (5) hat im Boston medical und surgical Journal 2 Fälle von
chronischem Pemphigus des Mundes veröffentlicht. Der eine betrifft ein
23jäbriges Mädchen, das sonst gesund ist. Vor einem Jahre bildeten sich
Bläschen im Munde, hauptsächlich am Zahnfleisch nahe den Zähnen. An den
Schneidezähnen bildeten sich weisse Membrane.
PartBoh, VerleUimgen imd ehinirg. ErAnkbeiten des Geftichts etc. 425
Der 2. Fall betraf eine 55jährige Frau, die an Lippe, Zahnfleisch und
hmeniraud des Kinnes lebhafte Schwellungen bekam. Dann kamen solche am
reckten Alveolarfortsatz hinzu. Später griff die Affektion auf die Augen und
Nase aber. Die Behandlung besteht im Gebrauch alkalischnr und airtisep*
tischer Wässer; lokale Anästhesie kommt vor dem Essen, wenn es schmerz-
bft wird, in Frage.
Herbei (9) entfernte bei einem 18 jährigen kräftigen jungen Mann
eineD aUmählich sich unter zunehmenden Beschwerden entwickelnden Tumor
des Mimdbodexis. Er bewirkte oberhalb des Zungenbeins eine kuglige, median
lelegene Yorwölbung, über welcher die Haut sich rerschieben liess. Die
Zooge wurde durch die Geschwulst im vordem Muudboden nach dem Gaumen
zn getrieben. Sie war etwas gelblich gefärbt. Sprechen und Kauen waren
behindert; eine Verwachsung mit dem Zungenbeim war nicht vorhanden,
ane sokhe mit dem Unterkiefer nicht auszuschliessen. Die Operation wurde
Ton aoneu gemacht mit medianem Schnitt, von dem aus sich leicht die Ge-
sdundst ausschaben liess.
Sie war hühnereigross, zweilappig, der kleinere Lappen nach dem Munde,
der grasere nach aussen gerichtet. Die Grenze zwischen beiden entsprach
der Lsge der Geniohyoidei. Die Zyste enthielt eine weissgelbliche, mit zahl-
racken käsigen Krümeln gemischte Flüssigkeit, keine Haare, keine Zähne.
Die bmenfläche erschien leicht zottig, nicht ganz glatt.
Forst er ling (6) teilt aus dem städtischen Krankenhaus zu Hannover
«inen bei einem 56 jährigen Manne beobachteten Fall mit, der in der Mittel-
Üflie des Halses zwischen Zungenbein und Schildknorpel eine taubeneigrosse
ZTstische Geschwulst hatte, die sich beim Schlucken mitbewegte und gegen
äe Unterlage nur wenig verschieblich war. Die Zyste lag unter dem Mus-
culos thyreo-hyoideus und setzte sich nach oben hinter das Zungenbein fort,
so das8 das Zungenbein gespalten werden musste, um den verbindenden Zysten-
gang auszulösen. Die Zystenwand besteht aus Bindegewebe mit mehrschich-
tigem Zjlinderepithel , das zum Teil mit Fiimmerhaaren versehen ist. Die
Innenwand trägt Gruppen von drüsigen Gebilden, die dem Schilddrüsenge*
vebe Reichen, mit einem homogenen kolloidartigen Inhalt. Verfasser hält
ims Zylinderepithel mit Flimmersaum als charakteristisch für die Reste
des Zoogenschilddrüsenganges. Verfasser geht dann näher auf die bisher
Teröffeotlichten Fälle von Zysten, die in diesem Gange entstanden sind, ein
und fogt den 14 bisher veröffentlichten Fällen noch einen neuen hinzu, der
«in halbjähriges Kind betrifft, das schon bei der Geburt eine Geschwulst
wter der Zunge hatte , so dass es an der Brust nicht saugen konnte. Die
Anschwellung nahm zu und wurde so gross, dass der Knabe zu ersticken
drohte. Zwischen den Lippen sah man an Stelle der Zunge eine blauweiss-
iiche Geschwulst, über deren Mitte das Zungenbändchen fortzog. Sie fühlte
sich prall elastisch an und war walnussgross. Die Punktion ergab eine klare
fadenziehende Flüssigkeit. Die Zyste wird gespalten und ihr Sack nach
Einfahrong des Fingers schnell ausgeschält, die Schleimhaut über einem Jodo-
fonngazetampon vernäht. Die Heilung trat ohne Reaktion ein. Die Zyste war
kirschgross, nach Spaltung ihrer vorderen Wand zeigte sich an der gegen-
aberliegenden Wand eine erbsengrosse grauweissliche Hervorwölbung, bei
deren Einschnitt ein bröcklicher weisser Brei austrat. Die mikroskopische
Intersuchimg ergab, dass die grössere Zyste mit flimmerndem Zylinderepithel
^^ekleidet war. In dem Bindegewebe der Wand lagen unregelmässig durch-
JahresbeTJcht fOr Chinirgie. II. Teil.
tene Muskelgebilde. In diese Wand der grösseren Zyste ist eine erbsen-
le andere Zyste gelagert, die deutliches dickes Plattenepithel trägt, mit
äppchen in der Wand. Es bandelt« sich also hier um zwei ineinander
nden Zysten von grondrerschiedener Beschaffenheit, eine Flimmerepitliel-
I, in deren Wand eingebettet ist eine Piattenepithelzjste. Diese scheint
Mundepithel abzustammen. Schon König hat gelegentlich Platten-
lel in der Nähe der medianen Zungenfistel gesehen.
Abadie (1) sah bei einem 8jäbrigen Knaben vom 3 Lebensjahre an
1er Basis des Halses in der Rückenlinie einen sich vorübergehend nach
m entleerenden, dann wieder anschwellenden Tumor, der nie Schmerzen
ite. Es floss eine helle klare Flüssigkeit aus. Der mandarineDgros^e
or hebt oberhalb des Handgrifls des Brustbeins die Haut auf und lässt
n der Mitte weisslich vorspringen. Er ist in der Querrichtung auf der
rlage verschieblich, aber nicht in der Richtnng von oben nach unten.
Bewegungen des Kehlkopfs folgt er. Von seinem oberen Pol ziebt ein
igförmiges Gebilde nach aufwärts bis über das Zungenbein, wo es sich
■ und mehr in der Tiefe verliert. Dieser Strang scheint die Bawregung
Kopfes etwas zu behindern. Der Tumor entleerte sich, ehe er operiert
en konnte. Die Sondierung der Höhle liess die Sonde nicht in den
vordringen. Die Äusschälung gelang gut und ohne Schwierigkeiten.
kleine Absonderung am oberen Ende des Einschnittes wurde durch
instein bald zum Stillstand gebracht. Die Zyste enthielt eine seröse
;e Flüssigkeit, hatte eine sehr dünne Wand und au ihrem oberen Ende
1 schwanzförmigeo Fortsatz, der von einem engen Kanal durchbohrt
Er stand aber mit der Zyste nicht in direktem Zusammenhang. Die
d der Zyste, aus Bindegewebe aufgebaut, war stark kleinzellig infiltriert,
jichtnng des Ganges ist ausgekleidet von einem zylindrischen, mit deut-
n Fl i mm erb aar en versehenen Epithel. Die anfänglich gehegte Meinung,
es sich um eine Dermoidzyste handelte, musste aufgegeben werden.
Bestehen eines Fortsatzes, die Mitbewegung mit dem Kehlkopf und
ch die Auskleidung mit Zylinderepitbel, das in dem Bochdalekschen
;e entstand, zeigte, dass es eich um eine Schleimzyste handele, welche
b die wiederholten spontanen Durebbruche infiziert worden war. Man
te auch annehmen, dass die Zyste erst sekundär von der Halsßstel aus
anden war. Immer aber bleibt das Bestehen des Bochdalekschen
;es, das Wichtige.
Erkrankungen der Speicheldrüsen.
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22. Tanaseco, Art^res des condaits excr^teurs des glandes salivaires. Soc. anat. 1905.
Nr. 6.
23. TTietze, Ein Frotozoenbefund in einer erkrankten Parotis. Grenzgeb. XIV, 8.
Bond (1) hat in einem ausführlichen Aufsatz von den Bewegungs-
erscheinungen gesprochen, welche in den mit Schleimhaut ausgekleideten
Höhlen und in den Ausführungsgängen der Drüsen zu stände kommen und
auf dieselben aufmerksam gemacht, hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Fort-
leitaog infektiöser Prozesse. Er hat diesen für die Pathologie verschiedener
Erkrankungen ausserordentlich wichtigen Gedankengang sowohl klinisch als
experimentell für den Darmkanal, für den weiblichen Genitaltraktus, für die
Hamwege, für den Atmungstraktus und endlich für die Ausführungsgänge
der Drüsen verfolgt. Diese weit ausgedehnte Arbeit lässt sich hier an dieser
Stelle nur auf letzterem Gebiete besprechen. Er hat zunächst bei der Brust-
drüse durch Experiment festgestellt, dass sterilisierter Indigo in die Warze
eingerieben an die verschiedenartigsten Stellen des Drüsenkörpers hingelangt
var und bei der Operation gefunden wurde. Diese Tatsache gibt der Mög-
lichkeit Raum, dass auch Infektionskeime, seien es Eitererreger oder Keime
der Tuberkulose, auf diesem Wege in den Drüsenkörper gelangen. Ob das-
selbe auch für Erreger gilt, die den Krebs erzeugen, ist natürlich bei dem
augenblicklichen Stande der P^orschung nicht mit Bestimmtheit zu behaupten.
Bei seinen Beobachtungen am Darmtraktus führt der Verfasser Experimente
an, wie sie schon vor Jahren von Prof. Grützner, Tübingen, gemacht und
beschrieben worden sind, ohne dass allerdings dieser Experimente irgendwo
Erwähnung geschieht. Aus seinen mannigfaltigen Beobachtungen zieht der
Verfasser den Schluss, dass es auf verschiedene Weise und unter bestimmten
Bedingungen gelingt, Partikelchen unlöslicher Substanzen in einer der Rich-
tung des Sekretstromes entgegengesetzten Richtung, sich im Darmkanal oder
an den Ausführungsgängen von Drüsen transportiert zu sehen. Begünstigt
wird diese Bewegung durch Unterbrechung des normalen Sekretionsstromes
oder seitlicher Ablenkung desselben durch eine Fistelöffnung. Flimmerbewe-
gung kommt dabei nur ausnahmsweise in Betracht. Zweifellos spielt unregel-
massige oder rückläufige Peristaltik dabei eine Rolle. Physikalische Kräfte
allein wie Kapillarattraktion sind zweifellos nicht imstande, diese Bewegung
m erklären. Jedenfalls müssen dieselben bei der Frage des Infektionsvor-
428
Jahi asbericht für Cbirargi«. II. Teil.
I
. .1
' I
ganges neben der Blut- und Lymphbahn mit in Rechnung gezogen werden
Sie spielen bei der Infektion der Hamwege mit dem an und für sich nichl
beweglichen Gonococcus entschieden eine Rolle.
Pasteur (18) beschreibt einen ad exitum gekommenen Fall von Hals^
affektion, die auf Infektion mit Pneumokokken beruhte. Ein sonst gesundet
3 Vt jähriger Knabe erkrankte plötzlich mit fieberhaften Halsbeschwerden.
Am 4. Tage bot er bei seiner Aufnahme ein blasses Gesicht, 40 Atemzüge
in der Minute, 120 volle regelmässige Pulse, Schwellung und Dmckempfind-
lichkeit der Drüsen in der Gegend hinter dem Kieferwinkel. Eiterung ans
Nase oder Ohr war nicht vorhanden. Atmung und Kreislauf ohne besondere
Symptome. Im Urin Diazoreaktion, kein Eiweiss. Zäpfchen, weicher Gaumen
und seine Pfeiler waren leicht ödematös und intensiv gerötet. Ebenso beide
Mandeln, aber keine Pfropfe vorhanden. Exsudation auf der Fläche war
nicht vorhanden. Dagegen liess sich Milzschwellung nachweisen. Zeichen
zerebraler Reizung, übelriechender Atem kamen hinzu. Die Narbe und die
anstossenden Partien des weichen Gaumens wurden brandig.
Unter den Zeichen einer Bronchopneumonie trat der Tod ein am
22. Krankheitstage.
Die Obduktion ergab ausser dem Brand der Uvula und der Gaumen-
pfeiler, Drüsenschwellung, Eiterung in der rechten Pleura, vereinzelte Brand-
herde in den Lungen, Milztumor. Bakterienkulturen aus Pharynx und aus
den Lungen ergaben den Diplococcus pneumoniae. Es ist bekannt, dass er
gerade Gangrän hervorruft.
Ein Fall membranöser Laryngitis wird vom Verf. noch erwähnt. Die
pharyngeale Infektion macht keine besonderen Erscheinungen; sie kann nur
bakteriologisch nachgewiesen werden. Ihr Verlauf ist fast stets ein schwerer.
Frattin (7). Nach Vorausschickung einer Kritik aller zur Heilung
besagter Fisteln in Anwendung gekommener Methoden legt Verf. ein eigenes
Verfahren dar, das in der Dissektion weniger Millimeter des zentralen Stumpfes
des Ganges besteht, worauf er nach Durchbohrung des Masseters und der
Mundschleimhaut von aussen nach innen mit einem von aussen nach innen
vorn transversal zu den Fasern des Muskels verlaufenden Schnitt einen Lappen
der Mundschleimhaut mit der Base entsprechend dem mit dem Messer ange-
brachten Loch lospräpariert, und ihn auf die äussere Fläche des Masseters
durch die vorher angebrachte Bresche hindurch umbiegt: in diese Ruine
lagert er den Stumpf des Ganges ein und befestigt ihn mit Nahtstichen; dann
vernäht er die äussere Wunde. Er versuchte das Verfahren an Hunden und
beobachtete nach kurzer Zeit rasche Verheilung der Wunden und freien
Speichelfluss. Er tötete die Tiere und fand bei der histologischen Unter-
suchung in verschiedenen Schnitten das Lumen des Kanals mit geschichtetem
Epithel ausgekleidet, das Papillen der gut erhaltenen Schleimhaut auflag,
welche dann sich abplatten und dort verschwinden, wo das Epithel auf
narbigem, zwischen den Muskelfasern eingeschlossenem Gewebe ruht.
R. Giani.
Carr (4) sah bei einem 79 jähr. Manne, der wiederholte Gichtanfalie an
den Gelenken und Hautausschläge durchgemacht hatte, und noch der Granulär-
atrophie verdächtig war, nach aussergewöhnlicher Anstrengung eine schmerz-
hafte Schwellung der linken Gesichtshälfte entstehen, die sich rasch aus-
breitete; die linke Parotisgegend war ausgedehnt, gespannt geschwollen; die
Haut war ausgesprochen ödematös; das Bewusstsein war getrübt, die Zunge
PartsGh, Verletiangen und chirarg. Kraukheiteii des Oesichfcs ete, 429
trocken, der früher albuminfreie Urin enthält beträchtliche Mengen Albumin.
Aaf BeUadonnaglyzerin äusserlich , Strychnin, Eisen und Brandy innerlich
besserte sich das Befinden. Das Bewasstsein wurde wieder klarer, die Zunge
feachier; am 6. Erankheitstage kam von dem Gebörgang ein wenig Eiter.
Die dringend vorgeschlagene Operation musste leider um einen Tag verschoben
werden« Indessen verschlimmerte sich das Leiden durch Zutritt einer hypo-
sutischen Pneumonie. Die Operation legte keine Abszesshöhle, sondern eine
diffos eitrig infiltrierte Parotis frei. Die Spülflüssigkeit im Munde kam zum
Ohr heraus. Der Kranke kam nach der Operation nicht mehr zum Bewusst-
sein und starb am folgenden Morgen unter Temperatursteigerung auf 41,1.
Kieferklemme hatte während der Krankheit nie bestanden. Da keine Krank-
heit voraosging, muss der Fall anak>g der akuten Pankreatitis als akute
Parotitis aufgefasst werden. Gegen Mumps sprach die Einseitigkeit, das
starke Ödem der Haut und deren starke Schwellung und das hohe Alter.
Gichtische Parotitis, wie sie von Debout d'Estr^es of Contrexeville
.transactions of the royal med. and chirurg. society 1881) beschrieben ist«
mscht keine Eiterung.
Wahrscheinlich ist die Mikrobeninfektion vom Stenonschen Gange aus
erfolgt. Aber die Zähne fehlten vollkommen. Aber an der Papille war eine
kleine erbsengrosse Schwellung vorhanden, die wahrscheinlich den Speichel-
äbdoss behindert hat. Die Nierenaffektion hat die Infektion begünstigt.
Pnetunokokkeninfektionen der Parotis sind beschrieben, aber ohne Übergang
in Eiterung. Früher vorgenommene Incision hätte ded üblen Ausgang kaum
abgewendet.
Eroiss (13) behandelt auf Grund von 8 Fällen die chronische Ent-'
Zündung der Speicheldrüsen, wie sie spontan oder auf Grund von Speichel-
steinen einzutreten pflegt. Sie findet sich in erster Linie an der Submaxillaris
and kann einen sehr langwierigen, schleichenden Verlauf nehmen. Die Ent*
leerung von Eiter vor der Mündung des Duktus bei Druck von aussen ist ein
charakteristisches Symptom.
Der Weg des Zustandekommens ist wohl durch die Hau au sehe Publi-
kation wesentlich für die Fortleitung vom Mimde aus auf dem Wege des
Äusföhrnngsganges entschieden. Dem entsprechen auch die mikroskopischen
Bilder der von obigen Fällen gewonnenen Präparate, welche eine stärkere
Ausbreitung des Prozesses in der Nähe des Hilus, eine mächtige Vermehrung
des bindegewebigen Stüt^gerüstes und einen entsprechenden Schwund des
Parenchyms ergaben. Als letzte Ursache sind Entzündungsvorgänge mit ihrem
Übertritt von Leukozyten in das Bindegewebe und die Behinderung des
Sekretabflusses anzusprechen. Die von Bizzozero und Langemak (Virch.
Arch. Bd. 175) angestellten Versuche sprechen für das letztere Moment gSLUz
besonders Aber beim Menschen muss die Infektion vom Gange her noch
dazu kommen; ohne sie ist die mächtige Bindegewebsvermehrung der Um-
gebung nicht zu erklären. Die Steinbildung ist eine direkt der Drüse kon-
stant vorhergehende Entzündung, das Primäre und die Ursache. Die meisten
Sterne entstehen im Innern der Drüse und werden erst durch den Sekretstrom
zu Daktussteinen.
Die chronische Entzündung scheint auch ihre Bedeutung für die Ent-
stehimg der Ranula zu haben. Ein P'all, genau untersucht, gibt eine Be-
stätigung der Hipp eischen Annahme, dass zwischen Sublingualdrüse und
Ranola ein Zusammenhang besteht und dass auch die Bedingungen vorhanden
430 Jahresbericht fOr Chirargie. IT. l'eil.
sind, dass die Ranula auch aus einem Ductus submaxillaris entstehen kann.
Der Fall von Parotiszyste ist wohl bei dem vollständigen Mangel von epi-
thelialer Auskleidung etwas zweifelhaft. Für die Ranula empfiehlt Kroiss
die Exstirpatiou von der Regio subhyoidea aus unter Mitnahme der Sub-
ungualis, eventuell auch der Submaxillaris, ein wohl zu radikales Vorgehen,
dem sehr viele gute, auf einfacher Weise erhaltene Resultate entgegen-
stehen.
Küttner (12) teilt den 7. Fall einer entzündlichen Geschwulst einer
Submaxillarspeicheldrüse mit. Die Exstirpatiou dieser Geschwülste, die oft
den Eindruck maligner Neubildung machen, hat oft Schwierigkeiten wegen
der Verwachsungen. In einem Falle wurde der Nervus hypoglossus und die
Arteria lingualis mit ergriffen. Die Entstehung der Geschwülste hat weder
mit Aktinomykose, noch mit Lues, noch mit Tuberkulose zu tun, sondern ist
auf einen Entzündungsprozess zurückzuführen, welcher in der Mundhöhle ent-
steht und durch den Speichelgang in die Drüse gelangt. Endlich spielen die
Lymphdrüsen dabei keine Rolle.
Sicard und Dopter (21) haben durch Einlage einer feinen Kanüle
in den Ductus Stenonianus durch Aufsaugen Flüssigkeit von der Speichel-
drüse erhalten und diese sowohl untersucht bei Gesunden als auch bei Kranken,
die an Parotitis litten. Die mikroskopische Untersuchung des gewonnenen
Sekretes ergab charakteristische Zellen in variabler Form je nach dem Sta-
dium der Krankheit.
Man kann am Lebenden an den Zellen erkennen, was sich in der Tiefe
im Drüsengewebe abspielt. Das toxische Gift, welches bei der Parotitis ge-
bildet wird, schädigt das Parenchym der Drüse.
Bowe (2) berichtet über einen Fall von Parotitis nach einer Fortnahme
des ^Wurmfortsatzes. Der 34 jährige Mann hatte ein Jahr vorher schon einen
Anfall durchgemacht und wurde 12 Stunden nach Beginn des zweiten Anfalles
operiert. Während die ersten vier Tage nach der Operation glatt verliefen,
trat am fünften in der rechten Ohrspeicheldrüsengegend eine leichte Schwel-
lung, lebhafter Schmerz auf. Da sich derselbe noch steigerte, wurde am
zehnten Tage nach der Operation ein Einschnitt gemacht und eine kleine
Quantität Eiter entleert. Die Abdominalwunde hatte nie eine Spur von Eiter
aufgewiesen.
Ein zweiter Fall betraf einen 20 jährigen Studenten, der schon in seiner
Jugend eine akute Schwellung der Speicheldrüse durchgemacht hatte. Die
bei der Aufnahme bestehende Erkrankung wurde auf eine Verletzung zurück-
geführt, die drei Wochen vorher beim Fussballspiel stattgefunden hatte. Der
Patient musste damals bei ungünstigem Wetter längere Zeit auf der Erde
liegen. Er wurde eingeliefert mit den Zeichen einer Appendizitis. Die Ope-
ration stellte umschriebene Peritonitis fest. Am dritten Tage aber wurde
der Patient unruhig, klagte über grossen Durst und delirierte, ohne dass an
der abdominellen Wunde etwas zu bemerken war. Es trat bei starker Be-
schleunigung der Atmung in der rechten Parotisgegend eine deutliche Schwel-
lung ein, die bald auch auf der linken zu beobachten war. Nacken und
Gesicht wurden rasch in die Entzündung einbezogen, die Zeichen der Septik-
ämie waren ausgesprochen und der Tod trat am fünften Tage nach der
Operation ein. Verf. glaubt, dass die sekundäre Parotitis Infektionsstoffen,
die durch den Blutstrom der Drüse zugeführt werden, zuzuschreiben sei.
Partsch, Yerletzangen und ohinirg. Krankheiten des Gesichts eto. 431
Pichle r (19) hat schon früher einen Fall mitgeteilt, in dem bei sekun-
direr Parotitis sich Eiter ans der Mündnng des Stenonschen Ganges aus-
drücken Hess. Er bespricht drei weitere Fälle, zwei bei Pneumonie, einen
bei Tjphus, in denen er wiederum diese Symptome beobachten konnte. In
den beiden Fällen, wo am 25. Tag der Erkrankung die Parotitis eintrat,
konnte am zweiten Tage reichlich Eiter ausgedrückt werden. Die Unter-
suchung der Parotis nach dem Tode ergab duktogene Entzündung mit reich-
lichen grambeständigen Staphylokokken. Im dritten Falle genas der Kranke.
Pich 1er betont also die Häufigkeit des Vorkommens dieses Symptoms gegen-
über der Bemerkung Fremmerts, dem es bei einem reichen Material nie-
mals gelungen sein will, Sekret aus dem Ductus Stenonianus zu entleeren.
y. Brunn (3) kommt auf Grund einer sorgfältigen Zusammenstellung
der bisher veröffentlichten Fälle von symmetrischer Erkrankung der Tränen-
und Speicheldrüsen zu dem Schluss, dass diese Erkrankung, die eine fort-
laufende Beobachtungsweise von den isolierten Schwellungen der Drüsen zu
solchen mit gleichzeitigen Lymphdrüsen- und Milzschwellungen und schweren
Blutveränderungen führt, mit der Pseudoleukämie eine gemeinsame Ursache
hat, deren Natur noch völlig unbekannt ist. Er hält ein infektiöses Agens,
das auf hämatogenem Wege den Drüsen zugeführt wird, für wahrscheinlich.
Pater et Deshages (20) fügen den bereits von Peronne beschrie-
benen Fällen von Lithiasis des Ductus Whartonianus mit zirrhotischen Ver-
änderungen der Drüse einen neuen hinzu, der einige Besonderheiten bietet.
Ein 37 jähriger Mann klagte über Schmerzen in der rechten Submaxillar-
gegend seit bereits 10 Jahren. Heftige Schmerzanfalle setzten während der
Mahlzeit ein unter gleichzeitiger Bildung einer rasch wachsenden harten
Schwellung, die langsam wieder verschwand. Pat. bemerkte dann im Speichel
kleine gelbliche, kernähnliche Körperchen, die gelegentlich auch unabhängig
von den Anfällen zu bemerken waren. Die stark verhärtete Unterkieferdrüse
wird fortgenommen. Nach der Heilung hat sich erst noch ein kleiner runder
Stein abgestossen; dann ist erst die Heilung definitiv geblieben. Die Drüse
zeigte starke Sklerose um die Ausführungsgänge und die Drüsenläppchen,
erweiterte Kanäle, ausgedehnte Fettnekrose in den Läppchen; diese werden
destruiert und durch junges Bindegewebe ersetzt. Arnosan und Saillard
erhielten ähnliche Bilder (Society de biologie. 2 juillet 1881) nach Unterbin-
dung des Stenonschen Ganges. In der Diskussion erwähnte Malloizel, dass
älmliche Veränderungen nach Obliteration einer Fistel beobachtet wurden.
Jarecky (14) fügt zu den bereits von Futterer und Roberg ge-
sammelten Steinbildungen drei neue Fälle hinzu. Die Bildungen sind fast
ansnahmslos im Whartonschen Gange und sind auf Fremdkörper unter der
Zange oder auf Obliterationen des Ausführungsganges zurückzuführen. Sie
bestehen hauptsächlich aus phosphor- und kohlensaurem Kalk, variieren in
Form und Grösse.
Puzey sah einen solchen von l^/s Zoll Länge und 1 It Zoll Dicke und
einer Schwere von 115 Gran. Bimanuelle Palpationen weist sie leicht nach.
Manchmal gelingt es, mit einer feinen Sonde sie direkt im Gang zu fühlen.
Verf. sah auch einen solchen Stein in dem Blandinschen Gange an der
Zungenspitze. Dort sind nur selten Steine beschrieben. So von Godley.
Der von Jarecky beobachtete Patient war 44 Jahre alt und klagte über
eine Schwellang, die sich von der Zungenspitze nach rechts bis zum Kiefer
ausdehnte. Sie bestand schon drei Jahre, wurde aber immer härter und
432 JfthreBbericlit für Ghinirgi«. IL Teil.
grösser und Yerursachte zuletzt ausserordentliche Beschwerden. Eine kleine
Inzision forderte in Narkose einen kleinen Stein aus der Blandinschen Drüse^
einen grösseren aus dem Whartonschen Gange zutage. Etwas Eiter floss hinter-
her. Der Stein aus dem Whartonschen Gange wog 4 Gran und war gelbUch
gefärbt, während der aus der Blandinschen Drüse V» Gran wog und rot war.
In einem zweiten Falle sah Verf. bei einem 43jährigen Manne eine Schwel-
lung an der linken Zungenseite sich erstrecken und konnte unter lokaler
Anästhesie aus dem vorderen Drittel des Whartonschen Ganges einen 6 Gran
schweren Stein in der Grösse eines Orangekemes entfernen. Der Kern hatte
früher keine Beschwerden gemacht. In dem dritten Falle machte der Stein
intermittierende Schwellungen und Hess sich erbsengross aus dem Gange ent-
fernen, nicht ohne dass nachträglich eine lebhafte Schwellung der Drüse und
starkes Schluckweh eintrat.
Erkrankungen der Zunge.
1. *Gheatle, Spread of Cancer in the tongue. The Practitioner 1905. Not. p. 623.
2. ^Dachesne, L'amygdale linguale. Journ. de möd. de Paris 1905. Nr. 18.
3. Glas, Beiträge zur Pathologie der Znngengrundtnmoren. Wiener klin. Wochenschr.
1905. Nr. 28.
4. Herrenschmidt, Chondrome de la pointe de langne. Soc. anat. de Paris 1905. Nr. 4.
5. *Jonnescn, Totale Ezstirpation der Zunge mit ETidement der Halsganglien wegen
Epithelioma reddivans. Revista de chir. Nr. 5. p. 228. (Rumänisch.)
6. Eanitz, H., Über die Röntgenbehandlung des Zungenkrebses. Orrosi Hetilap 1905.
Nr, 52 u. 53. (Ungarisch.)
7. Killian, Abszesse der Gegend der Zungenbaaia. Deutsche med. Wochenachr. 1905.
Nr. 34. Mttnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 34. p. 1657.
8. Morestin, Le Cancer de la langue. Bull, et mto. de la soc. anat. de Paris 1905.
Nr. 1. p. 51.
9. Mouchet, Maladie de Riga. Gaz. des höp. 1905. Nr. 1.
10. Payenneville, Langue scrotale. Ann. de dorm. 1905. Nr. 2.
11. Pautrier, Resultats foumis par la radiotb^rapie dans le traitement du cancer de la
langue. Ann. de Derm. et de syph. 1905. Nr. 7. Juill.
12. *Piqnantin, Le cancer de la langue chez la femme. Journ. de m^d. et de chir.
1901. Nr. 22.
13. Poirier, Traitement du cancer de la langue. Soc. de chir. 1905. Nr. 26.
14. *Pons, Cancer de la langue. Soc. anat. 1905. Nr. 7. p. 647.
15. ^Rosenak-Feldmann, Makroglossia usw. Zentralbl. f. path. Anat. Nr. 2.
16. Söbileau-Pautrier, Volumineuse tumeur de la langue etc. Bull, et möm. de la
soc. de chir. de Paris 1905. Nr. 5. p. 144.
17. *— Volumineuse tumeur de la langue etc. Gaz. des hÖp. 1905. Nr. 17. p. 201. Referat
über die Mitteilung in der Soc. de chir.
18. S^bileau, Histologie du papillome de la langue etc. Bull, et möm. de la soc. de
chir. de Paris 1905. Nr. 6. p. 160.
19. *- Syphilis linguale. Gaz. des höp. 1905. Nr. 95.
Payenneville (10) sah die Formanomalie der Lingua plicata, welche
die Franzosen mit dem wenig geschmackvollen Namen der Langue scrotale
bezeichnen, in drei Generationen derselben Familie, bei Grossmutter, Mutter
und drei Töchtern auftreten. Lemonnier hatte in seiner These (De la
glossite exfoliatrice margin6e, Paris 1883, p. 71) bereits auf die Erblichkeit
hingewiesen; ebenso Benard.
Der Fall Payenneville betraf eine 54 jährige, rüstige Frau, sonderen
elf Töchtern drei die Zungenform hatten ; ihre Mutter hatte sie auch besessen.
Syphilitische Zeichen bestanden nicht. Ausser den schrägen Furchen be-
P arisch, Yerleizungen and chirurg. Erankheiteo des Gesichts etc. 433
steht eine Art papillärer Hypertrophie. Lenkoplasie ist nicht vorhanden;
ebensowenig Sensibilitätsstörung.
Die 28 jährige Tochter weist auch die Zungenform auf, leidet dabei an
leichter chronischer Laryngitis.
Das ähnliche Bild bietet die Zunge ihrer Zwillingsschwester, nur nicht
pm so scharf ausgeprägt. Bei allen sind Zeichen von Arthritis vorhanden.
Drei Bilder illustrieren die eigenartige Zungenform.
M euch et (9) bespricht die unter dem Namen der Ri gaschen Krank-
heit beschriebene Geschwürsbildung am Zungenbändchen an der Hand eines
in der Broca sehen Klinik beobachteten Falles, der ein dreimonatliches Mädchen
betraf, das bereits mit sechs Wochen den ersten Zahn bekam. Das Entstehen
des Geschwürs ist mit ausserordentlicher Salivation verbunden und erschwertem
Waagen. Das Geschwür ist meist mit einem weissen oder graugelblichen Ex-
sudat bedeckt, bei dessen Entfernung Blutung eintritt. Drüsenschwellung fehlt
im allgemeinen. In manchen Fällen ist damit eine mehr weniger heftige
Gastroenteritis verbunden. Gegenüber dieser Affektion sind alle andere 6e-
schwärsbildungen, Herpes, Aphthen, luetische Plaques, multipel. Nur das
Kenchhustengeschwür ist ihm ähnlich. Bakteriologisch ist kein spezifischer
Befund bekannt. Es ist eine rein lokale, keine infektiöse Erkrankung. Rei-
nigimg des Mundes, Ätzungen mit Arg. nitr. oder Jodtinktur bringen Heilung.
Eizision ist nur ausnahmsweise angezeigt, namentlich bei älteren Kindern.
Killian (7) spricht über die Eröffnung tiefliegender Abszesse der Zungen-
basis. Zwei Spalträume sind hier von Bedeutung, ein medianer zwischen den
Genioglossis und ein lateraler an der medialen Fläche des M. hyoglossus, ent-
sprechend dem Verlauf der A. lingualis. Dieser Raum ist oben durch das
Eindringen der Bündel des Hyoglossus in den Zungenbeinkörper, nach unten
dnrch das grosse Zungenbeinhorn und die hier inserierenden Muskeln abge-
schlossen. Die Eiterung im lateralen Raum äussert sich durch derbe, diffuse^
sehr druckempfindliche Schwellung ohne Mitbeteiligung der Haut und des
subknt. Bindegewebes. 2. Anschwellung des Zungengrundes mit mächtiger
Kieferklemme, während der Mundboden frei bleibt. 3. Halbseitiges Ödem des
Kehlkopfeinganges. 4. Fieber von 38®. Schluckschmerz, rauhe Stimme, Atem-
not. Killian hat einen solchen Fall von aussen operiert. Von innen kann
nar bei sicherem Nachweis von Fluktuation operiert werden ; bei drohender
Sepsis aber oder bei Arrosionsblutung der Art. lingualis (? Ref.) von aussen.
Glas (3) berichtet über zwei Fälle von gutartigen Tumoren der Zungenbasis.
Der erste betraf einen 44jährigen Dienstmann, dem früher schon die
Tonsillen entfernt worden waren, bei dem sich an der stark vorgezogenen
Zunge, entsprechend dem Foramen coecum, ein massig flacher Tumor vor-
fand, dessen Oberfläche von feinen Äderchen durchzogen war. Der Tumor
wurde galvanokaustisch abgetragen. Der Tumor erwies sich mikroskopisch
als ein Leiomyom, dessen Muskelfasern besonders stark in der Nähe von Ge-
fassen entwickelt war. Die Muskelfasern färbten sich nach van Gieson gelb.
Aassefdem waren Schleimdrüsen an seiner Zusammensetzung mitbeteiligt.
Es ist dies der erste Fall eines Adenomyoms der Zunge. Der Ausgang
des Tumors an den in den Ductus lingualis einmündenden Schleimdrüsen wird
eingehend abgehandelt.
Die glatten Muskelfasern sollen öfter in den Papillae circumvallatae
anzutreffen sein, wie Schaffer und v. Ebner angeben.
JihrMberidit fOr Chirurgie 1905. 28
434 JahraabwicM (br Chinirgw. II. Tul.
Ein zweiter Tumor inirde zufällig bei einem 30ji.hngen M&dctien ror-
gefunden und ebenfalls galvanokaustisch entfernt und erwies sich als eine
mit zablreicheo glatten Muskelfasun Tersehetie hypertrophische Pupilla cir-
curavallata.
Herrensc bmidt (4) beschreibt eingebend einen von Ron tier einer
jungen Fran von 21 Jahren exstirpierten Tumor von der Spitze der Zunge,
der seit 4 Jahren eine Induration des rechten Zuqgenrandes hervorgerufen
hatte. Er hatte nur durch seine Grösse inkommodiert. Eine Schwanger-
schaft war ohne Einfluss auf das Wachstum geblieben. Der Tumor hatte
eine Länge von 3 cm und eine Breite von 2 cm. Die Zähne hatten sich in
seine Oberfläche eingedruckt; der Tumor fühlte sidi sehr hart und verschieb-
lich an. Driisenschwelinng war nicht vorhanden. Der leicht zu eutfemeude
Tumor zeigte auf seiner Schnittfläche knorpeliges Gefiige. Eine bindegewebige
Kapsel umgab es, dessen bindegewebigen Fasern in das knorpelige Gewebe
übergehen.
Die Masse des Tnmors ist hyaliner Knorpel, der stellenweise faserig
wird, stellenweise schleimig erweicht.
Die Vaskularisation, die myxomatöse Degeneration und der seltene Sitz
an der Spitze der Zunge zeichnen den Tnmor besonders aus.
Pautrier (11) weist darauf bin, dass gegenüber den zahlreichen Er-
folgen der Radiotherapie an der äusseren Haut, die Erfolge bei der Behand-
lung des Zungenkrebses noch gering sind. Er hält daher die Publikation von
behandelten Fällen für wichtig und wagt noch zwei Falle zu veröffentlichen,
in denen die Behandlung ganz versagt hat. Es wurde ziemlich energisch
vorgegangen, Strahlen von Nr. 5 und 6 des Bendiktschen Radiometers ge-
Nach den forcierten Sitzungen von 4'/»— 5 Stunden schien sich der Tumor
erheblich zn verringern, um in den Ruhepausen wieder zur alten Grösse zu
Wachsen. Solche Wechsel wiederholten sich Öfters; der Endeffekt war gleich
Null. Schmerzen besserten sich nicht, die Abmagerung steigerte sich. Im
zweiten Falle nahm das Wachstum des Tumors sogar sichtlich zu.
In der Diskussion bestätigt Brocq das negative Resultat; Darier
weist auf die Differenz zwischen den tubulären und lobulären Karzinomen
hin ; erstere seien für die Behandlung günstiger.
Beurmann sah ein ans eineni leukoplakischen Fleck entstandenes
tubuläres Karzinom unter Röntgenstrahlen heilen. Sabouraud macht die
Art der Behandlung für den Ausfall des Erfolges verantwortlich.
Lenglet sah einen Fall lobulären Karzinoms besonders ^-«rhängnisvoll
unter Radiotherapie verlaufen, es rezidivierte auch rasch nach der Operation.
Kanitz (6) versuchte die Röntgenbehandlung in drei Fällen von Zungen-
karzinom ohne jeglichen Erfolg. Die krebsige Infiltration der Zunge schritt
unaufhaltsam weiter, den lokalen Zustand verschlimmerten vehemente Ent-
zündungserscheinungen, anch die Lymphdrüsenintiltrationen nahmen stetig
und schnell zu. Er kommt zum Schlüsse, dass die Therapie des Zungen-
krebses aliein eine operative sein kann, Röntgenbestrahlungen hält er nur
für inoperable Fälle als Palliativmittel indii'.iert. GergÖ (Budapest).
Moresti n (8) macht auf die Seltenheit des Lippenkrebses bei der Fran
aufmerksam.
Weber sah es in 29,5 "/o, Clarke in 28»/o, Paget in Se^, Brnns
in 33 "/o der Fälle.
p
I
Parts chy Verletzungen uai chirmrg. Krankheiten des Oeeichts etc. 435
Andere wieder kommen kaum auf 15 ^/o. Er selbst sah unter einer
?at)ssen Anzahl von Fällen beim Manne nur drei bei der Frau. Der erste
Fall betraf eine 5öjährige Dame mit einem seit 18 Monaten bestehenden
Tumor. Die Zange war bereits steif; ein kraterförmiges Geschwür nahm
Zungenrand, Mundboden und Zahnfleisch ein. Die Kranke starb am dritten
Tage nach der Operation an Bronchopneumonie.
Eine 46jährige Köchin mit deutlichen Spuren der Syphilis, zirkulären
Narben an Stitn, Hals, Brust. Gaumen zeigte eine tiefe Ulzeration an der
Zange am linken Rande, starke Drüsenschwellung; lebhafte Ohrenschmerzen.
Exstirpation der dorsalen und Entfernung der linken Zungenhälfte von der
Vande oberhalb des Zungenbeins. ^ Schon nach drei Monaten Rezidiv, ausge-
sprochenes Plattenepithelkarzinom mit Homkugeln. Den dritten Fall sah er
bei einer Böjährigen Haushälterin mit senilem Zittern, keine Syphilis, keine Leuko-
plakie. öO-Centimesstückgrosses Geschwür, ovalär, mit wuchernden Rändern.
Entfernung der nicht fählbaren, aber stark geschwollenen Submaxillar-
drüsen. Die Heilung hat seit zwei Jahren Bestand.
Eine Erklärung für die auffallige Seltenheit des Zungen- und Wangen-
krebees bei der Frau steht noch aus. Der Verzicht aufs Rauchen kana es
nicht allein bedingen. Ob dann das Karzinom, wenn es wirklich bei der Frau
eintritt, anders verläuft, als beim Mann, dafür läs^t sich aus den spärlichen
Beobachtungen kein Anhaltspunkt gewinnen.
Sebilean und Pautrier (16) beobachteten einen 47jährigen Mann,
der früher nie krank gewesen war. Nur eine Gonorrhöe mit Epididymitis
liatte er als Soldat gehabt. Sparen von Syphilis waren nicht vorhanden.
\on neun Kindern, die ihm seine Frau gebar, starben fünf. Unter den Erschei-
nungen besonderer Empfindlichkeit an einem bestimmten Punkt der Zungen-
sfHtie entstand in der Tiefe der Zunge ein kleiner, harter Knoten am linken
^ngenrande; 10 Jahre lang blieb er erbsengross, trotzdem sich noch ein
zweiter solcher auf dem Zungenräcken entwickelt hatte. Vor ungefähr vier
Jahren wuchsen sie zusehends und verschmolzen dabei miteinander. Jetzt
nahm die linke Hälfte der Zunge ein voluminöser Tumor ein, der ein wenig
aber die Mittellinie hinauswuchs, 3 cm lang, 2 cm breit, 1 cm hoch, von un-
Tegebnässiger, warziger, mit Vorsprüngen versehener, durch tiefe Furchen ab-
gegrenzter Oberfläche. Seine Form ähnelt einem Pik. Im übrigen ist die
Zxmge mit einer sehr dicken, papillären Lage überzogen, weisslich, leukoplakie-
ihniich; sie ist deutlich verdickt; nur an einzelnen Stellen ist noch etwas
normale Schleimhaut übrig geblieben. An der Innenfläche der Wange, an
den Lippenkommissuren finden sich vereinzelte leukoplakische Flecke. Jeder-
seitR ist im Kieferwinkel ein kleiner Drüsenknoten, beweglich, nicht sehr
druckempfindlich, gelegen. Die mikroskopische Diagnose gibt auch nur das
Bild eines Papilloms ohne Homkugeln. Der Tumor kann sich jeden Augen»
blick in ein Karzinom wandeb. Er soll zunächst mit Röntgenstrahlen be-
handelt werden.
Reclus verteitigt seine frühere Demonstration, indem er betont, dass
4\^ mikroskopische Untersuchung seiner Fälle Karzinome ergeben hätten. Bei
diesen sei stets Exulzeration vorhanden gewesen, welche dem Fall von Sebi-
^'^«Lu fehle.
28^
Jahresbericht ftkr Cbirnrgie. II. Teil.
Erkrankunifeii dea üaanieDS.
Techniqn« de U pilatoplMÜe. La Pressa u\4i. 1905. Nr. 38.
Pronlliaar, PerformtionB eoDgäuitalea des piliera poit^rieiin du Toile da
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[elanoearkom des harten Gaameos. Deutsche Zeitsehr. f. Cfair. Bd. 80.
1, Cesaation of epilepsy conseqaent on removal of adenoide. Tbe Practitioner
gar.lHyperplastische Racbeamandeln und Taberkulosis. Pester med.. chir.
IV. 1905.
gioea nlc^renses et les perforations dn volle. Joam. de mdd. de chir. 1906.
ean hat durch den vorgestellteD Fall darauf hinweisen wollen,
Home gibt, die bei nicht genügender Beurteilung wiederholt ope-
, und dann als Karzinome gelten.
ean (18) gibt die Darstellnng des mikroskopischen Befundes des
r Zunge, das keine epitheliomatose Stellen zeigt.
er (13) stellt zwei nach seiner Methode operierte und jetzt nach
r Jahren noch gesunde Patienten, die mit Zungenkrebs behaftet
Drei andere Fälle sind seit 22 — 27 Monaten gesund geblieben.
. Zungentumoren, die Poirier in den letzten beiden Jahren
handelt es sich 20mal um Krebs, einmal am Papillom. Letzteres
i einem Syphibtiker, neben einer Hyperkeratose der Zunge. Horn-
a sich auch in ihm. Aber nirgends konnte ein Einwachsen in
Agende Bindegewebe festgestellt werden. Bei den 20 Karzinomen
I einem Papillom, 5 neben Hyperkeratose ror, 9mal war ()as
inös, 2mal tubnlos, 9mal gemischt. Häufig ist das Karzinom
entzündet, 14ma] waren Hornkngeln nachweisbar,
■mphdrüseninfektion fehlte in 8 Fällen. Doppelseitige Lymph-
>n kam 8mal vor, und zwar nur bei schweren Fällen. Bei den Ope-
ickt Poirier eine Laryngotomia intercricothyroidea voraus,
mg eines Schwammes in den Kehl köpf eingang. Er hält die Ope-
nabweisbar in den Fällen, in denen die Mundwunde mit der
smmnniziert. Von der Röntgenbehandlung hat Poirier bislang
s gesehen- Quenn macht darauf aufmerksam, dass er in einem
Parts ch. Verletz tingen und Chirurg. Krankheiten des (Gesichte etc. 437
FaDe eines umfangreichen Krebses der Zunge die Lymphknoten nur geschwollen,
aber nicht infiziert gefunden hat. Das gute Operationsresultat glaubt er der
Unterbindung der Earotiden und dem Delbetschen Ghloroformapparat ver-
danken zu müssen. Gegen die Laryngotomie spricht er sich aus. Faure
daabt noch, dass die Tracheotomie die Prognose der Affektion verschlechtere,
Sebileau will die Eröffnung der Luftwege nur in den schweren Fällen der
Pharrnxezstirpation gemacht wissen, bei allen vom Munde aus operablen
Fällen aber weglassen. Die vorgelegte Kanüle zur Punktion der Atmungswege
hält er für gefahrlich, weil man im Dunkeln operiert. Er zieht freie Eröff-
nung vor und hat diese immer per primam heilen sehen, wenn keine Dauer-
kannle liegen blieb. Delbet hat auch eine stark geschwollene Kieferdrüse
bei einem Karzinom frei von Rezidiv bleiben sehen. Poirier verteidigt noch-
mals die Laryngotomie als Yoroperation und die Gefassunterbindung, ob-
gleich letztere nicht immer absolut blutstillend wirke.
Marsh (11) sah die Uvula bei einer 35jährigen Frau in spitzem Winkel
nach vom an dem weichen Gaumen angewachsen durch ein Band, ohne dass
Störungen zu beobachten waren.
Coli et und Troullieur (2) stellten einen 82 jährigen Mann vor ohne
besondere Krankheitserscheinungen; seine näselnde Sprache ist zurückzuführen
auf einen angeborenen Fensterring des hinteren Gaumenpfeilers. Er weist
2 Fenster an der linken, eins an der rechten Seite auf. Die Perforationen
sind oval, regelmässig, mit glatten Rändern versehen, mit der Längsachse von
oben nach aussen gerichtet. Die Schleimhaut ist vollkommen normal, die
Tordem Gaumenbögen frei, an der Hinterwand des Pharynx einige Granula.
Die näselnde Sprache führt der Patient auf eine Verletzung der rechten
Jocbbeingegend zurück. Nach allen Zeichen muss man die Perforationen als
kongenital ansprechen; charakteristisch dafür ist die Unversehrtheit der
Schleimhaut, die längliche und der Faserung des Pfeilers folgende Richtung,
die Unversehrtheit der Gaumenbewegungen. Man hat sie bislang besonders
am vordem Gaumenpfeiler beschrieben.
Chauveau (Arch. intemation. de laryngologie et de rhinologie,
avril 1805) sah sie auch schon am hintern Pfeiler, aber nur linksseitig, nicht
beiderseitig, wie im vorgestellten Falle. Entwickelungshemmung, embryonale
R^orption, Ernährungsstörung wird als Ursache angegeben. Aber klar ist
die Ursache der Störung nicht.
Broca(l) gibt aus seiner grossen Erfahrung die Ratschläge, deren Be-
folgung ein schnelles und sicheres Gelingen der Palatoplastik gewährleistet.
Zum Tupfen verwendet er verschieden geschnittene Schwämme; mit diesen
tamponiert er auch den Nasopharynx und komprimiert die Entspannungs-
&c\mitte. Er lässt die Rosesche Lage einnehmen.
Einen besonderen Sperrer benützt er nicht, sondern lässt nach Öffnung
des Mundes mit dem gewöhnlichen Dilatator die Zunge nach Bedarf mit
einer Zungenzange vorziehen. Die Pausen im Operieren werden zur Fort-
setinng der Narkose verwandt. Die geringste Empfindlichkeit des Gaumen-
segels mahnt die Narkose zu erhalten, weil sonst leicht Erbrechen eintritt,
^a.s sehr aufhält. Die Operation zerfällt in die Anfrischung, die Ablösung
der Lappen und die Naht.
Die Anfrischung beginnt von der Narbe am Gaumenpfeiler mit einem
spitzen Messer unter Fassen des Randes mit der Pinzette. Dann folgt die
iwCrischung nach vom unter fortwährendem Anziehen des abgelösten Randes.
4% Jahrtabwiebt fQr Chirurgi». II. Teil.
Bei nach vorn geechloBsener Spalte läast eich der Rand in continuo
abtragen. Die Blntang ans der Anfrischung stillt man durch einen in den
Spalt gelegten Schwamm. Die £ntspannungsscbnitte folgen; sie dürfen
nicht aber einen Zentimeter an den yordem Winkel herankommen. Nach
hinten kann der Schnitt eher zwischen Wange nnd Gaumen Tordringen, um
den Gaomen recht beweglich zu machen: Hat man den Schnitt vollendet.
<^ne mit dem Messer den Knochen zn verlassen, kommt die Abhebelung mit
Tr41atscher Ragine. Auch da moas man die Verletzung der Lappen streng
vermeiden. Die Ablösung vom Proc. pterygoidena muss sorgfältig gemacht
werden. Die Ablösung nimmt man am besten anter Gegendmck mit dem
Finger gegen den Lappen vor. Die Lappen müssen so beweglich sein, da.>s
sie ohne Spannung sich über der Spaltenmitte nähern lassen. Zur Anlegung
der Naht benutzt Hroca die Trölatsche U-Nadel, die gebogene Nadel
nach B landin und die krummgebogene nach Reverdin. Die Nähte vrerden
von vorn nach hinten gelegt. Die gelegten Silberdrahtnäbte werden mit
Pinzetten gefasst. Ditse ziehen den Gaumen weiter an. Die Nähte müssen
genau liegen, gleichmässig beide Ränder fassen und gleich tief fassen.
Man kann sich durch eine Haltnaht am Zäpfchen die richtige Lage der
Wandränder sichern.
Dollinger (5) näht den Gaumenspali nach Anfrischung der Spalt-
ränder, Anlegung der entspannenden Seitenschnitte und Ablösung der beiden
Weich teillappen vom harten Gaumen in folgender Weise mittelst Knopfriaht-
Zu jeder Naht gebraucht Dollinger zwei, etwa 35 cm lange Fäden; mit
Hilfe krummer Nadeln — Dollinger benätzt dazu aus weichem Stahl kon-
struierte, biegsame Nadeln — werden in entsprechender Entfernung von den
Rändern des Gaamenspaltes je zwei Fäden vom Mnnde gegen die Nasenhöhle
durchgezogen, die Nadeln mit den Fäden durch den Spalt herausgeleitet,
10 cm weit von ihren Enden zu einer Knopfhaht geknotet und die Faden-
enden mittelst einer durch das Nasenloch eingeführten Komzange durch das-
selbe heran sheför der t. Knüpft mau jetzt das Mundende der Fäden, so legen
sich die Spaltränder aneinander. Zur Entfemong der Naht schneidet man
ia der Mundhöhle, seitlich vom Knopfe, die zwei Fäden durch, entfernt den
Knopf und zieht die Fäden durch die Nase heraus. Zur Naht kann irgend
ein Faden oder Draht verwendet werden. — Dollinger bedient sich der
Seide.
Reiche (14) sah in 3 Jahren auf den ihm unterstellten Abteilungen
fttr Anginen 2ö Fälle von Plaut-Vincentscher Angina und zwar unter
194 Fällen von Halsentzündungen mit 88 echten Diphtherie- nnd 38 dipb-
therieverdächtigen Erkrankungen. 18 Patienten waren Männer, 7 Frauen.
Die jugendlichen Erwachsenen überragen, zwischen 15 and 35 Jahren standen
24 Kranke, 1 Patient war 60 Jahre. F.in Rezidiv wurde beobachtet. Die
meisten Erkrankungen fielen in die warmen Monate. Beziehung mit schlechten
Zähnen oder übler Mnndpßege konnte nicht nachgewiesen werden. Der
Beginn war meist allmählich. Zweimal nnr war Schüttelfrost vorhanden ge-
wesen, 3 mal Herpes labialis. Die charakteristischen Bacilli fasiformes wurden
12mal allein, 16mal mit Spirillen zusammen nachgewiesen.
Fast alle Fälle boten das Bild der exsudativ ulzerösen Halsentzündung.
Die diphtheroide Form mit Spindelstäbchen dauerte 8,3 Tage, die mit
Spirillen komplizierte mehr als das doppelte namentlich durch die stärkere
Mitbeteiligung des Gesamtorganismus. Hier kamen 14mal Milzschwellung, 2mal
P arisch, Yerteiziiiig9n md chirarg. Krankheiten des Gesichts etc.
rtcht grosse Milztnmoren und eine erheblicke Leukozytose vor. Das Fieber
«ar lUAssig, die LjmphdrüsenschweUuogen gering.
Nor in 8 Fällen war die Krankheit unilateral.
Pie Krankheit greift leicht yon den Tonsillen auf die Gaumenbögen
aber; Mucosa buccalis und Kehlkopf waren je Imal, Zahnfleisch und Zunge je
2 mal befallen. 3 mal bestanden nephritische Reizungen, Imal Herzirregu-
larität. Einmal folgte bei stark protrahiertem Verlauf eine Pleuritis, einmal
eine Akkommodationslähmung, eine Paralyse des weichen Gaumens und Ataxie
der weiteren Extremitäten. 5 mal vorgenommene Blutuntersuchungen ergaben
kein Resultat. Alle Kuitoryersuclie der Spaltpilze schlugen fehl; eine An-
reicherung in Bouillon gelang. Die mikroskopische Untersuchung eines operierten
Stückes ergab Beschränkung der Affektion auf das Epithel, Fortleben der
tieferen Schichten. In den aufgelagerten Kundzellen lagen die fusiformen
btäbchen massenhaft.
Die Prognose ist gut. Die Diagnose stützt sich auf das mikroskopische
BiUi und das Ausbleiben der Diphtherie bei Aussaat. Die schwere Bachen-
Teränderung kontrastiert mit den gewöhnlichen unerheblichen Schluckbe*
sckwerden; die Lympbdrüsenschwellung ist gering. Der Fötor massig, die
Afektion bleibt an den Tonsillen.
Desinfizierende Gurgelwässer neben Priessnitzschen Umschlägen
bildete die Therapie. Verschorfungen mit dem Lapisstift schienen öfters gut
IQ sein.
Reiche hält die Bezeichnung Plaut- V in centsche Angina gegenüber
inx Ton Uffenheimer beliebten der Angina ulcerosa memhranacea
aufrecht.
Morian (12) sah bei 4 Kindern mit Stomatitis ulcerosa in den Be-
iigen die Vincentschen Bacilli fusiformes, trotzdem die Tonsillen frei
vaien und hauptsächhch das Yestibulum oris befallen war. 3 mal hatte das
Ge^wär seinen Grund in scharfen Zahnkanten. Die übrige Mundschleim*
h&ut war gerötet und geschwellt. D^e Lymphdrüsen waren infiltriert. Fieber
bestand nicht, das Allgemeinbefinden war nur wenig gestört.
Die Krankheit trat gruppenweise auf. Sie dauerte 45 Tage — 2 ^/s Monate.
Vom Grunde der Geschwüre schössen Granulationen auf, die anfangs noch
iasiforme Bazillen und Spirochäten enthielten.
Die kariösen Zähne wurden entfernt, Spülungen mit Sublimat 1 : 5000
«od Hg-lösungen gemacht.
Holz (8) sah in 2 Fällen doppelseitigen Exophthalmus, den er für ein
charakteristisches Zeichen des Morbus Basedowii nach dem Vorgange Bam-
bergers und Möbius hält. Bei einem 7jährigen Knaben waren dabei
adenoide Vegetationen vorhanden ; zehn Tage später war der Exophthalmus
verschwunden. Nach 2 Jahren trat mit einem Rezidiv der Vegetationen der
Exophthalmus wieder auf. In einem andern Falle mit gleichzeitiger Tonsillen^
schvellnng hatte die Tonsillotomie keinen Einiiuss, sondern nur die Ent-
femoDg der Wucherungen. Verf. glaubt, dass bei beiden Kindern ein be^
ginnender Morbus Basedowii vorgelegt habe. Er hält diese für eine Ver«
giftong des Zentralnervensystems durch abnorme innere Sekretion. Ebenso
wie Morbus Basedowii kann auch Epilepsie und Chorea durch Beseitigung
lorhaQdener Vegetationen geheilt werden.
Thomson (17) sah bei einem 6jährigen Mädchen, bei der sich mit
dem 4. Jahre epileptische Anfälle eingestellt hatten, die sich sehr oft manchmal
JkfaT«Bb«ricbt fOr Chirurgie. II. Teil,
balb 20 Minuten 2 mal wiederholten, adenoide Wacherungen vorliegen.
latte dauernd Mundatmnng, Verbreiterung der Nasenwurzel und des
en , oberen Augenlides , ein wenig hochgewölbten Gaumen. Die Hör-
keit war herabgesetzt, VergrÖsserung der Gaumenmandel bestand nicht.
Wucherungen liessen sich bei der Digitaluntersnchung nachweisen. Die
tignng der Wucherung wurde voi^eschlagen und förderte eine grosse
9 zutage. Die Mundatmung hörte auf, das Gehör besserte sich. Der
f wurde ruhiger, aber die epileptischen Anfälle bestanden noch weiter,
orten erst einige Monate nach der Operation auf und als das Kind sich
2 Jahren wieder Torstellte, hatte es einen intelligenten Gesichtsausdruck
nnen und mehr als 16 Pfund zugenommen. Das Ausbleiben der epitep-
m Anfalle hat standgehalten. Da für gewöhnlich die Epilepsie, welche
[indem unter 10 Jahren eintritt, eine ungünstige Prognose hat, ist die
beobachtete Heilung wohl desto auSalliger und bemerkenswerter.
Seidel (16) sah bei einer 55jährigen hereditär nicht belasteten Frau
seit */i Jahr bestehende Anschwellung des Alveolarfortsatzes rechts neben
iittellinie; die bald auf die hintere Partie des Gaumens äbergriff. Vom
im Alveolarfortsatz beider Oberkiefer zog sich dicht hinter die Ecb-
I keilförmig sich nach dem Gaumen zn vorschiebend eine dunkelblau bis
irzlich pigmentierte Geschwulst, teilweise exulzeriert; dahinter in Form
erbsengrossen Tumore ein Tochterknoten im hinteren Gaumen; in der
barschaft bohnengrosse schwärzliche Pigmentflecke. Weiche Gaumen
Kieferhöhle frei, im Nasenrachenraum adenoide Wucherungen. An der
:elle der I. Carotis communis eine kirschgrosse , noch verschiebliche
). Andere Metastasen fehlten.
Mit Unterbindung der I. Carotis externa Entfernung der Drüse. Naht
r Wunde. In Halbnarkose Inzisionen der Oberlippe, am Nasenflügel ent-
nacb dem innem Augenwinkel, dort horizontal umbiegend, Einmeisselung
orderwand des Oberkiefers, Durchtrennung der knorpeligen und knöchernen
, starke Blutung bei Lösung des Oberkiefers vom Proc. pterygoidens.
Herunterklappen des Oberkiefers schnelle Durchtrennung des weichen
lens, Entfernung beider Oberkiefer, Jodoform tarn ponade. Subkutane
»alzinfnsion , Ernähmng mit Schnabeltasse, sitzende Haltung. Nach 14Tagen
JI, am 17. Tage Tod durch Embolie aus einem Thrombus der
iliaca.
Bei Obduktion in Leber, Bronchialdrüsen, Lunge Metastasen des Tumors
nicht pigmentiert.
Der Gaumentumor erwies sich als ein melanotisches Sarkom aus Spindel-
I bestehend.
Sein Auftreten an einer nicht pigmentierten Schleimbaut ist bemerkens-
ebenso die Pigmentlosigkeit der Metastasen; Verf. stellt 12 Fälle
lotiscber Tumoren am Gaumen zusammen.
Die Unterbindung der Carotis links hatte sich gut bewährt. Nur muss
Interbindung zwischen Thyr. und Ling. angelegt werden. Die Aspiration
durch Steilsitz besser hintangehalten, als durch Tamponkanüle.
Custodis (4) bespricht in einer grösseren Arbeit die Behandlung der
arachentumoren. Nach kurzer statistischer Einleitung über Vorkommen
et er sich zur Elektrolyse, wie sie zuerst von Nelaton und v. Bruns
}hlen wurde. Leider muss sie oft wiederholt werden, um zum Erfolge
hren. Manchmal wird sie zweckmässig anch als ^'o^ope^ation vor der
Partseh, Verleizangen und chirarg« Krankheiten des Gresichts etc. 441
operaÜTen Behandlung ausgeführt. Die direkten Operationsmethoden teilt
er in nasale, bnkkale und faziale. Die nasalen Methoden, die Inzision der
Nase, die Aufklappung der knorpeligen Nase (Dore), die Aufklappung der
ganzen Nase (Wutzer), die damit kombinierte Resektion des Proc. nasalis
•Billroth-Langenbeck), die temporäre Resektion des Os nasale und des
Proc nasalis, die temporäre Resektion der ganzen Nase nach Lawrence,
die seitliche Umklappung der Nase nach L inhart, die Aufklappung der
ganzen äusseren Nase nach y. Bruns, die Evulsion mit dem Löffel nach
König, eventuell mit Resektion der Nasenbeine nach y. Baracz, die tem-
poräre doppelseitige Nasenresektion nach Ollier, mit Umschlagen der Nase
Ton oben nach unten werden ausführlich besprochen und in ihrer gemein-
samen Unznlänglichkeit für eine radikale Entfernung grosser Tumoren be-
sprochen.
Von den bukkalen Methoden wird die Mannesche Spaltung des weichen
Gaumens von Gussenbauer sehr lebhaft kritisiert, der T-Schnitt Nela-
toDS, die Maisonneuyesche Boutonniere palatine, das Gussenbauersche
Verfahren mit Entfernung der Proc. palatini, die yon Huguier und Roux
2uerst ausgeführte, yon Kocher, Habs und Part seh, Gaumenresektion
erwähnt und namentlich letztere in ihrem Wert wesentlich nach der
Payr sehen Methode abgewogen. Ebenso werden die fazialen Methoden, die
präliminare Resektion des ganzen Oberkiefers nach Gensoul, nach Mai so n-
BenYe, Fergusson und Stokes, die osteoplastische Resektion nach
T. Langenbeck mit ihren mannigfachen Modifikationen besprochen.
133 Fälle geben das der Arbeit zugrunde liegende Material. Zur Vermeidung
der Aspiration yon Blut dient die Halbnarkose und die präliminare Tracheo-
U)niie. Letztere wird in der Freiburger Klinik grundsätzlich angewendet.
Erkrankungen der Mandeln.
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Nr. 1. p. 13.
Kontier (22) zeigt einen Patienten, bei dem nach einer Entfernung
der Appendix ein grosser Tumor der Mandel entstand mit gleichzeitiger
Prüsenschwellung. Sebileau hat ähnliche Fälle von einem ganz typischen
Ablauf gesehen, die nach der Exstirpation vom Munde her schnell zum Re*
zidiv und später zmn Tode führtexu Del b et hält den Tumor bei dem vor-
gestellten Patienten für einen bindegewebigen, nicht für einen karzinomatösen^
kann nach seiner Erfahrung sich der Ansicht Sebileaus von der so üUea
Prognose dieser Tumoren nicht ganz anschliessen.
Sebileau besteht auf seiner Meinung und siebt in dem raschen Be-
fallensein der Drüsen^ gegenüber den anderen Sarkomen ein Hauptmoment
der Malignität der Tumoren.
Delbet spricht sich in diesem Falle für eine Operation aus und glaubt,
dass Kontier dem Kranken dan^t einen grossen Dienst leiste^ würde.
Prym (21) hat zur Stauungsbehandlung der Tonsillen ein mit einem
Rohre armiertes Saugglas benutzt, das einen gleichmässigen, sanft umgebogenen,
glatten Rand hat. Das richtig sitzende Saugglas macht keine Schmerzen»
Nur starker Speichelfluss tritt ein; die Kranken werden am besten in Bauch-
lage behandelt.
Prym hat in keinem der Fälle Nachteile gesehen, meist dagegen baldige
subjektive Erleichterung und damit Verbesserung der Sehlackbeschwerden.
Nur ausnahmsweise werden Pröpfe zutage gefördert. Mit der Behandlung der
Mandethypertrophie mittelst des Saugglases werden keinerlei erhebliche Fort-
schritte erzielt.
In einem Falle von chronischer Angina konnte ein aus Detritus und
Bakterien bestehender Pfropf entfernt werden. Verf. empfiehlt die Methode
weiter zu versuchen.
Carlo (2) bevorzugt bei der Entfernung der Adenoiden die horizontale
Mittellage zwischen Beugung und Extension. Sie gestattet die kräftigste Be-
arbeitung der hinteren Rachenwand. Ein schmales Instrument ist besser als
ein breites, da letzteres besser fasst. Es muss eine gründliche Vernarbung
folgen, wenn das hypertrophische Organ sich wirklich verkleinern soll. Un-
angenehme Nach wehen, wie Mittelohrentzündung, sind dabei selten.
Partsob, Yerletzi»g«B und chinurg* Krankheiten des Gesichts etc. 443
Donoyan (3) schliesst seinen im wesentlichen resümierenden, nichts
Bemerkenswertes bietenden Aufsatz mit den Behauptungen, dass adenoide
Wachenmgen in jedem Lebensalter vorkommen können, dass jedes Kind, das
viederholte Erkältungen, Schnupfen^ Ohr- oder Bronohialsymptome aufweist»
sorgtaltig auf den Hals untersucht werden soll, dass bei Kindern, wo Wuche-
rangen Störungen verursachen, wenn es der Allgemeinzustand erlaubt, der
Operation unterworfen werden sollen, dass die Operation allgemeine Narkose
!Ücht erfordert, dass man ferner auf das Verschwinden und die spontane
Besserung nicht warten soll.
Hern (10) hat bei seinen Hospitalpatienten bei den verschiedenartigsten
Augenerkranknngen den Zusammenhang mit adenoiden Wucherungen festzu-
stellen gesucht, so hat er die Bindehautentzündung mit Phlyktänen, das weiche
Bomhautgescbwür mit ekzematöser Hornhautentzündung, die Überempfindlich-
keit der Homhant in Zusammenhang mit den Wucherungen gefunden, so das«
er die Forderung aufstellt, dass bei diesen Erkrankungen im Kindesalter immer
eine spezialiaüsche Untersuchung der Nase vorgenommen werden sollte. Er
glaubt, dass die Augenerkrankungen Folgezustände der Nasenerkrankungen
seien, einmal durch ausgesprochene Verschlimmerungen des Allgemeinbefindens,
das andere Mal durch wirkliche Fortleitung des Entzündungsprozesses vom
Nasengange aus durch das Auge, ähnlich wie dieser sich auch fortleiten kann auf
das innere Ohr, in einzelnen Fällen von Heufieber will er auch schon früh-
zeitig bei der eraten Schwellung der Nase Veränderung in den Augenwinkeln
and Tranenpunkten wahrgenommen haben.
Thomson (25) bespricht die Frage der Eröffnung der peritonsillären
Abszesse. Es wird dabei nicht immer berücksichtigt, dass bei denselben der
Eiter hauptsächlich in dem lockermaschigen Gewebe zwischen Mandel und
ScUundaponeorose und damit oberhalb und nach vom von den Mandeln
sitzt. Für den besten Punkt, den Eiterherd zu eröffnen, hält Thomson
den Schnittpunkt einer Linie von der Basis der Uvula bis zum Weisheits-
zahn derselben Seite mit einer vertikalen, die von der Wand aufwärts gezogen
vird. Künstliches Licht hilft dabei gut. Allgemeinnarkose überflüssig, Be-
pioselong mit 5 ^h iger Kokainlösung wünschenswert. Eine gebogene Punktions-
nadel in den Abszess einzuführen hält Verf. nicht für notwendig.
Vincent (27) glaubt nach der Bemerkung von Plaut annehmen zu
müssen, dass dieser nie bei seinen FäUen von Angina den Bacillus fusiformis»
sondern das Spirillum sputigenum gesehen, dass er also eine Vincent sehe
Angina vor sich gehabt habe. Diese Fälle hätten noch andere Symptome
gekabt.
Auch die Annahme Plauts, dass die verschiedenen Pilzformen Ab-
kömmlinge ein und derselben Mikroben-Streptothrix seien, bestärke ihn in der
Annahme, dass Plaut nie den Bacillus fusirormis gesehen.
Er verzichtet auf weitere Einwendungen Plaut gegenüber.
Vincent (26) gibt, um die Häufigkeit der auf dem fusiformen Ba-
zillus beruhenden Form zu charakterisieren, eine statistische Übersicht über
221 genau untersuchte Anginafälle seines Hospitals.
Es erwiesen sich 13 diphtheritisch, 5 auf Infektion mit fusiformen Ba-
uten, 95 auf Streptokokkeninfusion, 57 auf Staphylokokkeninfektion, 9 auf
Pneomokokken, 2 auf Kolibazillen, 1 auf Friedländ ersehen Bazillus, 39 auf
po^jnnkrober Infektion beruhend. Die Häufigkeit der fusiformbazillären Angina
betraf demach 2,26%.
444 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
Die Statistik umfasst nur 20 — 25 jährige. Marfan fand bei Kin-
dern IVo.
Plaut (17) zitiert noch einmal die genaue Beschreibung des Mill er-
sehen Bazillus. Wenn Vincent meint, dass er dem seinen nicht gleich sei,
so führt er Bareggi, Stoos, Bernheim, Abel und Hein, Stoecklin,
Salomon, Hess und Gross an, die dn die Identität glauben. Vincent
hat selbst seinen Bazillus bei Gesunden im Zahnstein und Pharynxeingangs,
neben Spirochäten gefunden. Eine besondere Sorte könnte Müller bei seinen
Studien nicht entgangen sein.
Plaut (18) bestreitet Vincent die Priorität an der Entdeckung der
Angina mit fusiformen Bazillen. Seine Arbeiten seien älter als die Beobach-
tungen Vincents. Aus der Tatsache, dass seine Fälle rascher und günstiger
verlaufen, könne kein Schluss gezogen werden, dass das nicht Anginen mit
fusiformen Bazillen gewesen. El 1er mann habe nachgewiesen, dass die kurze
Form des Bacillus fusiformis eine Spirillenform sei. Er hält sich verpflichtet,
auf seine Priorität Anspruch zu machen, da sein Name konstant in den An-
gaben der französischen Autoren verschwiegen sei.
Vincent erwidert, dass Plaut in seiner ersten Arbeit nur von einem
Mi II ersehen Bazillus gesprochen habe, der aber weder von ihm, noch von
Miller selbst bestimmt charakterisiert sei. Nach alle den Beschreibungen
sei es ein krummes, vibrionenähnliches Stäbchen, das mit dem von ihm be-
schriebenen keine Ähnlichkeit habe. Mace habe das in seinem Trait6 de
bacteriologie abgebildet. Die Plantsche und seine Angina seien ganz ver-
schiedene Formen.
Felix (5) teilt 32 Fälle von Zerstückelung der Gaumenmandel nach
dem Vorgange Ruaults mit, welches anscheinend bisher ausserhalb Frank-
reichs keine so umfangreiche Verbreitung erfahren hat. Er benützte die von
Ruault angegebene Zange und operierte in zwei Sitzungen, die 1 — 3 Tage
auseinander lagen. Die Zerstückelung der Mandel ist nicht schmerzhaft. Sie
war ohne Lokalanästhesie ausführbar und machte nur Schmerzen, wenn die
Mandel zu tief gefasst wurde. Es tritt keine heftige Reaktion nach der Ope-
ration auf, so dass dieselbe ohne Berufsstörung auszuführen ist. Jedenfalls
ist die Reaktion bei der Abtragung mit der Glühschlinge weit bedeutender.
Die Blutungen sind nicht besonders häufig. Das beste Mittel zu ihrer Stil-
lung ist die digitale Kompression. Doch die Zerstückelung der Mandel wurde
nie bei Kindern unter zehn Jahren vorgenommen. Bei jungen Kindern zieht
er den Mandelschnitt vor.
Fein (9) stellt für die Beseitigung der Rachenmandel dieselben Be-
dingungen hin, wie für die anderen Operationen, das Ausführen cito, tuto et
jucunde, wodurch meistens die Narkose überflüssig gemacht wird.
Die schwere Zugänglichkeit des Operationsfeldes, seine Wölbung er-
schwert die Operation erheblich.
Dadurch ist für das Instrumentarium die Vorbedingung gegeben, dass
es eine den anatomischen Verhältnissen angepasste Form haben muss. So
muss der schneidende Messerrand der Ringmesser alle Teile der Anheftungs-
fläche vom Septum an bis an die hintere Rachenwand erreichen. Fein stellte
die anatomischen Masse des hier in Betracht kommenden Raumes, die Länge
des harten Gaumens, des weichen Gaumens, des hinteren Vomerrandes, des
Winkels zwischen der Ebene des Gaumens und dem hinteren Vomerrande fest
und konstruierte danach ein in seinem Stiel bajonettförmig abgeknicktes
Partseh, Yerletzungen und chinirg. Krankheiten des Gesichta etc. 445
Messer, durch dessen Bewegung die vorderen Partien der Wucherungen leicht
erreicht werden können. Es gestattet ausserdem ein sehr kräftiges, festes
Erfassen und womöglich dadurch eine desto sichere Operation. Ausserdem
bnn der Operateur in sitzender Stellung operieren und dabei die Führung
des Messers sicher kontrollieren. Wie das Messer gefasst werden soll , wird
ansfährlicher beschrieben. Für die schneidende Partie empfiehlt Fein die
Form nach Kirstein. Das Instrument wird bei Reiner gefertigt.
Hill (12) spricht gegen die schematische Exzision der Mandeln bei
Kindern. Er unterscheidet drei Arten von Erkrankungen:
1. Die dauernd geschwollenen, roten und leicht reizbaren Mandeln, spe-
zifisch skrofulöser Natur.
2. Die in ihrem Innern erkrankten Mandeln, gelegentlich akut absze-
diert und
3. die Mandeln mit Geschwüren an ihrer Oberfläche.
Die erst erkrankten müssen stets entfernt werden.
Die zweite bedarf der Ausschabung des Krankheitsherdes mit nach-
folgender Ätzung, die solange fortgesetzt wird, bis die Mandeln innerlich aus-
geheilt sind. Man soll alle Mandeln, welche behandelt werden können, be-
handeln und nur die, welche nicht mehr behandelt werden können, exzidieren.
Demgegenüber tritt Herron für eine energische Beseitigung der vergrösserten
Mandeln ein und weist besonders auf die geistigen und physischen Störungen^
die sie verursachen, hin. Dieser Meinung stimmt auch Savage zu.
Beurmann und Gougerot (1) berichten über einen eigenartigen Fall
Ton Karzinom auf tuberkulöser Basis bei einem 6ö jährigen Mann, der schon
mit 27 Jahren Husten und massigen Auswurf hatte. 1904 während eines mit
Giykosorie verbundenen Karbunkels entstanden bei wiederholten Anginen, Yer--
eiterongen der Halsdrüsen, 1905 Knoten in der Zunge und Anschwellung des
weichen Gaumens und ein Monat später Geschwüre an der Mandel. Es
eotstanden Fisteln, von denen zwei mit eingezogenen, am hinteren Rande des
rechten Kopfnickers gelegenen Narben heilten. Zwei andere eiterten weiter.
ins ihnen Hess sich eine käsige Masse mit reichlichen Tuberkelbazillen aus-
drücken. Ob die Zunge früher oder nach den Mandeln erkrankte, ist nicht
genau zn eruieren. In der Zunge linkerseits finden sich drei harte, schmerz-
lose Knoten; der mittlere liegt dem ersten Mab Izahn gegenüber und ist stark
geschwürig; im Grunde sind 3 — 4 Knötchen sichtbar. Die scheinbar fluktuie-
rende Schwellung des weichen Gaumens lässt auf sechs Punktionen keine
sichere Flüssigkeit austreten. An zwei Punktionsstellen treten weisse Knötchen
auf. Ein tiefes Geschwür höhlt die linke Mandel aus und reicht bis zu den
Knoten des Zungenrandes ; es hat die beiden Gaumenpfeiler bereits arrodiert.
Die Unterkiefer- und Karotidendrüsen sind geschwollen, hart, unempöndlicb.
Das Schlucken ist erschwert, die Sprache näselnd ; er klagt über neuralgische
Schmerzen hinter dem Ohr und im Auge. Im Mandelgeschwür fanden sich
im Ausstrichpräparat Tuberkelbazillen. Im mikroskopischen Präparat der
exzidierten Randstücke mischte sich ein Plattenepithelialzellenkarzinom mit
den Zeichen chronischer Entzündung. An dem weichen Gaumen waren nur
karzinomatose Veränderungen, keine tuberkulösen; die Drüsenschwellungen
über dem Schlüsselbein trugen nur tuberkulösen Charakter. Im Hospital
nahmen die Affektionen zu, verschlimmerten erheblich das Allgemeinbefinden.
Die Tuberkulose scheint die Disposition für die karzinomatösen Veränderungen
geschaffen zu haben«
446 Jl^Tesbericfat fOr Chirurgie. tL Teil
Seyffert (23) bat dag Mathiensche TonBÜlotom dadurch Terbeasert,
dass er die Deckrioge, welche die Reinigung erschweren nnd die Applika:tion
bei tief im Rachen sitzenden Mandeln schwer möglich machen, bis anf einen
balbmondfönnigen Abschnitt entfernt hat. Statt der Crabel hat er eine Zange
angebracht, welche sich mit der Messerbewegang anf- und zuziehen lässt.
Diese zieht aber die Mandel nicht heraus. Er glaubt das Vorziehen der
Mandel anschuldigen zu müssen als Grund für schwerere Blutungen and hält
BS andwerseits für überflüssig, weil es gentige nnr die prominente Partie der
Mandel abzutragen. Das Instrument braucht nur in einer Grösse angefertigt
ni sein.
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Hecht (5) teilt zwei F^Ile mit, in denen für schwere allgemeine Sym-
ptome eine Kieferhöbleneiterung anzuschuldigen war. Im ersten Falle bestand
neben einem von einem alten Gallenleiden herrührenden Fieber nach dessen
Beseitigung ein allgemeiner Schwächeznstand mit Neuritis (?) in beiden Armen,
Schmerzen und Schluckbeschwerden, die sich sämtlich nach Entleerung des
Eiters aus der Kieferhöhle besserten. Im zweiten Falle trat nach Eiterung
im Kiefer von einem Zahne aus Ödem der Wange, Protmsio bulbi, Eiter-
Ansammlung in der vorderen Angenkammer und plötzliche Erblindung ein-
Eine Meningitis führte zum Tode.
Menzel (10) macht auf die Tati^ache aufmerksam, dass gewisse Sjm-
ptome der KieFerhöhlenempyeme, so der Kopfschmerz und die Sekretion, die
einen typischen, charakteristischen Ablauf zeigen, meist in den Morgenstunden
am heftigsten sind. Menzel hat nun einen Fall beobachtet, bei dem auch
der dem Sekret anhaftende Fäuinisgeruch nicht kontinuierlich, sondern nur
2U ganz bestimmten Tageszeiten in einer täglich wiederkehrenden Regel-
Part seh, YerletSQ&g^ii und efairarg. Krankheiten des Gesichts etc. 417
»
misagkeit ron dem Krattken empfanden wnrde. Anch die Zahnschmerzen
m linken Oberkiefer folgten diesem Typus. Er bringt diese Erscheinung auf
die Steigerung der Sekretmengen in den Vormittagsstunden zurück und meint,
^ dieser üble Geruch nur dann zu bemerken wäre, wenn das Sekret reich-
licher sich einstelle.
Martin (9) macht auf die Fälle aufmerksam, bei denen bei verkästem
Eiopjem der Kieferhöhle oder auch bei flüssigem Sekret das natürliche Ostium
d«s mittleren Nasenganges bei der ersten Durchspülung unzugänglich ist,
aber nach derselben am nächsten Tage vollständig frei für Durchblasung sich
erweist Verf. führt drei solche Fälle an, wo nach der ersten Ausspülung
trotzdem schnell eine Heilung eintrat. Die heilungshemmende Wirkung des
^cUusses liegt nicht so sehr in dem freien Abfluss des Eiters, als in der
Ausschaltung der Ventilation der Höhle, ausserdem aber ganz besonders in
der übermässigen und dauernden Stauung des Blutstromes infolge der An-
saagung unter direkter Kompression der abführenden Venen. Auf die
Y^irkaug des negativen Druckes bei Verschluss der Ostien ist schon ton
Znckerkandl und Zarniko hingewiesen worden. Da die Gefässe der
Kieferhöhlenschleimhaut durch das Ostium ein- und austreten, so wird schon
durch leichte Schwellung der Schleimhaut das Venennetz komprimiert und
damit eine Stauung in der Kieferhöhle hervorgerufen. Er führt die günstige
Wirkung und die rasche Ausheilung auf die Stauungshyperämie im Bi er-
sehen Sinne zarück. Merkwürdig ist nur, dass die Heilung eintritt, wenn
die Stauung auftritt (Ref.).
Witzel (14) empfiehlt zur Ausspritzung von Kieferhöhlen Jodoform-
emnlsion zu benutzen, die er sich durch Einträufeln von Jodoformspiritus in
Wasser herstellt.
Die Sekretion soll in frappanter Weise (!) nach der ersten Ausspritzung
mit dieser Emulsion aufgehört haben.
Kretschmann (8) teilt eine Methode zur Eröffnung des Antrums
mit^ welche nach Vorgang der Lucschen den Zugang durch einen von der
Mittellinie parallel dem Zahnfleischsaume des Oberkiefers bis zum 2. Molaris
geführten Schnitt nimmt, von dem aus die Vorderfläche des Oberkiefers und
über die Apertnra pyriformis fort auch die mediale Wand und der Nasen-
boden freigelegt wird durch Abhebelung der Weichteile und der Schleimhaut.
SUtt nnn die Umwandung der Apertura, wie es Friedrich tat, fortzu-
nehmen, wird ein Pfeiler hier erhalten und nach aussen davon die Wand
des Oberkiefers in grosser Ausdehnung mit Meissel und Hammer fortge-
nommen, und von dieser Öffnung aus die Antrumschleimhaut , soweit sie
dem unteren Nasengang entspricht und das Knochenblatt nahe seiner vorderen
Insertion durchtrennt und mit der Knochenzange bis zur hinteren Begren-
zangslinie entfernt. Von der Nase drückt ein Tampon die Nasenschleimhaut
in im Antrumdefekt hinein und füllt das ganze Antrum aus.
Der Druck der Gaze (Vioformgaze) bringt die selbst sehr geschwollene
Antrumschleimhaut, die im übrigen erhalten und nicht entfernt wird, so zur
fiückbildung, dass eine Entfernung sich erübrigt.
Bei sehr veränderter Antrumschleimhaut bleibt die Wunde nach dem
Mmide zu offen. Unter Spülungen tritt aber rasche Heilung ein.
Die grundsätzliche Erhaltung der Antrumschleimhaut und die Anlegung
einer sehr breiten Kommunikation nach der Nase sind wohl der Hauptwert
und die wesentlichsten Momente der Operation.
%
)
. {
448 Jahresbericht fOr Gbirargie. 11. Teil.
Strubel! (13) stellt in der Behandlang der Kieferhöhlenempyeme, die
er in leichtere und schwerere Fälle teilt, fest, dass der Patient nur solange
zu spülen ist, als er es sich gefallen lässt, und dass jede radikale Methode
zu verwerfen ist, bei der eine dauernde Kommunikation zwischen Kieferhöhle
und Mundhöhle bestehen bleibt Gesunde Zähne sollen nicht extrahiert werden
zur Beseitigung des Empyems. Die eingreifenden Operationen von Jansen
und Bönninghaus bekämpft er und bevorzugt die vonHäjek modifizierte
Luc-Caldw eil sehe Operation. Bei akuten Fällen ist zunächst ein Versuch
mit Probeausspülungen zu machen, nach 4 — 6 Wochen die Operation nach
Cooper oder Krause-Mikulicz zu machen, und erst nach Jahren, wenn
alles fehlgeschlagen, die Badikalmethode nach Luc und Caldwell in der
Modifikation nach Hajek.
Friedrich (4) empfiehlt zur Behandlung der Kieferhöhleneitemng einen
kleinen Flügelschnitt am Nasenwinkel mit Abklappen des Nasenflügels. Re-
sektion eines Teiles der fazialen und eines grösseren Teiles der nasalen Wand,
dadurch gewinnt man einen Überblick über den ganzen Hohlraum, erhält die
Möglichkeit zu bequemer Ausräumung und vermeidet operative Komplikationen
mit der Mundhöhle. Die Operation ist ganz besonders dort am Platze, wo
das Leiden sehr hartnäckig und eine dauernde Fistel zwischen Kieferhöhle
und Mund zurückgeblieben ist.
Cordes (3) tritt für die ursprünglich Krause sehe Methode der Be-
handlung der Kieferhöhle ein, welche mit der Öffnung dieser Höhle von dem
unteren Nasengange aus eine Trockenbehandlung der Höhle verbindet. Er
bekämpft die verschiedenen gegen die Methode erhobenen Einwände. £r
wählt einen ziemlich grossen Troikart, mit dem er unter Kokain-Anästhesie
in der Mitte der unteren Muschel die nasale Wand der Kieferhöhle durch-
stösst. Die Höhle wird ausgespült und die Spülung durch Lufteinblasung
mit Hartmannschem Clysopompe unterbrochen, dann wird durch die geöff-
neten Kanäle Jodoform mit dem Pulverbläser eingeblasen.
Die Patienten werden täglich 8—10 Tage lang behandelt. Bei schwereren
Fällen mit polypöser Degeneration der Schleimhaut wurden auch Alkoholein-
blasungen vorgenommen, bei Idiosynkrasie gegen Jodoform Heroform oder Vio-
form verwandt. Patient hat sein Verfahren bei 39 Patienten benützt, bei
denen viermal das Leiden doppelseitig war. Nur 32 Fälle können für die
Statistik verwertet werden, bei denen 36 mal die Höhle erkrankt war. Davon
wurden 30 geheilt. Ungeheilt blieben nach 3 — 9 monatlicher Behandlung 6.
Die Höhle pflegt in der Regel trocken zu werden in der 6. — 8. Woche. Er
stellt seinen Erfolgen die anderer Operateure gegenüber wie Killian,Chiari,.
Rethi, Hartmann, Grünwald, und kommt angesichts seiner 83,3^0
Heilung zu dem Schluss, dass von den ohne Narkose und ohne Berufsstörufigen
ausführbaren Methoden zur Behandlung der chronischen Kieferhöhleneiterungen
die Krausesche die erfolgreichste, für den Arzt und auch den Patienten
bequemste ist.
Bei der Eröflfnung der Kieferhöhle durch die Kü st ersehe Operation
wurde die Behandlung ebenfalls von dem unteren Nasengange aus durchgeführt.
Er ist damit in zwei Fällen, wo er dasselbe von vorneherein anwendete, in
3—6 Wochen zu einem dauernden Erfolge gekommen.
Onodi (12) gibt vor allem eine genaue Beschreibung der topographi-
schen Verhältnisse der Highmorschen Höhle; die untere Wand ist oberhalb
der Zahnzelle des H. Backen-, sowie des I. und U. Mahlzahnes am dünnsten,
(..;< '
mmi.:
Partsch, Verletzangen and chirurg. Krankheiten des GresichU etc. 449
ihr tiefster Punkt liegt über der Wurzelzelle des I. Mahlzahnes. Anatomisch
vire somit die Eröffnung nach Cooper auf dem Wege des Zahnzellenfort-
satzes am zweckmässigsten an Stelle des IL Backen- oder I. Mahlzahnes aus-
zuführen; der II. Mahlzahn bietet ob seiner rückwärtigen Lage schon manche
Schwierigkeiten.
Was die Methode der Eröffnung anbelangt, so ist dieselbe mit Hand-
Bohrern (Hartmann, Scholtz, Walb, Siebenmann, Hajek), Hand-
Trepanen (Chiari, Thornwaldt, Scheinmann) oder elektrischen Bohrern
ausführbar. Beim Bohren halte man sich nach oben und etwas nach innen;
dringt man nach oben aussen vor, so gelangt man in die Fossa canina. Der
hergestellte Kanal sei zumindest 3 — 5 mm weit. Die eröffnete Highmorsche
Höhle wird mit lauwarmer physiologischer Kochsalzlösung oder schwacher
Borlösnng ausgespült, eine Woche hindurch mit Dermatol- oder Xeroform-
Gaze drainiert, dann mit einer Kautschuk- oder Gold-Prothese verschlossen.
Wird das Sekret schleimig, so kann Chlorzink- oder Lapislösung zur Ein-
spritzung verwendet werden, andere (Chiari) blasen trockene Pulver (Jodol,
Dermatol etc.) ein. Mit Abnahme der Sekretion wird auch der Propf der
Prothese verkleinert.
Die Heilnngsdauer beträgt Monate bis Jahre. Gergö (Budapest).
Canfield (1) bespricht die Kombination der Eiterungen der Kiefer-
höhle mit der der Nebenhöhlen. In seinem Material ist nur in 40 ^/o der
Fälle der Kiefer allein ergriffen , in 60 ^/o eine Eiterung im Sieb- und
Keilbein vorhanden. Dabei sind immer Störungen des Allgemeinbefindens
mit verbunden. Verf. tadelt, dass man im allgemeinen zu stark bei der Be«
handlang der Höhlen schematisiere, entweder zu konservativ oder zu radikal
verfahre. Die erste Bedingung für eine erfolgreiche Behandlung ist die Be-
seitigung der Ursache, die bei den Kieferhöhleneiterungen entweder in Er-
krankungen der Nasenhöhle oder in kariösen Zähnen ihren Grund haben.
Lues, Tuberkulose und Geschwulstbildungen seien nur Ausnahmen. Bei dem
dentalen Empyem empfiehlt er zunächst nicht nur den erkrankten Zahn,
sondern auch den kariösen Knochen der Nachbarschaft zu entfernen. Mit
Recht hält er die Eröffnung von Alveolen und die Behandlung von dort aus
für einen Zeitverlust. Gefahr der Infektion der Kieferhöhle vom Munde
her ist zu gross, und die Öffnung dauernd offen zu halten und täglich die
Höhle auszuspülen, ist nicht nur umständlich, sondern die dauernde Heilung
zweifelhaft. Die Statistiken ergeben zur Genüge die Unzulänglichkeit dieser
Behandlungsmethode. Er zieht die Behandlung von der Nase aus vor, zumal
dabei gleichzeitig die Behandlung der hier gelegenen Affektion mit erfolgen
kann. Sorgfaltige Nasenuntersuchung zeigt, dass in den meisten Fällen Hyper-
trophie, polypöse Wucherungen vorhanden sind, deren Beseitigung erst eine
ToUe Heilung sichert. Sie sind es, welche durch Prädisposition zu Influenza,
Diphtherie, wiederholten Erkältungen zur Veranlassung des Empyems bei-
tragen. Gerade die hypertrpphischen Schwellungen sind für die Ätiologie
besonders wichtig. Sie geben sowohl Veranlassung zu Eiterverhaltung und
damit zur Infektion der Kieferhöhle, als auch zur Verhaltung des in ihr be-
findlichen Sekrets. Sie beeinträchtigen die freie nasale Atmung, die für die
Gesundung der Schleimhaut die wichtigste Vorbedingung ist. Sie muss in
erster Linie hergestellt werden, wenn Genesung eintreten soll. Der Zugang
lur Kieferhöhle vom mittleren und unteren Nasengang ist meistenteils nur
durch Entfernung eines Teils der Muschel zu ermöglichen. Der Zugang muss
Jahresberiebt für Cbirargie 1905. 29
^0 J*hreBbericht fflr Chinirgi«. II. Teil.
'/s — '/* Zoll gewählt werden, um sicher zu sein, dass die Kieferhöhle dauernd
offen bleibt. Man kann von ihm aus die Kieferhöhle direkt ausblasen. Wird
sie aasgewaschen, kann man sie mit heisser Luft nachtrocknen. Er will die
Heisslafteinblasungen an Stelle der Innenauaspülungen setzen und dieses viel-
mehr nur zur Probe verwendet sehen, für den eventuellen Nachweis etwa
vorhandenen eingedickten Schleims. Verf. geht dann weiter auf die Behand-
lung der Sieb- und Keilbeinentzündungen über. Sie müssen erst in ihrer
Ausdehnung vorher genügend bekannt sein, ehe man an ihre Behandlung
herantreten kann. Er empfiehlt daher die Luc-Caldwellsche Behandlungs-
methode, mit der vollständigen Entfernung der inneren Schleimhaut. Eine
sorgfältige Nachbehandlung ist aber auch dann noch am Platze.
Brownkelly (7) bespricht die Methode der Durchleuchtung der Kiefer-
höhle, wie sie zuerst von Czermak im Jahre 1878 empfohlen worden war,
und von Voltolini aufgenommen und verbessert worden war. Hering
hatte gefunden, dass beim gesunden Antrum das Licht einen Teil der Wan^e
und das untere Auge rot erscheinen lässt, während beim Empyem diese (.ie-
genden dunkel zu bleiben pflegen. Vohsen macht dann auf die Durchleacb-
tung der Pupille aufmerksam, Kelly selbst, dass bei gesundem Antrum der
Patient bei geschlossenem Auge einen roten Schein bemerkt, der bei erkranktem
Autrum fehlt. Bei der Durchleuchtung sind diese drei Zeichen, der rote
Antrumfleck, die leuchtende Pupille und die subjektive Lichterapfindung, von
Bedeutung. Kelly benutzt zur Durchleuchtung eine Lampe mit angebogenem
Handgriff, über welche verschiedene Schlussstücke geschoben werden können,
von denen das eine die Zunge schützt, die anderen die Durchleuchtung der
Stirnhöhle, das dritte die retromaxilläre Durchleutung ermöglicht. Die Durch-
leuchtung muss in einem vollständig dunklen Räume vorgenommen werden.
Prothesen sind selbstverständlich vorher zu entfernen. Die Lampe soll auf
die Mitte der Zunge in genügender Entfernung vom Gaumen gebracht werden.
Der Strom soll allmählich eingeleitet werden, feine Differenzen sind nur bei
mittlerer Lichtstärke zu beobachten. Ausser der diffusen Rötung der vor-
deren Partie des Gesichtes beobachtet man bei der Durchleuchtung in vielen
Fällen einen halbmondförmigen Fleck am u nteren Rande der knöchernen
Orbita. Ausser diesen ist aber der infraorbitale Fleck vorhanden, er er-
scheint meist erst, wenn man nach Auftreten des halbmondförmigen Fleckes
den Strom noch steigert. Es fliessen dann auch meistens beide zusammen,
ausser diesen beiden beobachtet man noch einen Lichtfleck am inneren Drittel
des Auges. Er scheint dem oberen und vorderen Winkel des Antrums zu
entsprechen: vielleicht aber auch dem Tränensack, weshalb wohl auch die
Bezeichnung lakrimaler Fleck am Platze ist; er kann auch noch deutlich
leuchtend erscheinen, wenn auch die Kieferhöhle voll ist. Der nasale Fleck
entspricht dem Nasenbein. Das helle Licht innerhalb der Nase wird durch
Erkrankungen des Antrums nicht verändert. Die Pupille pä^ bei der
Durchleuchtung erweitert zu sein. Man siebt, ihr Licht fällt am besten,
wenn man den Patienten auffordert, nach oben zu sehen. Die subjektive
Lichtempfindung ist bei geschlossenen Augen und bei rascher Unterbrechung
des Stromes festzustellen. Sie bleibt aber immer etwas Unsicheres, bei Kindern
unter 10 Jahren hält sich bei wachsendem Strom der lakrimale Fleck auf,
dann die Wange zu gleicher Zeit mit den Pupillen, der halbmondförmige
Fleck ist meist nicht sehr ausgesprochen, sondern fliesst mit dem Wangen-
äeck zusammen. Bei Kindern von 10 — 15 Jahren sind die lakrimalen Flecke
Partach, Yerletzungen and chirurg. Krankheiten des Gesichts etc. 451
and Pupillen in der Regel hell, manchmal wird direkt eine Verbreiterung der
Helligkeit bis in die innere Hälfte des Auges wahrgenommen; bei jungen Er-
wachsenen ist gewöhnlich der halbmondförmige Fleck ausgesprochen, auch
tritt die asymmetrische Gestalt des Antrums deutlich hervor. Die Durch-
leuchtnng gelingt am besten bei mageren Personen mit dünnen Knochen,
deren Gaumen nicht zu hoch gewölbt ist und deren Nasenhöhlen frei imd
geräumig sind. Veränderungen der Augenmedien haben natürlich Einfluss
auf die durchleuchtete Pupille, von intranasalen AJTektionen können Zysten
mit klarem Inhalt und yerdünnten Wänden die Helligkeit steigern, während
Eiter, Schleim und Blut entzündliche Verdickung der Schleimhäute und Ge-
schwülste die Verdunkelung beeinträchtigen. Bei 100 Personen, deren Kiefer-
höhlen wahrscheinlich normal waren und bei denen der harte Gaumen nicht
migebührlich gewölbt war, fehlten auf beiden Seiten der halbmondförmige
Fleck 13 mal, die Durchleuchtung der Pupille 23 mal, die subjektive Licht-
empfindung 10 mal, während auf beiden Seiten gleich 62 mal der halbmond-
förmige Fleck, 63 mal die Pupillendurchleuchtung und 60 mal die subjektive
Licht empfindung auftrat. Von 100 Antrumerkrankungen waren in 77 Fällen
der halbmondförmige Fleck und die beiden Augenerscheinungen auf der ge-
sunden Seite vorhanden, auf der erkrankten nicht. Die Durchleuchtung ist
deshalb nicht ein absolut untrligerisches Zeichen.
Mi eck (11) beschreibt ein totes Osteom der Kieferhöhle. Der 36 jährige
Patient hat ohne Veranlassung im 14. Lebensjahre eine leichte Vorwölbung
der rechten Backe bemerkt, ohne alle Beschwerden. Nachdem die Geschwulst
von Jahr zu Jahr gewachsen war, trat im Frühjahr 1902 Eiterung am rechten
Oberkiefer auf, die durch Entfernung zweier Backzähne zum Stillstand kam.
Trotzdem trat später wieder Eiterung aus der Gegend des Eckzahnes auf,
die selbst nach Anwendung des Prämolaren sich nicht stillen liess. Deshalb
inirde zur Operation geschritten. Die rechte Oberkiefergegend zeigte keinerlei
entzündliche Veränderungen, ist geschwollen und knochenhart anzufühlen.
Die durch eine kleine Fistel neben dem Eckzahn eingeführte Sonde stösst
auf rauhen Knochen. Die Schleimhaut wird am Zahnfortsatz gespalten, die
Oberkieferhöhle geöffnet. Dabei stösst man auf einen abgestorbenen Knochen,
der wie die Nuss in einer Schale liegt, walnussgross, auffallend schwer und
stark angenagt ist. Die zurückgebliebene Höhle wird tamponiert. Der
Tumor bestand aus losgelöster Knochensubstanz, mit sehr feinen engen Ka-
nälchen.
Erkrankungen der Riefer und Zähne.
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und des Zangenbodens. Reyiata de chir. Nr. 5. p. 229. (Rumttniscb.)
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29*
• .:»
l ,.
452 Jahresbericht für Ghinu-gie. IL Teil.
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f. Chir. 77. Bd.
33. Witzel, Karl, Chirurgie und Prothetik bei Kiefererkrankungen. Berlinische Verlags-
anstalt. Berlin 1905.
: Speiser (28) empfiehlt zur Fixation der Unterkieferbrüche das Zelkloid
. als Schienenmaterial. Eine Zeliuloidplatte lässt sich in kochendem Wasser
'; in jede beliebige Form biegen, erhärtet aber dann in dieser. Es wird nun
eine solche Platte über die Zahnreihe kappenförmig übergelegt und durch
DrahtschÜDgen befestigt, die unter einer anderen durchgeführt sind, welche
die der Fraktur zunächst liegenden Zähne zusammenhält. Die Durchsichtig-
keit des Zelluloids gestattet eine gute Übersicht über das Wundgebiet. Der
Verf. rühmt ganz besonders die gute Beseitigung der aufwärtegerichteten
Dislokation.
Matas (18) betont ganz besonders für die Behandlung der Dnterkiefer-
brüche, dass es das Bestreben der Chirurgen sein müsse, die Bedingungen
für eine Knochenvereinigung mit der geringsten Beeinträchtigung der Funktion
zu erfüllen. Gerade am Unterkiefer hat die Feststellung schwere Nachteile,
sowohl durch Störung der Sprache und der Nahrungsaufnahme, als ganz be-
sonders durch die verhängnisvollen Folgen der oralen Sepsis. Aber die tech-
nischen Schwierigkeiten bei der Fixierung der gebrochenen Fragmente sind
meistens sehr gross, erfordern viel Scharfsinn, wie er von jeher gerade auf
Partach, Yerleizangen und chimrff. Krankheiten des Gesichts etc. 453
diese Brndie yerwendet worden ist. Verf. hat nach dem Index-Katalog über
75 verschiedene Verbände und Behandlungsmethoden dieser Brüche zasammen-
stellen können und dabei ist die Liste noch nicht vollständig. Allerdings
finden eine grossere Anzahl der neueren Methode ihre Vorläufer in früheren
Publikationen, sind nur vergessen worden. Aber Berücksichtigung muss der
Gesiditspunkt finden, dass keine Methode für alle Fälle brauchbar ist und
dass derjenige das beste Resultat erreichen wird, der die Mittel je nach dem
Fälle wählt. Die Zusammenarbeit des Chirurgen mit dem Dentisten wird
bich empfehlen, aber nicht immer durchführbar sein. Bei leichten Fällen
wird auch die Mitarbeit entbehrt werden können. In dem Charity-Hospital
in }sew-Orleaxis wurden in den letzten 20 Monaten 25 Fälle von Unterkiefer-
brach bekandelt, eine grosse Anzahl der Fälle mit Ruhestellung mittelst
eines Kinnstückes. Diese Methode hat gute Resultate ergeben, ist überall
durchführbar in den Fällen, in welchen die Schleimhaut und die Weichteile
nicht ^heblich verletzt sind und die Neigung zur Verschiebung nicht sehr be-
deutend. Die Methode hat den Vorteil, dass die Patienten nur wenig Be-
lästigung erfahren und in der Öffnung des Mundes nicht sehr behindert sind,
Todnrch die Reinigung des Mundes erheblich gefordert wird. Aber anderer-
seits kommen auch Fälle von einfachen oder mehrfachen Brüchen vor, bei
welchen die Verlagerung eine grössere und die Richtigstellung der Fragmente
sehr erschwert ist. Gerade diese Fälle haben das Hauptkontingent zur Er-
findung der mannigfachen Schienen und Verbände abgegeben. Die Methode
nach Angle, durch Klammem die Zähne gegeneinander zu fixieren, ist
leider in den Fällen leiten angebracht, da sie meist schwere Brüche be-
treffen, bei denen die Zähne schon gelockert, die Weichteile erheblich
gelitten haben. Eis treten hier die Drahtschienen und die Interdentalschienen
aus Metall, Hartgummi in ihr Recht. Sie verlangen aber die Mitarbeit einer
zahntechnisch geschulten Hilfskraft, die nicht immer zu erreichen ist. Die
ganze Zahl der Frakturen des aufsteigenden Astes des Gelenk- und Kronen-
fortsatzes, die Splitterfrakturen sind diesen Behandlungsmethoden ebenfalls
nicht zugän^ich. Für die vorhin genannte zweite Gruppe gibt Verf. eine
anch von dem Chirurgen anwendbare Schiene, welche in Anlehnung an die
Rateniksche, aus einer Art Klammer besteht, welche den ganzen Kiefer-
bogen festhielt bis zum Kieferwinkel und ihn fixiert gegen eine äussere Kinn-
platte. Beide Teile sind beweglich und lassen sich für jeden beliebigen Kiefer
Tenrenden. Die Schiene besteht aus einem hufartigen Metallstück mit zwei
übergreifenden Rändern. Sie ist aus Zinn gefertigt und in der Gegend der
fiicnspidaten mit zwei tiefen Einschnitten versehen. Sie wird in drei ver-
schiedenen Grössen vorrätig verhalten, kleine für Kinder, mittlere für jugend-
liche Männer und Frauen und grössere für Erwachsene. Das Kinnstück ist
ans durchrochenem Aluminium der Kontur des Unterkiefers angepasst. Es
lässt sich nach vorn und hinten in einem Gleitgelenk schieben und kann
durch einen Schraubendruck an den Unterteil der Klammer festgemacht
Verden. Er trägt ein Wattepolster bedeckt mit einem Gazelager, das mit
Zinksalbe bestrichen ist. Die Klammer, welche das Mund- und Kinnstück
znaammenhält, ist aus Stahl und besteht aus einem oberen und unteren Stück,
die in erheblicher Entfernung vor dem Munde durch eine Schraube festge-
stellt werden können. Das obere Stück ist so gebogen, dass die Kiefer ge-
schlossen werden können. Die beiden Arme der Klammer sind durch eine
Scbaube festzulegen. Die Hauptaufgabe dieser Schiene ist die gebrochenen
l'A Jfthresbericht fQr Chirargie. II. Teil.
jtücke so zu fixieren, dass der Unterkiefer als Ganzes trotzdem bevregt
Verden kann. Sie ist aber anch nnr für die Bräche des Kieferbogena , na-
aentlicli bei starker Neigung zu Dislokation nach hinten. Verschiedene Ab-
>ildungen illustrieren die Anwendung der Schiene, die ausserdem noch durch
Mitteilung von sechs Fällen erläutert wird.
ChudoTsky (9) rät bei langdauemden Kieferfisteln, besonders, wenn
olche trotz öfterer Eingriffe nicht heilen, zu einer gründlichen rontgenolo-
jiscben Untersuchung. Er berichtet über zwei diesbezügliche Beobachtungen,
vo die Fisteln 12, resp. 20 Jahre auf die verschiedenste Weise behandelt
raren nnd er in einem Falle durch eine eingreifendere Operation, im anderen
'alle durch das Böntgenbild der Ursache beiehrt warde. Es fand sieb in
leiden Füllen ein verirrter Zahn vor, der die Eiterung unterhielt.
Gergö (Budapest).
Falcoue (11) berichtet die Krankengeschichte eines 16jäbr. Mädchens,
las mit schwerer narbiger Kieferklemme infolge einer Pockengeschwürsbildung
Jten Datums behaftet war und mit bestem unmittelbaren und Dauerresultat
lach dem Meloplastikverfahren von Prof. Alessandri operiert wurde.
Verf. nimmt aus diesem Falle Veranlassung zur summarischen Dar-
egung aller verschiedenen für die Behandlung der narbigen Kieferklemme
lusgedachten Operationsverfahren unter Hervorhebung der bezüglichen Mängel
ind Vorzüge.
Zuletzt beschreibt er das Verfahren des Prof. Alessandri, welches
n einem rechteckigen Hautlappen mit oberer Basis besteht, der aus der
eitJichen Region des Halses genommen und durch eine horizontale dem
Juterkiefer entsprechend angebrachte Inzision in die MondhÖhle eingeführt
ind derartig umgeklappt wird, dass die blutige Fläche der genuinen Schleim-
laut durch ihn ausgekleidet wird. In zweiter Etappe wird der Stiel durch-
chnitten und die Wange vollständig wieder hergestellt, indem man den
interen Rand des Lappens fixiert. — Es folgt die Aufführung der unzweifel-
laften Vorzüge dieser Methode und die einige Monate nach der Operation
.ufgenommene Photographie des operierten Mädchens ist der Arbeit beige-
;eben. R. Giani.
Gerber (13) hat das Verdienst, die Rhinologen auf die Bedeutung
ler Zahnzysten bestimmter hingewiesen zu haben, dadurch dass er darauf
aufmerksam macht, dass viele Zahnzysten früher oder später ihren Weg
lach oben, nach dem Nasenboden nehmen. Er teilt 8 Fälle mit, in denen
ämtlich der Nasenboden der betreffenden Seite in seinem vordersten Ab-
cbnitt vorgewölbt und der vordere Teil der unteren Muschel in die Höhe
;edrängt war. Er hält diese Vorwölbung , unter normaler ausgedehnter
ider verdünnter Schleimhaut, bei Druck meist nachgebend oder fluktuierend,
line blaue Farbe annehmend für ein charakterisches rhinoskopisches Symptom.
ilanchmal kann dieses Symptom allein vorhanden sein.
Für die Behandlung dieser Zysten empfiehlt Gerber nicht den Lappen
on oben, sondern von unten zu nehmen, um ihn in die eröffnete Höhle ein-
nschlagen. Der Lappen soll dann leichter fest liegen. Die kleineren Zysten
rill Gerber von der Nase aus eröffnet wissen.
Dem kann Ref. nach seiner Erfahrung nicht beistimmen. Die grössten
>chwierigheiten haben ihm bei der Behandlung die nach der Nase zu spontan
terforierten Zysten gemacht
Partsch, Yerleizungen und chirurg. Krankheiten des Gesichts etc. 455
Teil i er (29) teilt die Kieferzysten, ausgenommen die der Kieferhöhle,
ein: 1. in follikuläre Zahnzysten, in deren Wand man einen Zahn oder ein
Zahnrudiment eingelassen findet, 2. in paradentäre, von denen 2 Varietäten
unterschieden werden, die unilokulären ohne direkte Beziehung mit den
Zahnen, und die Wurzelzysten (periostiques, radiculaires oder appendiculaires),
die mit einer Zahnwurzel in direkter Beziehung stehen. Sie folgen meist
einer Erkrankung oder einem Trauma des Zahnes, 3. in multilokulare
Zvsten).
Zur Illustration fügt er die Geschichte eines Falles bei von einer follikulären
Zahnzyste bei einer 35 jährigen Frau, die schon 3 Kinder geboren. Sie stellte
sich 1904 mit einem angeblich schon 3 Jahre bestehenden Tumor der rechten
Gesichtsseite vor, der sich nach der Herausnahme mehrerer Zähne ent-
Trickelt hatte.
Es liess sich am Gebiss nicht feststellen, ob der Weisheitszahn vor-
handen gewesen oder extrahiert worden war, oder ob er stets ganz gefehlt
hatte.
5 cm lange Inzision am Oberkieferrande unter lokaler Anästhesie, ent-
leert gelblich bräunliche, käsige Krümel enthaltende Flüssigkeit. Der ver-
dünnte Knochen lässt den Finger leicht eindringen. Hinter den gekrümmten
Wurzeln des 2. Mahlzahns fühlt der Finger eine über den Boden der Höhle
hervorragende, nach oben sehende Zahnkrone.
Die Zystenwand, die teilweise an dem extrahierten Zahne hängt, wird
vollständig ausgekratzt; die Höhle kommuniziert nicht mit dem Antrum.
Tamponade der Höhle mit Jodoformgaze. Nach 3 Monaten war die
Aasheilung noch nicht vollendet. Der extrahierte Zahn hatte Form und
Grosse eines 3. Molaren. Die Zystenwand trägt innen ein kubisches Epithel,
stellenweise in glattes übergehend. Das Epithel sitzt auf einem Bindegewebs-
lager auf.
Barrie (5) sah bei einem 21 jährigen jungen Mann hinter dem hinteren
nnteren Eckzahn eine sich seit 5 Jahren entwickelnde langsam wachsende,
seit einem Jahre etwas schneller zunehmende Geschwulst, ohne dass sie Be-
schwerden verursachte. Sie hatte allmählich den Eckzahn beiseite gedrängt,
so dass er horizontal auf dem verbreiteten Alveolarrande lag. Als der Patient
in Behandlung trat, lag eine gbichmässige Schwellung des Unterkiefers vor,
die sich vom vorderen Rande des Masseter bis zum linken Kieferwinkel er-
streckte. Die Haut war nicht ergriffen, nicht entzündet. Die Unterlippe
war geschwollen und nach auswärts gerichtet. Die Zunge zwischen die Lippen
vorgeschoben. Bei dauernder Speichelabsonderung war der Mund bis auf
Dar 3 cm geöffnet und das Kauen wesentlich beeinträchtigt. Am ganzen
Alveolarrande war das Zahnfleisch entzündet. Auf der Rückseite des Mittel-
stückes fühlte man eine, die normale Kontur des Knochens vorwölbende, in
einer geraden Linie von Mahlzahn zu Mahlzahn sich ausdehnende Yorwölbung,
deren Vorderfläche eindrückbar war. Der linke Eckzahn war verloren ge-
gangen. Die Sonde, welche an der Stelle seines Sitzes eindrang, liess eine
4 cm nach rechts und 4 — 5 cm nach links gehende Höhle nachweisen. Linker-
seits konnten noch einige kleinere Höhlen gefunden werden. Die Sonde
ergab, dass auf der Yorderwand der Knochen vollständig fehlte. Links
seitlich war der Knochen entblösst zu fühlen. Es wurde in der Mittellinie
ein Einschnitt gemacht, von der Grenze der Haut und Schleimbaut des
Lippenrandes bis zum Zungenbein. Periost und Knochen an der Vorderseite
G6 JahmUrickt für Chimrgi«. 11. Tail.
[es Kiefers fehlten Tollständig. Die Inziaioii vnrde seitlich verlängert,
o dtiBs 2 LappeD entetanden, nach deren Zurückschlagen, nach AblÖsang der
Jnaknlatur auf der Hinterseite der Kiefer am 2. Uahlzahn und am letzten
Jahliahn links durchgesägt wurde. Durch Verschluss der Schleimbant war
a möglich, die Mundhöhle wieder berzustellen. Über die restierenden Zähne
nirden Goldkronen gefertigt, die durch Platindrabt bogenförmig miteinander
erbunden wurden. Diese Prothese behinderte die Reinigung des Mundes
liebt, so dass die Heilung gut von statten ging. Eine Hartgummiplatte
mrde an diesem Platindraht befestigt und damit eine dauernde Prothese
lergestellt. Auf diese einfache Weise konnten kompliziertere Schienen, wie
ie fiir die Kontinnitatsresektion angegeben sind , entbehrt werden. Die
Jntersucbnng der Geschwulst ergab eine ausserordentliche Verdnnniing des
Cnocbens, der an einzelnen Stellen nur in Stücken vorhanden war. Die Wand
ler Zyste war aus einem zahlreiche Gefasse enthaltenden Bindegewebe her-
;estellt und nach innen zu von einem ziemlich dicken Lager von Epithel-
eilen nach dem Schmelztypus ausgekleidet.
Es mnss daher die Diagnose auf eine gutartige Zahnzyste gestellt
werden. Die Auskleidung mit Schmelzepithel ist jedenfalls selten. Dass der
i'all einzig dastehe, kann wohl nicht behauptet werden. Der mediane Sitz
st nicht häufig; unter all den Fällen von Cystadenoma und Adamantinoma
es Kiefers war derselbe nur in 4 Fällen zu beobachten.
Vischer (32) beschreibt zunächst 2 Fälle von Osteomen der Augen-
löhle, von denen das eine bei einem 23jährigen Gärtner, aus der linken
)rbita entfernt wurde und bis in die Tiefe des Foramen opticam reichte,
las andere bei einem 16jährigen jungen Menschen beobachtet wurde, bei
lem die Geschwulst Störungen der Tränenableitung hervorrief. Die Geschwulst
ass in der Nähe des Sinus frontalis, der bei ihrer Ablösung eröfifnet wurde.
Dbenso wurde die Nasenhöhle geöffnet. Auch dieser Tumor erwies sich als
in Elfenbeinosteom. Im Anscbluss daran werden noch drei Osteome des
kiefers mitgeteilt und deren Beziehung zur Leontiasia eingehender be-
prochen.
Dr. Senn (17) stellte einen 9jährigen Knaben vor, der mit 5 Jahren
inen Schlag gegen den rechten Oberkiefer erhalten hatte, dem aber un-
littelbar keine ernsteren Symptome folgten. Ein Jahr später trat eine die
'orderwand der Kieferhöhle einnehmende Schwellung rechts von der Nase
,uf. Bei ihrem Wachstum behinderte sie die Atmung der rechten Seite. Der
kuocben wurde durch eine Inzision vom Augenhöhlenrand bis zum Xaseu-
lügel blossgelegt und es zeigte sich, dass eine Knochengeschwulst, die Eich
a die Kieferhöhle entwickelt und die sie fast ganz eingenommen hatte,
orlag. Als Ursache der Knochenwucberung fanden sich 2 unvollkommen
ntwickelte Zähne vor. Senn schiebt diesen die Veranlassung für die Ent-
tehung dieser Knochenhyperplasie zu.
Patel und Pellanda (20) legen die Präparate einer Leontiasis ossea
or, die sie von einem an einer anderen Krankheit gestorbenen Manne ge<
rönnen hatten. Die Wucherung sass an allen Knochen des oberen Gesichts-
chädels. Sie ging selbst in der Stirngegend gegen die Stirnhöhle zd
ber dessen Grenze hinaus. Die Knochen des Schädels selbst sind intakt,
lit Ausnahme des Wespenbeins. Der Gaumen ist ausserordentlich stark
erdickt, elfenbeinartig. Die Nasenknochen, besonders der linke, bilden einen
tarken Knochenvorsprtmg. Ähnliche solche befanden sich über den Augen-
Parts ch, Verletziuigeii and chirnrg. Erankbeiten des Gesichts etc. 457
branen. Die Keilbeiohöhlen zeigen eine beträchtliche Yerdicknng ihrer Wand
nnd in das Innere springen Knochenvorwölbungen hinein. Die difiFose
Wucherung nmfasst die Oberkiefer nach allen Richtungen. Es macht den
Eindruck, als ob man mit multiplen Osteomen der Gesichtshöhlen zu tun
habe, wobei eine Wucherung und Verdickung der Wände zustande gekommen
ist. Lues war nicht vorhanden gewesen. Nach den vorliegenden Erfahrungen
scheint die Afifektion immer schon im Wachstumsalter zu beginnen.
Lenormant (15) beobachtete bei einem 13 jährigen Kinde im hinteren
Abschnitt des horizontalen Kieferastes eine spindelförmige, hühnereigrosse
Auftreibung, die gleichmässig wuchs, ohne die Haut oder Schleimhaut zu ver-
ändern. Die Punktionsnadel drang durch die dünne Knochenwand in die
Tiefe und entleerte nur Blut. Die Schleimhaut wurde abgehoben, das
knöcherne Lager mit der Zange abgeknifiFen, der elastische, brüchige, in
einem glatten Lager li^ende Tumor vorgehoben. Die profuse Blutung wird
durch Tamponade mit einer mit Antipyrinlösung getränkten Gaze gestellt
Der Tumor erwies sich als ein Osteoidsarkom. Die Höhle füllte sich rasch
nieder mit Tumormassen. Röntgenstrahlen hatten keinen Erfolg. Da der
Tamor rasch wuchs, wurde die zweite Operation vom ersteren gemacht und
zvar eine Kontinuitätsresektion ausgeführt. In dem entfernten Stück sass
der Tumor in der Mitte, zum Teil verkalkt. Der Tumor erwies sich als ein
Osteoidsarkom. Drüsen waren nicht geschnitten.
Sebileau (16) demonstriert einen Kranken mit Oberkieferbruch, der
bei der Aufnahme schon 12 Tage alt war. Durch Überfahren war ihm vom
Rade des Wagens die rechte Gesichtshälfte zerrissen worden. Eine ziemlich
tiefe Wunde, leicht entzündet, war in der Jochbeingegend wahrnehmbar.
Druckschmerz und Krepitation konnten in der Gegend ausgelöst werden.
Der harte Gaumen und ein Teil des weichen waren blutunterlaufen. Der
rechte Alveolarfortsatz war gesenkt, die Zähne so abgewichen, dass sie nicht
mehr mit denen des Unterkiefers artikulierten. Der harte Gaumen war von
hinten nach vom in der Mittellinie gespalten, das rechte Bruchstück ganz
beweglich. Die Bruchlinie trennte den Alveolarfortsatz vom Kieferkörper.
Mit einer Alaminiumschiene wurde der sich senkende Alveolarfortsatz von
Del ins in seiner Lage erhalten. Durch eine Schlinge am ersten wird der
Kiefer nach oben gezogen. Zwei Wochen wurde die Schiene belassen. Die
Heilung trat ohne Störung der Besserung ein. Mich au x hält den Apparat
für zu kompliziert ; S e b i 1 e a u bestreitet das angesichts der doppelten Funktion
desselben.
Faure (12) weist darauf hin, dass die Oberkieferresektion , wie sie in
den Büchern steht, eigentlich nur an der Leiche ausgeführt werden kann,
wo der gesunde Knochen eine Evulsion gestattet. Der kranke Oberkiefer geht
dabei in Stücke und nur bruchstückweise ist der Tumor und der Kiefer
Wausznbringen. Dabei opfert man viel gesunde Partien des Knochens,
wenn man sie so typisch vornimmt, z. B. den Boden der Orbita, das Gaumen-
dach, die Tuberositas. Wenn man ihn noch temporär entfernte, wäre es
möglich; man hat aber gelernt, sich auf andere Weise Zugang zum Meso-
Pharynx zu schaffen. Faure zieht vor, die Entfernung des Tumors par
morcellement mit der Beisszange zu machen. Er benutzt als solche ein
Collinsches Modell. Die Tracheotomie führt er nur (intercricothyreoid) aus,
wenn Atembeschwerden eintreten. Er operiert in Rose scher Lage. Energi-
sche Tamponade ist das beste Blutstillungsmittel. Unterbindung der Carotis
Jahreabflricht für Chirurgie. II. Teil.
virkt stark blutspareod. Man kann mit der Drösenezstirpation di&
ini^ verbinden. Nur wenn der Tnmor den Boden ergriffen hat,
:h der Kieferhöhle und der Orbita fortgeschritten ist, kann man ihn
nn Mnnde angehen; die Zähne sind vorher zu exstirpieren. Bei
Tamoren muss durch eine grosse Inzision der Zugang zum Kiefer
iffen werden, dass man bei guter Übersicht alles Kranke beqnem
findet. Der Schnitt nach N 61a ton und Listen vom äusseren
tkel znm inneren und der Nase entlang darch die Lippe ist der
tin horizontaler Schenkel kann beliebig nach aussen verlängert werden,
n dann vom Alveolarrand beginnend durch den Gaumen nach der
ite des Kiefers aufsteigen. Den Orbitalboden kann man oft erhalten.
die Tuberositas maxillaris, für die Prothese eine gute Stütze. Man
lererseits auf diesem Wege den ganzen Kiefer, Jochbogen, Siebbein
en und in der Orbita bis zum Schädel dringen; man nimmt dabei
Kotwendige fort.
lier (bO) bespricht fünf Fälle von Unterkieferresektion , welche er
■uar 1905 ausgeführt hat, hinsichtlich des operativen Resultates.
54jähriger Mann mit Drüsenrezidiv eines Lippenkarzinoms. Am
tfernung der ganzen Kimihaut , der unteren Partie der Wange , der
der Submaxillaris. Absetzung des Unterkiefers im aufsteigenden
i r t i n sehe Immediatprothese, Naht. Drainage, Wiederherstellufiir
rlippe nach dem Estländerschen Verfahren. Sehr gntes Resultat.
Mai 1905.
35jährige Fran. Wangenkarzinom am aufsteigenden Ast, ausgehend
m im Kiefer ausgehenden retinierten Weisheitszahn (?). Resektion
rkiefers mit Entfernung der Drüsen. Immediatprothese. Entlassen
itiver Prothese am 4. Juni.
66jährige Frau mit Karzinom der Schleimhaut des Unterkiefers auf
und Wange übergehend. Grosse Drüsen. Entfernung der Waiige
Submaxillargegend. Resektion des Unterkiefers. Immediatprothese.
ike entfernt sich am 10. Tage die Prothese selbst.
38jähriger Mann mit rasch wachsendem Osteosarkom ohne Drüsen,
ergreifen auf die Haut. Umfangreiche Halbresektion. Immediat-
H eilung.
26 jähriges Fräulein mit Riesenzellensarkom; entzündete Drüsen. Halb-
. Erhalten der Lippe, Immediatprothese. Keine Drainage,
iit und Knochen werden zugleich mit den Drüsen fortgenommen.
I Martin sehe Immediatprothese versieht eine Art Drainage,
müssen die Spülungen sehr sorgfaltig gemacht werden. Narbige Re-
bleiben aus. Funktion und Form des Kiefers ist erhalten.
Tumoren, die aus dem Kiefer entstehen, ist die Prothese vortreff-
solchen, die von der Schleimhaut ausgehen, soll man lieber davon
Ten. Dem stimmt Gangolphe bei.
rthes (21) demonstriert einen Fall von FoHikuIarzyste des Unter-
;i einem 9jährigen Mädchen, bei welchem durch die Röntgenaufnahme
1 am Boden der Fistel mit ihr fest verwachsen nachgewiesen wurde.
len Fall eines multilokularen Kystomes bei einer 43jährigen Fran,
sich innerhalb 10 Jahren der Tumor bis zur Manasfanstgrösse ent-
latte. Das Röntgenbild zeigt sehr schön die grösseren und kleineren
and neben demselben im aufsteigenden Kieferast bis zum Kronen-
Partsch, Verletzungen und chirnrg. Krankheiten des Gesichts etc. 45&
fortsatz hiBgedrängt einen Zahn. Der Tumor wurde mit Erhaltung einer
Spange des Unterkiefers operiert. Die ihn zusammensetzende epitheliale Zell-
sfrecke zeigt den Bau des Schmelzorgans. Endlich wird eine Odontom bei
einem 11jährigen Mädchen vorgestellt, das zunächst als Zyste angesprochen
vurde, aber durch das Röntgenbild als Tumor im Knochen mit einem Zahn
darunter erkannt wurde. Nach Entfernung der Deckenknochenschale Hess
sich Tumor und Zahn aus der Höhlung herausheben. Der grössere Teil be-
stand aus Dentin und Schmelz, der kleinere weiche aus Epithelmassen vom
Bau des Schmelzorganes.
Lawson Dodd (10) beobachtete bei einer 42jährigen Patientin, die
»^hon längere Zeit an einer von dem rechten unteren ersten Mahlzahn
ausgehenden Zahnfistel litt, nach Ausschabung der Fistel unter Temperatur-
sl^^igenmg Belag im Halse, ein Erythem am Unterschenkel und Hitzeblattem
am Körper.
Berg er (6) demonstriert ein 7 jähriges Mädchen mit Hypertrophie des
Zahnfleisches und bittet um Vorschläge zur besten Behandlung. Fujet, der
die Patientin schon vor vier Jahren gesehen, konstatiert eine enorme Zu-
nahme der Affektion und meint, dass es sich um eine einfache papillomatöse
Epulis handelte. In einem früher von ihm beobachteten ähnlichen Falle hat
er mit Meissel , Hammer und Schere die ganze erkrankte Partie weg-
genommen und war überrascht über die rasche Heilung. Er rät auch im
vorgestellten Falle dazu. Diesen Erfolg kann Referent aus eigener Praxis
kstätigen.
Chattot (7) stellte eine 26jährige Kranke, die nachweislich Lues durch-
gf-macht hat vor 2 — 3 Jahren, vor wegen gleichzeitig bestehender Verände-
rungen an den Schneide-, Eck- und Prämolarzähnen ä la Hutchinson.
Er selbst will an dem Fall beweisen , dass die kannelierten , graugestreiften
Zalme mit den bekannten Schmelzhypoplasien gar nichts mit Lues zu tun
haben, sondern auf Ernährungsstörungen irgendwelcher Art in früher Jugend
beruhen. Ihm stimmen Aubert, Horand bei, wobei allerdings betont
wird, dass Hutchinson eine besondere Art der Veränderungen, die Aus-
höhloDg der Kaukante mit hereditärer Lues in Beziehung bringt, eine Form,
die hier nicht vorliegt.
Reclus' (25) Mitteilung über die Zahnfisteln ist durch zwei in ihrer
Diagnose recht erhebliche Schwierigkeiten machende und dadurch sehr hart-
näckige Fälle veranlasst, welche durch die Erkenntnis ihres Ursprungs einer
sehr raschen Heilung zugeführt wurden. Die Zahnfisteln haben in einer These
seines Schülers Pietkiewicz besondere Bearbeitung erfahren. Ihre Patho-
genese ist leider nicht einwandfrei dargestellt, indem zwischen den akuten
and chronischen Erkrankungen der Zahnbeinhaut nicht unterschieden worden
ist, sondern immer nur von dem Eiter gesprochen wird, der bei seinem
Durchbrach durch den Knochen die Fistel erzeuge. Dass die Fistel das End-
produkt einer granulierenden Entzündung ist, wird an keiner Stelle ange-
deutet. Auch das Vorkommen in der Parotideal-, Temporal- und Okzipital-
gegend, über und unter dem Os hyoides, in der Oberschlüsselbeingrube, an
dem Brustkorb ist in unserer heutigen Zeit kaum mehr anzutreffen. Mir ist
in sehr ausgedehnter Tätigkeit in 16 Jahren ein einziger Fall begegnet, bei
dem sich eine Phlegmone des Mundbodens, die noch nicht einmal sicher vom
Zahnsystem herkam, bis zur Schlüsselbeingegend sich verbreitete. Der eine
Ton Reclus mitgeteilte Fall einer Fistel an der rechten Halsseite am Bande
460 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
des KopfBickers von den Prämolaren ausgebend, der von einer Examens-
kommission als branchiogen angesehen worden war, ist deshalb von beson-
derem Interesse.
Der Anschauung, dass am Unterkiefer die gingivalen Fisteln die Aus-
nahme und die Wangenfisteln die Regel sei, muss ich ebenso widersprechen,
als der, dass der von dem Periodontium gebildete Eiter den Knochen auf-
zehre und in die Haut durchbreche. Der Durchbruch wird Ton Granulationen
bewirkt. Der von Roux de Meximieux mitgeteilte Fall von mehrfachen
Durchbriichen ist der Aktinomykose sehr verdächtig. Verdienstvoll ist es,
dass der Verfasser auf die Notwendigkeit der Kenntnis dieser vom Zahn
ausgehenden Aifektionen hingewiesen hat, und die Möglichkeit, ihnen erfolg-
reicher durch Behandlung des Zahnsystems als durch chirurgische Eingriffe
beizukommen.
Mah6 (16) bespricht die verschiedenen Zustände nach Zahnfraktur;
die Operation muss vollendet werden, wenn von dem Zahn infektiöse Pro-
zesse unterhalten werden oder neuralgische Schmerzen vom Zahn ausgehen.
Er gibt den Bat, die Vollendung der Operation aufzuschieben, wenn eine
akute Pulpitis ohne ausstrahlende Schmerzen oder eine akute Periodontitis
ohne Infektion der Umgebung des Zahnes (? V) vorliegt. Das Märchen von der
Verwachsung des Zahnes, der zu starken Wand der Alveole wird noch heran-
geführt, um ein Aufschieben der Operation zu rechtfertigen. Die nach dem
Extraktionsversuche eintretende Schwellung soll für die endgültige Operation
die Verhältnisse erleichtern durch eine „Mobilisation organique*'.
Über die Wege in solchen Verhältnissen zum Ziel zu kommen sagt
Mah6 kein Wort.
Witzel (33) hat in einem grösseren Buch die Verwendung der Prothese
bei den Erkrankungen des Kiefers ausführlicher besprochen. Er hat sich
damit zweifellos ein Verdienst erworben, insofern gerade diese Seite der Hilfe,
welche der Zahnarzt dem Chirurgen leisten kann, sowohl in den chirurgischen
als in den zahnärztlichen Lehrbüchern nur stiefmütterlich behandelt ist. Weist
doch das grosse Scheffsche Handbuch für Zahnheilkunde kein einziges
Kapitel über dieses Gebiet auf. Der Verf. behandelt die Erkrankungen der Ober-
kieferhöhle im ersten Kapitel. 23 eigene Beobachtungen geben von den verschie-
denen Wegen eine Vorstellung, auf denen der Zahnarzt zweckmässig die chirur-
gischen Massnahmen unterstützen kann. Wenn unter den Fällen in Fig. 36 einer
sich befindet mit einer ausserordentlichen Auftreibung der äusseren Wand, so
dürfte es fraglich sein, ob diese durch ein Empyem' oder nicht vielmehr durch
eine Zyste verursacht worden ist. Die Einlagerung von Verschlusszapfen auch
bei diesen, wie sie in verschiedener Form veranschaulicht werden, erscheint
grundsätzlich nicht am Platze und höchstens in den Fällen am Gaumen, be-
rechtigt, weil gerade durch die Einlegung des Fremdkörpers der narbigen
Schrumpfung, durch welche die Abflachung der Höhle zustande kommt, ein
Widerstand künstlich entgegensetzt wird. Der Abschnitt über die entzünd-
lichen Prozesse am Kiefer bringt eine grössere Zahl eigener Beobachtungen
und namentlich instruktive Röntgogramme, für die Beziehung des Weisheits-
zahns zum Canalis mandibularis. Vollkommen mit Recht wird auf diese
intime Beziehung hingewiesen und der diagnostische und therapeutische Wert
dieser anatomischen Tatsachen betont. Eingeflochten wird ein Kapitel über
die Extraktion des Weisheitszahns, wo ich von dem Rate diese Extraktion
stets in Narkose vorzunehmen nach meinen Erfahrungen nur warnen kann.
Part ach, YerletKnngen und chimrg. Erankheiien des Gesichts etc. 46i
(rerade bei der bestehenden Kieferklemme tritt in der Narkose sehr leicht
bedrohlicher Kollaps ein, so dass die Narkose gerade dabei besonders ge-
fährlich ist. Mehr als in diesem Abschnitte kommt die Prothetik wieder zur
(reltang, in dem die Kieferbrüche behandelnden Kapitel. Hier werden neben
der Inti^oralnaht wie sie der Referent angegeben und der Hans mann sehen
EitenBionsbehaiidlung die verschiedenartigen Formen der geraden Schienen-
verbände wie sie in reicher Zahl angegeben, bildlich veranscbaulicht , zum
Teil in ihrer Wirkung und die Schilderung selbst beobachteter Fälle er-
liutert und dargestellt. Die Behandlung von Eiterungen und Fisteln, die nach
Kieferbrüchen zurückbleiben mit Licht dürfte wohl vom chirurgischen Stand-
punkt aus keine Nachahmung verdienen. Bei den Kiefergeschwülsten wird
eine allgemeine Einleitung mit verschiedenen Abbildungen und Abdrücken,
die von Geschwülsten genommen sind, vorausgeschickt. Besonders instruktiv
sind diese Abdrücke nicht, da sie die in Frage kommenden Veränderungen
nicht genügend veranschaulichen. Die Prothesen zum Ersatz bei verstüm-
melnden Operationen werden durch die Mitteilung von drei Fällen erläutert,
welche besonders auf die Verbesserung durch Pneumatik-Obturator hinweisen.
Beachtenswert scheint ein Vorschlag, schon vor der Operation den Patienten
eine Platte tragen zu lassen, welche als Notverband nach der Operation dem
öäzeverband als Stütze dienend, umgeformt werden kann. Das Kapitel über die
Ersatzstücke nach Unterkieferresektion ist besonders ausführlich und trägt
äWen den verschiedenen, ersonnenen Modifikationen Rechnung. Das von
Witzel ausführlich geschilderte Gleitgelenk ist zweifellos eine Bereiche-
rung der bis jetzt angewendeten Methoden. Den Schluss machen die ange-
borenen Defekte im Bereiche von Lippe und Kiefer und ein Anhang über Narkose
\md lokale Anästhesie, in welchem im wesentlichen die von Prof. 0. Witzel
gehandhabten und teilweise beschriebenen Methoden dargelegt werden. Streng
genommen gehört wohl dieser Teil nicht zu dem eigentlichen Thema des Ver-
fassers. Eine gewisse theoretische Durcharbeitung des Stoffes, an der Hand
der reichen Erfahrungen, über die der Verf. zweifellos verfügt, würde gegen-
über der etwas mosaikartigen Aneinanderreihung des Stoffes einer zweiten
ktlage des Buches wesentlich zu statten kommen. Aber auch in dieser
Form wird es der Chirurg gern als Nachscblagebuch benützen, um sich in
den vielgestaltigen Verhältnissen des Gebietes eines zweckmässigen Ersatzes
wertvollen Rat zu holen.
Jfthr«abencbt für ChiniTgie. lt. Teil.
rletzungen und ehirurg-ische Krankheiten des Halses
und der Schilddrüse.
Referent: Mac Gillavry, Amsterdam.
Dia mit * TereeheneD Arbeiten sind Dicht referiert worden.
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Pathologie der Thyreoidea.
Watson (105) studierte die Alterationen in den Drüsen ohne Aus-
fühmngsgang, durch starke Fleischfütterung verursacht. Er fand, dass be-
sonders die Schilddrüse durch die Fleischernährung stark verändert wurde.
Das Verhalten von Geflügel und Ratten war bei diesem Experimente ver-
schieden. Im ersten Fall, bei Geflügel, fand er ein Hypertrophie der Drüse
mit Zunahme des Kolloids. Bei Ratten dagegen war das mikroskopische
Aassehen der Drüse analog dem Befunde bei Morbus Basedow, das
Moid war verringert. Diese Tatsachen veranlassten ihn Gichtleiden mit
kleinen Dosen Thyreoidextrakt zu behandeln und erzielte in zwei Fällen, die
^id sonst nicht influenzieren Hessen, bedeutende Besserung.
Sehrt (89) untersuchte die Strumen auf ihren Kalk- resp. Knochen-
gebadt. Er fand unter 28 Strumen 14 mit mehr oder wenig ausgedehnten
Verkalkungen des bindegewebigen Stromas; davon wiesen 5 echte Knochen-
slkke auf; also 35®/o aller verkalkten Strumen.
Bossuet (14) demonstriert ein durch Exstirpation gewonnenes Stück
einer Struma. Mikroskopisch fand man an einzelnen Stellen Hypertrophie, an
anderen Stellen befanden sich Zysten mit serösem oder kolloidem Inhalt.
Eine der grösseren Zysten hatte eine verkalkte Wand.
Jahreeberieht für Ghirorgie 1905 30
466
Jahresbericht fftr Chirurgie. IL Teil.
.t
1
. f
Galland und Goodall (46) untersuchten bei verschiedenen sogen.
Blutkrankheiten die Thyreoidea auf eisenhaltiges Pigment. Sie hatten 6 Fälle
von perniziöser Anämie, Leukämie etc., wo das Resultat positiv war. In
3 Fällen von Leukämie fanden sie kein eisenhaltiges Pigment.
Bei Tieren mit Phenylhydrazin injiziert war ebenfalls Eisenpigment vor-
handen, in der Gland. thyreoidea. Bei anderen Laboratorium-Tieren war das
Pigment in der Thyreoidea abwesend, selbst wenn man es in Leber, Milz etc.
vorfand. Meistens kommt das eisenhaltige Pigment vor im Bindegewebe
zwischen den Bläschen, dann auch in den Epithelzellen und schliesslich im
Kolloid.
Man findet den grössten Pigmentgehalt in den zellreichen Thyreoidea-
teilen, wo die Kolloidbläschen klein sind.
de Quervain (81) ist der Meinung, dass die Schilddrüse als paren-
chymatöses Organ ebenso wie die anderen Drüsen, Leber, Niere etc. von
giftigen Substanzen, es seien Toxine bei einer infektiösen Krankheit oder
giftige Stofife als Alkohol, Phosphor etc. geschädigt werden muss. !Er unter-
suchte viele Schilddrüsen in dieser Hinsicht. Die vorliegende Arbeit be-
schäftigt sich speziell mit dem Einfluss des Alkohols. In vielen Fällen, aber
nicht immer, fand er Degeneration der Schilddrüsen bei Alkoholikern. 3fan
findet weniger Kolloid in diesen Fällen. Liwiefem die Thyreoideaschädigung
auch für die Progenitur von Bedeutung ist, wird noch näher untersucht
werden müssen, lässt sich aber vermuten.
A. Kocher (55) machte Untersuchungen über die Ausscheidung des
Jods im menschlichen Harn. Es wurden zu deu Versuchen Dosen von
0,5 — 1,0 g Natrium jodatum verwendet. In allen Fällen war w^eitaus die
grösste Menge des Jodes in den ersten 12 Stunden nach der Einnahme
erfolgt. Unter ganz gleichen Bedingungen ist das Ausscheidungsquantum des
per OS einverleibten Jodes im Urin keinen merklichen Schwankungen unter-
worfen. Bei Individuen ohne Schilddrüse wird prozentualisch ebensoviei
von dem eingegebenen Jod im Urin ausgeschieden, wie bei Individuen mit
gesunder Drüse, jedoch findet bei ersteren die Ausscheidung viel langsamer
statt. Bei Strumenkranken findet man sehr verschieden grosse Quantitäten
Jod im Urin. Zweitens findet man bei ein und denselben Individuen grosse
erhebliche Schwankungen des Jodquantums im Urin. Im allgemeinen kann er
die Strumakranken in drei Kategorien einteilen. Bei der ersten Gruppe findet
man vermehrte Jodquanta im Urin und mit der Vermehrung des Jods im
Urin geht eine Verkleinerung des Struma Hand in Hand (schon 3^4 Stunden
nach Einnahme des Jods).
In einer zweiten Kategorie fand er ziemlich normale Jodquanta im
Urin. Die Struma wurde durch die Jodverabfolgung nicht verändert.
Wiederholte Versuche zeigten keine wesentliche Veränderung der Aus-
scheidungsquanten.
Bei der dritten Gruppe bestanden erhebliche Schwankungen in ' der
Menge des ausgeschiedenen Jods bei ein und denselben Individuen, es sind
dies fast immer Fälle von Struma colloides diffusa.
Die quantitative Jodausscheidung ist an dem histologischen Bau der
Struma gebunden und es hängt vom histologischen Bau ab, ob eine Struma
zurückgeht oder nicht. Wenn kein funktionsfähiger Parenchym da ist, so
wirkt das Jod nicht ein.
Gillavry, Yerleizangen a. ohirnrg. Krankheiten des Halses u. d. Schilddrüse. 467
Sarbach (88) untersuchte in 67 Autopsien die Schilddrüse, um nach-
zusehen, inwiefern akute Infektionen und Intoxikationen schädigend auf die
Schilddrüse einwirken, um somit die Untersuchungen de Quervains zu
verrollstandigen. Er benutzte nur die nicht zu sehr stumös entartete Thy-
reoidea und fasst seine Resultate in folgenden Sätzen zusammen:
1. Die akuten Infektionskrankheiten, besonders Scharlach, können aus-
gesprochene histologische Veränderungen in der Schilddrüse hervorrufen.
2. Welches die Erkrankung auch sein mag, so bleiben doch diese Ver-
änderungen immer im wesentlichen dieselben. Sie bestehen in Hyperämie,
Verflüssigung nnd Schwund des Kolloids, Desquamation der Epithelzellen. Die
beobachteten Unterschiede sind gradueller Natur. Das Bindegewebe bleibt
immer infakt.
3. Chronischer Alkoholmissbrauch wirkt schädigend auf die Schilddrüse
ein: diese Einwirkung gibt sich im wesentlichen kund durch die gleichen
histologischen Veränderungen; wie bei Infektionskrankheiten.
4. Die chronische Lungentuberkulose ruft in der Mehrzahl der Fälle
und Tiel häufiger als irgend eine andere Erkrankung, in der Schilddrüse eine
Vermehrung des Bindegewebes hervor und bedingt überdies allmähliches
Schwinden der Follikel.
ö. Chronische Nephritis, Urämie, Kachexie bei Krebs, Sarkom bewirken
keine Veränderungen an der Schilddrüse.
Die Resultate Lütkis (66) über experimentelle venöse Stauung in der
Himdeschilddrose wurden folgendermassen zusammengefasst.
1. Die Schilddrüse ist so reichlich mit Venen versorgt, dass selbst
nach Unterbindung der Hauptäste die Zirkulation sich durch kompensatorische
Vergrossemng des noch durchgängigen Venenquerschnittes und wohl auch
diuch vorübergehende Verminderung der Blutzufuhr rasch wieder ins Gleich-
gewicht setzen kann.
2. Genügen diese kompensatorischen Vorgänge nicht, so entsteht
Stauung mit histologischen Veränderungen, welche zum Teil denjenigen der
Thyreoiditen analog sind. Sie setzen sich zusammen aus: Dilatation der
Venen und Kapillaren, Blutaustritt in die Alveolen, Kolloidschwund, Epithel-
desquamation und reparatorischen Vorgängen, Resorption des Blutergusses
und Bindegewebsneubildung. Im Gegensatz zum histologischen Bild der
Thyreoiditen fehlt dag^en die vermehrte Neubildung und Wucherung der
Epithelzellen, sowie die reichliche Einwanderung von Leukozyten in das
Bläscheninnere.
3. Ein Zustand chronischer Stauung ohne schwerere Veränderungen in
Fällen, wo nicht Blutung in die Bläschen stattgefunden hat, zeigt, dass die
bei der akuten toxischen Thyreoiditis gefundene Stauung eine Begleiterschei-
nung, nicht aber die Ursache der Veränderungen an Epithelzellen und Kol-
loid ist.
4. Bei Verschluss sämtlicher Venen entsteht Nekrose unter dem Bilde
des roten Infarktes.
5. Die Desquamation der Epithelzellen ist der Ausdruck der Schädigung,
welche das Gewebe durch die venöse Stauung erlitten hat.
6. Das normale Kolloid der Hundeschilddrüse ist ein flüssiger Eiweiss-
körper.
7. Die Schilddrüsenvenen beteiligen sich wahrscheinlich nicht wesent-
lich an der Kolloidabfuhr.
30*
JthreBbericht fQr Chirorgie. II. Teil.
Aesclibficher(l) machte ebenfalls im AnschluEs der Arbeiten de Qii«r-
s Untersnchimgen über den Einäuss krankhafter Zustände anf den Jod-
'hosphorgehalt der normalen Schilddrüse. Seine Zasanunenfassnng ma<-ht
folgenden Sätzen:
1. Es besteht eine Beeinflussung der chemischen BeschaflTenbeit der
Idrüse durch den Aufenthalt derselben in Wasser oder in den verschie-
1 KonservierungsflÜBsigkeiten. Dieselbe ist je nach der Art der Flüssig-
iine verschiedene: ganz za vernachlässigen ist sie beim Alkohol und
alin, gering beim Celloidin und Äther, nicht unbedeutend beim Wasser.
2. Das Kolloid ist der hauptsächlichste Träger des Jods. Es ist in den
nen Fällen verschieden stark jodhaltig; der Jodgehalt einer Schilddrüse
ishalb nicht einfach von der Menge des in ihr enthaltenen Kolloids, son-
auch von der besonderen Beschaffenheit derselben abhängig.
3. Das Jod ist wahrscheinlich nicht ausschliesslich an das Kolloid ge-
rn; das ThyreoaJbumin der Follikelzellen scheint ebenfalls bis anf einen
Ben Grad jodhaltig zu sein.
4. Das dünnflüssige, vakuolisierende. sich mit Eosin stark übende KoU
icheint jodreicher zu sein, als das alte, konzentrierte, in blaugefärbten
len auftretende.
5. Der Jodgehalt der Schilddrüsen ist in der Nähe von Gegenden mit
fendemie etwas höher, als in ganz kropffreien Ländern. Der relative
ihalt hei Drüsen mit diffuser Hypertrophie (Beginn der Kropfbildung)
gegenüber der Norm nur um einen ganz geringen Betrag zurück : die
ite Jodmenge übertrifft daher diejenige der normalen Schilddrüse nach
;abe des Gewichtes des Kropfes.
6. Bei der einfachen Hypertrophie der Schilddrüse kann die von anderer
für ausgesprochene Kolloidstramen beobachtete Zunahme des Phosphor-
tes nicht konstatiert werden.
7. Der Phosphorgehalt der Schilddrüse wird hauptsächlich bedingt durch
elativen Kemreichtum der Druse und in zweiter Linie durch den Phos-
ehalt des Kolloids. Es kann infolge des letzteren Umstandes auch bei
men Schilddrüsen eine relativ grosse Menge Phosphor vorhanden sein,
ler Hypertrophie der Drüse kann eine Zunahme des Phosphorgehaltes,
lies bei Kolloidkröpfen konstatiert worden ist, nicht beobachtet werden,
ron Kocher aufgestellte Wechselverhältnis zwischen dem Vorkommen
ods und des Phosphors finden wir im allgemeinen bestätigt. Dasselbe
vor allem mit dem Umstände zusammen, dass Kolloid and damit jod-
I Drüsen relativ zellarm sind und umgekehrt.
8. Zwischen Alter der Individuen und Jodgehalt der Drüse besteben
36 Beziehungen, und zwar in dem Sinne, dass die Drüsen im Kinder-
ireisenalter im Vergleich zu denjenigen des mittleren Lebensalters weni-
idhaltig sind. Die Unterschiede machen sich besonders in betreff der
iten Jodmenge geltend and sind in der Jugend bedeutender als Im Alter,
len Phosphorgehalt können wir eine Abhängigkeit vom Alter nicht nach-
1.
9. Die Schilddrüsen sind im weiblichen Geschlechte volnminöser als im
liehen. Den durchschnittlichen Jodgehalt finden wir, entgegen den Be-
n anderer Untersucher, bei Weibern bedeutend höher als bei Männern.
kehrt verhält es sich mit dem Phosphorgehalt; derselbe erreicht beim
liehen Geschlecht einen höheren Durchschnittswert.
GillaTry., Verletzungen u. chinirg. Krankheiten des Halses n. d. SchilddrOse. 469
10. Die akuten Infektionskrankheiten bedingen in der Mehrzahl der
Falle eine ausgesprochene Verminderung des relativen Jodgehaltes, teils durch
Eolloidschwund, teils durch Jodarmut des vorhandenen Kolloids. Die chemische
Untersuchung spricht also eher gegen die Annahme eines toxischen Hyper-
thyreoids (Roger und Garnier).
11. Bei der Tuberkulose finden wir, entsprechend der Atrophie und
Sklerose des Organes, eine Verminderung des absoluten Jodgehaltes, während
der relative dem allgemeinen Durchschnittswert entspricht.
12. Erkrankungen, welche zu zirkulatorischen Störungen führen, be-
wirken eine deutliche Verminderung des relativen und absoluten Jodgehaltes;
für den Phosphor scheint dies nicht der Fall zu sein.
13. Der chronische Alkoholismus scheint, wie auf die histologische Be-
schaffenheit der Drüse, so auch auf deren Jod- und Phosphorgehalt eine
schädigende Wirkung auszuüben. Dieser Einfluss ist aber kein regelmässiger.
14. Bei Krebs- und Sarkomkachexie erfolgt keine nennenswerte Atrophie
der Schilddrüse. Wir finden, entgegen den Befunden von anderer Seite, bei
diesen Fällen eine gewisse Steigerung namentUch des relativen Jodgehaltes.
15. Die Urämie zeigt keinen bestimmten Einfluss auf den Jod- und
Phosphorgehalt der Schilddrüse.
16. Die medikamentöse Verabfolgung von Jod oder von Verbindungen
desselben steigern den Jodgehalt der Drüse; das ist besonders der Fall bei
der innerlichen Darreichung von Jodkali.
de Quervain (82) macht im Anschluss an die drei oben angeführten
Arbeiten aufmerksam, dass man Thyreoiditis simplex und toxische Reaktion
der Schilddrüse nicht zusammenwerfen darf. . Dem histologischen Befunde
kommt in dieser Hinsicht eine grössere Bedeutung zu als dem Kulturergebnis.
Das Eindringen von multinukleären Leukozyten, kleinen Rundzellen und
grosseren zelligen Elementen in die Bläschen, Bildung von Fremdkörper-
riesenzellen aus nicht resorbierten Kolloidstellen finden wir nur bei der
Thyreoiditis simplex.
Parken und Goldstein (76) stellen in ihrer Arbeit zusammen, was
man in verschiedener Hinsicht zu wissen meint von dem Einfluss der Ovarien
und der Schilddrüse auf den Organismus. Die pathologischen Abweichungen,
die Patienten mit Ausfall dieser Organe zeigen, werden kritisch besprochen
und dabei kommen sie zu dem Schluss, dass grossenteils ein ausgeprägter
Antagonismus zwischen beiden Organen besteht. Die Berücksichtigung dieses
Antagonismus kann gegebenenfalls ausschlaggebend sein, ob die Opotherapie
erfolgreich sein wird oder nicht. Bis jetzt hat man darauf nicht oder zu
wenig geachtet und beide Organe als gleichwertig für den Organismus auf-
gefasst.
Die im Organismus sich abspielende Zu- und Abnahme der Funktion
der Schilddrüse und der Genitalorgane wurde von Caro (17) studiert. Im
allgemeinen findet man, dass beide Organe zur selben Zeit Zunahme des
Tnrgors erleiden; vorwiegend kann man das beim Weibe beobachten, wo
während der Menstruation und Schwangerschaft die Schilddrüse anschwillt.
Caro wollte jetzt wissen, ob diese Vergrösserung der Schilddrüse während
der Gravidität unbedingt nötig war und exstirpierte deshalb bei graviden
Hundinnen 7» ^^^ Thyreoidea. Er fand, dass dieser Eingrifif sehr gut ver-
tragen wurde und weist auf die Wichtigkeit von diesen Tatsachen für den
Jabreslie rieht fUv Chirurgie. It. Teil.
fen. Ob die NacbkommeDscbaft darunter nicht leidet, wird vorläufig
erf. dahin gestellt.
iine Antwort auf diese Frage findet man bei Lanz (56). Es wird aber
3 Referat vor. Jahres hingewiesen (Jahresbericht X, S. 397 n. 1204).
m Zentralblatt für Chirurgie teilt Lanz (5?) folgendes mit:
!r hat bei den vielen Thyreoidektomien , die er an Ziegen machte,
auffallenden Unterschied gefunden zwischen Schweizer nnd Holländer
Von den 30 in Bern thyreoidektomierten Ziegen ist nur eine an
Tetania thjreopriva eingegangen, alle anderen hatten teils Kachexie
einahe keine Ausfallerscheinungen. Von 20 in Amsterdam ganz gleich
ten Zi^en sind 9 an akuter oder snbakuter Tetanie eingegangen. Er
man könne diesen Unterschied nur erklären als in der Annahme des
edenen funktionellen Wertes der Schilddrüsen in verschiedenen Ländern.
le auch Licht in den Gegensatz zwischen den Resultaten dpr Total-
ation. Kocher und Reverdin in Bern resp. in Genf bekamen
ia thyreopriva resp. Myioedema; dagegen Billroth in Wien Tetanie,
gebnisse Lanz' widersprechen auch der Auffassung Pineles', dass
tanie einen parathyreoiden Ursprung haben soll.
^ossius (104) hat seit einigen Jahren bemerkt, dass viele seiner
dienten mit Struma behaftet waren. Seitdem hat er dieser Frage eine
e Aufmerksamkeit geliefert und verfugt jetzt über 29 Fälle von Struma
itarakt. Zucker fehlte regelmässig im Urin und Eiweiss wurde nur
m Falle gefunden.
)ie Entwickelnng der Katarakte war eine langsame, etwa ein Jahr
de. Die Mehrzahl dieser Starkranken speziell im präsenilen Alter
iinen ausgesprochenen Kemstar {Cat. nuclearis).
n zwei aufeinander folgenden Mitteilungen berichten G. Serda und
z {26, 27} über mehrere an einer grossen Anzahl von Tieren voi^e-
ne Versuchsreihen, infolge deren sie zu folgenden Schlüssen kommen:
. Die Thyroparatfayreoidektomie schwächt nicht merklich die Resistenz
erschweinchens gegen experimentelle Intoxikationen (Tetanus- und Di-
egift, Strychnin, Kaffein, Urin).
. Die parenchymatösen Tetanustoxininjektionen in die Schilddrüse er-
ein dem mit endovenösen Injektionen erzielten ähnliches Krank-
d.
. Die Injektion der Mischung in vitro der oben angegebenen Toxika
m Schilddrüsensaft und die Injektion des Schilddrüsensaftes in vor-
toxizierte Meerschweinchen verändern das Krankheitsbild nicht be-
swert.
. Dass das Gemisch von dem tödlichen Minimum naheliegenden Dosen
anusgiftes mit den Nukleoproteiden der Schilddrüse frei von toxischem
;en ist , eine Tatsache , die sich nicht für analoge Gemische mit üi-
etoxin, Strychnin und Kaffein bestätigt.
. Dass auch die Nukleoproteiden des Hühnereies mit der gleichen
ihaft wie die der Schilddrüse in bezug auf Tetanusgift ausgestattet sind,
ach alledem könnte man der Schilddrüse keine antitoxische Funktion
exogenen, bakterischen oder chemischen Gifte zuschreiben.
R. Giani.
ibelli (42a) berichtet über eine Reibe von Versuchen an 19 Fällen,
en er Schilddrüse und Nebenschilddrüsen vereint und getrennt ezstir-
Gillavry, Verletzangen n. chirnrg. Krankheiten des Halses u. d. Schilddrüse. 471
pierte. Er schliesst dahin, dass infolge der totalen Thyroidektomie und der
Parathyroidektomie eine beträchtliche Hyperleukozytose eintritt und zwar nur
wahrend des Zeitraumes, in dem sich die auf die Entfernung dieser Organe
folgenden Erscheinungen kund geben. In den Fällen von Entfernung der
blossen Lappen der Schilddrüse beobachtet man keinerlei Änderung in den
leokozytaren Kurven, wenigstens in dem Zeitraum, in dem sich keine krank-
haften Erscheinungen kundgegeben haben. Er ist der Ansicht, dass die
bloss auf die Berechnung und die Morphologie gegründete Blutuntersuchung
kein Vorsymptom der thyreopriven Erscheinungen erkennen lässt.
R. Giani.
Lusena (65a) erwähnt kurz die Studien von Y assale und seine eigenen,
besonders in Hinsicht auf das auf die Exstirpation des ganzen Apparates
folgende Symptomenbild. Zahlreiche weitere neuen Untersuchungen stellen
fest) dass der schon beobachtete Unterschied zwischen den beiden Symptomen-
bildem zwar äusserst häufig, nicht jedoch konstant ist, und nicht selten die
Symptome und der Verlauf ähnliche sind.
Wie yiele Hypothesen auch zur Erklärung dieser Erscheinungen auf-
gestellt werden können, glaubt Verf. doch, dass keine befriedige.
Sodann weist er auf das Symptom der „Tetanie'' hin; nach dem /er-
fasset ein Anzeichen schwerer Intoxikation. Es ist demnach erklärlich,
wie die Mittel, die gewöhnlich zur Bekämpfung der allgemeinen Intoxikationen
verwandt werden, auch Wirksamkeit zur Bekämpfung der Tetanie besitzen.
Er macht jedoch darauf aufmerksam, wie auch die während der parathyreo-
priven Tetanie ausgeführte Thyreoidektomie Wirkungen entfalte, die den all-
gemeinen antitoxischen Mitteln sehr ähnlich sind.
Neuerdings entschloss er sich, davon überzeugt, dass es hinreicht, die
Akme der Tetanie zu überwinden, um höchst evidente Resultate zu erhalten,
für wenige Stunden die Schilddrüsenfunktion während des Intoxikationsmaxi-
mams zu suspendieren.
Die von ihm ausgeführte totale temporäre Ischämie tat eben dar, dass
dieselbe hinreichend ist zur Erzeugung derselben Modifikationen, wie die
Thyroidektomie oder die definitive Unterbindung sämtlicher Schilddrüsen-
gefasse.
Der Wirkungsmechanismus dieser Eingrifi*e an der Schilddrüse ist für
jetzt nicht leicht zu verstehen. R. Giani.
Onorato (74a) stellte mit dem Inhalt verschiedener Zystenkröpfe, einige
kolloid, andere hämatisch, flüssige und feste Nährböden her, die er mit ver-
schiedenen Keimen infizierte.
Er kam zu dem Schluss, dass der hämatische Inhalt ein guter Kultur-
boden für die studierten Keime ist, während der kolloide Inhalt dies nicht ist.
R. Giani.
Struma,
Das Referat der Dissertation Leschreffs (62) enthält die folgenden
Thesen:
1. Der endemische Kropf ist in Russland in bedeutendem Masse ver-
breitet; stellenweise wird er auch vom Kretinismus begleitet. 2. Der ange-
borene Kropf ist in endemischen Bezirken nicht als seltene Erscheinung be-
trachtet worden. 3. In der Mehrzahl der Fälle ist der endemische Kropf
eine hereditäre Krankheit. 4. Der epidemische Kropf ist eine Variation des
172 Jahreebericht fQr Cbirui^e. II. Teil.
endemischen. 5. Gegenvärtig sprechen viele Tatsachen dafür, dass der Kropf
eine chronische infektiöse Krankheit ist. 6. Als ideale Operation des Kropfes
ist die Enukleation nach der Methode von Socin zu betrachten.
"^8 handelt sich um zwei klinische Fälle, die Mariott i {70) mitteilt;
e, bei dem die Eiterung der Schilddrüse während eines Typhus auf-
er fttr den Patienten einen tödlichen Ausgang nahm; der andere, bei
B infolge einer rheumatischen Infektion eingetretene Thyreoiditis chi-
1 behandelt wurde und zur Heilung kam. R. G i a n i.
ivans (33) beobachtete zwei Fälle von einfachem Kropf, die halbseitig
puration gerieten. Der eine Fall betraf eine 54jälirige Frau, Die
g entwickelte sich chronisch ohne auffindbare Ursache. Der andere
IX bei einem 42jähngen Manne im Anschluss an eine Influenza ent-
Beide Fälle wurden mit Inzision behandelt, die Verödnng der Ab-
[üe bedurfte mehrere Monate.
^rard (9) beschreibt zwei Fälle von Dyspnoe und Dysphagie bei Kin-
on 13 und 14 Jahren mit Struma behaftet. In einem Falle worde
uma operativ luxiert; im zweiten Falle wurde die rechte retroöso-
e Strumahälfte exzidiert.
. Wern (106) stellte in seiner Dissertation alles zusammen, was er in
beratnr an Komplikationen von intrathoracischen Strumen gefunden
m Anhange bringt er zwei neue Fälle:
iü 1. Eine Fuu, dia schon viele Jahre eine wechselnde Halsachwellung gebubt
ikommt unter VergrÖBseniDg der Struma Atem bcseb werden, die anfallsweiae ntfirker
&w hatte Schmerzen nnd DrackgefQhl am hinteren Brustbein; die Stimme war
lin starker Anfall von DyapnOe machte eine Tracbeotomie notwendig, doch wurde
ang erst frei nach EinfQhrnng einer Königscben Kanüle. Dia KanOle musate oft
alt werden, bis nach ungeachickter Einführung durch eine Schwester starke Atemnot
Bald wurde eine acbokaladenfarbeue Masse wAbrend fQnf Tagen aasgehustet,
itjg trat Besserung der Beschwerden und des Fiebers ein. Der recht« Kropfknoten
and und Patientin konnte, nachdem erst eine gewShnliche Kanflla getrageu wurde,
leilt entloaaen werden. Es wurde dieser Fall ala Perforation einer intratboraciachen
yate in die Trachea anfgefasst.
sll 2. Eine Person, die an Ate mbeach werden litt, wurde nach einem knnen Streit
m anderen Uanne dyapnoisch und verschied nach 15 Uinuten. Bei der Sektion fand
e Blutung in einer intrathoracischen Struma, die die Trachea stark Terbogen halte.
hat Drnckatrophie zu verursachen.
irünenwald (45) beschreibt die Krankengeschichte einer 36jährigen
lie seit 2*/s Jahren Atembeschwerden hatte. Es wurde laryngoskopi.sch
glottischer Tumor entdeckt, der ala intratracheale Struma angesprochen
Der Tumor liess sich nach Tracbeotomie, wobei auch der Ringknorpel
hnitten wurde, entfernen. Die Diagnose von Struma wurde bestätigt.
thandlung mit Trachealkanüle für einige Tage. Die Schilddrüse selbst
;ht vergrössert, so dass die Pal tauf sehe Auffassung, dass die Tumoren
vom Seitenhom in die Trachea hineinwachsen, hier wohl nicht zutrifft.
jr Literatur sammelt er 15 Fälle, wovon 7 durch Laryngo-Tracheo-
teheilt wurden. In 3 Fällen war ebenfalls die Schilddrüse unvergrössert.
'rankenberger (37) beobachtete eine 41jährige Frau mit Dyspnoe,
einen tracheaien Tumor verursacht. Die Frau war nervös und hatte
Kropf. Der Tumor ging auf Jodkaliura intern etwas zurück. Bei
len dieser Therapie wurde der Tumor wieder grösser, bis Patientin
r Nacht atemlos aufstand und nach wenigen Schritten verschied. In
tzten Tagen war das Atmen relativ frei. Die Struma, das langsame
GillaTry, Verletzungen n. cbirarg. Krankheiten des Halses u. d. Schilddrüse. 473
Wachsen des Tumors ohne begleitende Halsdrüsen Hess Verf. die Diagnose
aaf Struma intratrachealis setzen. Bei Besprechung der Art, wodurch die
Erstickung erzeugt wurde, spricht Verf. die Vermutung aus, es könne sich
um Paralyse des Herzens und der Respirationszentren handeln.
In diesem Aufsatze bespricht Du bar (30) die Behandlung von Strumen
mit Injektionen von Oleum jodatum. (S. Jahresber. X. 1904. S. 400.)
Da man in vielen Fällen durch Inspektion oder Palpation den Kropf-
typus nicht immer bestimmen kann, nahm Beck (6) die Röntgendurchleuch-
long zur Hilfe. Er konnte damit bei den sehr häufigen zystischen und
fibrösen Tumoren die Kalkablagerungen als sehr deutliche markierte Schatten
darstellen. Die Kontraste treten bei stärkerer und längerer Beleuchtung am
dentlichsten auf. In diesen Fällen nahm er von der Injektionstherapie von
Tomherein Abstand und rät zur Exstirpation.
Wo Röntgen negativ und somit follikulärer oder kolloider Kropf anzu-
nehmen ist, passt er die Injektionstherapie zu. Nach gewöhnlicher Des-
infektion und Einpinselung der Haut mit Jodtinktur machte er die Injektion
mit einer Pravaz sehen Spritze mit starker Nadel mit genügend weitem
Kaliber. Er benützt zur Injektion eine, saturierte Lösung von Jodoform in
Äther. Wenn man nach Herausziehen der Nadel gleich die Einstichstelle mit
dem Finger zudrückt, wird die Haut nicht von Äther berührt und ist die
Injektion fast schmerzlos.
Stegmann (95) veröffentlicht im Anschluss an die Arbeit Görls zwei
Krankengeschichten von Fällen, wo er die Strumae röntgenosiert hatte. Die
Stnunae wurden nach der Behandlung auffallend klein. (S. auch Beck [7]).
Riedel (87) bespricht seine letzten Kropf Operationen. Es waren 142
Fälle in zwei Jahren. Es befanden sich darunter 120 einfache Strumae mit
1 gestorben, 17 Morbus Basedow, davon 3 Fälle tot. Fünf maligne Strumen
erlagen bald nach der Operation. Fast immer wurde unter Lokalanästhesie
operiert. Die Operationstechnik änderte sich nicht. Nur wurden Haut und
Halsmuskeln in einem Lappen und nicht getrennt gelöst.
Reiche 1(84) publiziert drei interessante Krankengeschichten, wo nach
Exstirpation grösserer Kröpfe Komplikationen auftraten. Seine Schlussfolge-
mngen sind folgende:
1. Bei Strumektomie sehr grosser Kröpfe schützt auch das Zurücklassen
eines hühnereigrossen Schilddrüsenrestes nicht mit Sicherheit gegen Tetanie
und Cachexia strumaepriva. Der Eintritt dieser Gefahr wird • anscheinend
erhöht durch bestehende Gravidität.
2. Die Ausfallserscheinungen werden günstig beeinfiusst durch eine Dar-
reichung von Thyreoidin und können auch spontan vollständig verschwinden
mit Wiederwachsen des zurückgelassenen Kropfrestes.
3. Dieses Schwinden der Kachexie kann auch eintreten, selbst wenn
das Kropfrezidiv durch maligne, krebsige Entartung des Kropfes bedingt ist.
4. Da die Gefahren der Strumektomie bei kleinen Kröpfen gering sind,
aber mit Zunahme der Grösse der Geschwulst wachsen, empfiehlt sich die
Operation, sowie versuchsweise medikamentöse oder andere Behandlung nicht
bald zum Ziele führt.
Ein vierter Fall verlief tödlich beim Anlegen des Verbandes, Tracheo-
tomie half nicht. Die Obduktion zeigte, dass beiderseitig Pneumothorax be-
stand, nicht ausgehend von der Wunde, sondern dass ein subpleurales Em-
physem bestand mit mediastinalem Emphysem, das am Hilus mit der Pleura-
Jabreabericht fDr Chirurgie. II. Teil.
e kommunizierte. Ob dieses snbpleurale Emphysem aus dem Lungen-
DÜ stammt, wie Verf. sagt, oder aber yom mediastioalen Emphysem durch
iratioa aus der Wunde her, lässt Ref. dahiogestellt, jedenfalls bestand
e direkte Verletzung der Pleura im Wundgebiet.
Meixner (71) gibt zwei Fälle von Struma baseos linguae. Vjjn beiden
&n liegt eine aasführliche mikroskopische Beschreibung vor. Der erste
betraf ein 20jährige8 Mädchen, das von Hochenegg mit gutem Erfolge
iert wurde. Späterhin zeigten sich einige Ausfaltsymptome. An dem
I ist nur rechtsseitig eine Thyreoidea zu palpieren.
Der zweite Fall war der eines bald nach der Geburt verstorbenen
les, wo bei der gerichtlichen Sektion der Zungengrundtumor gefunden
le. Hier wurde durch die Autopsie das gänzliche Fehlen einer normalt^n
reoidea festgestellt.
In beiden Fällen war der Tumor ohne Kapsel und fand man vielge-
,ige Reste des Ductus tbyreogloBsns.
Verf. weist auf die Ähnlichkeit dieser Fälle mit den Fällen Erdheims
Anderer von totalen und halbseitigen Schilddriisenaplasien, wo man viel-
kleine erbsengrosse Tumore am Zungengrunde nachweisen konnte, die
' kein Kolloidgewebe enthielten. Der Unterschied ist nur ein gradueller.
Henunung der Schilddrüsenanlage wird die Drüsenbildung an dem oberen
des Ductus thyreoglossus zuweilen wirklich Schilddriisengewebe liefern
dann besteht ein Struma baseos linguae. In den anderen Fällen unter-
>t dieses und fallen die Kinder dem kongenitalen Myxödem anheim.
Smith (93) beschreibt einen Fall einer 50jährigen Fran, die eine runde
Teilung der Zunge hatte, die schon zweimal vorher operiert worden war.
' rezidivierte. Unter Kokain wurde der Tumor mit einem Ekraseur ent-
t. Mikroskopisch bestand die Geschwulst aus Thyreoidgewebe.
Luigi Lenzi (60) berichtet über den Fall einer 42jäbrigen Frau, bei
im Verlauf einer schweren Typhusinfektion in der medianen Regio supra-
dea eine indolente Tumefaction in der Grösse einer Üaselnuss aufgetreten
, welche vier Jahre lang langsam wuchs und dann grossenteiJs nach der
ten lateralen Regio suprahyoidea sich erstreckte, während gleichzeitig
:hwerden beim Verschlucken fester Speisen, beim Sprechen (näselnde
mie) und beim Atmen sich allmählich kund gaben.
Die klinische Untersuchung Hess ausser dem oben erwähnten noch einen
ten in der Dicke der Zungenbasis gelegenen, halbkugeligen, taubeneigrossen
lor, welcher den zwischen dem Zungen-V und der Epiglottis eingescliaJ-
D Raum einnahm und an der Obertläche ein reichliches Netz turgi<ler,
andener Gefässe zeigte, erkennen. Dieser Tumor prall elastisch, nahm
die ganze Pharynxöffnung ein und verhinderte, mit dem Kehlkopfspiegel
Epiglottis und Stimmbänder zu sehen.
Das Bestehen dieser Geschwulst erklärte die von der Patientin gebotenen
rynx- und Respirationsbeachwerden, die wohl oder übel dem äusseren in
Regio suprahyoidea bestehenden Tumor zugeschrieben worden wären,
ler war ellipsoidal, etwas platt gedrückt, von gesunder Haut überzöge»,
t, nicht fluktuierend und bot nichts weiter, als einige tief nach dem Körper
Zungenbeins hin gelegene Adhärenzen.
Sowohl infolge der physikalischen Eigenschaften, als auch infolge iles
es und des khnischen Verlaufes wurde die Diagnose auf dem Wege äes
Schlusses auf Kröpfe gestellt, die sich aller Wahrscheinlichkeit nacli in
Gillayry, Yerletzangen u. chirarg. Krankheiten des Halses a. d. Schilddrüse. 475
ivei abgesprengten Schilddrüsen, suprahyoidea die eine, die andere an der
Ziingenbasis, entwickelten, welche ihrerseits sehr wahrscheinlich aus der Per-
sistenz zweier Fragmente des festen Epithelstiels (Tractus thyro-glossus) her-
surgingen, welcher in den allerersten Momenten der Entwickelung die mediane
Sohilddrüsenanlage mit der ventralen Pharynxwand verbindet. Die Palpation
hatte nicht za erkennen gestattet, ob an dem normalen Sitz am Halse die
.^hilddräse existierte.
In Anbetracht der fortschreitenden Grössenzanahme der Tumoren und
dtrr namentlich durch den mit Zungensitz hervorgerufenen Beschwerden,
winden dieselben vollständig von der Snprahyoidealbahn aus durch eine ein-
zige Inzision hindurch exstirpiert unter Umgehung der Bukkalbahn oder der
Tränshyoidealbahn mit Schnitt des Zungenbeins, ohne der Präventivtracheo-
tomie und der Tamponade des Pharynx zu bedürfen.
Der post-operatorische Verlauf war ausgezeichnet. Nur am 18. Tage
Dach der Operation wird Patientin plötzlich von einer Wutdeliriumkrise er-
fasst und scheint wie überwältigt von entsetzlichen Halluzinationen. Sie ist
absolut bewusstlos und in manchen Momenten tobsüchtig. Nachdem diese
Erscheinungen einige Stunden gedauert hatten, lassen sie nach, um durch
andere abgelöst zu werden, die, ebenfalls zu Lasten der Psyche, dargestellt
worden durch einen Verfolgungswahnsinn und einen dünsteren Mutismus, in
den sich Patientin verschlossen hat. Die Erscheinungen wurden einer post-
operatorischen Psychose zugeschrieben, und die Patientin, die beharr-
lich das Hospital verlassen wollte, kehrte unter der Verantwortlichkeit ihrer
Angehörigen nach Hause zurück.
Die mikroskopische Untersuchung bestätigte in beiden Tumoren die
Diagnose ihrer Schilddrüsennatur. Es handelte sich in der Tat um zwei
Kröpfe mit interessanten histologischen Eigentümlichkeiten.
Der mit Zungensitz zeigte an sehr vielen Stellen ein noch normales
Aussehen. An einigen Stellen jedoch bot er die dem follikulären Kropf
eigenen Alterationen, an anderen die des Kolloidkropfes. Das Bindegewebs-
stroma war in gewissen Zonen im Übergewicht über das Drüsenelement und
hatte dazu eine spezielle Degeneration erfahren, wodurch es wie amorph ge-
worden war. Inmitten des so homogen gewordenen Bindegewebes unterschied
man dann rundliche Schollen, welche durch ihre etwas von dem Grund ver-
schiedene Färbung hervorstachen und verschwommene, unbestimmte Umrisse
hatten, welche gewissermassen die Form von Schilddrüsenblasen wiederholten,
in denen man die Elemente nicht mehr deutlich erkennen konnte. Es schien
fast, dass Stroma und Blasen jene gewissen Geweben eigene Degeneration
erlitten hätten, die als ;,Wacbsdegeneration^ beschrieben wurde und
zuweilen gewissen Kropfmodalitäten den Namen gab (Wachskropf). Die
(jäleottische Färbung wies in den Zellen Schilddrüsenfollikel, Vorgänge
aktiver Sekretionsfunktionalität nach, besonders an den Stellen, wo der Bau
der Follikel fast normal geblieben war.
An vielen Stellen sah man zwischen den Blasen, namentlich nach der
Peripherie des Tumors hin, kleine volle Epithelanhäufungen. Dieselben be-
ruhten zum Teil auf einer Proliferation des Blasenepithels, zum Teil stellten
.^ie embryonäre Epithelanhäufungen dar, inmitten deren es möglich war, die
Follikelneubildung zu sehen.
Diese Tatsachen waren ersichtlicher in den peripheren Zonen der Drüse,
jedoch beobachtete man sie auch in anderen Teilen, und dieser Befund Hess
476 Jahresbericht far Chirurgie. IL Teil.
von neuem an das denken, was schon Lustig bei dem Studium der Histo-
genese der Schilddrüse beim Fötus und beim Embryo beobachtet und ange-
nommen hat.
Bei der submaxillären Struma bestanden die Alterationen in äusserst
schweren, den ganzen neutralen Teil der Geschwulst einnehmenden Hämor-
rhagien, die das Bindegewebsstroma dissoziiert und an vielen Stellen zerstört
hatten. Letzteres war in gewissen Punkten derart degeneriert, dass es
schlecht die Farben annahm, und zeigte hier und da winzig kleine Zellen-
gruppierungen von 4 oder 5 Elementen, die nichts anderes waren als Über-
reste kollabierter Blasen, ohne noch eine Spur von Lumen und Kolloid. In
der peripheren Zone des Tumors waren die Blasen zahlreich und von ver-
schiedenem Umfang mit Erscheinungen von Epithelproliferation und Blasen-
neubildung.
Auch hier beobachtete man kompakte Epithelanhäufungen von embryo-
närer Natur, die infolge der grösseren Intensität, mit der ihre Kerne die
Farben annahmen, gut erkenntlich waren.
Zwischen der peripheren und der durch die Hämorrhagien eingenommenen
zentralen Zone bestanden sehr weite, durch reichliches Kolloid gedehnte Blasen,
welche auch 200 /u erreichten.
Die Methode Galeotti wies* auch hier in den Zellen Follikel, reich-
liche fuchsinophile und basophile Kömer nach, ein Anzeichen einer intensiven
Sekretionstätigkeit. Auch diese Struma zeigte also, trotz der vielfältigen
degenerativen Alterationen, gleich der ersteh Zeichen von persistierender und
erheblicher Funktionalität in einem guten Teil des Drüsenelements, sowie
Proliferationserscheinungen und Blasenneubildung inmitten der embryonären
Epithelanhäufungen, die denen ähnlich sind, auf deren Bedeutung von Biondi
aufmerksam gemacht wurde.
Es schien so die Diagnose auf in aberrierenden Schilddrüsen
entstandenenStrumen bestätigt; aberrierende Schilddrüsen, die aus der
wahrscheinlichen Persistenz zweier Fragmente des Epithelstiels hervorgegangen
waren, welcher die mediane Schilddrüse mit der zentralen Pharynxwand ver-
bindet. Diese Fragmente mussten unabhängig von dem normalen Herabsinken
des Hauptteiles der Schilddrüsenanlage selbst sich losgelöst haben und der
eine an der Basis der Zunge, der andere auf der Höhe des Zungenbeins
stehen geblieben sein.
Diese Diagnose jedoch musste bald modifiziert werden und zwar infolge
des klinischen Verlaufs, den die Operierte kurze Zeit nach dem Verlassen des
Hospitals bot, insofern, als sich derart charakteristische objektive Symptome,
namentlich trophischen Charakters und sonstige derart klassische Erschei-
nungen in psychischer Hinsicht kund gaben, dass dadurch eines der typisch-
sten Bilder von Myxödem geboten wurde.
Beim Überdenken der schweren nervösen Störungen, die die Patientin
gezeigt hatte, und welche im ersten Augenblicke einer post-operatorischen
Psychose zugeschrieben worden waren, sowie bei der Vergegenwärtigung, dass
es bei der objektiven Untersuchung niemals möglich gewesen war, die Exi-
stenz der Schilddrüse am Halse zu erkennen, erhob sich alsdann von selbst
die Frage, ob die beiden exstirpierten Kröpfe, anstatt zwei aberrierende
Fragmente zu sein, in Wirklichkeit nicht die Totalität oder wenigstens den
Hauptteil des Schilddrüsenapparates dargestellt hätten, der infolge einer
embryonären Entwickelungsanomalie auf seinem normalen Herabsinken stehen
GllUTry. YerletzuBgen a. chirorg. EraDkheiten des Halses u. d. Scbilddrflse. 477
geblieben sein mochte. Unvollkommener, rudimentärer Apparat demnach,
indem dann eine sekundäre Alteration stattgefunden hatte, die Erzeugung
Ton zwei Kröpfen. Bei einer solchen Betrachtung der Sachlage erklärten
^ich alle Erscheinungen besser, die auf ihre Exstirpation gefolgt waren.
Diese beiden Strumen nahmen so, an Stelle der Bedeutung von zwei ein-
fachen Nebenstrumen, einen bedeutend wichtigeren physiologischen Rang an,
insofern als ihnen allein, oder fast allein, die Totalität der spezifischen
Schutzfunktion anvertraut sein musste, die der Schilddrüsenapparat in dem
Haushalt des Organismus zu erfüllen berufen ist.
Das Myxödem folgt im allgemeinen mit grosser Seltenheit auf die Ab-
tragung der Nebenschilddrüsen.
Betrachtet man demgegenüber die grosse Häufigkeit (20%), mit der es
in den Fällen von Zungenstrumen beobachtet wurde, von denen man bis
hente nur 32 Fälle kennt, so gewinnt die schon erwähnte Annahme, dass es
Nich nämlich in diesen Fällen wirklich um einen totalen Entwickelungsstill-
^tand der medianen Schilddrüse in abnormem Sitz handeln müsse, noch an
Wahrscheinlichkeit, derart, dass dadurch den Chirurgen die Anwendung
grüsserer Vorsicht bei Vornahme der Exstirpation angeraten wird.
In dem vorliegenden Falle konnte man sich fragen, ob die schweren
Xervenstörungen, mit denen plötzlich die Symptomatologie, bei der Patientin
einsetzte und die auch stark an Tetanie erinnerten, parathyreoidealen Insuffi-
zienzerscheinungen zugeschrieben werden könnten. Sicher ist, dass weder
makroskopisch noch bei der histologischen Untersuchung Gewebe mit den
Eigenschaften des parathyreoidealen niemals in diesen Fällen angetroffen
werden konnte. Die sukzessive Entfaltung der klinischen Erscheinungen, die
fiaschheit, mit der die ersten bedrohlichen Nervenstörungen zerflossen und
die schon beim Myxödem beobachtete Möglichkeit, anstatt spät und langsam
in violenter Weise hervorzutreten, mit hysterischen Erschütterungen und
echten Tobsuchtserscheinungen Hessen den Gedanken, dass man es mit para-
thjreopriver Tetanie zu tun gehabt habe, ausschliessen. Der klinische Fall
bestätigte so die von Vassale infolge experimenteller Untersuchungen genial
nngenommenen Theorien.
Verf. nimmt Veranlassung aus diesem Argument, um so nebenbei darauf
hinzuweisen, dass er bei seinen über die Parathyroidealfunktion an Hunden
eingeleiteten Kon troll Untersuchungen bis jetzt nicht das Auftreten dieser akuten
und rasch tödlichen Intoxikationserscheinungen mit jener Konstanz, wie sie
Ton anderen Autoren beschrieben wird, habe beobachten können.
Er meint nicht, dass dies auf der Technik beruhen könne oder darauf,
dass er unvollständige Exstirpationen der normalen Parathyreoideen geübt
habe. Sicherlich müssen jene vielleicht in den Schilddrüsenlappen einge-
schlossenen überzähligen sehr häufig sein und können dieselben persistieren,
da sie während der Operation nicht sichtbar sind.
Einen Einfluss dürfte vielleicht in diesen Fällen auch die von diesen
Himden eingehaltene Diät haben, die vorwiegend eine wenig reichliche Kohlen-
wasserstoffdiät ist, wodurch, da der urotoxische Koeffizient ein niederer ist^
die Äusserung jener Phänomene, die infolge Fehlens der von dem Parathyreo-
dealapparat ausgeübten Schutfunktion rasch in offenkundiger Weise hervor-
treten, verzögert wurde. R. Giani.
Riebe (86) befreite einen 32jährigen Mann von einem Tumor, der an der
rechten Halsseite allmählich entwickelt war. Der Tumor, kleinhühnereigross,.
Jfthreaberiolit fDr Chirurgie. II. Teil.
mit dem Schlackakt auf und nieder. Verf. erwartete eine branchiogenf
1 zu finden, bei der Operation zeigt sich der Tumor aber mit dem Hyoid
inden, deshalb wnrde der Tumor als thyro-hjoide Zyste aufgefasst.
Der Fall von Cornil und Schwartz (22) ist im vorigen Jahrgang
rahresberichtes schon referiert worden. (S. 407.)
Ehrhardt(3J)beschreibt einen Fall von retrosternaler Lokalisation eines
ddrüsenechinococcua. Der Tumor bestand bei einem 21jährigen Manne
irei Jahren und machte vor der Operation Atem> and Scblnckbeschwerden.
anfalls weise starkes Herzklopfen.
Bei der Exstirpation unter Schleich zeigte sich der Tumor mit den
lOthyreoidei, Stemo- and Omobyoidei sowie mit den anderen Halseinge-
m verwachsen. Die Trachea war durch Druck atrophisch. Es Btellte
nachträglich heraus, dass der Echinokokkensack mit der Thyreoidea nicht
nig verbunden war, als man bei der Exstirpation dachte, doch meint
, ist sie doch von der Glandula thyreoidea ausgegangen. Wo möglich rät
in diesen Fällen die totale Exstirpation des Sackes an.
Maligne Tumoren.
Villemin (103) operierte mit gutem Erfolge ein ganz jnnges, zu früh
enes Kind von einem 47 g schweren Thyreoidtumor. Mikroskopisch be-
: der Tumor aus einem Stroma von Bindegewebe mit Muskelzugen, worin
eiche Zysten eingebettet waren. Die Zysten waren mit allen Epithelarten
ikleidet u. a. mit Flimmerepitbelien. Der Tumor gehört also nach An-
des Verf. zu den Tumoren von der Glandula parathyreoidea oder vom
ins ausgehend und repräsentiert in verschiedener Hinsicht eine Selten-
Erstens sind nnr siehen angeborene Thyreoidtumoren bekannt, zweitens
1 drei Tumoren grosse Zysten, nicht mit Flimmerepithel bekleidet, drittens
1 auch von den vier Operierten drei gestorben und viertens bot das Kind
nach der Operation keine Ausfallssymptome dar.
Nach kurzer Angabe der wenigen bekannten Fälle von Teratom der
Idrüse und des Halses (teilweise irrigerweise als branchiogen beschrieben)
reibt Poult (80] ausführlich eine teratoide Geschwulst, die bei einem
lonat alten Kinde entfernt wurde unter der Wahrscheinlicbkeitsdiagnose
arkom: Die Geschwulst wurde als Teratom erkannt, da sie Retinapigment
:t. Im ganzen fand Verf. folgende Gewebe: 1. Die Hauptmasse wird von
1 Gewebe gebildet, das wahrscheinlich eine embryonale, pathologisch ent-
ilte Vorstufe von Hirn und Kückenmark darstellt. 2. Stücke der Pigment-
le der Retina. 3. Bindegewebe in äbrillärer Form sowie in Form
;er differentiierter Bildungsstadien. 4. Fettgewebe in vereinzelten Läpp-
und Gruppe von solchen. 5. Einige kleine Partien von hyalinem Knorpel.
18 grösseren der Knorpelstücke ein kleineres Stück Knochen. 7. Qiter-
iiften Muskel. 8. \'ielleicht auch glatte Muskulatur. 9. Epitheliale Ele-
j: a) Drüsen, völlig ausgebildet, mit Membrana propria und Zylinder-
al; b) Zysten bis ca. '/» cm Durchmesser, teils rundlich, teils stark
htet mit sehr verschiedenem Epithel, teils einschichtig mit zylindrischen,
eben, abgeplatteten Zellen, Becberzellen und Flimmerzellen, teils mehr-
itig, die unteren Zellen polygonal, die oberen zylindrisch, teils auch in
von Becherzellen und Flimmerzellen, doch sind an manchen Stellen die
n Zellen auch kubisch und ebenfalls mit Flimmerhaaren versehen;
GillftTry, Yerletziuigeii n. chinirg. Krankheiten des Halses u. d. Schilddrüse. 479
ci solide Haufen von Epitbelzellen , die äussersten zylindrisch, die innersten
in elDem der Hänfen abgeplattet und kernlos; d) kleine liäppchen von Talg-
drüseD.
Es ist also ein „tridermales Teratom*^. Verf. meint, dass sein Fall
wahrscheinlich zu den bigeminalen und nicht zu den monogeminalen gehört,
also eine Inklnsion darstellt.
Zipkin (108) untersuchte drei epitheliale Neubildungen in Strumen
und fand darin kolloide Kugeln. Die Kugeln sind durch Zusammenfliessen
der basalen Teile des Protoplasmas von zylindrischen, epithelialen Zellen
entstanden. Alle Färbungen, mit Ausnahme des Hämatom-Eosin, geben mehr
der weniger eine scharfe Differenzierung der Kugeln vom Protoplasma der
sie bildenden Zellen. Die gleiche Substanz findet sich in Form von Bändern,
welche scheidenartig die interalveolären Septen sowie deren bald dickere, bald
feinere intraalveoläre Fortsätze umgeben. Die Verwandtschaft des kollagenen
Bindegewebes zu den Kugeln ist sehr gross, obschon die Substanz der Kugeln
epithelialer Herkunft ist.
Goebel (43) berichtet, dass die Frau, über die er im 47 Band der
Deutsch. Zeitschr. f. Chir. S. 348 referierte und der wegen Strumametastase
in dem Femur das Bein exartikuliert wurde , drei Jahre nach der Operation
gestorben ist mit Rezidiv im Exartikulationsstumpf. Die Halsstruma selbst
war immer nur klein geblieben.
Pick (79) forscht nach krebsartigen Neubildungen bei Kaltblütern und
wurde durch die Entdeckung von Fräulein Plehn, die Mitteilungen über
bösartigen Kropf bei Salmoniden veröffentlichte, dazu gebracht, diese Sache
näher zu untersuchen. Es stellte sich heraus, dass die Krankheit in Nord-
üTid Mitteldeutschland unbekannt war und in Süddeutschland nur sporadisch
Torkam. Von englischen Autoren waren ähnliche Tumoren, von den Kiemen
aasgehend, bei Salmoniden schon oft beschrieben, als eine speziell in Ken-
Seeland endemisch auftretende Krankheit.
Es sind zweifellos destruierende Epitheliome, von der Schilddrüse aus-
gehend. Sie finden sich nur bei dreijährigen, ausnahmsweise bei zweijährigen
Fischen. Diese Karzinome sind dem menschliche Karzinom ganz analog. Ob
Metastasen vorkommen, muss noch näher erörtert werden, bis jetzt sind
mikroskopisch keine gefunden. Das endemische Auftreten muss wahrschein-
lich erklärt werden, dadurch , dass der Kropf dieser Fische endemisch auf-
tritt. Die Kröpfe degenerieren sekundär malign, das Warum bleibt aber bis
jetzt unaufgeklärt.
Der Patient von Faisan (35), 47 Jahre alt, hatte schon 22 Jahre eine
linksseitige Struma. In den letzten zwei Jahren wurde die Struma hart und
entwickelte sich rechts auch ein derber Knoten. Der Tumor ist jetzt noch
etwas beweglich, erstreckt sich teils retrosternal , wird mit Röntgenstrahlen
behandelt werden, da links ein Trigonum supraclaviculare und in der Achsel-
liöhle palpable Lymphdrüsen anwesend sind. Mit der karzinomatösen De-
generation entwickeln sich gleichzeitig die Symptome des Morbus Basedowii.
Die klinischen Daten des Falles von Lesieur und Dumas (63) lauten
^ie folgt: Mann von 69 Jahren, ist seit einem Jahre schnell herunterge-
i'Offimen. Seit zwei Jahren wird das Schlucken erschwert. Eine Sondenunter-
SQchang ergibt etwas Stenose am Eingange des Ösophagus und eine enge
StriUur gleich oberhalb der Kardia. Nach einer Wismuteingabe sieht man
480 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
radioskopisch eine sackartige Erweiterung des Ösophagus etwas oberhalb des
Diaphragmas endigend. Die Striktur bleibt beim Schiuckakt unbeweglich.
Bei der Autopsie fand man ein Karzinom der Glandula thyreoidea,
linkerseits verkalkt. Das Ösophaguslumen wurde daselbst nur wenig beein-
trächtigt. Die Kardia wurde von einer Karzinommasse eingehüllt, die sich
an der Hinterfläche bis zum Pylorus erstreckt. Das Magenlumen war fast
verschwunden.
Downie und Teacher (29) beschreiben einen Fall von Epithelioma
der Thyreoidea, das an die linke Seite in die Trachea eingewachsen war, bei
einem 61jährigen Manne. Die Dauer der Krankheit war nur wenige Wochen.
Nach einer Tracheotomie erlag Patient einer Herzparalyse. Bei der Obduk-
tion zeigte sich die Thyreoidea nur wenig vergrössert, grösstenteils von Tumor-
gewebe eingenommen. Der Ösophagus war mit dem Tumor nur oberflächlich
verwachsen. Der linke Nervus recurrens war gänzlich in Tumorgewebe ein-
gebettet, es hatte aber keine Rekurrensparalyse bestanden.
Beiderseits waren die Halsdrüsen karzinomatös und in der Leber waren
ebenfalls Metastasen. Das Knochengerüst war nicht speziell auf Metastasen
untersucht worden. Verf. hatte den Eindruck, dass der Tumor nicht von der
Glandula thyreoidea ausging, sondern hineingewachsen war.
Der Patient Buchanans(16), 43 Jahre alt, konnte plötzlich nicht
mehr schlucken. Er hatte einen offenbar malignen Tumor der linken Thryeoidea-
hälfte, der Trachea und Ösophagus nach rechts dislozierte. Atmung frei. Links
keine Schweisssekretion von Gesicht und Hals. Linke Pupille etwas kontra-
hiert. Einige Ptosis links. Herzaktion beschleunigt und bisweilen unregel-
mässig. Linkes Stimmband blieb bei der Inspiration in Phonationsstellung.
Nach temporärer Magenfistel konnte Patient bald wieder schlucken, starb
aber einige Wochen später.
Latrorche und Charrier (58, 59) demonstrierten in einer Sitzung
der Societe d'anatomie etc. de Bordeaux eine 26jährige Patientin mit einem
harten, mandarinengrossen Tumor, etwas an der rechten Halsseite, innerhalb
der Thyreoidkapsel gelegen. Die Patientin hat seit frühester Jugend eine
Schwellung an der Stelle, jetzt hat sich aber der Tumor innerhalb eines Mo-
nates schnell vergrössert und verursacht heftige Schmerzen und Atemnot.
Die Diagnose wird auf malignen Tumor gestellt und, obwohl in der
Diskussion die Operation von den meisten abgeraten wird, wird operiert.
In einer zweiten Sitzung demonstrieren Verff. das Präparat, das aus
einem Adenoepithelioma der Glandula thyreoidea besteht.
Schilddrüsen - Krankheiten.
A. Osteom alacie.
Die hervorragende Arbeit Hoennickes (52) ist eine ausführlichere
Auseinandersetzung der Anschauungen, die vom Verf. schon kurz in der
;,Berl. klin. Wochenschr." 1904, Nr. 14 mitgeteilt sind und im vorigen Jahr-
gang des Jahresberichtes S. 397 referiert worden sind.
Jeder, der sich mit der Frage beschäftigt, welche Rolle die Schilddrüse
im Organismus spielt, soll die Schrift selbst lesen.
Die vom Verf. gestellte Perspektive, in der Zukunft Osteomalacie durch
Struma-Operation zu heilen, wird den Chirurgen interessieren.
Gillavry, Yerletzangen u. cfairarg. Krankheiten des Halses u. d. Schilddrase. 481
B. Tetania strumipriva. Myxoedema. Kretinismus.
Es handelte sich im Falle Diensts (25) um eine Tetanie in der
Schwangerschaft, die nach Strumaexstirpation zum ersten Male in die Er-
scheinimg trat, sich nach der Niederkunft auffallend besserte, jetzt aber in
(las chronische Stadium übergegangen ist.
In der Literatur finden sich nur noch zwei derartige Fälle (Weiss,
Mein er t). Der Fall Meinerts zeigte ebenso wie der Diensts tropho-
nenrotische Nagelstörungen. Auch musste da wegen hochgradiger dyspnoischer
Beschwerden Kropfexstirpation gemacht werden. Ebenfalls musste da wegen
der folgenden Tetanie-Erscheinungen künstliche PVühgeburt eingeleitet werden.
Die chronischen Erscheinungen nach der Geburt, sowie die Beeinflussung
derselben durch Thyreoidtablette, zeigen, dass die Krämpfe vom Wegfall des
^Üilddrüsensekrets herrühren und nicht etwa eklamptisch sind.
Die Arbeit Getzowas (42) stützt sich auf die mikroskopische Unter^
suchnng von fünf kretinischen Schilddrüsen und fünf Schilddrüsen von ange-
borenem Idiotismus, ferner eine Schilddrüse von einem Mikrocephalen. Die
Thyreoideae sind, eine ausgenommen, alle atrophisch und stets sind dem
atrophischen Gewebe Knoten von Struma nodosa beigemischt.
Auf den näheren Charakter der Strumaknoten wird Verf. in einer
zweiten Arbeit eingehen.
Man unterscheidet im atrophischen Gewebe: 1. Läppchen mit noch er-
hälteneD, aber atrophischen Bläschen; 2. Läppchen mit zusammengeflossenen
Bläschen : 3. Felder mit zusammengeflossenen Läppchen aus Bindegewebe und
degenerierten Epithelkernen bestehend.
Als dsLS der atrophischen, sowie auch der hypertrophischen Schilddrüse
gemeinsame Merkmal wird hervorgehoben, dass das noch vorhandene Kolloid
tür die Funktion der Drüse nicht in Betracht kommen kann, da das Epithel
uDd das Kolloid an und für sich unverkennbare Zeichen höherer Degeneration
besitzen und das Kolloid bloss als Überrest einer verschwundenen Sekretions-
periode betrachtet werden darf.
Argutinsky (5) beschreibt einen Fall von angeborenen Myxödem bei
einem kleinen, 3 Jahre 8 Monate alten Knaben mit Aplasie der Thyreoidea.
Patient war schon früh im ersten Lebensjahre unverkennbar apathisch.
Jetzt noch keine Zähne und offene Fontanelle.
Nach Vii Jahren Schilddrüsenbehandlung war der Knabe zu einem nor-
mal wachsenden Kinde geworden.
Verf. beobachtete in seinem Falle abnormen Tiefstand des Nabels und
sah, dass das in vielen Abbildungen von myxödemen Kindern ebenfalls der
Fall ist. Durch Schilddrüsenbehandlung kommt der Nabel höher. Er meint,
dieser Tiefstand ist abhängig von Störungen der Knochenbildung durch die
Thyreoidaplasie bedingt; da sie auch schon bald nach der Geburt beobachtet
vird, ist sie ein Zeichen, dass das infantile Myxödem schon embryonal bestand.
Bendix (8) demonstriert im Verein für innere Medizin in Berlin ein
11 Wochen altes Mädchen mit vielen Erscheinungen von Myxödem. Hereditär
war nichts zu eruieren.
Die Arbeit Sills (92) gibt eine kurze Übersicht über das Wissenswerte
Tom infantilen Myxödem , ohne jedoch neues zu bringen. Am Ende finden
sich seine sämtlichen Krankengeschichten kurz referiert.
Jahresbericht fOr ChirarRie 1905. 81
482
Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
1 . , > ',
Fromm (39) publiziert einen Sektionsfall von Mongolismas. Der Fall
ist eben wie die sonst bekannten Sektionsbefunde ohne positive Resultat«.
Nur ist hier im Gegensatz zu den meisten Autoren die Thyreoidea nicht
ganz normal. Er fand eine geringe Entwickelung der Drüsenschläuche und
einen Mangel an kolloider Substanz gegenüber dem reichlichen Bindegewebe.
Die Drüse war hypoplastisch.
6 öl Ine r (44) publiziert die Krankengeschichte eines kretinischen
Mädchens von 11 Jahren. Es wurde drei Jahre lang mit Jodothyrin Bayer
behandelt und hat in dieser Zeit lesen und schreiben gelernt, ist von 90,6 cm
auf 118 cm gewachsen, die angedeutete Struma ist verschwunden, also ein
eklatanter Erfolg der Jodothyrintherapie.
Christiani (23) bringt in dieser Arbeit die Krankengeschichte eines
an Myxödem leidenden jungen Mädchens. Es wurde zweimal hjpodermal
Thyreoidgewebe implantiert, wodurch völlige Heilung erzielt wurde. Die
Therapie mit Thyreoid -Extrakt, die vorher unausgesetzt nötig war, konnte
jetzt unterlassen werden. Christiani hebt dieses als Beweis hervor, dass
die implantierten Thyreoidstückchen auch beim Menschen gut funktionierend
einheilen können.
Kummer (41) implantierte in der von Christiani angegebenen Weise
Thyreoidgewebe bei einem Kinde, das geistig und somatisch wenig entwickelt
war. Der Fall war mehr der Idiotie als dem Kretinismus ähnlich. Es be-
stand kein Myxödem. Die Glandula thyreoidea war nicht nachzuweisen. Das
Kind bot vielleicht einige Zeichen der Tetanie dar, da das Haupt vielfach in
rotierende Bewegungen versetzt war, auch während des Schlafens sind die
Hände rhythmisch flektiert und extendiert worden.
Diverse Thyreoidtherapie hatte guten Erfolg, musste aber immer wieder
eingestellt werden, da das Kind diese Medikation nicht ertrug. Dies ver-
anlasste zur subkutanen Tbyreoidtransplantation mit, wie aus den beigegebeneo
Figuren ersichtlich, sehr gutem Erfolge. Das Kind steht den anderen Kindern
seines Alters nicht mehr nach. Neun Monate nach der Transplantation
sind die Thyreoidstückchen noch immer gut palpierbar.
C. Morbus Basedowii.
Pässler (77) stellte sich die Aufgabe, das Gift zu demonstrieren, das
in der Schilddrüse anwesend sein soll, wenn die Theorie Moebius' richtig
ist. Er verwendete ein aus einer frischen Basedowdrüse bereitetes Extrakt
und injizierte dieses intravenös bei Kaninchen und bei einem Hunde. Er
hoflfte jetzt eine Pulsbeschleunigung zu finden, dies trat aber nicht ein, die
Giftwirkung blieb also aus.
Er fasst seine Resultate keineswegs als eine Widerlegung der Schild-
drüsentheorie auf, sagt aber: Für die Pathologie der Basedowschen Krank-
heit geht aber schon aus den bisher angestellten Versuchen hervor, dass das
Basedowgift, falls es existiert, keine einfache direkte Giftwirkung, wie etwa
ein Ptomain, auf den Kreislauf der Warmblüter ausübt.
Oswald (75) bespricht in diesem Artikel zuerst die neuen Publikationen
über die Basedowforschung und stellt dann den Satz auf, dass man es beim
Morbus Basedowii mit einer Überschwemmung des Organismus mit minder-
wertigem, insuffizienten Schilddrüsenextrakt zu tun hat.
Dass man aber das Kolloid nicht in der Schilddrüse findet, ist nur
durch die schnelle Abfuhr zu erklären, es wird nicht desto weniger pro-
öillftTry, TerletxuDgsD a. chinirg. ErftakheitsD des Halus u. d. SchilddrOsa. 433
diniert. Es ist dies eine EatgegnuDg gegen A. Kocher (cf. auch oben bei
Püssler. Ref.). Mit dieser Annahme lassen sich die Basedowsjmptome alle
(rkliren, auch in den Fällen von Basedow ohne Struma. Das Thyreoglobin
(jodannes Schilddrüsengekret) erhöht den Stoffwechsel und verursacht Sym-
pathi kos- Reizun g.
So erklärt sich anch der gute Erfolg der partiellen Strumektomie. Daa
Anftret«n vom Myxödem wird dein Verständnis näher gerückt, da es von
der Insu^ienz zur gänzlichen Aufhebung der Thyreoidalfonktion nur einen
äciiritt weiter ist.
Nachdem Hansemann (47) erstens festgestellt, dass die Moebius-
sclie Theorie des Morbus Basedowii kaum mehr zur Seite gestellt werden
kann, erinnert er daran, dass die Behandlung von Morbus Basedowii durch
Thymospräparate in vielen Fällen von gutem Erfolg begleitet ist. Des weiteren
trird in vielen Fällen von Morbus Basedowii bei der Sektion Vergrössemug
der Thymus gefunden. Diese Tatsache zeigt eine Korrelation beider Drüsen an.
Selbst bringt er vier solche Fälle von Morbus Basedowii mit persistieren-
dem Thymus. Dabei fand man, dass die Thymus sich der Thyreoidea eng
anlegte und das Lymphegebiet in ein anderes übergeht.
Verf. meint, die aus der Thyreoidea entströmende Lymphe bat die
Thmas gleich so rergrössert, wie wir bei entzündlichen Vorgängen das regionäre
Lvmpbgebiet stets vergrössert sehen.
Man solle mit dieser Wissenschaft die klinischen Fälle von Morbus Base-
dowii auf Thymusvergrössemng untersuchen.
TeiUais(99) beschreibt das Symptom bei Morbus Basedowii, das auch
Diiabhangig von Jellinek (Hildebrands Jahresber. X. S. 403) gefunden
imide und das in einer Pigmentation der Augenbrauen und der Lider be-
steht, die Konjnnktiva freilassend.
Zeitner (107) untersuchte die rhythmischen, mit dem Pulse isochronen
Kopfbewegungen bei vier Morbus Basedowii-Kranken. Die Bewegung erfolgt
in dei Frontalebene. Er meint, im Pulsus celer die Möglichkeit einer Er-
klänmg zu finden. Die starke systolische Erweiterung der grossen Arterien
bewirkt in der Unterkiefergegend eine Ranmbeengung , die zu einem Aus-
weichen des Kopfes nach oben führt , in der Diastole sinkt dann der Kopf
infdl^ seiner Schwere wieder zurück.
Wird durch Vornübemeigung des Kopfes die Raumbeengung eine noch
bedeutendere, so wird das Phänomen günstigere Bedingungen für seine Ent-
stehung haben.
Er meint, dieselbe Erklärung gilt auch bei Arterieninsuffizienz oder
Aneurysma des Aortenbogens und Arteriosklerose, wo das Mussetsche Sym-
ptom am meisten beobachtet wird.
ßanchwerger (83) bespricht in seiner Inaugural- Dissertation zwei
Kcaokei^eschichten von Patienten mit Morbus Basedowii, die in ihrem Krank-
heitsverlanf zeitweise Glykose im Urin hatten. Beide gehören zu den mild
^«claofenden Fällen. Die meisten LiteraturHille sind dagegen schwere Formen.
Verf. geht dann die verschiedenen Beobachtungen durch, die in der Literatur
ttehen dem Zusammentreffen beider Krankheitsbilder zu finden sind. Diese
gaheo ihm aber ebensowenig wie die experimentelle Untersuchung eine Er-
klärung der Ätiologie oder des Zusammenhanges der Symptome.
Breton (lö) beschreibt ausführlich die Krankengeschichte einer Dame,
loit Horbns Basedowii behaftet , die im Laufe ihrer Krankheit einen Pleura-
31*
Jehreibericht fDi Chirurgie. 11. Teil.
uss bekam, der schon bei der ersten Punktion hämorrhagisch war. Der
tUBS emeate sich immer schubweise unter heftigen djspnoiBcben Erechei-
igen und Znnabme der immerhin sehr beträchtlichen Tiichykardie. Punktion
Plenra und innerlich Morphinm ergab jedesmal Besserung, aber keine
lung. In der Zwischenzeit entstand eine Mitralinsuffizienz. Das von
llion und Carrion präparierte ,Hämato- und Thyreoidin" wurde dann
sucht und mit glänzendem Erfolg bekrönt. Bei Aussetzen des Mittels
;idiv aller Erscheinungen, die auf emente Anwendung des Mittels wieder
schwanden.
Verf. macht aufmerksam, dass kutane Blutungen und Epistaxis bei
rbus Basedowii ziemlich oft vorkommen. Blutungen in internen Oi^anen
1 dagegen recht selten.
Stein (96) macht auf ein Anfangssymptom bei Morbus Basedowii anf-
ksam, das in einem Falle fälschlich erst Empyem des Antmm Higbmori an-
men und später an eine retrobulbäre Geschwulst denken Hess. Es besteht
les Symptom in einem beträchtlichen Odem der Augenlider, das erst nach
gen Wochen von Protrusion des Augenlides gefolgt wird. Auch sab er
nehrte Sekretion der Speichel- und Geschlechtsdrüsen bei Morbus Ba-
)wii.
Bei der Therapie lobt er die Therapie mit Milch thyreoidektomierter
;en (Lanz). Diese Methode soll billiger sein als das Serum Moebius,
er in vielen Fällen von ausgezeichneter Wirkung fand.
Gabonrd (40) gibt die Krankengeschichte eines 19jährigen jungen
Ichens, das von Morbus-Basedowii-Symptomen befallen wurde. Bei der
ersuchung des Halses wurden einige kleine Lymphome konstatiert. Die
Igen waren intakt, da aber eine Seruminjektion nach Arloing-Courmont
tiv war, wurde angenommen, dass das Mädchen tuberkulös war. In der
erkulose sucht Verf. das Primum movens der Thyreoidänderung.
Berichte über die Erfolge von der Antithyreoidin-Moebius-Bebandlung.
Morbus Basedowii findet man u. a, bei Alexander (2), Eulenburg
, Lomer (64), Hempel (50) und Thienger (100, 101). Die Resultate
. durchaus günstige. Es fällt auf, daSs dagegen von englischer Seite,
rray (72, 73), McKenzie (68), gar kein Erfolg dieser Bebandlungsweise
;eichnet werden kann. In dieser Hinsicht wäre vielleicht in der Richtung
Idee Lanz (57) eine Erklärung zu suchen (cf. oben S. 470).
Alexander (2) erzielte anhaltende Wirkung des Serums auch nach
setzen des Mittels, diese ist vielleicht erreicht durch gleichzeitige Behand-
; nach dem Vorschlage Schotts mit Kohlensäure und Salzbäder.
Eulenbarg (341 kommt zum Scbluss. dass das Antithyreoidin die
sikatisch-diätetiscbe Behandlungsmethode ergänzen kann und dadurch die
urgisch-operative Behandlung gewissermassen eingeschränkt wird.
Beck (8) lenkt die Aufmerksamkeit bei der Therapie der Basedow-
nkheit darauf, dass die halbseitige Exstirpation in vielen Fällen zwar
lung bringt, aber die Augensymptomen um wenigsten beeinflusst werden.
Die von Kocher gleichzeitig ausgeführte Unterbindung der Arterie kann
;h die Beschränkung der Blutzufahr die Drucksymptome vermindern, aber
die Operation schliessen sich zu viel bedrohhche psychiatrische Erschei-
gen an. Die gute Wirkung der Röntgenbestrahlung bei Neubildungen am
issystem hat Verf. auf den Gedanken gebracht, diese Wirkung auch beim
edowstruma zu versuchen. Er wandte dieses Verfahren an bei zwei Frauen,
Gillarry, VertetxDDsen d. Chirurg. Krankheiten dea HslBes u. d. Schilddrüse. föS
die rorher durch eine lialbseitige Exzision wobl Besaemng, aber keine Heiltmg
bekommeQ hatten. Nach wenigen Sitzungen wurde die Tachykardie auffaltend
»ebessert.
In einem dritten Falle wurde die Röntgenbehandtnng gleich, nachdem
die Eizisionswande geheilt war, angeschlossen.
In der „Bradshaw lectnre" gibt Murray (72, 73) nach kurzer Über-
•icht der Pathologie und Symptomatologie dea Morbus Basedowii eine ein-
stheDde Studie der Behandlung. Aus dem Mitgeteilten kann folgendes her-
Tar^ehoben werden: Er hat, dem Beispiele Becks und Stegmans folgend,
in einem Falle Röntgenstrahlen angewandt, sah aber Verscblimmerung. Die
^mmbehandlang hat ihm auch nicht viel Gutes geleistet. Moebius-Serum
(rar effektlos. Rodagen war in einem Falle von guter Wirkung- Ein selbst
bereitetes Serom ans Blut von Kaninchen und Ziegen, die längere Zeit mit
Tbvreoid gefüttert waren, wurde in einigen Fällen angewandt. Die geringe
tnielt« Besserung kann aber ebensogut durch den gleicbzeitigen klinischen
.Aufenthalt erklärt werden.
MacKenzie (68) gibt in dieser Arbeit eine klinische Übersicht des
Morbus Basedowii. Bei der Besprechung der Pathologie weist er darauf bin,
diiäs mikroskopisch die Basedowstruma ganz ähnlich ist der Thyreoidea, die
mcb partieller Thyreoidektomie zurückbleibt.
Dann hat er auch konstatiert (vergl. Hanse mann), dass in jedem Falle
von Morbus Basedowii, wo Sektion geschah, eine persistierende Thymus zu
finden ist, in der Regel selbst eine hj-pertrophische Thymus. In vielen Fällen
TOD Morbus Basedowii sind die Glandulae parathyreoideae atrophisch. In
der Therapie befürwortet er die interne Tberapie , kombiniert mit einer
Luftkur.
Wie gesagt, sah er von Möbius-Serum keinen guten Erfolg.
In dieser Arbeit gibt Dan MacKenzie (69) einen kurz gefassten Über-
blick über die jetzt übligen Massnahmen bei dem Morbus Basedowii.
Im Practitioner Nr. 90 findet man den ^Long Foi Lecture"- von Smith
1.94] gehalten. Es ist wie die Arbeiten von Murray und McKenzie, eine
sek lesenswerte Verhandlung über unsere Kenntnisse des Morbus Basedowii.
Petersen (78) be^hreibt die Krankengeschichte einer 25 jährigen Frau,
die m\ fünf Jahren von Morbus Basedowii befallen ist. In den letzten zwei
Jauren entwickelten sich sukzessive verschiedene Sklerodermata bei der Pa-
tienlin, auch haben sich drei Stellen von Alopecia areata geformt. Verf. stellt
sodann zusammen, was er in der Literatur findet über das gleichzeitige Vor-
kotumen dieser Krankheitsbilder.
Hirst (51) hat seine amerikanischen Kollegen gefragt, ihre Erfaluiingen
mtiateilen, über Operationen, speziell gynäkologische, bei Patienten mit
Morbus Basedowii. Er sammelte so 69 Fälle (die Strumaektomien wurden
lacht mit aufgenommen). Mit den 6 Fällen von Sanderson hatte er 75
Fälle. Davon sind 13 gestorben, also IT.S^/o Mortalität.
Von den 13 sind 11 gestorben an akutem Thyreoidismus mit Tachy-
kardie und schliesslich Herzparalyse. Ein Fall starb an Thyreoidismus mit
S^lßis kombiniert und ein Fall an Chloroformtod vor der Operation.
Die Mortalitätsziffer ist vom Morbus Basedowii also sehr bedeutend.
Frank Hartley (48). Bei einem Vergleich der totalen, bilateralen
Resektion der sympathischen Halsgangtien mit der Thyreoidektomie wegen
Basedowscher Krankheit ergeben sich bessere Resultate für die letztere Ope-
jAhreBb«ricbt fOr Chirargie. II. Teil.
m. Ganglionresektion weist 54''/o Heilnngen, 9% ohne Besserung, P^'o
ikaimte Resultate nnd 27,2 "/o Todesfälle auf. Die Thyreoidektomie hat
g Heilungen, 9 "/o ohne Bessemng, unbekannte RestUtate oder teilweise
Bserte nnd 12,6 Vo Todesfälle. Hartley wendet immer Narkose mit
tr oder Äther nnd Gas an nnd hat unter 21 Todesfällen einen in der
[ose. Die Todesfalle von Thyreoidismns sind seltene geworden, mit Ver-
sning der Technik, indem die Drüse bei der Exstirpation schonender
ndhabt wird. Maass (New-Yorkl.
Lessing (61) berichtet ober den Verlauf der in der cbimrgischen Klinik
Charit6 seit dem Jahre 1899 operierten Fälle von Morbus Basedowii. Es
deren acht, von denen ein Todesfall kurz nach der Operation zn ver-
men ist. Alle Patienten waren ausgesprochene Fälle, die längere Zeit
er intern behandelt waren. Es wurde nur Exziaion gemacht mit Zuröck-
n von V* — V» des ursprünglichen Volumens. In '/« aller Operationen
achtete man postoperative Erscheinungen. Ein Fall ist rezidiviert, sonst
emng oder Heilung.
Friedlein (38) hat die von Scholz schon früher beschriebenen 20
! der Klinik Kümmels von Morbus Basedowii, die durch Enukleation
Resektion eines Teiles der Struma, operativ behandelt worden sind, aufs
untersucht. Er konnte über 16 Patienten neue Berichte bekommen,
anden sich 14 Heilungen, in diesen Fällen war von Kropf nichts mehr
nden. Zwei bedeutende Besserungen, drei massige Besserangen nnd ein
isfall zehn Tage nach der Operation an Tetanie.
Die 14 Heilnngen erstrecken sich jetzt von 4—15'/» Jahren.
Dass es auf die richtige Dosierung des zurückzulassenden Teiles der
tna ankommt, beweisen die Fälle von Besserung. In diesen Fällen ist doch
eine Struma wieder vorhanden, so dass eine zweite eventuell dritte Ope-
n hier noch Heilung beibringen kann.
Die operativen Resultate geben jetzt selbst in der Mortalität einen
sren Prozentsatz als die internen: ö^/o gegen intern 12"/!).
Curtis (24) bevorzugt die partielle Thyreoidektomie bei den Behand-
des Morbus Basedowii vor der Exstirpation des Gangtiom cervicale supr.
ympathikus. Er hatte auf 136 Fälle 17 Todesfalle mit akutem Thyreoidi^mus.
Operation soll unter lokaler Anästhesie geschehen. Einige Male unt^f'
i er die Arterien.
Ricbardson (85) liefert eine zusammenfassende Arbeit über den gegen-
igen Stand der Wissenschaft über Thyreoidea und Parathyreoidea. Es
vorwiegend Über Morbus Basedowii gehandelt.
Shattock (91) beschreibt ein Museumpräparat einer Glandula thyreoidea
einer an Morbus Basedowii gestorbenen Frau. An der linken Seite be-
it sich eine Glandula parathyreoidea von 0,9 cm Durchmesser. Mikro-
isch war in dieser Drüse ein Kolloid vorhanden. Die Patientin hatte
Myxödem. Die Septa der Struma waren ziemlich reich an Fettgewebe.
Humphry(54) konnte von einigen an Morbus Basedowii verstorbenen
mten die Halsregion untersuchen und fand in der Regel die Glandulae
thyreoideae fettig infiltriert.
Des weiteren konnte er in 18 Autopsien diese Gebilde untersuchen und
nur ausnahmsweise dieselbe Infiltration mit Fettgewebe und dann bei
en Personen. Nur in einem Falle fand er Fett bei einem jüngeren In>
äill»vr7. TerletzangeD n. cbirnrg. Erankheitea des Halaes n. d. Schilddrüse. 487
Jindanm. Es war dies ein Hjährigea Mädchen, das an Verbrennung starb,
in diesem Falle war ausserdem die Thymus erhalten und 18 g schwer.
In keinem seiner Morbus Basedowii-Fälle konnte er Zeichen von Hyper-
trophie der Glandulae paratbyreoideae oder von Kolloidbildung in denselben
änden.
II. Nebensehilddrüse.
Bei Humphry (51) (s. oben) findet man eine gut anatomische Über-
sicht über die Glandulae paratbyreoideae.
In den vorhergehenden Referaten findet man nebenbei schon manches,
dieses Organ betreffend, notiert.
Die Literatureinsicht sowie eigene Observationen veranlassten Lund-
borg (65) der Frage der Pathologie der Glandulae paratbyreoideae näher zu
treten. Er kommt zu den Schlüssen, dass vielleicht Tetanie, Myoklonie,
MTotomie und Paralysis agitans auf eine Insuffizienz der Glandulae para-
tbyreoideae zurückzuführen sind, gleich wie Myxödem und Uypotbyreoidismus
lUutoghe) anf eine Insuffizienz der Glandula thyreoidea beruht.
Es ist dabei auffallend, dass erstgenannte Krankheiten vorzugsweise
Männer befallen, während Myxödem mehr bei Frauen vorkommt.
Mit Hyperfunktion der Glandula parathyreoidea hängt wahrscheinlich
zusammen die Paralysis myasthenica und die Paralysis fam. periodica, gleich-
wie psychotische Zustände und Morbus Basedow! mit einer Hyperfunktion der
Ijlandula thyreoidea einhergehen.
Die Gland. parathyreoidea muss als ein Organ (Regulator) aufgefasst
werden, das die Aufgabe hat, ungestörte muskuläre (oder neuromuskuläre)
Titigkeit zustande zu bringen.
Zum Scbluss sagt Verf.: ,Vor allem muss ich indes betonen, dass ich
-war dafür halte, dass die besprochenen Krankheiten mehr oder weniger
-miteinander verwandt sind und wahrscheinlich auf endogener Intoxikation
-beruhen, dass es aber noch für äusserst hypothetisch gehalten werden muss,
.ob die Gland. parathyreoidea eine bestimmte Rolle in deren Pathogenese
-spielen."
Mac Callum und Davidson (67) haben ihre Untersuchungen über
die Funktion der Gland. parathyr. weitergeführt. Sie untersuchten, ob Blut
ton Händen, durch Exstirpation von zwei oder vier Gland. parath. in Tetanie
gebracht, bei anderen Hunden intravenös transfundiert, bei diesen Hunden
Tetanie hervorrufen konnte.
Der Effekt war aber gering, selbst in den Fällen, wo der Blutempfänger
torher grossenteib von seinem Thyreoidgewebe befreit wurde.
Experimente, um durch Blutentziehung eine Tetanie zu verringern, miss-
langen ebenfalls.
Berücksichtigung des Darmes behufs Füllung oder nicht, liess bei diesen
Eiperimenten auch keinen Scbluss ziehen.
Tetanie ist nur zu beseitigen durch Injektion von Parathyreoidmaterial.
Verff. konnten die Resultate von Lusena, der die nach Exstirpation der
Gland. parathyr. entstandene Tetanie beseitigen konnte durch Exstirpation
dff Glandula thyreoidea oder durch Unterbindung der Gefässe, nicht be-
stätigen,
Berkeley (12) kam durch die Wahrnehmung von Kaninchen, die er
parathyreoidektomiert hatte, auf die Idee, dass die observierten Symptome
Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
t mit Paralysis agitans hatten. Dann las er, wie Dana (18Ö3)
igitans auffasBt als eine Intoxikation durch ein im ßlute zirku-
lift, das vielleicht von einer Drüse ohne Anafiihrungsgang geliefert
esgleichen sagt Dana, da8S Thyreoidtberapie die Symptome von
igitans verschlimmerte.
b ein nnd das andere kam er unabhängig von Lundberg aaf
mte Idee, dass Paralysis agitans durch eine Parathyreoidintoxikation
wurde.
is veranlasste ihn, verschiedene Kollegen, die Patienten mit Para-
is hatten, aufzufordern, diesen Patienten ein Parathyreoidpräparat
"en. Im ganzen hat er jetzt 11 Fälle.
Resultat der Therapie war, dass die Paralysis agitans Symptome
n, sowohl Tremor als psychische Symptome.
vamt ausdrücklich, dass die meisten Präparate untauglich sind,
ein Präparat von Annour und Co., Chicago. Auch dieses Präparat
>ch wechselnd, und muss daher zuvor physiologisch geprüft werden,
m mit '/»o Gramm, zwei oder viermal täglich der getrockneten
Iren Drüse, am besten in Kapseln verabreicht. In der Regel fangt
ung an nach 2 oder 3 Wochen, in welcher Zeit 50 bis 75 Kapseln
t sind.
Autopsien bei Paralysis agitans, in Hinsicht auf Abweicfaangen der
paratliyreoideae untersucht, verfügt er bis jetzt noch nicht, eben
acht er jetzt diese Publikation,
st (53) veröffentlicht einen zweiten Fall von Tumor der Gland. para-
aus dem Boerhaave-Laboratorium zu Leiden (cf. Benjamin,
Beitr. Bd. 31. Heft 1). Der Tumor sass bei einer sehr alten b\öil-
rau im rechten Lappen der senil atrophischen Glandula thyreoidea.
1 kastaniengrosser verkalkter Tumor. Mikroskopisch war der Tumor
n der Struktur mit einer Gland. parathyreoidea übereinstimmend,
ben Kapsel befand sich ein kleines normales Epithelkörperchen.
er und Aguerre (74) operierten eine polyzystische Geschwulst
bei einer 30jährigen Frau. Der Tumor war in drei Jahren ent-
nd hatte in den letzten Monaten Orangengrösse erreicht. Der
r adenomatös und mit der Vena jugularis, die reseziert werden
rwachsen. Es wurde der Tumor als von einer Gland. parathyreoidea
i accessoria? Ref.) ausgehend aufgefasst.
m. Thymus.
ihl (36) gibt eine vorläufige Mitteilung über Exstirpations- und
jnsversuche mit der Thymusdrüse, die er bei verschiedenen Tieren
er bisherige Stand der Untersuchungen veranlasst ihn, die Thymus-
der Ziege, dem Hunde und dem Kaninchen als ein für das post-
en bedeutungsloses Organ ani^usehen, dessen Exstirpation weder
Störungen, noch sonstige Ausfallssymptome zur Folge hat, keinen
in Effekt ausübt und auf den Verlauf der Heilung künstlich ge-
ikluren ohne Einfluss ist.
nbei fand er, dass die junge Ziege nicht nur eine am Halse ge-
ilddrüse besitzt, wie die Handbücher angeben, sondern dass sie
einen thorakal situierten faustgrossen inneren Lappen besitzt.
GillsTr^. VwleUoDgeD n. clururg. Krankheiten d«B Halses u. d. SchilddrOse. 489
Ehrhardt (32) behandelte ein Kind von 2 Jahren mit inspiratoriscber
Dvspnöe. Die Erstickungsan falle drängten zur Operation. Der Sitz der
jtfDOse konnte nicht eruiert werden, keine Dämpfung auf dem Manubrium.
Da Intubation keine Erleichterung gab, wurde die Diagnose auf Thymus- oder
Sirkomdruck im Mediastinum gestellt.
Bei der Operation wurde eine vergrösserte Thymus gefunden, die
fQQkleiert werden konnte. Da die Trachea abgeplattet erschien, wurde nicht
gdiäht, sondern tamponiert, um jederzeit tracheotomieren zu können.
Nach der Operation sofortiges Wohlbefinden. Nach 5 Tagen sekundäre
Naht der Wände, wobei konstatiert wurde, dass die Trachea sich entfaltet
latle.
Es stellten sich keine Anfallssymptome ein, dieser Fall war also rein
nifcbaDisch. Nichtsdestoweniger meint Verf., dass die Fälle von Thymustod,
wo neben vergrösserter Thymus die Trachea nicht komprimiert war, beweisen,
dass nicht alle Fälle von Asthma thymicnm mechanisch erklärt werden können,
sondern dass man in diesen Fällen an der Paltaufschen Annahme einer
Inaphatiscb-cblorotischen Konstitution festhalten soll.
Andere Ualaorgane.
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Halsrippe.
Meyerowitz {24) beschreibt einige Fälle von leichter Skoliose, wo man
ne andere Ursache finden konnte als eine einseitige Halsrippe. \'erf.
st den Konnex als rein mechanisch auf, ganz im Sinne Garres. Wo man
doppelseitiger Halsrippe ebenfalls eine Skoliose findet, meint er, etwas
difiziert eine analoge mechanische Erklärung geben zu können und be-
eitet er Helbing, der eine neurogene Pathogenese annimmt.
Nach einer Literaturübersicht unserer Kenntnis der Halsrippe und der
lurch hervorgerufenen Symptome bringt Schönebeck (32) 60 diesbezüg-
le Krankengeschichten zusammen, denen er eine 61. zufügt. Am Schlüsse
■ Arbeit einige Notizen über die Therapie.
TorticoUis.
Das Referat Gayards von der Dissertation Thiers (35) ergibt, das
vom Verf. angestellte Vergleichung der offenen Durch seh eidnng des
rno-cleido-mastoideus bei TorticoUis congenita mit der Mikuliczscben
stirpation des Muskels dahin geht, dass beide ^lethoden einander so ziemlich
ich kommen. Vielleicht hat die Exstirpation etwas weniger Rezidive.
Pitres (30) bringt drei Krankengeschichten von TorticoUis spastic*
ei davon hatten dazu Schreibkrampf und auch in der Literatur hndet
rf. viele Fälle von gleichzeitig bestehenden funktionellen Krämpfen mit
'ticollts spastica. Dies in Verbindung mit der Art der Kontraktionen und
Gillavr;. Terlettangen d. chirnrg. Krankheitea dea Halses q. d. SchilddrOM. 491
einiger anderer Momente veranlasst Verf. die Torticollis ebenfalls zu den
funktionellen Krämpfen Type Duchenne zu rechnen und nicht zu den
Tics wie Brissaud, Marge und F e i n d e 1 und N o g i n a sagen.
Ein eingehendes und kritisches Studium widmet Berg (1) der Frage
nach der operativen Behandlung des Torticollis spasticus. Verf., der früher
ohne Erfolg die „Akzessoriusteilung" yersucht hatte, war von Erb beeindusst,
um der operativen Therapie gegenüber diesem Leiden abgegangen, hatte sich
in der letzten Zeit gezwungen gesehen wieder zu einem operativen ^'erfahren
m greifen. Ein detailliertes Studium schenkt Verf. dieser Frage in Form
einer kritischen Prüfung dessen, was in den letzten Jahren von der Neurologie
oml Chirurgie zutage gefördert worden ist. Besonders verweilt er bei der
Hypothese über die psychopathische Natur dieser Krankheit, die von Brissaud
und dessen Schale aufgestellt ist. Als Ergebnis des Studiums der letztver-
liijssenen Jahre erscheint nach Berg, dass „durch relativ ungefährliche
(Operationen faktisch in einem nicht unansehnlichen Prozent operativ be-
lundelter Fälle eine, wenn auch nur palliative Heilung eines Symptomkom-
jiieies erzielt worden ist, dessen innere Ursache uns immer noch dunkel ist
ond dessen Prognose für andere Behandlung auch nach der ziemlich ein-
ftimmigen Aussage der Nervenspezialisten in hohem Masse ungewiss ist."
Verf. legt sich folgende Frage vor: „Kann eine chirurgische Behandlung des
f)sm. Torticollis spasticus z. Z. als berechtigt angesehen werden und, be-
jahenden Falles, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen PrinzipienV
folge Q de verschiedenen Operations weisen erscheinen ihm der Beachtung
«tri: 1. Resektion des N. accessorius, 2. multiple, eventuell in mehreren
Seaocen ausgeführte Muskelteilungen, 3. Resektion eines oder mehrerer der
Am obersten hinteren Zervikalnerven , 4. eine Kombination einer oder
rathrcrer dieser Operationen. Es werden 5 Krankheitsfälle mitgeteilt, in
iltTOti Verf. etwas abweichende Verfahren angewandt hat. Was die Prin-
^pitn der operativen Behandlungsweise anbelangt, scheint den Kocherschen
mnHiplen Muskelteilungsn der Vorzug vor der Nervenresektion gegeben
«ertjen zu müssen, weil sie weniger ausgesprochene Paralysen setzen und die
ptaneste „Dosiemng" des Eingriffes ermöglichen. Verf formuliert seinen
Standpunkt folgendermassen : So lange nicht die suggestive und speziell die
BTissaudsche Therapie vorerst gründlich versucht worden ist, ist jegliche
nperatire Behandlung des Torticollis spasticus unberechtigt. Ist suggestive
l^handlnng vergeblich versucht worden, so sind die Aussichten für eine
operative Behandlung besser, je begrenzter dem Gebiete nach und je fixer
fler Art nach ein Spasmus ist und je weniger das psychopathische Moment
ierrortritt. Hj. von Bonsdorff.
Traumatische und entzündliche Prozesse.
Fein (9) beschreibt drei Fälle von leichter Halsverletznng.
Der erste Fall war ein Mann, der mit der Halsseite auf einen Kisten-
[^d gefallen war. Er hatte davon eine Fraktur des Ringknorpels bekommen.
h der Aussen- und Innenseite konnte man das Hämatom sehen. Patient
ißias ohne jeden Eingriff. Tracheotomie wurde als unnötig nicht gemacht.
Der zweite Fall betraf einen Mann, der während des Verachluckens
eines Stückes Leberwurst plötzlich Schmerzen fühlte und Blut spuckte. Es
fand sich eine Schnittwunde der Epiglottis. Ein Fremdkörper konnte nicht
nachgewiesen werden.
Jahresbericfat fDr Chirnrgie. II. Teil.
Der dritte Fall war ebeDfalls eioe SchlnckTerletzung, verursacht durch
rerknöcherte Sehne eines Rebhuhns, die an zwei Stellen der Phan-nx
len resp. Enden hinausragte.
Cntler (5) diskutiert den Wert der Exzision des Ganglion cervicale
'. in Fällen von Glaucoma sioiplex. Die Frage, ob jemals eine £xzision
Auge geschadet hat, wird verneint. Die Frage, ob genügend Besserung
der Operation erzielt wird um an der Operation festzuhalten, wird
.t.
Tuffier (36) demonstriert ein Präparat von Aneurysma der Carotis
na, entstanden, nachdem Patient zwei Monate vorher sich im Munde
ßevolverschnss abgegeben hatte. Die Kugel wurde derzeit durch eine
nzision aus einer Eiterhöhle extrahiert. Jetzt kam Patient zurück mit
grossen harten Schwellung an der lateralen Pharynxwand. Es warde
iert, ohne dass sich aber etwas evakuieren Hess. 36 Stunden später
riert das nicht erkannte Aneurysma im Munde mit direktem Exitus
i.
Die Aufschrift der Arbeit Knightsund Mac Kernon5(I4) charakterisiert
Fall genügend, nur muss hinzugefügt werden, dass die Infektion von
tokokken herrührte und dass diese Streptokokken nicht altein im
Qobus der Vena jugularis zu finden waren, sondern auch in der Venen-
. Eine Anzeige, dass die Exzision hier richtiger war als die Unter-
ing unterhalb des Thrombus.
Hochhaus (12). Kurzes Referat eines Vortrags über durchaus gute
ingsresultate bei 25 Fällen von Diphtherie, 10 Anginen and 6 Gesichts-
>eln. Ander Diskussion beteil^en sich Prym, Heusner, Lenzmann,
ins.
VIerkel (23) publiziert einen Fall von Holzphlegmone , die bei einem
jergesellen entstand, nachdem er das mit Aktinomykosiseiter besudelt«
:r in den Mund geklemmt hatte. Der Tumor entwickelte sich langsam
päterhin Atemnot und Schluckbeschwerden zur Inzision nötigten. Es
sich Eiter ohne Aktinomysiskömchen (ob bakteriologisch nachgeprüft
rird nicht angegeben. Ref.) Ein Stückchen wurde exstirpiert und ergab
eicbliches, fast narbiges Bindegewebe mit entzündlicher Infiltration, kein
•r, keine Aktinomyces. Der Fall genas unter Jodoformgazetamponade.
wendet sich gegen Long, der einen Fall von Uolzphlegmone beschreibt,
ins einer Mischung von Kankroid nnd sekundärer Infektion bestand.
^ meinte seinen Befund verallgemeinem zu können.
Merkel stellt dagegen, dass in fast allen Fällen von Holzphlegmone
mng eintrat, maligner Tumor also auszuscbliessen ist.
(Ob aber Verfs. Fall doch nicht Aktinomykose war und keine Holz-
moneV Ref.)
Most (25, 26) weist auf die Wichtigkeit der Kenntnis der retropharyngealen
ihdrüsen, die symmetrisch auf beiden Seiten der hinteren Pharynxwand
er Fascia bucco-pharyngea gelegen sind, median von der Carotis interna,
it vor deren Eintritt in den Canalis Caroticus.
Das Qnellgebiet umfasst den hinteren Teil der Pharynx, das Nasen-
3 mit seinen Nebenhöhlen, sowie Tuba Eustachii und die Paukenhöhle,
'uberkulose des Halses sind sie oft miterkrankt, jedenfalls soll man auf
;hten und sie nötigenfalls mitexstirpieren. Selbst hat Verf. dies zweimal
, das eine Mal durchgehend zwischen V. facialis communis und Jugularis
GillaTry, Verletzongaa n. ukirarg. Krankheiten dee Halses q. d. SchilddrQae. 403
jnteni&, einmal dtirch das Submaxülardreieck hindurch. Der erste Weg ist
im bequemsten.
Sntcliffe (33) gibt, nach einer Notiz über die normalen Lymphdrüsen
dfs Halses, eine sehr genaue Beschreibung seiner Methoden von Exstirpation
der toberknlösen Halsdrnsen.
In gewöhnlichen Fällen benutzt er bogenförmige Inzisionen etwa wie
Kocher. In Fällen von grosser Ausdehnung fügt er an der bogenförmigen
Inzision, vom Mastoid ausgehend noch eine zweite Inzision hinten längs dem
ganzen Hinterrand des Muse, sterno-cleido-mostoideus.
Die Narbe der letzten Inzision ist auch später von vom wenig siebtbar.
In den 250 Fällen, die Verf. operierte, war er nie genötigt, den Sterno-
cleido anch nur teilweise zu inzidieren. Auf Erhaltung der Nerven legt er
grossen Wert.
Wenn die Ljmptome nach 6 Monaten noch nicht mit konservativer
Therapie geheilt sind, will er jedenfalls operieren. Auch operiert er: 1. Wenn
dir Lymptome eitrig zerfallen; 2. wo Fisteln anwesend sind; 3. Wenn die
Lvmptome auch ohne deutliche Erweichung zunehmen in Grösse , oder
^l:tlme^zeQ verursachen, oder entstellend sind und nicht auf klimatische und
Lvgieniscbe Massnahmen zurückgehen; 4. in Fällen, wo die Patienten sich
nicbt schonen können oder in ihrem Berufe nicht angenommen werden
sullien.
In der Tiefe der Wunde gebraucht er nur Catgut und in jedem Falle
TOD einiger Ausbreitung legt er den ersten Tag ein Gazedrain ein. Sonst
'ini die Wunde mit Knopfnähten ganz verschlossen.
Dowd (8). Die Tuberkulose der Lymphdrüsen am Hals ist als eine
rn^te Erkrankung aufzufassen, die oft zu Tuberkulose der Lungen und
luderen Körperteilen führt. Gründliche Entfernung ist die beste aller Be-
bndlongsmethoden. Die Prognose ist besser bei Kindern als bei Erwachsenen.
£: ist bezeichnend, dass die Berichte über jahrelange Beobachtungen von
Halsdrüsentuberkulosen fast ausschliesslich aus chirurgischen Anstalten kommen,
Iiord selbst berichtet über 100 operative Fälle, die bis zu 11 Jahren unter
Btobachtung standen. Von 19. die 6 — 11 Jahre nach der Operation unter-
MK'ht wurden, waren 15 anscheinend vollständig gei^und. Von 9, die im 6. Jahre
lie-trlien wurden, waren 8 anscheinend gesund. Von 7 im 5. Jahre waren 4,
TML ö im 4. Jahre 6, von 13 im 3. Jahre 7, von 26 im 2. Jahre 21, von
^ im 1. Jahre ö anscheinend gesund, 12 Patienten wurden nicht gesehen,
luichdem sie das Hospital verliessen. Die Inzision sollte quer verlaufen,
liin^s und hinter der Haargrenze. Längsschnitte bedingen breite Narben.
D'Este (8a) bringt einen Beitrag zur Therapie der tuberkulösen Lym-
phome des Halses. Nach einem kurzen Rückblick auf die historischen Wecbsel-
iälle der Behandlung der Drtisentuberkulose und nach einem Hinweis auf die
noch immer nicht nur zwischen Ärzten und Chirurgen, sondern unter den
Chirurgen selbst bestehende Meinungsverschiedenheit, hebt Verf. die Unzu-
Ijüglicbkeit der medikamentösen Kuren überhaupt bei der Behandlung der
tiangliontnberknlose hervor und spricht auch der Wirkung des Jods jede
^pezifizität ab; dagegen erachtet er dasselbe als von der höchsten Bedeu-
tnsg als kräftig wirkendes Hilfsmittel bei der chirurgischen Radi-
kalkur, die stets die Methode der Wahl sein muss.
In dieser Hinsicht hat er klinische Versuche angestellt, indem er eine
gewisse Anzahl von Kranken mit der blossen Radikalkur behandelte und eine
J«hresb«rtcbt fOr Cbirurgjs. IL Teil.
itere Anzahl in nahezu gleichen klinischen Verhältnissen mit der Radi-
Ikar und mit ÄnEchliessimg einer von Anfang an intensiv gemachten Jod-
r, 1 cg zur Injektion im Anfang, steigend nach und nach bis zu jedesmal
-6 cg. Er echliesst, indem er die mit der einfachen radikalen Behandlung
:ielten Resultate und die mit der gemischten Behandlung (radikale plus
Ikur) gewonnenen einander gegenüberstellt, welch letztere sich sowohl durch
3 Aussehen der Narben, wie durch die rasche allgemeine Besserung und
lezug auf Rezidive vorzüglicher zeigten.
Was den weniger radikalen Eingriff — einfache Abschalun^ und Aus-
felnng — angeht, so blieben jene Resultate auch bei Ausschluss einer
ensiven Jodknr hinter den vorhergehenden zurück. R- Giani.
Loze (22) befürwortet die von Calot angewandte Naphtolbehaudlung
i tuberkulösen Halsdrüsen. Er hat viele Hundert Fälle behandelt, nur
1S8 man Folgendes in Acht nehmen: 1. Man gebrauche nur frische Lösung.
Die Lösung soll nicht in Luftkontakt und nicht in Licht aufbewahrt
rden. 3. Man mische die Mischung gleich vor dem Gebrauch (Xaphtol.
mphor. 1 g, Emulsine 1 g, Glycerin. pur. 1 g; oder: Ol. olivar. steril. 34 g-
her 34 g, Naphtol. camphor. 20 g, Jodoform 9 g, Kreosot 2 g, Gnajacol
g). 4. Anfangs nie mehr als 1 g injizieren. 5. Langsam und unter ge-
igem Druck injizieren. 6. Nie in einen Abszess oder in gesundes Gewebe
izieren.
Man macht die Injektionen jeden zweiten Tag, nachdem mau zuvor
piriert. Harte Lymphome injiziert man ebenso ohne vorherige Aspiration,
enn bei der Aspiration nur eine viskose Flüssigkeit angezogen wird,
aucbt man keine Injektion mehr zu machen, sondern appliziert einen Druck-
rband.
Butlin (3) beschreibt die von ihm befolgte Operationsmethode bei
rcinoma lingnae. Er rät, in jedem Falle das ganze vordere Haisdreieck
iindlich auszuräumen an der kranken Seite, auch in den Fällen, wo gar
ine Drüsenschwellnng zu palpieren ist.
Er vermeidet das gleichzeitige Operieren von Zange und des Hais-
webes, da sonst die Mortalität zu gross wird. Da aber die zweizeiti^'e
leration den Nachteil hat, dass die Patienten sich nach Entfernung des
ingentumors oft der zweiten Operation entziehen, macht er die zweite
leration in der Regel neun Tage nach der Zungenoperation. Den Ange-
rigen der Patienten sagt er immer, dass die Operation den einen Tag an-
fangen wird, um nach neun Tagen vollendet zu werden.
Die Halsoperation macht er in folgender Weise: Er macht eine Haut-
lision vom Processus mastoideus bis zur Articulatio stemo-clavicularis, und
le zweite Inzision quer von der Spina mentis bis anf die erste Inzidion in
r Höhe des oberen Randes der (Jartilago thyreoidea. Die zwei vordereD
mtlappen werden zurückpräpanert und dann Platysma und alles Zell- and
.sziengewebe von unten ab in einem Lappen vom M. sterno-cleido-mastoideus
d den grossen Gefässen sauber abprapanert. Der vordere Muskelhauch
s Omohyoideus wird nötigenfalls mitgenommen, sowie die vorderen A^te
r Carotis externa. Der untere Pol der Parotis mit den da befindlichen
mptomen und der ganze Submaxillarraum kommt mit dem Halsgebilde in
isammenhang herans.
Nach genauer Blutstillung werden zwei Gazestreifen im Sabmaxillarraum
d auf Parotis und Halsgefasse eingelegt und zum unteren Wundwinkel
GillsTTj, Verletzungen d. chiturg. Kiaiikheiten des Halses d. d. Schilddrilse. 495
herausgeleitet. Daneben noch ein Drain, sonst wird die Wnnde geschlossen.
Nach 24 Standen werden die Gazestreifen entfernt, der Drain hleibt aber
nxh einige Tage liegen, da die Parotiswunde noch Speichel sezerniert. Die
Wnnde heilt innerhalb zwei oder drei Wochen.
Verf. hat diese Operation in dieser Weise jetzt 10 Jahre geübt, und
Ton 15 Patienten nur einen an der Operation verloren.
Bei gleichzeitiger Operation starben 3 von 13 Operierten.
Von diesen 28 Personen, ror mehr als 3 Jahren operiert, sind also 4
gestorben an der Operation und 4 an Halsrezidiv ohne Mondrezidiv. Dagegen
siud 10 jetzt geheilt.
Von den 28 hatten zur Zeit der Operation 18 palpable Drüse und 7
Atchts Palpables, in 3 Fällen war in der Krankengeschichte nichts notiert.
Von den 7, wo man keine Drüsen patpieren konnte, fui^eren 4 unter den
1(1 Geheilten.
Hals fi steh Halszyste. Branchiogene Tumoren.
Uaberern (10) exstirpierte eine fanstgrosse Echinococcnszjste der
rechten Fossa supraclavicnlaris , die Wand der Zyste war mit der Carotis
communis innig verwachsen. Der Kranke ist geheilt. Im Anschluss an die
Publikation bespricht Haberern eingebend die diesbezügliche Literatur,
ihnlicbe sc^enannte subfasziale Echinokokken des Halses weist die aus-
ländische Literatur 26 nach; in der ungarischen Literatur fand Haberern
i«ei Mitteilungen über Echinococcus des Halses, die eine aus dem Jahre
1^^9 von Prof. Makara (derzeit in Kolozsvär), die andere aus dem Jabre
lh% Ton Beck veröffentlicht. Gergö (Budapest).
Lenzi (18). Nach einem kritischen Rückblick auf die Geschichte des
in Bede stehenden Themas und nach Hinweis auf die fundamentalen
KenDtnisse über die embryologische Entwickelnng der Region illustriert
Verf. sowohl klinisch als histologisch acht Fälle von angeborenen Halsfisteln,
wobei er zu folgenden Schlüssen kommt:
1. Die Einteilung der sogenannten Branchialf istein in seitliche
Fisieln und in Fisteln der Mittellinie geschieht nicht nur wegen des ver-
schiedenen Sitzes ihrer äusseren Öffnung und wegen des verschiedenen Ver-
laafes ihres Ganges, sondern auch weil dieselbe ihrer verschiedenen Patho-
genese entspricht.
Erstere haben iu der Tat wirklich einen brancbiogenen Ursprung, wäh-
rend die zweiten, aller Wahrscheinliehkeit nach und fast konstant, zu der
Entvickelung der medianen Thyroidea in Beziehung zu bringen sind. Daraus
ergibt sich, dass die diesen Fisteln gewöhnlich beigel^te Bezeichnung „bran-
chiale" nicht stets ihrer wirklichen Pathogenese entspricht und dass es dem-
nach zweckmässiger sein dürfte, sie allgemein als angeborene Fisteln
des Halses zu bezeichnen, da dadurch nicht implicite ihre direkte Abstam-
mang von dem Branchialapparat angezeigt, auch wenn sie in Beziehung zu
dem Schilddrüsenapparat stehen.
2. Die angeborenen vollständigen seitlichen, subhyoiden Fisteln des
Halses bemhen in ihrem unteren Teile auf einem Stillstand in der Schliessung
des SinuB praecervicalis. Ihr höher gelegener Teil bat, wie ausser durch den
Sitz der inneren Öffnung und die Beziehungen des Ganges zu den aus dem
zweiten und dritten Kiemenbogen hervorgegangenen Organen dargetan wird,
Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Ursprang auB der zweiten Rachentasche. Und dies, ma^
lanenz eines wirklichen prä formierten Branchialspaltes an-
er, wie Kostanecki, Mielicki und andere behaupten,
ichentasche sich mittelst des Ra bischen Kanals sekundär
serTicalis öffne.
Iständigen äusseren seitlichen, subhyoiden Fisteln sind auf
Sinus praecervicalis zarückzuführen. Der Umstand jedoch,
nhaut derselben zylindrisches, oftmals vibrierendes Epithel
andung Drüaenbildungen, notgedrungen entodermische Deri-
len worden sind, tut deutlich dar, dass die allermeisten
Is unTolIständig erscheinen, als ursprünglich mit der pri-
i kommunizierende Fisteln betrachtet werden müssen, die
}m späteren Zeitabschnitt obliteriert haben und so in nn-
ngen.
m Zusammenhang mit den angeborenen Lateralfisteln, so-
Qdigen als den vollständigen, findet man nicht selten drüsen-
Zuweilen bekommt man echte kleine Speicheldrüsen, welche
Sekretion der sich an ihrem normalen Sitz entwickei(en
heit dieser Drüsen ist eine neuerliche Bestätigung für die
tnung des oberen Abschnittes der Lateralfisteln aus der
ascbe, da man weiss, dass die Speicheldrüsen aus dem
rgehen und sich ursprünglich in dieser Zone differenzieren
gemeinhin als median angesprochenen Fisteln zeigen bei
Q Untersuchung, dass sie dies nnr dem Anscheine nach
ten im Gründe genommen dieselben Struktureigenschaften,
'erlauf nnd dieselben Beziehungen der Lateralfisteln, von
durch den medianen Sitz ihrer äusseren Öffnung unter-
latz zu- dem noch immer von der Allgemeinheit der Autoren
nnen die medianen Fisteln im wahren Sinne des Wortes
mehr durch die Persistenz des Ductus tbyreoglossus
i die neuesten embryologischen Beobachtungen
3ses Organ normalerweise im Embryo nicht in
nges, nicht einmal transitorisch, besteht,
nan, streng genommen, heutzutage nicht mehr die Existenz
reoglossus annehmen kann, da nachgewiesen ist, duss
ar für eine äusserst kurze Zeit, ein Tractus thyreo-
eine feste Bildung, ohne Spur eines Lumen, so sind die
nen Fisteln doch als auf der Entwickelung der medianen
nd zu betrachten.
Lrgetau durch ihre besondere Struktur und dnrch die An-
ilddrüsenbälgen in ihrer Wandung. Zwischen diesen Fisteln
lie nur irrtümlicherweise als vollständig angesehen werdea,
ter Unterschied.
*ung dieser besonderen Fisteln, die auf Jeden Fall ans der
üse herrühren, kann nicht mit den blossen Daten der nor-
e erklärt werden. Man muss sich die Möglichkeit von
embryonären Entwickelung des Halses, der Anlage der
Gillavrf, Verletinngen a. chirurg. Krankheiten des HalBSB d. d. SchilddrDs». 497
neiüaiien Schilddrüse entsprechend, gegenwärtig halten. Es ist demnach die
tihrecheinliche Existenz echter Fälle von embryonärer Pathologie anzunehmen,
die dadurch, dass sie ihre Wirknng anf die normalerweise feste Anlage der
taedianen Schilddrüse geltend machen, in derselben eine anormale Kanalisation
bedingen können.
9. In Übereinstimmung mit der verschiedenen Pathogenese der lateralen
und medianen Fisteln steht der Umstand, dass ich in der Wandung der
eisteren zeitweilig Drüsenacini mit augenscheinlich schleimiger Sekretion an-
getroffen habe (Drüsen vom Typus der Speicheldrüsen), während in der Wan-
dung der medianen Drüsenbälge thyreoidöser Natur, welche zuweilen auch
kolloide Substanz enthalten.
10. Mit einer verhältnismässigen Häufigkeit verbinden sich diese Äfifek-
timen mit sonstigen Entwickelungsanomalien. (In seinen Fällen Ohrfisteln und
ingeborene Missbildung des Unterkiefers.)
Diese Tatsachen finden eine rationelle Erklärung, wenn man die Leichtig-
keit bedenkt, mit der die nämliche Ursache, die während der Entwickelung
lar Erzeugung einer Anomalie in dem Gebiet der zweiten Branchialtasche
führt, ihren Einänss auch in dem Bezirk der ersten Tasche, ans der sich das
bildet, und des ersten Bogens, der dem Unterkiefer den Ursprung gibt, geltend
machen kann.
11. Die rationellste and vor allen vorzuziehende Behandlung bei diesen
Affektionen soll in der vollständigen Exstirpation des Ganges bestehen, eine
bisweilen delikate und ziemlich schwierige Operation, die jedoch heutzutage
iD der Hand eines geschickten und umsichtigen Chirurgen im Gegensatz zu
den einstigen Vorurteilen stets sicher und radikal ausfallen mnss.
R. Giani.
L. Lenzi und A. Pellegrini {19). In Anbetracht, dass das Argu-
ment der angeborenen Halszysten häufig zu Auseinandersetzungen Anlass ge-
geben hat, namentlich in bezug auf ihre Pathogenese und, dass die vollständige
.Meiaongs Verschiedenheit, die lange in dieser Frage herrschte, auf dem Um-
ftind beruhte , dass der Ursprimg der medianen Zysten konstant mit dem
der lateralen Zysten verwechselt worden ist, unternahmen Verff. histologische
Intersuchungen an einer ganzen Reihe von angeborenen, lateralen und me-
dianen Zervikalzysten , die in der chirurgischen Klinik zu Florenz zur Ope-
ration kamen.
Nach Hinweis auf die grosse Leichtigkeit, mit der man bei der Diagnose
^^ätur dieser Zystentumoren, die sowohl in der medianen Region als auch
in der lateralen des Halses angetroflFen werden können, irren kann, auch wenn
man sich nicht auf die Beobachtung der makroskopischen, klinischen und ana-
tnnisch-pathologi sehen Daten beschränkend, histologische Untersuchungen an-
Mt, behaupten Verff., dass in einer äusserst grossen Mehrheit der medianen
Zjsten besondere histologische Eigentümlichkeiten nachweisbar sind, durch die
äie m einer Gruppe für sich vereinigt werden könnten, der eine ganz und
pr eigene Pathogenese zuzuerkennen ist.
Die Verff. spielen hiermit auf den möglichen Befund von Schilddrüsen-
füllikeln in den Wänden dieser Zysten an. Wände, die zuweilen sehr dünn
itiii können, oder aber ziemlich verdickt, und welche zuweilen eine einzige
bald glatte, bald ausgebuchtete Höhle, zuweilen mehrere, mit im allgemeinen
likdrischen Epithel ausgekleidete Höhlen umschreiben können. Zysten, die
fast stets eine klebrige Faden zieliende Flüssigkeit wie von eiweissartigem
498 Jahresbericht ftlr Chirurgie. IL Teil.
Aussehen oder andere, zitronengelbe oder mehr oder weniger intensiv braune
Flüssigkeit enthalten, je nachdem derselben eine grössere oder geringere Blut-
menge beigemischt ist.
Der Befund von Thyreoideagewebe in den Wänden dieser Zysten hatte
schon zur Feststellung der ätiologischen Abstammung derselben gedient, in-
dem sie durch ihn in Beziehung mit der embryonären Entwickelung der
medianen Schilddrüse gebracht wurden. Die histologischen Beobachtungen
jedoch, auf die sich diese pathogenetische Theorie stützt, sind äusserst spär-
lich und in der grossen Mehrheit der Falle wurden diese Zysten nur wegen
der klinischen Eigenschaften zu denen der Schilddrüse gezählt, oder deshalb,
weil die histologische Untersuchung in ihnen eine vibratile, zylindrische Epithel-
auskleidung nachgewiesen hatte.
All dies sind Eigenschaften, die gewiss einen erheblichen Wert besitzen,
die aber für die Diagnose nicht jene absolute Bedeutung haben, die hingegen
sich aus dem Befund von Schilddrüsenelementen in den Wänden dieser Ge-
schwülste herleiten liesse.
Die Spärlichkeit dieses Befundes ist ziemlich bedeutend, wenn man sie
mit der ansehnlichen Zahl der Zysten vergleicht, welchen nichtsdestoweniger,
hauptsächlich auf Grund der klinischen Eigenschaften, ein Ursprung aus der
Schilddrüse zugesprochen wurde.
Die in der Literatur angestellten Forschungen haben die Verflf. zu er-
mitteln gestattet, dass bis heute ungefähr 80 Fälle von derartigen Zysten
veröffentlicht wurden, welche mit einem ungenauen Ausdruck allgemein als
Zysten des Ductus thyreo-lingualis bezeichnet werden.
Unter diesen Fällen wurden verschiedene nicht operiert, bei einigen
folgte auf die Exstirpation keine histologische Untersuchung, bei den anderen
wurde dieselbe ausgeführt, aber nur einmal (Fall von V alias) wird in sehr
unbestimmter Weise gesagt, dass der Tumor ;,von thyreoidealer
Natur war."
Bei den übrigen Beobachtungen ist von weiter nichts die Rede, als von
dem fast konstanten Befund eines die Zystenhöhle auskleidenden gewimperten
Zylinderepithels, welches alle verschiedenen Autoren, gestützt auf die alten
Beobachtungen Bochdalecks, stets als den sichersten Beweis ansehen, der
nach ihnen hinreichend ist, um die Herkunft dieser angeborenen Bildungen
aus Überresten der ursprünglichen Anlage der medianen Schilddrüse festzu-
stellen.
Und gewiss hatte diese pathogenetische Theorie eine breite, logische
Grundlage, auch ohne den Beistand der unwiderleglichen direkten Beweise,
die zu ihrer Stütze aus den histologischen Befunden kommen konnten.
In der Tat können angeborene, in der genau medianen Linie des Halses
gelegene, fast konstant mit vibratilem, zylindrischem Epithel ausgekleideten
Zystentumoren als nichts anderes angesehen werden, wie als Derivate einer
epithelialen Einschliessung , die während der Entwickelung des Bronchial-
apparates oder eines der in jener Region bestehenden Organe eingetreten ist.
Nachdem Verff. bei diesem Punkte darauf aufmerksam gemacht haben,
dass und aus welchem Grunde ein branchialer Ursprung auszuschliessen ist
und ebenso die mögliche Herkunft dieser Zysten aus den Talg- und Schweiss-
drüsen oder aus den Serumbeuteln der Region, zeigen sie, dass als einzig zu-
lässige Annahme für die Entstehung dieser Zysten die übrig bliebe, sie als
Reste des Tractus thyreo-glossus zu betrachten.
Gillavry, Verl stz an gen n. cbirarg. KrAnkheiten des Halses a. d. Schilddrüse. 499
Durch ihre mediane Lage, durch ihre Konnexionen mit dem Hyoidens
nnd dem Morgagni sehen Anhang erinnern die in Rede stehenden Zysten
an die Eigenschaften der verschiedenen Segmente des Tractus thjreo-lingnalis
and es wurde ihnen demach logischer weise, auch ohne weitere mikroskopische
Daten, ausser der Anwesenheit eines gewimperten Epithels in denselbem, ohne
weiteres ein thyreoidealer Ursprung zuerkannt.
Doch, wenn dies auch sehr logisch erscheint, so braucht es damit nicht
immer in Wirklichkeit wahr zu sein: derart, dass verschiedene Einsprüche
gpgen diese pathogenetische Theorie erhoben wurden, sei es von Kantack,
der so weit ging, dasa er die Existenz des Tractus thyreo-glossns in Abrede
stellte, sei es von jenen Autoren, die nachweisen wollten, dass stets ein dia-
gnostischer Irrtum zwischen diesen Geschwülsten und den Dermoidzysten des
Halses möglich sei.
In Hinsicht auf die grosse Bedeutung , die für die sichere anatomisch-
pathologische Diagnose der Befund von thyreoidealen Folliculi haben können,
die es in diesen in Augenscheinlichkeit zu bringen möglich wäre, begannen
Verff-, ausgehend von der Beobachtung eines klinisch typischen Falles dieser
Zysten, der bei der histologischen Untersuchung anfangs keinerlei Schilddrüsen-
element hatte antreÖen lassen, sorgfältig alle Fälle dieser Art zu studieren,
die in diesen letzten Jahren in der chirurgischen Klinik zu Florenz zur Be-
obachtung kamen.
Diese Zysten waren klinisch in verschiedener Weise diagnostiziert worden
und die Verff. gewannen die Überzeugung, dass die Häufigkeit des Befundes
TOD thyreoidealem Gewebe in den medianen Zysten des Halses viel grösser
ist, als man nach den Resultaten der bisher gemachten Publikationen ver-
muten könnte; derart, dass sie beobachten konnten (wie durch die von ihnen
vorgelegten Präparate bewiesen ist), dass in sechs Fällen von eigentlichen an-
geborenen medianen Zysten der Befund von thyreoidealem Gewebe stets so
gewiss war und manchmal so reichlich, dass sie sich ernstlich fragen mussten,
vie es möglich sei, dass in über 80 Beobachtungen dies nur einmal, und zwar
in recht unbestimmter Weise angedeutet worden ist.
Die histologische Untersuchung wurde vorgenommen unter Zerlegung
aller verschiedensten Stellen der Wandung , da zuweilen die Reste von in
diesen Zysten antreffbarem thyreoidealem Gewebe in derartig spärlicher Menge
sein können, dass sie einer Beobachtung, die nicht vollständig wäre, entgehen
vnrden.
Dies war zum Beispiel hei einem ersten Fall geschehen, den Verff. stu-
dierten und der sie eben zur Wiederholung dieser Untersuchungen anregte.
Es handelte sich um eine Zyste mit äusserst dünnen stark gedehnten
Wänden, welche eine trichterförmige Verlängerung zeigten, die, wenn sich die
Zyste in situ befand, nach der Scbilddrüsenbrücke herunterging. Die histo-
logische Untersuchung der in den mannigfachsten Stellen genommenen Wand
nnd die Querschnitte der trichterförmigen Verlängerung hatten nichts weiter
gezeigt, als eine äusserst schmächtige Bindegewebswand, die im Innern durch
eine dünne Schicht plattgedrückter Epithelzellen ausgekleidet war, welche nur
an einigen Stellen und besonders im Stiel kubisch erschienen. Jedoch in
einigen wenigen Serienschnitten des äussersten Teiles des Stieles, wo dieser
fast wie ein fibröses Schnürchen aussah, war es möglich, äusserst kleine Grup-
pierungen von stark im Volumen reduzierten, zumeist kollabierten und nur
Jahresbericht fUr Chirurgie. II. Teil.
ihmsweise ganz wenig Kolloid enthaltenden thyreoidealen Follikeln an-
fifen.
In den übrigen Fällen war der Befand Ton Scbilddrüsengewebe bedcu-
leichter, da diese Elemente fast stets in viel grösserer Menge vorhan-
sind.
Die Höhle oder die Höhlen der Zysten zeigen oftmals papilläre £r-
ngen, die von einem zusammengesetzten, oft vibratUen, je nach dem
luf, den die Affektion klinisch vor der Operation gehabt hatte, mehr oder
jer gut erhaltenen, zylindrischen Epithel überzogen sind.
Die thyreoidealen Follikel finden sich im allgemeinen in Zonen in der
B der Bindegewebs wand vereinigt, in einer grösseren oder geringeren
^mung von der inneren Fläche der Zyste. Diese Bälgeanhäufnngen zeigten
nannigsten Merkmale, am häufigsten jedoch bewahrten die meisten von
1 nicht das normale Aussehen.
Dieselben waren oft atrophisch, wie kollabiert; andere Male aber be-
len neben den atrophischen Bälgen solche, die infolge einer Hypersekre-
des Kolloids bedeutend gedehnt waren. Bisweilen bestanden zwischen
Follikeln Gruppen, Stränge von embryonalen Epithelzellen, ein anderes
bemerkte man in ihnen Proliferationsvorgäoge des Epithels, wieder ein
res Mal hingegen Degenerationsyorgänge.
Das inter follikuläre Bindegewebe hatte manchmal die normalen Kigen-
rten, ein anderes Mal war es bedeutend verdickt, und zwar mit Sklerosc-
leinangen. Die Färbung von Galeotti tat häufig in dem Epithel dieser
ket -Erscheinungen aktiver Sekretionsfunktionalität dar. Zuweilen fanden
Gruppierungen thyreoidealer Follicnfi gleichförmig an verschiedenen
en der Wand zerstreut, andere Male, und zwar am häufigsten, waren sie
nur eine Stelle der Wand beschränkt nnd man begreift demnach, wie
ilben bei wenig gründlichen Untersuchungen haben übersehen werden
len.
In der Mehrheit der Fälle war das Volumen der Follikel grösser als
normale und dieselben zeigten die den Zystenkrüpfen eigenen Alterationen.
Eine weitere bemerkenswerte Tatsache ist nach den Verft. die Fülle
Gefässen in den Wänden dieser Zysten, Gefässe, welche ausser wegen
■ Zahl, durch die mikroskopischen Eigenschaften, durch ihre Anordnung
ihre Form den Wänden dieser Zysten zuweilen ein angiomatöses An-
D geben.
Die zum Zwecke des Vergleichs angestellte Untersuchung einiger Zysfen
lateralen Halsregionen Hess den tiefgehenden Unterschied in dem Ur-
ng zwischen diesen beiden angeborenen Afi'ektionsformen erkennen und
iur, dass oft die lateralen branchialer Natur sind nnd nichts mit der
itehung der medianen Schilddrüse zu tun haben können, wie die Verff.
abend bei der Publikation dieser Untersuchungen zu zeigen beabsichtigen.
Die Verff. wollten jetzt nur auf die von ihnen mit überraschender Kon-
z beobachteten Befunde aufmerksam machen, infolge deren man mitbin
häufiger als für die Vergangenheit die gewisse Genese dieser Affektionen
Grund einer sicheren anatomischen Diagnose wird feststellen können.
R. Giani.
Hammar (11) fand zufälligerweise an einem alten Museumspräparat
ä Schafsfötus zwei kleine warzenförmige Erhabenheiten an der Vorder-
1 des Halses. Bei Serienschnitten des betreffenden Halsteiles ergab sich,
GillkTry, Verletziuig«a u. chirarg. ErankheileD des Halses a. d. SchilddrQae. 501
däss an jedes Wärzchen ein epithelialer Gang entsprang, der sich jederseits
schliesslich dem Thymus anlegte.
Da die ÄaffassQDgen von Kostanecki und Miel^cki (Virch. Arcb.
120, 121) nicht genügen, dergleichen Fälle zu erklären, hat Verf. den ganzen
Voi^ang der Entwickelung und Regression der Halskieme beim menschlichen
F'jIds aufs neue studiert und speziell darauf geachtet, ob die Entwickelnng
Ton Fisteln im Gebiete der verschiedenen Kiemengänge durch die embryo-
nale anatomische Zustände Torbedingt ist oder nicht.
Die meisten Chancen findet man, wie natürlich zu erwarten war, von
ilem zweiten Gang, sowohl betreffs dieser kompletten als inkompletten Fisteln.
Dann folgt der dritte und vierte Gang, wozu der inkomplette äussere
Kiemenfist«! des Verfassers gehört. Hier ist aber die Bildung einer kompletten
Fistel sehr unwahrscheinlich.
Auch der erste Gang kann Fisteln geben, davon ist aber wenig
bekannt.
Die kurze Mitteilung Petits (38j ist mit einer Abbildung versehen.
Terrier und Lecene (34) beschreiben zwei operierte Halszysten, deren
Wand dreischichtig war. Von aussen nach innen kommt erst eine derbe
tibröse Schicht, dann folgt eine lymphoide Schicht mit Keimzentren und am
innersten ein mehrschichtiges Epithel, die kein Eleidin oder Verbomnng
aufweist Diese Wand ist also ganz analog dem Gewebe der Mandel.
Verff. bringen diese Geschwülste zu den branchiogenen und schliessen ans der
Wandstruktnr, dass sie sich aus dem entodermen Teil der Kiemengänge ge*
bildet haben. Diese Tumoren sind also analog den lateralen Halsdermoiden,
die sich aus dem entodermen Teil der Kiemengänge bilden.
Sie bemerken, dass viele früher veröffentlichte Fälle von sogen. Epithel-
iTsten in Halslymphdrüsen hierher gehören und ebenfalls zu den branchiogenen
Zvsten gerechnet werden müssen.
Berard, Jouffray und Adler (2) beschreiben je einen Fall von
branchiogenem Epitheliom. Der eine Fall konnte noch mit Resektion der
Vena jugnlaris exstirpiert werden ohne Nachteile für den Patienten, die zwei
anderen Fälle waren inoperabel und wurden mit Röntgenstrahlen behandelt.
Der eine Tumor wurde anscheinend durch diese Therapie aktiviert, der
andere war teilweise ulzeriert und an dieser Stelle trat eine Nekrose des
Tumorgewebes ein, der Tumor vruchs aber in der Tiefe weiter. Wo man nur
kann, soll man deshalb diese Tumoren frühzeitig operieren und keine Zeit
mit der Röntgentherapie verlieren, oder diese nur nach der Operation an-
wenden, um möglich zurückgelassene Keime zu destruieren.
Le Dentn (7) berichtet über ein Myxochondrom , das sich bei einer
59jährigen Dame innerhalb 2 Jahren entwickelt hatte in der rechten sub-
maxillaren Grube. Bei der Operation erwies sich der Tumor als ziemlich
^tartig, da er nirgends mit der snbmaxiilaren Drüse verwachsen war,
sondern die Drüse nur nach hinten gedrängt hatte.
In der Diskussion berichtet Faure über ein gleiches suhmaxillares
Branchiom, das nach 4 Jahren nicht rezidiviert hatte. Mehrere laterale
Branchiome, die er operierte, waren dagegen alle rezidiviert. Delbet be-
scbreibt ebenfalls ein laterales Branchiom, das nach SOjährigem Sitz plötzlich
anfing zu wachsen und nur mühsam entfernt werden konnte, wahrscheinlich
vird es Rezidiv geben.
Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
3rcho und Charrier (16) berichten über einen faustgrossen
der von Lannelongue mit Leichtigkeit, ohne Blutgefässen oder
ichaden, beransgenommen werden konnte. Nach 20 Tagen war aber
ezidiv anwesend.
sprtlngliche Tumor war ein teils zystisches tubuluformes Epitheliom
an Ursprungs.
Ändere Halstumoren.
;be (20). Bei der Operation eines malignen Halstumors (wahr-
[etastase in einer Lymphdrüse) wurde der Ductus tboracicus vtT-
te dieses Ereignis eine direkte kontinuierliche Chylorhagiezur Folgt;.
< konnte leicht isoliert und unterbunden werden. Hinter Jer
lg sah man den Kanal fingerdick anschwellen. Die Sutnr hielt,
lylusslrom erneute sich bald. Es wurde jetzt drainiert, 29 Tage
ylusüberschwemmung an , wodurch Patientin stark heronterkai»
d Nacht zu essen verlangte. Durst war massig. Schliesslich hörte
uss auf und war Patientin bald wieder beigestellt,
el (6) beschreibt die Operation eines SSjäbrigen Mannes, wegen
n Eieferkarzinoms mit doppelseitiger Halsmetastase. In einer
de zuerst die Kieferresektion gemacht, dann zuerst links am
"t und dann rechts. Beiderseits musste die Vena jugularis interna
1 werden. Nach Sistieren des Kreislaufs iu der zweiten Vena
arde Patient zyanotisch. Es trat starke Scbweisssekretion auf,
urde frequenter und kleiner. Nach 10 Minuten verschwand die
l auch weiter bekam Patient keine Himscbädigung.
,tient bald an einem Erysipel erlag, konnte nachgesehen werden,
■n für den Kollateralkreislauf gesorgt hatten. Die Vena verte-
rar nicht erweitert; die V. vertebr. d. dagegen bleistiftdick, ebenso
der Wirbelsäule verlaufender Ast erweitert.
el konnte in der Literatur keinen weiteren Fall von doppelseitiger
lg der Venae jug. int. finden. Dagegen fand er unter 9, ein-
erbindung, einmal Tod an Gehirnerweichung [Rohrbach) und
:hte StauuDgserscheinungen. Dann findet er noch zwei weitere
ende Fälle nach einseitiger Unterbindung (Kummer, Liuser).
[Uten Ablauf in seinen Fällen schreibt Verf. dem jugendlichen
' Patienten zu nnd der Tatsache, daas schon vorher beide
urch den Tumor komprimiert gewesen sind. Für den tödlichen
den einseitigen Fällen ist vielleicht die Tatsache zu verwerten,
r gefunden , dass in 3 "In aller untersuchten Schädel das eine
^ulare so klein ist, dass die entsprechende Vene für die Zirku-
mehr in Betracht kommt. Findet man also bei der Operation
eite Vene, dann soll man sehr vorsichtig sein, da man in diesem
viel Chance hat, dass die andere Vene nicht vikariierend ein-
mann und Kuppaner |13) lügen den 16 aus der Literatur he-
llsehen Fällen von Tumoren der Glandula carotica zwei neue Fälle zu.
lopische Anatomie wird genau berücksichtigt, doch könnte der
akt der epitbeloiden Zellen aus ihren alveolären Tumoren nicht
Saaerbmch, Chirurgische Erkrankungen des Racheos UDd der SpeiaerOhre. 503
jijfiodig gemacht werden. Deshalb wird die neutrale Benennung von
iie'jlären (ieschwülsten vorgeschlagen.
An der Uand der zitierten Krankengeschichten wird das klinische Bild
die>er Tumoren eingehend geschildert.
Bei der Therapie bemerken sie, dass die von verschiedener Seite ge-
kirderte Schonung der Karotiden doch im voraus nicht immer zu bestimmen
i^t and auch während der Operation schwer zu entscheiden ist.
In dem einen ihrer Fülle war der Tumor leicht abzupräparieren. Im
Mdem Falle, von Mikulicz operiert, mussten die grossen Halsgefäese mit-
T.'zeziert werden, dieser Patient erlag bald.
Lecene (17) musste bei der Exstirpation eines grossen Sarkoms des
Halses \'ena jngularis, N. vagus und Carotis communis mit C. int. und ext.
f rtnebmen. 4 Tage später Hemiplegia und nach 7 Tagen Exitus. Bei der
Autopsie war die Wunde fast geheilt. Man fand einerseits Gehirnerweichung
'A- Folge einer Thrombose in der Carotis interna bis in die Arteria fossae
Svl™.
Chirurgfische Erkrankungen des Rachens und der
Speiseröhre.
Referent: F. Sauerbrucli, Greifswald.
Dia mit * versehenea Arbeiten eind nicht referiert worden.
I. Radien.
1. 6l*ker, A retropharyogeal blood-cyst in m case of purpura haemorrhagica, Laocet
19M. Oct 1. p. 994.
i Cheever, ColUpse dnring examiafttion of a poat-pharyogeal abscees etc. Lancet
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4. Chiari, Die Krankheiten dea Racbene. Leipzig u. Wien 1903. Franz Deuticke.
1 Conaina, Tb» troatinent of poet-naa&l ndenoida. Uritisb medical Journal 28. I. 1905.
j. ÜDrand. Symphyse atupbylo-pharyng^e ayphilitique. Lyon mödic. 1905. Nr. 28.
e. Friadmann, Karzinom der Uvula. Berliner kliu. Wochenachr. 1905. Nr. 15. p. 444.
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504 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
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Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 13.
17. Vincent, Symptomatologie et diagnostic de Tangine ä spirilles et bacilles fusiformes.
Lancet 13. V. 1905.
Friedmann (7) berichtet über einen Fall von sekundärem Pharynx-
und Larynxsarkom, das sich einerseits durch seine Grösse (walnussgross) und
andererseits durch die geringen Beschwerden, die es verursachte, auszeichnet.
Patient hatte nur beim Schlucken einen leichten Hustenreiz, sonst wurde er
weder beim Atmen noch in der Sprache gestört.
Nach Beschreibung des färberischen Verhaltens und der kulturellen
Eigenschaften seiner Spirillen und fusiformen Bazillen schildert Vincent (17)
die Symptomatologie der Vincent sehen Angina. Er unterscheidet zwei
Formen, die seltenere diphtheroide und die gewöhnliche ulcero-membranöse.
Bei der letzteren Form ist die Diagnose leicht, stets wird sie durch die bak-
teriologische Untersuchung sichergestellt. Er betont die Möglichkeit der Ver-
wechselung mit dem syphilitischen Primäraffekt. Syphilitische Ulzerationen
können sekundär durch Spirillen und fusiforme Bazillen infiziert werden,
wodurch diagnostische Schwierigkeiten entstehen können.
Im Zusammenbang erfahren wir in Hahns Arbeit (9) alles bisher über
Ätiologie, klinische Beobachtung und bakteriologische Forschung von Angina
Vincenti Veröffentlichte. Nach den Ausführungen muss die Angina Vincenti
als eine besondere Form der Angina aufgefasst werden, die sich klinisch und
pathologisch-anatomisch genau charakterisieren lässt und bei deren Entstehung
zwei Mikroben, Spirochaetae und Bacilli fusiformes, eine Rolle spielen.
Mayer und Schreyer (14) geben die ausführliche Krankengeschichte
eines Falles von Angina ulcerosa -membranacea wieder, mit dem mikro-
skopischen Befunde von Bacilli fusiformes und Spirochaetae. Der Fall bot
das klinische Bild einer perniziösen Anämie. Klar und übersichtlich er-
fahren wir dann im Zusammenhang alles bisher in der Literatur bekannte
über die Bacilli fusiformes und die Spirochaetae. Zum Schluss berichten sie
noch über einen einmaligen, auffallenden Blutbefund. Es handelte sich um
ein Gebilde, welches ein Doppelstäbchen von 17 fi Länge, an beiden
Enden zugespitzt, darstellt. Es konnte nicht festgestellt werden, was es für
ein Gebilde ist, aber die Verff. veröffentlichten es, um andere anzuregen,
durch Blutuntersuchungen vielleicht einen Anhaltspunkt über die Erreger der
Angina und Stomatitis ulcerosa (Plaut- Vincent) zu gewinnen.
Friedmann (6) berichtet einen Fall von primärem, kirschgrossem
Kankroid der Uvula. Bis jetzt sind in der Literatur nur vier Fälle von pri-
märem Karzinom der Uvula bekannt.
Gutzmann (8) demonstriert einen Fall von kongenitaler Gaumen-
segellähmung, die infolge eines dreieckigen Defekts im harten Gaumen ent-
standen war. Der Defekt war mit Schleimhaut überkleidet. Durch Lijektion
von Paraffin in die hintere Rachenwand wurde die Störung geheilt.
Das übersichtlich geschriebene Buch Chiaris (3) über die Krankheiten
des Rachens eignet sich nicht zu kurzem Referate. Es bringt namentlich in
Sauerbruch, ChirUTgische Erkrankaagen des Racbeng and der SpeJBerOhre. 505
therapeutischer Hinsicht dem Praktiker vieles. Zahlreiche Abbildungen illu-
strieren den Text.
Durand (5) berichtet über einen Fall von Verwachsung des Arcus
palato-pharyngeus und des Gaumensegels ausser der Uvula mit der hinteren
Pharyiixwand infolge von Syphilis. Die Verwachsung wurde blutig durch-
irennt und erneute Verwachsung durch den Martinsctien Dilatator verhütet.
Aaf Grund zweier Fälle stellt Steoger (16) mehrere zuverlässige Früh-
syuiptome maligner Tumoren im Nasenrachenraum auf: Symptome, von selten der
Na-'e. die in Neigung zu Schnupfen und im Gefühl von Verstopftsein bestehen;
ferner erwähnt er Neuralgien und schliesslich Ohrensymptome. Letztere bestehen
in Schmerzen in der Ohrengegend, die charakteristisch nach Nacken, Hinter-
haupt und nach dem Scheitel ansstrablen. Besonders macht er auf Schmerzen
aufmerksam, die nach dem Warzenfortsatz ausstrahlen; sie sind bohrend und
stechend, gehen nach dem hinteren Band des Warzenfortsatzes zu und sind
oft Ton Schmerzen in der Schläfen-, Scheitel- und Nackengegend begleitet.
Eine ausführliche Schilderung der Symptomatologie und Folgezustände
der adenoiden Vegetationen, ihrer Diagnose, Behandlung und Prognose gibt
Martinet (13).
Adenoide Vegetationen pflegt Cousins (4) mit dem durch einen Metall-
ring geschützten Finger in leichter Narkose zu entfernen. Durch einen Holz-
keil wird der Mund geöffnet gehalten, durch das linke Nasenloch wird ein aus
reichem Metall gefertigtes Instrument mit geriefter Unterfläche eingeführt,
mit dem linken Zeigefinger die linke Nasen-Racheohälfte bei rückwärts ge-
beugtem, auf dem rechten Arm des Operateurs ruhendem Kopfe gereinigt,
sodann mit dem Metall Instrument die hintere Nasenöffnung gesäubert. Sodann
«ird der Holzkeil in den linken Mundwinkel geschoben, das Metallinstrument
in das rechte Nasenloch eingeführt und mit dem rechten Zeigefinger in ana-
loger Weise die rechte Hälfte der Vegetationen entfernt. — Nur bei derberen
Wucherungen verwendet Cousins die Curette. Nötigenfalls werden im An-
EclÜDSs daran die Tonsillen entfernt.
Unter Hinweis auf die Häufigkeit und Bedeutung adenoider Vegetationen
bei Säuglingen empfiehlt Monre (15) za ihrer Entfernung eine Modifikation
der Gottstein sehen Curette, die darin besteht, dass ein beweglicher, mit
Haken versehener Metallring angebracht ist. Dieser fasst und entfernt den
mit dem ersten Curettenzuge losgelösten Hauptteil der Vegetationen, der zu
gro3S ist, um vom Säugling verschluckt zu werden und zur Verlegung der
oberen Luftwege führen kann.
Ivens (11) berichtet über die mikroskopische Serienschnittuntersuchung
TOD 35 Fällen von hypertrophischen Rachen- und Gaumentonsillen bei gleich-
zeitig bestehender, mehr oder weniger starker Schwellung der Halslymphdrüsen.
Ivens fand in 30 Fällen einfache Hypertrophie, viermal die Zeichen chro-
nischer Entzündung. In einem Falle fand er die Rachentoosillen tuberkulös
erkrankt. Tuberkelbazillen wurden nicht gefunden. Nach Entfernung der
(jaomenmandeln, der adenoiden Vegetationen und Halsiymphome blieb Fat.
gesund.
Blaker (1) berichtet über ein achtmonatliches Mädchen mit Purpura
haemorrhagica. Eine Schwellung der hinteren Pharynxwand, die zu Atembe-
schwerden Veranlassung gab, wurde für einen Abszess gehalten, die Purpura
als wahrscheinlich septischer Natur angesehen. Bei der Inzision des vermeint-
lichen Abszesses erwies sich dieser als Blutzyste, ans der sich das Kind ver-
Jabiesbericbt fQr Cbirnrgie. IL Teil.
). Bei richtig gestellter Diagnose wäre Intubation oder, wenn die»e
lieh, Tracheotomie. eventnell mit späterer Inzision und Tamponade der
ste in Frage gekommen. Im referierten Falle wurde die Tracheotomie
in Eltern verweigert.
Den heutigen Stand der Lehre von den Retropharyngealabszessen schildert
e (12) ausführlich an der Hand von 13 Fällen aus der Strassbnrger
gischen Klinik. Aus der Literatur geht hervor, dase die moderne
)ie, die Retropharyngealabzesse von aussen her operativ anzugreifen,
mehr Anhänger findet.
Von Cheever (2) wurde bei einem dreijährigen, sehr heruntergekoui-
Mädchen ein retropharyngealer Abszess gespalten, wobei plötzlich Herz-
und Atmung anssetzten. Sofort wurde künstliche Atmung durch Luft-
inngen in die Lungen eingeleitet nnd Herzmassage durch rhythmische
'ession der Herzgegend gemacht. Auf diese Weise geläng es, die Zir-
>n vier Stunden lang aufrecht zu erhalten.
delferich (10) empfiehlt für die Exstirpation maligner Tumoren am
IX ein zweizeitiges Vorgehen. In erster Sitzung die radikale Entfer-
]es Tumors ohne Rücksicht auf einen plastischen Verschluss und später
astische Operation; in einem Falle hat er die zweite Operation ein
päter als die erste ausgeführt.
II. Ösophagus.
kaleinik. Über eine Modifikation ineinas Uydrodilatators zur EztrsktioD von
mdkarpem der SpeiserOfare. Bertiaer klia. Wocheaechr. 1905. Nr. 20.
lacesco-Coha, L'oeaopbogotomie externe cervicale etc. Revae de chir. I90ä.
1 et 2.
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76. Zahn, Ein Fall von Abknickung der Speiseröhre etc. Münch. med. Wochenschr. 1905.
Nr. 35.
Nach Schwalbes (64) Ausführungen finden sich oft bei frischen Leichen
in Höhe des 1.— 8., seltener bis 13. Tracheairinges, gelegentlich sogar im
unteren Drittel des Ösophagus einzelne oder zahlreiche, grössere und kleinere,
scharf begrenzte, leicht erhabene, braungelbe, sammetartige Unterbrechungen
der blassroten Ösophagusschleimhaut, am deutlichsten bei Leichen, die auf der
Höhe der Verdauung gestorben sind. Diese Inseln zeigen bei der mikro-
skopischen Untersuchung den Bau der Magenschleimhaut. Sie sind von Steck-
nadelkopf- bis Linsengrösse, seltener bis 1 qcm gross und mehr. Sie finden
sich an der vorderen oder hinteren Wand, zuweilen an beiden zugleich.
Das mikroskopische Bild lässt zwei verschiedene Gruppen erkennen:
1. Kardiadrüsen mit vereinzelten Belegzellen. Diese Drüsen liegen unter dem
ununterbrochenen Pflasterepithel der Speiseröhre, das nur von den Drüsen-
ausführungsgängen durchbrochen wird. 2. Typische Magenschleimhautinseln.
Über ihnen findet sich an Stelle des Plattenepithels ein hohes, einschichtiges
Zylinder epithel. Zwischen dem einschichtigen Zylinderepithel der gewundenen,
tubulösen Drüsen finden sich zahlreiche Belegzellen. Beide Gruppen liegen
oberhalb der Muscularis mucosae.
Im Gegensatz zu Schaff er, der diese Magenschleimhautinseln für
regelmässig vorkommende, normale Bildungen hält, fand sie Schwalbe
makroskopisch nur in 13,3 °/o bei 450 darauf untersuchten Leichen. Ausser-
dem konnte er durch Serienschnitte an 25 Speiseröhren noch 4 mal kleine
SkDerbrach, Cbirargüche Erkrankungen des RacheoB and dar SpeiaarObre. 509
Magen sc hleimhaatinseln oder Kardiadriisen mikroskopisch nachweisen. Er
Lüh daher die Magenschleimhautinseln nicht für normale Gebilde.
Die bilaterale Anlage an der vorderen und hinteren Wand , die
Scbaffer als regelmässig hinstellt, fand Schwalbe nur in V» seiner Fälle.
Und im oberen Teil des unteren Speieeröhrendrittels — oberhalb der
Or^nze der Magen- und Speiseröhrenschleimhant — fand Schwalbe öfter
Kardiadrösen , gelegentlich mit spärlichen Belegzellen, aber niemals typische
M ageosc hleimhautinseln.
Schwalbe ist geneigt, die Schafferseben Magenschleimhautinseln
als Hemmnngsbildung zn betrachten, indem Reste des primären endodermalen
Darmepithels erhalten bleiben und später sich zu typischer Magenschleimhaut
entwickeln, während die gewöhnliche Metaplasie zu verhornendem Platten-
epithel ausbleibt. Es wird auch als möglich bezeichnet, dass normalerweise
nicht eine Umwandlung des endodermalen in ektodermales Epithel stattfindet,
sondern dass letzteres von der Mundhöhle her das Fl immer epithel verdrängt.
Schwalbe neigt der Ansicht zu, dass die typischen Magenschleimhaut-
inseb meist erst im extrauterinen Leben zur vollen Ausbildnng gelangen, da
»e makroskopisch nur ausnahmsweise bei Föten nachweisbar sind. Er be-
tont, dass sie sich in jeder Beziehung, auch in pathologisch • anatomischer
Hinsicht wie Magenschleimhaut verhalten. Er glaubt, seine Beobachtungen
lugimsten der Lehre von der Spezifität der Zellen verwerten zu können, indem
sie lehren, wie wenig die zufällige äussere Beziehung und Lokalisation für
die weitere Entwickelung entscheidend ist.
Der Ansicht Schaffers, dass die Magenschlei mhaatinseln zum Aus-
gangspunkt für Zylinderzellenkarzinome werden und für die Entstehung von
Pulsionsdivertikeln von Bedentong sein könnten, schliesst sich Schwalbe
Dicbt an. Nur Beziehungen zu Zystenbildungen stellt er nicht in Abrede.
Schwalbe fasst seine Ansichten in folgenden Sätzen zusammen:
.1. Die Scfaafferscben Kardiadriisen and Magenschleimhautinseln im
oberen Drittel der Speiseröhre sind zwar häufige, aber keineswegs regel-
mässige, normale Befunde.
2. Sie sind aller Wahrscheinlichkeit nach von Resten des primären
(ndodermaten Darmepithelrohres abzuleiten.
3. Die Magenschleimhautinseln führen ein selbständiges, vom Leben der
Xachharscbaft unabhängiges Dasein und sind imstande, die gleichen patho-
logischen Veränderungen einzugehen, wie die Schleimhaut des Magens.
4. Besondere Beziehungen zu pathologischen Prozessen der Speiseröhre,
<ie Krebs and Pulsionsdivertikel, kommen den Schafferschen Inseln nicht
m, nur entwickeln sich zuweilen Cysten in ihnen."
In einem Nachtrag hält Lubarsch gegenüber anderen Autoren an
Schwalbes Ansicht fest, dass die Schafferschen Inseln nicht als normale
Bildungen za gelten haben, da sie zwar häutig, aber nicht in allen Fällen
Dachweisbar sind. — Trotz des von Schaffer erbrachten Nachweises der
i:i«mlich gleichzeitig in der ganzen Speiserohre stattfindenden Metaplasie des
Zylinderepitbels in Plattenepithel kann sich Lubarsch nicht zu der Annahme
ftntschliessen , dass es sich bei den Schafferschen Inseln um eine Ent-
wickelungsstömng handelt. Zur Begründung dient ihm der von Schwalbe
ftrbracbte Nachweis, dass die Magenschleimhautinseln bei pathologischen
Prozessen dasselbe Verhalten zeigen wie die Magenschleimhaut selbst.
510 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
Schridde (62) berichtet, seine früheren Mitteilungen über den histo-
logischen Bau der Magenschleimhautinseln ergänzend, über das Vorkommen
von schleimbildenden Zellen nicht nur in den Ampullen der Drüsen, sondern
auch in den Drüsenschläuchen. Die Muscularis mucosae zeigt unter den
Drüsen eine andere Verlaufsrichtimg als im übrigen Ösophagus. Sodann
wird auf das Vorhandensein von Becherzellen, einzeln oder in Häufchen,
zwischen den Schleimzellen der Drüsen in der Nähe der Oberfläche hin-
gewiesen.
Auf Grund seiner Beobachtungen verwirft er den von Schaff er ge-
brauchten Namen ^obere kardiale Ösophagusdrüsen^ und will ihn durch die
Bezeichnung „Magenschleimhautinseln im obersten Ösophagusabschnitte^ er-
setzt wissen.
Bei der Sektion eines 12 Stunden alten Zwillings fand Fischer (18i
eine Missbildnng des Ösophagus, die darin bestand, dass die Speiseröhre
oberhalb der Bifurkation blind endigte und mit dem unteren Speiseröhrenteil
nur durch einige Muskelzüge in Verbindung stand. In der Mitte der vorderen
Wand des oberen Teiles fand sich eine etwa hirsekorngrosse Öffnung, die in
die Trachea führte; sie lag 16 nmi unterhalb des Kehlkopf einganges. Der
untere Speiseröhrenabschnitt, der sich nach oben zu verjüngte, mündete mit
einer fast linsengrossen Öffnung in die hintere Trachealwand, 8 mm oberhalb
der Bifurkation. Auf Grund dieses Befundes kommt Fischer zu der An-
sicht, dass man, ebenso wie man die Traktionsdivertikel an der Bifurkation
in letzter Linie auf eine Entwickelungsstörung zurückführte, dies noch bei
einer grossen Anzahl von Traktionsdivertikeln an anderen Stellen des Ösophagus
tun kann.
Ribbert (53) verteidigt seine schon früher aufgestellte Theorie der
Entstehung der Traktionsdivertikel gegen Angriffe von anderer Seite und
gegen die Erklärung Zenkers, dass die Traktionsdivertikel aus Ver-
wachsungen der Speiseröhre mit schrumpfenden Lymphdrüsen resultieren.
Auf Grund von weiteren 12 Fällen bringt er noch einmal den Beweis, dass
es sich nicht um die Wirkung eines Narbenstranges bei der Divertikelbildung
handelt, sondern dass eine kongenitale Anomalie der Wand des Ösophagus
und des zwischen ihm und der Bifurkation der Trachea gelegenen Binde-
gewebes den Ausgang bildet. Li der Speiseröhrenwand bestehen Muskel-
defekte, Lücken in den Muskellagem, an denen der ansitzende bindegewebige
Strang bei Verschiebung des Ösophagus leicht durch Fixierung eine Aus-
buchtung der Wand hervorruft, da diese Stellen weniger widerstandsfähig
sind. An weiteren 6 Fällen führt er noch den Nachweis, dass die Pulsions-
divertikel im Gegensatz zu den Traktionsdivertikeln dort entstehen, wo nur
eine Unterbrechung der Muskulatur ohne einen Bindegewebsstrang besteht
Schmorl (52) gibt eine Entgegnung auf die soeben erwähnte Arbeit
von Ribbert zur Aufklärung von Missverständnissen, ohne sachlich Neues
zu bringen.
Zahn (76) berichtet über den Sektionsbefund einer 36jährigen Ar-
beiterin, die seit drei Jahren an Magenkrämpfen gelitten hatte. Während
einer Schwangerschaft hatte sich Erbrechen fast nach jeder Nahrungsaufnahme
hinzugesellt. Bei der Sondierung der Speiseröhre war anfangs die Sonde
stecken geblieben, später waren auch stärkere Sonden durchgegangen. Nach
einem normalen Partus waren alle Beschwerden verschwunden, um vier Wochen
später mit vermehrter Heftigkeit zurückzukehren. Bald darauf war plötzlich
SaneibTDch, Chiru^iBche ErkrankuDgen des Rachens and der Speieerehre. 511
Eiitus eingetreten. Bei der Sektion fand sich eine Ekchondrose der Zwischen-
virbelscbeibe zwischen H. und 9. Brustwirbel, an deren linker Seite der ein
aeniß abgeknickte Ösophagus lag. Sein oberhalb der Knickung gelegener Teil
v»T diffus dilatiert. Kleines Ulcus pepticum des Magens. Zahn nimmt au,
dass der Zwerchfellhoch stand infolge der Gravidität und der durch das Magen-
ulcns bedingten Gärung zu einer stärkeren Abknickung geführt hatte.
Bei der Sektion eines 48 Jährigen Phthisikers fand Stark (60) eine boch-
zradige Dilatation und Musknlarishypertropbie des Usophagns infolge Kardio-
ifiasmns. Submukosa tmd Muskularis waren durchsetzt mit teilweise ulzerierten
käsigen Konglomerattnberkeln, deren Entstehung auf hämatogenem Wege an*
genommen wird.
Die Diagnostik und ITierapie der wichtigsten Speiserührenerkrankungen
wird von Lotheisen (38) in übersichtlicher Weise besprochen. Die inneren
Verletzungen zeichnen sich ans durch die Symptome des Fremdkörpergefühls,
Schmerzen und Schluckbeschwerden. Mit der Sonde lässt sich kein Hindernis
nachweisen ; die beste Untersuchungsmethode ist die Ösophagoskopie ; man
konstatiert mit ihrer Hilfe, dass kein Fremdkörper da ist, sondern nur die
Verletzung der Schleimhaut durch denselben. Eine Anästhesierung der Fissnr
bis zur Überhäutung führt vollkommene Heilung herbei. Die Fremdkörper
^Ibst bleiben meist in den drei , physiologischen Engen" stecken, am häufigsten
in der oberen Thoraxapertur. Um Üekubitus oder Perforation zu verhüten,
mössen sie schnell entfernt werden ; die leichteste und schonendste Entfernung
^Hschieht mit Hilfe des Osophagoskops. Die Ösophagotomie sei wenig ratsam
zu diesem Zwecke, zumal sie, namentlich die öesophagotomia thoracica, sehr
ivhlechte Resultate bietet.
Bei den häufigen Strikturen infolge von Verletzungen mahnt Verf. zu
grosser Vorsicht. Namentlich im Anfang soll jede Sondierung unterbleiben.
Am besten sei bei ganz schweren Fällen zuerst die Anlegung einer Magenfistel.
Al= Therapie empfiehlt sich vor allem die Sondierung ohne Ende. Mit Thiosin-
irain hat Xeri. keine besonderen Erfolge gehabt. Zur Spaltung von Narben-
Tinkturen eignet sich sehr gut ein galvanokaustischer Brenner im Ösophago-
>kop. Dilatationen, die sich sehr oft oberhalb der Strikturen bilden, werden
Hurcli Röntgenphotographie leicht diagnostiziert. Eine Komplikation der Dila-
lationen ist das Auftreten eines krampfartigen Verschlusses der Kardia (Kardio-
spasmiis). Verf. empfiehlt als Therapie Gastrotomie und dann Sondierung
iihne Ende. Die forcierte Dehnung der Kardia nach v. Mikulicz soll nnr
lor verzweifelte Fälle reserviert hleiben. Bei Divertikeln eignet sich am besten
zur Diagnose das Röntgenverfahren nach Anfullung des Sackes mit Wismut-
Kartoffelbrei und die Ösophagoskopie. Die Totalexstirpation des Divertikels
ist die beste Therapie. Bei dem Karzinom, der häufigsten Erkrankung der
Speiseröhre, bewährt sich zu Diagnosezwecken auch am meisten das iho-
phagoskop. Die Behandlung ist bis jetzt immer noch eine symptomatische.
Mit Gastrostomie soll man nicht allzu lange warten. Mit Röntgenstrahlen
und Radium hat man keine nennenswerte Besserung erreicht. Die Indikation
lar Rsdikaloperation ist nach Ansicht des Verfs. bis jetzt noch nicht gegeben,
fs sei denn, dass man mit Hilfe des Sauerbruchschen Verfahrens die
schvierigkeiten überwindet.
V. Navratil (45) liefert zuerst eine eingehende Schilderung der Lite-
ratur über die Ösophago-Tracheal-Fisteln. Besonders die ätiologischen Momente
unterzieht er einer längeren Erörterung und weist auf Grund einer Beob-
512 Jahresbericht fUr ChiiUTgie. IL Teil.
achtang an Prof, Dollingers Klinik auf eventuelle Schwierigkeiten einer
Differentialdiagnose zwischen syphilitischem und tnberkalösem Ursprung der
Fisteln hin.
Einen Schluss der Fisteln versuchte Navratil durch Experimente am
Hunde. Zu dem Zwecke verschlosa er die Osophaguswunde durch eine Tabak-
bentelnaht, welche die Mukosa schonte; darüber applizierte er noch eine Reihe
Ton Knopfnähten durch die Muskularis. Nun wurde die Schilddrüse an einem
ihrer Pole in toto mobilisiert nnd sodann auf die Nahtstelle transplantiert.
Auf diese Weise erreichte Navratii durchwegs eine Heilung p. p. des Öso-
phagus wie der Trachea. Er empfiehlt eine versuchsweise Anwendung seiner
Methode auch beim Menschen. Gergö (Budapest).
Unter Vorführung eines Falles von Dysphagie infolge maligner Neu-
bildung bespricht Collier (13) zunächst den Gang der Untersuchung von
Kranken, die mit Schluckbeschwerden zum Arzte kommen. Bevor die Sonden-
untersuchung vorgenommen wird, will er folgende Krankheiten ansgescb lossen
wissen: Krankheiten des Mundes, der Nase, des Pharynx und Larynx. Tu-
moren der Umgebung des Ösophagus, der Thyreoidea, Aneurysmen der Carotis
interna, der Art. anonyma, der Aorta, intratborakale Tumoren, bezw. Ab-
szesse, Dislokation des stemalen Clavikularendes nach hinten; diese Erkran-
kungen sind durch die Untersuchung auszuschliessen. Auf verschluckte Fremd-
körper wird meist die Anamnese hinweisen. Erst nach Ausschluss dieser
Erkrankungen ist die Sondenuntersuchung gestattet, deren Technik Collier
vorführt. — Ist die Diagnose der malignen Neubildung gesichert — wie in
dem demonstrierten Fall — rät er zur Gastrostomie und zwar der Albert-
schen Modifikation.
Gare 1 (23) gibt einen ausführlichen Bericht über die allmähliche Aus-
bildung der Ösophagoskopie^ und Bronchoskopie bis zu ihrer jetzigen Höhe,
Beschreibung der Technik und Würdigung der Bedeutung dieser neuen Cnter-
suchungsmethoden.
Brindel (10) berichtet über die Entwickelung und Ausbildung der
Broncho-Ösophagoskopie in Deutschland und stellt die einschlägigen Publi-
kationen zusammen. Energischer Aufruf, vor allem an die Pariser Chirurgen,
der Broncho-Osopbago skopie ein grösseres Interesse entgegenzubringen.
Siebenmann (66) tritt unbedingt bei Vorhandensein von Fremdkörpern
in Trachea und Ösophagus für die Anwendung der Ösophagoskopie und
Bronchoskopie ein, und bezeichnet die Unterlassung derselben als einen
schweren Kunstfehler. \'oraussetzung für ein gutes Resultat mit diesen In-
strumenten ist eine günstige Beleuchtungseinrichtung. Die Bronchoskopia
superior (ohne Tracheotomie) kann ohne Klorphiuminjektion und ohne tiefe
Narkose ausgeführt werden; Kinder müsse man dagegen narkotisieren. Seine
Auseinandersetzungen illustriert er durch 4 Fälle, wo die Bronchoskopie, und
1 Fall, wo die Ösophagoskopie mit Erfolg angewandt wurde.
Langer (33) veröffentlicht einen Fall von Streptotrichosis oesopbagi.
diagnostiziert auf Grund des Befundes einer Reinkultur im Ausgewürgten. Da
eine zeitweise Entleerung einer Auswurfraenge von 15 — 21 ccm erfolgte, ver-
mutete Langer einen Hohlraum, der mit dem Ösophagus kommunizierte uud
den er für ein Pseudodivertikel, entstanden durch Äbszedierung der obersten
Ösophagussch Lebten, hielt. Bei Jodtherapie trat Besserung ein.
Über einen Fall von kongenitaler Ösophagusstenose wird in „TbeLancet"
(32) von Kramer berichtet:
Sanarbrach, Cliirnrgieche Erkranknogen Am Rachens und der Speiseröhre. 513
Ein 4 jähriges Mädchen litt seit mindestens 3Va Jahren an Erbrechen
nach fast jeder Nahnmgsaa^ahme. Es schluckte gnt, aher nachdem es
3 — 4 SchluclE zn sich genommen hatte, erbrach es fast alles. Im Erbrochenen
wv keine Säure. Mit Hilfe der Röntgenstrahlen nnd Sondennntersachong
«orde eine Verengerong des Ösophagus 2 Zoll über dem Diaphragma fest-
gestellt. Um diese zu dilatieren, worden über einem Drahtmandrin Hohl-
boogies von zonehmender Stärke eingeführt. Dabei wurde eine Perforation
der Speiseröhrenvand gemacht, an deren Folgen das Kind bald ,za gmnde
ging. Bei der Autopsie fand sich eine Perforation unterhalb der Epiglottis,
Hantemphysem, rechtsseitiger Pyopneumothorax [ohne nachweisbare Plenra-
rerletzung), septische Mediastinitis. Die Speiseröhre zeigte */* Zoll unter der
Höhe der Bifurkation eine '/i Zoll lange Verengerung bindegewebiger Natur.
Oberhalb dieser war der Ösophagus dilatiert.
Im Anscbluss an eine Literaturübersicht über kongenitale Ösophagus-
Stenosen teilt Lindqvist (37) einen eigenen Fall mit. Derselbe betraf
einen 21jährigen, sehr dürftig entwickelten Mann, der das Essen seit seiner
frühesten Kindheit nur mit Schwierigkeit hinunterschlucken konnte. Mittelst
Speiser Öhrensonde konnte die 15 cm von der Zahnreihe gelegene Stenose dila-
tiert werden. Hj. von Bonsdorff.
Boas (8) beobachtete einen Fall, bei dem sich im Anscblass an einen
schweren Scharlach mit Diphtherie nach einiger Zeit Schluckbeschwerden
«nsteltten, die allmählich stärker wurden, bis schliesslich sogar Flüssigkeiten
wieder erbrochen wnrden. Starke Gewichtsabnahme. Mit Hilfe der Sonde
^llte man ein ulzeröses Hindernis 34 cm hinter der Zahnreibe fest. Mit
filiformeo Sonden konnte man die Stenose passieren. Unter Diät wurde eine
regelmässige Bougierung eingeleitet, zugleich mit Thiosinamininjektionen, wo-
durch bald die Heilung herbeigeführt wurde. Verf. hält diese Stenosen nach
Scharlach und Diphtherie für gutartig, und empfiehlt zur Behandlung vor-
sichtige Sondierung eventuell mit Hilfe der Ösophagoskopie, gegebenfalls auch
Laminar iabehandlun g.
In Plummers (46) Falle entwickelte sich bei einem 17jährigen jungen
Manne während eines Typhusrezidivs eine Striktur des Ösophagus. Da Son-
diemogsversuche fehlschlugen, wurde eine Magenfistel angelegt, bis es dem
Kranken gelang, einen feinen Seidenfaden zu schlucken. Dann erfolgreiche
Behandlung mit Sondierung ohne Ende unter gleichzeitiger Darreichung von
Thiosinamin.
Einen mit Thiosinamin behandelten geheilten Fall von Speiseröhrenver-
eugening teilt Halasz (27) mit. Ein 17jähriger Ubrmachergehilfe hatte
Mch durch Genuss von Vitriol eine Stenose des Ösophagus in einer Tiefe
TOD 13 cm zugezogen, die noch nicht die kleinste Magensonde durchliess.
Verf. behandelt ihn mit einer 15 prozentigen 'alkoholigen Thiosinaminlösung
durch Einspritzung in den Bücken und erzielte nach 6 Einspritzungen völlige
Heilung.
Auch Schneider (59) berichtet über einen Fall von Heilui^ einer
Osophagnsnarbenstriktur durch Thiosinamininjektionen. Während anfangs
nicht die feinsten Sonden in den Magen drangen, ging schon nach der
zweiten Injektion eine Sonde von 3 mm hindurch. Schneider benutzte
eine Lösung von Thiosinamin 1,0 in 4.0 Glyzerin und 16,0 Wasser.
Reizenstein (49 u. 52) betont, dass zikatrizielle Ösophagusstenosen,
die sich bei einfacher Sondierung als impermeabel erweisen, häufig im Öso-
Jilir»bcriEht für Chirurgls 18a&. 33
5U Jahresbericht fOr Chirurgie. 11. Teil.
phagoskop noch eine Öffnung erkennen lassen und die Dilatation darcl;
Laminariastifte , ausgezogene öummidrainrobre oder biegsame Metallsondei
gestatten. Ist dies nicht möglich, kommt die v. Hack er sehe Sondierung
ohne Ende in Frage. Gelingt such diese nicht, so ist die Oesophago! omii
externa, beziehungsweise die kombinierte Ösophagotomie indiziert. [Zwe
neue Fälle werden angeführt].
In Meyers (42) Mitteilung handelt es sich um eine narbige Kardia'
Stenose, die der Autor mit Bongierung von einer Gastrosternalwunde aus be-
handelte. Er glaubt, dass für solche Fälle die Freilegung der Stenose mit
Hilfe des Sanerbruchschen Verfahrens und die operative Beseitigung der-
selben Aussiebt hat
Meyer (41) veröfTentlicht einen Fall, wo er bei usdurchgängiger Xarben-
striktur des Ösophagus durch einen Lappenschnitt sich den linken Rippen-
bogen freilegte, um die schon bestehfinde Magenfistel intakt zu halten. £s
waren ihm dadurch auch die Teile der Speiseröhre und des Magens zngäng-
lich, die sonst im Zwerchfellkuppel räum verborgen sind. Er empfiehlt die^e
Methode einerseits dazu, den unteren Abschnitt des Ösophagus in der Sauer-
bruchschen Kammer direkt anzugreifen, andererseits auch zu Magenrese).-
tionen, wo man die erkrankte Stelle nicht vor den Rippenbogen ziehen kann.
Im Anschluss an einen Fall von schwerer narbiger Verengerung des
Ösophagus dicht oberhalb der Kardia , der von Prof. Montenovesi
mittelst des retrograden Katheteristnus mit Metallspirale behandelt wurdi-.
prüft Frascella (20) die aktiven chirurgischen Hilfsmittel, die gegenwärtig'
in ähnlichen Fällen ins Werk gesetzt werden.
Er schiiesst in der Ansicht, dass bei schweren narbigen Verengerungen
des unteren Abschnittes des Ösophagus, die von jeher unüberwindlich siiiJ.
in der Absicht, der progressiven organischen Erschöpfung der an solclitii
Stenosen Leidenden zu wehren, die folgende therapeutische Begel zu be-
folgen sei:
1. Möglichst schleunige Hebung der mangelhaften Ernährung des Organis-
mus mittelst einer Magenüstel.
2. Angreifen der llndurchlässigkeit des Ösophagus von oben, falls die
temporäre Ausschaltung des Ösophagus den Zustand der stenosierten Teile
gebessert hat. Andernfalls werde der Angriflf von unten gemacht: Zu diesem
Zwecke empfiehlt er als bestes Hifsraittel, um die erste Erweiterung der
Stenose einzuleiten, den Katheterismus des Ösopha^s mittelst der Metall-
spirale von Montenovesi, deren Beschreibung er gibt.
3. In der Folge allmähliches progressives Erweitem des Ösophagus vu
dem Zwecke, die erlangte Durchlässigkeit zu erhalten.
Wenn die Besserung eine dauernde ist, kann die Magenfistel geschlossec
werden. R. Giani.
Srhiie (60) teilt einen Fall von operativ geheiltem Ösophagusdivertikel
aus der Rostocker Klinik mit und bespricht zusammenhängend alle Vorsclilügf
und Methoden der Therapie dieser Erkrankung der Speiseröhre. Er kommt
zu dem Schhiss, dass man durch die einfachste Methode, nämlich Abtrafiuiig
und exakte Naht und Nährklystiere, keine Sondenernährung, ebenso gut Au'*-
sicht auf Heilung per primam hat, als durch die komplizierenden Methoden
der Nachbehandlung.
barrow und Cunning (4| berichten über einen Fall von Ösophagus-
divertikel bei einer sehr heruntergekommenen, Ö5 jährigen Frau, die mit der
Skuerbrnch, Cbirnrgiache ErkrankuDgen des lUcheDa und der SpeiserSbre. 515
Diagnose Epitheliom in das Royal Free Hospital aufgenommen wurde, nach-
dem sie lange Jahre wegen des bestehenden schanmigen Auswurfes auf Bron-
chitis bebandelt worden war. Es bestanden Schluckbeschwerden, Entleerung
schaamigen Sputums (ohne Husten) und unverdauter, salzsäurefreier Speise-
reste, oft erst drei Tage nach deren Aufnahme. Bei Druck auf den Ösophagus
Tom Halse in der Gegend des Ringknorpels liess sich Gas durch den Mund
auspressen. Von zwei gleichzeitig eingeführten Bougies gelangte das eine in
den Mi^eu, das andere blieb 8 Zoll hinter der Zahnreihe stecken and war
links neben der Trachea fühlbar. Nach Einführung eines Bougies in daa
Divertikel worde von einem Hautschnitt am vorderen Rande des linken
Stemo-cleido-mastoidfius aus, der Ösophagus freigelegt. Links'und hinter ihm
lag das !'■ Zoll lange, mit bindegewebiger Hülle umgebene Divertikel, in
diesem das Bougie. Der Divertikelbals lag im nnteren Teil der hinteren
Phärynzwand. Nach Eatfernong des Bougies wurde die fibröse Hülle ge-
spalten, manchettenartig umgeklappt, die Schleimhaut ligiert, darüber die
Muskularis mit ein paar Nähten vereinigt, die fibröse Hülle abgebunden und
ak^etragen. Einführung eines Drains, Naht der übrigen Wunde. Fat. wurde
T Tage mit Nährkljsmeu ernährt, konnte dann Milch, nach 14 Tagen jede
Nahrung schlucken. Nach 8 Monaten stellte sie sich als beschwerdefrei
wieder vor.
Schmiz (68) berichtet über einen Fall, bei dem ein verschluckter 6 cm
langer und */s cm breiter Entenknochen sich im Ösophagus so festgesetzt hatte,
dass er unter dem Ringknorpel, mit diesem parallel verlaufend, lag und mit seinen
beiden spitzen Enden die rechte und linke Seite der Speiseröhre durchbohrt
hatte. Der Fremdkörper konnte intra vitam nicht festgestellt werden, auch
nicht durch Freilegung des Ösophagus. Das Ösophagoskop war nicht ange-
wendet worden. Der Kranke kam durch Pleuritis, Perikarditis, Mediastinitis
und fortgeleitete Pneumonie ad exitum.
Rolleston-Whipham (55) geben einen sehr interessanten Bericht
über Krankheitsverlauf und Antopsie eines dreijährigen Mädchens, das mit
aofgetriebenem Leib, Abmagerung, Anämie, Rhachitis in Beobachtung kam.
Der Kopf war nach hinten gezogen, das Kind vermochte nicht zu sitzen, es
bestanden krampfhafte Duodenalanfälle, Milz und Leber waren vergrössert.
Es wurde eine tuberkulöse Peritonitis und Pneumonie diagnostiziert. Das
Kind ging stetig zurück, in den letzten 14 Tagen seines Lebens wurden
mehrfach Blutgerinnsel erbrochen. Bei der Autopsie fand sich eine
4'/« Zoll lange Hutnadel, deren spitzes Ende — 2Vs Zoll lang — in den
Ösophagus ragte. Der Knopf war nicht zu tinden. Das Kopfende hatte die
Osophaguswand dicht oberhalb des Zwerchfells durchbohrt, war vor der Aorta
durch das Diaphragma gedrungen und hinter dem Magen — ohne diesen zu
verletzen — durch den hinteren äusseren Teil des Pankreas zur Art. mesa-
raica superior gelangt, deren obere Wand von der Nadel durchbohrt war.
Der Nadelschaft war leicht gebogen mit der Konkavität nach vom. Zwischen
Pankreas und Duodenam war ein kirschengrosses, mit Blutgerinnsel erfülltes,
falsches Aneurj-sma in der Wurzel des Mest^nteriums. Der Gang, in dem
die Nadel steckte, war mif Blut gefüllt. Rechts und etwas nach vorn vom
Aneurysma lag die thrombosierte Vena mesar. sup. In Höhe der Nadelspiti^e
lag hinter dem Ösophagus eine vereiterte Drüse mit zwei kleinen Abszessen
auf beiden Seiten. Der linke grössere Abszess war in den unteren Lungen-
lappen durchgebrochen, der rechte kommunizierte mit der Speiseröhre. Von
Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
»rem Abszess ging eine enge Bucht zum 1. Brustwirbel, in ihr lagen
'otische Knochenstückchen. Im 1. Bruetwirbelkörper zeigten sich kleine
rosen, die Körper der vier nächsten Wirbel waren fast ganz zerstört,
inöse Pleuritis auf der Hintertläche beider Lungen, frische Adhäsionen
ts. Keine Lungentuberkulose. Hydroperikard. Der Magen war mit Blut
11t; weder in ihm noch im Darm Ulzerationen oder Läsionen. Demnach
s das Blut von dem Aneurysma durch den Kanal, in dem die Nadel lag,
len Ösophagus gelangt sein. Die Wirbelerkrankung machte den Eindruck
Tuberkulose, sie und die Drüseneitenmg schienen älteren Datums als die
'oration des Ösophagus durch die Nadel. Vielleicht war die Speiseröhren-
d durch den Drusenabszess erweicht und hierdurch die Perforation er-
itert.
Auf originelle Weise wuaste sich Frank (19) zn helfen in einem Falle
Steckenbleiben eines grossen Bissens zähen Fleisches in der Speiseröhre
einem 60 Jahre alten Maschinisten auf hoher See. Der Versach, den
en mit der Sonde durchzustossen, masste aufgegeben werden, da Fat.
den heftigsten Erscheinungen reagierte. Sondierung in Narkose wurde
reigert. Der Versuch, den Bissen durch reichliche Flüssigkeitsmengen
.bzuspülen, schlag fehl, da alles sofort prompt erbrochen wurde. Aus
;hem Grunde waren Emetika innerlich nicht zu verwenden; von sub-
iner Anwendung wurde wegen der an sich schon sehr heftigen Brech-
egungen abgesehen. Ebenso war die Darreichung kleiner Salzsäuremengen,
den Bissen zu erweichen, vergeblich.
Da am dritten Tag eine Besserung noch nicht eingetreten war und
ler hinzutrat, liess Frank die Komponenten eines Brausepulvers in wenig
«er gelöst schnell hintereinander trinken und Mund und Nase fest ver-
iessen. Binnen kurzem hatte der Druck des sich entwickelnden Gases den
en in den Magen hinabgetrieben.
In Feins Mitteilung (17) bandelt es sich um einen Fall, wo eine Pa-
tin einen Knochen verschluckt hatte, der ihr im Rachen stecken geblieben
Sie ging zu einem Arzt, der sofort ohne weitere Untersuchung mit
m Bougie in den Hals einging. Infolge dieser Manipulation verspürte
sofort einen heftigen Schmerz, momentan traten grosse Beschwerden
so dass sie nicht einen Schluck Wasser hinunterschlucken konnte. Sie
nun ins Spital, wo man mit Hilfe des Kehlkopfspiegels in den ersten
Tagen in der Mitte der hinteren Kachenwand nur eine Bötung und
irellung, aber nichts von einem Fremdkörper entdecken konnte. Erst am
ten Tage, als die Schwellung sehr zurückgegangen war, fand man den
chen und entfernte ihn; er war 3 cm lang und l'/» cm breit.
Auf Grund dieses Falles weist Verf. bei Fremdkörpern im Rachen auf
snde wichtige Punkte hin: Zuerst eine genaue Untersuchung mit dem
Ikopfspiegel, dann eine schonende Palpation mit dem Zeigefinger; eventuell
ilfenahme des Rüntgenverfahrens, und erst ganz zuletzt, wenn diese Ma-
len nicht zum Zieie führen, die Anwendung des Bongies, aber auch dann
wenn der verschluckte Körper weder spitz noch scharfkantig ist.
Medical Press (33) enthält einen kurzen Aufsatz, der praktische Winke
die Fnnktion von Fremdkörpern aus dem Ösophagus enthält, ohne etwas
is ZU bringen.
Blecher (7) berichtet ausführlich über Gebisse als Fremdkörper io
Speiseröhre und bespricht eingebend die Tecknik der verschiedenen schon
Sanerbrncfa, Chirurguche Erkrankangen des RftcheDS und der SpeiaerShre. 517
beboDten Methoden zur Feststellung der Fremdkörper, genaneo Lokalisation
und zur Entfemang. Er bringt nichts Nenes.
Snarez de Mendoza (70) kommt auf Grand von vier Beobachtungen
m folgenden Schlüssen: Wenn es unmöglich ist, den Fremdkörper in den
Migeo zu atossen und die Anwendung des Graefeschen Münzenfänger er-
lolalos bleibt, ermöglicht oft noch der Gebrauch des Instrumentes von Collin-
Veroenil die Extraktion mit dem Münzenfänger. Gibt der Fremdkörper
dem Zng des Münzenfängers nicht nach , ist die Dilatation mit dem Ballon
vjn Tarnier zu versuchen.
Boyle (9) berichtet über einen Fall, wo eine 10-Centesimi-Münze, die
in der Höbe des oberen Stemalrandes im Ösophagus steckte, mit dem bieg-
samen MüDzenfänger bis zur Bima glottidis gehoben und dann mit der Schlund-
lange extrahiert wurde.
Kirmisson (39) berichtet über einen Fall von Fremdkörper im Öso-
phagus, wo sich sein Münzenfänger glänzend bewährte. M. d'Öllsnitz
iN'issa) hat damit bei einem Kinde von 14 Monaten ein Centime-Stück, das
bereite elf Tage nach vergeblichen Extraktionsversuchen in der Höhe der
Bifnrkation gesessen hatte, extrahiert. Er glaubt, dass dieser Apparat dem
üraefeschen vorzuziehen ist.
In einer zweiten Arbeit (30) bringt Kirmisson zwei weitere Fälle,
in denen sich der Kirmissonsche Apparat bei Kindern bewährte.
Eccot (14) kommt auf Grund einer Beihe von Einzelbeobachtungen
toD Fremdkörpern im Ösophagus zu folgenden Schlüssen für die Behandlung:
Er teilt die Fremdkörper ein in runde und unregelmässige. Für die ersteren
empfiehlt er die Extraktion mit dem Kirmissonscben Häkchen oder dem
(jraefeachen Münzenfangers. Im zweiten Falle warnt er vor Extraktions-
T«rsachen, ja selbst vor unnötiger Exploration. Es kommen in Frage für
i\t Behandlung die Gastrostomie und die Oesophagotomia externa.
In drei mitgeteilten Fremdkörper -Fällen ist es Garel (21) gelungen,
nut Instnimeoten ohne Ösophagotomie Fremdkörper zu extrahieren. Er
glanbt, dass man gelegentlich die Extraktionsversucbe durch Apomorphin
snbktttan unterstützen kann.
Garel (23) ist der Überzeugung, dass die Ösophagoskopie nur in
in Hand des Spezialisten sich bewähre, dass sie kein Verfahren für den
praktischen Arzt sei. Überhaupt scheint es ihm gewagt, eine zu aktive
Therapie bei Fremdkörpern in der Speiseröhre anzuwenden. Er glaubt, auf
Orund einiger Beobaciitungen annehmen zu dürfen, dass in vielen Fällen
ijiophagotomie, Ösophagoskopie und Extraktionsversuche überflüssig sind, dass
der Fremdkörper spontan in den Magen gelangt, dass dagegen häufig unge-
schickte Extraktionsversucbe dem Kranken sehr schaden.
ßroca (11) redet der Extraktion von im Ösophagus stecken gebliebenen
Müiaen per vias naturales (Graefe, Kirmisson) lebhaft das Wort und be-
bnptet, dass alle dabei beobachteten Unglücksfälle einer fehlerhaften Technik
imoBchreiben sind. Er wendet sich energisch gegen die Ösophagotomie, die
sich ihm noch niemals nötig gemacht hat.
Eine Modifikation seines ^Hydrodilatators" beschreibt Bakaleinik (1):
En elastischer Schlauch lässt sich nahe seinem unteren, blinden Ende durch
einen Metallzylinder mittelst hydraulischen Druckes ballonartig auftreiben.
Diesen ^Hydrodilatator" verwendet Bakaleinik zur Fremdkörperextrak-
tion ans dem Ösophagus, indem er den Schlauch, eventuell mit Hilfe eines
Jahresbericht fCtr Chirurgie. II. Teil.
Ilraandrins, in den Ösophagus einführt und nun durch Aufblähung des
ns unterhalb des Fremdkörpers die Speiseröhre nach aJlen Seiten dila-
Der Hydrodilatator kann auch bei Operationen an Mund und Hais
Torausgegangener Tracheotomie zur Tamponade des Additus laryngis
i'ermeidnng von Blutaspiration verwandt werden.
Kr am er (31) veröffentlicht eine Methode der Behandlung grosser spit/er
dkörper im Halsteile der Speiseröhre für solche Falle, wo ein Osophago-
nicht zur Hand, eine Extraktion per os mit einem anderen Instrument
möglich tind schnelles Handeln notwendig ist. Er legte in zwei der-
m Fällen den Ösophagus auf der linken Halsseite mit einem 9 cm langen
tt frei, eröffnete ihn aber nicht, sondern lockerte bei nach vom gebeugtem
und nach vorn gezogenem Larynx mit der rechten Haod von der Wunde
nit der linken von der rechten Halsseite aus den Fremdkörper und sucht
Q eine schräge Stellung zu bringen. Dies gelang nach einigem Bemühen
nun wurde der Fremdkörper in einem Falle durch einen gerade ein-
iden Brechakt nach aussen befördert, im zweiten mit einer Zange. Das
ilhafte dieser Methode sei das Nichteröffnen der Speiseröhre, wodurch
i Komplikationen vermieden würden. Das Verfahren ist nicht angebracht
atzündlicher Infiltration des Halses und Blutung aus der Speiseröhre.
Die Oesophagotomia externa machte Le riebe (36) in folgendem Fal/e :
Ein Sou, den ein dreijähriges Kind yerscbluckt hatte, war im Röntgen-
iicht unter dem zweiten Brust wir beldom sichtbar, etwas mehr rechts
nks. Vergeblicher Extraktionsversuch mit dem Graefeschen Münzen-
r. Oesophagotomia externa an der rechten Halsseite, Extraktion des
dkörpers, Heilung ohne Naht der Ösophaguswand, — Leriche verwirft
jraefeschen Münzenfänger. Bezüglich der Ösophagotomie glaubt er,
das Eingehen auf der linken Seite keine prinzipiellen Vorteile bietet,
des Ösophagus hält er, beim Kind wenigstens, für meist entbehrlich.
Ein verschlucktes und in Höhe der Cartilago cricoidea im Ösophagus
keil tes Knochenstück wurde von Poissoni er (47) durch Oesophagotomia
na entfernt, nachdem es nicht gelungen war, durch Ösophagoskopie und
)8kopie den Fremdkörper sichtbar zu machen. Heilung. Von acht
ren Fällen von Fremdkörperextraktion mittelst Oesophagotomia externa
ierard einen verloren, sieben geheilt.
Vaccari (71). Zwei klinische Fälle von Kindern, die ein Fünf-Centimes-
veracbluckt hatten. Das Geldstück stak in beiden Fällen hinter der
algabel fest und wurde im ersten Falle mit der Magensonde, im zweiten
1er äusseren Ösophagotomie extrahiert. R. Giani.
In Balacesco-Cobns Arbeit (2) wird eine ausführliche Zusammen-
ng der bisher wegen Fremdkörpern vorgenommenen Ösophagotomien im
eil gegeben. Empfehlung des Ösopbagoskops.
Eine ausführliche Besprechung der Diagnose und Extraktion von Fremd-
srn der Speiseröhre gibt Reizenstein (49 — 52). Er weist darauf hin,
die meisten Fremdkörper, die in den Ösophagus gelangen, den Magen-
kanal glatt passieren und per anum entleert werden. Die subjektiTen
jn des Kranken geben keinen sicheren Anhaltspunkt dafür, ob der Fremd-
ir in der Speiseröhre stecken geblieben oder in den Magen dnrchgegangen
la häufig noch starke Beschwerden bestehen, wenn der Fremdkörper nicht
in der Speiseröhre ist und andererseits selbst grosse, in dem Ösophagus
ende Fremdkörper ohne Besehwerden ertragen werden.
SkDerbrncb, Chirnrgiscfae Erkrankungen dea Raebsns and der Speiseröhre. 519
Er rät in jedem Falle von verschlacktem Fremdkörper znnächBt die
Hakirgane (TonsilleD, Sinas pyriformes) einer genauen Besichtigung zn unter-
aehen,
Liebtin^ssitze der im Ösophagus selbst stecken gebliebenen Corpora
jliena sind Osophagusanfang, Übergangsstelle des Hals- in den Bmstteil und
Hiatns oesophageas.
Von den für die Fremdkörperdiagnose in Betracht kommenden Unter-
^cbuDgsmethodeD lässt sich durch die Sondiemng häufig der Sitz des Fremd-
körpers bestimmen, ebenso mit Hilfe der Röntgenstrahlen, besonders bei im
Haisteil steckenden Gegenständen. Jedoch versagen beide Methoden selbst
iKi sehr grossen Fremdkörpern (Gebissplatten) nicht so selten. Die dritte
Metbode, die Ösophagoskopie gibt den sichersten Anfschluss über den Fremd-
iLürper, seinen Sitz, seine Beschaffenheit und etwaige Schleimhautverände-
ningen in der Umgebung. Auch die Extraktion soll im Öeophagoskop vor-
senommen werden, wenn ein einmaliger Versuch mittelst Sondierung, Gräten-
loser Münzen^nger erfolglos war. Die Extraktion kann unmöglich werden,
senn bei langem Znwarten die umgebende Schleimhaut entzündet und öde-
mätös geschwollen ist. Nur in diesen wenigen Fällen hält Reizenstein
ilip nicht ungefährliche Ösophagotomie bezw. die Gastrotomie für berechtigt.
Heizenstein zitiert Starck, der 59 Fälle zusammengestellt hat, in denen
nsopbagoskopisch die Fremdkörperdiagnose gestellt wurde. Unter diesen ge-
ling in 4 Fällen die Extraktion nicht mehr, sie gelang in 55 Fällen, zu denen
Reizenstein 6 neue hinzufügt, bei denen er selbst die Extraktion im Öso-
lo^oskop vornahm.
Reizenstein gebt derart vor, dass er zunächst mittelst festen Bougies
die Entfernung des Fremdkörpers von der Zahnreihe misst und danach die
Länge des Tubus wählt. Findet die Sonde keinen Widerstand, nimmt er
lien längsten Tnbus. Der Fremdkörper wird dann mit der Zange gefasst —
nötigenfalls nachdem er durch eine Sonde in eine geeignete Lage gebracht
oder durch drehende, klopfende, pendelnde Bewegungen gelockert ist — und
durch den Tubus oder, wenn dies die Grösse nicht gestattet, zusammen mit
dem Tnbus extrahiert. Auf diese Weise gelaug es ihm in einem Falle ein
vfrscbincktes Gebiss noch nach zwölftägigem Verweilen in der Speiseröhre zu
fürahieren, das weder durch Sondierung, noch durch Röntgenstrahlen nach-
weisbar war.
Auf Grund dieser und ähnlicher Fälle in der Literatur wendet Reizen-
stetD Bich gegen die Ansicht Uocheneggs, die Röntgendurchleuchtung
rad Sondierang der Ösophagoskopie als ebenbürtige Methoden zur Seite stellt
und warnt, durch ihre Anwendung die günstige Zeit zur Extraktion im Öso-
pbagoskop verstreichen zu lassen.
Handelt es sich um Fremdkörper in oder oberhalb von Verengerungen des
"ioph^us, so kann durch Sondierung der Fremdkörper in jene fest hinein-
getrieben und die Extraktion im Ösophagoskop unmöglicli gemacht werden.
Als ResnmS seiner Ausführungen stellt Rei zenstein folgende Sätze auf:
1. „Die Ösophagoskopie ist das souveräne Verfahren für den Nachweis
und die Extraktion von Fremdkörpern ans der normalen und pathologischen
^peise^Öh^e.''
2. ^Es ist von der grössten Wichtigkeit, die ösophagoskopische Unter-
suchung möglichst frühzeitig vorzunehmen, bevor noch schwerere Alterationen
der Schleimhaut der Speiseröhre eingetreten sind,"
Jahresbericht fUr Chirurgie. II. Teil.
Starck (68) führt aus, dass die früher gebräuchlichen Methoden rur
)8e von Fremdkörpern im Ösophagus häufig im Stich lassen,
über den Sitz des Fremdkörpers unterliegen die Kranken selbst oft
a Täuschungen, ja häufig vermögen sie nicht einmal anzugeben, ob sie
Fremdkörper verschluckt haben oder welcher Natur er sei.
\ucb die Sondenuntersuchung gestattet günstigstenfalls die Diagnose
j'remdkörpers, nicht aber die seiner Gestalt, Lage und der Topographie;
versagt sie ganz. Sichereren Aufschluss als mit der geraden Sonde
man mit der Divertikel sende bekommen.
&.uch die Ergebnisse der Röntgenuntersuchung sind unsicher, selbst
Fremdkörper, Gebisse etc., haben oft keinen Schatten erkennen
\lle diese Methoden übertrifft bezüglich der diagnostischen Sicherheit
sophagoskopie , an die sieb sofort auf relativ leichte und nnbintige
die Extraktion anschliessen lässt.
Zur Änästbesiening genügt meist die Eokaioisienmg, selten wird CbJoro-
urkose nötig.
Zwecks Bestimmung der Länge des einzuführenden Rohres pflegt
;k vor der Ösophagoskopie häufig durch Einführang eines weichen
schlancbes den Sitz des Fremdkörpers zu bestimmen.
Die Erkemiung des Fremdkörpers im Ösoph^^oskop gelingt meist
wenn nicht durch vorhergegangene erfolglose Extraktionsversncfae
lg nnd Seh leimhaut Schwellung bervorgerufen worden sind. In diesem
reinigt er das Gesichtsfeld durch Spülung im Ösophagoskop und betapft
^hleimhant mit Kokain oder Kokain und Adrenalin. Auch Spasmus
ilb des Fremdkörpers kann durch Bepinseln mit 30 "/o Kokainlösmig
gt werden. Alsdann sucht man sich über die Natur des Fremdkörpers
ber die Topographie klar zu werden und Längen- und Tiefenausdehnung
die Sonde zu bestimmen.
Zur Extraktion empfiehlt Starck eine von W. Walb Nachfolger in
berg konstruierte Zange.
Bei ungünstiger Lage des Fremdkörpers, Einketiung einer Spitze in die
uhaut sucht er zunächst mit Hakensonden günstigere Verhältnisse ber-
eu. Sodann wird der Fremdkörper mit der Zange gefasst und, wenn
b, durch das Rohr, sonst mit ihm zusammen herausgezogen.
ätarck hält die Extraktion im Ösophagoskop für die ungefährlichste
de der Fremdkörperentfemung. Die blinde Extraktion vom Munde aus
ft er ganz. Ösophagotomie kommt wegen ihrer Gefahren (20% Mor-
) nur in den seltenen Fällen in Frage, wo die Extraktiom im Oso-
ikop nicht gelingt,
ätarck beweist seine Ausführungen durch Mitteilungen von 4 Fällen,
selbst die Eixtraktion im Ösophagoskop ausgeführt hat. Er fasst zum
s seine Ansichten in folgenden Sätzen zusammen:
.1. Das sicherste diagnostische Mittel zur Erkennung eines steckenge-
len Fremdkörpers ist die Ösophagoskopie; unterstützend wirken die
sndurchleucbtung and die Sondierung mit der Divertikelsonde oder dem
i weichen Magenschlaucb.
2. Nur die Ösophagoskopie orientiert über die topographische Lage des
körpers, deren Kenntnis für jede Art der Extraktion von Be-
SaDcrbrneh, Chirurgische ErkraukuDgeii des Rachena und der SpeiserShre. 521
3. Die ösophagoskopiscbe Untersuchung hat stets nnd möglichst iröh-
xeitig £0 geschehen.
4. Die schonendste nnd sicherste Therapie der Fremdkörper jeder Tiefe
ist möglichst frühzeitige Extraktion im Osophagoskop.
5. Jeder andere Extraktionsversnch, jede gewaltname Sondierung, jeder
Venmch, den Körper in den Magen zu stossen, ist zu vermeiden.
6. Gelingt die Extraktion des Fremdkörpers im Osophagoskop nicht,
dann soll bei hochaitzenden Fremdkörpern die Ösophagotomie, bei tiefsitzenden
die Gastrotomie ausgeführt werden."
Während die Ösophagoskopie in Dentschland allgemein verwendet
wird, ist das Verfahren in Frankreich noch sehr wenig verbreitet. Um die
Vorteile des Verfahrens zn zeigen und so etwas zu seiner Verbreitui^ hei-
mtragen, teilt Sengert (65) 3 Fälle mit, wo er mit Erfolg die Ösophago-
skopie angewendet hat; und zwar konnte er in einem Falle mit dem Oso-
phagoskop feststellen, dass der Fremdkörper bereits die Speiseröhre verlassen
bat, während er in den beiden anderen Fällen mit Hilfe des Instrumentes
die Fremdkörper sehen nnd extrahieren konnte. Anf Grund dieser Erfah-
nmgen empfiehlt er als das Idealverfabren bei Fremdkörpern der Speise-
röhren die Ösophagoskopie und verwirft energisch das blinde Vorgehen mit
anderen Instramenten behufs Extraktion. Nnr in Ausnahmefällen soll man
zur Oesopbagotomia externa schreiten.
Auch Monre (43) rühmt die Vorzüge der Ösophagoskopie znr Fremd-
liiirperextraktion und fuhrt zum Beweise mehrere eigene Fälle an. Er ver-
kngt die allgemeine Anwendung dieser Extraktionsmetbode , der gegenüber
die älteren Methoden (Zangen, Münzenfanger und Ösophagotomie externa)
als Ansnabmeverfahren gelten müssen.
Winternitz (75) gibt eine ausführliche Beschreibung der Technik
d«r Ösophagoskopie. Zur Ausführung derselben ist bei Erwachsenen Kokain-
pinselung des Eachens und Kehlkopfeinganges notwendig, bei Kindern eine
genügend tiefe Narkose, event. mit Kokainbepinselung ausserdem. Ferner
rühmt er den grossen Wert des Osophagoskop es in der Behandlung narbiger
Stenosen der Speiseröhre, sowie insbesondere bei der Entfernung von Fremd-
burpem aus dem Ösophagus. Kasuistische Mitteilungen ergänzen seinen
Vortrag. Gergö (Budapest).
G u i z e t (26) gibt die Beschreibung der Technik und des Instrumentariums
der Ösophagoskopie mit einer von ihm angegebenen Stirnlampe. Warme
Empfehlung der Ösophagoskopie zu diagnostischen Zwecken und zur Fremd-
iörperextraktion. Mitteilung zweier eigener Fälle von erfolgreicher Extraktion
im I »sophagoskop.
Das Resume ihrer ausführlichen Erörterungen fassen Berard nnd
Leriche {5 u. 6) in folgenden Regeln zusammen:
Entfernung von Fremdkörpern des Ösophagus mittelst Zangen ohne
iJ^phagoskop ist nur gestattet, wenn der Finger den Fremdkörper erreicht
Oller der Kehlkopfspiegel genaue Kontrolle der Operation erlaubt. Der
i-iraefesche Münzenfänger ist als zn gefährlich zu verwerfen. Hinabstossen
ui den Magen kommt nur für kleine, weiche, verdauliche und ungiftige
Fremdkörper in Frage. Die Extraktion im Osophagoskop ist vielleicht trotz
ibrtr Schwierigkeit beim Kind die Methode der Zukunft. Z. Z. ist die
sicherste und ungefährlichste Methode die Oesophagotomia externa mit Mus-
Jabresb«richt fUr Chirargie. II. Teil.
ht und Drainage, wenigstens für die Fremdkörper mit dem am
n beobachteten Sitz hinter und unterhalb der Incisura jugularis.
hroetter (63) berichtet ausführlich über einen Fall, wo es sich
Verankerung eines unregel massiger gestalteten Knochensttickes in
cm tief gelegenen Stenose des Ösophagus handelt. Die Stenose war
r Reihe von Jahren auf traumatischem Wege durch Verschlucken
etschgenkemes entstanden. Der Fremdkörper wurde mit Hilfe der
»skopie konstatiert und durch hebelnde und drehende Bewegungen
t. Verf. empfiehlt ein Osophagoskop mit einem dünneren Rohr
rlich (15) macht im Anschluss an den Bericht über einen Fall von
ng eines Knochensplitters aus der Speiseröhre den Vorschlag, bei
den Fremdkörpern oder Stenosen , wo ein Operieren in den langen
ehr schwierig und oft unmöglich ist, lieber die Ösophagotomie und
Ösophagoskopie" zu machen als die Laparotomie und Ösophagoskopie
;en aus, da es bequemer und leichter sei, von einer Osopbagusfistel
sophagoskopieren als von einer Magenfistel aus.
i Kardiospasmus hat Wilms (74) die retrograde Dilatation mit einer
onstruierten modifizierten Schreiberseben Sonde ausgeführt. Er
dazu eine gewöhnliche mittelstarke, elastische Schlundsonde, über
iterem Ende er einen Gummitinger fixierte, der mit Hilfe eines Oe-
ifgeblasen werden konnte. Den Lnftdruck im Gummifinger kann man
inen am oberen Teil der Sonde angebrachten KontroUballen oder
in Quecksilbermanometer feststellen. Im angeführten Fall hörte
lung des Gummifingers mit 80 — 90 mm Quecksilberdruck das Er-
mehrere Tage auf. Er hoffte bei Erhöhung des Druckes über
hinaus Dauerheilung zu erzielen. Er hält diese Methode der
n für vorteilhafter als die Sondierung per os, welche für gefährlicli
auch für besser als die von Mikuliczsche Methode, die zn
sei.
Harmers (28) Fall handelt es sich um eine gutartige Neubildung
igsteil der Speiseröhre ; durch Ösophagoskopie wurde ein kirschgrosser
r Tumor konstatiert, mit glatter Oberfläche; der Tumor ist sehr ge-
und blutet schon bei geringer Berührung. Man beschloss die Ab-
des Tumors mit einer Schlinge, er ging aber spontan ab, wahrschein-
Ige Nekrose des Stiels nach Sondierui^ und Ösophagoskopie. Diese
m Osophagusgesch Wülste sind sehr selten beobachtet. Nach Krems
Papillome, Fibrome, Lipome, Myome und ähnliche, selten Dermoiil-
Iste vor. Die Papillome sind nadelkopf- bis linsengross und kommen
vor. Die Fibrome sind neben Karzinomen die häufigsten Neubil-
der Speiseröhre; sie bestehen aus geformtem Bindegewebe und sind
ässreich. In dem obigen Falle bandelte es sich höchstwahrscheinlich
olches Fibrom, Abtragung des Tumors wäre sicherlich leicht gewesen.
ingeros (25) erinnert daran, dass der Ösophaguskrebs sehr häufig
le macht, die auf andere Organe bezogen werden. So sind Falle be-
, wo eine Lungentuberkulose vorgetäuscht wurde, ein Magenkarzinom,
in die sonst im Vordergrunde stehende Dysphagie vollständig fehlte.
ind von einigen Beobachtungen glaubt er annehmen zu dürfen, das^s
ussymptome häufiger fehlen bei Neubildungen, die ohne narbige
ifung sich entwickeln.
Sao«rbrucfa, ChirDi^ische ErkrBiikiiDgeD dea RacheDS ood der SpeiaerObre. 523
Morrean (44) at«llt in der Social^ des sciences medicales de Lyon
einfn Skirrhas des Ösophagus vor (an der seitlichen Wand in der Höhe des
xhildkoorpels), der eine hochgradige Stenose erzeugt hatte. Der Fat. ging
iD einer akuten Hämorrhagie zugrunde.
Vincents (72) Arheit bringt die Mitteilung eines Falles von Öso-
phaguskarzinom bei einem Syphilitiker. Vincent hält es für wahrscheinlich,
ilass die syphilitischen Veränderungen in der Speiseröhre zu Karzinom prä-
disponieren.
Wendel (73) führt aus, dass wir zwar durch die Arbeiten Sauer-
bruchs der radikalen chirurgischen Behandlung der tiefsitzenden Ösophagus-
bi^bse um ein Bedeutendes näher gekommen sind, aber bis jetzt sind noch
keine befriedigenden Erfolge zu verzeichnen. Besser sind die Erfolge der
Eiitirpation am Halsteite der Speiseröhre. Für die grosse Zahl der Karzi-
nome im Bmstteile hat man bis jetzt nur palliative Massnahmen. Entweder
bedient man sich der von Leyden in Deutschland eingeführten Intubation
Ton Hartgammiröhren in die verengte Stelle, nachdem womöglich vorher die
Stenote durch Quellalifte erweitert vrurde, oder man schreitet zu der wenig
bsSriedigenden Gastrostomie. In der neueren Zeit ist die Therapie bereichert
vorden durch die Röntgenstrahlen und die Radioaktivität. Gegenüber .
Einhorn und Exner, die die Radiumtherapie für das Beste erklären,
iritt Verf. uneingeschränkt für das Röntgenverfahren ein. Er stützt sich
:inf einen Fall, bei dem er die Röntgenstrahlen durch das Ösophagoskop auf
den Tnmor vrirken liess. Nach 8 Sitzungen konnte der Pat. wieder feste
Speise schlucken, während er vorher nicht mehr Flüssigkeit hinunter bekam.
Du HöntgenTerfahren eigne sich auch aus dem Grunde besser für die
Therapie, weil es verbreiteter als das Radium sei, und weil man mit dem
Dsopbagoskop zugleich die Rückbildung direkt beobachten kann. Verfasser
tmpfiehlt das Verfahren zur Nachprüfung, vielleicht eigne sich auch die
RuDtgenbehandlung durch Spekula für andere Karzinome, z. B. im Rektum.
In eingehender Weise sind von Rasansky (48) die Schwierigkeiten
geschildert, die sich dem operativen ÄngriET de« Ösophaguskarzinoms ent-
gegenstellen. Wir erfahren im Zusammenhang alle Operationsmethoden, die
man bis jetzt vorgeschlagen hat. Ferner finden wir eine ausführliche Statistik
aller bisherigen Speiseröhrenkrebsoperationen (376), die von den einzelnen
iiperatearen nach folgenden Methoden ausgeführt wurden: Ösophagektomie,
iVsophagotomia externa und Gastrostomie.
Um die Ekzeme der Haut infolge Zarückfliessens von Mageninhalt in
dti Umgebung der GastromieöfTnung zu vermeiden, empfiehlt Legg (34) eine
Slodifikation der Frankschen Operation. Er legt einen Längsschnitt links
TOD der Mittellinie an, bildet aus der Magenwsnd einen 2 - 2 V» Zoll langen
ÜoiiDs mit breiter Basis und legt durch dessen Spitze zwei Leitfäden. Von
einem zweiten Uantschnitt am äusseren Rektusrand aus teilt er nach EröfF-
nang der vorderen Rektusscheide den .Muskel durch frontale, stumpfe Teilung
in eine vordere und hintere Hälfte; zieht den Magenwandkonus an den
Leitfaden durch die erste Inzision und den von den beiden Rektus-
nälften gebildeten Kanal zur zweiten Inzision heraus. Die Basis des Konus
'eniäht er durch einige Suturen mit Peritoneum und hinterer Rektusscheide
in der ersten Inzision ; ebenso die Konusspitze mit vorderer Rektusscheide
und Haut in der zweiten Inzision und eröffnet die Spitze des Konus zwischen
im Leitfaden. Für die ersten 3 — 4 Tage wird dauernd ein Katbeter in
JfthTeBb«ricbt foc Chirurgie. II. Teil.
Magenöfinimg belassen, später nur zur Fütterung eingeführt. Der Gektus
et einen sicheren, sphinkterenähnlichen Verschluss, wie Legg an 15 so
■ierten Fällen zeigt.
Auf Grund von Untersnchungen aber die Lage des periösophagealen
legewebes kommt Ssawin (67) zu der Ansicht, dass die Unterscheidung
chen Mediastinum anticum und posticum unberechtigt ist. Von Wicbtlg-
sind seine Untersuchungen über die Lymphgefässe der Speiseröhre; die
ce der Lymphgefässe der Mukosa und Muskularis der menschlichen Si)eis«-
e sind isoliert, die ableitenden Gefässe dieser Netze münden in die
iphdrüsen des Mediastinum and zwar in die Drüsen, die der Arteria sub-
ia und carotis communis, femer die an der kleinen Kurvatur des Magens.
Anfangsteil der Arteria coeliaca und am Verlauf der Bancbaorta ent-
liegen. Experimentell lässt sich ein unmittelbarer Zusammen bang
chen den Lymphgefässen der Speiseröhre und dem Ductus tboracicus
iweisen. Für die intrathorakale Freilegung des Ösophagus empfiehlt er
[edehnte Rippenresektionen und zwar oberhalb des Aortenbogens rechts
■ links, unterhalb derselben rechts. Die Vorschläge für die Technik der
ration bringen nichts Neues.
Die Anwendung seines A'erfahrens der konstanten Druckdifferenz (ünter-
r. Überdruck) ermöglichte e8Sanerbrnch(56, 57), der Chirurgie des Brust-
■ der Speiseröhre mit besseren Aussichten auf Erfolg näher zu treten, als
lere Versnobe aufzuweisen hatten. In seiner experimentellen Studie i4^
cbeidet er sich nach ausführlicher Besprechung der früher gemachten \'or-
äge für den antethorakalen Weg zur Freilegung der Speiseröhre, und zwar
den Interkostal schnitt, der hinreichend Raum und Übersicht gewä.hrt. Die
sen Schwierigkeiten, die Spannung und Zerreisslichkeit der Ösophaguswand
Naht bieten, überwand er durch prinzipielle Verwendung des Murpby-
3fes und durch das Vorziehen des Magens in die Pleurahöhle durch den
eiterten Hiatus oesphageus. Die Gefahr der Pleurainfektion bei der Öso-
^sresektion suchte er durch zweizeitiges Operieren (Einstülpen des nner-
Bten unteren Ösopbagusendes in den vorgezogenen Magenzipfel in erster
iing, Resektion vom Magen aus in zweiter Sitzung) zu vermeiden. Seine
igraphischen Studien zeigten Sauerbruch, dass beim Hunde, wie
1 Menschen der Interkostalschnitt die beste Übersicht gewährt und, d»ss
Auslösung der Speiseröhre ohne Schädigung der Vagi sehr wohl mög-
ist.
Von den in Frage kommenden Operationen am Brustteil der Speiserölire
triebt Sauerbruch zunächst die (>sophagotomie. Die Hauptschwierig-
bietet die Naht. Sauerbrnch empfiehlt die Einstülpung der Schleim-
: nach Art der Lembert sehen Darmnalit und doppelte Muskularisnahl,
Gefahr der Pleurainfektion Drainage und Vermeidung des sekundären
imothorax durch den v. Mikuliczschen Aspirateur.
Die Osophagogastrostomie kommt in Frage bei gutartigen, sonstiger
mdlung unzugänglichen Stenosen, Divertikeln im unteren Abschnitt und
eicht für manche inoperable Karzinome. Das Wesentliche der Technik
ebt in folgendem: NacJi Erweiterung des Hiatus oesophageus wird der
en in die Pleurahöhle vorgezogen. Ein Assistent führt den weiblicben
eines Murpbyknopfes mit der Schlnndsonde in den Ösophagus bis zur
iia ein. Der Operateur fasst den Knopf durch die SpeisenrÖhrenwand,
Sftuerbruch, ChirarfriBofae Erkrankungen des Rachens and der fJpeiserDhre. 525
lieht ihn von der Sonde ab und führt ihn in den vorgezogenen Magenzipfel.
S<tdann wird in gleicher Weise der männliche Knopf bis zn der Stelle des
<.>5opha^8 eingeführt , wo die Anastomose gemacht werden soll. Durch
einen kleinen Längsschnitt lässt man den Zylinder des Knopfes durchtreten
und vereinigt ihn mit dem weiblichen Teil, nachdem auch über diesem ein
kleiner Einschnitt in den Magen gemacht ist. Exakte Naht des angelegten
Zwerchschlitzes ist erforderlich, nm Zwercbfellhemien zu vermeiden. Wird
die Ösopbagogastrostomie wegen einer Stenose gemacht, so mnss der weib-
liche Knopf dnrcb eine eventnell bestehende Gastrostomiewonde eingeführt
Verden. Besteht eine solche nicht, so wird der Magenzipfel inzidiert nnd
der Knopf in üblicher Weise durch SchnÜmaht fixiert. Dnrcb diese Ope-
ration wird die Indikation für die operative Bebandlnng der Divertikel sehr
erweitert: Tiefer Sitz bildet keinen Hinderungsgrund mehr, ebensowenig Ver-
vachsnngen nnd Umfang des Stieles, noch auch die Komplikation mit Kar-
Aacb der Scbwierigkeiten, die der Ösophagusresektion im Wege standen,
gelang es teilweise Herr zn werden. Die Isolierung der Speiseröhre gelingt
vom breiten Interkostalscbnitt ans leicht, die Schwierigkeit der Naht wird
dnrcb den Knopf, die Spannung dnrch das Vorziehen des Magens in die
Pleurahöhle behoben. Es bleiben bestehen als Gegenanzeigen Verwachsungen,
Iirösemnetastasen und allzu grosse Kachexie.
Die Wahl der Operationsmethode hängt ab vom Sitz des Karzinoms.
Beim Kardiakarzinom werden die Vagi stumpf abgelöst, der Ösophagus iso-
liert, ein Magenzipfel durch den erweiterten Speiseröhrenschlitz hindurch-
gez<^en. In diesen Zipfel wird das untere Speiseröhrenende mit dem Tumor
eingestülpt and durch Seidenknopfnähte zirkulär fixiert, ebenso wird der
Magenzipfel dnrch zirkuläre Naht im ZwerchfeJlschlitz fixiert. Nach 10 — 14
Tagen Gastrotomie und Resektion des eingestülpten Speiseröbrenendes mit
langer Cooperscher Schere.
Sitzt der Tumor zwischen Kardia und Hilns, kommt die einzeitige Re-
jektion in Betracht: Loslösen der Vagi, Isolierung der Speiseröhre, Vorziehen
des Magens und Einführung des Magenknopfes mittelst Schlnndsonde. Ab-
(jDetschen des Ösophagus unter- nnd oberhalb des zu resezierenden Stückes,
Abbinden in den Qnetschfurchen, Abtragung des dazwischenliegenden Stückes.
Xaht der Muskularis des oberen Ösophagusendes nach Exzision der Schleim-
hant. Verschluss des kardialen Endes dnrch Schnumaht und Versenken des
^tompfes in den Magen. Einführung des männlichen Knopfes in die Speise-
röhre bis oberhalb der Resektionsstelle. Durchdrücken des Zylinders durch
die Seitenwand der Speiseröhre und Vereinigung mit dem weiblichen Teil des
Koopfes.
Noch höber gelegene Tumoren erheischen Resektion nnd Plastik. Die
Enden des dnrcbtrennten Ösophagus werden durch Hantschnitte nach aussen
geleitet nnd mit der Haut vernäht. Nach 10 — 14 Tagen wird aus einem
viereckigen, seitlich abgelösten Hautlappen durch Zusammenrollen ein Zylinder
^bildet, der innen mit Epidermis ausgekleidet ist. Nach weiteren 14 Tagen
«erden die beiden Enden des Zylinders angefrischt und mit den Ösophagus-
enden vernäht.
Zum SchJosse folgen die Krankengeschichten von drei Fällen versuchter
iHophagusresektion beim Menschen. Obwohl bei allen drei Fällen tödlicher
JahreBbericht fttr Cbirnrgie. 11. Teil.
Ig eintrat, beweisen sie doch, dass die Operation technisch und phjsio-
möglicb ist.
VI.
Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien.
Referent: C Bötticher, Giessen.
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Aleseandri (Ib) le^t das Stück, die mikroskopischen Präparate und
die Photographien eines Patienten mit parvi-fusozellulärem Sarkom des Kehl-
kopfes vor, der mit totaler Laryngektomie operiert.
Er weist bin anf die relative Seltenheit der malignen Bindegewebs-
ge~cliwülste des Kehlkopfes and auf das angewandte Operationsverfahren,
di3 das von Prof. Durante erdachte und gebrauchte gewesen ist mit
I-förmigem Lappen, der die Pharynx Ösophagus-Bresche verschliesst und so
die am meisten zu befürchtende Komplikation des Operationsaktes verhindert,
die Pneumonie ab ingestis. R. Giani.
Nach vorausgegangener oberer Tracheotoraie operierte D'Ajutolo (1)
einen 59jährigen Mann mit subhyoidealer Laryngotomie und resezierte, um
sich eine weitere Bahn zu eröffnen, den oberen Rand des Schildknorpels,
welcher die obere Inzisur flankiert, nachdem er selbstverständlich die Scbliess-
metnbran von dem besagten Rand abgelöst und das Perichondrium von der
hiDteren Fläche desselben losgetrennt hatte. Der Patient, jetzt am 7. Tag,
befindet sich wohl. R. Giani.
Finder (11) berichtet über praktische Ergebnisse aus dem
Gebiete der Rhino-Laryngologie. Er betont, dass wir keine Opera-
528 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
tionsmethode besitzen, die für alle Fälle von Larynxkarzinom unterschiedslos
in Anwendung kommen könnte. Die Indikation für das zu wählende Ver-
fahren richte sich vielmehr durchaus nach dem Grad der Erkrankung; je
weniger fortgeschritten diese sei, um so weniger eingreifender sei die
Therapie, aber auch um so aussichtsvoller. Der Kehlkopfkrebs sei in seinem
Anfangsstadium ein rein lokales Leiden ohne jede Spur von konstitutionellen
Symptomen. Je früher es erkannt werde, um so seltener kämen die radikalen
Operationsmethoden in Frage. — Alles hänge demnach von der Frühzeitigkeit
der Diagnose ab.
Blum (6) hat auf der Strassburger medizinischen Klinik zwei Fälle
von primärem Larynxerysipel beobachtet. Mitteilung der Kranken-
geschichten. In dem einen Fall war die Diagnose schwieriger, weil hier yor
allem die Zeichen einer stärkeren Larynxstenose fehlten; dagegen bestand
Fieber bis 40 und 41^; das Übergreifen des Erysipels auf das Gresicht
behob schliesslich aber jeden Zweifel. Blum meint deshalb, dass in weniger
ausgesprochenen Fällen die Diagnose des primären Larynxerysipels Schwierig-
keiten machen kann; dass eine Trennung von anderen primären akuten Er-
krankungen des Kehlkopfs, namentlich der Diphtherie oft in der ersten Zeit
nicht möglich sein wird ; dann aber wird wohl stets der weitere Verlauf noch
Klärung bringen.
Nach Rethi (35) ist die Entstehung der Kehlkopfpapillome
abhängig von einer gewissen individuellen Disposition, die möglicherweise
vererbt ist. Bei derartiger Disposition kann die Bildung der Papillome
durch jedweden, die Stimmbänder treffenden Reiz, sei er mechanischer, ther-
mischer oder chemischer Natur^ ausgelöst werden. Es war ßethi in mehreren
Fällen möglich, die Entstehung von Kehlkop^apillomen von Erosionen,
Ätzstellen aus mit dem Kehlkopfspiegel zu beobachten und zu verfolgen.
Semon (38) bringt die Krankengeschichte eines Patienten, bei dem er
ein weiches, ödematöses Kehlkopf fibrom durch Schnitt von aussen entfernt
hat. Der betr. Kranke hatte zuerst — 16 Jahre vorher — eine Schwellung
in der linken Regio submaxillaris bemerkt. Sehr bald darauf vmrde durch
den Kehlkopfspiegel auch eine Geschwulst im Larynx festgestellt. 3 Jahre
später wurde Tracheotomie nötig, da die beiden Tumoren, wenn auch langsam,
gewachsen waren. Seitdem trug Patient die Kanüle und fühlte sich relativ
wohl, bis Erscheinungen von Seiten des Sympathikus (Konjunktivitis, Speichel-
fluss, Hustenreiz bei Druck auf die äussere Geschwulst) zur Operation nötigten.
Semon drang von aussen ein und legte eine etwa pflaumengrosse Geschwulst
frei, die, dünnstielig zwischen Schildknorpel und Zungenbein aufsitzend, in
das Kehlkopflumen hineingewachsen war. Der intralaryngeal gelegene Teil
des Tumors konnte stumpf ohne Verletzung der Larynxschleimhaut ausgelöst
werden. Glatte Heilung. Der Patient wurde durch den Eingriff von der
Trachealkanüle befreit, die er über 12 Jahre getragen hatte.
Ein ähnlicher Fall von weichem Fibrom des Halses und Kehl-
kopfes wird von Paul (33) beschrieben.
Mounier (28) will gute Erfolge bei Behandlung der Larynxtuber-
kulose mit lokalen Injektionen eines Glyzerinextraktes der Leber
des Stockfisches gesehen haben.
Becker (4) veröffentlicht unter der Überschrift : ^^Erstickung durch
Fremdkörper oder Kehlkopfverletzung? Betriebsunfall?^ ein
Batticher, Kehlkopf, Laft;rO}ire, Bronchien. 539
tu iks BeichsTersicheruDgsamt erstattetes Obergutachten ; die Frage nach
einem Betriebsimf all wird bejaht.
Downil (10) berichtet über 2 Falle von Fremdkörperaspiration
ond eigenartiger erfolgreicher Behandlung. — Zwei Kinder von
' I bezw. 2 */« Jahren wnrden von hochgradiger Dyspnoe befallen. Von einem
Fnmdkörper war nichts zu sehen; die Tracheotomie beseitigte die Atemnot,
ohne <kss man sich jedoch über das Atmungshindemis klar geworden wäre.
Erst als Downie einen Mullstreifen von der Tracheotomiewunde ans nach
oben darch den Mund zog, wurden die beiden Fremdkörper, ein Haferkom
ond ein Knochenfragment, berausbefdrdert. Heilang in beiden Fällen.
Kob (20) spricht sich dahin aus, dass in Fällen, wo die schwierigere
Technik der oberen Bronchoskopie nicht ausführbar sei, die untere
Bnmchoskopie das NormalTerfahren werden müsse. Vorstellung von zwei
Kindern, bei denen es durch obere Bronchoskopie gelang, eine Federpose
b«iv. ein Knochenstückchen ans dem Bronchus zu extrahieren.
Göbell (13) liefert einen Bei trag zur Behandlung der narbigen
larjns- und Trachealstenose. Seit Einfäbnmg des Behringechen
Diphtberie-Antitoxin sei nicht nur die Zahl der Tracbeotomien kleiner,
andern auch die sekundären unangenehmen Folgen dieses Eingriffs (er-
si:hwerte8 DecaDolement , Larynx- und Trachealstenose) seltener geworden.
b der Kieler cbirni^schen Klinik ist seit 3 Jahren kein solcher Fall be-
'iW'htet worden ; im Zeitranme von 1899 — 1902 kamen 10 Fälle zur Be-
hjDdloDg, darunter auch nur 5 nach Diphtherie entstandene. Die Intubation
fulirte stets zum Ziel, einen Fall ausgenommen, wo die Intubation erst
nich Ausführung einer Laryngoplastik die definitive Heilung
zustande kommen Hess. Die Krankengeschichte dieses schwierigen Falles wird
insführlich mitgeteilt.
Cnrschmann (8) äussert sich über die Verlagernng der Luft-
rühre und des Kehlkopfes als Folge gewisser Veränderungen
der Brnstorgane. Solche Beobachtungen hat er zuerst bei Erweiterungen
<l^r ätberomatös erkrankten Brustaorta, namentlich ihres aufsteigenden Teiles
and des Bogens gemacht. Erweiterung dieser Teile wirken dislozierend anf
■l'.n iimen anliegenden, innerhalb der Brosthöhle gelegenen unteren Luft-
ruhrenabschnitt nnd können dadurch auch zu einer sieht- und fühlbaren
Verlagerung ihres Halsteiles und des Kehlkopfes führen.
Kuhns (23) Arbeit über perorale Narkose mit Uberdruck-
niikoge bildet die Fortsetzung der Publikation in Bd. LXXVI der deutschen
Zeitschrift für Chirurgie. Für ein kurzes Referat ist die sehr ausführliche,
an erläuternden Abbildungen reiche Arbeit nicht geeignet. Ea muss auf das
Stadiom des Originals verwiesen werden. Jedenfalls vermag Kuhn über eine
Reihe von Narkosen unter erhöhtem Luftdruck bei Menschen, die gut und
platt verliefen , zu berichten. Auch wurde bei Anwendung der Methode bei
Operationen am Tier der LuogenkoÜaps vermieden.
Landesberg (35) entfernte bei einem SSjährigen Bauern, der gar
mcht gewnsst hatte, dass er jemals einen Fremdkörper geschlackt habe, ein
im Sinus pyriformis festgeklemmtes Knochenstuck. Das lange
Verweilen des Fremdkörpers hatte aber einen chronischen Entzündnngsprozess
znr Folge, der zu einer Arrosion der Arteria laryngea superior dextra führte
lind eine schwere Hämorrbagie bedingte. Genesung.
Jiktibcrlcht tüi Cfalrorgl* 1«(«. 34
•530 Jahreserbicht far Chirargie. II. Teil.
Hal&sz (14) beschreibt einen Fall von angeborener, durch mem-
branöses Zusammenwachsen der Stimmbänder entstandener
Stimmritzenverengerung, von der bisher in der Literatur 18 Fälle mitgeteilt
wurden. ISjähriger Bauemjunge, der 5 Monate vorher plötzlich heiser ge-
worden war; der Versuch des Sprechens bereitete ihm direkt Schmerzen;
bei Anstrengung Dyspnoe; der Ton, den der Kranke vorbringen konnte, war
ein eigentümlicher, sehr unangenehm kreischender Fistelton ; — die Membran,
die von Haläsz gespalten wurde, war 2 mm dick.
Bergh (5) liefert einen Beitrag zur Kasuistik der Fremdkörper
des Kehlkopfes. 57 jähriger Kaufmann, der am 27. Juni eine Kautschak-
platte von der Grösse eines Zweimarkstückes hinuntergeschluckt hatte. Heiser-
keit, etwas Atemnot, kein Husten, keine Schmerzeh, keine Schlingbeschwerden.
Zunächst wurde gar nicht an die Möglichkeit, dass ein Fremdkörper im Kebl-
kopf sei, gedacht. Erst am 45. Tage nach dem Unfall wurde die Kautschuk-
platte extrahiert. Heilung.
Pick (34) beobachtete einen Fall von Verätzung des Kehlkopfes
und der Luftröhre durch Kampferspiritus bei einem 52jährigen,
schwer herzleidenden Manne. Der Kampferspiritus war dem Kranken, der
an schweren Ohnmächten litt, von der Pflegerin während einer solchen Ohn-
macht zwischen die Zahnreihen gegossen worden. Vorher Hustenreiz, sehr
heftiges Brennen in der Kehle; Schlucken war unmöglich. Fünf Tage nach
dem Unfall wurde durch einen besonders heftigen Hustenstoss eine grosse.
12 cm lange, fibrinöse Membran herausbefördert; damit waren alle Beschwerden
verschwunden.
Hödlmoser (16) publiziert einen Fall von Fremdkörper im
Larynx. 9 jähriger Knabe, der 6 Tage vor seiner Einlieferung in das
Krankenhaus beim Essen der Suppe einen Knochen aspiriert hatte. Die Ent-
fernung gelang ohne Anästhesie in einer einzigen Sitzung mit Hilfe der
Sehr Ott er sehen Larynxpinzette.
Nach Barwell (3) ist die Tuberkulose des Larynx in dem ersten
Stadium der Lungentuberkulose viel häufiger, als man allgemein anzunehmen
geneigt ist. Der Prozess bleibt oft längere Zeit auf die Arygegend beschränkt:
subjektive Krankheitserscheinungen können ganz fehlen, weil die Stimmbänder
zunächst intakt bleiben.
Hopmann (17) gibt einen Überblick über die Fortschritte in der
Behandlung der Kehlkopfkrankheiten der letzten Jahre. Die Unter-
suchungstechnik hat besonders durch Verbesserungen im Beleuchtungswesen
Vervollkommnung erfahren. Es folgen Bemerkungen über Fortschritte in der
Schleimhautanästhesierung , in der Behandlung von Erkältungskrankheiten,
der Pachydermie, der Larynxtuberkulose , der Larynxsyphilis , des Larynx-
krebses, des Heuasthmas und Heuschnupfens.
Nach Hörne (18) ist primäre Larynxtuberkulose äusserst selten.
Der Kehlkopf wird infiziert durch das Sputum. Mit dem Fortschreiten der
Lungentuberkulose hält die Larynxtuberkulose meist gleichen Schritt; wo
Kavernen der Lungen bestehen, muss man auf Ulzera des Kehlkopfes ge-
fasst sein.
Kunwald (24) berichtet über die Erfolge, die mit der von Sorge
erfundenen Behandlung der Kehlkopftuberkulose mit Sonnen-
licht mittelst Autoskopie erzielt worden sind. AuflFallend war, wie schnell
alle Patienten die Fertigkeit des Autoskopierens erlangten. Die günstigste
Battioher. Kehlkopf, LaftrOhn, Bronohieo. ^1
Tageszeit für die Spiegelung sind die frühen V^ormittags- und späteren Nach-
niittagsstunden. — Ein störender Faktor bei der Spiegelung ist die gleich-
zeitige Einwirkung der Sonnenwärtne, weil die durch die Wärme erzeugte
akute Geßissdilatation an und für sich ein den Entzündungsprozess un-
günstig beeinflussendes Moment ist. Meist wurde nicht länger als eine Stunde
gespiegelt; anfangs ermüden die Patienten schon nach fünf Minuten.
Was die Krfolge anbelangt, so blieb in einem Fall, der von vornherein
regen stärkeren Ödems der Aryknorpelgegend kein günstiges Resultat ver-
sprach, der Erfolg aus; bei 13 anderen Patienten aber ergab die Sonnen-
belichtung des Larynx eine wesentliche, wohl durch keine andere Beband-
loDgsmetbode in derselben Zeit zu erreichende Besserung.
Sorjo (39) bestätigt die Kunwaldschen Ausführungen. Er glaubt,
^s man unter Umständen statt des SonnenHchtes, das doch nicht immer
mr Verfügung stehe, mit Vorteil parallele Strahlen hinreichend grosser künst-
licher Lichtquellen zur Spiegelung verwenden kSnne.
Um die beilsame Wirkung der ätherischen Öle auf die Schleimhäute
de; Respirationstraktus ausnützen zu können, hat Thaniscb (40) einen
Apparat aus Glas koostraiert, den er wegen seiner Ähnlichkeit mit einer
Pfeife ,Inhalierpfeife'' nennt, und der unter Erwärmung und bei Luft-
zufuhr die in einen dampfartigen Zustand übergeführten ätherischen Ole zur
Inhalation verwenden lässt. Der Apparat ist, wie T hanisch betont, leicht
Albrecht (la) stellt einen Kranken vor, bei dem Hochenegg die
Totalexstirpation des Larynx wegen Karzinoms ausgeführt hat.
Der intelligente Patient hat sich dann selbst intensiv bemüht, einen Ersatz-
appaiat zu finden, der die Beschwerden seines Zustandes am meisten ver-
ringern könnte. Er hat der Reihe nach alle künstlichen Vorrichtungen durch-
probiert, die ersonnen wurden, um nach Larynxexstirpation einen Ersatz der
Sprache zu gewinnen. Schliesslich hat er einen künstlichen Kehlkopf als
zweckmässig akzeptiert, der der Gottsteinschen Modifikation des Gluck-
schen Apparates sehr ähnlich ist. Der Apparat wird beschrieben. Es wird
auch itui nicht allein völliger Abschluss der Trachealmündung vom Pharynx
enieit, sondern der Apparat bietet dem Patienten auch noch den Vorteil,
dass bei kalter Witterung die Inhalationsluft gleichsam vorgewärmt werden
kann. Die Gefahr der katarrhalischen Erkrankungen der Luftwege wird
didorch gewiss verringert.
von Navratil (30) stellt für die Operation des Kehlkopfkrebses
toig«nde Indikationen auf:
1. Die endolaryngeale Operation ist in jenen seltenen Fällen
mdiiiert, wo das Kar;;inom als innerer Krebs (Cancer intrinseque) nur in
Form eines kleinen Knötchens auftritt, völlig umschrieben ist, weder Fixation
aoch Metastasen erzeugt hat.
2. Die Entfernung einzelner Teile des Larynx ohne Narkose
und Torherige Tracheotomie, nur unter Lokalanästhesie auf demWege
der Laryngof ission kommt für die Fälle in Frage, wo der Krebs sich
W der Probeexzision als nicht verhornter Plattenepithelialkrebs erwies, als
inneres Karzinom in geringer Ausdehnung, oder wenn es in diffuser Form
Mftrat, weder Fixation noch Metastasen erzeugte und der zu exstirpierende
icil bieiner ist alt ein Drittel des Larynx. Diese Fälle sind selten; die Wunde
luiui geschlossen werden.
34"
532 Jahresbericht fUr Chirurgie. II. Teil.
3. Die Entfernung einzelner Teile des Kehlkopfs in Narkose und mit
präventiver Tracheotomie auf dem Wege der Laryngofission ist ange-
zeigt, wenn der Krebs in der Axt des Plattenepithelial krebses oder des Basal-
Zellenkarzinoms als innerer Krebs auftritt, noch keine Metastase erzeugt hat
und es nicht notwendig ist, viel mehr als die Hälfte des Kehlkopfes zu ex*
stirpieren.
Offene Wundbehandlung! Die Ernährung geschieht während der ersten
sieben Tage mit Hilfe einer weichen, elastischen Ösophagus-Röhre oder per
rectum. Bei äusserem Karzinom ist es einzig der Krebs der Epiglottis, bei
welchem partielle Exstirpation mit vorheriger Tracheotomie indiziert erscheint;
im entgegengesetzten Falle ist die Totalexstirpation auszuführen.
4. Die Totalexstirpation des Kehlkopfes ist indiziert: im An-
fangsstadium des verhornten Epithelioms und des medullären Karzinoms, bei
ausgebreitetem Plattenepithelial-Karzinom, wenn Metastasen weder in den
Drüsen noch in anderen Organen nachweisbar sind.
In dem Kronenbergschen (22) Falle war die motorische Läh-
mung des Nervus laryngeus super ior bedingt durch eine Zyste, die
an der Aussenseite des Halses sass. Die Sprache des Patienten war abnorm
tief. Das geschädigte linke Stimmband stand tiefer als das linke.
Franken berger (12) fand bei der Autopsie eines totgeborenen Kindes
eine vollkommene Atresie des Kehlkopfes. Weitere Organveränderungen
fehlten; für Lues keine Anhaltspunkte. Die Atresie war bedingt durch eine
komplette Verschmelzung der Stimmbänder mittelst Bindegewebe, Muskulatur
und Knorpel. Frankenberger erörtert den Entstehungsmodus solcher
Atresien, die übrigens sehr selten sind.
Neck (31) hat bei einem 56jährigen Patienten durch Laryngofissur
ein Karzinom des linken Stinimbandes unter gleichzeitiger Keil-
resektion eines Teiles der linken Schildknorpelhälfte entfernt. Glatte Heilung.
Weiterhin wird ein Kranker vorgestellt, bei dem zwei Jahre vorher wegen
ausgedehnten Larynxkrebses die Totalexstirpation ausgeführt worden
war. Nach einigen Monaten Entfernung einer taubeneigrossen karzinoma-
tösen Lymphdrüse unter gleichzeitiger Resektion eines 6 cm langen Stückes
der Vena jugularis communis, in die die Drüse hineingewachsen war. Seit-
dem (15 Monate nach der zweiten Operation) ist der Patient rezidivfrei und
vermag sich durch Flüstersprache sehr gut zu verständigen.
Der bekannte Spezialist für Obturatoren, Schlitsky (37), hat eine
Sprach- und Schluckprothese für den Defekt des Kehlkopfes
und der Speiseröhre konstruiert, die von Karewsky empfohlen wird.
Die detaillierte Beschreibung des Apparates muss im Original nachgelesen
werden. Bei dem betreffenden Kranken war der Kehlkopf und ein grosser
Teil der Vorderwand des Ösophagus wegen Karzinoms entfernt worden. Im
Ösophagus bestand ein 4,5 cm langes, 1 cm breites Loch. Mit Hilfe der
Prothese gelang es zunächst, das Loch im Ösophagus zu verschliessen, so
dass es dem Kranken wieder möglich wurde, die Schlundsonde fortzulassen
und seine Nahrung durch den Mund zu nehmen; sodann wurde mit diesem
Apparat das Sprechen durch den Mund mittelst künstlichen Kehlkopfes wieder
vollständig erreicht.
Diakonow (9) hat einen neuen Apparat zum Ersätze des
exstirpierten Kehlkopfes herstellen lassen. Der Apparat besteht ans
zwei gegeneinander beweglichen, silbernen Kanülen (Tracheal- und Rachen-
Botticher, Kehlkopf, LnftrOhre, BronchieD. 633
li^äJe). die durch eine Gummiröhre verbanden Bind. Dadurch, dass in die
obere Öffnung der Rachenkanüle noch ein Pbonationsapparat eingeschaltet
isi. gibt der Diakonowsche künstliche Kehlkopf aach die Möglichkeit, lant
in sprechen. Es wird eine genaue, dnrch Zeichnungen iliuBtrierte Beschrei-
bnng des künstlichen Kehlkopfs von Diakonow gegeben. Vorzüge seien:
Tiel grössere Einfachheit in Konstraktion und Gebrauch, viel geringerer Preis
im Vergleich zu anderen ähnlichen Apparaten.
B. Luftrifhre und Bronchieii.
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% Wild, Die Unt«rBUchung der LuftrOhte und die Verwendung der Tracheoskopie bei
Stmma. Beiträge zur klin. Chir. Bd. 45. p. 1.
S34 JAhresWicht fBr Cbirargi«. II. Teil.
Simmonds (26) macht anf eine bei älteren Leuten sich vorfindende
GrestaltsTeränderung der Luftröhre aufmerksam, die man als Alterssäbel-
Dcheidentrachea bezeichnen kann. Die Trachea wird infolge einer De-
generation des Knorpels säbelscbeidenförmig komprimiert, und zwar nicht
illein in der Höhe der Schilddrüse, sondern auch unterhalb dieser Gegend
bis zur Bifarkation hin. Durch eine der Degeneration folgende Verknöchern ng
wird die Trachea in ihrer abnormen Form fixiert. Die weitere Folge der
Kompression sind Stenoseerscheinungen ; das Bronchialsekret sammelt sich an :
liierans kann sich wieder Lungenemphysem entwickein.
Downie (4) berichtet über zwei Fälle von Bronchialfistel.
Der erste Fall betrifft eine 25 Jahre alte Frau, bei der eine innere Fistel
ihne äussere Öffnung bestand. Die Fistel lag zwischen dem hinteren Ganmen-
jogen und der rechten Mandel ; aus ihr entleert sich bei Druck auf die
rechte Halsgegend reichhche, schleimig-eiterige Masse in den Mund hinein.
Im anderen Falle handelte es sich um einen 26jährigen Mann mit kom-
pletter Fistel. Die äussere Fistelöffnung lag am vorderen Rande der Portio
itemalis und des rechten Kopfnickers, die innere Mündung ebenfalls zwischen
rechter Mandel und hinterem Gaumenbogen.
Von MuBzkat (19) erfahren wir die Krankengeschichte eines 44jährigen
Patienten, der an Fieber, Hosten, blutigem Auswurf, Bruststechen, Dyspnoe
itt, Krankheitserscheinungen, die man am besten unter dem Namen Bron-
; h i a I k o 1 i k zusammenfassen konnte. Die Ursache war BroncboHthiasis.
Der Krankheitszustand verschwand sofort, nachdem der Kranke ein erbsen-
^osses, kalkartiges Konkrement ausgehustet hatte. Die Entstehung dieser
Steinbildung war wahrscheinlich in Zusammenhang za bringen mit der an-
laltenden Beschäftigung des Mannes mit Drumondschem Kalklicht.
Sternberg (27) beobachtete bei einem Material von 6132 Autopsien
n 36 Fällen Erweichung und Durchbruch bronchialer Lymph-
Irüsen in die Nachbarorgane, am häufigsten Perforation in den rechten
Bronchus mid den Ösophagus. Sternberg hält, weil die grösste Mehrzahl
ler Fälle dem Greiaenalter angehört, diesen Durchbruch erweichter Lymph-
Iriisen für die Hauptnrsache der im höheren Alter vorkommenden Lungen-
;angrän.
T. Ranke (22) teilt seine Erfahrungen darüber mit, wie die nach
ntubation und sekundärer Tracheotomie zuweilen sich ein-
itellenden Kehlkopfstenosen zu verhüten seien. Er meint, dass
nan in den Fällen, wo deutliche Erscheinungen von Dmckgeschwüren be-
itehen, doch nicht anf die sekundäre Tracheotomie verzichten könne, wie
!S die amerikanische Schule tue. Die deutschen Intubatoren greifen auch
leute noch zuweilen zur sekundären Tracheotomie, um in Fällen, wo die Deku-
litusgeschwüre hochgradige Zerstörungen und zum Tode führende Eiterungen
ns Leben rufen, das Leben des Patienten unter allen Umständen zu retten.
)ann aber soll man, wie v. Ranke betont, die Trachealkanüle nur
nöglichst kurze Zeit liegen lassen und zur Heilung der Druckge-
ichwüre und Hintenanhaltung von Narbenstenosen den erweiternden Eintluss
ler Atmung nach Möglichkeit auszunützen suchen, v. Ranke tässt deshalb
lie Kanüle nur zwei oder drei Tage liegen und hält die Wunde durch kurze
iViedereinführung der Kanüle noch kurze Zeit offen. Gelingt dies nicht, stellt
lieh abermals Dyspnoe ein, so greift er nochmals zur vorübergehenden In-
ubation, bis auch diese entbehrlich wird.
Betticher, Kehlkopf, LaftrOhre, Bronehieii. 535
Ed. Meier (14) hat bei drei Kranken eine seit 18, bezw. 17 Jahren
b«stehe&de Trachealstenose nicht durch Resektion der Luftröhre, sondeni
dorcfa Exzision der vorhandenen Narben von der Fistel ans sowie durch
Bougierung zur Ausheilung gebracht.
Brewer (1) berichtet über zwei Fälle von Trachealstenose,
bedingt durch eine Neubildung. In dem ersten Fall handelte es sich um ein
Papillom, das sich nach einer Tracheotomie in der Laftröhre entwickelt hatte;
im zweiten Fall um ein Adeno-Karzinom, ausgegangen von einer akzessorischen
Schilddrüse bei einem 52jährigen Mann. Beide Patienten wurden operiert
und gebeilt.
In dem von Hall nnd Tribe (7) publizierten Fall von Karzinom
des Bronchus nnd der Leber war der Kranke erst 17 Jahre alt.
Gleichzeitig bestand Zackerharnruhr.
Der Krankengeschichte ist der Obduktionsbefund beigefügt.
Hoffmann (10) berichtet über einen Fall von isoliertem, pri-
märem Karzinom der Trachea. Es handelte sich um einen 49jährigen
Patienten, der seit 1V> Jahren massige Beschwerden im Hals (Oefühl von
Fremdkörperanwesenheit) verspürte. Bei der Operation trat, als unter leichter
Narkose die Haut inzidiert war, tödlicher Ausgang durch Ersticken ein. Das
Karzinom sass breitbasig der rechten Tracbealnand auf, vom ersten bis
werten Trachealknorpel reichend. Drüsenschwelinng, Metastasen fehlten. Die
Laltröbre war fast vollständig ausgefüllt, ausserdem durch die vergrösserte
Sciiilddrüse seitlich zusammengedrückt. — Der Tumor war ein Zylinderzellen-
karänom, aasgegangen von den Schleimdrüsen der Luftrühre. Die Respiration
var — wie meist bei Trachealstenosen — verlangsamt.
Thomson (29) empfiehlt, gestützt auf neun gelungene Operationen, die
Tracheotomie unter Lokalanästhesie nach Schleich auszuführen.
Intoxikation sei nicht zu befürchten, da ausreichende Anästhesie schon durch
eine Dosis von 0,01 Kokain erzielt werde.
Reinhard (23) teilt aus der v. Sehr ötter sehen Klinik einen Fall von
äyphilis der tieferen Luftwege mit, bei dem die direkte Endoskopie in
diagnostischer Hinsicht die wertvollsten Aufschlüsse lieferte, indem auf dem
Wege der oberen Bronchoskopie das Bestehen einer diaphragma-
förmigen Stenosierung im Bereiche des rechten Stammbron-
chua nachgewiesen wurde. Die genannte Affektion ist nach Reinhard,
wie die Erfahrungen der letzten Jahre gelehrt haben, viel häufiger, als man
früher annahm. In diagnostischer Beziehung ist es wichtig zu bemerken,
dass die Sypbilis der tieferen Luftwege auch isoliert, ohne vorausgegangene
oder gleichzeitige Lues des Larynx viele Jahre nach der erfolgten Infektion
auftreten kann, so dass der Zusammenhang oft nur schwer zu ergründen und
manchmal erst durch die genaue Inspektion der lokalen Veränderungen, ein-
fache oder multiple Narbenbitdung, rückschliessend zu erklären ist. Auch
in dem Reinhardschen Falle liess die Anamnese völlig im Stich, dagegen
führte die antiluetische Behandlung zu vollständiger Rückbildung der Infiltrate
und zu narbiger Ausheilong.
Wild (30) bringt aus der Züricher Klinik eine Arbeit über die Unter-
suchung der Luftröhre nnd die Verwendung der Tracheoskopie
bei Struma. Nach anatomischer Einleitung und Besprechung der einzelnen
Methoden der Untersuchung der Trachea, besonders in Rücksicht auf Strumen
nsB. bespricht Wild die Technik der inneren Untersuchung der Luftröhre.
Jahraabericht fOr Chirnrgi«. II. TeU.
lern Fall ron Struma boII neben der äussereo Untersnchnng auch eine
ndige innere Untersuchung stattfinden (obere und untere indirekte sowie
und untere direkte Tracheoskopie). Die Vorzüge der einzelnen Methoden.
ondere der von Killian empfohlenen oberen direkten Tracheoskopie
3 eingehend besprochen. Wild stützt sich dabei auf ein grosses Ma-
(1000 Kropfkranke), Nur bei 2,4 '/o der Männer und l.P/o der Fraaen
Dg die Untersncbnng. — Von den Männern hatten nur 14 Vo, von den
1 16°/o normale Tracheen; bei d2°Io der Männer und bei 48**/o der
1 fand man Stenosen. In 43 "/o war die Lnftröhre um */i ihres Volu-
verengert.
Die Tracheoskopie ist nach Wild eine technisch gnt ausgebildete, des-
;nt anwendbare, unentbehrliche, klinische Untersuchungsmethode ; sie ist
nur von grosser Bedeutung für die Prognose und die therapentischen
tionen, sondern sie gibt aach wertvolle Aufschlüsse über den Erfolg der
:hlagenen Behandlung.
Br uns (3) empfiehlt die Untersuchung dar Trachea im Rönt-
ilde, besonders bei Struma. Man kann im Röntgenbilde die
bre in ihrer ganzen Länge erkennen, selbst bei den grössten, die Trachea
liessenden Kropfgeschwülsten. Man sieht genau die Verlagerung, Ver-
ig, Verengerung durch den Kropf. Praktisch ist dies sehr wichtig in-
, als man hieraus unmittelbar entnehmen kann, welcher Teil des Kropfes
sisten stenosiert und daher entfernt werden muss.
[m Vei^leich zur Tracheoskopie bietet das Röntgenbild den grossen Vor-
asB man die ganze Trachea mit einem Blick übersieht, und dass das
\ren für Arzt und Kranken ungleich einfacher und angenehmer ist.
Pfeiffer (21) beschäftigt sich in seiner Arbeit mit demselben Thema,
lers bei intrathorakalen oder retrosternalen Stnimen kommen die Vor-
1er Methode zur Geltung.
B. Meyer (16) berichtet über einen Fremdkörper im rechten
chns nnd seine Entfernang durch die Bronchoskopie bei
fünfjährigen Knaben, der w^en plötzlicher Heiserkeit, Atemnot und
lerieverdacbts intubiert und später tracheotomiert worden war. Die
^kanüle Hess sich nicht entfernen. Mittelst des Killianscben Röhren-
ums gelang es festzustellen, dass eine grosse Membran das Keblkopf-
zu Vs ausfüllte. Als nun eines Tages das Röbrenspeknlum wieder
teilt worden war und man mit Hilfe eines Killianschen Tamponträgers
^hleim im Kehlkopf auswischen wollte, blieb infolge Verschiebung des
nden Ringes der Wattebausch des Tamponträgers im stenotischen Kehl-
itecken. Hochgradige Zyanose; Fieber; Ateleitase der rechten Lunge,
ächsten Morgen gelang in Narkose und mittelst der unteren direkten
loskopie die Extraktion des Wattebausches aus dem rechten Bronchus,
zwei Tage leichte Bronchitis, dann Genesung.
Ed. Meier (15) teilt seine Erfahrungen mit den direkten
rsuchungsmetboden der oberen Luftwege mit.
Er bespricht mehrere Fälle, die ohne weiteres die praktische Bedeutung
irekten Untersuchungsmethoden erhellen. Meier glaubt aber ferner,
{ronchoskopie und Tracheoskopie geeignet seien, uns neue wesentiicbe
ite für die Diagnose und die Lokaltberapie der Luftröhren- und
lialerkrankungen zu geben. Voraussichtlich werde man es noch lernen,
tuberkulöse Ulzera der Luftröhre ebenso gut lokal zu behandeln, wie
BStticher, Keblkopt Lnftrlthre, Bronchien. 537
wiche des LaiTnx. — Die direkten Untersuchungstnethoden seien also nicht
Dor als ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel anzusehen, sondern auch als
eine EntdeckaDg, die geeignet sei, ans neue tberapentische Bahnen zu
«eisen.
In seinem Änfsatz : Zwei Fälle ron Fremdkörpern in den
Bronchien berichtet Thost (38) zunächst über einen tödlich verlaufenen
Fall von Fremdkörperaspiration, wo ein 8 jähriger Knabe die dünne Blech-
hälse eines Federhalters aspiriert hatte. Ks war nicht gelungen, den Fremd-
körper, der sich quergestellt hatte, zu fassen und zu extrahieren.
In dem anderen Fall handelt es sich um die glückliche Extraktion
einer eisernen Schraube aus dem linken Bronchus mittelst eines Elektro-
magneten.
Paunz (20) bedient sich bei Kindern häufig der Bronchoskopie
toi Entfernung von Fremdkörpern aus den Luftwegen.
Zur AusÄibruDg derselben ist Narkose notwendig. Handelt es sich am
einen festen Fremdkörper (bes. Metallgegenstände, Fischgräten), so zieht
Paanz die Bronchoscopia super, durch den Mund vor; bei weichen Fremd-
körpern, bes. bei solchen, die Neigung zum Zerfall und Schwellung haben
{organische Körper, Pflanzenkeme), des weiteren, wenn die Bronchoskopia
snp. resultatlos blieb, — macht er nach vorangehender Tracbeotomie die
Bronchoscopia infer. — Mitteilung zweier kasuistischer Fälle.
Gergö (Budapest).
Guisez und Barret (6) berichten über die Entfernung eines
10 Fr.-Stücka ans dem rechten Bronchus durch das Broncho-
skop. Es handelte sich nm einen Kassierer, der beim Geldzählen ver-
Echiedene 10 Fr.-Münzen im Munde gebalten hatte, von denen er plötzlich
ein Stück aspiriert hatte. Trotz andauernder Beschwerden, Hustenattacken
war ihm stets von den Ärzten, die er konsultiert hatte, erklärt worden, die
Münze sei schon längst wieder entfernt. Erst bei einer 17 Monate nach dem
Unfall vorgenommenen Skiaskopie wurde das Geldstück im rechten Bronchus
Dächgewiesen und dann leicht mittelst des Bronchoskops entfernt.
V. Schroetter (25) liefert ebenfalls einen Beitrag zur Verwen-
dung der direkten oberen Bronchoskopie, indem er über 2 neue
Falle von erfolgreicher Bronchoskopie berichtet (Extraktion einer in den
unteren Unterlappenbronchus geratenen Fruchtschale nnd Entfernung eines
eisernen Tapeziemagels aus dem Eingang des rechten Bronchus).
3 Jabreebericht fttr Chirargi«. 11. 1'eil.
VII.
erletzung-en und chirurgische Krankheiten des Thorax.
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Nach ausführlicher Behandlnng der Symptomatologie der Zwerchfell-
verletzDugen and der verscbiedeneQ für die chirurgische Therapie der-
selben ansgedachten Operationsverfabren und nach Erörterang der Frage, ob
der EiDgri£F von dem Abdominalwege aus oder auf dem Thoraxweg vorzu-
Dehmen sei, kommt Rossi {31a) za dem Schlüsse:
Dass in den Fällen von Verletzungen des Zwerchfells normalerweise
na schrägen , parallel zum Rippenbogen auf der Seite der Verletzung ver-
bofenden und ein Zentimeter unterhalb desselben geführten Laparotomie zu
schreiten sei.
Oass in den Fällen, in denen die Tiefe der Verletzung die Vemähung
erschwert, diese durch die über dem 6. und 7. Rippenknorpel in der
farsstemallinie ausgeführte Chondrotomie erleichtert werden kann.
Dass der Thorazweg nur für diejenigen Fälle von Zwerchfellverletzungen
indiziert ist, die von Läsionen der Brusteingeweide begleitet sind. In der-
artigen Fällen ist das beste Verfahren das von Ho roch.
Verf. lässt die Beschreibung eines klinischen Falles von Zwerchfellver-
letiQDg mit Netzhemie in die Pleurahöhle folgen, die von ihm mit Erfolg
mit Laparotomie behandelt worden ist. R. Giani.
Nach eingehender Darlegung der Symptomatologie und der Diagnose
des Haemothorax traumaticus zeigt F. Gangitano (14), wie nach
und nach in der modernen Chirurgie der Grundgedanke des Eingriffes in
der Behandlnng der penetrierenden Verletzungen des Thorax die Oberhand
gewonnen und äussert sich dahin, dass die italienischen Chirurgen grossen
Anteil an diesem Fortschritt der chirurgischen Therapie gehabt haben.
Alsdann weist er nach Besprechung der Komplikationen und des Ver-
laufes des traumatischen Hämothorax auf die Gefahren hin, denen man mit
der expektativen Behandlung entgegengeht, sei es durch den blossen Ver-
>40 Jahreabericht fdr Cbirargie. II. Teil.
ichlnss der äusseren AVaDde, sei es durch die Eotleerirngspunktion der endo-
iletiriscfaen Blutanaammlong.
Er zeigt, wie der chirurgische Eingriff die rationellste Behandlungs-
nethode darstelle, da derselbe gestattet, die Ursache der Blutung aafzosuchen
ind dieselbe zu stillen. Mit besonderem Nachdrack betont er den Umstand,
lass der gegen den chirurgischen Eingriff erhobene Einwurf, gefährlich zu
lein, eben da er zu raschem Eindringen yon Luft in die Pleurahöhle Anl&ss
;ebe, keinerlei Wert haben kann, da ja jede penetrierende Verletzang von
üämatopneumothorax begleitet ist.
Er erörtert dann besonders die mannigfachen Eingriffsverfahrea und
lebt die Vorzüge der Pnenmorrh&phie hervor, welche nach seiner Ansicht
roD leichter Ausführung und ein vorzügliches Blutstillungsmittel ist.
Zur Unterstützung des Gesagten erläutert er drei von ihm glücklich
nit Pueninorrhaphie operierte Fälle von penetrierenden Verletzungen im
Cborax, wobei er bei zwei derselben ausgedehnte Verletzungen des Lnngen-
»renchyms vorfand, ohne dass Symptome der Lungenverletznng bestanden
lätten.
Er echliesst in der Ansicht, dass der chirurgische Eingriff jetzt mehr
n weitem Massstabe angewandt werden müsse, ohne ihn, wie Riedinger
rerlangt, nur auf die schweren und auf diejenigen Fälle zu beschränken, bei
lenen die Diagnose der Lungenverletzung gesichert erscheint. R. Giani.
L i n d s t r 0 m {21). Ein 28 jähriger Arbeiter zog sich ein schweres
Trauma gegen die Brust zu; ein Bruch der rechten 8. Rippe am Angulus
icapulae wurde konstatiert. Nach dem Unfall trat schwere Atemnot ein, die
infangs als auf Hämotborax beruhend gedeutet wurde, durch Punktion aber
lieh als Hämochylothorax herausstellte. Durch im Laufe einiger Tage wieder-
lolte Thorakozentesen wurden im ganzen ll'/i Liter cbylöser Flüssigkeit
intnommen; schliesslich wurde zur Thorakotomie geschritten. Patient starb
m Kollaps und die Obduktion ergab eine Zerreissung des Ductus thoracicos
mgeföhr an der Stelle der gebrochenen Rippe. Hj. von Bonsdorff.
In dem von Tarnowsky (35) berichteten Falle von Contrecoup-
^raktur des Brustbeines kam die Verletzung dadurch zustande, dass
1er Patient beim Fall von einer Leiter mit dem Kopf auf den Boden auf-
ichlug, während gleichzeitig der übrige Körper sich überschlug (einen Barzel-
)aum schlug).
Es handelte sich also um eine Sternum - Fraktur durch indirekte
Gewalt im Gegensatz zu der Form, die durch direkte Vis nnd der
Iritten Art, die durch Muskelzug (Wirkung der Muse, recti nnd der
(opfnicker) entsteht.
Bei den durch indirekte Gewalt, bezw. Contrecoup entstandeoen
Brüchen liegt die Bruchlinie fast immer zwischen Manubrinm nnd Corpus
iterui. Die beim Zustandekommen dieser Frakturen beteiligten Faktoren
leien folgende: 1. Beim Fall auf den Kopf und die Schultern werden die
Hippen nach vorn und aufwärts auf das Stemum getrieben. 2. Hebelwirkang
les Schlüsselbeins besonders in den Fällen, wo der Patient auf die ausge-
itreckten Hände falle. 3. Der intrathoracische Druck im Moment des Fallens
ibe einen positiven Druck auf die Thoraxwand aus. 4. Die zweiten Rippen-
uiorpel suchen wie ein Keil die Trennung zwischen Manubrinm und Corpus
itemi zu erzwingen.
BBtticher, VerletiuDgea nnd chirurgische ErankheiUn de« Thorax. 541
Nach den Untersucbusgen von Riviogstoa existiere übrigens nur in
*>* o aller Fälle eine knöcherne Ankylose zwischen ManQbrinm und Corpus
des Brustbeins. In Wirklichkeit handele es sich also gar nicht bei der
Treonang an der besagten Stelle um einen richtigen Bruch, sondern nur um
eine Dislokation (Übereinanderschiebnng der beiden Brustbeinabscbnitte).
Der Körper schiebe sich in 85 Vo der Fälle über dem Manubrium hinauf.
Klinische Zeichen seien : Starker , beim Inspirium sich nocli
steigernder Schmerz an der Vereinignngsstelle von Manubrium und Corpus;
der Kopf werde nach vom und gewöhnlich auch nach der Seite gehalten; in
der Höhe der 2. Rippe sichtbare Auftreibnng am Stemum : Krepitation sei
meist nicht festzustellen. Die Prognose der Verletzung sei günstig; in
b Wochen sei der Bruch fest. — Bezüglich der Behandlung rät Tar-
nowsky In der ersten Zeit Opiate zu geben und den Kranken mit nach
binteo übei^ebeugten Kopf zu lagern, während zwischen die Schulterblätter
ein festes Kissen geschoben wird. — Nur selten sei man genötigt, operativ
einzDgreifen (z. B. bei starker Zyanose, Dyspnoe, Mediastin&labezess etc.).
Haim (16) berichtet über 49 Fälle von penetrierenden Thorax-
yerletzungen. Er rät in schwereren Fällen, wo durch den Hämopneu-
mothorax ernstere Störungen wie Zyanose, Dyspnoe, Vordrängung der benach-
harten Organe usw. hervorgerufen wurden, den Flenraraum durch Punktion
zu entleeren. Schaffe dieses Verfahren nicht genügende Äbtiilfe, soll man
nach Resektion einer Rippe die Pleurahöhle breit eröffnen, tamponieren und
Dötigenfalls, wenn die blutende Stelle der Lunge leicht zugänglich sei, an dieser
selbst die Blutstillung vomehmen.
Die zwei von Poenaru (30) mitgeteilten Fälle betreffen zwei Männer,
die Messerstiche in das Hypochondrinm bekamen. Das Diaphragma war
verletzt, in einem Falle auch die Milz, im anderen der Magen. Exploration
durch Laparotomie ; Naht der Müz und des Magens , dann Naht de&
Diapbr^mas. Genesung. Stoi'anoff (Vama).
Die Dissertation von Barthelme (1) befasst sidi mit den Erfab-
ruDgen über Stich- und Schussverletzungen des Thorax, die in
iler Strassborger chirurgischen Universitätsklinik in den Jahren 1894 bis 1901
gemacht worden sind. Es handelt sich um 96 schwerere oder schwere Fälle
von Stichwunden [73) und Schusswunden (23). Von den ersteren waren 35,
von den letzteren 16 penetrierend.
Die nicht penetrierenden Scbusswunden sind im Gegensatz zu den gleich-
artigen Stichwunden gewöhnlich ungefährliche Verletzungen, meist tritt in
aseptischer Weise Heilung ein. Die Blutung war immer nur gering. — In
11 Fällen von Stichwunden bestand eine sehr starke Blutung.
Bei der Behandlung der nicht penetrierenden Thoraxwunden
koDimt nach erfolgter Blutstillung alles auf die Versorgung der Wunde selbst
an. Die Entscheidung, ob eine Wunde infiziert sei oder nicht, sei bei Be<
ginn der ärztlichen Behandlung meist unmöglich. Die Wundbehandlung be-
stand im Anlegen eines aseptischen Deckverbandes.
Auch die Prognose der penetrierenden, nicht mit anderweitigen Ver-
letzungen einhergebenden Brustwunden ist im aligemeinen eine günstige. Auf
W Verletzungen kam nur ein Todesfall. Speziell die Verletzungen durch die
kleine Revolverkugel führen so oft zur Heilung, dass man sie für einen glatten
Heiinngsverlanf als die Regel aufstellen kann. — Die Behandlung der
penetrierenden Stichverletzungen in der Madelungscben Klinik beschränkt
542 JshrdsiwTicbt fOr Chirurgie. II. T«il.
eich darauf, das Hinzutreten weiterer Schädlichkeiten zu verhüten. Es wurde
also von einer Desinfektion der Wunde selbst abgesehen; nur die Umgebang
■wurde gereinigt, dann die Wunde unter den Schutz eines aseptischen Ver-
bandes gestellt.— Die Behandlung der Thorazschnaswunden war folgende:
Nach Anlegung eines Okklusivrerbandes absolute Bettruhe, Eisblase, eventiiell
subkutane Morphiuminjektionen ; bei schwacher Herztätigkeit Kampfer, Äther,
Kocbsalzinfusionen. — Bei starkem Hämothorax mit Dyspnoe Punktion mittelst
Aspiration.
In zwei Fällen war die Arteria mammaria interna eröffnet bei
gleichzeitiger Verletzung der Pleura, Lungen und des Perikard. Beide Male
kam es zu einer starken Blutung sowie zu einem grossen Blutextra vasat in
der Pleura und der Perikardhöhle. Es wurde deshalb nach Erweiterung der
Wunde die doppelte Unterbindung der Arteria vorgenommen.
In zwei weiteren Fällen war der Herzbeutel mitverletzt, in einem
derselben auch gleichzeitig der Ösophagus.
Achtmal war die Thoraxverletzung kompliziert mit Perforation des
Zwerchfells, zweimal war gleichzeitig die Magenwand durchstossen , dreimal
die Milz verletzt. — Die Prognose der Zwerchfeltyerletzung ist stets zweifel-
haft, da der Eintritt von Baucbeingeweiden in die Brusthöhle und die Mög-
lichkeit ihrer Einklemmung eine dauernde Gefahr bilden; auch nach einge-
tretener Heilung kann sich infolge Dehnung der Narbe im Zwerchfell immer
noch eine Hernie ausbilden. Zwei von den acht erwähnten Fällen verliefeu
tödlich. Stets wurde operativ in diesen Fällen vorgegangen, sobald Symptome
da waren, die an die Möglichkeit einer Zwerchfellverletzung denken liessen.
Die Mortalität bei den nicht operierten Fällen beträgt 87 "/o, bei den
operierten Zwerchfellwunden 12<*/o.
W i n 8 1 0 w (40) liefert einen Beitrag zur Kasuistik der traumatischen
Asphyxie. Der betreffende Patient, ein 22jähriger Bursche, war von einem
Elevator zwischen die Decke und den Boden des Aufzugs gepresst worden.
Bei der Aufnahme im Spital konstatierte man 120 Pulse, 40 Atemzüge, nor-
male Temperatur, blutigen Auswurf, Bruch der 4.-6. linken Rippe mit Haut-
emphysem. Am Rektum fand sich eine Quetschwunde. Beide Konjunktiven
waren stark blutunterlaufen. Am auffallendsten war eine bläuliche Verfär-
bung des Kopfes und Halses, die indes in der Höhe des Ringknorpels mit
scharfer Grenze aufhörte. Diese Zyanose bildete sich ganz langsam zurück.
Ein Hautstückchen, entnommen der bläulichen Haut des Halses, wurde mikro-
skopisch untersucht; man fand stark erweiterte Kapillargefä^se , aber keiti
freies Blutextravasat.
Borcbardt (3) bespricht in seinem Vortrage über die Verletzungen
des Rumpfes (Zyklus von Vorträgen über ,.Erste ärztliche Hufe", veran-
staltet vom Zentralkomitee für das ärztliche Fortbildungswesen in Preussen)
in ausführlicher Weise die Verletzungen der Brust, die Schussverletzungen
von Lunge und Pleura, Stich- und Hiebverletzungen des Herzbeutels und Her-
zens, Herzschüsse.
Auch Lejars (20) nimmt an, dass die nach Thoraxkompression
beobachtete diffuse, ekchymotische Infiltration der Hals- ond
Gesichtshaut und der Augenbindehäute bedingt sei durch aktive,
auf kräftiger Muskelkontraktion beruhender Steigerung des intraabdominellen
und intrathorakalen Druckes; es seien keine reinen Stauungsblutungen.
BOtticher, Terletiaogen und chirurgische EiRnkheiten des Thorax. 543
Milner (24) berichtet über fünf neue Fälle von Stauungsblutnngen
infolge Überdruckes im Rumpf, die in der Berliner Charit^ znr Be-
obachtong gelangt sind. Wie Milner meint, entstehen diese Stauungsblutungen
am Kopf und Hals, zuweilen auch am Thorax und an den Armen hauptsäch-
lich dadnrch, dass der starke Überdruck in den Bumpfhöhlen (z. B.
nach Rnmpfkompression, Erbrechen, Keuchhusten, bei Strangulierten etc.) zu
einer Rückschleudernng von V'enenblut in das klappenlose
\V urzelgebiet der Cava snperior führt. Bei Rumpfkompressionen
beruht dieser Überdmck nach Milner meist nicht allein auf einer
passiven einmaligen Kompression des Rumpfes, sondern es moss,
damit überhaupt eine beträchtliche Rückschleudernng von Venenblut möglich
sei, der Kontusion meist eine reflektorische Inspiration mit nach-
folgender Glottisschliessung und Anspannung der Baacb-
d ecken vorausgehen. Zu der Wirkung, die die Kompression des so ge-
schlossenen Rumpfes auf die in ihm enthaltene Blutmenge ausübt, gesellt sich
oft Doch der gleich gerichtete Einfluss späterer Abwehranstrengungen
der Eingeklemmten, durch die eine stark arterielle Fluxion nach oben herbei-
geführt wird, ferner ihre COg-Intoxikation und die mechanische Behinderung
des venösen Rückflusses. — Die längere Zeit hinterbleibende, dunkelblaue
Färbung der befallenen Teile beruht zur Hauptsache auf nervöser Stase infoge
Überdehnung der elastischen Venen und Kapillaren.
Brauer (4) bringt in seiner Publikation über die praktische Durch-
führung des Überdruckverfahrens eine Beschreibung des von ihm
koDstmierten Überdrnckapparates. Der Kopf des Operierenden sowie die
Arme des Narkotiseurs werden luftdicht in einen mit Glas gedeckten Kasten
unter Überdruck gehalten. Der Apparat hat folgende Vorzüge: uneinge-
scbräukter Verkehr zwischen Operateur und Narkotiseur, Benützung des
Roth-Trägerschen Sauerstoff-Narkoseapparates, schnelle Entfernung des
i berdruck k astens .
Tiegel (37) kommt in seiner Arbeit; „Sollen die Operationen
in der Brusthöhle unter Anwendung des Sauerbrnchsöhen Über*
druck- oder ünterdruckverfahrens ausgeführt werdenV zu
folgendem Schlüsse : Das Überdruckverfabren reicht in bezug anf physiologische
Gleichwertigkeit bei weitem nicht an das Unterdruckverfahren, das fast ohne
Abweichung den physiologischen Verhältnissen angepasst ist, heran. Das
Überdruck verfahren birgt vielleicht gewisse Gefahren für den kranken Men-
sehen in sich. Solange die Verhältnisse nicht geklärt sind, könne bei ein-
greifenden Operationen am kranken Menschen zunächst nur das Unter-
dnickverfahren in Frage kommen. Tiegel will den Schluss, dass wir die-
selben physiologischen Abweichungen, die das gesunde Versuchstier ohne
Schwierigkeiten erträgt, auch ohne weiteres dem kranken Menschen zumuten
dürfen, nicht gelten lassen.
Das Überdruckverfabren wird, wie Tiegel meint, ganz in Fortfall
kommen müssen oder wenigstens an Verwendbarkeit hinter dem Unterdruck-
verfahren zurückstehen:
1. Bei allen Ösophagusoperationen,
2. bei allen Operationen an erkrankten Lungen,
3. bei allen Herzerkrankungen,
4. bei Krankheiten des Mediastinums (substernalen Kröpfen).
544 Jahresbericht ftr Chirargie. IL Teil.
Bei chronischen Empyemen bedient sich Manninger (23) am
liebsten der Delormeschen Operationsmethode. Er hält dieselbe
für die idealste der bekannten Methoden nnd sucht den Grund dafür, dass
sie yerhältnismä45sig wenig Anhänger hat, in angenügender Ausdauer und
mangelhafter Technik der Operateure.
In seinen bisherigen fünf Fällen war er mit den Erfolgen äusserst zu-
frieden.
Die Technik der Operation modifizierte Manninger auf solche Weise,
dass er zum Aufklappen einen D-förmigen Thoraxlappen vorne und seitlich
nimmt, indem er den Drehpunkt dieses Lappens in die Knochen-Knorpelgrenze
der durchtrennten 3 — 4 Rippen verlegt.
Bei der Nachbehandlung sieht Manninger auf eine genaue Drainage
sowie auf eine entsprechende Gymnastik der sich dehnenden Lunge.
Gergö (Budapest).
Schwielenbildung im Musculus subscapularis ist nach Ur-
bach (8) ein seltenes Leiden im Gegensatz zu der bindegewebigen Entartung
des Musculus stemocleidomastoideus. 12jähriger Knabe, der seit zwei Jahren
ohne bekannte Ursache an Schmerzen in der linken Schulter leidet, starke
Funktionsstörungen. Rotation, Ab- und Adduktion im Schultergelenk völlig
aufgehoben. In der linken Achselfalte ein derber, harter Strang, der von der
Skapula zum Humerus zieht. Jeder Bewegungs versuch verursacht heftige
Schmerzen. Bei der Operation durch Gersuny sieht man den Musculus
subscapularis durch ein derbes, beim Einschneiden knirschendes Narbengewebe
fast völlig substituiert. Exzision des fibrös entarteten Muskels. Wegen vor-
zeitiger Entlassung des Patienten war Feststellung des Endresultates , insbe-
sondere spätere Funktionsprüfung nicht möglich.
Ohm (28) berichtet über einen Fall von Pneumothorax mit
Rekurrenslähmung, und zwar war die linksseitige Rekurrenslähmung
alsbald nach dem Entstehen eines rechtsseitigen Pneumothorax aufgetreten.
Ohm nimmt einen ursächlichen Zusammenhang insofern an, als durch die
starke Verdrängung des Herzens und Aortenbogens, um den sich bekanntlich
der linke Nervus recurrens herumschlingt, eine dauernde Zerrung des Nerven
statt hatte, die den Ausfall der Stimmbandbewegungen nach sich zog. Auch
der rasche Rückgang der Lähmung deutete darauf hin, dass es sich um eine
durch Nervenzerrung bedingte Parese gehandelt habe.
Hampeln (17) unterscheidet drei Gruppen von thorakalen Oste-
algien. Den wichtigsten Typus bildet dieOstealgie des Corpus sterni,
wo der Sitz der Schmerzen meist dem Niveau des 2. und 3. Rippenpaares
entspricht. Die Krankheitserscheinungen (anfallsweise auftretender Schmerz,
Oppressionsgefühl, vasomotorische Störungen, Stuhl- und Harndrang etc.) ent-
sprechen dem bekannten Bilde der Angina pectoris arteriosklerotischen Ur-
sprungs. Stets sehr auffallend war die grosse und umschriebene Druck-
empfindlichkeit des Sternum bei all diesen Fällen. Die Abgrenzung gegen
irradiirte Schmerzen, bedingt durch andere Erkrankungen, gestalte die Diffe-
rentialdiagnose recht schwierig.
Als n. Typus schildert Hampeln die Ostealgien des Processus
xiphoideus. Auch hier beobachtet man als Hauptphänomen spontane, anfalls-
weise auftretende, epigastrische Schmerzen sowie lebhaften Druckschmerz des
Proc. xiphoideus. In einzelnen Fällen dieser Gruppe schien es, als ob eine
Abhängigkeit von arthritischer Konstitution vorliege.
Bstticher, VerletzangeD und chimrgiBche Sraoklieileii des Thorax. 545
Den III. Typus, Ostealgie der falschen Rippen, eah Hampela
im häafigst«ii Tertreten. Er ist gekennzeichnet durch Bpontane, meist ein-
seitige, oft sehr heftige Schmerzen der hinteren unteren Rippengegenden,
besonders hei Bewegungen, während das einzig objektiv nachweisbare Merk-
Qiai eine grosse Druckempfindlicbkeit meist nur der Enden der 11. oder
Vi. Rippe oder auch beider ist.
Clopatt (8) liefert einen Beitrag zur Frage von der Einwir-
knng der Röntgenstrahlen auf im Innern des Körpers befind-
liche Neubildungen. Es bandelte sich um einen 38jährigen Mann, bei
dem durch Röntgenstrahlen innerhalb des Thoraxraumes ein Gebilde fest-
gestellt wurde , das zu Störungen der Respiration und Zirkulation geführt
hatte. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich um ein Lymphosarkom
US Mediastinum anticum.
Schon nach 23 Bestrahlungen waren Drüsenschwellung, Venektasien,
Zjanose und Atemnot unzweifelhaft zurückgegangen; bei Durchleuchtung er-
schien der Schatten des Tumors schmäler als vor der Behandlung, — Die Be-
strahlnng wurde mit Intervallen fortgesetzt; die sämtlichen Beschwerden wurden
dadurch beseitigt; die Röntgographie zeigte schliesslich normale Verhältnisse.
Wenn Clopatt auch die Frage, ob der Kranke dauernd geheilt sei, wejien
der Kürze der Beobachtung offen lässt, so glaubt er doch auf Grund des
eben geschilderten, jedenfalls sehr günstigen therapeutischen Resultates die
.^QiteDdung der Röntgenstrahlen bei Lymphosarkomen des Mediastinums,
Jeren todlicher Ausgang bisher dnrch keine Therapie abzuwenden war, aufs
mmste empfehlen zu müssen.
ätiefler (33) demonstriert in der wissenschaftlichen Arztegesellschaft
IQ Innsbruck einen Fall von angeborenem Brustmuskeldefekt.
1*7 Jähriger Tischler, bei dem seit Gehurt die sternokostale und abdominale
Portion des rechten Musculus pectoralis major fehlt; ebenso der Muse, pect,
minor. Keine Funktionsstörungen.
Ebenso berichtet Wendel (39) über angeborene Brustmuskel-
liefekte und zwar handelte es sich in dem einen falle um doppelseitigen
Srnslmuskeldefekt angeborenen Ursprungs, in dem anderen um einen
U jährigen Knaben mit linksseitigem Pektoralisdefekt , der walirscheinlich
erworbener Natur — der Knabe hatte im 4. Lebensjahre Diphtherie über-
sianden — war.
-Aus der Hoff aschen Klinik publiziert Süberstein (32) zwei Fülle
von angeborenem Thoraxdefekt. L -Fall: 9jähriger Knabe. Das
liontgenbild des Thorax Hess erkennen: Dextrokardie, Fehlen der vorderen
liögen der dritten und vierten linken Rippe; die hinteren Rippenbögen enden
in der vorderen Kapillariinie. Ausserdem an der linken Hand knöcherne
Antjlose zwischen Mittel- und Endpbalangen. — II. Fall; 5 Monate altes
Madchen, bei dem die sämtlichen Rippenknorpel der linken Seite fehlen; es
sind im ganzen nur 7 rudimentäre Rippen vorhanden; diesen fehlen wieder
die vorderen Bögen. — Der hauptsächlichste ätiologische Faktor ist nach
fill)erstein in der Raumbeengung des Uterus infolge Mangels an Frucht-
wasser zu suchen.
Cohn (9) liefert einen Beitrag zur Pathogenese der kalten Ab-
'2esse der Brustwand. Die Mitteilung basiert auf einem Falle aus der
I'tof. Jonnescusschen Klinik. Cohn nimmt eine pleurale Ursache des
Leidens an. Stoianoff (Varna),
JihrubBiiefat fllr Cblmrgi« 1W5. 35
546 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Ho wland (18) bringt die Krankengeschichte eines 17jährigen Patienten,
bei dem sich infolge von Lähmung der Interkostalmnskeln Wasser-
sucht einstellte. Im Anschluss an eine Verletzung der Halswirbel kam es
zunächst zu einer Myelitis, die ihrerseits u. a. eine Lähmung der Interkostal-
und Bauchmuskulatur hervorrief. Die Atmung wurde infolge dessen nur noch
durch das Diaphragma besorgt. Da sich die oberen Lungenabschnitte infolge
dessen nicht mehr ausdehnten, kam es zu Stauungen im rechten Herzen, in
den Venen. Das Endresultat war allgemeines Ödem des Körpers.
Magne (22) stellt einen Patienten vor mit einem Keloid, das sich
in der Haut über dem Brustbein entwickelt hatte. 7 Jahre vorher
hatte der Patient zuerst eine kleine Geschwulst an der erwähnten Stelle be-
merkt; bald darauf entwickelte sich dicht daneben ein zweiter Tumor; beide
konfluierten in der Folge. Von einer operativen Entfernung wird abgeraten,
da man verschiedentlich beobachtet habe, dass solche Keloide von selbst wieder
verschwinden.
Dudgeon (1?) verbreitet sich über die normalen Verhältnisse
und die pathologischen Veränderungen der Thymusdrüse. Ins-
besondere berücksichtigt er die primäre und sekundäre Atrophie des Organs;
sie trete stets bei Marasmus ein und werde gekennzeichnet durch Verdickung
der Blutgefässe, Zunahme der Endothelien, Abnahme der Lymphozyten. Beim
sogenannten Thymustod finde man gewöhnlich neben einer Vergrösserung der
Thymus eine Hypertrophie aller lymphatischen Apparate. Einen sicheren
Schluss auf die Bedeutung des Organs in den Fällen von Thymustod will
Dudgeon allerdings auf Grund eigener und fremder Beobachtungen nicht
ziehen.
Coley (10) stellt einen 11 jährigen Knaben vor, bei dem sich in der
linken Schulterblattgegend eine schnell wachsende Geschwulst gezeigt
hat, die trotz mehrfacher Exstirpation rezidivierte. Die pathologisch-anato-
mische Untersuchung ergab ein Ruhdzellensarkom. Eine Bestrahlung
mit Röntgenstrahlen erwies sich erfolglos; erst als neben den X-Strahlen
Injektionen eines Gemisches von Erysipelastoxin und Bacillus pro-
d i giosus in die Nachbarschaft der Geschwulst angewandt wurden, verschwand
der Tumor.
Bucknall (6) berichtet über zwei Fälle von Operationen am
Ductus thoracicus. Bei dem einen Patienten kam es gelegentlich der
Entfernung eines tuberkulösen Drüsenpakets zu einer Verletzung des Ductus
thoracicus. Sie blieb zunächst unerkannt und wurde erst entdeckt, als
24 Stunden später Lymphe und Chylus in grossen Mengen sich aus der
Wunde ergoss. Da der Lymphstrom durch Tamponade nicht einzudämmen
war, wurden am 6. Tag nach der Drüsenoperation die zerissenen Enden des
Duktus freigelegt und ligiert. Der Lymphausfluss stand sofort. Der Patient
ging 8 Wochen später an Miliartuberkulose zugrunde.
Im zweiten Falle war der Ductus thoracicus durch sekundäre Drüsen-
raetastasen (primäres Mammakarzinom) verlegt und obliteriert. Bei Entfernung
der krebsigen Drüsen wurde auch das unwegsame Stück des Duktus reseziert;
seine freien Enden wurden unterbunden. Die Patientin lebte noch 2 ^;« Jahre
nach dieser Operation. —
Nach Bucknall ist also bei einer Verletzung oder Resektion des
Ductus thoracicus eine Vereinigung der Enden durch die Naht nicht nur oft
Botticher, Die Terletxungen nnd cbirnrg. ErBakbeiten der Brustdrüse. 547
unmöglich, Eondem auch überflüssig, wie der Erfolg der Unterbindung in
itn beiden Fällen beweist. Man darf a,Dnehmen, dass sich nach Äbbindung
des Ductas thoracicus hinreichende Anastomosen entwickeln, durch die die
Zuführung der Lymphe in die Blutbahn gesichert wird.
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der
Brustdrüse.
Referent: C. Bötticher, Giessen.
Di« mit * beEeicbaeten Arbeiten sind uicbt referiert vrordeo.
a) Angeborene und entzündliche StUrungen der Brustdrüse.
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10. — Über Mastitis cbronica sctofulosa beim Kind. Deutsche med. Wochenschr. 1905.
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II. Ribbert, Über den Pagetkrebs. Deutsche med Wochenschr. 1905. Nr. 31.
12. Scholz, Mastitis chron. scrofal. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 51.
Vi. Siebert, Ober Mastitis chronica. Deutsche med. Wochens^^hr. 1905. Nr. 12. p. il2.
ßobbio {la) illustriert zwei klinische Fälle von zystischer Erkrankung
der Brustdrüse. In jedem der Fälle war die Geschwulst zweiseitig; in
dem einen bandelte es sich um zjstische Fibroadenome, die, entfernt, sich
Dicht reproduzierten; bei dem zweiten hatte man es mit einem wuchernden
zystischen Adenom zu tun, welches entfernt — bemerkt der Verf. — sich
548 Jfthresbencht für Chirurgie. 11. Teil.
alsbald in loco reproduzierte und Metastasen an der Achselhöhle gab. Es
vurde deshalb die Amputation der Mamma und die Ausräumung der Achsel-
höhle vorgenommen. Die diesmal dauernde klinische Heilang besteht seit
mehreren Monaten.
Darin möchte Verf. einen Beweis für die neoplastieche Theorie der
zyatischen Krankheit der Brustdrüse sehen. R. Giani.
Drei Fälle von Dringlich keitschirurgie, die von Carmelo (Ib) operiert
wurden: einer wegen Verletzung der Mammaria interna (Heilung); einer
wegen Verletzung des linken Herzventrikels (Vemähung; Tod am 2. Tage^;
ein dritter wegen eines umfangreichen in den Ösophagus eingedrungenen und
auf dem Mundwege extrahierten Fremdkörpers (Gipspteife), R. Giani.
Nach Bibbert (11) ist der Pagetkrebs kein primärer H&utkrebs.
Die in der Epidermis gefundenen Zellen seien nicht metamorphosierte Platten-
epithelien, die als Grundlage einer Krebsentwickelnng anzusehen wären;
sondern sie seien hier lediglich vorhanden als Ausdruck eigenartiger Wachs-
tumsvorgänge eines unabhängig von der Haut in der Tiefe des Gewebes ent-
standenen Krebses, der unter andauernder Vermehrung und Ausbrechung
der Epitbelien nur aus sich heraus an Umfang zunimmt. Nur erfolge in
diesem Falle die Ausbrechung nicht in geschlossenen Epithel verbänden, sondern
durch eine ungewöhnlich ausgedehnte intraepidennoidale Wanderung einzelner
Zellen.
Nach Lang (7) ist die Pagetsche Krankheit kein Ekzem, wenn-
gleich sie entfernt einem chronischen Ekzem ähnelt; sie ist aber auch kein
Karzinom, wenn schon sie oft genug in ein soiclies übereilt. Lang ist
vielmehr der Ansicht, dass es sich „bei Pagets Disease' um eine parasitäre
Erkrankun|J der Haut von chronischem Verlaufe handelt; dafür sprächen
die scharfe Umgrenzung und Hächenhafte Ausbreitung, die der Prozess — da
wo er noch nicht in Karzinom übergegangen ist — Jahre hindurch beibe-
halte; femer die Vorliebe der Krankheit für gewisse Regionen, speziell für
die Brust Warzengegend.
Welclier Natur der supponierte Parasit allerdings sei, lasse sich vorerst
kaum vermuten.
Hirschel (6) betont, dass unter ,,Pagetscher Krankheit'' alle
möglichen krankhaften Veränderungen geführt würden, denen diese Be-
zeichnung gar nicht zukäme. Er schildert einen typischen, histologisch genau
untersuchten Fall; es handelte sich dabei um ein primäres Karzinom der
Ausführungsgänge der Brustdrüse.
Unter dem Namen Mastitis chronica scrofulosa beschreibt Müller
(10) ein Krankheitsbild, das er viermal innerhalb von 3 Jahren bei Kindern
beobachtet hat, die wegen allgemeiner schwacher Anlafje, schlechter hygie-
nischer und Er näh rungs Verhältnisse sich in einem überaus schwachen Zu-
stande befanden und bei solchen, die neben diesen Verbältnissen typische
Zeichen einer allgemeinen Skrofulöse aufwiesen. Dieses Kranksein ist
lolgendennassen charakterisiert: allmähliche Schwellong der Mammae: stechende
Schmerzen in der Brust. Meist erkrankt erst eine Brust, später die andere.
Die erkrankte Drüse ist hart, druckempfindlich. Sekret ist nicht auszudrückfn.
Wenn sich die äusseren Verhältnisse günstiger gestalten, der a]igemeiue
Zustand der Kinder sich bessert, kann das Leiden ohne Behandiuns vnn
selbst wieder verschwinden. Müller verfügt nicht über histologische Unter-
Buchungsresultate, da die Kinder alle genasen. Die Behandlung bestand ia
Bntticher, Die Terletzangen und chimrg. Eramkheit«D der BrostdrOae. 549
faydrotherapen tischen Massnahmen, Darreichnng von viel Milch, Lebertran,
Phosphor, von künstlichen Eiweisspräparaten. Auch sah er von Bepintelnngen
mit Tct. Jodi sehr guten Erl'olg.
Scholz (12) tritt den vorstehenden Äussemngen von Müller entgegen,
indem er meint, es liege hier gar kein neues Krankheitsbild, das den Namen
Mastitis chronica scrotulosa verdiene, vor, sondern es habe sich wahrscheinlich
am die schon seit langem unter dem Namen Mastitis adolescentium
bekannte Affektion gehandelt, die nach Ansicht von Scholz ätiologisch mit
den vermehrten Blutzußusse in ^'e^bindung zu bringen sei, der sich während
der Entwickelangszeit gerade in den durch die Geachlechtssphäre berührten
Organen gleichmässig einstelle.
Siebert (13) sah diese Brustdrüsenschwelltmg bei Kindern, die durch-
aus keine Symptome der Skrofulöse aufwiesen. Er glaubt deshalb nur von
einer Mastitis chronica bei Kindern sprechen zn dürfen. Das Leiden
beruht nach Siebert anf äusserlicher Irritation, die namentlich durch grob-
tnascbiges Unterzeug hervorgerufen werde. Siebert sah Schmerzen und
Schwellung verschwinden, wenn er die entzündete Brustdrüse dnrch ein
ständig mit Öl getränktes Läppchen schützen Hess.
Müller (9) beschreibt in seinem Aufsatz: „Einige seltene Fälle
von Brustdrnsenerkranknngen zunächst 4 Fälle von der vorerwähnten
sog. Mastitis chronica scrofulosa, sodann einen Fall, wo er wegen hart-
näckiger, von der Brnstdrüse nach den Nervi intercostales und den Armen
ausstrahlender Nenralgie nacheinander die Ablatio beider Mammae ausführen
mosste und Heilung erzielte, endlich einen Fall von Geschwnlstbildnng in der
Mamma eines Mannes (Adenomyom); auch hier wurde der Tnmor exstirpiert
imd der Patient geheilt.
Massimi (8) hat in einem Falle von Brnstadenom den in der sub-
mammären Fnrche geführten Schnitt angewandt, worauf er die Drüse emporhob
imd den Tumor von unten her mit ausgezeichnetem kosmetischem Erfolg
exstirpiert«. Er empfiehlt stets diesen Weg in Fällen von benignen Tumoren.
R. Giani.
b) Geschwülste der Brustdrüse.
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Ritter (27) berichtet über Untersuchungen, die er angestellt hat zur
ng der Frage nach den Ursachen der Nekrosen beim Mamtna-
zinom. Ritter fand, dass die Nekrosen in j e d e m Karzinom der Brust-
B und der Lymphdrüsen auch in dem frühesten Stadium anzutreffen sind,
sie immer im Zentrum der Karzinomherde liegen, dass das Krebsge-
I ganz allmäblicli in das nekrotische Gewebe übergeht. Nie findet sich
chronische Reaktion um die Earzinomherde herum. Hieraus schliesst
ter, dass es sich nicht um eine akute, sondern nur um eine chronische
.digung handeln könne, die dauernd wirke. Als solch einen dauernden
digenden Reiz im Innern unseres Organismus kennen wir aber bislang
einen einzigen, den parasitären. Die Nekrose ist nach Ritters Ansicht
der Ort, wo die nekrotisierende Kraft ihre Wirkung ausübt, das Kar-
n aber sei die Reaktion des Körpers gegen das nekrotisierende Gift.
Handley (18) teilt aus dem Krebslaboratorium des Middlesex Ho-
lIs seine Erfahrungen und Untersuchungsergebnisse über die Verbrei-
gswege des Brustdrüsenkrebses mit. Ein Mammakarzinom, das
n über die Umgrenzung der Brustdrüse hinausgegangen sei, finde zunächst
) weitere Ausbreitung in der tiefen Faszie. Durch die dicke Brustwand
le die Pleura hinreichend geschützt gegen die Invasion des Krebses, nicbt
BCtticher, Die VerletzaDgen und Chirurg. Erankheiteii der Brustdrüse, 551
aber das Peritoneam, das namentlich an der Spitze des Processus ensiformis
nnr durch eine ganz dünne Bindegewebsschicbt vom faszialen Lymphplexus
gelrennt sei. Durch das Übergreifen des Karzinoms von den Lymphbahnen
der tiefen Faszie auf die subserösen Lymphbahnen der Pleura und des Peri-
TODeums ent^stehen aber die viszeralen Metastasen. (Epi gastrische Invasion.)
Handley hält es deshalb für geboten, die tiefe Faszie in möglichst grosser
AuaiehnuDg zu exstirpieren, und zwar dadurch, dass man den gewöhnlichen
Schnitt ca. 2 Zoll nach abwärts über die Linea alba verlängert und nun die
Faszie bis za einer 2 Zoll unterhalb des Processus ensiformis gelegenen Hori-
zoutale entfernt. — Es sei dies erheblich wichtiger als ausgedehnte Entfer-
nung von Haut und Muskeln.
Ritter (26) bat sehr häufig bei verschiedenen Karzinomen
Lymphdrüsen gefunden, von denen man annehmen musste, dass sie erst
iu Bildung begriffen waren. Sie linden sich neben derberen Drüsen, grenzen
<Lcb zwar änsserlich ebenfalls von der Umgebung scharf ab, machen aber
mehr den Elindruck von entzündeten Lymphdrüsen. Beim Durchschnitt findet
man statt einer ausgebildeten Lymphdrüse nur ein kleines, ganz wenig Lymph-
driisengewebe enthaltendes Fettläppchen. Es handelt sich dabei nicht um
verstreute Krebsherde im Fettgewebe; meist ist überhaupt keine Spur von
Kr«bsgewebe mikroskopisch zu entdecken; ebensowenig handelt es sich nm
tJDfache, kleinzellige Infiltrationen im Fettgewebe. Man muss vielmehr an-
nehmen, dass es sich um Lymphdrüsen bandelt, die sich erst durch Umwand-
lung eines Fettläppchens im Lymphdrüsengewebe bilden und entwickeln.
Ritter sieht im Gegensatz zu Bayer die Ursache der Neubildung
von Lymphdrüsen nicht in der Stauung, die durch Unwegsamkeit der anderen
Lymphdrüsen bedingt wird, sondern hält es für wahrscheinlich, dass diese
Drüsen neu bil düngen nichts anderes seien, als die erste Reaktion des
Korpers auf die Karzinom-Invasion.
Rnbescb (28) publiziert einen Fall von Galaktozele. Bei einer
25jiklingen stillenden Frau kam es im dritten Monat nach der Entbindung
zur Bildung eines zystischen Tumors der Brustdrüse. Wegen Verdachtes,
dass es sich um ein Zystosarkom handele, Ämputatio mammae. Die Unter-
suchung ergab ein intrakanalikuläres Fibrom nahe der Brustwarze, das infolge
dts durch das Stillen bedingten Reizes stärker gewachsen war und durch
Kompression der Milchgänge Veranlassung zur Entstehung der zystiscben Ge-
Echvulst gegeben hatte.
Nach Dieterichs (13) wird der Austoss zur Entwickelung hysteri-
scher Geschwulste in der weiblichen Brustdrüse, also in einem
Organ, das in mannigfachsten Beziehungen zu dem Genitaiapparat steht, am
bäuSgsten gegeben durch irgendwelche Affektionen der Geschlechtsteile. Sodann
kommen Traumen in Frage, die schon an und für sieb die Aufmerksamkeit
der betreffenden Franen auf die Mamma lenken. Es werden drei einschlägige
Beobachtungen mitgeteilt, wo stets während der Menses das Hervortreten
oder eine stärkere Anschwellung, be/w. erhöhte Schmerzhaftigkeit der Ge-
schwulst bei den hysterischen Patientinnen beobachtet wurde.
Darquier(12) beobachtete bei einer 35 Jahre alten Frau eine kolos-
sale Hypertrophie der Brüste, bedingt durch ein diffuses Fibrom. Die
amputierten Mammae wogen 10 bezw. 13 Kilo.
Dreydorff (14) exstirpierte aus der Brustwarze einer 32jährigen
Frau eine seit acht Jahren langsam gewachsene Geschwulst, die bei der histo-
JahrcBbericht tlir Cliirurgie. II. Teil.
iclien Untersuchung sich als Fibroma pendulntn erwies, das von der
stwarze seinen Ausgang genommen hatte.
Der von Strasser (35) mitgeteilte Fall von Schleimkrebs dsr
mma war in diagnostischer Beziehung besonders interessant. Er täuschte
st ein einfaches Hämatom der Brustdrüse, bezw. eine Mastitis vor. IHe
^nose wurde erst durch die histologische Untersuchung eines durch Prolw^
äion exstirpierten Stückes gesichert.
Schleimkrebse der Brustdrüse sind nach Strasser relativ selten :
imonds stellte 1884 20, Lange 1896 75 Fälle von Carcinoma gelatinosum
Die Cornil-Petitschen Mitteilungen {8 — 11) haben sämtlich nur ka-
tisches Interesse; sie betreffen Mitteilungen über Krebs der Brustwarze,
;om und ossifiziertes Chondrom der Brustwarze etc.
Giovanni Setti (32). Mitteilung der Krankengeschichte einer Patientin.
;he im Jahre 1893 die Exstirpation einer Brustdrüse erfuhr mit
leerung der Achselhöhle wegen einfachen Karzinoms. Im Jahre 1900
de sie wegen lokalen Rezidives einer weiteren Operation unterzogen,
h der zweiten Operation trat ein Tumor in der vorderen seitlichen Brust-
on der linken Seite auf; der linke Arm wurde ödematös und zum Sitze
stechenden Schmerzen und Parästhesien. Die Frau wurde behandelt mit
linchlorid (Behandlung nach Jaboulay), jedoch nahm die Geschwulst an
sse zu, ulzerierte mit übelriechenden Sekretionen. Einstellung der Kur.
Im September 1900 bekam die Kranke Erbrechen, welches sich ohne
el durch drei Monate hindurch fortsetzte und ohne Ekel oder sonstiges
einstellte. Keine Hämatemese. Cephalaea occipito-frontalis; geistig
Mal, Gedächtnisschwäche; Geruchsinn integer; Geschmack auf der hinteren
genhälfte abgeschwächt; Trübung des Gesichts; Lähmung des rechten
lucens; Aufhebung des Gehörs auf der rechten Seite; sprungweise Parä-
isien, Hypoästhesien, Anästhesien, vorwiegend auf der linken Körper-
te ; schliesslich Lähmung des Facialis dextr. und des linken Beines;
wierigkeiten beim Schlucken; innere Organe gesund; Exitus im Dezember
0 in Koma.
Nach einigen Betrachtungen stellt Verf die Diagnose auf Gehirn-
aor und wegen des Bestehens von Lähmungen mit dem Charakter der
pherischen des 6., 7., 8., 9., 10. Paares denkt er an Tumor der Base,
zwar in der Fossa endocranica posterior; durch den Umstand der Stö-
gen der Schädelnerven rechts und des linken Beines (abwechselnde Henii-
[ie Gublers) gelangt er zu dem Sitze desselben: rechte, untere,
tliche Hälfte der Brücke; in bezug auf die Natur desselben denkt
m Carcinoma. Die Sektion konnte er nicht vornehmen. R. Giani.
Braatz (2) äussert sich zur Frage der operatiTen Behandlang
' Geschwülste der weiblichen Brustdrüse. Er rät bei unklarer
gnose von einer Probeinzision ab. Man möge über die Natur der Krebs-
ne denken wie man wolle, — praktisch sei zu verhindern, dass wir mit
in die Operationswunde verunreinigen. — Man muss femer unbedingt
angen, dass jeder Knoten aus der Brost entfernt wird, auch wenn er
artig ist. Die kleine Operation stehe zu der möglichen Gefahr, die später
X Amputation bestehen bleibe, in keinem Verhältnis.
Braatz verwirft die Schleichsche Lokalanästhesie absolut bei
zinom, empfiehlt sie aber als eine ausgezeichnete Methode bei der Exstii^
Botticher, Die Verletzungen und cbirarg. Ersokbeiten der BroatdrUae. 503
pitioD Too gntartigen Bnistknoten. — Bei weit vorgeschrittenen Scirrhen der
pta alten Franen siebt Braatz in der Regel von eintir Operation ab; er
dringt aber darauf, dass der ulzerierte Krebs unter einem gut deckenden
Verbände gebalten wird.
Braatz empfiehlt sodann eine besondere Schnittfiihmng; die viel an-
^trandte Methode von Th. Kocher lege zwar die Axillaris und Subclavia
füt frei, gestatte aber nur schwer den Zugang zu den lateral gelegenen tiefen
Drusen (Subskapulardrüsen). Über die Braatzsche Schnittführung siebe Ori-
ginalteit. Grossen Wert legt Braatz nach erfolgter Wundheilung auf Arm-
Übungen, die mit einem KruclcGtock in einfachster Weise auszuführen sind.
Schröder {31} befasst sich in seiner Arbeit mit der Frage der Dane r-
beÜDug des Brustkrebses. Zu Grunde gelegt ist das Material der
Röitocker Klinik während des Zeitraumes von 1876 — 1901. Es handelt sich
um ^7 Fälle. Die Operation an sich bedingte 4,61 Vo Mortalität. 182 Patien-
linnen gingen an Krebsmetastasen oder Krebsrezidiv zugrunde. In 21,b''lQ der
'ijWe wurde eine sicher erwiesene, über drei Jahre dauernde Heilung erzielt.
Aus der Grazer Klinik liefert Schwarz (30) eine statistische Arbeit
ülier Behandlung der Mammakarzinome. Von 1896 — 1904 wnrden
if'^ä Fälle operiert; infolge des operativen Eingriffs starben 20 Kranke (6,90;o).
— In 14,51 "/o der Fälle war am Ende des dritten Jahres kein Rezidiv ein-
getreten; ohne lokales Rezidiv starben vor Ablauf des dritten Jahres 4,3 '*/'>■
ubne Lokalrezidiv blieben 45,65''/o. — In 8 Fällen waren auch die sapra-
kbtikulären Drüsen erkrankt und mnssten ausgeräumt werden.
Steinthal (34) berichtet über Danerheilung des Brustkrebses.
Von 99 Kranken leben 33 rezidivfrei länger als 3 Jahre; Rezidive wurden
^3mal beobachtet; an dem Eingriff starben 2, an interkurrenter Krankheit
1 Patientin. Nach dem 3. Jahre wurden nur 3 Rezidive beobachtet. Früh-
leiiige Diagnose, frühzeitige Operation — von diesen beiden Faktoren hängt
dss Beil der Kranken ab.
Gage (16) hat , nachdem er bei der Operation des Carcinoma
mammae auch den Pektoralis mit fort nahm, bessere Heilungsresultate
emelt als in der früheren Periode, wo er den Muskel znrückliess. Er be-
richtet über 62 Operationsfälle. Von 38 Frauen sind 15 länger als 3 Jahre
'dn Rezidiv verschont geblieben. Etwa in 50 7o der Fälle macht sich das
Keiidiv bereits innerhalb der ersten 12 Monate nach der Operation be-
mckbar.
Eine kombinierte Behandlung bei Brustdrüsenkrebs, be-
stehend in nochmaliger Operation nnd Belichtung mit Röntgenstrahlen, wurde
TonSheild (33) und Jones angewandt bei einer Frau, die bereits wegen
Carcinoma mammae operiert, aber von neuem erkrankt war. Ausheilung der
nlferierten Stellen und Zurückbildung der sekundär erkrankten Lymphdrüsen
vurden erreicht.
Chaput-Eschbach (3) stellte eine Patientin mit Brustkrebs vor,
beider die Doyensche Behandlungsmethode absolut keinen Erfolg
gehabt hat. Die betreffende Kranke, bei der das Mammakarzinom von
Cbipnt für inoperabel erklärt worden war, begab sich zu Doyen; vier In-
jelnionen; darauf Operation des rechtsseitigen Brustkrebses; dann weitere
^Einspritzungen. Als Chaput die Patientin wieder sah, konstatierte er:
starkes Erythem , ausgedehnte krebsige Infiltration der rechten Brust- und
Achselbi)hlengegend, fortschreitenden Kräfteverfall.
554 Jahresbericht fUr Chirurgie. II. Teil.
Michels (21) hat in 3 Fällen wegen Mammakarzinom die Oophor-
ektomie ausgeführt und zwar anscheinend mit recht günstigem Erfolge. Er
kommt zu folgenden Schlüssen:
Die Oophorektomie sei bei einer Anzahl von inoperablen und rezidi-
vierenden Mammakarzinomen ein vortreffliches Palliativmittel , das , ohne
wesentliche Gefahren zu bedingen, das Leiden lindern, das Leben verlängern
kann. Die im Alter von 40—47 Jahren stehenden Fälle eignen sich am
besten für die Operation. Nach der Menopause oder nach dem Auftreten
innerer Metastasen sollte die Oophorektomie nicht mehr ausgeführt werden.
Wirkliche Heilung ist allerdings von der Operation nicht zu erhoffen.
Wo es immer technisch möglich sei, sollten Rezidivknoten und Drüsen
vor oder gleichzeitig mit der Oophorektomie entfernt werden.
Schinzinger (29) erinnert an seinen schon im Jahre 1889 gemachten
Vorschlag, dass man bei Mammakarzinom, besonders ganz junger Frauen
mit der Entfernung der Ovarien nicht warten soll, bis Ulzeration,
Rezidive und Metastasen einen Brustkrebs inoperabel gemacht haben, sondern
dass man unmittelbar nach sichergestellter Diagnose bei Individuen vor der
Menopause die Kastration anraten und durchführen soll.
Allerdings ist Schinzinger selbst bei seinem beschränkten Material
noch nicht in der Lage gewesen, seinen Vorschlag betreffend die Kastration
durchzuführen.
Lett (19) vermag über 99 Fälle zu berichten, wo wegen Carcinoma
mammae die Oophorektomie ausgeführt worden ist. Davon erfuhren
23,2% der Fälle erhebliche, 13,2 7o etwas Besserung. Von 75 Patientinnen,
die vor dem 50. Lebensjahre der Operation unterzogen wurden, fanden sogar
41,3 ^/o entschiedene Besserung. Diese bestand in günstigen Fällen in Besse-
rung des Allgemeinbefindens, Nachlass der Schmerzen, Verkleinerung oder
Schwund der Geschwulst, Ausheilung ulzerierter Partien und Verlängerung
des Lebens, die in 15 hoffnungslosen, inoperablen Fällen 1 — 4V» Jahre aus-
machte. Eine Frau ist wohl nach Schwund des Krebstumors als geheilt an-
zusehen, da sie mehr als 5 Jahre nach der Oophorektomie gesund geblieben
ist. Am meisten Erfolg verspricht die Oophorektomie bei Frauen im 45. — 50.
Lebensjahre. Durch gleichzeitige Thyreoidinbehandlung scheint der Erfolg
der Oophorektomie erhöht zu werden.
Monzardo (22) berichtet einen Fall von Epitheliom der rechten
Brustdrüse bei einer Frau, bei der die ganze rechte Körperhälfte be-
deutend weniger entwickelt war als die linke. Da der Krebs unoperierbar
war, nahm Monzardo bei der Frau die Exstirpation der Ovarien vor.
R. Giani.
bnls, Verletzungen und chirucg. Erankheiten der Pleura und Lunge.
Verletzungen und ehirurgisehe Krankheiten der Pleura
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Referent: J. Schulz, Barmen.
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StiBelli (36a). Eine Wnnde der parietalen Pleura, welche den freien
und Austritt der atmosphärischen Luft gestattet, bedingt bei den Tieren
sofortigen Tod, der bei Meerschweinchen in wenigen Sekunden, bei Hunden
—7 Minuten erfolgt.
Derselbe ist unabhängig von dem Blutverlast, dem Hämotborax und
Shock.
Während, wenn man die Funktionsfähigkeit einer Lunge mittelst Iii-
onen von gelöstem Paraffin in dieselbe plötzlich aufhebt, die Tiere nur
ite dyspnoische Beschwerden zu erkennen geben, verenden sie trotzdem
rt, wenn mau bei ihnen nach einer solchen Behandlung eine Pleorawunde
ugt
Daraus leitet sich ab, dass die plötzliche Unterdrückung der Funktion
r Lunge keine Todesursache ist. Dieses beruht vielmehr auf dem Znrück-
igen des Mediastinums gegen die gesunde Seite und demnach auf der Anf-
ing der Funktion auch der anderen Lunge. Der Tod wird sicher ver-
Schall, Terlettuogen und chiturg. Erackheiteo der Pleura und Lunge. Ü5?
mieden durch raschen Verschlass der Bresche. Auch im Zustande vorge-
Fcbritteoer Asphyxie lässt sich die Atmungsfunktion durch die künstliche
Atmung wieder in Tätigkeit setzen. Giani.
Moro {29a) hat das lipolytische Vermögen der Transsudate und Ex-
sudate aafMonobntyrin untersucht: Seine Beobachtungen belaufen sich auf 35
iiWe und seine Untersuchungen wurden in Flüssigkeiten aus der Pleura, dem Peri-
toneum, den Meninges, in zwei Fällen ausHydrocele,'OTarialzystenusw. angestellt.
Er bat sehen können, dass sowohl die Transsudate wie Exsudate das
Vermögen besitzen, das Monobutyrin in eine Fettsäure (Buttersäure) und
inTierin zu spalten, und dass dieses lipolytiEche Vermögen variiert je nach-
dem, ob es sich nun um eine in der Pleura, dem Peritoneum und den Hirn-
ktuten entstandene patbol(^ische Flüssigkeit bandelt. Konstant ist jedoch
äw Tatsache, dass das lipolytische Vermögen bei Exsudaten ein bedeutend
sliirkeres ist als bei Transsudaten.
Die Methode der Bestimmung des lipolytiscben Vermi^ens einer patlio-
l"£i$chen Flüssigkeit bietet demnach einen zu beachtenden Anhaltspunkt für
die Unterscheidung eines Exsudats von einem Transsudat und bildet ein Dif-
irrentialkriterium von hoher Wichtigkeit in den zweifelhaften Fällen, bei
denen sie einen den sonstigen Untersuchungsmethoden überlegenen Wert besitzt.
Giani.
Gaillard (16) bespricht die verschiedenen Formen des Pneumothorax
»!-a¥iitlich vom Standpunkte des Praktikers, mit besonderer Berücksichtigung
dtr Prognose und Therapie. Mit wenigen Worten werden zunächst die Fälle
«inäliDt, die mehr in das Gebiet der Chirurgie gehören: der Pneumothorax
»ach penetrierenden Wunden mit Lungenverletzung, nach Thoraxkontusionen
mit Lnngenruptur ohne äosserliche Verletzung, nath Rippenfrakturen, Ope-
ralionen an der Brust u. a. m. Auch die therapeutische Punktion eines Ex-
■udats kann — z. B. durch Zerreissung der pathologisch veränderten Lunge —
den Lnfteintritt in den Pleuraraum zur F'olge haben. Die Behandlung ge-
;i:iiiebt nach Lage des einzelnen Falles; oft schafft die Thorakozentese Bes-
serung bezw. Heilung. Weiterhin bespricht Gaillard die verschiedenen
Arten, die in der inneren Medizin zur Beobachtung kommen; abgesehen von
HQigen seltenen Formen sind es im wesentlichen folgende : der einfache Pneumo-
thorax, der bei Tuberkulose, Emphysem, Keuchhusten, seltener bei Pneumonien,
entsteht, zeigt oft Erstickungsanfälie, die so bedrohlich werden können, dass
>K sofort einen chirurgischen Eingriff — Parazentese, eventuell mit Aspi-
ration— erfordern. Verbindet sieb ein Pneun.othorax, z. B. nach Perforation
■rines Lungenabszesses in das Mediastinum, mit Hautempbysem, so ist eben-
bils ein chirurgischer Eingriff nötig und auch dann noch ist die Prognose
iii«ist schlecht, noch ungünstiger gestaltet diese sich bei dem zum Glück
selten doppelseitigen Pneumothorax, während es anderseits eine Reihe von
F'jrmen gibt, die relative gute Aussicht auf Heilung bieten: dahin gehört der
l'neumot'aoras , der bei anscheinend Gesunden infolge von übermässigen kör-
|>er!ichen Anstrengungen entsteht, z. ß. nach dem Heben schwerer Lasten;
luer kommt man bei der Behandlung auch meist ohne Thorakozentese aus.
mikommen entbehrlich, sogar verboten ist letztere bei Uydropneumothorax,
der meist bei Phthisikern vorkommt. Dieser ist zwar an sich durch Um-
wandlung in Hydrotborax mit nachfolgender Resorption einer Heilung fähig,
il"ch ist die Heilung oft nur eine scheinbare. Bei Tuberkulösen bildet sich
auch häutig ein Pyopneumothorax, jedoch kann dieser auch im Anschluss an
Jahresbericfat für Chirurgie. H. Teil.
eichung von Infarkten oder durch Lungengangrän oder durch Perforation
Digestionstraktus aus entstehen. Wenn es sich um einen chronischer]
Pneumothorax handelt, so stellt sich im Laufe der Zeit Kachexie mit
n Begleiterscheinungen ein; eine Umwandlung des Pyopneumothorax in
pyem oder gar Hydropneumothorax mit Ausgang in Heilung steht schwer-
zu erwarten, dagegen führt der Pneumothorax manchmal zum Durch brucii
h aussen, wie das Empyema necessitatia oder es wandert der Eiter spontan,
{, durch das Zwerchfell und veranlasst eine Abszessbildung in der Lenden-
iknlatur oder dergleichen. Chirui^ische Eingriffe kommen höchstens in
3hen Fällen und bei wenig alterierter Lunge in Frage, im übrigen kann
nfalls die Thorakozentese als Palliativoperation dienen.
Grifon (21). Der Kranke wurde im Jahre 18C6 wegen eines uie(;i-
umonischen Empyems operiert- Damals hatten sich im Anschlösse an
kutane Koffeininjektionen pneumokokkenhaltige Hautabszesse entwickeJr.
er jetzt neuerdings an Pneumonie erkrankte, traten bei hypodermatischt-n
Feininjektionen Abszesse an beiden Armen auf, die kulturell sich als pneumo-
kenhaltig erwiesen.
Gangitano (17). Verletzungen mit blanker Waffe, die einen Hämo-
rax zur Folge haben, betreffen hauptsächlich Läsioneu der Arteriae inter-
tales, der Mammaria interna oder das Lungenparenchym. In seltem-n
len wird nur das parietale Blatt der Pleura verletzt, während das viszeral-
tt derselben intakt bleibt, gewöhnlich aber werden beide Pleurablätter be-
Ten. Symptome des Hämothorax sind: Verstrichensein der Interkostui-
me, die betroffene Seite erscheint vorgewölbt und bleibt bei der Atnuiug
uck. Je nach der Menge des ausgetretenen Blutes verschieden grosse
mpfung; bis zur Mitte der Skapula entspricht sie etwa zwei Litern. Summ-
nitus im Bereiche der Dämpfung verschwunden. Abgeschwächtes oder
irhaupt kein Vesikuläratmen , manchmal leises Bronchialatmen. In den
isten Fällen handelt es sich dabei um einen Hämopneumothorax. Olier-
b der Dämpfung tympanitischer Schall mit amphorischem Atmen. Mei^t
rke Dyspnoe, etwas Zyanose, tiefe Blässe, bei stärkerer Blutung allgemeine
eben von Anämie, etwas erniedrigte Temperatur. Bei Verletzungen grosser
^se kann der Tod sofort eintreten, bei andauernder Blutung aus k]etnen.'ii
fassen kann er auch noch am dritten, vierten, ja selbst am fünften T;if:e
treten. Auch Bemissionen der schweren Erscheinungen kommen vor,
rauf letztere nach einigen Tagen wieder einsetzen; häufig verläuft der
mothorax auch in milder Form, die Erscheinungen gehen nach kürzerer
ir längerer Zeit zurück, wobei sekundär auch eine Infektion, sei es von
■ Lunge oder von der Wunde aus, erfolgen kann; schliesslich kann aucfi
irumpfung der betroffenen Seite eintreten.
Die Diagnose der penetrierenden Thoraxwnnden hat in erster Linie zu
ücksichtigen , welches Gefäss verletzt wurde ; Hämatome und die Lokali-
ion der Wunde werden da entscheiden, häufig genug aber wird eine öe-
mmte Diagnose unmöglich sein. Ein sicheres, aber mitunter fehienile?
iclien der Lungen Verletzung ist die Hämoptoe, ebenso Austritt von jcltau-
gem Blut aus der Wunde. Probepunktion und bakterielle UntersuchuiiL;
i Punktats werden eventuell Aufschluss zu geben haben, ob eine sekundäre
Sektion vorliegt.
Die Therapie ist eine konservative oder chirurgische: letztere kann drei-
:her Art sein: 1. Plenrotomie und Tamponierung der Pleurahöhle: 2 An-
Schuli, VerletEungeu und Chirurg. KraokheiteD der Pleura und LuDge. 559
jV^Djj eines künstlichen Pneumothorax oder 3. direktes Angehen der ver-
letzten Longe. Die erste Methode wird von den Franzosen, die dritte von
den Italienern bevorzugt.
Im allgemeinen wird die operative Behandlnng vorzuziehen sein; nur in
ganz leichten Fällen wird ein Ok kl usions verband genügen; die manchmal ge-
übte Aspiration des Extravasats bringt viele Gefahren mit sich, besonders
die der Infektion, die selbst bei peinlichster Asepsis oft nicht zu vermeiden ist.
An der Hand von drei Fällen aus seiner Klinik, die er mit gutem Er-
folge operierte, kommt Verf. zu dem Schlüsse: Die beste Behandlungsweise
des traumatischen Hämothorax ist die operative ; die breite Eröffnung des
Thorax ist durchaus nicht so gefährlich, wie man gewöhnlich annimmt; die
?r.eiimorrhapbie ist meist leicht ausführbar und wohl das beste blutstillende
Mittel. Giani.
Kernet (14) berichtet zwei Fälle von Pleuritis, von denen der erste
rein eiterig, der zweite gangränös war. Der erste Fall betrifft den Autor
selbst, damals 64 Jahre alt, der zweite einen 35 jährigen Arzt.
Im ersten Falle handelte es sich anfangs um eine Pneumonie, an der
Innenseite des linken Oberlappens gegen das Spatium interlobare hin sich
erjcreckend : dementsprechend Dämpfung über der medialen Hälfte der Fossae
Eupra- und infraspinata. Keine Krise am Ende der ersten Woche, sondern
nnregelmässiges Fieber mit Schüttelfrösten; nach einiger Zeit lässt sich eine
streifenförmige Dämpfung in der Mitte zwischen Skapula und der Wirbel-
säule mit fast völlig aufgehobenem Atmungsgeräusch nachweisen. Probi:-
punktion an dieser Stelle ergibt dicken Eiter, bakteriologisch nur Pneumo-
kokken nachweisbar: bei der nun vorgenommenen Operation [vertikaler Schnitt,
Kesektion zweier Rippen) werden zwei Liter Eiter entleert, die Wunde drai-
niert; unmittelbar post operationem Abfall des Fiebers, langsame Rekon-
v^eszenz, die Wunde schliesst sich nach etwa zwei Monaten ; nach dieser Zeit
Heiliges Wohlbefinden, bedeutende Gewichtszunahme. Das Röntgenbild zeigt
n dieser Zeit streifenförmige, dunkle Zonen lim Mediastinum imd über der
linken Zwerchfellkuppel , welche letztere bei der Atmung kaum bewegt wird.
Der zweite Fall ist noch dadurch bedeutend schwerer, dass es sich hie-
)m am eine Lungengangrän handelt; die Erkrankung begann mit heftigem
S*ilenstechen links, was durch mehrere Tage das einzige Symptom blieb,
auch objektiv war nichts nachzuweisen. Später traten unrt^gelmässiges Fieber,
me kleine Dämpfung hnks in der Mitte der Skapula und endlich die gleiche
Ilimpfungsligur wie im ersten Falle auf. Die Probepunktion und anschliessende
Operation ergeben l'/s Liter föticier rötliclier Flüssigkeit mit einer Unzahl
verschiedener Razillen und Kokken, beinahe ohne zelluläre Elemente.
Die Rekonvaleszenz, in deren Verlauf Rezidive auftraten, gestaltet sich
sehr langwierig; Phagozytose der Bakterien wird nach R. Petit durch In-
jt-ktionen von warmem Pferdeserum erwirkt, wodurch eine bedeutende Ver-
mehrung der Leukozyten im Eiter mit gleichzeitiger Verminderung der Bak-
imen erzielt wurde. Nach mehreren Monaten völlige Heilung.
Die Diagnose der Mediastinalpleuritis wird demnach in manchen Fällen
durch die eigentümliche streifenförmige Dämpfung zwischen Skapula und
Wirbelsäule ermöglicht werden; bei gestellter Diagnose wird in jedem Falle,
«0 die übrigen Symptome auf ein eiteriges Exsudat hinweisen, die Operation
vorzonehmen sein.
JahrMbeijobt fUr Chirurgie. II. T«i].
lerfler (11) war es schon vor längerer Zeit aufgefallen, dass scbein"
iustig verlaufende Fälle von Lungentuberkulose mit einem Schlage
idang zum Besseren erfuhren, wenn zur Lungentuberkulose eine Pleu-
jdativa serosa hinzugetreten und das Exsudat durch Thorakozentese
worden war. Derartige Heilungsvorgänge wurden öfter beobachtet
f. empfiehlt, bei bestehender Lungentuberkulose jedes Exsudat nach
Lttägigem Bestehen durch Thorakozentese zu entfernen, ancb wenn
ine Indikation zur Thoraxpunktion bestehen würde. Er erklärt sich
lu88 der Punktion auf die Tuberkulose der Lungen ungefähr so:
i durch das Exsudat durch längere Zeit ein Druck auf die Lunge
worden ist, entsteht infolge Entfernung der komprimierenden Flüssig-
} Ge^slähmung und diese bewirkt eine mehrere Tage danemde
BlutUberfüllung der Lnnge und des Rippenfells.
,umler (2) beschäftigt sich in seiner Arbeit mit dem eigentümlichen
3 tympanitischer Schallbezirke im Gebiet der Flüssigkeitsansammhiug
■ und Pyopneumotborax.
ch bei scheinbar recht einfachen Verhältnissen, wenn mit oder ohne
T Lungen Veränderung lediglich ein grosser Flüssigkeitserguss neben
ftansanimlnng in einem Pleurasack nachweisbar ist, kann neben den
chen Perkussionserscheinungen das Auftreten eines ausgesprochenen
<isch (gewöhnlich nicht gleichzeitig auch metallisch] schallenden Be-
nerhalb des Bereiches der Flüssigkeitsdämpfung sehr auffällig werden
die Erklärung seines Entstehens grosse Schwierigkeiten bieten. In-
er Flüssigkeitsdämpfung lindet man einen ganz hellen tympani tischen
!irk, der Tag für Tag, bei jeder Untersuchung, so lange die Verhält-
allgemeinen die gleichen bleiben, in ganz gleicher Weise und mit
eibender Begrenzung nachgewiesen werden kann. Dass eine einheit-
<lärung für diese höchst eigentümliche Erscheinung nicht gegeben
lann, beweisen die mitgeteilten Fälle. Entweder kann teilweise fcoui-
i, der Brustwand noch adharente Lunge, besonders vom und seit-
m bei Sero- und Pneumothorax vorkommenden tympanitischen Schall-
igen (derselbe wird verschwinden, wenn der betreffende Lungenteil
gedrängt und luftleer geworden) nur mehr eine zapt'enartige Brücke
Lunge und Brustwand bilden. Oder aber kann dem Pneumothorax
inde Luft, wenn die Lunge infolge früherer Verwachsung nur ungleicfi-
ibgedrängt werden kann, den tympanitischen Schall geben, indem
ie Verwachsungen bedingte Buchten des Luftraumes dnrch dünne
n Flüssigkeit oder luftleeren Lungengewebes hindurch perkntiert werden,
irinöse Membranbildungen und netzartig verstrickte Fibrinmassen
luf die Entstehung tympanitischen Schalles an ungewöhnlichen Stellen
luss sein, indem vorübergehend Luftblasen unter solchen sich 3D-
und sich in ihnen verfangen können. Endlich scheint bei gewissen
gs Verhältnissen und vielleicht auch, ähnlich wie bei der Erzeugung
.llklanges, bei einer bestimmten Richtung des Perknssionsstosses durcb
äit hindurch in einem grösseren, oberhalb derselben befindlichen LuH-
npanitischer Schall hervorgerufen werden zu können. Die besprocliene
tujg hat neben theoretisehem scheinbar auch grosses praktisch^'
I. Gerade an den Stellen vorn und unten seitlich am Thorax, an
in den angeführten Fällen ein tympanitischer Bezirk nachzu\\ei:it'n
-den am häufigsten die Punktion pleuritischer Exsudate und TUorako-
Scholl, VerletEungeii nod cbjmrg. Erankbeiteu der Pleara und Lunge. 561
TOi^enommen. Man darf also an Stellen mit tympanitiechem Schall
nicht immer nur lufthaltiges Lungengenebe vermuten (und au solchen Stellen
wird man nur gngern punktieren), sondern man wird daran denken müssen,
dass, wenn solche tympanitische Bezirke längere Zeit in ganz gleichmässiger
Weise fortbestehen, auch innerhalb derselben die Flüssigkeit dicht hinter der
ßrustwand angenommen werden darf.
Penzoldt (31). Mitteilung eines Falles von tuberkulösem Pnenmo-
P^othorax mit Heilung des Pneumothorax mit seinen Folgezuständen and der
ürondkrankheit der Lunge auf Jahre hinaus. Der Verlauf des Exsadats, in
dem nur verfettete Eiterkörperchen, körniger Detritus und Tuberkelbazillen,
aber keine anderen patbogenen Bakterien nachgewiesen wurden, war ein völlig
fieberfreier, die Behandlung bestand in einer Freiluftruhekur mit Überemäh-
rung und in wiederholten einfachen Punktionen mit nachfolgender Jodoform-
injektion.
Lemoine et Gallois (23). Die seröse oder eitrige Pleuritis ist eine
seltene Komplikation einer Ällgemeininfektion mit Gonokokken. Die Verff.
zitieren die bisher bekannten 15 Beobachtungen, von denen jedoch nur in
dreien der bakt«riologische Nachweis von Gonokokken im Pleuraexsudate vor-
li^; einen vierten sicheren Fall beobachteten sie selbst bei einem 3s jähr.
Manne, bei welchem die Erkrankung zunächst als tuberkulöse Pleuritis an-
gesprochen wurde. Der Beginn war akut und im Laufe des nächsten halben
Jahres mosste häufig punktiert werden, wobei grosse Mengen stark rötlich
gefärbter Flüssigkeit entleert wurden. Dabei starke Abmagerung, Albumen
im Urin, Kräfte verfall. Erst jetzt wurde bekannt, dass Pat. vor Beginn
der ersten Erscheinungen an einer vernachlässigten Gonorrhöe gelitten hatte.
Die nunmehr vorgenommene bakteriologiache Untersuchung der Pnnktions-
flässigkeit ergab Gonokokken in Reinkultur. Wegen der schnellen Wieder-
ansammlong des Exsndats wurde die Pleurotomie mit Rippenresektion ge-
macht. Die Pleurahöhle war mit dicken falschen Membranen ausgekleidet,
welche in dem rötlichen Exsudate öottierten. Unter zunehmenden Erschei-
nmigen von Seiten der Nieren trat immer grösserer Kräfteverfall und 9 Monate
nach Beginn der Erkrankung der Tod ein.
Die Pleuritis gonorrhoica tritt meist während des aknten Stadiums der
GoDorrböe anf, die Symptome sind nicht besonders für den gonorrhoischen
l'rsprung charakteristisch. Die Infektion der Pleara erfolgt wahrscheinlich
auf der Blutbahn und die Exsndatbildung ist eine direkte Folge der in der
Pleurahöhle sich festsetzenden Gonokokken, nicht nur ihrer Toxine.
Mos heim (30) berichtet zunächst über 50 Fälle von Pneamothorax
aus der Heidelberger medizinischen Klinik. Von diesen waren 42 tuberku-
löser Natur, 7 durch fötide Bronchitis, Lungengangrän, Tumor usw. bedingt
und 1 von zweifelhafter Diagnose, vielleicht auch tuberkulös. Der letztere
Patient heilte, die 7 anderen starben; von den 42 tuberkulösen — also
86 ".0 aller Fälle waren tuberkulöser Herkunft — wurden 6 operiert und
zwar wurde 3mal eine Thorakoplastik ausgeführt, 2niaJ die Bülausche
Heberdrainage angewandt nnd 1 mal Thorakotomie and Rippenresektion vor-
AJIe diese 6 Patienten sind, aUerdings zum Teil erst nach jahrelangem,
zeitweise gutem Befinden gestorben. Interessante Einzelheiten aus den Journalen
liier wiederzugeben ist nicht der Platz.
Jahresbericbt fUr Chirurgie. II. Teil.
Ein einziger Fall, konservativ behandelt, wurde geheilt. Die übrigfn
Einken konnten bei konservativer Therapie, die allerdings mehrfach
Punktion unterstützt wurde, nicht ganz geheilt werden. Die Prognose
0 sehr trübe.
Ss wird dann ausführlich über das von Murphy inaugurierte Vorgehen
tet, vermittelst künstlicher Herstellung eines Pneumothorax durch
toff - Therapie tuberkulöser Gelenkerkrankungeu — und damit die
nen und therapeutischen Heitungsbestrebungen zu unterstützen, insbe-
e bei Lungenblutungen schnell Hilfe zu schaffen.
Vlarphy hat bisher 1600— 1700 derartige Injektionen mit befriedigendem
ä vorgenommen.
^erf. setzt auseinander , dass es natürlich etwas ganz anderes sei , ob
lenmotborax durch Perforation der erkrankten Lunge in den Pleura-
entsteht, oder ob man auf aseptischem Wege steriles Gas in den un-
rten Brustfellraum einspritzt. Hiermit ist keine wesentliche Gefalir
iden ; was es für den beabsichtigten Zweck nützt, darüber fehlt es noch
sprechender Erfahrung.
Verf. behandelt weiterhin sehr ausführlich die Mechanik des Pnenmo-
und seine Beziehungen zur Zirkulation. Nach Besprechung der bisher
an Behandlungsmethoden deutet er als die ideale Methode die an,
iv die Lungenfistel and zwar möglichst früh, zu verschliessen und
ÜberdruckTert'abreo die Lunge wieder auszudehnen. Dann nach ^"er-
) der Lungenfistel kann auch die Bülausche oder Pertbessche
Ige zur Ableitung der Sekrete und Erhaltung geringen Unterdmckes mit
1 Verwendung finden.
ie Gery et Froia (18). Die Frage nach der Gerinnbarkeit bezw.
lung in den Pleuraraum ergossenen Blutes ist noch nicht endgültig be-
*tet; während manche Autoren der Pleura eine die Gerinnung hindernde
;eit zuschreiben, sind von anderen, z. B. nach Berstung von Anearysmea,
rinnsei im ßrustfellraum gefunden worden. Yerff. glauben, dass durch
«mbewegung das gleiche zustande kommt, als wenn man Blutgerinnsel
se schüttelt; die roten Blutkörperchen werden nicht mehr festgehalten in
brinmaschen und durchsetzen die ganze Flüssigkeitssäule ; die Gerinnsel
werden zerkleinert. So kommt es auch, dass man hei Punktion dea Extra-
in verschiedener Höhe ungleichen Gehalt an roten Blutkörperchen findet.
Die Blutkörperchen selbst unterliegen einer vierfachen Art der Auf-
ig bezv. Auflösung; der Mikro- und Makrophagie, von denen die erste
mtergeordnete Rolle spielt, auch vielleicht auf falsche Deutung der
Ige hin hervorgehoben wurde; die Globulolyse; die Hamoglobinoljse,
I obgleich von anderen bestritten, durch den Gebalt des Exsudats an
farbstoff bewiesen wird und die Antiglobulyse , welche unter gleich-
m Auftreten von eosinophilen Zellen als Mechanismus zur Verlangsamung
irfalles roter Blutkörperchen zustande kommt.
£u bemerken ist, dass der obere Anteil des Hämatoms mehr weisse
irperchen enthält als der untere, dieser umgekehrt mehr rote als der
Ihr Befund war:
Grosse mononukleäre 90,42 drei Tage später 68,49
Lymphozyten 2,12 „ „ „ 2,05
Polynukleäre 3,72 „ „ „ 0,68
Eosinophile 3,72 , „ „ 28,76
Schulz, Verletinngen und chirurg. Krnnkheiten der Pleura and Lange, 563
Die Resorption betreffend fanden sie: Endothelzellen, manchmal auch
zrosse mononakleäre Leukozyten mit eingesclilossenen Erythrozyten. Die Pnnk-
tionstlüssigkeit war gelb und zeigte die Gmelinsche Reaktion sehr deutlich.
Di«: rot«n Blutkörperchen waren teils sehr klein oder blaugefärbt, teils mit
gekerbten Rändern. Die Hämoglobinolyse ist gekennzeichnet durch die
Färbung des Serums.
Verff. unterscheiden drei Grade: Gelb, rosa, grünlichgelb; ersteres bei
weniger als 100000 Erythrozyten im ccm, Rosafärbung bei mehr als 100000,
endlich bei mehr aU 1000000 das dritte Stadium. Eine Flässigkeit kann
natürlich auch alle drei Pigmente enthalten; eine entsprechende Verdünnung
genügt, uro die einzelnen kenntlich zu machen.
Die Resorption kann völlig lieberlos und auch mit Temperataranstieg
und erneuter Transsudation stattfinden unter Bildung von Fibringerinnseln,
die Untersuchung auf Mikroben bleibt dabei ergebnislos. Um bei grösseren
Bhtergüssen dem entzündlichen Stadium, welches pleuristiscbe Adhäsionen
zur Folge haben würde, auszuweichen, empfiehlt es sich, zwischen 12. — 15. Tage
zn aspirieren.
Martina (26) berichtet einen von Payr in Graz mit Glück nach der
Methode von Hoff mann (Kalk- Köln) behandelten Fall von Pleuraempyem.
Diese Methode besteht darin, dass nach der Eiterentleerung mittelst Rippen-
resektion die Empyemhöhle ausgespült, getrocknet und ohne Anwendung von
Drainage durch einen Verband luftdicht abgeschlossen wird. Der Luftabschluss
soll bis zum 3. — 5. Tage dauern, in weicher Zeit die auggedehnte Lunge
schon genügend fixiert ist. Späterhin können kleine Drainagen eingelegt
«erden. Wichtig ist, die Thoraxfistel tunlichst tief entsprechend der 9. oder
10. Rippe in der Skapularlinie anzulegen. Zur Verhütung vorzeitigen Ver-
iLJebeuE der Wundränder werden diese an der äusseren Haut in die Höhe
genaht.
Tiegel (39) ergreift in dem immer noch nicht entschiedenen Streit
aber den grösseren Wert des Über- oder Unterdruckverfahrens das Wort, um
die Gründe der Gegner des letzteren, speziell Brauers, zu widerlegen. Aus-
gebend von der Tatsache, dass schon geringe Druckvermehrung im Longen'
hftraume ganz beträchtliche Zirknlationsstörungen zur Folge hat, wendet
Tiegel gegen Brauer ein, dass wohl ein gesunder Mensch über solche in-
folge der grossen Aopassungsfähigkeit seines Zirkulationssystems hinweg-
kommen könne, dass das sicher aber nicht ohne weiteres von einem Kranken
angenommen werden dürfe.
In längerer Darlegung, deren Besprechung zu weit in physiologische
und physikalische Einzelheiten führen würde, sucht Tiegel, gestutzt auch
anf ein ganz einfaches Elxperiment, den Nachweis zu fähren, dass in letzter
Linie bei Uberdruckverfahren eine vermehrte Arbeit des Herzens und zwar
eine ^'ermehrung der Saugwirkung des rechten und der Druckwirkung des
linken Ventrikels eintreten müsse.
Bei seinen Experimenten erwartet Tiegel den Einwand, dass er zu
hohe Überdruckwerte angewandt habe und erklärt dies damit, dass er die
Grenzwerte habe feststellen wollen, welche noch gerade ertragen werden
könnten. Nicht recht ersichtlich bleibt aber doch, warum er nicht die ein-
fache Abäjiderung seiner Versuche mit Druckhöhen, wie sie Brauer an-
wendet, vorgenommen hat, um zu sehen, ob die von ihm erwarteten Scbädi-
gangen eintreten.
Jahresbericht fUr Cbirurgio. 11. T«il.
Im zweiten Teile mehr technischer Natur wendet eich Tiegel gegen
Ausspruch Braaers, dass das Überdruckverfahren das einfachste und
erste sei. Vor allem bemängelt er die Kompliziertheit und schwierige
itiolle bezw. Reparatur des Bran ersehen Apparates und die starke Be-
lerung des Narkotiaeurs. Letztere wird wohl jedem, der viel narkotisiert
, aufgefallen sein. .
Zum SchlusB meint Tiegel, dass physiologisch das Überdruokverfabren
das Unterdruckyerfahren bei weitem nicht heranreiche und ausserdem
leicht gewisse Gefahren für den kranken Menschen in sich schliesse, so
i vorläufig für eingreifende Operationen am Menschen nur das ünterdnick-
ahren in Frage komme. Ausgeschlossen sei, wie Tiegel begründet, das
rdruckverfahren bei Speiseröhrenoperationen, bei Operationen an kranken
gen, bei allen tlerzerkrankungen , Krankheiten des Mediastinums, sub-
nalen Kröpfen.
Milner (28) teilt in seiner aus der chirurgischen Klinik der Charite
amenden Arbeit zunächst fünf neue Beobachtungen dieser eigentümlichen
letzuDg mit. Die bisher veröffentlichten 26 Fälle werden am Schlut^se
eführt, ebenso ein ausführliches Literaturverzeichnis. Die wesentlichen
ebnisse der Arbeit Milners sind folgende: l. die sogenannten Stauungs-
ungen am Kopf und Hals, bisweilen auch am Thorax und an den Armen,
nach Rumpfkompressionen, nach Erbrechen, epileptischen Anfallen, Keuch-
ten und schweren Entbindungen, ferner bei Strangulierten und endlich
im Gedränge stark Gequetschten auftreten können, entstehen hauptsäch-
dadurcb, dass der starke Überdruck in den Rumpfhöhlen zn einer Rück-
euderung von Venenblut in das klappenlose Wurzelgebiet der Cava superior
-t. 2. Bei Rumpfkompressionen beruht dieser Überdruck meist nicht allein
einer passiven einmaligen Kompression eines mehr oder weniger grossen
es des Rumpfes. Vielmehr muss damit überhaupt eine beträchtliche
kschleuderung von Venenblut zustande kommen, der Kontusion meist eine
iktoriscbe Inspiration mit nachfolgender Glottisschliessung der Bauch-
cen vorausgehen, wie sie ja auch das Erbrechen, Husten, epileptische An-
I und starke körperliche Anstrengungen begleitet. Diese reflektorische
pannung der gedehnten Rumpfwände erklärt es auch, dass bei diesen
atzten die inneren Organe meist relativ wenig durch die direkte Gewalt
in. 3. Zu der Wirkung, die die Kompression des so geschlossenen Kampfes
die in ihm enthaltene Blutmenge ausübt, gesellt sich weiter häufig der
;hgerichtete Einfioss späterer Abwehranstrengungen, durch die auch eine
acbtliche arterielle Fluxion nach oben herbeigeführt wird; femer die
■Intoxikation und die mechanische Behinderung des venösen Rückflusses.
Summe dieser Hanptfaktoren wird noch von allerlei Nebeniimständen
uflusst, der allgemeinen Blutmenge im Körper, der Lage des Oberkörpers
bei und nach der Einklemmung, der Schnürung des geschwollenen Halses
:h den Kragen , von äusserem Gegendruck durch die Kleidung , vom
ick usw. 4. Zur Entstehung der sogenannten Stannngsblutungen ist nicht
sehr starke Rumpfkompression notwendig, und bei nur „momentaner"
er würde eine solche allein wahrscheinlich fast niemals zur Erzeugung
rerer Zirkulationsstörungen der beschriebenen Art hinreichen, ohne gleich-
g die inneren Organe schwer zu verletzen. 5. Die sogenannten Stauungs-
ingen bei ' Erbrechen , Husten und epileptischen Krämpfen nnd die bei
ickten und Strangulierten beruhen ebenfalls auf dem mannigfachen In-
Scholz, TerletzQDgen und chinirg. KrBDkheiten d«r Pleuta und Lunge. 5Gä
tloaiidergreifen derselben Uanpt- und Nebenumstände, die bei Rumpfkom-
pKssionen wirksam sind. 6. Die Stunden oder Tage hinterbleibende dunket-
Uane Färbung der befallenen Teile beruht zum grossen Teile auf venöser
Slase infolge von Überdehnung der elastischen Venen und Kapillaren.
Boinet (5) bespricht die Anwendungsmethode und Erfolge bei Punktion
TOD Pleuraexsudaten und Transsudaten mittelst des von ihm neu angegebenen
Drains mit Klappen, der sowohl allein mit einer Metallkanüie als auch zur
Dauerbehandlang mit dem Potainschen Apparate verwendet werden kaiin.
Bei Benützung dieser neuen Methode kann man auch die Fälle, für welche
die Thorakozentese zu bedenklich erscheint , angeben , ebenso auch einen
Pneumothorax.
Regnault (33) bringt eine sehr ausführliche Krankengeschichte, deren
khalt in kurzem folgender ist: Es handelte sich um einen Mediziner, der
bis auf eine Angina und Bronchitis im Jahre 1902 immer gesund war. Von
dieser Zeit an fortwährende ärztliche Behandlung wegen trockenen Hustens,
leichter Dyspnoe, Druckgefühls in der Brust, Abmagerung etc. Objektiv fand
sich bis auf die Symptome einer grösseren Pleuritis linkerseits nichts Auf-
fallendes.
Die behandelnden Ärzte und Patient selbst dachten natürlich an eine
progredient« Phthise, obwohl im Sputum keine Tuberkelbazillen waren; da-
ge>:en wurden Pneumokokken gefunden. Allmählich zeigten sich im 7. und
9 Interko&talraum je ein Tumor, die als kalte Abszesse aufgefaest und auch
inzidiert worden. 1904 wurde Patient ins Spital aufgenommen und im Mai
Würde unter Kokainanästhesie eine Pleurotomie gemacht, bei der sich eine
grosse abgeschlossene Eiterhöhle fand; der fÜter enthielt reichlich Pneumo*
kokken. Von diesem Herd aus waren zwei Stellen im subkutanen Zellgewebe
durchbrochen und hatten die zwei Abszesse bedingt. Heilung.
Lor4nd (24) liefert in seiner Arbeit einen interessanten Beitrag zur
Kenntnis der Pleuraechinokokken im Kindesalter.
Die Diagnose des intrathorakalen Echinococcus ist schwer, deshalb bieten
diese Fälle sehr oft Gelegenheit zu Fehldiagnosen. Am häufigsten wird Lnngen-
«chinococcus mit Lungentuberkulose, Lnngenabszess oder Lungengangrän ver-
wechselt, und dringt er in die Pleurahöhle, dann mit Pneumothorax. Plenra-
ccbinokokken werden infolge der Symptomenanalogie irrtümlich für Exsudat-
Pleuritis oder für Hydrothoraz diagnostiziert. Oft wird die Gegenwart des
Gchinococcns erst bei der Sektion konstatiert. Die Entwickelang der primären
Plearajyste ist eine sehr langsame. Die Symptome imitieren genau die
«ine« Pleoraezsudates. Dementsprechend sind thorakale Schmerzen und an
der Stelle einer zirkumskripten Dämpfung Thoraxvergrösserung, Zurückbleiben
des Thorax beim Atmen mit geschwächtem Atmungsgeräusch vorzufinden.
Charakteristisch für die Zyste sind ausser den oft sich wiederholenden thora-
LaleD Schmerzen und der stets zunehmenden Dyspnoe die bogenförmigen
Grenzen der Dämpfung und eventuell die zirkumskripte Vorwölbung der Vor-
derwand des Brustkorbes. Der Lungenechinococcus kann anfangs, besonders
»eon der Herd der Krankheit in der Tiefe des Lungengewebes entfernt von
der pleuralen Oberfläche liegt, lange Zeit ohne Symptome besteben, ja bis
tarn Tode versteckt bleiben. Der Echinococcus spielt im Lungengewebe die
KoUe eines Fremdkörpers. Die langsam zunehmende Zyste übt eine entzün-
dnngserregende Wirkung auf das Lungengewebe und daher gleicht das Kran-
Icenbtld zumeist einer tuberkulösen chronischen Infiltration, seltener einer
Jahre abericlit fQr Chirargie. II. Teil.
;hen Pleuritis. Die Symptome der LungenzyBte sind quälender, an-
g auftretender Hustenreiz und Brnstschmerzen, später auch Dyspnoe,
h Frösteln des Abends, wenn schon Kavernen vorhanden sind. Nach
her Eitersekretion erfolgt bei steigender Dyspnoe der Dnrchbruch der
Zyste in einen Bronchus mit Exspektoration von Zystenwandteilchen,
j, Haken, ja eventuell sogar kleinere Zysten; die mikroskopische Fest-
; dieser Zystenteile sichert die Diagnose. Die Auskultationtssymptome
arakte ristisch für Lungenzysten und bestehen darin, dass neben den
in Ätmungsger ansehen in nächster Nachbarschaft patbologiäcbe Oe-
: hörbar sind. Sitzt die Zyste im unteren Lungenlappen, so kommt
erentialdiagnostisches Hilfsmittel der chronischen Pleuritis gegenüber
ie Probepunktion in Betracht. — Bezüglich der Prognose sind die
ysten schlimmer daran als die Lungenzysten, da bei letzteren dennoch
äglichkeit besteht, dass auch ohne Operation, und zwar durch spon-
!)nrchbruch in einen Bronchus, Heilung erfolgt, hingegen ein solcher
ruch bei Pleurazysten überaus selten ist. Die Behandlung der intrathora-
i^chinokokken kann nur eine operative sein. Bei Zysten mit reinem,
ireitertem hihalt kann das von Prof. v.Bökay empfohlene Bacellische
:en versucht werden; bei vereiterten Zysten aber führt dasselbe nicht
el, sondern bloss die Radikaloperation.
n Stephanie-Kinderspital zu Budapest wurden von den bisher beob-
n zwei intrathorakalen Echinococcnazysten die eine nach Bacellis
-en, die andere durch Radikaloperation geheilt; letzterer Fall kans ein
ich der Operation mit der an der anderen Seite der Lunge entwickeiten
lenerdings in Spitalbehandlung. Während der Operation trat infolge
iratiou der Tod ein. Die Sektion erwies, dass die vorher beobacbtete
atsächlich eine pleurale war.
Üchler (4) beschreibt einen bemerkenswerten Fall von einem Fremd-
im Brustfellraum. Es handelt sich um einen Arbeiter in einer Tischlerei,
irch eine Zirkularsäge eine 4 — 5 cm lange wagrechte Risswunde in der
Schlüssel heingegend, 2 cm unterhalb des Schlüsselbeines, gesetzt worden
Im folgenden Tage waren in der Gegend des rechten Schulterblattes
Dämpfung und an dieser Stelle, sowie um die Wunde hemm Reibe-
ksselgeräusche zu konstatieren. Temperatur steigt bis 38,2'*, Auswurf
nicht blutig. Da der Lungenbefund sich nicht bessert und der All-
Eustand sich täglich verschlimmert, werden Probepunktionen gemacht,
tigen Eiter ergeben. Es wird darauf ein 3 — 4 cm langes Stück der
1 Rippe in der Linea ecapularis reseziert und 1,5 Liter blutigen Eiters
t. Die Temperatur fällt aber nicht und durch das eingelegte Drain-
itleeren sich täglich grosse Mengen Eiters. Auch das Allgemeinbefinden
b nicht beben. Erst nach 7 Wochen wird mit dem Drainrohr ein
in breites und 8 — 9 cm langes Stück Leinwand aus der Operations-
hervorgeholt. Das Zengstück entspricht vollständig einem Defekt in
emd, das Patient am Tage des Unfalls trug. Die Kreissäge hatt«
e durch die Risswande in den Pleuraraum gepresst und es hatte diese
'eit zu Beiner Wanderung um die Lungenspitze herum nach hinten
•hi, während dieser Zeit natürlich die Eiterung unterhaltend. Die fernere
; erfolgte glatt.
tuertz (38). Auskultation und Perkussion lassen bei Plenra- und
-dverwachsnngen nicht selten im Stiche; mit Hilfe der Röntgenstrahlen
Scholz, Verletzungen nai chirurg. Krankheiten der Pleura and Lunge, 507
bnn die Diagnose oft sicher gestellt werden. Auf Grund seiner Erfahrungen
iD fünf Füllen kommt Stürtz zu folgenden, in den Hauptpunkten hier wieder-
segebenen Schlusssätzen:
1. Zarte Adhäsionen sind weder durch Röutgoskopie nouh durch Röntgo*
graphie sichtbar zn machen, doch können die röntgoskopisch wabmehmbarfin,
durch Adhäsionen bewirkten Bewegungsstörungen an den Herz- und Zwerch-
t'fllkonturen für sich allein schon die Diagnose sichern.
2. Zacken und winklige Unregelmässigkeiten der Konturen sind nur
d;iDii diagnostisch bewertbar, wenn deutliche Bewegungshindernisse radio-
skopisch sichtbar werden.
3. Zur Darstellung der Adhäsionen ist vor allen Dingen eine Aufnahme
in tiefer Inspirationsstelinng erforderlich.
Experimentell vom Verf. an Leichen und am lebenden Hunde erzengte
PcHkardzacken ergaben auf der Platte keine Schatten.
II. Lunge.
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566 JahTesbericht für Chirurgie. U. Teil.
chronischen Plenritis. Die Symptome der Lungenzyste s'
fallsartig auftretender Hustenreiz und Brustschmerzen, ä-
oft auch Frösteln des Abends, wenn schon Kavernen ^ '^
reichlicher Eitersekretion erfolgt bei steigender Dys P, "
Lungenzyste in einen Bronchus mit Exspektorati ^ ''
SkoUces, Haken, ja eventuell sogar kleinere Zyst f ^
Stellung dieser Zystenteile sichert die Diagnose ^
sind charakteristisch für Lungenzysten und *
normalen Ätmungsgeräuschen in nächster ^
rausche hörbar sind. Sitzt die Zyste im
als differentialdiagnostisches Hilfsmittel ^
bloss die Probepunktion in Betracht.
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Verfahren versucht werden; ' ■ uohanachr. 1905. Nr. 45.
zum Ziel, sondern bloss di ; -'> '«i die Lunge. Weetfci. vsor
Im Stephanie-Kindp
achteten zwei intratho- » '°'°""°" '" "'"' "•"■ '• '"-■■
Verfahren, die andere - 1905 [jj. g;
Jahr nach der Opera ■' ,1», The med, Press 4. I, 1905.
Zyste neuerdings i' u Üronchialkolik infolge Uroucholithiaeis. Berliner klii,
Blntaspiration de- ''-
Zyste tatsächlic' *"" ^""^ primärem PlatteDepithelkaninom der Lunge. HBudi.
etriereode Thonn-
Bichle-
.i)Ü5. Nr.
^ of priniarjr malignant tumar of the loog. Med. Netrs 18. IL 1905.
körper im Br ^^^ primitif du poumon. Soc. anat. 1605. Nr. 7. p. 601.
dem durch -^^^phy of the lungs nnd pleura. Brit. med. journ. 14. L 1909. p 'li.
rechten Sr «'^''^Femerin als Heilmittel gegea Lungentuberkulose. Berliner khn.Wodi»*
IflirütA '•*'';, Jtemovftl of a large pin from the lobe of the long. The L»ncet 1905.
"""^ ' '*■*'/»'■■ ^'**'' B''»i"B"ei'"atn'«''B' Virchowa Arcb. 179, 2.
ger ''*f^fiB\bta, Ud nouveaa caa de Chirurgie pulmonaire en plevre saine. Arrb.
8* ^'Im''^' =''''■ '^- "■■■ '»■
t^ii"- Echinococcus cyst of luDg. Annale of Surg. 1905. IL Ang.
ji J^'Darmoid cyst of lang. Annale of Surg. 1905. Aug. 2,
jl. ,^fjiinidt, Primäres Lungenaarkom. Eorrespondettzbl. f. Schweizer Ante 190^. Kr. £.
',>■
gpmmer u. Kijewaki, LnugeDbrand. Pneumotomie. Heilnog. Gaieta lekirslr« '!'C5.
** Hr. 24.
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^ vlstiungen und cfairurg. EranlihBiteii der Pleura und Lunge. 569
^=^=^ ^at diese Methode auf Grund der schon in der vorigen
j, \ obachtnngen ausgebildet.
^■^^- *^, ''er Gewebe bis auf die Rippen längs der hinteren
j-, "^^ \ ""^^ Insertion des Lungenhilus zu kommen. Ans-
'■^i:^^ \ ^.. end der Eröffnung der Pleura wird die künst-
^^•j^ .(i' Kompression der Thoraxbasis eingeleitet.
'^^'i^ •"[^ "den rasch hervorgezogen und der Stiel
.", - . - V- '■■i.. ■^ -Zurückschlagen des Mediastinums auf
'■'■■^ ■ '. . K "' h Wiederherstellung der Wand und
'"^-^ - ' i/-^, * ; r> \^ ''äche der Kutis werden mit dem
^^i??^^A t K' ' ■'liert.
V ':, ^ . \ ; "ttion trägt dazu bei, den ge-
, -, *,■■%. ' >tzt uns in die Lage, die
> ' Iscborfe beherrschen zu
' ' , " ..liitinalpleara auf die ange-
uuf and beseitigt die Gefahr der
.1 konstant ist. Schliesslich macht es
.uätinuma mit den relativen Folgen unmöglich.
aaium der Mediastinalpleura ist, endlich hervorzn-
.jai„v '^) obschon sie keinerlei anatomische Öffnung zeigt, für
irre (Ift^^^**" darchläsaig ist. Giani.
bespricht auf dem Chimrgenkongress 1905 das Thema
^ und Lnngennaht. Ich lasse seinen Selbstbericbt and die
^^ anschliessende Diskussion ausführlich hier folgen: Die
^artende Behandlung der Lungenverletzungen hat höchstens
olge zu verzeichnen; über 40°/<i gehen zugrunde an innerer
dorch Erkrankung infolge des Spannongspneumotborax, oder
Infektion. Es mag dahingestellt bleiben, ob durch einen
' die Eiterung der Lungenwunden und die Pleuritis sich ein-
, jedenfalls haben wir in der Langennaht ein souveränes
owohl wie Lnftaustritt aas dem Lungenparenchym sofort zu
om Verf. kurz referierter Fall von Lungenruptur, bei dem
atomie eine 7 cm lange Naht am linken Oberlappen angelegt
I zur Evidenz.
päehlt dringend die Thorakotomie and primäre Versorgung
! durch die Naht 1. bei den abondanten Hämorrbagien in
i. bei den lange dauernden und sich wiederholenden Blutungen
1 Spannungspneumothorax, der nicht mit der ersten Punktion
gt die Wunde in der Nähe des Hilus, so kann sie nur tam-
Breite, zerfetzte und zerrissene Wunden sind gegebenenfalls
imiewunde einzunähen (exteriorisieren). Zur Anlegung der
Seide Verwendung finden ; die Naht darf nicht scharf ange-
18 Lnngengewebe wird tief, doch nicht breit in die Naht ge-
ikotomie muss sehr gross angelegt werden, so dass man mit
in den Bnistraum eingehen und die Lunge in die Öffnung
^i-o ^oui u«r Fälle, in denen nach diesem Prinzip gehandelt wurde, ist
sebr klein: nennmal Naht, dreimal Tamponade, zusammen neun Heilungen.
Dieser Erfolg berechtigt und ermutigt bei den schweren Langenverletznngen
570 Jahresbericht fQr Chirurg!«. II. Teil.
zit energischeiD, aber besonneDem operatiTen Vorgehen. In der Diekassion
fragt Uehn, ob Garrä die Pleurahöhle offen iässt and tamponiert':'
Garre tamponiert gewöhnlich, primären Verschluss könne man nur bei
subkutanen Bnpturen wagen, während bei verdächtigen Fällen sofortige Dr».i-
]iitge indiziert ist.
Rebn: Ich möchte auf das lebhafteste den sofortigen Verschluss der
Pleurahöhle empfehlen. Es ist erstaunlich, wie leicht der Verlauf wird, weno
man die Pleurahöhle schliesst. Es ist ein unendlich besserer Verlauf nach
der Operation. Ich habe mich in einigen Fällen davon überzeugt. Ich habe
bei drei Fällen von Rippentumoren operiert, wo ich grosse Teile der Pleura
costalis und einmal ein Stück Lunge wegnehmen masste. Die Wunde wurde
primär geschlossen, und die Patienten kamen über die sehr schweren Ein-
griffe ausgezeichnet hinweg.
Also selbst auf die Gefahr hin, dass man späterhin wieder aufmachen
müsse, empfehle ich den Schlnss der Pleurahöhle, um die Patienten über die
gefährliche Zeit der mechanischen Zirkulationsstörungen usw. hinwegzubringen.
Ich muss im übrigen sagen, dass ich die Gefahr der weiten Eröffnung
der Pleurahöhle, sei es bei schweren Lnngenverletzungen, sei es bei der Aus-
rottung von Geschwülsten, nicht so hoch anschlage. Man muss nur die kol-
labierte Lunge, wie MuH er geraten bat, kräftig nach aussen ziehen lassen.
Ich habe das schon vor Müllers Rat getan. Die Massnahme liegt ja so
nahe, dass ich glaube, es ist mancher andere Chirurg in gleicher .\rt zu ihrer
Anwendung gekommen.
Ich wüsste anch nicht, wie man anders Lange nähen könnte. Als weitere
wichtige Massregel nach Versoi^ng der Lungenwunde muss eine sorgfältige
Annähimg der Lunge an den Pleuraschnitt resp. in dem Pleuradefekt erfolgen,
so dass die Lunge in Ausdehnung verharrt.
Dann soll die äussere Wunde vollständig und dicht geschlossen werden,
d. h. ohne Drainage oder Tamponade der Pleurahöhle.
König meint, wenn man primär schliessen könne, sei es am besten.
Ihm ist bei einer Operation am Sternum passiert, dass beide Pleurahöhlen er-
öffnet wurden; sofort wurden die Wunden mit Tupfern geschlossen, dann
genäht; es ist nicht so gefährlich, im Bruetraum zu arbeiten. Er war über-
rascht, was Tiere in dieser Beziehung aushielten, stundenlanges Arbeiten,
Herausnehmen von Lnngenstücken usw. Auch der Mensch vertrage sehr viel
in dieser Hinsicht, und doch solle man nicht ohne Not in den Thorax ein-
dringen; dabei sind viele Lungenverletzungen schnell todlich, sei es, dass
starke Blutung oder Verletzung eines grösseren Bronchus den letalen Ausgang
bedingen; denn hier dürfte auch die Naht keine Schliessung herbeifuhren.
Er würde nur im äussersten Notfall eine subkutane Ruptur operieren.
Garrä bemerkt zum Scbluss: Die Resorption des Blutes in der Pleura-
höhle gehe wohl erstaunlich schnell vor sieb; aber beim Menschen sei die
Infektion derselben von der Lunge aus sehr gefährlich, und er meine, dass
man selbst einen grossen Bronchialast nach Anfrischung durch doppeltes Cber-
naben schliessen kann.
K e 1 1 i n g (28) spricht über Pneumonien nach Laparotomien. Ich lasse
nach dem kurzen Referate die Diskussionsbebandiung wegen des grossen Inter-
esses, welches sie verdient, ausführlich folgen.
Zu den prädisponierenden Faktoren gehören: Älter, Alkoholismns, kar-
zinomatöse Kachexie, Herzschwäche, Emphysem, länger dauernde Rückenlage
Subulz, Verletzungen nnd chirarg. Krankheiteo der Pleura und Lange. 571
nnd nervöse Reize (Schmerz, vasomotorische Stase nnd Abkühlung). Laparo-
k.mierte haben eine Neigung zo Stasen in den Lungen, besonders im rechten
lot^rlappen.
Die Entzündungserreger kommen in die Lungen hinein; 1. auf dem
BroDchialwege, 2. auf dem Blutwege, 3. auf dem Lymphwege.
1. findet statt durch Aspiration des Inhaltes der Mundböhle, der N'asen-
böliie, der Speiseröhre und dös Magens beim Erbrechen. Am gefährlichsten
ist die Bronchitis wegen der Aspiration des Sputums in andere Teile der
Lange. 2. Embolische Pneumonien durch Thrombenbildung in den Venen,
Einesteils stehen die Venen mit der Vena cava direkt in Verbindung (Magen,
liems usw.), andererseits handelt es sich um Thromben in den retroperito-
nealen Venen, weil die Lymphgefässe der Venenwände mit denen der Mesen-
rerien in Verbindung stehen (bei eitrigen Typhliten und eingeklemmten
Brüchen). 3. Der Lymphneg geht a) durch die perforierenden Lymphgefässe
in ilie Pleura. Eine Pneumonie wird aus der Pleuritis dann, wenn das Lnngen-
gevebe durch Stase ödematös wird, b) In die Blutgefässe des Zwerchfells.
Lladurch entsteht Sepsis mit Hypostasen nnd lobulären Entzündungen und
Tlirumbenbildnngen an anderen prädisponierten Stellen des Venensystems.
Redner führt femer aus, dass bei Laparotomien der Luftinfektion eine
grösBere Bedeutung zuzusprechen ist, als sonst bei Wunden.
Die Prophylaxe bei postoperativen Pneumonien ergibt sich aus der
Pathogenese. Die Hauptsache ist die Vermeidung der Infektion der Organ-
gewebe, der Mesenterien und der freien Bauchhöhle. Die Zahl der postopera-
tiien Pneumonien geht, wenn man von den Aspirationspneumonien absieht,
parallel der Infektion.
Zur Diskussion bemerkt Czerny: Nach etwa 1300 seiner Laparotomien
sind 52 Pneumonien beobachtet worden, wobei vielleicht einige leichte nicht
mitTennerkt sind. Jenseits der 40er treten sie etwa doppelt so häufig auf,
«a.s sich aus Residuen früherer Krankheiten erklärt. Ob Alkohol und Tabak-
missbraucb dabei mitspricht, ist nicht sicher. Die Geschlechter sind gleich
sUrk beteiligt, Obesitas vorwiegend.
Bronchitis war 4 mal, Emphysem 5 mal, Herzfehler 4 mal vorhanden,
Poeumonie 6 mal vorausgegangen. Das Narkotikum lässt keinen Einfluss er-
t^nnea: 30 Fälle kommen auf Chloroform, 11 auf Chloroform-Sauerstoff,
3 auf Schleichsche Anästhesie. Mehr schon ist die Technik der Narkose
Terantwortlich zu machen; ihr fallen 2. U. die häufigeren Aspirationspneumo-
nifii zur Last, die zu 50% bereits in den ersten 3 Tagen auftraten. Aspi-
ratioD nach der Operation scheint häufiger bei genähten Wunden aufzutreten,
dT groBEeren Schmerzen wegen, welche Atmen and Husten unterdrücken
lassen. Es befinden sich unter den an Pneumonie Erkrankten 14 Operationen
m Gallensystem, 11 an den weiblichen Genitalien, 12 Gastroenterostomien
und 12 Magenresektionen. Operationen in der Nähe des Zwerchfells hemmen
die At«mbewegnng und begünstigen die Infektion; während die Operationen
im Oberhauch (Magen, Gallenblase) '/s der Gesamtzahhl ausmachen, sind sie
in der Zahl der Pneumonien mit Vs vertreten. Die rechte Seite ist häufiger
belallen wie die linke. Die Appendizitis, welche 14 "/'o der Operationen aus-
macht, ist mit 2°/o der Pneumonien gering belastet. Auffallend sind die
30*0 Pneumonien bei gynäkologischen Operationen, die 10 "/o der Gesamt-
lahl ansmachen, bei lokal guter Heilung. Mangels anderer Erklärung möchte
Czerny die Beckenhochlagerung für ätiologisch wichtig halten. Von den
572
jRhreabericht fQr Cbirurgie. II. Teil.
an Pnenmonie Erkrankten heilten 31, starben 21 bei glattem Operationsfeld.
12 mal bestand kruppöse, 8 mal gangränöse Pneumonie, ö mal Pleuritis.
Prophylaktisch wichtig ist Vorbereitung der Mundhöhle, der Bronchien und
strenge Asepsis.
Kümmel! vertritt die Ansicht, dass dem Narkotikum eine grosse RolW
zukomme; bei Äther häuften sich die Pneumonien, weil auch das Klima
Katarrhe sehr begünstigt. Bei einer Zahl vo'n 3200 Laparotomien änden
sii:h in 2361 Krankengeschichten genauere Aufzeichnungen; darunter ist die
Chloroformnarkose in 1751 Fällen augewandt. 43 = 2,4 "/o Operierte starben
nach Ausweis der Krankenjonrnale an Pnenmonie {Alters- und agonale Pneu-
monien nicht mitgezählt). Durchschnittlich hatte die Narkose 40— 50 Minuten
mit entsprechendem ChloroformTerbrsucb gedauert. Chloroform- Sauerstoti-
gemisch scheint die Narkose ungefährlicher zu machen. Eine dentliche \n-
derung ist zu verzeichnen seit Beginn mit der Skopolamin-Morphiumnarkosf?.
wobei ft — 8 dmg Skopolamin und 1 cg Morphium etwa 1 V» Stunde vor der
Operation gegeben werden. Die austrocknende Wirkung des Skopolamin ver-
hütet die Aspiration zu reichlicher Sekrete, so dass auch Äther nachgegeben
werden kann. Auf 409 Laparotomien kommen hier nur 3 Todesfalle an
Pnenmonie, also 5 mal weniger; es ist diese kombinierte Narkose eine sehr
humane. Frühzeitig sollen die Kranken zu tiefem Atmen angehalten werden.
Bchloffer berichtet an der Hand der folgenden Tabelle über die
an seiner Klinik seit l'/i Jahren beobachteten embolischen Lungenkompli-
kationen.
Davon geatoriten
Davon erkrankt an
AazM der
X.
« Uugsn-
en>bolJ>cb«ii
Lungen-
Umgen-
kompli-
kitianan
eml^liiThfi,
kcm|iliti1i'>ii'^ii
40
22
^
-
EropfoperatioDen . . .
107
2
2
1
29
2
Laparotomien inkl. gangrft-
DÖB«c HeniieD ....
U2
25
7
2
s
'
HeniiM) exkl. gugrBnOser
Hernieii
40S
_
_
-
8(70)
3
Er führt dann aus, dass unter 403 Radikaloperationen freier Hernien,
welche genau abwechselnd einmal nachWölfler, einmal nach Bassini aus-
geführt worden waren, dreimal embolische Pneumonien klinisch beobachtet
wurden, und zwar durchweg nach Bassiaischen Operationen. Es sei in
der Tat nicht von der Hand zu weisen, dass die Bildung und Verschleppung
von Thromben aus dem Plexus pampiniformis bei der Bassinischen Ope-
ration leichter erfolge als bei der Wölflerschen (IL Methode). Denn öei
der letzteren sei eine ausgedehnte Isolierung des Samenstranges und überdies
der (nicht verlagerte) Samenstrang hernach bei Hustenstössen n. dgl- gerin-
geren Erschütterungen ausgesetzt wie bei der ersteren.
Trendelenburg: Nach seiner Bruttostatistik kommen auf Operationen
im allgemeinen l*.o, auf Laparotomien 5"/» Pneumonien. Die Gastrostomien
Schulz, VeTletEDDgen und chirurg. Krankheiten der Pleura und Lunge. 573
~iDdmit S^'/o, GalleDsysteuoperationen 6,4 Vo, schwere Kontasionen mit W/o,
jppendizitis mit 6°/o, Probelaparotomien mit 4,7 "/o belastet, die weiblichen
iienitalien im Gegensatz zu Czerny mit 2,8°io. Das männliche Geschlecht
tri mit ö^/o, das weibliche mit nur 2*/o beteiligt. Von 85 pnenmonisch Er-
tränkten starben 52 = 60''/o.
Franke (Brannschweig} kann die Vermutung des Herrn Kelling, dass
F- sieb io manchen Fällen um eine Hausepidemie handeln möge, durch seine
Irfahrnagen bestätigen. Er hat vor mehreren Jahren eine solche Häufung
ujQ Pneumomen erlebt, für die er nach Abwägung aller Umstände in der
Hauptsache das epidemiologische Moment verantv/ortlich machen musste, dass
rr zeitweilig fast Bedenken trug, Banchoperationen auszuführen. Dass es zu
<cliiceren Pneumonien nur selten, zu tödlichem Ausgange fast nie gekommen
■A. glaubt er der Behandlung zuschreiben zu müssen, die darin besteht, dass
neben der Anwendung der von den Vorrednern empfohlenen Massnahmen bei
dem ersten Verdacht auf Pneumonie (Fieber, Schallabschwäcbung, verschärftes
Atmea, Knisterrasseln) sofort folgende Medikation angewandt wird: Inf. fol.
[iigitalis 1,5:150.0, Natr. salicyl. 7,0, Antipyrin 3,0, event. Syr. ad 175,0;
htündlich ein Esslöffel. Bei irgend leerem Pulse wird hinzugefügt Nitro-
glyzerin 0,015 — 0,02, nach Bedarf bei starkem Hustenreize Kodein, bei
trockenem Husten Liqu. Ammonii anis. Diese Medikation hat Franke schon
seil Jahren bei der Behandluni; der Pneumonie in der inneren Abteilung seines
Krankenhauses und in der Privatpraxis angewandt und kann sie mit Recht
empfehlen. In gewissen Fällen wird die Medizin per annm mit gleich gutem
Lrfolge verabfolgt.
Kanscb (Breslau) führt die Henlescbe Statistik, die über 1780 La^
psiotoraien der v. Mikuliczschen Klinik berichtete, weiter, wobei Hernien,
Appendizitis- und Mastdarmamputationen mit Eröffnung des Peritoneum ein-
gerechnet sind. Es liegen jetzt Aufzeichnungen über weitere 1880 Laparo-
lomien vor, worunter wohl viele recht einfache, jedoch anch 80 Magen-
r^ktionen. Verzeichnet sind 45 Pneumonien = 2,4% mit 28 TodeställeD
= 1,4°;'». Die {pönalen Pneumonien and 11 Eiiibolien sind nicht ver-
rechnet.
Besonderer Wert wird auf die Prophylaxe gelegt: Vermeidung von Ab-
tuhlnog, Einwickelung der Beine, Spülungen mit warmer Kochsalzlösung,
Enrärmung des Bettes, Entleerung des Magens (z. B. vor Ileusoperation],
Verwendung der Kansch sehen Sonde, wodurch die Aspirationspneumonien
lermieden werden. Die Pneumonien sind häufiger nach Zwerchfell- als Mast-
dirmoperationen ; ob die Infektion auf dem Blut- oder Lymphwege vor sich
geht, ist schwer entscheidbar, wabrseinlicher der letztere. Wesentlich ist
die Asepsis, doch werden Abszesse (z. B. bei Appendizitis) rücksichtslos er-
öfnet. Die Zahl der Pneumonien wurde bei Äther nicht vermehrt, eher war
ii£ Gegenteil festzustellen. Bei Laparotomien wird nicht lokal anästhesiert,
aucb die Morphium-Skopolaminnarkose abgelehnt. Von der Bedeutung der
Epidemien kann sich Kausch nicht überzei^en.
Mühsam (Berlin): Bericht ans der Sonnenbargschen Klinik. Ver-
»ichnet sind 45 Pneumonien, von diesen 37 durch Embolie entstanden, die
relativ häufig beobachtet wurde. Von 9 Oberschenkelvenenthrombosen waren
6 mit Lungenentzündung kompliziert. Von den 37 embolisch entstandenen
Fneamonien fallen 14 auf Spital-, 23 auf Privatpatienten: letztere sind vor
den Operationen meist schon mehr hemntergekommeo. Männer scheinen
574 Jahresbericht für Chirurgie. IE. Teil.
häufiger als Weiber der Embolie ausgesetzt zu sein. Nicht embolische Pneu-
monien sind bei beiden gleich oft notiert. Die Embolien ereignen sich im
Bad, bei Bewegungen, Transport; oft bleibt es bei leichtesten Erscheinungen
— Stechen — , oft kommt es zur Infektion. Bei alten Leuten und bei
Verdacht auf Herzschwäche gebe man prophylaktisch Strophanthus oder
Digitalis.
Heusner (Barmen): Auf dem Wege der Statistik komme man nicht
weiter; erst müssten wir vor allen Dingen sichere anatomische Kenntni$^e
von den Abflusswegen der Lymphe aus der Bauchhöhle besitzen. Klein
(London) habe früher Stomata in Zwerchfell- und Lungenpleura angenommen
und Kelling behaupte das gleiche von Küttner; das sei nicht der Fall:
Küttner habe nur von Lymphbahnen, die direkt subpleural verlaufen, ge-
sprochen. Stomata existierten nicht; er akzeptiere daher die Kelling sehe
Annahme von direktem Einwandern der Keime in die Lunge nicht. Auch
von direkten Abflnsswegen aus dem Blutgefässsystem hat man gesprochen: er
rate zur Vorsicht in der Beurteilung solcher Feststellungen. Im allgemeinen
müsse die Lymphe ein 1 — 3 faches System passieren, doch führten auch
Lymphbahnen um die Drüsen herum, die Filtration umgehend. Vor 2 Vs Jahren
hat Heusner eine Epidemie von Pneumonien beobachtet — jeder zweite
Laparotomierte erkrankte daran: er glaube, die Wege seien keine anderen
wie bei Infektionen überhaupt; der Boden ist gelegentlich durch Kontusionen
vorbereitet, Pneumokokken finden sich überall, kreisen im Blute und fassen
an geschädigter Stelle Fuss. Dass Kümmel bei Skopolaminnarkosen wenig
Pneumonien beobachtete, sei auffällig — doch könne das Zufall sein, was
auch bei der Sauerstoffchloroformnarkose zu berücksichtigen sei. Der Zufall
«piele eine grosse Rolle.
König (Jena) hat leider keine Zusammenstellung machen lassen; für
ihn sei die Kardinalfrage: handelt sichs immer um hämatogene Pneumonien?
Wieviel Lungenentzündungen sind gewöhnliche Pneumonien? wieviel embo-
lische? Ohne genaue bakteriologische Untersuchungen komme man nicht
weiter.
Rehn: Die Behauptung von Herrn Kelling, dass wir nach Operation
eitriger Abszesse im Bauche besonders viele Pneumonien bekommen, dass
wir uns also vor der Operation deshalb hüten müssten, trifft nicht zu. Ich
habe wohl reiche Erfahrung in der Sache. Ich kann nicht ziffernmässig Aus-
kunft geben, aber das kann ich fest versichern, dass das entschieden nicht
der Fall ist. Wenn Herrn Kellings Rat befolgt wird, dann werden wir
natürlich keine postoperative Pneumonie haben, aber präoperative Eiterver-
schleppung, subphrenische Abszesse von Lungenabszessen und alles mögliche.
König (Altena): Die Entstehung von Thromben ist bei verschiedenen
Operationen verschieden häufig; er hat zwei unglückliche Ereignisse bei Ap-
pendixoperationen erlebt, die an sich einfach waren — glatte Operation —
glatter Verlauf; nach 10 Tagen lösten sich die obturierenden Pfropfe vom
Parametrium; jeder am Wurmfortsatz Leidende ist Thrombenbesitzer. Beim
Suchen nach einer Ursache für das Missgeschick könne er eine Änderung
gegen seine frühere Praxis nur in der häufigeren Benutzung des Äthers als
vielleicht nicht ohne Einfluss bezeichnen; die Narkose sei gut; dann aber
trete später oftmals Kollaps ein, der Digitalis erfordert; dieser fällt in die
2eit der Thrombosen.
Schulz, Verletzungen und cliirurg. Krankheiten der Pleura und Lunge. 575
Friedrich betont ebenfalls die Schwierigkeit der Klärung der vor-
liegenden Frage durch die Statistik, wenn selbst Kliniker wie Czerny und
Trendelenburg zum Teil zu entgegengesetzten Resultaten gelangen. Fried-
rich hebt hervor, dass unter dem Begriff der „postoperativen Pneumonie^
ätiologisch sehr verschiedene Vorgänge zusammenfallen können, während es
wohl wünschenswert sei, hier eine scharfe Scheidung je nach der Art der
Pneumonie vorzunehmen. Er teilt den Standpunkt Czernys, dass es sich
vorwi^end um As pi rat ions Pneumonien handelt, dass krupöse Formen über-
haupt nicht in Betracht kommen, dass die embolischen Pneumonien gar nicht
in dieses Kapitel hineingehören, und dass die hypostatischen ja sattsam be-
kannt seien, und in der Hauptsache wohl immer mit Atmungsinsuffizienz und
antochthoner Entwickelung von in den Lungen vorhandenen Bakterien in
Zusammenhang stünden. Um diesen beiden Formen, der Aspirations- und
der bypostatischen Pneumonie, zu begegnen, ständen uns nach Lage des Einzel-
falles nicht immer die Mittel zur Verfügung, wohl aber spielten die Art,
Tiefe und Dauer der Narkose für die Aspirationsform eine geradezu ent-
scheidende Rolle, während für die hypostatische die postoperative Atmungs-
erschwerung, namentlich nach Laparotomie, von bekannter Bedeutung sei.
Nach diesen beiden Richtungen lägen also die Mittel und Wege, den Pneu-
monien vorzubeugen. Da die postoperative Atmungsnot oft nur durch den
Schmerz der Bauch wand bei der Atmung bedingt sei, empfiehlt Friedrich
in solchen Fällen einen reichlicheren Morphiumgebrauch.
Diesen Ausführungen fügt Friedrich noch eine kurze Entgegnung für
die missverstandene Deutung seiner und seines Schülers Nöggerath Ver-
suche seitens Kellings hinzu.
Rotter hat bei 200 Skopolaminnarkosen — event. unter Beigabe von
etwas Äther — wohl einige Bronchitiden, aber keine Pneumonien gesehen.
Von grossem Einfiuss auf Thrombenbildung ist ein schwaches Herz.
Henke (Charlottenburg): Die Statistik kann willkürlich gehandhabt
werden; wesentlicher wäre die genauere bakteriologische Untersuchung. Die
Embolie spiele eine geringe Rolle, mehr die Infektion von den Luftwegen aus.
Infarkte kommen selten zur Beobachtung, dagegen asthenische und hypo-
statische Pneumonien häufig.
Meisel (Freibarg) teilt die Anschauung vonKraske mit, die von den
anderen abweicht. Er macht die invertierte Lage verantwortlich ; hat dreimal
ohne Banchfelleröffnung bei hohem Steinschnitt Pneumonie erlebt; Leber,
Unterleibsorgane drängen herauf, gegen das rechte Herz, und es kommt zu
hypostatischen Pneumonien. Bei einer rekto-abdominalen Exstirpation wurde
zuerst Blut erbrochen, dann trat Atemnot ein, hypostatische Pneumonie; es
fand sich bei der Autopsie auch Blut im Darme, das wohl durch Zirkulations-
störung in der Pfortader zum Austritt gelangte.
Payr hat zur Befestigung der anatomischen Grundlagen Tieren Carmin.
caerul. in das Centr. tendin. gebracht; einige wurden nach 18 Minuten ge-
tötet; es fand sich das Karmin in Höhe des Bronchialbaumes in Lymph-
drüsen. Erst 7 Minuten später getötete Tiere zeigten im zentrifu gierten
und spektralanalytisch untersuchten Karotisblut Karmin. Dies also spricht
deutlich für Fortleitung von Keimen aus dem Bauchraume durch die Lymph-
bahnen.
Lenhartz glaubt nach seinen Erfahrungen an der Leiche, dass bei
Entstehung der Pneumonien der Aspiration die Hauptrolle zufalle, und findet
576 JabreBbericht fUr Cbirargie. II. I'eil
viel Analogien zum Typhös. Die zunehmende Häufigkeit bei Operationen ii
der Nähe des Zwerchfelles , wo nach den verschiedenen Manipulation«
Schmeris die Atmimg und Ventilation hindert, findet so ihre Erklärung. Wit;
bei Typhus, empfiehlt Lenhartz auch hier Lagewechsel. Pneumokokkei
kreisen wenig im Blut und können nur sehr selten aus diesem kultiviert
werden, treten auch bei Aspirationspnenmonien erst korz vor dem Tode im
Blut auf. Auf die Zwischenfrage von König (Jena), wie man es mache, um
die Lungen zu öSnen, erklärt Lenhartz, dass Lagewechsel das Volnmen Her
Lunge vermehre, indem Luft in bisher kollabierte Teile dringe; auch kalt«
Waschnngen würden dies tun.
Krönleinhat bei 1409 Laparotomien 80 = 5,6'*/iioPDeumoniemorbidität,
SiSVoo Mortalität; er hat Jahrgänge genug ohne solche, wie z. B. 1904 mit
407 Laparotomien ohne Pneumonie. Er glaubt, dass eine Summiemog von
pedantisch beobachteten Kleinigkeiten diese guten Erfolge bedinge. Zuerst
die Äthernarkose mit dem Verbranchsminimum bei bester Qualität des Atheni
und möglichster Abkürzung der Narkosedaner. Gmndsatzlicb wird nicht in
Narkose desinfiziert; damit kommt Krönlein auf die Bälfte des durchschnitt-
lichen Verbrauches anderer Operateure. Bei der Behandlung des Peritonenm
wird strengste Asepsis, Vermeidung von Malträtierung gewahrt; die Deck-
kompressen sind feucht, die Tupfer trocken.
Trendelenhurg wendet sich gegen die abfälligen Bemerkungen über
die Statistik; man dürfe sie nicht unterschätzen als notwendige UnterJa^e
zum Vergleiche des Materials, der Narkotika u. a.
Braun findet, dass der BegrifiT der Pneumonien von den einzelnen ver-
schieden aufgefasst werde. Manches scheine gar keine Pneumonie gewesen
zu sein.
Kelling bemerkt im Schlussworte Herrn Rehn gegenüber, dass die
Infektion der Bauchhöhle mit eitrigen Stoffen keineswegs gleichgültig sei. L'r
müsse deswegen bei seiner Forderung bestehen bleiben, eitrige Prozesse nicht
ohne Not durch die freie Bauchhöhle hindurch zu Öffnen. Gegen Herrn
Heusner führt er ans, dass das Zwerchfell von der Bauchhöhle nach der
Pleura zu durchgängig sei, wie die Tieresperimente ze^en. Er bemertt
schliesslich gegen Herrn Friedrich, dass die Luftinfektion zwar nicht aus-
schlaggebend sei, immerbin aber der Vollständigkeit wegen erwähnt werden
musste, da er es nicht für richtig hielt, dieselbe von vornherein mit Null
einzusetzen. Die Erfahrungen der übrigen Herren Bedne»- hingegen vertragen
sich mit der vorgetragenen Pathogenese.
Metzlar (37) erlebte eine tödliche Blutung bei Probeptmktion der
Lunge noch auf dem Operationstische.
Bei einer 63jährigen Patientin wurde wegen Pleoraempyemfi die achte
Rippe in der rechten hinteren Axillarlinie reseziert. Drei Wochen später
wturde in der Nähe der drainierten Höhle aufs neue eine Eiteransammlnn^
konstatiert. Verf. wollte jetzt die siebente Rippe resezieren, konnte aber, sIb
die Pleura freilag, auch nach wiederholtem Punktieren mit einer dicken Nadel
keinen Eiter aspirieren. Bei der letzten dieser Punktionen hustete die Pa-
tientin Blut ans und wenige Minuten später war sie unter dem Bilde der
Erstickung gestorben.
Bei der Obduktion fand sich in unmittelbarer Nähe der Operations-
vninde eine etwa faustgroese Eiterhöhle.
Schulz, Verletiui)|t«u and chirurg. Krankheiten der Pleura und Lunge. 577
Im Unterlappen der rechten Lunge konnte eine Atelektase und eine
etwas grössere Derbheit des Gewebes nachgewiesen werden. Die Geiasse sind
bier etwas weiter als normal. Der linke Hauptbronchus war ganz, der reihte
iist ganz von einer blutigen Masse angetiillt; die Lunge im ersten Unter-
lippen meistenteils ganz von einem ebenfalls blutigen oder schleimig-blntigen
Uerinnsel verstopft.
Fischer (12) behandeltdiese ja auch den Chirurgen stark interessierende
Frage in amfiissender Weise und in klarer knapper Darstellung. £r teilt die
KaTemensymptome ihrer Wertigkeit nach in vier Gruppen ein:
1. Gmppe: Alle Erscheinungen des metallischen und amphorischen
Widerhalls bei der Auskultation inkl. amphorischen Atmen, Gerhardtscher,
oDterbrochener Wintrichscher und eii^acher perkutorischer Schall Wechsel.
2. Gruppe: Rasselgeränsche bestimmter Lokalisation und Phasenein-
stellong, unterbrochenes Bronchialatmen, metallische and amphorische Er-
^heinangen der Perkussion und der Stimmausknltation, Wintrichscher
ü^ballwechsel.
3. Gruppe: Klingende Kasselgeräusche , Distanzgeräuache , kontinuier-
liches Bronchialatmen, ßronchophonie, Geräusch des gesprungenen Topfes.
4. Gruppe: Verstärkter Stimmfremitns, tjmpanitischer Schall.
Gegen die regelmässige Untersuchung hat Verf. zwei Einwände, einmal
die Beschaffung und Handhabung des Apparates und zweitens den psychischen
Eindruck einer Demonstratio ad oculos auf manche Kranke.
Man sollte doch meinen, dass diese Punkte wenigstens für die Fälle, in
denen man durch die Untersuchung eine Unterstützung für die Therapie er-
«arten darf, nicht von Belang sind.
Killian (29). Die grossen Fortschritte, welche die Bronchoskopie ge-
zeitigt hat, würden, so meint der Vater dieser Methode, bald auch der
Longenchirargie nützliche Dienste leisten. Wenn die Lnngenherde in Be-
ziehung zum Broncbialbaum und speziell zur Bronchiallichtung stehen und
dorch Abscheidung von Zerfallprodukten, Blut, Eiter usw., in die Bronchien
oEFene Herde sind , so sind sie der bronchoskopischen Diagnose zugänglich.
Die genaue topographische Bestimmang des afiFizierten Bronchialastes mittelst
eingeschobenen Rohres weise den Operateur auf den zugehörigen kegel-
förmigen Bezirk Lungengewebe bin, dessen Basis der Thoraxwand anliegt.
Eine Vertiefung der heutigen togpographischen - anatomischen Kenntnisse in
bezog auf Zugehörigkeit bestimmter Bronchien zn bestimmten Lungenab-
fchuilten werde hierfür noch von grossem Nutzen sein. Einfacher ist es
aber, mit 5 nun-Röhren möglichst weit vorzudringen und durch diese Sonden
bindiuch zu schieben. Der Beweis für die Möglichkeit, auf diese Weise
periphere Lungengebiete zu untersuchen, ist durch Röntgenbilder erbracht,
und zwar am Lebenden. Auf diesem Wege dürfte es möglich sein, nach Er-
uffnnng des Brustkorbes die Sonde durchzufühlen und so leicht den Herd zu
nöSnen. Hoffentlich würden dadurch vergeblich ausgeführte FremdkÖrper-
pDenmotomien vermieden werden. Endlich erwähnt Verf., dass er bereits
leisueht habe, von der Brustwand aus Pleuraraum und Lungenoberflüche zu
untersuchen (Pleuroskopie). Als weiteres Ziel schwebe ihm vor, der Sonde entlang
m Rohr in die Lunge einzuführen (Pneumoskopie), den Fremdkörper so zu
finden und auch zu extrahieren. Verf. hält all dies nicht für Theorien,
Mmdem für sehr bald realisierbare Vervollkommnungen seiner Methoden.
Jlirubaricbt IBr Cblnirci* IM». 87
Jahreabericht fUr Chinirgie. IL T«il.
Sommer (53) konstatierte bei einem 52 Jahre alten Manne Lungen-
id des rechten oberen Flügels und es wurde am 18. Februar 1902 von
'. Kosinski und Kijewski die Pneumotomie ausgeführt. Resektion
3. Kippe unterhalb des Schlüsselbeines. Es fanden sich starke Ver-
nngen zwischen Pleura costalis und pulmonalis. Pneumotomie. Nekrotisches
Lgengewebe wurde entfernt. Da sich trotzdem der Zustand nicht besserte,
de am 11, April die 2. Rippe reseziert, worauf raecfae Beeserang folgte
Kranke wurde mit einer Eiter sezernierenden Fistel (Staphylo- und
ptokokken enthaltend) entlassen.
Gessner (17) nimmt für die so häufige Erkrankung der Lungenspitze.
Wurmfortsatzes und der Gallenblase ein gleiches ursächliches Moment
Alle drei seien Endigungen, Spitzen von Hohlorganen, hervorgegangen
Ausstülpungen des fötalen Darmrohres, späterhin in der Rumpfböble
irt und mehr oder weniger rechtwinklig angesetzt an ihr Kansisystem.
i plötzliche Erhöbung des Druckes in den Rumpfböblen führe zur ßück-
lung des jeweiligen Inhaltes der drei Hohlorgane gegen ihre Spitze bin,
lit zu einer Zirkulationsstörung in den Blut- und Lymphgeßlssen der
idm^ und dadurch zu einer grösseren oder geringeren Erhöhung der
Position für infektiöse Prozesse.
Talke (55) stellte an Hunden, Katzen, seltener an Kaninchen, Versuche
r die Heilung von Lungenwnnden an zu dem Zwecke , die dabei sieb ab-
ienden anatomischen Vorgänge zu studieren. Es wurden entweder keil-
aige Stücke aus einem Lappen ausgeschnitten und die Wunden mit Seide
Iht, oder es wurden die Randpartien eines Lappens abgetragen und die
□den unversorgt sich selbst überlassen, oder es wurden Substanzverluste
Innern der Lunge gesetzt.
Am zahlreichsten wurden die Resektionsrersuche ausgeführt Es ergab
dabei, dass die Lunge ausserordentlich grosse Neigung zu primärer \>r-
ung besitzt. Vorbedingung dafür ist eine gute Aneinanderlagemng der
odtläcben und eine feste Vereinigung der Wundränder. Dabei schadet
I Einkrempelung der Wnndränder nichts, weil auch die Pleuraobcrfläche
Fähigkeit besitzt, mit der Wundfläche zu verkleben.
Die Vereinigung durch Narbengewebe geht einer Verklebung der Wund-
lien mit einer Kittsubstanz voraus, mit der sich jede Wundfläcbe für sich
rzieht. Die zur Bildung der Narbe bestimmten Fibroblasten stammen
rscheinlich vom Bindegewebe der eröGFneten Alveolarinterstitien ab. Das
renzende Lungengewebe beteiligt sich an dem Aufbau der Narbe nicht,
tehen die Wundränder aus atelektatischem Lungengewebe, so ist das die
ndflächen bedeckende Exsudat sehr spärlich oder fehlt ganz. Die Ver-
gung erfolgt dann durch direkte Aneinanderlagerung der atelektatischen
igenabschnitte, wobei die Wucherung des Bindegewebes eine sehr geringe
und verhältnismässig spät einsetzt. Verbreitet sich dagegen das Exsudat
ier zwischen den Wundtlächen auch in angrenzende Teile des Lungenge-
es, so werden auch diese durchtränkten Gewebsabschnitte der Lunge zum
bau der Narbe mit verwendet. Es resultieren daraus breite, voluminöse
igennarben.
In diesen Fällen geht das von Bindegewebe durchwucherte Lnngenge-
<e zugrunde. Das benachbarte pneumonisch infiltrierte oder blutig infar-
te Lungengewebe wird wahrscheinlich nicht mehr voll funktionsftlbig, bei
ngen Mengen von Exsudat kann sich die Atmungsfähigkeit wieder ein-
Scbalz, V'erletzuDgea aod cbirnrg. Krankheiteii der Pleura und Lunge. 579
sTellen. Das Lungengewebe zeigt keine Regeneratioosfähigkeit. Eine Neu-
tiildnug TOD elastischem Gewebe war nirgends zn konstatieren. Wohl aber
T^nnag das respiratorische Epithel sich soweit zu regenerieren, dass eröffnete
AlTeolen wieder geschlossen und mit Epithel umkleidet werden können. Auch
iQr Änsbildniig solider Zapfen und Zeilkomplexe kann es durch Wucherung
des Alveolarepithels kommen. Die zur Ligatur und Naht verwendeten Seiden-
liden heilten stets fast reaktionslos ein, indem die Alveularepitlielien durch
ilen Drnck zugrunde gingen und nur das Bindegewebsgerüst übrig blieb. Die
fäden waren auf diese Weise von einer bindegewebigen Kapsel umgeben, die
Jedoch nicht aus neugebildetem, sondern aus den Resten des alten Bindege-
«ebes bestand. Die Fäden sollen nur locker angezogen und geknüpft werden,
sie sollen femer bei der Naht dicht neben dem Wundrand eingestochen und
ganz flach unter der Pleura durchgeführt werden, damit nicht zuviel Lungen-
gewebe durch Atelektase und Druckatrophie zugrunde geht.
Ähnlich sind die Vorgänge bei oberflächlichen, nicht genähten Kand-
defekten. Sie bedecken sich rasch mit einem blutig-fibrinösen Exsudat, das
einen provisorischen Abschluss bewirkt. Auch hier sind deutliche regenerative
Vorgänge an den Alveolarepithelien zu bemerken , welcbe die intraalveolär
gelegenen Exsndatpfröpfe umwachsen und in den eröffneten Alveolen den
verloren gegangenen Teil des Wandbelages ersetzen. Auch das Bronchial-
«pithel ist zu ähnlichen Wucherungen befähigt.
Bei Substanz Verlusten im Innern der Lunge Hessen sich drei Schichten
erkennen: Die äusserste bestand ans koltabiertem, sonst aber erhaltenem
lungengewebe, die mittlere aus jungem Bindegewebe, die innerste aus einem
fibriDÖs-zelligen Exsudat.
Stichverletzungen der Lunge führen bei primärer Heilung nicht zum
^'e^lu3t von Lungengewebe. Das bei der Verletzung verloren gegangene
Epithel wird regeneriert. Die reparatorischen Vorgänge sind schon nach
^ Tagen abgeschlossen.
Ähnliche Bilder, wie in den experimentell erhaltenen Präparaten, fanden
sich in einem Fälle von Lungennaht beim Menschen, der nach 40 Stunden
m Herzschwäche gestorben war.
Besondere auf die Anlegung der Naht gerichtete Versuche ergaben, dass
Raffnähte insofern unzweckmässig sind, als sie einen verhältnismässig grossen
Teil des Lungengewebes dem Unterfange weichen. Auch durch Verwendung
feinen Catguts gelang es nicht, diesen Übelstand zu beseitigen. Wenn es die
Blatstillung gestattet, sind also oberflächliche Nähte zweckmässiger.
Tiegel (56) stützt, um ein Einreissen der Lungennähte zu verhindern,
die Wondränder durch feine resorbierbnie Magnesiumnadeln, die wenige
Millimeter von dem Wundrande entfernt parallel zu diesem dicht unter der
Pleura beiderseits eingeführt werden. Um diese Gerüstfäden werden dann
die Seidenknopf- oder Lembertschen Nähte, die an ihnen einen Halt
finden, angelegt und fest angezogen ( „Gerüstnaht "}. Bei tiefgehenden, stark
blutenden Wunden versenkt man die Stützfäden in der Tiefe der Wunde,
legt um diese versengte Catgnt- oder Seidennähte und an der Oberfläche die
Pleura allein fassende an; zum Nähen benutzt Tiegel feine Nadeln ohne
Öbr mit einer trichterförmigen federnden Metallbülse am hinteren Ende, die
die Fäden aufnimmt. Versuche ergaben, dass die mit Magnesiumpfeilen und
fortlaufender Seidennaht angelegte Naht auch bei stärkerem Innendruck
völlig luftdicht hielt, besonders wenn die Fäden mit Eisenchlorid getränkt
37*
580
Jahresbericht fftr Chirurgie. II. Teil.
waren, das das Blut in den Stichkanälen rasch gerinnen und dadurch letztere
dicht macht. — Tiegel hofft, dass die Nahtmethode sich auch im mensch-
liehen Lungengewebe als praktisch erweisen und das Nahtprinzip auch bei
anderen leicht zerreisslichen, blutreichen Organen verwendbar sein werde.
Haims (20) Arbeit bringt eine Besprechung des einschlägigen Materials
des Kaiser Franz -Joseph -Spitals in Wien (Primarius Lotheisen) aus den
Jahren 1895 — 1904. Unter insgesamt 407 Fällen von Brustkorbverletzungen
befanden sich 49 perforierende (48 cf, 1 ?), wobei unter solchen „perforieren-
den^ Verletzungen diejenigen verstanden werden, bei welchen die Pleura mit
verletzt wurde. Veranlassungsursache für die Verletzung war meist stumpfe
Gewalt (31 mal), sodann Einwirkung schneidender oder stechender Instrumente
(17 mal) und nur einmal ein Schuss. Die Frage, ob ausser der Pleuraver-
letzung auch eine Lungenverletzung vorliegt, ist nicht immer leicht zu ent-
scheiden. Für letztere ist Hämoptoe ein allgemein gültiges Zeichen; ausser-
dem ist natürlich bei Fehlen äusserer Wunden (reinen Kontusionsfällen) auf
Lungenverletzung dann zu schliessen, wenn Emphysem oder Pneumothorax
eintritt (15 Fälle des Berichtmaterials). In einem Falle war durch Auftreten
eines Lungenbruches, der beim Husten als flachkugelige, eigrosse Geschwulst
in der Nähe von Rippenbrüchen subkutan hervortrat, eine isolierte Pleura-
verletzung leicht diagnostizierbar. Die Häufigkeit der wichtigsten Verletzungs-
erscheinungen im Berichtmaterial stellt sich wie folgt:
Bei reinen Kontusionen
(31 Fälle)
Bei Brustverletzungen mit offener
Wunde (18 Fftlle)
Hautemphysem . .
Pneumothorax . .
Hämothorax . . .
15 mal
6 mal (stets mit Hämothorax
verbunden)
27 mal
(nur) 7 mal
4 mal (steti^ mit Hämothorax ver-
bunden)
16 mal
Die Krankengeschichten der schwer verlaufenen oder komplizierten Fälle
werden näher mitgeteilt. Nach den bei dem Berichtsmateriale gesammelten
Erfahrungen ist die septische Infektion des Pleurablutergusses äusserst selten.
Gewöhnlich bleiben diese Blutergüsse flüssig, bewirken aber durch Reiz seröse
Pleuraexsudationen sowie pleuritische Verwachsungen und Schwarten, was
für die baldige Entleerung der Blutmassen von Wichtigkeit ist. Pneumonie, als
sogenannte ^^Kontusionspneumonie^ zu deuten, trat viermal, ein Empyem nur
einmal auf.
Von sämtlichen 49 Fällen endeten 10 tödlich, von denen aber 4 ausser
Rechnung zu setzen sind, da hier anderweitige tödliche Komplikationen
(Schädelbruch, Leberzerreissung , Magenverletzung, Zwerchfellriss) zugegen
waren. Unter den 6 übrigen Gestorbenen finden sich 2, die, bevor eine chirur-
gische Behandlung vorgenommen werden konnte, erlagen: ein 7 jähriger Knabe,
welcher bei der Sektion doppelseitigen Pneumothorax zeigte und ein 70jäh-
riger, schwacher Mann. Bei den anderen 4 (darunter die Schussverletzung)
waren Operationen zur Entleerung des Hämothorax vorgenommen, einmal
Rippenresektion, sonst Punktionen. Was die Behandlung betrifft, so war das
primäre Wundversorgungsverfahren tunlichst einfach, nur in gründlicher Rei-
Schall, YerletzuDgen und cfairurg. Krankheiten der Pleura und Luoge. 581
Diiüng der "Wundumgebung und Jodoform<;azetamponade der Wunde selbst
ft-.-tehend, von jeder Wnnddilatation und Wunddesinfektion wurde abgeselien.
Dil von den 17 penetrierenden Stichwunden keine einzige infiziert wurde, ist
m den Resaltäten dieser Methode nichts auszusetzen. Auch betreffs der Luft-
and Blu tan Sammlung in der Brusthöhle wurde äusserst konservativ verfahren
und hier bleibt es zweifelhaft, ob nicht eine energischere Behandlung bessere
Resultate erzielt hätte. Denn die Operation der vier gestorbenen Patienten
erfolgte verhältnismässig spät, bezw. zu spät (am 14. und 15, Tage), auch hätte
manchmal der Punktion eine Rippenresektion vorgezogen werden können,
lleim schliesst sich deshalb für Fälle von schweren Erscheinungen von Ätem-
wil. Zyanose, Verschiebungen der Brnsteingeweide usw. den in neuerer
Zeit vertretenen Grundsätzen, baldigst zur Entleerung des Pleuraraumes zu
schreiten, an.
Bibergeil (4) berichtet aus Körtes Abteilung über Lungenkompli-
kationen nach Bauchoperationen. Bei 3909 Laparotomien, Hernien einge-
sihlossen, kamen 283 — 7,2 "/o — Lungenkomplikationen vor. 9,8 "/o fallen
dabei auf die Bauchachnitte oberhalb des Nabeis, 6,6 °/o auf die unterhalb
desselben. Bei Laparotomien, bei welchen der Schnitt vom Processus ensi-
lormis bis zur Symphyse reichte, wurden 6,4 "/o solcher Lungenerkrankungen
btöbachtet. Die mittleren Lebensalter zwischen 40 und 50 Jahren neigten
km meisten zu Pneumonien , besonders des rechten Unteriappens. Ein be-
sonderer Eintloss des Wundverlautes auf die Entstehung der Lungenentzündung
T;Lr nicht zu beobachten. Die postoperative Pneumonie tritt bei aseptischem
Wnndverlauf in gleicher Weise ein wie bei einem mit Eiterung verbundenen,
Bchon vor der Operation vorhandene Lungenverändemngen, Bronchitis, Em-
physem, disponieren leicht zur Entstehung einer Pneumonie. Wichtig ist
uich die Abkühlung des Patienten, welche an sich schon durch die Narkose
veranlasst wird. Andere Antoren legen inde. sen auf diesen Punkt mehr Ge-
wicht als es Verf. tut. Von den Narkotizis führt der Äther leicht zu Reizung
der Luftwege und zu folgender Lungenerkrankung; indessen wichtiger als die
Art des anzuwendenden Narkotikums ist das in tiefer Narkose eintretende
Erlöschen der Reflexe, welches leicht auch Aspirationspneumonie zustande
kommen lässt, zumal, wenn der Organismus des Betäubten eine verminderte
Widerstandsfähigkeit besitzt. Von den Momenten, die nach der Operation eine
Lungenentzündung hervorrufen können, ist in erster Linie die Schonung der
darcbtrennten Bauchmuskeln zu nennen, die ihrerseits eine mangelhafte Lungen-
lüftnug im Gefolge hat. Die direkte Beteiligung des Zwerchfells spielt wohl
eine geringere Rolle als die ausgiebige Spaltung der Faszienverbindung in
der Mittellinie des Epigastrium. Oft wird auch durch die nach dem Ein-
griff einsetzende Herzschwäche und ungeeügende Blutzirkulation der Infektion
der Weg für den Ausbruch der Pneumonie eröffnet. Die Tatsache einer
häufigeren Beteiligung des rechten Unterlappens an Pneumonien wird da-
durch erklärt, dass das aspirierte Sekret leichter in den weiteren rechten
Bronchialbaum fliesst als in den linken. Die Entstehung einer postoperativen
Pneumonie durch Verschleppung von Infektionserregern, die bei der Operation
in die Bauchhöhle gekommen sind, auf dem Gebiete der Lymphbahnen hält
Bibergeil für zweifelhaft. Seine eigenen Erfahrungen sprechen nicht dafür.
N'ameutlicb scheint ihm Kellings Annahme unwahrscheinlich, dass eine
Lungenentzündung durch Vermittelung einer Pleuritis entsteht. Für die
Prophylaxe ist es wichtig, vorhandene Lungenkomplikationen vor einen chirur-
582 Jabresbaricht für Cbirurgie. U. T^il.
gischfln Eingriff znr Heilung zu bringen, vor Operationen Mund und Rachen
gründlichst zu reinigen. Während der Narkose soll aller Mundschleim ab-
Äiessen. Alle freiliegenden Teile der Baachböhle, an denen nicht operiert
wird, sind durch Kompressen vor Wärmeverlnst zu schützen. Die Patienten
sollen nach dem Eingriff zu ausgiebiger Atmnng angebaltsn und, sobald es
der Zustand der Wunden gestattet, aus dem Bett gebracht werden.
A. Fränkel (14). Für die Lösung der für die vorliegende klinische
Abhandlung in Betracht kommenden Fragen ranss man unterscheiden den
akuten Lungenbrand von dem chronischen, femer den Solitärherd tuid die
vielfache und zerstreute Höhlen biJdung. Das eigentliche Gebiet der Operation
sind die akuten und zugleich solitäien Formen. Die Probepunkiion ist bei
alten ulzerösen und besonders brandigen Lungenleiden zu verwerfen. Dagegen
gehören zur einigermassen sicheren Annahme einer solitären Lungengangrän:
1. umschriebene Dämpfung, 2. die in verhältnismässig kurzer Zeit erfolgende
Abstossung reichlicher Lungengewebsteile, 3. der durch die Röntgenaofnahme
gebrachte Nachweis, daas sich ausser der durch Schalldämpfung festgestellten
Verdichtung keine weiteren Herde in der Lange befinden. Neuerdings übt-r-
weist Fränkel auch solche Fälle dem Chirurgen, bei denen sich Lungen-
gewebe in weniger reichlichem Masse abstösst und nur ab und zu in mit
blossem Auge sichtbaren Teilen im Auswurf erscheint. Besonders günstig
gestaltet sich der operative Erfolg, wenn zugleich ein putrides Enipjem
besteht. Bei sämtlichen Operierten der Fränkelschen Abteilung wurde von
W. Körte einzeitig vorgegangen. Von den Luugenabszessen heilen viele,
besonders die nach Lungenentzündungen, von selbst ans. Daher ist die
Operation erst nach anfänglichem abwartenden Verhalten am Platze. Für
Fremdkörper empfiehlt sich die Bronchoskopie; ist hierfür der richtige Zeit-
punkt verstrichen, so ist die Pneumotomie vorzunehmen. Von den Bronchiek-
taslen hält Fränkel nur die umschriebenen sackförmigen zur Pneumotomie
für geeignet. Zur Bemessung des Umfanges des Krankheitsprozesses ist auch
hier vor der Operation neben Behorchung und Beklopfung die Durchleuchtung
und Röntgenaufnahme nicht zu entbehren. — Eröffnung und Drainage grosser
tuberkulöser Höhlen, sowie ausgiebige Rippenresektionen zur Mobilisierung
des die Kaverne umgebenden verdichteten Gewebes ohne ihre Eröffnung
kommen nur für seltene Fälle in Betracht.
Ingals (26) beschreibt einen Fall von Lungenaktinomykose , an den
sich eine klinische Besprechung anscbliesst, wobei die Differentialdiagnose
besonders erörtert wird. Für die Behandlung werden nach Ochsner sehr
grosse Dosen Jodkali empfohlen, ungefähr 15 g täglich.
Bei der nach den bisherigen Erfahrungen so ausserordentlich ungünstigen
Prognose erscheint bei dieser Lokalisation des Strahlenpilzes die frühzeitige
Diagnose ganz besonders wertvoll.
Die Herde radikal zu entfernen wird trotzdem selten möglich sein bei
der Neigung des Prozesses, sich nach den verschiedensten Richtungen aus-
zubreiten.
Es ist aber eine Kombination von chirurgischen und medizinischem
Handeln indiziert in der Hoffnung, dass das Jod dann noch ausheilt, was
das Messer nicht erreichen kann.
Dem Ausspruche des Verf. wird gewiss jeder beistimmen, da sich
ausserordentlich trübe Resultate aus den Zusammenstellungen der konservativ
behandelten Fälle ergeben haben (v. Baracz, Poncet) und andererseits
Schult, Vertetiungen nud chirarg. KrauUieiten der Pleura und LuDge. 58^
schon bei snsgedelmten Prozessen (z. B. Schlange, Karewski) Heilungen
darch Operationen erzielt wurden.
Die Röntgenaufnahme des Lungen Befundes wird aaf diesem Gebiete
manche Aufklärung bringen und die Indikationen für etwaige Eingriffe
sicherer wie bisher allein die Auskultation feststellen lassen.
K.ijewskl (30) teilt folgende Fälle von Stich- und Schussverletznngen
der Lunge mit:
1. Ein 22jähriger Mann erlitt am 28. September 1902 eine Stichwunde
der linken Brustseite in Linea axillaris anterior, zwischen der 4. und ö. Rippe.
HäMOthorax. Drei Stunden später Resektion der 5. Rippe. Es stürzte viel
Blut heraas, eine blutende Stelle konnte jedoch nicht gefunden werden. Die
Blntong stand, sobald die Lunge hervorgezogen wurde. Kijewski nähte nun
die Lunge an die Pleura und tamponierte die Lungenhöhle. Genesung.
2. Stichwunde am 27. Mai 1905 zwischen dem rechten Schulterblatt
und der Wirbelsäule. Pneumo- und Hämothorax. Zweimal wurde mit dem
Po t in sehen Apparate blutige Flüssigkeit und Luft aspiriert, dann am
31. Mai die 8. Hippe reseziert. Der Kranke starb am 1. Juli an Pleuritie
septica,
3. Am 4. März 1901 versetzte sich ein ITjäbriger Knabe eine Revolver-
schusswnnde in Linea mammaria unter der linken 5. Rippe. Hämothorax:
am 19. März wurden mit dem Potinschen Apparate 1000 g blutiger Flüssig-
keit aspiriert. Heilung.
4. Ein 20jähriger junger Mann versetzte sich am 14. Dezember 1901
eine Revolverschuss wunde unterhalb der f>. Rippe links. Am 27. Dezembei
nurden 650 g blutiger Flüssigkeit aspiriert. Heilung.
5. Ein 21jähriger Bäcker erlitt am 13. Juni 1904 eine Schusswunde,
EiuEchussÖffnung links, 6 cm vom Brustbeine, zwischen der 1. und 2. Rippe,
.\asschu8sö9'nnng zwischen 8. und 9. Rippe, 10 cm von der Wirbetsiiule, Am
4. Jnli Aspiration von 750 g blutiger Flüssigkeit. Genesung.
Hanf (21). Die Frage, inwieweit tuberkulöse Erkrankungen durch
Trauma beeinönsst werden und Traumen auf die Entstehung und Verschlim-
merung von Lungentuberlose einwirken, hat besonders durch die Einführung
der Unfallversicherung praktische Bedeutung erlangt. In seiner sehr fleissigen
Arbeit hat Verf. es unternommen, die seit dem Erscheinen von Sterns Werk
über ^traumatische Entstehung innerer Krankheiten" 1896 publizierten ein-
schlägigen Mitteilungen zu sammeln und einer Prüfung hinsichtlich Beweis-
kraft für die traumatische Entstehung der Lungentuberkulose, der trauma-
lischen, tnberknlösen Pleuritis und des traumatischen, tuberkulösen Pneumo-
thonuc zu unterziehen.
Bei der kritischen Beurteilung der erschienenen Fälle kamen folgende
Gesichtspunkte in Betracht:
1. Das Trauma des Brustkorbes muss entweder durch die ärztliche
Untersuchung bald nach dem Unfall oder durch einwandsfreie Zeugen be-
stätigt sein.
2. Die Langen und das Sputum müssen bald nach dem Unfall und
wiederholt untersacbt worden sein.
3. Es muss ein Bindeglied zwischen Unfall und Tuberkulose besteben
durch den Nachweis einer Lungenverletzung: Hämoptoe, traumatische Pneu-
monie oder Pleuritis.
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584
Jahresbericht für Chirurgie. 11. Teil.
Eine eingehende kritische Besprechung der mitgeteilten Fälle von ^trau-
matischer Lungentuberkulose^ ergab, dass noch kein Fall bekannt ist, durch
den mit Sicherheit nachgewiesen ist, dass durch ein Trauma Lungentuber-
kulose hervorgerufen werden kann. Dagegen kann eine latente Tuberkulose
durch ein Trauma manifest werden und ein Trauma auf eine Phthise, ma^
diese latent oder manifest sein, in vielen Fällen eine verschlimmernde Wirkung
ausüben.
Die Betrachtungen über die traumatische, seröse Pleuritis fasst Verf.
dahin zusammen, dass ein charakteristischer Unterschied zwischen ihr und
einer anderweitig entstandenen serösen Pleuritis, was Verlauf, Symptome und
Dauer betrifft, nicht besteht, dass es sich wahrscheinlich in den meisten Fällen
um tuberkulöse Pleuritiden gehandelt hat.
Bezüglich des traumatischen, tuberkulösen Pneumothorax erwähnt Verf.
zwei Fälle aus der Literatur, bei denen ein Trauma resp. eine Anstrengung
die Veranlassung zu Pneumothorax bei vorher bestehender Lungentuberkulose
gab, und am Schlüsse seiner Arbeit einen in der Breslauer medizinischen Poli-
klinik beobachteten, bei welchem eine tuberkulöse Erkrankung der Lungen
nicht mit. Sicherheit nachweisbar war, ein nach verhältnismässig geringer An-
strengung aufgetretener Pneumothorax und später auftretender Spitzenkatarrh
derselben Seite aber eine solche wahrscheinlich machte.
Link (36) spricht im Verein Freiburger Ärzte am 30. Juni über trau-
matische Lungentuberkulose. Nach Verf. ist die Frage, ob ein vorher sicher
lungengesunder Mensch durch ein Trauma eine Lungentuberkulose bekommen
hat, zu verneinen; denn ganz kleine tuberkulöse Herde können sich — nach
Stern — dem physikalischen Nachweise entziehen. Zudem lehren die Be-
funde besonders von Birch-Hirschfeld, der unter 826 Sektionen Ver-
unglückter oder an akuten Krankheiten Verstorbener bei 20,7 ®/o teils frische,
teils ausgeheilte Lungentuberkulose fand, wie enorm häufig diese auch bei
anscheinend Gesunden oder wenigstens Arbeitsfähigen sein muss. — Eine
zweite Frage, ob durch eine perforierende Verletzung der Lunge, Überan-
strengung oder eine Kontusion des Thorax eine bis dahin latente Tuberkulose
manifest oder eine frische Lungentuberkulose verschlimmert werde, wird nach
Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes bejaht. Zu beachten ist jedoch,
dass perforierende Verletzungnn der Lungen meist glatt heilen, wenn keine
Wundinfektion eintritt und die Ansichten der Autoren, ob sie für spätere
Lungentuberkulose eine erhöhte Disposition schaffen, nicht übereinstimmen.
Überanstrengungen im Sinne des Gesetzes (zeitlich begrenzt und über das
Mass der gewöhnlichen Arbeitsleistung hinausgehend) können auf eine an-
scheinend ausgeheilte oder eine frische tuberkulöse Affektion verschlimmernd
einwirken durch Vermittelung einer Hämoptoe oder allein durch Dehnungen
und Zerrungen des Lungengewebes. Bei einer Hämoptoe können nicht nur
Tuberkelbazillen in gesunde Lungenteile verschleppt werden, sondern auch
— nach Bäumler — andere Entzündungserreger schnell tödlich verlaufende
lobulär-pneumonische Prozesse hervorrufen.
Wohl am häufigsten zur Begutachtung führende Traumen sind Kon-
tusionen der Brust mit oder ohne Rippenfraktur. Den ursächlichen Zusammen-
hang zwischen Kontusion und einer folgenden Verschlimmerung der Lungen-
tuberkulose erklärt Vortr. dadurch, dass die im Bronchialbaume und den
Alveolen eingeschlossene Luft bei dem durch die meist vorhandene gleich-
zeitige Anstrengung hervorgerufenen Verschluss der Stimmritze komprimiert
Schall, Verlctsungeo DDd chirarg. Krankheiten der Pleura und Lunge. 58Ö
wird üiid so das Langengewebe wie einen luftgefüllten Ballon dehnt. An der
> li«-äihst«n, hier also schon vorher tnberkulösen Stelle kommt es zn einem
Einrisi mit Blutung und ihren Folgen oder zn einer Dehnung und Zerrung
mit verschlimmerndem Einfluss. Eine wichtige ätiologische Rolle bei diesen
Kontusionen und späterer Lungentuberkulose spielt die durch das Trauma
veranlasste Pleuritis mit ihren Adliäsionen. Für die Annahme des Zusammen-
hinge zwischen Trauma und yerschlimmerndem Eintluss ist schliesslich noch
••iiie gewisse Kontinuität der Erscheinungen erforderlich.
Thompson (57) stellt 88 Fälle dieser zuerst von Bamberger be-
n-hriebenen Krankheit aus der Literatur und aus Hospitalberichten zusammen.
Sie betrafen meist Männer (8G°!o) des mittleren Alters; doch kam das Leiden
anch bei Kindern and Greisen vor. Fast immer trat es im Anschlüsse an
eiterige Prozesse im Thorax, seltener in anderen Körperbe/irken (Darm,
Pt'ortader) auf, einige Male bei angeborenen Herzfehlem und bei Syphilis.
Stets war zuerst Verdickung der Finger und Zeben vorhanden, oft stärker,
»U man es anch sonst bei Emphysem und Tuberkulose tindet. Die Krankheit
begann mit Steifigkeit in den Hnndgelenken und Knöcheln; 3—4 Monate
sj'iter folgte daselbst Änschwelinng. Schmerzen waren nicht vorbanden. Dann
trlirankten die Knie, oft gleich mit Erguss. An den Händen und Füssen
find selten die Interphalangealgeienke befallen, eher die zwischen Metakarpus
uud unteren Phalangen, besonders häufig am Daumen und am ersten Finger
Qiid an den entsprechenden Gliedern des Fusses. Die in diesen Gelenken
ei(dii!enden Knochen sind verdickt, bisweilen sind ihre Diaphysen druck-
eaiptiüdlich. Je nachdem die Schwellung der Gelenke oder der Knochenenden
Kirwiegt, unterscheidet Thompson eine arthropatische und eine osteopatische
Fi.rm des Leidens. Ein Fall verlief ganz ohne Beteiligung der Gelenke. Der
Imssame Verlauf setzt sich aus An- und Abschwel lungen zusammen; jede
.Anschwellung binterlässt eine Zunahme des Knochens, die nach und nach
eine Verlängerung bewirkt. Da gleichzeitig die .Muskeln durch Nichtgebrauch
atrophieren, tritt die Vergrösseruns der Knochen später unverhältnismässig
ile:itlifher hervor. Rückg^tng der primären Krankheit kann Stillstand der
Knochen Veränderungen und Verminderung der Finger- und Zehen-Schwellungen
lur Folge haben. Der allgemeine Gesundheits:!ustand ist stets durch Abnahme
drs Hämoglobins im Blute beeinträchtigt. Die Sektion ergab fast immer
symmetrische Ausbreitung des Prozesses. An den Knochen fand sich Periostitis
mit Knochennenbildung, Ausfüllung der Markräume mit hartem Knochen,
Sklerosierung der Epiphysen. In einzelnen Fällen waren auch Klavikula,
Darmbein, Rippen, Akromion, Spinascapulae, Processus spinosi vertebrarum
l>efalien. Bei einer chemischen Untersuchung fand man Zunahme der Magnesia
auf Kosten des Kalkes und Zunahme der organischen Substanz. In erkrankten
l'elenken waren die Knorpel erodiert. Bisweilen wurde Erkrankung der
''Undala pituitaria, bisweilen der Thyreoidea bemerkt. Die Verdickungen an
den Endphalangen betrafen meist nur die Weichteile. Mit Gicht scheint der
Zustand keinen Zusammenhang zu haben; doch ist er toxischen Ursprunges,
lie das Zurückgehen der Erscheinungen nach Entleerung und die Wieder-
terschlimmerung nach Wiederfüllung einer Bronchiektasie zeigte, das mehrfach
heibachtet wurde. Auch sprechen dafür die Art der Lokalisation, die immer
symmetrisch war, der Sitz an Orten, die sich durch langsame Zirkulation
und langes Verweilen des Blutes auszeichnen, endlich der Charakter der
KaorpelaETektion, die mehr chemischer als entzündlicher Art zu sein schien.
586 Jahreabericht fQr Chirurgie. II. Teil.
Von Akromegalie unterscheidet sich das Leiden dadurch, dass es nie primär
auftritt nnd dass Symptome seitens des Zentralnervensystems fehlen. Auch
sind bei beiden Krankheiten die Formveränderangen der Knochen ganz ver-
schieden. Das Leiden ist selten.
Lever (30) teilt die Lungenhemien in 2 grosse Gruppen ein:
L Longenhernien mit penetrierender Thoraxwunde,
2. „ ohne „ „
(Lungenhemien, die sich durch Dehnung der Narbe nach früherer
penetrierender Thoraxwunde entwickelt haben, sind der ersten Gruppe zuzu-
rechnen.)
Die Lungenhemien ohne penetrierende Thoraxwunde teilt er 1. in
solche, die in ihrer Anlage angeboren sind, 2. in erworbene. Die in ihrer
Anlage angeborenen Hernien beruhen sämtlich auf Bildungsanomalien dei
Thorax; die in der Literatur beschriebenen diesbezügl. Fälle werden vom
Verf. erwähnt. Er führt ferner die Fälle von erworbener Lungenheroie, die
ohne vorausgegangene penetrierende Thoraxwunde, die ätiologisch durch
Trauma hervorgerufen sind, an und die sogen. Spontanhemien, durch Keurb-
husten oder anfailswelse auftretenden hartnackigen Husten entstanden. Hierher
gehören auch die Lungenhemien, die sich im Anschluss an Eiterungen oder
ähnliche Prozesse in der Thoraxwand ausbilden. Zum Schlüsse erwähnt er
die Beobachtungen, bei denen die Thoraxwand durch eine äussere Gewalt
geschädigt wurde, ohne dass es dabei zu einer Läsion der Hautdecken kam,
nnd bei denen dann sich die Hernie früher oder später nach dem erlittene!)
Trauma ausbildete. Zu diesen 13 in der Literatur bekannten Fällen gehört
such Verfassers Fall. Ein 38 jähriger Arbeiter erlitt von einem Trajismissions-
riemen einen Schlag gegen die 1. Brustseite, ohne dass es zur Perforation
der Hautdecken kam, wonach sich erst längere Zeit nach dem erlittenen
Trauma eine Lungenhernie entwickelte. Infolge der Verletzung waren mehrere
Rippen frakturiert; das kurz nachher aufgetretene Hautemphysem sowie gleich-
zeitiger Bluthusten bewiesen, dass Pleura und Lungen verletzt waren. Erst
nachdem die an die Kontusion unmittelbar anschliessenden Prozesse rück-
gängig geworden waren, hatte sich die Hernie ausgebildet.
Knhienkamp (32) berichtet einen Fall von traumatischer Lnngeii-
gangrän. Der Tatbestand ist folgender: Ein 44 jähriger sonst gesander
Kutscher wird infolge ausserordentlicher Hitze schwindelig und stürzt vom
Bock. Er bleibt '/> Stunde bewnsstlos; am folgenden Tage hat er Schmerzen
im ganzen Körper und allgemeines Unbehagen; objektiv finden sich keine
Zeichen ernster äusserer oder innerer Verletzungen. Auf eigenen Wunsch
nimmt er seinen Dienst nach 3 Tagen wieder auf; nach 2'/» Wochen sieht
der Arzt ihn wieder; aus dem robusten Menschen ist ein elendes, abge-
magertes Individuum geworden; es besteht Fieber, Husten und reichlicher
übelriechender, nicht blutiger Auswurf, Eine Herdlokalisation über den Lungeo
ist nicht möglich; nach weiteren 3 Monaten geht er zugrunde. Man findet
im rechten Oberlappen ein doppeltwalnussgrosse Gangränhöhle, im rechten
Unterlappen eine frische Pneumonie. Zeichen einer einstigen Lungen- oder
Weichteilzerreissung waren durch die Sektion nicht festzustellen.
In dem an die Berafsgenossenschaft anzufertigenden Gutachten hob
Verf. hervor, dass der sonst gesunde Mann kurze Zeit nach dem Trauma sa
seinem Lungenleiden erkrankte; zwar könnte dieses Zusammentreffen ein
Zufall sein, zwar fehlten auch alle objektiven Zeichen für eine Zerreissiuig
Schult, TerletzuDgeo und cliirurg. Krankheiten der Pleara und Lange. 587
im Orgaogewebe oder Weichteilen, jedoch seien in der Literatur bereits eine
geringe Anzahl ähnlicher Fälle — v. Leyden, Fischer, Litten, Hanot
u. a. — beschrieben worden; einen dem seinigen fast gleichenden Fall von
Hajeiii-Granse referiert er kurz.
Es könne also ein nrsächlicher Znsammenhang zwischen Unfall nnd
Lüiigengangrän mit Sicherheit nicht auggeschlossen werden.
Weigel (59) teilt in der Nürnberger mediz. Gesellschaft und Poliklinik
am 1. Dez 1904 zwei von ihm begutachtete Fälle von Lungentuberkulose
nach Trauma mit. Der ursächliche Zusammenhang ist nach Weigel nur
dann wahrscheinlich, wenn die nach dem Unfall auftretenden Erscheinungen
dafür sprechen, dass durch das Trauma die Lungen direkt getroffen oder
wenigstens in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ausserdem muss auch der
zt-itliche Konnex gegeben sein. Wenn ein Jahr oder längere Zeit nach einem
UnfalK der zwar den Rumpf betraf (im vorliegenden 1. Falle die Lenden-
gegendl, aber keine Erscheinungen von Seiten der Lungen und des Bauch-
raumes anslöste (wie Hämoptoe, Pneumonie, Pleuritis, Häiuato- und Pneumo-
thorax oder sonst einen Erguss in die BmsthÖhle), sich eine Phtise ent-
wickelt, nachdem bis zu einem halben Jabr nach dem Unfall bei wieder-
holten Untersuchungen derselben nichts Krankhaftes auf den Lungen gefunden
wurde, fühlt sich Vortr. nicht berechtigt, die Phthisis auf den Unfall zurück-
zuführen.
Im 2. Falle handelte es sich um einen Mann, der angeblich nach einer
gLinz geringfügigen ^'erletzung — Stoss gegen die Wade — eine tuberkulöse
Karies des Fersenbeines akquirierte. Jahrelang verweigerte er jeden opera-
tiven Eingrilf, blieb 7 Jahre erwerbsunfähig und erhielt die Vollrente,
Schliesslich erlag er einer käsigen Pneumonie. Nach Vortr. darf auch hier
der Unfall resp. die durch denselben ausgelöste Fersenbeintuberkulose nicht
für den Tod an Lungentuberkulose verantwortlich gemacht werden. Wahr-
scheinlich war der Pat. schon vor dem Unfall lungenkrank; der Zeitraum
zwischen Unfall nnd Tod ist so lange, dass wahrscheinlich die Fersenbein-
erkrankung den Ablauf des Lnngenleidens nicht wesentlich beschleunigt hat,
nnd schliesslich konnte die als Unfallfolge anerkannte erste Manifestation
schon, wie gewöhnlich, einen vielleicht nur latenten Herd zum Ausgangspunkt
haben, der für den Verlauf und das Umsichgreifen des tuberkulösen Allge-
meinleidens verantwortlich zu machen ist, auch wenn er zur Zeit des Unfalls
nicht nachgewiesen wird.
Fleischhut (13) berücksichtigt in seiner Arbeit hauptsächlich die
penetrierenden Bmstschusswnnden der Lungen unter Bezugnahme auf das
einschlägige Krankenmaterial in der chirurgischen Klinik der Kgl. Cliarite zu
Berlin vom Jahre 1896 an 40 Fällen, in welchen es sich fast ausnahmslos
nm ein Conamen suicidü handelt. Ais sichere Symptome eines penetrierenden
LnngenBchussea bezeichnet Verf. 1. den Pneumothorax; 2. das Hauteniphysem ;
3. die Blutung, Diese kann herrühren aus den Gefässen der Brnstwandung,
der Art. mammaria interna und den Interkostales oder aus den Lungen-
gefässen und sich am Boden des Brustfellraumes ansammeln: Hämothorax,
häufig verbunden mit Pneumothorax oder sich als Blutauswurf Hämoptoe
»igen; 4. den Prolaps der Lunge oder Lungenhemie, bei penetrierenden
Lungenschüssen sehr selten, erfordert eine grössere Brustwunde; 5. Dyspnoe
aud quälenden Hustenreiz.
Jahresbericht für Chirurgie. U. Teil.
i'oii den 40 Pat. starben 8 an den Verletzungen der Lunge und grossen
ngefässen an Verblutung und komiilizierten Verletzungen des Zwercli-
der Leber, des Gaumens, des Herzbeutels. Bei den übrigen 32 Fat.
enesung ohne jede Komplikation, bei 28 Fällen in kurzer Zeit ein: bei
rte operiert werden wegen bedrohlicher Kompressionserscheinungen auf
und Herz; wegen Empyem und Zunahme des Hämothorax und
jneumothorax und wegen Hautplilegmone. Nach eingehender L!e-
ung der 40 Fälle schliesst Verf. mit den Worten Küttners: -[>ie
nschusswunden der Kleinkalibergeseliosse im Frieden wie im Kriege j^e-
zu den günstigsten Verletzungen, vorausgesetzt, dass flie Verletzten
:i sachgemässe und zielbewusste Behandlung kommen.
Krasser (31), Die Begutachtung der Knochen- und Gelenktuberkuluse
Unfällen bietet keine grossen Schwierigkeiten, da sich der Beweis. oU
treffenden Teile vor dem Unfall gesund waren, häufig erbringen lässt.
iT Lunge aber ist ein solcher Nachweis auch nicht mit unseren aller-
n Hilfsmitteln zu führen. Nach eingehender Besprechung der Ansiebten
ler Autoren über die Entstehung der Lungentuberkulose nach Trauma
t Verf. der Meinung Sterns bei, nai'h welchem die Möglichkeit. da.*s
'anma bei einem vorher gesunden Menschen die Entstehung der Lungen-
ulose hervorruft, bisher nicht ausreichend bewiesen ist und dass noch
e, möglichst sorgfältige Beobachtungen notwendig sind. An 3 Fällen.
!r Nürnberger Volksheilstätte Engelthal (Oberarzt Dr. Bauer, Eng>-1-
mit der bestimmten Diagnose „traumatische Lungentuberkulose" über-
waren, die jedoch nacb genauester Untersuchung in keinem Falle
ht erhalten werden konnte, zeigt Verf. die Schwierigkeiten der Begnt-
ig derartiger Kranker. Im ersten Falle handelte es sich um einen
•igen Bahnarbeiter, der wegen „ Lungenhl utungen" infolge eines vor
:en erlittenen Unfalls überwie.sen war. Pat. wm-de nach kurzer Zeit
;en, da die Beobachtung zur Annahme berechtigte, dass die Blutungen
:iinstlich erzeugt wurden aus den schlechten Granulationen einer Zahu-
des linken oberen Eckzahns und aus den entzündeten Zahntteisch-
n. Eine Untersuchung des Mundes, Rachens usw. hatten die erstbe-
nden Arzte niemals vorgenommen. Verf. macht auf die Mahnung
IS aufmerksam: bei der _ traumatischen Hämoptoe Mund, Nase, Rachen,
röhre und Magen genau zu untersuchen ; ferner Trachea und Epiglottis
pizieren; er erinnert an die blutigen Sputa bei Herzfehlern, chronischen
litiden und Bronchiektasien. Bei dem 2. Pat. bestand ein chronischer
lialkatarrh beider ünterlappen schon vor dem Unfall (nach Rippen-
und bei dem 3., einem 61jährigen Arbeiter, handelte es sich um eine
alte, langsam fortschreitende schrumpfende Tuberkulose der Lungen
Pleuritis, die bis zum Eintritt der Blutung für den Träger symptomlos
Im Schlüsse seiner Arbeit bespricht Verf. die in neuerer Zeit bei
ontusionen bezw. Lungenblutungen nur Unfallbegutachtung angewandten
oriüchen Tuberkulininjektionen, wonach auf Grund einer mehr oder
r deutlichen Fiebersteigung eine latente Lungentuberkulose diagnostiziert
er Unfallkranke einer Heilstätte überwiesen wird. Jedoch mnsä hier
der allgemeinen eine lokale Reaktion (Veränderung der Atmung auf
spitze, Knistern, Rasseln, Pieurareiben usw.) nachweisbar sein, ehe von
Lungentuberkulose gesprochen werden darf.
Schulz, VerletiiiDg«D und cbirurg. ErankheiteD der Pleura and Lunge. 58!>
Eine soi^fältige fortwährende Beobachtung in einer Klinik oder grösserem
Krankenhanse ist gerade zur Klärung der traumatischen Lungentuberkulose
dringend erforderlich.
Bei manchen Operationen an Hunden, wo Synkope vorkam, machte
Jianu (24) die forzierte Mundinsnfäation der Lungen durch die Nasenlöcher
mit rascher Wiederbelebung der Hunde. In einem Fall solcher Synkope bei
einem ISjäbrigen Manne mit Revolverschuss wunde der Leber und des Mageuf,
nach 25' Chloroformierung in kleinen Dosen trat plötzlich Synkope ein. Nach-
dem alle Methoden der Wiederbelebung erfolglos blieben, insufflierte Jianu
kräftig Luft mit dem Munde durch die Nasenlöcher des Patienten, welchem
er kräftig den Mund verschloss. Nach beinahe 15 Minuten methodischer In-
siufäation der Lungen fingen die Lungen an eine gewisse Resistenz der ]n-
sufäation zu machen and der Kranke kam rascb zu sich und genas vollständig
nach 50 Tagen. Jianu meint, dass man dieselbe Insufflation noch besser
mit reiner Luft durch Apparate anwenden kann.
Muszkat (41) beobachtete eine sehr seltenen Fall in der von ihm ge-
leiteten Lungenheilanstalt Neudorf. Es handelte sich um einen 44 Jahre
Jten Mann, der früher bis auf eine interkurrente Erkrankung an Influenza
stets gestmd gewesen sein will. Von der Influenza her verblieb dem Patienten
eine leichte Empfänglichkeit für Katarrhe während des darauffolgenden
Winters.
Im Januar 1904, sechs Jahre nach dem Inflitenzaanfall, erkrankte Pal.
an hartnäckigem Bronchialkatarrh, derselbe verschlimmerte sich trotz Behand-
lung und zwang den Kranken, Mitte Februar das Bett aufzusuchen; es be-
standen Schmerzen auf der Brust, die sich endlich rechts lokalisierten, Husten
mit ziemlich reichlichem Auswurf, auch unregelmässige Temperatursteigerungen
waren vorhanden, Schlaf war der bestehenden Brustschmerzen halber fast un-
möghch; nur einmal waren einige Blutspuren im Sputum zu konstatieren.
Dieser Zustand blieb bis im Juli ungelabr stationär. Zur Zeit der Auf-
nahme in die Lungenheilanstalt, 12. Juli 1904, macht Patient den Eindruck
eines Schwerkranken, es bestand starker Hustenreiz mit wechselnd starkem
Auswurf, Schlaf- und Appetitlosigkeit, heftige Schmerzen auf der rechten
^eite der Brust, Ernährungszustand dem entsprechend schlecht. Objektiv ist
zu konstatieren, dass die rechte Seite hauptsächlich in den oberen Partien
Wim Atmen zurückbleibt, perkutorisch Schallverkürzung in der rechten Fossa
siipraspinata, auskultatorisch in der rechten Fossa supraclavicntaris und supra-
spinata: rauhes abgesetztes Inspirium, unten rechts abgeschwächtes Atmen.
Im zweiten und dritten Interkostal räum besteht Druck empfind lieh keit.
Der weitere Verlauf war ein rascher, am lö. Juli vormittags exazerbierte
dtr Brustschmerz nach leichtem Schüttelfrost derart, dass Patient nicht mehr
^agte, die eingenotomene Rückenlage zu wechseln; unaufhörlicher, krampf-
artiger Husten und Exspektoration von reichlichem, dünnflüssigem, schau-
migem, grünlich- gelbem Auswurf quälten den Kranken sehr, abends 38,6**,
trotz Morphium schlechte Nacht, am 16. Juli morgens 8 Uhr bereits 38,2°,
der Auswarf ist blutig tingiert, reichlich, die Schmerzen sehr stark trotz
wiederholter Morphiuminjektion, es tritt ein heftiger Schüttelfrost ein, nach
welchem die Temperatur bis auf 40,4" steigt; dann aber unter starkem
Schweissansbrach ein lytischer Temperatnrabfall und ein Nachlassen aller
Krankheitssymptome, auch der Auswurf wurde besser, ohne Blutbeimengung;
abends nur noch 36,8" Temperatur, ruhige Nacht und beschwerdefreies Bä-
390 Jabresbericht für Chirurgie. II. Teil.
finden. Am Morgen des 17. Juli konnte der Patient bei der Morgenvisite
einen etwa erbsengrossen , in Blut^^erinnsel eingehüllten steinharten Körpt^r
vorweisen, den er soeben ausgehustet hutte. Der weitere Verlauf der Krank-
heit war äusserst einfach, in den nächsten drei Wochen erholte sich Patient
vollständig, nahm um sieben Pfund zu und zeigte bei seinem Austritt oli-
jektiv nichts Besonderes, subjektiv klagte er noch über ein dumpfes Gefühl
in der rechten llrustseite. Aus späteren Nachrichten ist zu entnehmen, dass
es ihm andauernd gut geht.
Das ausgehustete Konkrement, ein ovaler, höckeriger, ranher Körper,
besteht aus pbosphorsaurem und etwas kohlensaurem Kalk, nebst Sparen von
Magnesia, ein organisches Gerüst war vorhanden, doch zeigte dasselbe keinerlei
histologische Struktur. Tuberkelbazillen waren bestimmt nicht vorhanden,
auch im Sputum wurden trotz wiederholtem Untersuchen deren nicht gefunden.
Der Patient war auch der Untersuchung mit Röntgenstrahlen unterworfen
worden, ohne dass diese Prozedur einen Anhaltspunkt für das Vorhandensein
des allerdings nur erbsengrossen Steines gegeben hätte.
Woher stammt nun der Stein? Poulalion hat in seiner Monographie
der Lungensteine in parenchymatöse und intrakanalikuläre, je nach dem Orte
ihrer Entstehung, eingeteilt. Die parenchymatösen, die durch späteres Frei-
werden sekundär intrakanalikulär werden können, sind bei weitem die häu-
figeren und können nach Infarkten, Lungenabszessen, Aktinomykose, Kladothrix-
erkrankungen, Rotz, nach Tuberkulose und andersartigen Neubildungen ent-
stehen. Bei intrakanalikulären handelt es sich um Petrifikation von stag-
nierendem Sekret in Bronchien oder Kavernen.
Es spricht nun nichts dafür, dasa es sich im vorliegenden Falle um ein
parenchymatös entstandenes Konkrement bandelt. Die sofort nach dem Aus-
husten eintretende Besserung, das Verschwinden sämtlicher Krankheitssym-
ptome spricht sogar direkt dagegen. Ätiologisch ist keine der oben ange-
führten Ursachen heranzuziehen. Tuberkulose war nicht vorbanden. Wohl
aber litt der Kranke schon seit einer Reihe von Jahren an chronischer Bron-
chitis mit zeitweisen Exazerbationen. Sein Beruf, er führte kinematographisclie
Aufnahmen vor und bediente sieb überall da, wo elektrisches Licht nicht
erhältlich war, des Drummondschen Kalklichtes, bedingte aber das Ein-
atmen von abspringenden Kalkpartikelchen in hohem Masse; es kommt noch
dazu, dass der Patient äusserst kurzsichtig ist und sich bei den Vorführungen
nnd Manipulationen am Apparat stets in dessen nächster Nähe zn halten
hatte, er gibt auch an, dass er oft während der Vorstellung an starkem
Hustem'eiz und Erstickungsanfällen zu leiden hatte.
Es ist also nicht von der Hand zu weisen die Erklärung: der Patient
habe feinste Kalkpartikelchen eingeatmet, diese haben sieb in stagnierendem
Sekrete niedergeschlagen und durch die vielfache Wiederholung dieses Vor-
ganges habe sich der Lungenstein gebildet; dies um so weniger, als jede
andere Ätiologie, wie gesagt, fehlt. Den Namen Bronchialkolik möchte Verf.
deshalb eingeführt wissen, weil die Anfälle mutatis mutaudis mit den Anfällen
bei Nieren- und Gallensteinkolik die grösste Ähnlichkeit zeigen.
Harland und Good (22) berichten über einen Fall von plötzlichem
schweren Kollaps, der während der Massage eines Epithelioms der Unterlippe
eintrat, offenbar durch Reizung der Trigeminusendäste. Die Reflexhemmung der
Herztätigkeit und der Atmung entsteht in der Weise, dass von Trigeminus-
and Vaguszweigen ausgehende Impulse zu den Hemmungszentren des Herzens
Scholl, VerleUangeD und Chirurg. KranUieiten der Pleura uar) Lunge. ft91
nßd der Atmung in der Med. oblongata fortgepflanzt werden, bis durch An-
sammlung der Kohlensäure im Blute das Atmungszentrum nieder gereizt und
durch die Aufblähung der Lungenbläschen die kardialen Zentren reÜektorisch
IG Tätigkeit gesetzt werden. Die Herzhemniung erzeugt im Gegensatz zu
Synkope oder Schock eine Reizung der Vasokonstriktoren , weshalb kein Ab-
flog des Blutes in die Abdominalgefässe und keine Gehirnanämie eintreten.
Die Verff. besprechen nur die von den Nervenendigungen des Respirations-
traktes ausgelöste Herzbemmnng. Starke cliemische Reize auf die Nasen-
sohleimhaut wirken hemmend auf die Respiration, selbst bei vorheriger Kokain-
anästhesie. Die Ursache ist zuweilen eine psychische, zuweilen eine durch
Kokain bedingte. Die Idiosynkrasie gegen Kokain nnd die Todesfälle bei
.\näst he Vierungen entstehen offenbar durcb Reflezhemmung der Herztätigkeit.
Der Rbinopbarynx antwortet in demselben Sinne sehr leicht auf Rei/.e; An-
bilten des Atems und Pulsverlangsamung kommen namentlich bei Auskratzung
adenoider Vegetationen vor, unabhängig von der Wahl des AnUsthetikums,
KeiiDug der Laryngealschteimhaut, gewaltsame Erweiterung des Pharynx und
heftiges Hervorziehen der Zunge erzeugen Herzhemmung und selbst tödlichen
Aa^gang. Diagnostisch wichtig ist, dass eine einfache Behinderung der Herz-
tiligkeit sich durch Zyanose und vollen Puls, die Hemmung hingegen durch
Blässe und langsamen schwachen Puls kennzeichnet. Die letztere entsteht
fenier bei Reizung der Lungenäste des Vagus, wobei Apnoe und Gefässerwei-
irrnn^ hinzutreten. Die Verff. erwähnen einen Fall, wo nach der Probe-
pnnkiion in die Lunge eines Kindes Herzstillstand nnd Tod eintraten, und
emes zweiten Todesfalles nach wenigen Ätherinhalationen.
G^en die Herzhemmnng empfiehlt sich theoretisch das Atropin, welches
Doch vor der Operation gegeben werden muss. Allgemeine Anästhesie wirkt
prophylaktisch wegen der Aufhebung der Reflexe. Die Resorption des Kokains
im Larynx ist eine langsame und wenig gefährliche. Vor der Äthemarkose
empfiehlt sich ein Spray mit l",o Kokainlösung und mit Adrenalinchlorid
1:10000 in die Nase oder den RhinopharynX, hingegen ist Strychnin kontra-
indiziert. Die Behandlung in schweren Kollapsfällen muss vom Atropin ab-
sehen, da es erst nach 15 Minuten wirkt; sie muss sich auf künstliche Atmung
und wiederholte Lungenaufblähnng von Mund zu Mund beschränken.
G. H. Uaknen hebt in der Diskussion hervor, dass bedeutende Neuro-
|{^D pathologische Beziehungen zwischen der Nasenschleimhaut und dem
lie^mtnervensy Stern leugnen. Er glaubt, dass intranasale Operationen nur
dann von üblen Zufällen gefolgt sind, wenn Störungen im Retlexbogen voi-
handen sind, so bei Personen mit labilem Nervenzustand. Es wäre zu ent-
scheiden, ob der Kollaps in einem solchen Falle der Kokainvergiftung und
psychischen Einflüssen oder dem mechanischen Effekt der Operation zuzu-
schreiben ist. Liegt die Ursache im Herzen, dann müsste die Menge des
Kokains noch gesteigert werden. Die Grundlagen für dessen Dosierung werden
Tielieicbt in der Zukunft noch gefunden werden. G. L. Ricliards führt
einen Kall von Asphyxie hei einem Kinde an, welches durch den Mund zu
atmen pflegte und dessen Nasenrachenraum durch adenoide Vegetationen voll-
ständig ausgefüllt war. Während der Anästhesie wurde der Mund geschlossen
und es traten Zyanose und Apnoe ein. S. Solis-Cohen gibt an, dass er
die Apnoe durchzuhalten der Nasenlöcher vor der Anästhesierung verhindert,
diese aber bei Operationen in den Luftwegen nach Möglichkeit vermeidet.
Unmittelbar nach der Tracheotomie tritt ein kurzer AtmungäStillstand ein,
592 Jahresbericht fflr Chirargie. II. Teil«
auch die Beizung der hinteren Trachealwand hemmt zuweilen die Respiration.
E. Mayer bemerkt, dass gewisse Individuen für die Art der Herzhemmung
empfanglich seien, besonders bei Chloroformanwendung. Gegen die Gefahr
des Kollapses ist Adrenalin sehr wertvoll. E. Pynchon gibt an, dass er
Kollaps bei Kokainanwendung niemals sah, wenn dasselbe in starker Lösung
im Schlünde und mittelst Baumwollträgers aufgetragen wurde, nur die Appli-
kation auf die Nasenschleimhaut und die Injektion in der Nähe der Tonsillen
hatten üble Zufälle zur Folge. Er erwähnt eines Falles, wo nach dem Ein-
pressen eines Kokaintampons zwischen mittlerer Muschel und Septum epi-
leptiforme Anfälle auftraten. R. C. Myles erwähnt, dass diese Indiosynkrasien
schwer erklärbar seien. Er erinnert an einen hervorragenden Athleten, dessen
Widerstand gegen die Operation er erst nach sieben Versuchen brechen
konnte. Er injiziert Vaselinlösungen in die Trachea mit demselben Effekte
wie Kokainlösungen. Die meisten Todesfälle ereignen sich bei Operationen
an der Trachea, und er empfiehlt, ein jedes Individuum vor der Anästhe-
sierung durch Kitzeln der Trachealschleimhaut auf seine Empfindlichkeit zu
prüfen. C. M. Cobb wendet Äthernarkosen bei adenoiden Vegetationen nur
an, wenn ihm eine Kieferklemme zur Verfügung steht, da sonst bei Spasmus
der Kaumuskeln jeder Luftzutritt behindert werden kann. B. R. Shurly emp-
fiehlt eine ausgedehntere Anwendung des Stickoxyduls. W. H. Good be-
richtet über einen Fall, wo durch wiederholte Lungenaufblähung die Herz-
hemmung überwunden wurde. Die adenoiden Vegetationen rufen eine grosse
Empfindlichkeit des Pharynx hervor, die durch die Äthemarkose noch ge-
steigert wird. Adrenalin wird am besten intravenös gegeben, doch schlägt
er dessen Wert nicht hoch an, da es der Hemmung der Herztätigkeit nicht
entgegenwirkt. Dagegen haben Kokain und Atropin einen prophylaktischen
Wert. Konvulsionen sind eine Folge der Schleimhautreizung.
Claisse (10) bespricht an der Hand eines Falles die Symptomatologie,
Prognose und Therapie der Lungenkontusionen. Er unterscheidet direkte
und indirekte Folgen der Verletzungen.
Zu den ersteren zählt er den Blutandrang zur Lunge und die Lungen-
blutung, wobei er bemerkt, dass einerseits die Intensität der Blutung
nach dem Grade der Verletzung in weiten Grenzen schwankt und dass
es andererseits oft schwer zu beurteilen ist, inwieweit die Verletzung
selbst oder die durch sie erzeugte nervöse Vasodilatation die Blutung be-
wirkt. Die indirekten Folgen teilt er in die frühzeitig und in die später
eintretenden; zu den ersteren rechnet er die verschiedenen Formen der
Pneumonie, zu den letzteren die Tuberkulisierung der betroffenen Lunge
in ihren verschiedenen Formen. Als charakteristische Symptome der Pneu-
monie nach Kontusion, die Verf. von der traumatischen trennt, werden an-
geführt: massiges, langsam ansteigendes Fieber ohne initialen Schüttelfrost,
massig intensiver Schmerz an der betreffenden Partie, häufiges Fehlen des
für die lobäre Pneumonie charakteristischen Sputums, abgeschwächtes Bron-
chialatmen mit spärlichem Rasseln, Zyanose der Extremitäten, Blässe des
Gesichtes, herabgesetzter arterieller Druck. Der Tod tritt in 33**/o der Fälle
ein! Fast noch gefährlicher erscheinen die Fälle, in denen im Anschluss an
die Verletzung multiple, bronchopneumonische Herde auftreten. Als Kompli-
kationen der entzündlichen Lungenprozesse führt Verf. an: Lungenabszess,
abgesackte oder diffuse eitrige Pleuritis und Lungengangrän.
Sehnlz, Verl atz ungeii und cbirurg. Krankbeiton der Pleura und Lang«. 593
Die TaberkolisieniDg der Lunge kann entweder tatsächlich nach der
Verletzong durch Infektion eintreten oder die Verletzung bildet die Veran-
assang zur Manifestation einer bereits latenten Tuberkalose.
Die Prognose miias deshalb in jedem Falle von Kontusion der Lange
mit äusserster Vorsicht gestellt werden, und man soll, insbesondere wenn es
sich am ein anscheinend tuberkulöses Individuum handelt, erst mehrere
Wochen der Beobachtung vei^ehen lassen, ehe man von Heilung spricht.
In therapeutischer Hinsicht empfiehlt Verf. unmittelbar nach der Ver-
letzung absolute Ruhe und Eispillen, später Antisepsis der Mundhöhle und
eventuell Stimulantien.
Jochmann (26). Das hohe Fieber der Phthisiker wurde und wird
wohl auch heute noch oft aufgefasst als bedingt nicht durch die Tuberkelbaziiteu
^Ibst, sondern durch andere Mikroorganismen, insonderheit durch Strepto-
kokken. PetFDschky sprach sogar von einer Streptokokkenkurre bei
Phthise, ein Ausdruck, der eine Zeittang in der Terminologie der Lnngen-
lub«rkulose Bürgerrecht sich erworben hatte, trotzdem einerseits v. Strüm-
pell darauf auftnerksam gemacht hatte, dass ein so hohes, regelmässig inter-
mittierendes Fieber , wie es bei progresser Lnngenphthise vorkommt , kaum
je bei einer anderen Krankheit beobachtet wird, also wohl dieser Krankheit
eigentündich sein muss, und andererseits Lenhartz betont, dass bei reiner
Streptokokkensepsis Neigung zu unregelmässig intermittierenden Temperatur-
steigerungen bestehe. Eine Hauptstütze für ihre Anschauung fanden die Ver-
fechter der Lehre von der Streptokokkenkurve in manchen Bintbefunden bei
Phthise. Zahlreiche Untersucher, von denen hier nur Jakowsky, Hewelke,
Petruschky und Sittmann genannt sein mögen, fanden im Blute von
Phthisikem mehr oder weniger oft Strepto- und Staphylokokken.
Jochmann bespricht die einschlägige Literatur und sichtet sie kritisch.
Er kommt dabei zti dem Kesultate, dass bei weitem die meisten Blutunter-
sachungen, seien sie intra vitam oder post mortem vorgenommen worden,
strengen Anforderungen hinsichtlich Gründlichkeit nicht entsprechen. Die-
jenigen Untersuchungen, die mit aus der Fingerbeere entnommenem Blute
angestellt wurden und die eine Bakteriämie zu beweisen scheinen, sind nicht
einwandsfrei, weil eine Verunreinigung des zu untersuchenden Blutes mit aus
der Haut stammenden Mikroorganismen in keinem Falle sicher zu vermeiden
war; diejenigen Untersucher, die das Blut einer Vene entnahmen, kommen
schon weit seltener zu RestUtaten, welche die Annahme einer Bakteriämie
gerechtfertigt erscheinen lassen. Erheblich zahlreichere positive Resultate
bringen allerdings die Blutuntersuchungen an der Leiche. Dabei ist ausser-
ordentlich aufffdiend, dass diese Untersucher fast nie Staphylokokken, fast
ausschliesslich Streptokokken fanden. Es beweist dies, was schon a priori
wahrscheinlich war, dass die Ergebnisse derjenigen Forscher, die intra vitam
■Staphylokokken fanden, nicht zur Entscheidung der Fri^e herangezogen zu
werden verdienen, da die Staphylokokkenbefunde offenbar in der überwiegen-
deo Mehrzahl der Fälle auf mangelhafter Versuchsanortlnnng beruhen.
Zur Kläntng der Frage unternahm Jochmann eine Reihe von Ver-
suchen, die sich über 40 Fälle von progresser Phthise mit hohem Fieber von
verschiedenem Typus erstrecken, 9 von diesen Fällen kamen ad exitum und
boten so Gelegenheit, das Blut auch noch post mortem zu imtersuchen. Die
Versuchsanordnung war insofern von der der anderen Untersncher verschieden
ats eine verhältnismässig sehr grosse Menge Blut zur Verwendung kam. Verf.
JihtaabMtebt lOr Chirarsl« ItOS. S8
594 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
entnahm einer Armvene jedesmal 20 ccm Blut und verteilte dies Quantum
auf 6 — 7 Agarröhrchen. Es wurden dann Platten gegossen und diese bei
37^ im Brutschranke gehalten und beobachtet.
Es zeigte sich, dass bei allen zur Untersuchung gelangten Patienten das
Blut steril war. Trotz der grossen zur Untersuchung verwandten Blutmenge
konnte in keinem einzigen Fall irgend welches Wachstum auf den Platten
konstatiert werden. Von den 9 Fällen, in welchen auch das Leichenblut auf
seinen Keimgehalt untersucht wurde, erwiesen sich 7 als keimfrei (das Blut
wurde mit einer Spritze dem Ventrikel entnommen), nur in 2 Fällen gelanpj
es Mikroorganismen nachzuweisen. Das eine Mal wuchsen Streptokokken auf
der Platte, in einem anderen Falle ein Gemisch von Strepto- und Staphylo-
kokken.
Streptokokken können also im Blute lebender, an Tuberkulose erkrankter
Menschen nach Ansicht von Jochmann allerdings vorkommen, ein solcher
Befund gehört aber zu den grössten Seltenheiten. Einige wenige sichere Fälle
sind zweifellos konstatiert. Das Auftreten von Staphylokokken aber dürfte
wohl stets auf eine von aussen her erfolgte Verunreinigung zurückzuführen
sein. Jedenfalls ist weder das kontinuierliche, noch das intermittierende,
sind kurz gesagt die Fiebererscheinungen nicht durch im Blute zirkulierende
Mikroorganismen zu erklären. Von einer Streptokokkenkurve, wie Petrnschky
will, kann nicht gesprochen werden; denn die Fälle, in welchen intra vitam
Mikroorganismen aus dem Blute gezüchtet werden konnten, sind so spärlich,
dass sie nur als Kuriosa Erwähnung verdienen und keinesfalls zur Erklärung
des bei Lungentuberkulose häufig bestehenden Fiebers herangezogen werden
können.
Anders verhält es sich mit den Befunden im Leichenblute. Vor allem
ist hervorzuheben, dass dort, wo auch das Leichenblut steril befunden wurde,
mit Sicherheit Keimfreiheit während des Lebens angenommen werden kann.
Aber auch in den Fällen, wo im Blute post mortem Mikroorganismen sind
gefunden worden, lässt sich nicht ohne weiteres ein Rückschluss auf das Ver-
halten vor dem Tode machen. Es ist bekannt, dass nach dem Tode ein
Weiterwachsen und eine rapide Vermehrung der Bakterienflora statt hat und
dass dabei Organe mit Mikroorganismen überschwemmt werden können, die
intra vitam sicherlich djien nicht enthalten haben. Es kommt also vor allem
darauf an, wie lange nach dem Tode das zu untersuchende Blut der Leiche
entnommen wurde und welcherlei Art die gezüchteten Bakterien waren. Die
Koliarten z. B. wachsen nach dem Tode ihres Wirtes sicherlich weiter und
finden sich an Orten, wo sie früher sicher nicht waren. Befunde von Koli-
bazillen sind also stets genau und eingehend zu prüfen. Ähnlich verhält es
sich mit post mortem gefundenen Staphylokokken, während das Auffinden
von Streptokokken schon eher den Schluss zulässt darauf, dass diese Mikro-
organismen während des Lebens in das Blut des Erkrankten gelangt waren.
Auf alle Fälle aber, zu diesem Schlüsse gelangt der Verf., geht aus all
den bis jetzt veröffentlichten Mitteilungen, wie auch aus seinen eigenen
Untersuchungen zur Evidenz hervor, dass von einer Bakteriämie der Phthisiker
nicht kann gesprochen werden, dass die Fiebererscheinungen nicht durch im
Blute zirkulierende Mikroorganismen erklärt werden köimen; eine andere
Frage ist es, ob das Fieber nicht auf im Blut zirkulierende Stoffwechsel-
produkte der Bazillen auf Toxine zurückzuführen ist.
Bosse, Erkrankungen dea Herzens und des Hi^rsbeutels. 5!)ü
X.
Erkrankungen des Herzens und des Herzbeutels.
Referent: Bruno Bosse, Berlin.
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Hissbildun^en, teils angeboren, teils erworben.
Chartier (8). Entwickelungsstöning bei einem 1 1 monatlichen, sehr
znriickgebliebenen, an interknrrenter Krankheit verstorbenen Kinde. Einzige
Erscheinnng im Leben : hochgradige Blässe. Das einzige Herzohr nimmt eine
V. Cava nnd 3 Vv. pulmonales auf und kommuniziert mit beiden Ventrikeln.
Venthkelseptum unvollständig. R. Ventrikel klein, mit dicker Wand. Conus
uterioEUB pnlmonalis hat nur ein virtuelles Lumen. Aorta entspringt aus
jHhreabericht fOr ChiTorgie. II. Teil.
V^entrikeln. In der Literatur nnr ein Analogen von M^ry 1790, aber
inerem linken Ventrikel.
aunois et Villaret (36) sahen 3 mal bei Autopsien an Erwachsenen
nlos verlaufene Missbildungen der grossen Gefasse : Imal 4 halbmond-
Klappen der Pulmonalis. 2mal 2 halbmondförmige Klappen der Aorta.
, einer b^ntzündang bestanden nicht. Es wird daher kongenitale Knt-
angenommen und in die 4.-6. Woche des embryonalen Lebens
— Literatur.
meuille (2). Wahrscheinlich entzündlicher Defekt im Septum inter-
dare bei einem 16 Vi jährigen, an akuter (Genital-)Infektion ver-
en Mädchen. Keine Endocarditis ulcerosa. Der Defekt ist eiförmic.
mm, von fibrösem Wolst umgeben. Ringförmige Verwachsung der
Tri kuspidalisk läppe mit dem Septum.
Experimentelle Physiologie und Pathologie des Herzens.
wald (15). Physiologische Experimente, die den Schluss erlauben:
geschlossenen Seminunarklappen würde auch ohne Noduli Aranlii
ETen bleibend er Raum in Gesialt eines Bogendreiecks entstehen, und
können die Noduli nicht den Zweck haben eine derartige Lücke za
ennoch sind die Nodnii von physiologischer Wichtigkeit zur Sicherting
ippenschlusses , sie dienen als „Sperrzähne", die ein Abgleiten der
erhindem.
atzenstein (31). Besprechung von 5, die Richtigkeit seiner im
1904 angegebenen Fnnktiongprüfung des Herzens beweisenden Fällen,
1 Interessenten im Bericht selbst eingesehen werden müssen. Alle
n sehr schlechte Herzen! Der 1., ein hochsitzendes Rektumkarzinom,
trotzdem in Narkose in 1 Stunde operiert und starb an frischer Fetl-
ation des Herzens. Der 2., ein desolates Carcinoma pylori, wurde
lokalanästhesie operiert und geht jetzt seiner Arbeit nach. In 2 Fällen
)8i8 traten erst nach der Entfieberung trotz angewandter Lokalanästhesie
röhnlichen Zeichen der Herzschwäche auf, während Katzensteins
ckmessung dieselbe schon vorher diagnostizieren Hess. Im letzten
on artefizieller Pyonephrose musste zur Nephrektomie in Lokalanästhesie
:ten werden: es trat selbst dann beim Zuklemmen der Nierengefas^e
ein mit lange dauernder Herzschwäche. Für die Frage, inwieweit
itand des Herzens eine Allgemeinnarkose noch erlaubt, ist daher die
;e Funktionsprüfung nach Katzenstein von ausscbla^ebender Be-
lorris (52a) Arbeit beschäftigt sich mit Blutdruckmessungen. Gärt-
'onometer misst den systolischen Arteriendruck, ist nicht verwertbar
.mischen und Negern, ebensowenig bei sehr hohem oder sehr niedrigem
der Durchmesser des Ringes ist nicht variabel, der Gummi wenig
ift, dagegen ist er leicht anzulegen und hat den Vorteil, Weichteile
tr Arterie zu vermeiden.
iva Roccis Sphygmomanometer besteht aus einer um den Oberarm
I Manschette, die mit einem Hg-Manometer verbunden ist. Hier müssen
rliegenden Weichteile in Betracht gezogen werden, proximalwärts ist
]ck um 30 — 50 mm zu hoch (nach Gumprecht). Schmale Gummi-
Bosse, ErkrftnkimgttD de« Herzens and des Herzbeutels. 599
bäntler geben höhere Zahlen dnrch den Widerstand der Gewebe ( — 50 mm);
man nehme ein 12 — l^ cm breites Band.
Einen absolnten Beweis für die Korrektheit eines Iitstraments besitzen
wir nicht; der Zustand der Blutgefässe, die Stellnng des Kranken, die be-
□Dtzte Körperseite, körperliche Übung und psychische Einflüsse müssen be-
rücksichtigt werden. Nach Gärtner ist der Blutdruck beim gesunden Er-
wachsenen zwischen 100 — 130 mm, nach Riva Rocci 120 — 140, bei alten
und schwer arbeitenden Leuten sogar bis 200 mm. Bei akuter Nephritis geht
der Blutdruck nur zur Zeit urämischer Anfälle in die Höhe, anders bei
chrimischer interstitieller Nierenentzündung. Nach Dekapsulation ging er
enorm in die Höhe, fiel aber wieder durch Digitalis. Bei chronischen Klappen-
fiihlem sind die Resultate verschieden, dagegen gibt Morbns Basedowii stets
Blutdruckerhöhung. Im Typhus besteht Tendenz zum Sinken, der Einfluas
der Arteriosklerose auf Blutdruckschwan kunfjen ist vielfach überschätzt worden.
.\niylnItrit-Insuftlation gab einen rapiden Abfall.
Loeb (42) fand, dass Äthylalkohol in einer Konzentration von
0.13 — 0,3 Volnmproz. in einzelnen Fällen eine dentliche, wenn auch geringe
erregende Wirkung hervorruft. Deutlich lähmend wirkt erst eine Lösung
von IV». Stärker schädigend wirken 2 — 10 "/oige Lösungen, doch kann unter
Fortilauer der Alkoholzufnhr Erholung, gleichsam eine sehr rasche Gewöhnung
■dSi das Gift eintreten. Nach Entfernung des Alkohols erholt sich das Herz
stets wieder. Eine Vergrössemng der Diastole (Herzerschlaffung) findet unter
Aikoholwirkung nicht statt. Der Alkohol bringt erst in 248 fach stärkerer
molekularer Konzentration als das Chloroform und in 7,5 fach stärkerer als
der Äther das Herz zum Stillstand.
Uerzdilalation.
Moritz (51). Frank hat durch Versuche am überlebenden Kaltblüter-
herzen nachgewiesen, dass eine steigende Überlastung, d. h. Zunahme des
Arteriendrucks durch Erhöhung der peripheren Widerstände im Gefasssystem,
eine Verminderung der Auswur£svolumina der Ventrikel bewirkt; dadurch
kommt es zu einer Anhäufung von Blut in den Ventrikeln und zu einer Er-
weiterung derselben. Für das unberührte Warmblüterherz in vivo werden
die Verhältnisse vielleicht durch den Einfluss des extrakardialen Nerven-
STEtems modifiziert. Tatsache ist, dass man nach anstrengender körperlicher
Arbeit , Alkoholgennss , heissen ßädern mittelst der orthodiagraphischen
Methode die Herzgrösse unverändert findet. Allerdings ist dabei nicht zu
TeigesBen, dass geringe lineare Differenzen von 2 mm z. B., die auf dem
RoDtfenschirm nur schwer zu erhalten sind, das Kugelvolum des Cor be-
deutend vergrössern würden. Ausserdem kann die Volumänderung von einer
Formänderung im Sinne einer Verlängerung begleitet sein; diese ist aber
Dicht messbar, da sich die Herzspitze im halbdunklen Felde unterm Zwerch-
lell befindet. Herzdilatation durch „Überanstrengung" kann man sich schon
im Sitme der Frankgehen Experimente vorstellen, doch muss nach de la
Camp n. a. der Herzmuskel geschädigt sein; Perkussion und Bestimmung
der Herzspitze genügen nicht zur Diagnose. Jede grössere Volumzunahme
des Herzens und jede Volumzunahme, die sich nicht mehr oder nur langsam
(in tagen, Wochen) zuriickbiidet, muss als pathologisch aufgefasst werden.
Jahiesbericht für Chirargie. U. Teil.
1 Dipbtheriefällen hat Dietlen (12) radiometrische Messungen
en. 20 davon waren mit myokarditischen Erscheinnngen behaftet,
L ihnen = 75 "fo Hess eich Dilatatio cordis orthodiagrapliisch in
mit dem Moritzschen Apparat und Poljphos-Eisenröhren nacti-
'ie Oberflächendiflferenz wechselte bei normalen und diJatierten
iü von 2—26 qem. Die Aufnahmen wurden stets auf horizontaler
acht und nur dann znm Vergleich mit den Aufnahmen anderer
[gezogen, wenn von jeder Untersuchung mindestens 2 auf mm
mende Orthodiagramme zu erhalten waren. Zwischen 3 solcher
imen bestand stets (mit Ausnahme eines Falles) nur eine Differenz
d. h. ein minimaler Unterschied, wenn man bedenkt, dass es sieb
isungen von Flächen handelt, deren Begrenzung z. T. ergänzt
äs. Differenzen von 5 qcm sind unter allen Umständen auf DiJa-
eziehen. Über Anstieg, Akme und Abstieg der myokardi tischen
lassen sich so sicherere Anhaltspunkte gewinnen als durch Per-
olche Diphtherie kranke sollte man daher erst aufstehen lassen.
)ilatation sich ganz oder wenigstens bis zn einer stabilen Grenze
let hat.
ck (72). Die Mehrzahl der Antoren steht heute wohl auf dem
, dass durch ^Überanstrengung" des Herzens, sowohl des kranken
unden, akute Dilatationen wohl entstehen können, dass damit aber
iwere Veränderung mit dem Herzen vor sich gegangen ist, dass
:ht in kurzer Zeit zur Norm zurückkehren kann, sondern dass die
lamit einen chronischen Charakter angenommen hat. Fälle, bei
le derartige Dilatation einwandfrei als akute bezeichnet -werden
illerdings äusserst selten. Zur Sicherstellung der Diagnose ist es
, dass das Herz vor und nach der Anstrengung genan kontrolliert
gensatz dazu berichtet Starck über einen 2Ü jährigen Studenten,
)charlach und Inßuenza durchgemacht hatte und wegen chronischer
tropendienstunf^hig geworden war, der ausserdem forzierte Rad-
hte und dem Alkoholabnsus huldigte. Unter dem psycb!si;hen Ein-
Reinigongsmensnr'" trat schon im zweiten Gange hohe Pulsfrequenz
iinz enorme Dilatatio cordis bis zur vorderen Axillarlinie auf. Sie
.cht Stunden zurückgebildet; Irregularitas cordis und Inäqualität
schwanden nach acht Tagen.
bert (35) bespricht an der Hand von 10 Fällen ans seiner schul-
i'raxis die akute Herzdilatation nach Anstrengungen aller Art.
' Ansicht handelt es sich stets (nicht um vermehrte physiologische,
a pathologische Dilatation. Dafür spricht der akute Anfang, der
sich wohl ein plötzlicher Übergang ans dem Physiologischen sein
d die relative Geringfügigkeit der Anstrengung. Es liegt eine
lämie, Schwächung durch Infektionskrankheiten (Influenza) vor.
ahme des Spiels (z. B.) ist stets nur ein Versuch, der sofort zu
ist, wenn der Puls unregelmässig wird. Der Herzmechanismns
fstört: daher das Versagen desselben in Narkose, bei akuten Krank-
nnd die Irregularität der Aktion bei massigen Anstrengungen.
m Bericht Andersons (3| über Verletzungen von Herz und Aorta
Anstrengung wird dieser Beeriff nur als ein relativer aufgefasst.
rch eine Arbeit verursachte Blutdruckerhöhung zum derzeitigen
er Kreislauf Organe in Beziehung setzt. Letzteren vermögen wir
Bosse, Erkuntcangeii dea Henens und des Herzbeutel;. 601
I. B. bei der Myokarditis nicht immer im Voraas festzustellen! Auch fehlen
uperimentelie Studien über das Verhältnis der von den Herzkammern bei
der Arbeit erzeugten kinetischen Energie über die bei der Dilulation der
ddstiscben Gefässwände erzeugten potentiellen Energie. Unter der grösseren
Anstrengung bleibt im Ventrikel etwas Residualblut, die initiale Blutdmck-
erbühung lässt bald nach, der Muskel ermüdet, hypertrophiert und wird dila-
tiert : ein Fluss venösen Blutes überschwemmt den Lungenkreislauf. Bei
Äth'eten gebt physiologische Hypertrophie der Ventrikel mit Herabsetzung
de^ peripheren Widerstandes einher. Bei sonst gesunden Soldaten kommt
die gei^-hloBsene Uniform, die schwere Rüstung, anstrengende Atmung und
Iviirperhaltnng hinzu. Alkohol- und Nikotineszesse, Syphilis, Diarrhöen, Ruhr,
Typhus spielen ihre Rolle. Die bekannten akuten Erscheinungen von Herz-
diläiation lassen gelegentlich das ^.irritable heart" zurück, zu dem sich myo-
karditische und valvuläre Veränderungen gesellen können. Den 11 eigenen
Pillen sind mehrere Abbildungen von Herz- und Get■ä3^'Kerrei3sungen bei-
gegeben.
Ausgehend von Herzaffektionen mit hochgradiger Atrophie der \'entrikel-
<and obn<! Dilatation macht Mackenzie (43) für die Entstehung der letz-
teren statt mechanischer Momente den Verlust des Muskeltonus an den Ring-
maskeln der klappen verantwortlich, indem er dabei den verschiedenen Bündeln
der Herzmus kulatnr verschiedene Punktionen zuschreibt. Ähnlich würde sich
die Regurgitation des Blutes in die Venen erklären (Theorie von Keith).
In Fällen sexueller Neurasthenie hat Franze (19) beobachtet, wie zu
allgemeiner Mattigkeit, Labilität der Herzaktion, vasomotorisch-paretischen
Zuständen bei weiterer Beobachtung Dilatatio cordis, gemessen mit dem Ortho-
diagraphen, nnd Abnahme der Leistungsfähigkeit eintrat. Näheres siehe
Original.
Spontiine und posttraumatische Herz' und UefSssver&nderungen.
Der Fall Galians (20) ist ein Sektionsbefund bei einem von der Eisen-
bahn überfahrenen Arbeiter. Der Kadaver war von der Lokomotive in zwei
Teile zerschnitten; Brusthöhle uneröffnet, die 3 bis 9 rechten und linken
Rippen frakturiert. Das Herz frei im Perikard, die Spitze nach oben, ge-
platzt. Die Basis des Herzens zerrissen im Niveau des Sulcns atrioventricu-
Isrifl und vorne 2—3 cm höher als die Insertion der grossen Gefäsee.
Stoi'anoff (Varna).
Brunk (7). Der Fall betrifTt einen 38jährigen muskulösen Kutscher;
die Insulte bestanden (in zwei aufeinander folgenden Tagen) im Herunter-
reissen sich aufbäumender Pferde und im Anziehen der Leine, als die Tiere
schenten. Exitus zwei Tage post trauma durch Verblutung in den Herz-
beutel. Die Blutung stammt aus einem Aneurysma dissecans, das der Hinter-
wand der Aorta descendens anliegt und von der Adventitia der Aorta und
dem Epikard gebildet wird. Die Verbindung des Aneurysmas mit dem Lumen
der Aorta ist hergestellt durch zwei Einrisse in Intima und Media der Aorta,
»on denen der eine qnergestellt 7,5 cm lang ist und dicht über den Klappen
liegt, während der zweite 4 cm lange Riss vor der Abgangsstelle der Art.
aoonymä und der Art. carot. comm. hin gelegen ist (Photographie!).
Brunk bringt aus der Literatur mehrere Beispiele von Aortenrupturen
dorch akute Überanstrengungen, z. B. beim Rudern, bei Selbstrettungsver-
6(ti Jabresbericht fQr Cfainirgie. II. Teil.
Sachen (bevorstehender Fall bei Glatteis, aaf der Eisbahn), bei plötzlicher
Belastung mit einer zn schweren Last, bei der Defäkation sogar. Diese Ent-
stehtiDg gilt ihm daher als erwiesen trotz Leppmann, welcher Aorten-
niptnreu nur durch mächtige Quetschungen des Brustkorbes oder Erscbütie-
ningen des Körpers für laöglicli hält. Infolge der erstaunlichen Haltbarkeit
der Adrentitia können selbst zirkuläre Aorteumptoren am Isthmus zur
Heilung kommen (Fall Ernst-Zürich 1904. Verhandlungen der deutschen
Patholog. Gesellschaft.)
Winkler (80) unterscheidet
I. Spontane Herzrupturen bei meist nicht mehr absolut gesunden
Herzen. Es kommen folgende Affektionen in Betracht : Adipositas cordis oder
Atrophia lipomatosa, durch Gefässobliteration erzeugte partielle Myomalacie
= anämische Nekrose, bei schwerer Arteriosklerose, das Aneurysma der
Ventrikelwand, auch das ulzeröee, Geschwulstmetastasen des Myokards, Echino-
coccus, Gummata daselbst, das Aneurysma der Koronargefässe und Sklerose
des Anfangsteils der Aorta.
n. Traumatische Herzrupturen, d. h. nur solche, welche durch
stumpfe Gewalt entstanden sind, selbst bei unversehrten Hautdecken und
Bippen, besonders an der rechten Herzhälfte. 1. Fall aus 1764: Monassen-
Leipzig berichtet über einen Biss in der Membr. foram. ovalis bei intaktem
Herzbeutel. Entstehnngsmodus verschieden: a) Platzruptur, d. h. Ein-
klemmung des Cor zwischen Bmstbein und Wirbelsäule, Abschluss des Blutes
unter hohem Drucke in einzelnen Herzteilen und Platzen der Wände.
Buptnrstelle weist innen eine feine, aussen eine grössere Öffnung auf:
b) direkte Quetschung zwischen denselben Knochen, bei Erwachsenen
mit Eippenbrüchen ; c) Zerrungsruptur meist durch Überfahren an der
Basis der Herzohren, noch häufiger parallel der Atrioventrikulargrenze entlang
der Zirkumferenz der Vorhöfe.
Demonstration eines Selbstmörderherzens mit isolierter Stich verlet:<nng
der A. coron. sin.
Hervorhebung psychischer Momente bei plötzlichem Herztod.
Winckler (79). Theoretische und anatomische Besprechung plötzlicher
Todesfälle dnrch Herzschlag, denen eine Zerreissung des Herzens zugrunde
liegt. Das kann selbst bei gesundem Herzen durch Überanstrengung, Trauma,
hochgradige Aufregung (Präparat!) eintreten. Erleichternd wirken Adipositas
cordis, Myomalacia, Wandabszesse, Echinococcus, Gummata, Aneurysmen,
Arteriosklerose.
Morel et Hubert (50). Lineare Ruptur der Vorderwand des linken
Ventrikels bei einem 81jährigen syphilitischen Greise, 2 cm lang und 2 cm
nach links vom Sulc. long, ant., die 2 cm dicke Muskelwand nahe der Spitze
durchsetzend. Atheromatose der Koronararterien, bnks stärker; Abgangs-
stellen frei; Verlegung unmittelbar über der äusseren Bissstelle (Thrombose V l.
Klappen intakt. 211 Fälle aus der Literatur bekannt, stets mit Athero-
matose der Aorta und linken Koronararterie. Nie Angina pectoris-Erschei-
nungen!
Pic et Romme (62). Ruptur des linken Ventrikels etwas hinten von
der Spitze durch Infarkt des Myokards nach Obliteration der Ä. corouar.
ant sin. in Hohe ihrer Teilung bei einer 85jährigen Frau mit Atheromatose.
(Nach Robin und Nicolle fand man 17mal Thrombose und 45mal ein-
faches Atherom unter 155 Untersuchungen der Arterien; Prodrome in öO'ni.
Boaae, Erkr&Dkuiigen des HerzeaB und des Herzbaatels. 603
Acbard und Paisseau(l). Der Fall betrifft einen 44jährigen nieren-
kranken Akrobaten, der innerhalb ] 0 Stonden ohne Hämoptyse einer Ruptnr der
gerade an dieser Stelle makroskopisch nicht atheromatösen Aorta descendens
□ahe dem Abgang der linken Sabklavia erlag. Der Spalt war glatt, 1 cm
lang: mikroskopisch besteht Verdickung der Tun, interna, Verdünnung der
Tan. media mit Zerreissung der elastischen Fasern ; fettige Degeneration
d^T Intimazellen. Verblatnngstod in die linke Pleura (1420 g] und Media-
stinum. — Literaturverzeichnis.
Fraenkel (17) berichtet über eine einwandsfreie traumatische Zer-
reissung eines sonst ideal gesunden Fnlmonalsegels durch Sturz aus dem
fünften Stocke bei einem 6S jährigen Manne. Das vordere Klappensegel zeigte
bei der Autopsie einen in der Mitte zwischen freiem Rand nnd Insertion ge-
legenen, queren, etwa das mittlere Drittel der Klappe einnehmenden, leicht
wellig verlaufenden Riss mit frisch hämorrhagisch infiltrierten Rändern. Es
i.<t der erste beobachtete Fall einer traumatischen Rnptur der Klappen des
reubten Herzens. Mutmassliche Folgezustände: dauernde Insuffizienz, Prä-
disposition zu Endokarditis, dauernde Schädigung im Erwerbsleben. Erklärung
des Vorganges: Fall auf die linke Seite, Zertrümmening des Brustkorbs, Kom-
pression der linken Lnnge, Ranmbeengting in der linken Thoraxhälfte, Ver-
drängung des Cor nach rechts, Steigerung des Blutdruckes in der Ä. pnlm.,
Bt'hinderung des Abflusses aus den Lungen, Überfüllung der A. pnlm. mit
ßint. Erscbuttenmg der Flüssigkeitssäule, Riss.
Marcus (45) berichtet über einen 36Jäbrigen, bislang gesunden Mann,
der aus der Höbe von 3 m von der Leiter fiel und mit der linken Brustseite
aufschlug. Sofort Schmerzen dort, Stiche beim Atmen, Herzklopfen, Kurz-
atmigkeit, Blutspeien. Objektiv Schmerzhaftigkeit zwischen 3. — 6. Rippe links,
leichte Reibegeräusche, unregelmässige Herztätigkeit. Zwei Monate später bei
dfT Entlassungsuntersuchung keine Folgen mehr. Später traten dieselben
Beschwerden wieder auf. — Resultat der objektiven Untersuchung: Verbreite-
rung des Cor nach links und mehr nach rechts, bis Mitte des Stemum, Spitzen-
stoss deutlich sichtbar, ausserhalb der Mammillarlinie. Ton an der Spitze
abnorm laut. Diagnose: Herzvergrösserung mit Schlnssunfähigkeit des Bicus-
l^idalis — ein atypisches Krankheitsbild. Ursache: Einriss der Klappe oder
traumatische Endokarditis? Anerkennung des Unfalls mit 50 "/o.
An der Hand eines konkreten Falles (Kontusion der linken unteren
Thoraxhälfte durch eine zurückschlagende Kurbel bei einem 39jährigen Bremser)
bespricht Frank (18) den Kausalnexus zwischen Unfall und Herzmuskel-
erkrankung. Er nimmt Mjodegeneratio cordis an, weil die Herzdämpfung
v<;rbreitert blieb zu einer Zeit, als die bedrohlichen Erscheinungen schon ge-
schwunden waren, eine einfache Dilatation gewiss schon zurückgegangen sein
mnsste; wegen der Arythmie des Pulses redet er einer gleichzeitigen Betei-
ligung der Muskelschicht der Vorhöfe das Wort. Gegen Herzneurose spricht das
Fehlen anderer nervöser Erscheinungen. Ein Gelenkrheumatismus vor 14 Jahren,
eine eventuelle Influenzainfektion als Ursache verschiedener prämonitoriacher
Bronchialkatarrhe, Arteriosklerose werden als ätiologische Faktoren zurück-
gewiesen. Die Littenschen Forderungen zur Entscheidung des ursächlichen
ZuBammenhanges zwischen Trauma und Klappenfehler werden dahin modifiziert :
1. Nachweis, dass der Kranke vorher herzgesund gewesen (bei Bahnangestellten
nachweisbar), 2. Trauma von gewisser Beschaffenheit (hier Blutunterlaufungen),
3. Herzfehler, d. i. hier Herzmuskelaffektion, 4. Zeitraum zwischen Trauma und
(iOd Jahresbericht für Gbirnrgie. II. Teil.
Folgezustand, welcher der Entwickelung der Krankheit entspricht. Die An-
fänge, Steigerung der Pulsfrequenz und geringe Verbreiterung, sind schwer
zu konstatieren. Die Krankheit ist die Folge anatomischer Läsionen: sub-
endokardialer, intramuskulärer Blutungen, welche Nekrose von Muskelbündeln
und Muskeldegeneration im Laufe von Wochen und Monaten verursachen.
Sehr beweiskräftig für den supponierten Kausalnexus ist der günstige Verlauf
der erst bedrohlich einsetzenden Affektion. Völlig einwandfreie Fälle sind
selten; meist handelt es sich um ältere Individuen, Arteriosklerose, Fettherz,
Emphysem, Potus, Infektionskrankheiten, posttraumatische Pleuritis oder Peri-
karditis. Unmittelbare Folgen von Herztraumen sind nur die Rupturen ; dabei
reisst die Gewebspartie ein, die im Augenblicke der Verletzung in höchster
Spannung ist: in der Systole die Muskularis, in der zweiten Hälfte der Dia-
stole das Endokard, während der ganzen Diastole der Klappenapparat der
hinter ihnen gelegenen Herzkammer.
«
Fremdkörper.
Petit (61). Es handelt sich um den Hund einer Näherin, der an einem
perikardialen Bluterguss nach Verschlucken einer Nadel zugrunde ging. Das
nachweisbare zentrale Ende des Weges der Nadel war eine mit dem Septum
interventriculare verwachsene Klappe der Trikuspidalis. J)er Weg ging weiter
durch das Septum, durch einen Muse, papillaris und kontinuierlich durch die
Wand des linken Ventrikels. Die Spitze ragte in den Herzbeutel. Prä-
sumptiver Weg ins rechte Herz durch Ösophagus und Vena cava inferior.
Graupner (22) beschreibt einen Fall von Thrombophlebitis purulenta der
ganzen Vena jugularis communis und der Vena anonyma sin., verursacht
durch eine Nähnadel, deren Öhr in der V. anonyma liegt, während die Spitze
höher oben an der Vereinigungsstelle von V. jugul. comm. und V. subclav.
fest in der hinteren Venenwand steckt. Eingang der Nadel wahrscheinlich
durch einen 3 cm langen Gang, der von der am meisten veränderten Venen-
partie 2 — «3 cm unterhalb der Abgangsstelle der V. fac. comm. nach mediaii-
wärts, oben und hinten durch die Halsmuskulatur an die seitliche Ösophagus-
wand reicht, nicht ganz in der Höhe des unteren Randes des linken Sin.
pirif. Keine veränderte Schleim hautpartie im Ösophagus. Gewöhnlichste
Todesursachen: Perityphlitis, Gastritis, Marasmus, Ösophagusstriktur, Gefäss-
und Herzverletzungen.
Digitalis und Ersatzmittel.
Schwyzer (New York) (69). Empfehlung des Cloettaschen löslichen
Digitoxins, welches zu ^s — ^/smmg subkutan oder intravenös ohne Schmen
und Infektionsgefahr prompt auf Herzinsuffizienz, Klappenfehler, Kreislauf-
störungen bei Arteriosklerose, Nephritis, Pneumonie und Typhus einwirkt.
Prophylaktisch gebe man es vor der Narkose (Va mmg subkutan einige Stunden
oder intravenös unmittelbar vor der Operation).
Nach Mendels (47) Ansicht wird eine einzige Substanz niemals im-
stande sein die Digitalisblätter zu ersetzen. Die toxische Kumulation durch Ver-
zögerung der Aufsaugung ins Blut (Digitoxin 4 Tage, Infus 1 — 2 Tage) und
die langsame Ausscheidung (Digitoxin 8 — 10 Tage, Infus 14 — 20), femer
Magenreizung bei Verabfolgung per os, Entzündung und Eiterung subkutan
sind in keinem Präparate vermieden. Das Digalen hat eine allgemeine Gefassver-
Bosse, ErkratikiiiigflD des Herzens und des Herzbeatsis. 6Uö
iQ^enuig zur Folge, wodurch an die LeistnngsfUhigkeit des Herzmuskels noch
hihere Anforderungen gestellt werden. Bei KottmannB intravenöser Appli-
kation ist die Tatsache anffällig, dass trotz der hohen Dosen die Pulsfrequenz
selten herabgesetzt wurde; also ist die Diurese und der verstärkte Blutdruck
nur eine Folge der Gefäaswirkung des Digalen. Mendel glaubt nun ein
äüssiges Digitalispräparat von konstanter Znsammensetzuiig ohne Gerinnung
verursachende, ohne Blutkörperchen oder Venenwand schädigende Eigen-
schaften gefunden zn haben, das bei intravenöser Applikation sofort ohne
Kamnlation tlierapeutischen Effekt erzielt. Es ist das alkoholfreie Digitalone
der Firma Parke, Davis & Co., das einer lO^/oigen Tinct. digit. ent-
fpricht nnd mit ca. 0,6 Vo Chloretone versetzt ist. Es kommt als steriles und
onzerEetztes Medikament in zogeschmolzenen Ampullen von je 3 g Inhalt in
den Handel. Für den praktischen Arzt, dem die neue Methode für die Sprech-
-tnnde empfohlen wird, hat die Firma Lieberg in Kassel ein geeignetes
Eiui zusammengesetzt. Die Einzelgabe von 2 ccm Digitalone = 0,2 Fol. digit.
!ur Erwachsene kann unbedenklich alle 2 — 3 Tage zu einer Kur wiederholt
werden. Generaliter will Mendel die Methode nur bei irgendwie kontra-
indiiierter innerer Applikation gelten lassen. Er selbst behandelte so 11 Herz-
Uappenfehler, 18 mal Myokarditis und Arteriosklerose, 13 mal Fettherz, 28 mal
iit-rvöse Herzleiden, 6 mal Herzstörungen bei akuten und chronischen Krank-
heiten. Sollten sich bei einer unparteiischen Nachprüfung alle Mendelschen
Lobpreisungen bewahrheiten, so hätten wir in der Tat ein ideales Herztoniknm
gefunden.
Wiesoer (78). Nachteile des Fol. digital, purpnreae sind bekanntlich:
1. Der sehr schwankende Gehalt an wirksamen Glykosiden.
2. Die Verringerung der Wirkung durch Lagern. Infuse, Tinkturen,
Flaidextrakte leiden alle an demselben Fehler.
Neuere Digitalispräparate von konstanter Zusammensetzung sind:
1. Diaijsatum d^talis purpnreae nnd Dialysatum digitalis grandiflorae
Golaz, nach Döberts Untersuchungen ein sicheres Herztonikum. Dosis:
3-5inal täglich 20 Tropfen, für Kinder von 2— 4 Jahren 3 mal täglich 2 — 6
Tropfen, bei grösseren Kindern 3mal täglich 8^10 Tropfen. — TropfSaschenl
2. Von den drei chemisch reinen Glykosiden Mercks: Digitalein, Digi-
talin, Digitoxin, ist nnr das letztere wichtig als Digitoxinnm crystallisatum
Merck in komprimierten Tabletten von 0,00025 g Gebalt. Es besitzt die
lOOOfache Wirkui^ der Droge, bessert schon nach 4 — 5 Stunden die Beschaffen-
beil des Polses, macht Blutdrucksteigerung, beseitigt Dikrotismus, dagegen
belästigt es den Magen nnd wird langsam resorbiert, wodurch die Kumulation
b^önstigt wird.
3. Identisch mit dem kristallisierten Digitoxin ist Cloettss Digalen
oder Digitoxinnm solubile, es hat aber nicht mehr jene Übelstäode. Vera)>-
folgong durch die Firma Hoffmann-La Roche & Co. in Basel in wäs-
seriger, steriler, haltbarer Lösung mit 25°/o Glyzerin in kleinen Fläschcben von
lö ccm Inhalt. Jeder ccm ^ 0,0003 g Digalen. Eine mitgegebene Pipette
iäsBt 'i'i— 1 ccm entsprechend 0,00015--0,0003 Digalen abmessen. Gewöhn-
liche Einzeldosis nach Cloetta nnd Naunyn 1 ccm = 0,0003 g, maximale
Einzeldosis 2 ccm = 0,0009 g, maximale Tagesdosis 4 ccm = 0,0012 g.
Intravenös nach Kottmann mit Wirkung in 2 — 5 Minuten 3 — 10 ccm ^
0,0009—0,003 g. Das Gewöhnliche ist subkutane Verabfolgung mit Wirkung
nach 24 Stunden; per os gebe man es wegen seines schlechten Geschmackes
606 Jkhrasbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
in Milch, Sellerswasser, süssem Wein. Subkutan entstehen leicht Reizerschei-
nungen; also feuchter Verband!
Ersatzmittel für Digitalis — aber ohne kumulative Wirkung — sind
die Herba adonidis femalis, nach Mutterers Rezept:
Inf. Herb, adonidis vemal. e g 3 — 4 ad g 200
Syr. stmpl. g 20
MDS. 2Btündl. 1 Essl. z n.
Das wirksame Glykosid Adonidin wird am besten nach folgenden
Stern sehen Formeln verabfolgt:
Rp. Adonidini 0,05
Aq. dest. 10,00
MDS. 1 — 2 ccm subkutan
oder
Adonidini 0,01
Natr. benz. 1,50
Mfplv. d. tal. dos. Nr. X.
S. 1 Pulv. 4 stündl. in einem Glase Wasser z. n.
oder
Adonidini 0,005
Ammon. carbon. 0,10
Camph. trit. 0,03
Mfplv. d. tal. dos. Nr. XX.
S. 3 mal tägl. 1 Pulver z. n.
Gilg und Thoms haben den Strophantus gratus in die Pharmakopoe
eingeführt, Thoms besonders das wirksame Glykosid: Gratus-Stropbantin in
l''/o wässriger Lösung in Dosen von ö — 10 Tropfen,
Boix empfiehlt das Hydrastininum hydrochloricum in lO^/o wässeriger
LSeuDg, davon 2 mal täglich '/i — 1 ccm subkutan.
Im Auslände ist besonders Extr. apocyni cannabini fluidum in Auhiahnie
gekommen.
Baryum chloratum ist von 0,02 — 0,05 2mal täglich zu verabfolgen. Es
macht leicht Gastroenteritis.
EntsUndungeo.
Uerou (23a) berichtet, dass eine 22jäbnge Rheumatismoskranke an
Dyspnoe und Herzpalpitationen mit Präkordialschmerzen unter wochenlangem
hohen Fieber erkrankte. Injektion von 30 ccm Antistreptokokkenserum
Bourroughs and Wellcome brai-hte keine Hiife, sondern nur eine asep-
tische Embolie an der Teiiungsstelle der rechten Art. brachialis. Eine Woche
später dieselbe Injektion mit äerum, bezogen aus dem Institut Pastenr:
4 Tage darauf kritischer Abfall. Am 18. Tage der Rekonvaleszenz als rheu-
matisch angesprochene Schwellung des Fussgelenks, gebeilt durch Salizyl.
In dieser unter der Ägide von A. Fränkel gefertigten Dissertation
beleuchtet Hoffmann (27) in einer für den Chirurgen annehmbaren Form
die Entstehungaweise, die Grade der Synechien und die Symptome der Affek-
tion. Namentlich wird die Bedeutung der sogenannten klassischen Kena-
zeichen der Goncretio pericardii einer eingehenden kritischen Würdigung
unterzogen. Es sind das: kein deutlicher Spitzenstoss und systolische Ein-
ziehungen der Herzgegend, die auf eine Verwachsung der Perikardialblätter
in der Gegend der Kammerbasis hinweisen, auch solche, welche nur mehrere
Bosae, Elrkrankungen des Herzana und des Harzbeutela. (507
Interkostalräume, Rippen und unteres Sternum betreffen, ferner das diasto-
lische Vorfedem des Thorax, das sogenannte Thorax- oder besser Herz-
schlendem. das sich auch bei Mitralstenosen und Schrumpfniere im Stadium
beginnender Dekompensation findet, weiter statt desselben eine ausgebreitete
l)edeatend« Erschütterung der gesamten Herzgegend (Heubner), dann der
sogenannte Pulsus paradoxus, welcher mit jeder Inspiration kleiner wird oder ganz
verschwindet, um mit der Exspiration sofort wiederzukehren, das inspiratorische
inschwellen der Haisvenen mit raschem herzdiastolischen Kollaps, femer das
Konstantbleiben der Herzdämpfang bei In- und Exspiration, die Unbeweg-
lichkeit des Cor bei Lagewecbsel, Dilatation mit und ohne Hypertrophie,
schliesslich metallisches Klingen der Herztöne, blasende systolische Geräusche
311 der Herzspitze, sowie Verdoppeinng des 2. Tons- Nach Türk stellt sich
iw CoDcretio pericardii sehr häufig als Teilerscheinung einer allgemeinen
S«rositis dar, deren Hauptsymptome sind: beträchtlicher Aszites, Leber-
Schwellung, geringfügige Ödeme der unteren Extremitäten, hochgradige Zyanose
am ganzen Körper, Scbwelinng der Halsvenen, gedunsenes pastöses Gesicht,
Ödem am Sternum. Fehlen des Hydroperikards (Weinberg) bei sonstigem
Höblenbydiops ist für sich allein eiu wichtiges Beweismoment für eine
toncretio.
Von 44 Fällen waren in 7 partielle, in 23 totale Verwachsung der Herz-
Wtelblätter; 14 mal bandelte es sich um Mediastinoperikarditis. Davon sind
3ö Fälle durch die Sektion sichergestellt.
Bei 16 von ihnen = 45,7 "/o war die Diagnose schon iutra vitam sicher,
, 9 . „ ^ 2Ö,7 °/o war die Wahrscbeinlichkeitsdiagnose gestellt
worden, und nur
,, 10 „ n = 28,6 "/o war sie gar nicht gestellt worden.
Ausserdem ist sie 2 mal fälschlich angenommen worden.
In bezug auf die Ätiologie lag 19 mal Gelenkrheumatismus, 10 mal Tu-
berkulose vor, 2 mal andere Infektionskrankheiten, 2 mal Erkältung und Herz-
leiden; II mal liess sich keine sichere Ätiologie nnchweisen.
Subjektiv wurden geklagt: Schmerzen und Stiche in der Herzgegend,
Oppressioiisgefühl, Obnmachtsanfälle, Schwindelgefühl, anginöse Zu^le, starke
Scbmerzempfindlichkeit der Herzgegend bei Druck oder bei Beklopfen.
Objektiv fanden sich: 15 mal systolische Einziehungen, 2 mal diastoli-
sches Vorfedem der Herzwand, 5 mal Erschütterung der ganzen Herzgegend,
3mal ausgebreitete Pnlsation der linken Thoraxwand, 12 mal Pulaus para-
doiQg, davon 7 mal gleichzeitig mit systolischen Einziehungen oder diastoli-
scher Erscbütterung, 6 mal deutlicher Venenpnls, nur 1 mal diastolischer Venen-
kolUps.
Von 148 Erkrankten aus der Literatur waren 83 im Alter bis zu 20
Jahren und 33 im Alter von 21 bis 30 Jahren.
Die Diagnose lässt eich stellen aus diesem Symptomenkomplex: hoch-
gradige Zyanose, starke Dyspnoe, Vergrössenmg der Herzdämpfung, besonders
nach rechts, systolisches Blasen an der Herzspitze, Exsudate oder Zeichen
abgelaufener Pleuritis, Longenstaunng, Aszites, Lebervergrössemng. Denn die
starke Vergrösserung des Herzens nach beiden Seilen nnd dieser Staunngs-
typns kann, wenn kein chronisches Nierenleiden oder Arteriosklerose vorliegt,
auch Überanstrengung des Herzens auf Grund der Anamnese auszuschliessen
ist, nnr auf Konkretio bezogen werden. Für Mediastino-Perikarditis ist, wenn
Aortenaneurysma, Mediastiualtumor, substemale Struma, vergrösserte Thymus
6<lS Jahreaberieht für Chitnr^e. II. Teil.
nicht in Betracht kommen, eine intensive Dämpfung anf dem oberen Teile
des Sternums charakteristisch. Auch die Unwirksamkeit dioretiscber Mittel
lässt sich zur Diagnose heranziehen.
AIe Ther^ie wird Brauers Kardiolyse empfohlen: Resektion der III.
bis VI. Rippe links vom Sternalrand his znr vorderen Azillarlinie, aber nur
für solche Fälle, welche Bystolische Einziehungen breiter Tboraxpartien und
diaBtolisches Vorfedem derselben aufweisen, d. h. bei denen noch kräftige
Thoraxbewegungea wahrnehmbar sind. Nach von Becks drei operierten
Fällen und nach dem Falle ronUmber moss man indessen anch ohne diese
Erscheinungen die Operation wagen, die auch dann noch nützt, wofern die
Leistungsfähigkeit des Herzmuskels genügend ist. Nur darauf kommt es an,
ob derselbe steh zu erholen vermag.
Rnschhanpt (67). Krankengeschichte: 27 jähriger Mann mit augen-
scheinlich tnberknioser (fieberloser) Pericarditis exsudativa, Kompression der
hnken Lunge, geringem linksseitigen Pleuraerguss, alter Schwartenbild ung
rechts, Stauung in Leber und Nieren. Therapie: Punktion nach Schaposch-
ni k o f f und Romberg am tiefsten nach unten und aussen gelegenen
Punkt: 3 cm auswärts von der linken Mammillarlinie im 6. Interkostalraum.
Mit dem Cu TSC h mann sehen Instrumente Abzapfung von 3 Liter hämor-
rhagischen Exsudats. Partielle Wiederansammlung, die aber bei Bettruhe
und Dinretizis wieder verschwand.
Ruschhaupt redet dieser Therapie hei der serösen und hämorrhagi-
schen Form das Wort im Gegensatz zur eitrigen, die er als absolut zur
Domäne des Chirurgen gehörig betrachtet, obgleich er wohl einsieht, dass
Rippen- und Knorpelresektion das Perikard ganz anders entlastet. Unter
80 Fällen der Literatur war 23 mal Wiederholung der Punktion nötig. Bei
absoluter Dämpfung sind auch lateral vom rechten Sternalrande günstige
Punktionsstellen im 3. und 4. Interkostalraum neben dem Stemum vorhanden.
Es kommt anf die Lage des Herzens zum Exsudat an.
Die hohe spätere Mortalität der operierten Falle (ö3°i'o nach SchrÖtterl
liegt wohl im Wesen der Grundkrankheit; primäre Todesfälle nach Punktion
sind nur zwei bekannt, einer durch Zerreissung des Myokards mit der Nadel
verursacht.
Von 12 Fällen eitriger Perikarditis 6 Todesfälle, 6 Heilungen,
„ 16 „ sero-hämorrhagischer Perikarditis 5 „ 11 „
Für gewöhnlich werden nur einige 100 ccm entleert. Da der normale
Herzbeutel experimentell nnr 800 ccm fasst, so muss das entzündete Perikard
einer viel grösseren Flüssigkeitsmenge Platz gewähren können.
Coutts and Rowlands (10). l*/i jähriges Kind bekommt 11 Wochen
nach überstandenen Masern allmählich zunehmende Erscheinungen von Ftri-
kardialergnss. Kein Empyem , aber Hyperlenkozytose. Operation in der
12. Woche nach erfolgloser Probepunktion des Herzbeutels: Resectio stemi
vom 7. linken Rippenknorpel aus nach Längsinzision unter Vermeidung da
Vasa mammaria int. und der Pleuraecke. Kreuzscbnitt ins Perikard und
Fixation desselben an die Haut. Entleerung des Eiters, Abtastung des U&tz-
beuteb, Drainage. Exitus am 2. Tage. Bakteriologisch: Oiphtheriebazitleo
und Pnenmokokken. Pathologisch - anatomisch : Pneumokokkenplenritis mit
dick^ Fibrinbelägeu.
Von Wichtigkeit ist die Empfehlui^ des stemalen Weges für kleint
Kinder mit Eröffnung des Perikards an der abhängigsten Stelle.
Bosse, ErkruikiuigeD das Herzens □nd des Herzbeatels. 609
Jones (30). Empfehlung an die Chirurgen, auf die klasBiscUen Zeichen
des Peiikardialergusses zd achten : Dyspnoe , Fehlen des Spitzenstosses bei
Inspektion and Palpation, das Perkassionsdreieck mit der Spitze nach oben,
Dämpfung im ö. Interkostalranm rechts vom Sternum := Rotcbs Symptom,
Abwesenheit der Herztöne bei der Auskultation , perikardiales Reiben an
der Basis.
Äaf zwei erfolgreich operierte Fälle von exsudativer nicht eitriger Peri-
karditis gestützt, betont Sjövau (71), dasa es in jedem Falle von exsuda-
tiver oichteitriger Perikarditis, wo das Exsudat wegen seiner Grösse die Be-
wegungen des Herzens unmöglich zu machen droht, geraten sei, das Exsudat
auf operatirem Wege zu entfernen. Die Operation, die dabei in Betracht
komme, sei die PeHkardotomie nach Ollier, nicht die Perikardozentesis.
Hj. von Bonsdorff.
Faroy (16), Titel besagt alles. Der 28jährige Patient hatte auf der
Basis von Rheamatismns Aorteninsuffizienz und Mitralstenose. Zerebraler Er-
«eichuDgsberd mit Hemiplegie. Histologisch keine Embolie der A. coron. ant.
Höhne (28). Für den Chirurgen sehr lesenswerte Zusammenstellung
neuerer Ansichten über die Einwirkung bazillärer Infektion und Intoxikation
aofs Myokard, namentlich im Hinblick auf eine zurückbleibende Labilität
des Herzmuskels. Besondere Aufmerksamkeit widmet Verf. der sekundären
Myokarditis bei Pneumonien und Angina. Therapeutisch empfiehlt er Strychnin.
nitr. subkutan von 0,0003 an als Herztoniknm.
Thävenot (73) gibt hier ein Referat über Kardiopathien entzündlicher
Natur, die er nach dem Vorgange von Poncet and in Übereinstimmung mit
ähnlichen artbritischen und meningi tischen Prozessen auf Wirkung des
Kochschen Bazillus zurückführt, indem er neben der spezifischen und septi-
kämischen Tuberkulose auch eine rein entzündliche Form derselben anerkennt.
Sie zeigen sich am Herzen zumeist als auskultatorisch wahrnehmbare Phänomene,
seltener als Klappenvoränderungen und Perikarditis und werden als solche
diagnostiziert durch die sicher nachgewiesene Tuberkulose anderer Organe,
durch Versagen der Salizyltherapie bei Gelenkleiden, durch Sero-, Cytodia-
gnostik, Tuberkulininjektion, Tierversuch. Anatomisch soll es sich um Fibrin-
blocks mit spärlichen Bazillen oder um neugebildetes Bindegewebe handeln
— ohne die sicheren Zeichen der Tuberkulose. „Der klassische Begriff der
^pezilizität des Tuberkels" läast eich daher nicht aufrecht erhalten.
Geschwülste,
Leonhardt (39). Bericht über' ein kirschkemgrosses (5 : 6 mm), auf
iler Vorbofiiäeite des hinteren lateraleu Klappensegels der Mitralis aufsitzendes,
gestieltes, pilzförmiges Myxom. Farbe: graurötlicb, Oberfläche: glatt, spiegelnd,
ohne Fibrinauflagerung, Konsistenz: weich. Mikroskopisch: homogene fein-
köraige oder -fädige Masse mit Muzinreaktion. Ursprung aus dem subendo-
kurdialen Gewebe. Tumor ist sehr gefassreicb, Gefässe stammen aus dem
intermuskulären Bindegewebe. Starke entzündliche Veränderungen der Val-
vula mitralis. Aufi'aserung der elastischen Fasern der subendokardialen
Schicht an der Basis. Differentialdiagnostisch kommen in Betracht: Klappen-
himatome, endokarditische Effloreszenzen, in Organisation begriffene Thromben,
'on denen die letzteren typischen Sitz zu hiiben pflegen. Genese wahrschein-
lich nach Ribbert: embryonale Keimanlage mit Konservierung der muzinösen
;iihrHb*rleht für Chirargl* leOfi, 39
Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
enschaften des embryonaleD Gewebes Dnd der Wachstumstendenz auf einen
z hin, ausgehend vom aabendokardialen Gewebe, tn dembei Nengeborenen
h Reste embryonalen Gewebes vorgefunden sind.
Siegel-Del val et Marie (70). Mitteilung über eine mande1gro.s.<;e.
Wand des linken Ventrikels durchsetzende, augenscheinlich erabolische
zinonunetastase von einem Kardiakarzinom aus, und zwar in der Ver-
jerung der A. coronaria sinistra anterior. Mikroskopisch verifiziert.
Garnier und Jomier (21). Der Fall betrifft eine langsam tödlich
laufende (10 Tage) Embolie der linken Art. pulmonalis nahe dem Hilus,
;;ehend von einer grossen Hydatidenhlase, welche in den rechten Ventrikel
Foriert war. Annahme eines unvollständigen Abschlusses der Eroboli« :
le Bildung von Gerinnseln um dieselbe. Tod durch deszendierende Pneunio-
keninfektion der Bronchien. - Literaturübersicht.
Ehrhardt (14). Fall von schwerer Kompressionsstenose der Tracbtj
ch eine 5 cm lange, fast 2 cm dicke und 4 cm breite Thymus von derber,
iailig harter Konsistenz. Der Tumor machte bei einem 2jäbrigen Kinde
yngismus stridulus mit völliger Aphonie. Die Ursache musste unterhalb
leicht zu applizierenden Intubationsrohres liegen. Von medianem Längs-
nitt aus Enukleation des Organs in toto ohne technische Schwierigkeiten:
Höhle erstreckte sich bis auf die Vorderwand des Herzbeutels. Trot2
nären Erfolgs Tamponade wegen weiterer Stenosengefahr und in Voraus-
it einer nicht notwendig gewordenen Tracheotomie : Sekundärnaht am
Tage. Vollständiger Dauererfolg. Die Trachealabpl&ttung machte keine
cheinung. Differentiell diagnostisch kommen bei jugendlichen Kindern im
üastinum Sarkome der Thymus und leukämische bezw. pseudoleukämische
isentnmoren in Betracht. Thymustod ohne Kompression ist nur dunh
Itaufs Annahme einer lymphutisch-chlorotischen Konstitution erklärlich,
Auvray (4). Grosser Tumor des Mediastinums bei einem 50jährigen
le Druck er scheinungen mit abgekapseltem Lungenabszess, der als Staphylo-
:ken-Enipyem behandelt wurde. Pyämische Himmetastasen.
Morris (52) gibt in dieser Arbeit eine Übersicht über 57 seit dem
ire 1825 aus der Literatur aller Länder gesammelte Fälle von Dermoid-
ten des vorderen Mediastinums inkl. eines eigenen Falles und der Teratome.
a 288 Mediastinaltumoren, die Hare im Jahre 1889 vereinigt hat, waren
■ 10 Dermoidzysten. .Morris spricht sie als fötale Inklusionen an. Beide
schlechter werden gleichmässig betroffen, ^/s aller Fälle treten zwischen
und 30 Jahren in die Erscheinung. Der jüngste Fat. war ein Säugling,
' älteste 61 Jahre alt. Die Grösse wechselt, die Lage ist meist substemal
1 asymmetrisch, die Dicke der Zystenwand verschieden. Zähne, Knochen,
orpel, Haare sind gefunden. Perforationen haben sich ereignet in
)nchieii, Lunge, durch die Haut, ins Perikardinm, Aorta. In '/lo der
le ist die Zyste multilokular. Die Wachstumstendenz beginnt meist m
Pubertät. Ein Trauma ist die Gelegeoheitsursache ; es kann auch zur
ptur in die Pleura führen. Die gewöhnlichen Erscheinungen sind : Dyspuoe,
(lemmnngsgefühl, Brustschmerzen, Husten, phthisenähnliche Symptome,
tnose, Brechneigung, kopiöses, stinkendes Sputum, z. B. durch Bronchitis,
; event. Haaren, Hämoptoe, Fieber, Pneumonie. Die Perkussion ergibt
Fe Dämpfung bei freiem Traubeschem Raum; die Radiologie fördert
□ig, wenn nicht grade Zähne oder Knochen im Dermoid erhalten sind,
r Differentialdiagnose sind heranzuziehen das Sputum, das Alter ies
BoBSf, ErkmokaDgen des Henena und des Herzbeatele. 611
Kranken {maligne Tnmoreii, Aneurysmen im späteren Alter), Probepnnktion
(Hvdatiden?). Durch Operation 70"/o Heilung von 20 Fällen 14 geheilt); sie
briteht znmeist in Evakuation und Drainage.
Herzaneurrsmen.
Marie (46). Der Fall betrifft eine 76jährige syphilitische Greisin. Das
intra vitam trotz perikardialen Blutergusses von 400 g symptomlos verlaufene
Aneurysma nahm einen grossen Teil der vorderen und hinteren linken Ven-
trikelwand ein, die im übrigen stark sklerosiert war. Plötzliche Ruptur durch
2Kei nur 2 — 2'/» mm lange und breite, grösstenteils verklebte dünne Stellen.
Zugrunde lag Thrombose der Coron. ant. im mittleren Drittel ; auch die hintere
Eoronaria stark atheromatös.
Rage (66). Grosses dissezierendes Aneurysma (4:3:3 cm) bei einem
Falle von Streptokokkeninfektion am Fusse eines 12jährigen Knaben, (Coxitis
pvaemica mit Resektion behandelt) und zwar in der Wand des linken Vor-
hofs mit Stenoseerscheinungen an der Valvula mitralis. Direkte Embolie
mangels endo karditis eher Herde , ebenso paradoxe Embolie mangels offenen
Foramen ovale ist auszuschliessen ; vielmehr entstand zuerst eine Endarteriitis
infectiosa, die sich auf Media und Adventitia verbreitete, zu Verlust der
Elastizität fahrte und das Aneurysma machte. Jedenfalls ging die Wand
des Sacks allseitig kontinuierlich in die Gef^swaad über. Als Nebenbefund
sei ein exorbitant grosses Fyoperikard erwähnt, das vom Rücken her statt
der Pleurahöhle punktiert wurde und nim erst zu frischer Pleuritis parulenta
fchrte.
Aortenaneurysmen.
Ledere et Monriqaand (37). Kindskopfgroases Aneurysma der auf-
steigenden Aorta mit totaler Synechie der Perikardialblätter , mit Aortitis
specifica ood Ruptur in die linke Pleurahöhle. Geringe klinische Erscheinungen.
Collet et Gruber (9). Faustgrosses Aneurysma der Brustaorta,
vom 6. — 12. Brustwirbel reichend, welches bei einem 73jährigen Manne bis
auf Präkordialscfamerzeu nnd Interkostalneuralgien zuletzt latent verlief. Bul-
löses Emphysem der rechten Lnnge.
Nicolas et Piery (60). Sacciformes Aneurysma am unteren Ende
des Aortenbogens auf syphilitischer Basis mit totaler Atelektase der tuber-
kolösen linken Lnnge, Emphysem der rechten nnd Verlagerung des Herzens
bis 15 cm jenseits des linken Stemalrandes. Die Erscheinnngen erklären sich
darch Kompression des linken Bronchus und der Arteria pulmonalis. Tod
durch Perforation des Aneurysmas in den Bronchus.
Louis Krantz (33). Grosses Aneurysma des Aortenbogens bei einem
Mj^uigen Syphilitiker mit Durchbmch in den Ösophagus. Diagnose bei Leb-
zeiten durch Radioskopie mittelst Wismut.
Haag (23). Ablehnung eines Anspruchs in einem Falle von Aorten-
aneurysma, das schon vor dem verschlimmernden Unfälle Beschwerden ver-
DisBcht hatte. Ausserdem handelte es sich nicht am einen eigentlichen Un-
fall, sondern nur um eine betriebsübliche Drehung des Oberkörpers, um einer
schwachen Last (12 Pfund) das Gegengewicht zu halten. Schliesslich ist erst
nach IV« Jahr Anzeige erstattet worden.
Aus der sehr lesenswerten Abhandlung Titows (74) können hier leider
DDT die Schlussthesen wiedergegeben werden.
29*
Jihresbe rieht fOr Chirurgie. U. Teil.
Ein Änenrysma enibäJt einen Thrombus:
1. Wenn es sich verkleinert hat und fester geworden ist;
2. wenn es langsam wächst, die Fluktuation sich aber verringert bi4t;
3. wenn sowohl die anginösen und asthmatischen Anfälle als auch die
)hagie und Heiserkeit aufgehört haben;
4. wenn das bis dahin vorhanden gewesene systolische Geräusch ver-
unden ist;
5. wenn bei dem Patienten wiederholte Anfälle von Hümoptöe oder
erholte Hämateuiesis aufgetreten sind;
6. wenn die Aortenklappen intakt, insufäzient sind und das linke Herz
t hypertrophiert ist.
Bei Insuffizienz der Aortenklappen iinrl Vorhandensein eines sjstoJisctien
uaches kann man einen Thrombus im .Aneurysma annehmen, wenn bei
Patienten periodische Anfiille von Hämoptoe auftreten, die durch andere
chen nicht bedingt sind.
Das Vorbandensein eines diastolischen Geräusches allein kann als Kri-
m für die Entscheidung der Frage, ob im Aneurysma ein Thrombus vor-
en ist oder nicht, nicht dienen ; der Thrombus kann sich gebildet haben,
r die Insuffizienz der Aortenklappen zur Entwickelung gelangt ist.
In bezng auf die Therapie sind drei Punkte hervorzuheben:
1. Nicht immer darf man die Bildung eines Thrombus im Aneurysma
-eben, da das Lumen der Aorta schon bedeutend verengt sein kann.
2. Kühe und Hungern sind keine souveränen Massnahmen zur Heilung.
Erhaltung der Herzkraft muss die Ernährung genügend sein, sie darl
keine gesteigerte Herzaktion hervorrufen.
3. Zur Bildung von Thromben ist ausser Gelatine-Injektionen auch das
alium, und zwar nicht nnr bei syphilitischen Prozessen, empfeblensweri;
rkt durch Veränderung der Blutfüllung und der Ernährung der aneurysma-
en Gefässwand.
Entgegen der häutig geäusserten Ansicht, dass posttranmatische Aorten-
rysmeu ihren eigentlichen Grund in syphilitischen oder atheromatösen
ssveränderungen haben, bringt Krohne(34) einen kasnistischen Beitrag
Dsten des Tranma als primäre Enlstehungsursache. Es handelt sicli
linen 44jährigen gesunden Herrn, der in grosser psychischer Erregung
voller Wucht gegen die Kante einer halboffenstehenden Tür rannte. In
;etrotTenen linken Brustwand verspürte er zunächst einen heftigen Schmerz,
bald vorüberging. Nach 3 — 4 Monaten erkrankte er an unbestimmten
fiwerden : Druckgefühl in der Brust, nächtliche Unruhe, Müdigkeit, Kurz-
gkeit, Kräfteabnahme, schliesslich Heiserkeit durch Parese des aufsteigen-
Astes des linken N. recurrens. Zehn Monate post trauma verstarb er
li Perforation eines bei der Autopsie gefundenen Aneurysma sacciforme
Arcus aortae in die Trachea. Da Syphilis und eine allgemeine Gefä^
ose (nur in der Intima des Anfangsstücks der Aorta einige dentlicb ver-
«, granweiss verfärbte Stellen, die beim leichten Reiben in bröckelige
len zerfallen) nicht vorlagen, so wurde die Entstehung durch das Trauma
lleinige Ursache angenommen, indem dabei eine Zerreissung der Intima
. eine lokalisierte Quetschung angenommen wurde, welche infolge des
lauernden starken Get'ässdruckes nicht zur vollständigen Regpneration
nen konnte.
Basse, Erkntitkungen des Herzens upd Jes Herzbeutels. 613
Aneurysmen anderer (ief&sse.
[lo dl 111 OS er (26). Zwei solche seltenen Fälle eines Aneurysma vari-
cxsain nebst Abbildungen des Objekts und Hadiogrammen.
Das erat« Aneurysma geht aus der fainteraa Aortenwand hervor, bssinnt ca. 3 cm
oWrbftlb der Aortenklappen, breitet sich nsch rechts hinten oben im Mediastinum ans. Die
Em;«i)iK5ffnui]g in diesen Sack ist oral, reicht Über den Arcus, wo sie die Arteria in-
Domiosta and Carotis sin. in eich aufnimmt, und ist T'/i cm lang und b't cm breit. Der
DMh rechts Tcrgebochtete Teil des Aneurysma komprimiert den Stamm der Vena cava sup.,
iD welchen Raum eich dis Kappe des (ileitifingers einführen iJlast, und kommuniziert mit
atm Lnmeii der Tene in einer schief j^estellten, '.i cm langen, 't cm breiten, scbliti-
fSrmiüen. ganz freien Öffnung mit narbigen, verdickten, jedoch glatten Rindern, welche
CS. 4'. 9 cm oberhalb der Ei nmQndungss teile der Cava inferior in den rechten Vorhof sich
befindet.
Im Arcus aortae des zweiten Falles findet man an Stelle des Abgangs der Art. ano-
iTma eine grössere, querovale, plattwandiga Öffnung, welcbe in eine sackartige Erweiterung
in eigentlichen Stammes der Anonyma führt , die ttusserlich als eine weiche Geschwulst
der Anonyma imponiert. Die rundlichen Offnungen fOr die vom Arcus aortae abgebenden
Stimme der Carotis communis nnd subclavia sin. verhalten sich normal. Das sackartige,
109 der Erweiterung des untersten Teilee der A. anonyma entstandene Aneurysma zeigt
tnndUche Gestalt, dehnt sich Aber dem Arcus aortae ziemlich gleichmlasig aus, vomehm-
llcb aber gegen rechts oben und hinten, zeigt sich innig verwachsen mit der Vorder-
Aühe des unteren Teiles der Luftr5hre , durch welche es nach innen eingebuchtet wird,
iowie mit dem ganzen Stamme der nach hinten verschobenen Vena cava snperior, welcher
durch dasselbe komprimiert wird und steht mit dem obersten Teile dlesea Stammea mittelst
«Der randlichen, platt wandigen, 6 mm im Durchmesser haltenden Öffnung in offener Ver-
bindung.
Die wichtigsten klinischen Symptome dieser und zahlreicher ähnlicher,
in der Literatur niedergelegter Falle waren: Das nahezu akute Einsetzen der
Erscheinungen, der exquisite Kontrast zwischen den enormen Stauungserschei-
naiigen im Gebiete der oberen Körperhälfte , welche sich in der unteren
Thnraxapertur scharf abgrenzen, und dem normalen Aussehen der unteren
Kiirperhälf te , schliesslich eine Dämpfung im oberen Bereich des Stammes
mit lautem systolischen Geräusch ohne positiven Venenpuls. Alle Falle der
Literatur endigten schliesslich letal. Bei der DifTerentialdiagnose zwischen
Perforation und Kompression entscheidet die Intensität der Stauung, deren
höchster Ausdruck schreckliche Delirien sind, femer der plötzliche Eintritt
der Erscheinungen, schliesslich ein kontinuierliches Geräuch am rechten Stemal-
raode entsptechend der Strudelbildung an der Perforationsstelle.
Für isoliertes Anonyma- Aneurysma spricht zirkumskripte Dämpfung
rechts in Höhe der ersten Rippe, Geschwulstbildung dort mit Hervorwölbung
des sternalen Klavikuta-Endes, Hinaufreichen in die Halsregion etc., frühzeitiges
Ödem der linken Halsseite und der linken oberen Extremität.
Interessant ist das Versagen des radiologischen Befundes, der eben):o
gut fiir Mediastinaltumor verwertbar gewesen wäre. Daher bleibt die Diffe-
rential-Diagnose im wesentlichen eine klinische: hochgradige Abmagerung bei
schneller Entwickelung der Erscheinungen spricht für Tumor, systolisches
nnd diastolisches Geräusch oder ein oder zwei besonders laute Töne sprechen
Eär Aneurysma.
Bisa (65). Schräger Stichkanal hinter der Klavikula mit schmalem
Messer, daher — event. auch durch Ventilverschluss — Heilung unterm
Kompressionsverband. Diagnose aus dem anatomischen Situs (siehe Original)
nod den Symptomen: dauernde Schwellung oberhalb der Klavikula, ge-
<lämpfter Perkussionsschall, diffuses Schwirren bei Palpation, Hauschen nnd
Jahresbericht fAr Chirargie. II. Teil.
firren am Aorten- und PulmoDalostium, Puleation 6er Vena jugul. ext.
insausen in Ruhelage, Schwäche des linken Radialpulses, partielle Schlnnd-
lung, linksseitige Rekurrenslähmung. Also ist wahrscheinlich die linke
iionyma gerade an der Stelle der Teilung in V, jugni. int, und V. sulv
a getroffen worden; danach Übergang auf Art. subclav. sin. Verletznng
N. vagus da, wo er vor der Art. subclavia und hinter der Vena anonynia
hindurchgeht.
Nason Dünn (13). Die Überschrift besagt alles ausser:
1. Die Ätiologie bei dem 40jährigen Patienten war Syphilis.
2. Nach zweimonatlichem Bestehen waren die Symptome schon sehr
ere: quälende neuralgische Schmerzen mit Ausstrahlung nach dem Hinter-
, der rechten Schulter und in den rechten Arm, pulsierende Scbwellang
er Fossa jngniaris vom mittleren Drittel der rechten Klavtkula bis znm
Ltz des linken Stemokleidomastoideus, systolisches Geräusch in derselben,
chiebung der Trachea nach links, Dysphagie, Dyspnoe, Schwäche und
;ularität des rechten Radialpulses, Flüsterstimme, Husten klang „blechern',
nung des rechten Stimmbandes.
3. Operationsfolgen : anfangs erhöhte Temperatur, heftige Schmerzen im
ten Arm ohne ödem, keine Kopfsymptome, nach 3 Monaten Schrumpfung
Aneurysmas, Kühle und Schwäche des rechten Armes sowie StimmbsotJ-
lung.
Englische Literatur.
Stich' und Schussverletzungen.
Hesse (24). Frische penetrierende Verletzung der linken vorderen
raxwand mit Hämatothorax, noch leidhcbem Befinden, ohne bestimmtere
aldiagnose. Operation: 7 cm lange Resektion der 4. Rippe, breite Er-
ung der Pleura, ans der es blutet, kleine Wunde des Herzbeutels und der
ispitze. Daher: Bildung eines hufeisenförmigen Hautmuskelrippenlappens
;h Schnitt vom Stumpf der resezierten 4. Rippe nach aufwärts bis znm
nterkostalraum und in diesem wieder bis zum Stemam gehend. Um-
ipen nach roedianwärts. Spaltung des Perikards 15 cm. Nachträgliches
klappen der 5. Rippe nach medianwärts. Fixation der unteren Hälfte
Cor mit flacher Hand von hinten her gegen die 2. Rippe; 3 Knopfnähte,
tieller Schluss des Perikards, Gummidrain, Naht des Lappens bis auf
inagestelle unten lateral. Rippenresektion im Angulua scapnlae. Folge:
sige Perikarditis. Entfernung des Drains nach 5 Tagen. Heilung bis auf
ibendes Geräusch an der Basis.
H e u s e (25). Die Sticböffnung hatte ihren Sitz am oberen Rande der
Lippe, einen Quer finger medialwärts von der MammillarHnie; keine Blutung
li aussen. Keine bestimmte Diagnose. Operation */« Stunden post trauma:
lauf des Wundkanals: Vordorfläche der i. Rippe, 4. Interkostalraum,
:e Pleurahöhle. Kein Pneumothorax ! Resektion der 4. Rippe, Feststelbng
is kleinen Lochs im Perikard überm linken Herzohr. Nunmehr Auf-
)pung eines Hautmuskelrippenlappens mit stemaler Basis und folgenden
nzen: 4. Rippe, 2. Interkostalraum, vertikaler Schnitt einen Qnerfinger
Tai von der Mammillarlinie. Schluss des Perikardlocbs, Inzision der
deren Wand, Entleerung des Hämoperikards, Aufdecken eines 1 cm grossen
;hs in der Mitte der Vorderfläche des rechten Ventrikels und Schluss
Bosse, KrkrankaDgen des Herzens und des Hsiibeatela. 615
desselben dnrcli 3 Knopfnähte. Drainage wie itn Falle vom Januar 1905.
I)anac1i sofort Resektion der 8. und 9. Rippe in der Skapularlinie and
Drainage. Folgen: Geringe Perikarditis und seröse Pleuritis mit reichlicher
-Sekretion. Heünng.
Mosumeci (56) berichtet über einen Fall von vielfachen durch Hieb-
w.iffe beigebrachten Wunden, deren eine stark den rechten Ventrikel in
Mitlei denscbaft z(^; die andere hatte an drei Stellen den Krummdarm ge-
troffen. Er nahm die Vemäbung de;^ Herzens vor und die Laparotomie und
verschloss die drei Darmwunden.
Patient unterlag; am zweiten Tage an beginnender Peritonitis.
R. Giiini.
Lej ars (38). Messerstich bei einem 32jährigen Manne durch den
2. rechten Interkostalraum. Primäre Folgen: Präkordialangst, Fehlen des
peripheren Pulses, Incontinentia alvi, geringe Dyspnoe trotz grossen Pneuitio-
hämatothorax , fötaler Puldsehlag. Operation anter Chloroform : Grosser
Hautknochenlappen mit lateraler Basis 7 cm vom Sternum : horizontale Inzision
entlang der 2. Rippe, vertikale am rechten Stemalrand, untere horiEontale
entUng der 6. Rippe. Keine Lungenverletzung. Naht einer kleinen Peri-
kardialwande an der Vena Cava sup., Eröffnung des Perikards erat vertikal,
ixtin transversal, enthält wenig Blut; perforierende Herzwnnde l cm. trans-
versal, unterhalb und links vom rechten Herzohr. 3 feine Catgutnähte, nur
nach starkem Hervorziehen des ganz links gelegenen Herzens möglich. Zurück-
schlagen des Lappens und Fixiemng der 3. Rippe am Sternum mit Bronze-
draht. 5 1 Kochsalz in die V. saph. f 28 Stunden post operationem.
Empfehlung der „Luxation" des Herzens nach rechts!
Delorme (11). Fall von Stichwunde des rechten Ventrikels bei
einer 30 jährigen Graviden durch den 4. Zwischenrippenraum hindurch.
1. Symptome: Kollaps, Irregularität des Pulses {durch Blutung ins Perikard
und Kompression des Cor). 2. Operation (Riebe): breiter Hautknochenlappen
mit Durchscb neidung des 3. und 4. Rippenknorpels, später noch des 5., Er-
Öffonng der Pleura ohne Ergnss , schwierige Catgutnaht des 5 mm grossen
Lochs wegen Dünne der Ventrikelwand, Reposition des Lappens. Heilung
nadi mehreren Suffokationsanfällen. Verf. empfiehlt zur Blutstillung Zug des
Her^ns nach aussen, Schnelligkeit, Naht ohne Mitfassen des Endokards.
Genauere Wiedergabe in Bull, et mem. de la Soc. de Chir. 1905, Nr. 6,
page 172.
Nenmann (58). Im Anschlnss an Borchardts Vortrag über das-
selbe Thema berichtigt Verf. einen von jenem ungenau zitierten Fall von
Stichverletznng des rechten Herzens dicht oberhalb der Spitze. Da die
Kähte im myokarditisch veränderten Muskel durchschnitten , wurden über
eioem von aussen auf das grosse Loch aufgelegten Tupfer 2 beiderseits durch
Perikard und Muskularis gestochene Nähte geknüpft, sodass der Tupfer extra-
perikardial lag. Die Blutung stand.
Neumann macht bei Stichverletzungen stets die an und für sich un-
gelahrliche Herzbenteldrainage wegen der Gefahr der eitrigen Perikarditis;
er stellt einen Mann vor, bei dem er vor 12 Jahren für 12 Tage ohne üble
Folgen einen langen Jodoformga/estreifen rings um das Herz herum bis zur
Atrioventnkolargrenze in den Herzbeutel hineingelegt hatte. Die ersten
4 Jahre p. op. bestanden Beklommenheit, Schwindel, 4 mal traten auch
jAhreabericbt für Chirurgie. IT. Teil.
anisclie Zuckungen der linken Körperhälfte auf, für welche viel
Concretio pericardii ein hjstero-epileptogenes Zentram darstellt«.
ies du coeur (63). 1- Messerstich ins linke Her;; mit schweren
Igen. Operation: Hautlappen mit innerer, Knochenlappen mit
tasis, entsprechend der 3, 4., 5. Rippe. Verletzung der Lingula.
-ikard. Perforierende Ventrikelverletzung 1 Querfinger vom Sole,
c. und 5—6 cm oberhalb der Spitze 2 Suturen. Heilung mit
Drainage wegen eines Hämatoms. Synkope beim Aufsuchen ries
ei der ersten Naht!
Bvolverschuss in den 5. linken Interkostal räum vor 2 Tagen, Fieber.
breiter Hautlappen mit innerer Basis, Resektion der 4. — 6. Rippe,
ide Wunde an der Basis des linken Ventrikels; Äurikula dun-Ji-
;el in der Wand, Therapie: Gazetamponade des Perikards. Später:
leration. Heilung,
ill Lenormand: anfangs symptomloser Schuss ins rechte Herz.
am folgenden Tage: Hautknochenlappen mit lateraler Basis,
hte. Synkope, nach 8 Minuten durch direkte Herzmassage, rhyth-
agentraktionen, Thoraxkompression behoben. Nene Synkope nach
Exitus. Autopsie : Magendarmleberschuss !
haus (57). Fall von Herzschuss (Einschuss IVs — 2cm unter der
mit zunächst sehr schweren Erscheinungen, der sich aber bald
tantien erholte und nun verbreiterte Herzdämpfung mit sehr leisen
;te. Heilung ohne operative Hilfe, die zuerst durch den schweren
ustand, dann durch eine Phlegmone um die EinsehussÖffnung herum
Eiert wurde.
zard et Morel (6). Fensterförmiger Lappen von der 3. — 5. Rippe
ler Basis. Durchbohrung der Lunge mit V. pulm. inf. sin. Im
00 g Blut. Einschuss auf der Vorderääche, unterhalb des Abgangs
1 Gelasse in Höhe des Septum ventricul. Ausschuss unterm linken
Dazwischen 5 cm langer Weg durch da« Myokard. Kugel : an der
I der 3. linken Rippe in der mittleren Axillarlinie. Naht aller
Exitus in tabula
Manteuffel (44). Fall von Herzschuss, der 9 Stunden post
ir Operation kam : Längsschnitt am linken Sternalrande von
pe; erst 4. und 5., dann 6. und 7. Rippenknorpel reseziert; 2 cai
■eifen vom Sternum entfernt. Einschuss 6 cm von der Spitze im
■ntrikel: Seidennaht. Kugel in der hinteren Wand des rechten
1 cm von der Koronaria: Extraktion derselben und Naht. Peri-
mit 4 Nähten. Keine Drainage. Folge: seröse Perikarditis;
38", Puls 130. Heilung. Literatur: bisher 3 Fälle von Schuss-
des Herzens mit Naht behandelt. 2 leben. Empfehlung des Läng?-
it ausgiebiger Resektion, namentlich bei unverletzter Pleura. Dies
Fall operativer Fremd körp er extraktion ans dem Herzen mit
■Öffnung. Indikation dazu: Die „Herzbenteltaraponade" mit Blut-
Operative Herzchirurgie.
ba! {22 a) gibt im Beginn seiner von der Pariser Gesellschaft für
1903 preisgekrönten Arbeit über die Chirurgie des Herzens einen
a Überblick über die Geschichte derselben, indem er sich dabei
Bosse, Erkrankungen des Herzens und iea Herzbeutels, 617
jn die Einteilnng von Terrier und Reymond hält. Unter Berücksichti-
-:.ng der gesamten in- und ausländisclien Literatur bespricht er zunächst die
Ätiologie der eigentlichen penetrierenden Herxwanden, ohne dabei die Kon-
ta>ion«Terletzungen, die nicht von Zerreissung des Herzbeutels begleitet werden,
di'^ Zerreissungen von Klappen und Chordae tendineae zu übergehen. Eine
einsehende anatomische Studie über die Lage des Herzen«, der Pleurablätter
jjt dem Werke beigegeben. Das für die operative Chirurgie wichtige Resultat
ii'ier UntersDchang ist dieses: eine Verletzung des Herzens bleibt nur dann
'Urapleural, wenn sie durch das kleine untere intrapleumle Dreieck geht,
selches seine Spitze am 4. linken Rippenknorpel, seine Basis in Höhe des
.'beren Endes des Schwertfortsatzes hat, und welches zum Teil vom linken
:-l'Tnalrand, znm Teil vom medialen Ende des 5. — 7. Rippenknorpels bedeckt
iird. Ohne Pleuraverletzung kann bei einem gesunden Individuum ein In-
stniment nur zum Herzen gelangen, wenn es schmal ist, genau am Sternal-
rand des 6. Zwiscbenrippenranmes ein- und genau von vorn naih hinten
iLTdringt. Bei Ergüssen im Herzbeutel bleibt das Herz im 5 Zwischenrippen-
Tiom der Brustwand anliegend, so dass nach v. Eiseisberg die Punktion
Ih Perikards gefährlicher und weniger sicher ist, als die Inzi^ion. Die tiefste
>i-lle des Herzbentels liegt in Höhe des 7. Zwischenrippenniumes, was für
iiie .Ausfühmng der Drainage von Wichtigkeit ist. Aus der Symptomatologie
der verschiedenen Arten von instmmentellon Verletzungen sei hervorgehoben,
-iass die Pleura in 89''/o der Fälle mitverletzt ist, dass das rechte Herz in
+T.ö'','o, der linke Ventrikel in 19,6V«, beide Herzkammern in 14,7% der
Fälle betroffen werden. Nicht penetrierende Verletzungen kommen an den
Vrtrhöfen nicht vor, solche der Kamraermuskulatur können sekundär perfo-
rierend werden oder Veranlassung zu einem Aneurysma geben. Auch die
Enclieinnngen von Fremdkörpern im Herzen und ihre emboiische Wanderung
werden berücksichtigt. Das Koordinationgzentrum von Kronecker und
Schmey wird nach den Untersuchungen von Rodet et Nicolas abgelehnt,
da diese nie einen Herzstillstand experimentell nachweisen konnten. Dagegen
»ird für die automatische, myogene Zusammenziehung des Herzens eingetreten;
ein plötzlicher Tod wird als durch Reflex verursacht anfgefasst (endokardiale,
seosible Nerven, Bulbus, Pneumogastricus). Bei perikardialen Blutergüssen
bestellt die Indikation zum blutigen Eingriff nur in seiner übermässigen
Ausdehnung, was noch nach Tagen eintreten kann. Schneller Tod ist selten
nad beraht nur auf Herzkumpression durch das Hämoperikard.
Schwerer Zustand des Verletzten und die ungefähre Verlaufsrichtung
des Instrumentes nach dem Herzen hin sichern noch nicht die Diagnose,
anderseits kann das Herz durch Lunge und Pleura hindurch aus ganz atypi-
scher Richtung getrofifen sein. Die Explorativsonde wird verbannt, lebhafte
Banclischmerzen entstehen durch Ausstrahlung im Verlauf der Vagusäste.
Rnntgenstrahlen lassen selten die Lage des Instrumentes zum Herzen er-
ienneo.
Inbezug auf die Therapie der Her^verletzten hält sich Guibal ganz
an die von Terrier und Reymond auf dem französischen Chirurgenkon-
gress 1902 gegebenen Vorschriften, indem er besonders einem breiten Haut-
innskellappen mit äusserem Scharnier das Wort redet: er bietet die Vorteile
eioer schnellen Ausführbarkeit, einfacher Blutstillung durch Vermeidung der
Mammaria interna, die Möglichkeit die Pleura zu schonen, eine leichtere
Ablösnng derselben von innen nach aussen. Von diesem Schnitte aus kann
8 JabreBb«richt f&r ChinirKie. II. Teil.
ao sich durch Aiifnahine der 3. Rippe in den Lappen und durch Verlänge-
ing der horizontalen Inzision nach rechts, sowie durch Abkneifen des Stemum
den gewünschten Zugang TerschafFen. Ganz und gar nicht zu empfehlen
t der Weg durch das Zwerchfell, bis auf die Fälle, wo der Wandkanal vom
pigastrium aus nach oben verläuft.
Die Kardiorrhaphie ist meist intrapleural ansgefährt worden; sollte die
leura intakt sein, so ist sie unter allen Umständen zu schonen. Die In-
sion in den Herzbeutel sei stets ausgedehnt im Interesse der Übersichtlicb-
sit. Ausführliche Schilderung in der Literatur angegebener Handgriffe wäh-
!nd der Operation. Ausführung der Herznaht, wenn man kann , mitteilt
rammer, runder Dannnadel, welche Catgut Nr. 2 aufzunehmen imstande ist,
id unter Vermeidung des Endokards. (Die Wanddicke der am meisten be-
'offenen Stellen 15 mm über der Spitze im linken Ventrikel schwankt
viachen 3 und 8 mm). Drainage ist von 66 Fällen von Kardiorrhaphie 56 mal
iisgeführt worden, was nicht ausschliesst, dass sie bei völliger Asepsis ver-
lieden werden kann; jedenfalls ist getrennte Drainage in Pleura und Peri-
Eird nötig. Narkose ist stets empfehlenswert. Tödlicher Ausgang der Kardicr-
laphie fällt nur der Infektion zur Last. Unter den 66 Fällen von Kardior-
laphie ist sie 22 mal am rechten Ventrikel ausgeführt. Die HeilungszifTer
Bträgt 39,3 "/o. An Infektion allein starben fast 50 "/o; sie verzögerte bei
en 26 Heilungen die endliche Genesung 14 mal. Bis auf wenige Fälle blieb
ie Heilung eine dauernde und vollständige. Zum Schluss folgt die genaue
.ufführung der 66 Fälle von Kardiorrhaphie.
Lindner (40) bespricht zunächst die Schwierigkeiten aller operativen
Angriffe an dem fürs Leben wichtigsten Organ unseres Körpers: die Blutarmut,
arkosengefahr, die Voroperation im engen Räume zwischen 2. Rippe, linkem
teraalrand, linker Mammillarlinie, 5. — 6. Rippe, den verschiedenen Verlauf der
lamm, int., die t'berdeckung durch die Pleura, 2—10 mm vom StemaJrand.
inter dem 6.-7. Rippenknorpel sich teilend. Intrakardiale Operationen siud
isher nur Brunton und Tollemer am Hunde gelungen; sonst koniD)en
ur in Betracht Herzwunden, Fremdkörper, Exsndate und die Kardiolyse.
Stich- und Schusswunden verbalten sich wie 40:49 (Loisson 189il':
on den Schusswatl'en verhalten sich die klein- zu den grosskalibrigen wie
7 : 23. Von 64 Fällen der Statistik ist der rechte Ventrikel 25ma), der
nke 24|mal, die Spitze 9mal, Septum 2raal, Auricula dextr., sin., Coron. sin.
3 Imal getroffen. Die Gefahr ist nur die Blutung, das Günstige eine kleinf,
jtzige Öffnung, geringes Hämoperikard und Neigung zur Gerinnung. Steht
ie Blutung nicht, so tritt Roses Herzbeuteltamponade (Autotamponade ditrcüi
en Blnterguss) ein; sie wäre gut, wenn sie nicht über einen gewissen Grad
inausginge (z. B. Spontanheilung einer Spitzenverletzung nach 6 — 8 Wochen);
Isdann Perikardotomie. Herzverletzung und Verletzung der Herzgegend sind
weierlei; man denke z. B. an Kontousierung ! Oppressions- und Angsf-
ustände sind weniger zu berücksichtigen als der Puls.
Es gibt zwei Methoden : I. Bildung eines temporären Lappens, der alle
Vandteile enthält, oder 2. nur Bildung von Weicbteiliappen unter dauernder
'ortnahme der 3. — 5. Rippen. Lindner tritt für letztere zur Blutspamn^,
ur Vermeidung von Verwachsungen mit der Brustwand, zur Umgehung der
lammaria, zur Erleichterung der Drainage ein.
Auf folgende Punkte der Technik macht er aufmerksam:
BosBe, Erkrankangen des Henens nod des Herzbeutels. 619
1. auf vorsichtiges ZnrÜckschiebeD der Plenrafalte , wenn noch kein
['ueumothorax vorliegt,
2- auf nie zn vergessende Kontrolle der Rückwand des Herzens,
3. auf Vermeidung von Quetschung des Cor bei der Naht,
4. Verletzung der A. coronar. ist nicht unbedingt tötlich,
ö. statt der Tatnponade genügt meist ein Drain quer über die Wnnd-
ötfnnng unter dem Lappen.
Resultate der Herznaht: von 63 Fällen 23 geheilt = 36,4 "/o.
Eine besondere Art von Herzverletznng stellen die flottierenden Fremd-
körper in den Ventrikeln dar (Trendelenburg 1902, Cbir.-Kongr.). Sie
werden eingekapselt.
Wie Curschmann befürwortet Lindner bei Exsudaten die Punk-
tion des Herzbeutels') in mehr als einem Interkostalraum. Bei Pyo-
perikard muss mehr wie eine Rippe reseziert werden; man mache vielmehr
einen Bogenschnitt, der die Fortnahme weiterer Rippen gestattet. Sicherung
da Äbdusses durch Annähnng der Händer des Perikards an die Muskelwunde.
Ad Kardioiyse siehe Arbeit von Adolf Schmidt.
De Quervain (64). Vergleichende Statistik für konservative {10®io
Heilang) und operative Behandlung (40''/d Heilung).
Hauptgefahr: Infektion der Pleura.
Verf. rät, den Einschnitt statt von der bestehenden Wunde aus vom
Unken Stemalrand unter Bildung von Lappen mit lateraler Basis vorzunehmen.
Bei abnormem Verlauf des linken Pteurarandes Resectio stemi partialis.
In seiner fleissigen Monographie studiert v. Bonacbi (5) vollständig
liiere interessante Frage der Chirurgie des Herzens. Er beschreibt alle 68
bis jetzt bekannten Fälle von Verletzung und Operation des Herzens und fügt
denen noch zwei eigene interessante Fälle bei. Im ersten Falle erholte sich
der 18jährige Bursche ziemlich rasch ohne jegliche Operation, starb aber
plötzlich auf der Strasse nach zwei Wochen. Die Sektion zeigte eine anen-
rvsmatiscbe, geplatzte Dilatation des linken Ventrikels, genau in der fibrösen
weicbea Cicatrix der alten Herzwunde.
Im zweiten Falle handelte es sich am Selbstmord mit Revolver bei einem
21jährigen jungen Manne, 7 — 8 mm grosse Wunde unter der Brustwarze,
alle Zeichen einer Herzverletzung. Eröffnung der Brusthöhle durch osteo-
plastischen Lappen ans der 4,, 5. und 6. Rippe, Wunde des Perikards, 100 g
Bist in diesem, Wunde des linken Ventrikels, in der Mitte zwischen Basis
nnd Spitze, zweimarkgroas , trichterförmig, im Endokard fissurartig endend.
Die erste Sutur mit Catgut Nr. 1 zerreisst die Wände und misslingt, die
zweite mit Catgnt Nr. 2 gelingt nnd die Blutung sistiert. Zweite Wunde in
der hinteren Perikardialwand, Naht derselben. Zwei Wunden in den Lungen.
die Kagel unauffindbar. Drainage des Perikards und der Lungen mit Gaze.
Tod am 7. Tage. Sektion: Herznunden geheilt, Catgnt nicht resorbiert.
Gangrän der Lungenwnnden. Bronchopneumonie. Stoianoff (Vama).
Schmidt (68). Kardinalsymptome der schwieligen Mediastinoperikar-
ditis sind : systolische Einziehung der Bmstwand, diastolischer Venenkollaps,
Pulsus paradozus, Symptome der Pseudoleberzirrhose, diastolischer Rückstoss-
ton an der Herzspitze.
<) Zu beacbteD ist, dasa io RUckeniBBe das Her£ der vorderen Broatwand anliegt
itad du Exaadat hinter aich hat. Man apalt« vorher die Hant und probepunktiere.
620 Jahresbericht für Chirargie. II. Teil.
Bis jetzt sind bekannt: 3 Fälle von Kardiolyse von Brauer, 3 von
Beck, ] von Umber; dazu kommt ein Fall von Lindner-Schmidt, der
einen 24jährigen Mann mit schweren Lungen- nnd Bippenfellentzündang G
Jahre vorher betrifft. Operation und Heilung durch Lindner, der die
4. und 5. Rippe vom Sternalrand bis znr vorderen Axillarlinie resezierte.
Sofortige Besserung der Kontraktionen, lange Bekonvaleszenz. Schilderung
der Beschwerden bezw. des Status vor und nach der Operation.
In der Diskussion erwähnt Grunert, dass die Herznaht sich bei Tieren
in der Sauerbruchschen Kammer besser vornehmen lasse.
Zum Schluss weist Lindner darauf hin, dass die Ansicht, in Rücken-
lage läge das Herz bei Perikardexsudaten an der tiefsten Stelle, irrig sei,
dass vielmehr das Herz in der Regel der vorderen Brustwand anläge.
Umber (76). Vorstellung eines 42jährigen Kranken mit früherer links-
seitiger Pleuritis, der dadurch eine chronische adhäBive Mediastino-Perikarditis
erworben hatte. Durch Verwachsung mit der vorderen Thoraxwand waren
die allerschwersten Zirkulationsstörungen entstanden. Bei intaktem Herzen
wurde die Brauerache Kardiolyse vor sechs Monaten mit vollständigem Er-
folge ausgeführt. In der Disknssion bespricht Lenhartz einen Fall vofi
schwerem Vitium, bei dem die Operation nur vorübergehend genutzt hatte.
Meyer-Westfeld ;48) beschreibt nach den Fällen von Brauer,
Beck, Umber einen weiteren Fall von Kardiolyse. Er betrifft einen 24 jähr.
Mann, der sechs Jahre vorher eine schwere Lungen- und Rippenfellentzün-
dung durchgemacht hatte. Er wies von den bekannten Erscheinungen auf:
systolische Einziehung der Brustwan i an der Herzspitze, diastolischen Venen-
kollapB, Stauungsbronchitis, -Pseudoleberzirrhose mit Aszites, Stanimgenieren,
Zyanose, Dyspnoe, Ödeme. Nach vergeblicher Anwendung von Digitalis
imd Theocin Operation mittelst Bogenschnitt, dessen Basis zwischen 3. und
6. Rippe lag und dessen Bt^en bis ans Stemum reichte. Befreiung des Cor
aus den Schwarten. Sofortige und dauernde Besserung ; 13 Wochen p. op. be-
stehen nur noch folgende Beschwerden: Ödeme an den Füssen nur andeoiungs-
weise bei langem Aul'sein, Überragen des Leberrandes über die Mammillar-
linie um vier Fingerbreiten. Milz überragt den Rippenbogen um einen Querfinger,
kräftige systolische Einziehung, Herzdämpfung bis zum rechten Sternalrand,
zweiter Pulmonalton akzentuiert. Der sog. Schleuderten fehlte stets.
Munteanu (53) beschreibt zwei Fälle, wo die Herzmassage erfolglos
blieb. Es war eine Geschwulst der Unterlippe bei einem 27 jährigen Mamie
nnd eine Occlosio intestinalis bei einer 4öjährigen Frau. In beiden Fälleu
nach erfolglosem 20' dauernden Versuche aller anderen Methoden wandte
Munteanu die Thorakotomie und die manuelle Massage des Herzens an,
aber erfolglos. Stoianoff (Varnai.
, VerleUoDgei) und cbirurg. ErknokuDgen des Hagena.
Verletzungen und ehirurgisehe Erkrankungen des
Magens.
Referent: E. Moser, Zittau.
Dia mit * versebenen Arbeiten Rind nicht referiert worden.
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König (86) bespricht die chirurgische Behandlung gutartiger Magen-
frbranlningen. Er bat einen Fall infolge Blutung aus der durch ein Ulcus
arrodierten Arteria lienalis verloren, bei dem er am Tage vorher wegen
Pylorusstenose die G. E, •) ausgeführt hatte. Ausser Perforation, Blutungen
Schmerzen und Stenose erfordert auch die Gastroptose chirui^sches Ein-
sreifen, da diese zu einer völligen Gastroptosekachexie führen kann. Bei
akuter kopiöser Blutung infolge Ulcus schlägt König den chirurgischen
Erfolg nicht hoch an, ebenso verwirft er es, ein Magengeschwür als solches
dm'ch Exzision heilen zu wollen. Das Wiederauftreten der Blutungen und
der Geschwüre, auch nach G.E. in der abführenden Jejunumscblinge, be-
weisen, dass hier die Gefahren und die Ursachen durch die Operation
nicht beseitigt sind. Die Resektion wegen Ulcas hält er für nicht berech-
tigt, einmal wegen der Schwere des Eingriffs und dann weil die Magen-
«rscheinnngen trotzdem hinterher nicht schwinden. — Bei der Gastroptose
reicht die Gaatropexie nur aus, wenn die Magensenkung nur den Pjlorua
abtnickt, bei gleichzeitiger Gastrektasie ist die G. E. dabei angezeigt. Den
eilten Erfolg dieser Operation zeigt er an einer 34 jährigen Frau. Die An-
«eudnng des Knopfes bei gutartigen Magenerkrankungen hält er für falsch,
demi die dauernde Anwesenheit des Knopfes im Magen dürfte bei Leuten,
die zn Ulcus neigen, nicht gleichgültig sein.
Brewer (25) gibt eine ausführliche Beschreibung der gutartigen Stenosen
des Magens und des praktisch dazu gehörenden Duodenalabschnittes, die
Viktor Bros 1868 in einer Strassborger Dissertation zuerst beschrieben hat.
Brewer hat einmal als Grund einer Stenose ein kleines Adenom an der
Tnrderen Wand des Duodenum gefunden, gerade über der Papille. Er halt
als Ursache der Pylorusstenose die Syphilis für gar nicht so selten. Bei
hochgradigen Pylorusstenosen kann ausser tetanischen Erscheinungen auch
Trismus und transitorische Blindheit sich einstellen.
Kobson (127a) nimmt an, dass wenigstens 25'*/« aller Fälle von Magen-
geschwüren, die innerlich behandelt sind, schliesslich ihrem Ulcus oder einer
KompUkation desselben erliegen. Bei reichlich 300 Operationen, die Robson
«egen solcher Erkrankungen ausgeführt hat, hat er nur eine Mortalität von
venig über 3 "/o gehabt. Beim Aufsuchen des Geschwürs kann man sich etwas
auf die Angaben bezüglich Auftreten der Schmerzen stützen. Treten die
Schmerzen sogleich nach der Nahmngseinnahme auf, so kann mau das Ge-
schwür in der Nähe der Kardia oder an der kleinen Kurvatur suchen; treten
die Schmerzen nach 2 Stunden auf, so wird das Geschwür in der Pylorus-
gegend, und nach 4 Stunden im Duodenum sitzen. Robson rät zur Ent-
fernung des Geschwürs, wenn es am Pylorus sitzt und dieser dabei verdickt.
aber frei von Adhäsionen ist. Er hat wegen Geschwür 9 mal den Pylorus
reseziert, ohne Todesfall. Sechs davon erfreuen sich guter Gesundheit 1 — 7
Jahre nach der Operation, einer bekam einen Rückfall 3 Monate nach der
Pjlorektomie, und in einem Falle kam es nach 2 Jahren Wohlbefinden wieder
m frischer Geschwürsbildnng mit Perforation.' Ein Fall konnte nicht weiter
Terfoigt werden. Bei Schwierigkeit der Operation wegen Adhäsionen des
Pyloms oder Verwachsungen des Magens mit Leber und Pankreas beschränkt
man sich besser auf die G. E. Auch nach Resektion des Ulcus tut man gut,
eine 6, E. hinzuzufügen, schon aus dem Grande, weil beim Magennlcus sich
ij Q. E. =^ Gastroenteroatoraie.
Jahresbericht fUr Chitnrgie. II. Teil.
lenalnlcera Torfinden. Die infolge Dnodenalulcus auftretendeit
erden oft als „Hungerschtnerz" angegeben, da sie nach Na.fartin^s-
äufig verschwinden. Diese Kranken wachen nachts häufig vor
uf and pflegen dann etwas Flüssigkeit zn sich zu nehmen.
für Magen- wie für Duodenalulcns bevorzugt Robson dieG. E.
t möglichst kurzer Schlinge. Von 97 so Operierten seiner Privat-
96 operative Heilungen zu verzeichnen, davon sind 84 in gutem
-5 Jahre nach der Operation. Bei 4 fällen entwickelten sich
le des Magens oder der Eingeweide, 1^/e — 3^/> Jahre nach der
wei Fälle bekamen die alten Beschwerden 2 Vi — 3 Jahre später,
»dliche Hämatemesis; aber nur in einem Falle hatte die Operatiou
'futzen gebracht,
itungen, bei denen Robson wegen zu schlechten Befindens der
explorative Gastrotomie nicht ausführen konnte, hat er von der
Irfolge gesehen. Von 22 wegen Hämatemesis zwischen den Än-
irten Kranken wurden 20 gesund und blieben ohne Blutungen,
einer bekam nach einem Monat erneute Blutung.
)perationen wegen Perforation gibt Robson folgende Statistik:
QesuntZEhl
HeiluDgen
GeBtorben
Geatorbeo in ';»
den
49
35
14
28,5
a
33
12
21
63.6
n
16
2
14
87.5
D
2
—
2
100,0
33
16
17
51.5
rkennt leicht den verderblichen Einflnss des Znwartens. Bei Be-
der Bauchhöhle rät Robson zu Waschungen mit Salzlösnng und
)ischen Drainage. Ist die Beschmutzong, wie bei subaknter Per-
leerem Magen, nur auf die nächste Umgebung beschränkt, so
ipfen. Bei Sitz der Perforation in der Nähe des Pylorus soll
ne G. £. gleich mit anlegen, bei anderweitigem Sitz des Geschwürs
enn der Pat. noch in gutem Zustande ist.
tstroplikation bei dilatiertem Magen dürfte, wenn überhaupt eine
>twendig ist, besser durch die G. E. zu ersetzen sein. Von 28 Pj-
mussten acht noch einer weiteren Operation unterzogen werden,
id in gutem Zustand geblieben, bei diesen hatte aber zur Zeit
1 kein offenes Geschwür am Pylorus bestanden. Von der Pyloms-
Rohaon ab der grossen Gefahren und des geringen dauemdeu
;en. Die vordere G.E. wählt Robson nur, wenn die hintere
ausgedehnt erkrankt ist und wenn das Mesokolon stark verdickt
, ist. Murphyknopf empfiehlt er nicht, er verwendet eine Ein-
kalziniertem Knochen. Die G.E. empfiehlt er auch für Fälle
ition, bei denen die innere Behandlung versagt, desgleichen bei
iperativer Dilatation, falls Behandlung mit Schlundsonde und
3 nichts nützt. Für die hartnäckige Gastroptosis wurde er die
der Ligament, gastrohepatica und gastrophrenica nach Bejer
Moser, Verletzungen und chirnrg. Erkrankungen des Hagena. 629
rmpfehlen. Für die kongenitale hypertrophische Pylorusstenose rät er die
tt.E. an.
Moynihan (107) teilt die Perforationen von Duodenum und Magen
infolge Ulcos ein in akute, snbakute und chronische. Die Exzision des Ulcus
nach der Perforation verwirft er. Ist seit der Perforation längere Zeit ver-
-trichen, dann hält er Auswaschen der Bancbhöhle für notwendig. Nach der
Aa^pÜlung muss aber für ausgiebige Drainage gesorgt werden. Anlegung
mvr G. E. ist notwendig bei Sitz des Geschwürs in der Nähe des PyloruB
yJer wenn die übernähte Stelle den Durchtritt der Speisen aufhält. Ent-
Irening ond Spülung des Magens soll nie vergessen werden. Nach subakuter
IVrforation soll man feste Verwachsungen nicht lösen, vielmehr bei Sitz am
Pyloms nor die G. E. ausführen. Bei Blutungen hat Moynihan viermal
iis Ulcus exzidiert und er hält das für angebracht, wenn es leicht zu machen
ist. Bei grossen Schwierigkeiten aber, femer bei multiplen Geschwüren, bei
Erosionen, Blutungen aus der Oberfläche nnd besonders bei Ausdehnung des
Miigens ist die 6.E. die Operation der Wahl, die auch rorzöglicbe Resultate
geben kann.
Unter Moynihans 198 Fällen von chronischem Magen- und Dnodenal-
leschwür waren S4 Männer ond 114 Frauen. Das Alter schwankte von
17—73 Jahren. Für die Diagnose ist wichtig die Zeit des Auftretens der
Sthmerzen. Je naber das Ulcus der Kardia liegt, um so früher tritt die
Berührung mit den Nahrungsmitteln ein und um so eher treten die Schmerzen
auf. Stellen sich die Schmerzen schon nach einer halben Stunde ein, dann
liegt das Geschwür sicher in der kardialen Hälfte des Magens. Findet man
nach solchen Angaben ein Geschwür am Pylorus, so kann man sicher sein,
da^ mehr kardiawärts noch ein zweites sitzt; soll man doch stets an die
Multiplizität der Geschwüre denken. Je höher und näher dem Proc. xiphoi-
dfus die Druckempfindlichkeit liegt, um so näher liegt das Geschwür der
Kardia, je näher dem Nabel, um so näher dem Pylorus. Bei Verwachsungen
mit der Leber fand Moynihan Schmerzausstrahlungen nach der rechten
Bmstseite. Man soll auf den Sitz der Schmerzen achten, am sich über den
Sitz des Geschwürs bei Zeiten ein Bild machen zu können. Jedenfalls soll
in allen Fällen von chronischem Geschwür die Operation in Erwägnng gezogen
werden. Die Exzision kommt dabei nur in Betracht, wenn man ganz sicher
ist, dass nur ein einzelnes Geschwür vorliegt. Diese Sicherheit hat man aber
bei langem Bestehen nicht mehr. Bei der Operation soll man sich vorsehen,
issi man nicht den erweiterten Pylorusteil eines Sandtihrmagens bei gleich-
ieitiger Pylorusstenose für den ganzen Magen hält und dort eine G. E. anlegt.
Zur Dia^ostik des Sanduhrmagens hat Moynihan ein Verfahren angegeben,
rfas darin besteht, die Magengrenzen perkutorisch zu bestimmen, dann 20 — 30
l^l;ltllndeu nach Einnahme eines Brausepulvers wieder zu perkutieren und dann
wieder nach Verlauf von einigen Minuten. Man kann so die allmähliche Aus-
Mnung des pyloriscben Teils nsich vorausgegangener Dehnung des kardialen
TMfoIgen.
Hartmann (107 u. 155} hat lOU mal die G.E. bei nicht malignen
^agenerkrankungen ausgeführt. Auch er ist Anhänger der hinteren G.E.
wid i«ar in leichter Trendelenburgscher Schräglagerung. Er legt grossen
Wert anf Pflege des Mundes schon verschiedene Tage vor der Operation,
m Komplikationen seitens der Lunge zu vermeiden. Ist nach der Operation
die Zange trocken und die Temperatur höher als 37,5, so lässt er Magen-
Jahresbericht für Chirurg!«. II. Teil.
ngen machen. Circnlus vit. hat er nur in einem Fall erlebt, wo er den
D in der Mesokotonöffniing nicht genügend fixiert Iiatte. Bei Hämatt:;-
operiert Hartmann nur, wenn der Magen ausgedehnt ist und peri—
whe Kontraktionen desselben vorhanden Bind, ferner bei oft wiederholten
jn Blutungen, und zwar macht er dann nar die G.E.
Moniin betont die Notwendigkeit, bei Blutungen den Ort der Blutunj^
■ in Angriff zu nehmen und eine G.E. nur hinzuzufügen, falls es die
erlaubt. Bei chronischen Magenbeschwerden indiziert anhaltendes Er-
en die Anlegung einer G.E., da ea ein Zeichen ist, dass der Magen
la wenig entleert. Es erscheint Moulin gleichgültig, ob die G.E. als
re oder als hintere angelegt wird. Er fügt stets eine Enteroanastomose
Wenn möglich, macht er neben der G.E. auch noch die Exzision des
I, schon aus Furcht vor Karzinom. Die Annahme, dass in 4''/o der
ifölle sich Karzinom entwickelt, hält er für zu wenig; er glaubt, dass
öfter der Fall sei.
F. Eve betont die Wichtigkeit-, bei Blutungen zu unterscheiden zwischen
^ und chronischen, da Blutungen bei akutem Ulcus nicht häufig einen
,tiven EingrifiT notwendig machen. In 4 Fällen, wo er chronisches Ge-
ir wegen der schon lange bestehenden Schmerzen angenommen hatte,
er nur kleine blutende Stellen ohne Ulzeration. Er nimmt stets von
^unde an der hinteren Magenwand ans, die er dann zur G.E. benutzt,
genaue Absnchnng des Mageninnem vor und benutzt dazu ein kurzes
js Vaginalspekulum und eine Stimlsmpe. Kann er auch so nicht unter-
den, ob ein chronisches Geschwür oder ein Karzinom vorliegt, so ent-
er ein Stückchen vom Ruide des sichtbar gemachten Geschwürs zwecks
iskopischer Untersuchung. Er bevorzugt auch die hintere G.E. mit An-
ag des Mesokolon an die Magenwand, die er für wichtig hält, da sonst
bführende Schlinge gedrückt werden kann. Bei Gastroptose hat er durch
hen des Magens an die vordere Bauchwand einen besseren Zustand her-
führt, in künftigen Fällen will er auch die kleine Kurvatur an die
rääche der Leber nähen. Auch von der G.E. hat er bei der Gastroptose
Erfolge gesehen.
B. Clarke rat, bei der Perforation von der Exzison des Ulcus abzü-
1, die in dem veränderten Gewebe oft schwer auszuführen ist. Er stülpt
länder des Geschwürs durch Naht möglichst ein und nur, wenn wegen
bigkeit des Gewebes das nicht möglich ist, macht er die einfache Über-
Qg mit G. E. zur Entleerung des Magens.
R. Morison hat wegen Pylorusstenose 38 mal die Pjloroplastik vor-
nmen. Bei 4 von diesen 28 Fällen hat er später noch eine G.E. an-
müssen, aber nicht wegen Wiederkommens der Pylorusstenose, sondern
n Bildung frischer Ulzerationen im Magen. Die zweite Operation war
4 — 5 Tage später. Von den übrigen 24 sind 12 vollkommen geheilt,
anderen sind gebessert. Er bevorzugt die Pyloroplastik, da sie uatür-
Verhältnisse schafft. Die G.E. führt er aus mit Hilfe eines von ihm
t konstruierten Knopfes.
Wallis spricht sich auch für Verschluss einer Perforation aus, nicht
i^xzision des Ulcus.
Kretley beginnt die Operation wegen Perforation stets von einem
en suprapubischen Schnitt aus, um sich zu orientieren, besonders auch,
Moser, Vertetiungen and chirurg. Erkrankungeo des Magens. 631
ob P'lüssigkeit im kleinen Becken ist. Den kleinen Schnitt benutzt er dann
ZOT Drainage.
E. Deanesly weist anf die Schwieri^tkeit hin, die Perforation eines
.Magenolcas von andern Perforationen, besonders der akuten Appendizitis, zu
unterscheiden. Ihm ist es passiert, dass trotz aller Zeichen einer Perforation
er )>ei der Operation nichts fand. Einmal fand er eine vergrösserte Milz
mit Lymphe auf der Kapsel, das andere Mal lag ein diabetisches Koma vor.
Drainage legt er durch die Lende an, bisweilen auch im kleinen Becken.
Er bevorzugt die hintere G.E. mit möglichst kurzer Schlinge und macht den
Einschnitt in den Uarm in querer Richtung, den Darmumfaug genaa halbierend,
*ie Kocher bei der vorderen G.E.
L, A. Bidnell macht darauf aufmerksam, dass ein stark diiatierter
Magen bei der hinteren G.E. unter der durch das Mesokolon fixierten G. E.-
C>tlnung hemuterhängt, während bei der vorderen G. E. das Gewicht der an-
genähten Schlinge die G.E.-Öffnang stets zum tiefsten Punkt macht. Nur
bei chronischem Duodenaiulcus und bei chronischer Gastritis bevorzugt er
auch die hintere G. E. Die früher von ihm angewendete Pyloroplastik hat er
aufgegeben, weil sie keine guten Danerresultate gab. Der Grund ist der, dass
der Abfluss aus dem Magen bei Dilatation nicht an dem tiefsten Punkt sich
befindet.
A. B. Mitchell hat 24 Perforationen operiert mit 9 Todesfällen. Bei
i Fällen war die Perforation eingetreten, während sich die Kranken zu einer
Kur mit rektaler Ernährung im Hospital befanden. Die Exzision des Ulcus,
die er früher ausgeführt hat, befürwortet er nicht mehr, da die Dauer-
rcBultate keine guten sind, obwohl der unmittelbare Erfolg nach der Ope-
ration ein guter ist. Einfaches Ühemähen der Perforation genügt auch
nicht. Bei einem derartigen Fall hat er später die G.E. noch hinzufügen
Mitchell befürwortet die zeitige Operation des Ulcus mittelst G.E.
oder auch mittelst der Finneyschen Methode. Chronische Obstipation be-
trachtet er als eine der Ursachen für Ausbildung eines Magengeschwürs.
Den Wert der G.E. für die Obstipation sieht er darin, dass Flüssigkeiten
nicht mehr in grösserer Menge im Magen absorbiert werden, sondern gleich
in den Darm gehen, und dass auch die Steigerung der Verdanungsvorgänge
im Darm einen Reiz für letzteren abgibt. Erlebt hat er es auch in einem
Falle, dass eine G.E. das Erbrechen nicht beseitigt hat, auch nicht nach
Anlegen einer Enteroanastomose. übrigens bevorzugt er für solche Fälle jetzt
die Darchschneidung der zuführenden Schlinge mit blinder Vernähung des
oberen Endes nnd Einnähen des unteren (duodenalen) Endes seitlich in den
abfährenden Schenkel.
Garre (ö2) hat 107 Patienten mit gutartigen Magenaffektionen operiert
mit 8 Todesfällen = 7,5 "/o. Auch er hält die G.E. für die Operation der
Wahl bei Pylorusstenosen, bei Blutungen, fläcbenhaften Verwachsungen des
.Magens, Dilatation, Atonie und bei Gastralgien. Die 8 Todesfälle waren
'eraolasst durch UIcusperforation, durch Pneumonie und zweimal durch Tu-
berkulose. Eine sorgfältige Mukosanaht hält er zur Vermeidung des Ulcus
pepticum für wichtig. Er näht in drei Reihen. Die Pyloro- und Gastro-
plastik bat er ebenso wie die Divulsio pylori ganz aufgegeben. Gastrolysis
bill er nur für die Fälle angebracht, in denen eine oder mehrere bandförmige
Wrvachsungen den Magen verzerren. Es sind das meist von entzündlichen
Jahreabericbt für Chimrgie. 11. Teil.
tionen des Gallensystems ausgehende Stränge. Bei ääclienhaften Ver-
snngen fügt er stets die G. £. hinzu. Die Jejunostomie ist für Leute
umt, die zurG.E. zu schwach sind, sie bildet nach t. Eiseisberg ein
rstütznngsmittel der internen Medikation des Ulcus. Auch bei schwerer
nblutuDg dürfte sie angebracht sein.
Clark e (36) hält bei Perforationen den günstigsten Zeitpunkt für diu
ition ab gegeben, wenn die stürmischsten Erscheinungen vorüber sind
ätwaa Erholung eingetreten ist. Nach Eröffnung der Bauchhöhle erkennt
an der Art der Flüssigkeit, ob es sich um ein perforiertes Magen- oder
enalulcus gehandelt hat. In letzterem Falle ist die Flüssigkeit klar und
isichtig und erinnert an Ovarialzysteninbalt und befindet sich meist in
echten Bauchseite, weshalb hier auch leicht Verwechslung mit Äppendi.v-
ration vorkommen kann. Bei Magenpert'orationen findet man mehr Inhalt
r Bauchhöhle, er wechselt im Aussehen je nach der Zeit der Verdauung,
ke hat sich meist mit einfacher Übemähung des perforierten Ulcus
igt, allenfalls noch Netz übergenäht. Durch eine neue Bauchinzision
iert er mittelst Glasdrain die Stelle, wo er am meisten Flüssigkeit in
tanchböhle gefunden hat. Die Laparotomiewunde hat er dagegen stets
loBsen. Bei Magenblutungen hat er von der Kauterisation der blutenden
keinen Erfolg gesehen. Bei ungewöhnlich heftigen Schmerzen kann
immer annehmen, dass das Ulcus in der Nähe des Pyloros sitzt.
lische Magengeschwüre, die der inneren Behandlung trotzen, erfordern
r chirurgisches Eingreifen, besonders wenn der Sitz des Ulcus in der
des Pyloms ist.
Goldschmidt (58) zeigte einen 42jäbrigen Lederarbeiter, bei dem
im Anechluss an eine bestehende hochgradige motorische Insuffizienz
lagens eine Tetanie entwickelt hatte. Die patbognomonische Krampf-
ng der Hände ist kontinuierlich; auch die Gesicbtsmuskulatur ist be-
, die elektrische Erregbarkeit in den Nervenstämmen erhöht ('/a M.A.|.
ng soll durch G. E. angestrebt werden.
Schüssler (136) berichtet von einem Fall von Pylorospasmus mit Dila-
1, die er als durch Hyperazidität hervoigemfen erachtet.
32jftbnger KaufmsDD, der seit 1S8S/6!J an Magenbescb werden UDd Obstipation leidet.
Uebrauch von Karlsbader Salz Öfter varabergehende Besserung gebracht bat; Ib96
>hen; 1901 HyperaziditSt und Magener Weiterung. Wechselndes Befinden bis Sep-
r 1901. Jetzt stellten sich die Schraenen bei leerem und bei vollem Magen ein and
bis in den Rucken , führten scblieselicb bis mm Erbrechen. Peristaltische Magea-
ungen waren eichtbar. Der bedeutende Rückatand im Magen acbwand nach einigea
Magenspülung vollkommen. Deshalb konote die Diagnose auf .PfloTospasmuB' ge-
werden. Anfang 1905 kam Patient wieder in ganz elendem Znatande, so dass die
angelegt wurde und zwar in der Pars pjlorica, da bei einer vorher angeatellten
idiaphanie im Stehen die tiefst« Stelle des Magens sich rechts vom Nabel befand.
Die Anwendung der Gastrodiaphanie empfiehlt Schüssler, um die
ä Stelle des Magens festzustellen, die in vorliegendem Fall die im Ver-
ls zum anderen Magenteil besonders erweiterte Pars pylorica betraf.
Power (122) bespricht die Ursachen der Pylorosstenosen : er berichtet
einen Fall von angeborener Duodenalstenose in der Mitte des zweiten
inittes vom Duodenum infolge einer Art Septum, an dem sich alle
hten mit Ausnahme der longitudinalen Muskelschicht beteiligten. Die
se lag gerade über der Mündung des Choledochus. Weiter berichtet er
liner Pylorusstenose infolge Salpetersäurevergiftung, die ohne nachweis-
Hoser, VerletznnKen und Chirurg. Erkrankongen des Magens. 633
tkire ächädigung von Ösophagus und Magen zustande gekommen war. Er
mü ferner auf die Häufigkeit der Duodenalgeschwüre besonders bei Man-
itni hin und auf die dadurch verursachten Stenosen, die natürlich einer Be-
bndlnng mittelst einer G.E. sehr zugänglich sind. Bei Frauen ist wieder
die durch Gallensteine bedingte Pylorusstenose häufiger. Er befürwortet die
n-giichst frühzeitige operative Behandlung der Stenosen.
Lilien thal (95) hält vor jeder Magenoperation eine mindestens sechs-
caiige Untersuchung nach Probefrühstück für nötig. Bei der Vorbereitung
IST Operation empfiehlt er Reinigung der Zahne mit alkalischem Dentrifice
und Zufuhr nur steriler Xahrung. Zur Probelaparotomie macht er zuerst
einen kleinen Schnitt durch den Rektus, der eben zwei Finger zur Exploration
tinlisst und zieht eventuell zwei Schnitte an beiden Seiten einem grossen
KT. Er hat bei Kachektischen mehrmals eine spontane Wiedereröffnung
mtdianer Wunden mit Eingeweidevorfall beobachtet bis zehn Tage nach der
(il>eration, gleichgültig ob mit Seide, mit Chromcatgut oder mit Silkworm
•enäht war. Aach haben ihm andere Operateure in New-York von ähnlichen
Ereignissen Mitteilung gemacht.
Anschütz (5) weist auf die Durchfälle hin, die bisweilen nach Magen-
"perationen auftreten. Kurz nacheinander waren zwei Fälle an der Breslauer
Kiinik am 7. und am 10. Tage daran gestorben. Leicht entstehen Darm-
-E'JrDDgen nach Nährklistieren. Da eine Reizung des Mastdarms sich sofort
hditTch verrät, dass die Kranken die Klysmen nicht mehr halten können,
Hl kann man bei guter Zeit damit aufhören. Die postoperativen Diarrhöen
füfstehen ohne bekannten Diätfehler. Es ist wichtig, sich vor jeder Magen-
.'[■eration über die Verdauung des Kranken zu unterrichten. Bei Neigung
20 Durchiallen scheint die Operation gefährlicher zu sein. Zur G. E. ist die
Schlinge so kurz als möghch zu nehmen.
Am häufigsten, 7 mal, waren Diarrhöen nach G. E. wegen Pyloruskarzinoui
aafatreten. Sie setzten am 6.-10. Tage ein, viermal führten sie zum Tode.
fei hochgradiger Atonie des Magens, wie sie bei Karzinom häufig ist, tritt
dach der G. E. oft keine Besserung ein. Der Inhalt staut sich, wird zersetzt
und kann den Darm reizen. Fälle mit leichten Zirkuluserscheinungen dispo-
nieren zu den schweren postoperativen Darmstörungen. Die individuelle Dis-
position darf aber auch nicht ausser acht gelassen werden. Bei den G. E.
»egen Itarzinomatöser Stenose bleibt ja auch der Gärungsherd im Magen
mifk. Hier treten leicht Darmstörungen auf, während sie nach G. E. wegen
futartiger Affektion so gut wie nicht vorkommen. Unter 60 Fällen von G. E.
*^n gutartiger Stenose ist nur ein Fall von Darmstörung am 12—16. Tage
nach der Operation vorgekommen (Schlinge dabei 40 — 50 cm lang). Den be-
obachteten sechs Fällen von Ulcus jejuni nach G. E. waren nie katarrhalische
Ijscbeinongen vorangegangen. Es ist daher fraglich, ob Kellings Ansicht,
dass die Hauptnrsache für die Durchfälle nach G.E, im Zufluss der un-
MtraVisierten Salzsäure in den Darm liege, zu recht besteht. Auch Petersen
und Machol konnten der Salzsäure keinen so ausschlaggebenden Wert bei-
messen. Bei deren Material handelte es sich um die hintere G. E. mit kurzer
zwinge. Nur das ist sicher, dass leicht Darmstörungen entstehen, wenn
2tirG,E. eine zu tiefe Schlinge, mehr als 50 cm, genommen wird. Daher
sind in der Literatur der 80er und 90er Jahre Darmstörungen nach G.E.
öfters zu finden, da man früher eine beliebige, bequem liegende Schlinge zur
G E. wählte. Die Durchfälle setzten dann sofort nach der Operation ein,
Jahreebericht für Chirurgie. II. Teil.
;h wenn es sich um Karzinome ohne Salzsäurebefund handelte. Ein Fall
dem zur G. E. versehentlich eine Stelle 70 cm oberhalb der Ileocökal-'
ppe gefasst war, hatte auch so lange an Darmstörungen zn leiden, bis;
e zweite Operation diese Verhältnisse wieder beseitigte. Man erkennt
'igens aus derartigen Fällen, dass der zwischen Pylorus und Anastomose
egene Teil des Darms nicht vollkommen für die Ausnutzung der Spei.sen
^llt. Eine Resektion des Darms bis 70 cm oberhalb des Cökum häite
■ Patient nicht ertragen.
Bei Resektionafällen nach Bill rot h I und Kocher, ebenso wie nach
loroplastiken sind auch gelegentlich Durchfälle aufgetreten. Hier kann
noglich der salzsäurelialtige Magensaft die Darmstömngen verursacht babeii.
1 45jähriger Mann starb nach der Pylorusresektion am 17. Tage an pro-
en Durchfällen, Wahrscheinlich neigen stark her abgekommene Leute zu
irrhöen; möglich wäre auch, dass sie die bei fehlendem Pylorus beschien-
te Entleerung des Magens nicht vertragen. Ein Zusammenhang der Durch-
e mit der Narkose, wie er von Carle undFantino angenommen wurde,
in wohl ausgeschtossen werden.
Als Therapie werden neben Aussetzen jeder Emährnng grosse Dosen
smut und Tannigen gegeben (1,0 Wismut, 0,1 Tannigen nebst 10 Troplen
ium ein- bis zweistündlich). Tritt nicht sogleich Erfolg ein, so wird mit
ium zugelegt bis 100 Tropfen täglich und darüber. Ausserdem kommt
rapeutisch unter anderem auch die Anlegung einer breiten Entero-.Ana-
mose in Betracht, wie es Kelling vorgeschlagen hat, um eine bessere
)chung des Darminhalts mit den Verdauungssäften herbeizuführen. Be-
ben Zeichen einer schweren Kolitis, so kann rechtzeitige Anlegung einer
cum- oder Heumfistel vorgenommen werden.
Anf die noch nicht genügend gewürdigte Bedeutung der Hydrotherapie
Magenkrankheiten weist Brieger(26) hin. Es muss allerdings jede er-
(liebere Wärmeentziehung bei Magenkrankheiten vermieden werden. Die
gaben Simons, dass Dampfbäder die Azidität des Magensaftes herab-
:en, konnte nicht bestätigt werden. Bei Ulcus leistet vorzügliche Dienste
fenchtkalter Stammumschlag mit darin eingelegtem heissen, schnecken-
migen Schlauch oder statt letzterem eine breite Flasche. Bestehen Bln-
igen, so lässt man durch den Schlauch kaltes Wasser ftiessen. Die gün*
;en Erfahrungen von Winternitz können durchaus bestätigt werden,
ch die Behandlung der Magenblutungen nach Winternitz, Einlührung
in er Eisstückchen ins Rektum, kann empfohlen werden. Der Atzberger-
e Mastdarmschlauch kann mit Vorteil dabei verwendet werden. Zur Be-
opfuQg der Atonie des Magens empfehlen sich Fächerduseben anf <lie
gengegend. Methodisches Trinken von kühlerem Bmnnenwasser regt die
Tetion und Peristaltik des M^ens an. Dagegen sind bei Hypersekretion
sse und laue Getränke angezeigt. Bisweilen wird Verstärkung der Motilität
ch heisse Umschläge und Dampfduschen erzielt.
Merkel (100) hat bei Fällen von Gastrektasie, Ulcus mit Uyperazidität
i einem Fall von reinem Ulcus therapeutisch Olivenöl angewendet neben
igneter Diät und Magenspülungen bei ersteren. Das Öl wurde in den
her gespülten Magen mit der Sonde eingegossen oder 20—30 Minuten
der Mahlzeit esslöfifelweise erwärmt genommen. Das Verfahren erwies
1 als wertvoll besonders wegen der Möglichkeit ambulanter Behandlung.
Moser, Terletiungen und chinir^. Erkrauknngen des Magens. 635
Bei vier Fällen von Ektasie konnte die zuerst beabsichtigte Operation unter-
bleiben. Unöbervfindlichen Widerwillen gegen das Ol fand er in einem Falle.
Bei andauerndeni Erbrechen empfiehlt Bennett (15), nicht wie man
gewöhnlich tut, die Flüssigkeitsznfuhr in den Magen zu beschränken, sondern
im Gegenteil so viel frisches Wasser trinken zn lassen, als die Patienten zur
Ihirststillung brauchen. Durch das weitere andauernde Erbrechen nach dem
Wassei^enuss erreicht man eine natürliche Ausspülung des M^ens. Der
(iesiank der erbrochenen Massen verliert sich und damit der schlechte Ge-
schmack und der Ekel. Zum erstenmal sah er den guten Erfolg bei einem
'v'-jährigen Mann mit Darmstenose infolge inoperablen '['nmors. Der durch
cUs Erbrechen völlig erschöpfte Mann erholte sich rasch, obschon er schon
^tir^l>end aussah, und verlebte den Rest seiner Tage ohne Qualen. Der
nreite Fall betraf einen 45jäbngen Mann, bei dem gelegentlich einer grossen
Heniienoperation viel Netz reseziert worden war. Er erkrankte in 48 Stun-
den mit starkem Meteorismus und Erbrechen , das bald fäkuient wurde.
Hinnen kurzem sah er wie ein Sterbender aus. Nach reichlichem Wasser-
£#nnss schwand bald der Gestank des Erbrochenen, es wurde bald ohne An-
strengung reines Wasser erbrochen. Schliesslich trat Heilang ein. Bennett
tianbt, dass ihm lediglich das Wassertrinken das Leben gerettet habe. Ganz
ebenso erging es bei einem 13 jährigen Knaben nach schwerer Äppendizitis-
(iperation und bei einem Mann in mittleren Jahren mit Peritonitis infolge
Trsnnias. Bennett empfiehlt daraufhin das Verfahren angelegentlichst.
Bei der Untersuchung des Magensaftes auf Chloroform sei es mittels
.\nalyse des Vomitus, der während und nach der Narkose auftritt, sei es durch
Vornahme von Magenausspülungen in verschiedenen Zwischenräumen nach
der .Anästhesie sowohl bei Individuen, die erbrachen, als bei denen, die nicht
erbrachen, erzielte Diez (41) folgende Resultate: bei 30 Beobachtungen, in-
dem er sich fünf Analysemethoden bediente: 16mal erhielt er Anwesenheit
Ton Chloroform (8mal bei denen, die erbrachen, und 8 mal bei denen, die nicht
erbrachen): dasselbe fand sich nur in den ersten Stunden nach der Narkose,
besonders wenn die Aufregungsperiode eine lange war, und verschwand nach
der ersten Magenausspiilung ; stets war es in äusserst geringer Menge vor-
banden. Infolge dieser Tatsachen ist Diez der Ansicht, dass es sich nicht
um TOQ der Schleimhaut ausgeschiedenes , sondern im Beginn der Narkose
verschlacktes Chloroform handeln könne und dass ausserdem diese kleinen,
sich in dem Magen vorfindenden Mengen keinerlei Einfluss auf das Erbrechen
bei Anästhesien haben. Als die empfindlichsten Reaktionen erwiesen sich die
loa Schwarz und Hoffmann. R. Giani.
Ümber (146) hat Gelegenheit gehabt, bei einem Gastrostomierten den
.^ppetitsafl des normalen Magens zu untersuchen. Es handelte sich um einen
Öäiährigen Mann mit langsam entstandener Stenose wahrscheinlich maligner
Natnr, bei dem eine Kadersche Fistel angelegt worden war, die gut
funktionierte und den Kranken wieder in gute Ernährungsverhältnisse brachte.
Die motorische nnd sekretorische Leistung des Magens war eine völlig nor-
inale. Ausserdem lernte es der Kranke, unwillkürliche Brechbewegungen zu
Tenneiden und den Speichel unausgesetzt auszuspeien. Vor den Versuchen
TOide der nüchterne Magen leer gespült. Die Saftsekretion begann drei
Minuten , nachdem Patient zu kauen angefangen hatte, ohne Speisebrei zu
vemhincken. Die Wirksamkeit des Salzsäure- und fermentreichen Saftes er-
reichte nach 10 — 15 Minuten ihren Höhepunkt. Etwa */* Stunden nach Auf-
Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
Kauens verBiegte die Sekretion. Die Azidität dieses Sekretee er-
f/o. Annähernd gleicbtnässig geht die Pepsinabsondenmg , deren
nnr etwas später eintrat. Milchsäure war niemals nachzuweisen,
der Magensaft war, desto tiefer lag auch der Gefrierpunkt. Der
cheinfütterung mit Brot sezemierte Magensaft war stets spärlicher.
urereicher. Bezüglich der Fermente anterscHied er Bich niclit vom
t". Bemerkenswert ist, dass vier Minuten nach Eingabe eines
is ein langsamer Sekretionsstrom von klarem Magensaft erschien,
auch nur auf dem Wege der Reflexbahn erfolgen.
k i (133) fand bei einem 10 jährigen Mädchen, bei dem von G 1 a c k
ir gutartigen Ösophagusstenose eine Ösophagus- und eine Magen-
legt war, nach Scbeinfütterungen den Magensaft bluthypotontsch.
irpunkt lag ca. 0,5 — 1,0" C oder noch etwas mehr unter dem Ge-
des menschlichen Blutes von 0,56" C. Er zeigte also einen be-
1 Unterschied gegen den Saft von B i c k e 1 s Magenblindsackhunden,
d Sasaki die einzelnen in aufeinander folgenden Zeiten bei einer
rung abgesonderten Saftmengen hinsichtlich ihrer Molekularkon-
nur wenig voneinander verschieden.
meter (73) kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem
ass Pepsin und Chjmosin nicht identisch, sondern zwei spezifische
lind.
y (71) bespricht die Operation nach Pawlow unter Vorzeigung!
:h operierten Hundes. Bei dieser Operation wird, an der grosi^en
«ginnend, parallel der Längsachse durch die vordere Magenwand
gemacht, welcher im Innern derart fortgesetzt wird, dass er nur
durchtrennt, Muskularis und Serosa jedoch unversehrt lässt. Die
t wird nun von der Unterlage abpräpariert und sowohl an der
a zugewendeten Seite wie an der dem erzeugten Abschnitt ent-
n mit den anderen Scbnittr ändern derart vernäht, dass beide Teile
ig voneinander durch ein Schleimhautseptum getrennt sind. E$
ändige Veruähung bis auf eine kleine in die Bauchwand einzu-
Öffnung des abgetrennten Stückes.
sieben nach Pawlow operierten Hunden hat Bickel (1^) gf-
is der bei der gleichen Ernährung abgesonderte Saft bei demselben
erschiedenen Tagen eine wechselnde Konzentration an gelösten
überhaupt, wie besonders auch an Elektrolyten haben kann, und
31 der Milchfütterung zur Abscheidung kommende Saft binsichtlicli
Eentrations Verhältnisse nicht wesentlich von demjenigen abweicht,
ischfüttemng sezerniert wird. Nur ist der bei Fleischnahrung ge-
ift im allgemeinen reicher an Elektrolyten und zeigt überhaupt
z zu höheren Knzentrationsgraden , als sie dem bei Milcbnahrunt;
len Saft eigen sind. Weiter ist Bickel der Ansicht, dass die
kopischen Granula, die er im reinen Magensaft fand, diejenigen
ind, an denen die Fermente kleben. Das ultramikroskopische Bild,
enscbliche Magensaft darbietet, unterscheidet sich in nichts von
des Hundes.
Pawlow hat gezeigt, dass Darreichung von Alkali nicht nur die
lagen abstumpft, sondern auch die Sekretion der Magenschleim-
wtzt.
Hoser, Verletiungen und cbirurg. Erkrank angen des Magens. 637
Bickel bat weitere Versacbe mit Alkalidaireichung an einem nach
Pawlow operierten, mit Pilokarpin vergifteten Hunde angestellt. Führt
man einem solchen Hunde Alkali in beträchtlicher Dosia mit der Schlund-
lionde in den grossen Magen ein , so versiegt in wenigen Minuten die eben
noch gesteigerte Sekretbildung im kleinen Magen fast gänzlich, und dieselbe
Svhleimhant, die eben noch stark salzsaure Saitmassen produziert hat, nimmt
tfine alkalische Reaktion an, ohne dass auch nur eine Spur des eingeführten
Alkalis ihre Oberfläche berührt hat- Dabei zeigt die profuse Speichelabsonde-
rung, dass das Pilokarpin seine Wirkung noch ausübt. Es ist möglich und
«ahrscbeiidich , dass diese Erscheinung in einer durch Alkaliresorption be-
dingten Alkalisierung der Kürpersäfte, und zwar des Blutes, bedingt ist. An
einem anderen Hnnd konnte Bickel feststellen , dass bei der chronischen
liastritis genau so wie in der Norm Salzsaure allein nicht stärker safttreibend
■irkt als destilliertes Wasser. Liess Bickel aber bei diesem Tier, das an
chronischer Gastritis mit Hyperazidität litt, eine Stunde nach der Eingiessnng
von 200 ccm 'Ao Normal-Salzsäure eine Menge von 200 ccm Milch in den
Magen laufen, so konnte er eine bis zum übernächsten Tage anhaltende
.'^äureabsonderung feststellen. Auch hier ist möglich, dass die Sänreeingabe
^rst seknndär vom Blut aus wirkt. Wurde die Salzsäure nach der Mahlzeit
gfgeben, 'so wurde die Sekretbildnng im kleinen Magen nicht im mindesten
Tcräudert.
Daas auch psychische Einflüsse auf die Magenabsonderung einwirken
bounen, ist ja schon durch die Erfahrungen des täglichen Lebens genügend
bekannt. Bickel hat diese Einflüsse auch an ösophagotomierten Magen-
ästelbunden bestätigen können. Wurde der Hnnd durch Vorhalten einer
Katze geärgert, so sonderte der Magen sehr viel weniger Saft ab (9 ccm
g^gen 66,7 ccm). Ebenso konnte die schon im Gange beflndliche Magensaft-
abfondemng durch Vorhalten einer Katze unterdrückt werden. Es erhellt
daraus der hemmende Einflnss, den Aß'ekte auf die bereits eingeleitete Magen-
säfiproduktion haben. Die Qualität des Magensaftes erleidet ausser einer
reichlicheren Schleimbeimengang keine nachweisbare Einbusse.
Oannon und Blake (31) haben über die Funktion des Magens nach
G. E. und Pyloroplastik Versuche an Katzen angestellt. Nach Eingabe einer
mit Wismut vermischten Nahrung haben sie Beobachtiugen auf dem Röntgen-
schirm angestellt. Peristaltische Wellen im Pylonisteil des Magens begannen
venige Minuten nach der Nahmugseinnabme und halten solange an, als im
Magen Inhalt ist. Der Pylorusteil dient dazu, die Nahrung gehörig mit Magen-
saft zu mischen und gröbere Nahmngastücke zu zerreiben. Im kardialen Teil
ist die Muskulatur während der Verdauung in einem Zustand von chronischer
Kontraktion. Dadurch wird der Magen, je mehr er entleert wird, desto
kürzer. Während der letzten Zeit der Verdauung wird der Pylorus schliess-
Uch zum tiefsten Punkt. Bei einem Magen, dessen Moskuhtur noch nach
der Operation funktioniert, bleibt also der bei der Operation als tiefster Punkt
aoEgewählte, nicht die tie&te Stelle. Man wird deshalb gut tim, eine G. E.
m der Nahe des Pylorus anzulegen und nicht an der scheinbar am tiefsten
gelegenen Stelle. Überhaupt ist zur Weiterbeförderung der Ingesta stets
Mn^elkraft notwendig ; die alleinige Schwere der Nahrungsmittel spielt kaum
eine Rolle. Der Druck im pylorischen Teil ist ausserdem grösser als im kar-
dialen Teil.
3 Jahreabsricht fllr Chirurgie. II. Teil.
An zehn gastroenterostomierten Katzen, bei denen der Pyloms offen
lassen war, wnrde untersucht, velcben Weg der Mageninhalt nahm. In
en Fällen ging der Speisebrei durch den Pylorus, die neue Öffnung wurde
T gleichzeitig mitbenutzt in einem Fall von sehr grosser Anastomose an der
)rderwand und einer Anastomose der Hinterwand nahe dem Pylorus. Sogar
mn der Pylorus verengt worden ist, geht der Speisebrei eher den natürlichen
eg, als durch eine Öffnung, die von der Stelle des grössten Druckes zu weit
tfernt ist. Ob die Anastomose an der V'order- oder an der Hinterwand
[gelegt worden war, zeigte sich für die Entleerung gleichgültig. War der
'loms offen, so kam es leicbt zu Übertritt von Chymus aus dem Jejunum
den Magen. Besonders leicht zeigte sich dieser Circolns vitiosus , wenn
T Magen gedehnt war, z. B. durch zu grosse Nahrungsaufnahtne ; dann
immt die der Anastomose gegenüberliegende Darmwand fast in das Niveau
ir Magen wand und der Spei sehr ei muss natürlich wieder in den Magen
ihen. Abknickung der abführenden Schlinge haben Cannon und Blake
ters beobachtet. Offenbar kommt eine solche durch Unterbrechung der peri-
altiscben Kontraktionen an der Anastomosenstelle leicht zustande. Es
irfte sich deshalb empfehlen, bei der Naht dafür Sorge zu tragen, dass ge-
,de am abführenden Schenkel eine Knickung vermieden wird. Besonders
>er empfiehlt es sich nach diesen Untersuchungen, die G. E. m(%licbst im
rlcnrischen Teil des Magens anzulegen.
War bei den Tieren eine Pyloroplaetik gemacht worden, gleicbgültig,
) die nach Heinecke-Mikulicz oder nach Finney, so vollzog sich die
ntleerung des Magens schneller als in normalen Verhältnissen. Abknickungen
nd hier nie beobachtet worden. Die Mischung mit Pankreassaft und Galle
illzog sich in normaler Weise durch rhythmische Kontraktionen.
Für die Beurteilung der motorischen Tätigkeit des Magens kommen
tch Mironescu (101) zwei Momente in Betracht, die KontraktUität der
agenwand und die Elastizität derselben. Die elastischen Fasern bilden in
»r Magenwand zwei Schichten; in der Muscnlaris mucosae bilden sie ein
it dem Muskelnetz innig verbundenes Netzwerk, von dem aus Bündel in die
ihleimhant gehen, die sich zwischen den Drüsen verteilen. Eine zweite
astische Schiebt ist Submukosa und Muskularis. An der Kardia sind die
astischen Elemente in grösserer Zahl, in der Pylorusgegend in geringerer.
Die angeborene Mangelhaftigkeit der elastischen Fasern kann in einzelnen
allen Atonie nnd akute Erweiterung des Magens erklären. Das Überschreiten
ar Elastizitätsgrenze ist die Ursache der Magenerweiterung. Bei einem
lange! der Elastizität der Magenwand ist als Therapie deshalb nur eine ent-
)rechende Diät anzuwenden, welche die Magenwände nicht mehr erweiternd
ostrengt. Die operative Behandlung gibt hier nur mangelhafte Resultate.
n Gegensatz dazu gibt sie bei Pylorusstenose mit Erweiterung, wobei die
lastizität nur in indirekter Weise gestört ist, (gerade auf Grund derselben)
irzügliche Resultate.
Cannon (30) hält die Einteilung des Magens in einen kardialen und
ylorischen Teil für wichtig. Im kardialen fehlt die Peristaltik. Die Musku-
htur des Fundus zwingt durch tonische Kontraktion den Inhalt in den Pylorus-
iil, von dem aus durch peristaltische Bewegungen die Speisen weiter befor-
ert werden. Nach Verschlucken von lufthaltiger Nahrung hat Cannon bei
nker Seitenlage über dem Pyiorus alle 19 — 20 Sekunden in rhythmischen
wischenräumen ein Geräusch gehört, das jedesmal einer peristaltischen Welle
Moser, VeTletzimgen und Chirurg. Erkrankungen des HngenB. G39
jitsprechen soll. Die Peristaltik bewirkt, Eotange der Pylorus geschlossen
■<•.. eine innige Mischling der Nahrung mit dem Magensaft, besonders dem
Siit der pylorischen Drüsen. Der Kardiateil bildet ein Reservoir für die
Nabrungsniittel. Dort kann sogar Speichelverdauung stattfinden. Öffnung
imd Verschluss des Pylorus wechselt ab. Harte Körper verlängern die Zeit
der Kontraktion. Kohlehydrate gehen schnell dnrch den Pylorus, Fette viel
langsamer. Freie Salzsäure im Magen bewirkt Öffnung des Pylorus, freie
äure im Duodenum regt wieder Verschloss desselben an, so dass eine weitere
DffnaDg erst erfolgt, wenn die Säure im Duodenum neutralisiert ist.
Rieder (126) hat Magenkranken eine Mischung von Mebl- und Kar-
loä^elhrei mit Bismutum subnitr. (bis 30 g) eingegeben oder hat eie '/« Liter
ml ^ismutpulver vermischter Milch trinken lassen und konnte dann auf
Bonlgenphotographien den Stand des Magens sehr gut erkenoeu. Er fand in
n>]rmalen VerhältniBsen die vertikale Lage des Magens bei massig gefiUltem
i)rc3Q als die überwiegende. Beim weiblichen Geschlecht fand er den Magen
üef«T stehend als beim mäimlichen. Die von His sogenannte Incisnra car-
diaca zwischen Magengmnd nnd -Körper war deutlich zu sehen. Der Pylorus
rnrde als der eigentliche Motor des Magens erkannt, und es konnte festge-
stellt werden, dass die Überführung der Ingesta vom Magen in den Darm
nnr in kleinen Portionen erfolgte. Die rhythmische Entleerung des Magens
lommt zum Stillstand bei Überfüllnng des Dänndarms.
Poud (121), der die Diagnostik der Magendilatation bespricht, wendet
mit Vorteil die Gastrodiaphanie an, wie sie Kemp beschrieben hat. Pat.
bekommt erst Natr. bicarb. zur Neutralisation des Magensaftes, dann eine
Lösang von Flnoreszin. Dann wird im Dunkelzimmer ein Lockwood-Licht
in den Magen geführt an einer dännen Sonde, so dass es leicht bewegt werden
kann. Die Magengrenzen, Tumoren nnd die angrenzenden Gebilde werden
int erkannt. Das sicherste aller diagnostischen Mittel bleibt aber doch die
Frubekparatomie. Die Operationen werden kurz besprochen.
Knapp (8Ö) empfiehlt zur Untersuchung des Unterleibs die „vibratorische"
Perkussion. Der perkutierende Finger klopft leicht auf den auf die Banch-
vind aufgelegten Finger der anderen Hand ohne einen Schall hervorzubringen.
Der aufgelegte Finger fühlt dann verschiedene Vibrationen je nach der
EE^jnnanz des perkutierten Bezirkes. Zur Bestimmung der Magengrenzen
lässt Knapp ein Glas kalten Wassers trinken. Nach einer halben Minute
bnn man an der Abkühlung der Haut fühlen, wie weit der Magen reicht.
Die Hand des Untersuchenden muss dabei waroj sein. Später als eine halbe
Minute kann sich die Abkühlung schon weiter ausgebreitet haben.
Ponfick (120) hat Lage und Gestalt des Magens an Leichen unter-
sucht, nachdem er die Körperhöhlen hatte gefrieren lassen. Er fand die An-
gibeo von Doyen bestätigt, dass der Magen in leerem Zustande vorwiegend
«De beinahe senkrechte Stellung einnimmt. Doch kommen Schwankungen
Tor. So fand er auch Öfters die Waldeyersche Mittelstellung.
Verdrängt werden Kardia mit Fundus z. E. durch Luft- oder Flüssig-
keiUansammlung in den Pleuren. Die Lage des Pylorus ist ziemlich genau
in der Mittellinie, doch so, dass er sie nach rechts hin um ein Geringes zu
überschreiten pflegt. Auch er wird durch Ergüsse im Pleuren- und Peritoneal-
tanin aus seiner Lage gebracht, am meisten bei der Perforations-Peritonitis,
dann auch unter anderem stark bei Bluterguss im Magen selbst. Bei ab-
Bonner Dehnung der Magenwand sieht man oft eine ausgesprochene, schwellen-
10 Jahresbericht fDr Cbirargie. II. Teil.
rtige Leiste, die den PfÖrtnerteil und Korpus in zwei gesonderte Behalte
'ennt. Die Fälligkeit des Magens, anderen raumbeengenden Einflössen gegen
ber auszuweichen, ist eine ausnehmend grosse.
Eich 1er (42) hat die Sahlische Desmoidreaktion nachgeprüft, die darii
esteht, dass man kleine, Methylenblau bezw. Jodoform enthaltende Gommi
ickchen, die mit einem diinnen Rohcat^tfaden verschlossen sind, ver-
gucken lässt. Sondert der Magen verdanuDgskräftige Sekrete ab, so wirc
as Catgut verdaut, die Reagentien werden frei und lassen sich im Uam
achweisen. Wird das Catgut nicht verdaut, dann können Jod resp. Methylen-
lau nicht in den Körperkreislauf kommen. Eichler hat in den Säckcben
:ets Jod und Methyleoblaa zusammen gegeben , da in manchen Fällen
lethylenblau weder als solches noch als Chromogen ausgeschieden wird,
estützt auf seine Versuche hält Eichler die Sahlische Desmoidreaktion
Is eine recht brauchbare Bereicherung unserer diagnostischen Hilfsmittel.
!in positives Ausfallen der Reaktion innerhalb der ersten 15 — 20 Stunden
ach dem Verschlucken der Pille beweist, dass die Magenwand sowohl Salz-
iure als auch Pepsin in genügender oder wenigstens annähernd genügender
tärke absondert. Dagegen sagt die Probe über eine eventuelle Hyperchlor-
ydrie nichts aus. Ein verspätetes Auftreten der Reaktion nach 1 — 2 Tagen
Bigt an, dass der eine oder andere Faktor der Magenverdauang nicht in
hysiologisch normaler Weise funktioniert, eine Magenverdauung aber doch
och vorhanden ist. Ein negativer Ausfall der Reaktion kann, abgesehen
on Erkrankungen des Darms, iler Niere und des Herzens, bedingt sein durch
Joe hochgradige Sub- oder Anazidität, durch mangelhafte Pepsinaofiscbeidunf,
nrch Achylie, Hypermotilität, hochgradige Insuffizienz des Magens n. a. m.
lie Ergebnisse der Untersuchung mit der Sah lischen Reaktion standen ganz
n Einklang mit der Untersuchung der Fäzes auf Bindegewebe nach einer
'robefleischkost nach den Vorschriften von Schmidt. Besonders empfehlens-
wert ist die Anstellung der Desmoidreaktion in Fällen, wo sich der Patient
egen die Einführung eines Magenschlauches aufs entschiedenste sträubt oder
'o eine Kontraindikation gegen Einführung des Schlauches vorliegt.
Auch Kühn (88) hat die Sahlische Methode nachgeprüft. Die Grün-
Irbung des Urins hält mehrere Tage an, was mit Rücksicht auf eine Wieder-
olong des Versuches von Wichtigkeit ist. Auch ans seinen Versuchen gebt
error, dass die Fähigkeit des Magensaftes, nach einer gewöhnlichen Mabl-
eit den Catgntverschiuss des die Pille enthaltenden Oummibeutelcbens zu
isen, in erster Linie von seinem Gehalt an freier Salzsäure abhängig ist.
lan wird also diese einfache Methode zum Nachweis der freien Salzsänre
enntzen können. Fälle von Magenkarzinom wiesen sämtlich eine negative
tesmoidreaktion selbst da auf, wo Milchsäure in beträchtlicher Menge vor-
anden war.
Bartenstein (13) bat die Beobachtung gemacht, dass die Azidität
es Mageninhaltes von verschiedenen Portionen derselben Aushebemng nicht
nbeträchtlichen Schwankungen unterworfen ist. Bei Anwendung eines Aspi-
ators mit eingeschalteter Flasche wies die in dem ersten Gefäss meist
or mit der Sonde gewonnene Portion oft eine grössere oder geringere Azidität
uf als die zweite mit dem Aspirator erhaltene. Auch ohne Aspirator varen
erschiedene nur mit dem Magenschlauch heransbeförderte Portionen des
lageninhaltes ihrer chemischen Beschaffenheit nach verschieden. So kana
a kommen , dass bei einem Befand von normalem Säurewert an einer be-
Hoaer, TerlelEungen und cbirurg. Erkrank ud gen des Magena. 641
ftimmten Stelle des Magens doch gesteigerte Säuresekretion vorhanden ist
und Symptome von Hyperazidität hervorruft.
Willcox (152) fand bei seinen Untersnchungen , die alle durch Ope-
ration oder Obduktion kontrolliert wurden, bei Magen- und Duodenalgeschwüren
die Azidität stets hoch {0,2— CjS^/o), organische Säuren gewöhnlich fehlend.
Bei Magenkarzinom war der Beftmd des Mageninhalts sehr wechselnd je nach
dem Sitz des Tumors. Beim Sitz im Kardiateil des Magens war die Ges.
Azid. niedrig, gewöhnlich unter 0,04°/o, freie Salzsäure fehlte, organische
Säuren waren gewöhnlich vorhanden , ebenso Spuren von Muzin , aber keine
Älbnmosen oder Peptone. Beim Sitz des Tumors im Pylonisteil fand er die
Ges. Azid. zwar subnormal, von 0,5 — 0,1, aber doch höher als bei Sitz im
Kardiateil. Freie Salzsäure fehlte auch, organische Säuren, Muzin und Al-
bnmin vorbanden, oft auch Pepton. Willcox glaubt aus dem verschiedenen
IWfnnd der chemischen Untersuchung nicht nur die Diagnose auf Karzinom,
sondern auch auf den Sitz derselben, ob im Pylorus- oder Kardiateil, stellen
la können.
Der Umstand, dass freie Salzsäure auch bei Magenkarzinomen ohne jede
Störung vermisst wird, führte zu der Überlegung, ob das Fehlen der Säure
Dicht irgendwie mit allgemeinen Ernährungsstörungen zusammenhänge, viel-
leicht sogar mit solchen, die zur Karzinombildung führen. Moore (104) hat
im Verein mit Alexander, Kelly und Roaf gefunden, dass freie Salz-
säure fehlt oder doch beträchtlich vermindert ist bei malignen Tumoren mit
lieliebigem anderen Sitz. Nach operativer Entfernung der Karzinome ändern
jich häufig die Säureverhältnisse nicht, ein Zeichen, dass im Körper die Be-
ilingungen zor Wiederentwickelnng der Geschwülste vor wie nach in gleicher
Weise bestehen. Die Saureabscheidung steht im Zusammenhang mit Blut-
reaktion, Nieren- und Lebertätigkeit.
Die Vorstufen der Salzsäure (104a) liegen im Blut und bestehen aus
Wasäerstoflf- und Chlor- Ionen in irgendwelcher Zusammensetzung. Möglich
wire, dass die säureproduzierenden Zellen atrophieren. Dazu läge aber bei
malignen Tumoren anderer Organe gar kein Grund vor. Oder die malignen
Prozesse stören in irgend einer Art die Tätigkeit dieser Zellen. Moore
konnte Wiederkehren der fehlenden Säuresekretion nach Absetzen der krebsig
erkrankten Brust beobachten. Schliesslich könnte auch das Fehlen der Säure-
sekretioD von einem Mangel hydrogener Ionen im Blut herrühren. Das
Fehlen der Säure auch nach Exstirpation maligner Tumoren würde dafür
sprechen, daas die Säureverminderung nicht eine Folge der malignen Tumoren,
sondern eine Vorbedingung für deren Wachstum sei. Bei der Entstehung
maligner Geschwülste spielt die chemische Zusammensetzung vielleicht eine
grosse Rolle. Eine praktische Bedeutung kann es haben, bei latenten Tumoren
eine Verminderung der Salzsäure im Magen festzustellen.
Ewald (4ö) zeigte einen geformten hellgelben Stuhlgang tmd einen hell-
'eiss aassehenden Mageninhalt, in denen beiden dem Ausseben nach nie-
mand Blut vermutet hätte. Trotzdem fanden sich in beiden reichliche Mengen
von Blut. Er demonstriert die Aloinprobe (kirschrote Verfärbung der ur-
sprünglich blassgelben Aloinlösung). Der Stuhl stammte von einem Patienten
mit einem Duodenalgeschwür, der Mageninhalt von einem Kranken mit Ulcus
ad pylorum. Bei methodischen Untersuchungen kann man solche okkulte
MagenblntuDgen sehr häufig finden. Allerdings müssen bei der Untersuchung
manche Fehlerquellen ausgeschaltet werden.
Jilm«lwri(bt fllr Chirnrgia ItOS. 41
iii2 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Boas (32aj weist auf Fehlerquellen hin, die bei Magenuntersuch angen
unterlaufen können. Viel unterlassen wird immer noch die Vorschrift, sich
vor einem Probefrühstück mittelst Magensonde zu vergewissern, ob der Magen
leer ist. Die Äusbeberoog nach dem Probe frühstUck soll nach einer Stunde
«rfolgen. Das abendhebe Ausspülen des Magens hat schon Veranlassung dazu
gegeben, dass die früh im Magen vorhandene Flüssigkeit als reiner Magensaft
angesehen wurde, während es doch in Wirklichkeit Spülwasser + Magensaft
ist. Das Probefrühstück vermag nicht unter allen Umständen Aufklämng
über die motorische Tätigkeit des Magens zu geben. Von den aus diesem
Gründe angegebenen anderen Methoden hat sich aber auch keine bewährt.
Das Probefrühstück ist immer noch die beste und brauchbarste Orieatierungs-
probe für die sekretorische und motorische Funktionsprüfung des Magens.
Für das Lab des Magens gilt nach Untersuchungen von Blum und
Fuld (21) das Gleiche wie für die übrigen Sekrete des Magens, die Sak-
säure und das Pepsin. Wenn man auch im allgemeinen bei Affektionen wie Ulcus
und Hypersekretion eine Vermehrung des Labs, bei Katarrhen und Karzi-
nomen eine Verminderung desselben findet, so ist im einzelnen Falle dieses
Moment ebenso wenig für die Diagnose einer organischen Magener krankuitg
zu verwerten, wie das Verhalten der freien Salzsäure. Die Sekretion de-
Labferments ist von verschiedenen Faktoren abhängig (Nervensystem, Magen-
schleimhaut, BlutbeschafTenheit). Es besteht ein Parallelismus zwischen Salz-
säure und Labfermenten. Bei Anwesenheit freier Säuren ist immer Lab vor-
banden. Das Gleiche gilt für das Pepsin. Dagegen können Fermente in
normaler Menge vorhanden sein, ohne dass freie oder gebundene Salzsaure
nachweisbar ist. Die Salzsäure ist ofTenbar das den meisten Schwankungen
unterworfene Sekretionsprodukt. Wahrscheinlich wird das Lab, ebenso wie
Pepsin und Salzsäure, für die verschiedenen Speisen in verschiedener Menge
sezemiert. Auch bei völligem Fermentmangel können erheblichere Störunge))
von Seiten des Magens gänzlich fehlen. Die Angaben Glässners, dass bei .
Karzinomen des Fundusteils Abnahme oder Fehlen von Lab und Pepsin, vor
allem des Labs, bei Pylornskarzinom eine Herabsetzung des Pepsingehaltes
bei erhaltener Lahsekretion vorhanden sei, scheinen sich doch nicht in dieser
Einfachheit zu bestätigen. Jedenfalls soll man aber der Labbestimmung neben
der Pepsinbestimmnng mehr Beachtung schenken bei der Diagnostik der
Magenerkranku nge n .
Schmidt (134) hat schon 1901 auf das Vorkommen von Bacterium
coli im Magen aufmerksam gemacht bei infiltrierenden, zu Verkleinerung des
Lumens führenden Karzinomen. In typischen Fällen von Magenkarzinom ist
das Bacterium coli auch zu finden, besonders im Exulzerationastadium. Es
ist aber nicht imstande, gegen den „Milchsäarebacillus" aufzukommen. Übri-
gens ist an der Milchsäure bildung im Karzinommagen das Bacterium coli
sicher beteiligt.
Den Milchsäurebucillus erachtet Schmidt als ständigen Bewohner der
Mundhöhle, er ist allerdings von dort aus nicht zu züchten. Er wächst gut
auf blutbaltigen Nährböden.
Befund von Sarzinen spricht meistens für das Bestehen einer Stenosie-
rung im Pylorns oder Duodenum. Das gleichzeitige Auftreten von Sarziuen
und Milcbsüurebazillen kommt wohl ausschliesslich dem stenosierenden Magen-
karzinom zu. Die Angaben Opplers binsichllich der Identität der Magen-
sarzine mit den pigmentbildenden Arten der Luftsarzine sind falsch. Dem-
Moser, Verlet langen nnd chirorg. Erkrankungen des MagenB. G43
Kicb ist anch die Einteilung der Magansarzine nach Oppler unrichtig,
I'ig^en ist morphologisch eine grosszellige und eine kleinzellige Form zu
noterscheiden. Vielleicht stellen aber anch diese Formen nnr verschiedene
£s[«ickeltmgsstadien dar. Vereinzeltes Vorkommen von paarig angeordneten
Hefezellen bat keine diagnostische Bedeutung; in grösseren Haufen oder in
kiett«nförmigen Verbänden sprechen sie für motorische Insuffizienz. Auftreten
v»a Klostridien formen im Magen muss stets als sicheres Kriterium für eine
ibnonne Kommunikation gedeutet werden, da sie nie im Magen sonst vor-
kommen, sondern nur im Darm.
Schmidt betont die Wichtigkeit der Untersuchung des Stahls zur
Diagnose des Magenkarzinoms. Besonders wichtig ist das bei bestehender
Häm&temesis , bei Aszites u. dergl. Ist in den Fäzes ausschliesslich eine
gramnegative Stäbchenflora, so wird man die Möglichkeit eines Magenkarzi-
ii<]ms erst in allerletzter Linie in Betracht ziehen. Anders bei der gramposi-
tiTeo Büzillose. Kann man hier mit oder ohne Kultur Mi Ichsäure bazillec
nacbTeisen, so kommt diesen dieselbe Bedeutung zu, als wenn sie im Magen-
inhalt gefunden wären. Dasselben dürfte vom Sarzinebefund in den Fäzes
^«Iten. Übrigens erscheint die Sarzine im Stuhl bisweilen nur in Form der
.Sirzinesch at ten " .
Bosenfeld (130) veröffentlicht sechs Fälle von Flagellatenbefund im
Mageninhalt. Bei einem dieser Fälle war kein Karzinom vorhanden. Da
inmeThin das ein seltener Fall sein dürfte, wird man einst weilen noch bei jedem
Befund von Flagellaten im Mageninhalt den Verdacht auf Karzinom haben.
Pick (114) hat bei zwei Gastrostomien das Innere des Magens mittelst'
KTstoäkops nntersucht.
1. 4IiSbriger HftDn, gaetroBtomoaiert, als er nicht einmal mehr Flflasigkeiten hernnter-
KJÜBcken konnte. Er fattert eich selbst durch den Schlauch, indem er Speiaen erat kant
md sie dinn durch den Schlauch in den Hagen bringt , indem er sie mit einem Stlbchen
faiDautfiMt. Seit der Operation hatte er 98 Pfand zugenommen (92—190). Die Venchlnaa-
tull« im Osophagas lag 29 cm weit. Bei jedem Yersucb, Waaser zu achluckan, stellte
Ntta tB&«ktori8ch Husten ein, ao dass er es bald ausspucken musst«.
Vor der Untersuchung wurde der Magen gespült, bis das Wasser klar abflosa. Auch
bi d«r Patient aeehs Standen lang gefastet. Der Magen wird dann mit Waaser gefallt,
■Ürtnd der Kranke auf dem RQcken liegt. Das Eyatoakop fCabot) wird durch den
iioinniikBtheter hindurch eingefOhrt. Man siebt dann znnichst die WSnde des Magenfnudua,
veM gefleckt, das Aoaaeben von anrege Imfiseigen Zellen mit dazwischen liegeudea Falten
pbeod. Perietalttk konnte man als langsama rhythmiache Bcwegang von der Kardia
Im mm Pjloms gehen sehen in der LSngsrichtung des Magens. In der Nahe der Kardia
tili mag die Falten tricbterartig zusammen laufen. Die Kardia sah man geachloBsen. Auch
in Pjloms konnte leicht gefunden werden. Er sah ähnlich aus wie die Kardia, nur dass
i« Trichter nicht so eng war. Die Öffnung «rar nicht ganz geschloasen, man konnte Lnft
and Scbleim durchgehen sehen. Um zu antersuchen, ob der Ösophagus durchgängig sei,
■wie dem Kranken eine dOnne Uethylenblaulösung zu trinken gegeben. Der Ösophagus
f^a lieh sls gar nicht durchgängig. Es bandelte sieh nm eine Stenose nach Typhus.
2. 34 jähriger Mann. Vor sechs Monaten begannen die Beschwerden beim Schlucken.
Bui konnten am Fundus die Zellen wie in Fall 1 nicht gefanden werden, die Falten hatten
^ gleiche AuBseben. Die Kardia konnte nicht ins Gesichtsfeld gebracht werden. Die
^t^iuM, die hier wahracheinlich auf Grund einer Neubildung zustande gekommen war, war
tnne Tollsttadige.
Oettinger (112) weist auf Pylorusstenosen hin, die sich der gewöhn-
lichen leichten Diagnostik entziehen können dadurch, dass eine gewisse Durch-
^ängig^eit noch vorhanden ist, oder der geschrumpfte oder adhärente Magen
BW wenig Nahrung in sich aufnehmen kann. Dadurch und durch häufiges
wrechen wird die Ausbildung einer Dilatation bintangehalten. In anderen
44 Jahr(iab«richt fQr Chirurgie. II. Teil.
'allen kann aber auch das Erbrechen fehlen und nur anfallsweise anftreteni
8 werden dadurch gastrische Krisen oder eine intörmittierende Gastro-
akkorrböe yorgetäuscht. Natürlich können das nur anvolUtändige Stenosen
ein ; auch muss die Stenose durch ein juxtapylorisches Ulcus hervorge-
nfen sein.
32jttbrjger Hano, der etwa drei Stunden nach der Nahrungaaaf nähme Schmerieo b«-
am, die sich bisweilen, mit Vorliebe des Nachte, mit Erbrechen Tergesellechsfteten. Da
chmerzeD wie Retention im Magen bei Behandlung schwanden, so erschien die sofäDglicb
»teilt« Diagnose eines jaxts pylori sehen GeschwOrs unsicher. Es wechselten nun Zeilts
IT BesBernng mit solchen acblechten Befindens, bis schliesslich nach fast sechs Jahren
Dch eine G. E. angelegt werden musste, wobei eine dentliche Stenose dea P^loms mit
erbSrtung festgestellt wurde. Seit der Operation befindet aich der Kranke gut.
Hervorzuheben ist bei diesem Kranken, dass die Salzsäurewerte immer
ohe waren.
Noever (111) stellt einen 42jährigen Mann vor, der frSher Blnterbrechcn
ehabt hatte und seitdem am Magen litt. Er zeigte Dilatation und Peri-
;altik des Magens, ausserdem starke Retention, so dass nüchtern fast 1300 ccin
usgehebert werden konnten mit einer Ges. Äzid. von 7,0. Thiosinamin-
ijektionen waren ohne Erfolg. Der Kranke hat Erscheinungen von Tetanie
ehabt, ausserdem zeigte er Schmerzpunkte links von der Wirbelsäule vom
1). — 12. pr. sp. dors. Auch war der Pylorus bei der Palpation schraerzlialL
'ie nervösen Erscheinungen bei dem Kranken, Spasmen der Bauchmuskulatnr
nd des Zwerchfells, sind schlechter oder besser je nach den gleichen grösseren
der geringeren Magenbeschwerden. Noever glaubt, dass alle die^e Zu-
bände in einer narbigen Pylorusstenose infolge Ulcus ihre Erklärung haben,
line lediglich spastische Stenose glaubt er ausschliessen zu können.
Die benignen Pylorusstenosen teilt Elsner (43) ein in funktionelle und
rganiscbe, letztere wieder in kongenitale und erworbene. Funktionelle Ste-
osen kommen bei nervösen Leuten vor, sie treten stets nur perioden-
eise auf. Es sind die Fälle von intermittierender Hj-perchlorhydrie ohne
Ileus. Oft sind zerebrale Symptome dabei. Gelegentlich findet man auch
kute Dilatation des Magens mit alarmierenden Symptomen, Kollaps u. dergl.:
äufig z. B. nach Operationen. Zur Diagnose der funktionellen Stenosen
ehört eine wiederholte chemische und physikalische Untersuchung. Bei der-
rtigen Anfällen, denen z. B. auch nervöse Mädchen ausgesetzt sind, am
leisten zur Zeit der Menstruation, ist Anwendung von Belladonna angezeigt.
Die kongenitale inkomplette Stenose macht oft Störungen das ganze
leben lang, führt zu Gastrektasie, motorischer Insuffizienz oder zu „nervöser
Dyspepsie". Elsner kennt einen 33jährigen Menschen, der nie frei von
ymptomen der Stenose und Gastrektasie geworden ist. Differentialdiagnostisck
wiBcben gutartiger Stenose und Karzinom hält Elsner dafür, dass allmäh-
ches Sinken des Salzsäurewertes mit gleichzeitiger Zunahme der organischen
äuren für Karzinom spricht. Grosse Indikanmengen im Urin und hohe
lamstofTwerte sprechen auch für Karzinom.
In der Diagnose des Ulcus schützt gegen Verwechselung mit anämischer
lyspepsie nach Dawson (40) oft der Erfolg der Behandlung. Legt mm
ttztere Patienten zu Bett, lässt abführen und gibt nach einigen Tagen feste
lahrung und Eisen, so hat man Erfolg, bei Ulcus jedoch nicht. Blutung
;t kein sicheres Merkmal für Ulcus, da der Magen, besonders zur Zeit der
lenstruation, eine gleiche Blutung aus der Schleimhautoberfläche zeigen kann
'ie der Uterus. In 5 von 24 Fällen, die weiüen Ulcus zur Operation kamen,.
Moser, TerletEUUgeo and cbirarg. ErkraukuDgen dea Magens. 645
ki.ncte auch bei sorgfältigster Absuchung des Magens kein Ulcus gefunden
«rdeii, obwohl in allen diesen fünf Fällen wiederholte Anfälle von M^en-
v jtuiig stattgefunden hatten. D a w s o n berichtet die Krankengeschichte
tmer 2öjährigen Frau, die beim vierten Anfall von Magenblutung innerhalb
ziri^i Jahren zur Operation kam. Es wurde nur eine kleine Erosion an der
:Ji«fren Magenwand gefunden, die blutete und ligiert wurde. Nach der
itperation kamen viele frische Blutungen. Auch eine zweite Operation konnte
Heitere Blatungen nicht verhindern. ÄhnÜL-h war es in zwei weiteren ange-
ninrten Beispielen einer 28jährigen, die seit 11 Jahren, und einer SOjäbrigen
FiiO, die seit 12 Jahren am Magen Htt. — Die Fälle der anämischen Dys-
[■"|L<;ie neigen aber zur Bildung eines akuten Magengeschwürs. Andererseits
find e^ häufig die Fälle, die als Ulcus gehen und bei denen dann -Ruhe und
Milcb" die Geschwüre zur Heilung gebracht haben sollen.
Weiter kann ein Ulcus verwechselt werden mit einer Gastritis, wie sie
l»'! oraler und pharyngealer Sepsis vorkommt. Bedenkt man, wie stark viru-
lent Eiter von Zähnen u. dergl. sein kann, so ist das nichts Überraschendes,
f>-sünders wenn Salzsäure im Magen vermindert ist. Die Symptome ver-
schwinden schnell bei passender Behandlung der Mundhöhle. Salzsäure ist
bei den anämischen Dyspepsien nicht vemehrt, bei der septischen Gastritis
i^y^ii stark vermindert. Bei der nervösen Gastralgie kann sie vermehrt sein.
Pickardt (115) hat die Reichmann»^che Gastrosukkorrhöe bei einer
tktter und ihren zwei Söhnen beobachten können, die alle drei zu gleicher
Im in seine Behandlung kamen. Bei keinem von ihnen war das Vorbanden-
<fiD einer organischen Magenerkrankung nachzuweisen.
Küttner (90) weist darauf hin. dasa im Gegensatz zu der viel be-
<c!iriebenen Gastrosukkorrhöe der Absonderung grösserer Mengen Magenschleims
im Dochte men, speisefreien Magen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden
i?t. Es kann bei dieser sogenannten Gastromyxorrhöe zur Zeit der Verdauung
diir Sc b leim Produktion ao gering sein, dass man bei der Entnahme des Magen-
inhaltes nach einem Probefrühstück verhältnismässig nur geringe Mengen
>:bleim findet. Normalerweise kann der nüchterne Magen etwas Schleim ent-
bjilten. man gewinnt dann aber bei einer Ausheberung kaum über 5 ccm
schleimiger Flüssigkeit. Küttner spricht aber von einem Magenschleimtlnss
«ist. wenn über 25 ccm Magenschleim dem speisefreien Magen zu entnehmen
sind. Auch muss der Schleimbefund konstant oder in gewissen Zeitabschnitten
wiederkehrend vorgefunden werden. Das Sekret zeigt eine schwach saure,
neatrale oder alkalitiche Reaktion ; freie oder gebundene Salzsäure war, ebenso
Tie Milchsäure, nicht nachweisbar. Der Pepsingehalt schwankt zwischen
2—1 mm oder kann ganz fehlen; das spezifische Gewicht ca. 1,003 — 1,010.
flffeiellen sind bisweilen vereinzelt zu finden. Die Gastromyxorrhöe kann
als intermittierende oder als chronische Form auftreten. Das hervorstechendste
t-tmptom der erstgenannten Form ist heftiges unstillbares Erbrechen einer
»Ueimig-zähen Flüssigkeit. Schmerzen in der Magengegend fehlen oder sind
wir gering. Infolge des Erbrechens und der unmöglich gewordenen Nahrungs-
aufnahme tritt Entkräftung ein. Diese Anfälle danem 1 bis höchstens 12
Tige, hören meist plötzlich auf. Tabische Symptome fanden sich in den
untersuchten Fällen nicht. Bei zwei Kranken wurden die Anfälle mit starker
Stilleimabsonderung ans der Nase eingeleitet. — Die chronische Form ist
iiänfiger. Hierbei fehlen subjektive Symptome oft ganz. Die Kombination
dtr chronischen Form mit Gastrosukkorrhöe ist häufig.
ß Jahresbericht fOr Cfairargie. 11. Teil.
Bing (19) hat Hypersekretion des Magens in zwei Fällen von Nephritis
rgefunden, bei der keine Chloride im Harn ausgeschieden wurden. Der
rsprung der Nephritis Hess sich nicht nachweisen. Beide Patienten litten
I sehr heftigen Anfällen von Erbrechen, ohne dass sich urämische Sjm-
ome fanden, auch ohne dass sich eine Erweiterung des Magens oder eine
enose nachweisen liess. Das Erankheitsbild glich am meisten der Reich-
annschen Gastrosuccorrhoea continua periodica. Auch nach Eingabe von
ilomatrinm erschienen keine Chloride im Harn. Neben den Chloriden mnss
1 Körper eine entsprechende Menge Wasser zurückgehalten werden. In dem
oment, wo eine Vermehrung der zurückgehaltenen Flüssigkeit nicht mehr
öglich ist, wird der Patient „krank" und sucht sich zu entwässern. Dnrch
e Jiieren können nur einige Grainm Natriumcblorid ansgepresst werden,
ishalb sncht sich, wie Bing annimmt, der Patient durch heftiges Erbrechen
n dem im Körper retinierten Wasser und Salz zu befreien. Bing kon-
ruiert aus den beiden Fällen, die übrigeng gutartig verlaufen sind, eine be-
ndere Krankheitsform.
Bei einem 42 jährigen Kutscher diagnostizierten Jonnescu and Gross-
ann (81a) eine Pyloroeetenose nach Ulcus ventriculi. Gastrostomie, während
r Laparotomie konstatierte man, dass der Magen sehr dick und sehr klein,
inahe dünndarmgross war. Da man dem Kranken infolge der Rigidität
r Magenwände nicht ernähren konnte, zweite Operation nach drei Tagen:
itstroenteroBtomie en Y. Nach 20 Tagen Tod durch Kachexie, XJlzeration
r Gastrostomiewande. Bei der Sektion Magenwände 10—18 mm dick, un-
gelmässige ovoide Form mit 5 — 6 Inzisuren längs der grossen Knnrator,
-eite 5 cm, die kleinste 3 cm, Länge 19 cm längs der grossen Kurvatur,
cm längs der kleinen Kurvatur, Lumen quasi virtuel, Kapazität nur
I ccm. Mikroskopisch enorme Dicke der Submukosa, abundante elastische
Lsem, die muskulären Elemente ganz dissoziiert. Die Blutgefässe sehr dick
id die Tnnica externa elastica enorm verdickt. Die Charakteristik des Falles
, dass der Magen gar keine Adhärenzen hatte, was bei den bis jetzt be-
innten Fällen nicht vorkam. Stoi'anoff (Vama).
Bendersky (14) weist auf die noch zu sehr unberücksichtigte Erscheinung
[es kleinen Magens" hin. Die grosse Kurvatur verläuft zuweilen 6, 8, 10 cm
id mehr über dem Nabel. Trifft man diese hohen Grenzen wiederholt an,
kann man einen kleinen Magen vermuten. Die Träger eines kleinen
agens können nicht die gewöhnliche Menge Speisen in sieb aufnehmen. Sie
kommen leicht Druck in der Herzgrube, Eniktation u. dergl. Charakte-
itiscb ist das oft ohne vorhergehendes Übeigefühl auftretende Erbrechen.
Et leiden die damit Behafteten an hartnäckigem Schlucken. Der kleine
agen kann kongenital sein oder er ist in seiner Entwickelnng zurück-
iblieben, entsprechend dem infantilen Uterus. Die betreffenden Kranken
irfen nur kleine Mengen Speisen auf einmal zn sich nehmen. Günstig wirkt
ich die Ausspülung des Magens.
Die nervösen Magenerkrankungen teilt Boas (22b) ein in monosympto-
atiscbe und in polysymptoraatische, Zn ersteren gehören unter anderen die
srvöse Hyperchlorhydrie und der nervöse Magensaftfluss. Für die Diagnose
!r nervösen Magenkrankheiten ist die Anamnese wichtig und femer die
nabhängigkeit der subjektiven Beschwerden von der Qualität und Quantität
^r Nahrungsaufnahme. Zu betonen ist, dass ein Plätschergeränscli nicht
me weiteres für Atonie oder Ektasie spricht, und dass es überhaupt, auch
Moser, VerletxDDgen und chirurg. Erkrankungen des Magene. 647
«0 es scheinbar sehr aasgedebnt ist, ohne Berücksichtigang des Umfanges
nnd der Zeit der letzten Nahrungsaufnahme gar keine Bedeutung hat. Eine
Bedeutung iiat es nur in nüchternem Znstande oder mehrere Stunden nach
einer quantitativ und qualitativ genau bekannten Mahlzeit.
Winkler (154) hat bei gynäkologisch erkrankten Frauen, die Magen-
heschwerden hatten, Magennotersnchungen angestellt. Bei Retroflexio fand
er meist eine Venninderang der Säuresekretion, bei Retroversio fand er da-
gegen meist normale Verhältnisse. Bei allen entzündlichen Affektionen der
(icuitalien sind die sekretorischen Funktionen bedeutender verändert, und zwar
im Sinne einer verminderten Säuresekretion, als bei allen anderen gynäko-
logischen Leiden. Bei Magenbeschwerden und gleichzeitiger gynäkologischer
Erkrankung liegen grösstenteils Störungen der sekretorischen und motorischen
Funktion vor, so dass es also an rein subjektiven Ursachen für die Be-
.ichverden der Patientinnen nicht fehlt. Eine Besserung des Genitalleidens
batte nnr ausnahmsweise eine Abnahme der Magenbeschwerden zur Folge, so
dass ein Zusammenhang dieser Leiden nicht als sicher bestehend angesehen
«erden kann. Das gleichzeitige Vorkomnien beider Leiden spricht aber für
einen gewissen Znsammenhang. Besonders häufig ist äaa Zusammensein von
Oastroptose mit Frauenleiden. Stets soll ausser der Behandlung des Genital-
leidens auch das Magenleiden besonders behandelt werden.
Hill (74) macht auf die Schwierigkeiten der Diagnose bei Erkrankungen
in der oberen Bauchgegend aufmerksam. Bei Verdacht auf Karzinom soll
man nicht auf präzise Symptome warten, sondern bald die Laparotomie vor-
nehmen.
Gibson (55) stellte einen 53jährigen Mann vor, bei dem er wegen
Karzinom des Pylonis und der kleinen Kurvatur ungefähr die Hälfte des
Magens reseziert hatte. Der Kranke hatte freie Salzsäure gehabt. In der
Diskussion weist Lilienthal auf die Verschiedenheit der chemischen Zu-
sammensetzung des Magensaftes bei derartigen Erkrankungen hin. Man soll
sich nicht mit einer Untersuchung begnügen.
T. Burckhardt (2S) hat bei einem Fall von Magenresektion an einem
■tSjahrigen Mann ein „Ulcus rotundum carcinomatosum" gefunden. Der an
der kleinen Kurvatur sitzende Tumor sah wie ein gewöhnliches Ulcus rotnn-
dnm ans. Erst die mikroskopische Untersuchung ergab karzinomatöse Ver-
uidernngen, allerdings noch geringe, namentlich war die Muskularis am Rande
frei von Einwanderung von Krebszellen.
Cheney (34) berichtet über Fälle von Magenkarzinom mit ungewöhn-
lichen klinischen Erscheinungen:
1, 54jSliri)[er üergmanii, der wahrend äen ganzen Verlaufs der Krankheit bei gntsm
Appetit nnd ftnler Terdsnung blieb. Im übrigen war die Erkrankung wftbrend des Lebens
■tgeo des Aszites nnd der rählbsren Leberechwelluug für Leberkrebs gehalten worden.
2. Bei einem STjAbrigen Manne wurde der fshlbare Tumor als Milz aufgefasst und
it\ einer Lenkoiytose von 18500 wnrde die Erkrankung erst als sekundäre AnSmie infolge
eluDiiJscher Malaria botrachtet, spitter in der Vermutung, dass ein Milzabszese vorliegen
liaae, eine Prob«puDktion des Tamors gemacht, dabei aber nur dunkles Blut gefnndeu.
& handelte sieb am ein groaees Adenokarzinom mit perigaatri tischen und sekundären
Leberabsiessen.
Eine chemische Magenuntersuchung war in beiden Fällen nicht vorge-
nommen worden.
Bei einem öOjährigen Türken, bei dem, wie Hamdi (68) berichtet,
eine rechtsseitige Pyonephrose und Blasenstein diagnostiziert war und der zwölf
}48 Jahresbericht für Chirurgifi. 11. Teil.
r^e nach der zunächst vorgenommenen Sectio alta gestorben war, wurde bei
3er Sektion der überraschende Befund erhoben, dass der gefühlte Tumor, der
für die Pyo- bezw. Hydronephrose gehalten wurde, ein geblähter Teil des
Vfagens war, der durch eine Zwerchfellhernie in die rechte Brusthöhle ge-
beten war und dann sekundär wieder hinter der Leber durch eine bruch-
iackartige Ausstülpung und Verdiinnung der rechten Zwerchfellseite von der
■echten Niere her in die Bauchhöhle hinabgedrängt war. Zwischen Pleura
lulmonalis und Serosa des Magens war der Bruchsack der ZwerchfeUhemie
n Form von dickeren bindegewebigen Schichten nachzuweisen. Im ausge-
stülpten Magen selbst waren sieben pfetinig- bis zweimarkstückgrosse Ulcera
m der Hinterwand. Ausserdem fand sich im Magen ein fast hühneretgrosser
ätein von weisslicher Farbe mit kristallinischer Oberfläche, der sich als eine
Zusammenstellung von Salol erwies, das dem Kranken zum Zwecke der Urin-
lesinfektion verabreicht worden war.
Da von einem Trauma nichts bekannt war, muss man auf eine ange-
lorene oder langsam erworbene Resistenzverminderung im hinteren Teil des
jentrum tendineum zurückgreifen. Die Bruchpforte lag vor der Vena cava.
Bei den gleichzeitig vorhandenen Blasen- und Nierensymptomen hatte
nan die an Ausdehnung wechselnde Hervorstülpung auf eine intermittierende
fiydronephrose bezogen. Man hätte aber durch Aufblähung des Magens.
Röntgenaufnahme nach Wismutgaben u. dergl. die Diagnose stellen können,
veuu man diese Möglichkeit in Betracht gezogen hätte.
Eine andere Beobachtung von Lage des Magens in einer Zwerchfell-
lemie konnte Heidenhain (70) erheben.
Ea bandelte aich um einen 9 Jahre alten Knabeo, der 7 Monate vorher wegen links-
«itigvQ EmpyemH operiert worden war. Eb soll damals beim Auafliessen von etwa 1 Liter
Citer ein iBnglicber Gewebafetzen vom Ausseben wie Netz auf einen Augenblick in der
VuudhShle zum Yorachein gekommen aein. Nach der damaligen Empjemoperation hatte
'atient Schmerzen im Magen geäussert und hatte auch Druckempfindlichkeit in der Hagen-
■egeud. Dann war Heilung ohne Beaonderheiten eingetreten. Fünf Monate apSter stellte
lieh allmählich häufiger werdendes Erbrechen ein, dabei Schmerz in der linken Schuller,
leeoudera stark kurz vor dem Erbrechen. Diese Schmerzen in der Schalter traten liuna
luch nach der Nahrungsaufnabme auf. Durch Aushebern konnte festgestellt werden, daas
ler Magen nüchtern grosse Mengen unverdauter Speisen und Flüssigkeit enthielt. Die
!chulterechm erzen wurden durch die Mageoausbeberung gebessert, nicht aber daa Er-
irechen. Die Urinmengen wurden gering, der Durst groaa. Die Diagnose wurde auf
Pylorusstenose gestellt, sehr wahrscheinlich bedingt durch Hernie diaphragmatica. Neben
ler linken Lunge wird ein Klopfschall ähnlich wie bei Pneumoihoraz gefunden. Statt der
lerzdämpfung ist Magenschall. Die Herztöne sind dabei au gewöhnlicher Stelle zn hören.
Nach EreffnuDg des Leibes siebt man hei Abwärtszieben des Kolon, dass der ge-
iarote Magen In einem direkt vor der Wirbelsäule lieKenden Zwerch teils palt verschwunden
st, so dass in der Bauchhöhle nur ein kleines StUck der Pars pylorica liegt. Um den
dagen ganz in die Baucbhüble zu bekommen, müssen Netzadbas Ionen zu beiden Seiten
las Spaltes durcbtrennt werden. Nach Rechtlagerung des Magens kann man nun sehen,
lasa ein Ligamentum gastricolicum nur rechts von der Wirbalsfiule besteht Anch äna
4etz ist rechts nur wenig entwickelt, links fehlt es und sitzt am hinteren Rande der
Zwerchfell spalte. Also war das Netz auf der linken Seite direkt vom Magen entsprungen.
!)ie Pylorusstenosierung war durch Drehung des Magena um die kleine Kurvatur als Achse
luatande gekommen. Es wurde nun die grosse Kurvatur an daa Colon transversum genäht.
)er Zwerchfellspalt erweist sich als querer Schlitz und hat eine Breite von ca. 2,5 cm;
tr liegt unmittelbar Tor der Kardia. Die Milz ragt mit ihrem oberen Pol ein wenig in
len Spalt hioein. Die linke HBIfte des Spaltes liesa sich durch Naht«, die durch die Mus-
Lulatur des Zwerchfells gingen, bequem veruäbeti, nachdem das Herz zurttckgedrfiugt war.
)er ftusserste rechte Teil des Spaltes wird offen gelassen mit RUckaicht anf die dort
Moser, Verletzangen und chirurg. Erkrsnkangen des Magena. 649
^UieKuden gnieaen Geßsae. Ancb deckt die Leber diesen Teil geuOgend. Tamponsde
uib der Kardia hin, am Verwachsungen zu erzielen. HeiluDg. Bei der EntlaeauDg nach
Ü Ti|;eD war die Herxdftmpfung vorhanden.
Heidenhain knüpft daran Betrachtungen über die Möglichkeit, die
Lrdia zn resezieren. Um sich Zugang zu verschaffen, dürfte zunächi^t die
Rei^ktion der Rippenknorpel der einfachen Durchschneidung vorzuziehen sein.
Zur Resektion kann man die Speiseröhre hervorziehen. Die dadurch bedingte
.^[lamiang darf aber nicht bestehen bleiben. Der angenähte Magen muss zum
T-il mit in den Brustraum versenkt werden. Deshalb wählt man am besten
.■i/'u den Fundnsteil des Magens. Ist dieser mit dem Ösophagus vernäht, so
>cblit2t man die linke Zwerchfellfaälfte so vircit, dass man den Magen bis zum
Aufhflien der Spannung in das Mediastinum bringen kann. Beim Tierversuch
imi dabei Über- oder Unterdrück nicht nötig, ein in die Pleurarisse gescho-
kner Tampon verhinderte stets genügend das Einströmen von Luft, so dass
Miiningen der Atmung nicht auftraten. So konnte Heidenhain im Tier-
lersDck zeigen, dass eine Kardiaresektion möglich ist. Bei der Naht am
(■^"phagus muss man beachten, dass man sie nicht parallel der Längsmusku-
i^lnr anlegt, sondern schräg dazu, um Äusreissen zu verhindern. Dann kann
mn aber auch sicher sein, dass die Naht hält.
Matti (96) bringt eine Abhandlung über 97 Pylorusresektionen Kochers
«cgen Karzinom. Die totalen Exzisionen des Magens sind dabei nicht mit-
ttriicksichtigt. In den letzten Jahren ist die Zahl der G. £. zugunsten der
K-<eUlonen erheblich zurückgegangen. Die Hauptzahl der Fälle kommt auch
in dieser Zusammenstellung dem Alter von 40 — 60 Jahren zu. Jenseits des
^y .l&hres kamen nur drei Fälle zur Beobachtung. Die Bösartigkeit der in
jugendlichem Alter auftretenden Karzinome wird bestätigt. Erbrechen hatte
>kli im Durchschnitt 7 Monate vor dem Spitaleintritt eingestellt. Nur in
2^^ Fällen war das Erbrochene kaffeesatzartig ; nur in zwei Fällen war frisches
bliu erbrochen. Karzinomentwickelung auf der Basis eines Ulcus simplex lag
Wi 16 Patienten vor {^ 16,5 "/o). In allen Fällen, wo über stärkeren Schmerz
geklagt wurde, fanden sich meist Verwachsungen mit Netz, Leber, Pankreas
t-diT Baiichwand. Hereditäre Belastung konnte in 15,4 "/o festgestellt werden.
Ibti Trauma als ursächliches Moment findet sich keine massgebende Angabe.
Allgemeiner schlechter Ernährungszustand und Ikterus sprechen nicht
s"wn die Operation, mehr jedoch, wie die Fälle beweisen, Lungenaifektionen
ielb.it geringfügiger Art. Fühlbarer Tumor oder Resistenz fehlten in 11 Fällen.
^Ij richtigstes Kriterium für die Diagnose Tumor pylori erwies sich in allen
Fillen die Verschiebung des Tumors nach rechts und Annäherung an den
wetten Rippenbogen. Kleinere Tumoren waren oft sehr schwer und durchaus
nicht konstant zu fühlen. Fehlen freier Salzsäure konnte in 82,5 "/o, Vor-
Undemein derselben in 17,5 "/o der Fälle festgestellt werden. Bei den durch
llesektion geheilten Patienten pflegte freie Salzsäure dauernd zu fehlen. Die
»Is typisch angegebenen Karzinom- oder Milchsäurebazillen fanden sich fast
Msriühmslos im Filterrückstand auch in Fällen, wo keine hochgradige Stenose
''jrlag, Sie beweisen aber nur Stauung oder Fehlen freier Salzsäure.
Magen und Darm wurden vor der Operation stets möglichst entleert.
U- Narkose wurde die Bromäthyl-Äthernarkose bevorzugt nach Injektion von
"Ol Morph. Bei der Operation wurden vergrösserte Drüsen nur in 2 Fällen
aicht gefunden. Bestätigt konnte werden, dass die Lymphdrüsen oft hoch
bnanf aQ der kleinen Kurvatur erkrankt sind. Es wird Wert darauf gelegt,
65() JahrMbericbt für Chirorgi«. 11. Teil.
alle erreichbaren DrSsen bei der Operation mit za entfernen. An Verwach
sungen war vorwiegend das Pankreas beteiligt.
Als Operation der Wahl galt stets die Kochersche Methode, also V er
schluss des Magens mit nachfolgender Gastrodnodenostomie, oder, wo letzter
nicht möglich war, die G. E. Ein Fall von gleichzeitiger Kolon-Resektion
die sich bei der Operation nötig machte, ist rezidivfrei geblieben. Ein F:il
von gleichzeitiger Leberresektion lebt anch noch, nachdem noch zweinia
Irapfmetastasen in der Bauchwand operativ entfernt worden sind. Die Bauch
deckenwnnde wurde in 2 Fällen drainiert, als sich Mageninhalt nach Abgleitei
der Zange ergossen hatte. — Flüssigkeiten wurden vom 2. Tage an gereicht
sobald Äufstossen und Erbrechen ausblieb.
Es waren gestorben von den nach Billrotb I Operierten 60 "/o,
Billroth II , 80 "/t.
Kocher . 15,6 >.
An Perforation der Naht sind nur 2 Fälle zugmnde gegangen. Voi
den 71 geheilt Entlassenen starben 71,8 "/o in einem Zeitraum von 1 Monat bii
6 Jahre nach der Operation, während 20^ 28,2 Vo noch leben. Die durch-
schnittliche Lebensdauer der an Rezidiv Gestorbenen beträgt 18,7 Monate
(gegen 3,6 Monate nach G. E.t). Die zwei längsten Dauerheiinngen sind II
und 16 '/4 Jahre. Die Dauerheilungen über 3 Jahre betragen 9,18%. Rück-
äuse aus dem Darm war bei den nach Kocher Operierten bei der
späteren Untersuchung nicht zn finden. Wo vor der Operation freie Salz-
säure nachweisbar war, wurde sie auch nach der Operation gefunden. Doch
stellte sich die fehlende Salzsäure anch nicht mehr ein. Milchsäure war bei
den Geheilten nicht vorhanden, da keine Stauung bestand. Bei weiblichen
Patienten stellte sich Öfters die früher ausgebliebene Menses wieder ein.
Matti kommt auf Gmnd der Kocherschen Fälle zu den Schlüssen,
dass das Magenkarzinom auf operativem W^e dauernd heilbar sei, besonders
wenn im Frühstadium operiert wird, dass die Magenresektion ein relativ qd-
gefährlicher Eingriff sei und dass, „wo immer ausführbar, der Kocherscben
Methode der Resektion mit nachfolgender Gastroduodenostomie der Vorzag
zu geben" sei. Diese hat hinsichtlich der Dauerheilungen bis jetzt die besten
bekannten Resultate ergeben.
Clairmont (35) berichtet, dass v. Eiseisberg 258 Magenoperationen
an 246 Kranken ausgeführt hat mit einer Gesamtmortalität von 2^,3" o.
Darunter sind 6 Fälle von Verätzung des Ösophagus, 4 des Pyloms, 3 von
Ösophagus nnd Pylorns. Bei letzteren galt als Behandlung, erst für ein«
ausreichende Ernährung von einer Jejunnmfistel her Sorge zn tragen, dann
Erweiterung des verengten Ösophagus von einer Magenfistel aus zn bewerk-
stelligen und schliesslich die Ausschaltung des verengten Pylorns durch O.E.
vorzunehmen.
Die Gastrostomie, die bei diesen gleichzeitigen Verätzungen von Oso-
ph^us und Pylorus wegen narbiger Retraktion des Magens schwer sein
kann, dient dabei nicht nur zur Bougierung des Ösophagus, sondern anch
zur Drainage des Magens, in dem oft jauchige Zersetzungen vor sich gehen-
Zur Bongierung des Ösophagus wurde, sobald es möglich war, der konische
Schlauch v. Eiselsbergs benatzt, vor dessen Anwendung der Schmerlen
wegen eine Morphiuminjektion anzuraten ist. Die durch die Stauung der
Magensekrete hervorgerufene Magenblähung ist diagnostisch von besonderen
Wert. Die früher von v. Eiseisberg wegen Verätzung ausgeführte Pylor-
Uoaer, Verletzungen und chirurg. ErkraakuDgea des Magens. 651
ektomie wird meistens durch die 6.E. ersetzt werden können. Die gleich-
zeitige G. E. und Jejunostouiie wird wegen des schlechten Allgemeinbefindens
derartiger Kranker im allgemeinen zu vermeiden sein, vielmehr wird zwei-
leitig« Operieren den Vorzug verdienen,
Pylorospasmus mosste bei sonst negativem Befund in 3 Fällen ange-
Domnien nerden. Bei einem dieser Fälle, der einen Chirurgen betraf, der
sieb wegen einer Geschwnlstbildung in der Nttrbe und eines (auf Arsenge-
bnucfa zurückzuführenden] Aszites das Leben nahm, fand sich in der Lapa-
rotomieoarbe echte Knochenbildnng.
Wegen Geschwürsprozessen im Magen und Duodenam wurden 94 Ope-
rationen an 43 Frauen und 46 Männern ausgeführt. Indikation zur Operation
bot das offene Ulcus durch Schmerzen, Stenosenerscbeinungen und fortdauernde
jcbädigung des Kräftezustandes trotz interner Therapie. Nur 4 mal konnte
aber bei der Operation einwandsfrei ein Ulcus nachgewiesen werden, das
ineimal an der grossen Kurvatur und zweimal am Pylorus sass. In den
iibngen Fällen wurden nur Veränderungen voi^efunden, die die Annahme
eines tloriden Gescbwürsprozesses mit grosser Wahrscheinlichkeit ergaben.
Von den 23 G.E. retroc. post, wurden 18 mit Naht. 5 mit Knopf angelegt.
Fünf Patienten starben (= 21,7 ",0). Geheilt sind 8 Patienten, 5 ungeheilt,
4 fiarben später. Die G.E. ant. wurde in 16 Fällen ausgeführt mit 30 "/o
Mortalität. Ein gutes Danerresultat ist nur iu einem Falle zu verzeichnen.
I>reimal wurde die Pylorusausschaltung gemacht, in zwei Fällen mit gutem
Ilanerresultat, in einem mit nur vorübergehendem Erfolg. — Durch Resektion
mrde das Ulcus in 8 Fällen entfernt. Ein Fall mit segmentärer Resektion
Dod gleichzeitiger Pyloroplastik hatte kein gutes Dauerresultat. Fünfmal
liandelte es sich um Pylorektomien Billroth I. Zwei dieser Kranken starben
in) Anschtnss an die Operation (= 40'*/o). Von den drei Geheilten bekam
«me Patientin spater wieder Beschwerden. Von zwei nach Billroth II Ope-
rierten ist eine Patientin beschwerdefrei geblieben.
Von den wegen oftenen Geschwüren Operierten blieben 13 dauernd un-
gebeiit, nur 14 wurden geheilt = 27"/*.
Wegen Narbenbildung nach abgeheiltem Ulcus wurden 34 operative Ein-
?nffe vorgenommen mit 20 Dauerheilungen = ö2,5",o. Von 3 Pyloroplastiken
i^t nur ein Dauererfolg zu verzeichnen.
Bei Duodenalgeschwüren ergab die G.E. ausgezeichnete Resultat«. Aus
der Beobachtung einiger Fälle folgt, dass bei dem Befund von Adhäsionen
und gleichzeitigem Bestehen hochgradiger Magenbeschwerden man stets den
Verdacht auf einen Geschwürsprozess im Duodenum haben soll, falls man
einen anderen Grund für die Adhäsionen nicht findet.
Alles in allem ergibt die Betrachtung der Resultate, dass UIcusfälle,
welche trotz längerer interner Behandlung nicht heilen, möglichst bald chi-
rnrgisch zu behandeln sind. Für die chirurgische Behandlung des offenen
ricns scheint dessen Lage von prinzipieller Bedeutung zu sein. Ist der Sitz
d«s Ulcus am Pylorus, so kann in einer grossen Zahl der Fälle durch G.E.
Heilung erzielt werden. Greift das Ulcus aber auf andere Magenteile über,
so gibt auch die G.E. wenig befriedigende Resultate. In diesen Fällen wird
den radikaleren Methoden der segmentären oder zirkulären Resektion ein
»eiteres Feld eingeräumt werden müssen, während für die Narbenstenose die
G.E, das Normalverfahren bleiben wird.
t>52 Jahresbericht fUr Chirurgie. II. Teil.
In zwei Fällen war es auf Grund tuberkulöser Erkrankung zu f>teno>e-
erscheinuRgen gekommen. Im ersten Falle handelte es sich um eireo
25jähngen Mann mit Lungentuberkulose. Im Magensaft war nach Probe-
frühstück freie Salzsäure positiv, Ges. Äcid. 31, Milchsäure negativ, Sarzine
vorhanden. Pylorus und oberes Duodenum wurden durch hart« ringförmif;e
Tumoren stenosiert angetroffen. Trotz (i. E. starb der Patient bald an seiner
Phthise. Im zweiten Fall, bei einem 42jährigen Phtbisiker, war Salzsäure
und Milchsäure negativ. Es wurden Lymphknoten an der grossen Kurvatur
und der hinteren Magenwand und verschiedene Tumoren im obersten Jejannm-
abschnitt angetroffen. Tod einen Monat nach der G. E.
Gastrostomien wegen Ösophaguskarzinomen wurden erst dann angelegt,
wenn Sonden nicht mehr durchgingen.
Bei den Magenkarzinomen war nur selten eine Ulcus -Anamnese vor-
handen. Bei den zahlreichen inoperablen Karzinomfällen wurde die G.E. jwst.
bevorzugt, die anterior nur angewendet, wenn an der Hinterwand des Magens
die Operation nicht ausgeführt werden konnte, oder wenn besondere \'erhält-
nisse im Mesokolon das Anlegen eines Schlitzes dort erschwert oder gefälir-
lich erscheinen liessen. Nur einmal wurde die G. E. retrocol. ant. ausgeführt,
wo der Magen infolge ^'e^wachsungen mit der vorderen Bauchwand fast un-
beweglich war. Es liesB sieh nur mit Mühe ein Zipfel des kardialen Teils.
der vorderen Magenwand durch das Mesokolon ziehen. Die Patientin starb
an Peritonitis. Die G.E. kam in 7? Fällen von Magenkarzinom als palliative
Operation zur Anwendung mit einer Mortalität von 31*'/o. Die Exstirpation
des Karzinoms wurde ausgeführt einmal durch segmentäre Resektion, 24 mal
durch Resektion nach Billroth I (dabei ein Kocher) mit 3 Todesfällen,
die der Operation zur Last fallen, und 7 mal nach Billroth II, einmal zwei-
zeilig nach Billroth IL Bei insgesamt 41 Pylorusresektionen betrug die
Mortalität 22''/o, und zwar bei Billroth I 16,70/0, bei Biilroth II 30" :
Am meisten bewährte sich namentlich hinsichtlich der operativen Resultate
die erste Billrothsche Methode. Die Durchschnittlebensdauer der Patienten
mit G.E. von der Operation bis zum Eintritt des Todes betrug 200 Ta^e,
die nach Gastrektomie an Rezidiv Gestorbenen 400 Tage. Der Forderung
Krönleins und v. Mikuliczs, der Resektion ein grösseres Feld einzu-
räumen, muss Gehör gegeben werden. Immerhin ist aber auch der G.E. ein
palliativer Wert beizumessen, sie hat aber nur einen Wert bei stenosiertem
Pylorus. Andernfalls wird das Leben der Kranken durch die Operation nur
gefährdet. Die segmentäre Resektion eignet sich zur Entfernung gutartiger
Tumoren, nicht für Karzinome. Bei der palliativen G. E. erscheint die Pyloms-
ausschattung erwünscht bei Blutungen, jauchigem Zerfall oder Perforations-
gefahr des ulzerierten Tumors.
Je eine G.E. wurde ausgeführt wegen Karzinom des Duodenums und
Lymphosarkom des obersten Dünndarmes. Auch wegen Karzinom des Pan-
kreas und wegen Karzinom der Gallenblase wurde operiert. Die G.E. hat
bei solchen Erkrankungen aber nicht den Erfolg wie bei primären Stenosen am
Pylorus.
Bei den Operationen ist der Narathsche Gastrophor vielfach verwandt
worden. Dort erfordert das Anlegen des Gastroptors einige Vorsicht. Der
Magen kann nämlich während des Anlegens zurückschlüpfen oder sich so
drehen, dass nach dem Festschrauben nicht mehr die hintere, sondern die
vordere Magenwand eingestellt ist. Dadurch ist einmal unbewusst eine
Uoser, TerletzoDgeu und chirurg. EilerankuDgen dea Magena, CäS
Tr.E. retrocolica ant. angelegt worden, die als posterior beabsichtigt war.
I>tr Gastroptor hat aber viele Annehmtichkeiten, kann allerdings auch durch
Klemmen nach Doyen oder Hansy ersetzt werden.
Anwendung des Knopfes Yermeidet t. Eiseisberg in allen Fällen, in
denen sein Verbleib im Magen Gefahren herbeiführen kann, also stets bei
olTeoem Ulcus. Auffallend ist, dass die Karzinompatienten mit Knopfanasto-
luose eine längere Durchschnittlebeosdauer hatten als die Nahtfälle.
Circulus vitiosus wurde in 6 Fällen beobachtet, in einem davon waren
abnorme anatomische Verhältnisse zu beschuldigen. Von den übrigen fünf
A'iiloss sich einer der v. Hackerschen, vier der Wölflerschen G. E. an.
Zur Vermeidung des Circulus wurde bei der hinteren G. E, die Schlinge
iniiner möglichst kurz genommen, auch die Saspensionsnaht nach Kappeier
irgewendet.
Körte (87) stellt ein junges Mädchen vor, bei dem er ein mit Pankreas
und Leber verwacb&eneB kallöses Geschwür exzidiert und den Magendefekt
lemäht hatte. Da das Magenlumen an der Nahtstelle verengert war, wurde
die G.E. hinzugefügt. Die Patientin bat sich seit der Operation (vor 8 Mo-
naten) sehr erholt.
Dann stellt er einen Patienten vor, bei dem er nach Entfernung einer
^t<^iD halt igen Gallenblase wegen eines kallÖsen Geschwürs im Pylorus nnd
Duodenum die Pylorusausschaltung und G.E. mit gutem Erfolg ausgeführt
hat. — Bei einem dritten Patienten, den er wegen Dilatatio ventriculi and
Gastroptose mittelst G.E. post. operiert hatte, war eine Pylorusstenose nicht
gt-fnDden worden. Infolge der Gastroptose war eine Abknickung am Pylorus
ijstande gekommen, welche zu fortschreitender Dilatation geführt hatte.
Bei einem vierten Patienten hatte Körte von einer vor 3 Jahren angelegten
!'.£. nur noch eine sondenknopfstarke Öffnung vorfinden können. Von der
Enteroanastomose liess sich gar nichts mehr nachweisen. Ausserdem war die
O.E.-Öffnung, die mittelst zweireihiger Naht 2—3 Querfinger entfernt vom
Kolon angelegt worden war , ganz nahe an das Querkoion herangezogen
vorden. Diese Veränderungen sind nur durch neue Ulzerationsvorgänge im
Magen zu erklären. Der Patient war ausserdem in der Zwischenzeit noch
v^n Appendizitis operiert worden. — Schliesslich demonstriert Körte noch
«in Präparat einer geheilten Magenresektion nach Billroth I.
Von 29 im Jahre 1903 operierten Kranken hat Moullin (106) bei 24
die weiteren Schicksale verfolgen können. (Über die früheren vergl. diesen
Jahresbericht X. Jahrg. S. 525.) Bei der Nachforschung richtete er sein
Augenmerk darauf, ob die Operierten Schmerzen nach der Nahrungsaufnahme
bbeo, ob sie oft krank sind, ob sie seit der Operation Blut erbrochen
baben, ob ihr Allgemeinznstand besser ist als früher. Er betont, dass Kranke,
die schon einen durch Narben sehr mitgenommenen Magen haben , und
solche, die jahrelang an schwerer Dyspepsie gelitten haben, sich nur lang-
sam und unvollständig erholen können. Auch kann man von der Operation nicht
T^rlangen, dass die Operierten sich nun denselben Schädlichkeiten der Lebens-
weise aussetzen können, die zur Bildung des Geschwürs geführt haben.
Nach 3 Fällen von Pyloroplastik kehrten die Beschwerden in allen mehr
oder weniger stark wieder. Moullin will diese Operation deshalb nur noch
bei Leuten ausführen , die keinen grösseren Eingriff aushalten , da sie leicht
und schnell auszuführen ist.
654 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
Von den 21 Fällen von G. E. können 12 als durch die Operation ge-
heilt, 5 als erheblich gebessert angesehen werden. Zwei Patienten, bei denen
kein Ulcus gefunden werden konnte, sind nicht gebessert. Hier ist aber
nicht die Operation daran schuld, sondern die Diagnosenstellung! Wenn
möglich, war immer die hintere G. E. ausgeführt worden. Es scheint gleich-
gültig zu sein, ob man die hintere oder die vordere G. E. anlegt, denn bald
wird die G. E. in beiden Fällen der tiefste Punkt des Magens. Die gleich-
zeitige Anlegung einer Enteroanastomose ist zu empfehlen. Moullin hat
sie in letzter Zeit oft ausgeführt. Bei durch Hunger stark herabgekommenen
Leuten hat Moullin während der Operation in die eröfinete Jejunumschlinge
peptonisierten Fleischtee einlaufen lassen mit gutem Erfolg. Moullin legt
Wert darauf, Verwachsungen des Magens mit der vorderen Bauchwand zu
lösen, da Zerrungen an demselben und damit an dem parietalen Peritoneum
Infolge der Magenbewegungen Schmerzen verursachen.
Bakes (11) befürwortet die chirurgische Behandlung des chronischen
kallösen Magengeschwürs und zwar eine radikale. Er verlor eine Frau, die
€r wegen Hämatemesis nur mittelst G. E. operiert hatte, an neuerlichen An-
fällen von Bluterbrechen, ferner eine weitere Frau an Peritonitis, bei der er
wegen handtellergrosser Geschwüre eine G. E. am Fundus angelegt hatte. Er
hat deshalb die palliative G. E. aufgegeben und übt die radikale Gastrektomie.
Er belegt die relative Ungefahrlichkeit der G. E. mit 6 von ihm mit Erfolg
operierten Fällen. Die Laparotomie vollzieht Bakes dabei in S c h 1 e i c h scher
Lokalanästhesie. Im Ätherrausch erfolgt Orientierung im Bauch mit gleich-
zeitiger Eventration der Organe und Zurechtlegen derselben zur Operation.
Die Operation selbst wird ohne Anästhesie ausgeführt. Zur Reposition ist
dann bisweilen ein nochmaliger Ätherrausch erforderlich. Bakes rühmt
danach das postoperative Stadium als ein geradezu ideales; Erbrechen gehört
2u den grössten Seltenheiten. Der Kranke muss nur vorher über den Gang
der Narkose genau unterrichtet werden. Bei schwierigem Zugang zum Pylorus
lässt er den am Proc. ensiformis beginnenden Schnitt unterhalb der mittleren
Inscriptio tendinea schräg nach unten gehen, zuletzt wieder in sagittaler
Bichtung.
Bei der Resektion bedient sich Bakes der Quetschmethode. Er benutzt
dazu einige von Leiter- Wien verfertigte Instrumente (Gastrotriptor und
Sperrklemme). Bei einer technisch äusserst schwierigen Operation eines mit
dem Pankreas verwachsenen Pylorustumors wurde bei der Resektion des
Pankreas auf einen Gang gestossen, der als akzessorischer Pankreasausfüh-
rungsgang angesehen und in eine vorgezogene Jejunumschlinge implantiert
wurde. Nach dem infolge Pankreasnekrose erfolgten Tode wurde erkannt,
dass es sich um den Duktus choledochus gehandelt hatte, dessen Einpflanzung
in den Dünndarm mit Erfolg vorgenommen worden war. Für ähnliche Fälle
hochgradigster Verwachsung schlägt Bakes die Pylorusausschaltung nach
V. Eiseisberg vor.
Sechs Magenresektionen nach Billroth II wurden mit Erfolg aus-
geführt.
Wathen (149) will die Kocher sehe und Finneysche Gastro-
duodenostomie nur bei solchen Fällen ausgeführt wissen, bei denen die G. E.
retrocol. post. nahe der Duodenojejunalfalte nicht angelegt werden kann.
Erst wenn keine dieser 3 Operationen ausführbar ist, soll die vordere G. E.
angelegt werden. Die G. E. retrocol. post. ganz am Jejunumanfang und im
Moser, VerletiuDgen und chirurg. KrUcaDknogea des Hsgeas. 655
N^omsteil des Magens angelegt, faätt er für die ideale Methode. Die Inzision
im Magen soll dabei schräg angelegt werden. Eine Anastomose der Darm-
schlingen ist unnötig.
Eve (44) berichtet von 2 Fällen, beides Männer, bei denen die Diagnose
tuf Duodenal ultius erst bei der Operation gestellt werden konnte. Der Magen
wnrde von einer Inzision an der Hinterwand aus mittelst Spekulum und Stim-
lampe abgesncbt, wobei in Fall 1 aber nichts gefunden werden konnte. Erst
der eingeführte Finger konnte in diesem Fall 1 '/< Zoll hinter dem Pylorus
eine ringförmige Striktur im Duodenum fühlen. Die in der Nähe dtr grossen
KnfTatar angelegte Inzision wurde gleich zur G. E. benutzt. Der Kranke,
bei dem nach 14 Tagen wegen einer Rektumstriktur noch eine linksseitige
Kölotomie ausgeführt werden musste, verlor seine Beschwerden and wurde
gesund. — Auch beim zweiten Fall wurde die Inzision in die hintere Magen-
wuid gemacht so gross, dass man mit der Hand eingehen konnte. Es wurde
an der hinteren Wand des Duodenum ein Ulcus gefühlt, dessen oberer Rand
etwa 1 '/a Zoll vom Pylorus entfernt lag. Ein Teil der Inzisionswunde wurde
dann geschlossen, der andere zur G. E. benutzt. Eve legt grossen Wert
darauf, die G. £. und die Inzision so tief als möglieb anzulegen, um eine
gute Drainage des Mageos zu gewährleisten.
In einer grossen Studie beschreibt Jonnescu (81) alle Magenaffek-
tionen, mit Ausnahme des Krebses, wo man operativ helfen kann. Jonnescu
praktizierte 2 Pylorektomien, 14 Gastrojejnnostomien, 1 Jejunostomie en Y,
2 Nähte der Magenwände wegen UIcera ventriculi nnd Peritonitis, 1 Sutur
des Magens, mit nur 2StierbefällenanPeritoniti3, unabhängig von den Operationen.
Sto'ianoff (Varna).
Niemack (110) teilt drei Krankengeschichten von Ulcus mit, von denen
das erste traumatischer Natur war.
1. 20jAbriger Mann war rfleklinga Dbergefall«n and hatt« sich di« Wirbelelale dab«i
atiarbogen. Darauf traten SchmeraeD im linken ETpochondrium auf, die schlimmer wurden.
Patient bekam BInterbrechen , das aicb wiederholte. Bei der daraufhia vorgenommeneD
OpciatioQ konnte zunichst am Hagen nichts gefunden werden. Ks wurde deshalb von
eiDcm senki^echten Einschnitt aas mittelst Stirnlampe und Spekulum von links anfangend
»bracht Rechts von der WirbelsAule an der hinteren Magenwand wurde ein bobnen-
ginsees Ulcns gefunden, in dem ein Thrombus festsass. Ks wurde eine Tsbaksbentelnaht
btmmgelegt nuter Belsssung des Thrombus an seiner Stelle, Heilung.
Bemerkenswert daran ist, dass der äussere Schmerzpunkt im linken
Hypogastrium durchaus nicht dem Sitz des Geschwürs entsprach. Man sachte
eisl links und verbrachte viel Zeit damit! Der Druck der Wirbelsäule gegen
den gefüllten Magen scheint das Ulcus bewirkt zu haben. Wismutgaben
GcWnen an der Thrombnsbildnng stark beteiligt zu sein. Es dürfte sich
deshalb empfehlen, während oder gleich nach Magenblutungen grössere Wis-
m^itdosen zu verabreichen. Das Absuchen des Magens nach der blutenden
Stelle hat sich bewährt und dürfte der einfachen Anlegung einer G. E. vor-
luziehen sein.
2. 48jUirige Fran. Bei der Operation fand sieh der in «inen grossen Tamor umge-
■udslte Pjtorus nach der Wirbelsäule zu adhärent. O.E. mittelst Ligatur nach Hac
öiiir. (Dus Erbrochene hatte etark verdauend bewirkt.) Tod nach 20 Stunden. Hinter
il«m Pylorua war eine mit dem Magenlumen in Zussmmenhsng stehende HSble, deren
^andnngen Pankreas und Netz bildeten. Vor der Pjloruettffnnng eine Art Klappenbildung
dircli teilweis losgeldste Magenwand.
3. löjfthrigea Mftdohen klagte über Schmerzen vom RQcken und rechten Hypochon-
diiun bis ins rechte Bein, so dass sie hinkte. McBurneys Punkt ausgesprochen schmerz-
btft. In der Annahme einer Appendizitis wurde der gesund aussehende Wurmfortaati
656 Jahresbericht fUr Chirnrgie. IL Teil.
entrerot, der mit ToraateneBnieii gefollt war. Am vierten Tage nachher Unmhe, BcwDMt-
aeinaatSraiig, Ikteras, am fQnftei) Tage Koma, weiter lusammengekiiifieiie KinnbackcD.
Singaitus; Windaperre aohaltend , linke Bauchseite anfgetrieben, über der Leber Krepi-
talioB wie von Hautemphjaem zu fDhlen. Mittelat SchluodaaDde blatige FlQsaigkeit aoa
dem Magen entleert. Am eecluten Tage kliniBChe Eracbeinungen der Tetanie Bosgeaprochen:
vorttbergebeDde Besserung anf heiaae BAder. Tod aro elften Tage. Ohne Sektioo wurds
die Diagnose anf Magendilatatiou mit Ulcaaperforation , Tetanie, Eepatoptosis nnd dorcfa
Knickung bedingten Ikterus gestellt.
Munro |108) berichtet über 146 Operationen am Magen, von denen
etwa 50 wegen Karzinom, die anderen wegen gutartiger Erkranknng ausgeführt
waren. Bei inoperablen Karzinomen mit Stenose ist die G. £. ans hamanen
Gründen angebracht und hat in dieser Hinsicht gnte Resultate. Von
60 Karzinomkranken waren nur 4 in einer für die Operation noch günstigen
Zeit gekommen ! Nach einer mittelst Knopl' angelegten Anastomose nach
Resektion, von denen Mnnro 10 ausgeführt hat, war das Lumen bis zum
Durchmesser eines Bleistiftes zusammengeschrumpft, während der Knopf selbst
im Magen lag. '
Wegen benigner Erkrankung hat Munro 90 Operationen, ausser den
Exzisionen, ausgeführt. In 3 Fällen hat er wegen Ptosis das Ligament,
hepat. verkürzt, in weiteren 2 Gastrolyse mit Erfolg ausgeführt, ebenso eine
Pyloroplastik wegen syphilitischer Stenose. Von 6 Perforationen gelangten
3 zur Heilung. Von der Fi nney sehen Gastroduodenostomie ist Munro
nicht sehr befriedigt. Er hat die Operation 12 mal ausgeführt und 10 Fälle
davon weiter verfolgen können. Nur 5 davon sind in gutem Zustande. Vtin
den G. E. hat er meistens die hintere, in letzter Zeit die nach Roux au-^-
geführt. Nach allen Anastomosen muss noch mehrere Monate lang Vorsicht
in der Diät beachtet werden. Auf alle Fälle hat die chirurgische ßehandluni;
der Magengeschwüre aber bessere Resultate als die innere, obwohl eine ideal''
Operationsmethode noch nicht gefunden ist.
Morison (105) hält in manchen Fällen von Pylorusstenosen bei sturk
heruntergekommenen Leuten nur die Pyloroplastik als einfachsten EingritT
für berechtigt. Diese Fälle von starkem Marasmus sieht man allerdings heut-
zutage seltener als früher.
In die allgemeine Verwerfung der Pyloroplastik stimmt Morison
durchaus nicht ein. Von 20 früher operierten Patienten, über die er schon
berichtet hat (Lancet 26. Febr. 1898) sind jetzt 2 tot, einer nnanffindbar.
Ein Fall starb an Pyloruskarzinom, der andere an Phthise 2 Jahr 4 Monate
nach der Operation, ohne Magenstörungen wieder gehabt zu haben. Die
übrigen 17 Fälle, deren Geschichte 5V* — 10 Jahre verfolgt werden konnte,
verhielten sich folgendermassen : Bei 3 Fällen traten die alten Beschwerden
wieder auf und nötigten zn einer weiteren Operation; aber nur 2mal konnte
der Pylorus wirklich wieder verengt vorgefunden werden. Von den ver-
bleibenden 14 Fällen war bei 8 der Erfolg ein vollkommener; in 6 Fällen
wurde über Beschwerden geklagt. Bei einem davon, der an Gewicht be
deutend zugenommen hatte, waren die Beschwerden wohl anf Alkoholmiss-
brauch zu beziehen. Bei den anderen 5 war seit der Operation jedenfiil'^
anch eine Besserung festzustellen.
Bezugnehmend auf Morisons Arbeit teilt Turner (145) die Erfolge
der Pyloroplastik mit:
1, 48jahrige Frau, operiert Oktober 1894. Seitdem atetig gutes Befinden mit bUd
digar Oewichtesunahme.
Moser, VerletzDDgen aad cbirurg. ErkraDkaogen des Magens. 657
2. 37 jahrige Frau, operiert Oktober 1895. Pylorua OdematOe mit Narbe am oberen
Rand. Erfreat sich seitdem des besten WohlbefiDdeDS.
3. 31 jahriger MauD, operiert Januar 1891. Ist seitdem gesand gewesen ohne Magen -
»tärQDgeu und nimmt jede Art Nahrang.
i. 32 jabriger Mann , operiert Aagust 1896. Seitdem gutes Befinden. Hat den sOd-
■frikaaiachen Feldzug mitgemacht and eine Pneumonie Oberatanden.
5. 2äjabriger Mann, operiert Oktober 1896. Seine Gegandbeit seitdem besser als vor-
her. Er nimmt die gewöhnliche Nahmng.
6. 42jftbriger Mann, operiert März 1897. Hier waren keine orgaDiecben Yerftnde-
rangen am PjlomB zu finden gewesen, es bestand nnr Krampfsustand. Er kann arbeiten,
kaoa aber Nahmng nnr in kleinen Quantitäten nehmen und beklagt sich , dase er nicht
recht zu KrBften komme.
7. SSjlbriger Mann, operiert Man lä9T. GeschwQr auf der Hinterflache des PyloroB.
•.fotes Befioden bis 1901 , wo er einen ,Magensnfali' zwei Wochen lang hatte. Seitdem
jedes Frühjahr ein derartiger Anfall, der mit Erbrechen einbergeht. Juni 1904 Q. E. wegen
Sienoseneracbeinungen.
8. 39jahrige Pran, operiert September 1897. Seitdem gutes Befinden. Vertragt ge-
vSbn liehe Kost.
9. 56 jabriger Mann, operiert September 1897. Uroentnm mit Pjloms verwachsen.
Heilong, die bis vor zwei Jahren anhielt, wo wieder Erbrechen einsetite. Heilung nach G. £.
10. 46jabrige Frau , operiert NoTember 1897. Gutes Befinden bb Herbst 1908. wo
Torfibei^hend die alten Beschwerden wieder anfingen. Dann wieder gutes Befinden.
11. 23 jabriger Mann, operiert Jnni 1898. Beschwerden als nervOa angegeben. Gutea
Befinden bei gewöhnlicher Eoat.
12. 41jahriger Mann, operiert Juli 1898. Nnr vorUbergehend geringe Verdannnga-
beechwerden, eonst gut.
13. Sejahrige Frau, operiert JaU 1898. ' Guter Erfolg.
14. S9j&hrige Frau, operiert November 1898. Hat noch gelegentlich Schmenen nnd
Erbrecben, wBbrend die Schmerzen vor der Operation andauernd waren.
15. 46jabriger Mann, operiert November 1898. Kann ohne Beschwerden alles essen.
16. 45 jahrige Fraa, operiert M&rz 1899. Narbe an der Hinterwand des Pylurus.
Heilung. Nach 12 Monaten Wiederanftreten der alten BeSdhwerden. Juni 1903 G. E. ant.
N»(h se«ha Monaten setzten wieder Beschwerden ein, die diesmal nur vorDbergehend waren.
17. S6jllhrige Frau, operiert Mai 1899. Starke Dilatation. Seitdem keine Beschwer-
den mehr.
Armonr (8) gibt einen historischen Rückblick auf die Geschichte der
G. E. und bespricht die einzelnen Arten als:
I. Gastroduodenostomie :
a) subpylorische (Jaboulay, Villard, Daranti, Henle),
b) laterale (Kocher, Halsted), •
c) kombinierte mit Pyloroplastik (Finney).
n. Gastrojejimostomie :
Ä. mittelst lateraler Anastomose:
1. anterior antecol. {Wölfler),
2. poster. transmesocol. (Goorvoisier, v. Hacker),
B. mittelst Implantation:
3. hintere, Y-förmige Methode (Ronx),
C. Überfährung von A in B:
4. Enteroanastomose zwischen zu- and abführender Schlinge (Braun-
J a b o Q I a y),
5. Verschluss der zuführenden Schlinge nach der Enteroanastomose
(Mattoli-Fowler).
Die Kocher sehe laterale Gastroduodenostomie ist nicht anzuwenden,
wenn das Duodenum nicht beweglich gemacht werden kann und wenn eine
n starke Dilatation des Magens eine Drainage nach unten zu erfordert.
Gegen die Finney sehe Operation bilden weder Verwachsungen noch Dila-
Jihnabaricht fllr CUnirgi* IMA 42
Jahreabericht für Cbirargie. 11. Teil.
1 des Magens eine Kontra Indikation. Nnn soll bei zu ausgedehnter
ation eine Uastropexie oder Gastroplikation zugefügt werden. Bei der
X sehen Methode, die am schnellsten die MagenenÜeeniog gewährleistet,
ückfliessen in den Magen nicht absolut ausgeschlossen, dann oämlicb,
Kürze der Mesenterien uns verhindert, das proximale Jejunumende weit
; vom Magen in die abführende Schlinge einzupflanzen. Ein Nachteil
louxschen Operation ist auch die lange Daner; ist das Jejunum einmal
ischnitten, so hat man keine Möglichkeit mehr, die Operation abzukürzen.
Brannsche Anastomose verhindert auch nicht mit Sicherheit Eintritt
Darminhalt in den Magen. Deshalb haben Doyen und Luecke die
irende Schlinge zwischen den Anastomosen durchschnitten, Mattoli
las Lumen derselben durch fortlaufende Naht verengert bezw. ganz anf-
len und Fowler hat einen Silberdraht {Nr. 20) zvei- oder dreimal um
^führende Schlinge herumgeschlungen und so das Lumen verstopft.
Fränkel (47) berichtet über 13 Fälle von G. E. bei gutartiger Pylorus-
ise. Es war die G. E. retrocol. ausgeführt worden, nur bei herunter-
mmenen Leuten mittelst Knopf. Die drei Todesfalle (Kollaps, frische
ing, Pneumonie) betrafen sehr entkräftete Menschen. Von den übrigen
n trat bei einem nach '/« Jahren eine Komplikation dadurch ein, dass
li Perforation einer Jejunumscblmge , vermutlich infolge peptischen Ge-
ürs, sich ein Peritonealabszess entwickelte, der erneute Operation er-
srte und nach vorübergehendem Bestehen einer Peritonealfistel aasheilte,
den anderen klagten noch zwei später über leichte Beschwerden, Druck
Aufstossen. Alle anderen waren frei von Beschwerden und konnten
ere Arbeit verrichten.
In einem Falle von ständiger Gallenbeimischung zum Mageninhalt
le nicht eine Duodenalstenose, sondern eine Verdickung des Pylorus vor-
aden.
Jahr (79} teilt einen Fall von Ulcus pepticum nach G.E. antecol. ant.
In allen bekannt gewordenen Fällen, bisher 22, sind Jejunalgescbwüre
nach G. E. wegen gutartiger Magenerkrankung aufgetreten. Zur Ver-
lung ähnlicher Fälle empfiehlt er, grossen Wert auf die diätetische Nach-
jidlung der Gastroenterostomierten zu legen. Besonders ist diese Vorsicht
ten bei Fällen von Magengeschwür, die mit starker Hyperchlorhydrie und
ersekretion einhergehen.
M a y o (99) berichtet über 500 Fälle von G. E., Pyloroplastik und Gastro-
lenostomie. Darunter sind 21 Fälle von Pyloroplastik ohne Todesfall,
mit 7 sekundären Operationen; Gastrojejnnostomien 421 Fälle, wegen
rtiger Stenose 307 mit 6,5"/« Mortalität; maligne Stenosen 114 Fälle.
letzteren sind 63 in Verbindung mit Pylorektomie oder teilweiser Gastr-
mie und einer Mortalität von IS^/o.
Von allen 421 Fällen von G.E. sind 21 nochmals operiert worden.
Pyloroplastik hat nur einen begrenzten Wert. Die Inzision sollte ge-
nmt angelegt werden, auf Magen und Duodentmi übergehend. Finneys
troduodenostomie ist 58 mal angewendet worden. Ausgedehnte Exkrao-
; und Adhäsionen, kurzes Ligament, gastrohepat. und besonders Anwesen-
von Narbengewebe sollen als Gegenindikation für die Operation gelten.
r gibt die G.E. bessere Resultate. Auch bei offenen Geschwüren kann
nicht heilend wirken, da die Nahrungsmittel dann immer noch über die
)ra gehen.
Moser, Verletzungen und Chirurg. Erlcrankangen des MigenB. 65d
VoD den G, E. waren 126 vordere und 295 hintere. Die Mortalität der
ersteren war über 1 °lo höher als die der letzteren, aber der ProzentBat^ der
sekundären Operationen war bei der hioteren G.E. grösser. Für gntartige
Erkrankungen ist die G.E. posterior die Operation der Wahl.
Der Mnrphyknopf ist bei 157 Operationen angewendet worden, 72 gut-
artigen Erkrankungen mit 6 TodesßUlen, 54 vorderen G. E. mit 4 Todesfallen
uDil 4 Reoperationen, bei 18 hinteren G. E. mit 2 Todesfällen, 4 ReOperationen,
dann ferner bei 85 malignen Erkrankungen mit 15 Todesfällen. Bei dieser
Methode tritt am wenigsten Galle in den Magen; Bildung von Knickungen
kommt nicht ror. Gelegentlich hat aber ein Murphykoopf wieder ent-
fernt werden müssen. Nach Resektionen ist der Knopf fast immer ange-
wendet worden.
M c. G r a w s Ligatur ist bei 36 Operationen angewendet worden,
IT gutartigen Erkrankungen mit 2 Todesfällen, 19 malignen mit 3 Todes-
ßJleo. Sie scbiltzt in hohem Masse vor Rückfluss von Galle.
Von den verschiedenen Formen der G. E. ist die hintere ohne Schlinge
die beste. Die Inzision im Ma^en soll schräg von links oben nach rechts
unten angelegt werden. Der tiefste Punkt der G.E. soll der tiefste Ponkt
des Magens sein, senkrecht unter der Kardiaöffnung. Deshalb muss die lu-
lision manchmal '/« — */* ^oll auf die vordere Magenwand reichen. Die Ränder
d^ Mesokolonschlitzes müssen an die Nahtlinie geheftet werden.
Gauthier (ö3) stellte eine Kranke vor, bei der Jaboulay vor 27 Mo-
naten wegen Pjloruskarzinom eine G. E. mit Knopf angelegt hatte. Zur Zeit
sind die Zeichen einer allgemeinen Karzinose vorhanden, Aszites, der Banch-
vand adbärenter Tumor im Epigastrium. In der Statistik von Gayet über
100 nach der Jabonlayschen Methode operierten Kranken war die längste
Lebensdauer nach der Operation 24 und 26 Monate, im Durchschnitt sieben
Monate.
Montprofit (103c) hat 240 G.E. ausgeführt. Er bevorzugt die
Y-Methode von Roaz an der Hinterwand oder, falls diese Schwierigkeiten
macht, an der Vorderwand. Da er in einigen Fällen eine Verengerung der
gastrojejonalen Öffnung bemerkt hat, schneidet er die Darmscblinge jetzt
»chrig darch und schafft dadurch eine grössere Mündung.
Um die Gefahren der Undichtigkeit der Duodenalnaht nach Magen-
r^tionen auszuschalten, hat Brunner (27) den geschlossenen Dnodenal-
stnmpf im oberen Wundwinkel der Bauchdecken mit dem mobil gemachten
Fehtoneam parietale umsäumt und so extraperitoneal gelagert. Auf den
«ingenähten Stumpf kommt -lodoformgaze. Es traten nun am 5., 6., 7. Tage
oft Fisteln mit galligem Austluss auf, die sich aber, bald früher bald später,
nieder schlössen. Brunner bat aber bei zehn ausgedehnten Resektionen
nach Billroth II keinen Fall mehr durch Peritonitis verloren. Es starb
überhaupt nur ein Fall und dieser an Pneumonie.
Zu demselben Zweck schlägt Steintbal (140) vor, bei Abtrennung weit
im Duodennm den Duodenalstumpf mit darüber genähtem Netz und Gaze-
Umpon zu sichern. Er halt diese Tamponade für besser als die extraperito-
neale Einnähnng des Stumpfes nach Brunner; er glaubt, dass durch die
linuähung der Stumpf gezerrt, in seiner Ernährung bedroht wird und da-
dnrch leichter zur Fistelbildung neigt. Auch kann sich eine Fistel, wenn
sie anfgetreten ist, leichter schliessen als bei dem durch Brunner gebildeten
langen Wnndkanal. — Findet sich an der Hinterfläche des Duodeunm ge-
Jakresbericht für Chinirgie. II. Teil.
d Peritoneum für eine sichere EiiiHtülpnngsDaht, so wird der Stumpf
versenkt.
Leriche (93) stellt einen 28jährigen Mann vor, bei dem wegen einer
ichen krebBigen Entzündnng die Pylorektomie (Billroth II) gemacht
n war. Ma^n wie Daodennm war durch dreifache Nahtreihe (Catguti
essen worden, ohne Drainage. Nach den ersten Tagen setzte geringe
ing ein, am 12. Tage spontane Eventration, nach deren Reposition die
wand wieder teilweise vernäht wurde. Am 18. Tage erschien eine
iflstel in Höhe der kleinen Knrvatur. Aas der Fistel entleerten sich
htliche Mengen eines stark sanren Magensaftes, gallehaltig. Der Kranke
a abzumagern. Die Fistel schloss sich von selbst nach einiger Zeit,
am eine Übernähung ergebnislos gewesen war. Darauf trat Heilung ein.
Die Eventration war zustande gekommen, ohne dass Peritonitis da war.
cht war ein geringer Grad von Aszites daran schuld. Man hätt« wohl
getan, die Bauchwunde wieder vollständig zu schliessen mit einfachem
im unteren Mundwinkel.
Fistelbitdnng am Magen- und Duodennmstumpf ist nach Leriche
. den Lui^enerkrankungen die grösste Gefahr bei den Pylomsresek-
und oft nicht zu vermeiden. Sie kommt bei allen Resektionsmethoden
Venu die Duodenalnaht nicht hält — abgesehen von sofortiger Inkonti-
nit sofortiger Peritonitis — so kann sich entweder allgemeine Perito-
LUäbilden, oder kleine Abszesse um die Nahtlinie, die oft durch Lungen-
ion zum Tode führen, oder es bildet sich schliesslich die Duodenalfistel.
'scheint gewöhnlich am 4. — 10. Tage mit Temperaturerhöhung, Span-
Gefühl in der Wunde oder Schmerzempfindnng. Gewöhnlich entfernt
line Naht und findet an der Stelle am nächsten Tage Galle im Ver-
Bald wird die Haut herum entzündet. Die Kranken sterben oft an
ferung nach 3 — 4 Wochen. Ähnlich ist es mit den Magenfisteln. Die*e
I in etwa 20 Fällen, die Leriche hat beobachten können, zur Aus-
?■
Hat sich eine Fistel gebildet, so soll man sie zunächst übernähen,
verwendet man zum Verband Stärkemehlpuder. Hält die Absonderung
er Fistel 4—5 Tage lang in stärkerem Masse an, so muss man ver-
I, die Fistel zu schliessen. Delore hat einmal den Magen znm Teil
eröffnet, an der Stelle Mukosa vom Peritoneum getrennt und mit deai
vonnenen Peritoneallappen die Öffnung geschlossen. Vor allem wird
iuf Vermeidung der Fistelbildung bedacht sein müssen. Zur Magen-
numnaht wird man von der Mobilisation des Duodenum ausgiebig (>e-
I machen. Weiterhin soll man die Tabaksbeutelnaht vermeiden. Man
iber Catgut als Seide verwenden. Schliesslich soll man möglichst nicht
tren; erscheint es aber notwendig, dann mit einem Kaatschukröhrcheo
icht mit Gaze.
!n der Diskussion erwähnt Pate I, dass die Mobilisation wie beim Ddo-
auch für die verschiedenen Teile des Kolon zu verwenden sei. Berard
:et von einem Todesfall infolge Fistelbildung vom Magenstnmpf her.
t Wert darauf, dass nicht zu viel Nahtreihen von Seide übereinander
;en kommen (Magen- und Bauchwunde), da so eine Nahtreibe die andere
'en kann.
jelpke (54) hat bei einem 41 jährigen Mann die Magenresektion zwei-
gemacht. Bei der ersten Operation wurde die G.E. ant. antecol. und
Moser, Yerletzungen und chinirg. ErkrankuDgen dea Magens. 6C1
Brannsche Enteroanastomose angelegt. ÄdhäsioneD von der ersten Operation
berrübreDd fehlten gänzlich.
Ito und Asahara (77) haben in zwei Fällen die totale bezw. snb-
totale Magenexstirpation ausgeführt:
1. 46j&hrige Frau stirbt, kan nachdeni der Osophsgue verscblosseu und eine Duo-
dCDilfielel angelegt «sr.
2. 4ejfthri|ceT Mann. Duodenal- ood Kardiaatumpf werden mittelst doppelreihiger
>'ibt aoeinandergebracht. Heilang. Tod nach '.: Jabr an EarEinose des BBuchfells aod
Mclastasen in den HeaenterialdrQBen. Vom Magen war nur ein daamenkuppengrosBer Teil
ij(T Kardia imflckgeblieben.
Jäger (78) stellt einen Mann vor, bei dem er wegen eines an der vor-
deren Baucbwand adbärenten, etwa gänseeigrossen Tumorti die Magenresektion
angeführt hatte, wobei er den ganzen Fundus des Magens entfernte und
TOD diesem nur etwas mehr als ein Drittel zurückgelassen hatte.
41 jShriger Bsner mit gSoseeigroesem, hOckerigeo and mit der vorderen B«achwand
rerwachBeDen Tumor. Unstillbarea Erbrechen; freie Salzsttore Torhanden, aber vermindert,
l^parotomie. Schnitt parallel zum linken Rippenbogen (nach Finger) in ca. 1 Quer-
fin^er Entfemong. Nach Freilegnng des Rektnsrandes zeigte sich der mittlere Rektns-
taaekelabschnitt mit der Qeschwulat so innig verwachsen, daas an eine LOsang nicht zu
icoken war. Deshalb wird ein halb taandtellergrosses StDck des Hnakels mit Freilegnng
its TnmoTB rsaeziert. Nnn zeigte sich aber auch der Tumor mit dem Colon transvere.
innig verwachsen. Deshalb Lfisnng vom Kolon, die schliesslich gelingt. Jetzt konnte fest-
gestellt werden, dass der Tumor bis an den Pylorus reichte, diesen aber nur durch seine
ri$tM Masse verlegend. Resektion des eigentlichen Magens ohne Fjloras. Das in der
kmlhnag f;*Ahidete Kolon wurde an die untere Msgennaht mit angenäht. Der Defekt
te reseiieTten BektuastDckea mnsste plastisch gedeckt werden. Die mikroskopisch« Untar-
Mchnng konnte kein Karzinom nachweisen. Eeilang. In Vt Jahr nahm der Patient nm
mahr als 2a Pfund zu. Beobaohtungadauer 7 Monate.
Pinatelle (116) berichtet von einem 42jährigen Kranken, bei dem
«egen Ulcus callosom die ganze kleine Kurvatur operativ entfernt worden
vii. Nachweisbar waren Zeichen der Magendilatation dagewesen ohne fühl-
baren Pylomstomor, ausserdem heftige Empfindlichkeit im Epigastriom. Bei
der Operation fand man zwei Geschwüre, eines teilweise vernarbt am Pyloms,
des andere die ganze kleine Kurvatur einnehmend. Dieses Geschwür verur-
sachte auch dnrch Faltung die Pylorusstenose. Der Pylorus selbst war durch-
gängig. Jabonlay fährte die Exstirpation aus wegen Gefahr der Blutung,
der Perforation und der malignen Degeneration. Es wurde die kleine Kur-
vatur vom Pyloms bis zur Kardia entfernt, so dass die Schnittlinie parallel
der grossen Kurvatur zu liegen kam. Dreifache Nahtreihe, wonach der
Magenschlaacb bis zur Stärke des Dünndarms verringert war. Heilung. Es
geht dem Kranken gnt, nur müssen die einzelnen Mahlzeiten wenig umfang-
reich sein.
Riedel (125) berichtet über die von ihm bei M^engeschwür geübte
quere Resektion des Mi^ens. Von 14 Operierten starben 11. Diese hohe
Mortalität ist vor allem auf zu spätes Operieren zurückzuführen. Fünf
Kranke kamen mit durchgebrochenem Ulcus tind Peritonitis in die Klinik;
Tier kamen fast verhungert zur Operation, fünf starben an Pneumonie. Die
Operation war nur in einem Falle die Todesursache. Riedel empfiehlt die
qnere Resektion, wenn das Geschwür an der kleinen oder grossen Kurvatur
oder an der hinteren Wand sitzt. Die Exzision des Ulcus an der kleinen
Knnatur gibt einen klaffenden Defekt und ungünstige Form des Magens.
Die Resektion des ganzen Mittelatückes hingegen ergibt eine günstige Magen-
fono. In den unteren Winkel des zurückbleibenden Fundusteiles wird der
Jabreebericbt für Chirurgie. 11. Teil.
steil eingenäht. Dasselbe Verfahreo ist bei Geschwüren an der grossen
;ur anzuwenden. Hier fand Riedel unter 70 Fällen das Geschwür
reimal lokalisiert. Als Nahtmaterial verwendet er ansgekocbtes Catgut.
ichnltze (135) hat bei Resektionen, um einen möglichst dichten Ver-
. zu bekommen, das Kochersche Verfahren dahin abgeändert, dass er
lodenum dnrch eine entsprechende Öffnung der Magenwand dnrch-
D und dann von innen vernäht hat. Er fixiert die hintere Magenwand
hiebem , lüftet die vordere Magenwand and inzidiert parallel dem
resektionsschnitt die hintere Wand. Das Duodenum wird durch die
ander des nenen Schnittes hindurchgezogen, die Wundränder von
und Duodenum gleich gelagert, durch Klauenschieber fixiert und
ron innen genäht. Znr Sicherheit kommt von aussen noch eine Sercsa-
arüber. Dann wird die Magenwunde geschlossen, naclidem sie vorher
lurch Klemmen abgeschlossen ist.
)ie Vorzüge seiner Methode sieht Schulze darin, dasa einerseits der
nss durch die Art der Implantation ein sicherer wird, dass anderer-
arch die Klemmmetbode das ganze Verfahren vereinfacht und in der Zeit-
abgekürzt wird. Die Klemmen zum provisorischen Abschluss werden
femungen von V' — 1 cm angelegt. Von der Koch er sehen Dnodenum-
iätion wird man bei der Methode ausgedehnten Gebrauch machen. Ist
reinignng mit dem Duodenum aber doch nicht möglich, dann wird die
ingelegt and das Duodenum in die Jejunnmschlinge implantiert, auch
rorhergehender Fixation mit Klanenschiebem. Immer zwischen den
am wird genäht. Man durchsticht die ganze Wandung und kann unter
r Adaption der Wundränder von innen die Naht ausführen.
>ie Kochersche Resektionsmethode empfiehlt Schnitze als das Normal-
ren mit der beschriebenen Modifikation. Er hat drei Resektionen auf
^rt ausgeführt.
Jcttdder (138) hat das mittlere Drittel des Magens wegen Karzinom
ossen Kurvatur reseziert. Das Karzinom hatte beträchtliche Grösse
t, ohne nennenswerte Störungen zu verursachen. Es hatte weder die
kosa ergriffen, noch das Colon transversum. Die stehen gebtiehenen
teile an Pjlorus und Kardia wurden miteinander vernäht, dabei von
Klemmen mit grossem Vorteil Gebrauch gemacht. In einem so ope-
Fall war Heilung eingetreten, die nach 10 Monaten noch Bestand
Dallas (147) hat zur G. £. das Rons sehe Verfahren anfgegeben, da
ang und ohne besonderen Vorteil ist. Er operiert jetzt nach v. Hacker.
Ilt zwei Kranke vor, bei denen er eine V-tÖrmige Resektion der kleinen
:nr augefährt hat.
'illard [14S) hat bei einer 46jährigen Frau einen Tumor der kleinen
;ur exstirpiert mittelst V-förmiger Resektion mit Schonung der grossen
ur. Ebenso wie V alias fand er die Naht der Hinterwand sehr schwer.
rde in einem analogen Fall nach bogenförmiger Umschneidung die
iaht anlegen.
Veiter berichtet Villard von einem gutartigen Leiomyom der Hinter-
jei einer 64jährigen Fran, das Pylorusstenose veranlasst hatte. Nach
tr Gastrotomie wurde der orangegrosse Tumor von innen her entfernt.
au starb am zehnten Tage ohne Spur von Peritonitis.
Mog^r, VerletEDDgen and chirurg. Erkrankuiigen dos Magens. 66;
Giuliani (57) stellt zwei Fälle vor, bei denen Goulliond eine Pylor
ektomie wegen Karzinom gemacht hatte, im ersten Fall bei einem TOjährigei
Mann mit bedentender Ektasie ohne Erbrechen. Die chemischen Verhält
nisse. Abwesenheit von Salzsänre nnd Anwesenheit von Milchsäure ändertei
sich nach der Operation nicht, trotz guten Znstandes beider Kranken.
Goullioad (61) bevorzugt im Interesse einer radikaleren Entfemnn)
alles Kranken bei Resektionen die II. Billrothsche Methode mit hintere]
(j. E., während er bisher die Kochersche Gastrodnodenostomie ausgeführ
hatte. Er bat im ganzen 13 Pylorektomien ausgeführt (61a). Bei einen
Fall (So. 2), einem sehr herabgekommenen Säjährigen Mann, platzte am 11
Tage die in drei Schichten angelegte Bauchdeckennaht. Die Bauchdeckei
fturden wieder genäht, der Kranke ging aber zugrunde. Seitdem verwende
Goalliond bei herabgekommenen Individuen durchgreifende Drahtnähte
Von direkt post operativen Todesfällen hat er nur einen zu beklagen , em
ausgedehnte Resektion mit G. E. Bei einer Frau (No. 6) führte er die Pylorus
resektion gleichzeitig mit doppelter Ovariotomie aus, Fall 7 war ein malignei
Leiomyom und ist in der Arbeit von Juliani (1903) veröfEentlicht . Eini
Nachnniersnchnng nach 18 Monaten zeigte den betreffenden Operierten gan:
gesund. Beim 8. Fall bildete sich eine Fistel mit gallig gefärbter Ab&onde
nmg aus, die sich jedoch bald schloss. Fall 10 betraf eine 35jährige Frau
die schon wegen multiplen, narbigen Darmstrikturen operiert war (Lyon m4d
1902). Fall 1 1, ein 52jähriger Mann, musste nach einem Monat wegen Em
pyem nachoperiert werden.
Tixier (143) betont im Anschlnss daran die Wichtigkeit einer früh
zeitigen Operation. Die Drainage nach Pylorektomien verwirft er, da dadnrcl
Fistelbildnng begünstigt wird. Ist Drainage notwendig, so soll sie ausserhall
der Nabtlinien angelegt werden.
Valtas befürwortet zuerst die Resektion zu machen, dann erst dii
(i. E. anzulegen, im Gegensatz zu Goullioud, der meist die Anastomosi
Tor der Resektion angelegt bat. Goulliond zieht letzteres aber ans asep
tischen Gründen vor.
Poncet nnd Delore (118) berichten über 12 mehr oder weniger ans
gedehnte Resektionen. Bei einer Frau wurde die Resektion gemacht, nach
dem eine Gastrolysis nnd später eine G. E. keine Heilung gebracht hatte
Es musste nach einer Leberresektionsstelle hin tamponiert werden. Hier ent
stand eine Fistel nnd Patientin starb am 15. Tage an Entkräftung. Bei eine
66jährigen Frau erwies sich der pylorische und jnxtapylorische Tumor al
malignes Leiomyom. Eine 68 jährige Frau, bei der wegen Blutung die Resek
tion gemacht werden musste, erholte sich ausserordentlich. Vier Fälle mi
sehr ausgedehnten Gastrektomien sind gestorben. Ausser dem schon erwähntet
nur noch ein Fall von Magenduodenumfistel.
Die Dnrchtrennung des Lig. gastrocol. und Lig. gastrohepat. geschieh
zwischen Klemmen. Das zweite Billrothsche Verfahren wird bevorzug
wegen der ausgedehnteren Resektionsmöglichkeit. Die G. E. wird nach de
Kesektion angelegt, da sie sonst hinderlich sein kann. Drei von den Pylor
ektomierten sind gesund nach 26, 28 und 15 Monaten.
Albertin (1) stellt eine Kranke vor, bei der erst eine Resektion eine
präpylorischen Tumors (Epitheliom) und später eine Pylorektomie mit G. E
ausgeführt hatte. Obwohl keine Stenose des Pylorus mehr vorhanden wai
hatte das Erbrechen doch nicht aufgehört.
Jithreebericht für Chirurgie. 11. Teil.
ordon (59) hat einen Fall von Hernie nach hinterer G. E. erlebt.
itjunumechlinge war von rechts nach links unter der Anastomose hin-
itreten. Der Fall ging in Heilung über.
aran anschliessend berichtet McÄrdle, dass er nach vorderer G. E.
3 vitiosus infolge Drehung und Adhäsionen von Jejunumschlingen er-
be. Nach Lösung der Adhäsionen und Rechtlagerung des Darms trat
; ein, die 13 Jahre angehalten hat. Seitdem führt er die hintere 6. K.
rzester zuführender Schlinge aus.
aylor empfiehlt auch die hintere Gr. E. und zwar auf beiden Seiten
Jer Anastomose das Jejunum noch eine Strecke weit festzanäheo. Er
iut eine bei Frauen häufiger anzutreffende Magenanomalie bin, die
schnüren entstanden sein soll, bei der die beiden Magenmündungen
einander genähert sind, wobei die kleine Kurvatur scharf geknickt ist.
[aughton erwähnt, dass er bei Neurasthenikern oft Adhäsionen
in habe, die zu mechanischer Obstruktion und zu Enteroptose Ver-
Dg gegeben haben. Bei einem seiner G. E.-Fälle hat er Circolns vitiosus
nfolge Einschneiden der Ränder der Mesokolonöffnung.
. Carkovic (29) bespricht zwei Fälle, in denen Gallenrückfluss nach
□rch eine Anastomose zwischen den beiden Darmschlingen nicht beein-
rerden konnte.
1 erateo ¥M, einem 28jBlirigen Mann mit Zeichen einer Pylorusstenose wwAe bei
parotomie eine Enickang des abrnbreDdeo Dannachenkels knapp aboral der Ana-
gefunden, anaaerdem eine Knicknng dea lufOhrenden Schenkels in der Uitte
I der G. E. Qvd der Kapelleracben Fixation am Magen. Nach der iweiton
n fühlt« sich der Patient wohl, fing aber bald wieder an, in der alten Weise
i erbrechen. Bei der dritten Laparotomie wurde der zufohrende Schenkel iwischen
d Fixation noch leicbt geknickt vorgefunden, der gut dDrohgSagige Pylorua bildete
rten Ring, in den der Daumen eingelegt werden konnte, wBhrend bei der ersten
n nur die Spitze dea kleinen Fingers eingeführt werden konnte. Eis wurde sowohl
■ms als auch der znfithrende Jejunal achenkel darcb eine zirkuUr angelegte Mabt
Trotzdem allmAhlicher Verfall und Uxitua. Bei dem faerauagenommenen MAgen
n die Kardia eingefalltes Waaser ordnungsgemSss durch den abfahrenden Schenkel
D. Die OkklDsion am Magensnsgang fand aicb am oberen QnerteU dea Dnodennm
Fingerbreiten hinter dem Pyloma.
1 zweiten Fall, bei einem IßjBhrigen Mftdcben, bei dem wegen narbiger Pyloras-
eine G. K. retroc. post angelegt war, nnd bei der gelegentlich der zweiten Ope-
Ine Art SporenbüduDg gefunden war. handelte ee eich um einen Gallen rOckflosa in-
bknicknng des lufOhrenden Schenkels aboral von der Gallenmündung. Wegen
inier Verwachsung dea Hagene mit der vorderen Baachwand wurde von einem
ise dea Pylorua Abstand genommen und nach Vorschlag von Rutkowaki ver-
e Kanalisation des abführenden Scbenkela darcb ein Gummidrain zu gewährleisten,
Magen aus eingeführt wurde und liegen blieb (Gaatroenteroatomosia). Trotz allem
;h diese Kranke nach anhaltendem Erbrechen zugrunde.
edentalls erscheint es wichtig, bei einer Relaparotomie wegen Gallen-
jg stets den Pjlorus zu untersuchen. Findet sich letzterer weiter ge-
, so muss er verschlossen werden,
.rmour (8) bespricht die Vorzüge der Gastrodnodenostomie vor der
Der grösste scheint der zu sein, dass keine Gefahr des Entstehens
Ileus pepticum besteht. Er beschreibt genau, mit Hilfe von Abbil-
, die Fi nney sehe Operation, die er Gastro- Pylo-Duodenostomie nennt,
jng des Pjlorus und dea ersten Teiles des Duodenum. In den oberen
rand wird eine Naht gelegt, an der man in der Richtung nach oben
kann. Eine zweite Naht kommt in die vordere Magonwand und eine
n die vordere Duodenalwand ; letztere beiden, von der oberen (Pjlorus-)
Moser, YerletiiiDgen nod Chirurg. Erkrankungen des Magens. 605
.Vabt gleich weit entfernt, etwa 12 cm weit, markieren die unteren Enden
der Magen- und Quodenal-Inzisionen. Nun wird an der oberen und den beiden
BDteren Nähten ein Zag ausgeübt, so dass Magenwand — längs der grossen
Kiirratur — und Duodenalwand einander genähert werden. Das Anlegen der
JiJDteren ersten — fortlaufenden — Naht wird dadurch erleichtert. Nach
dieser wird die vordere Naht angelegt und zwar als Matratzennaht; die Fäden
nerden zunächst nicht geknüpft, sondern lang gelassen. Von diesen liegen-
gelassenen Fäden wird die eine Hälfte nach oben, die andere nach unten zu-
sacimengerafiFt und nun erst, nachdem so Platz geschaffen ist, die hnfeisen-
i'jroiige Inzision durch Duodenum, Pylorus und Magen angelegt. Nach Anlegung
der luzisioD wird dorch die hintere Wand noch eine alle Schichten durch-
greifende, fortlaufende Catgntnaht gelegt, dann werden die Matratzennähte
der Torderen Wand geknüpft, worauf nach Bedarf noch Nähte zugefügt werden.
Bei starker Magendilatatiou, wo der neue Magenausgang nicht dem abhängigsten
Punkt entspricht, empfiehlt es sich, noch eine Gastropexie oder Gastroplora-
tiDD zuzufügen.
de Beule (17) hat, um Kückfluss von Galle und Pankreassaft in den
Magen und Circulus vitiosus sicher zu vermeiden, einen Knopf angegeben,
m dem das Lumen nicht gerade, sondern nach Art der Wasserhähne ge-
tugen verläuft, so dass die Öffnung im Magenteil des Knopfes terminal , im
Dannteil dagegen lateral ist. Nach Anlegung des Knopfes sieht seine Öffnung
laiera) in den Darm in der Richtung der rektalen Schlinge, was man leicht
durch die Darmwand durchfühlen kann. Die Richtung des Abflusses ans dem
Magen ist auf diese Weise gesichert; ebenso kann der Darminhalt nicht in
deo M^ien übertreten.
Es sind bis jetzt 22 G. E. mit diesem Knopf ausgeführt worden, zwei
daion können für die Statistik wegfallen. Von den übrigen 20 endeten zwei
letdl {= 10°/o). 18 Kranke waren wegen Karzinom, zwei wegen gutartiger
Stenose operiert worden. In letzteren beiden Fällen war glatte Heilung er-
zielt. Die gute Statistik glaubt de Beule darauf zurückführen zu können,
dass unmittelbar nach der Operation die physiologischen Verbältnisse zwischen
Magen und Darm wieder in normaler Weise hergestellt werden. Dazu kommt
die kurze Dauer der Operation (21— 25 Minuten), bei der weder eine Braunsche
AQüstomose, noch eine Suspension der Darmschenkel nötig ist.
Maury (97) gibt ein neues Verfahren zur G. E. an, ohne Eröffnung
vom Magen und Darm. Nachdem der Darm durch eine zweireihige Lembert-
D^t an den Magen befestigt ist, wird eine etwas stumpfe Nadel mit ge-
liebter Seide durch Magen und Darm so ein- und ausgestossen, dass zweimal
Dreiecke beschrieben werden, deren Basis immer parallel der Magendarm-
naht liegt Beim ersten Dreieck liegt die Spitze (= Ein- und Ausstich) im
Migen, die Basis im Darm, beim zweiten mit demselben Faden angelegten
umgekehrt. Die beiden Enden werden dann geknüpft. Auf die Festigkeit
dieses Knotens muss besonderer Wert gelegt werden. Darüber kommt wieder
noch eine Lembert-Nahtreihe. Das Verfahren ist an Hunden ausprobiert und
aoch an Menschen in 8 Fällen zur Anwendung gekommen. Eine veran-
Khaulichende Abbildung ist ausser im Original noch im Referat im „Zentral-
blatt für Chirurgie", 1905 S, 1041, zu änden. — Von den acht operierten
tlensclien sind 4 gestorben.
Wilms (153) hatte bei einem Patienten mit Kardiospasmus die Opera-
tionsmethode von Mikulicz versucht , Dilatation der verengten Stelle
666 Jabresbenoht fOr Chirurgie. II. Teil.
mittelst Zange. Die Erweiterang glückte aber nicht, auch nicht mit d'^r
Hand. Nun versuchte er durch retrograde Dilatation dem Patienten zu
helfen. Er führte eine Schiandsonde ein, an der eine Gummiblase befestiLrt
war. Durch eine Brechbewegang ist diese ganz leicht durch die Striklur
hindurchzubringen. Daranf wird die Blase mit einem Gebläse aufgebläht und
dann zieht der Patient die lut'tgefüUte Blase durch die Striktur zurii<.'k.
Durch dieses Verfahren haben sich die Beschwerden wesentlich gebessert.
Arce (7) empfiehlt zur Gastrostomie seine Methode, die den Vorzug
der Einfachheit hat. In lokaler Anästhesie legt er einen vertikalen trans-
muskulären Bauchschnitt an, dessen Ende nicht bis zum Novean des Nabele
reichen darf. Vom Magen wird eine der Kardia und der kleinen Kurratur
möglichst benachbarte Stelle genommen, die Seromuskularis an das Bauchfell
genäht nur soviel, dass ein Nelatonkatheter Nr. 18 genau eingeführt werden
kann. Naht der Haut. Die Eröffnung des Magens kann sogleich oder nach
12 Stunden erfolgen. Man bringt nun schräg von der linken zur rechten
Seite eine Sonde hinein etwa 10 cm tief und spritzt 200 — 300 ccm Nahrungs-
mittel ein. Arce sieht den Hauptwert seiner Methode darin, dass die
Magenwand nur mit dem Bauchfell eine Verbindung eingeht, die Schleimbaut
dagegen nicht mit der Haut vereinigt wird. Die mitgeteilten Resultate sind
gut, wohl dank der engen Fistel.
Bernot (16) weist darauf hin, dass bei einer Fistel eine Schlnss-
fähigkeit durch Sphinkterfaildung erzielen zu wollen unmöglich ist, da die
Fasern des Rektns immw nur von den Seiten schliessen, nicht ringförnus.
Ausserdem besteht die Umgebung der Fisteln aus Narbengewebe. Deshalb
sind auf Muskelschluss zielende Operationsmethoden von vornherein als ver-
fehlt zu betrachten. Eine Magenfistel kann ußdnrchgängig werden, wie jede
andere Fistel, infolge der normalen elastischen Spannung des umgebenden
Gewebes, wodurch die Wände des Kanals aneinandergedrückt werden. Der
normale elastische Gewebsdruck bildet auch den Hauptgrund für die Schlusf-
fähigkeit der Witzel sehen Fistel. Knickungen des Kanals in seiner Längs-
achse und eventuelle Klappenbildung können für die Kontinenz begünstigeod
wirken. Eine Klappenwirkung wird begünstigt, wenn die nach dem Innern
des Organs gelegene Wand des Kanals sehr dünn ist, wie bei der Mar-
wedelschen Fistel. Ausserdem hat die Marwedelsche Fistel den Vorzug,
dass sie bei relativer Einfachheit die kleinste Portion der Magenwand beas-
sprucht. Bernot hat die Marwedelsche Fistel in 2 Fällen mit gutem
Erfolg angewendet.
V. Hacker (66} stellt eine Frau vor, welche sich seit mehr ah
4 '/> Jahren ansschliesslich und ausreichend durch eine, die ganze Zeit über
tadellos schliessende Magenfistel (nach v. Hacker-Luecke) ernährt. Über
ihre Vorgeschichte ist auf dem Chirurgenkongress 1901 berichtet. Es war
im Anscfaluss an eine Sondierung ihrer Speiseröbrenstriktur eine Perforation
im Brustteil, 3 cm unter dem Jugulum, zustande gekommen, woher ein
völliger Narbenverschluss der Speiseröhre resultierte.
Legg (92) hat sich zur Gastrostomie wegen maligner Ösophaguser-
krankungen der Methode n:w;h Frank mit Modifikation bedient: Vertikale
Inzision links von der Mittellinie unter dem achten Rippenknorpel. Vom
Magen wird ein der Kardia möglichst nahe gelegener Teil in die Wumle
gebracht, er wird konisch genommen, wobei die Spitze des Konns so nahe
wie möglich der kleinen Kurvatur liegen soll. In diese Spitze des Konus
Moser, Verletinogeu nnd Chirurg. Erkrankungen des Magens. 667
verde □ zwei FührungsDähte gelegt. Dann wird eine zweite Inzision der
ersten parallel angelegt über dem äusseren Teil des linken Rektus. Zwischen
(im beiden Inzisionen wird der Kektus in eine vordere und eine hintere
Hälfte geteilt nnd die Spitze des Magenkonns nach der zweiten Inzision zu
hindurchgezogen. So ist der Magenkonus ganz von Muskelmasse umgeben.
Die Spitze des Konus wird an Haut und Rektusscheide angenäht. Nach
^uhluss der Hautwunden wird die vorgelagerte Magenspitze zwischen den
beiden Nähten eröffnet, so dasa der Katheter Nr. 9 oder 10 eingelegt und
befestigt werden kann. — Bei diesem Vorgehen hat Legg gute Resultate
m verzeichnen gehabt. Den Katheter hat er zunächst 4—5 Tage liegen
lassen, dann aber nur zur Fütterung eingeführt. Gefüttert wird alle
4 — 5 Stunden (peptonisierte Milch und Brandy). Exkoriation der Haut hat
er bei dem Verfahren nie beobachtet. Ausfluss von Mageninhalt konnte stets
verhindert werden. Häufig ist der Ösophagus wieder durchgängig geworden.
Von 15 so Operierten haben 6 eine postoperative Lebensdauer von
<i Wochen bis 7 Monat gehabt. Alle kamen in besseren Emahrungezustand,
5 starben bald nach der Operation.
Mayo-Robson (127) hat die Jejnnostomie in der Art angelegt, dass
er die zn- und abführende Jejunumschlinge durch eine kleine Anastomose
\eTbindet nnd in die Spitze der Schlinge einen Katheter Nr. 12 einnäht, der
in die abführende Schhnge mündet.
Cm die Verschlussnaht von Magen und Darm bequem und sicher aus-
führen za können, hat Graser (63) eine Quetschzange anfertigen lassen,
veiche in der Mitte der Fassenden einen Ausschnitt hat, durch welchen bei
festsitzender Zange unter Hin- und Herfuhren einer geraden Nadel mit fort-
ianfendem Faden die Naht angelegt werden kann. Der Magen bezw. Darm
vird dicht an der Zange abgeschnitten, die Schleimhautreste mit dem Thermo-
kauter verschorft, dann durch die Rinne der NahtverschluBs anageführt. Diese
Versohl nssnaht liegt zwischen zwei fest znsammengepressten Teilen, so dass
«in Durchsickern von Flüssigkeit durch die Stichkanäle ganz ausgeschlossen
ist. Nach Abnahme der Zange wird die Verschlnssnabt doppelt übernäht.
Die Sicherheit des Festliegens der Zange ist durch die Doppelfurche vermehrt,
so dass man mit der Zange die Teile gut festhalten and auch vorziehen
kann. Die Zange ist zn haben beim Instromentenmacher Kleinknecht in
Erlangen.
Blnm (20) berichtet über Versuche mit Ölkuren bei Magenkranken.
Wegen der häufig vorgefundenen Abneigung gegen Einnehmen von öl, das
dann Anfstossen und sogar Erbrechen veranlassen konnte , ist es nicht zu
geben, wenn eine frische Blutung bestand oder zu befürchten war. Manch-
mal wurde öl besser vertragen, wenn es nur esslöffelweise gegeben wurde.
In Fällen von Hyperchlorhydrie mit und ohne Hypersekretion wirkt das
Ol durch Herabsetzung der Säurewerte günstig ; es befördert den Stuhlgang
nnd hebt den Ernährungszustand. Dauererfolge waren aber auch hierbei
nicht zu erzielen. Dagegen konnte bei Ulcus ventriculi und dnodeni sowie
bei organischen Stenosen des Pylorus ein günstiger Einflusa nicht festgestellt
Verden. Bei hochgradigen Stenosen ist das Öl sogar kontraindiziert, da es
bei dem zu langen Verweilen im Magen Fettsäuren abscheidet. Schliesslich
fand Blum auch, dass das Öl sogar bei einem sicheren Fall von Pyloro-
spasmus versagte.
Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
i) Verletzungen. Ulcus ventriciili traumaticnm und Fremd-
körper.
56. 'Ackermann, Trauma and chronic compreesion of the epigaatriam «s etiological
factora of gaetric. nlcer. Ued. News. 14. I. 1905.
57. BarazUcj, K. Beitrage tu den Verletzungen des Zwerchfells, des Magens und der
BaucbspeiebeldrQae. Hitteilaog aas der kgl. ung. Chirurg. UuiTersitStsklinik Nr. II.
Orvosi UeUlap 1905. Nr. 20 n. 21. (Ungarisch.)
58. 'Cheuieuz, Uns fourchette dnna l'eBtomac. Bali, et mdm. da la Soc de cfair. de
Paris. 1905. Nr. 19.
59. Fertig, Über Ulcus Tentricnli tranmaticum. MQnch. med. Woehansehr. 1905. Nr. 37.
p. 1781.
60. Gordinesu, Corps ätranger de restomac. Ball, et mim. de la Soc. de Cbir. de
Paris 1905. Nr. 17.
61. 'Hartmann, Piices de deux sons arreteea temporairement dana Testoroac. Soc de
cbir. 1905. Nr. 83 {?).
62. 'Haim, Stichrerlettung des Magens. Wiener klin. Wocbenschr. 1905. Nr. 47.
63. JAhoingen, G., Über Terletinngen des Magens darch Geschoase. Inang.- Diseert.
Berlin. 1905.
64. Juvara, K., Beitrag Eum Studium der Haargeschwfllste , die man im Magen finden
kann. Reviats de chjr. 1905. Nr. 8. 97 8. mit 9 Fig. (Ramftnisch.)
65. McLeod, U.. A remarkable coliection of foreign bodies removed from tbe stumacfa.
Practitioner. Sept 1905.
66. Michilkovicz, E. v., Fall von Tricbobeioar des Magens, dnrcb Gastrostomie (le-
heilt. Mttteil. a. d. kgl. nngar. Uni Terait Ata- Klinik Nr. I. Orroai Hetilap 1905. Nr. 2i.
(Ungarisch).
67. Henhans, Zur Kaauistik der poattraumatischen Magendarmatanosen. Honatssckr.
r. ünfallheilkande. 1905.
67a.— Traumatische Mageustenone. Berl. klin. Wocheoachr. 1905. p. 1125.
68. 'Reynier, Double plaie pändtrante de U grosse tubäroeitd de l'eslomac. Soc. de
cbir. 190S.
69. 'Savariand, Donble plaie pdnätraute de la grosse tubdrositd de l'esloRiac. Bufl.
et mim. de la soc de cbir. de Paris. 18. X, 1905.
70. Tawaststjniia, 0., Über die anbkntsnen Rupturen des Magen-Dannkanala mit
BanchTerletiuDgen. Helsingfors 1905.
71. Weisbach, H., Ober Seh usa Verletzungen des Magens. Inang.-DJss. Berlin 1905.
Borszekys (157) Beiträge enthalten die kasuistische Veröffentlichung
on vier Fällen, die er an Prof. y. Reezeys Klinik beobachtete.
In zwei Fällen vrar das Zwerchfell verletzt, einmal durch Stich, das
ndere Mal durch SchuBS ; der erstere Kranke heilte, der letztere starb an
'eritonitis, 30 Stunden nach der Operation. Je eine Schussverletznng des
fagens wie der Pankreas heilten ; im letzterwähnten Falle sass das Projektil
a der Bauchspeicheldrüse und zur Blutstillung musste ein Teil der Drüse
oppelt umstochen werden. Gergö (Budapest).
Jähningen (163) bespricht die Schussverletzungen des Magens. Bei
fichtauffindbarkeit der Ausschussöffnung an der hinteren Magenwand soll man
lach Forgue und Fraubans Bat den Magen inzidieren und von innen ab-
asten, um das Geschoss zu finden, da infolge Verbleibens des Geschosses im
lagen Geschwiirsbildung mit tödlicher Blutung beobachtet worden ist. Ein ein-
ächer Riss in der Schleimhaut des Magens ist durch Naht zu schliessen. Bei De-
Bkten von über Fünft'rankstückgrösse oder starker Quetschung der unter der
chleimhaut liegenden Schichten muss die hintere Magenwand in ganzer Dicke
eseziert werden, da sich nur so die Bildung eines peptiscben Geschwürs ve^
Hoser, Verletznngen und cfafrnrg. Erkrankungen dea Magens. 669
meiden lässt. — Die Sennschen Wasserstoffeintreibungen bei Verdacht auf
Verlegung des Magendarmkanals sind von zweifelhaftem Wert, da sie nicht
nngefibrlich sind und ein negatives Resultat auch nicht eine perforierende
VerletzuDg ausscbliesst, wie Zoege v. Mantenffel und Crowley gezeigt
haben. — Die nach konservativer Behandlungsmethode häufig zurückbleibenden
Magenfistetn machen oft noch die Gastrorrhaphie notwendig. Die sofortige
Laparotomie, auch im Kriege, erscheint nötig bei arteriellen Blutungen and
Viei Austritt von Inhalt in die freie Bauchhöhle. Soldaten und Krankenträger
sind zu nnterrichten, einem durch den Bauch Geschossenen weder Wasser
noch Alkoholika zu reichen.
Weisbach (171) bespricht die früheren Behandlungsmethoden der
Magenscfaussverletzangen und führt mehrere Fälle von Heilungen ans der Ge-
schichte an, auch solche, die bei gefülltem Magen stattgehabt haben. Er be-
richtet weiter über die ersten erfolgreich ausgeführten Laparotomien. Gegen
die sofortige Laparotomie mehren sich jetzt die Stimmen. Erst das Feld-
lazaret kann der geeignete Ort für eine Laparotomie sein. Im übrigen ist
im Kriege die abwartende Behandlung die richtige, mit Ruhe und Opium.
Der Transport ist möglichst zu beschränken. Im Frieden dürfte unter günstigen
Bedingungen die Berechtigung der Laparotomie zu Recht besteben.
Neuhans (167) teilt einen Fall von posttraumatischer Magendarm-
stenose ans der Hildebrandschen Klinik mit:
Ein 47jftbriger Bergmann war im Mai 1904 durch einetOrzende Erdmassen ver-
scbDttet worden. Er war mittelst eines um den Körper geschlungenen Strickes ana seiner
Lage gezogen worden. Seit dies«m Unfall litt er an Schmerzen in der Magengegend, denen
uch bald saures Aufstassen und Sodbrennen EOgeaellten. mitunter auch Erbrechen, All-
laiblich nahiii aber du Erbrechen zu, feste Speisen verursachten mehr Beschwerden. Bei
der Aafnahms, 29. III. 1905, fand m&n hei dem mageren Mann nur Druchachraera in der
Msgengegend nod Ausdehnung dea aufgebifihlen Magens bis zwei Querfiuger unter Nabel-
bshe. Frei« SalzaBnre fehlte, MilchsAure, Büktorien, Kokken, Sarzinen waren vorhanden.
Bei der Laparotomie, 5. IV. 1905, waren zwischen Magen nnd Duodenum zahlreiche Sachen-
artige und strsugfötmige Adhäsionen. Auch bildete der obere Teil des Duodenoms infolge
Vciwacheungen einen nach oben offenen Bogen. Ebenso zogen Strange nach der Leber
und Gallenblase. LOsung der Adh&eionen und G. E. ant. 6. V. 1905 geheilt entlassen.
Nach zwei Monaten konnte festgestellt werden, dasa die Magenbettch werden geachwunden
waren nnd dass sich der Mann erholt hatte. Er konnte wieder fest« Speisen geniessen,
ohne za erbrechen.
Fertig (159) veröffentlicht einen Fall von frischen traumatischen Ge-
schwüren, die zum Verblutungatod getührt hatten. Die Ukera sassen an der
kleinen Kurvatur, also dort, wo Sanerbruch bei Versuchen an Hunden die
fiuptnren vorfand. Man muas sich vorstellen, dass dort die Schleimhaut ver-
wundet war. Durch Infektion und peptiscbe Auflösung des erst infiltrierten,
dann nekrotisch gewordenen Gewebes kam es zur Ausbildung eines Ulcus,
deren eines nach Arrosion der Arterie znr tödlichen Blutung führte.
Der 28 jfthrige, vorher vollkommen gesunde Kranke erhielt einen Hnfschlag gegen die
Mitlc der Brust. Etwa eine 7ierte1etunde spdter will er, auf seinem Bett liegend, wieder
eiwicbt sein. Er klagte Ober Schmerzen im ganzen Leib und Ober Atembeklemmung. Er-
brechen war nicht, nnr einmal Würgen eingetreten. Daa Abdomen war ein wenig aufge-
trieben, die Banchdecken gespannt und druckschmerzhaft. Laparotomie 2* i Stunden nach
it: Miblzeit. Der gefOllte Magen zeigte "keinerlei Verletzungen ; nur aus der Gegend dea
Ligsmentum hepstogaatricom kam ans der Tiefe etwas Blut. Dorthin wurde ein Tampon
ptlÜiH, daa Abdomen im Qbrigen geschlossen. Am zweiten Tage post operationem Meteo-
rinmu nnd Erbrechen; Stuhlen tleemng ohne Blut; Temperatur 39,6. Tom Abend dea
vierten Tages an sich wiederholendes materbrechen, zunehmende Anlmie , schliesslich
blutige Stahlentleemngen und Exitus. Bei der Sektion ein groaser Blutkuchen im Hagen
gefoiiden. An der kleinen Karvatur sassen in einer Linie nebeneinander vier UIcera, drei
fO Jabresbericht fOr Chirurgie. U. Teil.
lioere von ',i^l cm Durchmesaer hatten eine ziemlich runde Form, das vierte, ifvn
lorns lunftchst gelegene, 5 cm von ihm entfernt, war oval, qaergeatellt zur kleinen Enr-
tur, 3 cm lang und 1,5 cm breit. Die tieachwQre hatten scharfe überbtngende Ränder
ä durchsetzten die Magenwand vollkouimen. Der Äbacblasa nach der Peritonealhühle
r durch diie an der kleinen Kurvatur ansitzende Liüanientum hepatogastricam gebildet
der Tiefe des gröesereu Dlcna fand sich ein kleiner, sieb fest anfQhlender Vorspning,
r ein Lumen einrr arrodierten Arterie, jedenfalls der Coron an a ventricoli destra, aufwies.
Die 22jährige Kranke T. Mich^lkovics' (166) litt seit ilirem 11. Leb€n&-
lire an Magenbeschwerden. Eine bestimmte Diagnose konnte vor der Ope-
tioD nicht gestellt werden.
D o 1 1 i n g e r führte die Probelaparotomie aus und entfernte durcl»
istrotomie eine 12 cm lange, 8 cm breite, ö'/a cm dicke und 270 g schwere
largeschwulst. Auch mikroskopisch erwies sich die Geschwulst als aus den
laren der Patientin bestehend, trotzdem sie ein Verschlucken derselben
ignete. Heilung. Gergö (Budapest).
Von einer grossen Anzahl von Fremdkörpern im Ma^en berichtet Le od (165):
BOjahrige Frau hatte durch einen Unfall einen Daumen verloren und seitdem ver-
liedene GegenstBode verschlackt, um sich das Leben an nebmea. Beginn dar Schmerzes
ka oberhalb des Nabels. Entwickeinng eines Abszesses etwas unterhalb dieser Steile,
t GrOffoung desselben wurde eine Kommunikation mit dem Hagen gefunden , die er-
itert wurde. Die MagenwSnde waren dick ; die OSnung durch derbe Verwacbaungen von
r PeritoDealhShle abgeacfaloasen. Eb war im Magen eine ganze Reihe von Fremdkörpern.
.ar- und Stopfnadeln, andere Nadeln, Nogel uaw. Um die öftonng. auf die Haut wurds
le Natr. bicarb.-Salbe geatricbau und Rektalera&bnmg vorgenommen. Die Frau starb
>r nacb 6 Tagen.
Basiert auf einem Falle, studiert Jurara [164) gründlich und allseitig
ase Frage und beschreibt die anderen 27 ähnlichen bis jetzt bekannten
nie. Der Fall Juvaras betrifft ein löjährigea Mädchen, das seit 3-4
loaten an Schmerzen und Geschwulst im Bauche leidet. In der Magen-
gend fühlte mau eine zweifaustgrosse bewegliche Ge&diwulst, die als Ren
>biliB oder als Zyste des Epiploon imponierte. Während der Laparotomie
hlte man genau die Geschwulst im Magen, eröffnete ihn und ezstirpierte
i Geschwulst. Dreireihige Sutur der Magenwände. 12 cm lange, 6 cm breite
d 4 cm dicke und 250 g schwere Geschwulst, aus zusammengeballten Haartn
stehend, manche lockenartig, die ihr gewisse Ähnlichkeit mit einer Perrticke
ben. Die kleinsten Haare 4—5 cm, die längsten 14 — 18 cm, tiefbrauner
trbe. Am Durchschnitt bilden die Locken die Kortikalis; die Medultaris
tstebt ans maschenartigem, mit Haar gewebtem Gewebe, im Zentrum eine
«ine Sphäre aus Haar und Gras bestehend. Die Kranke gibt zu, dass sie seit
tr Jahren die schlechte Gewohnheit, Haare zu kauen und zu schlucken, inne
tte. Keine nervösen Degenerationssymptome. Sto'ianoff (Varnai.
Gastroptose. Magendilatation, Postoperative und paren-
chymatöse Magenblutungen.
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Jejanalgrenze und seinen Zusammenhang mit akuter Hagendilatation. Beitr. z. klin.
Chir. 46. Bd. p. 388.
Bei einer von Bradbnrne (173) angegebenen Bandage gegen Gastro-
ptose bildet je ein Scbenkelring nm jeden Oberschenkel den Stützpunkt. An
jedem dieser Ringe sind drei Schnallen übereinander befestigt, die nach auf-
Tärts und medialwärts ziehen. An jeder der drei Schnallen hängen Gurte,
die schräg nach aufwärts über das Abdomen ziehen, hinten herum gehen und
«ieder nach vorwärts zu den entsprechenden anderen Schnallen. Der ganze
Xürper ist also von einem dreifachen elastischen ßand umgeben , wobei der
Druck besonders an den unteren Partien wirkt. Durch die Schnallen kann
der Drack reguliert werden. Der Vorteil dea Apparates soll unter anderem
darin bestehen, dass die bypogastrische Gegend besonders gestützt wird,
äass auch die einzelnen Teile leicht erneuert werden können. Der Apparat
^rd angefertigt von W. H. Bailey and aon of Oxford-street, London W.
Sheldon (189) empfiehlt bei Atonie des Magens, die chronische Gastritis
uu] mangelhafte Entleerung des Magens zur Folge hat, die G. E. mit Pyloros-
lerecUuss. Es sollen daraufhin nicht nur die Magenbeschwerden weichen,
sondern auch Neurasthenie und Verstopfung. Denn die Neurasthenie resul-
öert oft aus der Absorption toxischer Produkte von einem sich nicht gut
eatleerenden Magen. Jeder Fall von heftiger und lange andauernder Dys-
Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
ie, der mit anderen Mitteln vergeblich behandelt ist nnd der auch keine
Brung zeigt, wenn der Kranke zwei Wochen lang nur rektal ernährt K-ird.
! der Operation zugeführt werden. Sheldon teilt drei einschlägige Krank-
ßüle mit. Bemerkenswert ist, dass er in der gleichen Indikationsstellung
al operiert hat und dabei ein kleines Karzinom des Pyloms vorfand, d^s
irnt werden konnte.
Ekehorn (177) gibt den Sektionsbericht von einer riesigen Magen-
ation von einem Mann, der während des Lebens nur leichte dyspeptische
bwerden und Verstopfung gehabt hatte.
Die Magenatonie, die eine Erschlaffung der Magenmuskulator vorstellt,
sich zu jeder anderen MagenafTektion hinzugeaellen. Eine Gastroptose
nicht unbedingt damit verbunden sein. Die atonische Erweiterung ist
Wegele (191) schon ein höherer Grad, bei dem der Magen moi^ens
. ganz leer wird, ohne dass ein Hindernis am Pyloms vorliegt. Durch
'age bei Chirurgen hat Wegele erfahren, dass Ektasien ohne organische
)se des Pylorus nur in den seltensten Fällen zur Beobachtung kommen
dass dann meist dabei Gastroptose vorlag. Eine tonische Kontraktur
'förtners ist aber noch bei keiner Operation festgestellt worden. Wegele
einen Beweis fitr das Vorkommen einer atonischen Ektasie darin, dass
i das in den Magen eingegossene Wasser nur zögernd der Heberwirkun^'
ler Magenspülung folgt und langsam ausfiiesst, während es bei der steno-
er Erweiterung infolge der Hypertomie der Muskulatur gleich nach Ein-
mg des Schlauches herausgestürzt und rasch abHiesst Wenn schliesslich
akute Paralyse des Magens vorkommt und allgemein anerkannt wird, >o
ein Grund vorbanden, warum nicht auch eine chronische Parese wie bei
itonischen Magenerweiterung entstehen kann. Schliesslich spricht auch
las Vorkommen der atonischen Magenerweitening, dass man Kranke Diit
»sprochener Ektasie und motorischer Insuffizienz zweiten Grades durch
e Behandlung völlig und dauernd heilen kann. Er verfügt über drei
'tige Fülle.
Aus einem mit vertikaler Fältelung des Magens nach Bircher
- Ijestem Erfolg operierten Fall von Magendilatation infolge einfacher
ie des Magens nimmt Laffranchi (183) Veranlassung, um nachzuweisen,
.TOtz der gegen sie erhobenen Einwürfe die Birchersche Operation (die
s Gastroptyxie, von mvg Falte, bezeichnet) mit Vorteil in den Fällen
Magendilatation angewandt werden können, die nicht auf Pylorusstenose
len. R. Giani.
Monzardo (186) berichtet von einem Fall von Gastrectasia atonia,
ler mit der Gastroenterostomia transmesocolica post. nach v. Hacken
dem Murphy sehen Knopfe behandelt wnrde: am 7. Tage traten mit
Abfallen des Knopfes ^le Anzeichen für die Bildung eines falsclien
ils auf, so dass Monzardo von neuem eingreifen und die Enteroanasto-
zwischen dem afferenten und dem efferenten Abschnitt der für die
'oduodenostomie gewählten Schlinge vornehmen mnsste. Für den Verf.
ie ideale Operation stets die von Roux. R. Giani.
Jonnesco (181) hat einen Fall von Tetanie beobachtet, der dnrcb
ition geheilt wurde.
40j8hrig«r Hbdii. Seit 10 Jahteo HageDschmeraen, dia mit reichlichem, eiuer
ndem Erbrecfaen endeteu, seit zwei Jahreu häufiger werdend. Anfug liK)3 war «Uiki
^ruDg lu findeo; die Schmersau atrablten in die ZwiachenschDltergegend aas. GrMM
Moser, Varletzangen and cbirarg. Erkruikungen des Magene. C73
[uTilar b«i leerem Mftgen in HObe des Nsbels. Nflchtem irarden 800 g eioes aaaat
^><livDilen Breies ausgehebert; GaB. Äcid. 130, freie Ssizstture 80; Saccine und Hefe vor-
Usden. Auf MageuspDlniigeD verschwand der nflchterne ßDckatand; der Zustand begaerte
ncfa, iber Dicht lange. So ging es bis Herbat 1903, wo nach einer Amylaceendiftt die Schmerzen
b?fliger worden. Das Erbrocbeoe übertraf jetzt die getrunkene Menge. Der Mageninhalt
iir fajper«£ide und mit BlutnpDren Tenniacbt. Wieder Beeserang, wenn auch nicht in
iem Masse wie früher. Im April 1904 kam beim Yerauch einer SpOlong, als die Sonden-
tfhze den Pharynz berührte, ein Strom von 300 g klaren Mageninhalts herana. An dem-
wlben Tage erbrach er abends noch 2 kg sauer riechender FIflseigkeit. Er klagte dabei
aber Gefabl von Am eisen kriechen an den Fingerspitzen und Waden, bald darauf stellte
sth ein typischer Tetanieanfall ein, der sich beim Terancb einer Eochsaliinfnalon und
ipit«r wieder nach Einnahme eines Glases Wasser erneuerte. Bei der Operation fsjid sich
ia Magen dilfttiert, Arei von Adhäsionen. Pyloras deutlich verdickt und harter wie ge-
«öbolidi. G. B. retrocoL post. Heilung.
Es hatts-hier der hyperazide Magensaft infolge eines Diätrehlers (Amyl'
ueen) eiDen solchen Grad von Hyperazidität erreicht, dass die dadurch be-
dingte ReizuDg des Duodenum reflektorisch einen Pylorospasmus verursachte.
Dabei traten Mageuschmerzen und Erbrechen auf. Nach Spülungen ver-
schwand wieder der Pylorospasmus. Als das primäre Leiden sieht Jonnesco
die Hyperchlorhydrie an, diese führte zur intermittierenden Magenektasie.
Die Hypersekretion setzte erst ein, als die Pylorusstenose dauernd geworden
T^r. Die Hypersekretion verschwand sogleich nach der G. E.
Dem Verfahren von Bonveret und Devis folgend bat Jonnesco
T50 g von dem am Anfallstage Erbrochenen 6 Tage lang bei 37 " eingetrocknet
md dadurch 24 g gewonnen. Davon wurden je 8 g in Alkohol, in Ätber
Dod in Glyzerin 24 Stunden lang eingelegt und nach Filtration im Wasser-
bide bis zur Eintrocknung abgedampft und sodann in je 20 g destillierten
Wassers aufgelöst. Nach Injektion von 5 g Alkoholextraktlösung, d. h. 0,70 g
Mkoholextrakt, in die Vene eines 1400 g schweren Kaninchens wurden keine
Vergiftungser8cheinnngen beobachtet, während nach Bouveret die gleiche
Dosis schon krampferr^end gewirkt haben würde. Das toxische Agens war
im .Magen dieses Kranken in kleinerer Menge vorhanden, was wohl auf die
läufigen Ausspülungen zurückzuführen ist. Zugunsten der Kussmaulschen
Theorie — Verdickung des Blntes und Eintrocknung von Nerven und Moskebi —
spricht, dass auch in diesem Fall durch Eingiessung von Kochsalzlösung die
.\n^le beseitigt werden konnten. Jonnesco neigt zn der Ansicht, dass aus
der Tätigkeit der Organe, vor allem der Muskeln, krampferregende Toxine
TOD unbekannter Zusammensetzung resultieren und letztere in den Körper-
säften bis zn einem gewissen Grade verdünnt sein müssen, um durch das
Nierenepithel zu gehen and nach aussen zn gelangen. Sind sie es aber wegen
Wasserverlust des Körpers nicht, so wenden sich ihre Wirkungen gegen den
Organismus selbst, die Tetanie erzengend. Um von diesen Tosinen sich zu
befreien, eliminiert sie der Körper teilweise durch die Magenwand nach aussen,
gerade wie er es auf dem gleichen Wege mit dem Harnstoff bei der Urämie tut.
Kauscb (182) bat weder im Material der Breslauer Klinik, noch in
der Literatur einen Fall finden können , in dem eine schwere Magenektasie
ubne ein Hindernis am Pyloms bestanden hätte. Er ist der Ansicht, dass
die schweren Grade von mechanischer Störung des Magens nnr infolge von
richtigen Hindernissen entstehen, niemals durch Krämpfe oder Pylorospasmns,
"ahrscbeinlich auch nicht durch Lähmung und Atonie.
Nach Necks Sammelreferat sind 44 Fälle von akuter Magenerweiterung
inr Sektion gekommen. Die Magenwandungen sind verschieden angegeben,
litmtbgrldit IBr CbiruTKla ItXKt. 48
674 JshrMberiobt fOr Chimrgie. II. Teil.
alB normal dick, als mittel und als dünn. Der Pylorns wird von einigen ah
weit bezeichnet, öfters war er nach nnten versclioben. Wünschenswert sind
in künftigen Fällen noch weitere mikroskopisclie Untereacbungen der Ma^en-
wand. Das Duodenum war bisweilen teilweise an der Dilatation beteiligt.
SektioDsbefunde von gleichzeitigem arteriomesenterialen Darmverschlnss werden
verschiedentlich berichtet. Die Wirkung der mesenterialen Kompression ist
nicht in allen Fällen deutlich. In einer Anzahl von Fällen aknter Magen-
erweitenuig bestand kein Anhaltspunkt für eine frühere Magenerkrankung,
bei anderen bestanden früher Magenbeschwerden, bisweilen auch andere den
Magen indirekt schädigende Erkrankungen wie Scharlach. Bei Anftreten der
Dilatation nach Operationen ausserhalb der Bauchhöhle muas das Narko-
tikum dafür verantwortlich gemacht werden. Wahrscheinlich wirkt Cblori}-
form schädigend auf muskulöse und nervöse Elemente der Magenwand. \eck
bat Dilatation auch nach Veronal(0,l) auftreten sehen. Diätfehler sind wohl
öfters verantwortlich zu machen. Bei vielen Kranken war auch der Emäb-
mngsznstand ein schlechter. Schädliche Gase wie Schwefelwasserstoff wurden
auch im Magen gefunden. Viele berichten von Fehlen freier Salzsäure. BIqI
konnte bisweilen im Erbrochenen nachgewiesen werden.
Ausser dem Erbrechen und schnellem Kräfteverfall sind von andern
Symptomen erwähnt; Benommenheit, Delirien, Schwindelgefühl, Schmerzen in
der rechten Unterbauchgegend oder Epigastrinm oder im ganzen Bauch: all-
gemeine oder teilweise Auftreibung des Leibes, vermehrte Peristaltik der
Magengegend, Anfstossen, angehaltener oder stinkender und flüssiger Stuhl,
normale oder subnormale, ausnahmsweise erhöhte Temperatur, erhöhte Atem-
frequenz und Beklemmung, kleiner Hiegemler Pule, Durstgefiihl. Zur Diugnosen-
stellung ist unbedingt Einführung der Magensonde notwendig. — Die Prognose
ist ernst. Von 64 Fällen sind 47 gestorben, 17 geheilt. Die Behandlung
besteht in Magenaushebeningen dreimal täglich am besten in Beckenhoch-
lagening, Entziehung jeglicher Nahrung, solange Erbrechen besteht, t'ber
den Wert der Bauchlage sind die Ansichten geteilt. Ein chirorgiscber Eingriff
soll nur als ultimum refugium aufgefasst werden. Die Entleerung des Magens
geschieht dann am besten durch eine G. E.
Chavannaz (175) berichtet von akuter postoperativer Magendilatation.
1. 33jibrige Jaogfraa. Zwai gestielte Fibrome mittelst Laparotomie vom Uterus ih-
getrsgOD , das linke eigrosse Ovarlum entfernt, vom linken nur ein kleiner FibronknotcD.
Drainage durch den Douglas, Naht der Hautwunde. Am DAcbstea Tage stellte sich br&ui-
lichSB Erbrechen ein. am abernfichaten Tege Pule 108 bis 120, nncb keine Winde, Leib
aufgetrieben. Das Drain wird entfernt. Am dritten Tage Puls 130. Temperator 37,6; die
Atmung ist behindert. Miicfa einmaligem schwärzlichen Erbrechen Tod. Bei der Autopsie
findet man den Msfieu bis zur Sjniph;Be reichend mit brftunlicher Flasaigkeit angefüllt.
2. 4Ujfthrige Frau. Totale H^sterektomle und beiderseitige Salpingektomie. Draintgi^.
Am vierten Tage Stnhientleerung. Bald darauf stellten Hich in der linken nnteren Tboru-
Seite Schmerzen ein , bald Meteoriamtts. Am zehnten Tage setzte anhaltendea ErbienbeD
einer brüaniichen Flüssigkeit ein. Nachmittags Puls 112, Temperatur 38,0 nod bald b«-
drohliuhe Erscheinungen. Mittelst Magenach laue h es werden B Liter Mageninhalt estleerl.
darauf SpUlung und Slrychnininjektion nebst Lagerung anf die rechte Seite vorgenonunen.
Am nScbsteo Tage konnte wieder ein Liter aus dem Magen entleert werden, worauf
Heilung einsetzte.
Die Diagnose wnrde im zweiten Fall rechtzeitig gestellt dadurch, da.>s
iie Kranke alle Augenblicke 1—2 Löffel brauner Flüssigkeit erbrach ohne
jede Anstrengung. Dieses Erbrechen ist ähnhch bei der Miktion bei Inkon-
tinenz. Dann sprach die lokale Ausdehnung des Magens dafür. — Die
Moser, VerletEuiigeD nod cbirorg. Erkrank ungen des Magens. 675
Kenntnis dieser Vorkommnisse ist sehr wichtig, da die Therapie sehr einfach
ist die Unterlassung der Therapie aher den Tod herbeiführt.
M o t y (175) hält die von Reynier, Legueu und Q u e n u beschriebenen
Erscbeinangen fnr Steigerangen gewisser leichterer Erscheinungen, die in den
ersten Tagen nach Operationen oft auftreten. Es sind das Erbrechen und
Durchfalle, die infolge einer Autointoxikation hervoi^emfen werden nnd
«cbnell verschwinden, wenn diese toxischen Stoffe ans dem Darmtraktns ent-
fernt werden.
Hartmann weist anf die von Delbet erwähnten Paralysen des
Magens bio, die nicht mit dem Girculns vitiosus zu verwechseln sind, da sie
ihm auch nach Resektion mit Einpflanzung des Duodenum in den Magen
Torgekommen sind. Er pflegt in solchen Fällen nach den Magenspülungen
sogleich ^1* Liter Milch durch den Magenschlauch einlaufen zu lassen.
Tu ff i er unterscheidet die einfache Ausdehnung des Magens mit
schwärzlicher Sekretion, die durch Ansspülongen zu heilen ist, von den Fällen.
in denen eine Paralyse einen vorher schon dilatierten Magen befällt. Er
nibrt einen solchen Fall von Hypersekretion und Dilatation nach G. E. von
Antipas an.
553&hriger Hano mit Magenektasie. 0. E. retroo. post. Tod nach 46 Stunden nnter
Zcichee der inneren Einklemmung. In der Leiche reicfate der Hagen bis xnni Schambein)
' nd tnthielt 4 I^ter schw&rElicher FlQasigkeit; am Peritoneam nichts Krankhaftes, NBbto
dicht. Sowohl der neue Magenauagang wie der alte Pylaroa vollkommen durchgingig.
Eainerlei Zeichen eines Circnlns vitiosus.
Ob eine plötzliche Dilatation nach einer Operation einen vorher nor-
malen Magen bis zum Schambein ausdehnen kann, diese Frage lässt Tuffier
Qoch offen. Er hat solche Fälle nicht gesehen. In der seh wärzli üben
Flüssigkeit im Magen bei diesen Fällen ist das Blut oft nur noch spektro-
skopisch nachzuweisen.
Harmloser sind die Fälle, in denen die Ausdehnung des Magens nur
durch Luft bewerkstelligt ist. Das kommt nicht nur nach Operationen sondern
schon nach einfachen Traumen der Regio epigastrica vor. Tuffier hat
einen derartigen Fall so hochgradiger Art gesehen, dass dei<halb die Lapara-
tomie vorgenommen wurde. Ein Mann war von einer Leiter gefallen. Bei
der Operation wegen der starken Anftreibung wurde nichts gefunden, der
Leib zugenäht. Am nächsten Tage war die Anftreibung so hochgradig, dass
liie Nähte durchschnitten und das Netz vorlag. Schon nach einem früheren
lofall hatte dieser etwa öOjährige Mann eine ähnliche Anftreibung des
Magens gehabt. Er war im übrigen gesund, ohne Spuren eines nervösen
Leidens. — Die Fälle von Ausdehnung mit Hypersekretion, die anf Magen-
spülung nicht heilen, sind septischer Art.
Reynier zeigt die Pulskarve eines Hnndes, bei dem er nach Ab-
bindnng von Pylorus nnd Kardia den Magen mit Wasser angefüllt hat. Man
sieht mit Znnahme der Flüssigkeit im Magen den arteriellen Druck sinken.
Gegen die Ansicht, dass die Erscheinung auf Infektion beruhe, führt er an,
dass derartige M^endilatationen auch nach anderen Operationen , z. B. an
Nieren, bei denen das Peritoneum nicht berührt worden ist, vorkommen. Er
erwähnt einen derartigen Fall vonReverdin, bei dem letzterer glaubte, dass
die Dilatation des Magens eingetreten sei auf die Befreiung von dem kom-
primierenden Nierentumor hin, und einen Fall von Morris, bei dem eine
Magendilatation mit tödlichem Ausgang nach einer Eröffnung des Fussgelenks
Jahreabericht fflr Cbinirgi«. II. Teil.
Narkose sich eingeGtellt hat. Reynier hat auch bei Hunden dnrch
ctrisieren des Plexus solaris Mi^endüatation erzeagen können. Er be-
cht weiter die Ansicht von Kelliug des mechanischen Verschlusses der
Beck (172) hat eine akute postoperative Magendilatation bei einem
ihrigen Mädchen beobachtet.
Das Sind soll schon seit Jahren über anfallaveiae auftreleDde LeibschiDerEen ge-
t haben. Ea wurde nacb dreitSgigem £raokeDlager wegeo perforativer Appendizjtia
A.bszeaHbildung die Appendektomie aasgefObrt. Am dritten Tage nach der OpenitioD
eine Anfblfthung des Magens nachweisbar mit dentlicber Abgrenzung des unteren
anrandea in Nabelhöbe. Ks hoente aus dem Magen über ein Liter bTfiunlicher, aaner
lender FJüsaigkeit ausgehebert werden. Nach Beasernng infolge der AuBspfllung wai
ittchsten Tage die untere Msgengrenze aogar bis handbreit unter den Nabel gerQckt.
der Aaaheberung entleerten sich ongeAhr 2 Liter Inhalt Ton saurer Reaktion, Ges.
, 4&,5, SalzsSuregehall von OiOÖ"/« and AnweHenheit von Hilche&ure ond Galleofarb-
Am nächsten Tage reichte die untere Grenze bis 12 cm unter Nabelhflhe. Die weitere
.ndlung best«nd in Magensp Ölungen, rektaler Emithning, Eochsaliinfneionen , Faradi-
n der Oherhautgegend und atnndenweiser Lagerung des Kindes auf den Baach , um
eventnell besiebende meeenteriale Kompression des Duodenums zu beheben. Allmib-
Besserung, bis die untere Msgengrenze 4 cm oberhalb des Nabels steht.
Beck glaubt, dasa es sich um eine postnarkotische toxische Lähmung
Magens gehandelt hat bei gleichzeitig bestehender unvollständiger Duo-
ilkompression infolge lokaler peritoni tischer Adhäsionen, die sich im
eren Verlauf der Erkrankung allmählich zurückgebildet haben. — Zu
erken ist noch, dass bei dem Mädchen eine direkte Druckempfindlichkeit
Magengegend nicht bestanden hatte, dass femer die Masse des aus dem
en teils spontan durch Erbrechen teils mit dem Magenschlanch entleerten
,lts die aufgenommene Flüssigkeitsmenge bei weitem übertraf, dass femer
Allgemeinbefinden während des ganzen Erankhettsverlanfes ein relatiy
B war. Nnr über Völle im Leib klagte die Kranke. Temperatur war
imd normal , Puls langsam , kräftig und regelmässig. Flatus und Stuhl
en ab.
Dinkler (176) berichtet über einen Fall von DnodenalverscUnss bei
n Neugeborenen; anhaltendes Erbrechen blutiger Massen Hess neben der
Dglichen Annahme einer Pylorusstenose au eine Melaena denken. Bei der
ipsie fand sich ein völliger Verschluss des Duodenums durch Septum-
ing.
Mohrmann (185) berichtet ebenfalls über einen Fall von angeborenem
lenalverscbluss und dadurch bedingter Magenerweiterung, oberhalb der
IIa duodeni. Das Kind starb obwohl am 4. Lebenstage die G. E. ange-
wurde.
Finney (178) hat früher gelegentlich Operationen eine Dilatation des
lenum mit Offenstehen des Pylorus gefunden. Solche Patienten hatten
lauungsbeschwerden , Übelkeit und Erbrechen schon Jahre lang gehabt.
G. £. war damals noch wenig angewendet. Es wurde die Pyloroplastik
eführt. Nach einer Gallensteinoperation hat er einen Todesfall mit vor-
Bhendem Erbrechen erlebt. Bei der Autopsie wurde eine Dilatation von
m und Duodenum gefunden ohne andere Erkrankung. Die Erklärung,
ein dilatierter Magen durch Zerrung am Mesenterium das Duodennm
;hliesst, kann für viele Fälle nicht genügen.
Von einer Mageuerweiterung infolge narbiger Duodenalstenose berichten
ting und Effendi (192).
Moser, TerletznBgen nnd cfairurg. Erkrnnkungen Abb Mageni. 677
Bei einem 25jBbrigeii Türken hattea sich, angeblich infolge eioea Falles auf die
SanchgegeDd. vor zehn Jahres ScbmerEen nnd Verdau ungsbesch werden entwickelt. FlDosige
Sachen vertrag Patieut besser als feste. Nach letzteren musste er Öftere erbrechen. Trotz
iüsäiger Ernäbrnng hatte Patient aber in den letzten Monaten Ober Zunabme der Schmerzen
10 klagen. Diese traten unabhängig von der Nabranga aufnähme häufig kolikartig in der
Hsgengegend anf. Dabei bestand hftuSg asnree Anfstossen and Slublverbaltong. Bei den
ScbmerzanfSllen sah man Steifnngen in der Nabelgegend. Die Betastung war bei dem
iebx massig gen&hrten Manne schmershaft und ergab eine härtere geschwulstartige Hasse
überbalb nad rechts vom Nabel. Links stand das Zwerchfell abnorm hoch mit lautem
Uigen -D»rm achal 1.
Bei der Laparotomie dringte sich der stark gebiahte und vergrösserte Magen in die
K'onde. Unterhalb der Leber fohlte man eine grosse Menge harter knirschender EOrper,
dl« als Galleosteine angesprochen wurden. Nach dem Befund muaste man eine Stenose im
obereo Teil des Duodenum annehmen, wahrscheinlich infolge entzQndlicber Prozesse in den
Oallenwegen. Bei der Q. E. post. antecol. versagte plütilich der Puls und der Kranke er-
traih. WiHer trat »brechen eia nach Fertigstellung der Anastomoae. Ais Beckenhoch-
lig«rung hergestellt wurde, kamen grosse Mengen flüsaigen Mageuiiihalts aus dem Munde,
«ie wenn die Kardia weit geOffnet wSre. Dabei hOrteu Puls nnd Atmung anf.
Bei der Obduktion fand sich, daas der Magen gut 5 Liter Kltlssigkeit fassen konnte.
Hagen, Pjloms nnd Gallenblase waren durch einen narbigen Streifen fest aneinander ge-
ti«fUt. Dia Gallenblase war geschrnmpft, die gefühlten Körper waren 80—90 Olivenkerae,
dit in dem staik erweiterten obersten Teil des Duodenums lagen. Gleich hinter dieser Er-
weiterung, unmittelbar über der Papille, war das Duodenum in Auadehnang von '/■ <!n>
arkutSr verengt, so dass kaum ein HQhnerfederkiel durchging. Der innere Lichtungs-
Dmfang des deutlich sich abhebenden Pflorus betrug 16 cm. Der Rauminhalt des erweiterten
DnodenalabschnitteB wurde auf 300 ccm geschlitzt. Die Wandung war dabei dDnn. Auf
der Torderen oberen Flfiche sass in derbem, kallösem Gewehe ein scharf ausgeschoittenes,
friachfs Geschwür. In der gleichfalls atrophischen und katarrhalischen Magenschleimhaut
waren keine Narben oder GeschwDre. Mit dem erweiterten Dnodenalabschnitte fest Ter-
Sachsen war das stark verdickte Ligamentum hepatoduodenale. In ätiologischer Hinsieht
Wen Lues und Tuberkulose nicht vor, ebensowenig voran fgegaugene Verbrennungen oder
N iereuaffektion en .
Die Krweitenuig des Duodenalabschnittes oberhalb der Stenose kann
bei hochsitzoDder Duodenal stenose erst zustande kommen, wenn der Pjlorus
eicht mehr suffizient ist, da die kurze Strecke zwischen Pylorus nnd ver-
engter Stelle ZQ einer kraftvollen peristal tischen Tätigkeit nicht ausreicht.
Der Werdegang ist demnach: Stenose des Duodenum, keine oder nur geringe
Erweiterung des kurzen Daodenalabschnittes oberhalb der Stenose bei sufö-
lientem Pyloms; dann Dilatation und Hypertrophie des Magens, schliesslich
Insuffizienz des Pylorus und darin erst beträchtliche Ausweitung des Duodenal-
a))ächnittes. Mit dieser Entstehung stimmt der Öfters schon erhobene Befund
überein, nämlich Magendilatation bei Duodenalstenose ohne Ausweitung des
Duodenum mit erhaltener Pylonisfunktion. Erst bei Pylorusinsuffizienz tritt
baodenalerweiterung ein.
In dem beschriebenen Fall ist die Duodenalstenose noch durch Anhän-
foiig der Olivenkerne erhöht worden, so dass es fast wunderbar erschien,
vie der Kranke überhaupt noch ernährt wurde. Es soll in der Türkei ein
altes Volksbeilmittel sein, bei Störungen, die auf Undurchgängigkeit des
Darms schliessen lassen, feste Körper in grossen Massen zu verschlucken,
am so die Sperrung zn sprengen. — Die in der Nabelgegend siebt- und
fühlbaren Steifungen müssen anf den Magen bezogen werden. Den plötz-
iicheo Tod führen Verff, auf eine refiektoriscbe Lähmung im Magenzentrum
inrück.
Zade (193) fand bei einer 32jäbrigen Frau, bei der wegen inoperablen
PjloniskarzinomB die G.E. retrocoi. post. angelegt war, eine Kompression
Jahresbericht für Chirurgie. 11. Teil.
'ars inferior duodeni durch daa Mesenteriuni und dnrch die Arteria
lt., und ausserdem starke DilatatioD des Magens. Während des Lebens
lie Diagnose auf Peritonitis gestellt worden. Schon vor der Operation
eine Ptose and Dilatation des Magens bestanden. Zade glaubt, da.««
isem Falle die durch Operation und Narkose herbeigeführte Schwächung
'enig widerstandsfähigen Magens die primäre Ursache für den mesen-
en Ileus abgegeben hat. Durch die akute Dilatation des Magens sind
lünndarmBchlingen ins kleine Becken gedrängt worden.
Busse (174) berichtet über 14 Fälle v. Eiseisbergs von postopera-
Magen- und Darmblutung. Aus der Literatur verfügt er über weitere
ille. Ks handelt sich um Operationen in der Bauchhöhle, an Xieren,
retroperitonealen Geschwülsten und solchen an Kopf und Hals. Unter
)0 im ganzen berücksichtigten 96 Fällen von Blutungen sind 27 nach
loperationen, 10 nach Operationen im Gebiete des Gallensystems, 1 bei
lococcus der Leber, 25 nach Darmoperationen (davon 17 Appendizitis),
;h Magenoperation, 2 nach solchen wegen retroperitonealen Tamoren,
bei Nierenerkranknngen und Operationen an der Blase, 6 nach Uterus-
'pationen, 3 nach Ovarialtumoren, 4 wegen Adnexerkrankungen und
isslich 3 nach Probelaparotomien. In 11 Fällen bestanden Symptome
Magenerkrankung schon vor der Operation, Jedenfalls besteht in einer
I von Fällen die Möglichkeit, dass Geschwüre oder Erosionen vorher
nden haben. Ikterus hat in 10 Fällen vorgelegen (— 12''/o). In 7 FäiJen
aa Bestehen von Arteriosklerose oder Atheromatose erwähnt; in 4 be-
en Lungenleiden. Einen grossen Einduss spricht Busse der Narkose
Er hat beim Narkotisieren zweimal Erbrechen bluthaltiger Massen erlebt,
ingen können unter Einwirkung des Chloroforms als Folgen einer allge-
en Vergiftung resp. Reizung des Nervensystems entstehen. Bezüglich
>ostoperativen Erbrechens hat Busse 18 mal dessen Auftreten erwähnt
iden, während in 6 Fällen dasselbe als nicht eingetreten berichtet wird.
ifalls ist es in den meisten Fällen vorhanden gewesen, und durfte ihm
die Kolle eines disponierenden Momentes zukommen. Unzweifelhaft ist,
dem Trauma in seiner verschiedenen Gestalt bei der Operation ein hoher
beizulegen ist, ebenso den Gerässunterbindungen. In 34 Fällen sind
rbindungen von Netz- und Mesenterialgefassen , sowie Lösung von Ad-
nen vorgekommen (^ 35,4%).
Die Annahme v. Eiseisbergs, dass die Blutungen als Verschleppung
Thromben aus der Operationsstelle aufzufassen sind, wird danach als
;bt bestehend angesehen. Es bestätigen das auch die experimentellen
bnisse einer Reihe von Forschem. Die Häufigkeit der Leberinfarkte im
tzperiment lassen es angebracht erscheinen, nach jeder Operation auf
auftreten von Ikterus zu achten. Ebenso fordern die beobachteten Ver-
mngen dazu auf, nach Operationen auf die Schwellung derselben, wie
Veränderung des Blutes zu fahnden. Auch der Sepsis wird man eine
tse Rolle in der Ätiologie der Hämatemesis zusprechen müssen, denn es
lichergestellt, dass infolge eines Eiterungsprozesses allein Magen- und
jgeschwüre möglich sind. Von den 96 Fällen bestand in 43 eine Eite-
, also in iö'^fo. Die Gefahr der Hämatemesis sinkt, sobald der Kracke
den 3. Tag nach der Operation hinaus ist.
Die Prognose ist ernst. Von den 96 Kranken starben 53 (^= 55*/o).
Behandinng sind mit der Anwendung der Gelatine per os oder subkutan
Hoser, Yerlatiangen und ehiruric. BrkrankungeD des Magens. 679
nod mit subkutanen Kochsalzinfusionen gnte Erfahmngen gemacht worden,
l'nter vielem anderen ist Anwendung von Nebennierenextrakt, Tannalbin und
Sauersto£F empfohlen worden.
c) Volvnlns des Magens.
Spivac (194) tritt für die Möglichkeit dieser Erkranknng mit Ent-
schiedenheit ein. Differentialdiagnostisch kommen angeblich Pylorusstenose,
Darm verschluss, Vergiftungserscheinungen, Cholelithiasis, Peritonitis u. a. m.
in Betracht. Verdaunngsstöningen spielen vor allem eine ätiologische Rolle.
In einem Teil der Fälle findet man Adhäsionen mit der Umgebung, oft fehlt
aber jede organische Veränderung. Charakteristisch soll sein: Ausdehnung
des Magens mit exqnisit tympanitischem Perkussionsschall , Erbrechen und
Regai^itation der unmittelbar eingenommenen Speisen und Getränke; kein
Rülp5en ; keine Winde ; auch kann die Sonde nicht in den Magen eingeführt
«erden. Bei rechtzeitiger Diagnose des Zustandes hat die operative Therapie
günstigen Wert.
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NachKreuters (200) Untersuchangen bildet sich in der 5. — 10. Woche
er Schwangerschaft ein gesetzmässiger Verschluss in einzelnen Abschnitten
es Darmkanals aus, der einen normalen Entwi ekeln ngszu&tand des früh
mbryonalen Entodermschlauches vorstellt, eine Zeitlang persistiert und dann
ieder zurückgebildet wird, nm das nunmehr bleibende, definitive Darmlnmen
Q seine Stelle treten zu lassen. Solche embryonale Atresien, die durch
ellproliferation in dem bereits vollkommen entwickelten Darmrohr ent-
;eheB, und zu bleibender Stenose oder Atresie führen können, hndeo eid\
[a Magen in der Gegend des künftigen Pyloms. Von kongenitalen Ano-
lalien am Magen konnte Kreater 8 Fälle sammeln, darunter 4 Stenosen
nd 4 Atresien. Letztere sassen ausschliesslich am Pylorus. Die Kinder
ingen unter häufigem Erbrechen in den erslen Lebenstagen an Inanition zii-
runde.
Schmidt (205) ist der Ansicht, dass bei der Pylorusstenose der Sän<;-
Dge das Primäre immer die angeborene Anlage der muskulären Pylorus-
ypertrophie ist, welche gewöhnlich in den ersten Lebenswochen keine steno-
schen Erscheinungen macht, sondern erst in dem Augenblick, wo Schleim-
autschwellungen hinzutreten, die ersten klinischen Krankheitssymptome zei^t.
iese Schwellungen können durch einen Magenkatarrh bedingt sein oder
ndurch, dass grössere Mahlzeiten durch Ketention nnd Zersetzung die
chleimhaut reizen. Gesellt sich dann noch ein Spasmus hinzu, so wird di«
^oose eine vollständige (Durchmesser unter 3 mm).
Zwei vonScmidt mitgeteilte Fälle endeten letal, nachdem beim erstf^n
e G. E., beim zweiten die Pjloroplastik gemacht war. Bei dem einen Fad
iblte sich in der Leiche der Pylorns knochenhart an; diese Härte liess sich
)ch eine Strecke weit in die kleine Kurvatur verfolgen. Die Wanddiefee
itrug 5 mm, wovon 4 mm allein auf die Muskelschiclit entfielen.
Therapeutisch schlägt Schmidt vor, zunächst innere Behandlung zn
irsuchen, heisae Umschläge auf den Magen, Darreichung massiger Mengen
ollmilch in dreistündlichen Intervallen, besonders bei Hyperchlorhydrie,
mer kleinste Mengen Opium. ,
Den günstigen Zeitpunkt für die Operation soll man aber nicht ver-
nmen. Den sichersten Erfolg hat die ti. E. Die Pyloroplastik wird öfters
imacht werden müssen , wenn Zeit znr ti. E. fehlt oder wenn , wie in
chmidts zweitem Fall, der Darm unterhalb des Duodenums so stark
)llabiert ist, dass er nicht genug Fläche znr Schnittanlegung und KaliC
etet. Von 9 Pyloroplastiken sind ö Heilungen und 4 Todesfälle bis jetzt
i verzeichnen.
Still (208) ist der Ansicht, dass die Mehrzahl der Fälle von ange-
)rener Pylorusstenose gerettet werden könnte, wenn zur Zeit die Diagnose
istellt würde und sie einer entsprechenden Behandlung unterstellt würden,
iine Erfahrung stützt sich auf 20 Fälle, 17 männliche nnd 3 weihliche
inder.
Die Diagnose soll sich immer auf sichtbare Peristaltik des Magens und
hlbare Verdickung des Pyloms stützen. Nur in drei seiner Fälle setzten
Moser, Terletznngen and chimrg. Erkrankimgen des Hagens. Ü81
die Symptome innerhalb der ersten Woche ein. Das späteste Einsetzen war
JD der siebenten Woche.
Still glaubt, dass zunächst immer nnr ein Krampf der Pylorusmusku-
l3tar vorhanden ist, ähnlich dem Krampf, der zum Stottern führt bei Kin-
dern, die sprechen lernen, und dass erst später aus dem Krampf die Hyper-
plasie der Muskulatur herkommt. Das andauernde Erbrechen lässt eine
Stenose wohl vermuten, ist aber allein kein Beweis dafür. Allerdings hat das
Erbrechen bei der kongenitalen Stenose einige besondere Merkmale. Zunächst
ist es gewaltsamer Art, das Erbrochene wird weit geschleudert and kommt
oh durch die Nase. Es ist ferner auch bei geeigneter Nahrung anzutreffen,
z. B. waren von den 20 Fällen Stills 10 Brustkinder; es besteht trotz
Wechsel in der Nahrung; es entspricht häufig der Menge nach mehrmaliger
Nahrungsaufnahme, kommt also schon ans einem dilatierten Magen. Das Er-
brechen braucht nur 1 — 2mal in 24 Standen aufzutreten. Es kommen selbst
'Mstundige Pausen vor. Dies kann von dem verschiedenen Grade des
Spasmus der Pylorusmuskulatur abhängig sein.
Wichtiger für die Diagnose ist das Znsammenfallen von chronischer
Verstopfung mit dem Erbrechen, da nach Diätfeblem vielmehr lockere und
schleimige Stühle das Erbrechen begleiten. Immerhin kommen auch Stuhl-
entleerungen letzterer Art bei der kongenitalen Pylorusstenose vor. — Der
Kräfte verfall ist oft mit dem Marasmus infolge fehlerhafter Ernährung ver-
irechselt worden. Die Untersuchung des Bauches geschieht am besten un-
mittelbar nach der Nahrangsaufnahme. Peristaltik des Magens und Pylorus-
lerdickang sind da am besten zu bemerken. Die per istalti sehen Wellen sind
sehr leicht zu sehen, öfters kann man 2 — 3 gleichzeitig sehen. Der Pylorus
ist gewöhnlich ausserhalb der rechten Brustwarzenlinie zu fühlen, und zwar
io Intervallen, am besten während eine peristaltische Welle sichtbar ist. Alter-
dings können manchmal verschiedene Untersuchungen dazu notwendig sein.
Unter den 20 Fällen hat Still 19mal den Pylorus gefühlt.
Therapeutisch empfiehlt Still in erster Linie Magenspülungen, in zweiter
besondere Regelung der Diät. Stet« ist das Gewicht dabei sorgfältig zu kon-
trollieren. Besondere Diät allein, wie sie auch gestaltet sein mag, dürfte zur
Hehandlang kaum jemals genügen. Die Magenspülungen sollen zweimal täg-
lich vorgenommen werden, einige Wochen lang, nacher ebenso lange einmal
taglich mit einer Lösung von Natr. bicarbon. Unter Gewichtskontrolle soll
man die etwaige Operation im Auge behalten. Erholen sich die Kinder nur
langsam, so kann man die Operation später noch ausführen. Man bat dann
den Vorteil, dass man an einem weniger scliwachen Kind operiert. Nach der
Operation bleiben oft Neigung zu Durchfällen und Schwierigkeiten der Ernäh-
niDg zurück.
Send der (206) weist darauf hin, dass die Pylorusstenose bei kleinen
Kindern, die meist in den ersten Tagen nach der Geburt sich bemerkbar
macht, schwer zu unterscheiden ist von Atresien im Duodenum oder weiter
anten und von gewöhnlicher Indigestion nnd Dyspepsie. Die bestimmte Dia-
gnose kann nur durch Laparotomie gemacht werden und sollte bei anhaltendem
Erbrechen und Gewichtsverlust nicht zu lange damit gewartet werden. Dass
dauernde Heilung durch diätetische Behandlung möglich , ist sehr unwahr-
scheinlich. Von den llö bisher veröffentlichten Fällen kamen 59 zur Ope-
ration. An diesen 59 Kranken wurden 60 Operationen ausgeführt. Von 40
(lastroenterostomien starben 21. Von 11 Pylomsdivulsionen starben 4. Von
682 Jahresbericht fDr Chirurgie. IL Teil.
8 Pyloroplagtiken 4. Ein Kranker, an dem Pjiorostomie gemacht wnrde,
starb. Die meisten Todesfälle erfolgten knrz nach der Operation infolge des
elenden Zustandes der Patienten. Andere Todesfölle erfolgten wegen DaJin-
Verlegung durch zu grossen Knopf, Verlegung der Gastroenterostomie darcb
abundiinte, nicht resezierte Schleimhaut, Perforation des Duodenum bei Divul-
sion. Die zweckmässigste Operation ist die hintere Gastroenterostomie, Gastro-
dnodenostomie oder Gastropyloroduodenostomie. Die Divulsion, welche die
gerillte Mortalität aufweist, ist oft nicht ausführbar wegen zu grosser Rigi-
dität, ist sehr unzuverlässig mit Bezug auf Dauerresultate und kann zu aus-
gedehnten Adhäsionen fuhren, die spätere EiogrifTe unmöglich machen. 14 oder
15 Operierte, von denen spätere Nachrichten vorliegen, waren mehrere
Monate bis za drei Jahren nach der Operation gesund.
Maass (New York}.
Der erste bekannt gewordene Fall von kongenitaler Pylorusstenose ist
nach Scudder (207) der von Beardsley-New Haven vom Jahre 1788.
Dann sind bis zu dem Fall von Kirschbaum (1888) noch zwei Fälle be-
schrieben worden. Seitdem sind 63 Operationen an Kindern ansgeführt
worden.
Ibrahim (199) hat 7 Fälle beobachten können. Bei der eingehenden
Besprechung der klinischen Erscheinungen gedenkt er der besonderen Prä-
disposition des männlichen Geschlechts, des familiären Auftretens, der starken
Beteiligung von Bmstkindem, des Vorkommens einer gewissen Latenzperiode
relativen Wohlbefindens nach der Geburt.
Ibrahim macht besonders auch auf die Magenperistaltik aufmerksam,
die er anschaulich darstellt. Wa« das Magenvolomen betrifft, so ist ein ge-
wisser Debnnngszustand des Organs gewiss, eine irreparable Ektasie aber nie
anzunehmen. Wesentlich ist auch die Tastbark eit des hypertrophischen
Pylorus. Die oft gefundene Hyperaziditat muss als Stauungserscheinung, der
Spasmus als das primäre aufgefasst werden. Auf Grund seiner Untersnchnngen
schliesst er, dass es eine echte, anatomisch begründete Stenose des Pylorus
im frühesten Säuglingsalter gibt, die hauptsächlich durch übermässige Ent-
wickelung der Muskelschicht und durch Schleimhautfaltung bedingt ist und
vielleicht dem Fortbestehen einer embryonalen Entwickelungsperiode entspricht.
Es gibt eine Naturheilung dieser Krankheit, bestehend in kompensatorischer
Hypertrophie der gesamten Mnsknlatnr, möglicherweise auch in einer Dehnung
des engen Pylorus. Bei Fehlschlagen der inneren Medikation soll man mit
dem operativen Vorgehen nicht zögern.
Ibrahim (199a) berichtet dann noch von einem 16 Monat alten Kind
gesunder Eltern, das mit einem Gewicht von 3800 g in Behandlung kam und
von Geburt an an Erbrechen und Obstipation gelitten hatte. Das Kind war
körperlich äusserst zurückgeblieben, psychisch mehr entwickelt. Gewaltige
Mageuperistaltik war fast stets zu sehen bis ins rechte Hypochondrium hinein.
Tiefstand der nnteren Magengrenze bestand nicht, dagegen Erbrechen fast
nach jeder Mahlzeit, zeitweise mit Blatspuren ; ein Tumor war nicht tastbar.
Interne Behandlung war ohne nennenswerten Erfolg, die Operation könnt«
aber bei dem elenden Zustande nicht befürwortet werden. Nach 19 Monaten
war das Gewicht 2960 g.
Andry tmd Sarvonat (195) haben einen Fall von Pylorospasmus
beobachtet bei einem Kind, das drei Tage nach der Geburt wegen häufigen
Erbrechens in Behandlung kam. 14 Tage später konnte heftige Magenperi-
Uoser, VerletzuDgen und chirarg. ErkraDktmgeti dea Hagens. 683
staltik beobachtet werden. Unter Erbrechen nnd Abmagerung ging das Kind
zDgrande. Bei der Obduktion fand man den Pylonis verdickt und zwar durch
Uvpertrophie der Muskulatur. Vom Magen aus war der Pylorus nur mit
Mühe für eine dünne Sonde durchgängig. Brachte man Flüssigkeit in den
Magen, so floss diese nur tropfenweise ins Duodenum ab.
Robertson (203) befürwortet, die Bezeichnung ,,kongenital" fallen
m lassen.
Eid entgeboreoes mSuiilicheB Gind geaunder juDger Eltern, das angelegt wurde,
gedieh sechs Wochen lang gut. Erst nach dieeerZeit fing das Eiod sn plOlzüeh gewaltsam
und -viel EU brechen. Bei einer Unterauchnng nach zehn Tageo konnte als anffallend
HOT gefu öden werden eine TrBgbeit der Pupillenreaktion, eine gewisse Rigidität der Nacken-
mnsknlatur and Drehung der Augen abwärts. Am 16. Tage nach Beginn des Erbrechens
sullte sich Fieber (100* V) and PalserhSbuDg ein. Das Erbrochene war sehr E&be und
(toas Hcbaamig. Ges. Acid. betrug 17 ; freie SalKsSure war nicht vorhanden. Unter Dar-
rtichung von Salisiare wurde daa Erbrochene weniger zähs. Die Temperatur ging ab«r
noch höher. Emfthrnng per rectum war nicht m&glich wegen Reiibarkeit desselben.
Ebenso leicht reizbar war der Pharjnz. Äui 28. Tage stellte sich Strabismus divergena
cm, dann Obatipalion. Dilatation und Peristaltik konnte nur gefunden werden, solange
aicb der Magen noch nicht spontan entleert hatte. Krst am 33. Tage konnte eine 7er-
dirkang in der PyloraBgegeod gefunden werden. In eehr schlechtem Znstande wurde noch
operiert. Die Magenwand wurde verdickt befunden, ebenso der Pylorus. G. E. Die Magen-
schleimhaot war mit zShem Schleim bedeckt. Tod 14 Stunden nach der Operation. Bsi
Fällung des ans der Leiche entnommenen Marens ging nicht ein Tropfen durch den Pyloma.
Der an sich sehen enge Kanal wnrde durch 8 chleimb autfalten und zfthen Schleim ganz
nnduichgKngig gemacht.
Saronat (304) bringt eine ausführliche Besprechung der angeborenen
Pylorusstenose. Wenn auch eine spontane Heilung möglich ist, so kann man
doch darauf nicht rechnen. Man soll deshalb Ueber operieren, und zwar dürfte
die G. E. die geeignetste Operation sein. Von seinen drei mitgeteilten Fällen
starben zwei, ohne dass die Operation versucht wurde, ein dritter wurde
durch G. E. trotz Platzen der Bauchwunde gerettet.
Neild (211) glaubt, dass zwei von ihm mitgeteilte Fälle die Ansicht
stützen, dass die Hypertrophie das Resultat eines häufig einsetzenden Pyloms-
krariipfes sei, insofern er mit Opiumbehandlung die krankhaften Erscheinungen
beseitigt hat.
1. FOnf Wochen altes ßrnstkind. Erbrechen aetite fUnf Tage nach der Gebort ein;
du Kind verfiel. Teralopfung nach zeitweiligen Anfallen von Diarrhöe. Der Pjloros
war palpabel, dabei weich. Auf Wismut mit Soda trat keine Besserung ein. Dann wurde
iIb AntiBpasmodiknm Opiumtinktnr in dünner Lösung verschrieben. Darauf trat Besserung
tin. Hit plötzlichem Entziehen des Opiums trat das Erbrechen wieder fafiafiger anf. Bei
lugsamem Entziehen blieb der Zustand gut
2. Auf Opium trat auch Besserung ein, die Diagnose war aber nicht ganz sicher.
3. Acht Wochen altes Flaschenkind, das bald nach der Geburt Ikterus gehabt hatte.
Ende der ersten Woche begann Erbrechen nnd Verstopfung. Verschiedene Veränderungen
in der Diftt brachten keine Bessernng. Abmagerung, Pylorus palpabel. Es wurde wieder
Opinm 20 Uinnten vor jeder Nahrungaaufnahine gegeben, worauf wieder Nachlassen des
Eiibrecheiis und Gewichtszunahme eintrat.
Neild ist der Aneicht, dass kein Fall zur Operation kommen soll, hei
dem nicht vorher Opinm oder ein anderes Antispasmodikum (Belladonna) vei^
Bucht worden ist.
J. Harper und R. Harper (198) veröffentlichen einen Fall, um zu
zeigen, dass durch passende Ernährung Heilung selbst in verzweifelten Fällen
ohne Operation eintreten kann. Es handelt sich nm den Sohn eines der Vfirff,
Uinnücbss Kind, klein, aber sonst gut entwickelt, mit Kunsthilfe gebaren. Enhmilch-
«olhning. 24 Tage nach der Geburt fing Erhreohen an , das binnen einer Woche anf
Jahreabericlit ffir Chirurgie. II. Teil.
imat tttglich ZQimlim. Dann stellte eich aucti Veratopfnng ein. Aaf Änd«miig in der
UDg trat keiae Beaaerang ein, im Gegenteil Abmagerung and Veifall. Im Erbrochenea
nie Galle, es war von eaaerei Reaktion und saurem Geruch. An dem abgemagerten
h wurde nun Peristaltik von links nach recbts an dem dilatierten Magen wabrgeDominen-
raten Konvulaionen eiu und Kollapa. ICin walnussgroseer Tumor rechts vom Nabel
dem Rippenbogen konnte nicht immer, aber doch Afters gefohlt werden. Nach vielen
ren Versuchen kam man wieder aof peptooisierte Uilch and Waaaer in kleinen Inter-
n, aber hftufig gegeben zurück, daneben wurde Massage des Baaches mit Lebertran,
iders der Magengegend, zweimal angewendet, ausserdem Öfters EinUnfe von Sak-
Br gegen die Wasserverarmung. Allmählich trat Heilung ein.
Verff. glauben, dass sie durch Magenspülungen auch die Kon%-nl9ionen
en beseitigen können und möchten sie für ähnliche Fälle empfehlen. Auch
ben sie, dass bei der Massage mit Lebertran Öl von der Haut resorbiert
len ist.
Einen Fall von Heilung auf Magenspülungen hin veröffentlicht Blax-
d (196).
Ein gesund geborener, bei der Geburt 10 Pfund schwerer Knabe begann mi 14 Tagen
'brechen und an Gewicht zu verlieren. Zwei bis drei Mahlzeiten wurden immer la
ler Zeit erbrocben. Im Alter von vier Monaten, da alle Therapie vergebens war,
ahme ins Hospital mit Gewicht von 8 Pfnad. Bei dem abgemagerten Kinde könnt«
r Magengegend Peristaltik von links nach rechts gesehen werden. Zwiscfaen Nabel
rechtem Rippenbogen konnte der Fylorus als Tumor gefQhlt werden, der im Hilrte-
I betrScht liehe Schwankungen zeigle. Das reichlich Erbrochene war von sauerer Re-
n. — Die Behandlung, die in passender DiSt und nach Still in Magenspülongen be-
ll war sogleich von Erfolg gekrünt. Die Nahrung bestand in humenieieiter Milch alle
Stunden. Während der ersten vier Tage kam ein- bis zweimal Erbrechen vor, erst
len MagenapOlungen horte das Erbrechen sofort auf. Die Magenspülungen, die sn-
I t&glich angewendet wurden, wurden dann zweimal wöchentlich vorgenommen , dann
elassen. Seit 4'/i Monaten wurde das Kind geheilt entlaaaen. Der Pjlorua wurde
ir schwerer zu palpiereu , schliesslich gar nicht mehr zu fahlen. Die Peristaltik ver-
leb, das Kind nahm zu.
In einem Fall von Kindermagen, den Pfaundler (202) vorstellt, ist
Ringmuskellage des Pylorus so enorm verdickt, dass man an seiner
e einen harten Tumor zu fühlen meint. Klinisch hatten sich die Sym-
le einer Pylorusstenose gezeigt. Im zweiten Fall handelte es sich um ein
jähriges Kind, das an Lungentuberkulose gestorben war. Es hatte nie
sehen, hatte nie Äuftreibung der Magengegend, war nie ohstipiert. Die
ion ergab ebenfalls eine starke Verdickung und Verengerung des Pyloros.
nndler hält diese eigentümliche Umgestaltung des Pförtners für einen
rten Kontraktionszustand der Magenwand post mortem , also für eine
tveröse Erscheinung, die einer hypertrophischen Stenose sehr ähnelt, doch
vorgetäuscht ist.
Goldsclimidt (197) teilt einen Fall von kongenitalem Sanduhrmagen mit.
Bei einem 62 Jähr. Mann, der oft leichte VerdauungsBtdruogen hatte, fand eich plötzlich
Verschlechterung des Allgemeinbefindena im linken Hypochoodiium ein grosser härter
IT, der perkutorisch und palpatorisch den Eindruck einer grossen Milz machte. Ohne
Patient erbrochen LStte oder Blut Im Stuhle gehabt bBtte, ging er innerhalb 2i Stun-
:ugrunde. Die Sektion ergab Sandubrmagen, ausserdem ein im Pjloruateil sitiendcB,
dreimarkstUckgrosees, das Pankreas in diesem Umfange vOUig freilegendes Ulcus, aus
n Boden eine klaffende Arterie hervorragte. Die EinschnOrung des SandubrmHgeiu
nicht stark und teilte den Magen in einen kleinen Pylorus- und einen grOaseren Kardia-
Letzterer, stark nach unten hangend, war völlig mit Blut aasgefüllt und hatt« dia
zeitige hypo gastrische Geschwulst vorgetäuscht Die normale Beschaffenheit der Mageo-
an der eingeschnürten Stelle, sowie das Fehlen jeglicher Verwachsungen mit benuh-
a Organen oder Dsrmteilen sprechen dafür, dass eine kongenitale Missbildung vorliegt.
Der Sanduhrmagen war demnach das ganze Leben lang symptomlos er-
in worden.
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Hoeer, TerletiuDg«D UDd chimTg. ErkrankaogsD des HRigene. 687
Clarke (236) veröffeDUicht einen Fall, der die von Mayo Robson
and Moynihan vertretene Ansicht stützt, dass septische Prozesse besonders
im Mund zur Bildung von Magengeschwilren verantwortlich zu machen seien.
Ein 55 jahriger Schiffer war vor 6 Jahren scbiffbrtlchig geworden und war 16 Tage
lang im offenen Boot herumgetriebeo worden. W&bieiid dieaer Zeit hatte er nur whimin-
ligm. msdigu Brot and faules WaMer in trinken gehabt Zwei Tage nach seiner Kftlnng
bekam er heftige Hagenscb merzen und Erbrechen der anfgenommenen Nabmng fünf Tage
tanK. AofangB gelb, soll das Erbrochene zuletzt schwarz gewesen sein. Seit der Zeit ist
er nie melir ordentlich gesand geworden ; er masite besonders in der DiSt sehr vorsichtig
sein. Raktal-Emihniug im Hospilal nebst Hagensp Ölungen hatte anch keinen daaernden
Werk Bei der Laparotomie wurde eine betrAchtlicbe Verdickang in der Pylorasgegend
gef&blt , die sich oacb Magen nnd Duodenum hin fortsetzte. Daneben bestand mSssige
Dilatation des Hagens. G. H. retroool. poet. mit Eoteroanastomose.
Brown (223) fand unter 20 Fällen von eitriger Pylephlebitia in zwei
Fällen als Aasgangspunkt Magengeschviiire.
Della Vedova (265) wendet sich gegen Donatis Kritisierung seiner
Angaben über Hervorrufung von Magengeschwüren mittelst Darchschneidangen
von Nerven. Er bemerkt, dass Donati selbst an seinen eigenen Hunden
liäufig Läsionen der M^^enwand gefanden hat (41 "ja der Hunde, denen der
Flexas coeliacus reseziert war). Diese Läsionen als rein zufällige anzusehen,
erscheint nicht angängig.
Donati (232a) hält demgegenüber an seinen Folgerungen fest. Pünkt-
chenförmige Hämorrhagien hat er nur in 18 "/o seiner Versuchstiere ange-
troffen. Er erachtet diese Ekchymosen wegen ihrer Kleinheit und geringen
.Auzahl als ein gerinfügiges Resultat seiner Versuche. Della Vedova hat
seiner Ansicht nach ein chronisches Magengeschwür experimentell ebensowenig
liervormfen können, wie er, Donati und andere.
Zironi (266) berichtet nach eingehender Erörterung der diesbezüglichen
Literatur über eine erste Reihe von Versuchen, in denen er mittelst subdia-
phragmatischer Resektion der Vagi bei Kaninchen die experimentelle Repro-
duktion von Geschwüren der Pyiomsgegend des Magens bat erzielen können,
Ton denen er die makroskopischen Stücke vorlegt.
Die von ihm operierten Tiere sind 14. Zehn derselben worden 11 — 17
Tage nach dem Operationsakt getötet; zwei nach 30 Tagen, zwei nach 60
Tagen. In fünf der ersteren und in einem der zweiten konnte er sehr schöne
Geschwüre erzielen; in einem anderen der nach 60 Tagen getöteten traf er
ein hartes Knötchen von narbigem Aussehen, das bei der mikroskopischen
Untersuchung das Anzeichen eines vorausgegangenen Geschwürs zeigt ; bei den
anderen fand sich keinerlei Geschwür noch sonstige ersichtliche Verletzung.
Diese Geschwüre waren stecknadelkopfgross in der Mehrzahl von rundliuber
Form, andere eiförmig, einige mit unterminierten Rändern, eins trichterförmig ;
in vier Fällen war das Geschwür einfach, in zwei zweifach, längs der grossen
Krümmung gelegen, an der Stelle, wo der PyJorusabschnitt anfängt; in einem
anderen in der gleichen Linie, jedoch in der Nähe der Pylorusöffnung; bei
einem einzigen war es in der kleinen Krümmung gelegen.
Verf. hält es für verfrüht, jetzt endgültige Schlüsse zu ziehen und stellt
sie bis nach Beendigung der Versuche zurück.
Er kann gegenwärtig nur sagen , dass bei den Kaninchen die subdia-
phragmatischß Resektion der Vagi ihm Magengeschwürbildung in ungefähr
des Hälfte der Fälle ergeben hat und dies in Übereinstimmung mit v. Fizeren
and im Gegensatz zu Donati.
688 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Ob das so entstandene Geschwür zu rascher Vernarbung neige, in welchem
Falle ihm der wesentliche klinische Charakter des chronischen Magengeschwürs,
welches diese Neigung zur Heilung nicht hat, abgehen würde, kann Verf. noch
nicht sagen. R. Giani.
Vergleichende Untersuchungen von Magengeschwüren aus Menschenleichen
und solchen aus frischen Kälbermägen führten Bloch (219) darauf hin, dass
Bakterienbefunde bei ersteren durch postmortale Invasion zu erklären seien.
Bei Kindern, die an Darmaffektionen gestorben waren, fanden sich femer
im Magen überall Gewebshämorrhagien , aber fast nur am Pylorus und der
kleinen Kurvatur hatten sie grosse Ülzerationen bewirkt. Das Entscheidende
für Ausbildung der Geschwüre ist das Zugrundegehen des Oberflächenepithels,
das gegen die ätzende Einwirkung des Magensaftes schützt. Auf Grund der
Untersuchung von etwa 50 gleich nach dem Tode fixierten menschlichen
Mägen kommt Bloch zu der Ansicht, dass meist Kontraktionen verletzte
Stellen des Magens gegen Einwirkung des Sekretes schützen, indem sie
Schleimhaut über die Wunde ziehen. Solche Kontraktionen treten sofort ein,
wenn nicht mit Schleimhaut bedecktes Gewebe vom Magensaft berührt wird.
Die Kontraktionsfähigkeit in der Pylorusgegend und an der kleinen Kurvatur
ist bedeutend geringer als überall sonst; um die grosse Kurvatur herum
können sich die Teile sehr stark zussmmenziehen. Durch die Kontraktionen
und die verschialene Beweglichkeit der Schleimhaut erklärt es sich auch,
dass man bei tiefgehenden Geschwüren den Substanzverlust in der Submucosa
von geringerer Ausdehnung findet, am kleinsten aber in der Muskelhant.
Das Aussehen der Geschwüre ist ein sehr verschiedenes, je nachdem man
den Magen in kontrahiertem oder in dilatiertem Zustande vorfindet. Die
Fähigkeit, einen Defekt in der Schleimhaut zu decken, die der Magen fast
in seiner ganzen Fläche hat, muss der Grund sein, dass man fast nie ein
Magengeschwür nach Läsion der Schleimhaut sieht, ebenso auch dafür, dass
fast alle Versuche, ein Magengeschwür hervorzurufen, missglückt sind. In
den zahlreichen bekannten Versuchen, in denen die Reflexbahn der Nerven
irgendwo unterbrochen ist, fällt diese Fähigkeit des Magens weg und die
Geschwürsbildung kann vor sich gehen.
In einem Fall Fleiners (233) hatten sich infolge sekundärer krebsiger
Infiltration der Magenwandlymphgefässe von einem Karzinom des Pankreas-
kopfes aus hämorrhagische Erosionen und ein grosses Ulcus rotundum in der
Schleimhaut entwickelt: aus letzterem war eine tödliche Blutung erfolgt.
Über akut entstandene Magen- und Duodenalgeschwüre berichtet Sedg-
wick (259):
17 jähriges Mädchen, dessen Magenschmerzen früher auf Anämie bezogen waren,
hatte am Mc Barn ey sehen Punkt Druckschmerz, ebenso ttber dem Ende der 11. Rippe.
Nach vorübergehender Besserung trat ein plötzlicher Schmerz in der Magengegend und
bald auch Erbrechen auf, nach einigen Tagen auch Temperatur- und Pulserhöhung, Schmerzen
in Leib und Schulter mit Spannung des Leibes. Bei der Laparotomie reichlich 12 Stunden
nach Beginn der Schmerzen wurde eine Perforation von Uirsekorngrösse an der vorderen
oberen Pyloruswand gefunden, Mageninhalt oberhalb des Magens. Exzision des Ulcus mit
Naht quer zur Längsachse des Magens, Spülung der Bauchhöhle, Verschluss der Bauch-
wunde. Puls und Temperatur fielen ab; eine Woche lang gutes Befinden. Am dritten
Tage etwas Erbrechen, ebenso am fünften Tage. Das Erbrochene gab die Guajak-Reaktien.
Am neunten Tage wieder heftige Schmerzen, am zehnten blutige Stühle, am elften Exitus.
Bei der Obduktion wurde in der zunächst gesund aussehenden Peritonealhöhle die untere
Fläche des linken Leberlappens mit der Magenwunde adhärent gefunden. Bei der Tren-
nung fand sich eine kleine Perforation am oberen Ende der Narbe, aber getrennt von ihr,
Moser, Yerletzangen and chirurg. Erkrankungen des Magens. 689
und ein Ulcus an der vorderen Magenwand zwischen den beiden Kurvaturen. Die Grallen-
blase war an das Colon ascendens adhärent, die Magenwunde verheilt, Pylorus fOr Mittel-
finger durchgängig. Im zweiten Teil des Daodenums war ein Geschwfir von der Grösse
eines Gnlden, im Grunde desselben Pankreas mit einem angefressenen Blutgefäss. An dem
GrekrOae sonst keinerlei Verhärtung; auch fehlten mikroskopisch entzftndliche Erscheinungen.
Offenbar hatte es sich beim Magen- wie beim DuodenalgekrOse um sehr schnell einsetzende
Prozesse gehandelt.
Reich elt (252) vermehrt die geringe Kasuistik des Vorkommens von
Ulcus chron. bei Kindern um einen Fall, der ausserdem einige Besonderheiten
bietet:
Acht Jahre alter Knabe hat an Rachitis gelitten und stets einen grossen Bauch,
dabei Heisshunger gehabt. Er erbrach seit jeher und litt stets an hartem Stuhlgang,
femer an zwei- bis viermal auftretenden, 5—10 Minuten währenden Schmerzanfftllen , bei
deren Einsetzen er stets bat, ihm die seitliche Thoraxwand zu komprimieren. Ausserdem
verlangte er dabei zu trinken. Bei der Untersuchung fand sich Thorax am Rippenbogen
ausgedehnt, Rippenknorpelknochengrenzen verdickt, die Lungengrenzen etwas nach aufwärts
gerflckt. Anämische Geräusche am Herzen, das etwas über den linken Sternalrand hinaus-
reicht, Abdomen aufgetrieben, Harn in sehr geringer Menge Albumin enthaltend, im Stuhl
sehr zahlreiche Fettsäurenadeln. Bei der weiteren Behandlung gesellte sich zu den An-
fällen Tachykardie, Temperatur von 37,8—39,4. Die Schmerzanfälle häuften sich. Nach-
dem der Knabe noch fäkulent riechende Massen erbrochen hatte, trat Exitus ein.
Bei der Obduktion entleert sich aus dem Bauch ca. 1 Liter säuerlich übelriechende
Flüssigkeit; die Darmschlingen sind mit fibrinösen Massen bedeckt. 1 cm oberhalb des
Pylorusringes findet sich in der kleinen Kurvatur eine ovale, scharf begrenzte Perforations-
Öffnung des Magens. Entsprechend der Perforationsöffnung ist ein zweihellerstOckgrosses
(jeschwür mit scharfen, steil abfallenden Rändern» ein zweites noch grösseres ist an der
hinteren Zirkumferenz des Pylorusringes.
Als Gmndnrsache für das Ulcus spricht Reichelt in diesem Fall die
seit dem Säuglingsalter bestehende Dyspepsie und die Hyperazidität des
Magensaftes an. Das Erbrechen hatte eigentlich mit der Geburt bestanden
und war von der Nahrungsaufnahme unabhängig.
Riedel (253) bringt eine längere Betrachtung über den Magenschmerz,
speziell den linksseitigen. Abgesehen von nervösen Magenleiden und malignen
Geschwülsten kann der Magenschmerz entstehen:
1. auf reflektorischem Wege, am häufigsten bei Appendicitis, dann bei
Hemia lineae albae, durch abgedrehte Appendices epiploicae und Ulcera im
Querkolon;
2. fortgeleitet von anderen Organen, bei Gallensteinen, Verwachsungen,
Wandemieren, Fettnekrose des Pankreas, Eiterungen in der Milz ;
3. infolge von Magengeschwüren.
Fast alle vom mittleren Teil des Magens ausgehende Ulcera wandern
um 80 mehr nach links hinüber, je grössere Geschwülste sie bilden. Der Pylorus
pflegt sich dann genau in die Mittellinie zu stellen infolge des Zuges der
Geschwüre nach links. Am ausgeprägtesten ist dieser Zug nach links, wenn
der Magen trotz des Ulcus einigermassen seine Form behält. Unter Be-
rücksichtigung des linksseitigen Magenschmerzes kann man das Ulcus des
mittleren Magenabschnittes meist rechtzeitig diagnostizieren, bevor Sanduhr-
magen auftritt. Riedel hat 28 Kranke mit linksseitigem Magenschmerz
operiert. Er rechnet stets auf mehrere Geschwüre, nicht auf ein isoliertes
Ulcus. Oft ist Resektion des mittleren Magenteils notwendig. Die Magen-
wand bei Ulcus verträgt das Nähen ausgezeichnet. Das Magenrohr muss
während der Operation stets liegen bleiben, da der pyloruswärts vom Ulcus
befindliche Inhalt sich schwer entleeren lässt. Der Schnitt wird durch den
linken Rectus abdominis, 2 Fingerbreiten vom linken Rippenbogen entfernt,
Jahresbericht für Ghimrgie 1905. 44
Jahresbericht Ar Chimrgie. II. Teil.
siformis hinaufgeführt, eventuell ist Exstirpation des Processus
um den Magen übersehen zu können. G. E. ist oft au^e-
die Jejunumschlinge sehr weit nach links geworfen werden
iracbsungen der vorderen Magenwand mit dem linken Leber-
die G. K. für aasgeschlossen. Zu erstreben ist eine Radikal-
. EntfemuDg der Geschwüre entweder als Ausschneidong
iL mit nachfolgender Naht oder als quere Resektion des
tiplen Geschwüren. Zuerst soll der Magen pylomswärts im
e doppelt unterbunden und durchschnitten werden, dann erst
nd Leber abgelöst werden.
ose der rechtzeitigen Operation ist unzweifelhaft günstig.
iillin (249) ist der Gmnd für Schmerzen bei Magengeschwnr
hrung der Speisen noch die Magensänre, noch die Produkte
Die Geschwüre, die am meisten Schmerzen vemrsachen,
kleinen Kurvatur und am Pylorus, Hier bilden sich Ver-
die Schmerzen entstehen durch Zermug am parietalen Peri-
und unter dem die sensiblen Nerven von den Interkostales
Oft sind es die Kontraktionen des Pylorus, oft auch die der
lie den präpylorischen Raum vom übrigen Magen trennen
loullin hat in einem Fall durch Zerschneidnng dieser
uskelfasern Heilung von den qaälenden Schmerzen herbei-
Er hatte noch eine Inzision angelegt, um das Mageninnere
inen, in letzterem aber nichts gefanden. — Ist Druckschmerz
ir Stelle vorhanden, so sind gewöhnlich Verwachsungen mit
vorhanden. Halten nach der G. E. die Schmerzen an. so
bSs am parietalen Peritoneum noch Zerrungen bestehen. \?enD
; Öffnung zur G. E. an der Kardiaseite angelegt werden, um
ganz ruhig zu stellen. Muss sie im Pylomsteil angelegt
äoU man für eine ausreichende Dnrchtrennung der zirkulären
rgen. Ob die G. £. als vordere oder als hintere angelegt
äl weniger in Betracht.
>nsbericbte geben kein richtiges Verhältnis der Häufigkeit des
üres , weil bei Ausführung der Obduktionen nicht sorgfaltig
rurde. Die Brüder Mayo (245) haben unter 468 wegen
rten Operationen 78 "/o Magen- und 22 "/o Duodenalgeschwüre.
Lunds, dass „Sentinel "-Drüsen auf ein Geschwür hindeuten,
Es besteht ein näher nicht ganz aufgeklärter Zusammeo-
nicht induriertem Geschwür und Pylorusspasmns. Letzterer
licht auf den Pylorus allein, sondern auf die Pylomsgegend
kute Geschwüre, besonders bei neurotischen Individuen, sind
nicht zu operieren. Die erfolgreiche Magenchirurgie ist nicht
d die beste nicht älter als 2 Jahre. Es ist ein trauriges
ledizinische Lehrbücher immer noch auf ältere Statistites
nd keinen Versuch machen den Fortschritt der Chirurgie zu
iche des Circulus vitiosus ist die lange Darmschlinge und soll
istomose zwischen hinterer Magenwand und Jejunum 3 Zoll
)ning gemacht werden, unter löO Fällen von Nahtoperationen
Mortalität und in den letzten 81 bei gutartigen Erkrankungen
B Resultate sind nicht besser als die anderer namhafter
hst der Gastrojejunostomie ist die Gastroduodenostomie nach
Hoaer, Terl«tzuDg«a Dud chirurg. ErkrankuDgen des Magans. 691
Finney die beste, besonders bei engen Strikturen. Mayos dnrchachnitt-
lich« Mortalität bei Mugenreaekttonen ist 12 Vo und Ö °lo bei 40 nach der
ii! <Iea Annals of surgerj, March 1904 von ihm veröffentlichten Methode.
Maass (New- York).
Mayo berichtet weiter über die Häufigkeit des Magengeschwürs, daes
('S in Amerika in l'/sVo der Leichen gegen b°/o in Europa gefunden wird,
Mayo unterscheidet Geschwüre, die alle Schichten der Magenwand durch-
setzen und leicht erkannt werden können, häufiger bei Männern anzutreffen
nod dann Geschwüre nur der Mukosa, die nur bei Absuchung des Magen-
inneren gefunden werden, bei Frauen häufiger. Bei akntem Ulcns ohne Kom-
plikationeii nnterlässt er die Operation, ebenso bei Gastroptose und Dilatation
lufolge Neurasthenie und Atonie. Die G. £. ohne Schlinge gibt die besten
Resultate. Exzision des Ulcus , die Finney sehe und die R o d m ansehe
Operation werden jetzt auch mehr angewendet werden.
Müller (251) berichtet über 49 wegen Ulcus und dessen Folgen von
Müller ausgeführte Operationen an Patienten im Alter von 17 — 64 Jahren.
Die Zahl der oi>erierten Männer ist höher als die der Frauen, ebenso der
[>Qrchschnitt aller der Männer, die zur Operation kamen. Blutungen hatten
in 20 Fällen bestanden, eine Dilatation des Magens in 19 Fällen (;=40'*/o)-
Iß 4 Fällen hatten Ulcera zu erheblichen Form Veränderungen des Magens
geführt, zweimal 2ur Verkürzung der kleinen Kurvatur und zweimal zu Sand-
uhrmagen. In 17 Fällen wurden Narben gefunden, 9 davon sassen am
PtIotos. Seitdem bei der meist ausgeführten vorderen G. E. die Aufhängung
der zu- und abführenden Schlinge nach Kappeier ausgeführt wurde, war
kein Fall mehr von Circulus vitiosns zur Beobachtung gekommen. Bei den
Resektionen handelte es sich stets nur um einfache Exzisionen des betreffen-
den Magen- oder Pylorusteils. Ein Resektionsfall, der wegen Perforation in-
folge Ulcus pepticum am 4. Tage relaparotomiert wurde, endete günstig.
Der Operation erlagen 10^ 20,4 "/o; 4 davon mit offenen Geschwüren,
? mit Xarbenstenosen, 3 mit entzündlichen Tumoren und einer mit Adhäsionen.
Der Verdacht auf Catgutverdauung und dadurch bedingte Perforation lag in
dem einen let.ilen Fall von offenem Geschwür vor. Im ganzen ist unter den
10 Todes rällen ömal Peritonitis zu verzeichnen gewesen, einmal davon infolge
^e^bleibens eines Tampons in der Bauchhöhle. Bei den überlebenden
37 Patienten bat die Operation in allen Fällen den Filrfolg gehabt, dass
eventuell vorher bestehende Blutungen in der Folgezeit nie mehr aufgetreten
sind. In der Mehrzahl der Fälle sind die Fat, von ihren Schmerzen befreit
Würden, nur in 3 Fällen hat die Operation zu keiner wesentlichen Besserung
gerührt.
Henriksen (238) liefert in einer kliniEchen Vorlesung eine kritische
Darstellung der operativen Behandlung des Magengeschwürs, und stellt zwei
Fälle von Operation wegen perforierenden Ulcus mit, bei der er die von
lenander gegebenen Anweisungen zur Operation befolgt hat. Nur der eine
Fall ging in Genesung aus. Hj. von ßonsdorff.
In einer langen Arbeit, in der sämtliche veröffentlichte Fälle von chirur-
gischem Eingriff bei Magengeschwür und seinen Folgeerscheinungen gesammelt
sind, beabsichtigt Donati (232a) die Indikationen und Regeln dieses Eingriffs
festzusetzen, indem er sie aus dem kritischen Studium der bisher erzielten
Repallate ableitet. Zu dieser Rundschau hat er mit den 98 von seinem
Lehrer Professor Carle, Direktor der chirurgischen Klinik zu Turin, ausge-
44»
Jaliresbericht fOr Cbinirgie. IT. TeiL
neu einen nenen, recht bemerkenswerten Beitrag geliefert.
alle gestützte Statistik Donatis ist das grösste Sammel-
bei der Behandlung des Magengeschwürs und seinen Folge-
sielten Resultate und darf für sich das Verdienst in Anspruch
8ten Male die Magengeschwürschirurgie scharf von der der
ffl Affektionen des Ventrikels zu scheiden; die aus ihr sich
isse sind daher recht interessant.
ialtiger Behandlung der Ätiologie nnd Pathogenese and der
natomie des Magengeschwürs, nach eingehender Besprechung
des Verlaufs, der Komplikationen und Ausgangs unter Be-
rerschiedenen Kapitel mit Originalbeiträgen, bebandelt Verf.
gnose nnd die Resaltate der innerlichen Behandlang. Nuch
; die Sterblichkeit als direkte Folge des mit medizinischen
Iten Magengeschwürs 17,53 "/o, wobei 4^/0 der Fälle auf
'erforationen beruhen. Endgültige Heilung jedoch hätte man
r Fälle, da man in SÖ^/o Rezidiv und in 11,5"/« niclitige
i. Unheilvoll schliesslich sind die Ergebnisse der medizini-
ig bei Komplikationen (Perforationen, subphrenische Ab-
Uung des chirurgischen Eingriffs übergehend, schickt Douati
ten geschichtlichen Überblick über die Entwickelung der
e in Beziehung auf Magengeschwür voraus; alsdann resümiert
; er die mit den verschiedenen Methoden der chirurgischen
sultate und zwar nach einem gennu bestimmten anatomiscti-
gedanken. Denn ausgehend von dem Prinzip, dass die Aus-
ig je nach den Indikationen sich anders gestalten, bat er
eingeteilt und sie sowohl bei in Entwickelung begriffenem
[ seinen Komplikationen (akute Perforationen in das Innere
der Peritonealhöhle; eubphrenischer Abszess und sonstige i
sse) und ihren Ausgängen (narbige Pylorusstenose, Sandoltr- |
ate der Behandlung des in Entwickelung begriffenen Ge-
ektion, Pyloropkstik und Gastroenterostomie werden im ein-
q; es werden ausserdem erwähnt die Gastrolyse, Dnodeno-
rusau Bschaltung usw. Die Gastroenterostomie ist der Eic-
ind die besten Resultate hat die v. Hackersche Methode
lieh wenn der Murphyknopf angewandt wurde, dem Carle
t und dessen Anwendungsvorzüge angeführt werden.
Uten Perforationen beträgt die Mortalität bei chirurgischer
o; Verf. gibt, wenn möglich, der Vernähung den Vorzug
>rausgebende Resektion des Geschwürs und erklärt sich Tür
3er Ausspülung des Peritoneums nur dann, wenn der Magen-
jsser Menge ergossen oder zu purulenter Peritonitis Veran-
hat.
hirurgische Behandlung bei den Aasgängen wird geprüft in
: Resektion, Divnision, Gastro enter ostome, Pyloroplastik usw.
i, dass z. B. bei narbiger Pylorusstenose man mit der Re-
blicbkeit von 41°/a bekommen hat, während mit der Pyloro-
chkeit 10,9 7o beträgt und mit der Gastroenterostomie 10,3°,'ii.
Haser, VerletEDng«a nnd chintrg. Erkrftnknngsii das Hageos. 693
Rezidive sind bedenteod zahlreicher nach Resektionen und Plastiken als niEich
der Gastroenterostomie.
Die allgemeinen, bei dem Geschwür in acte and den Geschwürstenosen
mit den Methoden der Resektion, der Plastik nnd der Gastroenterostomie
erzielten Resultate sind in einer Tabelle znsammengestellt, aus der sich ergibt,
dass die aligemeine Mortalität resp. 28,7, 10,56, 12,1 "/o beträgt, während
die Rezidive resp. 18,1, 15,4, 2,9''/o anemachen; oder in anderen Worten,
bei den drei Methoden betragen die Gesamtmisserfolge: Resektionen 41,6''/o
der operierten Fälle, Plastiken 24,3<*/o, Gastroenterostomien 14,6"/o, Das
\ erfahren der Wahl ist also die Gastroenterostomie, welche Vertrauen sowohl
in das Qumittelbare als in das Danerresnltat gewährt.
Donati bespricht im einzelnen anch die wichtigsten Komplikationen
der Gastroenterostomie nnd die fonktionellen Erfolge der verschiedenen Ein-
^ifTe. Schliesslich kommt er zur Feststellung der Indikationen und behauptet,
dass der chirurgische Eingriff indiziert ist:
1. In den Fällen, in denen die Magenschmerzen nnd Erbrechnngen trotz
aller ärztlichen Bemühungen derartig stark sind, dass sie den Patienten in-
folge drohender Kachexie und der Erschöpfung in schwere Gefahr bringen,
wie es nämlich eben der Fall ist, wenn solche Beschwerden sich zu dem Sym-
ptombild des Pylorus gesellen (Krampf, Geschwür am Pylorns).
2. In den Fällen von leichten, wiederholten Hämatemesen, die jedweder
innerlichen Behandlung resistieren, falls dieselbe wenigstens mehr als einmal
nnwirksam gewesen ist (nicht bei profusen Hämatemesen).
3. In den Fällen, wo Krebsverdacht besteht.
Notweudigkeitsindikationen sind dann:
Perforationen, snbphrenische und perigastrische Abszesse, narbige Pylo-
russtenose und Sanduhrmagen. Bei narbigen Stenosen hebt der Verf. hervor,
dass die Resultate der Gastroenterostomie die besten sind, besonders in den
Fällen, in denen der Knopf zar Anwendung kam, für die die Sterblichkeit
'iM°/o nach der allgemeinen Statistik und 3,84 °/o nach der von Prof. Carle
beträgt. Bei dieser Statistik nnd bei den Resultaten und Methoden Carle s
verweilt Donati alsdann in besonderem Masse.
Zum Schlüsse sind die Krankengeschichten der Operierten Carles zu-
sammengestellt und in statistischen Tafeln die Fälle angeführt, welche zu
dem Studinm des Gegenstandes gedient haben mit Angabe der Bibliographie,
des Namens des Operateurs, der Dauer der Krankheit, der Operations-
metbode, des Operationsbefundes und der Nah- und Fernerfolge.
R. Giani.
Unter 51 Fällen, die Moyniban (2ß0b) wegen DuodenalulcuB operiert
hat, waren 22 mit gleichzeitig bestehendem Magengeschwür. Unter 162 G.E.-
Fällen wegen Magen- nnd Duodenalulcus hatte er 4 Todesfälle. Unter 23 Ope-
rationen an den erwähnten 22 Patienten, von denen 8 weiblich, 13 männlich
varen, und bei denen die G.E. post. die Operation der Wahl war, ist ein
Todesfall zu verzeichnen.
Moynihan (250a) unterscheidet bei den Perforationen infolge Ulcus
äknte, snbakute und chronische. Bei der snbaknten Form ist der Ausäuss
äos dem schnell entstandenen Loch durch irgend welche Zufälligkeiten ein
ganz langsamer {kleine Öffnung, Verschluss durch Netz u. dergl.). Bei der
l'aparotomie sieht man die Öffnung schon wieder verschlossen. Bei der sab-
aksten Form bestehen vor der Perforation mehrere Tage schon Beschwerden
Jahreebericfat Kt: Chirui^ie. II. Teil.
emeiner oder lokaler Art. Sie haben ihren Grund in einer lokalisierten
Itonitis nnd sollen schon vorher an die Möglichkeit einer Perforation
ken lassen. Die subakuten Perforationen sind ebenso wie die akuten
st an der vorderen Magenwand, im Gegensatz zu den chronischen, die
meist an der Hinterwand abspielen. Spontane Heilang ist nur bei
jnischen und subakuten Perforationen möglich, nicht bei akuten.
Moynihan hat 22 Fälle von perforiertem Magen- (15) und Daodenal-
18 (7) operiert mit U Heilungen (=63,6"/») und 8 Todesfällen (= 36,4 ^/<i:.
Alter dieser Kranken achwankte von 17^^4 Jahren. Von den 15 Magen-
ihwüren waren 3 bei Männern, 12 bei weiblichen Personen. Von den
luodenalulcera betrafen 4 männliche Leute im Alter von 22 — 44 Jahren,
eibliche im Alter von 17—25 Jahren. Sechs von den Kranken waren
)n ein Jahr vorher wegen Verdauungsbeschwerden, Erbrechen, Hämate-
is und Anämie behandelt worden. Von den 7 Duodenalgeschwüren waren
kranke vorher schon behandelt worden, ohne jeden Erfolg. Am Magen
en in einem Fall zwei Perforationsoffnungen gefunden worden- Die Per-
.tionsstelle bei den 7 Duodenalgeschwüren befand sich 6 mal ina ersten
des Duodenum, einmal im Anfang des zweiten Abschnittes. Die G.E.
Moynihan der Naht dreimal gleich angeschlossen; in 2 Fällen bat er
noch später angelegt. Peritonealspülungen nahm er nur vor, wenn seit
Perforation schon längere Zeit verstrichen war; Drainage der Bauchhöhle
de in 12 Fällen vorgenommen. Bei Operation wegen Blutung macht
ynihau womöglich lokale Blutstillung mit oder ohne Exzision des L'lcus;
i das unmöglich ist wegen allgemeiner Schleimhautblutung oder Nicht-
inden des Ulcus oder dergleichen die G.E. , mit deren Resultaten er
:;haus zufrieden ist. Knopf ist zur G.E. nicht angebracht, da er in den
;en fallen nnd die Blutung unterhalten kann. Unter 22 Operationen wegen
tung hat Moynihan einmal die Exzision gemacht mit letalem Aasgang,
ision mit G. E. dreimal mit einem Todesfall nnd 18mal G. E. mit 17
lungen. Niemals ist nach der Operation die Blutung wiedergekehrt. In
m Falle der letal endete, konnte als Blntongsquelle nichts gefunden werden
erweiterte Magenvenen. Moynihan betont, dass etwa in der Hälfte der
e mehr als ein Geschwür im Magen ist, und dass neben dem Magenuicus
1 häufig noch Duodenalu Icera bestehen. Beim Duodenalulcushat Moynihan
igerschmerz 2—4 Stunden nach der Nahrungsaufnahme auftreten sehen
macht daranf als diagnostisches Kriterium anünerksam. Bei Sitz des
chwürs in der Nähe der Kardia treten die Schmerzen schon wenige Minuten
1 dem Essern auf Die chirurgische Behandlung der Magengeschwüre
;elst G. E. muss öfter vorgenommen werden als bisher, da die innere Be-
ilung oft nur vorübergehende Erfolge aufweist. Auch von der Finne;'-
m Operation hat er in zwei Fällen gute Erfolge gesehen.
Wegen chronischem Ulcus hat Moynihan 153 mal die G. E. ausgeführt
zwei Todesfällen. Unter Fällen von Pyloroplastik war in zwei später
1 eine G. E. notwendig. Einmal musste er nach der G. E, wegen Cir-
s noch eine Enteroanastomose später anlegen. Einmal fand sich als Ur-
le des Erbrechens eine Hernie des Jejunum durch die Öffnung des Mesocol.
isv. hindurch.
Zur Diagnose des Sanduhrmagens hat Moynihan angegeben, die
;engrenze perkutorisch festzustellen , dann wieder 20 — 30 Sekunden nach
jabe eines Bransepnlvers nnd schliesslich wieder nach ö Minuten. Man
Hoaer, Terl»tEiiageD and chirnig. Erkrankangea dse Hagens. 695
Unii dann oft den pylorischen Anteil gefüllt seheD. Auf 20 Operationen
wegen Sandolirmagen kommen drei Todesfälle.
MoyDibaD hat dabei ausgeführt:
Gastroplastik 7 mal,
Gastro-Enterostomie allein 6 mal,
Gastroplastik + 6. E. 2 mal,
Gastro- Gastrostomie allein 1 mal,
Gastro-Gastrostomie -f G. E. 3 mal,
Dilatation der Stenose 1 mal.
Atkins (213) hat bei 20 wegen chronischem Magengeschwür und Dila-
tation mit der kombinierten Methode der G. £. und Jejunoanastomose ope-
rit-rten Kranken Nachforschungen über Dauerresultate angestellt. 15 fand er
gaoz frei Ton den alten Beschwerden, 4 hatten noch Beschwerden, aber viel
«inniger als frUher; nur ein Fall schien keinen Vorteil durch die Operation
gehabt zu haben. Die schriftlichen Nachforschungen bezogen sich auf Schmerzen,
Erbrechen, Bluterbrechen, Gewichtszunahme, Arbeitsfähigkeit. Er fand:
93,4 7o frei von Schmerzen,
93,4 "ro frei von Erbrechen,
100,0''/o frei von Bluterbrechen,
73,2 ^/o hatten Gewichtszunahme,
100,0 "fo konnten ihrer Beschäftigung ohne Beschwerden
nachgehen.
Gerade in letzterer Beziehung, der wiedererlangten Arbeitsfähigkeit,
glaubt Atkins, dass die kombinierte Operationsmethode jeder anderen über-
legen ist. Unter diesen 20 Fällen waren 11 männlich, 9 weiblich. Neunmal
waren die Geschwüre multipel, wobei sie gleichmässig auf die vordere und
die hintere Wand verteilt waren. Um den Sitz des Geschwürs schon vor der
Operation zu erkennen , ist zu beachten Ort des Schmerzes und die Zeit,
wann er nach der Nahmngsanfnahme sich einstellt, wann Erbrechen auftritt
and etwaige Veränderungen des Schmerzes bei Lagewechsel. Je zeitiger der
Schmerz nach der Nahrungsaufnahme eintritt, um so hoher sitzt das Ge-
schwür der Kardia. Beginnt der Schmerz erst l'/i — 2'/» Stunden später,
dann ist das Geschwür in der Höbe des Pylorus zu suchen. Ständiger Schmerz
1 Zoll links und über dem Nabel weist auf Verwachsungen mit der Gallen-
blase bin. Vom Erbrechen gilt hinsichtlich des zeitlichen Auftretens dasselbe
wie vom Schmerz.
Atkins empfiehlt für alle Fälle von chronischem Magengeschwür und
Dyspepsie, wo die innere Medizin versagt hat, die G. E. oder Gastroduodeno-
stomie, und zwar will er gerade vor der gänzlichen Erschöpfung der Kranken
operieren. Er bevorzugt die hintere G. E. meist mit der Jejunoanastoniose.
Xach der Operation lässt er halb aufgerichtete Lage einnehmen. Dilatation
des Magens fand Atkins häufig zusammen mit dislozierter rechter Niere,
entweder infolge direkten Druckes der Niere auf das Duodenum oder infolge
Zuges an diesem durch perirenale Adhäsionen. Solche Kranken haben be*
deutende Erleichterung in der Entleerung des Magens, wenn sie auf der
rechten Seite liegen. Häufig werden solche Falle durch eine Nephropexie
hesser beeinflusst als durch eine Magenoperation. Die Untersuchung auf be-
wegliche rechte Niere sollte deshalb in keinem Falle von Dilatation des Magens
unterlassen worden.
jBhrMbericht fdr Chirurgie, n. Teil.
D (211) stellt in der Soc. de chir. zu Lyon drei Fälle von
len vor, die zeigen, dasa die 6. E. den Pylorospasmns ver-
i Exzision des Geschwüres besteheo liess.
"allen, in denen Brenner (222) die G. E. wegen TJlcos cal-
rt hatte, konnte er sich gelegentlich späterer Nachoperationen
3S sich das Infiltrat voUkommen zurückgebÜdet hatte ; ein hand-
rschwür war in 'U Jahren vollkommen ausgeheilt anter Bildung
arbe. Bei sicherem Ulcus callosum machte Brenner 30mal
26 Heilungen. Er betrachtet die G. E. als Operation der
zweiter Linie kommt die Resektion in Betracht,
hliffer hat bei 41 G. E. stete Heilungen gehabt. Steinthal
8 Tage nach der G. E. einen Kranken an Blutung verloren.
daher die Resektion. Payr hat aber 2'/t Monate nach einer
tuch eine Blutung erlebt aus einem tief ins Pankreas fassenden
bei der ersten Operation sicher nicht vorhanden war. Auch
g hat die Erfahrung gemacht, dass die Resektion nicht vor
Perforation schUtzt und bezeichnet die G. E. retrocolica als
Wahl. Hotmeister befürwortet die Resektion des Ulcus,
:allosum von einem Karzinom nicht mit Sicherheit zu nnter-
rs Ausführungen sind bemerkenswert, weil dieser Autor selbst
früher befürwortet hat.
»in 24JBhrigeu Schneider, bei dem mit 19 Jahren wegen eines kronBiistOck-
Geachwflra der vorderen Magenw&Dd nahe dem Fyloms die G. £. retrot.
worden war, fuid er gelegentlich einer S'/i Jahr spater wegen •menter
genommenen Laparotomie eine innere Einklemmong des DOuadarma in dem
leaokolon und JejnonmsehliDge, die etwa 7 cm lang genommen war. [Eine
hlinge nicht lang za nehmen oder, falls dies geschieht, die LQeke iwischen
[cjuaamecheDkel dnrch N&bte za ve rech lie säen.) Die Stella am Ms^en.
löse Infiltrat gefunden war, erwies sich 1903 als vollkommen weich und
lioer N&rbe oder Verwachsung.
it SOjftbrigea Magd war der Hegen vor dem Pyloms etwas eingeeebaOrt
, durch die vordere Magenwand hindurch hatt« man in der hiDt«ren Uagen-
ilUrgraeses Infiltrat und in dessen Mitte eine trichterförmigs Vertiefuog
^h in das Pankreas hineinsonkte; die hintere Magonwand war in grosarr
der hinteren Bauchwand verwachsen. Nsch Q. E. antecol. snt. lieasen die
eh. Nach neun Monaten wurde sie wegen erneuter Beschwerden wieder
rde an St«lle des kallÖBen GeschwDrs eine krönen stQckgrosse, weisse Narbe
die PyloruB and Eardia gegen die Ver wachen ngsstelle am Pankreas heran-
so dass eine kleine Eurvator eigentlich fehlte. Bei der Lösung riss die
Sardia nnd Pjlorus wichen weit auseinander. Heilung mit Fistelbildon;
Schaltung. Gelegentlich einer dritten Operation wegen der Ligatnifistel
len am Hagen nirgends an kallSse Hassen erinnernde Verdickungen angt-
n blieb b«8ch werdefrei.
em 47j&brigen Bauern wurde in der Uitte der kleinen Kurvatur eine deri)«,
)ii Baucfawand verwachsene Infiltration, die bis gegen die Kardia raicbts,
Allm&hliche Heilung nach G. E. antec. ant. Bei der sptteren Operition
urde keine Spur einer kallSsen Yerdickung angutrofien.
ir berichtet weiter, dass bei einer Frau, und zwar handelte es
seiner früher veröffentlichten Resektionsfalle, sich später ^lagen-
"brechen wieder gezeigt haben, demnach an einem Wiederanf-
jschwürs nicht gezweifelt werden kann. Bei der Nachtmt«r-
r Fälle fand er weiter, dass die Beschwerden nach der G. E.
h nachlassen. Da nach seiner Statistik die Dauerheilung nacb
Hoaer, TetletsongeD und cbinirg. EtkraDknngei] des Mbübiib. 697
Besektion 66,6Vo, die Mortalität 28,6''/o, bei der G. E. erstere 63,68"/o, die
Mortalität aber 13,3 "/o beträgt, so wird er in Zukunft die G. E. bevorzugen
and erst, wenn diese nicht hilft, zur Resektion schreiten.
Von 61 Fällen von G, E. wegen chronischem Magen- und Duodenalge-
schwür, über dieMoullin (249) berichtet, war in vier Fällen kein Geschwür
^fanden worden. Von den 56 bleibenden Fällen waren 4 gestorben. Von
den wieder restierenden 52 waren 42 geheilt. Viele von den Fällen sind
3—4 Jahre beobachtet worden. Von den anderen 10 Fällen waren 7 ganz
Dnbeilbar, zwei hatten später noch Magenblutungen. Die G. E. zur Zeit aus-
geführt gibt die besten Aussichten für die dauernde Heilung und hat eine
bei weitem geringere Mortalität, als wenn sie wegen Resektion oder Blutung
äosgeführt wird.
Vailar (264) hält die G. E. für eine vorzügliche Operationsmettiode,
aber nnr bei schon vernarbten Geschwüren; bei erst bestehender Ulzeration
hält er sie nicht für angebracht.
G a u th i e r (236) berichtet auch ein Verschwinden kallöser Magen-
geschwüre :
Ein fiSjihriger Mann, der seit 2S Jahren &n Magenbeschwerden vom Typoa der
Hj^raiiditSt litt, zeigte seit sechs JshreD die Erecheinnngen der Pylorasstenose, anseer-
iem in den letiten Tier Monaten starken Erftfteverfall. Bei der Operation food man einen
Pflornstumor, der fOr KarEiaom hd gesprochen wurde. Trotsdem sah man in Anbetracht
ita schlechten Zustandes von einer Resektion ab and begnügte sicii mit der G. E. mittelst
Knopf (JabonlayJ. Nach vorübergehender Besserung trat wieder VerschtechteTung ein,
weshalb wieder laparotomiert warde. Die DengeacbafTene MagenSffnnng wurde obliteriert
gefonden; der Pjlonis Hess jetit eine grossere Menge Hageniahalts durchgehen. Es wurde
(ine neae G. E. angelegt mittelst Knopf, von der Entfemnng des etwas vergrSesert«n
Tumors wegen des schlechten Erafteiustandes noch immer abgesehen. In dieser ilMicht
vttit aber spfiter die dritte Laparotomie gemHobt. Jetit fand man den Fylometumor
nicht mehr. Nur eine geringe Verdickang der Magen Wandungen und einige Verwachsungen
wiien vorhanden.
Bei einem zweiten Fall, einer Frau, war es ähnlich. Hier hatte eine
Pyioroplastik vorübergehend Heilung gebracht. Als nach einer G. E. wieder
eine Verschlechterung eintrat, entschloss man sich zu einer dritten Ojieration,
bei der am Pylorus statt des festen Tumors nur noch eine kleine schwielige
Närhe gefunden wurde. Man machte wegen der Schmerzen eine Resektion
in geringer Ausdehnung, worauf Heilung eintrat.
Gant hier (236 b) berichtet weiter von einem ÜIcus-Kranken, bei dem
Jaboulay wegen andauernden Bluterbrechens eine G. E. mittelst Enopf an-
gelegt hatte. Am 3. Tage nach der Operation setzten wieder Blutungen ein,
die sich täglich wiederholten. Nach 25 Tagen laparotomierte Jaboulay
»ieder, exzidierte das Ulcus am Pylorus und vernähte den Defekt in querer
Richtung wie bei einer Pyioroplastik. Die G. E. hat wohl die Schmerzen
nnd Stenosen er seh einungen beseitigt, nicht aber die Blutungen verhindert.
Tuffier und Jeaune (263) besprechen die Blutungen infolge Magen-
geschwürs, die nicht nur bei bestehendem, sondern auch bei schon vernarbtem
Ileus auftreten können. Sie teilen sie ein in die fondroyante, die akute und
die chronische Form. Die erste Form endet stets letal. Bei der akuten
Form kann die Menge des ergossenen Blutes einen Liter nnd darüber betragen.
Die Wiederholung der Blutung ist verschieden. Besonders ist es die von
Dieulafoy sogenannte Ezulceratio simplex, die diese heftigen Blntangen
entstehen lässt. Auffallend ist die häufige Erhöhung der Temperatur bei den
tiocbgradig aosgebluteten Kranken, die bei Blutungen nervösen oder karzino-
Jkhresberiuht fOr Chirurgie. II. Teil
rungs fehlt. Ferner ist anffallend, wie schnell sich ein ausge-
ier erholt. — Bei der chronischen Form wird nicht nur durch
Blutungen, sondern auch durch die Schmerzen and Stömngen
eerung ein Zustand von Anämie ständig unterhalten. Natürlich
ormen oft ineinander über.
toperativen Uämatemesen betrachten Tuffier und Jeanne
Ursprungs. Bei allen Blutungen besteht ein konstantes Ver-
en Form der Blutung und Kaliber des Gefässes nicht. Man
i einem nur mikroskopisch sichtbaren Gefass ebenso verbluten
)ft betroffenen Arterie Itenalis. Ein junges Geschwür arrodiert
1er Magenwand, ein altes die ausserhalb derselben gelegenen
letzterem ist die Operation ungleich schwerer, die Blatstillnng
ir unmöglich werden.
istiken über Häufigkeit der Hämatemesen sind noch sehr ver-
ibe berechnet z. B. tödliche Blutungen in Q°/o, Br am well
die Schwierigkeiten der Blutstillung bei hoch nnd an der
nd in der Nähe der Kardia gelegenen Geschwüren ebenso bei
s der Arteria lienaiis sehr gross sind nnd obwohl nach
lie Operation 66 "/o Mortalität hat, so muss man trotzdem die
äcliwüre als zur chirurgischen Behandlung gehörig erklären-
leren Gebieten der Bauchchirurgie sind die ersten Statistiken
;en und haben sich erst allmählich gebessert. So hat in der
j neuere Statistik von Rodman eine Mortalität von ST-Ö^'o
'Her und Jeaune wollen bei der ersten Blutung noch nicht
Wiederholung aber niclit mit der Operation zögern nnd zwar
lon nach der zweiten, spätestens aber nach der dritten Blutung
tion vorgehen. Nur äu^serste Anämie ist eine Kontraindikation,
ungünstige äussere Verhältnisse. Der Chirurg muss deshalb
iT ersten Blutung zugezogen werden. Bei der ersten Blutung i
dumchlorür in heisser Kektaleingiessung (4 — 8 g täglich) nnd :
Jziösung l—2'/i> als subkutane Injektion von 100 — 150 g, ein ,
tionen alle 2 — 3 Tage. Auch von der Reflexwirkung der Hitze !
brauch machen als Eingiessungen von abgekochtem öCigem !
bis dreimal. Ferner kann m»n mit Adrenalin einen Versuch
Tropfen einer Lösung 1 : 1000). Von chirurgischen Eingriffi^n !
[fache Gastrotomie und die Kauterisation nicht viel. Nur ge-
lten sie bei Blutungen aus kleinsten Gefässen von Nutzen sein. |
ung der zuführenden Arterie soll auch nur ausgeführt werden,
tur an Ort und Stelle nicht möglich ist, und zwar soll sie dann , l
ten vorgenommen werden (Roux). Bei zu grossen technisciien
n und Schwäche des Kranken wird die G. E. die Operation der
ch ist sie kein sicheres Mittel.
uchung der hinteren Magenfläche ist das Ligamentum gastro-
von der Mittellinie zu durchtrennen. Der Magenscbnitt zur
ä Innern wird mitten zwischen beiden Kurvaturen angelegt '
;. Die am schwierigsten zu nnterbindenden Arterien sind die !
deualis und die Art. splenica. Sie werden am besten oberhalb j
urvatur aufgesucht nach Durchtrennung des kleinen Netzes. i
Moser, VerletiuDgen und chirnrg. ErkrankuDgeii des Magens. 609
Im znr Art. splenica zu gelangen, verfolgt man die Art. coronaria, die
0)311 leicht finden kann, wenn man die kleine Kurvatur in die Höhe zieht.
Man kann die Arterie so bis zum Stamm der Coeliaca verfolgen. Von hier
ios findet man die Splenica , indem man '/» cm mehr nach vom geht. Sie
zieht hinter das Pankreas, oft von der Vene verdeckt. — Die Arteria gastro-
hepatica liegt bisweilen hinter der Vena portae, statt, wie gewöhnlich, vor
derselben.
Tuffier und Jeaune haben 24 neue Fälle sammeln können. In zwei
^nd die Resultate unsicher. Von den übrigen 22 endeten 14 mit Heilung,
ä mit dem Tode. Mithin beträgt die Mortalität 36,3 "lo. Das ergibt mit der
Itodmanschen Statistik zusammen 52 Operationsfälle mit einer Mortalität
Ton 37 »'o.
Bei der chronischen Form der oft wiederholten kleinen Blutungen kommt
meist die G. E. in Betracht, die allerdings gegen die arteriellen Blutungen
keinen sicheren Schutz gewährt.
Mackay und Macdonald (242) ergänzen die Mitteilung Jonnescos
rli?l) über Tetanie auf 12 Operationen mit 9 Heilungen.
52j&brige Frsu. Vor aecha Jahren Hysteiektainie wegen Fibrom. Seit zwOlf Jahren
in cbronischer Dyspepsie leidend, die frOfaer auf die Uteruserkrsnkang bezogen wnrde.
Fübnur 190b heftige epigastriscfae Schmerzen mit Erbrechen (wei Stunden nach der
NibruDgBaahiahme, worauf Erleichterung eintrat. Verstopfung und Durst Magendilatation
Dicbiaw eisen , sonst nichts. Nach fUuf Stunden war Nahrung trotz Hypersekretion von
UagcDsaft unverdaut. Die Kranke, die sich nach den Mogensp Ölungen immer sehr er-
leichtert fühlte, begnügte sich damit und wollte von einer Operation nichts wissen. Bei
dem ersten Tetanieanfall am 5. Mai konnte man sehen , wie der erweitert« Magen gegen
du Pjrlorashindernis ank&mpfle. Bei der MageuspQlung setzte ein neuer Anfall ein. Bei der
Laparotomie wurde der Pylorns sehr hart, aber frei von Adhäsionen gefunden. Hintere
ti. E. mit einfacher Naht. Am vierten Tage Parotitis, sonst ungestörte Heilung. Das Eli-
■riss im Harn verlor sich innerbnlb zehn Tagen , nur blieb eine gewisse Steifbeit In den
Fingern noch drei Wochen lang zurück. An die letzten Momente vor der Operation hatte
Patientin keine Erinnerung mebr.
Bisset (217) fand bei einem Kind, das 45 Stunden nach der Geburt
an schweren Darmblutungen gestorben war, ein Magengeschiir un der Hinter-
wand nahe der kleinen Kurvatur, das perforiert war. Ej-breühen hatte nie
bestanden.
Mitchell (248) zeigt ein perforiertes Magengeschwür von einem Pa-
tienten, der wegen der I'erforation operiert war. Die an der vorderen Wand
gelegene Perforationastelle war mittelst Naht geschlossen worden. Bei der
.\atopsie ergaben sich zwei Perforationsstellen, die erstere, genäht, mitten auf
der vorderen Magenwand, die andere an der grossen Kurvatur, am Pankreas
adhärent.
In der Arbeit von Milk({ (247) finden wir eine genaue Zusammenstel-
lung der operativen Statistik von perforierten Magen- und Duodenalgeschwüren,
der klinischen Symptomatologie der Perforation, sowie der operativen Methoden.
Milkö teilt im Anschluss daran die Krankenaus/.üge von vier diesbezüglichen
Beubachtungen mit. In drei Fällen vnirde operiert, davon genasen zwei (Ope-
Rition I*/z bezw. 3 Stunden nach dem Durchbruche des Geschwüres), einer
starb (Operation 12 Stunden nach der Operation). Gergö (Budapest).
Clairmont (237) hat in einem Vortrage in der Gesellschaft der Arzte
in Wien (20. V. 04) berichtet, dass auf der Klinik von Eiselberg bei per-
foriertem Magenuicus der Magen ausgewaschen, und dass kein Spülwasser im
Magen gefunden wurde.
ifthreebericfat fUr Chirurgie. II. Teil.
roce (229) berichtet über drei Fälle von Perforationsperitonitis, die
b der ersten 12 Stnoden operiert sind nnd die alle durch den Ein-
'ettet Torden sind.
SchaBBverletsung des MiigeDB. PerforalioD der rorderen Magenwand , die Sber-
Ae, deBgleicben eine FerforBtioiiaBtelJB der hinteren Uageuwand. Bsachwnnde
Teruftht
Seit iwOlf Jahren an Magengeschwür leidender Herr ffihlte nach A.afsto8sen plQti-
imera in der Hagengegend. Operatiun in der zweiten Stunde. PfeDiiigstQckgrosseB
* kleinen Earvatnr mehr vum nahe dem Pylorns, das in querer RicbtnDg QE>er-
deo konnte. AusepOlung der Baucbhohle, die voll Mageninhalt w»r, namentlich
U. Tampon&de nach der Nehtetelle.
Operation nach zehn Standen, ale Bchon Zeichen der PeriUinitia da waren. Der
m wurde mit gelblich -eiUriger Flüssigkeit gefüllt angetroffen. DaodeDum durch
Belftge mit dem Leberrand verklebt. BleiBtiftdicke Perforation in der Hinterwand
anums, die eingeetfllpt und flbenilht wurde. Auswaschen des BanchraamB mittelst
acher SpülrOhren. Tumponade. Stuhlgang nach drei PbjsoatigroiniDJekb'oiieD
|. In der Rekonvaleszenz erst rechts-, dann linksseitige Pnenmonie.
aufmann (240) berichtet von einem 44jährigen Mann, bei dem
ler 1901} eine G. E. angelegt worden war, nachdem er drei Jahre
Magenbeschwerden gelitten hatte, mit dreimaligem BInterbrechea nnd
Zeichen einer Perforation. Es hatte Hyperazidität , motorische In-
z und Pylorusstenose bestanden. Innere Behandlung hatte nicht zum
Führt. Deshalb war die G. E. retrocol. post. mit Enteroanastomose
irt worden (Seide). Nach der Operation zunächst Obstipation. Anfangs
szonabme von 27 Pfund. Nach drei Monaten begannen wieder Magen-
rden eine Stunde nach den Mahlzeiten; später stellten sich an jedem
ttag heftige Schmerzen ein. Die Untersuchung ergab fühlbaren Pylonis-
md ausgesprochene HyperaKidität. Oktober 1902 zeigten sich zere-
mptome, Gedächtnisschwäche, Störungen beim Sprechen and Schreiben,
remor, gesteigerte Redexe, beiderseitige Papillitis; Zustände von Be-
igkeit. Diese Erscheinungen wiederholten sich Febmar und März 1903,
n zu verschwinden. Im April nahmen die Beschwerden im Oberbaneh
eilen mit Ausstrahlung der Schmerzen in die Unter b auch gegend. Dabei
das Colon transversum oft gefühlt werden. Nach vorübergehenden
Qgen bemerkte Patient November 1903 znm erstenmal schwefligen Ge-
: und erbrach fäkulente Flüssigkeit. Es wurden auch mittelst Magen-
les wiederholt kotige Massen aus dem Magen entleert. Durch £in-
g von Lykopodium mit Gentianviolett ins Kolon, das im Magen danu
riesen werden konnte, wurde die Anwesenheit einer Fistel sicher ge-
Wegen der Schmerzen wurde Patient Morphinist. Am 7. März 1905
ir wieder operiert. Es zeigte sich der mittlere Teil des Colon trans-
verengt und adhärent an die grosse Kurvatur und hinten an die
iscbsinge der G. E. Es bestand eine Fistel zwischen hinterer Kolon-
ad Jejunum nnd eine zweite zwischen Colon transversum und hinterer
and. Die Fisteln wurden vernäht imd eine Anastomose zwisclteo
scendens und Flexur angelegt wegen der durch die Naht noch ver-
1 Enge des Colon transversum. Der am sechsten Tage eingetretene
oigte durch Perforation infolge einer Nekrose an der Flexnra durch
rphyknopf. Ein Best der früheren G. E. hatte nicht mehr gefondeo
können.
ie Fisteln sind dnrch Ulzerationen entstanden, die als peptische ans-
ind. Schon die heftigen Schmerzen wiesen auf Ulzeration hin. Da
HoHer, Verletinngen nnd ehimrg. ErkraakangeB des HageoB. 7U1
die peptischen Geschwüre nur nach Opfirätionen wegen gutartiger Magen-
pTkrankung entstehen , beweist das , d&ss sie denselben Ursachen ihre Ent-
stehung verdanken, wie diese. Man soll sich deshalb vor Angen halten, dass
chronische Gastritis und Eljperazidität nach diesen Operationen nicht sogleich
verschwinden.
Merkel (246) teilt einen Fall diffuser Magenphlegmone aJs Folge eines
Ulcus mit:
Eine 45j&krige Fnu wu- wegen Leukämie mit SOntgenbestrah langen bebtnd«lt worden
and ktm eiud Rxitas. In der linken Pleurahöhle und im Henbentel fand sieb klare, aerSM
FlOsaigkeit Im LBiebeublut war noch starke Vermehrung der mononuklefiren, grosakernigen
Leoka^tsn nacbinweiBen. Bei der ErOffnang des Bauches entleerten sieb grosse Mengen
trSber, ser&ser, mit maasenhaften zarreiblioben Fibrinfetien antermiscbter Flflsaigkeit. Das
Sanse PeritoDenm parietale war mit larten, eiterig-fibrinösen Membranen bedeckt, die eicb
■ocb auf den Darmschlingen, auf dem Meaenterium und besonders in der Tiefs des Beckens
Torfanden; ebenso war das stark verdickte und gequollene Netz damit bedeckt. Mili and
Leber waren vergrdBsart. Der Magen erecbien in situ auaserordentlich grosa, seine Serosa
mit larten Fibrinmembranen bedeckt. Bei der Betastung zeigte sich der scharf abgesetzte
FandoBteil von normaler Beschaffenheit, der ganze übrige Teil der Magenwand (ca. */>) war
hochgradig verdickt aniafOhlen und von eigenartiger, teigiger Bescb äffen beit. Beim Änf-
Bcboriden war der Hagen mit reichlichen Speisemassen angefOllt. Entsprechend dem
tnseeren Befund beeass die Mageuwand nur im Fundoateil normale Dicke, wShrend der
ganie übrige Teil enorm verdickt, infiltriert erschien. Die Verdickung betraf besondera die
Sabmokosa, die am meisten in der Pylorasgegend aufgelockert nnd eiterig infiltriert war.
Es liessen sich dort reichliche Mengen dickflflssigen Eiters ans der in Einscbmelzung be-
griffenen Submukoss ansdrOcken. Auch die Muskulatur der Mageuwand erschien gequollen ;
aoefa war die Scbleimbant an den betreffenden Steilen aafgelockert, injiziert ond mit zartem,
fest haftendem Schleim bedeckt. Am Pjlorua bOrte sowohl die Infiltration der Magen-
wand wi« die entzSndlicbe Schleimhautverftnderung scharf auf. In der kleinen Kurvatur
des Mirena soss nahe dem Pylorua ein ovales, ca. pfennigstUckgrosses , scharfrandiges
UtcDS, das hia in die Tiefe der Muskulatur hineinreichte. In der Umgebung dea Ulcus
war die Einschmelznng der 8abmukosa am stirksten. Die Serosa Dber dem Ulcns zeigte
eine starke, narbig -weiasliche Verdickung und wies zahlreiche, von der kleinen Eurvatnr
tos nach der Vorderfiftche dea Magens radiär verlaufende, eiterig infiltrierte LfraphgeMsse
auf. An der kleinen Karvatur lagen einige entzQndliche vergrösserte LymphdrQaen. Im
Dickdarm waren einige oberflftchlicbe Schleim hautnek rasen. Die Nieren zeigten leichte,
trabe Schwellung; in den Nebennieren waren multiple ttlutungsberdcbeD. Im frischen Aus-
ttricbprSparat waren maaaenbafte Streptokokken. Das Eulturverfahren ergab Streptokokken
fast in Reinkultur. Mikroskopisch war Mukosa, Snbmukosa und teilweise Muskularis hoch-
gradig infiltriert nicht nur mit gelappten nnd vielkernigen Leukozyten, sondern auch mit
mononakleftren, grosskemigen Leukozyten.
Erbrechen hatte bei Lebzeiten nicht stattgehabt. Auch war ja ein Durchbrnch des
Bters in daa Magenlnmen nicht erfolgt.
Schmidt (257) zeigt den Magen einer TOjährigen Frau, die an eite-
riger Peritonitis und konsekutiver doppelseitiger Pleuritis gestorben war, als
deren Quelle sich eine eiterige Infiltration der Submukoga des ganzen Pylorus-
teib ergab. Der von vielen Fibrinfäden durchzogene Eiter lag in den und
um die Lymphgefässe der tiefen Submukosaschicht. Es handelte sich in
diesem Fall um eine primäre spontane Erkrankung in einem sonst, bis auf
einen gewöhnlichen Schleimhautpolypea , gesunden Magen. Die Infektions-
pforte konnte höchstens in zwei kleinsten, oberflächlichen, streifenförmigen
Defekten an der Innenfläche gesucht werden. Jedenfalls muss angenommen
werden, dass sie von der Schleimhaut aus erfolgt ist.
Suess (262) berichtet von einem tödlich endenden Fall bei einem 58jiih-
rigem Manne mit ulzerierten Inflltraten des Miigens, Hypertrophie der Leber
mit Nekrosen, Milztumor, Ikterus. Der Milzsaft enthielt eine Bazillenart,
Jftbreabericht fitr Chirurgie. II. Teil.
mit keiner der bekannten Arten identifizieren Hess nnd für Tiere
war.
ibos (212) beschreibt einen Fall von Sanduhrmagen mit Heilung
istroanastomose.
lhrif!s Arbeiterfrau, die in ihrer Jugend einmal Mngenbluten gehabt and öfters
leschwerilen gelitten hatte , litt aeit einigen Wochen nieder an heftigem Er-
ind Schmerzen. Sie leigte eine stark ausgebildete Lordose der Lendeiiwirb«!-
idurch die Aorta in ihrem ganzen Verlauf der vorderen Baachirand gCDäbert
ei der Laparotomie fand man den Fundus und die Pars pylorica des Magens
kinderhandgrosses, stenosierendes Ulcus mit wellenartigen Rändern vonetaander
Das Ulcus sass aaf der Röckseite und war mit der Gegend der Pankreas an der
d breit verwachsen und verengte das Magenlamen bis aaf zwei Querfinger-Broire.
»e wurde hergestellt zwischeD dem kardialen und dem pyloriecheD Teil etwas
ler grossen Eurratar mit dreifacher Nahtreihe. Heilung.
n den bisher veröffentlichten Fällen von Gastroanastomose ist nur
V. Eiseisberg schlecht verlaufen, bei dem die Naht nicht hielt.
TOanastümose mnss aJs das am wenigsten eingreifende und sicherste
nsverfahren bei Sanduhnnagen angesehen werden,
lim bespricht acht neue Falle von Perforation des runden Magen-
•s und 72 noch in keiner Statistik ZQsammengefasste Fälle aus der
r.
SS die meisten Perforationen bei Frauen bis zum 30. Lebensjahr
len, bei Männern dagegen bis zum 50., erklärt Haim einmal aus
in Beziehungen der Chlorose zum Magengeschwür, andererseits an>
chiedenlichen Schädigungen der Lebensweise bei Männern. In beiden
pielt die Hjperchlorhydrie eine grosse Rolle. Die älteste Patientin
oration in Haims Statistik ist eine 70jährige Frau, die auch ge-
i akut perforierende Form der Magengeschwüre mnss zu den Selten-
^rechnet werden. Eine vorhergehende Latenz der Symptome ist da-
cht so selten. Der Füllungsgrad des Magens scheint für die Per-
keine wesentliche Rolle zu spielen. Perforationen infolge eines direkten
gehören zu den Seltenheiten, häufig sind sie dagegen bei gleichzeitiger
ung der Baucbwand und des Zwerchfells (Lastenheben u. dergl.).
s fand Haim vor der. Perforation eine auffällige Steigerung der
Qge bestehenden Magenbeschwerden, ausserdem auch Erbrechen, Ohn-
ifälle u. dergl. Im Verlaufe der Perforationen unterscheidet er drei
l. Geschwürsperforation an sich, 2. die mechanische Reizung des
Is seitens des Mageninhalts, 3. Peritonitis. Den initialen Schnien
r als durch Reizung des Peritoneum parietale durch den Mageninhalt
rufen, Erbrechen ist ein häufiges Symptom der Perforation, offenbar
9n Reiz der zerrissenen Serusa hervorgebracht. Blutig ist das Er-
nur selten. Reflektorisch wird nach der Perforation die Baucb-
ur und der M^en kontrahiert, so dass eine kleine Perforationsstelle
1 für kurze Zeit dadurch geschlossen werden kann. Bei besonders
Kollaps hat es sich in den bearbeiteten Fällen auch meist um be-
grosse Perforationsöffnungen gehandelt. Eine Periode des Wohlbe-
lach den ersten stürmischen Erscheinungen ist des öfteren beobachtet
Spannung der Bauchdecken soll nach Perforation besonders lange
und gerade auch bei Auftreibung des Leibes noch bestehen bleiben.
hlen der Leberdämpfung kann kein zu grosser "Wert beigemessen
Hoser, VerletEUDgeii und chimrg. ErkrankBagen des Hftgens. 703
verdeD. Das Zeichen von English, dass bei einem allgemeinen Schweiss-
aosbrucb infolge Magenperforation gerade die Haut des Epigastrium am meisten
mit Schweiss bedeckt ist, bedarf noch der Nachprüfung. Das Herz scheint
auf die pathologischen Vorgänge im Leibe bei Frauen viel eher zu reagieren
ds bei Männern.
Hinsichtlich der Operationsaassichten geht aus H a i m s Zasammen-
stdiuDg wieder hervor, dass diese desto besser sind, je zeitiger zur Operation
geschritten wird. Ausserdem waren auch in Uaims Fällen bei sehr grossen
Ferforationsöffnungen die Aussichten schlechter als bei kleinen. Ferner haben
die Perforationen an der Hinterwand und an der kleinen Kurvatur einen
lanüsameren und günstigeren Verlauf als solche der vorderen Magenwand.
Auch kommen bei erstgenanntem Sitz öfters abgesackte Abszesse zur Ent-
wicklung; allerdings stellen sich auch öfters Komplikationen ein (Pyämie usw.),
an denen die Kranken später zugrunde gehen können. Sicher ist, dass ein-
fache Übemähung der Perforationsstelle zur vollständigen und dauernden
Gesundung genügen kann. Auch alleinige Tamponade hat oft genügt, be-
sonders beim Sitz an der kleinen Kurvatur. Empfehlenswert erscheint die Re-
sektion des Geschwürs zusammen mit der G. E. Zur Nachbehandlung mit
Drainage empfehlenswert, besonders auch des kleinen Beckens, entweder von
der Scheide aus oder von einem suprapubischen Schnitt aus.
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Fischer (274} teilt einen Fall von Fibroiipom des Magens mit:
37jUiriges Msdchen, das an TrigeminnsDearalgie gelitten hatte, klagte seit fünf bi«
sechs Wochen Über Schmerzanfaile im Abdomen, die sich besonders am Tage ei&atelltea.
Verorduang einer Leibbinde wegen eioer kleinen BpigaelriHchen Hernie brachte keiaen
Katzen, im Qegenteil Terscblimroerten eich die Schmerzen in der Gegend linka vom Nabel.
Im linken Hfpochondnum fand sich eine aebr empfindiicfae Stelle. Eine Geachnulst wu
nicht fahlbar, nur war der linke Muse, rectas gespannt Bei FDlIang dea Magens mit
Wasser wurden die Schmerzen unerträglich. Der Msgenchemismus war normal. Die
BaucbpForte daumenbreit oberhalb der Nabels liess gerade die Fingerspitzen eintreten. Bei
der Laparotomie entsprechend der Hernie wurde ein kleiner adhftrenter Netzsipfel im
Brachaack durchtrennt. An der kleinen Eorvatur fand sich ein walnnsag rosse, harte, röt-
liche Geschwulst, die sich etwas auf die Torderwand des Magens erstreckte und sich etwas
vom Niveau der Magenwand abhob. Die Serosa des Magens in der Umgebung zeigt«
stark injizierte UefBsae, Das kleine Netz war eutzQndlich verdickt. £a wnrde ein V-ffir-
migea Stflck der kleinen Kurvatur reseziert, dessen Untersuchung ergab, dasa es sich am
ein Fibroiipom handelte, das von der Muskalaris ausgegangen war und von akut entzifDiJ-
lichen und hfimorrhagisehen Herden durchsetzt war. Bis zum 17. Tage ging die Heilung
ungestört. Dann bekam Patientin plötzlich Schmerzen im Epigastrium und linken Hjpo-
chondrium und bald darauf einen typischen Anfall von Tetanie, der im wesentlichea auf
die obere Exiremitftt beschränkt war. Die AnflÜle traten an diesem Tage noch einmal
aof, dann nicht mehr spontan, acbliesslich gingen sie ganz zurOck. Der Qehalt an Chloriden
schwankte von 0,73 "/q— 1.5 °. o. Die Drinmenge war etwas herabgesetzt.
Die Ursache der TeUuie war in diesem Fall wohl auch eine Intoxikation. Karl
vor Beginn der Anfalle hatte Patientin eine TorwSlbung im Epigastrium , wahrBcheiplich
eine Betention , bedingt durch eine motorische Insuffizienz infolge der bei der Operation
geschädigten Muskulatur. Die produzierte Menge der Toxine genügt« bei der nervOseo
Person zur AuelSsuug der Tetanie.
Hartmann (277) berichtet über ein Lipom an einem Magen eines
65jährigen Mannes. Der kleine Magen war zweigelappt, der Pylorusteil wurst-
förmig. Jlan fühlte in ihm einen Tumor, der übrigens die ganze Lichtnog
dea Pylorus verschluss, so dass nicht ein Tropfen Wasser durchging. Der
Hoset, Verletzungen und chirnrg. Erkr^DkuDgeD des Hagsns. 706
Tumor sass in der Hinterwand des Magens, er mass 6, 3,5, 2 cm, war leicht
aiisschälbar aus der Submukosa und hing nur an einer kleinen zentralen Ver-
tiefung an der Mnkosa fest. Das Gewicht dieses sich als reines snbmuköseB
Lipom erweisenden Tumors betrug 38 g. Die operative Entfernung, Enuklea-
tion, wäre sicher leicht gewesen.
Die Histogenese der Magen -Darmkarzinome ist nach Petersen (289)
schwer zu erforschen, erstens weil diese Karzinome mit ganz verschwindenden
Aoanabmen unizentriscb wachsen und daher die Histogenese in den Rand-
partien fast niemals studiert werden kann, und zweitens, weil klinisch be-
ginnende Magenkarzinome nur selten zur Beobachtung kommen. Bei der
Untersuchung von 70 Magen- nnd 230 Darmkarzinomen hat Petersen aber
doch einige Stellen gefunden, die auch über die Histogenese Auskunft geben.
Er ist der Ansicht , dass das Magen-Darmkarzinom , ebenso wie das Haut-
karzinom, mit einer primären Erkrankung des Epithels beginnt, ohne wesent-
liche Beteiligung des Bindegewebes. Histologisch finden sich alle Übergänge
zwischen Polyp, Adenom und Karzinom ; es erscheint dies mit der parasitären
Karzinom tbeorie nur schwer vereinbar.
Matsaoka (284) beschreibt ein reseziertes Magenstück von einem
5äjährigen Patienten, an dem die Neubildung makroskopisch wie mikroskopisch
den Charakter einer typischen diffusen Papillomatose hatte.
Bnshnell und Hinds (270) besprechen an der Hand von zwei Fällen
die Möglichkeit, dass chronische Entzündung in Krebsbildung übergehen kann.
'Es können Zellen eines Typus in Zellen einiger anderen Typus umgewandelt
werden.
Hayem (278) hat bei einem 43Jährigen Mann, der an eitriger Zerebro-
spinalmeningitis gestorben war, ein die Magenwandung diffus bis zur durch-
schnittlichen Höhe von 1 cm infiltrierendes Karzinom gefunden. Mikroskopisch
sah man neben Zeichen einer Gastritis parenchymatosa stellenweise die glan-
doläre Struktur der Mukosa mehr oder weniger verschwunden, an den ge-
schwollenen Drüsen starke Proliferation der Epithelien, die in das benachbarte
Gewehe einbrechen. Mukosa and Submakosa waren allenthalben von Karzinom-
lellen infiltriert, die Musonlaris mucosae intakt, die Muskularis hingegen
stellenweise bis zur Serosa von Krebszellen infiltriert. Im Pylorus waren
kleine, wie kleine Pnsteln aussehende Stellen, schon krebsige Aassaat von
dem diffusen primären Krebs her.
T. Tabora (296) weist darauf hin, dass der primäre Sitz der Magen-
karzinome ebenso häufig an der kleinen Kurvatur wie am Pylorus ist. Pro-
fuse Blutungen sind beim Ulcuskarzinom häufig, beim primären Karzinom
selten. Den Befund einer Hypersekretion , sei sie kontinuierlich oder nur
alimentär, scheint für die Differentialdiagnose für Ulcnskarzinom gegen fpri-
märes Karzinom patbognostisch zu sein.
Das Karzinom der kleinen Kurvatur entsteht in der Mehrzahl der Fälle
primär, nur relativ selten auf dem Boden eines Ulcus. Hier besteht in der
Regel von Anfang an Achylie. Die motorische Funktion bleibt oft bis zuletzt
intakt, oft leidet sie aber auch infolge karzinomatöser Infiltration der Musku-
laris oder dadurch, dass beim Weiterwachsen des Tumors längs der kleinen
Kurvatur diese gewissermassen starr wird, wodurch die Möglichkeit einer
eigenÜicben Peristaltik aufgehoben wird. Man kann in solchen Fällen wohl
„Magensteifungen", aber nie fortschreitende peristaltiscbe Bewegung finden.
Beim Übergreifen auf den Pylorus wird letzterer auch oft starr und insuf-
Jibresbarüht für Chlnugla IMa. 45
']■.:
706
Jahresbericht für Chirurgie, ü. TeiL
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^ • «k
fizient, was man bei Aufblähung des Magens nachweisen kann. Die Palpation
kann nur bei gleichzeitig bestehender Gastroptose einen Tumor der kleinen
Kurvatur nachweisen. Die Kranken können sich selbst 3 — 4 Jahre nach der
sicher festgestellten Karzinomdiagnose noch leidlich wohl fühlen. £s ist nicht
unwahrscheinlich, dass die Achylie bis zu gewissem Grade ein für die Kar-
zinomentwickelung prädisponierendes Moment bildet. Die Erscheinung der
erhöhten VulnerabiUtät der achylischen Schleimhaut ist ja schon längst be-
kannt. Da bei der Achylie der Pylorus infolge Mangels des Säurereizes sozu-
sagen ein offenes Loch darstellt, so ist die durch den Mageninhalt am meisten
geschädigte Partie die kleine Kurvatur. Daher muss im achylischen Magen
die Prädilektionsstelle für Karzinomentwickelung die kleine Kurvatur bilden,
während der Lieblingssitz der Karzinome in Mägen mit guter Saftentwickelung
der Pylorus ist.
Kaffeesatzartiges Aussehen des Ausgeheberten oder Erbrochenen kann
auch durch alte Speisereste vorgetäuscht werden. Man soll daher die Blut-
proben nie unterlassen. Bei beginnendem Karzinom finden sich oft kleinste,
unterstecknadelkopfgrosse Blutgerinnsel von intensiv schwarzer Farbe. Diese
Gerinnsel finden sich bei einfach achylischem Magen, indem es ja auch oft
zu kleinen Blutungen kommt, nicht, da es Blutspuren sind. Finden sich dann
noch die langen Bazillen, die auf bluthaltigem Nährboden am besten wachsen,
so ist dadurch die Diagnose auf Karzinom schon ziemlich sicher geworden.
Gewichtsverlust ist bei Karzinomen der kleinen Kurvatur oft nicht da, ja es
gelingt durch passende Ernährung oft Gewichtszunahme zu erzielen.
Bei Verdacht auf krebsige Umwandlung eines Ulcus pylori simplex wird
man sich zur Probelaparotomie um so leichter entschliessen, als ein dort be-
findliches Geschwür ohnedies schlechte Heilungsaussichten hat; bei Pylorus
tumor ist die Operations ohnedies stets angezeigt. Das Karzinom der kleinen
Kurvatur gibt für die Operation schlechte Aussichten und wird besser nicht
operiert. Es ist sehr fraglich, ob bei diesen Operationen die Operation wirk-
lich eine Lebensverlängerung bedeutet.
Delore und Leriche (273) trennen vom Pyloruskarzinom die Kar-
zinome des Pylorusteils des Magens, wie es auch Bard (Sem. med. 1904)
schon getan hat. Über die Häufigkeit dieses primären Sitzes können noch
keine Angaben gemacht werden. Einstweilen konnte unter 30 Magenkrebsen
19 mal der primäre Sitz im Pylorusteil festgestellt werden. In zwei dieser
Fälle wurde die Probelaparotomie gemacht, 10 mal die G. E. und 7 mal eine
Pylorektomie. Drüsen werden gefunden im kleinen Netz, hinter dem Pylorus
und im Ligament, gastrocolicum. Meist schien das Karzinom von der kleinen
Kurvatur auszugehen und sich gegen das Duodenum hin vorzuschieben ; nach
der Kardia zu zeigt es weniger Wachstumsneigung. Klinisch kann man zwei
Phasen unterscheiden, die erste nur mit Magenstörungen, mit oder ohne pa)-
pablen Tumor, aber ohne Erbrechen; die zweite Phase bildet die Pylorus-
stenose. Die Beschwerden fangen an ohne frühere Ulcusanamnese, mit Ge-
fühl von Schwere, schmerzhaften und brennenden Gefühlen, saueren oder
wässerigen Regurgitationen, Appetit Verminderung, Ekel vor Fleisch und Fett,
schliesslich Abmagerung. In dieser Form bestehen die Beschwerden monate-
lang, seltener jahrelang. Besonders die wässerigen Regurgitationen und die
spät auftretenden Hyperchlorhydrien erschienen Verf. verdächtig. Bei Er-
krankungen des Magens um die 50er Jahre herum, die nicht bald auf Medi-
kation weichen, soll bald von der Probelaparotomie Gebrauch gemacht werden,
Hoaer, Terletsongen and ehirorg. ErkrAnkungen des Magens. 70?
besonders wenn Abmagening da ist. Es geben diese Art Krebse die günstigsten
AussiL-hteD für die radikale Entfernung, da sie im Anfang vom Daodenum
ziemlich weit entfernt sind. Die Resektion soll weit im Gesunden ausgeführt
werden, daher wird meist die G. E. dabei in Anwendung kommen, weniger
oft die Vemähniig mit dem Duodanalstumpf. Von sieben Resektionen haben
Detore and Leriche nur einen Todesfall.
Pilt (290) berichtet von 17 Fällen von Magenkarzinom, bei denen in-
folge mangelnder Symptome die Diagnose nicht gestsUt werden konnte. Er
teilt sie in 7 Grruppen;
1. Aszites und Pleuraergnss 7 Fälle
2. Darmverwachsuiigen 3 „
3. Darm verschluss 2 „
4. Abdominelle Eitenmg 2 ,
5. Hochgradige Anämie 2 „
6. Diakattumor 1 ,
7. Venenthrombose ? ,
17 Fälle
Ist vom Karzinom ans das Peritoneum ergriffen, so können Stückeben
losgelöst werden, ins Kavnm Donglasü fallen und dort weiter wachsen. An-
dererseits können sie auch dnrch Saugwirkung ans Diaphragma gelangen nnd
tu Aszites nnd Pleuritis Veranlassung geben. Aszites ist oft bedingt durch
Verstopfung der Lymphgefässe an der Unterfläche des Zwerchfells, da die
Häuptabzugskanäle der Lymphe aus der Peritonealhöhle durchs Zwerchfell
geben.
Für die Diagnose hält Pitt die Untersuchung auf linksseitige Snpra-
klavikalardrnsen für wichtig; besonders ist eine wichtig zwischen den beiden
Teilen des Kopfnickers, die gut heraustritt, wenn man Pat. husten lässt.
Ausser diesen Drüsen ist auf dem Wege der Lymph Infektion die rechte Pleura
am meisten gefährdet. Die Lymphgefässe des Magens — Coronana, linke
und rechte Gastroepiploica — treten mit ihrem Hauptzweig mit der Cava
iDferior zusammen, rechts von der Mittellinie durch das Zwerchfell und in-
fizieren so die rechte Pleura zuerst.
Im Gegensatz zur perniziösen Anämie ist die Verminderung des Hämo-
globins bei Karzinose nicht über 30 "/o; ebenso ist die Verminderung der
roten Blutkörperchen keine so hochgradige, kaum unter 50°/"- Von Venen-
thrombose bei Magenkrebs, ohne dass letzterer Erscheinungen gemacht hätte,
hat Pitt kein Beispiel gesehen, doch erinnert er daran, dass bei Professor
Tronssean die Thrombose der Femoralvene das erste Zeichen des Magen-
krebses war.
Heinemann (279) beschreibt einen Fall von sekundärem Uternskrebs
bei primärem Magenkrebs.
52jahrige Fran, die achtEinder geboreD und selbst gealkhrt, im Altar von 42 Jahien
Blut gebrochen hatte, klagte seit Ewei Jahren über Behmenen ia der Magengegend and
Apfietitlosigkeit und nahm an EOrpergenicht ab. Im Epigastrium war eine grassapfel-
grosse reaistente Partie; dabei Infiltration der linken Lungenspitze. Bei der Sektion fond
miD in und anter der Scbleirohant der Portio flache, weiasmarkige (Jeschwulstknoten , die
»nch auf die Cerriz übergingen. JÜinUche graaweisse Stellen waren in den beiden Toben
und Ovarien, meist subseras. Den Pyloras ringförmig einnehmend and bis zur Mitte der
froasen Kurvatur reichend befand sich eine weissnarbige, mehr in der Fläche aasgedehnte
Geschwalst, die am Pfloma stark Eerfallen war. In der Banchhühle fand sich fibrinfiB-
eitoriges Exandat, in tieiden Pleuren geringe Mengen fibrinSs-äockigen Ezsndatea.
708 JehieBbericht fOr Chinirgie. II. T«il.
Einmal wegen des Sitzes am Pyloms, dann wegen nachweisbaren Zu-
sammenbanges der Krebsstränge in den tieferen Schichten der Magenwand
mit den Drüsen der Magenschleimhant ist der Pylonistumor als primärer an-
zugehen. Ferner waren in der Muskularis der erkrankten Muttermundslippe
dieselben Stränge und Doppelreihen epithelartiger Zellen zu finden, wie an
der Metastase des Magenkarzinoms, dem Krebs des Cavnm Doaglasii nnd
ebenso an der vorderen Wand der Excavatio recto-nterina. Die einzelnen
Zellen der krebsigen Züge zeigten überall einen zylinderepithelartigen Cha-
rakter. Nirgends konnte man ferner das Plattenepithel der Portio in patho-
logischer Art in die Tiefe wuchern sehen. Metastasen von seiten des Portio-
karzinoms waren auch nicht erkennbar. KArzinomatöse Lymphdrüsen waren
im Beck enhindege webe nicht zu finden. Schliesslich waren direkte Verbin-
dungen von dem Krebs in der vorderen Wand des Douglasschen Raumes
zn dem in der Portio und hinteren Muttermundalippe befindlichen Karzinom
nachzuweisen. Aus allen diesen Gründen musste der Krebs der Genitalieo
und besonders der der Portio als eine Metastase vom Magenkrebs angesehen
werden.
T. Rindfleisch (292) bespricht einen Fall von diffusem Scirrhus der
gesamten Magenwand, kompliziert durch äusserst zahlreiche Metastasen id
allen Organen, besonders in Longe, Leber und Knochenmark. Die klinischen
Erscheinungen deuteten nicht auf ein Ma^enkarzinom bin, vielmehr standen
die Beschwerden von seiten der Lungen, sowie der auf eine akute Leukämie
hindeutende Blutbefond im Vordergrunde des Krankheitsbildes. Histologiscb
zeichnete sich der Fall dadurch aus, dass die mit den tieferen Magenschichten
in Zusammenhang stehenden, die brettäbnliche Härte des Karzinoms be-
dingenden Bindegewebsbalken die in Lockerung begriffenen mittleren Teile
der Drüsenschicht und krebsigeu Partien durchwuchsen und nach dem Magen-
innern zu eine bindegewebige Äbschlussplatte konstruierten. Ein zusammen-
hängendes Epithel war auf der Oberfiäche nicht mehr vorhanden, v. Rind-
fleisch nimmt an, dass das Karzinom auf Grund eines chronischen Katarrbs
zur Entvrickelung gekommen ist.
Nordmann (287) demonstriert drei Magenkrebse. Der erste von diesen,
Ton einem jungen Mann stammend, hatte von klinischen Erscheinungen nar
eine abundante Hämatemese gemacht, im übrigen nur unter dem Bilde der
Kachexie zum Tode geführt. Es handelte sich nm einen infiltrierendKii
Scirrhus. Im Dünndarm waren die Pey ersehen Haufen geschwollen, ausser-
dem auf der Schleimhaut eine Reibe nicht vereiterter Knötchen. Bei dem
zweiten Fall hatte man wegen der starken und schnellen Anschwellung der
Leber, deren Palpation schmerzhaft war, an die Möglichkeit eines Leher-
abezesses gedacht. Es lag ein Karzinom der kleinen Kurvatur vor. Die Leber
wog 6'/« kg und war mit Krebsmassen angefüllt. Der dritte Kranke hutle
Zeichen von Darmverschluss gehabt, nebst einem Tumor in der rechten Fossa
iliaca. Es wurde eine G. E. angelegt und dabei gefunden, dass der Tumor
der Cökalgegend durch einen Leberlappen gebildet wurde. Die Sektion be-
stätigte das. Es waren grosse Krebsknoten in der Leber und im Magen ein
grosses geschwüriges Karzinom.
Mönckeberg (285) hat an einem Magen zwei Krebse gefunden.
GSjfibrige FrBU, die mit der kÜDiachen Diagnase CsrciQomB owopbagi et ventricuU,
Metutaaen im Bauch, geatorben war. Bei der Sektion zeigte sich an der Kardia bIdb
derbe Oeechwulst, die die Kardia lingfOnnig umgab uud aich ISngs der kleinen Kumtat
Hoaer, V«rletiiiiigen noil chimrg. ErkraokuDgen dee Hagene. 709
lachM' -werdend nnd stark nlzeriert fort erstreckt«, um mit kaotig ins Mageolumeii vor-
ngeDdem Rande la enden. Änsserdem fand sich am Pylorua eioe zweite QeBchwulst von
linglich ovaler Geetalt and 3—4 cm Darehmeaser, mit breiter Baaia polypenartig der
HageniraDd anfBitzend. Die Oberfläche dieses Tumors war glatt nnd in der Hitte dellen-
artig eingeiogen. In der SobseroHB eeigten sich auch hier einielne kleine Tumorknoten.
Dann fmnden sich noch kleine melaatatisehe Tnaiorknoten im ScbSdeldacb und in der Um-
^bnng dea rechten Ureters. Letztere hatten znr Stenose des Ureters und dadurch eq
einer rechtsseitigen Hjdronepbrose geführt. Das Kardiakarzinom erwiea sich als Carcinoma
sotidnia medulläre, wahrend der PfloraBtnmor das Bild einee Carcinoma adeuomatoeam
medollare darl>ot. Beide Krebse lieaseu sich von ihrem Mntterboden, der Magenschleim-
faant, KU den Randpartien ableiten. Die Metastasen gehörten nur dem Kardia karzinom an.
Dieser Timstand, dass der Pjlornakrebs noch nicht ulzeriert war, läast ihn ala jüngere Meu-
hUdiing erkennen.
Äusgeheod yon der Vorstellniig , dass ein Magenkarzinom nur dann
rezidiviert, wenn] nach der Operation in den Geweben krebsige Keime
loruckge blieben sind, bat Maragliano (283) ein Verfahren ersonnen, am
mit grosser Annäherung die wahren Grenzen des Neoplasma während des
OperatioQsaktes zu bestitnmen und auf dieee Weise einen Wegweiser zur
Resektion im gesunden Gewebe zu haben, ein Verfahren, das ich mit seinen
eigenen Worten beschreibe : ^Unmittelbar nachdem der Operateur das kranke
Magenstück entfernt hat, macht ein Assistent an dem kardialen und duo-
denalen Ende desselben an dem ganzen Umkreis entlang mit einer Schere
rielfache, senkrecht zu der Magenwand und in Längsrichtung verluufende
Einschnitte. Dieselben sollen etwas weniger als 1 cm voneinander abliegen
und ihre Länge soll von dem Schnittpunkt nach dem Tumor wenigstens 2 cm
messen. Alsdann untersacht man aufmerksam mit blossem Auge jede Schnitt-
Häche der Magenwand, wobei man sein Augenmerk besonders auf die Schleim-
haut und TJnterschleimhant richtet. Erstere darf nicht hypertrophisch sein,
sondern muss die normalen Falten zeigen und vor allem verschiebbar
sein und von der Muekelhaut ungefähr 1 cm abgehoben werden
können und derartig an dieselbe abgedrückt, dass der Raum zwischen der
Mnskelhaut und der Schleimhaut gleichsam potentiell wird. Die Unterachleim-
haut soll ihre normale perlweise Färbung und ihren schlaffen Bau zeigen.
Die Magenwand des resezierten Stückes soll an seinem Ende nach dem
oberen Magenmund hin das geforderte Aussehen bieten in einer Länge von
wenigstens 2 cra von der Schnittstelle aus nach dem Tumor hin. Auf diese
Weise werden ungefähr 2 cm von dem Tumor entfernt, ungefähr 2 cm
der gesnnden Magenwand reseziert werden. Für das Dnodenalende ist
1 cm Wand in der obenerwähnten BeschafTenheit ausreichend."
Die Beschreibung seines Verfahrens begleitet der Verf. mit anatomisch-
pathologischen Betrachtungen über die Art und Weise des Auftretens und
<ler Ausbreitung des Magenkrebses auf den Magenwänden und berichtet weitere
Tier Fälle, in denen er dasselbe zur Anwendung gebracht hat: die mikro-
skopische Untersuchung hat dasselbe als exakt erwiesen. Die Arbeit be-
schliessen einige Betrachtungen über das Rezidiv des Magenkrebses in den
Lymphganglien und über den Vorzug, der der Magenresektion in den Fällen
TOD gänzlich exstirpierbarer Geschwulst vor der Gastroenterostomie zu geben
ist, welche manchmal einige Zeit nach der Magenreseiition ausgeführt werden
niiiss, um auf kräftige durch die Resektion selbst verursachte Verwachsungen
oder peritoneale Bändcben zurückzuführenden Darmstenosen zu überwinden.
R. Giani.
'10 Jahieabericht für Chirargie. tl. Teil.
Briinning (269) bespricht 32 Resektionsfälle der Giessener Klinik.
!)ie kleine Kurvatur nnd die Regio pylorica scbien für die Tumorentwickelnng
im meisten disponiert zu sein. Aus der Operationstechnik ist zu bemerken,
lass ein Drain nnd ein Tampon auf den Duodenalstumpf und die Nähe der
dagennaht gelegt wurde, aber nicht direkt auf die Naht. Am Abend des
)per&tionstages bezw. am folgenden Vormittag wird der Magen gespült, dünn
veiter in den ersten 3 — 4 Tagen zweimal täglich, dann nur noch einmal. Es
iol] dadurch einer akuten Magendilatation vorgebeugt werden. Die Tampons
serden am 6. — 8. Tage gelöst, am II. — 12. müsi^en sie entfernt sein. Im
•"all 23 hatte sich eine Magenfistel ausgebildet, die sich bald wieder schloss.
s'ach der Entlassung nehmen die Patienten Salzsäure ein in Wasser zu den
kfahlzeiten.
Die Gastroduodenostomie wurde unter den 32 Fällen sechsmal, 26 mal
lach Billroth II operiert. Der M n r p h y knöpf wurde mit Ausnahme eines;
''alles immer angewendet. Von früheren Leiden war neunmal Ulcus ventriculi
lotiert,
Die Tudesfalle nach der Operation betragen sechs. Niemals konnte ein
Todesfall der Technik oder der Wundbehandlung zur Last gelegt werden.
11 der Operierten sind später gestorben, 9 an Rezidiv bezw. Metastasen. Die
)ostoperative Lebensdauer betrug bei den VerBtorbenen im Durchschnitt
l6^/s Monate. Die Narbe war bei allen Operierten fest; auch an den Drai-
lagestellen fand sich nirgends eine Anlage zum Bruch. — Von der Prohe-
aparotomie soll ausgiebig Gebrauch gemacht werden.
Cotte (272) stellt einen 45jähngen Mann vor, bei dem Delore die
lubtotale Gastrektomie ausgeführt hatte. Längs der grossen Kurvatur und
linter dem Pylorns befanden sich grosse Drüsen, die alle mit entfernt wurden.
k'erschluss des Magenstumpfes und G. E. transmesocol. mittelst Jaboulay-
jumiereschen Knopfes. Es handelte sich nm ein ausgedehntes Kolloid-
Carzinom. Die Resektion ging bis in die Nähe der Kardia. In dem ver-
lürzten und infiltrierten kleinen Netz war die Blutstillung schwer. Delore
lemerkt dazu, dass eine einfache G. E. nicht so prompt die Schmerzen ge-
lommen und den Ernährungszustand gebessert hätte.
Später demonstriert Cotte noch einen ähnlichen Tumor, den Delore
lorch eine subtolale Gastrektomie erhallen hatte.
Es baDdelte sich am eine 35 jährige Frau, die seit einem halben Jahre mageDleidenii
rar. Bei der Magensenkung konnte man den Sitz des fühlbarea Tumora schon an der
ileinen Kurvatur vernmten. Der Tumor war in vertikaler Richtung beweglicli, nicht deut-
ich in qDfrer Riclitung. Eine Dilatation beeUnd nicht. Bei der Operation atelllfn uch
Tosae Schwierigkeiten ein, die Hinterfliiche des Pylorns von dem damit verwachseofii
'ankreas und Mesocolon Iranaversum zo iQsen. Kh muasten bier zahlreiche Qefäsae durch-
chnitten werden, ein Teil des Mesükolon masste mit entfernt werden. Duodenum unif
lagen norden wieder vernftht ; hinti^n G. E. mittelst Eoopf.
Es lag ein grosser, den ganzen präpylorischen Teil einnehmender, nlze-
ierter, nicht stenosierender Tumor vor; im Lig. gastroc. kleine Drüsen,
[rössere im Bereich der Coronaria hinter und unter dem Pylorus.
Delore und Leriche (273a) beschreiben ein malignes Leiomyom.
Eine Frau, die seit 15 Monaten Magenstörungen hatte mit betrScbtlicber Äbmagening,
lies links vom Nabel einen harten, betreglichen , apfelgroBsen Tumor auf, dabei leichte
tagend ilatation. Pflorektomie ca. 8 cm mit G. E. post. transmesoc.
Die mikroskopische Untersuchung er§:ab normale Mukosa; Muscularis mucosae hfper-
rophiscfa. Darunter ein dichtes fibrOses Gewebe, in dessen Maschen BOndel von gUU«D
, Terletinogen uod Chirurg. Erkrankungen des Mg.genB.
711
FaMm and etnas verl&Dgerte Zellen, deren Zusammenhang mit dem Magen dunkel und
deren Uorpbologie mnaknUren Ursprung anzudeuten schienen.
Es trat Heilung ein, doch soll die Kranke später an unbekannter TodesuTSSche ge-
storben sein. 18 Uonate nach der Pylorektomie iat sie rezidivfrei gewesen.
Stets ist bei Leiomyomen, falls die Diagnose überhaupt makroskopisch
gestellt werden kann, die Resektion weit im Gesnnden vorzunehmen.
Brooks {268) berichtet drei Fälle von Magensarkom.
1. S7jabrige Frau, Alkoholislin, seit zwei Uonaten krank. Eine bräunliche Pigmen-
t»tion der Baut lies» an Äddiaoneehe Krankheit denken. Sie ging an Erschöpfung zu-
p^nde, Dicbdem sie einige Stunden vor ihrem Ende Blut erbrachen hatte. Die Obduktion
«rgab Arteriosklerose, Lungentuberkulose, Sanduhrmagen , die obere und untere Kurvatur
doroh einen Tumor verdickt; Tuberkulose des Darms, chronische interstitielle Nephritis;
Adenom der Schilddrüse, Thrombose der unteren Hohlvene. Mikroskopisch war der Uagen-
tsmor Kund Zell enaarkom.
2. 57jfthriger, gut genährter Mann, der an Erbrechen lilt. Schnelle Abmagemng,
io A*aa man bald rechts von der Mittellinie im Hjpochondrium einen Tumor fQblen konnte,
der dem Hagen angehörte, freie Salza&ure und MilcbaSure in kleinen Mengen nachweisbar.
Tod Tfba Tage nach der Probelsperotumie. Mikroskopisch: Angiosarkom.
3. 50j9hrige Fran, die vor zwei Jahren an Magenketarrh gelitten hatte mit Schmerzen
nach dem Essen, saurem Geschmack im Mnnd und gelegentlichem Erbrechen. Die Haut
Kar Gsbr blase and wachsarlig. Freie Salz, nnd Milchstture nachweisbar. Hftmoglo hinge halt
sank bis unter 10 °/o, Erjthrozjten 1000000. Tod an Erschöpfung. Pylorusende des Magens
war diffus verdickt mit hSmorrhagischeD Extravasationeo in der Mukosa. Mikroskopisch:
Ftbrourkom.
Brooks hält das primäre Magensarkom für nicht xa selten; es scheint
für ein chirurgisches Eingreifen ein anssichtsvolles Feld 2U bieten. Als Er-
kennungszeichen gegenüber Karzinom führt er an Abwesenheit eines Magen-
tumors, sowohl freie Salzsäure als Milchsäure vorhanden, langsamen Verlauf
der Krankheit ohne Metastasen; wenig oder kein Blut im Erbrochenen.
Auch Mangea (282) glaubt, dass die operativen Resultate bei Entfernung
der Sarkome bessere sind als bei den Karzinomen. Ein Patient von Dock
ist seit vier Jahren gesund. Manges bringt zwei neue Fälle.
1. 48j&hriger Schuhmacher hat seit vier Monaten Appetit- and Gewichtsverlust, Ter-
stopfong nnd gelegentlich Erbrechen. Ges. Acid. nach PrubefrObatDck 40, keine freie Salz-
siure, keine Milchsäure. Weilerhin stellt sich Fieber ein, im rechten Hypocbundrium ein
■uirFg«hnassiger Tumor, schliessüch Aecites. Tod drei Tage nach einer G. E. Lvmpho-
aarkom.
2. 48jfthr. Mädchen, das an stark blutenden nteroefibroraen litt. Diarrhoen, Melina,
Appetitverlnst und starke An&mie. Anfangs pfirsichgrosses Magentnmor, spftter Tumoron
in beiden Fosaae iliacae. Obduktion etgth ein Myosarkom der vorderen Magenwand.
Ein Fall von Magensarkom, den Oberst (2S8) beschreibt, hat das
klinische Bild eines Ulcus rotundum vorgetäuscht.
2Sjftbriger Landwirt bekam Bluterbrechen und Schmerzen im Epigastrium. Neben
echmerzhafter Resistenz war remittierendes Fieber und rechlsseitige Pleuritis zn finden,
dabei geringe Leukozytose und HiUnoglobingebalt von 20°/i>- Die Schmerzen traten krampf-
artig nach dem Essen auf. Terachlechterung des AllgemeinbafindenB. Da die Resektion
d«s dem PfloroB angehören den , in die Leber hineingewachsenen faustgrossen Tumors un-
möglich war, «Drde die G. E, angelegt, die Patient nnr vier Tage Überlebte. Untersuchung
ergab RondzeUensarkom, das von dem Bindegewebe der Submukosa seinen Ausgang nahm.
Hajem (278c) hat vier sichere Fälle von Magensyphilis beobachtet
nnd einen unsicheren; er hält ea ausserdem für möglich, dass er manchen
Füll nicht als solchen erkannt bat.
1. SSjfthriger syphilitischer Mann erkrankte an Blaterbrecben. Schnelle Heilung aof
Jod. Darauf iat er bis jetzt gesund gewesen und ist zurzeit Ober 70 Jahre alt.
2. 33 jahriger Mann erkrankte mit MagenatOrungen und Schm erzan füllen , die als
Leberkoliken angesehen wurden. Nachweisbar war Magendilatation nnd eine Resistenz in
in Gallenblase ngegend. Heilung auf spezifische Kur.
! Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
8. 43jftliriger Mann litt seit UoDateii an MaigeDachmeraen und Erbrechen kurze Zeit
;h der Nahrungsaufnahme. Der Hagen war bei dem kacbektiechen Kranken klein; in
OallenblaaeDgegend fand sich eine Resistenz. Tod useh einer G. E. Obduktton ereab
e plastische laGltration der Pjloro- Duodenalge^end mit starken Verwacfasaagen an di«
chbarorgane. Uikroskopisch bestand nur eine fibroide Infiltration besondeta der Susaeren
Jen, die kleine Ko Stehen enthielten, die als Q um mikn Stehen imponierten.
i, 60jAhriger Mann erkrankte an Magenbeschwerden mit Appetitlosigkeit, bald auch
Erbrechen und Gewichtsabnahme. Keine freie Salzsfiure. Pylorneresektion. Das re-
ierte Stack ist verdickt und verhfirtet, zeigt aber keinen eigentlichen Tumor, mikro-
ipisch kein Karzinom, vielmehr syphilitische Erkrankung sicher gestellt Heilung und
' sntjsyphilit Ische Kur bedeutende Erholung.
Hayem rät in Fällen mit Syphilis - Anamnese vor der Operation, fitlls
ise nicht eilig ist, eine spezifische Kur vorher vornehmen zu lassen. Im
irten Fall war die Magensyphilis vierzig Jahre nach dem Schanker zum
isbruch gekommen.
Auch Lenzmann (281) beschreibt die klinische Beobachtung zweier
Jle von Magensyphilis.
1. Seit einem Jahre magenleidender Patient; fast stets nach dem Essen auftretpude
imercen und mehrmalige HAmatemeHis; dabei cbsrakteristiacher Druckachmerz. Ver-
iiedene Ulcuskaren waren ohne Erfolg, ebenso eine G. E. Erbrechen blutiger Hasaen
3b bestehen. £s bestand BypersiidiUt von 100, wovon 70 freie SaUaure. Die üoter-
^hung des hochgradig abgemagerten Menschen ergab eine etrablige Narbe an der Uinter-
nd des Rachene. Ober deren Entstehung der Patient keine Auskunft geben konnte;
leriscbe Infektion gab er aber zu. Besseiung auf Jodkali, Heilung auf Si^tnierknr.
2. 32jShrige Patientin erkrankte an Magenschmerzen nach dem Essen. Hjperaziditit
1 charakteristi scher Schmerzpunkt. Mehrere UIcuakuren blieben ohne Erfolg. Die abgC'
gerte Patientin vertrug nicht die leichteste Di&t. Sie bekam dann noch eine Parese des
ken Levator palpebrae, dann heftige Kopfschmerzen, die vornehmlich nachta anftraten
i an bestimmte Stellen des SchBdels verlegt wurden, an dem deutlich Auftreibungen
tzustellen waren. Eine actisyphilitiache Kur brachte sofort auffallende Besserung der
lg enbesch werden. Gegen Jodpräparate zeigte Patientin aber eine besorgniserregende
osynkrasie. Die kleinsten Dosen bewirkten unerCrftglichen Schnupfen, heftigste Atem-
: und Kopfschmerzen. Es wurden Jodipiajektioneu gemacht and stets erst wiederholt
nn im Üam kern Jod mehr nachweisbar war. Nacheinander zeigten aich an einer Reibe
a Böiochen die Erscheinungen der eburn leren den Knocbenlues. Schliesslich schwanden
)r alle Erscheinungen auf Schmierkuren und Jodipininjektioneii. Patientin vertrSgt
ider die gewöhnliche Dilit, allerdings unter Vermeidung reizender Sachen.
Im ersten Fall muss wohl ein Ulcus vorgelegen haben (Hämatemesis.'J;
zweiten wahrscheinlich ein gummöses Infiltrat. Die Reizung der Vagus-
den durch das syphilitische Infiltrat hat wahrscheinlich die Ulcussymptome
rgetäuscht. Die Fälle sprechen dafür, dass man in hartnäckigen Fällen
n Ulcus an Lues denken soll.
Hab er er (376) berichtet von einem Fall, der bei bestehender latenter
Lthise typische Symptome von Magen- und Darmstenose dargeboten bat.
li der Laparotomie fand sich ein Tumor des Pylorus und ein ebensoIi;her
r zwei obersten Jejununischlingen mit zahlreichen bis walniissgrossen, z. T.
rkäst erscheinenden Lymphdrüsen im Mesenterium. Haber er stellte per
clusionem die Diagnose auf Tuberkulose. G. E. ant. antecol. zwischen
!igen und Jejunum unterhalb des Darmtumors nebst lateraler Enteroana-
>mo8e brachte Heilung. Auf die AnfrE^e Payrs, ob es sich um eioen
philitischen Prozess handeln kenne, erwidert Haberer, dass Narben an
iber und Darm nicht vorhanden waren.
Alessandri (267) resümiert kurz die in der Literatur vorhandenen
ille von Pylorustuberkulose, bei denen die Diagnose durch den chirur-
ichen Eingriff bestätigt wurde.
HoBBr, V»rleUiiiigeii and chinirg, Erkrankangen des Hsgena. 713
Er weist darauf hin, dass die Zahl derselben bedeutend grösser sein
irürde, venn man in all den Fällen von stenosierenden oder nicht steno-
sierenden Pjlorosnenprodaktionen, die als neoplastiscbe angesprochen worden,
ZOT histologischen Untersuchung geschritten wäre.
Alsdann illnstriert er einen von ihm operierten Fall einer 21 Jahre alten,
seit 7 Monaten mit Pylomsstenosesymptomen erkrankten Frau , welche be-
deutende Vergrössemng des Magens and eine fühlbare, hühnereigrosse, unter
dem rechten Rippenbogen gelegene Anschwellung zeigte, die in horizontaler
Richtimg äusserst verschieblich war, derart, dass sie von dem rechten Hypo-
cbondrinm nach dem linken gebracht werden konnte. Die Patientin wnrde
mit Resektion des Pylorus operiert : das Duodennm wurde an die Uinterääche
des Magens gelötet. Infolge absoluten Fehlens yon Verwachsungen war die
Operation eine leichte: die Kranke genas vollkommen.
Bei der Untersuchung des abgetragenen Stückes« fand sich eine die
Pj-lomsmündung stenosierende Neuproduktion von tuberkulösem Aussehen :
die angrenzenden Magenwände waren verdickt and in der grossen Krümmung
nahe am Pyloms bestand eine runde Ulzeration mit scharfen, steilen Rändern
und granulösem Gmnd.
Die mikroskopischen Präparate geben den charakteristischen Befund
des tuberkulösen Prozesses mit typischen Riesenzellen und käsiger Substanz.
Der Prozess hatte sich in der Unterschleimhaat entwickelt.
Kochsche Bazillen wurden in dem Gewebe nicht gefunden: die Ver-
suchsinokulation wurde nicht gemacht. R. Giani.
Ricard und Chevrier (291) verfügen über vier Fälle von Pylorus-
taberkulose. Primäre tuberkulöse Pylorusstenosen sind nur dreimal beobachtet
worden unter 107 Magentuberkulosen, stenosierende Tuberkulosen des Pylorus
überhaupt 16 mal (^= 15,04%). Bei der tuberkulösen Stenose findet man
häufig Diarrhöen, während ja sonst bei Pylorusstenosen Verstopfung die Regel
bildet. Die Operation ist undankbar, da die Pylorektomie gefährlich und oft
aniD^lich sein wird, Pyloroplastik oder Dehnung nicht in Betracht kommt.
Daher kann nur die G. E. oder Jejunostomie in Frage kommen. — Oft sind
die perigaetriscben Drüsen der primäre Sitz der Tuberkulose. In der Magen-
wand selbst sind es, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, die lymphatischen
Gebilde der Schleimhaut, die zuerst erkranken. Von den zahlreich ver-
schluckten Tuberkel bazillen schützt der Schleim am meisten die Epithelien,
er Tennindert auch die Virulenz der Bazillen. Der Magensaft wirkt auf die
Tnberkelbazillen nur sehr langsam, daher unvollkommen. Im entzündeten
Zustand ist die Schleimhaut auch leichter verwundbar. In der Pylorusgegend
iäi sie aber vielen „Mikrotraumen" ausgesetzt. Die dort gesetzten Wunden
können infiziert werden. Schliesslich kann der Pylorusteil auch rückläufig
Ton der schon erkrankten Duodenalschleimhaut ergriffen werden.
Von 13 tuberkulösen Pylorusstenosen waren 7 im Alter von 20—30
Jahren, die anderen 6 verteilen sich auf alle anderen Lebensalter gleichmässig.
Das Erbrechen bei noch nicht vollkommener Stenose, das oft bis drei Stunden
nach der Nahrungsaufnahme einsetzt, ist fast immer sehr sauer. Während
dieser Periode kann auch Blut im Erbrochenen sein. Selten ist aber die
Blutung eine abundante. Die Kranken fühlen sich durch das Erbrechen stets
'sehr erleichtert und suchen es herbeizuführen. Peristaltische Bewegung des
Magens konnte bei den beobachteten Fällen nicht gefunden werden. Unter-
sachongen über den Chemismus des Magens liegen noch nicht in genügender
Jahresbericht für Chirargje. II. Teil.
Ige vor, um daraus Schlüsse ziehen zu können. Jod erschien in einem
I Margaruccis erst nach 35 Minuten im Speichel.
Es acheint zwei Arten von tuberknlösen Stenosen zu geben, eine mit
gsamem, eine mit Bchnellem Verlauf. Letzterer scheint häufiger zn sein.
i Stenose entwickelt Bich schneller als beim Karzinom. Interkurrente Krank-
ten sind häufig. Die Prognose ist schlecht.
Um eine Pylorusstenose aln tuberkulös zu erkennen, berücksichtige man,
s sie oft bei Tuberkulösen vorkommt. Unter 9 Obduktionen mit gewöhn-
lem Ulcus sind allerdings auch 7 Fälle mit Lungentuberkulose gefunden
■den. Ein besseres Zeichen sind die erwähnten Diarrhöen. Auch multiple
isenscbwellungen sprechen für den tuberkulösen Charakter.
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Schmidt (68) geht von dem Gedanken ans, dass zur Fnnktions-
iifung des Darmes von einem Normalkot ausgegangen und die Stubi-
^ersnchung, wenn in die Praxis eingeführt, möglichst vereinfacht werden
SS. Seine Probekost besteht aus Milch, Zwieback, Eiern, Butter, Kind-
Hagenbacb, Terletznngen nod chirarg. Kruikheiteo des Dames. 717
feisch, Kartofffiln und Schleim im Werte von 2234 Kalorien. Zur Abgren-
zoDg des „NormalkoteB" kann am Beginn und Ende des Versuches Karmin
g^eben werden. Der Stuhl mnss makroskopisch und mikroskopisch unter-
sucht Verden. Reste von Bindegewebe und Sehnen sprechen für Störung
der Darmverdauang. Kartoffelreste sind als durchscheinende Kömer sicht-
bar. In chemischer Beziehung ist neben der Reaktion wichtig die Sublimat-
probe; Rotfärbnng des Stuhles durch vorhandenes Hydrobilirubin. Femer
ist die Gämngsprobe von Bedeutung; beiKohlehjdratgärong werden die Fäzes
sauer, bei Eiweissganmg alkalisch. Fett im Stuhl ist nur pathologisch, wenn
reichlich vorhanden. Mangelhafte Stärkeverdaunng hat ihren Sitz im Dünn-
darm. Eiweissgämng spricht für schwerere Störungen. Die Sahlische Glutoid-
kapseiprobe ist nach Schmidt nur diagoostisch verwertbar, wenn sie negativ
ausfallt.
Sehr häufig ist der Magen Ausgangspunkt für Darmstörungen. Die
hepatogenen DarmstÖrungen sind im wesentlichen bedingt durch Galleustauung.
Bei Qj^lenmangel im Darm Fettzersetzung, aber nicht Eiweissfäulnis. Dia-
gnose einer unvollständigen Läsiou des Pankreas stöest auf grosse Schwierig-
keiten.
Im letzten Kapitel wird die Diarrhöe, der Katarrh, die Darmschleim-
hantatrophie einer Kritik unterzogen. Zuletzt werden die funktionellen Er-
krankungen besprochen und darauf hingewiesen, dass die habituelle Obsti-
pation Ott auf einer zu guten Verdauung beruhe. Von der Therapie der
Obstipation seien die CO^ haltigen Selterswasaerklystiere erwähnt.
Das Buch ist anregend geschrieben und gibt uns lehrreiche Winke für
eine rationelle Behandlung der Darmkrankheiten. M. Reber.
Gaultier (23) verfasste seine Arbeit zur Erlangung des Perronpreisee.
Sie behandelt die methodische Untersuchung der Fäzes. Verf. untersuchte
1. Die Dauer der Verdauung ; 2. die Beziehung der trockenen zu den frischen
Substanzen; 3. die Reaktion der Fäzes; 4. die quantitative und qualitative
Ausnutzung der Fette; 5. die Ausnutzung der Kohlehydrate und 6. diejenige
der Aibuminoide. M. Reber.
Für die Anlegung von Fisteln, Anns praetemat., Darmausschaltnngen
nnd zur Bearteilnng der Rektaleraährung ist es nach Heile (30) wichtig,
die Resorptionsfähigkeit von Dünn- und Dickdarm zu kennen. Zu dem
Zwecke legte Heile an Hündinnen Fisteln im untersten Ileamteil und am
Dickdarm an. Für die Funktionsprüfung des Dickdarms wurde auch ein
Patient der Klinik benutzt, der einen Anus praetemat. nach Resektion der
Fleiura hepatica hatte. Auf Grund dieser Versuche kommt Verf. zu folgenden
Resultaten.
Der Dünndarm resorbiert das eingeführte Eiweiss, ebenso wie Rohr-
and Traubenzucker so gut wie volhtändig, wenn die Mengen der Nahrungs-
stoffe dem Nahrungsbedürfnisse des Körpers entsprechen.
Bei Überernährung treten Teile der eingeführten Nahrung unresorbiert
in den Dickdarm über, ebenso wenn bei katarrhalischen Zuständen die Re-
sorptionskraft des Dünndarms leidet.
Der Dickdarm vermag unverändertes Eiweiss nicht zu resorbieren.
Deshalb sind Eiweisskly stiere in dieser Form wertlos.
Die Resorption von Wasser, Rohr- und Traubenzucker ist im Dickdarm
sehr viel geringer als im Dünndarm.
7iy Jahrubericht fOr Chimrgie. IL Teil.
Der Dickdarm resorbiert das Alkali, welches mit dem Dünndannknt
hineingelangt. Beim Anna praeternaturalis, Darmaussclialtnngen etc. können
deslialb dnrch die Alkalientziehung unter Umständen schwere Stoffwechsel-
störnngen eintreten.
Salze (67) gibt den Standpunkt der modernen Pädiatrie in der The-
rapie und Prophylaxe der akuten Darmerkrankungen des Säuglings.
A. Müller.
T. Stubenrauch (73) empfiehlt nach Magendarmoperationen , bei
denen die Ernährung per os für mindestens einen Tag am besten sistiert
wird, die sogenannte prophylaktische Ernährung durch Injektion in den
Darm. Wichtig ist die Zubereitung der Injektionsmasse genau rath Vor-
schrift des Verfassers aus Hygiama, Milch, Kochsalz, Zucker und Eidotter.
Die nötige Punktion und der nachherige Verschluss der OtTnung sind mit
Leichtigkeit aseptisch zu gestalten. Wird das Verfahren für mehrere Tage
nötig erachtet, so wird ein kleiner Darmbezirk in die Wunde eingenäht, da
dann die Punktion beliebig wiederholt werden kann. Die gleiche Methode
verwendet v. Stubenranch für die Enterostomie bei Ileus, wo sie hänilg
genügt.
Die Injektionsemährung in den Darm ist entschieden wirksamer als
die rektale oder subkutane. Bei heruntergekommenen Kranken ist sie durcb
Koch salz klysmen und Infusionen, letztere auch nach der Operation, zu unter-
stützen. A. Müller.
Depage-Rouffart- Mayer (19) besprechen die Eingew eideptoseo.
Der Luftdruck ist für die Eingeweide von grosser Wichtigkeit. Findet eine
Änderung in der Statik der Organe statt, so treten sowohl funktioneUe als
nervöse Slörungen als auch pathologische Veränderungen auf.
Als Splanchnoptose wird eine Erschlaffung der Bauchdecken mit Herab-
sinken der Eingeweide benannt. Einzelne Formen entstehen durch Ptose eines
einzigen Organes.
Die Behandlung soll eine chirurgische sein. Bei schlaffer Baucliwand i
ist der Glenardsche Gürtel zu versuchen, sonst Plastik der Bancbdecken
eventuell verbunden mit Anheftung einzelner Oi^ane. !
Verff. befürworten Hepalo-, Nephro- und Splenotomie, sind aber gegen
die Kolopexie und Gastropexie und ersetzen diese Operation lieber durch
Raffung der Mesenterien, um die Beweglichkeit von Magen und Darm nicht .
zu hemmen. ,
Verff. raten aber zu grosser Reserviertheit bezüglich der Operation. ,
Der Arbeit von Abel (I) liegen 50 Krankheitsfälle des 15. Armeekoips !
zugrunde. Operationen wurden hauptsächlich vorgenommen wegen Blind-
darmentzündungen, Hernien und Verletzungen. 11 Kranke starben, 9 davon
an allgemeiner Peritonitis. In bezug auf die Beurteilung der Dienstfähigkeit
nach Bauch Operationen steht Verf. auf dem Standpunkt, dass im allgemeinen
jeder Mann, bei dem die Bauchhöhle länger als wenige Tage tamponiert
gewesen sei, nach der Heilung aus dem Dienste zu entlassen sei, da man an
der tamponiert gewesenen Stelle mit Sicherheit eine Hemienbildnng zu er-
warten habe. I
Die Grenze, innerhalb der bei Hernien und Appendizitis ä froid ope- ■
riert werden soll, ziehtAbel für den Militärbernf wegen eventuell anftretenJer I
Störungen durch Folgezustände (Narben, Verwachsungen) enger als für den
Zivilberuf. M. Reber. I
I I
Hagenbach, Verletzangen und chirurg. Krankheiten des Darmes.
719
In der vorliegenden Arbeit beabsichtigt Pirone (59), die funktionellen
Beziehungen zwischen dem grossen Netz and der Milz zu studieren und die
Rolle ins Licht zu rücken, die dem Netz unter dem allgemeinen Schutzver-
mögen des Organismus zukommt.
Er experimentierte an ausgewachsenen Kaninchen, bei denen er die
Splenektomie vomahm und dann Immunität gegen Natriumtaurocholat erzeugte,
indem er (in einem Zeitraum von 12 Tagen) vier progressive Dosen von 10
bis 30 ccm einer IVoigen Lösung desselben injizierte.
Die Zahl der injizierten Kaninchen betrug zehn: fünf verendeten nach
der ersten endovenösen Injektion und Verf. fuhr bei den überlebenden unter
Anwendung des subkutanen Weges fort. Er erhielt seine Tiere durch einen
Ton 2 — 14 Tagen nach der letzten Injektion schwankenden Zeitraum am
Leben: drei weitere Kaninchen mit intakter Milz erfuhren dieselbe immuni-
sierende Behandlung und dienten als Zeugen. Dieselben wurden 1—3 Tage
nach der letzten Injektion getötet.
Pirone schickt seinem Studium eine sorgfaltige auf die neuesten For-
schungen gestützte Beschreibung der innersten Struktur des Epiploon voraus.
Zar Vermeidung von Irrtümern bei der Interpretation der histologischen Be-
funde stellt er die Strukturverschiedenheiten des Netzes bei jungen und aus-
gewachsenen Kaninchen einander gegenüber.
Aus der Untersuchung der Präparate ergibt sich zur Augenscheinlich-
keit, dass sich die Reaktion des Epiploon auf die Immunisation mittelst
Natriumtaurocholat bei splenektomierten Kaninchen und bei Kaninchen mit
intakter Milz verschieden verhält. Bei ersteren ist die Reaktion (welche man
ans den histologischen Veränderungen des Epiploon ersieht) eine bedeutend
höhere, auf alle differenzierten Plasmodien ausgedehnt, schreitet mit fort-
schreitender Immunisation fort und hält nodi lange nach der letzten immuni-
sierenden Injektion an. Bei den zweiten ist die Reaktion eine geringere, auf
die Milchflecke beschränkt, sie steht in engem Zusammenhang mit der Wir-
kung der Immunisationssubstanz und geht nach der letzten Injektion rasch
lierab. Bei der Würdigung der histologischen Veränderungen unterscheidet
Verf. die Befunde, die sich ausschliesslich auf die der Milz beraubten Tiere
beziehen, und die, welche den entmilzten Kaninchen und den Kaninphen mit
intakter Milz gemein sind.
Erstere bestehen in erheblicher und permanenter Gefasshyperplasie, die
mit einer derartig difi'usen Hyperplasie und Hypertrophie der Milchflecken
(Lymphbälge des Epiploon) einhergehen, dass dadurch der Anschein einer
lymphatischen Umbildung des ganzen Epiploon geboten wird.
Verf. neigt zur Annahme, dass derartige Vorgänge weniger auf der
Wirkung des Natriumtaurocholates beruhen, als vielmehr ein Anzeichen von
Kompensationshypertrophie darstellen. In der Tat ist er, gestützt auf den
gemeinschaftlichen embryonalen Ursprung der Milz und des Netzes, der An-
sicht, dass letzteres eine aktive Rolle unter den Organen spielen könne,
welche den Ersatz der Lympherzeugungsfunktion der fehlenden Milz über-
nehmen.
Was die den splenektomierten Tieren und denen mit intakter Milz ge-
meinsamen Strukturveränderungen angeht, so hat Verf. gefunden, dass die-
selben in der Erzeugung von freien Zellen besteht, die folgende Herkunft
liaben: 1. aus den freien Elementen der Milchflecke: 2. aus den undifferen-
zierten Plasmodien von Retterer, die sich in den Milchflecken selbst be-
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'20 JfthrMbericht für Cfatraiipe. IL Teil.
inden; 3. aus den GefasswändeD ; 4. ans dem endothelialen Aoskleidungs-
ilasmodium des Epiploon.
Diese Produktion von freien Zellen steht in engem Zusammenhang mit
1er immunisierenden Wirkung des Natriumtaurocholates und zeigt sich bei ent-
nilzten Tieren bedeutend stärker nnd anhaltender. — Die zytologischen
Merkmale dieser freien Elemente sind identisch mit denen der makropbageo:
!s tritt also bei der Immunisation durch Natriumtanrocholat eine Produktion
'on makrophagen Elementen ein in derselben Weise, wie es beim Epiploon
Fahrend des Verlaufs der Eberthschen Peritonitis der Fall ist (Dominici]
md infolge der subkutanen Injektion von Diphtherietoxin und Antitoxin
Simon).
Verf. schtiesst, dass die Reaktion des Epiploon auf Natriumtaarocholat-
njektionen in einer phagozytären Reaktion besteht, welche sich durch
nfreiheitsetzen makrophager Elemente kundgibt. Sie spricht dafür , dass
las Epiploon neben seiner lokalen Schntzwirkung für das Peritoneum sich
in jenen Vorgängen allgemeiner Verteidigung des Organismus beteiligt, welch«
kuf die Immunität hinauslaufen.
Er erinnert alsdann daran , dass durch die NatrinmtaurochoUtein-
ipritznngen in der Milz eine erhebliche phagozytäre und lymphoide Reaktion
lervorgemfen wird, und legt die Ansicht dar. dass die stÄrkere phagozytäre
fleaktion des Epiploon bei entmilzten Tieren für eine auf Ersatz der fehlenden
riilzfunktion gerichtete Kompensationswirkung des Netzes zeugen könne.
R. Giani.
Mayo (43) ist der Ansicht, dass bei Organerkrankungen in der oberen
Sauchhöhle der Cbimrg mehr zu Ehren gezogen werden sollte. Die reichen
Erfahrungen über die Mortalität der Operierten, die Permanenz des Heil-
irfolges und in dritter Linie die Beurteilung der körperlichen Unfähigkeit,
lerbeigeführt durch die Operation selbst oder durch die Länge des Hellnngs-
Prozesses liegen seiner Anschauung zugrunde. Verfasser macht auf dfe
ingen Beziehungen des Magens zu den verschiedenen Organen wie Leber,
jallengänge, Duodenum und Pankreas aufmerksam. Femer weist er auf die
IVicbtigkeit einer genauen Krankheitsgeschichte hin; Kolikanfalle bei Chole-
ithiasis. M. Reber.
Milner (46) demonstriert sechs Patienten, die wegen Verengerung oder
C^erschluss des Dannkanales operiert wurden. Zwei Fälle von Ileocükaituber-
[ulose, ein Fall eingeklemmter Hernie und ein Fall von Gallensteinileus.
Milner bespricht die verschiedenen möglichen und üblichen Opera-
äonsmethoden, Radikaloperation, Anastomose, bilaterale Ausschaltung und
inus praeternaturalis. Bei der unilateralen Ausschaltung wünscht er ha-
ilantation des Darmteilea oberhalb der Erkrankung in die Darmpartie nnt«r-
lalb der Erkrankung um Stauung und Platzen desselben zn vermeiden.
Bei hochgelegenem Anns praeternaturalis fing Milner den entleerten
^arminhalt auf und beförderte ihn mit Milch, Ei, Salz und Zucker gemischt
lurch einen Schlauch wieder weiter. Die sehr heruntergekommene Patientin
irholte sich dabei gut, so dass sie den Schluss des Anus praetemattu'aliä
iberstehen konnte.
Nach Monks (48) zeigt die Länge des Darmes Erwachsener nicht die
Jnregelmässigkeit, wie sie in den Lehrbüchern gewöhnlich angegeben wird,
andern schwankt zwischen 6 und 7 m. Am freien Rand gemessen ei^bt
line um 1 V> m grössere Länge als Messung am mesenterialen Ansatz. Einer
Eftgenbaeh, Verletnmg«» mid cbiiorg. Krankheiten des Dannea. 721
^Tossen Resektion wird ein Indiridaam mit langem Darm besser widerstehen
aii ein solches mit kurzem. Das Mesenterium erreicht seine grösste Länge
4 — 6 Fnss nnterhalb des Duodenum. Abgesehen von den ganz kurzen oberen
und Dnteren Enden messen die Längen und Kürzen 13 — 18 cm, doch kommen
auch Extreme von 11 — 20 cm vor. Einem langen Mesenterium pflegt ein
langer Darm zu entsprechen und umgekehrt, doch finden sich auch sehr aus-
gesprochene Ausnahmen dieser Regel. Eine aus der medialen Bauchwunde
vorgezogene obere Darmschlinge reicht gewöhnlich bis 7'/s cm oberhalb der
Symphyse herab, doch kommen Extreme von IV* — HV'i vor, untere Schlingen
reichen von 2*/a— 7'/» cm unter die Symphyse. Wegen der grösseren funktionellen
Wichtigkeit des Jejunum werden grosse Resektionen dieses Teiles schlechter
Tertragen als solche des Ileum. Das antere Ende des Ilenms ist immer leicht
zu finden, indem man den Finger in das Becken schiebt und damit die
Beckenfalle des iMesenteriums anhakt. Aus einem toten oder paralytischen
Darm entleert sich Flüssigkeit and Gas bei Funktion, immer nor auf eine
kurze Strecke, so dass der Darm gewissermassen in verschiedene Abteilung
zerlegt erscheint. Den obigen Mitteilungen liegen Versuche an 16 Leichen
zugrunde. Maas (New-York).
Dehl (17) gibt eine Darstellung der Klinik der Cökumerkrankungen :
Von Interesse sind drei kasuistische Illnstrationeo dazu: eine Invaginatio
ileocoecalis durch malignen Tumor, ein Cökalkarzinom, bei dem durch einen
Gazetupfer die vollständige Obturation zustande kam, endlich ein Dickdarm-
sarkom (Lymphozytom). A. Müller.
Friedrich (22) empfiehlt zur Entfernung von Reocökaltumoren die
Resektion des ganzen Colon ascendens mit der Flezura hepatica und Seit-
au-Seit- Anastomose des Ileom mit dem Colon transv. Dies Vorgehen bewährte
sich in vier Fällen von Kolonkarzinom sowohl in bezug auf Schnelligkeit
imd Grründlichkeit der Drüsenansräumnng als auch auf glatte Heilung.
Für Tumoren des Colon desa rät Friedrich Anastomose von Colon transv.
mit Flemra sigmoidea.
In einem klinisch interessanten Falle von Invagination eines Karzinoms
der Valvuta Bauhini ins Colon transv. resezierte Friedrich das ganze Colon
asc und */> des Colon transv. und anastomosierte das Ileum mit dem Colon
desc. mit ausgezeichnetem Resultat.
Lessing (35) hat an Leichen dnrcb Aufblähung des Göknm eine Ver-
schiebung in seiner Längsachse nach vorn unten konstatiert. Die Appendix
macht mit ihrer Basis die Bewegung mit und wird infolgedessen bei bestehenden
Schrumpfungen im Mesenterinm nach hinten gezogen nnd gezerrt. Durch
Zirknlationstörungen, die dabei zustande kommen, werden Perforationen und
üangrän begünstigt, eine neue Ulustration für die Unzweckmässigkeit der
Opiumtherapie im akuten Anfall.
Bei Aufblähung des Colon transv. kam Kantenstellung der Leber von
50 Leichen nnr 10 mal zustande, wenn nämlich das Querkolon mit wenigstens
rechterseits kurzem Mesenterium qner durch das Abdomen zog. Dies er-
schüttert die Bedeutung der verkleinerten Leberdämpfong bei fortschreitender
Peritonitis.
Lessing kommt femer anf Grund seiner Versuche zum Schluss, dass
für grosse Prolapse eine Vernähung der Flezurschenkel der Eolopexie sowohl,
wie der yon v. Eiseisberg empfohlenen Flexurresektion vorzuziehen sei.
Bei Füllung steigen beide Schenkel fast parallel aus dem Becken anf. Eine
722 JahrMbericbt fDi Chirmgie. II. TeiL
Abknickmig äes Bektamscbenkels durch den gefuUteo KoloD8ch«nkeI tritt
dabei nicht ein, sobald das Mesenteriam sich frei entfalten kann.
A. Müller.
T. Blnmenfeld (6) legt in seiner Dissertation die zugleich den ana-
tomischen Teil der zweiten Anflage der Anatomie tmd Klinik des S romanom
(cf. Arbeiten der Dorpater Klinik, I, 1896) bildet, dar, dass eine Reihe
scheinbarer Anomalien dieses Darmteils normal sind and auch tierische Vor-
bilder zurückgeführt werden können. Hierher gehören Kloakenbildung, Colo-
rectnm mediannm, auffallend lange, kurze, enge, weite, nicht gedrehte und
spiralige Flexur. A. Müller.
Tietze (74) gibt eine kurze Darstellung der Errungenschaften der
modernen Banchchirnrgie für den praktischen Arzt. A. Müller.
Maragliano (39): Probelaparotomie sei zu empfebleo, weil oft
nützlich und in der Kegel ganz ungelahrlich.
Bei Appendizitis: Frühoperation. Unter keinen Umständen ist das
Intervall abzuwarten.
Ileus: Operation stets indiziert nnd zwar so früh wie möglich, weil
keine Präzisierung der Diagnose möglich und das Abwarten die Prognose
bedeutend verschlimmert. Es soll sich aber der Gingriflf auf ein Minimum
beschränken.
Colitis chron: Bei Versagen der internen Medikation Operation
indiziert, da oft sekundäre Ursachen entdeckt werden. Auch bei primärer
Colitis wirkt dauernde oder temporäre AuBschaltnng sehr gut.
Tumoren sind auch in schweren Fällen womöglich radikal zu operieren,
da die Aussichten für die Patienten bei palliativer Operation trostlos sind.
Ist der Tumor inoperabel, dann rät Verf. zur Kolostomie oder Entero
anastomose.
Ulcera. Für Duodenalgeschwüre Operation sehr zu empfehlen. Ebenso
bei typhösen Ulcnsperforationen. (Cazin, Semaine m6d. 19(4, p. 1 — 4).
Carte lari (9) erzählt den Fall einer wegen Fibromyom mit supr»- |
vaginaler Amputation des Uterus nach dem Verfahren Schröders operierten
Patientin, welche an post-operativer Gastroenteroplegie sieben Tage nacli
durchgemachtem Operationsakt starb. Es folgt alsdann eine Darlegung der
Symptomatologie, Prognose und Behandlung dieser Affektion, wobei hervor-
gehoben wird, wie bei ihrer Pathogenese die individuelle Prädisposition eine I
grosse Rolle spielt B- Giani.
Rodari (65) berichtet über Behebung einer Darmlähmung mit llens- i
erscbeinungen bei Perityphlitis durch subkutane Gabe von 0,0005 Physo- ^
stigmin. salicylic, nachdem Atropin und hohe Eingiessungen erfolglos geblieben ,
waren. '
Bark er (3) hatte Gelegenheit in drei Fällen von Enterektomie (zwei
Hernia incarc, einer wegen Darmverschloss] Jahre nach der Operation, bei
Gelegenheit einer anderen Operation die anastomosierten Stellen zu besich-
tigen. — Die Kommunikation zwischen beiden Enden ist gut, das Lumen von
normaler Grösse. Was jedoch auffällt, ist, dass am proximalen Ende der !
normale Tonus der Darmwand nicht vorhanden ist; die deutlich wahrnehm-
baren peristal tischen Bewegungen am distalen Ende fehlen hier vollständig'
Verf. führt diese Paralyse nicht nur auf eine Erschöpfung des Muskelgewebes
zurück, sondern auf eine Sättigung der Darmwandung mit Toxinen, welche
in dem sich zersetzenden Danninhalt entstanden sind.
Hagenbach, Verletinngan nnd chirarg. Krankheiten des Darmes. 723
Bei Dannverschlnss zeigt sich ans diesem Gniude die Wandung nach
der proximalen Seite bin immer in grosser Ansdehnnug ödematös. Es ist
daher ratsam, bei der Enterektomie ein mögliiihst grosses Stück auf der
proximalen Seit« zu entfernen. Forcart.
Elsaesser (20) bespricht die Entstehung, die Gefahren und die Ver-
hütang der Tuberkulose and der Wnrmkrankheit, insbesondere bei den Berg-
leuten,
Nach Letuile (36) kommen die Eier von folgenden Parasiten (abge-
sehen von den Tänien) am häufigsten im menschlichen Stuhle Tor: 1. Tricho-
cephalas, 2. Oxyuris vermicularis, 3. Ancylüstomum duodenale, 4, Bothrio-
cephalos, 5. Äscaris Inmbricoides, 6. Bilharzia haematobium. Trichocephalns
hat die kleinsten, Bilharzia die grössten Eier. Der Verf. gibt eine genaue
Beschreibung der verschiedenen Eier in bezug auf Form, Farbe, Reflex im
durchfallenden Lichte, Grösse, Stmktar, Modifikationen, hervorgerufen durch
Konservierungsmittel , femer in bezug auf ihre Kontraktilität.
M. Reber.
Vaugha (77). Experimente mit dem Kolonbazillus an Meerschweinchen
haben zu folgenden Resultaten geführt: Der Kolonbazillus produziert anf
künstlichem Nährboden ein energisches Gift. Es ist intrazellulär und die
durch dasselbe verursachte Peritonitis wird durch das Gift in Zusammen-
setzung nicht im reinen Zustand bedingt. Es Terursacht ausgesprochenen
Teniperaturabfali und scheint durch Lähmung der Atmung zu töten.
Maass (New York).
Tschndy (75):
1. Mesenterialer DarmverschlDss des Dnodennm.
Im Anschloss an eine Pylornsresektion wegen Karzinom Anftreten
eiues Magenileus. Der Verschluss ist durch die Radix mesenteni bedingt.
Therapie: Gastroenterost. antecolica ant. Beseitigung des Ileus. Exitus an
Pneumonie am 16. Tage post op. Sektion ergibt kein Hindernis.
Verf. empfiehlt Bauch- oder Knieellbogenlage nach Schnitzler, even-
tuell Gastroenterostomie.
2. Inkarzerierte Scbenkelhernie mit schweren postope-
rativen Komplikationen.
Darmresektion wegen Gangrän. Hierauf Ileus wegen Abknicknng des
resezierten Stückes. Resektion der Naht. Abermals Ileus, wahrscheinlich
wegen Verklebungen; denn eine Kotfistel behebt den Ileus nnd die Passage
wird spontan frei. Spater Resektion der Fistel. Heilung.
3. Tuberkulöser Ileocökaltumor, wurde erst für eine Wander-
niere gehalten. Der Lumbaischnitt zur Nephrorrhaphie rektifiziert die Dia-
gnose. Hierauf Resektion des Cökum. Glatte Heilung.
4. Karzinom der Flexura hepatica.
Resekton von Cökum, Colon ascendens und Flexura hepatica. Implan-
tation des Deum ins Colon transversum. Glatte Heilung.
5. Carcinoma flexurae sigmoideae mit Invagination des
Darmes.
Resektion von sakralem Schnitt ans mit Eröfinung des Rektum. Siche-
rung der Naht von der Banchhöhle aus. Kolostomie mit Kolopexie. Unge-
störte Heilung.
HonI (29) gibt zunächst eine genaue Beschreibung des M eck eischen
Divertikels; Abbildnng eines solchen, das am oberen Ende gespalten ist. Es
21 Jahrubttrieht fOr Chirargie. IL Teil.
olgen Lit«raturangabeD über falsche Darmdivertikel. In einem Falle kam es
iraJirscheinlich dnrch Defäkation) zu einer Perforation eines Divertikels, das
im nnteren Ende der Flexm'a eigmoidea saBs; letztere ist eine Frädilektions-
teile für falsche Divertikel. Beschreibung von zwei Fällen mit mnltiplen
)ivertikeln. Beim einen Falle wurden als zufalliger Sektionsbefund 37 Darm-
hüsstülpungen gefunden, die alle an der Insertion des MesenteriDUis sassen.
leim anderen Falle waren 89 Darmdivertikel bis zur Grösse eines Tatibeneies
orhandeu. Über die histologische Struktur soll in einem spätereQ Vortrage
eferiert werden. Verf. macht noch aufmerksam auf verschiedene Kompli-
:ationen, wie Perforation eines Divertikels, Peritonitis, Inkarzeration in einer
lemie u. a. m. M. Reber.
Quenu {t>l) rät bei Gholedochassteinen erst in allerletzter Linie das
)uodenum zu eröffnen, das V a t e r sehe Divertikel aufznsnchen und den retro-
raden Eatheterismus des Choledochus anzuwenden. Bevor man sich zu einer
Jholedochoenterostomie entschliesst, soll man mit allen zor Verfügung stebenden
iitteln nach eventuell vorhandenen- Choledochussteinen forschen. Qa^nn
«richtet über den ersten französischen Fall von Gholedocho-Duodenostomie
Beobachtung von Brin). Mit diesem fand Verf. in der Literatur 10 Fälle,
fozu auch ein Fall {v. Roch er) gerechnet ist, der aber starb, bevor der
atzte Akt der zweizeitigen Operation ausgeführt war. M. Reber.
Maylard (41) versuchte bei einem 55jährigen Patienten, hei dem Los-
3snng der Gallenblase ans aasgedehnten Adhäsionen unmöglich war, eine
Verbindung zwischen Duodenum und Lebergallengängen herzustellen, wie es
on Kehr mit Erfolg angeführt worden ist. Zum Unterecbied von Kehrs
'atientin handelte es sich hier um eine geschrumpfte Leber. Maylard
esezierte nicht, wie Kehr, ein Stück Leber mit nachfolgender Vertiefung
.er Wunde durch den Paquelin, sondern machte nur einfache Inzision, auf
ie er das inzidierte Jejuntun festnähte. Die Operation wurde gut vertragen
,nd war von fieberlosem weiterem Verlauf gefolgt. Die Stühle schienen für
inige Tage etwas dunkler zu sein, sonst trat keine Änderung ein. Patient
erlor mehr und mehr an Gewicht und starb zwei Monate nach der Operation.
MaasB (New York).
Wyllys (79). Verwachsungen zwischen Qaerkolon, Gallenblase und
lOber machen keine Symptome. Solche treten nur dann auf, wenn es sich
m Verwachsungen des Pylorus oder den vorderen Wegen eventnell mit Gallen-
Iftse oder Leber handelt. Eine einfache Trennung breiter Verwachsungen
iihrt immer zu erneuter Verwachsung. Verf. hat in fünf Fällen mit Erfolg
letz und KoloD an Stelle des losgelösten Pylorus und Magens mit Gallen-
lase, resp. Gallenblasengegend, nach Entfernung derselben, tind mit der Leber
emäht. Maaes (New York).
Mayo (42) beschreibt 500 Fälle, nach den verschiedensten Methoden
periert, zur Herstellung einer Magendarmanastomose, besonders mit Rücksicht
uf Mortalität und Nachoperation. Der Operation werden alle Todesfalle zur
last gelegt, die noch im Hospital erfolgten, einige bis zu drei Monaten nach
em chirurgischen Eingriff. Es wurden ausgeführt : Pyloroplast ik 21 mal,
ein Todesfall, SS'/s^/o Nachoperationen. Gastrojejnnostomie 421 mal, davon
07 wegen gutartiger Erkrankungen mit 6*/i "/o Todesfällen (unter den letzten
40 waren 4, den letzten 80 1 Todesfall), die 140 malignen Fälle hatten
S^k Todes&lle, darunter 63 Pylorektomien und Gastrektomien mit 13°|d
lortalität. Die Gesamtzahl von 421 Jejnnostomien machten Ö^/o Nachope-
Hageobach, Verletsnagen nnd cbimTg. K^aDkbeiteD des Darmes. 725
rationen erforderlich. Die Pyloroplastik ist mir selten indiziert. Da nach der-
selben immer VerwachsoDgen anftreten, näht Mayo den erweiterten Pyloms
immer nahe dem Nabet fest, dem für VerwachBongen günstigsten Punkte.
Gaätrojejnnostomie wnrde immer nach Finner ausgeführt. Die Methode ist
kontraindiziert bei Narben, Verwachsungen und aktiven Geschwüren. 58 der-
artige Operationen ergaben 6,9 Vo Mortalität und 'It^la Nacboperationen.
Unter den 421 Gastrojejuoostomien waren 126 vordere nnd 295 hintere Ope-
rationen. Die Mortalität der vorderen Operationen ist um 1 °/o höher, als die der
hinteren, zum Teil wohl, weil nnter ihnen meist die von M ay o im Beginn seiner
chirurgischen Tätigkeit ausgeführten sind. Bei Nacboperationen ist die Pro-
lentzahl der hinteren Anastomosen höher. Die vordere Anastomose ist wohl
Dur noch bei ausgedehnten Karzinomen indiziert. Der Murphy knöpf wnrde
157 mal gebraucht, nnd zwar von 72 gutartigen Fällen 54 mal vorn mit S^/o
Nachoperation, ISmal hinten ll^jo Mortalität und 22V* Nacboperationen.
Mayo braucht den Knopf immer nach PyJornktomie und Gastrektomie. Die
McGraw-Ligatur kam 36mal zur Anwendung. Die Methode ist frei von
Gallenrückftnss und ausserordentlich sicher. Die Ligatur hält in den bruchigsten
Gewehen. Sie wurde mit Erfolg bei 20 und 24''/o angewandt. Bei lO'/o
Uämoglobin kam es nicht zum Durchschneiden der Ligatnr. Die Nabtmetbode
varde bei 228 hinteren Anastomose gebraucht, darunter 10 maligne Fälle
mit 20 '/o nnd 218 gutartige mit 5''/o Mortalität. Darm und Magen werden
mit Klemmen gefasst, der Darm so nafae dem Ursprung des Jejunum, wie
das Vorziehen gestattet. Die Inzision im Magen verlänft von links oben nach
rechts unten (Moynihan) nach Ablösung des Omentum etwas auf die vor-
dere Magenwand übergreifend. Die Anastomose liegt ungefähr dem senk-
rechten rechten Teil der kleinen Kurvatur gegenüber, den Pylorusteil frei-
lassend. Maass (New York).
Monprofit (49) empfiehlt bei Gastroenterostomien das zu implan-
tierende jJejunum schräg anzuschneiden. Der Winkel des schrägen Bandes
zur Langsachse des Darmes beträgt am besten ca. 45**. Dadurch wird das
Lnmen ovaJ nnd weiter als, wenn der Darm zirkulär, rechtwinklig zur Längs-
achse angefrischt wird. Die schräg angeschnittenen Muskelbündel können
sich nicht so leicht kontrahieren, wodurch eine Verengerung oder gar Ver-
schluss der Anastomose verhindert wird. Um nicht ein zu grosses Darm-
lamen zu bekommen, rät Verf., den Darm zuerst rechtwinklig zur Längsachse
und erst hernach, je nach Bedürfnie, schwer zu beschneiden. Nach Mon-
profit ist diese Methode hauptsächlich indiziert bei chronischen Gastritiden,
bei Magendilatationen und multiplen Ulzerationen, mit anderen Worten, wenn
der Magen in seiner Totalität afiiziert ist, schlecht funktioniert und der
Rohe bedarf. Auch bei malignen Magentumoren kann diese Modifikation der
Gastroenterostomie zwecknulssig sein, wenn nicht der Zustand des Patienten
eine möglichst rasch anzulegende Anastomose erfordert. M. Reber.
Bei der hinteren Gastroenterostomie wünschen Ricard-Chevrier (64),
dass das Jejunum möglichst kurz aber ohne Spannung vertikal am Magen
angenäht wird. Dann folgt Gastroenterostomie in der Nähe der grossen
Kurvatur. Durch das Anheften eines grossen Darmstückes soll Knickung
und Spombildung vermieden werden.
Stauung im Duodenum haben die Verf. nie beobachtet.
Maury (40) beschreibt eine Kahtmethode, die nach Art der Mc. Graw-
schen elastischen Schlinge die Anastomose zwischen Magen und Darm her-
726 Jahresbericht fOr Chirurgie, n. Teil
stellt. Das Material ist starker Zwirn. Magen and Darm werden zunächst
durch eine etwa 10 cm lauge Lembertnaht vereinigt. Sodann wird eine lange
Nadel mit starkem Zwimfaden nahe der grossen Kurvatur in den Magen
gestochen und nahe einem Ende der obigen Lemberbiaht wieder heraus.
Dem Anastich gegenüber in den Darm nahe dem anderen Ende der Lembert-
naht heraus, gegenüber in den Magen und dicht neben dem ersten Einstich
aus dem Magen heraus, so dass der Faden in seinem Verlauf ein Dreieck
beschreibt. Ein zweiter Faden wird in ähnlicher Weise zuerst in den Darm
dann in den Magen, aus dem Magen wieder in den Darm geführt. Wenn
die beiden Fäden gebunden werden, bringen sie je ein Dreieck aas Magen
und Darm zur Gangrän und stellen eine dreieckige Anastomose her. Bevor
der erste Faden definitiv gebunden wird, rnoss man sich überzeugen, dKss
der zweite nicht eingebunden ist, sondern sich frei zieht. Zur Sicherung
and Ausgleichung von Falten sind nach dem Binden einige Hilfsnäbte nötig.
Maas 8 {New- York).
Konrad Brunner (8) findet die Versorgung des Dnodenalstumpfes bei der
Billrothschen Methode der Magenresektion nicht ganz einwandsfrei. Er liat
zweimal abgekapselte Abszesse um den Stumpf entstehen sehen, welche die
Heilung bedeutend verzögerten und ihn veranlassten, den geschlossenen Dao-
denalstumpf extraperitoneal zu lagern und und mit Gaze zu decken, so nach
Mobilisierung des Peritoneum parietale im oberen Wundwinkel der BauchdeckeD.
Von 10 Fällen ist einer glatt geheilt, die übrigen führten zu Fisteln mit
galligem Ausfluss, die zum Teil noch heilten, zum Teil sehr hartnäckig waren.
Dafür aber starb kein Fall an Peritonitis, nur 1 an Pneumonie. Brnnner
sieht seine Befürchtungen, den Stumpf zu verdecken, durch die Beobachtungen
anderer Chirai^en bestätigt. ^ A. Müller.
Im Anscbluss an die Mitteilung von Brunner berichtet Steinthal (71)
über seine Erfahrungen. Er hat in sechs Jahren 11 Fälle nach Bill-
roth II operiert und davon 4 verloren, wovon nur 1 an typischer Nahtin-
suffizienz des Duodenal stumpfes. Wenn der Verschluss sicher gemacht werden
kann, versenkt er; von 6 derartigen Fällen hat er einen an Nahtinsuffizieaz,
2 an anderen Ursachen verloren. Alle anderen Stumpfe werden mit Netz
überklebt und tamponiert (5 Fälle kein Todesfall, 2 mal Fistelbildung). Die
extraperitoneale Einnähung hält Steinthal für anzweckmässig und glaubt,
dass sie Fistelbildung begünstigt. A. Müller.
An Leichen versuchen studiert Haberer (28) die Verhältnisse bei seitr
lieber Einpflanzung des Ileum ins S romannm. Er führt das Ilenm sowohl
hinten als vorne vorbei. Die Vorlagerung vor dem übrigen Darm ist gefähr-
lich. Ferner ist möglich, dass Därme durch den Mesenterialschlitz durch-
treten. Verf. rät deshalb den freien Mesenterialrand an die Unterfläche des
Mesenterium der nächsten Dünndarmschlinge zu fixieren, wodurch dem Durch-
schlüpfen und der Drehung vorgebeugt wird.
Nach eingehender Darlegung der Geschichte des Arguments behandelt
Longo (37) in ausführlicher Weise die Technik und die Indikationen der
Darmausschaltungsoperatiun.
Er erläutert alsdann einen klinischen Fall, der von Giemen ti (Catania)
wegen Adenokarzinoms, das den absteigenden Grimmdarm obstruierte, operiert
wurde. Bei ihm wurde nach verschiedenen Versuchen mit Enteroanastomose
die vollständige Ausschaltnng des ganzen Kolons vorgenommen: das untere
Ende des ausgeschalteten DarmstUckes wurde in Kommunikation mit der
Hageubtch, Terletzungea onil chirnTg. Kruikbeiten des DanDM. 727
äosseren Wunde gesetzt. Diese Kommmiikation verscliloss sich allmälicb und
der Kranke starb sechs Monate nach der Operation, die in vollkommenem
Wohlbefinden verflossen waren, an Peritonitis infolge von Perforation des
ftDS dem Circulas ausgeschiedenen Darmstückes.
Im Anschluss berichtet Verf. über sieben an Händen ausgeführte experi-
mentelle Untersuchiingen, bei denen er die Darmansschaltung anstührte, in-
dem er bei einigen Tieren die ausgeschaltete Schlinge nach aussen kommuni-
rieren Hess, bei anderen mit dem normalen Darm, bei wieder anderen ver-
jchloss er die Schlinge an beiden Enden und Hess sie im Bauche zurück.
Im ersten Fall lebten die 1'iere lange ohne Beschwerden und er konnte
lULch drei Monaten das Verschwinden jeglicher Sekretion in der ansgesclialteten
Darmschlinge feststellen, in der er schon nach 70 Tagen bei der mikro-
skopischen Untersuchung Vorgänge beginnender Atrophie besonderst zu Lasten
der Drüsenschicht der Schleimhaut vorfand.
Im zweiten Falle war das funktionelle Resnltat ebenfalls befriedigend:
bei der dritten Versuchsreihe fand er die ausgeschaltete Darmschlinge über-
zogen von kotähnlicher Sekretionsanaammlung und bedeckt mit Ulzerationen
der Schleimhaut. Der operierte Hund verendete an Peritonitis und Ver-
giftang durch die in der ansgeschalteten Schlinge gesammelten Ptomaüne.
Schliesslich erklärt sich Verf. auf Grund dieser Tierversuche und des mitge-
teilten klinischen Falles für einen Gegner der verschlossenen Darmaus-
schaltung, bei der infolge vonUlzeration, Gangrän, bämorrh^ischen Infarkts
oder sonstiger Läsionen der ausgeschalteten und an beiden Enden vernähten
Darmschlinge die Gefahr einer peritonealen Infektion nicht ausgeschlossen ist.
Er hält vielmehr dafür, dass man zur offenen Aasschaltnng mit
Befestigung eines Schlingenendes an der Hautwunde greifen müsse, da er
experimentell nachgewiesen hat, dass, ohne Kauterisation nach Payr oder
sonstigen Zerstörungs mittein der Schleimhaut derselben zu greifen, die
Sekretion der angeschalteten Schlinge in kurzer Zeit zu verschwinden be-
stimmt ist. Zuletzt erklärt er die Methode der offenen Ausschaltung
mit Befestigung des Endes der ausgeschalteten Schlinge an der unteren
Portion des Darmes als vor allen vorzuglich, falls sie weiterhin in der Klinik
erprobt würde. R. Giani.
Küster (32) empfiehlt bei der seitlichen Enteronastomose das Ein-
bringen der beiden Knopfteile durch die terminalen DarmöfTnnngen vor deren
Verschluss. Dann wird der Knopf vom Darminnern aus gegen die Wand
onter starker Spannung der letzteren angedrückt; die gespannte Wand wird
in der Längsrichtnng durchschnitten bis der Zylinder durch die Öffnung
hervorspringt. Zusammenfügen der Knopfhälften etc. Der Verschluss der
beiden Darmstümpfe erfolgt jeweilen, nachdem der Knopfteil nach obiger
Methode richtig eingesetzt ist. A. Müller.
Ghedini ('23a) berichtet über zwei persönliche klinische Källe von aus-
gedehnten Darmresektionen, von denen die erste ungefähr 3 m Dünndarm
l>etr&f und wegen umfangreicher, eingeklemmter and gangränöser In-
guinalhemie ausgeführt wurde mit operativer Heilung. Aus diesen Beobach-
tungen nimmt er Veranlassung zur Beschreibung eines neuen von ihm er-
Gonnenen, elastischen Klemmeis zur Erzielung der Enterostase während der
Operationen an dem Darm und mit der Bestimmung, die Mängel auszuschalten,
die der Zange ?on Monari und dem Klemmer von Doyen zuzuschreiben sind.
R. Giani.
3 JahrMbericht filr Chinirgia. 11. T«il.
Terrier (73) berichtet über 11 wegen DickdanakarziDom ausgefübrteD
irmanastomoseD mit drei Todesfällen. Bei 7 Fällen konnte das Karzinom
cbt entfernt werden. Verf. macht mit Vorliebe die laterale Anastomose.
',i DarmverschluBs legt Terrier gewöhnlich zuerst einen Anas arteficialia
1 nnd erst später eine Anastomose; letztere wird nicht ausgeführt, wenn
izites oder sekundäre Karzinomknoten vorhanden sind. M. Reher.
Wenn die Enterorektostomie nicht ohne Schwierigkeiten ausgeführt
arden kann und ohne, dass die Gefahr vorhanden ist, dass sich eine Ver-
igernng der Anastomose bildet, so legt PiquS (56) lieber einen iliakalen
aus praeternaturalis an. Er hat mehrere Male einen iliakalen Anus ange-
rt bei Kranken mit hoher sozialer Stellung, die jahrelang ohne Nachteil mit
rer Umgebung verkehrten. Wie Verf. beobachtete, kann eine gnte Kod-
lenz des Anus nicht nur durch die Operation, sondern auch auf psychischem
ege erlangt werden. Bei zu Hypochondrie neigenden Leuten kann ein Anus
aetematuralis zu Geistesstörungen führen. M. Reber.
Nach Quena (62) kommt die Rektoenterostomie höchstens in Frage bei
[irzinomen des oberen Rektums und des unteren Teiles des S romanum.
aer auch bei dieser Lokalisation will Quenu die Rektoenterostomie nur
isgeführt wissen bei kleinen, harten, stenosierenden, wenig oder nicht ulze-
^rten Karzinomen, also bei Scirrhen. Eine Anastomose zwischen einem
urmteil und der Ampulle des Rektums, d. h. die eigentliche Rektoentero-
amie wurde sechsmal ausgeführt; zwei starben, vier heilten. Quenu ist
n warmer Anhänger des Anus praeternaturalis, besonders bei ulzerierten,
cht blutenden Karzinomen, damit die Ableitung der Fäzes von der ulze-
iTtea Partie eine möglichst komplette ist. M. Reber.
Colombani (14) wendete in zwei Fällen den Murphyknopf an.
Im ersten guter Erfolg.
Im zweiten Fall (Darmresektion wegen inkarzerierter, gangränöser Leisteu-
irnie) wnrde der Knopf durch zwei Olivenkeme verstopft, was zum Tode
hrte.
Fasano (21) berichtet zwei Fälle von Gastroenterostomie und drei von
rminaler Enteroenterostomie infolge strangulierten Kruralbruches, bei denen
den Murphy sehen Knopf anwandte. Er hatte zwei Todesfälle, jedoch
labhängig von der Anwendung des Knopfes, die vorzüglich gelungen war.
iT Verf. bespricht im Anschluss die Vorteile und Kachteile des Mnrpbj-
hen Knopfes und schliesst damit, dass er sich für einen Anhänger desselben
klärt, besonders, wenn für die Gastroenterostomien die von Hildebrand
odiäzierte Form benutzt wird. R. Giam.
Beer (4) experimentierte mit dem von Jaboulay angegebenen Ana-
imosenknopf an 14 Hunden. Die Knopfe liessen sich rasch einführen und
ssen gut. Bei der Einführung vrarde jedoch oft der Darm zerrissen und
Bmmten die Knöpfe sich häufig in der Anastomose dauernd fest. Beer
lubt, dass die der Zerreissung folgende Narbenbildnng für das Haftenbleiben
tr Knöpfe verantwortlich ist. Maass (New York).
Klauber (31) sah zweimal einen mangelhaften Verschluss des Knopfes
n Jabonlay an einer kleinen Stelle. Im einen Falle Üess der Schaden
;h durch eine Naht gut machen. Er sieht die Ursache darin, dass kein
lemder'Ring, wie beim Murphyknopf, vorhanden ist, der eine Inkonkmenz
Tischen der Höbe der Schraubengänge nnd der Darmdicke ausgleicht. Sonst
rd dem Knopf hauptsächlich grosses Lumen nachgerühmt.
HageabAoh, VerletzuDgeo ond chirorg. Krankheiten des Darmes. 729
Hofmeister (27) fährt bei der EDterostomie statt eines Gummirohres
eine Metallkanüle in den inzidierten Darm und leitet diese nicht durch die
Laparotomiewunde, sondern mittelst einer Ton innen darchgestossenen Spick-
nadel durch den Rektus nach aussen. Zieht man später die Kanüle heraus,
so scbliesst die eingestülpte Darmwand nach Art eines Zipfelventils ohne,
dass ein besonderer Verschluss nötig wäre. Die Methode ist nur am Dünn-
darm anzuwenden.
Offerfeld (50) empfiehlt zur sofortigen Eröffnung des Darms bei
Enterostomie die Punktion der exopexierten Schlinge, Einführung eines Nelaton-
katheters and Übemähung desselben auf einer Strecke mit Serosa, nach Art
der Witzeischen Schrägkanalbildung. A. Möller.
Lempp (34) referiert über die Jejuuostomie in der v. Eiselsberg-
schen Klinik auf Grund von 68 Fällen.
Bei 44 Magenkarzinomen war die Indikation gegeben, bei allzulang aus-
gedehnten Infiltration der Magenwand, femer nach früherer Besektion oder
Gastroenterostomie, bei Erkrankung der Kardia, als Aasschaltung bei drohenden
Perforationen. Ausserdem kam der Eingriff in Betracht znr Rubigstellong
des Magens bei heftigen Schmerzen, endlich, wo die Operation möglichst ab-
gekürzt werden musste. Mortalität bei Karzinom 51 "/o, durchschnittliche
Lebensdauer nach der Operation 66 Tage; demnach keine Verlängerung des
Lebens. Die Jejunostomie soll bis zum Lebensende ofien gehalten werden,
damit sie jederzeit znr Ernährung wieder benutzt werden kann.
Bei Magengeschwür wurde sie 14mal angelegt. Sie ist, weil rasch
auszuführen, auch bei Komplikationen angezeigt. Hauptindikation ist eine
bedrohliche Inanition. Am meisten ist diese Operation am Platze bei ein-
fachem Magengeschwär mit freiem Pyloms und freier Umgebung, ohne voraus-
sichtliche Gefahr einer Stenose, bei kardialwärts gel^enen Geschwüren, die
ZD Stenosenbildung neigen, endlich da, wo Schrumpfungen und Verwachsungen,
sowie Ausdehnung der Geschwüre und Schwäche des Patienten die Exzision
oder die Gastroenterostomie nicht gestatten. Mit letzterer Operation zu-
sammen ist die Jejunostomie auszuführen bei stenosierendem Pjlorusgeschwür
und starker Reizung des Magens, sowie bei Geschwüren, die gleichzeitig im
Magen und am Pjlorus vorbanden sind. Bei der Versorgung eines perforierten
-Magens oder Duodenalulcus soll immer, auch wenn schon Peritonitis besteht,
eine tomporäre Jejunumfistel angelegt werden.
Bei Verätzungen des Magens ist die Jejunostomie zu machen, wenn zn-
gleich der Ösophagus verätzt ist.
Für die Technik empfiehlt Lempp, die Schrägkanatbildnng in der
Darmwand in nur einer Etage, um Darmstenose zu vermeiden. Die Fistel-
öfhung im Darm wird am Peritoneum parietale angenäht, die äussere Mündung
der Fistel unterhalb der Nabelhorizontalen angelegt, wodurch Knickungen
im Darm vermieden werden. A. Müller.
Lapeyre (33) empfiehlt die Appeudikostomie bei Darmstenosen als
Voroperation von Resektionen bei Karzinom; einmal hat er das Verfahren
anch bei Strangileus nach Ulcus ventriculi mit Erfolg verwendet. In Frank-
reich hat zuerst Legend das Vorgehen empfohlen.
Lejars hat einmal so operiert, fand aber die Funktion der Appeudiko-
stomie angenügend. A. Müller.
Jahresbeiicbt fflr Chinu-gi«. 11. TeiL
Bei chronischer Kolitis, bei welcher sich interne Medikationen and rek-
pülungen als nutzlos erweisen, empfiehlt Meyer (44) zwei operative
den, dieselbe zu bekämpfen.
1. Zeitweise Exklusion des erkrankten Teiles durch Anlegen eines Anus
rnaturalis, wodurch der Kontakt von Darminhalt mit der erkrankten
luhant vollständig verhütet wird und von wo aas die Spülung des Darmes
lommen werden kann.
2. Cökostomie oder Appendikostomie, wodurch am Beginn des Dick-
s eine für den Stuhlgang undurchganglicbe Öfiiiang gebildet wird, welche
iliesslich zu Spülnngszwecken dient.
V^erf. zieht die letztere Methode vor und beschreibt nur diese, und
empfiehlt er die Appendikostomie und nur in Fällen, bei welchen der
dix nicht durchgängig ist, die Cökostomie.
Es folgen die Krankengeschichten von fünf Fällen von Colitis chronica
itische, durch Amoeben hervorgerufene, tuberkulöse), in welchen er die
ge Wirkung dieser Methoden demonstriert. Die Spülung^äüssigkeiten
Lrgent. nitr. 1:10000 in steigender Konzentration, Thymol 1:1000,
alzlösung und bei der Colitis tuberculosis Injektionen von Jodoform-
on.
Zum Schluss geht Verf. auf die Einzelheiten der Operationsmetbode ein,
F o r c a r t.
Silbermark und Dömeny (70) prüfen an Händen die Haltbarkeit
läppe nach dem Mosetigschen Verfahren der Kolostomie mit
am DoppelwandverschluBS und finden nach 8 — 10 Wochen die
Igte Fadenscblinge an Ort und Stelle und ein VorhaDileusein der ange-
>n Darmverengernng. Sie kommen deshalb zum Scblnss, dass die Mo-
sche Methode dauernd hält, was von ihr versprochen wird.
Bei einem Soldaten, der mehrere Perityphlitisanfälle durchmachte, und
m der Blinddarm und die benachbarten Darmteile in relativ kurzer
usgedehnt zerstört wurden, sah sich Mandel (38) genötigt, einen Anus
[naturalis anzulegen. Zu dessen Heilung wurde zunächst eine Dupay-
le Dannklemme angelegt. Später wurde, um den Mastdarm an die
daniedergelegene Funktion zu gewöhnen, ein die beiden Darmschlingeu
iendes Gummirohr eingeführt. Zuletzt wurden die Fistelränder abge-
nnd hierauf die Darmenden in querer Richtung vereinigt.
M. Reber.
^antaloni (51) legt bei Dickdarmresektionen grossen Wert auf eins
tist vollständige Isolierung des zu resezierenden Uarmstückes. Um das
ende Darmstück bequem vor die Bauchhöhle zu bekommen, bedient er
ner schon vor Roux angegebenen Methode. Er legt nach Eröffnung
idomens eine peritoneale Inzision an parallel der grossen Achse der zn
lierenden Darmschlinge. M. Reh er.
lenterskiöld (63) ist bei einem Fall von einem nach brandigem
entstandenen Anus praeternaturalis folgendermassen verfahren: zaerst
tomie; 20 cm von der Bruchstelle wurde eine Dannresektion mit
mose ^side-to-side" ausgeführt. Darauf wurden die abgeschnittenen
öden invaginiert und auch die Bruchpforte herausgezogen.
Hj. von Bonsdorff.
Volff (78) empfiehlt zur Enterotomie bei Beuslaparotomie bebufs
iiDg des Darms folgende Methode: Ausstreichen eines Darmbezirks nnd
Hagenbach, Terlettang«n und ohirnrg. EimnUieiteii dM Darmes. 731
ikbscUoss zwischen Klammem. Tabaksbeutelnaht nm ein Längsoval von
ca. 1 '/t cm Ijänge. Im Bereich desselben Eröffnung des Darms, Einführen
«Ines Ganunirohrs, Zasammenziehen der Naht behufs Abdichtung. Abnahme
der Klemmen und Entleening des Darms. Nachher wird das Rohr lang-
sam herausgezogen, die Naht wird stärker geschnürt und geknüpft, darüber
einige Serosanähte. A. Müller.
Poncel (60) beschreibt zwei Fälle von Cökalreaektion ohne ßesonder-
beiten. Poncel ist womöglich für einzeitige Operation mit dem Schnitt
nach Rons.
CavailloD (11) Itefürwortet die durch Paul in die Therapie einge-
luhrte Danerdrainage des Darmes mittelst eines Siphons. Verf. liess auf Rat
Ton Prof. Jaboulay ein Drain ans zwei ineinander steckbaren, ans ziemlich
festem Kantschnk bestehenden Röhren konstruieren, das im Gegensatz zum
Panischen Apparat nicht mit einer Ligatur an der Rauchwand befestigt
wird und deshalb leichter entfernt und gereinigt werden kann. Für die
Details des Apparates sei auf die Originalartikel verwiesen, der zwei erläu-
ternde Abbildungen enthält. M. Reber.
Die Hauptsache bei diffuser Peritonitis ist nach Dahlgren (16) unter
allen Umständen, die Darmlähmung zu beseitigen. Dies erreicht man in
erster Linie durch gründlichstes Entleeren der Darme mittelst Enterostomie
und Ausstreichen („Melken"), wozu Verf. ein eigenes Instrument benutzt.
Femer sind Laxantien, Klistiere und Atropin in hohen Dosen zu empfehlen.
Pina teile et Ri viere (Ö8) verlangen: Entleerung des Darmes („traite-
ment palliatii") nnd Entfernung des Uindemieses („traitement curatif) bei
Bens soll sich nicht ausschliessen, sondern unterstützen.
Nach einem historischen Überblick über die Entwickelnng der Indikation
und der Technik der Enterotomie und Enterostomie geben Verff. einen Bericht
über Leichenversuche, die sie anstellten, nm eine Methode zu finden, die
ennüglicht, in gefahrloser Weise den Darm vollständig zn entleeren nnd zur
Kontraktion zu bringen.
Au Leichen wird der Darm mit Gas und Flüssigkeit ad maximum ge-
fiillt und dann die Entleerung voi^enommen. Magen- und Rektalspüluug geben
natürlich nur ganz unvollkommene Resultate.
Entleerung durch Aspiration: Enterotomie 2 cm lang. Ein-
fähren eines weichen Gummischlauches mit festem Ansatz. Es gelingt, über
50 cm Schlauch 150 cm Darm zu stülpen, was nach beiden Richtungen vor-
genommen ein Absuchen von 3 m Darm ergibt. Das Resultat ist ein unge-
nügendes. Durch das Rohr kann eine Elektrode zur Faradisation des Darmes
eingeführt werden.
Entleerung durch Expression und Walzen der Darm-
echlingen. Da Verff. das Ausstrecken mit dem Finger für verletzend
halten, er&nden sie eine Klammer, deren Branchen mit Walzen armiert sind.
Es gelingt, mit diesem Instrument in 10 Minuten den ganzen Darm
durch eine Enterotomiewunde zu entleeren.
Als Anhang wird ein Ansatzstück beschrieben, womit ein Schlauch
HBEserdicht in die Enterotomieöffnnng angebunden werden kann.
Verff. sind der Ansicht, dass ihre Methode mit Erfolg auf den lebenden
Dann anzuwenden ist.
Rosenberg (66). Einführung verschiedener Sonden per rectum und
röntgographische Darstellung ei^ibt, dass ein Vorschieben der Spitze in allen
JahreBbaricht ßkr Chinu^e. 11. Teil
D bis in den Anfang des S rom., in der überwiegenden Mehrzahl der
bis zu geiner Mitte und in wenigen sehr günstigen Fällen bis zum
fferdeckerschen Pnnkte möglich, und das mit einiger Sicherheit nur
Hilfe des Romano-Rektoskopes. Soweit kann also direkte Berieselung
EiDfühnmg trockener Pulver vorgenommen werden.
Hohe Einlaufe gehen weit höher. Sie sind bis ins Cökum nachge-
in.
Borelius (7) kritisiert die verschiedenen Operationsarten, die bei einer
ktion des Dickdarms zur Anwendung gelangen können , nämlich : die
aperitoneale Methode, die Methode, die Operation in meh-
in Seancen auszuführen, nnd schliesslich die intraperitoneale
ektion. Nach seinen Erfahrungen spricht sich Borelius zq gaosten
äinzeitigen intraperitonealen Resektion als der Normalmethode aus. Was
Technik der Ausführung der Resektion anbetrifft, erscheint Borelins
Oarmnaht die einzige Methode, die in Betracht kommen kann — nicht
Murphyknopf — . Borelius' Erfahrung spricht für die Vereinigung
-to end". Hj. v. Bonsdorff.
Fauchet (52) beschreibt einen Fall, in dem wegen einer irreponiblen
itigen Leistenhernie 4 m Dünndarm reseziert wurden. Der Fat befand sich
end eines Monats in der Klinik sehr wohl. Zu Hause ass und trank er
wie gewohnt, was fulminante Diarrhöen zur Folge hatte, die den Fat.
herunterbrachten. Er wurde dann auf trockenes Emährungsregime ge-
Es wurden ihm femer als Nahrung vegetabilische Breie und Teig-
in empfohlen. Sofort stellte sich das gute Befinden wieder her.
Verf. hat die Hoffnung, der Darm werde durch das vegetabilische Re-
I zum Längenwachstum angeregt, so dass er seine normale Länge wieder
icht.
An Hand von zwei Beobachtungen von postoperativem Heus nach Ope-
inen zeigt Goullioud (36), dass dabei das S rom. in die Höbe gezogen
wodurch der Dünndarm ins kleine Becken sinken kann. Er schlägt dea-
Tor: vor dem Aufrichten aus der Beckenhochlagernng nach gynäkologi-
n Operationen und Eingriffen am Rektum erst das Sigmoid wie einen
eier über das Operationsfeld auszubreiten nnd dann die Dünndarm-
ingen darauf zu lagern. Es ist dabei selten nötig, das S rom. mit
ten zu fixieren nach dem Rat von Hegar, Schiffer, Riedel, Cere-
]ni, Delbet, Terrier und Hartmann, Snegnereff, Jonnesco,
leau, Duret.
Nach Delbet (18) gibt es Kranke, die an intermittierenden Schmerzen
er Ileocökalgegend leiden, die mit dem Wurmfortsatz nichts zu tun haben.
landelt sich um Schlaffheit und Ptose des Cökum. Letzteres ist oft fuhl-
Oft genügt als Behandlung eine passende Diät. Hilft dies aber nicht,
impfiehlt Delbet Resektion des Frocessos vermiformis und Faltung des
um.
Fassier (5ö) empfiehlt auf Grund der Erfahrungen verschiedener
aren neben den üblichen Mitteln zur Stillung von Magen-, Darmblutungen,
lungen mit Ohlorkalzium (4 : 1000) zweimal täglich. Die Flüssigkeit soll
Temperatur von 48° haben. Dazu sollen 2 g Chlorkalzinm in wässeriger
iing per os genommen werden.
Vaudin, Douard und Labbä (76). „Maisine", ein alkoholischer
rakt des Mais, der im Wasser ausfällt, ist ein eiweissähnlicher Stoff. £r
Hagenbach, VerletcQDgen -and chirnrg. Ei«Dkh«iteu des Darmes. 7^
soH im Magensaft nur sehr schwer, im Darmsaft aber sehr leicht löslich sein.
Maisine dient dazn, Pillen einzuhüllen, um sie nnverändert in den Darm ge-
bogen ZQ lassen.
Versuche mit Jodkalium gaben ein gutes Resultat.
Die VersBche Pieris (55a) sind darauf gerichtet, zu nntersachen:
1. Ob der Abdominalsympathikus ein für das Leben des Tieres unei^
läsalicbes Oi^an ist oder wenigstens in welchem Grade dienlich; ob dieses
Or^n £inflnss auf die Magenabsorption habe. Die Versuche wurden an acht
Kaninchen gemacht: keines verendete infolge der Operation; die Tiere leben
gut; sie sind niedergeschlagen, manchmal schleifen sie beim Geben die Hinter-
beine nach und haben Atembeschwerden. Diese Erscheinungen vergehen jedoch
Wd, allerhöchstens nach zwei Stunden. Das Gewicht des Tieres nahm in
der Folge zu: die mit Methylenblau geprüfte Absorption ist nicht im geringsten
verändert, manchmal ist sie eine raschere. R. Giani.
B. Kongenitale StSrungen.
1. Brook, Congenital bypertropliy and dilatation of the ugrmoid flexDre. British med.
joarn. 18. V. 1905.
2. Emanael, Congenital multiple occlosion« of the amall intestiue, The Laneat 1905.
Anglist 12.
1 Qalliro, Un caao di Ätnaia congenito del diginno-ileo. Poliolioico, sei. praL 1905.
F*ac 9.
4. *Gria«l, Qnatie obaerrations d'eccIiiBioD eongönitale aigoG. Berae d'orthop. 1905.
Nr. 2a
5. Gross-Sengert, Malformationa mnlliples de la portioD soas-diaphragmatiqae dn
tobe digeetif. Bev. d'orthop. 1905. Nr. 5. p. 399.
fl. Kieater, Die angabliehen VerecblieMDDgen und VereDgarungen des Darmkanala im
Liebte der Entwickelangsgeeehichle. Zeitschr. f. Cfair. Bd. 79.
T. Mohrmann, Atreaia duodeni congenitalia. Zeitschr. f. Chir. Bd. 78.
S. Torkel, Angeborene hochgradige Erweiterung des DOnadarms ohne Stenose. Dentache
med. Wochenecbr, 1905. Nr. 9.
9. Zoodek, Beitrag lor Lehre Tom Meckelschen DiTerükel. Beilinet kliu. Wochen-
schrift 1906. Nr. 35.
GroHS und Seucert (4) berichten über ein Neugeborenes, das wegen
Änaherschlusses ins Spital gebracht wurde. Da vom Perineum aus das Rektum
nicbt gefunden wurde, wurde laparotomiert. Nii^ends ein Rektum zu finden,
veshalb mit der ersten besten Dünndarmschtinge ein Anus praeternaturalis
angelegt wird. Bald nach der Operation Tod. Sektion ergibt diverse Miss-
bildongen des Darmes. Multiple Striktnren des Dickdarmes. Kolon endigt
blind in der Gegend der Milz. S romanum, Rektum fehlen. Nieren gross,
Nebennieren gut entwickelt. Es folgt eine genaue mikroskopische Beschrei-
bnng der strikturierten und zum Teil obliterierten Dünndarmpartien. Es
«erden die verschiedenen Theorien über die Entstehung solcher Missbildungen
angeführt. Für den vorliegenden Fall werden als wahrscheinliche Ursachen
angenommen Zirkulationsstönmgen infolge von einer Torsion der Mesenterial-
geßisse, die ihrerseits in Beziehung stehen soll mit einer mangelhaften
Drehung des primitiven Darmschlauches. Verf. sammelten in der Literatur
Öd Fälle von kongenitalen Dünndarmatresien, bei denen cbirurgiscb ein-
E^rifFen wurde. Als einfachste und für die meisten Fälle am meisten zu
empfehlende Operation wird die Enterostomie vorgeschlagen. Einige sehr
gute Abbildungen tragen wesentlich zum Verständnis des Falles bei.
M. Reber.
Jahresbericht fllr Chirurg!«. II. Teil.
Ereater (6) hat durch die Untersuchung tod 10 jüngsten menscfalichen
bryonen nachgewiesen, dass in der 5. bis 10. Woche in dem bereits &ii-
agten Darmkanal and zwar sowohl im Vorder-, Mittel- and Eoddarm vor-
iigehende Verschlüsse auftreten, die sich in einiger Zeit wieder heben.
aloge Vorgänge finden sich auch bei den Wirbellieren. Störungen, dieses
izesses führt zu den kongenitalen Atresien resp. Stenosen. Für Ösophagus,
gen, Duodenum und Dickdarm sind derartige Vorgänge nachgewiesen, die
r. Stenosen und Atresien somit erklärt. Für den Dünndarm, wo man an-
ordne Verengerungen mit fötalem Volrulos, Intussuszeption und peritoniti-
en Vorgängen bis jetzt in Zusammenhang brachte, ist derselbe Mechanis-
s wahrscheinlich. Kasuistik ttnd klinische Darstellung des Krankbeitsbiides.
A. Muller.
Mohrmann (7) beschreibt einen Fall von suprapapillärer angeborener
adenalatresie. Die Diagnose wurde gestellt; eine Gastroenterostomie am
Lebenstag blieb ohne Erfolg,
Magen und oberer Duodenalabschnitt autoptisch stark dilatiert. Inner-
b des vertikalen Teiles des Duodenum ist letzteres Tolbtäodig vom
ikreaskopf umwachsen. In der Pankreassubstanz ist seine Kontinuität
erbrochen; beide Stümpfe enden blind keulenförmig. Zwischen beiden ca.
im langer Strang mit feinem Lumen, das sich mikroskopisch als das ver-
nmerto Zwischenstück erweist. Verständlich wird der Zustand durch die
«ache, dass nachTandler das Duodenum vom 30. — 60. Tag des Embijo-
lebens frei durchgängig ist, sich aber dann bei Ausbildung der Zotten and
ten Torübergehend verlegt. A. Müller.
Torkel (8). Zweitägiger Knabe stirbt unter Ileussjmiptomen Sektion
ibt frische Peritonitis. Ein Teil des Jejunum ist mächtig aufgetriebeo
l mit Schleim und Epithelien gefüllt. Abknickungen an mehreren Stellen,
st keine Hindernisse. Verf. fasst die Erweiterung als angeboren auf.
Zondek (9) hat ein am Nabel prolabiertes offenes Meckelsches
ertikel bei einem 4' /> wöchentlichen Kind mit Glück operiert und geaaa
ersucht. Dasselbe sezernierte etwas Kot mit Schleim, ragte penisartig
dem Nabel vor nnd hatte die Banchwand in einer Ausdehnung von
3 cm hruchartig vorgestülpt. Bei der Operation, die nach Art einer
)endicektomie ausgeführt wurde fiel die Dicke der Serosa an der Basis
Gebildes auf.
Durchschnitte durch den Anhang zeigen, dass sämtliche Darmwand-
ichten vorhanden und am offenen Ende umgestülpt sind. Die Schleimhaut
% daselbst einen Bau, der an den der Lieberkühnschen Krypten er-
irt, während im Innern des Gebildes reich entwickelte Zottenhilduug
eht. Das von Tillmanns zuerst beschriebene, aber nicht richtig ge-
tete Vorkommen von Magenschleimhaut, wie es namentlich in den distalen
artikelteilen beobachtet wird, lag hier nicht vor. Derartige Befunde er-
en sich dadurch, dass Magen- und Divertikelschleimhant, gleichartig an-
gt vrie die übrige Darmscbleimhaut , den Veränderungen, welche die
denalmnkosa unter dem Einfiuss der Faltensekretion durchmachte, nicht
resetzt war (Siegenbeck van Heukelom). Befunde von Parotis- nnd
kreasgewebe an der Spitze von Divertikeln gehören wohl in das Gebiet
Teratome, wobei auch die Divertikel selbst als Mtssbildungen eigener
vom Meckelschen Anhang zu trennen sind. A. Müller.
Hftgeabacb, Terletiungen und chirarg. KrankheitsD des Darmes. 735
Galliro (5) berichtet eioen Fall von Dsrmokklusion bei einem neu-
geborenen Kinde, bei dem ohne Erfolg die Bildung eines Anus praeternaturalis
iiiacus verBticht wurde. Bei der Sektion wurde eine Ätresie des Duodeno-
ileum, Hypertrophie des über der atresischen Stelle gelegenen Stückes und
Atrophie des darnnterliegenden konstatiert. In Anbetracht der histologiechen
Struktor der Darmhäute nimmt Galliro an, dasB die Atresie im fünften
Monat des intrauterinen Lebens durch Drehung des Darmes um sich selbst
eingetreten sei. R. Giani.
Emanuel (2) beschreibt einen Fall eines Siebenmonatkindes, welches
gleich nach der Geburt in seine Behandlung kommt. Äusserlich ist an dem
Kind, ausser einer kupferbraunen Haut nichts Anormales zu finden. Die ein-
gefährte Nahrung wird sofort wieder erbrochen. Durch einen in das Rektum
eingeführten Gnmmikatheter entleert sich normales Mekonium. Neun Tage
später erfolgt der Tod.
Sektion: Alle Organe ausser dem Dünndarm sind normal. Duodenum
stark aufgetrieben, grösser als der Magen, seine Schleimhaut ist verdickt.
Hierauf folgt eine vollständige Obliteration des Darmes; solche Oblitera^
tionen sind noch an zwei anderen Stellen zu finden. Ferner finden sich an
fünf anderen Stellen ringförmige Striktnren. Die Darmpartien zwischen diesen
Stellen sind aufgetrieben und enthalten Mekonium.
Auffallend ist: 1. In allen Partien des Darmes wird Mekonium gefunden,
obschon keine Galle in den Darm gelangen konnte. — 2. Der untere Teil des
Darmes ist nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, kollabiert, sondern mit Meko-
nium reichlich angefüllt. — 3. Das Kind lebte noch neun Tage ohne Nahrungs-
aufnahme. — Verf. spricht nun noch über die Entstehung solcher kongeni-
talen Missbildungen. — Sie sind entweder das Resultat einer intrauterinen
Peritonitis, wovon in diesem Falle keine Zeichen vorhanden sind; oder sie
entstehen durch Hemmung in der Entwickeinng. Forcart.
Bei einer 21iährigen Patientin wurde von Brook (1) wegen einer
Geschwulst im Unterleib die Operation vorgenommen. Dieselbe erwies sich als
ein harter, frei in der Flexura sigm. liegender Tumor, von der Grösse einer
Croquet-Kugel und einem Gewicht von 600 g, welcher aus fest znsammen-
geballten Pflanzenfasern bestand. Nach Entfernung desselben wnrde der sehr
stark dilatierte und hypertrophische Darm darch mehrere Nähte, welche wie
bei einer Gastroplicatio angelegt wurden, stark verkleinert. Die geheilte
Patientin hat nun, zwei Jahre nach der Operation normale Darmfunktion.
Forcart.
C. Verletzungen. FremdkSrper.
1. ApoBtolABcn, Penetrierende Wnode des EpigiBtriama et«. Spitalnl Nr. 2S. Ref.
Dentoclie med. Woehensehr. 1905. Nr. 6. p, 238.
2. Bejan, Penetriereade Wnnde des ßaucbes usw. SpiUla) Nr. 24. (1904?) B«f. in
DenUcbe med. Wocheoaehr. 1905. Nr. 6. p. 318.
3. Borehardt, TerletzungeQ dea Rumpres. ZeiCscLr. f. SrEtl. Fortb. 1905. Nr. 11.
i. ßnnge, Sabkntane Darmniptar. Bruna Beitr. Bd. IT.
4a.*Cappa, ContueioDi gravi delie pareti addominali e psendoperitoiiite haematica.
QaietU degli ogpadale e delle clinicbe 1905. Nr. 86. (KlioiBcher Fall.)
5. Eartwell, Necrosie of iotestioe etc. ädd. of eurg. 1905. p. 136.
6. Hertle, Ülier stampfe Baachverletzangen. Mdocb. med. Wocbenscbr. 1905. Nr. 40.
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7. Jones, Perforation of the dnodenam by a bodkin. LHncet 1905. Nov. 25. p. 1545.
8. Latouobs, Coatusioii violente de l'abdoineii. See. de cbir. 1905. Nr. 33.
Jahresbericht fDr Chirargie. ü. TeiL
ehmnDn, Über EontnBionea des AbomenB. Inaag.-DisBert Fieibnrg 1904.
lianfeld, Über eabkatane DarmverleUnDgen etc. Brnna Beitr. Bd. 45. U. 1.
'ftok le Moyne, Hopp, Fenetratiog ronnds of the abdomen. Ann. ot snrg. Jan.
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mtscfae med. Wocbenscbr. 1905. Nr. 1. Vereinabeil. p. 48.
,ubritiua. Über anbkDtane Darmmptnren. Prager med. Wochenechr. 1905- Nr. 27,
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Iielemann, Beitrag zur snbkntaDen Raptar dea Magendannkanala. Dentsclie miL-
EtL Zeitachr. 1905. Nr. 2.
levaatjerna, Über die sabknUnen Raptoren des MagendannkaDkla na«h Baneb-
rletinngen. Druckerei d. finii. Lit.-Geaellaeh. 1905.
Borcbardt (3) betont die Wichtigkeit einer richtigen Erkenntnis der
Lverletzungen. Bei einfachen Baacl^ontaBionen geht Shock bald vorüber,
ose der subkutanen Darmruptnren schlecht; man sollte in den ersten
Stunden post tranma operieren können. Shock braucht bei einer Darm-
r nicht vorhanden zu sein. Bei einfacher Kontusion ist der Puls gerade
dem Trauma am schlechtesten. Stetiges Steigen der Temperstur ist ein
istiges Symptom. Wiederholtes Erbrechen spricht für Ruptur des Dann-
i. Zirkumskripter Drackschmerz ist ein Signum mali ominis. Wichtig
uptnr ist die brettharte Bauchdeckenspannuug.
Sind Symptome einer ßippenfraktur links unten vorhanden, so kann
eine Milzruptnr übersehen werden. Am gefahrhchsten sind die Leber-
zungen.
Reclas Ansicht, bei Schussverietzungen des Abdomens sich exspektatir
rhalten, verwirft Borchardt als zu riskiert. Eine Schusswunde soll
sondiert werden. McCornacs Ausspruchs aas dem südafrikanischen
: „Ein dnrch den Bauch Geschossener stirbt in diesem Kriege, wenn
ihn operiert; er bleibt leben, wenn man ihn in Ruhe lässt", darf nach
. Ansicht nicht für Friedensverhältnisse gelten.
Prolabierter Darm, wenn aseptisch eingepackt, kann stundenlang nn-
iert bleiben, ohne Schaden. Blutungen müssen sofort gestillt werden,
ingsverletzungen sind gewöhnlich schwer, sollen nie genäht werden.
M. Reber.
Die subkutanen Rupturen kommen nach Bunge (4) anf drei Arten zu-
B, die Zerqnetschung, der Abriss und die Berstnng. Die Berstung kann
ustandekommen, wenn der Darm irgendwohin, wo geringerer Druck ist,
liehen kann , solche Stellen sind der Levatorschlitz und auch die
ipforten. Dies beweist Verf. aus eigenen Beobachtungen und zwei Be-
tnngen aus der Literatur, bei denen mit Sicherheit nachzuweisen ist,
l£eine Quetschung und keine Zerreissung stattgefunden hat und dass die
iing zustande kam, indem sich der Darm unter heftigem Abdomioaldruck
le bestehende Bruchpforte legte.
Perez (12) berichtet über einige wichtige Versuche, welche darin be>
en, bei Hunden und Kaninchen Traumen auf verschiedenen Gegenden des
les hervorzubringen. Um die das Trauma setzende Kraft zn messen,
ite er sich eines mit einem Dynamometer versehenen Hammers. Die
tfolgemngen können etwa folgendermassen zusammengefasst werden.
H«g«DbKch, TerletiuDgeii und ohtmrg. Krankheiten des Dannes. 737
Darmverletzungen liessen sich in allen Fällen beobachten, in denen ein
heftiges Tranma anf die Regio mesogastrica oder hypogastrica einwirkt. Wenn die
Wand erschlafft ist, bedarf es einer Gewalteinwirkung von 40—60 kg, vaa beim
Hunde Darmzerreissmigenhervorzanifen. Ein leichteres Trauma hat nur einfache
Ekcbjmosen zur Folge. Wenn die Wand kontrahiert ist, muss die Gewalt-
einwirkung noch grösser sein. Je umschriebener das Trauma ist, um so
leichter ruft es Darm Verletzungen hervor. Seine Folgen sind, je nach dem
ätellnngsznstande des Darms, verschieden, ob sich feste, gasformige oder
flüssige Massen darin befinden. Ferez konnte auch experimentell den tem-
porären Verschluss der Darmwunde bei YoUkommen transTersaler Zerreissung
studieren. Der Abschniimng der Darmmakosa durch die kontrahierte Musku-
latur ist es zuzuschreiben, dass die Peritonitis nach verschieden langer Zeit
erscheint, 2 — 6 Stunden, ja sogar 19 Tage nach der Ruptur.
Das erste Symptom einer Eingeweideverletzung ist die Kontraktur der
Banchmnskeln. Was den Shock anbetrifft, so steht er weniger mit der Natur
der Verletzung, als mit der Ausdehnung des Traumas in Zusammenbang. Ein
Symptom, welchem Verf. eine grosse Bedeutung beimisst, ist die oberfläch-
Ucbe und frequente Atmung, vorausgesetzt, dass diese Erscheinungen nicht
vorübergehend, sondern dauernd vorhanden sind. Alle anderen Symptome,
Druckschmerz, Hauthyperästhesie, Unruhe, Pnlsandemngen, Temperatnrschwan-
kungen, Erbrechen usw. haben nur eine relative Bedeutung, da sie nicht kon-
stant sind. Alle diese Erscheinungen sind nicht immer für Entleerung von
Darminhalt in die Bauchhöhle beweisend, sie sprechen nur für eine schwere
Eingeweideverletznng.
Die frühzeitige Diagnose ist äusserst wichtig, leider häufig recht schwierig.
Die Anamnese und die objektiven Symptome sind bedeutungsvoll. Der Shock
hat nur dann diagnostischen Wert, wenn er mit gewissen anamnestischen An-
gaben znsammen&llt. Viel wichtiger sind die Kontraktur der Bauchmuskn-
ktiir, die oberflächliche und beschleunigte Atmung, die Pulsverlangsamung,
welche die beginnende Peritonitis anzeigen.
Der Verf. ist Anhänger des operativen Eingreifens, da Spontanheilungen
schwerer Verletzungen sehr selten sind. Wenn man erst bei den ersten Sym-
ptomen der Peritonitis operiert, kommt man gewöhnlich zu spät, da dieselbe
alsdann schon diffus ist. Das beste ist es, innerhalb der drei ersten Stunden
einzt^eifen. Auch in zweifelhaften Fällen soll operiert werden, nur der
schwere Shock sei die einzige Kontraindikation. Der spontane Eingriff muss
noch bei beginnender Peritonitis und selbst als letztes Auskunftsmittel bei
schon vorgeschrittener Bauchfellentzündung vorgenommen werden. Es ist
imnierhin besser, einmal frühzeitig in einem Falle zu operieren , in welchem
es nicht nötig wäre, als in einem anderen Falle die Operation zu unterlassen
nnd den Kranken sicheren Gefahren auszusetzen , die früher oder später
drohen, und einem beinahe sicheren Verderben entgegenznführen, wenn man
sich erst bei den ersten Anzeichen einer Peritonitis zur Operation entschlieast.
R. Giani.
Tawastjerna (17) bespricht an Hand einer 170 Fälle umfassenden
Kasuistik Ätiologie, Pathogenese und pathologische Anatomie, Symptomatologie,
Diagnose, Prognose und Therapie der subkutanen Darmrupturen.
Als Ursache findet sich am häufigsten Hnfschlag, wobei Magen and Dünn-
äannkanal fast ausschliesslich und dabei wiederum Jejnnnm und Ueom am
häufigsten betroffen sind.
Jifanriwidit Ar OhJrorid* 1«0&. 4?
'38 Jahresborickt fOr Chirurgie. IL Teil.
Von Symptomen werden besprochen Shock, Puls, Temperatur, Atmung,
jenkozytose, Schmerz, Spannung der Bauchdecken, Erbrechen, Uriiibeschver-
len, Kotverhaltui^, Perkussion. Die meisten sind inkonstant, am konstan-
esten ist das Erbrechen und die Spannung der Bauchdecken. Es kann jedoch
«idee fehlen.
Ganz unsicher ist die Perkussion; auch Schmitts Zone hochtympam-
ischen Schalles ist viel zu selten. Aus dieser Unsicherheit der Symptome
rgibt sich auch die Schwierigkeit der Diagnose.
Tawastjerna ist nicht für Probelaparotomie in allen Fällen. Bei
icherer Diagnose auf Darmruptnr sofort Operation. Durch Beobacbtang ist
aeist die Diagnose möglich, es sollen jedoch nie mehr als 12 Stunden beob-
«btet werden, sondern bei Unsicherheit ist es besser nachzusehen.
Je früher operiert wird, um so besser ist die Prognose.
Tbelemann (16) behandelt die subkutane Darmmptnr an Hand ron
1 in Marburg beobachteten Fällen. In 5 Fällen entstanden die Baucbkon-
nsionen durch diffus einwirkende Gewalten; 4 mal von diesen Fällen war der
)ünndarm, Imal der Dickdarm verletzt; 4 Todesrälle, I Heilang. In 3 wei-
eren Fällen erlitt der Darm in einer Hernie ein Trauma; Hernienmptnren
irognostisch nicht so ungünstig, da der Kotaustritt längere Zeit auf Bmcb-
ack beschränkt bleibt. In 2 Fällen Kotabszesse nach Darmruptnren , in 1
^all Darmperforation. 13 Tage post tranma. Gewöhnlich platzt der Darm.
Vichtig ist der FüUungszustand des Darmes. Nach Petry wurde in 88,1%
er Dünndarm verletzt. Bei einem Falle des Verfe. war der zerrissene Darm
a einem Bmcbsack das S romannm. Es gibt seltene Fälle, wo der Darm-
ahalt trotz Perforation nicht in die Bauchhöhle übertritt Je flüssiger der
)anninhalt, um so ungünstiger. Schlimm ist eine peritoneale Sepsis. Dia-
nostisch wichtig ist das Trendelenburgscbe Symptom der brettharteu
lauchspannui^ an der verletzten Stelle. Frühdiagnose oft unmöglich. Wichtig
nhaltender Schmerz, Erbrechen, kostale Atmung, dauernd schlechter Puls,
'rognose hängt wesentlich ab von der Art der vorhandenen Peritonitis ; günstig,
'enn letztere sero-fibrinös ist, da dann gerne Verklebungen zustande kommen.
Ke Behandlung soll so früh als möglich eine chirurgische sein.
M. Reber.
Im Änscblnss an vier Fälle von Banchkontusion mit Darmverletznug
Operation 4 Stunden nach der Verletzung, gestorben; ca. 12 Stunden, gestorben;
Tage, gestorben und 30 Stunden, geheilt) spricht sich Lilienfeld (10) für
löglichst ftühzeitige Operation, mit Enterostomie und trockenem Auswischeo i
er Peritonealhöhle aus,
Ferner Beschreibung einer Darmquetschong ohne sichtbare Verletzung
er Darmwaud. Heilung.
Hertle (6) berichtet über drei Fälle von Bauchkontusion. Im ersten
uere Abreissang des Jejunum, wobei die kontrahierten Dannenden den Kot-
ustritt verhinderten. Im zweiten Naht eines Milzrisses. Im dritten wurde
ei der Operation nur ein Hämatom gefunden. Bei der Sektion kommt ein
stroperitonealer Riss des Duodenum mit Phlegmone heraus. Von den Sjm- l
tomen ist der lokalisierte heftige Schmerz das wichtigste. Auch fährt die
pannnng der Bauchdecken hier und da auf den Ort der Verletzung. |
Moyne (11) bringt die Krankengeschichten von einem Fall von Stich-
nd fünf Fällen von Schussverletzungen des Abdomens. Ausser bei Fall Hi |
ei welchem ohne operativen Eingriff Heilung eintritt, wird bei allen das
Hagenbaeh, Verletmiigeii and chirnrg. Krat)klieit«n des Darmes. 739
Abdomen geöffnet Tind die betrefienden Darmwunden vernäht. Ausser Fall IV,
der starke Blntverlnste erlitten hat, gehen alle in Heilung über.
Verf. empfiehlt bei alleo Schnssverletznogen des Abdomens sofortige
Laparotomie, da in 97 "la der Darm verletzt ist. Ferner soll durch genaue
Beobachtung der Krankbeitss^mptome, der Lokalisation der Wunde und der
Schnssrichtong diagnostiziert verden, ob Darmperforation vorliegt oder nicht.
Der Gebranch der Sonde ist nicht nur gefährlich, sondern oft auch irre-
führend. In allen Fällen ist gute Drainage von grosser Wichtigkeit.
F 0 r c a r t.
Perthes (13). Ein Patient verschluckt (wahrscheinlich in selbstmör-
derischer Absicht) mehrere grosse und kleine Gegenstände, die zum Teil
röntgographisch nachgewiesen wurden. Patient verweigert die Operation. Eine
Tascbenmesa erklinge geht per rectum ab. Vier Stücke Eisendrabt kamen
mehrere Monate nach der Einnahme an verschiedenen Stellen des Abdomens
ZOT Perforation aus kleinen Abszessen. Keine Peritonitis. Zwei Löffelstiele
sind nach VI» Jahren noch im Magen.
Hartwell (5) beschreibt einen 45jährigen Mann, der in bewusstlosem
Zustande ins Krankenhaus gebracht wird. Anamnestisch ist tags darauf nur
coQ ihm zn erfahren, dass er seit drei Tagen an Schmerzen im Epigastrium,
Brechen und Konstipation leidet. Von einem vorausgegangenen Trauma will
Patient nichts wissen. Das Abdomen ist druckempfindlich, gespannt. Bei
Eröffnung des Abdomens findet sich in demselben eine grosse Menge blutig-
eitriger Flüssigkeit, femer bedeutende Kontusion des Mesenteriums ; zwei Ge-
fässe in demselben sind zerrissen und bluten noch leicht. An zwei Stellen
lies Jejnnums ist die äussere Darmwand durchgerissen, die Mukosa jedoch
noch intakt. Über diesen Stellen wird das Peritoneum vernäht, Ligatur der
Blutgefässe und Vernähen des Mesenteriums. Ein ca. 30 cm langer Teil des
Jejonams, welcher ebenfalls Kontusionen aufweist, wird nicht ezzidiert. Nach
Reinigung der Bauchhöhle wird dieselbe geschlossen und drainiert. N'ach Ver-
lauf einer Woche tritt in der Wunde eine Fäkalfistel auf ; der schlechte Zu-
stand des Patienten lässt jedoch eine Operation nicht zu.
Bald zeigen sich Symptome einer allgemeinen Sepsis. Ein grosser ab-
domineller Abszess in der Nähe der Wunde, andere in der Rektalgegend und
am Skrotom werden mit Erfolg behandelt, und der Znstand bessert sich
allmählich.
Zwei Monate später, nachdem in den letzten 14 Tagen nur rektale Er-
nährung vorgenommen worden war, wird zur zweiten Operation behufs Ver-
schluss der Fistel geschritten. Bei Eröffnung des Abdomens zeigt sich, dass
der Darm an dieser Stelle vollständig transversal durchtrennt ist, wobei das
proximale Ende mit der Wunde verwachsen ist, das distale, durch Adhäsionen
verschlossen in der Peritonealhöhle liegt. Die beiden Enden werden frei-
gelegt, angefrischt und vereinigt.
Bei Untersuchung des Darmes oberhalb dieser Stelle zeigt er sich in
einer Länge von ca. 10 cm verwachsen, die Wandung ist hier auf dem Punkte
vollständig zu nekrotisieren. Dieser sonderbare Zustand muss augenschein-
lich während mehr als zwei Monaten existiert haben.
Nach Ezzision der nekrotischen Stelle in einer Länge von ca. 12 cm,
Vereinigung der beiden Enden und Schluss der Banchwunde, tritt vollständige
Heilung ein.
47*
jAlitMberieht für Chirurgie. II. Teil.
Verf. macht auf die interessante Tatsache anfmerksam . dass das be-
igte Dannstück weder seine Zirkalation and Vitalität wieder erlangte,
knrze Zeit nach dem Unfall gangränös wurde, sondern dass ein pro-
ver nekrotischer Prozess eintrat, welcher früher oder später mit Gangrän
et hätte, wäre der erkrankte Teil nicht reseziert worden. ForcarL
Lavrence Jones (7). Es handelte sich in diesem Falle nm ein 16-
es Mädchen, welches zwei Tage vor seinem Spitaleintritt eine Haarnadel
dackt hatte. Flüssige Diät nnd Abführmittel hatten nicht den ge-
hten Erfolg. Bei der Eintrittsuntersnchung hatte Patientin keine
irzen, sondern nur leichte Dmckempfindlichkeit im rechten Hypochondrinm.
ir 1. DurchleQchttmg wurde die Nadel auf der rechten Seite, etwas oberhalb
abels gesehen, bei der Sf. und 3., welche 6 tind 10 Tage später vorge-
en wurden, ca. 7 cm links vom Nabel anscheinend im Colon descendens,
i festzustecken schien.
Erst 12 Tage nach dem Eintritt traten Schmerzen auf, welche sich in
ächsten Tagen verschlimmerten, so daas zur Operation geschritten wurde,
ergelben fand sich die Haarnadel im unteren Teil des Duodenums, wo
e Wandung durchstochen hatte. Sie wurde extrahiert, und die kleine
lg in der Darmwand vernäht. Drei Wochen später konnte Patientio
t entlassen werden.
Im Anschluss an diese Krankengeschichte macht Verf. darauf anfmerleani,
ts oft Fälle gibt, bei welchen die Röntgenuntersnchnng täuscht und zu
en Diagnosen Änlass gibt. Forcart.
Bei dem tod Latouche (8) beobachteten Falle von Milzruptur ergab
Intnntersuchung 18 Tage nach der Splenektomie eine Verminderung der
n Blutkörperchen, im spezieUen eine beträchtliche Verminderung der
1er Lymphozyten. Nach F4vrier soll die Milzruptur bei Kindern nicht
fährlich sein wie bei Erwachsenen. Die Mortalität der Splenektomie
,t ca. 50 °/o. Im vorliegenden Falle machte die Milzruptur sehr wenig
ome. Wenn der leiseste Verdacht auf eine Hämorrhagie in abdomine
iden ist, soll operiert werden. M. Reber.
Bejau (2j. Penetrierende Wunde des Bauches mit Vorfall eines Teiles
piploons und des Darmes. Stichwunde links über dem Nabel. Zwei
öcher und zwei serosa-muskuläre Wunden wurden genäht, eine Mensen-
ene unterbunden. Reposition. Bauchnaht. Operation nur unter Assisteni
Wärterin. Gute Heilung.
Apostolescu (1). Suicidium. Messerstich ins Epigastrium rechts von
[ittellinie. Isolierte Verletzung der Vena mesenterica interna. llnt«r-
ig. Heilung. Bei penetrierenden Baachwunden soll stets die Laparo-
gemacht werden.
D. Tumoren.
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schrift 1905. Nr. 16. p. 762.
K. Beck (6) Bchreibt über abdominale Scheingeschwülste hei
hysterischen Kindern zwei Fälle: I. ISjähriges Mädchen, hysterischer Habitus.
Epigastr. bis zum Xabel kugelig vorgewölbt. Tumor weichelastisch, druck-
empfindlich. Schall tympanitisch, Grösse wechselnd.
Diagnose: Scheingswulst beruhend auf verschluckter Luft
In Narkose lässt sich die Luft ausdrücken, worauf normale Verhältnisse.
Heilung der psychischen Alteration.
Q. 9jä)irige3 Mädchen, hysterischer Habitus. Abf^omen besonders im
Epigastrium stark getrieben. Überall tympanitischer Schall, druckempfindlich.
Grösse und Konsistenz wechselnd.
Diagnose wie im ersten Fall.
Behandlung und Verlauf wie im ersten Fall.
In beiden Fällen kam diese Geschwulst durch Verschlucken von Luft
zustande.
Andere Erklärungen sind: Hysterische Paralyee der Muskelwand des
Magens, Kontraktion der horizontalen Fasern des Transversus bei Kontraktion
des Zwerchfelles und Erschlaffung der übrigen Bauchmuskeln.
Hysterische Tympanie wird erklärt durch Spasmen der Dannmuskulatur
kombiniert mit Erschlaffung oder durch abnorm grossen Gasgehalt der
Jkhresbericht fOr Chimrgis. II. Teil
oder durch Übertritt von Lnft ans dem Magen wegeo Pylorosin-
nz.
iffentialdiagnoBtisch kommen eine Keihe Abdominalaffektionen
ächt.
herapie: psychisch.
Q Haod genauester Untersnchungen zweier kleiner Karzinome (eines
en- und eines weizenkomgrossen) kommt Mark wald (13) zn folgenden
m über Beginn und Wachstum der Darmkrebse:
en Ausgangspunkt bildet eine oder mehrere Zellen, die wahrscheinJich
aal sind. Aus unbekanntem Grunde vermehren sich diese Zellen
Teilung oder Sprossnt^ nnd wuchern in die Lymphspalten. Dann geht
ans des umliegenden Gewebes verloren, was zu Erweiterung der
und Blutgefässe führt mit Vei^rösserung der Endotbelien. Im Laufe
iteren Wachstums kann das Karzinom durch Druck das Zwischen-
zum Schwund bringen. Durch Verschleppung kleiner Geschwulst-
durch die Lymphbahnen können schon in nächster Nähe des pri-
Fumors Metastasen entstehen.
ie das Karzinom umgebenden Gewebe verbalten sich seinem Wachs-
egenüber vollständig passiv. Es ist keine Stromabildung vorhajiden.
n den seitlichen Teilen des Tumors gelegene Danndrüsen zeigen
ungsvorgänge.
arm drüsen Wucherung, Nekrose der Darmschleimhaut und Erweiterung
tgefässe sind für das Karzinom nicht charakteristisch. Sie kommen
lim Sarkom vor.
er Arbeit ist eine Tafel schöner mikrophotograpbischer Bilder bei-
oas (3) stellt sich die Frage, welche Aussichten bestehen für eine
iagnose der Intestinalkarzinome? Um erfolgreich die Karzi-
es Magendarmk anales angreifen zu können, fordern die Chimrgen eine
ühzeitige Diagnose. Dieser Frühdiagnose steht aber zweierlei im
Einmal ist es die Gleichgültigkeit der Patienten die erst lange Zeit
utreten der ersten Symptome den Arzt aufsuchen. Dias ist aber nicht
inige Grund; denn anch bei Magenkarzinom, die relativ früh nach
m der Symptome (25''/o innert der ersten ,drei Monaten) sich stellten,
ie Verhältnisse zur Operation ungünstig. Es kommt dies vom Latenz-
der Karzinome her. Es ist deshalb für eine Besserung der Früh-
i wenig Aussicht, da oft lange Zeit keinerlei Symptome bestehen,
auchet (14) berichtet über 21 Operationen wegen Dickdarm-
lom. 19. am Kolon und 2 am Cökum. Davon starben sechs. Es
ausgeführt sechs Resektionen mit End-zu-Endanastomose, sechs Resek-
mit seitlicher Anastomose, sieben Anastomosen ohne Resektion und
isschaltungen. Fünf wurden in einer Sitzung, 16 in zwei Sitzungen,
US praeternaturalis und drei Wochen später Resektion, operiert.
einer Sitzung sollen operiert werden die operablen Krebse ohne
rscbluss (Resektion, Enteroanostomose). Ist Darmverschluss da, so soll
Anus praeternaturalis angelegt und dann schon nach drei Wochen
äktion vorgenommen werden.
tr inoperable Tumoren ohne Darmverschluss rät Verf. zur einfachen
loee (nicht Ausschaltung), vorzüglich zur Ileosigmoidostomie und bei
Hsgeobkcb, VerletiDiigeii aod obirn^. EiiDkliMt«ii des DumM. 743
s«hr tiefem Sitz des KarziDoma znr neorektostomie vermittelst des
Morphyknopfes.
För inoperable Tumoren mit Darmverscblnss empfiehlt Paachet die
laterale Ileosigmoidostomie mit weiter Öffnong. Bei allza schlechtem All-
gemeinznstand macht der Verf. dem Cökalafter oder die Ileosigmoidostomie
mit Mnrphyknopf, was aber hier and da den Nachteil einer zu engen Öffnung
oAch sich zieht.
Demoutin {6) referiert über zwei von Savariand wegen inoperablen
Üickdarmkarzinoms ausgeführten Enteroanastomosen. In beiden Fällen
trat kurze Zeit, nachdem die Anastomose angelegt wnrde, eine Verengerang
derselben aaf. Die intraperitoneale Rektoenterostomie wird selten gemacht.
Verf. berichtet über verschiedene in der Literatur veröffentlichten Fälle von
Reiitoenterostomie. Die Anwendung des Murphyknopfes scheint Demonlin
gerechtfertigt wegen der Schwierigkeit der in der Tiefe anzulegenden Nähte.
Mit einer Enteroanastomose leben die Patienten im allgemeinen länger als
mit einem Anus praeternaturalis.
Eine Verengemng der Anastomose kann zustande kommen durch das
wachsende Neoplasma oder aber durch Narbenbildung. Von acht Rekto-
euterestomien waren sechs von Erfolg gekrönt, zwei Patienten starben; viermal
imrde mit fj-folg der Murphjrknopf angewendet. M. Heb er.
Plummer (27) beschreibt einen Fall von Carcinoma colloides des
Cüknms. 25 jährige Frau, bei welcher zwei Jahre zuvor die Appendikektomie
Toi^Dommen worden war, erkrankte wieder an Schmerzen in der rechten
Ileakalgegend, Brechen und Fieber. Bei der Untersuchung lässt sich eine
harte, mit der Banchwand nicht verwachsene, massig bewegliche Geschwulst
nachweisen. Bei der Laparotomie fand man einen dem Cökum aufsitzenden
Tumor, femer enthielt das Mesocolon ascendens mehrere vergrösserte Lymph-
drüsen. Fast das ganze Colon ascendens und sein Mesokolon wurden exzidiert,
die beiden Darmenden geschlossen und eine laterale Anastomose zwischen
Ueurn und Colon transversum hergestellt. Nach einer langdauemden Rekon-
valeszenz erholte sich Patientin vollständig.
Die Wandung des ezzidierten Cökums waren stark verdickt und ver-
bärtet, sein Lumen bedeutend verkleinert, nur für den kleinen Finger durch-
gängig. Mit dem Cökum verwachsen war eine kolloide Masse von der Grösse
and Form eines Hühnereies, und mehrere ähnliche Geschwülste von geringerer
Grösse. Forcart.
Cavaillon (4) spricht für die dreizeitige Operation der Dickdarm-
karzinome:
1. Cökalafter,
2. Resektion,
3. Schluss des Anus,
indem er die andereren kürzeren Methoden seiner Kritik unterwirft.
Im Anschluss an einen Fall von Darmokklnsion infolge eines Karzinoms
der Flexnra dextra coli bespricht Jaboulay (11) die Differentialdiagnose,
die Pathologie und die Therapie der Okklusionen. Er ist für dreizeit^e
Operation: 1. Cökalafter, 2. Resektion, 3. Schluss des Cökalafters.
Der Cökalafter hat vor der primären Resektion und Ausschaltung voraus
die Geringfügigkeit der Operation, die vollkommene Entleerung des Darmes
und die absolute Sauberkeit der Radikaloperation. Durch die Richtigstellung
4 JmhTesberieht fdr Chirurgie. II. TeiL
18 erkrankten Darmteiles werden manche Tamoren operabel, da die Knt-
mdnngserscheinuDgen zurückgehen.
Godet-Bossie (5) berichtet über einen Fall Ton stenosierendem
olonkarzinom. Am Colon asc. lagen 7 — 8 Debnnngsperforationen.
Ilgemeine Peritonitis.
Laparotomie. Toilette der Baachhöhle. Naht der Perforationeo. Anns
-aetematuralls coecalis.
Exitus am vierten Tage.
Branco (2) demonstriert ein bei einer 48 jährigen Frau wegen Darm-
irschluss operiertes Adenokarzinoms des S romanum. Patientin stirbt
n Tag nach der Operation. Die Etrikturierte Partie misst gute 2 cm in der
inge. Oberhalb der Struktur ist der Darm erweitert, nizeriert. Der Über-
iDg des krebsigen Gewebes zu dem unterhalb der Struktur liegenden gesunden
armabscbnitt ist ein plötzlicher.
Branco zeigt ferner ein (ebenfalls durch Souligoux operiertes) Adeno-
irzinom, aus dem unteren Teil des Dünndarmes eines 50 jährigen Mannes
ammend. Im kleinen Becken war etwas Ascites. In der \acht nach der
peratioD stirbt Patient infolge einer heftigen Darmblutung. Auch hier war
ne harte, zylindrische Struktur vorbanden. Verf. zieht infolge der histo-
gischen Untersuchung in Erwägung, dass es sich im Torliegenden Falle um
n primäres Epitheliom des Dünndarmes handeln könnte. Weil keine
ntopsie gemacht werden konnte, mnss diese Frage nnentschieden bleiben.
M. Reber.
Souligoax (23) beschreibt zwei Fälle von Ileocökalresektion.
Im ersten Fall Resektion des Ileocökalabschnittes wegen Karzinom
m einem Medianschuitt ans mit Durchquetschnng des Darmes und Anasto-
osis ileo-sigmoidea. Beckenhochlagerung.
Im zweiten Falle Resektion des Ileocökalabschnittes wegen Tnberku-
>se von einem Seitenscbnitt aus mit Durchquetschong und seitlicher Ana-
omose zwischen Ilenm und Colon asceudens und nachheriger Fixation des
etzes auf die Naht.
In der Kritik spricht sich Ghapnt gegen die mediane Inzision and
tgen die Beckenhochlagerung aus bei Cökaltumoren, femer gegen die Quetsch-
ethode, da der Darm einreissen könne.
Den einen Vorteil, Ligatur en masse, hat Souligoux nicht benutzt,
indem in zwei Etagen genäht, nnd den anderen Vorteil der geringeren
lutung schätzt Chaput nicht hoch. (Der Bauptvorteil der Quetschmethode
t doch wohl die durch die geschlossene Dnrchtrennung des Darmes garan-
erte Asepsis. Ref.)
Die seitliche Anastomose wird approbiert. Doch gibt Chaput der Ana-
omose zwischen Ilenm und Colon ascendens den Vorzug gegenüber der
nastomosis ileo-sigmoidea. Ferner spricht er sich zugunsten der zweizeitigen
peration ans.
Der Anheftung des Netzes misst Chaput nicht viel Bedeutung bei.
ßeuterskiöld (19) schreibt über primäres Lyropbosarcoma des
ünndarmes.
Ein II jähriger Knabe wurde wegen ileumartiger Beschwerden operiert,
n der Valvula Bauchini wurde ein Tumor von der Grösse eines Apfels ge-
inden und durch Darmreaektion entfernt. Der Tumor war ein von der Sub-
Hag«nbach. Verletzongaii und ehiro^. EraiiUi«iteD iea D&rmM. 715
mokosa aosgehendes Lymphosarkom. Eine Kasuistik von 15 derartigen Fälleo
»ird mitgeteilt. Hj. von Bonsdorff.
V. Vereb41y (25) veröffentlicht die Kranken- und SektionsprotokoUe
^ier Dünndarmsarkome, die er auf Prof. von R^creys Klinik beob-
achtete. Zwei waren Männer, der dritte Fall betraf eine Fran; das Alter
der Kranken betrug 28, 43 und Ö2 Jahre. Der Sitz der Geschwulst war
zweimal das Duodenum, einmal war das Sarkom multipler und betraf den
Magen und den Anfang des Jejnnnma. Zu einer Radikaloperation war keiner
der Fälle geeignet. Mikroskopisch erwies sich die Geschwulst stets als Rund-
zellensarkom.
In der Epikrise gibt v. Vereböly seiner Meinung Ausdruck, dass Darm-
sarkome durch Infiltration der Darmwand nach einer gewissen Zeit zu einer
Dannlähmong geringeren oder grösseren Grades führen, welches Faktum bei
der klinischen Diagnose in Betracht gezogen zu werden verdient.
Gergö (Budapest).
Füller (9) beschreibt eine grosse Cbylus-Zyste im Abdomen.
30jähriger Mann leidet seit 4 Jahren an Schmerzen im Abdomen. Bauch
aufgetrieben. Ausser einer kleinen tympanitisch klingenden Stelle unterhalb
der Leber überall Dämpfung, deren Grenzen sich bei Lageveränderung nicht
verschieben. — Operation: Laparotomieschnitt in der Mittellinie zwischen
Xabel tmd Symphyse. Nach Durchtrennung des Peritoneums liegt ein weicher
Tumor vor, welcher sich vom kleinen Becken bis dicht unter die Leber
erstreckt. Nach Durchschneidung seiner Wandung entleert sich eine grosse
Jlenge milchiger Chylusäüssigkeit. Die Wandung igt adhärent am Colon
ascendens, nahe der Appendix und dem Colon transversum, wo eine Art
Stiel auf das Mesokolon übergreift. An dieser Stelle befindet sich ein
knolliger Tumor von Orangengrösse, welcher eine entzündete Lymphdrüse zu
sein scheint. Entfernung dieser Drüse, sowie der Zystenwandong. Ausspülen
des Abdomens mit Kochsalzlösung. Schluss der Wunde. Heilung. — Über
Art und Entstehung der Zyste kann nichts Genaues angegeben werden.
Forcart.
Hartmann (10) operierte eine 36jährige Fran wegen eines Tumors
unterhalb der Leber. Nach Eröffnung des Abdomens fand er eine vom Netz
bedeckte Zyste, rechts unterhalb der grossen Kurvatur des Magens über
dem Colon transversum. Durch Punktion wurde 1 Liter Flüssigkeit entleert.
Inzision der Zyste, Einnähen der Inzisionsränder in die Bauchwand, Drai-
nage. Nach zirka 5 Wochen vollständige Heilung. Die histologische Unter-
suchung lehrte, dass es sich um eine Zyste des Mesokolons handelte.
M. Reber.
Stori (21) gibt eine Zusammenstellung der in der Literatur beobach-
teten Gaszysten. Es war in 2 Fällen der Magen, in 11 Fällen der Darm,
in 1 Fall der Magen und der Darm, in 1 Fall der Darm und die Scheide,
26 mal die Scheide, 2 mal die Blase und 1 mal das Ligamentum hepato-gastricum
befallen.
Verf. hat seibat zwei Fälle beobachtet Im einen war das Lig. hepato-
gastricum und im anderen die Pericökalgegend befallen.
Makroskopisch sah man eine gräuliche, gelappte Masse, die sonor-
tympanitischen Schall gab und auf Druck knisterte. Die einzelnen Fächer
Bind Stecknadel- bis haselnnsagross, mit dünner durchsichtiger Wand. Unter
Wasser lässt sich ein geruchloses nicht entzündliches Gas ausdrücken.
Jahnsbaricbt fOr Cbinirgi«. IL Teil
Mikroskopisch sind diese Bäume begrenzt durch längsgestellte Zellen
mdothelialem Charakter, eo dass das Ganze das Aussehen einer Lymph-
ktasie hatte.
Ans dem Gas gelang es, gasbildende Bakterien zu züchten.
Eb kann angenommen werden, daes durch Bnptnr eines Chylusgefasses
lakterien eingedrungen sind.
In der Vagina sind die Gaszysten viel häubger.
Der in dem einen der beiden Fälle isolierte Coccns war in Kettenform
irdnet, war leicht nach Ziebl, nach Gram hingegen nicht färbbar. In
mlicher Bouillon wächst er unter Gasbildung. Gelatine wird nicht ver-
Kt.
Die weisse Ratte und das Meerschweinchen ertra{;en ihn gut.
Wiener (27j beschreibt einen Fall, in dem ein Kottumor für ein
m gehalten wurde.
Ein harter Tumor im hinteren Scbeidengewölbe wird für ein Fibrom
echten Ovarium resp. ein gestieltes Myom der hinteren Utemswand ge-
1. Bei der Untersuchung kurz vor der Operation wurde Verf. durch
liedene neue Symptome auf die richtige Diagnose, Kottumor im Rektum,
cht und so die Fat. »or einem unnötigen operativen Eingriff bewahrt.
rät deshalb stets, vor einer Operation womöglich in Narkose nochmals
itersuchen, auch wenn man der Sache noch so sicher ist. Der Kotballen
) wie üblich entfernt.
Pozzi (18j berichtet über einen Fall von Kottumor im S rom. Von
a fühlte man einen holzharten Tumor, der sich vom Nabel bis ins kleine
in erstreckte ; er war nur seitlich zu verschieben. Ohne sichere Diagnose
I laparotomiert und es stellte sich der wahre Sachverbi^t heraus. Pozzi
be eine 13 cm lange Inzision der Darmwand, durch welche der stein-
Tumor entfernt wurde. Naht der Darmwand und wegen der enormen
btion Faltung des B rom.
Glatte Heilung. Verf. verweist auf eine ausführliche Äbhandiang über
Thema von Lejars (Semaine med. 1904. pag. 419 — 421).
Funkenstein (7) beschreibt einen Fall von Polyposis intestinalis
'4jährigem Mädchen. Krankheitsdauer ca. zwei Jahre; die Diagnose
nkte zwischen perniziöser Anämie, Chlorose, Darmtuberkulose, später
wegen auffälliger Tibiaverziehungen. Eine Zeitlaug schien der Nach-
von Flagellaten und Amöben in den Stühlen Klarheit zu schaffen. Der
i erfolgte unter eigentümlichen zerebralen Symptomen. — Die Polyposis,
ihr ausgeprägt war, fand sich im laugen Dickdarm bis in das Bektum,
dem vereinzelte Polypen im Dickdarm und Magen.
Die mikroskopische Untersuchung wies neben der Polypose entzündliche
derungen nach, die als sekundär aufgefasst werden. Protozoen vnirden
gefunden; ihr Vorkommen intra vitam ist rein zufällig.
Das Vorkommen der Polypen auch in den oberen Darmabschnitten gehört
usnahme (noch drei Falle aus der Literatur). Häufig kombiniert sich
ilypose mit Karzinom.
Das Leiden ist häufig heriditär, öfters noch familiär, so dass man eine
areue Disposition, wenn nicht sogar Angeborensein annimmt. Svmptome:
scher progredienter Darmkatarrh mit Blnt- und Schleimdiarrhöen mit
ecbenden Allgemeinstörungen. Häufig Prolapse der Bektalschleimhant,
Hagenbteh, VerletEnngen nnd chinirg. KrKnkheit«ii des Dannes. 747
«eiche dann die Diagnose ermöglichen. Am ehesten wird letztere durch die
Mikroskopie ermöglicht.
Von chirurgischen Eingriffen hat sich für die Therapie in einem Falle
ein Anus praetematoralis noch am besten bewährt. A. UüUer.
F. W. Forhes-Ross {8) schreibt Qber einen malignen Tnmor im
rechten Hypochondriam. Söjährige Patientin leidet an allgemeiner Abmage-
mng und Anämie. Klagt über reissende Schmerzen in der rechten Lendengegend,
die nach der Eiakalgegend ansstrahleD. Palpation des Abdomens ergibt
einen nnr^elmässigen, harten Tumor von der Grösse einer Kokosnuss im
rechten Hypochondrium ; derselbe ist sehr bew^lich und kann bis zur Mittel-
linie vorgeschoben werden. Diagnose : Maligne Geschwulst der rechten Niere.
Xacb Inzision in der rechten Lendengegend zeigt sich, dass die rechte Niere
iich nicht in ihrer normalen Lage befindet, sondern abwärts nach dem Becken-
rand verschoben ist.
Augenscheinlich befindet sich der Tumor in der Abdominslhöhle , des-
halb Ausstopfen der Wände mit Gaze und Eröffnung des Abdomens in der
redten Linea semilunaris. Es zeigt sich nun, dass die vordere Oberfläche
des rechten and eines Teiles des linken Leberlappens mit der Bancbwand
verwachsen ist, ebenso ist die Flezura hepatica des Kolon an dem Band
<md der äusseren Fläche des rechten Leberlappens und der vorderen Banch-
wand adhärent. Nach sorgfältiger Lösong der Adhäsionen zeigt sich, dass
die Geschwulst von der unteren Fläche des rechten Leberlappens ausgeht
und daselbst durch einen breiten, weichen Stiel von Lebergewebe befestigt
ist Die Leber ist weich, gallertartig. Der rechte Leberlappen wird nun
Torgezi^n, um den Tumor mit dem Gatvanokauter zu entfernen, aber da
die Erkrankung den ganzen Leberrand und auch die Verbindungsstelle mit
der Vena Cava einnimmt, wird vorgezogen, die Exzision nicht vorzunehmen.
— Die genaue Untersnchang ergibt, dass man es mit einer spezifischen Ge-
schwulst zu tun hat, ferner, dass die übrige Bauchhöhle frei ist von malignen
Tumoren. Schluss des Abdomens und der Inzision in der Lendengegend.
Heilung der Wunden p. p.
Es werden nun rektale Irrigationen mit Jodkalilösung voi^enommen,
femer werden Quecksilberpräparate gegeben und es zeigt sich nun, dass der
Tnmor rasch zurückgeht. Bei der Entlassung der Fat. hat er nur noch die
Grösse eines kleinen Eies. Forcart.
B. Entzündangen, Geschv&re, Strikturen, Divertikel, Perforation.
1. Kolitis, Sigmoiditis.
1. Elanar, Über Colitis mucoia (Enteritis interbranchea) und Colica macoss. Deutsohe
med. Wochenachr. 1905. Nr. 38.
3. Helber, Ober Sigmoidttia chronica grannlosa. HOnchen. med. WocbenBcbr. 1905.
Mr. 11.
i. Hutchinson, Th« valne of the vermifoni) appendix. Brit. med. jonm. 13. V. 1905.
i. JoDrneanlt, Angor ventris etc. Arch. gdn. de ni4d. 1905. Nr. 1.
h. Kokoris, Ober akute primSre Solitia. Wiener klin. Wochenschrift 1905. Nr. 20.
i. Ilathien, La colite mnco-membraneuse. Gaz. des HSp. 1905. Nr. 12».
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16. White, 60 caaea of membranous colitia. Laneet 1905. Oct. 23.
Von Kolitis kommen für einen chirurgischen Eingriff nach Paachet
und Priear (8) in Betracht die mnko-membranösen and die ulzerösen Formen.
Ä. Colitis muco-membranacea. Ihre Hanptsjmptome sind Konstipation,
Bauchschmerzen und Abgehen von amorphem Schleim oder von schleimigen
Membranen. Das Abdomen ist bald gespannt, anfgetrieben, bald veich. Hän£g
geben Hand in Hand mit der Kolitis Gaetropathien, viszerale Ptosen, LithiasLs
intestinalis, chronische Appentizitiden, Affektionen des Utems und der Adnexe.
Darmblutungen, Darmverschlnss und Peritonitis.
Die Kolitis wird hervorgerufen durch Überernährung mit Fleisch, durch
nervöse Uberbürdung. Sie ist häufiger bei Frauen. Gastrointestinale Dys-
pepsien gehen fast immer voraus.
B. Colitis ulcerosa. Dieselbe wird verursacht durch Ulcns simplex, durch
Dysenterie und durch Tuberkulose. Cb&rakterietiBche Symptome sind Eiter-
und Blutabgang, sowie Bildung von Narbenstenosen.
C. Therapie. Chirurgischer Eingriff ist inzidiert bei schweren Fällen,
wenn interne Behandlung versagt. Das kranke Kolon wird ausser Funktioa
gesetzt durch einen cökalen Anns oder durch eine Deosigmoidostomie; laterale
Anastomose. Der Anas praeternaturalis wird geschlossen, wenn die Kolitis
al^eheilt ist. .Die Resultate der cbirurgischen Kolitisbehandlung sind gute.
M. Beber.
Eisner (1) glaubt, dass der Aasdruck Enteritis membranacea
meist für Fälle von einfachem Dickdarmkatarrb mit Scbleimabsondemng ge-
braucht wird, während er richtiger — auch im Sinne des ersten Beschreibers,
Leyden, — für dasjenige Krankheitsbild zu verwenden wäre, das sonst als
Colica mucosa oder, weil oft ohne Koliken verlaufend, als Myxoneorose
(Ewald) bezeichnet wird. Die letztere Krankheitsform ist ein begrenzbarer
Typus, bei der zwar meistens enteritische Prozesse nachweislich sind, von
denen nicht mit Sicherheit anzusehen ist, ob sie akzidentell oder ätiologiecfa
von Bedeutung sind. Immer aber kommen nervöse Momente in Betracht.
welche neben allgemeinen Symptomen zu Darmspasmen führen und damit die
Koiikanfälle verständlich machen. Auch die Hypersekretion von Schleim wird
allerdings nur hypothetisch , auf nervöse Einflüsse bezogen, kann aber wabr-
scheinlich doch nur als katarrhalisch erkrankter Darm zustande kommen.
A. Müller.
Kokoris (5) beschreibt einen Fall von akuter primärer Kolitis.
14jShrige Pntientin erkrankt nnter den Symptomen der Perityphlitis. Troli Oj*-
tatioo Exitus. Bei der Obdoktion finden aich Blatgerinnsel im Innern des Colon aBceodeoi
und ein der Perforation ouhe befindliches OeBchwQr.
White (26) bespricht 60 Fälle von Colitis membranacea mit haupt-
sächlicher Berücksichtigung der Endresultate. Von den 60 Fällen sind 51
Frauen. Die Krankheit tritt am meisten zwischen dem 30. und 40. Lebens-
Hsgenbftcli, VwletEDngen und chinirg. Ersnkhtiteii des Darmea. 749
jähre auf. Nach dem 50. Jahre ist sie gewöhnlich mit malignen Tumoren
des Darmes kompliziert. Selten endet die Krankheit tödlich. Von den be-
sprochenen Fällen starben 9, 50 */(i wurden geheilt, 10 — 12°/« gebessert, 37 "/o
konnten nicht gebessert werden. Bei einigen Fällen konnte Darmaand im
Stuhl nachgewiesen werden, welcher hauptsächlich aus Ealzinmphosphat und
Kalziumoxalat bestand. Die klinischen Symptome bestehen in heftigen Leib-
schmerzen, Appetitmangel nnd Abmagenmg. Verf. siebt die Krankheit als
eine Nenrose an, da die meisten Patienten Neorastheniker sind. Bei den
Aktionen sind keine entzündlichen Veränderungen der Darmwand nachzu-
weisen. Die Therapie hat hauptsächlich für Entleenmg des Dickdarmes zu
sorgen; am besten eignet sich dazu eine längere Kur mit Rizinusöl, Mag-
nesinmsolfat, oder Kalomel Auch Darmirrigationen mit warmem Wasser sind
zu empfehlen. In schweren Fällen muas rechtsseitige Kolotomie vorgenommen
werden. Forcart.
Summers (15) bespricht zuerst die verschiedenen Arten der Kolitis.
Er unterscheidet 1. Chronische primäre Kolitis. 2. Chronische primäre mem-
branöse Kolitis. 3. Ulzerative Kolitis. Hierauf werden verschiedene Theorien
über die Entstehung derselben erwähnt, wobei neuere physiologische Unter-
snchangen und Beobachtungen der Darmperistaltik mit Röntgenstrahlen be-
sprochen werden.
Was die Operationen anbelangt, handelt es sich hauptsächhch um Kolo-
stomie und Enteroanastomosen behufs Exklusion des erkrankten Teiles. Zum
Schloss bespricht Verf. noch einige seihst operierte Fälle. Forcart.
Hutchinson (3) empfiehlt bei Kolitis die Appendikostomie vorzu-
□ehmen und bringt die Krankengeschichte eines Falles, bei welchem durch
diese Operation vollständige Heilung eingetreten ist.
Schütz (11) berichtet über sieben klinisch beobachtete Fälle von Kolitis
nnd Sigmoiditis. Man fühlt das Colon descendens nnd die Flexur als
dicken, derben Wulst, der mehr oder weniger intensiv druckempfindlich ist.
Vom Karzinom unterscheidet sich die Kolitis dnrch die lange Ausdebntmg
des starren Wulstes und vom Kolonspasmus durch die Dicke des Wulstes.
Wesen nnd Ätiologie der Krankheit bedarf noch der Aufklärung. Mit
Lues und Tuberkulose hat sie nichts zu tun.
Eine Rückbildung des Prozesses ist bis zu einem gewissen Grade mög-
lich. Jedenfalls können sich die Stuhlverhältnisse bessern. Als Therapie
empfiehlt Schütz diverse Bäder, Fango, bei Verstopfung Öleinläufe and bei
Diarrhöen Bismatoee 15 g täglich.
Rosenheim (10) berichtet über Sigmoiditis.
Das S rom. kann in seltenen Fällen für sich allein Sitz akuter chroni-
scher Entzündung sein. Häufiger tritt die Entzündung als Teilerscheinnng
einer diffusen Kolitis auf oder sie ist aus dem Rektum ansteigend. Klinisch
tritt sie unter Tumorbildung in die Erscheinung und kann zu Peritonitis,
Abszessbildnng und Striktur führen.
Die schweren Erscheinungen können akut auftreten oder am Ende eines
chronischen Leidens. Zur Untersuchung ist das Romanoskop zn empfehlen.
Helber (2) gibt einen ausführlichen Bericht einer Krankengeschichte
eines Falles von Sigmoiditis granulosa. Die Symptome waren in erster
Linie Blutungen in kürzeren und längeren Intervallen, dann Schleimbildung
in Form grösserer Beläge, dann Spasmen der Darmwand; aber ohne Tenesmus.
JahTMbericbt für Cliirnrgio. II, Teil.
Die Untersuchnng wurde zu mehreren Malen mit dem Romanoskop vor-
iman. Die Veränderungen, bestehend in Granuliening, Hyperämie, Erosion
jockerung der Schleimhaut beginnen ca. 10 cm über dem Sphinkter und
m in einer Höhe von 25 — 32 cm. Die Therapie, Argentnm nitricum-
gen wnrden direkt mit dem Romanoskop ausgeführt; ansserdem wurde
1 gegen die Spasmen per oa gegeben, die Koprostase wurde mit Wasser-
ren bekämpft, femer wnrden hohe */i — IVoige Tannineinlänfe ange-
it. Der Erfolg war Sistieren der Blutungen und Herstellung des Allge-
efindens. Diagnose und Therapie waren in diesem Falle nur dank des
Qoskopes möglich.
Stranas (14) demonstriert im Verein für innere Medizin in Berlin ein
rat einer isolierten Sigmoiditis haemorrhsgica graonlosa
, verbunden mit perisigmoidalem Abszess. Verlauf durch 11 Jahre mit
lischen Koliken und stetig schleimigen Stühlen bei 21 jährigem Maim. Tod
ritonitis. A. Müller.
Tourneault (4) beschreibt zwei Fälle -von Kolitis mucomem-
acea, in denen plötzlicher Tod nntcr Synkope eintritt. Verf. fragt sich,
I Analogen zum Angor pectoris auch ein Angor ventris existiere.
Beide Fälle blieben unseziert.
2. Tnberkulose, Syphilis.
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Notes (17). Übersicht über die klinischen Formen der Intestinaltnber-
kolose.
1. Akute Tuberkulose.
2. Chronische Tuberkulose.
A. Des Dünndarmes:
a) tuberkulöse Enteritis;
b) tuberkulöse Stenosen.
B. Des Dickdarmes: Tuberculoma hypertrophicum (Caeci).
Im Anschluss an die gewöhnlichen Formen folgen noch einige seltenere.
Breie t (3) bespricht die verschiedenen Formen der Danntuberknlose,
namentlich bezüglich ihrer klinischen Erscheinungen:
I. Granulierende Tuberkulose. Ihre Symptome erinnern an Menin-
gitis oder Typhus ; doch unterscheidet sie sich gegen erstere durch fast stets vor-
handene Tympanie, gegen letztere durch weniger allgemeine Störung, nament-
lich durch die grauschwärzliche Farbe der Stühle und durch die Temperatur-
kurve.
n. ulzeröse Tuberkulose = Enteritis tuberculosa. Häufigste
Form. Kann in seltenen Fällen latent verlaufen.
Diagnose in typischen Fällen unschwer. Es kommen aber Abweichungen
vom Typus vor, wonach verschiedene Typen unterschieden werden können.
Form mit abnormem Beginn im Anschluss an Thyphus oder Cholera.
Koprostatische Form, wobei intensive Verstopfung.
Hämorrhagische Form, gekennzeichnet durch profuse Blutungen.
Perforative Form, die zu zirkumskripter Peritonitis oder Perforation
von Darm zu Darm oder zu allgemeiner Peritonitis fuhren kann.
Narbig-stenosierende Form tritt selten auf und hat Stenosen-
symptome.
Entero-mesenterialo Form, mit wenig spezifischen Symptomen,
nur hier nnd da sind Drusen fühlbar.
Ileo-cökale Form, mit Ulzerationen im Ileocökalabschnitt. Es be>
steht Neigung zu Abszess- und Fistelbildnng.
Appendizitische Form, Appendizitistnberkniose, entweder als kalter
cokaler Abszess oder als eigentliche Perityphlitis mit Peritonealreizung.
Dysenterische Form, mit Sitz im Dickdarm. Hauptsymptom Rektal-
tenesmus mit profusen Diarrhöen.
Rektale Form, bietet wenig klinisches Interesse.
HI. Fibrös-hypertrophische Tuberkulose. Hypertrophie, Skle-
rose und Stenosierung sind Hauptmerkmale. Sie tritt in drei Arten auf:
1. Als tuberkulöse Stenose des Dünndarmes.
3. Als Tuberculoma bypertrophicum des Cökum. Dies ist dia-
gaostjzierbar aus der allmählichen Entstehung nnd aus dem oft fühlbaren
Tomor. Dieser gibt Veranlassung zur Verwechselung mit Leberkarzinom,
Hydronephrose und Wandemiere. Am schwersten zu differenzieren ist diese
Form von Karzinom des Cökum.
J&hreebaricht f&r Chirorgie. II. Teil.
3. Als tuberkulöse Rektalstriktnren. Der B^inn ist Entzfin-
ig des Rektum, heftiger Tenesmns, allmähliche Stenosierung, Abazess- und
itelbildong.
Paraproktische Abszesse nnd Anaifisteln sind fast immer tuberkulöser
tur.
Berard und Patel (2) geben eine Übersicht über klinische Formen
i ihre chirurgischen Behandlungsmethoden der Inteetinaltuberknlose.
e Ansichten werden mit mehreren kasuistischen Mitteilungen belegt. Im
izen huldigen die Verf. den üblichen Prinzipien.
Muscatello (8a) teilt die Krankengeschichte eines 5V> jährigen Mäd-
ms ohne tuberkulöse, erbliche Belastung mit, welches seit dem Alter von
hs Monaten an D a r m beschwerden litt (hartnäckige Verstopfung, Schmeraeo,
tleernng von Askariden) und bei dem sich nach einer progressiven Ver-
Jimmerung Erscheinungen von vollständiger Darmokklusion kund gaben,
i der Operation fanden sich multiple tnberknlöse Narben, wovon sechs
nosierend, zum Teil ringförmig; ausserdem aszitische Peritonealtaberlnilose.
i vollständige Okklusion war dnrch eine Gruppe von Askariden hervorge-
icbt, welche das Darmlumen ovalwärts von der ersten Stenose verlegten.
sh der Enterostomia iliaca und der Digitaldilatation der ersten Stenose,
Iche die schwerste war, wurde der Kotgang wiederhergestellt: nach einem
eiten EingriEF, bei dem die Darmfistel verschlossen wurde, trat Heilung ein.
£ Mädchen war 1^/« Jahr nach der Operation von bestem AllgemeinbefindeD
d zeigte keinerlei Beschwerden mehr.
Nach Hinweis auf die äusserste Seltenheit der multiplen tuberkulösen
rmstenosen bei Kindern fügt Verf. einige Betrachtungen über die Therapie
rselben hinzu und vor allem in bezug auf die in dem von ihm erläuterten
lle in Anwendung gebrachte Behandlung. R. Giani.
Wieting (15) verbreitet sich auf Grund seiner Erfahrungen in Kon-
^ntinopel über tuberkulöse Darmstrikturen. Dieselben beruhen nach
ner Auffassung nicht auf NarbenGchrumpfung bei Heilung von Geschwüreo,
idem, speziell beim Dünndarm auf einer schwielig hypertrophischen und
rahierenden Verdickung der Submukosa. Geschwüre können fehlen oder
tnndär vorhanden sein. Die Einwanderung der Bazillen erfolgt auf dem
mphwege, meist durch die Follikel und Plaques. Meist bleibt der Prozess
schränkt. Häufig finden sieb polypöse Verdickungen der Schleimhaut, die
8 Darmlumen verlegen können. Beim tuberkulösen Pseudotumor der Ileo-
{algegend sind dieselben Prozesse kombiniert mit Verwachsungen, speziell
t dem Netz, ferner Fettansammlungen nnd LymphdrUsenschwellungen be-
iigt. In der Schleimhaut finden sich hier neben Wuchemngen meist aacb
ischwüre. Diese chronischen stenosierenden Tuberkulosen sind meist pri-
Ire Lokal isationen. Für die Infektion kommt die Verbreitung von MenEch
Mensch, sowie durch die Nahrungsmittel, infolge der Landessitten nameut'
b in Betracht. Wieting bespricht ausserdem andersartige Stenosen, wie
mphosarkom, Adenokarzinom nach Tuberkulose, Striktnr nach Stichver-
zung des Darms, dysenterische Narben mit krebsiger Entartmig, syphilitische
armverengerung, A. Müller.
Wagener (16) hat vom 1. Oktober 1903 bis 1. Oktober 1904 das
ktionsmaterial des Krankenhauses Bethanien speziell auf die Frage nach
luligkeit der primären Tuberkuioeeinfektion durch den Darm ge-
Ift und sucht den Beweis za liefern, dass primäre Darm- nnd Mesenterial-
HAgenbftcfa, TerietEimgeii und cbimrg- Kruikfaeiteii des Darmea. 753
drösenveränderniigen, die als tnberknlös zu bezeichnen sind, sich häufig uach-
veisen lassen. Er fand unter 410 Sektionen 20 derartige Fälle. Er unter-
scheidet folgende Typen : 1 . kollerte tuberkulöse Darmerkrankung ohne
Veräcdemng der Mesenterialdritsen. 2. Isolierte Erkrankung der Mesenterial-
drüsen. 3, Tuberkulöse Darmgeschwüre mit gleichzeitiger Erkrankung der
betreffenden Drüsen. Einige Fälle illustrieren die Möglichkeit einer Doppel-
infektion, selbst in Form einer primären Darmtuberkulose.
Im G^ensatz zu anderen Autoren, die scheinbar auf andere Resultate
bitmen, ist nach Wagener die primäre Darmtuberkulose in Berlin häufig,
nämlich in 4,3 "/o der Sektionen, rrsp. in 16,4''/o bis zum 15. Lebensjahr.
.Umliche Zahlen hat Wagener auch für Kiel gefunden, ausgenommen für
Kinder, wo sie für Kiel hoher sind. A. Müller.
Edens (G) hat die Untersuchungen Wageners auf primäre Darm-
tnberknlose durch Verarbeitung der Sektionen von Bethanien vom Oktober
1904 bis Oktober 1905 for^esetzt, um festzustellen, ob die Differenzen
Wageners von anderen Autoren nicht vielleicht zufälliger Natur gewesen
s«in könnten. Er hat in 491 Obduktionen öif/o primäre Darmtuberkulosen,
für das Alter von 1 — lÖ Jahren 12''/o gefunden, so dass seine Zahlen fast mit
denen von Wagener übereinstimmen. Sechs Zusammenstellungen ergeben,
dass bei Kindern die primären Darmtuberkulosen in Berlin wesentlich seltener
sind als in Kiel.
Auf Gmnd des Materials Erörterung einer Beihe weiterer Detailfragen.
A. Müller.
Hall und Simpson (7) berichten über einen Fall von anscheinend
primärer Darmtuberkulose. Der 21jährige Patient litt während etwa
2''i Jahren an Lymphdrüsenschwellungen am Hals, in den Achselhöhlen und
fiihlbarer Vergrösserung der Mesenterialdrüsen, so dass Verdacht auf Leukämie
bestand, den aber die Blutuntersuchung nicht bestätigte, Durch einen Unfall
erlitt Patient eine Darmruptor und kam zur Sektion. Dieselbe ergab eine
strikturierende, hyperplastische Tuberkulose im Göknm und etwa handbreit
oberhalb im Colon ascendens. Beide Stenosen haben im Leben keine Erschei-
Dungen gemacht. Die schon intra vitam gefühlten Drüsen verkäst. Weitere
Lokalisationen, besonders Lungenherde fehlen. Verff. halten deshalb den Fall
für eine primäre Darminfektion. A. Muller.
Fürst (6a) empfiehlt Ichthalbin zur Behandlung der Darmtuber-
kulose, indem er ihm folgende Eigenschaften nachrühmt:
1. Obwohl nicht bakterizid, beeinflusst es die erreichbaren pathogenen
Keime hemmend;
2. der Abheilungs- und Vernarbungsprozess wird begünstigt;
3. es wirkt entzündungswidrig und roborierend;
4. es bessert ziemlich rasch die peinlichsten Symptome (bakterielle
Diarrhöen; Meteorismns, Koliken);
ö. es hebt Appetit, Ernährungszustand und Widerstandskraft.
Das Präparat wird bei Kindern dreimal ä 0,5 gegeben, bei Erwachsenen
dreimal 1,0 oder eine Messerspitze vor dem Essen.
Als Beleg sind fünf Krankengeschichten angeführt.
Pasel (10) macht bei ausgedehnter Dünndarmtuberkulose eine
Anastomosis ileosigmoidea. Es treten heftige Diarrhöen auf. Patient stirbt
nach drei Monaten.
Jlhnab«ielit fSr Obinrgla IKS. 48
754 Jahresberioht Kr Chirnrgie. 11. Tai].
RoQz, Depsge et Pinchart, DfimonliB (12) über Ileocökal-
tnberkulose. Ronx gibt ein Bild der Ileocökaltuberkiilose. Er
anterscheidet zwei Formen. Erstens die nlzeröse Form, welche mit den
klinischen Symptomen der Enteritis verlänft, und zweitens die pseado-neo-
plastische Form; charakterisiert durch tnberkalöse Infiltration, Xarbenbildong,
Pseudolipom- und Tumorbildnng. Die Darmresektion gibt bei der letztem
I'orm 80% Erfolg. Als Palliativoperation kommt die Ileokolostomie in be-
tracht. Depage nndPinchart machen fiir die hypertrophische Form noch
auf die Anwesenheit von anfallsweise auftretenden Schmerzen aufmerksam.
Differential diagnostisch kommen in Betracht: Karzinom, Aktinomykose und
chronische Appendizitis. Grosse Schmerzen sprechen für Tuberkulose, fühl-
bare Supraklavikulardrüsen für Karzinom. Bei Aktinomjces können die
typischen Drüsen in den Fäzes gefunden werden. Die Schmerzanfälle bei
Appendizitis sind heftiger, akuter als bei Tuberkulose.
Demonlin unterscheidet noch eine dritte Form. Diese enteropehto-
neale Form ist charakterisiert durch tiefe Ulzeration mit Propagatioo in das
snbperitoneale und peritoneale Gewebe. Es bilden sich mit dem Becken
verwachsende Tumoren. Bei der hypertrophischen Form ist differential-
diagnostisch auch an Lymphadenitiden, bei der enteroperitonealen Form an
Adnextnberkulose zu denken. In seltenen Fallen soll von der Appendix ans
die Tuberkulose sekundär auf das Cökum übergehen. M. Reber.
Rontier (U) erinnert zunächst an einen Fall, bei dem er sich des
Murpbyknopfes bediente; der Patient starb, bei der Sektion zeigte es sich.
dass der Mnrphyknopf durch dicken Eiter vollständig verstopft war. Des
weitem berichtet der Verf. über vier Fälle von Ileocökaltuberktilose,
von denen einer starb, drei operiert und geheilt wurden. Tamorbildeude
IleocÖkaltnberkulosen verlaufen oft unter dem Bilde einer Appendizitis. Die
Persistenz des Tumors sowie eine bestehende Diarrhöe sprechen für Tuber-
kulose. M. Reber.
Arnaud (1) demonstriert ein Präparat, bestehend aus Cökum und 40 cm
Ileum, das wegen Tuberkulose reseziert wurde. Klinisch waren die Er-
scheinungen von inkomplettem Darmverschluss vorhanden und es wurde die
Diagnose auf Karzinome oder Tuberkulose des Cökums gestellt. Patient be-
fand sich am Tage nach der Operation wohl.
Campiche (4) hat aus 202 Publikationen die Resultate aller Opera-
tionen wegen Blinddarmtuberkulose zusammengestellt. Die besten
Resultate gibt die Resektion, vermutlich mit Vereinigung Seit>-zu-Seit. Ana-
stomosen und Ausschaltungen erfordern oft nachträglich weitere Eingriffe,
führen hier und da auch zur Heilung. Das zweizeitige Verfahren nach
V. Mukulicz gibt gute Dauerresultate aber hohe Operationsmortalität Anus
praeternaturalis, Inzisionen und Probelaparotomien, ebenso wie blosse Resektion
einer tuberkulösen Appendix sind zu verwerfen. A. Müller,
Bei einer hypertrophischen Tuberkulose des Cökum hatle
Delbet (5) Gelegenheit eine Resektion auszuführen, wobei die Vereinigung
der Enden nach einer neuen Methode gemacht wurde: End-zn- Endnaht der
ganzen Darmwand mit fortlaufender Naht, hierauf Invagination des genälifen
Teiles in den abführenden Darm und nochmalige Sero-Serosanaht. Vorteile
seien Raschheit und Sicherheit der Vereinigung, Nachteile, dass die Methode
nur ausführbar wenn das abführende Darmende weiter als das zuführende
und wenn das Mesenterium dünn ist.
Bagenbftch, VerletsaDgen und chiroif;. KrSDkheJt«ii des Darmea. 756
In der Diskossion zitiert Legaea einen Fall von hypertrophischen
Cökaltnherknlose and einen Fall bei dem hauptsächlich Drüsen den Tumor
bildeten. Beide wurden durch Resektion geheilt.
Guinard nennt eine ähnliche von ihm angegebene Methode der
Invagination Tind warnt vor verkehrter Invi^ination (abrührendes Ende in
däs zufahrende). Im übrigen ist es für latero-laterale Vereinigung. Ebenso
Kontier. Poirier negiert die Notwendigkeit der Inragination und spricht
sich töi Vereinigung Eud-zu-End aus.
G. Grey Turner (13) beschreibt einen Fall von tuberkulöser
Clzeration des Colon ascendens mit den Symptomen von Appendizitis.
34jährige Patientin, die an Brechen, Konstipation und Schmerzen in der
rechten Ileakalgegend leidet, kurz die Symptome einer akuten Appendizitis
»nfweist, gelangt zur Operation. Bei Eröffnung des Abdomens, erweist sich
der Blinddarm als normal, jedoch wird etwas oberhalb der Verbindnngsstelle
Ton Ueum und Cöknm ein harter Tumor gefühlt, welcher mit dem Darm ver-
«achsen zu sein scheint. Er wird Für eine Neubildung gehalten und daher
Eoterektomie vorgenommen. Der Endteil des Ileum, das Gökum und 7 cm
des Colon ascendens wnrden entfernt. Operationsverlauf gut. Heilung p. p.
Bei der Untersuchung des ezzidierten Darmes zeigt sich, dass der Tumor
ans verdickter, verhärteter Darmwaudung besteht, die ringförmig eine ver-
tiefte, ulzerierte Stelle umgibt und von Tuberkeln durchsetzt ist. Interessant
ist, dass Patientin sonst keine Zeichen von Tuberkulose trägt, und sich seit
'der Operation gut erholt hat.
Den Vorgang erklärt sich Verf. dadurch, dass ein bestehendes Darm-
divertikel tuberkulös infiziert worden ist, der Inhalt desselben durch die
Darmbewegungen nicht entleert werden konnte und durch den sich zersetzen-
den Inhalt eine Ulzeration hervorgerufen worden war.
Verf. teilt kurz noch einige ähnliche Fälle mit.
Im Anscbluss an einen geheilten Fall von Resektion des Cökum und
Colon asc. wegen Tuberkulose bespricht Winselmann (13) die Gefahren der
Kolonresektion (Gangrän- und Nahtinsnffizienz). Verf. ist für seitliche Ein-
pflanzung oder seitliche Anastomose. Bei Resektion der Flexura hepatica
and des Qnerkolons soll noch eine Enteroanastomosis ileosigmoidea angelegt
werden; die aosgeschalteten Dickdarmpartien seien durch Längsfaltung zu
Terengem. Für inoperable Kolontumoren empfiehlt Verf. ebenfalls die totale
Ausschaltimg des Dickdarmes durch Verbindung des Ueum mit dem S
romanum.
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766 Jaibraabericht für Clumrgi«. II. Teil.
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14 Sauvd, Dea hämorragiea inteatinalea. Rer. de Chir. 1905. Nr. 2, 3, 4.
15. 'Tixier, Piritonite gön^alisde par perforatioa d'uD ulcöre laUnt de la premiere
portioD du dnodöaam. See. anat 1905. Nr. 6
Unter 58 von Mayo (10) beschriebenen Fällen von Duodenalge-
schwür wurde 28 mal zngleich ein Magengeschwür gefunden. Bei allen
58 Fällen sass das Ulcus oberhalb der Einmündung des Ductus choledochus.
Verf. teilt seine Fälle in 5 Gmppen ein: 1. Aknte Perforationen; 2. Blntnngen;
3. chronische Geschwüre mit gastrischen Komplikationen; 4. chronische, per-
forierende Geschwüre mit Gallenblasen- undLeberkomplikationen; 5. chronische
Geschwüre, die eine Operation behafs Erleichterung des Schmerzes erfordern.
Von den 58 Kranken starben 4. M. Reber.
Moynihan (13) berichtet über 52 Fälle von operiertem Duodenal-
geschwür. In? Fällen, bei welchen schon Perforation vorhanden war,
erzielte er 6 Heilungen. 22 mal beBtand neben dem Duodenal- noch ein
Magengeschwür (21 geheilt) und 23 mal nur Duodenalgeschwür (22 geheilt).
Meistens handelt es sich nur um ein Geschwür, und dieses befindet
sich gewöhnlich im oberen Teil des Duodenums, während das Magengeschwür
meist multipel auftxitt. Die Diagnose, ist leichter zu stellen als gewöhnlich
angegeben wird.
Am bänfigsten handelt es sich um Männer im mittleren Lebensalter.
Die Symptome bestehen in mehr oder weniger heftigen Schmerzen, welche
besonders rechts von der Mittellinie anftreten nnd zwar meist 2—4 Stunden
nach dem Essen. Durch erneute NahrungsauAiahme werden dieselben wieder
gehoben.
Bestehen neben dem Duodenalgescbwär auch Magengeschwüre, so treten
die Schmerzen bald nach der Mahlzeit auf, verschwinden dann, um nach
2 — 3 Stunden mit erneuter Heftigkeit wieder zu beginnen. Weitere Sym-
ptome sind Blutbrechen und Melaena, welche ziemlich häufig beobachtet
werden. — Die Komplikationen, welche Verfasser eingehend bespricht, sind:
Blutungen, Perforationen, Stenosen, Verschluss der Papilla duodenalis, Peri-
duodenitis, Karzinom, Kompression der Pfortader, Erkrankungen des Gallen-
systems und des Pankreas.
Die BIntung ist meist andauernder als die Magenblutungen, deshalb ist
sofortige Operation angezeigt. Bei Perforation wird die Diagnose häufig auf
akute Appendizitis gestellt, da sich das Exsndat in beiden Fällen in der
rechten Ileocokalgegend befindet. Zum Schluss fügt der Verf. die Kranken-
geschichten seiner operierten Fälle bei. Die Operation besteht in der hinteren
Gastroenterostomie. M. Porcart
Clogg (8) beschreibt 3 Fälle von Duodenalgeschwür, die er durch
operativen Eingriff, Vernähen der Perforation, Ausspülung der Bauchhöhle
und Drainage durch eine in der Lendengegend angelegte Öffnung zur Heilosg
brachte. — Bei zwei Pat. traten später wieder Zeichen der Krankheit anf,
während der dritte später keine Beschwerden mehr hatte.
Die Beschwerden beim Duodenalgeschwür sind Schmerzen nach den
Mahlzeiten nnd Blutungen. Beide treten jedoch nicht konstant auf, und oft
ist überhaupt das erste Krankbeitssymptom die Perforation.
Hagenbacfa, Terl«tzuiig«ii und chirnrg. KrankheiteD d«a Darmes. 757
Die Statistik zeigt, dass 6&°/d derjenigen Fälle, bei denen die Operation
innerhalb der ersten 12 Stunden nacb der Perforation vorgenommen worden
war, geheilt wurden.
Die Diagnose ist eine sehr schwierige nnd wird gewöhnlich auf Magen-
geschwär oder Perityphlitis gestellt.
Die Prognose ist keine günstige, da das Geschwür gewöhnlich nicht heilt
and später wieder Perforation auftreten kann.
Clogg empfiehlt daher, durch eine nachträgliche Operation, als welche
Gastroenterostomie in Betracht käme, diese Gefahr definitiv zu beseitigen.
Forcart.
Cbalier (5) beschreibt einen Fall von Ulcus duodeni. 28jähriger
Mann. Seit mehreren Jahren Magenbeschwerden. Seit 3 Monaten heftige,
nach den Mahlzeiten auftretende Schmerzen. Kein Brechen. Plötzlich heftige
Schmerzen. 36 Stunden später Operation. Es findet sich Peritonitis. Erst
tn^i der Sektion kommt als Ursache ein Duodenalgeschwür zum Vorschein.
Bayly (1) berichtet aber einen Fall von perforiertem Duodenal-
geschwür. Es handelte sich um einen Matrosen des Schiffes La Piata der
Royal Mail Steam Packet Compagny. Die Operation, bestehend in Laparo-
tomie, Verschluss der PerforationsÖffnnng und Schluss der Bauchwunde, konnte
nur unter sehr ungünstigen Umständen, bei Platzmangel, mit schlechten In-
strumenten und bei hohem Seegang vorgenommen werden. Trotzdem war der
Verlauf ein guter. Forcart.
Der Pat. verliess das Hospital in PJymouth, wohin er bei seiner Ankunft
«erbracht wurde, nach 2 Monaten geheilt.
Rouville (13) berichtet über einen letalen Fall von Ulcus duodeni,
bei dem die Diagnose auf Appendizitis gestellt wurde.
Auffallend an dem Ulcus war eine adenomatöse Proliferation der Brunner-
schen Drüsen. Verf. lässt die Frage offen, ob sich das Ulcus in dem Adenom
etabliert hat oder ob die Entzündung Veranlassung zur Proliferation ge-
geben hat.
Eingehend beschäftigt sich die Abhandlung mit der Möglichkeit der
Diagnosestellung, speziell der Differentialdiagnose gegen Appendizitis an Hand
von 23 aus der Literatur gesammelten Fällen von Perforationen des Magens
oder des Duodenums (11 Duodenal Perforationen).
15 mal wurde Appendizitis vermutet, 2 mal wurde keine Diagnose ge-
stellt und 6 mal wurde es offen gelassen, ob die Perforation in der Ileocokal-
oder in der Magengegend zu suchen sei-
Die Aimmneae wies nur 6 mal auf die Magengegend.
Plötzlicher heftiger Schmerz ist 18 mal notiert; aber nur 5 mal mit dem
typischen Sitz in der Unterlebermagengegend.
Besteht heftiger plötzlicher Schmerz in der Magengrobe bei einem Pat.
mit einer Anamnese, die auf Magenstömng deutet, dann ist die Diagnose
sicher. Diese Symptomentrias findet sich aber nur in V* der Fälle.
In der Diskussion fübrt Kontier einen Fall der umgekehrten Täuschung
an nnd Faure nennt als nicbtgenanntes zuverlässiges Symptom für Perfora-
tioneu in der Magengegend an den thoracischen Schmerz zwischen beiden
Schultern oder in einer von beiden.
Otto und Delore (9) finden als Erklärung für die Erscheinungen eines
hohen Darmhindemisses Verwachsungen, ausgehend von einem Duodenal-
756
Jahresbericht für Chirurgie. It. '^
t
->
I
10. Mayo, Ulcus duodeoale. Allg. Wiener med. 7' 'J^jnterostomie umgangen, was
11. Monchet, Infarctus h^morrhagiqae de Tir'
12. MoynihaD,On duodenal ulcer etc. r ^Gastroenterostomie wegen gut-
13. Rouville, Perforation d*un niedre n x- i.- ^ i r x-
Paris 1905. Nr. 11. ^^ Patientin unter krampfartigen
14. Sauv4, Des hömorragies int«^ ffibels entstehen. Nach Ansicht des
15. *Tixier, P^ritonite g^nöraJ* . ,;^/age8chLWÜr, das infolge Einwirkung
portion du duodöoum. Soc
Unter 58 von Mp -^^ß^ Blutungen, sog. ,Bluttränfe7n',
schwur wurde 28 m
58 Fällen sass das V
Verf. teilt seine Fä^'
3. chronische Ge«^
forierende Gescb
Geschwüre, d^
Von den 58
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,. /o^eiseröhre, des Magens und des Duodeniuzis
l'^b zur Diagnose;
^ir ^ iarzinomatöser Prozesse des Verdauungskana/g
'' fon einfachen Entzündungen und von Geschwüren,
V"'.
.^y^ixidiges Blutträufeln vorhanden;
Mov
geschw
erzielte
Mage^
.: ^'^^^
''J.^^\jlfphiis und vielleicht auch bei tuberkulösen und lueti-
^fcrankungen, um rechtzeitig operieren zu können;
' i^^^ftßserkraJikungen, um
*' ^^^' ^Lflkern und Paralytikern, um stärkere Blutungen zu Ter-
1 a:V>*^^
i^^
SIC
.(11) bespricht an Hand eines Falles den hämorrhagischeD
/«*^i;tf^. /^rkt. Der Verschluss der Mesenterialarterien kommt fast
ppt^^^fßine Embolie zustande; trotz vorhandener Anastomosen bildet
.^f»/- ^'^^pensatorischer Kollateralkreislauf aus. Viel seltener ist der
^^l, ^^^ Ige eines Verschlusses der Mesenterialvene; auch in diesem Falle
ßi^^ zu eiß®^ Nekrose der Darmwand, weil die Anastomosen ungenügend
^^^ Der Verschluss der Arterien und Venen zugleich wurde selten beob-
^^^i)er Verschluss der Arter. mesent. sup. und die Thrombophlebitis der
loesent. sup. verursachen die gleichen klinischen Symptome. Bei beiden
^'^men ^^^^ ^®^ betreflFende Abschnitt dunkelrot bis blauschwarz. Die
J^ pjbopblebitis kann sekundär auftreten infolge von Pylephlebitis , von
r berzii'^^^^^ ^^^ Leberkrebs im Endstadium. Primär kommt sie zustande
v^^jh puerperale Infektionen, durch Appendizitis sowie als Folgeerscheinung
verschiedener chirurgischer Eingriffe; auch Typhus soll die Ursache sein
j^önnen. Im Falle Mouchets war eine puerperale Infektion die Ursache.
Die Diagnose auf Infarkt wurde nicht gestellt; es fehlten unter anderem
blutige Stühle. Die rationellste Therapie, die Resektion der kranken Daroi-
schlinge, konnte beim M euch et sehen Falle wegen des zu schlechten All-
gemeinzustandes des Kranken nicht mehr ausgeführt werden.
M. Reber.
Intestinalblutung kann nach Sauvä (14) auftreten nach Taxis,
nach Hemiotomie und nach Radikaloperation.
Taxis ist prinzipiell zu vermeiden.
Blutung nach Hemiotomie in den ersten 48 Stunden beruht auf arteri-
eller Ischämie, Schädigung der Kapillaren und Diapedese, Spätblutungen auf
Arteriosklerose, Abstossung von gangränöser Schleimhaut.
Nach Radikaloperation kommen Blutungen vor wegen Unterbindung von
Netzgefässen oder wegen retrograder Thrombose von Arterien.
Als Therapie die gewöhnlichen Mittel event. bei gangränöser Abstossung
Resektion.
>genbscb, VeTletiungen und chirntg. Kruikhait«ii des Dsnuea. 759
4. Stenosen.
-\ 48 intMtiiMle d'origine tabcreoUasa. Rav. de Cbir. 1905. Nr. 17.
'' j pour reträcisBement infl&mmatoire du daodänam «te. Ball, et
. Chir. de Paris 1905. Nr. 6. p. 193.
CMB of ohronic inteetinftl obstroction with Perforation of the sigmoid
..cet. 25. 111. 1905. p. 792.
i. Du Uanifest werden latenter DannstenoBen, Wiener klia. Rundsehan
-. Nr. 8.
ijangolphe, fUträciaaeinent cicatriciel de I'intestin. ReT. de chir. 1905. Nr.2. p
6. Gansaal, SUnoae duodenale aignä. Ärch. giu. de mdd. 1905. Nr. 11.
7. Hartmann, Rdtrdciaaement du jäjunam. Boc. anat da Paria 1905. Nr. 4.
h. 'Nikolaki, Ober tnberknlOee Darmatenoae. Tolkmauuacbe Sammig. klin. Vortr.
Lejptig 1903. Brsitkopf A Härtel.
}. Pajr, Ober gleichzeitige Stenoaienmg von Pylorna und Darm. Ärch. f. klio. Hed.
Bd. 75. H. 1,2.
IQ. — Über eine eigeotOmlicbe Form ehroDiacher Diakdarmatanoae an dar Flex. coli ain.
LangaDbacka Areb. Bd. 77. H. 3.
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Nr. 10.
11 B«itter, Ober zwei seltene Ursacben der DuodenalatenoBe. Wiener klin. Wochenachi
1905. Nr. 6.
IS. Schloffar, Über Darmatriktnren uaw. Orenigeb. Bd. XIV. H. 3.
R Wilmaona, Bin Fall tod Darmatenoae infolge chroniacher antzOndlicher Verdicknog
dar üeocOkalklappe. Brnoa' Beitr. Bd. 46.
Fuchsig (4) berichtet über drei Fälle, bei denen der Ezdtos unter den
Erscheinnngen der Darmstenose auftrat: zwei Hemiotomien und eine
Laparotomie wegen Darmverletzimg. In allen drei Fällen fand sich bei der
Aktion eine Darmstenose älteren Datums infolge Verwachsungen und Lage-
veränderung. Oberhalb der Stenose besteht entzündliche Parese wegen lokaler
Peritonitis.
Payr (9) kommt durch eingehendes Studium von 50 aus der Literatur
gesammelten und eigenen Fällen von gleichzeitiger Stenosierang von
Magen und Darm zu folgenden Schlüssen:
1. Häufigste Ursache dieser Affektion ist das runde Magengeschwür mit
pengaatritiscben Veränderungen, dann luetische oder fibröse Narbenstriktnren
und mahgne Neoplasmen. Für die zwei ersten Ursachen ist die Therapie aus-
sichtsreich, für die dritte nicht.
2. Es gibt bestimmte Formen von Perigastritis, die teils nahe, teils
entfernt vom Magen zu Darmadbäsionen führen; für den Dickdarm gibt es
eine fast typische Knickung durch Emporziehen des Colon transversnm an
den Ulcustumor.
Zu beachten sind viszerale Sj^hilis und tuberkulöse Pylorusstenose.
3. Es gibt eine Reihe von Wechselbeziehungen zwischen Pyloms und
Dannstenose. Erstere kann letztere maskieren.
Bei hohem Grad von Darmenge kann die Pylorusenge verschleiert sein.
Es treten die Magensymptome erst nach Beseitigung der Darmstenose auf.
4. Trotz Pylorusstenosen kann Darminhalt zurückfiiessen.
6. Diagnostisch sicher ist nur der Nachweis der Magenektasie mit Magen-
steifung neben Hyperperistaltik des Darmes an anderer Stelle und in anderer
Richtnng.
760 JttbrMbeneht lOr Chimi^e. II. Teil.
6, Wenn möglich, sollen beide HindemisBe mit einem chirurgischen
Eingriff beseitigt werden. Es boII bei Ulcus mit Perigastritis denn Darm ge-
nauere Aufmerksamkeit geschenkt werden als bisher.
Im Änschluss an eine frühere Arbeit: Über tranmatische Darmverenge-
rungen (Mitteilungen a. d. Grenzgeb. d. Med. n. Chir. Bd. VII, S. 1) berichtet
Schloffer (13) über Versuche an Kaninchen über Darmstrikturen nach
Mesenterialver letzungen. Es wurde an 50 Tieren das Mesenteriuni in 2 bis
5 cm langer Ausdehnung vom Darm abgetrennt. Ein grosser Teil ging an
Peritonitis infolge Gangrän zugrunde. Neun Tiere überlebten den Eingriff
und wurden spater (3 — 4 Wochen) getötet. Es fanden sich bei diesen teils
zirkuläre, teils in der Längsrichtung liegende Geschwüre oder Narben. Die
Nekrose betraf die ganze Dicke der Darmwand. In der Umgebung fanden
sich Verwachsungen und Verklebungen.
Es hat also die Verletzung des Mesenterium grosse Bedeutung bei der
Entstehung der Darmstrikturen, was für die Erklärung der Striktnren nach
Hemieninkarzeration von grosser Wichtigkeit ist.
Bazy (2). Operation wegen Magenschmerzen mit Stenoseerscheinungen
10 Jahre bestehend mit Verschlimmerung seit '/> Jahr. Es findet sich eine
enge Narbenstriktur anderEinmündungsstelledesCholedochus.
Deshalb nicht Resektion, sondern Plastik, wie die v. Mikniiczsche Pjloro-
plastik. Heilung.
Rei8ser(I2) schreibt über zwei seltenere Ursachen der Duo-
denals tenose.
Im ersten Falle ist die Darmstenose bedingt durch einen grossen einge-
keilten Gallenstein, im zweiten dnrch Druck einer durch Nekrose entstandenen
Pankreaszyste auf das Duodenum.
Gaussel (6) berichtet über einen Fall von akuter Dnodenalstenose
infolge eines Vertebralabszesses. Da der Abszess nur nnssgross ist,
80 muss ein Spasmus infolge der Paraplegie angenommen werden.
Potherat (11) berichtet über einen durch Operation geheilten chro-
nischen Verschluss des lleum durch Verwachsung des Processus vermiformis.
Wilmanns (14) beschreibt einen in der Literatur einzig dastebendeu
Fall, wo durch eine einfache Entzündung der Ileocökalklappe ein
portioäbnlicb in den Blinddarm vorspringender Zapfen entstanden war, der
fälschlich als Invagination aufgefasst wurde. Resektion des Blinddarms mit
6 cm lleum. Klinisch hatte der P'all als chronische Darmstenose imponiert.
Ursache mit Wahrscheinlichkeit: Typhlitis stercoralis. A. Müller.
Berard (l) demonstriert:
I. Eine Patientin, der wegen einer Entero-Peritonealtnberkulose mit
Beteiligung der Adnexe und des Uterus eine seitliche Enteroanastj^mose ge-
macht wurde. Klinisch waren vor der Operation alle typischen Symptome
der Darmtuberkulose vorbanden, die auf den Eingriff verschwanden.
II. Ein Präparat von ausgedehnter Tuberkulose des Dünndarms,
des Cökum und des Colon ascendens. Eine Enteroanastomose wegen akuten
Ileus drei Wochen vor dem Tode hatte guten, vorübergehenden Erfolg.
Gangolphe (5) berichtet über einen Fall von Stenose des Dubd-
darmes infolge eines geheilten tuberkulösen Geschwüres, der Symptome einer
Pylorusstenose zeigte. Durch 10 cm lange Enteroanastomose des zu- und ab-
führenden Schenkels ohne Resektion der Stenose selbst wurde die Patientio
geheilt.
Hsgenbftch, Verletiaiig«ii und chinirg. Erankbeiteu des Darmes. 761
Hartmann und Lecene (7) berichten über wiederholte Anfölle von
D&rmokklnsion, die zoletzt zur Resektion (Heilung) führten. Es bestand eine
nun Teil al^eheilte Tuberkulose des Dünndarms, die zu Stenose
führte. Ihr Charakter war histologisch in den abgeheilten Partien nicht mehr
ZQ erkennen.
Payr (10) beschreibt in seiner Mitteilnng am Chinirgenkongress,
chronische, in der Umgebung der Flexura lienalis sich abspielende Entzün-
dnngsprozesse, welche zu einer Verzerrung des hnken Kolonwinkels nach
oben, inniger Verlötung der Endstrecke des Colon transversum und des An-
tangsteiles des Colon descendens und Verwachsung der verschiedenen Gebilde
dieses Bezirkes, mit ausgedehnter Narben- und Ädbäsionsbildang führen. Da-
darch Bildung eines Sporns und relative Stenose. Payr hat vier Fälle ge-
nauer, zwei nicht vollkommen genau studiert. Ätiologisch beschuldigt Payr
Perityphlitis, Ulcus ventricull, Gallensteine, Ädnexerkrankungen, selten Ge-
schwülste und Divertikel. Als mechanisches Hiodernis kommt in Betracht:
Spombildung, mangelhafte Peristaltik, Kompression des abführenden, durch
den gefällten, zuführenden Darmteil. Klinisch: chronische Dickdarmstenose.
Ileus kam nie vor. Vorzugsweise betroffen: mittleres und höheres Alter,
Therapie am besten Kolo-Sigmoideostomie. Payr hat vier Fälle so operiert,
drei gebeilt. A. Müller.
Clarkson (3) beschreibt eine 52jährige Frau, die seit längerer Zeit
an Brechen, Konstipation, aufgetriebenem Leib leidet. Diese Symptome
nehmen plötzhch zu und es treten heftige Leibschmerzen auf. Klistiere und
Abführmittel bleiben ohne Erfolg, so daas zur Operation geschritten wird.
Nach Laparotomie zeigt sich starke Äuftreibung von Dünndarm und Cökum.
Colon transversum und descendens sind leer. Nach Schluss der Laparotomie-
wande wird über dem Cökum ein Anus praeternaturalis angelegt, welcher
gut funktioniert: ein Monat später plötzliche Schmerzen in der linken In-
guinalgegend. Patient kollabiert, Extremitäten kalt, Puls schwach. Zeichen
einer akuten Peritonitis. Diagnose: Darm Perforation. — Operation: Schnitt
über der schmerzhaften resistenten Stelle. Entleerung von faulig riechendem
Eiter. Nach Ausspülen der Abszesshöhle zeigt sich an der vorderen Seite
der Flexnra sigmoidea eine schillinggrosse Perforationsöffnung. Darmwandung
daselbst erweicht, schwarz, gangränös, rissig. Entfernung derselben bis zur
gesunden Darmwand. Diese wird mit der Haut vereinigt und so ein zweiter
Anns praeternaturalis gebildet. Ausspülen der Abszesshöhle und Ausstopfen
mit Jodoformgaze. Abszesshöble verkleinert sich ziemlich rasch, nach einem
Monat hat sie das Aussehen einer gewöhnlichen Kolostomieöffnnng und funk-
tioniert gut. Patientin hat sich gut erholt und kann ihren Geschäften nach-
gehen. Forcart.
5. Dilatation, Hirschsprnngscbe Krankheit, chronische Kon-
stipation.
1. UrOniDg, Zwei Fllle von Hirscfaaprnngacber Krankheit, Dentache med. Wochen-
BchhFt 1d05. Nr. 10. p. 408.
2. EamoDet, L'abna des lavagea d'inteatlD. Arcb. gän. de mM. 1905. Nr. 21.
3. GrBaDboom, Eirachaprangscbe Eraukbeit. Weekbl. voor Oeneesk. Nr. 7,
i. Ibiahim, Ein Beitrsg ZDr Pathogenese der Hiracbep rang scheu Krankheit. Dentaeh*
med. Wocbenacfar. 1905. Nr. 23.
i. Perthes, Zm Pathogen eae und Therapie der Hirscbsprungschen Knokbeit (Hega-
eoloD eoogenie). Arch. kliu. Cbir. Bd. 77, H. 1.
7^ Jtümsboricht fQr Chinu^. IL T«il.
6. Stirnimftnn, HirscbaprnngBche Krankheit oder Megalocolon coDgenit&m. Kor-
respoodeDEbl. fOr Sehireiser ante 1905. 15. Sept.
7. Schmidt, Neue Beobacbtongen zur Erklärung und r&tion eilen Bebandlimg der chroni-
schen Obetjpation. Mflneh. med. Wochenschr. 1905. Nr. 41. p. 1970.
8. 'Zwalenbarg, r., Tha relation of mechanicBl distentioo to tbe etiology of appwidi-
citis. Ann. of sarg. 1905. Maich.
Bei der Hirschsprungscfaen Krankheit kann es nach Perthes (51
sowohl durch Insuffizienz der Damunusknlatnr als aach durch mechanifiches
Hindernis zur Retention kommen. Dieses Hindernis ist häufig ein Ventilver-
Bchluss, der dadurch zustande kommt, dass das diiatierte und gefüllte S roman.
sich gegen das normale ond leere Rektum abknickt.
Dieser Ventil verschluss ist entweder durch Kolopezie oder durch Re-
sektion zu heseitigen. Neben dem VentilverBchlnss kommt Scblängelnng und
Volvulus vor.
Da man in keinem F.all mit Sicherheit wissen kann, worauf das Hin-
dernis beruht, so ist stets Probelaparotomie indiziert.
Perthes berichtet über vier Fälle. Dreimal ist Ventilverschluss anzn-
zunehmen. Einer, der am eingehendsten Referierte, wurde mittelst sechs Opera-
tionen geheilt. Es folgten sich Anus praetemalis lumbalis, Plastik an der
Ventilstelle , Exzision der Falte , Entero- Anastomose zwischen Ileam und
Rektum, Inzision einer Falte und zuletzt Resektion eines Teiles des S roman.
mit Durchziehung des oberen Teiles durchs Rektum.
Perthes zieht daraus für einen kommenden Fall als Konsequenz folgen-
des Vorgehen: Anus praeternaturalis lumbalis, Entleemi^ der Flexor und
dann Kolopexie eventuell Resektion der abgeknickten Partie.
Ibrahim (4) glaubt, dass für die Mehrzahl der Fälle von Hirsch-
BpTungscher Krankheit eine primäre abnorme Länge des S romanam
und nicht eine angeborene Dilatation und Hypertrophie des Kolon ätiologisch
in Betracht kommt, wie dies namentlich vom Verf. und Veter betont wird.
Durch Abknickungen konunt es zu Hinderungen, deren Folge dann schUess-
lich die Erweiterung und Hypertrophie der höher folgenden Durchschnitte
sein kann.
Für diese Annahme spricht ein von Ibrahim beobachteter Fall bei
einem acht Wochen alten Kind, bei dem sich eine Gas- und Kotstauung im
S romanum fand, ohne dass der übrige Darm irgendwie an der Stauung sich
beteiligt hätte. Die abnorm knge Flexur zeichnete sich bei ihren peristalli-
schen Bewegungen so deutlich auf der Bauchwand ab, dass das anatomische
Bild absolut klar war und ausserdem durch Sondierung vervollkommnet werden
konnte. Ibrahim meint, dass aus dem Fall bei ungeeigneter Pflege eventuell
ein typischer Hirschsprung werden könnte. A. Müller.
Brüning (1) beschreibt zwei Fälle von Hirscbsprungscber
Krankheit.
1. Einjähriger Knabe. Chronische Obstipation. Ileus. Diagnose: b-
vagination oder Volvulus. Laparotomie klärt den Fall als Hirschspru ngsche
Krankheit auf. Darmrohr. Behebung des Ileus.
2. ? Knabe. Ileussymptome. Laparotomie klärt den Fall auf. Beim
Herausheben der Flexur Entleerung. Nach einigen Monaten wieder Dens, der
durch Einlaufe behoben wird. Wieder einige Monate später abermals Ileus.
Da keine ärztliche Hilfe aufgesucht, wird, Exitus.
HagAubsch, VerletEniigcn nnd ekirarg. KrAnkheiten äen DormeB. 763
Stirnimann {6) gibt eine ansführliche Beechreibniig eines aosge-
iprochenen Falles von Uirschsprnngscher Krankheit.
Fälschlicherweise werden aach Strikturen in der Flexur nnd im Rektnm
ils Hirschsprungsche Krankheit bezeichnet.
Als Therapie empfiehlt Verf. Klistiere mit leichter Massage, Diät.
Drastika sind kontraindiziert. Operation jedenfalls nicht vor dem zweiten
Lebensjahre.
Ätiologisch nimmt Verf. mit Hirschaprang, Concetti, Mya för
geineo Fall kongenitale Dilatation nnd idiopathische Hypertrophie der Flexnra
sigmoidea an.
Graanboom (3) über die Hirachaprangsuhe Krankheit.
Mitteilnng einer Krankengeschichte. Symptome: Dickdarmstenose mit
ti^er Defäkation, Tympanites und zunehmender Marasmus. Es wurde als
Therapie eine Enteroanastomose angelegt. Jedoch ohne Erfolg. Exitus. Verf.
iaad das Verhältnis des Dünndarmes zum Dickdarm wie 3,7 : 1 gegenüber
dem normalen (Marfan) 7:1. Er Bchliesst sich deshalb der Ansicht Marfans
SQ, dass es sich um eine kongenitale Missbildung bändle.
Esmonet (2) de Chätel-Guyon richtet sich gegen das übertriebene
Klistieren bei chronischer Obstipation und empfiehlt den Gebrauch von
Mineralwässern, speziell den kurmässigen Gebrauch von Chätel-Guyon.
Schmidt (7) sieht die Ursache für die chronische Obstipation
in einer zu guten Ausnütznng der Nahrung durch den Dünndarm. Es können
dann im Dickdarm nicht genügend Zersetzungen vor sich gehen. Eine zellu-
losereiche Kost genügt nicht zur Stomng dieser zu guten Ausnütznng, da die
Zellulose einfach auch gelöst wird. Es muss ein Stoff gegeben werden, der
den Kot wasserreicher voluminöser macht. Dies leistet Agar-Agar und Paraffin.
liquid. Dazu ist noch ein Reizmittel nötig: Cascaraextrakt. Agar-Agar und
Cascaraextrakt = Regulin tägl. 1 — 2 EsslÖffel zu Kompott zu nehmen. Paraffin,
liquid, nnd Cascaraextrakt = Pararegulin 2 — 3 . Kapseln (ä 3 g) tägl. zor
Unteretutzai^ des Regnlins.
6. Perforation, insbesondere bei Typhns abdominalis.
1. Basile, G., Paeado-perforazioQi intestinali nella febbre tifoide ed mt«rv«ntD chiru^oo.
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9.. Kenn, Laparotomie wegen Dannperforation. Wiener med. Wochenscbr. 1905. Nr. 41.
764 Jahiesbaricbt fOr Chimigje. II. Teil.
Domela (3) glaubt, dass die schlechten Resultate bei Laparotomien
wegen Tjphnsperforationen anf nachfolgende Perforationen za beziehen
sind. Er wünscht, es müssen sämtliche Perforationen chirurgisch behandelt
werden und zwar nicht nur indem die vorliegende Öffnui^ geschlossen wird,
sondern dadurch, dass man die ganze ulzerierte Darmpartie anssch^iltet,
vermittelst einer Ileokolostomie. Es soll dadurch weiteren Perforationen vor-
gebengt werden.
Lauper (7) referiert über einen Fall von Perforation des Ueom in der
vierten Woche eines Abdominaltypbus. Nach 68 Stunden mediane
Laparotomie, Naht, Heilung. Im Verlauf werden drei Äbszessinzisionen nötig. Als
mögliche Ursache der Perforation werden auffallend grosse Askariden an-
gegeben. Verf. empfiehlt mißlichst frühzeitige Operation, Naht der Perfo-
ration, gründliche Spülung der Peritonealhöhle mit NaCl-Lösung (40" C,
Drainage mit einem medianen und zweiseitlichen Schnitten.
Menü (9) beschreibt zwei Laparotomien wegen Darmperforation
bei Typhuslallen. Ein Fall, zwei Stunden nach der Perforation operiert,
heilte; der zweite, sechs Stunden nach der Perforation operiert, ging zugrunde.
In beiden Fällen war fäkulentes Exsudat in der Bauchhöhle. Verf. rät in
jedem Fall von Perforation zu operieren; sich dabei aber nicht mit dem
Auffinden einer Perforation zu l»gnügen, sondern stets den ganzen Darm
abzusuchen.
Anknüpfend an ein Stndiam von Rochard nnd einigen in der Lite-
ratur verstreuten Fällen behauptet Basile (1), dass die Differentialdiagnose
zwischen echter und falscher Perforation nicht stets gestellt werden kann.
Unter Bezugnahme auf die Relation von Queirolo, über die Peri-
tonitiden infolge von Propagation bei dem Typhoidfieber,
untersucht er die verschiedenen diagnostischen Kriterien, welche zur Unter-
scheidung der echten von den falschen Perforationen dienen sollten, und er-
achtet weder das Erbrechen, noch den Singnitus, noch die Leukozytose, nocii
die erhaltene oder verschwundene Leber- und Milzdämpfung für ausreichende
DifiTerentialkriterien. Auch der Hypothermie billigt er keinen grossen Wert
zu, da dieselbe bei den echten Perforationen nicht konstant ist.
Anschliessend teilt er die Pseudoperforationen in zwei Arten: eine, bei
der eine Peritonitis durch Propagation besteht, welche die Perforation vor-
täuscht; die andere, bei der keinerlei entzündliche Alteration zu Lasten des
Peritoneums besteht, welche das beunruhigende Symptomenbild der Darm-
durchbobrung erklären könnte.
Er beschäftigt sich mit der ersten Reihe in bezug auf den chirurgischen
Eingriflf und bemerkt, dass in Anbetracht des modernen therapeutischen Kri-
teriums über die Peritonitis der Eingriff dem Kranken nur einen Vorteil
wird bringen können, welcher, wenn er auch keine Perforation hat, doch eine
Peritonitis bat.
SicherlicB wird die Peritonitis durch Propagation, wenn sie sehr be-
grenzt ist, schliesslich mit der abwartenden Behandlung heilen, andererseits
jedoch werden diese Fälle schwierig das Bild der Perforation geben.
Er bekämpft den weiteren Einwurf, der gegen den Eingriff erhoben wird:
die Eventration, die zuweilen bei der Laparotomie am Typhuskranken die
Folge ist, indem er darauf hinweist, welchen Gefahren der Pat. mit einer mög-
lichen Perforation entgegengeht, und dass der wahrscheinlichen postoperatiren
Eventration immer Abhilfe geschaffen werden könne. R. Giani.
Hkgeabach, Verl«tinDg«ii ood chimi^. Krankheiten des Dftrmea. 765
7. Divertikel, Prolaps, Fisteln, Enteroptose, Varia.
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■uJi. Ven^ia 1905.
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Featschr. f. Prof. Arnold.
10. Tixier, Adbirences cölo-cOliqnes. Rerae de chir. 1905. Nr. 4. p. 546.
An einer Reihe von Versnchen an Tieren macht Ficker (2) die Beob-
achtung, dass bei jungen Tieren eingegebene Bakterien in der ganzen Länge
des Magendarmkanals bis hinab znm Cökum aufgenommen werden. Es be*
steht also bei jungen Individuen eine Durchlässigkeit der Darmschleimhaut
lär Bakterien im Sinne von Weigert und Behring.
An erwachsenen Tieren waren die Versuche nicht ausschlaggebend.
Madelung (3) berichtet über den postoperativen Vorfall von
Bancheingeweideu. Postoperative Vorfälle finden sich häufiger bei Frauen
als bei Männern. Am häufigsten kommen sie zustande nach Laparotomien
zwischen Nabel und Symphyse. Eröffnung des Bauches in einer Narbe wirkt
»nch begünstigend. Der Zeitpunkt des Prolapses ist sehr verschieden; doch
smd die kritischen Tage der VIII. und der IX.
In den Vorfällen waren ausser Milz und Pankreas alle Eingeweide ver-
treten. Als Ursachen ist weniger die Art der Naht oder Tamponade anzu-
sehen als die Beschaffenheit der Bauchdecken verbunden mit Gewaltein-
virkungen, wie Husten, Brechen, Niesen, Rülpsen, Stahlpressen, Wehen-
tätigkeit.
Begünstigend wirkt femer Schwäche des Gesamtorganismus, Schwanger-
Schaft, Aszites, Banchtamoren.
Bezüglich der Therapie ist möglichst rasches Eh-kennen nötig, dann ist
Reposition und Naht das Idealverfalü'en. Diese kann jedoch verhindert sein,
dann muss der Prolaps in einen aseptischen Verband gehüllt werden. Es
treten selten Inkarzerationserscheinungen auf. Nach and nach bildet sich
der Vorfall zurück.
Im Anschlnss an den Unfall besteht eine Mortalität von 23,3Va, für
diejenigen, die die erste Zeit überstehen ist die Diagnose nicht ungünstig, da
wenig nachträgliche Komplikationen entstehen.
Antonelli (1) hat seine Arbeit über die Chirurgie der Darmdiver-
tikel in sechs Kapitel eingeteilt. Im ersten Kapitel, worin die Geschichte
des Gegenstandes besprochen wird, stellt er eine Statistik von 84 (womnter
16 unveröfTentlichtfin) Laparotomien, zur Behandlung von durch Divertikel
verursachten Darmverschlüssen vorgenommen, zusammen. Im zweiten Kapitel
erörtert er die Anatomie der wahren und falschen Darmdivertikel. Im
drinen beschäftigt er sich mit der Divertikulitis , wovon vier klinische
JabrMbericht fDr ChJniTgie. U. Teil.
len nnterscbeidet, nämlich: 1. die einfache, parietale, akute Divertikalitis;
1 chronische rezidivierende Divertikulitis; 3. die perforierende Divertikulitis
nachträglicher zirkumskripter Peritonitis; 4, die perforierende Diverti-
is mit nachträglicher allgemeiner Peritonitis. Von der zweiten klinischen
1 gibt Verf. ein sehr interessantes Beispiel an, bei welchem die Laparo-
e einen günstigen Ausgang hatte. Im vierten Kapitel bespricht er den
b Divertikel herrorgemfenen Darmverschloss und zwar a) den durch freies
b) den durch verwachsenes Divertikel erzeugten. In der ersten Kat^orie
in sich folgende Darmverschlüsse ein: durch Torsion des Divertikels um
selbst und um die betreffende Darmschlinge; durch dessen Torsion am
reDarmsc Illingen; durch dessen Einstülpung. Der zweiten Kategorie gehören
lurch Quetschung gegen das gespannte Divertikel oder durch Quetschung
Divertikels allein entstehenden Verschliessungen ; solche durch direkten
{Kniebildung) des am Darm fixierten Divertikels; endlich durch Bildung
1 von dem verwachsenen Divertikel erzeugten EinklemmungsringR hervor-
fene Darmverschliessungen. In diesem Kapitel werden Fälle von d'Antona,
terina, Giordano, Monari, Porta und Tricomi aufgezählt. Im
»n Kapitel erforscht er die divertiknlären Hernien, welche, nach dem
., die Hernien der angeborenen und die der falschen Divertikel umfassen.
rörtert weiter ausführlich den Wert des Ausdruckes „Hernie von Littre"
gibt diesbezüglich die Urteile zahlreicher Chirurgen an. Zuletzt beschreibt
inige unveröffentlichte klinische Fälle. Im sechsten Kapitel berichtet er
die divertiknlären Fisteln und im siebenten über die divertikulären
en und Adenoidgeschwülste. Die mit 21 Abbildungen ausgestattete
lit hat auch zwei Anhänge, deren einer ein neues Verfahren von Entero-
iroanastomose betrifft, während der andere sich auf die parietalen Henuee
iht, welche so viele Berührungspunkte mit den Darmdivertikeln zeigen
len. R. Giani (Rom).
Schütz (19) berichtet über 3 Fälle von sehr schwerem nervösen Reiz-
ind des Kolon, vornehmlich ascendens und descendens. Alle 3 Patienten
i Virgines und eine junge Frau) zeigen allgemein nervöse Symptome. Die
ptsymptome sind heftigste Krampfanfälle mit Obstipation, wobei die affi-
en Kolonpartien als dünne, feste, druckempfindliche Stränge fühlbar sind.
'. ist der Ansicht, dass es sich um idiopathische nervöse Reizzustände im
unervensystem handelt, entstanden durch heftige Gemütsbewegungen anf
Boden einer allgemein-nervösen Konstitution.
Als Therapie des akuten Anfalls empfiehlt Schütz, analog der Blei-
; : Bettruhe, beisse Überschläge, flüssige Diät und Opium eventuell in sehr
Jen Dosen.
Später ist roborierende Diät, Karlsbader Salz and leichteste manuelle
ationsmassage von Erfolg begleitet.
Mathieu-Roux (4): Wie man das leere Colon ascendens und des-
ens als Strang fühlen kann, so ist auch hier und da das Colon trans-
am fühlbar. Nach der Ansicht von G16nard handelt es sich dabei
tch um das leere ruhende Kolon; dieser Zustand kann Ptose verursachen,
der Darm schwerer, als wenn er mit Gas gefällt ist. Verff. sind aber
Ansicht, dass es sich bei dem „Strangkolon" um Spasmen des Kolon
lelt, ausgelöst durch verschiedene Keizzustände. Einer dieser Reizzustände
luch die Ptose wegen der Nervenzerrung. Die Ptose ist also nach Ansiebt
Mathieu und Roux Ursache nicht Folge des Strangkolons.
Haganbaeh, Verletinngon und chimrg. Erankbeiten des Darmes. 76?
Der Kolongpasmns ist ferner für eine grosse Zahl chronischer Obsti-
patiooen verantwortlich zu machen.
Tixier {10) berichtet über einen Fall, wo die Erscheinungen für ein
Hindernis des Kolon an der Flez. linealis sprachen.
Die Laparotomie ergab breite Verwachsungen des Colon, transv.
mit dem Colon, asc. and dadurch Abknickung der Ftex. hepatica. Nach
Lösung der Adhärenzen passieren die Winde. Zar Sicherung wird eine Ana-
stomose zwischen Colon, asc. and transv. angelegt. Als Ursache für die Ad-
härenzen muss eine Kolitis angenommen werden.
Im Anschluss daran berichtet Berard zwei ähnliche Fälle von Knickung
der Fleznra lienalis. Im ersten Falle half definitiv eine Kolostomie, die sich
bald spontan schloss. Im zweiten Falle wurde erst eine Kolopexie ohne Er-
folg gemacht. Dann eine Kolostomie, welche half: als sich dieselbe aber nach
3 Monaten spontan schloss, starb die Pat. an Okklusion.
Albert in zitiert ferner einen Fall, in dem ein Karzinom der Flexnra
lienalis sc^ar bei der Laparotomie übersehen wurde, das sich später durch
Perforation und Abszessbildung kund tat und einen zweiten Fall, wo es um-
gekehrt ging; man vermutete ein hohes Rektumkarzinom und fand nur Ad-
härenzen.
G-ayet zitiert einen Fall von Abknickung durch Adhärenzen, entstanden
infolge von Pericholezystitis.
Simon (8) fügt den 29 (23 intraabdominal) Netztorsionen zwei
veitere Fälle bei, wobei der erste das Besondere bat, c^ne Uemtenbildnng
zustande gekommen zn sein.
Der zweite trat bei Vorhandensein eines Bruches auf and war mit einer
Ovarialzyst«, die selbst nicht gedreht war, verwachsen.
Für beide Fälle schliesst sich Verf. der Erklärung Payrs an, wonach
die Drehung dadurch bedingt ist, dass durch einseitige Staunng oder ungleiches
Wachstam eine ungleiche Schwere entsteht.
Rocaz (7) berichtet über 3 Fälle von Ödem im Verlauf von Gastro-
enteritiden.
Im ersten Falle betrafen die Ödeme Hände und Fasse. Albumen
wurde nur intermittierend konstatiert.
Im zweiten Falle sassen die Ödeme an den Augenlidern, Händen
and Füssen. Während 5 Tagen kein Albumen, an den übrigen Tagen vorüber-
gehende Albuminurie.
Im dritten Falle etwas schmerzhaftes Ödem beider Beine. Im
Urin kein Albumin. Erst ein Jahr später im Anschluss an Varicellen Albn-
miuurie.
Als Ursache der Ödeme ist eine Retention der Chlorate anzunehmen
infolge der nicht sehr seltenen Nephritis bei Gastroenteritis.
Naunyn (5) beobachtete einen Fall, in dem durch langjährigen Ge-
brauch von Tct. myrrhae und ratanhiae freies Harz in den Magen und den
iJarm gelangte, wo sich Eonkremente bildeten, die zu einem Tumor im
linken Hypogastrium und Schmerzen ähnlich den perityphlitischen führten.
Beides verschwand auf Abführmittel, die die Konkremente zutage förderten.
768
Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
F. Appendizitis.
Referent: E. Voswinckel, Berlin.
Die mit * yersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
( 51^^''-:
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Nachdem aaf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft fflr
Chirnrgie in der ausgedehnten Diskussion, die sich an den einleitenden Vor-
trag Kört es (86) über den günstigsten Zeitpunkt des operativen Eingreifens
hei der Wurmfortsatzentzündung anschloss, sich fast alle Redner mit den in
diesem Vortrag dargelegten Ansichten im grossen und ganzen einverstanden
erklärt haben, zeigt sich Huch in den Publikationen dieses Jahres ein ziemlich
einheitlicher Zug in betreff der Indikation zur Operation. Die Anhänger der
Frühoperation haben auf der ganzen Linie den Sieg davongetragen. Nur in
ganz leicht erscheinenden Fällen ist ein Abwarten nnter chirorgischer Änf-
sicht am Platze, bei der geringsten Neignng zur Verschlimmerung muss so-
fort operiert werden. Nach dem dritten Tage soll man abwarten, nur wenn
nötig Abszesse spalten und später im freien Intervall den Wurmfortsatz
entfernen. Bei Peritonitis ist im Lähmnngsstadium die Chance der Operation
wenig günstig.
v. Brunn (27) teilt aus der v. Brnnschen Klinik acht Fälle von
Divertikelbildung des Wurmfortsatzes mit, die sich im Änschluss an eine
Appendizitis entwickelt hatten. In allen diesen Fällen handelte es sieb nm
eine Lücke in der muskulären Wand des Wurmfortsatzes, welche durch nach-
giebiges Narbengewebe nur eine unvollkommene Ergänzung erfahren hatte.
An Stelle dieser Moskellücke bezw. Muskelnarbe erfährt der Schleimhaut-
zylinder in der mannigfachsten Weise Ausbuchtungen, Ausstülpungen und
Lage Veränderungen. Die Entstehung beruht wahrscheinlich überall auf einer
Appendicitis perforativa, da die mu<)kulären Bestandteile der Wand zerstört
Voswinckel, Appendiütia. 773
sind nnd das sonst zylindrische Epithel der Schleimhaut in niedriges kubisches
verwandelt ist Zur Entstehung eines Divertikels ist es nötig, dass in der
.Sähe der Perforation noch Schleimhaut erhalten bUeb, da im anderen Falle
eine Obliteration des Lumens die Folge sein würde. Die beschriebenen
Formen sind sogen, falsche Divertikel, da in ihren Wandungen nicht alle
^hichten der normalen Appendiswand vertreten sind. Verf. führt aas der
Literatur eine Reihe ähnlicher Fälle an. Klinisch betrachtet gehören sämt-
liche Fälle der rezidifierenden Appendizitis an. Fast stets folgten die Anfälle
sehr rasch aufeinander und konstant waren Verwachsungen vorhanden, so
dass sich die Auflösung des Organs sehr schwierig gestaltete.
Es kommen ausserdem Fälle vor, in denen ein Divertikel nur vorge-
täuscht vird, bei genauerer Untersuchung findet man, daas es ein durch
Entzündnngsvorgänge abgeschnürter Teil des Wurmfortsatzes ist.
Klemm (Riga) (82) beschreibt drei Fälle von Umwandlung eines infolge
akuter Appendizitis spontan abgetrennten Teiles des Wurmfortsatzes, in eine
Zyste nnd zwar, wie er annimmt, durch Sekretion der anfangs erhaltenen
Schleimhaut des abgetrennten Stückes.
Nach Murphys (3) Erfahrung ist die Komplikation einer Infektion der
Appendix mit einer solchen der Vena portantm sehr selten. In zwei Fällen
hatte er die Diagnose auf Pylephlebitis gestellt, die durch die Sektion be-
stätigt wurde, einmal nach einer Appendizitisopeiation das andere Mal nach
einer Hämorrboidaloperation. Im letzten Fall fand sich bei der Autopsie die
direkte Fortleitung der Infektion von der Hämorrhoidalgegend auf die Vena
portamm und sekundäre multiple Abszesse in Leber und Milz. In dem
ersten Fall, der ein Kind betraf, war wohl die Infektion durch die Lymph-
babnen erfolgt. Nach den Untersuchungen vonTerrier und Gun^o finden
sich nämlich in gewissen Partien der Leber besonders an der unteren und
kostalen Fläche des rechten Lappens Lymphgefässe, die nicht wie gewöhnlich
TOD der Leberoberöäche unter die Glissonsche Kapsel ziehen und sich am
Lig. suspensor. oder um die Gallenblase ausbreiten, sondern direkt in die
Leher und längs der Vena portamm zum Hilus ziehen. Und so kann man
sehen wie eine Infektion, die sich von der Appendix nach der Unterfläche der
Leber ausbreitet, entweder durch direkte Übertragung durch die Lymphge-
fässe oder längs des Kolon fortschreitend unmittelbar den Leberlappen infi-
äeren nnd dort Abszesse bilden kann.
Nach Au bertin (8) kommt die Infektion der Leber von einer Appen-
dizitis stets auf dem Wege der Vena portamm zustande, sei es durch eine
totale oder partielle Pylephlebitis. Ist diese nicht makroskopisch nachzu-
weisen, so findet sie sich doch bei der mikroskopischen Untersuchung in
Form von miliaren periportalen Abszessen, in denen sich dieselben Bakterien
finden, wie in dem periappendiknlären Abszess. Die Erscheinungen von seiten
der Leber entwickeln sich meist schleichend, nur in seltenen Fällen plötzlich.
Dae Fieber ist remittierend, Schüttelfröste fehlen meist. Es besteht meist
eine starke Leukozytose. Die Schmerzen sind dumpf, die Leber ist ver-
giössert. Ikterus erscheint erst spät. Sein Fehlen schliesst das Vorhanden-
sein eines Leberabszesses nicht aus. Treten Schüttelfröste, Schneisse und
Diarrhöen auf, nimmt das Fieber einen septischen Charakter an, so mnss
man an eine eiterigen Pylephlebitis denken. Die Krankheit verläuft lang-
sam, der Tod tritt unter dem Bilde der Kachexie ein. In Fällen von
laxischen Erkrankungen kommt es zu den von D i e n 1 a f oy insuffisance
774 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
hepatique atgue genannten Symptombild, meist ohne Ikterus aber mit Albu-
minurie, Urobilinurie, langsamem Abfall der Temperatur und Koma. Dabei
tritt häufig Hämatemesis auf. Daneben gibt es noch zwei andere Formen,
eine latente, in denen die Symptome unklar sind, und eine, die von Ikterus
begleitet ist. Diese Formen treten meist nach der Operation der Appen-
dizitis auf, aber oft auch vor derselben und sind dann ein Zeichen für die
toxische Art der Appendizitis. Als dritte Form ist noch der Icterus gravis
zu nennen, für die Verf. drei Beispiele anführt. Schliesslich gibt es auch
gutartig verlaufende Fälle. Aber auch die schwersten sogar mit Icterus gravis
können ausnahmsweise spontan zur Heilung kommen. Die Diagnose ist in
den Fällen, in denen vorher keine Appendizitis diagnostiziert war, selir
schwer. Sie ist fast anmöglich wenn gleichzeitig eine Peritonitis vorhanden
ist. Obwohl die operativen Erfolge nicht glänzend sind, da trotzdem die
meisten Patienten sterben, glaubt Aubertin doch, dass man meist durch
dieselbe nichts verlieren, wohl aber alles gewinnen kann. Ob man in jedem
Falle von akuter Appendizitis, um den oben geschilderten Komplikationen
vorzubeugen, operieren soll, überlässt Verf. den Chirurgen zu entscheiden.
Die innere Behandlung der LeberafTektion kann nur eine symptomatische sein,
Wttzel (1Ö9) ist durch Beobachtung an drei Fällen von Thrombose
der Vena iliaca externa der linken Seite nach Appendicektomie zu der An-
sicht gekommen, dass es nicht wie sonst wohl angenommen, in den \\arz*:lu
der Vena portae oder sonst in der Umgebung der Appendix und des
Cökums primär zur Thrombose kommt, sondern in den Stämmchen und
Wurzeln der Venae epigastricae, dass also in der Bauchwandung die Gerin-
nung entsteht, deren Fortsetzung nach der linken Bauchseite auf dem We<:e
der Venae epigastr, sin. zur Thrombose der Vena femoralis sin. führt. Als
bisher unbeobachtetes gemeinsames Moment ergab sich in den vom \erf.
beschriebenen drei Fällen die gleichzeitige Unterbindung der Stämme der
Arteria und Vena epigastrica dext. während der Operation.
Payr (118) wirft die Fragen auf: 1. Lässt sich der ursächliche Zu-
sammenhang zwischen Thrombenbildung bezw. EmboHe aus den primär er-
krankten Gebieten mit den sekundär auftretenden, krankhaften Magener-
scheinungen nachweisen? und 2. welche Rolle spielen beim Zustandekummen
der Netz- und GekrÖsevenenthrombose die mykotisch entzündlichen Prozesse
in den Geweben? Durch experimentelle Untersuchungen an Tieren gelang
es ihm durch künstlich in die Netz- und Gekrösevenen eingeführte Emhuü
am Magen zuweilen auch am Duodenum hämorrhagische Erosionen, Infarkte,
Geschwüre und Blutungen zu erzeugen. Eine Anzahl klinischer Bilder udA
Autopsien in vivo verschafften ihm die Überzeugung, dass in gewissen Fällen
ein Zusammenhang zwischen Appendixerkrankung und sekundären oft im
direkten Verlauf der Wurmfortsatzerkrankung auftretenden Magenverände-
rungen besteht. Als solche konnte er beobachten kleine Magenblutungeo,
Zustünde von Pjlorospasmus, das Bild des typischen Ulcus pepticum, ferner
per igastriti sehe Adhäsionen und mehrmals den typischen Befund der narbigen
Pylorusstenose. Spastische Zustände, Erbrechen, Schmerzen und Blutungen
können bei jedem neuen Anfall sich wiederholen und verschwinden wieder
nach dem Abklingen eines solchen. Nach Payrs Ansicht ähneln die dabei
sich findenden kleinen Magengeschwüre so sehr denen in seinen Tierver-
suchen künstlich erzeugten, dass er für beide dieselbe Genese annimmt und
glaubt, dass die Emboli sowohl aus dem Netz als auch aus dem Wuriufort-
Vosvinckel, Appendizitia. 775
i^tze und Mesenteriolum stammen. Therapeutisch genügt in deo meisten
Fällen die einfache Appendektomie, für die Form der auf den Pylorus lokali-
sierten Erkrankungen leistet die Pyloroplastik ansgezeichnetes, da die Durch-
trennung der Hingmuskelschieht für die Beseitigung des Eramp^ustandes
ähnliches leistet nie die Sphinkterendehnung bei der Fissura ani.
Poija (121) beschreibt vier Fälle von Appendizitis, bei denen sich zu
dem Ornndleiden eine Thrombose und Phlebitis der Dünndarmvenen zuge-
sellte. Allen Fällen war eine aus einer eiterigen Appendizitis hervorgehende
Thrombophlebitis gemeinsam, aber während diese in zwei Fällen nur von ge-
ringer Bedeutung war, indem sie hier nur die TeilerBcbeinuug einer portalen
Pyämie darstellte, brachte sie in den zwei anderen Fällen die hämorrhagische
Infarzierung eines bedeutenden Dünndannabschnittes hervor, verursachte die
beginnende Nekrose und den funktionellen Ausfall dieses Darmabschnittes und
fährte so zu llenserscheinungen.
Das Vorkommen von Thrombosen und Thrombophlebitiden und die
daraus resultierenden embolischen Prozesse, sowohl im Stromgebiete der Hohl-
vene, als auch der Pfortader gehören nicht zu den Seltenheiten. In den be-
schriebenen Fällen handelte es sich augenscheinlich nm portale Metastasen
des appendikulären Entzündungsherdes, die aber deshalb von besonderem
Interesse sind, weil der in die Vena mesaraica superior gelangte septische
Thrombus von da auf retrogradem Wege in die Venen des Dünndarmmesen-
teriums transportiert wurde und zur blutigen Infarzierung und zur beginnenden
Nekrose des diesem Venengebiete angehörenden Dünndarmabschnittes ge-
führt hatte.
Verf. zieht aus der Beobachtung seiner Fälle mit Benutzung der ein-
schlägigen Literatur folgende Schlüsse:
1. Im Gefolge des appendikulären Entzündungsprozesses kann es durch
Vermittelung der Vena mesaraica superior zur Thrombophlebitis der GekrÖs-
venen kommen.
2. Diese Thrombophlebitis kommt zumeist in den Jejunalvenen zustande.
3. Die Thrombose und Entzündung der Mesenterialvenen infolge der
Appendizitis verläuft in einzelnen Fällen ohne nennenswerte anatomische und
tunktionelle Störungen des Darmes und bildet lediglich eine Teilerscbetnung
der portalen Pyämie; in anderen Fällen bewirkt sie die blutige Infarzierung
und Gangrän des betreffenden Darmabscbnittes und bringt hierdurch eine
Form des appendikulären Ileus zustande.
4. Durch die ziemlich regelmässige Lokalisierung der Erkrankung im
oberen Teil des Jejunum ergibt sich als charakteristisches klinisches Merkmal,
die unter dem linken Rippenbogen in der Gegend des Nabels nachweisbare
schmerzhafte Resistenz bezw. Dämpfung, welche nach Abklingen von appen-
dizitisartigen Symptomen in Begleitung von pyämischen Erscheinungen oder
Heus auftritt.
5. Diese Komplikation der Appendizitis ist, da die Eiterherde in der
Vena mesaraica superior unangreifbar sind, als eine sonst sicher tödliche zu
betrachten.
Blake (20) operierte mehrere Fälle, in denen er eine Appendizitis dia-
gnostiziert hatte, fand aber keine Entzündung, sondern nur ein sehr kurzes
Mesoappendix. Unter zehn solchen Fällen litten zwei an Ejiteroptosis und
zvei an rechtsseitiger Wanderniere, in einigen erschien das Cökum durch die
.Appendix, die am Kolon adhärent war, geradezu aufgehängt. Er sieht diese
776 JahTesbericht fllr Chirurgie. U. Teil.
Aoomalie als EDtwickelungsfehler an. Das Cökum steigt nämlich am Eode
des uterinen Lebens von seiner Lage nabe der Leber in die Fossa iliaca
herab, dieser Lagewecbsel ist verbunden mit einem Längenwachstam des
Colon descendens nnd einer Senknng des ganzen Kolon. Nimmt non die
Länge des Kolon zu, so müssen seine Gefässe in gleichem Verhältnis wachsen,
geBcbiebt dies nicht, so tritt eine Faltung des Mesenterium ein, dies tritt anch
an der Verbindungsstelle des Cökum mit der Appendix ein, infolge des un-
gleichen Wachstums der Gefasae des Mesenteriolum.
Nach van Zwalenburg (162) sind vier Punkte von besonderer Be-
deutung für die fttiologie der Appendizitis: 1. die StrikturieruDg, 2. die
Sekretion, 3. die stets anwesenden pathogeuen Keime, 4. die Dilatation, die bei
Früboperationen beobachtet wird. Eine weitere notwendige Bedingung ist
der hydrostatische Druck in der ausgedehnten Appendix. Hält dieser längere
Zeit an, so obliterieren die Gefässe und es entsteht Gangrän. Diese innere
Drucksteigemng kommt zustande, wenn die Appendix nach dem Cöknm hin
durch eine Striktnr, eine Knickung oder einen Kotstein verschlossen ist und
die Sekretion der zablreicben Drüsen in der Mukosa weiter fortbesteht. Da
nun der Druck in den zuführenden (arteriellen] Gefässen = 125 mm Queck-
silber, der der abführenden (venösen und lymphatischen) nur 10 mm beträgt,
so muss bei VerschluES anderer Abführungswege der Druck im Inneren des
Wurmfortsatzes sehr bald steigen, dadurch werden aber die scbwäcberwandigen
Gefässe sehr komprimiert und der Druck im Innern kommt auf 125 mm
Quecksilber. Durch diesen Innendruck werden die Wandungen des Wurm-
fortsatzes geschädigt und geben den pathogenen Keimen, die sich stets im
Innern befinden, Gelegenheit in sie einzudringen und sie zu zerstören. Über-
windet aber der Innendruck den Verschluss zum Cöknm hin, so wird der
Inhalt in dieses entleert und es kommt zur Heilung. In vielen Fällen liegt
die Ursache des Verschlusses in kongenitalen Bild ungsf eh lern begründet, durch
die Degeneration des rudimientären Organes. Diese Bildnngsfehler sind oft
hereditär, daher ancb die oftmals hereditär auftretende Erkrankung.
Um die Wirkung der Ansdebnung des Wurmfortsatzes durch Flüssigkeit
zu studieren, unterband Verf. denselben bei Hunden und spritzte vermittelst
einer Hohlnadel Wasser in das Lumen. Dann trat stets eine Appendizitis
auf und es stellte sich dabei heraus, wie in dem Journal of tbe american
medical association for March 26, 1904 näher beschrieben ist, dass die Aus-
dehnung eine Conditio sine qua non bedeutet. In den Fällen, in denen nur
eine Ligatur oder eine Injektion von Bakterium mit oder ohne Ligatur, aber
keine Ausdehnung durch Wassereinspritzung gemacht wurde , trat eine Ent-
zündung nicht auf.
van Zwalenburg kommt zu dem Schlüsse, dass man so früh wie
möglich operieren soll, wie bei einem eingeklemmten Bruch, denn man sei
stets ungewiss, ob der Inuendmck das Hindernis überwinden könne und sieb
der Inhalt des Warmfortsatzes in das Cökum entleere.
Bakteriologische Untersuchungen von ca. 80 Fällen der chirurgischen
Abteilung von Lotheisen in Wien haben Haim (10) zu dem Resultat ge-
führt, dass die Epityphlitis eine bakterielle Erkrankung ist und, dass sie einen
endemischen Charakter besitzt. Die durch die verschiedenen Mikroorganismen
erzeugten Epityphlitiden bieten voneinander verschiedene, ganz selbständige
und abgegrenzte Krankheitsbilder dar, welche sich in bezug auf Verlauf, Pro-
gnose usw. wesentlich voneinander unterscheiden.
VoBwiDckel, AppeudiilUa. 777
Die StreptokokkeoepityphJitis befällt mit Vorliebe junge, kräftige Id-
dividuen, setzt sehr stark aknt, gevÖbnlicb mit einer Angina and schweren
Allgemeinerscheinungen ein nnd führt äusserst rasch zu einer diffusen Peri-
tonitis, wenn nicht frühzeitig operiert wird. Der Wurmforteatz ist wenig
Terändert, nie gangränös, es kommt gewöhnlich zu einer Wandphlegmone oder
kleinen Perforation; keine Adhäsionen, die Prognose ist sehr ernst. Die Koli*
epitypblitis ist die gewöhnliche, setzt in der Regel subakut ein, die lokalen
Erscheinungen überwiegen, es kommt durch Bildung von Verklebungen und
Adhäsionen zur Entwickelung von abgesackten Abszessen. Die Appendix wird
^gränös, die Prognose ist günstig, nur die vernachlässigten Fälle, wo es
lai Bildung von multiplen Abszessen gekommen ist, enden gewöhnlich letal.
Die Pneumokokkeninfektion setzt stürmisch ein und führt sehr rasch
lar diffusen Peritonitis- Es bestehen oft zerebrale Symptome, so dass das
Bild eines typhösen Zustandes entsteht. Diagnostisch wichtig ist die starke
Vermehrung des Fibrinnetzes im Blut. Die Prognose ist sehr ernst.
Die Staphylokokkenepityphlitis scheint in Wien selten zu sein. Das
Bild ist dem bei der Koliinfektion sehr ähnlich, nur scheint die Prognose
noch günstiger zu sein.
Von M ischin fektionen wurde am banfigsten die mit Koli- und Strepto-
kokken beobachtet. Das Bild ist dem der Koliinfektion ähnlich, nur ist der
progrediente Charakter mehr ausgesprochen und die Prognose viel ernster.
Es ist demnach bei jeder Epityphlitis der bakteriologische Befund zu
erheben, da demselben ein ausschlaggebender Wert zukommt. (Selbstbericht.)
Bottomley (23) siebt als Hauptursache für die Entstehung der Appen-
diiitis die Infektion durch besonders virulente Bakterien verschiedenster Art
Tom Wurmfortsatz aus an. Unterstützt wird diese durch den Reichtum an
I;iophoidem Gewebe der Schleimhaut. Daneben sind begünstigende Umstände
das Vorhandensein von Konkrementen, Ulzerationen und Strikturen, die dem
andringen resp. der Vermehmng der Bakterien Vorschub leisten, Bot-
tomley glaubt, dass die Appendizitis häutiger geworden sei und dies nicht
nur an der besseren Diagnose liege. Die Gründe für das häufigere Auftreten
sieht er in der modernen Lebensführung, der häufigen Konstipation, der An-
vendnng von Abführmitteln, Verdauungsstörungen, schlechten Zähnen und
der bamsaueren Diathese. Unverdaute Massen können die unmittelbare Ur-
sache eines akuten Anfalls sein. Dass die hamsaure Diathese eine Ursache
für die Anfälle sei, hat man daraus geschlossen, dass Salizylsäure die Anfälle
günstig beeinflussen, aber auch rheumatische AlFektionen hat man mit Appen-
dizitis zusammen beobachtet, auf die Salizylsäure ebenfalls günstig einwirkt.
Bei alten Leuten liegt die Möglichkeit vor, dass dass die Endarteriitis die
Gangrän der Appendix hervorruft. Das häutige Auftreten der Erkrankung
zwischen dem 10. nnd 20. Jahr erklärt Bottomley damit, dass zu dieser
Zeit das lymphoide Gewebe besonders ausgebildet sei nnd Kinder besonders
zu DarmkaUÜ'rhen neigen.
Auch Klemm (83) fasst die Appendixerkrankung im wesentlichen als
eine Kolimykose auf und gliedert sie den hauptsächlichsten Eiterkrankheiten
des wachsenden Individuums der Lymphadenitis, Tonsillitis und Osteomyelitis
m, die ja auch keine bakteriologischen Einheiten, sondern nur verschieden-
artige Mykosen der lymphoiden Substanz darstellen. Die Frühoperation ist
nach des Verf. Ansicht sicher diejenige Therapie, der die Zukunft gehört, weil
mit ihrer Hilfe die meisten Menschen gerettet werden können. Er hält einen
778 Jahresbericht fQr Chirargie. II. Teil.
Zusammenhang der gehäaften Appendixerkrankungen mit der Influenza für
wahrscheinlich, da nach dem Auftreten dieser auch die anderen Eiterkrank-
heiten, z. B. Empyeme, Mittelohreiterungen, Osteomyelitiden, sich vermehrt
haben.
Bosse (22) konstatiert, dass in letzter Zeit in den Augen der prakti-
schen Ärzte, ja sogar beim Publikum, die Appendizitis eine chirurgiücbe Krank-
heit geworden ist. Die Entstehangsursache ist in Anomalien des Organes
selbst zu suchen. Der Kausalnexus mit akuten Infektionskrankheiten i^t
nicht von der Hand zu weisen; in der Mehrzahl der Fälle sind aber für die
Entstehung die Darmbakterien selbst die Ursache, besonders das Bact. coli.
das einen hohen Grad von Virulenz anzunehmen imstande ist. Nach intra-
peritonealer Einverleibung appendizitischen Eiters, die Verf. an Mäosen vor-
nahm, gehen diese bald an Septikämie ohne Lokalerscheinungen zugrunde. In
ihrem Herzblut, sowie in der Flüssigkeit der serüsen Höhlen fand sich stets
nnmittelbar post mortem dasselbe Bact. coli. Damit hat die Auffassung von
der phlegmonösen Natur der Appendizitis eine reele Stütze erhalten. Diagnose
und Prognose des Krankheitsstadiums sind den meisten Autoren zufolge selbst
bei grosser Erfahrung unmöglich, da die klinischen Erscheinungen sich viel-
fach nicht mit der Schwere der anatomischen Veränderungen decken. Über
die Notwendigkeit der Operation bei schweren und nachweislich in Zunahiue
begriffenen Erkrankungen herrscht nur eine Stimme, über die Wahl de^ Zeit-
punktes der Operation und über ihre Ausdehnung schwanken die Ansichten
jedoch noch erheblich. Einigkeit herrscht darüber, dass in den ersten zveinml
24 Stunden die Operation die besten Chancen bietet. Die Therapie vom
dritten Tage nach dem Anfalle an ist aber noch in keiner Weise festgelegt.
Wie in seinen früheren Veröflfentüchungen in französische Zeitschriften
hält Lncas-Championni^re (i)8j auch in seiner in der medizini-
schen Wochenschrift erschienenen Arbeit an seiner Ansicht fest, dass die
Appendizitis in den letzten Jahren häufiger geworden sei. Ihr Auftreten sei
b^ünstigt durch die Influenza; der Boden für deren Wirkung sei vorbereitet
durch die übermässige Fleischnahrung. Prophylaktisch empfiehlt er deshalb
eine Verminderung der Fleischkost und eine periodische künstliche Entleemn;!
des Darmes, besonders bei solchen Personen, die eine Influenza durcligemaflil
bähen. Als Therapie der ausgebrochenen Appendizitis ist seiner Meinung
nach nur der chirurgische Eingriff, sobald die Diagnose gestellt ist, zu emp-
fehlen.
Rotter (134) hält durch die Untersuchungen Aschoffs an den von
ihm im Frühstadium esstirpierten Wurmfortsätzen für erwiesen, dass eine ganz
normale Appendix, wenn sie zufällig pathogene Keime enthält, einer akuten
Entzündung bis zu den schwersten Graden verfallen kann, ohne dass sie schon
vorher chronisch krank gewesen zu sein braucht. Die bisher geltenden Ge-
legenheitsursachen, wie Stenosen, Abknickungen, Kotsteine, spielen dabei nur
insofern eine Rolle, als sie den Grund für eine Sekretstanung abgeben können,
die sowohl dem Wachstum der pathogenen Bakterien Vorschub leistet, als
auch durch ihren Druck die Nekrotisierung der Appendix begünstigt. Ein
Kotstein an sich bringt nie eine Nekrotisierung der Wand zustande und so
erklärt es Rotter auch, dass er an den im Intervall operierten Wurmfortsätzen
mit Kotsteinen niemals vorbereitende Ulzera zu Gesicht bekam. In 15 von
seinen 65 Fällen fand er makroskopisch äusserlich am Wurmfortsatz keineil«i
Veränderungen, so dass er fast glaubte eine Fehldiaguose gemacht zu haben,
VnBwinckel, App«DdiEitiB. 779
\ix mikroskopische Untersnchuug vermittelst Serieiischnitte lehrte jedoch,
iLiss in solchen Fällen Lymphangitiden bestanden, welche sich nur in Sub-
oiakosa and Muskularis abspielen und dass gelegentlich kleine eiterige Er-
weichungen in der Muskularis, ja sogar beginnende Gangrän der Mukosa vor-
handen war. Die Frühoperationen haben ferner gelehrt, dass Exsudate in
der freien Bauchhöhle sehr häufig, nämlich in zwei Drittel aller Fälle, vor-
kommen. Unter diesem Gesichtspunkte teilt Rotter seine Fälle ein in solche
oime Exsudat, solche mit serösem und trübserösem freien Exsudat und solche
mit diinneiterigem und reineiterigem freien Exsudat. Bei der ersten Gruppe
liess der Wurmfortsatz gar keine oder nur geringe Veränderungen erkennen,
JD der zweiten Gruppe fand sich meist ein stärkeres Odem oder gar eine
eiterige Infiltration der Wand, bei der dritten Grnppe bestand Nekrose der
Wand oder Perforation. Es kommen aber auch Übergangsformen vor. Die
bakteriologische Untersuchung ergab, dass die serösen Exsudate meist steril,
die eiterigen bakterienhaltig waren. Da bei den nekrotischen und perforierten
Formen fast stets Verklebungen gefunden wurden, so scheint die bakterielle
Infektion nicht so zustande zu kommen, dass sich der Inhalt des Abszesses
plötzlich in die Bauchhöhle ergiesst, z. B. durch eine Perforation, sondern
dass die Bakterien und Toxine durch die fibrinösen Verklebungen diffundieren.
Die Häufigkeit des Exsudates erklärt auch die Entstehung der diffusen,
fpeziell der diffus progredienten Peritonitis, die also nicht durch langsames
Weiterkriechen sich entwickelt.
Rot t er wendet sich dann zu dem klinischen Bild. Bei den ana-
lomisch als leicht charakterisierten Fällen (15), bei denen der Wurmfortsatz
üusserlich noch keine Veränderungen erkennen liess, handelte es sich klinisch
in einem Viertel um leichte, in drei Vierteln jedoch um schwere Anfalle. Die
schweren klinischen Symptome können dabei nur durch die Lymphangitis der
Ajij>endixwand erklärt werden. Die zweite Gruppe (19) mit serösem, resp.
Irübserösem Exsudat zeigte dieselben Initialsymptome wie die der ersten, es
bestand aber eine Resistenz und der lokale Druckschmerz war intensiver, es
bestand immer Fieber zwischen 38 und 40". Anatomisch fand sich hier stets
ein Wurmfortsatz mit stärkerem Odem oder eiteriger Infiltration. Der seröse
oder trübseröse Exsudat bestand symptomlos. Bei den Fällen der dritten
tinippe mit eiterigem Exsudat bestanden schon früh eine Reihe schwerer
Symptome, Von der vorigen Gruppe unterschieden sie sich besonders durch
die Ausdehnung der Druckschmerzhaftigkeit des Bauches, die sich oft bis auf
die linke Seite erstreckte. Der anatomische Befund zeigte stets partielle oder
totale Nekrotisierungen oder Perforationen des Wurmfortsatzes. Für die
Diagnose mnss es nach Rotter als Tatsache gelten, dass sie in den ersten
Tagen bezüglich der Schwere der Erkrankung oft nicht sicher gestellt werden
kann und er zieht daraus die Schlussfolgerung, auch die leichten Fälle za
operieren. Für die Operation befürwortet er einen nicht zu kleinen Schnitt,
um die freie Bauchhöhle abstopfen zu können und sie vor dem Eindringen
lon infektiösem Material bei der Operation zu schützen. Bei serösem Exsudat,
das ja keimfrei ist, spült Rotter die Bauchhöhle nicht aus, wohl aber bei
eiterigem und zwar mit 30 — 40 1 Kochsalzlösung. Ob die Spülung viel
Qüht, lässt sich statistisch nicht nachweisen, Schaden richtet sie aber jeden-
falls nicht an.
Was die Mortalität anbetrifft, so sind von 65 9 gestorben =; IS"/".
Bei 5 TOD diesen bat die eiterige Peritonitis, die sich schon bei der Opera-
780 Jabreabericfat fUr Chirurgie. II. Tdl.
tion fand, zum Tode geführt. 3 von ihnen wnrden 30 — 31 Stunden und 2
48 Stunden nach dem Beginn der Erkrankung operiert. Dreimal lag Per-
foration und zweimal partielle Gangrän des Wurmfortsatzes vor. Von den
übrigen 4 war der eine ein korpulenter Alkoholiker mit Diabetes und 3 im
Alter von 70 nnd 80 Jahren. Rotter ist daher der Ansicht, dass man Per-
sonen über 50 Jahre nur mit grosser Auswahl operieren soll, solchen über 60
aber die Operation abraten, wie er dies schon früher bei Intervalloperationen
stets getan hat. Aus einem Vergleich der Operationsresultate im Jahre 1903
mit den jetzigen ergibt sich, dass für die Gruppen 1 und 2 die Mortalität
nngefäbr gleich bleibt, dieselbe aber bei Gruppe 3, welche 1903 bei zuwarten-
der Indikation 54 "/o betrug, durch die 48 Stnndenoperation auf 27 '/o herab-
gedrückt wurde. Hierdurch ist Rotter zu einem überzeugten Anhänger der
Frühoperation geworden.
In der an diese Ausführungen sich anschliessenden Diskussion bemerkt
Sonnenbarg, dass er nicht kritiktos jeden Fall von akuter Appendizitis, der
innerhalb der ersten 48 Stunden in seine Behandlung komme, operiere, da es
sehr wohl möglich sei, von den klinischen Symptomen auf die Schwere des
Falles, resp. die anatomischen Veränderungen einen Schluss zu ziehen. Von
160 innerhalb der ersten 48 Stunden aufgenommenen Patienten habe er 50
sofort operiert mit 8 Todesfällen, 70 im weiteren Verlauf des akuten Anfalles
mit 6 Todesfällen. 42 wurden exspektativ behandelt, von diesen starb keiner.
Er glaubt deshalb die Auswahl der Frühoperationen verhältnismässig richtig
getroffen zu haben.
Israel stellt sich ganz auf den Standpunkt Rotters mit den Worten:
„Wenn wir der dritten Gmppe nützen wollen, müssen wir die beiden ersten
Gruppen nolens volens mit in den Kauf nehmen, da er im Gegensatz zu
Sonnenburg erkannt hat, dass in einer sehr grossen Anzahl von Fallen
die bisher bekannten klinischen Symptome vollständig versagen für die sichere
Erkenntnis desjenigen, was in der Bauchhöhle vorgeht. Unter 100 Intervall-
operationen hat er keinen verloren, unter 48 in den ersten 48 Stunden
Operierten einen einzigen mit diffuser Peritonitis. Unter 37 Operationen
zwischen dem 3. und 14. Tage hingegen hat er 16 Todesfälle zu beklagen
= 43,2 ''/o im Gegensatz zu 2o/o bei Frühoperationen. Israel spült nicht,
läBSt bei eiterigem Exsudat aber die Bauchhöhle offen und drainiert durch
Gazestreifen. Von 13 fortschreitenden Peritonitiden verlor er bei dieser Be-
handlung bei der Frühoperation nur 1, bei 14, die später operiert wurden,
13. Riese steht ebenfalls auf dem Standpunkt Rotte rs, für den auch noch
der Umstand nach seiner Ansicht spricht, dass man die Patienten, wenn mau
sie mit grossen Schmerzen vor sich hat, sehr viel leichter zur Operation
brii^en kann, als im freien Intervall, wenn die Schmerzen geschwunden sind.
Er hat von 46 Frühoperationen nur 3 verloren. 17 waren mit eiteriger,
diffuser Peritonitis behaftet and unter diesen befanden sich die 3 letal endigen-
den Fälle. Auch Karewski teilt den Standpunkt Rotters, er verlor von
39 innerhalb der ersten 48 Stunden Operierten 2. Nordmann teilte mit,
dass Körte allmählich unter strenger Auswahl der Falle von der konser-
vativen zur operativen Behandlung der akuten Perityphlitis übergegangen ist.
Er empfiehlt auf Grund seiner Erfahrungen die Radikaloperation der akuten
Perityphlitis und Peritonitis innerhalb der ersten zwei Tage auf das ange-
legentlichste. Vom dritten Tage wird die Prognose bei den Fällen von Perl-
Toswinckel, Appendiutis. 781
tünitis schon angünstiger. In fast allen Fällen konnten im Exsudat, auch im
serösen, Bakterien nachgewiesen werden.
Kümmel (90) behandelt in einem im ärztlichen Verein zn Hamburg
gehaltenen Vortrag zuerst die Frage: Was ist die Ursache, dass heute die
Appendizitis eine so weit verbreitete, alle Schichten der Bevölkerung und
jedes Lebensalter bedrohende Krankheit geworden ist, dass sie in den letzten
Jahren ao Häufigkeit und Intensität zugenommen hat. Zweifellos erscheint
ihm dabei die erbliche Belaetang von grosser Bedeutung zu sein. Als Grund
för die Entstehung nimmt er einmal die übertriebene Fleiscbnahrnng, dann
aber auch die verschiedenen Infektionskrankheiten an. Er konnte z. B. be-
sonders in den letzten Jahren feststellen, dass kurz vor dem Ausbruch der
Appendizitis eine Angina vorausgegangen oder noch im Abklingen begriffen
«rar; aach die Influenza ist für ihn ein nicht wegzuleugnendes Moment für
die Eotstehang der Appendizitis. Das so häufige Auftreten der Appendizitis
und die anscheinende Zunahme der Erkrankung hat nach seiner Auffassung
mm grössten Teil seinen Grund in dem besseren Erkennen der sicheren
Diagnose von selten der Ärzte. Andererseits bandelt es sich um eine wirk-
liebe Zunahme der Erkrankung, deren Ursache vor allem in der zu reich-
lichen Fleischnahmng und in dem häufigeren Auftreten der Infektionskrank-
heiten, besonders der Influenza zu suchen ist. Verf. gibt jedoch zu, dass
noch ätiologische Momente vorhanden sind, für die wir noch keine positiven
Ursachen zu finden vermögen. Was die pathologisch anatomischen Verhält-
nisse anbetrifft, so betont Kümmell auch das grosse Missverhältnis zwischen
den verhältnismässig schweren klinischen Krankheitserscheinungen und dem
pathologisch anatomischen Befund einige Zeit nach dem akuten Aufall.
Gerade der unberechenbare und vielfach nicht vorauszusehende Zustand, in
nelchem sich der Wurmfortsatz befindet, gestaltet das Krankheitsbild zu
einem so heimtückischen und gefahrlichen. Der Umstand ferner, dass ein
eiomal erkrankter Wurmfortsatz nur selten ausheilt, lässt eine Radikalope-
ratton für dringend wünschenswert erscheinen. Für die Differentialdiagnose
ist der anf die typische Stelle am Mao Burneyschen Punkt lokalisierte
Dmckschmerz das wichtigste Moment. Eine Verwechslung mit Darmverschlußs
ist früher in den fortgeschrittenen Stadien, in denen fäknlentes Erbrechen
anftrat, nach Kümmell häufig gemacht worden. Liest man diese Fälle, die
mit Opium und Atropin geheilt sind , jetzt durch , so findet man , dass es
sich dabei um von dem Wurmfortsatz ausgebende Peritonitiden mit para-
lytischem Ileus, aber niemals um einen mechanischen inneren Darmverscbluss
gehandelt hat.
Von 1000 von Kümmell ausgeführten Appendizitisoperationen wurden
ansgeführt: a) im anfallsfreien Sta'lium 695 mit 4 Todesfällen = 0,57 °/d.
Ein Fat. starb an Peritonitis, einer an Pneumonie, zwei an Lungenembolie;
b) im akut entzündlichen Stadium, Frühoperation 49 mit 3 Todesfällen = 6''lo.
Ein Pat. starb an Pneamonie, einer an diffuser Peritonitis, einer an Gangrän
des Cökum mit Peritonitis; cj 178 abgekapselte Abszesse mit 18 Todesfallen
= lO'/o; d) diffuse Peritonitis 82 mit 73 Todesfällen = 89»/o. Kümmell
hat 03 sich zum Prinzip gemacht, bei den Intervalloperationen 4 — 6 Wochen
nach Ablauf der fieberhaften Erscheinungen mit der Entfernung der Appendix
ta warten, bis jeder Rest eines Exsudats geschwunden ist. Unter diesen
lallen waren 36 mit Salpingitiden kompliziert, die alle geheilt sind. Zwei
Entfernungen der Appendix wurden während der Gravidität im 3. respektive
782 Jahresbericht tör Chirurgie. II. Teil.
5. Monat vorgenommen und ohne Unterbrechong der Schwangerschaft geheilt.
Von 5 mit Gallensteinen komplizierten FälJen starb einer an Herzschwäche
infolge von Fettherz. Unter Gmppe c) abgekapselte Abszesse sind auch alle
die Fälle gerechnet, nelche im akuten entzündlichen Stadium später als etwa
48 Stunden zur Operation nötigten. Für die Indikation zur Operation stellte
Ktimmell folgende Sätze auf: 1. Jede ausgesprochene Appendizitis ist sofort
zu operieren. Je früher die Operation, um so günstiger. 2. Fälle, welche
erst nach Ablauf von etwa 48 Stunden zur Behandlung kommen, sind, falls
nicht die Schwere der Erkrankung einen sofortigen Eingriff nötig macht,
exspektativ mit Opium, Eis etc. zn behandeln. Abführmittel sind unter allea
Umständen zu vermeiden. 3. Abszesse sind baldigst za öffnen, die Appendix
wird dabei nicht prinzipiell entfernt. Nach Heilung der Wanden wird die
Radikaloperation in allen Fällen vorgenommen. 4. Jeder Patient, welcher
einen Anfall von Appendizitis überstanden hat, ist durch Entfernung des
Wurmfortsatzes vor Rezidiven zu schützen. Auch bei der chronischen Form
ist die Resektion der Appendix vorzunehmen.
In der Novembersitzung des ärztlichen Vereins zu Hamburg referierte
Friedheim (51) über 203 Fälle von Appendizitis, welche im letzten Jahre
auf der chirurgischen Abteilung des Eppendorfer Krankenhauses von Kümmelt
operiert wurden. 130 mal wurde im Intervall operiert, in 46 Fällen war e^
bereits zu Abszessen und Perforationsperitonitiden gekommen. In 27 Fällen
wurde innerhalb der ersten 48 Stunden operiert. Die Frühoperation wurde
prinzipiell erst seit diesem Jahre auch in den leichtesten Fällen ausgeführt,
wenn nicht mehr als 48 Stunden seit dem Beginn des Anfalls verflossen
waren, weil erstens sich die Fälle gehäuft haben, in denen anfangs klinisch
ganz leicht erscheinende Anfälle plötzlich und unberechenbar zu den schwer-
sten Komplikationen geführt haben, und weil zweitens nach Eintritt dieses
Fortschrittes der Erkrankung die Prognose schlecht wird, wie die erschreckende
Mortalität der zweiten Gmppe, 20 von 46, zeigt.
Hagen (58) teilt die Erfahrungen, die in der Appendizitisfrage im
städtischen Krankenhause zu Nürnberg gemacht wurden, mit. Das Materi.ii
nrafasst 184 operativ behandelte Falle aus den Jahren 1898 — 1904, wobei
ein deutliches Anwachsen in den letzten Jahren zu bemerken war. 120 Er-
krankungen betrafen das männliche, 64 das weibliche Geschlecht. '/• fielen
in das Alter zwischen dem 16 und 30. Lebensjahr. Soweit der Befiuid an
der Appendix notiert war, fanden sich eine Appendizitis simplex in 54, eine
Perforation in 32 und eine mehr oder weniger vollständige Gangrän in
33 Fällen. Kotsteine fanden sich nur 21 mal, einmal eine Fischgräte, die
die Wand angespiesst hatte. Viermal fand sich der entzündete Wurmfortsatz
in Hernien. Des Verfassers mikroskopische Untersuchungen haben ihm die
Richtigkeit der Aschhoff sehen Ansicht bestätifrt 30 mal fand sich als
Komplikation bei der Operation eine aligemeine Peritonitis, von denen 12
(40*/ö) in Heilung ausgingen. 7 mal wurde bei diffuser Baucbfellentzündung
am ersten Tage operiert, von diesen starb nur einer, von 4 Fällen, die am
zweiten Tage operiert wurden, konnte nur einer gerettet werden, die später
operierten endeten alle letal. Von sonstigen Komplikationen wurde einmal
ein kompletter mechanischer Ileus nach der Operation beobachtet, der durch
Anlegung einer Enteroanastomose in Heilung ausging. Die Ursache war eine
zu starke, spitzwinkelige Heranziehung des Ileums an das Cökum infolge lu
weitgreifender Schnümaht. Einmal trat eine Pylephlebitis auf, die tödlich
VoBwinckel, Appendizitis. ?fö
endete und ein Pat. starb infolge Blutung aus einem arrodierten Gefäss in
dt^r gangränösen Abszesswand. Nur einmal wurde ein subphrenischer Abazess
kobachtet, mehrmals eine Perizystitis und Zystitis. In einem Falle führte
im zweiten Tage nach der Eröffnung eines perityphlitischen Abszesses eine
Embolie der Arteria fossa Sylvii zum Tode.
26 mal wurde die Friihoperation gemacht ohne Todesfall, davon gehörten
13 Fälle der Appendizitis simplex an, 6 mal war eine Perforation vorhanden
und 7 mal eine mehr oder weniger ausgedehnte Gangrän der Wandung. Das
klinische Bild stand dabei oft durchaus nicht im Einklang mit dem bei der
(.iperatioQ erhobenen Befund. Verf. betont daher die Unsicherheit sowohl der
speziellen Diagnose als besonders der Prognose.
Die Spätoperation wurde 111 mal ausgeführt, davon gingen 78 Fälle in
Hellung ans, 33 (29,72 0/0) endeten letal. Mit Ausnahme von 7 Fällen han-
delte es sich stets um einen oder mehrere Abszesse. Bei 66 Patienten wurde
der Wurmfortsatz sofort mit entfernt. In 11 Fällen blieb eine Fistel zurück,
»ofiir Verf. den zurückgelassenen Wurmfortsatz verantwortlich macht. Bei
den Fisteln nacli Radikaloperation tag einmal Tuberkulose des Wunnfort-
Kities and Cökums vor, einmal war die Spitze des Wurmfortsatzes zurück-
geblieben, einmal entwickelte sich an der Abtragungsstelle des Wurmfortsatzes
eine Lippeofistel.
Im freien Intervall wurde der Wurmfortsatz 47 mal entfernt. 44 Hei-
lungen, 3 Todesfälle. Verf. glaubt, dass die Gefahren bei der Fruhoperation
nicht grösser sind, dass diese aber den zwei Indikationen genügt, die wir
an einen operativen Eingriff stellen müssen: Behebung der augenblicklichen
(iefahr und danerude Heilung. Er hält deswegen die Operation im akuten
Anfall in jedem Fall für indiziert, der vor Ablauf der ersten 48 Stunden in
unsere Behandlung kommt. Vom dritten Tage ist eine zuwartende Behand-
lung in den nicht progredienten Fällen berechtigt, wenn der Kranke ständig
überwacht wird. Fälle mit progredienter Tendenz oder allgemein septischen
Erscheinungen sind auch nach den beiden ersten Tagen zu operieren. Bei
allgemeiner Peritonitis besteht die einzige Aussicht auf Rettung in sofortiger
breiter Eröffnnng und Tamponade der Bauchhöhle mit Entfernung des Wurm-
fortsatzes. Die Operation im freien Intervall ist stets geboten, wenn ein
Änrall sicher nachgewiesen ist.
Was die Technik anbetrifft, so bevorzugt Verf den Schnitt am lateralen
Rand des M. rectus, nur bei Abszessen, die durch die Bauchwand zu fühlen
sind, legt er den Schnitt über die Geschwulst und arbeitet sich stumpf in
die Tiefe. D o u g 1 a s abszesse eröffnet er mit Vorliebe vom Rektum oder der
\agina. Das Abstopfen der Bauchhöhle wird in allen Fällen sorgfältig aus-
geführt. Der Wurmfortsatz wird abgeklemmt, eingestülpt und übernäht. Bei
allgemeiner Peritonitis verzichtet er auf Kochsalzspülungen.
Nach Bode (21) (städt. Krankenhans zu Frankfurt a/M. Abt. Prof. Rehn)
ist die Appendizitis ihrem Wesen nach eine durchaus einheitliche Erkran-
tnngsform, bedingt durch eine auf bakterieller Infektion beruhenden Entzün-
dung des Wurmfortsatzes, welche sich bei den ein/einen Fällen nur durch
die Quantität und Qualität der eingeführten Keime, sowie die individuell ver-
scliieden grosse Widerstandskraft des betreffenden Organs der benachbarten
Gewebe nnd des Gesamtkörpers voneinander unterscheidet. Er unterscheidet
deshalb, wie v. Czerny und v, Meyer, nur akute und subakute Fonnen
<Di) den chronischen nnd rezidivierenden.
Jabreebericbt tOr Chinu^e. II. Teil.
Verf. ist ein überzeugter Anhänger der Frühoperation: Er hält die
pendizitis für eine durchans chirurgische Krankheit. Die Therapie nicht
jin des Anfalls, sondern der Krankheit Überhaupt, kann einzig and allein
der Entfernung des Wurmfortsatzes bestehen, welche um so gefahrloser
d technisch einfacher auszuführen ist, je eher man sich zn einem Eingriff
ischliesst. Bei der Operation wurde der Schrägscbnitt parallel dem Lig.
up. bevorzugt, der Proc. wurde abgebunden, abgetragen und der Stumpf
ernäht und das Operationsgebiet mit steriler Kochsalzlösung abgespfiit.
i Abszessbildung soll der Wurmfortsatz in jedem Falle, wenn irgend mög-
li, primär entfernt werden. Bei allgemeiner Peritonitis haben reichliche
•chsalzspülungen zweifellos einen grossen Anteil an den erzielten Erfolgen
bäht.
Das der Arbeit zu gründe liegende Material uinfasst 450 Fälle, die im
Uten Stadium operiert wurden. Davon war bei 90 der Prozess lediglich
f den Wurmfortsatz beschränkt, ohne merkliche Beteiligung des benach-
rten Peritoneums. Diese wurden alle gebeilt. 22 mal wurde darunter ein
rforierter und 12 mal ein gangränöser Wurmfortsatz entfernt. In 221 Fallen
irde Eiter gefunden , der gegen die freie Bauchhöhle abgekapselt war.
iTon gingen 197 in Heilung aus, 24 {lO^/o) starben. Nur in 25 Fällen
terblieb dabei die Entfernung der Appendix. Von diesen unterzogen sieb
einer zweiten Operation und wurden gebeilt. In 3 Fällen trat trotz der
itfemnng des Wurmfortsatzes wieder eine Abszessbildnt^ auf, da, wie die
'eite Operation zeigte, ein Teil der Appendix zurückgeblieben war.
Von Komplikationen bei den abszedierenden Formen kamen 58 vor
id von diesen starben 21. Verf. meint, wer Anhänger der Frühoperation
;, wird dergleichen oft verzweifelte Fälle überhaupt nicht erleben, wer da-
gen ein esspektatives Verfahren vorzieht, ist der Gefahr lebensgefährlicher
amplikationen stündlich ausgesetzt.
139 mal wurde eine Peritonitis festgestellt, also in einem Drittel aller
ille. Davon wurden 77 geheilt, 62 (13,8*'j'o) starben. Im letzten Jahre
uren die Erfolge besser, da von 30 schweren und schnell progredienten
illen 20 geheilt wurden, was Verf. darauf zurückführt, dass die Fälle früher
ngeliefert wurden nnd die Operationstechnik weiter fortgeschritten ist.
Die Erfahrungen im städtischen Krankenhans* zu Frankfurt a, M. haben
ie Noetzel{114) mitteilt, Reha dazu gebracht, im Gegensatz zu dem von
orte auf dem letzten Chirurgenkongress aufgestellten Satze: „nach dem
■itten Tage der Erkrankung von einer Radikaloperation abzusehen und sich
ii bestehendem Absze&s mit der Abszessinzision zu begnügen", jeden Appen-
izitisfall sofort nach der Einlieferung ins Krankenhaus, zu jeder Tages- und
achtzeit zu operieren. Er vertritt die Ansicht, dass auch die gutartigsten
ten Abszesse nicht so gutartig sind, als sie im frischen Zustande waren.
Das von Rehn geübte Operationsverfahren ist für alle Formen der
bszesse in den Grundzügen dasselbe: Eröffnung der Bauchhöhle, Aufsuchung
nd Resektion des Wurmfortsatzes. Findet man einen Abzess, so wird der-
)tbe unter Lösung der Verwachsungen vorsichtig in allen seinen Buchten
'eigelegt, entleert und drainiert. Die Baucbwunde wird bis auf die Draiii-
BTnung vernäht. Bei diffuser Peritonitis werden Gegenöffnungen angelegt
ür den Abtiuss von Eiter ist es dabei nötig, dass die Banchhöble vom
eTsten Punkt, vom Beckenboden drainiert wird und durch Hochstellen des
Kopfendes des Bettes alle freie Flüssigkeit im Bauch dorthin geleitet wird.
Toawinckel, Appendiiitia. 785
Der durch die B&Dchdeckeimaht wieder hergestellte Druck in die Bauchhöhle
onterstützt die Drainage der Abszesse wie auch der freien Bauchhöhle. Als
Schnitt empfiehlt Noetzel den Rektusrandschnitt und legt besonderen Wert
auf die gänzliche Entfernung des Wurmfortsatzes, da auch der kleinste zurück-
gebliebene Stampf Anlass zu neuen Eiterungen g^ben könne. Daher bevor-
zugt er die Ligatur nach vorheriger Quetschung mit der Kocher sehen Zange.
Der Dnrchschneidnng einzelner Nervenäste, die den M. rectug versorgen,
Ecfareibt Noetzel nicht eine so grosse Bedeutung quoad atrophiam zu, wie
dies in letzter Zeit allgemein geschieht, er glaubt, dass eine Atrophie erst
bei ausgedehnten Durchschneidungen der Nerven zu befürchten igt. Die Tam-
ponade nach Sonnenbnrg wurde wegen der Gefahr der Kompreseion der
Därme nicht angewendet, dagegen wurden manchmal mit Jodoformgaze tun-
«ickelte Drains eingeführt, die man entfernen kann, während die umhüllende
Gaze weiter nach aussen saugt.
Die grösste Zahl von Todesfällen kommt bei denjenigen Fällen vor,
bei denen die Darmwand phlegmonös erkrankt war oder das Mesenterium
resp. das retroperitoneale Gewebe. Von 33 solcher Fälle starben 10. Den '
Gnmd hierfür findet Verf. in dem Umstand, dass dem Prozess durch Ent-
fernung des Eiters, Beseitigung des Wurmfortsatzes, Drainage nicht beizu-
kommen ist, d. h. die Ursache der Eitening nicht radikal beseitigt werden
kann.
Die Zahl der Abszessoperationen beträgt 231 mit 200 Heilungen and
31 Todesfallen, von denen 13 durch ausserhalb gelegene KompUkationen be-
dingt waren, 3 dorch snbcbronieche resp. Leberabszesse, 4 durch chronische
Eiterungen und Kotfisteln mit Gangrän der Darmwand, 6 durch Phlegmone
der Dannwand and des Mesenteriums resp. des retroperitonealen Gewebes,
1 durch Gasphlegmone der Bauchdecke, 3 durch Peritonitis bei senilen Per-
sonen, 1 durch Adhäsionsilens.
Bosse (22) gibt einen kurzen Überblick über die Entwickelung der
Appeudizitisfrage von dem Zeitpunkte an, als Renvers im Jahre 1899 an
die deutschen Chirurgen die AnfTordemng richtete, sich selbst über die In-
dikation zur Operation bei der Perityphlitis zu verständigen. Nach seinen
eigenen Untersuchangen sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die
Darmbakterien und besonders das Bacterium coli, das einen hohen Grad von
Virolenz anzunehmen imstande ist , als Erreger der Appendizitis anzusehen.
Die Bemühungen der Chirurgen haben den Erfolg zu verzeichoen, dass
anstelle der durchaoB unsicheren zuwartenden Methode zuverlässige operative
Eingriffe als Früh- und Intervalloperation mit einer minimalen Sterblichkeit
getreten sind. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass auch hier dem
menschlichen Können ein Ziel gesetzt ist in Gestalt der mit zunehmender
Vermehrung und Virulenz der Bakterien bei gleichzeitiger herabgesetzter
Widerstandskraft des Organismus auftretenden Autointoxikationen, gegen
velche eine Serumtherapie bisher vergeblich verancht ist.
In seiner umfassenden Monographie, die jetzt in 5. Auflage vorliegt, hat
SoDuenburg (145) die Erfahrungen, die er bei gegen 2000 von ihm ope-
rierten Fällen in der Erkenntnis und Behandlung der Perityphlitis (Appen-
dizitis) gesammelt hat, mitgeteilt. Das Buch ist für diese Auflage einer ganz
neuen Bearbeitung unterzogen worden, „weil sowohl die eigenen Beobachtungen
des Verfs. als auch besonders die Literatur auf diesem Gebiete in den letzten
Jahren über Erwarten stark angewachsen ist." Ein genaueres Referat ist bei
iihnabcrlsht fllr Ohimrila IM». 50
78l> Jahreeberichi fDr Chirurgie. It. Teil.
der Fälle des Inhaltes, bei dem hier dafür zur Verfögnng stehenden Raum
Ding der Unmöglichkeit. Das Buch enthält, wie in der Einleitung ausgeführt
wird, „die Gesamterfahrungen, die auf einer grossen cbirnrgiscben Abteilung
im Laufe von 14 Jahren gemacht wurden, es enthält den Wandel der An-
schauungen in diesem Zeitranm und die Verbessemngen der operativen
Technik, er bringt die Sicherheit der Indikationen für das operative Handeln.-
Karewski (77) will die Bezeichnung Appendizitis und PeritTi)hlitis
nicht miteinander identifizieren, er versteht unter Appendizitis die eigentliche
Organerkrankung, unter Perityphlitis die peritonitische Entzündung. Er stellt
den Satz auf, dass das Heil des Kranken davon abhänge, dass wir lernen,
den ersten Zustand so zu behandeln, dass die Patienten vor dem anderen
geschützt werden. Der Wurmfortsatz mag nicht ohne Belang für die Ver-
dauung sein (Macewen), jedenfalls ist er gerade auf Grund seiner natür-
lichen Aufgabe eine Quelle steter Gefahren, sobald seine Tätigkeit die nor-
malen Grenzen verlässt. Karewski hält für die Entstehung der Perityphlitis
nur die Theorie der Infektion der Appendix für stichhaltig. Er sieht die
Appendizitis klinisch an als eine Enteritis, gesteigert in ihren unheilvollen
Wirkungen durch die eigentümliche anatomische Beschaffenheit des Organs,
in dem sie sich festgesetzt hat und nicht herauskann. Die gröbste Zahl von
Leuten, die von Peritiphlitis befallen werden, haben, wie Verf. schon rot
Jahren hervorhob, an Störungen der Verdauung mehr oder weniger lange
Zeit gelitten.
Seine früher veröffentlichten histologischen Untersuchungen hat er trotz
des Widerspruches, den sie von anderer Seite erfahren haben, bestätigt ge-
funden. Er kommt za dem Schlüsse, dass die Appendizitis histogenelisch
eine genuine Enteritis ist. Perityphlitis ist nur die Folge einer akuten Stei-
gerung derselben, ihre Eigenart ist bedingt durch die besonderen anatomischen
Verhältnisse, welche den rapiden Fortgang und das deletäre Ende nach sich
ziehen. Deshalb kann die prophylaktische Behandlung nur bei der Therapie
der Enteritis ihre Hebel ansetzen.
Die positiven Befunde, die man bei der vorhandenen Appendizitis er-
heben kann, bestehen in lokalem Druckschmerz in der Ileocökalgegend und
örtlicher Auf treib ung dieser Region. Karewski verwirft den MacBurney-
Punkt, da dieser in vielen Fällen eine unsichere Bestimmung sei. Die Dia-
gnose hält er in manchen Fällen für schwer, aber nie für unmöglich. Jede
Appendizitis ohne Anfall behandelt er zunächst konservativ, wenn aber in
4 — 6 Wochen die Erscheinungen nicht geschwunden sind oder wieder auf-
treten, hält er die Appendektomie für angezeigt. Für die akuten Fälle ist
er ein strikter Anhänger der Frühoperation. Nur wenn Erbrechen, Fieber,
Pulsbeschleunigung, kollapsähnliche Zustände fehlen, nur wenn der fixe Schmerz
nicht zunimmt, die übrigen Symptome nicht gesteigert werden, bestehe ein
Recht, von einer Reizung zu sprechen und medikamentöse Therapie anzu-
ordnen.
Die operative Statistik v. Herczels (66a) bezieht sich auf 394 Epi-
typhlitiställe. Seine Resultate sind folgende:
L Bei Früh Operationen, innerhalb der ersten 48 Stunden, hatte er unter
drei Fällen keinen Todesfall.
2. Fälle mit Abszessbildnng verzeichnet r. Herczels Statistik HO;
davon starben 17, die Mortalität somit gleich 15,4 Vo.
Toswinckel, AppeDdüitü. 787
3. Fälle mit diffuser Peritonitis: 48; davon sind gestorben: 15; die
Mortalit&t betrug daher 68,75''/o.
4. Operationen k froid: 242; Mortalität: 0,82 "/o (2 Fälle).
Im Anschlnsse an seine Statistik gibt t. Herczel folgende Indikations-
ätellang in bezug auf die operative Behandlung der Epityphlitis :
1. Ein jeder Epityphlitisfall soll in den ersten 48 Stunden des Anfalles
operiert werden; eine Ausnahme gibt es nur dann, wenn besondere Zustände
dts Kranken (Alter, Herzfehler, Diabetes usw.) die Chancen einer Operation
sehr in Frage stellen oder, wenn durch besondere äussere Verhältnisse eine
aseptische Operation nicht bewerkstelligt werden kann.
2. Nach den ersten 48 Stunden soll nur dann operiert werden , wenn
Zeichen einer schweren, allgemeinen Peritonitis dies indizieren; in letzterem
Falle jedoch muss man sofort einschreiten.
3. Wenn nach 4—6 Tagen die klinischen Symptome auf eine Ahszess-
bildang hinweisen, so ist die Operation auch früher indiziert.
4. In sonstigen fällen muss das Abklingen des Anfalles abgewartet
und die Appendektomie nach Tollkommenem Erlöschen der Entzündungser-
scbeinungen im Intervallstadium aufgeführt werden. GergÖ (Budapest).
Pellegrini (118a) gibt ein klinisches und anatomisch-pathologisches
Studium der in der chirurgischen Klinik zu Florenz behandelten Fälle von
Appendizitis.
Verf. macht darauf aufmerksam, dass das grösste Hindernis, auf das
man bei Aufstellung einer wirklich nützlichen Statistik unter Benutzung
vieler Beobacbtongen stösst, in der Schwierigkeit besteht, eine Reihe voll-
ständiger Geschichten zu bekommen; er hat deshalb einen Fragebogen an-
gefertigt über die interessantesten Daten und jedes Mal darauf das sich auf
dieselben Bezügliche eingetragen. Auf diese Weise hat Verf. — und er fährt
darin noch fort — eine Reihe von genauen, sehr vollständigen und vollkommen
vergleichbaren Beobachtungen gesammelt.
Zur Vermeidung langer Tabellen mit vielen Zahlen hat Verf. Häufig*
keitskurven konstruiert, derart, dass auf geringem Raum lange Statistiken
wiedergegeben werden.
Die in diesen letzten Jahren in der chirurgischen Klinik zu Florenz
bebandelten Kranken mit Appendizitis beliefen sich auf 89. Die ausgeführten
Appendicektomien betrugen 68, die Resektionen des Blinddarms 2, zweimal
vurde die Laparotomie gemacht, um Vervachsongen der Appendix zu be-
seitigen, in sechs Fällen wurde die einfache Eröffnnng des Appendizitisabszesses
aufigeführt, in den übrigen 11 Fällen wurde ausschliessliche medizinische
Behandlung eingeleitet, sei es weil die Patienten sich bei vorgeschrittenem
Anfall in die Klinik aufnehmen Hessen, sei es weil sie, von dem Anfall ge-
heilt, sich nicht einem Operationsakt unterziehen wollten.
Von 89 Fällen von Appendizitis kamen nnr 33 bei der Frau vor, gleich
einem Prozentsatz von SßVo. Zur Erklärung der geringeren Häufigkeit, die
die Statistiken für die Appendizitis bei der Frau geben, sind verschiedene
Annahmen aufgestellt worden; nach dem Verf. muss man berücksichtigen,
dass bei der Frau die Irrtumer in der Diagnose gewöhnlicher sind, infolge-
dessen viele Beckeneiterungen, denen eine salpingo-ovarische Ursache zu-
geschrieben wird, eher ihren Ursprung ans einer Infektion der Appendix
hätten.
Jahresberidit fOr Chirurgie. II. ToiL
Der erste AppendizitiBänfall trat bei den meisten Fällen gegen das
Lebensjahr anf, nnr in wenigen Fällen nach dem 40. Lebensjahre, bloss
inem Falle nach dem fünzigsten.
61°/o der Kranken hatten, als sie ihre Znäucht zn der chirurgischen
lik nahmen, zwei oder mehr An^lle dnrchgemacht: wenn man hinzufügt
«r Berücksichtigung der vorgefundenen Alterationen), dass viele der
ienten, welche nach dem ersten AnFall operiert wurden, wahrscheinlich weitere
selben bekommen haben würden, so mnss man daraus scbliessen, dass bei
grossen Mehrheit der Fälle die Appendizitis mehr als einen Anfall bietet,
'ans ergibt sich die Indikation für den chirurgischen Eingriff, um so tuebr,
man nicht die Schwere des künftigen Anfalls voraussehen kann, noch wir
ische Mittel besitzen, um feststellen zn können, wann die Appendix nicht
ir entzündungsempfänglich ist.
In 26°/o haben die Patienten vor dem Appendizitiaanfall mehr oder
liger schwere üarmbeschwerden gezeigt, Beschwerden, welche nach einigen
oren mit dem Hervortreten der Appendizitis selbst in Beziehung gebracht
den könnton.
Recht häufig figurierte die Tuberkulose in den Präzedenzien der
ienten; in 25^0 der Fälle waren tuberkulöse Erscheinungen vorhanden
esen und in fünf Fällen war die Tuberkulose im Gange.
Bei verschiedenen Appendizitiskranken bestanden mehr oder weniger
were Symptome von Darmstenose; einige vorübergehend infolge Pseudo-
lusion walürscheinlich von paralytischem Typus, andere infolge mechaniscber
lingaDgeu: wie Verwachsangen, Netzbändchen.
Das Netz war in einer grossen Anzahl von Fällen mit der Appendix
wachsen und es scheint, dass dies sehr frühzeitig vor sich geht, da es bei
)r nur 26 Stunden nach Beginn des ersten Anfalles ausgeführten Appen-
iktomie ausgedehnt mit der Appendix verwachsen gefunden wnrde.
Das Netz ist nicht, allein ein höchst interessantes Schntzorgan, sondern
kann zuweilen auch als Wegweiser bei den Forschungen nach der
)endix dienen, die manchmal alles andere als leicht sind.
Um den Zeitpunkt für die Operation zu wählen, muss man sich die
^lichkeit gegenwärtig halten, Appendixabszessen einen Monat und auch
Monat nach dem Tag zu begegnen, an dem die letzte Temperatnrer-
ung war.
Trotz des Eingriffes auf dem Kaltwege sind in sieben Fällen Läsionen
Dannwände angetroffon worden, die sich in der Nähe der Appendix
inden: in einigen dieser Fälle präexistierte die Läsion des Darmes in dem
xient des Operationsaktes: in anderen Fällen waren die Darmwände derart
reissbar, dass zur Isolierung der Appendix der Darm in Mitleidenschaft
}gen werden musste.
Verf. illustriert einige Fälle von seltenen Komplikationen der Appen-
tis: so zwei Pseudotumoren des Gökum infolge von Appendizitis, einen
I von Ikterus, einen Fall von Nephritis und einen Fall von rechtsseitiger
lexerkranknng.
Von 70 abgetragenen Appendices (zwei derselben zusammen mit dem
:um) wurden nnr bei neun Fremdkörper angetrofTen: Obstschalen und
men, Kotsteine, Helminthes usw.
Verf. hat histologisch die abgetragenen Appendices untersucht. Die
wersten Veränderungen wurden in der Schleimhaut und Unterschleimhaut he-
VoBwinckel, Appendiiitia. 789
obacbtet. Die Abszesse wurden vorzugsweise in der Unterschleiinhaut, dann
in dem unter der Serosa gelegenen Bindegewebe angetroffen nnd fanden sich
iQcb noch sehr lange Zeit nach dem Anfhören der aknten Appendizitis-
prscheinmigea.
In dem Mesenterium beobachtete man gewöhnlich sehr schwere in
GefSssthrombosen und kleinen Abszessen zwischen den Serosablättem be-
stehende Läsionen.
Bei den mit innerlichen Mitteln bebandelten Fällen: Rnbe, Diät, kalte
l(J[ale Aufschläge unter zeitweiliger Begünstigung der Darmfunktion mittelst
leichter Gljzerinklistiere, ist beständig Heilung erzielt worden, bis auf einen
durch eiterige Pylepblebitis komplizierten Fall.
Bei den nur mit der Inzision des Abszesses behandelten Fällen erzielte
man stets Verschluss der Wunde.
Von 68 Appendicektomien hatte man nur bei einem Fall Gelegenheit,
während des Bestehens akuter Krankheitserscheinungen einzugreifen, und
zwar 26 Stunden nach Beginn des ersten Appendizitisanfalles. Die Appendix
Turde aufgequollen, mit fibrinösem Exsudat bedeckt nnd mit dem Netz ver-
wachsen gefunden. Die Temperatur fiel sofort nach dem Operationsakt nnd
es wurde glatte Heilung erzielt. Bei der histologischen Untersuchung zeigte
die Appendix derartig schwere Läsionen, dass man die Krankheit als eine
phlegmonöse Appendizitis definieren kann und dieselbe Gangrän des Organs
Toraussefaen läest.
In allen übrigen Fällen wurde der Eingriff auf dem Kaltwege ausge-
führt und auf 68 Appendicektomien 66 Heilungen erzielt: ein Patient ging
verloren, da nach der Appendicektomie eine Broncho-pulmonitis hinzukam
nnd ein weiterer , weil die Appendicektomie durch eiterige Pylephlebitis
kompliziert war.
Bei den fünf wegen Appendizitiskomplikationen (Darmstenosen usw.)
aasgefübrteD Eingriffen befand sich ein Todesfall einer mit Ileokolostomie
Operierten. Der Tod war auf das äusserst schwere Allgemeinbefinden, in
<lem sich die Patientin in dem Augenblicke der Operation befand, zurück-
znfähren.
Von insgesamt 89 Fällen von Appenziditis 4 Todesfälle, gleich einer
Sterblichkeit von 4,49''/o. Bei 68 Appendizektomlen, 2 Resektionen des Cökum,
2 Laparotomien zur Beseitigung von Appendixverwachsungen nnd 1 Ileokolo-
Etomie 3 Todesfälle, gleich einer Sterblichkeit von 4,10 "/o.
Diese Resultate sind höchst ermutigend und zeigen, welchen Vorteil man
bat, wenn man bei der Wahl des Zeitpunktes für den Eingriff mit rationeller
Umsicht vorgeht.
Was den Zeitpunkt des cbirurgiscben Eingriffes bei Appendizitis angeht,
so ist Verf. der Ansicht, dass man sich nach der Zeit, in der der Kranke
seine Zuflucht zu dem Chirurgen nimmt, zu richten habe: so wäre es sehr gut,
die Appendizitiden, wo möglich in den ersten 48 Stunden der Erkrankung zu
operieren und noch bedeutend besser in den ersten 24 Stunden, während es
verständig sein wird, die „vollständige Abkühlung" in jenen Fällen abzu-
vsrten, die uns nach 48 Stunden seit Beginn der Erkrankung gebracht werden.
Der erste nnd der zweite Krankheitstag ist der gelegenste Zeitpunkt
für den Eingriff bei Appendizitis und zwar deshalb, weil :
Der Operationsakt relativ leicht, rasuh, wenig lädierend und von glück-
lichem Erfolg ist, weil das Individuum von gutem Allgemeinbefinden ist und
Jahreabericht für Cbimrgie. II. Teil,
lokale Entzänduiigsprozess noch nicht zu Bchweren Schädigungen geführt
weder in der Nähe noch in der Feme.
Au8 den gleichen Gründen sind die postoperativen Komplikationen und
khaften Folgen geringer als in den Fällen, bei denen bei akuten Krank-
lerschetnungen 4 — 5 Tage nach Beginn der Appendizitis operiert wird und
lenen, in welchen der Eingriff ausgeführt wird, wenn die Abkäblnng noch
e vollständige ist.
Gegenwärtig hat man bei uns nur selten Gelegenheit, in den ersten 24
tö Standen einzngreifen, weil:
Die Kranken selten frühzeitig sich au den Arzt wenden und am
igsten an den Chirurgen.
Weil es nicht immer möglich ist, eine sichere imd frühzeitige Diagnose
teilen.
In den Fällen, in denen es nicht m^lich ist, am ersten oder zweiten
) einzugreifen, tut man gut, erst einzugreifen, wenn die Abkäblnng eine
tändige ist und zwar weil:
Bei den Operationsmanövem gewisse Schranken zerstört werden können,
he den Infektionsprozess abkapseln, und es so zu einer Allgemeinpen-
;is kommen kann.
Weil manchmal die Organe, welche in der Nahe des Wurmforteatzes
n, derartig verklebt und leicht zerreissbar sind, dass die Ansfübning
Appendizektomie, ohne sie zu lädieren, unmöglich ist.
Weil mit grösserer Häufigkeit Komplikationen eintreten ; Sterkoralfistelu,
ige Pylephlebitis usw.
Weit es vorkommen kann, dass die Laparotomiewunde nicht per primam
itionem heilt und in diesen Fällen eine Hernie der Narbe folgen kann.
Weil in Beziehnng zu diesen Verhältnissen die Mortalität eine bedeutend
lere ist.
In Anbetracht, dass die Prognose bei Appendizitis je nach dem Zert-
:t, in dem der Chirurg eingreift, eine sehr verschiedene ist, folgt daraus
Notwendigkeit, eine sichere and frühzeitige Diagnose zn stellen, damit der
riff im günstigsten Augenblick möglich ist. Übrigens ist auch für die
kamentöse Behandlung eine rasche und sichere Diagnose ebenso wichtig,
>ei der Appendizitis eine nicht angemessene medikamentöse Behandlung
das Leben des Patienten entscheiden kann.
Die wahre Behandlung der Appendizitis ist der chirurgische Eingriff, weil:
Mit der medikamentösen Behandlung es der Patient mag erreichen
en, den Appendizitisanfall zn überwinden, aber man wird fast sicher sein
en, dass die Krankheit nicht heilt and die Appendizitis eine beständige,
ere Gefahr für den Patienten bilden wird.
Die operatorische Mortalität ist nicht grösser als die von den Ärzten
Dene, obgleich, verschiedene Jahre lang wenigstens, nur die schwersten Fälle
iert worden sind.
In der Mortalität der medikamentös bebandelten Appendizitiskranken
sicherlich alle jene Fälle nicht inbegriffen, die nicht an Appendizitis
en, sondern vielmehr an einigen Komplikationen der Appendizitis selbst:
istenosen, Nephritis, Leberzirrhosen mit Ursprung aus dem Darm ubc;
diese Kranken wären mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht gestorben,
1 sie operiert worden wären.
VoBwinckel, Appendizitia. 791
Za diesen Betrachtungen zugunsten des chirurgischen Eingriffes bei
Appendizitis Hessen sich noch viele weitere hinzufügen, wie: die Möglichkeit
ia tnberknlösen Nutur der Appendizitis und demnach die Gefahr der Fort*
ptianznog der Krankheit, die möglichen schweren Komplikationen der Appen-
dizitb bei Schwangerschaft und im Wochenbett, die Gefahr eines Darmver-
5chlusses infolge tod Darms-dhärenzen oder infolge von Cökalpseudotumoren
Dach AppeDdizitis , deren Produktion weniger selten ist, als man bisher ge-
glaubt hat. R. Giani.
Dun (41) ist der Ansicht, dass die Appendizitis allerdings am häufigsten
bei Erwachsenen auftritt, dass sie aber auch in der Kindheit nicht selten
vorkomme. Er hat den frühesten Fall bei einem Kinde von 12 Monaten ge-
sehen. Er glaubt nicht, dass Kinder mehr dazu neigen Eiter zu bilden, wie
andere annehmen. Das häufigere Vorkommen von Abszessen erklärt er da-
durch, dass bei Kindern die Erscheinungen oft nicht richtig erkannt werden
nnd deshalb nicht die richtige Behandlung eingeleitet wurde. Auch er findet
die Diagnose bei Kindern schwieriger als bei Erwachsenen, besonders in den
leichteren Fällen. Er will besonders die wiederholten Anfälle von Kolik, die
mit Diarrhöe nnd Blasenreiznng verbunden sind, beobachtet wissen, da diese
in der Kindheit häufig mit Entzündungen des Wurmfortsatzes verbunden sind.
Er entfernt den Wurmfortsatz, wenn mehrere Anfälle stattgefunden haben.
Bei zirkumskripter Peritonitis wartet er ab; hat sich ein Abszess gebildet, so
muss dieser sobald als möglich eröffnet werden, dabei die Appendix aber nur
dann entfernt, wenn dies ohne Schwierigkeit möglich ist.
Morton (107) hat 155 Fälle von Appendizitis operiert. Davon während
des akuten Anfalles 8, alle geheilt; Abszesse um den Wurmfortsatz 62, ge-
heilt 54; Operationen im freien Intervall, nach mehreren Anfallen, 15; nach
einem schweren Anfalle 1, chronische Appendizitis 1, diese Fälle heilten alle.
Diffuse Peritonitis 14 mit 12 Heilungen, allgemeine Peritonitis 6 mit 1 Hei-
lung. Mechanischer Verschluss, vergesellschaftet mit Appendizitis, 4, welche
alle starben. Unter allgemeiner Peritonitis versteht er die Fälle, -bei denen
die ganze Bauchhöhle in Mitleidenschaft gezogen war, unter diffuser Peritonitis
diejenigen, in denen sich die peritonitischen ErGcheinungen hauptsächlich im
kleinen Becken vorfanden.
Barnsby (11) berichtet über 132 Fälle von Appendizitis aus seiner
Praxis, von denen er 114 operierte. Davon befanden sich 72 im freien Inter-
vall, bei denen keine Resistenz mehr gefülilt werden konnte, 16 bei denen
noch eine mehr oder minder grosse Zone einer Verdickung vorhanden war.
Ein Fall wurde 6 Stunden nach Beginn des Anfalles operiert. 24 mal wurde
bei periappendikulirer Eiterung eingegriffen. Bei 6 von diesen wurde später
im Stadium ä froid der Wurmfortsatz entfernt. Einmal bandelte es sich um
allgemeine diffuse Peritonitis nach Ruptur eines abgekapselten Abszesses. Von
den 114 Operierten starben 2. Einer von diesen war im freien Intervall operiert,
bei ibm bestanden aber noch starke entzündliche Verdickungen nnd es kam
zn einer allgemeinen Peritonitis 4 Tage nach der Operation. In dem zweiten
Todesfalle handelte es sich um eine allgemeine diffuse Peritonitis bei einem
Kinde.
Nach einer kurzen geschichtlichen Übersicht über die Entwickelung der
Appendizitisfrage stellt Körte (66) die Hauptfrage: Welche Gefabren drohen
den Patienten im akuten, mit Entzündung, Schmerz und Baucbfellreizung
792 JahreslMriclit fOr Chirurgie. IT. Teil.
einhergehenden Anfall von Wurmfortsatzentzändong? imd sind diese GeCahren
derart, dass ein operatives Eingreifen gerechtfertigt bezw. geboten ist? Nach
seiner Erfahrung kommen zwar eine grosse Anzahl von akuten Perityphlitis-
fällen auch bei der üblichen inneren Therapie zunächst zur Heilung, aber in
mindesteuB 40''/o derselben kommt es zu Rückfällen, deren Schwere und Ver-
lauf niemand voraussehen kann. Diese Tatsache, sowie die direkten Gefahreo
des schweren akuten Anfalls hat wohl die meisten Chirurgen ebenso wie der
Verf. von der Notwendigkeit der sog. Frühoperation überzeugt. Als grössfe
Gefahr des akuten Stadiums sieht er die diffuse oder fortschreitende Perito-
nitis an. Unter seinem Material von 1791 PerityphJitisfällen kamen $41
Fälle von Peritonitis vor, von welchen ca. 60 "/« mit oder ohne Operation
starben. Die grösste Zahl der Erkrankungen schloss sich an den akuten
Anfall an, eine geringe Anzahl entstand erst im späteren Verlauf. Im
Krankenhaus am Urban wurde unter 12186 Sektionen in ll*/> Jabren
229 mal Peritonitis vom Wurmfortsatz ausgehend gefunden. Verf. ist der
Ansicht, dass es sehr schwer ist und überhaupt nur in bescheidenen Grenzen
möglich, den pathol(^ischen Znstand des Wurmfortsatzes zu diagnostizieren,
wie dies die Frühoperationen gezeigt haben, und dass wir ebensowenig den
Grad der bestehenden Reizung oder Entzündung des Bauchfells mit aus-
reichender Bestimmtheit zu erkennen vermögen. Wir können nicht den
Beginn der gefährlichen Infektion des Bauchfells von der nicht infektiösen
Reizung nnterscbeiden. FUr das wertvollste Zeichen hält er wie Rotter
und Küster die starre Spannung der Bauchdecken, weil sie mit Sicherheit
darauf hindeutet, dass sich hinter diesen eine gefahrliche Entzündung ab-
spielt. Bis vor wenigen Jahren hat er die Operation im Beginn des akuten
Anfalles auf die schwereren Fälle beschränken zu müssen geglaubt, seitdem
er aber die Erfahrung gemacht hat, dass die Diagnose und Prognose höchst
unsicher ist und dass Patienten durch die Verzögerung des operativen Ein-
griffes später mit den schwersten Befunden zur Operation kamen, ist er ein
überzeugter Anhänger der Frühoperation geworden. Er steht jetzt anf dem
Standpunkt, dass das Schicksal der Kranken sich in den ersten zweimal
24 Stunden entscheidet, und dass wenn auch die Peritonitis schon sehr früh
einsetzen kann, wir doch im Frühstadium eher einen Menschen mit Perito-
nitis retten können, als in dem Spätstadium. Er hat bisher 137 Fälle inner-
halb der ersten drei Tage nach Beginn der Erkrankung operiert; von diesen
hatten 57 schon Eiter in der freien Bauchhöhle. In den ersten beiden Tagen
hatte er in 27 Fällen von Wurmfortsatzperitonitis eine Mortalität von ISiS"/!)
am dritten Tage von 36,6 "U, also das doppelte und sie erreichte im weiteren
Verlauf (Operierte und Nichtoperierte zosammengerechnet) für 284 Peritonitis-
kranke die Höhe von GG^h. Körte kommt deshalb zu dem Schluss, dass
man am ersten oder zweiten Tag operieren mnss, wenn man aach den
Perityphlitis-Patienten nUtzen will, bei welchen bereits im Beginne des An-
falles die Infektion der Bauchhöhle eingetreten ist. Aber auch denjenigen
Patienten, bei denen noch keine Peritonitis bestand, wird man durch die
Frühoperation einen wesentlichen Dienst erweisen, indem wir sie schnell ood
sicher von dem erkrankten Organ befreien und sie vor Rezidiven und den
zahlreichen Folgekrankheiten , Pylephlebitis , Leberabszesse , subphrenieche
Abszesse , Empyeme etc, bewahren. Dass diese Operation keine emsteo
Gefahren bringt, hat ihm die Erfahrung gezeigt, denn von 80 Patienten mit
akuter Wurmforsatzentzündung, welche am 1. — 3. Tage operiert wurden und
VoBwinckel, Appendizitia. TSß
bei denen noch keine Infektion der Bauchhöhle bestand, ist keiner gestorben.
Dieselbe Erfahrung haben auch andere Operateure gemacht.
Nach einem zusammenfassenden Überblick über die Pathologie der
Appendizitis wendet sich Verf. zu der Technik der Operation: Asepsis und
Beherrschung der Banchchirorgie ist eine Conditio sine qua nou. Der
Wurmfortsatz muss innerhalb des CÖkalansatzes abgetragen werden, denn das
kleinste Stummelchen kann eine neue Entzündung hervorrufen. Ist es zweifel-
haft, ob das BauchfeU schon gereizt ist, so drainiert man besser. Durch
exakte Etagennaht können Bauchbrüche mit Sicherheit vermieden werden.
Tritt ein solcher nach Drainage auf, so erfordern die kleineren das Tragen
eiues Brachbandes oder die ausgedehnteren eine Radikaloperation durch An-
frischung und exakte Vemähnng der verschiedenen Bauchwandschichten.
Fehldiagnosen sind möglich durch Verwachsung mit typhösen oder tuber-
kulösen Darmoperationen, Darmeinklemmongen, Pyosalpinx etc.
Bekommt Körte Fälle jenseits des dritten Tages mit lokalisierter
Entzündung, so wartet er ah und inzidiert, wenn sich ein Abszess bildet.
Bei 378 Abszessinzisionen hatte er eine Mortalität von 6,3 %, bei der Radikal-
Operation im Intermediärstadium 76 Fälle 15 '^/o. Er hält deshalb dieses
Stadium für die Radikalcperation nicht günstig, ebensowenig bei Vorhanden-
sein von Peritonitis. Vom dritten Tage sinken die Chancen beträchtlich.
Verf. bebandelt diese Patienten mit Magenansspülungen, Darmeingiessnngen
und vor allem mit reichlichen Salzinfusionen. Bei 600 Intervalloperationen
hätte Körte 1 ''/o Mortalität, erwartet aber auch das völlige Abklingen aller
Ectzöndongseracheinungen ab und operiert erst 4 — 6 Wochen danach. Zu-
weilen kann eine Appendizitis durch nervöse Beschwerden vorgetäuscht
werden; die Exstirpation auf Grund derartiger neuralgischer Beschwerden
bat kein gntes Resultat. Dahingegen schwinden die Erscheinungen der A.
larvata, bei denen infolge von abnormer Lagerung oder Verwachsnngen,
Schmerzen und Störungen entstehen nach Entfernung des Wurmfortsatzes.
Zweimal fand Körte als Nebenbefund Adenokarzinome, deren Entfernung
bis jetzt ein gutes Resultat ergeben hat. In der an diesem Vortrag an-
schliessenden Diskussion stellten sich weitaus dife meisten Redner auf den-
selben Standpunkt.
Die klinischen Grundlagen zu den Ausführungen Körtes, gewissermassen
dieBeläge für die in ihnen auBgesprochenen Ansichten, bat Nordmann (115)
in einer ansf ührlichen Arbeit niedergelegt, die sich auf 1522 Fälle stützt, die vom
Jahre 1897 bis März 1905 auf der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses
am Urban zu Berlin, sowie in der Privatpraxis Körtes zor Beobachtung kamen.
Gestützt auf die Untersucbtingen Bendas, die dieser an frisch entzündeten
Wurmfortsätzen gemacht hat, kann Verf. die Ergebnisse der Meiseischen
Forschung, die dabin gehen, dass eine primäre Thrombose der Mesenterial-
Tenen die Ursache der Entzündung sei, nicht bestätigen, er glaubt vielmehr,
dass die Veränderungen an den Gefässen erst sekundär auftreten. Die Be-
deutung der Bakterien als Ursache der Appendizitis ist hingegen nicht zu
rerkennen. Ihre Tiefenwirkung kommt aber nur bei Vorhandensein eines
gewissen Innendruckes im Wurmfortsatz zustande. Bei 1 10 bei Frühoperationen
gewonnenen Wurmfortsätzen fand sich in 80 ein Hindernis für den Abäuss des
Sekretes. In diesem Sinne sind auch die Kotsteine als ätiologisches Moment
aifzufassen, die sich in 40*^/0 aller Fälle fanden. Unter 800 Fällen, die auf
eigentliche Fremdkörper durchgesehen wurden, fanden sich solche in kaum
Jahresbericht fUr Cbinirgie. 11. Teil.
spieleo also eine ganz geringe Rolle bei der Entstehnng der Äppen-
Unter 500 Fällen var 6mal ein Traama angegeben, an das sieb die
ing, und zwar jedesmal mit Peritonitis, direkt angeschlosaen hatte,
annn ist der Ansicht, dass das Trauma nicht als Ursache der
:itis, wohl aber der Peritonitis in Frage kommt, insofern schon vor-
kraolchafte Veränderung des Organs bestanden hat und der Wunn-
wahrscheinlich schon mit infektiösem Material erent. mit Eiter prall
ar und durch den Stoss zum Bersten kam. Eine Familiendisposition
Appendizitis konnte nicht festgestellt werden; ob ein Zusammenhang
Influenza besteht, lasst sich nach dem vorliegenden Material nicht
len. Sicher aber bat die Zahl der Erkrankungen in den letzten
tetig zugenommen nnd ist der Verlauf jetzt ein schwererer als in
Jahren. Die sorgfältige Klassifizierung der einzelnen Arten der Er-
;en liält Verf. für nberöäseig und begnügt steh mit der Unterscbei-
prengels in Ä. simpiex und A. destrnctiva. Als diagnostisch
erscheint die Spannung der Baucfamuskulatur, ist diese eine allge-
) kann man von vornherein sagen, dass eine aasgebreitete Entzün-
I Peritoneums vorliegt, ist die Kontraktur nur auf der rechten Seite,
man hoffen, dass der Prozess auf die Umgebung des Wurmfortsatzes
kt geblieben ist. Die Leukozytenzälilung leistet nacb den Erfahrungen,
Lrankenhause am Urban gemacht sind, gar nichts, da sie besonders
lg im Stiebe lässt und geradezu schädlich werden kann. Die Frage,
or der Operation erhobenen Befunde in Einklang zu bringen sind
immten Veränderungen an der Appendix und in der Peritonealhöhle,
neint werden. In 26''/o der akuten Fälle fand sich nur eine leicht
ische Bauchdecken Spannung in der Ileocökalgegend , nennenswerte
aerscheinungen fehlen, trotzdem fand sich bei der Operation nur
eine Endoappendizitis in den übrigen Fällen meistens ein Empyem,
der Perforation stand, oder schon eine komplette Perforation. Bei
den 80 Frühoperationen war der Verlauf ein ungestörter, bei vier
stellte sich eine Peritonitis ein, in vier Fällen eine Kotfistei, die
r bald spontan schlAss. Zweimal entwickelte sich ein Abszess. Mit
is wurden am ersten Tage S, am zweiten 19, am dritten 30 KranVe
r in der freien Bauchhöhle operiert, die Gesamtmortalität betrug für
nd zwar am ersten und zweiten Tage zusammen 18,6o/o am dritten
während von 80 auf den Wnrmfort^tz beschränkten Erkrankungen
m Exitus letalis kam. Von den 57 Peritonitisfällen hatten 29 einen
ten Verlauf, 7 mal bildeten sich Kotfisteln, von denen sich drei spontan
, vier noch eine Nachoperation erforderten. Tritt aber eine Darm-
ein, so soll man mit der Enterostomie nicht zu lange warten, da
h Anlegung einer solchen oft sofortige Besserung im ganzen Krank-
i sieht. Zweimal scbloss sieb an die Peritonitis acuta ein subpbre-
Vbszess an. Beide gingen in Heilung aus. Auch bei den mit Peri-
omplizierten Fällen bietet der Eingriff in den beiden ersten Tagen
te der Gefahren, wie am dritten. „Jede Stunde ist hier kostbar."
ndet sich dann zu der Differentialdiagnose und führt die Erkrankungen
vent. eine Appendizitis vortäuschen können. Es folgt die Beschreibung
inik. Als Schnitt wird der sog. Rektusrandscbnitt angewendet, die
lile wird mit feuchten, heissen Saizwasserkompressen abgestopft, der
■tsatz nach der Quetscbmetbode entfernt und übemäht. Bei Eiler
Voawinckel, Appendiiitis. 7%
iD der Baachhöhle wird diese mit grossen Mengen heisser steriler Kochsalz-
lüjnng ausgespült und die Wunde nicht fest vernäht, sondern ein Drain ein-
biegt und eine Gegeninzision am Darmbeinkamm angelegt und auch in dieses
ein Drain eingeschoben. Bei Peritonitis oder drohendem Kollaps werden nach
der Operation Kochsalzinfusionen und Koffeininjektion gemacht. Tritt Er-
brechen auf, so wird nach Bedarf der Magen ausgespült
Mnss im intermediären Stadium operiert werden, um einen perityphli-
tischen Abszess zu eröffnen, so wird in den meisten Fallen auf eine gleich-
zeitige Entfernung des Wurmfortsatzes verzichtet. Oft wurden Abszesse im
kleinen Becken vom Rektnm aus veröffnet, bei neun Franen von der Scheide
aas. Von 269 mit Abszessinzisionen behandelten Kranken machten 15 ein
ganz nngestortes Krankenlager durch, 4*^/0 starben. Bei 124 wurde später
im freien Intervall der Wurmfortsatz entfernt (ohne Todesfall). Bei 76 Patien-
ten wurde zugleich mit der Eröffnung des Abszesses der Wurmfortsatz
exstirpiert (mit 12 Todesfällen = 16°/o]. Bei Peritonitis im intermediären
Stadium soll nicht in jedem Falle operiert werden, da manche auch ohne
Operation in Genesung ausgeben. Im Kollaps soll nie operiert werden.
Was die chronische Appendizitis anbetrifft, so stellt Nordmann den Satz
auf; der Mensch, der einen Anfall von Blinddarmentzündung durchgemacht
hat, mnss von seiner Appendix befreit werden, wenn er geheilt werden will.
Als Termin gibt er an: sechs Wochen nach dem Abklingen aller akuter Er-
scheinnngen. Von 625 Intervalloperationen starben sechs, also nicht ganz
l^/o. Zum Schluss behandelt Nordmann noch das Karzinom und die
Tuberkulose des Wurmfortsatzes, sowie den DarmTerschluss infolge von Strängen,
die sich nach Appendizitis gebildet hatten.
In einer zusammenfassenden und kritisch betrachtenden Arbeit verficht
Senni (138a) folgende Anschauungen: „Die grossen und unvorhersehbaren
Gefahren, welche jeder Appendizitisanfall in sich schliesst, müssen systematisch
den Eingriff in allen FtÜlen in den ersten zwei Tagen anraten oder besser
in den ersten 24 Standen nach seinem Beginn. Die Reihe der klinischen
Merkmale verläuft anfangs nicht parallel zu der Ausdehnung und Schwere
der anatomischen Alterationen, sondern einem Symptomkomplex von leichtem
Anschein kann eine anatomische Läsion entsprechen, welche, wenn geschont,
unvermeidlich zu den verhängnisvollsten Folgen führen würde. Demnach
müssen auch die anscheinend nicht schweren Fälle gleich den übrigen inner-
halb der Initialperiode des Anfalles operiert werden. Die befallenen Patienten
aber den zweiten Tag hinaus müssen je nach der Anwesenheit und der Qua-
lität der Komplikationen, die sich entwickelt haben, behandelt werden: a) Bei
einfacher Appendizitis , bei der keine Anzeichen dafür besteben , dase das
Peritoneum in Mitleidenschaft gezogen ist, unterliegt der Eingriff keinerlei
Vorschrift. Immerhin jedoch ist es klug, damit abzuwarten, um zu ver-
meiden, kleine Eiteransammlungen anzutreffen , welche klinisch unbekannt
bleiben können und in deren Folge zu dieser Gruppe irrigerweise einige Fälle
gezählt werden können, welche vielmehr zu dem Typus der durch Abszess
komplizierten Appendiziten gehörten, b) In den Fällen von Appendizitis mit
allgemeiner, diffuser, eiteriger Bauchfellentzündung muss stets, wenn noch
Zeit ist, schleunigst durch die Operation vorgesorgt werden, c) In den Fällen
Ton Appendizitis mit Abszessbildung ist jedes Mittel znr Begünstigung der
Resorbiemng des Exsudates zu versuchen, um dann später auf dem Kalt-
wege zn operieren. Anszuscheiden ans dieser Begel sind jene schwereren
Jabreabericht fUr Chirorgie. II. Teil.
le, welche infolge ihres hoben septiecben Index mit progressiven Merk-
len in der Thennometerkurve , in dem Allgemeinbefinden und in den
alen Vorgängen auftreten. Diese sind mit einfacher Onkotomie zn bebandeln.
er Versuch einer radikalen Kur ist in dieser Periode zu proskribieren.
Die zweite Phase des Appendizitisanfalles beginnt am Ende des zweiten
;es nnd dehnt sich bis znm Moment des Verschwindens jeder Spur der
iappendikulären Ansammlung aus. Da diese Periode nicht immer klinisch
bestimmbar ist und da es zur Feststellung des Momentes, in dem man
Spätoperation vornehmen kann, notwendig ist, deren Daner zu kennen,
ssen wir auf Grand der Erfahrung annehmen, dass dieselbe 2 — 8 Wochen
ragt. Demnach darf die Operation auf dem Kaltwege, um wirklich diesen
raen zu verdienen, niemals vor Ende des zweiten Monates nach dem
iten Anfall ausgeführt werden." R. Giani.
Auch nach den Aufzeichnungen der Heidelberger Klinik hat sich in den
iten Jahren die Zahl der Appendizitisanfalle ausserordentlich vermehrt,
b verdreifacht. Nach Arnsperger (4) kamen dort im Jahre 1^04 90
le vor, von denen 79 operiert wurden. In den letzten ö Jahren wurden
I 308 Patienten 280 operiert, von denen 27 starben, das bedeutet für das
ize Material 8,76 "/o, für die operierten Fälle 9,64 »/o Mortalität. J50 Inter-
loperationen ohne Todesfall, 9 Operationen bei Tuberkulose resp. Aktino
kose des Wurmfortsatzes oder Gökum mit 2 Todesfällen, 121 Operationen
akuten oder subakuten Stadium mit 25 Todesfällen = 20,66 "r'o Mortalität.
) letztgenannten Operationen werden eingeteilt in solche: 1. bei Erkran-
igen, die auf den Wurmfortsatz beschränkt waren, 2. bei lokaler eitriger
ritonitis und 3. bei diffuser eitriger Peritonitis. Zur ersten Gruppe zählt
rf. 10 Fälle mit 1 Todesfall, zur zweiten 78 mit 7 Todesfällen = 9^/0 und
dritten 33 mit 17 Todesfällen = 51,5 Mortalität. HervorznhebeD ist,
>s Arnsperger in der Anlegung eines künstlichen Afters ein wertvolles
ttel zur Bekämpfung der diffusen Peritonitis sieht. Die Heidelberger Klinik
bt nicht auf dem Staudpunkte der kritiklosen sofortigen Operation jedes
gelieferten Appendizitisfalles, sondern sie behandelt die leichten akuten
fälle, besonders die ersten, konservativ. Es wird eine Eisblase aufgelegt,
iv nie Opium gegeben, bei einer eintretenden Verschlimmerung aber sofort
iriert. Während früher bei Abszessen der Wurmfortsatz erst sekundär
fernt wurde, geschieht dies in letzter Zeit meist gleich bei Eröffnung der
eransammlung. Die Intervalloperation ist nur dann indiziert, wenn mehrere
lische Ani^lle vorausgegangen sind oder nach dem ersten Anfalle noch
ijektive Beschwerden in der Blinddarmgegend bestehen oder objektiv sii-b
-t noch ein pathologischer Befund, Druckschmerz, Resistenz oder lokale
Ihong des Darmes nachweisen lässt.
Verf. resümiert dahin: die günstigsten Aussichten auf glatte Heilung
tet stets das Intervallstadium; im akuten Anfall muss man sofort operieren,
lald irgendwelche bedrohliche Erscheinungen vorhanden sind; es gibt aber
:h ganz leichte Anfälle, die bei genauer dauernder chirurgischer Aufsicht
iservativ behandelt und sodann im Intervall operiert werden können.
V. Hippel (68) nimmt an, dass das häufigere Auftreten von Appen-
itis in letzter Zeit einesteils nur scheinbar sei, vorgetäuscht durch die
isere Diagnosenstellung, anderenteils aber in Wirklichkeit bestehe. Er sieht
1 Grund nicht, wie andere, in dem vermehrten Fleischgenoss, eher scheint
Q ein Zusammenhang mit akuten Infektionskrankheiten, insbesondere der
Taawinck«!, App«Ddizitis. 797
Intlaeiiza, za bestehen, worin ihn die Untersuchtuigen Aschoffs über die
bifektion der Äppendixtonsille bestärkt haben. Jedoch ist er der Ansicht,
dass dessen Behauptung, dass eine cbronische, ernste Veränderungen an dem
Wannfortsatz schaffende Entzündung nicht oder nur ganz ausnahmsweise
Torkommen und dass alle derartige Veränderungen die Residuen akuter Ent-
bindungen seien, mit den klinischen Tatsachen nicht tibereinstimmen. Er
führt dafür Beispiele aus der Praxis an. Dass man auch die Wichtigkeit
rein mechanischer Momente für das Entstehen der Appendizitis nicht unter-
schätzen dürfe, beweisen ihm die Untersuchungen Bendas. Therapeutisch
steht er auf dem Standpunkt, dass jeder einmal entzündet gewesene Wurm-
fortsatz entfernt werden müsse, aber erst nach Abklingen aller entzündlichen
Erscheinungen, ebenso sind zu operieren die chronischen Fälle, in denen fort-
während Beschwerden bestehen. In bezug auf die akuten Fälle ist v. Hippel
strenger Anhänger der Frühoperation. Er wendet den Rektusrandschnitt an
imd die Quetschmethode mit dem Enterotrib. Seine Erfahrungen für diese
Darlegungen hat er an 64 Fällen, von denen 50 operiert wurden, gesammelt.
Es starben davon 4 im intermediären Stadium operierte.
Das Resultat seiner Erfahrungen über Frühoperationen bei akuter
Appendizitis legt Krogius (89) in folgenden Sätzen nieder:
Die Frühoperation bei akuter Appendizitis ist ein unschätzbares Mittel
eioen schweren Appendizitisanfall abzuschneiden und die Sterblichkeit bei
dieser Krankheit auf ein Minimum herabzubringen. Nicht bei allen Appen-
diiitisanfallen ist eine frühzeitige Operation indiziert, sondern diese ist nur
auf Grund bestimmter Indikationen vorzunehmen. In den entschieden leichten
Fällen, wo kein Symptom geeignet ist, Besorgnis zu erregen und wo der Verlauf
sich als eine gleich nach dem ersten Erkranken beginnende und sodann gleich-
massig fortBcbreitende Besserung darstellt, ist jede Operation während des Anfalles
nnnötig. Frühzeitige Operation ist dagegen in allen schweren Fällen indiziert,
wo die Symptome auf einen drohenden oder bereits erfolgten Durchbruch
des infektiösen Wurmfortsatzinhalta in die Peritonealhöhle hindeuten. Die
frühzeitige Operation sollte im allgemeinen so bald wie möglich nach dem
Aoftreten solcher Symptome, welche die Operation indizieren, vorgenommen
werden und muss, um auch in den zu diffuser Peritonitis neigenden Fällen
gate Aassichten zur Rettung des Patienten darzubieten, binnen höchstens
36 Stunden nach dem heftigen Erkranken bezw. nach dem ersten Auftreten
Terhältnismässig schwerer Symptome bewerkstelligt werden.
Guidi (52 a) bat 19 Fälle von Appendizitis operiert: 14 in den ersten
24-48 Stunden, 2 am neunten Tage, drei am vierten. Bei den beiden am
nennten Tage operierten Patienten handelte es sich um Appendicltis per*
forativa mit Bildung einer reichlichen periappendikulären Eiteransammlung ;
der Ausgang war in einem Falle gut, in dem anderen tödlich, jedoch infolge
dazwischenkommender Erkrankung. Die am vierten Tage operierten Patienten
»igten fortschreitende diffuse Peritonitis infolge von gangränöser Appendizitis.
Voa ihnen starben zwei, einer-geuas. Bei den 14 innerhalb der ersten 24 — 48
Stunden operierten Fällen traf er alle anatomischen Varietäten appendikniärer
Phlogosen: von der leichtesten, nur bei der mikroskopischen Untersuchung
etkennbaren Grube bis zu den frühzeitig durchbohrenden Formen, verbunden
mit mehr oder minder schweren peritonealen Komplikationen. In allen Fällen
«nielte er vollkommene und dauernde Heilung.
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798
Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Der Verf. erklärt sich für den möglichst frühzeitigen Eingriflf and be-
kämpft jeglichen Versuch medikamentöser Behandlung, da er dieselbe für er-
folglos und gefährlich hält; als Einschnitt zieht er der Unterleibsmediane einen
ungefähr 10 cm langen, leicht gebogenen, mit der Konkavität der Mittellinie
zugekehrten Einschnitt vor, der zwei Finger breit vor dem vorderen oberen
Hüftendorn verläuft, welcher der Hälfte der Inzision selbst entspricht.
R. Griani.
Dörfler (38) berichtet über seine Erfahrungen bei 180, teils intern,
teils operativ behandelten Appendizitisfällen. Seitdem er sich vor etwa
3Vs Jahren entschlossen hat, jeden Fall, welcher irgend ein ernstes Symptom
zeigte, sofort zu operieren, haben sich seine Erfolge bedeutend gebessert, da
die Mortalität von 18,8 auf 5,5 ®/o fiel. Von den 66 Patienten, die er von
Anfang an behandeln konnte, starb nur 1 = 1,5 Vo Mortalität. Dörfler
hält die Frühoperation vor Etablierung einer allgemeinen Peritonitis für ge-
fahrlos sicher und leicht ausführbar. Die besten Resultate erhält man, wenn
man sowohl in den frischeren, als auch in den verschleppteren Fällen von der
freien Bauchhöhle aus gegen den entzündlichen Tumor vorgeht.
Haberer (55) hat 313 Fälle, die von v. Eiselsberg und seinen
Assistenten teils in Königsberg teils in Wien operiert wurden, zusammen-
gestellt, um sowohl die momentanen, als vor allem die Dauerresnltate, welche
die operative Behandlung der Appendizitis in den verschiedenen Phasen der
Attacke zeitigt, miteinander vergleichen zu können. Davon kommen auf Früh-
operationen (innerhalb der ersten 48 Stunden) 15 mit 14 Heilungen, auf Spätope-
rationen 99 mit 64 Heilungen, auf Operationen im Intervall 199, die alle geheilt
wurden. Hinzugefügt sind 41 nicht operierte Fälle, von denen 38 in Heilang
ausgingen. Die Dauerresultate konnten bei 96 Patienten ermittelt werden.
55 von ihnen sind seit der Operation völlig beschwerdefrei, 40 Patienten aber
haben mehr oder minder hochgradige Beschwerden, die teils bloss in hart-
näckiger Stuhlträgheit, teils aber sogar in hochgradigen Schmerzen, ja in
Kolikanfallen, wie sie vor der Operation bestanden hatten, sich äussern. Ein
Patient starb Vh Jahre nach der Appendizektomie, nachdem er 3V2 Monat«
zuvor wegen Cökalkarzinom nochmals operiert worden war. Hab er er fasst
die Gesichtspunkte für die Behandlung der Appendizitis in folgende Sätze zu-
sammen :
1. Alle innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Erkrankung einge-
brachten Patienten sind, falls keine schwerwiegenden Kontraindikationen
bestehen, der Frühoperation zu unterziehen.
2. Dauert der Anfall länger als 48 Stunden, so ist er unter strenger
Beobachtung des Patienten exspektativ zu behandeln. (Zuwarten mit dem
Messer in der Hand.)
3. Die Operation ist geboten während des Anfalles bei Abzessbildnng.
Dabei beschränke man sich auf die einfache Spaltung des Abzesses und ent-
ferne die Appendix nur in den Fällen, wo er vollkommen frei zutage liegt.
Für die übrigen Fälle ist die sekundäre Appendizektomie vorzuziehen.
4. Bei diffuser Peritonitis wird das Abdomen weit eröflfnet, das Peri-
toneum reichlich mit physiologischer Kochsalzlösung ausgespült, die Appendix,
wenn irgend möglich — meistens ist es leicht — entfernt. Das Hauptgewicht
der Nachbehandlung liegt in subkutanen Kochsalinfusionen und Herzexzitantien.
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Voawinokel, AppendiziUs. 799
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5. Für die Fälle von chronischer Schwielenbildung empfiehlt sich die
DarmaxLsschaltung, es soll aber bloss dann operiert werden, wenn bei längerem
Zuwarten der Patient herunterkommt.
6. Die Intervalloperation soll erst nach Ablauf sämtlicher lokaler und
AUgemeinsymptome ausgeführt werden.
In einem Vortrag der wissenschaftlichen Versammlung des Wiener mediz.
Doktor kolleginms gibt Hab er er (57) einen Überblick über die Entwickelung
und den heutigen Stand der Appendizitisfrage. Er kommt nach einem histo-
rischen Überblick zu denselben Schlussfolgerungen wie in der vorher ange-
fahrten Arbeit.
Bauer (12a) fasst seine Ansichten über die operative Behandlung der
akuten Appendizitis in folgenden Sätzen zusammen: Patienten mit nicht be-
grenzter Appendizit-Peritonitis und Patienten mit hochgradiger Allgemein-
infektion ohne Peritonitis müssen unbedingt operiert werden und zwar so
bald als möglich, am liebsten eine bis zwei Stunden nach der Erkrankung.
Patienten mit begrenzter Appendizit-Peritonitis werden durch möglichst früh-
zeitige Operation, mit Entleerung des eventuell vorhandenen Eiters und Ent-
fernung der Appendizitis, am sichersten auf einmal von der Krankheit und
von der Ursache derselben befreit. Patienten mit akuter Appendizitis ohne
oder mit sehr unbedeutender Affektion des Peritoneums und mit gelinden
Allgemeinsymptomen können unter exspektativer Behandlung von den akuten
Symptomen frei werden und werden dies gewöhnlich.
Hj. von Bonsdorff.
Lindströms (95a) Statistik umfasst 150 Fälle von Appendizitis, wo-
von 126 operiert wurden, und zwar 66 während freier Zwischenzeit ohne
Todesfall und 60 während eines Anfalles mit 18 Todesfällen. Die Mortalität
der Operierten war von den am 1. und 2. Tage Operierten 22 7o, am 3. — 5.
Tage 60 ^'o, nach dem 5. Tage 100 ®/o. Bezüglich der Indikation zur Ope-
ration schliesst sich Lindström der von Krogius ausgesprochenen Auf-
fassung an. Hj. von Bonsdorff.
Unter Mitteilung von Q.Krankengeschichten und einer Statistik über
44 Fälle stellt Kraft (88) die Grundsätze fest, nach denen die Appendizitis
auf der von ihm geleiteten chirurgischen Abteilung des Kopenhagener Neuen
Frederiksberg Krankenhauses behandelt wird. Sein Standpunkt entspricht '. / T ' ! '1
etwa dem individualisierenden von Lennander, d. h. sofortige Operation
schwerer Fälle, strenge Überwachung leichter, um beim ersten ungünstigen
Zeichen eingreifen zu können.
Dowd (39) hat im Kinderhospital in New-York seit 1905 70 Kinder
im Alter von 2 — 15 Jahren wegen Appendizitis operiert. Er teilt die Fälle
ein in 1. Frühoperationen bis zu 48 Stunden, 2. spätere akute Fälle, die
sich im fortschreitenden oder auch zurückgehenden Stadium befinden, 3. —22.
Tag und 3. Intervalloperationen. Die erste Gruppe umfasst 11 Fälle, davon
6 mit perforiertem Wurmfortsatz, 4 mit beginnender Peritonitis. Alle gingen
in Heilung aus. Zur 2. Gruppe gehören 32 mit 3 Todesfällen^ 19 von ihnen
hatten diffuse Peritonitis. Bei Abszessen wurde nur drainiert, bei den
schweren Fällen von diffuser Peritonitis die Bauchhöhle mit Salzwasser aus-
gespült. Bei der 3. Gruppe, den Intervalloperationen, kam kein Todesfall
vor. Dowd ist der Ansicht, dass der Prozentsatz der schwereren Fälle bei ^•* ' ? \ t
Kindern grösser ist als bei Erwachsenen. Er fasst seine Erfahrungen dahin
zusammen : 1. die Appendizitis bei Kindern verläuft schneller und tückischer.
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0 JahreHbariolit fQr Cbirnrgis. II. Teil.
der Prozentsatz der difToBen und allgemeinen Peritonitis ist grösEer, da
is Netz weniger geeignet ist, die entzündete Appendix einzuhüllen, 3. es
istehen stets Schmerzen, 4. es tritt fast immer Erbrechen anf, 5. die Pal-
ition des Abdomens ist in den meisten Fällen ausreichend, jedenfalls melir
ie beim Erwachsenen, 6. Verstopfung ist seltener, 7. die Neigung zu allge-
einer Peritonitis ist grösser, deshalb ist 8. während des akuten Stadiums
des Verzögern der Operation mit grösserer Geiahr verbunden wie beim Er-
achsenen.
König (S5} wendet sieb gegen die Ansicht von Gerwin, die dieser
einem Artikel in der Septembemommer des Medico veröffentlicht hat und
dem er der konservativen Behandlung der Appendizitis das Wort redet,
erwin will in seiner 15 jährigen Praxis keinen Blinddarmkranken ver-
ren haben, „trotzdem, oder vielleicht, weil er keinen operieren liess^.
Önig legt an der Hand der anatomischen und pathologischen Verhältnisse
ir, dass der Wurmfortsatzentzündong mit allgemein septischen Erscheinangen
it und ohne Metastasen nur durch Operation beizukommen ist; aber auch
sr forUcbreitenden Banchfellentzündungen gegenüber dürfe niemand ab-
ärtend verharren, er betont dabei, dass nicht erst dann Peritonitis vorliege,
renn die Augen tief liegen, die Nase spitz, der Puls klein und frequent,
tr Bauch hoch und regungslos ist und der Patient mühelos seinen dünnen
arminhalt herausgibt", schon viel früher muss der Arzt die Ansicht eines
liirurgen einholen. Auch wenn ohne allgemeine Erscheinungen nach einigen
ägen die Temperatur massig ansteigt, will König operativ eingegriffen
issen. Ebenso rät er jedem, der einen schweren oder auch mehrere leichte
nfälle überstanden hat, die Intervaltoperation an. Von einem auch stunden-
ngen Transport hat König selbst bei progredient eitriger Peritonitis keinen
achteil gesehen, er verdankt im Gegenteil dein gerade ein paar Operationen
it erfreulichstem Erfolg.
Schwarzkopf (138) wirft die Frage auf, was tut der Landarzt, wenn
' eine Appendizitis diagnostiziert hat, und beantwortet dieselbe folgender-
assen: Ist der Transport halbwegs durchführbar und ein Spital in der
ähe, so ist die Überführung dorthin schleunigst vorzunehmen. Sind diese
edingongen nicht vorhanden, so muss bei drohender oder schon vollzogener
erforation gerade so gehandelt werden, wie bei einem eingeklemmten Bruch,
chwaizkopf hält die Technik für leichter und den Apparat für kleiner
B bei der Hemiotomie. Zwei Kollegen, von denen einer die Narkose, der
idere die Assistenz übernimmt, sind wohl immer zu haben. Der Schnitt
ill gross gemacht werden und die Bauchhöhle ausgiebig drainiert, eventnell
uss eine Gegeninzision in der Leudengegend angelegt werden. Der Wurm-
irtsatz soll erst sechs Wochen nach Verlassen des Krankenlagers entfernt
erden.
Inge (76) wirft die Frage auf: Was sollen wir tun, wenn wir zu einem
luten Appendizitisfall gerufen werden, bei dem es für eine Frühoperation
1 spät nnd für eine Spätoperation noch zu früh ist? Er adoptiert hier die
cspektative Methode vonÖchsner, der durch Magenausspülungen, absolute
uhe und Verbot jeglicher Nahrung die Peristaltik verhindern nnd die Ad-
isionsbildung befördern will, um die Infektion zu lokalisieren. Ist ein deut-
cher Tumor zu fühlen, so macht Inge ausserdem eine kleine Inzision
itichwunde) durch die Bauchdecken bis auf denselben. Fliesst Eiter aus,
> legt er ein höchstens federkieldickes Drain ein, fliesst nur Serum ans,
ToBwinekel, Appeadizitia. 801
etoen Gazestreifen, um den Strom des infektiösen Materials Ton der Bauch-
höhle nach aussen leiten. Mnrph; hat ober 16 so behandelte Fälle be-
richtet, TOD denen er keinen verlor. Er bringt nach Einführung des Drains
in den retrovesikalen Raum in eine halbsitzende Stellung und siebt von jeder
Ansspülang ab. Inge fuhrt zum Schluss noch einen von ihm selbst behan-
delten Fall an, der zur Heilung kam.
Riedel (130) empfiehlt bei der Appendizitisoperation einen Schnitt,
den er Zickzackschnitt nennt und folgfindermassen beschreibt: Hautochnitt
1 ','t cm oberhalb der Lig. Poup. Spaltung des Obl. ext. und seiner sehnigen
Ausbreitung in der Richtung der Fasern. Der Muskel selbst vird meist nur
in der Länge von I — 2 cm gespalten, von dort aas läuft der Schnitt nicht
mehr ganz parallel dem Hantschnitte, sondern mehr nach der Symphyse zu.
Stumpfe Ablösung der Aponenrose des Obliq. ext. nach oben bis über die
ättssere Rektosscbeide hinaus nach unten bis znm Lig. Poup. An den Um-
schlagfalten wird eine Seidenoaht ein- and durch die Haut eben jenseits des
Nabels nnten am Oberschenkel ansgestossen. Durch Anziehen und Knöpfen
dieser Fäden wird die sehnige Platte samt Haut und subkntanem Fettgewebe
Dach oben und unten hin evertiert gehalten ; in dem dadurch entstandenen
elliptischen Defekte liegt jetzt der rechte Obliq. intern, vom Lig. Poup. bis
zum lateralen Rande des Muse, rectus frei. Dieser wird in der Richtung
seiner Fasern, aber 1 cm vom Lig. Poup. beginnend, weil sonst die N. ileo-
hypogastricns et ileoinqninalis getroffen würden, bis znm Rektusrande hin
dnrchtrennt, sodann noch die vordere Scheide des Rektus in gleicher Rich-
tung 2 cm weit unter Emporbebnng der Obliq. extern. Faszien gespalten.
Ebenso wird der jetzt freiliegende M. transversus bis zum Rektus hin in
seinem Faserverlauf gespalten und schliesslich die Fascia transversa. Durch
die Schnittränder des Obl. intern., des transversus und der Fascia transversa
kommt jetzt abermals eine Seidennaht, sie wird oberhalb und unterhalb der
Wunde dnrch die Haut gestochen, knüpft man jetzt, so resultiert ein ellip-
tischer Defekt, in dem das Peritonem frei liegt, das nach Bedeckung der
Wnndränder vorsichtig wegen der eventuell anliegenden Darmschiingen eröff-
net wird. Mit Haken lässt sich jetzt die Wunde erweitern und gibt einen
guten Einblick in die Bauchhöhle. Die Wiedervereinigung geschieht durch
Catgutnaht der tiefen Ellipse, nachdem die Seidenfäden gelöst sind. M. obliq.
intern., transversus, Fascia transversa and Peritoneum werden mit 2 Nähten
hart am Wnndrand durchstochen, dann folgt Vereinigung der vorderen Scheide
und des Rektus durch eine Naht. Dann Nabt der Obliq. ext. durch Catgut und
der Haut durch Seide. Die ganze Operation inklusive Appendizektomie soll
nur 15 Minuten in Ansprach nehmen und eine Hernienbildung völlig ausge-
schlossen sein.
Riedel bat in den letzten l'/i Jahren S.*)? Fälle operiert. Alle Kranken,
die zar Aufnahme kamen, wurden der Operation unterzogen and zwar 300
im Anfall, 57 intermediär, letztere ohne Todesfall. Alle im Laufe von 36
Stunden Operierte genasen, abgesehen von einem Kinde mit schwerer Perito-
nitis. Dreimal trat der Tod ein bei Operationen nach 48 Stunden, nach
3 Tagen 2 mal, nach 4 l'agen 4 mal. In Summa sind 21 Pattenten gestorben,
davon 16 an Peritonitis, 3 an Pneumonie, einer an Perforation eines sub-
phrenischen Abszesses, einer an Perforation des erweichten Ösophagus in die
Brusthöhle. Fast ausnahmslos wurde mit dem Zickzackschnitt operiert. „^^^
Kranke soll operiert werden, sobald man ihn sieht,"
9S J»hreaberiefat lOi Cliinirgie. II. TmI.
Ghaptit (29) operiert mit einem Horizontalscbnitt, der an der Spin.
sup. ant. beginnt and die Moskelfasem schont. Dieser Schnitt b^^stige
die Draini^e nach a]len Richtungen bin. Ist man gezwungen, zn drainieren,
so kann man bei diesem Schnitt darch die Seknndäraabt am 6. Tage jeden
Bauchbrnch vermeiden.
Der Wormforteatz mnss in seinem Cökalansatz abgetragen nnd dnrch
Etagennaht versenkt werden. Bei Bet^enabszesBen und allgemeiner Perito-
nitis drainiert Verf. vom Rektum oder der Vagina her aus. Er hält die
Stovainanästhesie bei nicht nervösen erwachsenen Personen ffir sehr vor-
teilhaft.
Gösset (52) bevorzngt die Schnittrichtnng nach Mac Barney mit
leichter Modifikation. Er durchtrennt die Banchmuskehi stumpf in der Rich-
tung ihres Verlaufes mit Schonung der GefSfise und Nerven. Die Wunde wird
durch einen Ecarteur auseinander gehalten. Durch die Lage mit etwas er-
höhtem Becken glaubt er den Wurmfortsatz leichter finden und vorziehen za
können. Den Stumpf des abgebundenen und mit dem Thermokauter abge-
tragenen Wurmfortsatzes versenkt er durch eine Tahaksbeutelnaht.
Hahn (59) legt den Schnitt am lateralen Rande des Rektns an. Unter
Schonung der Nerven nnd Gefässe wird dieser nach einwärts gezogen und
dann dae Peritoneum eröffnet. Der Schnitt soll so klein wie möglich gemacht
werden. Haaptschnitt 3 — 4 cm, bei fetten Bauchdecken höchstens 6 — 7 cm,
der Schnitt durch den übrigen Teil der Banchwand nur 2V»— 3 cm, also nnr
80 gross, dass der linke Zeigefinger in die Bauchhöhle dringen kann. Haha
behauptet, die Appendix dann finden zu können, indem er sich von dem Ge-
fühl leiten lässt nnd zwar in jedem Falle, mögen die Veränderungen von dem-
selben und in seiner Umgebung auch noch so bedeutend sein. Eventuelle
Verwachsungen werden stumpf mit dem Zeigefinger gelöst und die Appendix
hervorgeholt. Bei eitrigen Prozessen wird die bis zum Cökum isolierte Appendix
nach einfacher Umschnürung mit einem Catgutfaden abgetragen nnd das Cökum
reponiert, bei nicht eitrigen wird der Stumpf vorher mit Seide übemäbt.
Haberer (56) wendet sich gegen die von Hahn empfohlenen kleinen
Schnitte durch die Rektusscheide bei der Operation der Appendizitis. Er ver-
steht nicht, dass ein einziger tastender Finger ohne Eontrolle des Anges seine
Aufgabe leichter erfüllen soll, als dies beim grossen Schnitt dnrch Znsamnien-
wirken von Auge und Hand möglich ist. Bei der Frnhoperation verwirft er
die Methode Hahns absolat, da durch ein so blindes Vorgehen eine bereite
vorbereitete Perforation der Appendix komplett und dadurch der Patient in
Lebensgefahr gebracht werden könne. Im intermediären Stadium werde durch
das ganz blinde und daher planlose Lösen von Adhäsionen sicherlich viel
Unheil angerichtet. Aber anch bei Abszessinzisionen , bei denen wohl ein
kleiner Schnitt ausreiche, sei eine seitliche Inzision der perrektalen vorzu-
ziehen, da sie entschieden günstigere Abfiussbedingungen schaffe. Bei diffuser
Peritonitis seien nur grosse Schnitte zn empfehlen, sei es, dass man Anhänger
der Spülmethode oder der Drainage sei. Höchstens bei moribunden, d. h.
eigentlich inoperablen Patienten könnte eine knopflochförmige Inzision in Frage
kommen, diese sei dann aber in der Linea alba anzulegen. Bei der Intervall-
operation würde man bei schwierigen Verhältnissen den Wurmfortsatz in vielen
Fällen gar nicht finden, oder oft durch das unkontrollierbare Zerreissen derber
Adhäsionen leicht schwere Nebenverletzungen (Darm, Blase) setzen. Schliess-
lich glaubt T. Haberer, dass durch die kleinen Inzisionen Wimdverhältnisse
VoBwJDckel, Appendiiiti«. 803
geschaffen verden, die das Anftreten poatoperativer Komplikationen (Adhäsions-
beschwerden, Darntstenosen) begünstigen.
Kölliker (84) bedient sich bei der Resektion des Wurmfortsatzes
eines Schnittes, der wenig verletzend sein und vor Baucbbrüchen ebenso
schützen soll wie die Etagennaht. Er beginnt am M. Bnrnej'echen Pnnkte
nnd verlänft in der Richtung nach der Mitte der Symphyse etwa 8 cm ab-
wärts. Die Aponeuroae des Obliq. ext. wird gespalten and das vordere Blatt
der Rektnsscbeide zu einem Drittel bis zm- Hälfte. Der Rektua wird alsdann
stampf gelöst nnd mit Haken medial verschoben. Durchschneidung des sehnigen
Teiles des Obliq. intern, and transversus, sowie der Faszia transversalia. Der
Schnitt im Peritoneum wird sehr klein, 3 — 1 cm lang angelegt. Diese Schnitt-
föbning soll den Vorteil haben, dass der Bancbfellschnitt in der Hauptsache
unter dem rechten Rektus za liegen kommt und dass so gnt wie keine Muskel-
fasern durchschnitten werden. Das Peritoneum wird isoliert nbemäht, diese
Naht überdeckt den Rektus, eine zweite Mahtreibe umfasst sämtliche andere
Schichten. Je nach Bedarf kann der Schnitt auch später noch vergrössert
werden.
Nach Foersterling (49) gewährt die von Schlange auf dem letzten
Cbirurgenkongress angegebene sogenannte Halbseituilage — d. h. eine durch
Unterstützung der rechten Schulter und Beckenhälfte hervorgerufene Hebung
der rechten Seite von 12—16 cm, so dass die Interspinallinie einen Winkel
Ton 30 — 35" mit der Tischplatte bildet — besonders bei der Frühoperation,
solange ein Abszess and festere Adhäsionen noch nicht vorhanden sind, grossen
Nutzen. Die Därme fallen nicht so leicht in die Wunde und lassen sich
leichter zurückhalten, so dass der Wurmfortsatz, besonders wenn er nach
aussen anten oder hinten liegt, überraschend leicht zu Gesicht zu bringen,
abzutragen und der Stumpf zu versorgen ist. Der im kleinen Becken fixierte
Wurmfortsatz Hess sich so leichter exstirpieren als in Rückenlage. Bei Spal-
tung grösserer, gut abgekapselter, Atezesse ist die Lagerung weniger von
Vorteil.
Gelegentlich der Appendizitisperitonitiden betont Söderhanm (144a)
die Begriffsverwirnmg , die in der Benennung der verschiedenen Formen
herrscht. Man soll bei der Diagnose danach streben, die Ausheilung und
Lokalisation des eiterigen Exsudates zu bestimmen. Die Bezeichnung Peri-
tonitis diffusa möchte Söderbaum durch Peritonitis libera ersetzt wissen.
Er teilt 54 im Jahre 1904 operierte Fälle mit und gruppiert sie nach den
oben angedeuteten Prinzipien. Hj. von Bonsdorff.
Hansmann (64) weist daraufhin, dass nicht nur die kranke, sondern
in manchen Fällen auch die gesnnde Appendix dnrch Palpation gefühlt werden
könne. Als Regel für die Palpation muss es gelten, dass die Haltung der
Hand oder der Finger eine zur Achse des Organes senkrechte sei. Eine fernere
Bedingung ist, dass die Finger tief eindringen. Die Aufgabe wird wesentlich
dadurch erleichtert, wenn der zu Untersuchende das gestreckte rechte Bein
etwas hebt, wobei sich der Psoas anspannt und sich der vorderen Bauchwand
niibert. Bei der Palpation legt Hausmann die linke Hand auf die pal-
pierende rechte und führt den nötigen Druck und die nötigen Bewegungen
mit der linken aus. Im Laufe von 15 Monaten hat Hausmann unter 700
Sprechstundenkranken 16 mal die sichere Diagnose Appendicitis larvata stellen
können.
61«
JahrcBbericht fOr Chinirgie. II. Teil.
ach Knttner (92) ist Über die Behandlnsg der Appendizitis noch
j^inignng erzielt. Er erklärt sich aber, obwohl er Internist ist, aaf
seiner Erfahrungen für die Mehrzahl der Fälle als einen unbedingten
:er der chimrgischen Behandlung, jedoch kann er sich nicht entschli essen,
ipiell die unverzügliche Operation im akuten Anfall zu empfehlen;
den Arzt für berechtigt, abzuwarten. Wird durch die exspektative
lung nach 24 Stunden keine Besserung erzielt und steigt das Fieber,
lies für ihn eine Indikation zur Operation; ebenso die Anzeichen der
ien oder vollendeten Perforation. Nach Knttners Erfahrung über-
, wie dies auch sonst schon festgestellt ist, im kindlichen Alter die
in Formen der Erkrankung, deshalb ist hier eher eine Operation an-
als bei Erwachsenen. Ist der Anfall vorüber, so ist damit nicht die
eit beseitigt, deshalb soll der Patient dann dem Chirurgen zur Opera-
lerwiesen werden. Bei den chronischen Formen sind es diagnostische
en, die das therapeutische Handeln erschweren. Die Differentiaidia-
st in diesen Fällen oft sehr schwierig, muss aber nach Möglichkeit
rt sein, ehe zu einer Operation geschritten wird.
inger (143) ist der Ansicht, dass zurzeit Ärzte geneigt sind, am ja
Fall einer larvierten Äppendixerkrankung zu übersehen, ÄfiFektionen
klarer Symptomatologie, die, wie sich nachher öfters herausstellt, ganz
gearteten Ursprungs sind, auf die mannigfaltigen Prozesse ander Appendix
uführen. Er schildert die grosse Reihe von Krankheitsprozessen, die
ronische Appendizitis vortäuschen können und die er mit dem Namen
Appendizitis belegt, in eingehendster Weise, er rechnet dazu das Kar-
ler Ileocökalgegend, die solitäre Tuberkulose des Gökum, die Invagioa-
id ;Intususzeption, die entzündlichen Erkrankungen der Adnexe. Oft-
inscht eine Gallenkolik einen Appendizitisanfall vor, oftmals werden
;cb6 oder neurasthenische Beschwerden als chronische Appendizitis ge-
Singer glaubt, dass gerade bei letzteren Erkrankungen die Snggestiv-
des Messers nicht so selten sind. Die Ursache für die Täuschung
irin, dass die Diagnose der Appendizitis und namentlich jener Fälle von
:her Appendixerkrankung bei der das Latenzatadium durch mehr oder
charakteristische Einschnitte unterbrochen wird, auf sehr schwanken-
undlageo beruht. So können Erkrankungen, die jahrelang in einer
nten Richtung gedeutet worden, durch ein Ereignis plötzlich in anderer
i^ualifiziert und charakterisiert werden. Ein nach einer vermeintlichen
.rmattacke auftretender Ikterus, ein Gallenblasentumor etc. kann jähre-
it anscheinender Berechtigung als Appendizitis gedeutete Symptome
en Haufen werfen und damit die Handlungsweise des Arztes in ganz
Bahnen drängen. Manifeste hysterische Symptome , die Phänomene,
1 funktionellen Neurosen eigentümlich sind, können bei bestimmten
n für die kritische Würdigung des Krankheitsbildes entscheidend in
ge fallen. Wie mit steigender Erkenntnis die Schwierigkeit für die
DiagDose der Appendizitis wachsen, so schwierig, ja unmöglich wird
sein, ihr Bestehen mit Sicherheit aaszuschliessen. Im Zweifel aber
i wohl ein Gebot der Zweckmässigkeit sein, für die Annahme der
m Erkrankung zu entscheiden.
oas (20) hält für die chronische Appendizitis, deren Diagnose manch-
ir schwer sein kann, die Operation im wesentlichen für das günstigst«
Yoswjnckel, AppendiEitiB. 806
Bfld sicherste Verfahren. Bei Kindern ist sie für die gesundheitliche Ent-
«ickelung absolut nötig.
Benedict (15) Trendet sich gegen die wahllose Behtuidlung der Appen-
dizitis durch Operation, da diese doch nicht so harmlos sei, wie jetzt viel-
fach behauptet wird. Bei gelungenen Operationen kommen z. B. bis za
]Vt*/o Bauchbrüche vor. Theoretisch haben vielleicht die Verteidiger der
operativen Behandlang recht, praktisch aber müsse man berücksichtigen, dass
doch immer Todesfälle vorkämen: durch das Narkotikum, durch den Shock,
durch sekundäre Infektion oder durch sonstige Komplikationen. Ferner gibt
es Fälle , in denen nach Entfernung des Wurmfortsatzes die Beschwerden
bestehen bleiben, femer solche, in denen der Wurmfortsatz gar nicht ent-
ifindet -war, sondern die Symptome einen anderen Grund hatten. Benedict
will deshalb die Fälle scheiden in solche, welche einer chirurgischen Be-
handlung und solche, die einer medizinischen bedürfen. In den meisten
Fällen ist die Eiterbildung oder die Gangrän eine Folge der vermehrten
Virulenz der Darmbakterien, daher ist Benedict ein Anhänger der Abführ-
mittel, besonders des Kalomels; femer empfiehlt er Magen- und Darm-
spülungen, er lässt den Patienten in den ersten Tagen reichliche Mengen
Wasser trinken. Morphium verwirft er, da es das Krankbeitsbltd verschleiere
nnd den Zeitpunkt für die notwendige Operation nicht erkennen lasse, sowie
die Bakterien nnd deren Toxine im Darm zurückhalte. Bei septischen und
gangränösen Fällen soll stets operiert werden.
Müller (109) will nur die schweren Formen der akuten Appendizitis
sofort operieren, die leichteren z. B. die katarrhalischen durch interne Mittel
behandeln und bei Rezidiven im anfallsfreien Stadium operieren. Er be-
schreibt einen Fall, in dem innerhalb fünf Jahren sechs Anfälle auftraten;
bei der endlich vorgenommenen Operation fand sich im Wurmfortsatz ein
Kotstein und in diesem ein scharfkantiges, 1,5 cm langes Knochenstück, das
äQ einer Seite herausragte nnd den Wurmfortsatz arrodiert, aber noch nicht
perforiert hatte.
Condray (39) stimmt ihm zu, da in 9 von 10 Fällen die akute Ap-
pendizitis durch geeignete innere Behandlung sich in das Stadium ä froid
überführen lasse. Allerdings könne in sehr schweren Fällen der operative
Eingriff geboten sein, z. B. bei der gangränösen Form oder bei Kompli-
kationen, aber diese bildeten doch die Ausnahmen.
Reynier (127) verwirft die systematische Operation im akuten Sta-
dium und glaubt durch die Behandlung mit Eis, Ruhe und strenger Diät
bessere Resultate zu erzielen.
Kime (81) verurteilt zwar nicht die Operation innerhalb der ersten
24 Stunden, wenn die ümsUinde es erfordern, aber er verurteilt die Ansicht,
dass, sobald die Diagnose feststeht, in jedem Falle unbedingt operativ ein-
gegriffen werden müsse. Die Fruboperation empfehle sich nur für sehr
schwere Fälle, die anderen mnssten durch innere Behandlung über das akute
Stadium herausgebracht werden und könnten dann im freien Intervall operiert
werden Hierdurch wäre es möglich, die Zahl der Todesfälle fast auf Null
m reduzieren.
Nach AI bu (1) erklärt die früher nicht gekannte oder vielmehr bisher nicht
genügend gewürdigte Häufigkeit der Darmnenrosen zum guten Teil das scheinbar
gehäufte Auftreten der chronischen Blinddarmentzündungen. Es handelt sich
dahei 1. um die chronische Obstipation, besonders in ihrer spastiscbenForm, 3. um
JahreBbericht fOr Chirargie. II. Teil
Ineoralgien and 3. nm die viszerale Lokalisation der Hysterie uod der
nenrasthenie. Ad 1. Das spastisch kontrahierte Cökum kann leicht einen
ten Wurmfortsatz palpatorisch yortänschen. Ad 2. Bei grosser Konstanz
eblicber Heftigkeit der viBzeralen nearalgischen Beschwerden bilden diese
iie hauptsächlichste Stütze für die Diagnose der chronischen Perityphlitis,
la es viszerale Neuralgien und Sensiblitätsneurosen gibt, bei denen die
1 oder sehr ähnliche subjektive Schmerzempfindungen in der Ileo-
gend lokalisiert auftreten. Ad 3. Konzentriert sich die viszersJe
e zQweilen in Schmerzempfindungen und Scbmerzanfälleu in der Blind-
gend. Alba ist der Ansicht, dass unter dem Schutze der Asepsis,
die Operationen an sich fast ganz gefahrlos macht, heutzutage zn viel
ine strenge and zwingende Indikation operiert vird. Nach seinen £r-
en soll nur dann eine Operation indiziert sein, wenn 1. die Diagnose
inähemd sichere ist, 2. trotz sorgsamer interner Therapie die Se-
len der Kranken so lebhafte sind, dasa Lebensgenuss and Berufstätig-
ilurch anmöglich gemacht werden. In allen Fällen, die nicht dorcfa
bvere eine Operation dringend nötig erscheinen lassen, solle versucht
, eine Latenz des Krankheitszustandes zn erreichen, was in vielen
durch geeignete interne Behandlung gelingt.
oosbrugger (104) empfiehlt für die innere Behandlung der Appendi-
i aasschliessliche reichliche Anwendung von Argentum colloidale Crede.
nittel wendet er nicht an. Auch bei Abszessbildang will Moos-
er durch die Behandlung dauernde Heilung erzielt haben, allerdings
nger Anwendung innerlich und äuBserlich. Er ist der Ansicht, dass
chtzeitig erkannte, wenn auch noch so akut und bösartig auftretende
izitis anter zweckentsprechender Anwendung von Koll&rgol ohne chi-
len Eingriff zum Ausheilen zu bringen ist.
uch Bernays(17) ist ein Anhänger der exspektativen inneren Therapie
iführmitteln und reichlichen warmen Klistieren. Beschränkung der
g auf geringe Mengen Flüssigkeit.
'ie Erfahrungen, die über Darmverschlnss nnd Darmverengerung infolge
rityphlitis auf der v. Mikuliczschen Klinik gemacht wurden, be-
Loevinsohn (96) in einer auaführlichen Arbeit, die auch di» bisher
Literatur veiöfFentlichten Fälle berücksichtigt. Er unterscheidet Ok-
m im Intervall im Gegensatz zu den Okklusionen im Anfall. Er echliesst
jenigen Fälle als unrein aus, in denen aus irgend einem Gründe vor
itstehen der Okklusion die Bauchhöhle eröffnet war, also auch nach
ektomien. Nach Loevinsohn ist bei den meisten Okklusionen im
e einer lokalen Peritonitis die lokale Darmlähmnng stets als wesent-
'aktor neben grobmechanischen Momenten anzusehen, wie dies Reiche!
lentell bewiesen hat, ebenso wie bei der allgemeinen Peritonitis häufig
gemeine Darmlähmung auftritt. Für gewöhnlich ist die 2. — 4. Woche
itehens einer Perityphlitis diejenige Zeit, in der die Gefahr des Darm-
isses am meisten droht, da dann die fibrinösen Adhärenzen schon eine
ide Festigkeit erlangt haben. Durch Hinzutritt eines gelegentlichen
sses wird der Zustand plötzlich drohend nnd wir haben das Bild eines
Ileus, während er sich doch in Wirkhcbkeit chronisch entwickelt hat.
;ibt eine Aufzählung der verschiedenen Arten des postappendikalen
Was den klinischen Verlauf anlangt, so hat eine Okklosjon oder Ste-
ToBwinckel, Appeadizitis. fl07
nose des Darmes infolge von Appendizitis nichts Charakteristisches vor einer
ebensolchen aus anderer Ätiologie voraus.
I>ie Fälle im freien Intervall sind therapeutisch relativ einfach, sie
sollen nach denselben Prinzipien behandelt werden, wie die Okklusionen und
Stenosen ans anderen Ursachen, d. h. die mechaniscben Stönmgen werden
mit dem Messer hinweggeräumt. Für die Okklusionen ä cbaud ist pro-
phylaktisch die Vermeidung allzugrosser und hinge gegebener Opiumdosen bei
der Behandlung der Appendizitis von Wichtigkeit. Auch die Okklusion
ä chaad bedarf stets einer chirurgischen Therapie, da jede andere Behand-
lung völlig ohnmächtig erscheint. Loevinsohn empfiehlt einen Schnitt nicht
medial, sondern 2 — 3 cm medial und parallel dem ersten, da man durch
diesen mehr in die Nähe des peritjphlitischen Herdes gelange. Lassen sich
die Adhäsionen nicht lösen, so kommt die Enteroanastomose in Betracht and
bei Darmlähmnng die Enterostomie oberhalb der gelähmten Partie.
Bei V. Mikulicz kamen unter 500 Perityphlitisoperationen sechs Falle
von Adfaäsionsileus zur Beobachtung, deren Krankengeschichten folgen. In
drei Fällen handelte es sich um Okklusion ä chaud, bei einem von ihnen
wurde eine Enteroanastomose angelegt, bei den beiden anderen eine Kot-
fistel, von letzteren starb einer. Die anderen drei Fälle wurden im Intervall
operiert, zwei davon genasen, einer, bei dem eine gangränös gewordene Darm-
schlinge reseziert werden musste, starb.
Federmann (48) berichtet, dass im Krankenhaus Moabit zu Berlin in
den letzten Jahren unter ca. 300 Fällen eitriger Appendizitis nur sechsmal
ein Adhäsionsileus aufgetreten sei. Auch in der Literatur konnte er nur
wenig Veröffentlichungen über diesen Gegenstand finden. Er ist der Meinung,
dass auch jetzt noch viele Patienten nach einer operierten oder nicht ope-
rierten Appendizitis unter der Diagnose Peritonitis zugrunde gehen, bei denen
es sich in Wirklichkeit um mechanischen Darmverschluss gehandelt hat. In
den sechs beobachteten Fällen war stets eine schwere eitrige Perityphlitis
vorangegangen. Die Passagestörungen wurden hervorgebracht durch äächen-
hafte oder bandartige Verwachsungen. Gangrän des Darmes durch Strangu-
lation wurde nie beobachtet. Die Zeitdauer von der Operation bis zur Aus-
bildung des Darmverschlusses schwankte zwischen acht Tagen bis sechs Wochen.
Die Hauptsymptome sind Erbrechen, das bald fäkulent wird und schmerz-
hafte Darmkoliken, Diffuser, hochgradiger Meteorismus wird nur in wenigen
Fällen beobachtet. Das Verhalten des Stuhles ist diagnostisch nicht von so
hohem Wert, wie früher angenommen wurde.
In zwei Fällen vrurde durch Einlänfe etc. dauernd Stuhl erzielt. Man
soll daher mit der Operation nicht so lange warten bis völlige Stuhlver-
haltung eingetreten ist. Federmann empfiehlt zuerst eine ezspektative
Behandlang, die jedoch nicht zu lange fortgesetzt werden soll. Schwinden
dia bedrohlichen Erscheinungen nicht nach zweimal 24 Stunden, so ist ope-
rativ einzugreifen. In fünf Fällen wurde mit völligem Verschluss der Bauch-
höhle operiert, einmal wurde eine Darmfistel angelegt. Federmann ist
der Ansicht, dass man sich mit der Anlegung einer Darmfistel begnügen
moss, wo es w^en des schlechten Allgemeinzustandes oder der Ausdehnung
der Verwachsungen unmöglich erscheint, sie ohne Risiko für den Patienten
lu lösen.
Jttbreabericht fDr ChirorgH. IL Teil.
) beste Prophylaxe znr Vermeidung des AdhäsionBÜens ist die,
AbBzesse nicht der spontanen Resorption zn überlassen, sondern tnn-
Id mit dem Messer zu eröffnen.
bbotitch (148) beschreibt einen Fall von akutem Ileus zehn Jahre
er Appendizitisoperation, der infolge einer Einklemmung einer Dünn-
inge unter einem straugförmigen Pseudoligament, das vom Cöktun
labe der Appendix zur Wurzel des Mesenteriums des Dünndarmes
tanden war. Der Wurmfortsatz der jetzt erst entfernt wurde, war
rt und zeigte verdickte Wandungen und an der Schleimhaut Narben.
em einschnürenden Strang fanden sich noch vielfach SchrnmpfiuigeD
)8e Stränge.
inro (110) behandelt auf Grund von 39 ihm selbst vorgekommenen,
er in der Literatur von ihm aufgefundenen Fällen die von der Appen-
isgehende Seknndärinfektion der Lymphgefäsäe und der Leber, ohne
esentlich neue Gesichtspunkte zu bringen.
irte (63) hält zur Zeit eine Bifferentialdiagnose zwischen Appen-
id typhöser Perforation für unmöglich. Beide aber erfordern eine
Operation. Bei Laparotomien, die er wegen typhöser Perforation
latte er eich nur zweimal geirrt und fand keine Perforation. |^ Diese
atienten genasen glücklicherweise.
bbon hat zweimal ans demselben Grunde operiert, in dem einen
r es nicht sicher, dass der Znstand eine Folge einer typhösen Ulze-
la Wurmfortsatzes war, wohingegen sich im zweiten FaJIe drei deot-
höse Geschwüre in demselben fanden. Auch Gibbon hält die Dif-
liagnose für ausserordentlich schwierig.
lachas (130) beschreibt zwei Fälle, in denen eine Appendizitis kom-
vurde durch eine Schwangerschaft und eine Utemsruptur. Im ersten
in es nicht mehr zu einer Operation, da die Patientin innerhalb
ten an einer Blutung starb. Aach von einer Sectio caesarea post
wurde Abstand genommen. Im zweiten Falle, in dem die Uterns-
urch einen Fall auf den Bauch hervorgerufen war, machte Zalachas
rotomie, entfernte einen zur Hälfte in der freien Bauchhöhle liegenden
n sechs Monaten, nebst der Plazenta und resezierte den Wurmfort-
r Fall ging in Heilung aus. Zalachas glaubt, dass auch der erste
:etten gewesen wäre, wenn er früher hätte operativ eingreifen können,
wohl Letulle (95) unter 300 operativ behandelten Äppendizitiden
imal eine chronische, tuberkulöse Erkrankung des Wurmfortsatzes
diese doch nicht so selten, denn bei den Autopsien von Phthisikeru
! sich in 15 — 20 "/o. Verf. demonstriert die beiden ihm vorgekom-
älle. Im ersten fand sich bei der Operation ein sehr grosser Tumor
m, den der Operateur nicht herausnahm, aber, um wenigstens etwas
mtfernte er den Wurmfortsatz. Dieser zeigte eine chronische folli-
ppendizitis, durchsetzt mit tuberkulösen Herden, in denen sich spar-
erkelbazillen fanden. Im zweiten Fall handelte es sich um einen
lann mit Lungentuberkulose, der häufig typische Appendizitisanfalle
latte. Am Wurmfortsatz fanden sich sowohl tuberkulöse Verände-
ils auch die Zeichen einer akuten follikulären Appendizitis,
anvy und Chiriä (14) fanden in Fällen von Appendizitis, die mit
Allgemeinerscheinungen einhergingen, ausgedehnte nekrotische Ver-
en der Leber und zwar der zentralen Teile der Azini bis auf eine
VoBwinckel, Appradiiitis. 809
sciimale, periphere Zone. Die Mieren zeigten degenerative Erkrankungen.
Verf. leiten die Befunde ans einer Ton dem lokalen Prozees ausgehenden
Tozinvei^ftnng ab.
Heaton (65) ist der Ansicht, dase die Appendizitis dreimal häufiger
bei MäDoem als bei Fraaen vorkomme. Er glaubt aber nicht, dass, wie
vielfach angegeben wird, die Erkrankung des Wurmfortsatzes bei Frauen
häufig erst sekundär sich an eine Entzündung des Genitalapparates an-
schliessen, sondern dass in den meisten Fällen, die Appendizitis das primäre
sei. Schwangerschaft scheint nicht zu einem ersten Anfall von Appendizitis
n prädisponieren, jedoch kann sie durch Zerreissuug alter, entzündlicher
Adhäsionen einen uenen Anfall hervormfen. Schwangerschaft ist eine Kom-
plikation, die die Gefahr der Erkrankung bedeutend rergrösBert und zwar je
nach dem Stande ihrer Entwickelung. Je weiter die Schwangerschaft fort-
geschritten ist, um so schlechter ist die Prognose, besonders bei Eiterbildung.
Ist Eiter vorhanden bei den letzten Schwangerschaftsmonaten, so ist eine
Frühgeburt fast nnvermeidlich, ob operiert wird oder nicht. Ist der Uterus
stark TergrÖssert, so ist die Gefahr der aligemeinen Peritonitis sehr gross,
da durch sein Wachstum die abschliessenden Adhäsionen zerrissen werden
Aber auch in denjenigen Fällen, wo bei fortgeschrittener Schwangerschaft schon
der Abszess eröffnet war, oder eine Frühgeburt eingetreten ist, wird durch
das Auftreten einer septischen Salpingitis oder Endometritis die Gefahr für
das Leben sehr gross. Folgende klinische Beobachtungen sind von beson-
derem Interesse: der Anfall kann in jedem Stadium der Gravidität auftreten.
Er kann sowohl ganz leicht als auch ganz fulminant verlaufen. Tritt Er-
brechen nnd ungleich Fieber auf, so soll man das Erbrechen nicht als Begleite
erscheinung der Schwangerschaft anffassen, sondern stets eine Untersuchung
der Ileocökalgegend vornehmen. Kann der Wurmfortsatz entfernt werden, -
ehe Eiterung eingetreten ist, so ist die Prognose etwas günstiger. Ist Eiter
vorhanden, so soll keinen Augenblick mit seiner Entleening gezögert werden,
der Wurmfortsatz aber nur dann entfernt werden, wenn dies leicht geschehen
kann. Uteros und Beckeneingeweide sollen möglichst unberührt bleiben und
nicht mit dem entzündeten Netz etc. in Berührung gebracht werden. Eine
Frühgeburt einzuleiten, hält Verf. für nicht richtig, obwohl es von anderen
angeraten wurde. In allen Fällen von Appendizitis bei verheirateten Fraaen
mnss man feststellen, ob Schwangerschaft vorliegt oder nicht, da die Pro-
gnose und die Behandlung dementsprechend sich anders gestalten. Verf. be-
spricht dann vier von ihm selbst beobachtete Fälle. 1. Akute, nicht eiterte
Appendizitis ohne Operation geheilt, normale Geburt. 2. Akute, eiterige
Appendizitis im zweiten Monat der Schwangerschaft, Bauchschnitt, Drainage,
Heilang mit Erhaltung der Gravidität. 3. Appendizitis, Abort im fünften
Monat. Allgemeine septische Peritonitis. Tod. 4. Appendizitis, Abort im
siebenten Monat. Abszess in der rechten Seite des Beckens. Bauchschnitte,
da die Abszedierung sich wiederholte. Heilung. Femer beschreibt Verf. drei
Fälle, in denen die Appendizitis eine Ovarialerkrankung vortäuschte. 2 mal
Tsr der Wurmfortsatz am Orarium adharent, einmal handelt es sich um eine
Appendizitis und eine zysttsche Ovarialerkrankung.
In der Febmarsitzung der Boyal medical and Chirurgical society hielt
Treves (IÖ2) einen Vortrag über die Erfolge und die Komplikationen bei
Appendizitisoperationen. Er unterscheidet: a) Unvollständige Erfolge nach
der Operation im freien Intervall und b) solche nach Eröfi'oong eines peri-
Jahresberiebt fQi Chirurgie. 11. Teil.
ischen Abszesses. Für die erste Gruppe fährt er 45 Fälle an, die sich
lermsssen verteilen: Bei 2 war der Warmfortsatz nicht völlig entfernt,
tiestaDden OvarialbeBchwerden, bei 8 war die tod der Operation vor-
1 gewesene Kolitis bestehen geblieben, resp. wiedergekehrt bei 7 be-
1 lokale Schmerzen, bei 5 nenrasthenische und hypocbondriache Be-
den, 3 litten an Gallensteinen, 2 an Koliken, 2 an Wandernieren, 1 aji
stein und 1 an Schmerzanfällen aus anbekannten Gründen. Bei 5
1 in der rechten Fosaa iliaca noch eine Besistenz. Alle klagten, dass sie
er Operation nicht besser daran seien, als vor derselben. Die beiden
genannten Patienten wurden durch oachträgliche Entfernung des
lixstumpfes völlig gebeilt. Treves gibt daher die Regel, die Appendix
dicht an seinem Cökalansatz abzutragen, bei Franen stets von der
< ans das rechte Ovärium zu untersuchen nnd eine beatmende Kolitis
ars aufmerksam zu bebandeln.
)ie unvollkommenen Erfolge nach Abszesseröffnuog verteilen sich
lermassen in Prozenten ausgedrückt: Zurückgebliebene Fisteln 40**/'(i,
alige Abszesse 24°/a, Rückfälle von Appendizitis 16°/a, Kotfisteln 12Wo,
Hiebe Exsudate in der Fossa iliaca Wla. Die Fisteln heilten meist,
LUch erst nach Monaten, spontan oder durch eine einfache Bebaadliing.
len dies nicht geschah, war der Grund entweder eine erkrankte Appendix
lin zurückgebliebenes Konkrement. Wurde die Ursache behoben, so
die Fisteln. Treves sah Abszesse bis zu 10 mal wiederkehren, wenn
lie Radikaloperation ausgeführt wurde. Ebendenselben Gmnd haben
ederholten Abszesshildnngen. Was die Kotfisteln anbetrifft, so fasst
«eine Erfahrungen dahin zusammen: 1. Während noch eine Kotfistel
., ist ein neuer Anfall ausserordentlich selten. 2. Wenn die Kotfistel
hren Gmnd in dem direkten Anschneiden oder Anreissen des Darmes
» heilt sie, wenn auch oft spät, meist spontan ans. 3. Die Fisteln,
gleich einige Tage nach der Entleerut^ des Abszesses erscheinen, sind
er als solche, die sich erst spater bilden. 4. Ein kranker Wnrm-
s oder ein zurückgebliebenes Konkrement sind oft die Ursache für eine
ierende Kotfistel.
''on etwa 100 Fällen, in denen ein Abszess eröffnet wurde, ohne dass
[irmfortsatz exstirpiert wurde, blieben 83 ohne weiteren Anfall, das
bei einem zweiten Anfall ist bedeutend geringer als beim ersten, t^jo gegen
lortalität und sinkt bei jedem folgenden. Deshalb soll man nicht io
Fall von Abszedierung den Wurmfortsatz entfernen. Treves wendet
tnn zu den Komplikationen nach Appendizttisoperationen und stützt
abei auf 1000 Fälle aus dem Londonhospital. Dabei ergaben sich
le von Kotfistel, 12 Thrombose der Vena femoralis, 10 Kotverhaltung,
onchopneumonien , 14 Pleuritiden , mit Exsudat , 2 ohne EIxsudat,
yeme, 4 akute Bronchitis, 1 Lungenembolie, 4 nicht eiterige Paroti-
4 Pylephlebitiden, 11 zurückgebliebene Abszesse, 12 sekundäre Abszesse,
var die Appendizitis mit Schwangerschaft kompliziert,
lasselbe Thema behandelt Ballance (10) und kommt zu den folgen-
hlüssen: 1. Jeder diagnostizierte entzündete Wurmfortsatz mit Zeichen
reitender, lokaler oder allgemeiner Peritonitis muss entfernt werden.
ir Wurmfortsatz, der Grund zu einer Entzündung gegeben hat, muss
Is entfernt werden. 3. In schweren akuten Fällen ist es unklug den
ortsfttz zurückzulassen, da er die erste Ursache der Infektion darstellt,
Toswinckel, Appandtritis. 811
Als KomplikstioneD der Appenektomie nennt er; abszedierende Parotitis,
Venenthrombose, subphrenischer Abszess, Kotsttiuuiig, Bauchbmch.
Cfaenoweth (31) hat im Januar 1897 in Mathews Qnaterly Journal
zwei Fälle von Erythema ezsndativam als Komplikation einer Appendizitis
beschrieben. Er ist der Ansicht, dasa sowohl die bei dem Erythems vor-
kommenden sogenannten abdominellen Krisen oft eine Appendizitis vortäascheD
können, aber auch da oftmals mit ihm eine wirkliche Affektion des Wurm-
fortsatzes zugleich vorkommt, diese übersehen werden kann.
Faisaiit(45) glaubt auf Grund von drei einschlägigen Beobachtungen,
dass die Appendizitis bei älteren Leuten einen torpiden Charakter zeige, der
sich dokumentiere durch den Seberlosen Verlauf, die geringen Erscheinungen
der peritonealen Reaktion, die sogar ganz fehlen können, und der oft auf-
tretenden Obstipation. Es seien daher in diesen Fallen Fehldiagnosen leicht
möglich.
Dasselbe Thema behandelte de Bois (24). Er fand, dass bei den
senilen Formen selten der ganze Wurmfortsatz gangränös wird, dagegen
traten häufiger als bei jungen Leuten sehr grosse Abszesse auf, die sich aber
selten in das kleine Becken oder zor Leber ausdehnen. Die chronische zu
Rezidiven neigende Form ist seltener. Peritonitis tritt hänliger wie in der
Jugend auf, obwohl Verklebungen sich seltener finden.
Hain (62) hatte auf der chimrgischen Abteilung des Kaiser Franz Joseph-
Spitals in Wien Gelegenheit, 2 Fälle von Pnenmonkokkenperitonitls, ansgehend
von einer Epitjphlitis zu beobachten. Beide Male gelang es, schon aus dem
klinischen Bilde die Diagnose einer Pneumokokkeninfektion zn machen. Da
die Pneumokokken, wie bekannt ist, auf verschiedenen Wegen zum Peritoneum
gelangen können, z. B. anf dem Blut- oder Lymphwege, oder durch direktes
Überwandem von der Pleura durch das Zwercbfell oder vom Magendarmkanal
aus, so kann es keinen Schwierigkeiten unterliegen, dass sie auch durch eine
entzündete Appendix in die Bauchhöhle gelangen und hier pathogen wirken
können. Zar Pneumokokkeninfektion rechnet Verf. nur die Fälle, wo der Diplo-
coccns pneomoniae in Reinkultur vorkommt.
Der erste Fat., ein 9 Jahre altes Mädchen, kam unter der Diagnose
Typhus in das Spital. Die BIntnntersuchnng ergab ein Resultat, das unwill'
kürlich an eine kroupöse Pneumonie erinnerte. Im Verein mit den anderen
Symptomen wurde die Diagnose auf Peritonitis purulenta diffusa pneumo-
coccia ex perityphlitide gestellt, die durch die Laparotomie nebst Appendic*
ektomie beEtätigt wurde. Exitus letalis nach 10 Tagen. Im zweiten Falle,
der einen 14 jährigen Jungen betraf, wurde ebenfalls aus dem filutbefund im
Zusammenhang mit den übrigen sehr schweren Symptomen die Diagnose auf
einen abgesackten Abszess gestellt, der durch Pneumokokkeninfektion bedingt
sei. Die sofortige Laparotomie bestätigte die Diagnose. Der Wurmfortsatz
war perforiert. Pat. wurde geheilt. In beiden Fällen bestand sehr starke
Leukozytose, wobei die polynnkleären grossen Leukozyten, darunter zahlreiche
eosinophile, überwogen und ein sehr starkes reichliches Fibrinnetz. Im Eiter
wurde beide Male der Diplococcus pneumoniae lanceolatus in Reinkultur ge-
fanden. Haim stellt folgende Schlnsssätze anf: 1. die dnrch Pneumokokken
bervorgerufene Epitjphlitis ist eine ziemlich seltene Erkrankung; 2. dieselbe
ist ein gut charakterisiertes Krankheitsbild, welches sich von dem der Epi-
tjphlitis anderer Ätiologie wohl unterscheidet; 3. die Diagnose ist aus den
Uinischen Symptomen und insbesondere durch die Blutuntersucbong leicht zn
2 Jabreabericbt ttta CiiirDi«:ie. If. Teil.
achen; 4. die Bebandlung soll eine operative sein and zwar in einem mög-
:h8t frühen Zeitpunkte.
Perrone (119) beschreibt drei Fälle, in denen eine Appendizitis durch
nen Typbns kompliziert, erentuell durch diesen bervorgenifen war. Er
)mmt zu dem Schluas, dass der Wurmfortsatz ebenso «ie alle anderen Par-
BD des Darmes der Sitz von typhoiden Läsionen sein kann, dass aber ausser-
im eine gewöhnliche Appendizitis vorkomme, sowohl im Verlauf eines Typhus
8 auch während der Rekonvaleszenz. Diese wurde von Dieulafoy mit
)m Namen „paratyphoide Appendizitis" belegt und ist häufiger als im all-
imeinen angenommen wird. Ihre Diagnose kann sehr schwierig sein, wenn
e während des Verlaufs des Typhus auftritt und sie kann leicht mit einer
arniperforatioD verwechselt werden. Ist aber die Diagnose gestellt, so muss
ifort operiert werden, ebenso in zweifelhaften Fällen. Der üble Aligemein-
istand des Kranken kann nicht als Gegenindikation angesehen werden.
Jopson (74) veröffentlicht einen Fall, in dem während eines Typhus
n akuter Appendizitisanfall eintrat, der für eine Perforation eines typhösen
eschwürs gebalten wurde. Die Operation ergab einen gangränösen und
jrforierten Wurmfortsatz. Jopson nnterscheidet drei Arten dieser Kom-
likation. 1. Solche, bei denen sich auch in der Appendix typhoide Läsionen
nden; 2. solche, in denen eine Sekundärinfektion zu der Typhusinfektion
inzugekommen ist und 3. solche, die ganz unabhängig von der typhösen
rkrankung entstanden sind.
Raymond und Guillain veröfFentlichten einen Fall von Exstir-
ition des Wurmfortsatzes, bei dem starke Verwachsungen desselben sowohl
lit dem Cökum als auch mit dem M. psoas gefnoden wnrden. Die Be-
shwerden, die vom Appendix ausgegangen waren, schwanden, es stellte sich
idoch eine völlige atrophische Lähmung des rechten, sowie eine partielle
BS linken Beines ein. Da nun schon bei früheren Appendizitisan fällen
chmerzen im Gebiet des rechten Nervus cruralis und ischiadicns aufgetreten
aren, so sind Verff. der Ansicht, dass eine frühzeitiger vorgenommene Ope-
Ltion die eingetretenen schweren Erscheinungen hätte bintanhalten können,
eil dann ein Überspringen der Entzündung auf die Nerven verhindert wor-
an wäre.
Märcon (100) beschreibt einen Fall, in dem sich an einer Reihe von
ppendizitisanfällen eine Nenritis des rechten Nervus cruralis anschloss, die
inen aufsteigenden Charakter hatte und auch auf den linken N. cruralis
bergriff.
Monier (108) fand bei einer Operation wegen schwerer Appendizitis
usser einem nicht abgekapselten, zwischen injizierten Darmschlingen liegenden
.bszess eine walnussgrosse, tumorartige Verdickung der Wand des Wiurmfort-
itzes, die sich als Myxoflbrom erwies. Pat. starb an Sepsis. Monier
laubt, dass der Tumor kongenital war und durch sein Wachstum den Pro-
BS8U6 obliterierte und so zur Appendizitis führte.
Jehle (72) beschreibt einen Fall von einer Einklemmung der Appendix,
ie als Appendicitis perforatlva diagnostiziert und operiert wurde. Es fand
ich Eiter in der freien Bauchhöhle. Der geknickte Warmfortsatz stak in
iner von Mesenterium des untersten Ileums gebildeten Tasche war blanschwars
erfärbt und über einem Kotstein perforiert. Eine primäre Appendizitis war
ach des Veifs. Ansicht auszugcb Hessen wegen des scharfen Absetzens der
chweren Ernäbrungsstörung des distalen Appendixdrittets an der distalen
Voswinckfll, Appendiiitia. 813
Schnurfnrcbe, wegen der nnr bis dahin reichenden Thrombose der Mesen-
terialgeßsse and wegen der scharfen Begrenzung der geringfügigen Wand-
Terändernngen des inkarzeriert gewesenen mittleren Drittels gegen den intakten
basalen Abschnitt der Appendix.
Morel (105) demonstrierte einen Warmfortsatz von 18 cm Länge,
dessen Kaliber doppelt so stark war wie bei den gewöhnlichen. Es ist dies
besonders merkwürdig, weil die Appendix bei einem 65jähngen Manne ge-
fanden wurde, während sonst so anssergewöhnltch grosse Wurmfortsätze nur
bei Kindern vorkommen. Morel selbst hat einen solchen von 21 cm von
einem 10jährigen Knaben früher einmal demonstriert, Lannelongue sogar
einen von 23 cm.
Amberger (3) teilt 3 Fälle ans dem Krankenhause zu Frankfurt a. M.
mit, die mit schweren sekondären Eiterungen verknüpft waren. Sie gingen
zwar alle in Heilang ans, brachten aber die Patienten in die schwerste
Lebensgefahr. In dem ersten Falle kam ein 14 jähriger Junge mit einer
diffusen Peritonitis vom Wurmforteatz üusgehend nach 3 Tagen zur Operation,
später bildete sich ein rechtsseitiger sobphrenischer Abszess, der perpleural
entleert wurde, und noch später ein Abszess im rechten mittleren Lnngen-
lappen. Im zweiten Falle handelte es sich nm einen perityphlitischen Abszess,
der eröffnet wurde mit anschliessender Appendektomie. Drei Wochen später
Eröffnung eines linksseitigen subphrenischen Abszesses und einige Zeit darauf
eines linksseitigen jauchigen Empyems. Im dritten Falle schloss sich an einen
grossen Baachabszess ein Empyem der linken Pleura und ein rechtseitiger
seröser Pleoraergnss an.
Chavannaz (30) beobachtet zwei Fälle von tnberkulöser Appendizitis,
ohne dass bei den Patienten sonst irgendwelche Symptome von Tuberkulose
zu bemerken waren.
Sontham (146) berichtet über 4 Fälle, in denen ein Trauma eine
Appendizitis auslöste.
Symonds (149) beschreibt einen Fall, in dem sich nach Entfernung
eines gangränösen Wurmfortsatzes ein subphrenischer Abszess entwickelte, der
durch Resektion der 8. Rippe geheilt wurde.
Guyot (53) operierte einen 59jährigen Mann mit der Diagnose Appendi-
zitis, fand aber einen ganz gesunden Wurmfortsatz ohne Verwachsungen. An
der Hinterwand des Gökum zeigte sich eine Perforation.
Siegel (141) berichtet über zwei Fälle, in denen bei Gelegenheit einer
Appendizektomie zugleich von demselben Schnitt aus eine rechtsseitige In-
guinalhemie radikal operiert wurde.
Beni-Barde (16) ist der Ansicht, dass oft zwischen der Appendizitis
nnd gewissen Formen der Neurasthenie ein Zusammenhang bestehe. Er be-
schreibt drei Fälle dieser Art, von denen zwei durch die Operation geheilt
worden, während bei dem dritten die Beschwerden wiederkehrten.
Nittis (113] beschreibt mehrere Fälle, in denen verschiedene Erkran-
kungen des Digestionstraktos eine Appendizitis vortäuschten, die aber ohne
Operation heilten.
Waltber (156) resezierte wegen einer Netzentzündung das ganze Netz
und da er auch den Wurmfortsatz am distalen Ende narbig verändert fand,
entfernte er diesen zugleich mit.
Rouville (138) operierte einen Fall von chronischer Appendizitis bei
einer 29jährigen Patientin, bei der früher wegen Schmerzen in der rechten
Jahreabericfat für Chirargie. II. TeiL
das zystigcb degenerierte rechte Ovarinm entfernt war. Da nach der
Operation die Beschwerden nicht aufhörten, war nochmals laparotomiert
a, um eventuelle Adhäsionen zu entfernen.
Benthner (18) beschreibt einen Fall von Ferikolitis, in dem der
1 and die Adnexe ganz in Adhäsionen mit den Därmen eingehüllt
Besonders die rechte Tube war mit dem Cöknm fest verwachsen,
echte Ovarinm, in dem sich eine grosse und mehrere kleine Zysten
len, wurde entfernt, der Wurmfortsatz konnte nicht gefunden werden.
lg. Die Diagnose war auf Verwachsungen infolge einer alten Appendi-
^stellt und deshalb operiert worden, zumal grosse Beschwerden be-
in.
Picot (120) fand an der Basis eines exstirpiert«n Wurmfortsatzes
erbsengrossen Tamor, der auch noch auf die Wand des Cökam iiber-
io dass ein Teil derselben mitentfemt werden musste. Der Tumor hatte
n der Valvula Gerlach entwickelt und bildete einen Klappenverschlnss
m Appendix. Der Tumor schien ein Adenom oder ein Lipom zu sein.
Weinberg (157) fand an dem operativ entfernten Wurmfortsatz eines
rigen Soldaten ein Epitheliom, das sich in der Narbe einer alten Ent-
lg entwickelt hatte , und das , wie er annimmt , seinen Ausgang von
iresten, die in der Narbe erhalten geblieben waren, seinen Ausgang ge-
än hatte. Sicher ist, dass es nicht herstammt von dem Epithel, das
irbe im Innern des Wurmfortsatzes überzog.
Potherat (122) operierte eine 3Ö jährige Frau wegen Appendizitis. Er
jine grosse Eiterhöhle und entfernte den nach nnten hinten liegenden
fortsatz, der an einer Stelle perforiert war und in dem sich eine Metall-
er vorfand, wie sie von einigen Chirurgen statt der Nähte zum Zu-
inhalten der Wundränder benutzt wird. Drei Jahre vorher war die
wegen eines Ovarialkystoms operiert worden.
losias (75) berichtete in der Acad^mie de medicine über einen Fall
:hwerem typhoiden Fieber bei einem 6jährigen Mädchen, das anfangs
ppendizitis vortäuschte. Die Sektion zeigte aber, dass es sich um eine
e Erkrankung mit diffuser fortschreitender Peritonitis gehandelt hatte.
Elebentisch (124) operierte eine 74jährige Frau, bei der ein brandiger
fortsatz in einem Bruchsack gefunden wurde. In dem Innern der Appen-
nden sich Trauben und andere Pflanzenkerne, Emaille-, Knochen- und
littereben, kleine Kieselsteinchen, zahlreiche schwärzliche Gallenstein-
er und eine ganze Anzahl kleiner hellbrauner fazettierter Steinchen,
)m Aussehen von Gallensteinen, zusammen über 100 Fremdkörper,
jrarre (51) demonstrierte im Verein für wissenschaftliche Heilknnde zu
iberg einen lOjäbrigen Jungen, der von einer diffusen eiterigen Peri-
-e-perityphlitide durch sechs aufeinander folgende zum Teil schwere opera-
ingriffe geheilt war. 1. Inzision in der rechten Unterbauchgegend, Er-
l mehrerer Abszesse, Exstirpation des perforierten Wurmfortsatzes, Kot-
2, Gegeninzision in der Lumbalgegend, da sich hinter dem entfernten
»n Eiter gestaut hatte. 3. Inzision vom Rektum aus. 4. Perpleurale
n eines linksseitigen subphrenischen Abszesses. 6. Rippenresektiou and
ung eines linksseitigen subphrenischen Abszesses. 6. Werden zwei
lildete Abszesse unterhalb des Nabels indiziert.
LiO Conte beschreibt einen Fall von akuter Appendizitis, bei dem
1er Operation eine Thrombose der rechten Polmonalarterie auftrat, die
Voawinek«!, Appendiritja. 81&
die Ursachen Tür eiaen Ltiagenabszess, resp. LungeDgangr&n abgab nnd der
mit dem Tode endete.
Allison (2) hat in den letzten 12 Monaten 231 Fälle operiert nnd
davon 2 verloren (weniger als l''/o). 71 waren mit Eitening Terbanden and
unter diesen 4 mit allgemeiner septischer Peritonitis, van denen einer starb.
Der andere Todesfall betraf eine Intervalloperation , die eigentliche Todes-
ursache war aber eine Hämatemesis infolge eines Magengeschwüres.
Rnpp (135) beschreibt einen Fall von Appendizitis, der yier Wochen
nach der Operation letid endete, während welcher Zeit FiebererscheinuDgen
bestanden. Bei der Sektion fand sich Hepatitis nnd zwei grosse Leberabszesse
nebeo vielen kleinen.
Taylor (150) beschreibt einen Fall, in dem der Wnrmfortsatz retro-
cökal gelten war nnd dessen kenlenförmig verdicktes Ende etwa 2'/t cm
nach oben und anssen frei in die Banchhöhle reichte. Der mittlere Teil schien
retroperitoneal zn liegen. Da die nrspriingliche Inzision nicht ausreichte und
die Muskeln sich nicht weit genug zurückziehen liessen, wurde der Hant-
gchnitt verlängert und nach oben zn eine zweite Dnrchtrennnng der Muskeln
Torgenommen , so dass eine Mnskelbriicke bestehen blieb. Von der letzten
Mnskelöffnung aas wurde der obere Teil der Appendix frei gemacht and nun
aas der unteren hinter dem Cökom hervorgezogen and exstirpiert.
Mohr (102) teilt einen Fall von subphrenischem Abszess mit, der sich
im Anschlass an Appendizitis perforativa mit Abzessbildung und progredienter
Peritonitis entwickelte. Trotz Operation neun Tage nach der Eröffnung des
Abszesses — perplenral — ging der Patient an Erschöpfung zagrande. Die
Dif^ose sowohl des subphrenischen Abszesses selbst, als auch seines peri-
typhhtischen Ursprungs hält Mohr oft für sehr schwierig, die Prognose hängt
in erster Linie davon ab, ob der Eiter möglichst frühzeitig und gründlich
entleert wird ; eine Spontanheilung kommt nur ganz ausnahmsweise vor. Die
beste Behandlung ist die frühzeitige Entfernung der Appendix oder wenigstens
Entleerung des appendizitischen Eiterherdes als Prophylaxe fiir die Entwicke-
lung des subphrenischen Abszesses.
Sargent (137) beschreibt einen Fall, in welchem bei Gelegenheit einer
Operation wegen einer akuten Appendizitis ein Epitheliom am Wurmfortsatz,
welcher perforiert war, gefunden wurde.
Wilson (158) diagnostizierte in einem Falle eine Appendizitis nnd fand
bei der Laparotomie einen normalen Wurmfortsatz, aber eine Blntzyste des
linken Ovariums.
C 1 a r k 8 0 n (32) beschreibt einen Fall von eiteriger rezidivierender
Appendizitis, bei dessen Operation sich so starke Verwachsungen in der Um-
gebimg zeigten, dass der wahrscheinlich retrocökal gelegene Wurmfortsatz
nicht entfernt werden konnte. Später bildete sich ein sehr grosser Abszess,
der erÖfTnet wurde. Der Patient ging an Erschöpfung durch die fortdauernde
Eiterung zugrunde.
Rntherfurd (136) berichtet über einen Fall, in welchem eine Appen-
dizitis diagnostiziert wurde. Bei der Operation fand sich eine Eiterhöhle in
der Ileocökaigegend , bei einer zweiten Operation , fast drei Monate später,
Turde der Warmfortsatz entfernt, da sich wieder ein Abszess gebildet hatte,
der spontan nach aussen durch die alte Narbe durchgebrochen war. Die
Wunde heilte nicht und es stellte sich heraus, dass man es mit einem Kar-
zinom des Kolon zn tnn hatte. Exstirpation. Enteroanastomose mit Murphy-
816 Jkhreebericht fflr Chirargia. II. Teil.
knöpf. Heilung. In einem anderen Falle fiuid sich in einem perityphlitiscben
Äbszess eine Fischgräte. Patient starb, nachdem sich ein Lnngenabszess und
Empjem {links) gebildet hatte, an pyämische Encephalitis.
Stoney (147) operierte eine 23jährige Fran wegen eines Tumors in
der rechten Fossa iliaca. Es fand sich eine Striktnr im Ilenm nahe am Cökum,
letzteres war verdickt and obliteriert. Resektion der erkrankten Partie. Die
mikroskopische Untersuchung ergab eine typische Infektion des Tnmors und
der mitentfemten Drüsen mit Tnberkelbazillen.
A. Popp] (121a) berichtet den klinischen Fall eines 52jährigen, an
linksseitigem Leistenbmch leidenden Individunnis, welcher bei einer Rauferei
eine in das Abdomen unter Läsion des Colon sigma penetrierende Schnitt-
wunde der Schamregion davongetragen und bei dem sich als einziges Symptom
der Darmverletzung die Anwesenheit von Gas in dem Bmchsack zeigte, ans
welchem sich der Darm, nachdem er zusammen mit der Sackwand selbst ver-
wundet worden war, zurückgezogen hatte.
Die Laparotomie wurde 12 Stunden nach dem Trauma aosgeführt: das
Individuum starb am zweiten Tage an Peritonitis.
Verf. betont die Wichtigkeit der Anwesenheit eines Trommeltones, der
über einem Bruchaack wahrnehmbar ist, der als leer von Darmschlingen an-
genommen werden kann (durch Abwesenheit des Gnrgelgeräuscbes), als ein-
ziges Symptom von Darmverletznng infolge penetrierender Verwondnngen
des Unterleibes und erklärt sich für einen Anhänger des frühzeitigen Eingriffes
in jeglichem Falle von Unterleibsverletzung. R. Giani.
Dollinger [38a) fand bei einem Kruiken nach dem dritten Appendizitis-
anfalle den Wurmfortsatz an seinem Grunde amputiert, die Stumpfenden
waren vernarbt, während die Appendix am Mesenteriolum hing. Exstirpation
derselben, Heilung.
Im Innern des entfernten Wurmfortsatzes liess sich Bact. coli nach-
weisen, woraus Dollinger folgert, dass trotz der Spontanamputation ohne
radikale Entfernung neue Attacken zu gewärtigen gewesen wären.
Gergö (Budapest).
Nachtrag: Italienische Referate.
Banti (lOa) bringt den Beitrag seiner persönlichen Statistik zu der so
sehr umstrittenen Frage über die Wahl der medikamentösen oder chimip-
schen Behandlungsmethode bei dieser gefahrlichen Krankheit. Von den drei
möglichen Metboden, der der medikamentösen Behandlung, der der operatlreD
Behandlung in jedem Falle und der sogenannten opportunistischen, je nach
den Umständen, ist er lange Zeit Anhänger der ersteren gewesen und bat
mit ihr sehr niedrige Mortalitätszahlen erhalten können (ungefähr 8 °lo), Zahlen,
die übrigens denen vieler anderen Kritiker entsprechen. Diese mit der blossen
medikamentösen Behandlung erhaltenen therapeutischen Resultate sind jedoch
besonders an Hospitalkranken erzielt worden, die verschiedene Tage lang bei
absoluter Diät gehalten worden waren und denen Opium verabfolgt wurde,
da Abführmittel und Enteroklysmen absolut proskribiert waren. Bei anderen
Kranken jedoch, bei denen diese Bedingungen nicht beobachtet wurden, war
der Prozentsatz der Todesfälle ein noch höherer. Ausserdem waren viele
Appendizitiskranke, die geheilt waren, mit Leichtigkeit nachfolgenden Anfällen
VoBwiDOkel, Appandiiitis. 617
unterworfen oder aber waren schweren und lästigen Folgen ausgesetzt, die
ebenfalls auf Rechnnng der Nachteile der medikamentösen Behandlnng za
setzen sind.
Die opporttmistiacbe Methode ist gänzlich zn verwerfen, da es nicht
möglich ist, dasa der Operationaakt grosse Aussicht anf gnten Erfolg habe,
wenn die Symptome einer schweren Komplikation der Ansporn zn einem Ein-
^ff sein sollen. Andererseits ersieht man bei Durchsicht der Statistik jener
Chirar^en, welche die Appendizektomie im floriden Stadium vornehmen, dass
dte Mortalität eine sehr niedere ist, ja anch noch geringer als die mit der
gewissenhaftesten medikamentösen Behandlung erzielte. Auf Grund dieser
Betrachtungen glaubt Verf. sich von mm an entschieden zugunsten eines so-
fortigen chimrgiscben Eingriffes (innerhalb 48 Stunden nach Beginn) stellen
zu müssen, mittelst dessen die Gefahr der schweren Komplikationen vermieden
und die Möglichkeit von Rezidiven gänzlich ausgeschaltet wird, welche infolge
der blossen medikamentösen Behandlung alles andere als selten sind. Verf.
ist zn dieser Ansicht auch darch die Tatsache der klinischen Beobachtung
gedrängt worden, dass die Appendizitiden in gewissen Zeiträumen hänöger
werden und dass dementsprechend ihr Verlauf nnd die Komplikationen, zu
denen sie Veranlassung geben, sehr viel schwerer sind, derart, dass die medika-
mentöse Behandlung in derartigen Fällen noch geringere Partien bietet.
R. Giani.
Biondi (18a) berichtet über 38 operierte chronische Appendizitiden mit
ebenso vielen Heilungen, über 56 akute, die zwischen dem 2. nnd ö. Tag nach
Beginn des letzten Angriffes operiert wurden, mit 56 Heilungen, über 59 akute,
kompliziert mit umschriebener, fortschreitender oder disseminierter eiteriger
Peritonits, die über den 3. Tag hinaus operiert vmrden, mit 4 Todesfällen,
und über 13 gleichfalls akute, kompliziert mit diffuser oder verallgemeinerter
Peritonitis, die über den 3. Tag hinaus operiert wurden, mit 11 Todesfällen.
Bei weiteren 10 mit verallgemeinerter Peritonitis komplizierten Fällen wurde
nicht eingegriffen and sie nahmen sämtlich einen tödlichen Verlauf.
Wegen der anatomisch-pathol(^iscben Läsionen der von dem aknten
Prozess invadierten Wurmfortsätze, femer weil die klinischen Ergebnisse aller
Tage häufig zeigen, dass die appendikulare Phlegmone oder der umschriebene
Abazess sich in das grosse Peritoneum öffnet, wie aus seinen 76 mit Peritonitis
komplizierten Appendizitiden hervorgebt, endlich wegen seiner Heilerfolge,
auch wenn er nach den 48 Stunden operierte, ist Verf. der Ansicht, dass,
da die medikamentöse Behandlung der Appendizitis verworfen wnrde, und da
alle sich überzeugt haben, dass die rechtzeitige chirurgische Behandlung unge-
^ihrlich und radikal heilend ist, man ohne Zögern zu derselben greifen muss,
sobald die klinischen Kennzeichen den Appendizitisanfall sicherstellen, indem
Enan anch in den Fällen eingreift, die in dem Zwischenstadium angelangt sind.
Nach Besprechung der 15 Todesfälle legt er die beobachtete Behandlnng
dar. Neben der Vorschrift, möglichst schnell die Appendizitis zu operieren,
geht er, nachdem er in geeigneten Fällen die peritoneale Resistenz durch das
in der Klinik öbliche Verfahren erhöht bat, oft ohne alle Anästhesie, so vor,
däss er mißlichst die Operationsinokulationen vermeidet mit dem Haupt-
zweck, die Appendix aufzufinden (die er in jedem Falle exstirpiert), da ihre
Aufsuchung zur Entdeckung der Abszesse führt, die mit derselben stets in
Beziehong sind. Er verzichtet in den indizierten Fällen auf die Wiederver-
einigung und appliziert eine ausgedehnte und lockere Kapilhirdrainage. Keine
JakrHbaricht lOr Ghirurgl* IK». 52
818
Jahresbericht für Chirargie. IL Teil.
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Antiseptika, kein Opium, wohl aber Abführmittel und drastische Entero-
klysmen.
Die partielle oder totale Eviszeration wird anf die mit diffuser oder
verallgemeinerter Peritonitis komplizierten Fälle beschränkt. Dieselbe erhöht
nach seinen Beobachtungen den Herzdruck, setzt die Respirationsfrequenz
herab, bekämpft die Parese, die Darmverwachsungen und erleichtert dadurch,
dass sie die Lüftung der Schlingen gestattet, die Abtötung der Keime, die
zumeist Anaeroben sind. Zur Erzielung der so wichtigen Darmentleerung
Enterotomien, Entleerung und nach Injektionen von warmen gesättigten Mag-
nesiumsulfatlösungen in die verschiedenen interessierten Darmstrecken, Enteror-
rhaphien oder Enteroanastomosen zwischen den nicht paralysierten Schlingen.
Bei den Peritonitiden wendet er die vollkommen ofifene Behandlang an,
oft indem er die Schlingen, um sie nicht beim Zurücklegen zu pressen, durch
Flanell zurückhält, das an seinen Rändern ringsum unter die Banchdecken
eingestülpt ist. R. Giani.
Salinari (136a) teilt einen von ihm mit günstigem Ausgang operierten
klinischen Fall von Periappendizitis tuberkulösen Ursprungs mit. R. Giani.
6. DarmverscUuss.
1. Allgemeines.
1. Braun, Über den durch Lage- und Gestaltsveränderungen des Kolon bedingten voll-
kommenen und unvollkommenen Darmverschluss. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 76.
Heft 4—6.
2. Gzerny, Ober Ileus. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 6.
2a. Gangitano, F., Contributo alla cura delle occlusioni inteatinali. Riforma medica 1905.
3. Ho Imgren, Einige Fälle von Ileus, mit Atropin behandelt üpsala läkarefömugs
Forhandlangar 1905. Bd. X. H. 4 u. 5. p. 840.
4. Simon, Erfahrungen bei der operativen Behandlung des kompletten inneren Dirm-
verschlusses. Bruns Beitr. 45. Bd.
5. Sand her g. Einige Fälle von Ileus. Medicinsk Revue 1905. Nr. 2. p. 33.
5a. '^'Spadaro, G., lleo paralitico, ricerche patologiche. Gl' Incurabili 1905. Faac 13-20.
Gzerny (2) unterscheidet einen mechanischen und einen dynamischen
Ileus. Letzterer ist selten (Hysterie, Hyperemesis gravidarum). AlsPseudo-
ileus ist der Ileus bei lokaler Peritonitis zu bezeichnen.
Ursachen des mechanischen Heus sind Knickungen, Volvulus, Invagina-
tion, Geschwüre^ Tumoren und am seltensten Treitzsche Hernien.
Die Symptome können bis zu einem gewissen Grade Aufschluss über
den Sitz (Art der Auftreibung des Leibes und der perkussorischen Verhält-
nisse) und über die Art (Anamnese, Temperatur, Palpationsbefnnd) des Hinder-
nisses Aufschluss geben. In späten Stadien ist oft alles verwischt.
Obwohl interne Behandlung hier und da zum Ziele führt, soll damit
keine Zeit verloren gehen, da nur frühzeitige chirurgische Intervension wirk-
lich segensreich ist.
Der Operation soll stets eine bis ins Detail gehende Untersuchung
vorausgehen und man soll sich mit dem Eingriff nach dem Kräftezustand des
Patienten richten (eventuell blosse Enteroanastomose oder Enterostomie). Bei
Peritonitis ausgiebige offene Wundbehandlung.
Simon (4) referiert über die Darmverschlüsse der Heidelberger chirur-
gischen Klinik von 1890 — 1903: 14 Fälle von inneren Einklemmungen, 7 Fälle
HagaobKch, Vtrietznogsn und chirarg. Krankfaaiten des Darmes. 819
lon Achsendrehnng xmä Verknotung des Darmes, 2 Invagmationen, ' 10 Darm-
Teischlösse durch äussere , peritonitiache Darmkonstruktion und Adhäsion
Straogalation ; 11 Striktnren durch Narben oder Karzinom (7), 3 Verlegungen
durch Gallensteine, 1 Darmstenose durch Lymphangiom des Mesenteriums,
3 unbekannte Darmverschlüsse.
Bei jeder Strangulation ist sofortige Operation indiziert. Bei Gangrän
empfiehlt Simon Verlagerung und Eröffnung. Innere Behandlung darf nicht
länger als 24 Stauden ausgedehnt werden und ist nur berechtigt bei chronisch
sich ausbildenden Formen. Resektion bei Tumoren soll zweizeitig geschehen
mit primärer Kotfistel eventuell Enterostomose. Bei jeder Operation wegen
Heus soll der Magen gespült werden. Geblähte Därme sind bei der Operation
zu entleeren; bei Peritonitis wird Anlegung einer Kotfiatel empfohlen.
A. Müller.
Braun (1) schreibt über den durch Lage- und Gestaltsrerändeningen
des Kolon bedingten vollkommenen und unvollkommenen Darmverschlnss.
Es konmit vor Torsion des Kolon, was am auf- und absteigenden Schenkel
mit abnorm langem Mesokolon verbunden sein muss, Verlagerung des Blind-
darmes, am Colon transversum Schlingenbildung, femer Abknicknngen. Diese
kommen am häufigsten an der Flexura lienalis zustande, wegen des Ligamentum
phrenico-colicum und wegen der spitzwinkeligen Form der Flexur. Ferner
führen Verwachsui^en als Folge entzündlicher Vorgänge zu Darmobstmktion.
Als Therapie empfiehlt Verf. Massage, hohe Einlaufe und, falls dies nicht
hilft, operatives Vorgehen, bestehend in Lösung von Adhärenzen, Kolopexie,
Enterouiastomose, Darmansschaltnngen oder Anus praeternaturalis.
Nach ausführlichem Hinweis auf die Literatur des Gegenstandes und
namentlich auf die von den verschiedenen Autoren für den chirurgischen Ein-
griff bei Darmokklnsion aufgestellten Indikationen und Eontraindikationen
berichtet Gangitano (2a) über 12 von ihm operierte Fälle von Darm-
okklusion verschiedenen Ursprungs. Er hat Gelegenheit gehabt, bei seinen
Patienten, sei es mit der Laparotomie, sei es mit der Bildung eines künst-
lichen Afters, einzugreifen: siebenmal hat er die medikamentöse Behandlung
mittelst Atropininjektionen versucht (Dosis 1 — 2 mg alle Vi Stunden, steigend
bis zu der Quantität von 5 — 6 — 8 mg Alkaloid). Der Gebrauch des Atropins
führte in zwei Fällen von Ileus infolge Kotverschlusses allein zur Heilung:
in den übrigen fünf zeigte es sich unwirksam und es folgte der Operationsakt.
Ans dem Studium der beobachteten Fälle schliesst Verf., dass in jedem
Falle von Darmokklnssion der chirurgische Eingriff indiziert ist, wenn sich
die medikamentösen Behandlungen als unzureichend erwiesen haben. In der
Hoffnung, einen sonst dem sicheren Tode geweihten Patienten zu retten, darf
der Cbirarg nicht einmal in den äusserst schweren Fällen zaudern. Der Eingriff
der W^l ist die Laparotomie, auch in den Fällen von zweifelhafter Diagnose :
stets ist dem medianen Bauchschnitt der Vorzug zu geben, ausser in den
Fällen, in denen die Diagnose auf Sitz der Läsion in einer der Darmbein-
gruben einwandsfrei ist. Das Atropin kann in alten Fällen angewandt werden,
in denen der chirnrgische Eingriff nicht als von absoluter Dringlichkeit er-
achtet wird; er hat gefunden, dass das Alkaloid auch in starken Dosen (6 bis
8 mg) gut ertragen wird und auch bei operierten Individuen vorteilhaft ist,
da es hier die Darmperistaltik anregt. Zuletzt zeigt er die Zweckmässigkeit,
bei jedem Eingriff wegen Okklusion die Entleerung des Darminhaltes der
ausgestreckten Schlingen durch eine in der Nähe des Abschnittes, wo daa
62-
820 Jahrmbericht Ar Cbimrgie. II. Teil.
Hindernis sitzt, angelegte Bresche und die nachfolgende ÄusspiUnng der be-
sagten Darmschlingen vorzanehmen. R. Gisni.
Sandberg (6) demonstriert zwei Fälle von Invagination, der eine
bei einem Kind, der andere bei einem Erwachsenen, beide Ileo-colica: in
beiden wnrde Darmresektion mit Murphy ausgefäfart; der erste Fall verlief
tödlich; einen Fall von VoWnlas flesnrae sigmoideae mit Resektion, Tod;
einen Fall yon Ilens infolge von Meckels Divertikel and Adhäsionen,
Heilung; einen Fall yon Stenosis jejnni, im Anscblnss an ein heftiges
Trauma entstanden, Resektion, Heilung ; einen Fall ron taberkalöser
Peritonitis sowie einen Fall, wo bei einem Weib, das zehn Jahre vorher
wegen Uterusmyomen operiert waj, eine 18 cm lange Zange in der Banch-
höhle vergessen worden war, die jetzt eine Perforation von Dünndarmscblingen
und Adhäsionen zwischen den Därmen hervorgerufen hatte.
Hj. von Bonsdorff.
Holmgren (3) hat in vier Fällen von Ileus Atropin in Dosen bis zu
6 mg angewandt, und zwar mit gutem Erfolg. Zum Atropin ist in Fällen zu
greifen, wo kein mechanisches Hindernis vorliegt, also erst, nachdem man
durch Operation sich von der Abwesenheit eines mechanischen Hindernisses
überzeugt hat oder nachdem dasselbe entfernt worden.
Hj. von Bonsdorff.
2. Strangulation, Knickung, Konipression.
1. 'Beeckmftiin, Angulation at &m eigmoid. äqd. of surg. 1905. Nov.
2. Bdrard, PJDcemenU latäraax de l'ititeetiD. Rev. de Chir. 1905. Nr. 4. p. 540.
2a.Cora«r, IntestiDsl obstractiDii after pelvic opsrstiona. The Fractitionaer. 1903. Aog.
3. *Klliot, The manage ment of certain oriticäi cas of inteat. ofaetrueiioii. Ann. of
Burg. 1905. Nov.
4. HalbroD, Occlusion iuteatiaale d'origine rduale. Soc aaat. de Paria 1905. Nr. 4.
5. PaateaD, Occlosion inteetinale aprte ane taille BDs-pabJeDDe. Soe. aoat. 1905. Nr. 7.
p. 628.
6. Wilma, Die beim poetoperativen ÜeDi wirkaamen Momente. HQneh. med. WoeheD'
sehrirt 1905. Nr. 40. p. 1951.
7. Zade, Ober poetoperativea artario-meBanUrialen Dannverschlasa an der Daoden»-
jeJDDalgrenxe and seinen Zueammenbang mit akuter Magendilatation. Brnns Beitr.
46. Bd.
Zade (7) erörtert den postoperativeo arterio-mesenterialen
Darmverscblnss an der Duodeno-Jejunalgrenze und seinen Zusammenhang
mit akuter Magendilatation. Er beobachtete einen derartigen Fall bei einer
32 jährigen Frau nach Gastroenterostomia retrocolica posterior wegen Karzinom
des Pylorue. Der Magen war bei der Sektion enorm gedehnt; ein straff ge-
spannter Mesenterialstrang, der die Arteria mesenterica enthielt, komprimierte
die Duodeno-Jejunalgrenze. Verf. hält eine chronische Magendilatation für
das Primäre. Es kommt dann zum arterio-mesenterialen Ilens, wenn durch
irgend eine Motilitätsstörung eine akute Erweiterung dazu kommt. Die Dam-
Bchlingen werden durch den vergrösserten Magen ins kleine Becken gedrängt;
dadui'ch wird das Mesenterium gespannt und tritt die Kompression an er-
wähnter Stelle ein, wodurch sich die Erscheinungen steigern. Verf. schlägt
deshalb den Ausdruck ! „Gastro-mesenterialer Darmverschluss" vor.
A. Malier.
Wilms (6) erörtert die beim postoperativen Ileus wirksamen
mechanischen Momente.
Higanbaeh, TerleUuDgen und cbinirg. Krankheiten des Dftrmss. 821
Die Lähmnng eines kleinen DartDabschnittes genügt nicht znr Erklärung
des postoperativen Ilens. Es mäBsen noch mechanische Momente mitspielen.
VentilverschluBs, z. B. dnrch Veränderung der Darmlage bei vermehrter Fül-
Inng. Enterostomie entleert dann den oberen Teil und behebt so das mecha-
nische Moment.
Corner (2b] zeigt an einer grösseren Anzahl von Myomoperationen,
dass infolge derselben ziemlich häufig Darmverwachsangen und Ileus
auftreten, und zwar oft erst mehrere Jahre später. Die Hauptursache liegt
in einer nnz weck massigen Vemähuug des Uterusstumpfes, wodurch Verwach-
sungen mit dem Dünndarm entstehen.
Zur Verhütung dieser Verwachsungen rät der Verf. einen grossen hinteren
Serosalappen zu bilden und denselben nach der Amputation der Cervix nach
Tom zu schlagen. Dadurch kommt die Naht in das kleine Becken zu liegen
und wird dadurch eine Adhäsion weniger leicht ermöglicht Forcart.
Im AnschluBS anBeckenhocblagerung stellte sich nach Pas teau (5)
Darmverschluss ein, an welchem eine Patientin zugrunde geht. Es findet
sich eine Bride, die vom Mesokolon über das Colon transversum ans Epiploon
geht Das Epiploon lag tief im kleinen Becken und zog das Colon transver-
sum nach, indem die Bride eine V-förmige Abknickiing verursachte. Verf.
ist der Ansicht, dass beim Aufrichten aus der Trendelenbnrgschen Lage
das Netz ins kleine Becken geschleudert wurde.
Bärard (3) beschreibt zwei Fälle von seitlicher Darmeinklem-
mnng, von denen der erste durch einen Abszess, der zweite durch die Er-
scheinungen der Netzeinklemmong znr Operation Veranlassung gaben. Beide
worden gebeilt.
Das auffallende in beiden Fällen war, daes keine Stenosenerscheinungen
vorhanden waren.
Balbron und Siegel (4). Ilens infolge Verwachsung des
Kolon mit einem Tumor im linken Uypochondrium, der sich als multilokulare
Zjstenniere herausstellt.
Die Operation bestand in Vorlagerong des Darmes. Tod 20 Stunden
nachher, unter zunehmender Dyspnoe.
3. Volvulus.
1. *Adj»roff, Cbr., Tolvnlos infolge eines Kjstoma meBeDteru. Letoplsai na Lekar-
akija aajoi r. Bnlgaria Nr. 7. p. 887. (BalgariBch.)
2. Carl, CombJned volvolne and hernia through a reoeDt meaant^rio alit Ann. of an^.
kug. 1905. II.
3. CUment, VoWnlua des COkom. Soc. anat. 1905. Oet p. 7S7.
i. Corner-Sarg«Dt, Volvnlns of tte caecum. Ann. of Burg. 1905. Jan.
i. Ekehorn, Die anatomiacbe Form des Volvulus und DarmverachluBaea bei beweg-
licbem CoecocoloD ascendeDS. Langenbecka Arch. Bd. 76.
6. Enatia, La volvnlua du patit inteBtin. Oaz. de« böp. 1905. Nr. 102.
T. 'Jonnescn, Zwei Ftlle von Volvnlua des CoIod palvieus operiert unter Raehiato-
vainisatioa. Revista de cbir. Nr. S. p. 225. (Bumäniseh.)
8, KOttner, Volvuius dea Cokum und DOnndarma. Hduohen. med. Wochenacbr, 1905.
Nr. 10. p. 482.
9. Larda, Supra nn caao di toraione totale de tenue aul auo meBent«re. Dal progreaeo
medico 1905. Nr. 11.
10. 'Papauiool, Vier VolvulnafUie. Revista de cbir. Nr. 5. p. 216. (Runftniacb.)
11. PbilipowicE, Znr Eaaniatik und Ätiologie dea DQnndarm-Tolvnlua. Iiangenbecka
Areb. 76. Bd.
82Ü JtthrMbericht (Or Chirnrgie. IL Teil
12. Scndder, VolTOlua of the jejuanm. Ann. of anrg. 1905. Fabr.
18. Wilma, Die «ntaUbeud«!! AcbModrehongeo (Volvnliu} dei DOnndirmea? Arch. t
Uin. Chir. Bd. 61. H. 4.
Wilms (13) führt den VoIthIus äuf denBelben Mechanismus znräck.
den er für Strangulationen durch Stränge und ringförmige Verwachsungen,
sowie die Knotenbildungen verantwortlich macht (Deutsche med. Wocbenschr.
1903, Nr. 4 und Arch. f. klin. Chir. Bd. 69, H. 3).
Die Einzelheiten der interessanten Abhandlung lassen keine Kürzung zu.
Philipowicz (11) verbreitet sich auf Grund von neun Fällen über Ka-
suistik und Ätiologie des Dünndarm- VoWnlus. Er bringt denselben in
Zusammenhang mit Narbenbildungen, die speziell am oberen Abgang der
Flexnra sigmoidea und vor der Einmündung des Dünndarmes in den Blind-
darm, an der unteren Fläche des Mesenteriums schon normalerweise sich
finden. Sie bangen zusammen mit dem Anwachsen des früher freien Meseo-
teriums, unzweifelhaft aber auch mit entzündlichen VerändemngeD. Beim
Dönndarmvolvulus sind diese Bildungen besonders häufig, namentlich in der
Gegend des Blinddarms. Infolge Hemmungen der Peristaltik und abnormer
Fixationen glaubt Philipowicz, dass die Verschlingungen Zustandekommen.
Die Operation hat eine hohe Mortalität infolge Aspiration des Erbro-
chenen und Zirkulationsstörungen am Darmkanal, die durch Entlastung mittelst
Kotfistel am besten beeinfiosst werden. Rezidive sind durch Fixation der
Schlingen an die Bauchwand, durch Enteranastomose zwischen Blind- und
Dünndarm oder durch Resektion des unteren Dünndarms zu vermeiden.
A. Müller.
Lerda (9) hatte Gelegenheit einen Fall von totalem Dünndarmverechluss
zu beobachten, bei dem die Ursache dieser seltenen Okklusion aller Wahrschein-
lichkeit nach durch wiederholte Porgiermittel bestimmt war. Der in äosserst
schweren Umständen operierte Kranke wurde der Detorsion der um 280'
rotierten Dünndarmmasse unterzogen, starb jedoch bald nach der Operation
an Shock.
Im Anschloss erörtert Verf. die Schwierigkeiten der Diagnose ähnlicher
Fälle auch auf dem Operationstisch und ergebt sieb weiter über die Kontraindi-
kationen der Purgiermittel und die Nützlichkeit der Opiate. R. Giani.
Ekehorn (5) teilt eine Beobachtung mit, bei der der Dünndarm mit
Ausnahme des obersten Jejunums und des untersten Deum mit seinem, bis
32 cm hohen Mesenterium sich um das freie Stück des sehr langen, bis in
das kleine Becken reichenden Cökokolon herumgeschlagen hatte. Dadurch,
Abknickung des letzteren. Drehung im entgegengesetzten Sinne des Uhr-
zeigers. Der 74jährige Patient starb rasch nach der Operation.
A. Müller.
Eustis (6) berichtet über zwei Fälle von VoIyoIus bei Typhus.
Kein chirurgischer Eingriff. Beidemal Exitus.
Im Anscbluss daran berichtet van Wart über einen gleichen Fall, in
dem zweimal chirurgisch interveniert wurde. Erst Murphyknopf ohne Er-
folg; bei der zweiten Operation stirbt Patient gleich nach Eröffnung der
Bauchhöhle. (Sektion? Ref.)
Clement (3) berichtet über ein Kind, das zwei Tage nach der Geburt
mit gespanntem, aufgetriebenem Abdomen in einem Kollaps zugrunde gbg.
Bei der Sektion fand sich folgendes : Der obere Teil des Jejunum windet sieb
Hsgeobach, TarleUnng«» und Chirurg. Krankheiten dea Dannea. 823
iweimal spiralig um die Arteria mesenterta saperior. Das Ende des Ileums
ist in der Ansdehnnng von 3 cm strsngartig verdünnt, jedoch durchgängig.
Das unterste Ende des Ileums bat ein kanm entwickeltes Mesenterium. Das
Cökam mit der Appendix befindet sich unter der Leber. Das Kolon zum
Teil falsch gelagert und ohne Mesokolon; Mangel des letzteren soll die Drehung
des Dünndanns begünstigt haben Verf. kommt zum Schloss, dass es
ficfa am einen VoItuIus des Dünndarmes handelt mit Zerreissung oder Ab-
vesenlieit von Mesenterium und Mesokolon, mit einer sekundären Stenose
des Dickdarmes durch Kompression. Knss glaubt in der Diskussion, dass
es sich nicht um eine eigentliche kongenitale Anomalie handle, sondern um
einen während der Geburt oder kurz vorher entstandenen Volvulus.
M. Reber.
Küttner (8) berichtet über Volvulus des Cökum und des ganzen
Dünndarmes.
Hess seit vier Tagen. Es findet sich ein schwer entwirrbarer Darm-
klumpen in der linken Darmbeinschaufel von Kopfgrösse. Das Cökum war
um 180° gedreht und bildete das Zentrum des Klumpen; darum herum war
der ganze Dünndarm mit Drehung der Radix mesenterii um 360° henimge-
schluDgen. Es lässt sich alles zurückdrehen. Der Darm war nicht gangränös.
Sechs Tage gutes Befinden; am zehnten Tage Exitus an Peritonitis, deren
AoEgangspunkt nicht klar wird.
Corner und Sargent (4) teilten ihre Beobachtungen bei 57 Fällen
(on Volvnlus des Cökums mit, wobei einige derselben ausführlich be-
sprochen werden. Die Krankheit ist nach ihrer Statistik bei Männern drei-
mal hänfiger als bei Frauen und tritt meistens zwischen dem 20. und 40.
Jahre auf. Nicht immer tritt die Krankheit akut auf, sondern oft auch sub-
akot und chronisch. Die Prognose ist keine gute, von den Ö7 FäUen tritt bei
19, die alle operiert wurden, Heilung ein, bei 38 Exitus, von diesen wurden
21 operiert. Die Mortalität iet also 66 "/o, während die Mortalität der Ope-
rierten 52,5 % beträgt.
Das verlagerte Göknm kann in allen Regionen des Abdomens gefunden
werden, sogar ausserhalb desselben, in Inguinälhemien.
Die Verlagerung des Cökums kann entweder zustande kommen durch
Drehung des Mesenteriums an seiner Wurzel, oder durch Drehung des Cökums
in seiner Längsachse. Ersteres ist die Folge einer kongenitalen Abnormität
des Mesenteriums, letzteres beruht auf einer kongenitalen Missbildung des
Cökums. F o r c a r t.
Curl (1) beschreibt einen Fall von Volvulus, kombiniert mit einer
Hernie durch eine Öffnung des Mesenteriums.
40jähriger Neger, der mit den Symptomen von Volvulus ins Kranken-
haus kommt, wird der Operation unterzc^n. Bei Eröffnung des Abdomens
zeigt sich in demselben eine dunkle, faulig riechende Flüssigkeit. Ein grosser
Knoten von schwarzen Darmschlingen liegt direkt unter der Inzisionsöffnung.
Derselbe besteht allerdings zum Teil aus einem Stück involvierten Darmes,
daneben befindet sich aber noch eine grosse Darmportion, welche nicht frei-
gelegt werden kann, da sie durch einen frischen Schlitz in das Mesenterium
durchgezwängt ist und stranguliert wird. Dieser ganze Darmteil ist schwarz
nnd ohne Zirkulation, so dass er in einer Ausdehnung von 5Vi Fuss reseziert
werden moss. Durch eine der Arbeit beigelegte Phot<^raphie werden diese
Verhältnisse deutlich veranschaulicht.
824 JahrMb«richt fDr Cbirorgie. II. TeU.
Für die Entstehung des Risses im MeseDterinm lässt sich ananiDestisch
nichts nachweisen, da der Krankheit kein Trauma vorausgegangen sein soll.
F o rc a r t.
4. Invagination.
1. Baeskow, Ein Fall yon Danninvagmatioii. Honatsscbr. f. Unfollheilk. 1905. Nr. 2
and 4-
2. Clnbbe, 100 consecutiTe laparotoraies for 'intUBanBCeption in cbildren. Brit. med.
Jonm. 17. VI. 1905.
2a. Costa, G., ConeideraEioni diagnoBtiehe e terapeotiche dal puoto di visla della chirurgi*
aopra qaattro caai di iutaWQMitione intMtinale diaeeudcnte Mmpliee in penone «dalte
eoD speciale risnardo a]la varietk complessa iIeo-c«cale prograsaiTa. Clioica cbimr-
gica 1905.
3. Fagge, Caaee of intaasoaceptiOD in children. Ann. of soTg. Hardi 1905.
4. *QaleseBca, D-, und V. Oradinascn, Ein Fall tob ileO'CSkaler iDTsgioAlion.
Kevisla Sciiotzelor medicale Nr. 6. p. 918 (RumftniBch.)
5. HirschsprnQg, IGT FiUe von DanninTsgination bei Kindern. Grenigeb. i. Hed.
n. Chir. Bd. 14. H. 5.
6. Israel, Über DarmiDTagioation. Hflnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 17.
6a.PaHBBggi, A., laTaginsiione ileo-c»cale croniea. II Policlinico. Ses. chirargiea 1905.
7. Bay , A case of acate intiiasasception of the sigmoid colon dae. Lancet 4. HI. 1905.
p. 567.
8. ShevingtoD, S., Enterectoinj of the ileum for gangrenooa lutussosceptioD. Lancet
1905. Sept. 23. p. 890.
9. 'Thomesca, N., und N. Mastor, Ein Fall von ileo - caecaler Invagination im ileo-
pelvisohen Kolon. Bevista Sciintielor Medicale Nr. 4. p. 654. (Rumiiiiach.)
10. Vignard, Invagination inteetinsle. Lyon ni4d. 1905. Nr. 5. p. 215.
11. — Invagination inteBtinale. Bevae de cbir. 1905. Nr. 2. p. 28S.
12. Wallace, Cnthbert, A sariea of caees of intnasnaceptioD in obildhood. Ann. uf
sorg. 1905. March.
18. Winternits, Über die ileo-cOkale Invagination. BndapMtor kgl Srtt«verein 2. II.
1905. Orvoai Hetilap 1905. Nr. 7. (ungarisch.)
Hirschsprung (6) schreibt über 107 Fälle von Darminvaginatioo
bei Kindern, bebandelt im Königin Louisen-Kinderhospital in Kopenhagen
während der Jahre 1871—1904, eine kurze tabellarische Znsammenstelluiig.
Die Krankheit scheint in Kopenhagen häufiger zu sein als anderano.
Von den 107 Fällen waren 77 Knaben und 30 Mädchen. Das jungst« Kind
war 7 Wochen und die ältesten 7 Jahre alt. Die Mehrzahl war 4 Monate
bis 4 Jahre alt. Alle Kinder waren in gutem Emährungszuatande. Ale Ur-
sache kommt namentlich chronische Obstipation in Frage, ferner selten das
Gegenteil, weniger selten Traumen oder Polypen.
Die Heilung beträgt 60,75 "/o, Rezidive sind selten.
Tazia in Narkose und Wassereingiessungen genügten meistens. Ver-
hältnismässig selten war Operation notig. Je früher die Krankheit zur Be-
handlung kam, um so besser waren die Aussichten anf Heilnng.
Clubbe (2). 100 Laparotomien wegenlntussnszeption bei Kindero.
(Brit. med. Journal. 17. VI. 1905).
Bei den ersten 50 Operationen trat in 26 Fällen, bei den zweiten 50
iß 38 Fällen Heilung ein. Die besseren Resultate haben hauptsächlich darin
ihren Grund, dass die Fat. jetzt früher zur Untersacbung kommen.
Der Häufigkeit ihres Auftretens nach werden Invaginatio ileocoecalis (61),
ileocolica (12), duplex (20), colica (3) und iliaca (1) beobachtet.
Da die Diagnose besonders anfangs schwierig zu stellen ist, wird bei
zweifelhaften Fällen zur Untersuchung in Narkose geraten.
Hagenbmch, TerletiaDgen und ohimrg. Krankheiten des Dannes. 825
In jedem Falle ist eine rektale Eingiessnng zu empfehlen, durch welche
die Invagination entweder ganz beseitigt, oder doch stete teilweise znrück-
gebr»cht wird, and dadurch die Operation erleichtert. Die Reduktion durch
EingiessuQg gelingt etwa in lO"/« der Falle.
Der Operationsschnitt wird bei Invaginationen in der Cökalgegend durch
den äusseren Band des rechten Mnsc. rectus, in den übrigen Fällen in der
Mittellinie gemacht. Von 7 Darmresektionen trat bei 6 Exitus ein. — Nach
der Operation werden Morphium, Strychnin und Kochsalzinfusionen empfohlen.
Um Stuhlgang hervorzurufen, macht Verf. 12 Stunden nach der Operation
einen hohen Eiulauf mit Kai. permang., und bleibt dieser ohne Wirkung, wird
Kalomel oder Bizinnsöl gegeben. Forcart.
Fagge (3) bespricht 18 Fälle Ton Intussuszeption. Von diesen
war in 16 bei der Untersuchung ein Tiunor fühlbar, entweder durch die
Baocbdecken oder per Rectum. Die bimanuelle Untersuchung wird sehr
empfohlen. Bei 15 war die Diagnose leicht, in einem jedoch, bei welchem
schon seit Wochen Schmerzen bestanden, wurde Peritonitis tuberc. diagnosti-
ziert und der Tumor für geschrumpftes Omentum gehalten. Die beiden Fälle,
in welchen kein Tumor gefühlt wurde, endeten letal, da die Symptome nicht
typisch waren und deshalb die Operation zu lange hinausgeschoben wurde.
Die Untersuchung in Narkose ist sehr zu empfehlen. Von den 18 In-
tossuszeptionen waren 10 einfach, 7 doppelt and 1 dreifach.
Was die Behandlung anbetrifft, so wurde in 17 Fällen so früh wie
möglich operiert, bei einem worden vor dem Spitaleintritt Blähungen des
Darmes vorgenommen, welche aber ohne Erfolg waren. Aufblähung des
Darmes vor der Operation wird nicht empfohlen, jedoch ist es vorteilhaft,
wenn durch einen durch das Rektum eingeführten Finger der Darm vorge-
drängt wird. Die Behandlung bestand gewöhnlich in Reduktion der Intussu-
szeption, in 4 Fällen wurde wegen Gangrän Resektion des betreffenden Darm-
teiles vorgenommen.
Was die Resultate anbetrifft, so starben von den 18 Operierten 7, was
eine Mortalität von 39 "/o ergibt. Wenn man nun noch zwei Pat. binzunimmt,
die bald nach ihrem Austritt wieder aufgenommen wurden nnd deren Tod
als eine Folge der Intussuszeption angesehen werden muss, so steigt die Mor-
talität auf ÖO o/o. F 0 r c a r t.
Israel (6] berichtet über Darminvagination und eine nene ge-
fahrlose Methode der operativen Behandlung.
Von 11 beobachteten Fällen sind 6 am Leben geblieben, und zwar waren
9 Deocökalinvagination, 1 Dünndanninvagination und 1 Invagination des Cökum
in das Kolon infolge Tumors.
Zwei sind nach neuer Methode operiert. Diese besteht im Prinzip
darin, dass die äussere Serosa des Intussnscipiens in die Öffnung des Perit.
parietale eingenäht wird und dann durch die Vagina das Invaginatum unter
sukzessiver Naht reseziert wird. Der Darm wird offen gelassen.
Verf. rühmt als Vorzüge seiner Methode : „Übersicht über die Beschaffen-
heit der invaginierten Darmpartieu ; Fähigkeit, den Darm nach Beschaffenheit
in beliebiger Länge zu entfernen; Vermeidung jeglichen Eindringens von
mfizierenden Massen in den Peritonealraum, feste Naht", nnd meint, hei All-
gemeinwerdcn der Methode werde „das Wort Invagination seine Schrecken
yerlieren".
i Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Joseph 0. Shevington (8) referiert über einen Fall von Enterektomie
i gangränöser Intnssnszeption des Ilenm.
Es handelt sich nm einen ISjäbrigen Jnngen. Beginn der ErkranVmig
5tzlich mit allgemeinen Banchschmerzen , Brechen und Al^ang von Blnt
d blutigem Schleim dnrch das Rektum. Resistenz fühlbar unterhalb der
iber und in der linken Iliakalgegend. Laparotomie. In der Peritonealhöhle
trächtliche Mengen von Flüssigkeit. In der linken Iliakalgegend wird In-
gination des Deiuns vorgefunden. Desinvagination unmöglich. Dannwan-
ng daselbst gangränös. Es vird deshalb Enterektomie vorgenommen and
B Enden mit Lembert>Nähten vereinigt.
Zustand des Knaben während der Operation sehr schlecht; nach Koch-
Izinfusionen tritt Besserung ein. Der Knabe verlässt das Spital geheilt.
Forcart.
Ra; (7) schreibt über einen Fall von aknter Intussuszeption der Fleznra
^oidea, faervorgemfen durch ein subserösea Lipom.
30jährige Patientin, die schon längere Zeit an Konstipation leidet,
krankt plötzlich an heftigen Leibschmerzen. Nach Verabfolgung eines Klj-
ers ragt aus dem Anus eine Geschwulst von der Grösse einer halben Orange,
n welcher angenommen wird, dass sie den Gipfel einer Intussnszeption
Ide. — Operation. Längsschnitt links von der Mittellinie. Vornahme der
jsinvagination, welche leicht gelingt. Im letzten Teil der Umfaltnng, im
iteren Drittel des S romannm, befindet sich eine Geschwulst, die das ganze
U'mlumen ausfüllt. Eröffnung des Darmes, Exzision der Geschwulst, welche
it der Wandung fest verwachsen ist. Darmnabt. Schluss der Laparotomie-
inde. Pat. erholt sich gut. -^ Untersuchung des Tumors ergibt ein sub-
röses Lipom, welches anscheinend vom Mesokolon ausging und ein inver-
srtes Divertikel in das Kolon erzeugte. Forcart.
Baeskow (1) beschreibt einen Fall, bei dem es sich nicht um die
wohnliche Invaginatio ileocoecalis bandelte, sondern bei welchem
le Einstülpui^ von Ileum, Cökum und einem Stück Kolon ins Colon ascen-
ns zu Stande kam. Am 26. Krankheitstage entleerte der Patient mit reich-
hem Stuhl ein 21 cm langes, nekrotisches Darmstück, das sich als ganzes
ikum mit Processus vermiformis und einem Teil des Ck)lon ascendens erwies.
e Invagination soll durch das Heben eines schweren Steines, worauf der
itient heftige Schmerzen im Unterleib verspürte, verursacht worden sein.
I trat vollständige Heilung ein. M. Reber.
Winternitz (13). Mitteilung zweier Fälle von ileocökaler Invagi-
ition. In dem einen Falle, bei einem 9jäbrigen Knaben, bestand die
vagination ebenfalls eine Woche, doch Stnhlverhaltung und stürmische Er-
heinongen zeigten sich nnr vom vierten Tage der Erkrankung an. In
iden Fällen erreichte Winternitz nach Desinvagination glatte Heilung.
Gergö (Budapest).
Vignard (10 und 11) erörtert ofifenbar zweimal denselben Fall tod
ivaginatio ileo-colica, colo-colica, der unter den Erscheinungen
n Perityphlitis auftrat. Dannblutungen wurden nicht beobachtet.
Bei der Laparotomie wnrde erst die Desinvagination versucht and als sie
;h nicht vollständig ausführen Hess, wurde reseziert und mit Jaboulay-
hem Knopf eine Enteroanastomosis ileocolica angelegt. Pat. stirbt 48 Stunden
«t op. Die Nähte waren snffizient, keine Peritonitis.
EftgenbBch, TerletzoDgen und cbirarg. Krankheiten des Dannea. 827
Das eine Mal (Lyon m^dical] neigt Verf. mehr zur Lösnng der Invagi-
natioD, das aodere Mal (Kerne de chirurg.) mehr zur Resektion.
Costa (2a} illustriert vier klinische Fälle von einfacher deszendenter
Darmeinstülpung, toq denen zwei der progressiven Ileocökalvarietät angehören
□od knüpft daran eine lange kritische Untersuchung über Diagnose und
Therapie dieses Leidens. K. Giani.
Passaggi (6a) teilt die Krankengeschichte eines mit chronischer
Ileocökalinvagination hehafteten Patienten mit, dessen Symptome seit un-
gefähr neun Monaten datierten, bei dem er, nachdem er leicht und unblutig
die Reduktion der Livagination hatte vollführen können, mit Erfolg die Endo-
plicatio des gedehnten Kolonabschnittes vornahm. Er fügt einige Be-
trachtungen über Symptomatologie, Dia^ose und Pathogenese der Danninvagi-
nationen im allgemeinen hinzo. R. Giani.
5. Ileus dnrch Meckelsches Divertikel, Würmer etc.
1. Pehre, Zwei F&lle von Volvnlaa des Hackelachen Divertikels. Zeitachr. f. Cbir.
Bd. 78.
2. 'Jattti, Ein Beitrag inr Behandlang des Ileus mit sabkataner Strjrchnininjektioii.
ZetitralbL f. Qyn. 1903. Nr. 33.
3. 'Severeann, Darmokklosion durch Meokelscliea Divertikel. Revista de chir. Nr. 2.
p. 87. (Rinninieob.)
4. Zanardi, Oeclnsione intastinale da calcolo biliare. Policlinico, seEiona prat. 1905.
Fase. 7.
Febre (1) berichtet über 2 Fälle von Volvulus des Meck eischen
Divertikels. Beide Falle verliefen unter dem Bilde einer akuten Perito*
nitis. Beide Anhänge waren stark mit blutigem Darmiuhalt gefüllt und um
ihre Längsachse gedreht, so dass stellenweise Gai^än bestand. Die Darm-
teile, an denen sie inserierten, waren unverändert. Einmal betrug die Länge
des Gebildes 18 cm bei einem 15 jährigen Mädchen, einmal 12 cm bei einem
21 jährigen Manne; bei letzterem war die Spitze am Nabel adhärent. Die
Behandlung bestand in Abtragung und Naht des Darmes; der 2. Fall starb
an Peritonitis. In der Literatur finden sich von 14 Fällen (inkl. die beiden
eigenen) 10 operiert mit 8 Todesfällen. A. Müller.
Klinischer Fall, bei dem der Gallenstein in dem ersten Abschnitt
des Duodenums engagiert war und ihn vollständig obstruierte. Zanardi (4)
griff mit der Enterostomie ein, wenige Stunden darauf jedoch verstarb der
Patient. Erbrechen und Tympanites hatten in diesem Falle gänzlich gefehlt.
R. Giani.
S28 Jahrubericht fDr ChirnTgie. II. Teil.
xm.
Erkrankungen der Bauchwand und des Peritoneums.
Referent: Ernst Fagenstecher, Wiesbaden.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert wordan.
1. Bftuoh. Allgemeines.
1. Bibergeil, Ober Langenkoropliletiaiien nach Baachoperktienen. Langenbecka
Arch. 78. Dd.
2. Barger, Über iwei intereesante Falle von Abdominalerkrsnkangen. Wiener klin.
Rundschau 1905. Nr. 19.
3. Bnrghele, Betracfatangen über manche seltene poetlaparotomische Symptome. Bevista
de Chimrgie. Nr. I. p. 87 (ramlnisch).
4. Ciaret, La dächarge aiotorique peat opäratoire dans les grsndes interrentiona abdo-
miealea. Arch. g^n. de m^d. 1905. Nr. 9.
5. Clemm, Heftpflaster- und Binden bebandlung der Baacfa Organe, Aroh. f. Ortbop. 1906.
Bd. 111. Beft 3.
6. Kvald, Drainage after laparotomy. Med. Newa 10. Tl. 1905.
7. Folly, Lea adhärencea in^B-p4ritondalea douloureusea de l'inteatin. Aich. de mMiciee
miliUlre. Ref. nach Journ. de mM. de Chir. 1905. 10 Aoüt p. 592.
6. Oodlewski et Martin, AdhdreDCes päritonäalee Himalant des affectioDB abdominalee
typiques. Arch. g6a. de mid. 1905. Nr. 87.
9. Kiimer, A Pieseometer for the acouiate determinatien of sbdeminal wall. Hedical
News. Nov. 25.
10. Kindt, Ober einen Fall von disseminierter Fettnekrose infolge SchasarerletzuDg d»
Magens. MOnch. med. Wocbenscbr. 1905. Nr. 10.
11. Haonanghton, A new peritoneal catch and holdera. Laneet 1905. Sept. SO. p. 970.
12. Hc Murtry, Review of tbe treatment immediatelr before and after abdominal sectioD.
Hedical Newa 7. I. 1905. p. 45,
18. Uadelung, Über den poatoperativen Vorfall von Bancheingeweiden. Langenbeck«
Archiv. Bd. 77. Beft 2.
14. Hflller, Zur Technik der Laparetomie. Honcb. med. WocheDscIir. 1905. Nr. 9.
15. — Über die disseminierte Fettgewebsnekrose der BaachhOhle. Wiener klin. Bandacbia
1905. Nr. 10.
16. *Podhoretzky, 1000 von Fenomenoff ausgefohrte Laparotomien. Arcfa. f. Gj^.
Bd. 74. Heft 8.
17. Riese, tJber das Schicksal der in der Bauchhöhle inrOckgelaasenen Kompressen.
Arch. f. klin. Chir. Bd. 78. Heft 4.
18. *Ssniter, Deainfektien der Banchdecken. Zentralbl. f. Ojmlkologie.
Kiimer (9) konstruierte ein Instrument, welches zur Messung der Bauch-
deckenspannung dienen soll; es zeigt an, in welchem Hasse dieselben einer
jedesmal um denselben Grad zusammengedrückten Feder Widerstand leisten.
Mc Murtry (12). Längere Vorbereitung zur Laparotomie durch Ab-
fahren nnd Fasten schwächt den Organismus. Bei hegleitenden Erscheinnngen
von Anämie und dergleichen ist eine Vorbereitung mit Rückgicht auf diese
um Platze. Die Haut soll bei der Reinignng nicht mit Bürsten, sondern
Paganatecber, ErkruikangeD der Bftnohwand nnd des Peritonennu. 829
DDr mit Gaze, Wasser und Seife bearbeitet werden, um die schützende Epithel-
decke nicht zn verletzen.
Evald (6) schränkt die Laparotomien aufs änsserste ein. Aach nach
Operationen wegen geplatzter Fyosalpinx ist sie nnnötig. Der Eiter ist nach
neon Monaten steril. Lässt man Tumoren oder Zystenreste in der Bauchhöhle
zurück, so führt Drainage zu sekundärer Infektion. Ein auf die Naht ver«
letzt«r Banchorgane gelegter sogen. „Sicherheits^-Gazestreifen führt leicht zu
Fistelbildung.
Macnaughton-Jones (11) faast das Peritoneum mit breitmäuligen,
feiogezahnten Pinzetten, die durch an einem P'aden hängende Gewichte an-
gezogen werden.
Madelung (13) konnte aus eigener und fremder Erfahrung 157 Fälle
Ton postoperativem Vorfall von Bancheingeweiden zusammenstellen. Der Vor-
fall trat ein bei Personen jeden Alters und Geschlechts, bei Operationen ver-
schiedenster Art, auch zu Zeiten der fortgeschrittensten operativen Technik.
118 Frauen, 25 Männer. 36 Ovariotomien, 10 Adnexoperationen, II Myom-
ektomien, 17 siipravaginale Uterusexstirpationen , 8 Sectiones caessreae, 6
Probelaparotomien, 2 Lap. wegen Peritonitis, wegen Periton. tuberkulosa,
2 wegen Appendizitis, 2 wegen Ileus, 6 wegen Bauchverletzung, 2 wegen
Magensekretion, 9 Gastroenterostomien, 17Ileo-KoIostomien, 2 Darmresektionen.
>'ach Laparotomie in der unteren Hafte häufiger ab nach solchen in der
oberen. Nach Schnitt in der Mittellinie mehr als in der Flanke. Die aller-
verschiedensten Ursachen werden beschuldigt: mehrfache Laparotomie in der-
selben Stelle, Krebskacbexie, Husten, dünne Bauchdecken, Nachblntnng, Er-
brechen etc. Eine bestimmte Wahl des Nahtmateriales oder Methoden der
der Bauchnaht lässt sich nicht anschuldigen. Keine Methode schützt vor
Vorfall. Die Wunde kann platzen vor völliger Verheiinng, sie kann sich
langsam öffnen (bei Peritonealtuberkulose), sie kann neben der Nabtlinie
aD%ehen (2 Fälle). Im Vorfall sind alle Eingeweide des Bauches mit Aus-
nahme von Milz und Pankreas gesehen worden, am häufigsten Dickdarm und
Netz. Mit Tamponade ist der Vorfall nur sehr selten in Beziehung zu bringen.
Meist blieb das Allgemeinbefinden längere Zeit gut. Die Behandlung
kann auf verschiedenen Wegen zum Ziele führen. Manchmal mnss man ab-
warten (Husten, schlechter Allgemeinzustand, Eiterung in der Wunde). Die
Reposition ist bald leicht, meist sehr mühsam gewesen, ebenso die folgende
aeue Naht Es kann neuer Vorfall sich bilden, Kotfiatel, Peritonitis. In ge-
beilten Fällen ist Schwäche der Narbe überraschend selten notiert, Spät-
stomngen nur einmal, die Mortalität beträgt 22,3Vo-
Benno Müller (14) sucht eine Infektion oder Beschmutzung der Laparo-
tomiewunde während der Operation dadurch zu vermeiden, dass er eine Art
Gnmmimanschette über den Wundrand und die Haut sowie Peritonealfläche
stölpt. Dieselbe wird mit Klammem festgehalten, welche ähnlich den be-
kannten Klammern konstruiert sind, mit denen Tücher am Tischrand befestigt
werden.
Bibergeil (1) bearbeitete Körtes Material von 3909 Laparotomien
aas den Jahren 1900 — 1905 auf Vorkommen von Lnngenkomplikationen , es
kamen vor 283 = 7,2 "j'o, davon Pneumonien 3,5 °/o. Am seltensten war lobäre
(0,26"/«), am häufigsten die lobulären 2,5*'/o; dann Hypostatische 97 "/o. Ein
besonderer Einfluss des Wundverlaufes, ein wesentlicher der Abkühlung konnte
nicht konstatiert werden. Auch die Kellingsche Annahme lymphatischen
830 J»hreBbericbt fOr Chimigi«. 11. TeiL
UrspniBgs erscheint nicht geschützt. Dagegen hält Körte die ausgiebige Sp&]-
tung der Faszienverbindung in der Mittellinie des Epigastrimn för die wich-
tigste Ursache. Die durch Nähte yereinigte Wnnde ist zunächst schmerzhaft,
bei der Atmung wird diese Stelle instinktiv geschont, woraus eine mangel-
hafte Lüftung in den unteren Lnngenteilen folgt Alle prophylaktischen Mass-
nahmen geben bei sorgfältigster Anwendung zur Zeit noch keine Sicherheit
g^en postoperative Lnngenerkranknng.
Riese (17) bat zweimal erlebt, dass Kompressen bei der Laparotomie
in der Bauchhöhle znrückblieben.
1. Wegen NierelixertrIlinmeTaDg mnasta sahr raaoh Koagiebig« intraperitooeala Tampo-
nade gemacht werden. Eiaen Monat nachher trat Erbrechen, Leibschmenen, DUirh&en,
dann DarmaUnoBe ein; ein klein fanatgiosaer Tumor lag linka unterbalb doa Nabels and
•nries aich ala eine zjündriBch aufgetriebene Darmachlinge, welche in ihrem InnerD wne
QazekompreBae enthielt.
2. Operation einer Tubargrariditlt war voranagegangen. Man fand jetzt eine Orarial-
tynt» am Ligamentum latum and daneben eine billardkagelgroeae Zjrate un Mesviitoriiun
der Flexura sigmoidea ohne NetzTerwachBong. Sie wurde anageaefallt und erwies sich be-
stehend ana bindegewebiger Wand mit Inuenacbioht von G ran ulationage webe and enthirlt
neben wenig Öligem Sekret eine aseptisch eingeheilte Eorapresse.
Es bestehen vier Arten des Ausganges dieses Ereignisses: Peritonitis
(selten], Elimination, durch Vagina oder Bauchdeckenabszess, Einkapselang,
Bjn wandern Dg in den Darm.
Clemm (5) verwendet an Stelle des von ihm vorher empfohlenen Heft-
pflasterverbandes (Jahresber. 1904) jetzt eine fertige Heftpfiasterbinde, welche
anf die durch UnnaschesEpilatorum gereinigte Haut angelegt wird. Mehrere
Abbildungen.
Cläre t (4) zieht aus der Untersachong von 26 Fällen den Schlnss,
dass nach Laparotomie auch Auftreten einer reichlichen Uratausscheidung
während der ersten 24 oder 48 Stunden ein prognostisch günstiges Zeichen
darstellt. Ihr Fehlen mahnt zur Vorsicht.
Folly (7) beschäftigt sich mit den Symptomen schmerzhafter intraperi-
tonealer Verwachsungen des Darmes. Es gibt lockere, strangartige nnd feste
derbe Verwachsungen. Die objektiven Zeichen sind gering, die fanktionelleD
besteben in Verstopfang, fast stets vorhanden, Koliken, durch das Durchtreten
des Inhaltes bervoi^rufen , nnd Schmerzen. Letztere werden erzeugt durch
Verschiebung des Darmes, teils durch seine Zusammenziehong nnd sind dann
kolikartig. Es gibt auch fixe Schmerzen, meist treten sie zeitweise auf. Die
Probelaparotomie bat ein weites Feld.
Godlewski ondMartin (8). Peritoneale Adhäsionen können bestimmte
Krankheitstypen vortäuschen.
1. Erbrechen, Dyspepsie infolge Adhisionen des Neties an den lystisch entartelen
Adnexen. Resektion der Adnexe. LOsang der Adhlsioneu, Heilnng.
2. Erscheinnngen wie bei Gallensteiakolik. Elrfarechen, Scbmersen, nach der Schnllcr
ausstrahlend. AdbOBionen zwischen Gallenblaae, Magen und Dlrmsn. LOsang denelban,
Heilang.
3. Psendotamor in der neocflkslgegend dnrch Adhftaionen hervoigarufeD, mit Schmtnen,
Obatipstion, blatig-schleimigen Stühlen. Bei der Laparotomie kein Tnmor, nur Adhftsioneji
iwischen Cokum and D&nndarm. Nach Löaang derselben Verschwinden alter BeBchwerdra.
Kindt (10). SchasBTerletzung des Magens. Magennaht. Tod, Sektion ergibt vu-
gedehate Fettnekrose des Peritoneum, Verletznng des Pankreas. Bei der Laparotomla
9',! Standen nach der Verletzung waren noch keine Nekrosen gefanden worden.
Müller (15). Akute peri tonitische Erscheinungen. Laparotomie. Disseminierte Felt-
gewebsnekrose des Peritoneum. Pankreas makroskopisch normal. Tampon. Drainage. Sat
jektivs Bessscnng. Tod. Keine Sektion.
Pagenatecher, Eikrankuugen der BMchwuid und de« Peritoneams. 831
BiiTg«r (2). 1. Anfftlle von rsMadeu SchmeraeD im Leib, ROMtrablend io das
rechte Bein. EolUps. Nach dem lehnten Eraralhemie gefaadan nnd dacch Band Antille
2. Fraa tod 55 Jahren mit Aaiitea, Kachexie nnd baharrlichem Fieber (tnberkulAse
Ptiitonitia?). Heilung auf wiederholte Ponktion, Jedipin innerlich.
Seltene, isolierte, postlaparotomische Symptome ohne ZusammenhaDg
mit der LäsioD nnd dem operierten Organe sollen nachBurghele (3) folgende
sein: Hämoptysie, Hämaturie, Diarrhöe, Darmatonie nnd Okklneion, ver-
schiedene Hämorrhagien, Oligurie, Annrie nnd plötzlicher Tod.
Stoianoff (Vama).
2. Erkrankungen der Bauehwand.
I. Conrtin-Boaauet, EventratioD, cnre radieale par le proo^ä de Fanre-Poiri. Journ.
d« mid. de Bord. 1905. Nr. 10. p. 164.
2- *Crachet, L« röflexe cutanö abdominal dana lea gaatro-ent^itea de l'enfanee. Jonrn.
de mäd. de Bord. 1905. Nr. 4. p. 63.
3. Flatan, Desmoid der Bauchdecken. Manch, med. Wochenschr. 1905. Nr. 40. p. 1957.
4. LeDorroont, Dos kjetee hjdatiquea de la paroi abdomioale. Revue de CShirargie 10.
5. Leuai, Raptor des Muaculoe rectna abdominia. Wiener med. Freaae 19U5. Nr. 52.
6. Minkowski, laolierte neuritieohe L&hmnngen von Bauchmoakeln. Deutsche medizin.
Wochenschr. Nr. 41.
7. Hohr, BanchbrOche in der weiaaen Linie ohne etc. Orenageb. SIT, 3.
8. Horeatin, Corps ätrangera de la paroi abdominale. Soc. anat. 1905. Oct.
9. HQller nnd Seidelmann, Zar Physiologie und Pathologie der Baachdeckenreflexe.
MQDcfa. med. Wochenschr. 1905. Nr. 28.
10. Bnggi, G., Nnovo proceaBo di plastica delle pareti addomiuali. II Poliolinieo aai.
pnt 1905. Fase. 80.
II. Sikora, Abcis de la paroi abdommale d& b la migration den vers intaatinanx. La
Prease mid. 1905. Nr. 17.
P. ümachigi, Laceratioo of the abdominal wall tfae result of bear-bite aimulatiiig an
abdotninal tnmonr. Tbe Lftne«t 25. II. 1905.
Müller nnd Seidelmann konnten bei Untersnchung an 1000 Soldaten
Dar einmal den Banchreflex nicht auslösen. Alle diffasen oder lokalen krank-
haften Prozesse im Bauch , welche die Banchdeckenapannung steigern , er-
schweren den Reflex. In Grenzfällen spricht das Fehlen des rechten anteren,
resp. infranmbilikalen Reflexes mit Wahrscheinlichkeit für einen akut-ent-
zündlichen Prozess in dieser Gegend.
Minkowski (6) sah zwei Fälle von nenritischer Lähmung der Bauch-
mnskeln :
1. 55jShriKer an Alkohol gewohnter Manu mit Arterioskleroae und Diabetes be-
kommt nnt«r Schmerzen eine atrophische LShmung dae rechten Obliqnns superior und der
QDteren HAlR« dea Transversns mit Eutartungareaktion. Heilung unter ElektrizitBt und
&4dem, Msasag«.
2. 63jihrige Fran. Einige Wochen nach Auftreten eines Herpes zoster im Bereich
des UeohypogastricDS QDd Ileoingoinalis Lfthmong nnd Entartnngsreaktion des linken Trans-
TBTsna nnd der oberen B&nche dea Rektas. Nach einigen Wochsii noch unverändert.
Symptom war beidemale airkumskript« VorwBlbung des Leibes im Bereich der ge-
lUimten Huakeln.
Mohr (7). Fall von kleiner adhärenter Netzhemie der Linea alba,
in welchem trotz stärkster Beschwerden nur umschriebener Druckschmerz fest-
zustellen und erst bei der Operation nach Durcbtrennung des grossen Bauch-
«andsebnenblattes die Bruchbildong zu erkennen war.
Conrtin-BosBuet (1) nähten bei Operation einer Banchhemie die
Recti vermittelst zweier ans den Aponeurosen der Recti entommenen Gewebs-
streifen nach Porri.
S32 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Umftchigi (12). Als Folge von Bisswonden (Bär) der Baocbwand
präsentierte sich ein eiterig belegter gestielter Tamor am Hippenbogen , der
durch zerrissene und vorgefallene Mn^elpartien gebildet war.
Lenez (ö). Buptor des Rectns abdominis ereignet, sieb sehr hänfig bei
jongeo Kavalleristen beim Sprung in den Sattel ohne Hilfe der Steigbügel.
Symptome: plötzlicher Schmerz, eventuell Übelkeit, Koliken. Äusserlich tretne
Ekchymose trotz meist umfönglichen Hämatoms. Denn der Sitz ist meist
im unteren Drittel in den tieferen Partien des Muskels ; hinten fehlt hier die
Aponeurose ; daher auch dieser Sitz der häufigste. Es kann die Art. epigastrica
mitreissen. — Gewöhnlich kein Vorspnmg des Muskels; keine fühlbare Lücke.
ManchntEÜ Bildung einer Geschwulst, die kugelig vorspringt, mit Hernie ver*
wechselt wird, bei Kontraktion der Muskeln hart and anverscbieblicb wird,
bei schlaffem Zustand verschieblich ist. Ei^s können nur wenig Fasern, aber
auch die ganze Dicke des Muskels gerissen sein mit Diastase bis 6 cm.
Partielle Fälle heilen rasch; Schwächegerühl bleibt lang, Rückfalle kommen
vor. Therapie: Robe, Umschläge, 12 kurze Krankengeschichten eigener Be-
obachtung.
Fl&tftD {3} openerte «In gtoassB nad bis zn 4 om dickes Desmoid der Banchdecken,
iu parallel dem Lig. Fonparti lag und am unteren Rand nnlBsbar mit dem KnorpelSbenag
der Darmbeinschanfel rerbnndeD ist. Dieae Terbindang var bindegewebig.
Lenormont (4). Echinokokken der Bauchdecken als einzige liokalisa-
tion der Krankheit sind sehr selten. Lenormont stellt aus der Literatur
nur 2t sichere Fälle zusammen; einen hat er selbst beobachtet. Intraperi-
toneale, auch vorher durchgebrochene Zysten sind au^eschieden. Diese Zysten
sind gutartige, meist harte, oft mit Fibrom verwechselte Geschwülste, von
langsamer Entwickelung , die einzige Komplikation ist Verdickung. 16 der
Fälle betrafen Zysten in der Muskulatur, 5 allein sassen im properitonealeu
Zellgewebe.
Morestin (8) fand in einem Bauchdeckenabszess (rechtsgelegen, unter
intakter Haut spontan ohne Verletzung entwickelt, eine Nadel, von 5 cm
Länge, die vielleicht aus dem Darm ausgewandert ist.
Sikora (11). Bei einer Frau, welche früher an Erbrechen von Askariden
gelitten hatte, bildete sich allmählich ein Bauchdeckenabszess , in dessen
fäkulentem Eiter sich mazerierte Teile von Würmern fanden. EommunikatioD
mit dem Peritoneum konnte nicht mehr gefunden werden.
Das von Ruggi (10) aasgedachte Plastikverfahren hat zum Zweck, die
Fixierung der geraden Muskeln an tiefgelegener Stelle, nämlich in der Nab«l-
Scbambeinstrecke zu sichern, wo die genannten Muskeln eine leichte Ver-
schiebbarkeit geniessen. Der Verf. operiert folgendermassen : mit einer Ellipse,
deren grösserer Durchmesser in vertikalem Sinne verläuft, umschreibt er einen
grossen Haut- und Unterhautzellgewebslappen, den er entfernt, wodurch ein
breites Stück ßekleidungsaponeurose der geraden Bauchmuskeln blossgelegt
wird. Auf dem medianen Teil des Nabel-Scbambeinabsctmittes derselben legt
er auf jeder Seite zwei horizontale Einschnitte an, welche in einer Entfernung
von einer Fingerbreite von der Mittellinie aus derart nach aussen geführt
werden, dass sie auf jeder Seite einen ungefähr drei Finger breiten Lappen
umschreiben. Alsdann präpariert er die beiden Lappen von innen nach aussen,
von den darunter liegenden geraden Muskeln los, bis an den äusseren Rand
derselben. Hierauf zieht er unter sorglicher Vermeidung der Verletzung der
von den Epigastricae herkommenden arteriösen Verzweigungen die erwähnten
Pagonstecher, Erkrankungen der BüQchir&Dd und des Peritoneums. 833
Lappen hinter den geraden Muskeln hiodarch zu der medianen Linie hin.
Mit diesem Hilfsmittel gelang es Rvggi, den geraden Baachmuskel in eine
Art robuster Scheide zn zäumen, welche hinten durch den genannten Lappen
gebildet wurde und vom durch die übrige Aponenrose, die, da sie sehr reich-
lich ist, wieder vor den geraden Muskeln selbst vereinigt werden kann.
Die beiden an der medianen Linie wieder verbundenen nnd um das
eben Nötige verkürzten Lappen bilden also eine erste tiefgelegene Schicht,
irelche dadarch, dass sie die geraden Mnskeln mit ihrem inneren Rande ein-
ander genähert hält, als erste ausserhalb der Transversalaponeurose gelagert«
Schutzschicht dient, während die auf der vorderen Fläche der geraden Muskeln
rerbliebene Aponenrose gleichfalls als zweite Schutz- und Kräftigungsschicht
hinzukam derart, dass die Bildang der Wand selbst eine feste wurde.
Der Verf. ist der Ansicht, dass der Lappen auch nur einer allein zu
^in brauche in der Vorstellung, dass die eventuelle Diastasia abhängig sein
misse von der Entfernung nur eines der geraden Muskeln.
Raggi hat diese seine Methode in zwei Fällen mit gutem Erfolg zur
Anwendung gebracht.
S. Erkrankun^n des Nnbela.
4. Verletznngen des Bauches.
1. 'Baoar, C, Perforative Bauchwande mit Hernia und DarmperforatioD, Laparotomie,
EnUrorrhaphie. Genesung, ßeviats de chirargie. Nr, 4. p. 176 (rnm&Diach).
2. Ecbola, Widerstands nhigkeit des PeritoDeams gegen Terlelznngen. Jonrn. of Amer.
Aisoc. 1904. Nr. 27.
3. Flick, Zar Kasaietik der Pmünngsverlatinngen des Becken«, Bruna Beiträge.
Bd. 46. Heft 1.
i. Kramm, Chirnrgiacbe Beitrage, ärztl. Hitteilungen aus Baden 1905. 30. Nov.
5. 'Hunteanu, A,, Baachkontusion, Darmperforation, allgemeine Peritonitis, Laparatomie,
Enterorrhaphie. QeneBnng. Spitnlnl. Nr. 4. p. 76 (ramftniech]. Stolanoff {Tama).
i. Nengebaner, ZurChirurgie des Zwerchfells, v. Langenbecks Archiv 1904. Bd. TS.
Heft 4.
7. 'Severeanu, Perforative Sobusawunde dea Abdomens. Revieta de cbinirgie. Nr. 4.
p, 182 (nimftnisch),
R Soter, Ober die operative Behandlung von Zwerchfell wunden. Bruna Beitr. 46. Bd.
9. — Ober die uperative Behsndlang von ZneTchf eil wunden. Brnne Beitr. 47. Bd.
10. Tatter, Ein Fall von subknUner Ruptnr der Art. gaatre-epiploic. dezt. Zeutralbl. f.
Chir. 19M. Nr, 43.
Vatter (10], Nach stumpfer Kontusion (Hufschlug) des Bauches ergab
die nach einigen Stunden wegen innerer Blutung ausgeführte Laparotomie eine
Sn|ell»tion an der vorderen unteren Fläche der grossen Kurvatur, das Netz
eingerissen und Blutung im Stuhl aus der Art. gastroepiploica, welche durch-
trennt ist. 2 cm langer Riss am Leberrand. Heilung.
Krumm (4).
1. Qnetscbung des Banches durch Puffer. Leibschmers, Erbrechen. Kollapa. Laparo-
tODii« nach 4 Stunden. Grosse Blutmengen. Riss von 5 cm Länge nnd S cm Tiefe neben
der GsUenblase. Naht mit durchgreifenden Catgutn&hten und Tamponade. Beiinng.
2. Schlag gegen Bauch durch ein sebweres EolzstOck gegen die rechte Untnrbaach-
mend, Ohnmacht. Am anderen Morgen Zeichen von Peritonitis. Operation. Jauchig-eitriges
EiiüilaL DSrme rerklebt durch Fibrin. Erbseagrosse Perforation einer rechte unten an der
Foui iliaca liegenden Darmschlinge. Naht. Reinigung dea Banches. Drainage mit Jodofarm-
gue nsch verschiedenen Richtungen. Beilang.
iihrMbaricht fflr ChlrarEl* 1V& 53
JahreBbericht fQi Chinirgie. II. Teil.
Neagebauer (6) berichtet zuerst über einen Fall von StichverietzuBg
Zwerchfells mit Prolaps nnd Verletznng des Magens, welcher durch trans-
urale Operation von ihm geheilt wurde. Die Naht des Zwerchfells war
ht. Er weist im Änschlnsa daran auf die gute Prognose, welche diese Ver-
dungen bei frühem Eingreifen und transpieuralem Vorgehen haben. Zur
;änznng muss eventuell noch eine Laparotomie gemacht werden, mn etwaige
rletznngen der Eingeneide zu konstatieren. Auch zur digitalen Exploration
Zweifel ob eine Zwerchfellverletzung vorli^, so besonders bei Schüssen,
tNeugebauer die Probelaparotomie für geeigneter als die Probethora-
.omie nach Postempski.
Dagegen fordert die Leichtigkeit, mit welcher die Zwercbfellnaht, viel-
:ht wegen des Pneumothorax sieb ausführen läset, dazn auf, auch bei Her-
n des Zwerchfells die eigentliche Operation nur vom Thorax vorzanehmen,
erchfellbemien als Folge vorausgegangener, nicht genähter Verletzungen
d häufig. Die Literatur wird darüber angegeben: Von den transpleural
erierten starb nur einer. Von den abdominell angegriffenen sind nur wenige
■ettet worden. Die Gefahr des Pneumothorax bei thorakaler Operation
d von Neugebauer nicht so hoch angeschlagen.
Suter (8 u. 9) berichtet über zwei erfolgreich operativ bebandelte, ge-
ilte Zwerchfellwnnden.
1. Subkutane Verletzung durch Zusammendrücken des Körpers zwischen
ei Puffern. Komplikation mit Läsion der Niere. Indikation zur Operation
r gegeben durch die Nierenverletzung (zunehmende Schwellung in der
ken Lendengegend, Hämaturie) sowie den bedenklichen Allgemeinzustaud.
e Operation wurde also aus diesem Grund mit Flankenschnitt gemacht, die
drei Stücke gerissene Niere exstirpiert. Als zufälliger Befund fand sich
s Zwerchfell hart an seinem thorakalen Ansatz abgerissen; sein medialer
undrand konnte aber leicht mit der Thoraxwand vereinigt werden. Heiiang-
2. Perkutane Zwerchfellverletzung dnrch Messerstich im 7. Interkostal-
iim 15 cm lateral von der Medianlinie; '/> cm breit. Die Richtong des
undkanals und Scbmerzhaftigkeit der linken Regio epigastrica Hessen intru-
dominelle Verletzung sehr wahrscheinlich erscheinen. Laparotomie. Netz
in einer Zwerchfellwunde inkarzeriert. Nach seiner Lösung Pneumothorax.
:m lange klaffende Wunde in linker Zwerchfellhälfte, oberflächliche V/t cm
Ige Wunde des Magens (Serosa und Mnekalarisj, an der Vorderfläche der
exura lienalis zwei Verletzungen. Kein Darminhalt ausgetreten. Naht aller
sse. Die Heilung wurde durch Eiterung der Laparotomiewunde sowie ein
npyem in die Länge gezogen. Daraus, dass im Eiter Streptokokken nnd
)libazUlen gefunden wurden, schliesst Suter, dass vielleicht der Pleuraranm
im Zurückziehen des Messers, welches soeben den Dünndarm verletzt hatte,
Sziert wurde.
Im Anschluss daran folgt eine sorgfältige Bearbeitung der Zwerchfell-
rletzungen. Es werden unterschieden, subkutane und perkutane. Erslere
tetehen meist durch das Abdomen komprimierender Gewalten. Seine Wand
atzt dann. Zahlen lassen sich noch nicht angeben. Offenbar sind viele
ir Beobachtung entgangen. In der Diagnose der Zwerchfellverletznugss
ielen die Hauptrolle nachweisbare Verletznng oder Vorfall von Baucborganen
irch eine Tboraxwunde, die Richtung von Stichen und Schüssen etc. Ope-
tiv behandelt sind nur zwei subkutane, dagegen 71 perkutane. Sie sind
fenbar viel häufiger als man annimmt. Suter meint, dase viele kleine
FagaDBtecher, ErkraDkoDgen der Bauchwand nnd des FeritonenrnB. 835
Wanden keine Symptome machen, auch spontan heilen; er ist daher auch
der Meinnng, dass theoretiscli eine änsserliche kleine Zwerchfellwnnde keine
Operation erheischt, vas den sonst von den Autoren anfgestellten Indikationen
inderspreche. Erst grössere Verletzungen hedingen die Gefahr der sogen.
Zverchfellhemie.
Eane ZusammenstelluDg der Operationsresnltate ergibt eine Überlegen-
heit der transpleuralen Methode gegenüber der abdominellen, auch bat man
nur Fälle mit gleichzeitigen BauchorganTerletznngen berücksichtigt. Von
solchen 12 Fä.llen starb nur einer, von 12 mit anderen Methoden Operierten
6 = 8,3 gegen 50°;o. Von 28 Fällen mit gleichzeitiger Verletzung anderer
Organe starben überhaupt 7 = 25 "/o.
71 Fälle der Literatur von operierten Zwerchfellwunden am Schlnss der
Arbeit.
Flick (3) berichtet über vier Fälle von Pföhlungsverletznngen:
1. Ein Stuhlbein war ao der Übergangsforche des ObenchenlcelB in daa Perineaill
eingedniDgen und hatte die Blase perforiert. Nach */• Jahren wurde mittelst Sectie alta
«in grosBer Blasenatein entfernt, der eich dnrch Inkmattition eine« Tnchstüekohena gebildet
hatt«. Ferinrethraler Äbsieaa, Blaaendiphtfaerie ; Tod an Sepais.
2. Beim Sturz von einem Baume auf einen Latteniaun war eine Latte rechte vom
AnoB ca. 5 cm tief eingedrungen. Verlatzung daa Peritoneums, Perforation des Bektuma.
Vollkommene HeUnng innerhalb 3' • Wochen.
3. Beim Sturz von einem 2 m hohen Holutoas auf die Spitze einea Scheites war
letiterea 30 cm tief ron vom nach hinten zwischen Skrotum nnd AnalOffnong eingedrungen.
Perforation der Pars proatatica urethrae, groaaer Schlitz in der hinteren Btosenirand, Perfo-
ration den Bektnma mit Erhaltung der 8phinkt«rpartie. Heilung innerhalb S Wochen.
4. Sturz 3 m hoch auf eine Heugabel, die im Soden ateckL Bei der Laparotomie
findet sich zweimalige Perforation des Rektums, ErCffnung des Peritoneums am CaTum
Donglaoü. Der Fremdkörper war aus der Peritonealhöhle an der Wurzel des MeBOsigma
ahne gröbere Verletzung der Intestina ausgetreten und weiter retroperitoneal bis zum 111.
Lendenwirbel vorgedrungen. Tod nach 6 Tagen an Peritonitis. Bei der Sektion findet aich
ein retroperitonealer, durch die Öffnung von Mesosigma mit dem Bauchraum kommnnj-
lierender Abszeas. In demselben liegt der teilweise nnd in der Insertionsstelle an den
«Jnerfortafttzen der Lendenwirbel vollstindig abgerissene Psoaa major.
Der Stiel kann nicht ISnga der Wirbel hergeglitten sein, sondern mnss den Mnskel-
buch getroffen nnd letzterer sich dann von der ADsatiatelle, vielleicht durah Kontraktion,
loagerisaen haben.
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Nach einer lebliaften Kritik der für klassisch bei der Peritonitis nach
irforation gehaltenen Symptome stellt Basile (2) die Behauptung auf, dass
e eiDzigen konstanten frühzeitigen Symptome die Delensa muscularis nnd
e Facies abdominalis sind, bei deren Anwesenheit stets die Laparo-
mie geboten erscheint. Der durch eine irrtümliche frühzeitige Diagnose
itzlos gewordene Operationsakt verursacht nach dem Verf. dem Pat. keinen
haden, wie sehr er auch durch die im Gang befindliche Infektion entkräftet
in möge. Diese Behauptung unterstützt er durch die Krankengeschichten
'eier Fälle, bei den im Verlauf eines Typhus die Laparotomie vorgenommen
irde unter dem Eindruck, dass eine Perforation stattgefunden habe, die
loch nicht eingetreten war. Trotz der Operation genasen die Patienten
id die Vernarbung der Wunde erfolgte per primam.
Weiterhin erzählt Basile die Geschichte sieben Typhuskranker , bei
nen mit der Laparotomie eingegriffen und bei der Operation die Perforation
nstatiert wurde. In nur einem von diesen sieben Fällen trat der Tod ein
folge Peritonitis, die übrigen genasen. B. Giani.
Die experimentellen Untersuchungen von Clairmont und Haber er (4)
PagsDBtecher, ErkraDknngen der Bancbwand nnd des Peritoneuma. 837
beschäftigen sich in einem ersten Teil mit den „Schutzvorrichtungen des
Körpers gegen die peritoneale Infektion". Dazu rechnen:
a) Die Resorption. Versuche mit 2''/oiger Jodkalilösung bei Ka-
ninchen ergaben, dass normal Jod nach intraperitonealer Injektion nach 15
bis 30 Minuten im Harn erscheint; einfache Laparotomie führt zn Verzöge-
ning der Resorption, die sich nicht in ihrem Beginne, sondern in einem pro-
trahierten Abklingen bemerkbar macht. Erentration (trocken) verzögert die
Resorption, und zwar schon von ihrem Beginn. Feuchte Eventration verzögert
den Eintritt, der Verlauf ist verschleppt. Spülang der Bauchhöhle mit warmer
Kochealzlösoi^ bei Eventration gibt ein anderes Bild: es tritt zwar hier oft
eine aktive Hyperämie ein, aber es fehlt Füllung der Venen, Blaufärbung
der Därme, es treten peristaltische Bewegungen ein. Aufgehoben wird jedoch
die Beeinflussung der Resorption nicht. Narkose ergab keine wesentliche
Beeinflussung. Physostigmin sclieint zu beschleunigen. Morphium verlangsamt.
Peritonitis wurde durch Krotonöl und Ol. therebinth. erzeugt. Im ersten
Stadiom besteht nicht nur nicht Verlangsamung, sondern sogar Beschleanigang;
bei vorgeschrittener Peritonitis ist die Resorption beeinflusst. Dieselben Re-
sultate ergaben sich bei E^rzeugung von Peritonitis durch Injektion von auf-
geschwemmten Fäzes aus dem Dickdarm oder Verletzung des Darmes.
Die Resorptionsbahnen gehen durch das Zwerchfell. Ein Tier ohne
Zwercbfellausschaltong bekam nach Strychnininjektion schon nach 5 Minuten
Vergiftongserscheinungen, Tiere mit Zwerchfellausschaltung (Kollodium) erst
Dach 23 Minuten. Dasselbe ergaben Jodversuche.
b) Die peritoneale Phagozytose. Im Verhalten dieser Phäno-
mene ist nach trockener und feuchter Eventration kein wesentlicher Unter-
schied ZQ erkennen. Es kommt nach jeder Eventration, ob trocken oder
feucht, ZQ reichlicher Lenkozytenemigration. Anfangs entwickeln diese ener-
gische Phagozytose, die dann rasch erlahmt und hinter der Norm zorück-
bleibL
c) Die peritoneale Bakterizid! e. Die Versuche hierüber schei-
terton.
Die Transsudation der Bauchhöhle wird durch die Laparotomie nicht
wesentlich beeinflusst.
Aus diesen Resultaten ergeben sich Folgerungen : 1. betreffend der Wege
der Resorption; die Verzögerung durch die Resorption wird auf die Blut-
gefässe bezogen. Die bei der Entzündung sich einstellende aktive Hyper-
ämie führt die rasche Resorption herbei, die venöse bewirkt mangelhafte.
Ob die Lymph- oder Blutbabnen des Zwerchfells die Resorption herbeiführen,
wird dahingestellt, wahrscheinlich sind es beide. 2. Die Pathogenese der
Peritonitis: es gehören zu ihrer Entstehung nicht noch auch schädigende
Momente wie Reize, Fremdkörper etc. neben den Bakterien.
Für die Therapie ergibt sich, dass feuchte Eventration und Spülang
nicht nur für das normale, sondern auch für das entzündete Bauchfell als
Prophylaxe, sowie Therapie der Peritonitis die zweckmässigste Methode
darstellt.
Clairmont und Ranzi (5) geben in einer weiteren Arbeit eine Wieder-
gabe von 41 Fällen von Peritonitis aus der Klinik von Eiselberg: a) Peri-
tonitis bei Appendizitis: 25 Fälle, 15 im ersten Anfall. Peritonitis im An-
sctilnss an perityphlitischen Abszess ergab schlechteres Resultat als bei Per-
foration des Wurms in die freie ßanchhöhle. Bis zum zweiten Tage hatte
S Jahreabericbt fDr ChiniTgie. II. Teil.
peration Aussicht auf Erfolg (Hälfte gerettet), alle Fälle des dritten Tages
irliefen tödlich. Im ganzen von den 25 Fällen 10 geheilt, 15 starben.
I Magenperforation : von 6 Fällen 3 geheilt, c) Duodennniperforation : 2 Fälle,
idlich. d) Perforation der Gallenblase bei Cholelitfaiasis : ein Fall gestorben,
n zweiter, der den sonst beschriebenen gutartigen Verlauf zeigte, geheilt.
I Platzen eines parametristischen Abszesses, tödlich, f) Reposition einer in-
urzerierten Hernie, tödlich, g) Trauma: 4 Fälle, 1 geheilt.
Von allen 41 Fällen sonach 63,4 "/o Mortalität. Die Fälle mit Spülung
6) hatten 37,1, 6 ohne Spälang 33,3 °/o Heilung. Als Narkotikum wurde
tber bevorzugt. Schnitt median, Aufsuchen nnd Verschluss der Ferforations-
elle, Spülung mit heisser Kochsalzlösung. Über Enterostomie haben \'^er£r.
bringe Erfahrung. Breites Offenlassen des Bancbes mit Mikulicztampo-
»de. 6 — 8 Kochsalzinfusionen pro die mit l Liter Flüssigkeit. Entfernung
BS Tampons vom 3. — 4. Tage ab. In den Fällen von Magen- und Dnodenum-
erforation wird die Jejunostomie für angezeigt gehalten.
Noetzel (28). Die Behandlung der Peritonitis hat folgende Ziele : Ent-
imung des Eiters, Beseitigung der Ursache der Eiterung, Drainage von Ab-
essen und Eiterherden. Die sogen. Resistenz des Peritoneums mnss den Rest
smichten, den man nicht herausschaffen kann. Sie bemht immer auf der
isserordentlich grossen Oberfläche der Bauchhöhle. Die Resorption ist nicht
ie Ursache der Resistenz. Die Bakterien müssen erst in der Bauchhöhle
stötet werden, würden sie lebend resorbiert, so museten sie vom Blut ans
idlich wirken. Neben Bakterienvemichtnng nnd Resorption besteht noch
ne Verdauung der Entzündungsprodukte. Ein höheres bakterizides Ver-
lögen als andere Gewebe bat das Peritoneum nicht. Eigene frühere Experi-
lente, welche das Gegenteil beweisen sollten, hält Noetzel nicht mehr für
jchbaltig. Die Entfernung des Eiters nnd seiner Ursache geschieht nur
urcb frühzeitige Operation. Man spült mit Kochsalzlösung von 38—39** jede
'erunreinigung bei Laparotomie ab. Durch vorher angelegte GegenöffnungeD
ird für Ablaufen der Flüssigkeit, z. B. bei Eröffnung von zirkumskripten
.bszessen, gesorgt. Die Spülung wird am Schluss der Operation wiederholt.
ei diffuser Peritonitis wird unter hohem Druck gespült. Eine Erhöhung der
.esistenz des Peritoneums durch Spülen hat Noetzel im Experiment nicht
iststellen können. Zurückbleibende Flussigkeitsmengen machen Hyperämie
nd Leukozytose.
Offene Behandlung der Bauchhöhle, wie bei Abszessen, ist onm^lich.
>ie Banchhöhle moss geschlossen werden, wenn die Drainage richtig funktio-
ieren soll, indem dazu der Druck in der Bauchhöhle notwendig ist. In Frank-
irt drainiert man nicht mehr, wie früher, mit vielen, sondern nur mit zwei
der drei Drainagen. Bei Blinddarmperitonitis rechts Schnitt, links Kontra-
izision, von beiden je ein Drain ins kleine Becken. Von den Drains winJ
ann unter massigem Druck gespült Die Sekretion aus ihnen ist besonders
aichlich, darmbakterienhaltig, wie wenn durch Umkehrung des Saftstronies
ifektionsmaterial ans der Bauchhöhle getrieben würde. Die Drains drainieten
Dch bergauf. Die Patienten werden mit dem Becken tief gelagert. PhjEO-
irigmin wurde früher viel verwandt, jetzt weniger, künstliche Entleerung des
larms in der Operation wird nur bei Deusoperation durch Ausdrücken von
leinen Inzisionen her verwandt. Morphium wird reichlich gegeben, die Er-
ährung ist dreist. Kochsalzinfusionen, meist intravenös, nicht zu reichlich,
leicblich Trinkenlassen, trotz Erbrechen.
Fagenstecher, Erkranknageii der Baacbwand and des Periton«uins. 839
Nötzel (29) gibt weiter einen Beriebt über 241 Feritonitisoperationen,
welche in Frankfurt ausgeführt wurden. Er erörtert nochmals die Diagnose
und die Symptome der Peritonitiden, unter welchen die BlinddarmperitonitiB
die Hauptmasse bildet, die Operation und Nachbehandlung nach den oben
erörterten Grundsätzen. Die Resultate haben sich gegen früher sehr ge-
bessert. Von 23 Fällen konnten jetzt 18 geheilt werden. Operiert wurden
alle eingelieferten Kranken ohne Ausnahme, auch die schwersten. Unter den
geheilten Fällen bilden die Mehrzahl diejenigen mit fibrinös-eitriger Perito-
nitis. Bei sogen, peritonealer Reizung kann abgewartet werden. Alle Einzel-
heiton der Technik werden sehr ausführlich erörtert und können hier nicht
wiedergegeben werden. Auch eine Reihe Ton Peritonitis durch Tnbenperfo-
ration, puerperale Infektion, Magengeschwür und Gallenblasenruptur finden
sich in besonderen Kapiteln erörtert.
Dudgeon-Sargent (10) haben im ganzen 270 Fälle von Peritonitis
bakteriol(^sch untersucht. In drei Vorträgen wird eine Menge von Einzel-
untersuchnngen und Angaben aufgestapelt, aber in so unübersichtlicher Weise,
dass eine Wiedergabe absolut unmöglich ist. In 20 Fällen von intraperito-
nealer Blutnng, worunter 17 Extrauteringraviditäten, fand sich fast immer
der Staphylococcus albus. Bei Perforation der erkrankten Gallenblase (3 Fälle)
Streptococcus resp. Bact. coli. Bei Perforation von Ulcus ventricnli (9 Fälle)
stets ein Strepto-diplococcas besonderer Art, der genauer beschrieben wird,
in den Rändern des Ulcus and dem Exsudat (hier neben Staphylokokken).
Er wird in Beziehung gebracht zur Entstehung des Ulcus. — Perforiertes
Duodenalulcus : der eben beschriebenen Organismen fehlte. — Peritonitis bei
Typhös: Staphyloc. und Bact. coli vergesellschaftet in zwei Fällen. Bei Ap-
pendizitis: a) Abszess: Die Ana^roben spielen nicht die Rolle, welche man
ihnen zugeschrieben bat. Gefunden wurden Staphyloc. albus und aureus;
b) Pyocyaneus und Bact. coli; letzteres ist der häufigste und wichtigste, aber
von verschiedener Virulenz. Gleichzeitige und vorgängige Infektion mit
Staphylococcus albus kann die Infektion mit Bact. coli abschwächen. Da es
von geringer Virulenz ist, kann Infektion mit ihm überstanden werden. Es
scheint, dass dadurch die Resistenz des Peritoneum ebenso erhöht wird, wie
darcb die Mikuliczschen Nukleinsäureinjektionen. Auch begünstigt es Ad-
häsionsbildung. — Bei diffuser Peritonitis : Beschrieben werden Pneumokokken-
peritonitis (meist diffus), 3 Fälle. Gonokokkenperitonitis 1 Fall. — Strepto-
kokkenperitonitis ist im allgemeinen wie Septikämie. Sie kann auf dem
Blatweg entstehen. Die rasche Resorption der Bakterien und ihrer Toxine
TOD Seiten des Bauchfells bedingt die grosse Gefahr; sie ist so gut wie ab-
solut tödlich. — Der Bacill. pyocyaneus ist sehr virulent. Er wächst auch
anaerob. Mit Bact. coli zusammen verträgt er sich nicht; wird nie mit ihm
zusammen gefunden, wächst auch nicht auf gemeinsamem Nährboden.
Peiser (30) teilt eine Reihe von Kaninchenexperimenten mit, an wel-
chen er den gesamten Ablauf der bakteriellen Infektion des Peritoneum durch
regelmässige Untersuchung des Blutes feststellte und gleichzeitig mit dem
letzteren den kolturellen Befund in der Bauchhöhle verglich. Nach bakterieller
Infektion der Bauchhöhle tritt nach gewisser Zeit eine Verminderung der
Slutbakterien ein, während in der Bauchhöhle sich noch enorme Mengen be-
finden. Daher ist die Meinung unberechtigt, die Entstehung einer Peritonitis
irerde durch Resorptionshemmung begünstigt. Die oben geschilderte Erschei-
DQDg erklärt sich weder durch bakterielle mechanische Verstopfung der ab-
JkhreBboricht fOr Chirurgie. II. Teil.
den Bahnen, noch durch die bakterizide Kraft des Blates, sondern es
t sich am KesorptionsyerzÖgenmg. Diese ist eine Abwehrreaktioa des
smns gegen eine Allgemeiniutoxikation, herTorgemfen durch den Reiz
i Blut kreisenden Bakterien und Gifte. Der Kampf mit den Bakterieo
sich im Peritoneum ab. Die Resorptionskraft desselben ist kein Scfaotz-
bei Peritonitis.
Adrenalin übt in der BanchhÖhle eine resorptionsYerzögemde Wir-
iUS.
Jennanders (20—23) Referat beschäftigt sich fast ausschliesslich mit
Fülle von sehr genau auBgearbeiteten Technicismen, die im Original
ilesen werden müssen. Den wesentlichen Inhalt enthalten die Schlnss-
Bei der Behandlung der aknten Peritonitis haben wir hinzaarbeiten
ihe, detaillierte Diagnose, auf frühe Operation vor Eintritt der Darm-
ie. Man soll danach streben, die Ursache der Peritonitis anszarotten.
umparalyse ist in Erwägung zu ziehen die Enterotomie, eventuell an
en Stellen, mit Entleerung während der Operation, Schrägfisteln am
oder Darm; eventuell sogar Resektion von 0,5 — 2 m gelähmtem Darm.
ppendizitisperitonitis mit Parese des CÖkum Schrägfistel am Cökam.
ischer eitriger Peritonitis im Zentrum des Bauches Ausspülung mit
r Kochsalzlösung. Gesunde Peritonealflächen darf man erst bespülen,
iie Reaktionserhöhung (Mikulicz) nachgewiesen ist.
!ur Drainage wird Tampondrainage mit gutem Banmwollengam mit
Öhren zwischen dem stärkeren und dünnen Kautschukstoff gegen das
leum parietale empfohlen. Subkatan und intravenös Kochsalzinfnsionen
raubenzuckerzusatz 3—8 °/o). Bei der Nachbehandlang hat man alles zu
amit Magen und Darmkanal bald ihre normale Funktion anfnebmen.
- und Darmspülungen, Enterostomie dienen dazu. Physostigmin '/> bis
1^ — 2 mal tägl., der Wasserverlust des Körpers ist zu ersetzen, wobei
irmästel zur Eingiessung dienen kann. Andere Nabrang als Tranhen-
wird nicht per rectum gegeben. Subkatan Olivenöl, Traubenzacker
Ikohol.
Adhärenzen und Knickungen in scharfen Windungen sind zu fürchten.
keine Überladung des Darmes!
Friedrich (11 und 12). Für die Prognose der Peritonitis ist von
leidender Bedeutung, welchen Ausgangs die Infektion ist. Die Perito-
ppendizitischen Ursprungs ist unserer Therapie sehr zugänglich, macht-
hen wir den meisten operativen Infektionen des Bauchfells gegenüber,
mpf der Organismen gegen die Infektion ist zuerst die Resorption
ichtigkeit — Im ersten Resorptionsstadium werden FremdstofiTe auf-
t, die unmittelbar das Vasomotorenzentrum reizen mit Verengerung der
bahnen, welche die Resorption herabsetzt. Darauf folgt bei fortgesetzter
'uhr Lähmung mit strotzender Blntfnlle des Bauchraumes, Kühle der
aitäten etc. Der erste Nachlass der Resorption ist ein Heilmittel des
smns.
Therapeutisch ist der erste Angriffspunkt die Verzögerung der Resorp-
ler zweite vielleicht die Erzeugung einer peritonealen Leukozytose.
n allen Phasen der freien Peritonitis ist geboten, sofort operativ ein-
iiten. Die einzige absolute Gegenindikation ist Kühle der Eztremi-
iind Zyanose, welche die Lähmung der Medulla anzeigen. Im einzelnen
ortet Friedrich vorsichtige Äthemarkose mit vorausgeschickter Mor-
Paftenstechar, Erkrankungen der Bauchwand und dea Feritouenma. 841
phinmiDJektion ; Unterlassen von Auspacken der Därme; Draini^e durch be-
stimmte Art der Tamponade. Vermeidung von Abführmitteln, welcbe die
Resorption steigern, EocbsalzinfusioneD. Die Anlegung der Kotfistel wird als
etentoell notwendig erwähnt, wenn Friedrich selbst auch keine lebensrettende
Wirkung bisher davon sab.
Mc Cosh (24) hebt hervor, dass es auch Fälle allgemeiner Peritonitis
gibt, welche ohne Operation heilen. Für die letztere sind Raschheit vorsich-
tiges Vorgehen, Entfernung der Ursache der Peritonitis am wichtigsten für
den Erfolg. Überall wird Kochsakspülung angewandt. Drainage wird mit
weichen Röhren, am besten dem Zigarettendrain, gemacht, Gazetamponade,
and Enterostomie werden verworfen. Die Fo wie räche Körperhaltung nach
der Operation empfohlen.
Die Referate von Krogins und Lejars sind mir nicht zugänglich
gewesen. Ein Bericht darüber findet sieb Zentralblatt für Chirurgie, 1905.
48. (23).
T. Buren Knott (16) hält die von Fowler angegebene sitzende Lage-
rung »on wegen Peritonitis Operierten für den grössten Fortschritt in dieser
Technik. Ausserdem macht er grosse Inzisionen , sucht die Quelle der In-
fektion auf, spült reichlich mit Kochsalz, von dem eine gewisse Menge im
Banch zurückbleibt, und drainiert nach der Tiefe des Beckens mit 2 Drains
von der Mittellinie und dem einen Wundwinkel, während die Wunde im übrigen
geschlossen wird. Von 19 Fällen 17 Heilungen.
Barth (1) bebt hervor, dass bei der Peritonitis die Begrenzung der
Peritonitis in der Regel erst ein sekundäres Ereignis ist. Im Frühstadium
Terbreitet sie sich gegen eine freie Bauchhöhle. Daher spricht er sich für
die Früboperation aus. Im ersten Stadium der Perforationsperitonitis ist
die reflektorische Spannung der Bauchdecken besonders wichtig. Der Meteoris-
mus tritt im allgemeinen viel später auf, er verbreitet sich allmählich von
der Nachbarschaft des Herdes aus,
Barth schliesst sich der Ansicht von Heidenbain an, dass der
Tod häufig durch die gestauten Gifte entsteht. Er bat mit der Enterostomie
gute Erfolge gehabt und von 11 Fällen 7 durcbgebracfat. Er benutzt ent-
weder eine in der Wunde liegende Schlinge oder macht einen zweiten kurzen
Schnitt rechts oder links, näht eine beliebige geblähte Schlinge ein, punktiert
sie mit dem Troikart und armiert diesen, der li^en bleibt, mit einem Gummi-
schlauch.
Dabigreen (9) empfiehlt bei Peritonitis zuerst entfernt vom Ursprungs-
herd links oder median einzugehen. Bei positivem Resultat wird von hier
ans reingemacht, bei negativem wenigstens das Terrain geklärt. Die Quelle
der Peritonitis soll womöglich entfernt werden. Grosse Schnitte, Eventration,
Spülung. Bei Darmparaljse Cökaltistel, an welcher der Inhalt durch Melken,
Streichen des Darms mit Gummihandschuhen, entleert wird. Nach der Ope-
ration Atropin in grossen Dosen.
Ghon und Sachs (14) fanden im Exsudat einer zirkumskripten akut
jauchigen Peritonitis im Anschluss an ein zerfallenes und verjanchtes Magen-
karzinom mikroskopisch und kulturell ausschliesslich und reichlichst ein an-
aerobes Bakterium , welches klein , mit Gram negativ , unbeweglich , ohne
Sporen, schlecht färbbar, polymorph war, nur bei höheren Temperaturen
wuchs, spärlich Gas bildet, Gelatine nicht verfiässigt, für die gebräuchlichen
842 Jfthresbericlit fQr Chirurgie. II. Teil
Versuchstiere gering pathogen war, dem von Halle geftindenen Bacillus
fundiliformis ähnlich, vielleicht identisch ist.
Marcy (27) füllt nach Entfernung des Exsndates den Leib mit wanner
Kochsalzlösung.
Marcrae (26). Veränderung des AllgemeinbefindeDS , Facies hippo-
kratica, Spannung der Banchdecken, Pulsbeschlennigung sind die wichtigsten
Zeichen einer Peritonitis im Verlauf eines Äbdominaltyphns.
Malcolm (25). Die Erscheinungen der Peritonitis beruhen auf der
physiotogischen Reaktion des Bauchfells gegen einen eingedrungenen Reiz.
Die Enteündnng um eine gedrehte Ovariaizyste ist dieselbe, welche sich nm
einen bakteriellen Herd bildet.
Jaboula; (15) empfiehlt bei Peritonitis mit Vorherrschen des Er-
brechens die Vornahme einer Gastrostomie. Er berichtet über einen Fall
von „dynamischem Ileus" und Peritonitis ohne Exsudat, wo die Anlegung
einer Anastomose zwischen dem geblähten und leeren Darmabschnitt erfolglos
blieb, aber nach Entleerung des Magens vermittelst Gastrostomie mit einem
einem Schlage sich alles zum Günstigen wandte. Wie das Mittel mit Magen-
spülungen konkurriert, wird nicht besprochen.
Nach Bosse (3) starben von 12 Fällen diffuser eitriger Peritonitis ver-
schiedener Provenienz, welche in der chirurgischen Klinik der Charit^ ope-
riert wurden, 11, trotz sachgemässer Hilfe und Aufbietung aller therapeuti-
schen Massnahmen.
Friedrich (13). Eine wegen ein geklemmten Schenkelbrnchea mit Verlagerung dea
brftDdigeii Darmes operierte Fraa kommt zur Elinik mit den Zeichen einer Peritonitii. Die
Laparotomie leigte den ganzen Dünndarm ab schnitt abwlrta von der Fiatel. ca. 3 m,
acfawimmend in aerofibrinttaem und eitrigem Blzandat; der aafwlita raichende Teil bis mm
Dnodenum war frei. Friedrich schaltete den ganzen kranken Teil aus, indem er DQnn-
darm mit Colon tranaveranm anastomosierte. Patientin genaas.
Der Fall zeigte ausserdem, dass man 4 m Darm ausschalten kann, dass
selbst bei septischer Peritonitis es gelingen kann, partielle Darmfnnktion und
damit das Leben zu erhalten, wenn für die Kotfortbewegnng des noch peri-
staltisch tätigen Darmteiles nicht durch den peritonitisch gelähmten Abschnitt
ein unüberwindbares Hindernis entsteht.
Courtois-Suffit (8). Peritonitis am 21. Tage eines Äbdominaltjpbos.
Operation. Keine Perforation. Tod.
Im Falle Kojacharoffs (IT) bei einer Frau mit rechtsseitiger krapOaer Pnournonie
mit Eriae am 9. Tags stieg die Temperatur am dritten Tage nach der Eriae bis 39* and
unter heftigen Bauchschmerzen entwickelte sich eine Feritonitia. Bei der Laparotomie «nt-
leerten sich 3 1 dicken, grünlichen Eiters aus einem lokalisierten Peritoneal abaieas. Im
Eiter Diplococcua pnenmoniae Weich selbaumü. Stolanoff (Varns).
Der lOjShrige Knabe, Ober den Winternitz (34) berichtet, erkrankte vor S Wocheu
plstzlicb nnter Symptomen einer akuten PeritonitiB. In der zweiten Woche zeigte sieb
Exsudatbildang. Operation in der dritten Woche: Winternitz fand eine diffoae eitrig«
Fentonitis, im Becken zwei Liter grnnlichen, fibrinösen Eiter, ana dem er den Frlnkel-
Bcben Diplococous in Reinknltur erhielt. — In der Diekossion betonte Prof. J. v. Baksj
die Schwierigkeiten in der Differentialdiagnose gegenüber einer diffusen Peritonitis nsch
perforierender Appendizitis. GergO (Badapeat).
Glairmont und Ranzi (6) berichten über 10 Fälle von subphreni-
schem Abszess aus der Eiselsbergschen Klinik. Ausgangspunkt war drei-
mal die Appendix , viermal der Magen , einmal ein Ulcus duodeni , einmal
Perforation eines (tuberkulösen) Geschwürs am Colon ascendens, einmal un-
bestimmt. Achtmal sass der Abszess rechts; weitaus in der Mehraahl
zwischen Zwerchfell und Leber, nur einmal zwischen Milz, Kolon, Magen
PsgeDstecher, ErkTODkangeii der Bkochwand nnd des PeriloDSDinB. 843
und Zwerchfell. Gasbildong (töDfinsl) wird mit Grüne isen auf gasbildende
Bakterien zurückgeführt. Von zehn operierten Fallen heilten acht, zwei
starben. Der perplenrale Weg wnrde nur zweimal eingeschlagen, sonst ge-
lang es stets, mit Vermeidung der Pleura, an den Abszess zu kommen.
Ver£F. sprechen sich daher gegen das perplenrale Vorgehen aus, sofern nicht
bereits ein Empyem bestand.
In der Diekusaion schliessen sich Hochenegg und Schnitzler
dem ao.
6. TuberbulSse Peritonitis.
1. BAgonin, ADnezitaa et pMtonita tabercnleiuM. Jonni. de m6i. de Bordeftoz 1905,
Nr. 31.
2. GSschel, Laparotomie bei FeritonealtDberknloBe. Dentach. Arch, f. klin. Med. Bd. 84.
Heft 1—*.
3. Gajot, Die ImpbntaUonstDberkaloBe des Bftuchfells usw. Virchowa Aroh. 179, 3.
4. ESppen, Heilung der taberknlOsea Peritonitis so einem spontan geheilten Fall. Berl.
klin. Wochenschr. 1905. Nr. 26.
b. *Landolfi, Über milchige Kxsndate. Gau. degli osped. 1904. Nr. 103.
6. 'Lawrence, IntrtperitoQBiil tabercnlosia. Med. Nawa 1905. Nov. 11. p. 954.
T. H»jo, William J., Sargieal tahercnloBiB in the abdominal cavitj wiUi epecial reference
to tabercolons Peritonitis. Tbe jonm. of the Amer. Med. Ass. 1905. April 15.
8. Potherat, Färitonite tabercnlenae et laparotomie. Soc. de Chir. 1905. Nr. 23.
9. Scboemann, Bin Beitrag zur Behandlung das toberkoltaen Assitea. ZentrslbL flit
Chir. 1905. Nr. 49.
10. 'Stokea, Psthogeneais and anrgical treatment of tnbercolous Peritonitis. Med. News
14. I. 1905. p. 95.
11. üffenheimer. Echte primlre Perlsncht des Baachfetls beim Kinde. Mflnch. med.
Wochenschr. 1905. Nr. 29.
Neben der gewöhnlichen generalisierten Bauchfelltuberkulose gibt es
eine lokalisierte Form, gekennzeichnet durch eigentümliche Tnmorbildnng,
welche zuerst von Weigert beschrieben und von Orth als Implantations-
tuberkulose bezeichnet ist. Nach Gayot (3) weicht sie von der gewöhnlichen
Form in ihrer Entstehung ab; sie entsteht weder auf dem Lymph- noch
Blutweg, sondern von der freien Oberfläche der Bauchhöhle aus. Ihr Haupt-
sitz ist im Beckenbauchfell und unter dem Zwerchfell. Die Bazillen gelangen
dorthin aus erkrankten Genitalorganen, geplatzten Ulzerationen und Drüsen
sowie durch retrograden Transport in den Lymphbahnen. Guyot beschreibt
10 Fälle, bei welchen frühzeitig andere Organe erkrankt waren. In drei
Fällen war die Implantationstuberkulose maskiert durch allgemeine Bauch-
felltuberkalose. Histologisch ist charakteristisch die Bildung von Knoten, die
polypös aufsitzen bis zn Haselnussgrösse, anfangs homogen, später verkäst,
mit Fibrin überzogen. Es gibt isolierte Konglomerattnberkel oder konilnierende
Grannlationsbeläge. Von der gewöhnlichen Tuberkulose weicht die Implan-
tationstuberkulose durch die ausgesprochene Vaskniarisation sämtlicher Neu-
bildungen nnd durch den Polymorphismus ihrer histologischen Konstitution
etwas ab, sie nähert sich sehr den entzündlichen Neubildungen, besonders in
den ersten Stadien. Die Deckzellen verhalten sich passiv. Die Neubildnng
wird offenbar hauptsächlich von ausgewanderten Elementen gebildet.
Mit dieser knotigen Form verwandt, aber doch deutlich unterschieden
ist die Perlsucht. Üffenheimer (11) veröffentlicht folgenden Fall: Vater
Inngenleidend ; Kind von einem Jahr, gut entwickelt. Drüsenschwellungen der
linken Axilla, eiternde, tuberkulöse Fistel am Zeigefinger. Leib aufgetrieben,
4 Jahteabericbt (üz Cbirnrgie. U. Teil.
line DämpfuDg, harte Kotballeo ; Tod an Meningitis tnbercnlosa. Dünndarm
it glatten, rundlichen Knoten von Hirsekorn- bis ZehnpfenniggrösGe besetzt,
ieselben sitzen der Sabmukosa auf, sind zentral nekrotisch, dazwischen zell-
iches Bindegewebe, aussen einige Kiesenzellen, darum Rundzelleo. In den
tntren Tuberkelbazillen. Daneben miliare Tuberkulose der Leber, Milz,
ingen, Gehirns- Kleine Käseherde der Lunge. Hilusdrüsen frei. Die
ingenaffektion ist daher hämatogen. Die Lungenherde mikroskopisch gleich-
tig mit den Darmknoten. Es fehlten dem Fall die Erscheinungen der mensch-
^hen Taberknlose, abgesehen von den terminalen, miliaren, und stelle er eine
ine Füttenmgstnberkulose dar.
Begouin (1). Auch wenn bei iuberkulöser Peritonitis die Adnexe sich
berkulös erkrankt erwiesen, heilt sie häufig auch ohne Entfernung letzterer
irch einfache Laparotomie aus.
Göschel (2). Spontane Heilung der Bauchfelltnberkulose tritt ein,
»in die Schatzkraft des Peritoneums die Invasion der Bazillen äberwiegt.
t das Peritoneum unterlegen, so kann der Reiz der Operation durch künsN
:he Steigerung der Hyperämie, durch Entlastung des Bauchdruckes, Her-
ellnng besserer Zirkulations- und Resorptionsverhältnisse, Erleichternng der
Aspiration die Erkrankung überwinden helfen.
Schoemann (9) punktiert den tuberkulösen Aszites and injiziert darauf
iederholt Jodoformglyzerinemulsion in steigender Dosis. Sieben Fälle heilten
3 — 10 Wochen. Intoxikationen blieben aus.
KappsD (4). Fall TOD BerSser Peritonitis mit SehemgeschwülaUn, der ohne Paiiktion
ter ftllgemeiner Therapie, auch Jod ausheilte. Wfihrend das Befinden sich b«aaerte, be-
uid Fieber, gewöhnlich Abends bis zu 39,6, welches anf Toxinresorption besogeu wird.
Potherat (8) stellt zwei wegen tuberkulösen Aszitis vor vier Jahren
)erierten Patientinnen vor. Bei beiden wurde der Aszites abgelassen. Die
enitalorgane zeigten nichts Besonderes. Bei der einen ist jetzt eine Zyste
)s Ligamentum latam entfernt worden. Dabei zeigte sieb völlige Ausheilung;
tin Aszites, keine Adhäsionen, keine Knötchen mehr.
Unter 1S88 Appendizitisoperationen fand Mayo (7) 29mal lokale Tuber-
ilose der Appendix. In 44 Fällen fand sich lokalisierte Tuberkulose der
utopischen Tuben ohne taberkulöse Peritonitis. Auf eine weibliche Kranke
im ein männlicher, wegen Baucbfelltuberkulose operiert. Im ganzen kamen
) derartige Kranke zur Operation. Rezidive anter den geheilten waren sehr
.hlreich, manche wurden 3 — 4mal operiert. Bei den Geheilten fanden sich
läter oft Verdickungen in der Tubengegend. Als auf Gmnd dieser Erfab-
ingen bei späteren Laparotomien wegen Baachfelltuberkulose die Tuben
igelmässig untersucht wnrden, fanden sich Tuberkulose derselben bei der
ajorität. Die zunächst vorgenommene regelmässige EntFernung des Uterus
it den Anhängen zeigte, dass der Prozess immer nur auf die Tuben be-
hränkt war, so dass später nur diese exstirpiert wurden. Die Operation
>t oft ausserordentliche Schwierigkeiten. Im ganzen ist sie Mayo in 36
allen gelungen. Wenn die Tuben gesund waren, fand sich meist eine tube^
ilöse Appendix. Nur bei wenigen Hess sich der Ausgangspunkt nicht fest-
ellen. Unter den nach diesen Operationen geheilten sind bisher keine Re-
dive beobachtet worden. Bei Aszites handelte es sich meist um Tuben-
krankungen, bei fibroplastischen Formen war in der Regel die Appendix
krankt. Die Inzision wurde bei Männern immer in Appendixg^end gemacht
Maass (New York).
Pagenaiecher. Erkrankungen der BaQcbwiuid nnd des FeritoDeama.
1. *BD8ton, Cfajloaer Aaiitaa mit Eoaiuopbilia. Jonm. of Amer. Assoc. Nr. 7.
2. Nicfaola, ThromboBiB of tfae receptacnlum chfli aod chyloua aacitea aa a complicatioD
of cÜThoais of tlie liver. Med. News 1905, Nov. U. p. 925.
Nichols (2). Fall von chylösem Aszites bei Leberzirrhose infolge
Thrombose des Receptaculmn chjli.
74jfthTiger schwach Binaiger Trinker. Odem der Beine, Anftrelbung dea Leibea, Leber-
dimpfiiDg verklainert; Hjehtbare Tenen sof der Bauefairand, Hämorrhoiden; Entwickeluog
lOQ AaxiteB, der dreimal punktiert, jedesmal chjlöa war, im ganzen 22'. i cm entfernt; spet.
G«v. 1010 — 1013. Zucber 0,l°,o, Fett 1,3V, Atbamin 1 >, Harnstoff 0,l°;o, alfcaliacha
Reaktion. Fett in feiner Yerteilnng, rote und weisae BlntkGrpercben. Sektion: typische
giBBuIierte Leber. Ductus thoraciena nnd Receptacnlum cbyli heraQsprftpariert. Letzteres
thiomboBiert. Die znfQhranden Chjlusstftnime führen neeh DrOaen mit erweitertem Sinns
und Ljmphgefäasan, in denen rote und weisse BlutkQrper angestant sind. (Mikroakopiache
BUd«r.)
Ea sind noch 7 Fftlle von Ascites efaf li bei Cirrhoso beschrieben ; eine Thrombose
wie hier noch nicht. Infolge der venösen Staaung traten Kollateralbahnen auch nach den
GctftaseD der Lymphdrüsen und nscb den Chylnsgefttssen bin ein; doch kam es in denselben
in Thrombose und dadarch zur Chjluastanung.
8. GeschwfiUte.
1. Bidfrell, Cystic tnmonr of Omentum. Bril. med. Journ. SO. IX. 1905. p. 80fi.
2. Leriche, Kyste de rarriSre-cavit^ des dpiploons Simulant un kyste da pancräas. Arcfa.
gän. de M4d. 1905. Nr. 42.
3. Martin, Diagnostik der BauchgeacbwOlste. Deutsche Chirurgie 45a. Stuttgart. Enke.
1- Müller, Über OefSasgeräusche in der rechten Hfilfte des Epigastrinraa. Brnne
Beitr. 47. Bd.
b. Potherat, Kyate congänital (?) de la paroi postdro-lat^rale de l'abdomen. Bull, et
m^m. de la Soc. de Chir. de Paris 1905. Nr. 21.
6. Rontier, Tnmeur ossense du Ügament large. Soc. de Chir. 1905. Nr. 31.
7. Sehroeder, Späteres Scbickaal von Implantationen und entackgalaaaenen Tumor-
reaten usv>. Zeitschr. f. Geb. 54, 1.
8. *Tomellini, Freie ESrper in den grossen serOaen Eßhien. Riform. med. Nr. 50/51.
Martin (3). Es war ein sehr glücklicher Gedanke für die deutsche Chirurgie,
die Diagnostik der Bauchgeschwülste in einer separaten zasammenfassenden
Sclirift bearbeiten zu lassen. Wer selbst in diesem Gegenstand gearbeitet hat,
weiss, wie zerstreut die Literaturangaben sind und wie häuög ein einzelner
Beobachter bei beschränkter Erfahrung zu unrichtigen Angaben kommt. So richtig
es ist, dass keine Diagnose einer Bauchgeschwulst vor der Laparotomie über
allen Zweifel erhaben ist, so ist doch bei der heutigen Eotwickelung der Ab-
dominalchirurgie nnentbehrlicli, dass man durch Prüfung aller möglichen Mo-
mente der Wahrheit möglichst nahe kommt. In Martins Buch wird man
ein sehr brauchbares Nachschlagewerk finden, wenn es auch das ganee
Idinische Rützzeug nicht erschöpft. Der Begriff Geschwülste ist mit Recht im
Veitesten Sinn genommen und darunter sind aile Veränderungen der Form,
Lage nnd Konsistenz der abdominalen Organe, aus welchen Ursachen sie auch
hervorgehen, zusammengefasst. Dem speziellen Teil, welcher systematisch die
einzelnen Organe und Geschwülste durchgeht, ist ein zusammenfassender allge-
meiner Teil vorausgeschickt.
Schröder (7). Die Implantationsmetastasen auf dem Bauchfell sind
bei Gystadenoma ovarii serosum häufiger als bei dem Pseudomucinosum. Wir
vissen nicht, wamm es im einen Falle zum Weiterwachsen solcher implan-
846 Jahresbericht thr Ghirnrgie. ü. Teil.
tierter Keime kommt, im anderen nicht, ebensowenig, wie es kommt, dass
bereits gebildete Impfmetastasen nach der Entfernung des Primärtumors sich
zurückbilden können; und warum im einen Falle dies geschieht, im anderen
nicht. Sehr selten ist karzinomatöse Degeneration solcher Impftumoren bei
primärer benigner Geschwulst. Ein Fall wird mitgeteilt. Vier Fälle sind
endlich bekannt, in welchen bei Ruptur von Dermoidzysten es durch Ver-
schleppung von Wandteilen zur Bildung einer Zyste kam.
Müller (4) beobachtete ein keuchendes, mit der Inspiration anschwel-
lendes Geräusch im rechten Epigastrium bei Aszites, das als Venengeräusch
infolge Kompression der Pfortader durch eine knotige Hyperplasie der Leber
gedeutet wird; ein systolisches, teilweise amphorisches Geräusch ebenda bei
Magenkarzinom mit ausgebreiteten Metastasen, vielleicht infolge Fortleitung
von der Aorta durch die sie komprimierenden Krebsmassen henrorgerufen.
Bidwell (1). 52 jähr. Frau. Abmagenmg, enorme Anftreibang des Leibes. Punktion,
blntige Flflsaigkeit. Harter Tomor in der Nabel- und rechten Rippengegend nach wieder-
holten Punktionen. Laparotomie und Entfernung einer Zyste, die mit breitem Stiel vom
grossen Netz entsprang. Heilung. Mikroskopisch bindegewebiges Stroma mit bluthaltenden
Räumen.
Rentier (6). Zyste des Ligamentum latum mit verknöcherter Wand. 88 jähr. Frau,
die erst in letzter Zeit Schmerzen hatte. Der runde harte Tumor lag links vom Uterus und
wurde leicht ausgeschält.
Potherat (5) operierte eine Zyste der linken Bauchseite, welche, nur mit dem Netz
adhärent, ohne Beziehung zu irgend einem Bauchorgan sich von der hinteren seitlichen
Bauchwand ausschälen Hess. Inhalt schleimige, dicke, schwärzliche Flüssigkeit. Mikro-
skopische Untersuchung fehlt.
Vallas (Leriche 2) operierte eine grosse Zyste des Epigastrium s nach Entleerung
und Einnähen in die Bauchwand. Sie sass vor dem Pankreas in der Bursa omentalis, ent-
hielt gelbliche Fltlssigkeit, war für Pankreaszyste gehalten worden; die Wand bestand aas
gefässführendem Bindegewebe mit glatten Muskelfasern, ohne Zellauskleidung an der
Innenfläche.
9. Krankheiten des Mesenteriums und Netzes.
1. Adler, Über Mesenterialzysten. Mflnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 46. p. 2224.
2. Baradulin, Kryptogener Abszess der Bursa oment. Zeitschr. f. Chir. Bd. 79.
3. Corner, The surgical treatment of tuberculous glands in the mesentery. Lancet 1905.
Dec. 23.
4. Haas, Kasuistik der Mesenterialzysten. Zentralbl. f. Gyn. 1904. Nr. 50.
5. Hahn, Job., Eine weitere diagnostisch interessante Mesenterialzyste. Mflnch. med.
Wochenschr. 1905. Nr. 46.
6. *Heger (Brüssel), Übör das physiol. Auskehren der Bauchhöhle durch das grosse Nets.
Arch, intern, de pfaysiolog. I. 1. p. 26.
7. Heusner, Die physiologische Bedeutung des grossen Netzes. Mflnch. med. Wocbeo-
schr. 1905. Nr. 24.
8. *Klemm, Beitr. zur Genese der mesent. Chylangiome. Virchows Arch. 181. Bd.
9. Kftttner, Netztorsion. Mflnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 10. p. 483.
10. Lindner, Thrombose der Mesenterialgefässe. Berliner klin. Wochenschr. 44 a.
11. Lotze, Zur Kasuistik der Netztumoren. Münoh. med. Wochenschr. 1905. Nr. 15.
12. *Pirone, Physiopathologie des grossen Netzes. Riform. med. 1905. Nr. 1.
13. Pölya, £. A., Mesenterialzyste. Budapester kgL Ärzteverein, Sitzung vom 14. L 1905.
Orvosi Hetilap 1905. Nr. 4 (Ungarisch).
14. Reitter, Zur Diagnose der Embolie der Art. mesent. sup. Mflnch. med. Wochenschr.
1905. Nr. 5.
15. Riedel, Ober die Drehung der Appendices epiploicae und ihre Folgen (Corpora aliena
und Stränge im Bauchej. Mflnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 48.
16. Riedel, Über gedrehte Netzgeschwülste mit und ohne vorgängigen Bruch. Mflncho.
med. Wochenschr. 1905. Nr. 47.
17. ^Roegner, Ein Enterokystom des Mesenteriums. Virchows Arch. 181. Bd.
PAganatoeher, firkunkangsD i»r BiDcbwftiid und des Pariton^nma. 817
18. St«vart, VolTaloB ot tbe omentam. PhÜAdelph. anrg. soaiety. Ann. of Sorg. 1905.
p. 624. Octob.
19. Sooliä, CarieuM atrophie de l'äpiploon. Soc. anat. 1905. Nr. 6.
3). Walther, £piplo1te. Bull, et mäm. de la aoc. da Cfair. de Paria 1905. Hr. 9.
31. — Adherencea ancieonea de I'äpiplooD avec condure dn cftloD asceDdant. Ball, et mäm.
d« la aoc. de Chir. de Paria 1905. Nr. 14.
22. Toong, CoDgenital maltilocolar oyst of the omentam. Lancet 'il. 1. 19&5. p. 157,
Heusner (7). Die Bedeutung des grossen Netzes liegt nicht in der
Bestimmtmg als Schutzvorrichtung bei Entzündungen, denn es gibt kein Organ
fiir Ausnahmefälle ; es ist vielmehr phylogenetisch zn erklären. Eine Betrach-
long der vergleichenden Anatomie lehrt, dass es ein Haftorgan ist, benutzt
ZOT Fixation, vornehmlich des Magens und Dickdarms. Bei Hunden und
Katzen hat es eine grosse Langen- nnd Breitenentwickelnng, überzieht die
Därme, au denen es durch Luftdruck elastisch fixiert ist; bei Wiederkäuern
ist der angeheuere Magen durch das an den Bauchwänden festgewachsene
Netz vor nnheilvollen Verschiebungen bewahrt. Der Mensch nimmt eine Mittel-
stellang ein. Die Fixation des Magen am Dickdarm erinnert an die Vor-
richtungen der Wiederkäuer nnd Tiere mit aufrechtem Gang, der freie Netz-
teil ist ein Überbleibsel der mächtigen Netzschiirze der Banbtiere.
Souliä (19). Es beatand ein Aazitea, der mehrfach punktiert war. Ein EnrpfDa eher
hatte eine Punktion dnrch den Nabel gemacht; ea antataad eine Nabelhernie. In derAbaicht
diese la beseitigen und die Talmaache Operation zd machen, laparotomierte Sonliä aad
fand das Neti bia tat einzelne Fttdeo, genasfOhrende Stränge mit kleinen FettanhftngaelD
rednsiert, aberall mit der Baachwand venvachaen, ao daaa apontan Anastomosen mit deren
Geßaaen bestanden. Der Aaiitea kehrte wieder. Leber geaaod.
Lindner {10). 56jftbr. Mann. Seit 8 Tagen LeibBcbmenen, Auftreiben des Leibea,
Aubtoaaen, Erbrechen. Seit 8 Tagen kein Stuhl, wenig Flatua. Diffiiaer Druckachmeri.
Puls 100, Temp. 37. Diagnoae: Peritonitis. Laparotomie: liemliche Menge blutigen, nicht
riechenden Ezandata, unten scbwarablanverf&tbte Darmauhlingsn, Teile des Jejunnm and
llenm infarziert, verdickt, atarr, Hesenterium OdemstOa, hart; Ulmfthlicher Übe^ang ins
Normale dnrch eins Zone von 15 om mit Ekcbjmosen. Besektion. Tod. Thrombose der
Heaentarialvenen. UiMche nicht nachanweiaen.
Beitter (14) beachreibt einen Fall von lokaler Darmgangrln und Feritonitia, der
put unter dem Bild der Embolie der Art. mesent. snp. verlief. Es beatand inkompenaiert«
Hitnlinaoffizieni nnd Lnngeneinbolie. Die Sektion zeigte aber bei sorgfiltiger Prlparation
die Arterie nnd ihre Xate frei von Thromben. Die ErklArung kann entweder in kapillaren
Embolien oder in der Annabme einer diphtherischen DarnientzDndang liegen. Jedenfalls
tat in solchen f^en klinisch allein eine sicbere Diagnose nicht zu stellen.
Baradniin (2). Bei einem Potator, der früher viel an Verdannngast^ruDgen ge-
litten hatte, trat ein Tumor im hinteren Hj-pochondriam mit Fieber, Obatipstion, Erbrechen
ein. Es wurde laparotomiert, mit Jodoformgaze aaf den Tumor, der hinter dem kleinen
Netz lag, tamponiert und zveizeitig deraelhe geOfiiiet. Beichlich Euter mit Streptokokken.
Oaa Erbrechen dauerte fort, Tod nach S Wochen. Sektion ergibt keinen beatimmten Aus-
EUgspnnkt. Nor oberflächliche Nekrose des an die Auaaenwand angrenzenden Darmes nnd
Pankreas, keine Verfindernng im Fettgewebe.
Corner (3) hat fünfmal wegen tuberkulöser Mesenterialdriisen operiert.
Es bestanden stets heftige, zum Teil kolikartige Leibschmerzen. Bei einem
Knaben verschwanden dieselben nach Exstirpation der atrophischen Appendix.
Bei zwei weiteren wurden grosse Pakete oder verkäste Drüsen ausgeschält
und ausgekratzt. Es erfolgte Heilung. Ein weiterer Knabe starb an Menin-
gitis tubercutosa, deren erste Symptome schon vor der Operation bestanden
hatte. Bei einem Erwachsenen waren die Beschwerden für funktionell ge-
halten worden. Sie verschwanden, nachdem eine vor dem dritten Lenden-
wirbel gelegene, verhärtete, walnussgrosse Drüse ausgekratzt war, daneben
Exstirpation der Appendix.
818 JfthreBbericht fttr Chirurgie. II. Teil.
Riedel (15) erklärt die gedrehten Äppendices epiploicae für ga^hr-
licher als gedrehte Netztumoren. Sie drehen sich bis sie abfallen und als
freie Körper in den Bauch fallen. Hier können sie heftige kolikartige
Schmerzen hervorrufen und zu Verwechselung mit Appendizitis und Gallen-
steinkolik Veranlassung geben. Es werden drei Fälle mitgeteilt. In einem
vierten entstand tödliche Peritonitis, für welche eine andere Ursache oiclit
gefunden wurde; im Zentrum des Fremdkörpers fand sich das Bacterinm coli.
Ferner kann der Stiel einer abgedrehten Appendix einen Strang bilden,
welcher sich fixiert und Ileus hervorrufen kann. Ein glücklich operierter Fall
wird beschrieben. Das unterste Ileumende war durch einen an seinem Mesen-
terinm adhärenten Stiel abgeschnürt.
Endlich kann eine abgedrehte Appendix als Fremdkörper im Bruchsack
vorkommen. In den zwei mitgeteilten Fällen entstanden dadurch Einklem-
mungserscheinungen resp. Brucksackentzündung.
Riedel (16) hat sechsmal gedrehte Netztumoren gesehen, von denen
ein Fall bereits publiziert ist. Die Diagnose war fast immer Fehldiagnose
auf Appendizitis. Vier Fälle hatten Leistenbrüche. In einem bestand keine
Hernie. Während die anderen Fälle so. zu erklären sind, dass ihr Netz im
Bruchsack zuerst sich vergrösserte, um dann im Darm oder in der Banchhöhle
sich zu drehen, sind Fälle ohne nachgewiesenen Bruch schwer zu erklären.
Vielleicht besteht auch hier eine übersehene Bruchanlage, in deren Trichter
das Netz zuerst klumpig degeneriert, um dann in der freien Bauchhöhle
weiter zu wachsen. Es spricht dafür ein Fall, wo bei der Hadikaloperation
einer Hernie der Brachsack offenbar nicht vollkommen hoch genug abge-
bunden war und non nach einiger Zeit Deuserscheinungen auftraten. Die
Operation ergab einen kolbig entarteten Netzzipfel, der in diesem proximalen
Teil des Leistenkanales lag.
Aus der Anamnese der Kranken schliesst Riedel, dass die ersten
Drehungen solcher Netzgeschwülste lange Jahre zurückliegen können.
Femer benutzt er die Gelegenheit, um vor der Anwendung von Seide
zur Netzabhindung zu warnen, da entzündliche Geschwülste sich darom bilden
können.
EOttDer (9). Scbmerzhftftei Tamor der linken Leisteagegenil ; rasche Entwicklang
eines grossen Tumors der lintcen Uoterbaacb gegen d ; der erste Tumor erweist sich *1b
bSmorrhagisch infarziertes Netc, d&a sich in die Bsachhöble Fortsetzt. Das sehr schwer»
Netz ist fDnfmsl am die X<äDgsitchse gedreht Resektion. Heilung. Ursache vielleicht rds-
giebigea Tanzvergnügen.
Stewart (18). Ein Mann von 45 Jahren, 250 Pfund schwer, der mit 15 Jahren eins
freie Leistenhernie hatte und nie ein Band trug, erkrankt mit Sdimerzen, SpaoDQng der
BauchdsckeD. Kein Erbrechen. Bracksack leer. Diagnose; Appendizitis. Bei der tnl-
femuDg des Wurms findet sich eine !'/> Pfani) schwere Netzmasse am dreifach gedrehten
Stiel, in beginnender Gangrftn. Eiatirpatioo. Heilung.
Walther (20). Mann von 60 Jahren, hat seit lange Magenbeschwerden, bekommt
vor S Monaten Zeichen von Darm verschluss. Langsame Besserung. Es bleibt Schmerzhaftig-
keit in der Cökalgegend. Exstirpation der chronisch verftnderteD Appendix. Netz frei, aber
chronisch entzQndet, verdickt, hart« Knoten dicht am Kolon. Strang verlfinft von der Hinter
Seite zum Mssoculon transversum. Resektion des ganzen Netzes. Heilnng.
Walther (21). 32 Jahr. Frau, Zeichen von akuter Appendizitis. Tnmor in der rechten
Seite. Appendix frei. Netz bildet eine verdickt« entzündete Masse, die an der ganzen Llng«
des Colon aacendens adhSrent ist und durch narbige Schrumpfung eine Verkleinerung des
rechten Kolonwinkels und sine Einfaltung des mittleren Teiles des C. aso. macht. Resekti«».
Froher fixierte Betroflezio.
Lotze (11). Durch Photographie illustrierter diagnostischer Befund
bei einem Bauchtumor in der Regio umbilicalis. Rasch gewachsene, massig
Pagenstecher, Erkruikaogen der Banchwand und des Peritonemiu. 849
bewegliche, praUelastische, glatte Oeschwalst, die sich als Sarkom des Netzes
entpappt. Nach anranglicher Heilung, später Zeichen von Metastasen.
Adler (1). 48jKhr. Ftml Oroiser den Nabel OiMrragender mannskopfgroBaer TnmoT.
Cttr^elinlsaige Blatmigeii. Tomor beweglich, floktnierend. Laparotomie. Der hSokerige
Tumor ist mit dem Darm verwacheen ond sitzt iwiBohen den Blättern dee Hesenteriiuna.
USutaig der Verwachaangen, AueecbAlen der Zrete aoa dem Hesenterium des DUnndarms,
CnterbindnDg des kOnsÜicb gebildeten Stiele. Genitalien normaL Heünng. Holtilaknl&re
Eretom«, im Innern 3— -4 orangegrOBse HOUen einer waaserklaren FlOseigkeit, an der RQck-
Mite borsdorferapfelgrosser weiter Tnmer, teile aus erbsen- bie heselnneegroseen Zjeten,
teile aae soliden beim Schneiden knirschenden Heseen. Mikroskopieeh : innen Zyliaderepitbel,
DchrBchiehtig; dann grobfiseriges Bindegewebe, aoasen niedriges Epithel. Der Tarn er h;^
linee Bindegewebe, nichts malignes.
Haas (4) erklärt für die Diagnose der Mesenterialzysten als weaent-
Kches Moment, dass fast immer ein Zusammenhang mit dem Darm nachzu-
weisen sei, sei es, dass der Tumor aber ihm li^e, oder neben ihm und mit
ihm verschieblich gefunden werde.
34jährige Frau. Vor drei Wochen Schmerzen in der rechten Bauch-
seite. Kein Erbrechen. Überkindskopfgrosser Tumor, oval, pratlelastisch in
der rechten Seite, nach rechts and links Terschieblich, weniger nach oben
und nnten. Bei Betastang gurrendes Geräusch, wie vom Dann. Laparotomie.
Tumor von Darmschlingen stark eingebettet, in dem Mesenterium des Dünndarms,
Peritoneum parietale und Netz durch reichliche Adhäsionen, flächenhafte Ver-
wachsnngen und dicke Bindegewebsstränge in intimster Verbindung. Lösung
der Adhäsionen, Isolieren des Tumors, grosse Mesenterialgefässe werden durch-
trennt. Schliesslich als Stiel ein in der Tiefe liegendes Konglomerat von
GeHissen durchtrennt. Heilung. — Inhalt gelblich, leicht mykotisch, 10,4.
Fett- und Lymphkörperchen. Mikroskopisch bindegewebige Wand mit Resten
flacher Epithelien.
Hahn (&) beobachtete eine Zyste im nnteren Uesenterium des Colon transversnm,
wtlebe wegen ihrer Lage direkt unter der Leber und bestehender Äsffile von ,Hagen-
krimpfen* für eiue durch Hydrope oder Empyem vergrOsserte Gsllenblase gehalten werde.
3i» »Dthielt sohokoladeforbenen Inhalt, die Hshle reichte hinter die Hinterwsed dee Magens;
die Wand wnrde angen&ht; die Bohle tamponiert. Heilung zunftchst unter Fistel bildang ;
durch Sekretataniing kam ea ED kolikartigen Anftllen. Heilung erfolgte erst nach längerer
Bebaadtung mit Drainage nnd Ätzong.
Tonng (22). S'/ijfthr. MIdchen mit hochgradig aargetriebenem Leih, Fluktnatian.
Liparotomie. Das Nets inntchst dem Hagen lu mit multiplen Zysten mit aohmntzig
braonem Inhalt entartet; am Colon tranaversnm normaler Netzrest ReaektioD eines Teils
der Zysten. In der Bekonralesxenz anscheinend DSmpfnng und ResietecE im Epigastrinm
unter Fieber, was Yonng auf Wachsen von zorQckgebliebenen Zysten bezieht; dann all-
mihliche Schrumpfung des Leibes und Heiinng. Yonng glaubt, dass die Zysten geplatzt
»Jen. (Sollte ee sich nicht um Entzflndung dee Netzatampfee gehandelt haben? Bef)
In dem mitgeteilten Falle Pdlyaa (13) trat bei dem SjAhrigen Mfidchen innerhalb
eines Jahres nnd neben starker Kachexie eine Auftreibnng des Leibes eb; ea wurde Ober
dem ganzen Banehe Fluktuation gefühlt, eo dass eine tuberkulOae Peritonitia vorhanden zn
nin schien. Bei der Operation fand Pdlya eine grosse, mnltilokulAre Meeenterialzyste,
die nun Teil mit dem DDnndarm innig Terwachsen war; die Exstirpatlon gelang nur nach
itesektion der verwachsenen Darmschlingeu. Die Lftnge der Zyste war 29 cm, die Breite
2fi cm, ihr grOseter Umfang 76 cm. Den Inhalt der Zjate bildeten S'/t 1 rStlicher, trtlher
nsesigkeit, mit einem milchigen Ring an der Oberfläche nach kurzem Stehen. Das spezi-
bcheOewicht hetmg 1019; in der FlDssigkeit waren 5,71 "/o Trockensubstanz, 2,05 °/o Asche,
4,0T°,B Eiweias und 0,56''/d Fett vorhanden. Mikroskopisch sah man neben roten Blut-
kCrpercfaen sehr viele Petttropfen. Dia Oeecbwulst bildete somit eine Retentionszyste des
DbcIds chyloaua intestinalis. Es trat Heilung ein. QergO (Budapeat).
JdirMbtrfckt (Dt Ctalrntgi* im. 54
JahrMbuicht fDr Chirurgie. II. Teil.
10. Retroperitoneales Gewebe.
ihaatone, R«traperitoiieal fibrolipoma. Btit. med. Joarn. 1905. Dec 2.
lue, Sarcome iMro-pöritonäal. Soc anat 1905. Mai. p. 899.
icbaUoD, RetroperitoDeal toratoma. Ued. News 1W5. Oct. 21. p. 815.
ret, Dn caa de liaite caae^nuee arec rMrop^lonit« calleoM. Soc anat 19(B.
. e,
hitney and Harrington, Snbperitoneal palrio fibromata. Anaalea of Sarg. 1905.
JohastoDO (1). Frau vod 38 Jahren, groBaer harter Tnroor seit 6 HoDat«D, der
nie Abdomen auefOllt Die Dftmie nach hinten verdrftDgl, auch dae Colon aacendene
inks geeohoben. AneachSluDg ans dem retroperitonealeo Gewebe unter geringer
i. Beebter Ureter UDd Niere in eine Nische des Tumore eingebettet. Mikroskopiach
pom mit geringer mjzometdser Elotirtnog. Heilung.
Whitney ond Harrington (5). Neben den pro- and retroperitonealen
len and Fibromen gibt es subperitoneale Fibrome, welche sich vom
liehen Beckenbindegewebe aus entwickeln und zu ganz kolossaler Grösse
hsen können. Die Autoren konnten 19 Fälle aus der Literatur sammeln,
inen der älteste aus dem Jahre 1851 bereits in Daguerrotypie vorgeführt
Die Tumoren wachsen einerseits aus dem Bauchraum, andererseits aus
leckeneingang neben Blase, Vagina hervor, aas Skrotum oder aus dem
len ischiadicum and hängen dann als oft enorme Tumoren nach hinten,
innen einen Peritoneatfortsatz mit herausziehen Mikroskopisch sind es
) Fibrome mit ödematösem Gewebe aus feinen Fibrillen und spärlicbeu
lelartigen Zellen. Zwei neue Fälle werden mitgeteilt:
1. liVau, 56 Jahre. 1893 operiert wegen kind^opfgrossen gestielten Tamora der
Labie. 1B99 Rezidiv. Ein grOseerer Tamor an der linken Hinterbacke uod ein kleinerer
linken kleinen Labie. Urin retent Ion. Die Blase in den grosseren Tamor hineiege-
Durch eine kombinale abdominale and isrhioiektale Iniision wird die] Blase loege'
eine peritoneale Aosbnchtung geht dnrch den Beckenausging in den Tumor; dort
e Blase gefühlt. Heilung.
t. 48jBbr. Frau. Orangegroaae Oeschwolst an den linken Tuberoeitaa iachii, oedi
Fall bemerkt. Die Schwellang wird durch Druck ins Becken reponiert, tritt bei
nud Husten hervor. Im Becken ein Tnmor linke von der Vagina. Darob abdonij-
iziaion Entfemung desselben durch Insieion des Lig. latum. eowie von einer zweiten
tB Inzieion am Damm. Spalte im Levator nni, Naht deaselben.' Heilung,
tflas (2). Enormes, teils epindelielligee, teile randzelligee Sarkom, das in 3 Jabreii
(wickelt und ziemlicb lang die Ernährung wenig beeintrScbtigt hatte. Ea ging toid
ütonealen Gewebe hinterm Colon aacendens aue, war im Hesocolon tranaveraaei,
mtbaltend, eingewachaen und nahm die ganze rechte Banchseite medial vom Colon
1, wfthrend die DQuadärme nach links gedr&ngt waren. MjxomatOee and peeado-
le Degeneration. Heteatasen auf dem ganzen Bauchfell.
licholeen (3). Bei 2IjShr. jungem Manne entwickelt sich rapid ein retroperile-
Pumor zwischen Wiibelsftule und rechter Niere nnd abwIrts Ina nahe ana Scbwn.
Tod. Sektion ergibt eine halbweiche Hasse in fibrOser Kapsel mit bis baattlnusf
Zfsten. Mikroskopisch AbkJJmmlinge aller Keimblätter, Haut und Hautorgsne,
lervenaystem, periphere Nerven, Schleimdrüsen, SchlauchdrQsen, Zjaten, Knorpel,
a und fibrDsea Gewebe.
ilivet (4). Alter Potator mit hochgradiger Anämie, grosser, nicht
Leber. Sektion : Magen geschrumpft, seine Wand verdickt, kniracheüd,
10 mm messend. Mukosa in ^tat mammelonne, ohne Ulzeration. An
nterwand derbe, kailöse Adhäsion mit dem Pankreas, Nebenniere und
)r Bauchwand. Mikroskopisch : Bindegewebe mit Inseln und Zügen
[en Gewebes, Metastasen in den Bronchialdrüsen und Leber.
PkgaDBteehar, Rrkrankiiiigaii der BAnehwuid nnd des PeritoneuniB. 851
Nachtrag.
Italienische Llterfttur.
I- *Bobbio, Sopra od intareassnt« euo di tamo» ciBtico del meseDteria (fibro-mixo-
Htrcom* peritcliala). Giornale delU R. Äceu]«iniB di Hedicina de Tarino 1905. Dicembre.
(KUniaeher FslL)
2. *Cacea, R., Contribnto «llo studio dci tnmori primiliTi dei gangli linfatici retroperi-
tODMÜ. (PstogensBi. SemMologiB. Än&tomia patologica.] ^ dinicft moderua 1905.
Fuc. 25-26.
3. *GiAcoraelli, 3., Coutribiita alle atndio della sintomatologia delle cigti da achinococco
d«l mcsentere. La clinics moderna 1905 Fase. 30. (Kliniacher Fall.)
4. *Hoiiliardo, L' interrento chirurgieo i)«11a eirrhoii del fegate cod Mcite di origioe
malarica. BiTista reoeta de seien» mediche 1905. Fase. 8.
5. De Paeli, E., Contribato »llo stadio della peritonite tubercolare. Confereiue di pato-
logia e elinica ehirnrgica 1905.
6. Rolando, S-, Sol valore senieiologico dell' esama del sangne Delle ferite penetranti
neir addome. BoUettino della R. Aceademia mediea di GenoTa 1905.
7. 'Salinari, Le imperfenoni e malattie doTote alla maoeata od iacompleta obliteraiion«
del coDdatto vagiso perifameale. QioniBle medico del R. Esereito 1905. Faso. IS.
& Tigliani, R., Come ei eomporiano le cellnle di riTeatimeDto delle eienwe Del procesao
infiammatorie. Lo sporiineDtale 1905. Faao. 5.
Paoli (5) hat eine Statistik von 182 mit Laparotomie behandelten
Fällen von tuberkulöser Peritonitis zusammengestellt, die zum Teil von ihm,
zum Teil in den verschiedenen Hospitälern Umbriens operiert vrorden sind.
Er teilt seine Fälle in vier Qmppen : Laparotomien mit nachfolgendem Dauer-
erfolg, der bis 8 Jahre nach der Operation kontrolliert vrurde (80 Fälle);
Laparotomien ebenfalls mit Heilung, bei denen die Beobachtung des Patienten
nicht über 2 Jahre hinaus verfolgt wurde (39 Fälle]; Laparotomien mit zeit-
weiser Besserung (28 Fälle); Laparotomien mit bald darauf folgendem Tod
ohne Besserung (36 Fälle). Diese Beobachtungen begleitet er mit einem
langen, sorgfältigen kritischen Studium, indem er die neuesten Anschauungen
über die Frage zusammenfasst : er liefert einen neuen Beitrag zu dem Hei-
lungaprozess der Banchfelltuberkulose durch Mitteilung der histologischen
Befunde von bei der Operation abgetragenen Banchfellstßcken und Verglei-
cbnng der in Heilung ausgehenden Fälle mit denen, in welchen der Ausgang
ein ungünstiger war. Inbezug auf die noch migelöste Frage, ob die Heilung
der tuberkniösen Peritonitis mit der Laparotomie in Zusammenhang zu bringen
sei oder nicht, zeigt sich Verf. der heilenden Wirkung der Laparotomie ge-
neigt. £r ist der Ansicht, dass die Misserfolge nach der Laparotomie zom
grossen Teil der Schwere der Lokalisationen in den übrigen Organen zuzu-
schreiben seien: in vielen tödlich verlaufenen Fällen beobachtete er, dass
infolge des Operationsaktes die peritoneale Erkrankung teilweise oder auch gänz-
lich geheilt war, während die übrigen Erkrankungen der inneren Organe zu dem
letalen Ausgang geführt hatten. In anderen Fällen hätte der Erfolg der
Laparotomie ein dauernder bleiben können, wenn die alterierten Uterin-
sdnexe nnd der veränderte Appendix entfernt worden wären und wenn in
der nach der Operation erzielten Ruhepause eine zweckentsprechende Altge-
meinbehandlnng vorgenommen worden wäre. Ein guter Teil der Misserfolge
der Laparotomie ist schliesslich darauf zurückzuführen, dass sie in einem
Zeitpunkt ausgeführt wurde, wo sie wegen der Schwere der peritonealen
Läsionen, angezeigt durch die Bildung grosser käsiger Massen, und wegen
der Zahl nnd der Bedeutung der übrigen Lokalisationen ganz und gar nicht
54*
JabreBbericht fOr ChirnTgie. IL Teil.
r indiziert ist. Es erklären sich ao der Shock, die allgemeine Tuberka-
, die Darmfisteln, die so häufig als Todesursachen beobachtet wurden.
Zuletzt hebt Verf. den dorch die klinische Beobachtong und den histo-
ichen Befand gezeigten Umstand hervor, dass infolge der Laparotomie
eicht rasch dem Tuberkulin analoge Substanzen absorbiert werden, welche
1er lokalen Läsion jene phlogistische Reaktion hervorrufen, die deren
nng bedingt. R. G i a n i.
Rolando (6) gebt die klinischen Zeichen der Abdominalwanden darch
zeigt, dass es in vielen Fällen unmi^lich ist, festzustellen, ob es sich
eine parietale Wunde, oder um eine einfach penetrierende, oder kompli-
; penetrierende Wunde handelt. Er zitiert die neuerlichen Untersncfaungen
Gazin und Tuffier, welche gefunden hätten, dass die die Abdominal-
den begleitenden Eingeweideverletznngen eine beträchtliche und rasche
nehmng der Leukozyten des Blutes bedingten.
Verf. hat eine Reihe von Versuchen an Hunden angestellt, um klar zu
1, ob die Untersuchung des Blates wirklich einige Bedeutung auf die
;nose der penetrierenden Bauchwnnden besitzt, und ist zu den folgenden
üssen gekommen:
1. Die einfachen penetrierenden Banchwnnden und die mit Verletzangen
Magendannkanals komplizierten bedingen keine nachweisbaren Modifi-
)nen in dem quantitativen und qualitativen Leukozytengehalt des BIntes.
2. Derartige Modifikationen treten nur dann ein, wenn der Darrainhait
in das Peritoneum entleert und zu einer Peritonitis Veranlassung gibt.
R. Giani.
Brunn und Mönckeberg beobachteten, dass während des Elntzün-
;eprozesses der serösen Membranen die Cilien der Epitbelzellen sich
li verändern und verschwinden; ja der letztere von diesen Anturen lässt
Anfang ihrer regressiven Metamorphosen mit der Fällung des Fibrins
mmenfallen. Vigliani (8) hatte Gelegenheit, zu beobachten, wie sich
Cilien der Epithelzellen im Lanfe einiger Versuche verhalten, die zu dem
;ke angestellt wurden, den Entziindungsprozesa der serösen Membranen
tischen Ursprungs, mittelst Injektionen von Terpentinessenzöl und Jod-
isnng in Pleora and Peritoneum von Kaninchen und Meerschweinchen zu
ieren. Dabei hat er sich überzeugt, dass die Epitbelzellen zum grossen
die begrenzende Basalmembran verlassen. Einige derselben entarteo
sterben ab; die übrigen proliferieren und streben die Hohlräume anszu-
Q und staffelförmig längs der Ränder des Exsudats bis zu fast völliger
deidung der Oberfläche aufzurücken.
Weiter hat er gesehen, dass man zuweilen 3 Tage nachdem der Eni-
nngsprozess in Gang ist, wenn schon reichlich fibrinöses Exsudat vor-
en ist, Epithelzellen mit guterhaltenen Cilien bemerken kann und dass
Ö Tagen, wenn das Exsudat durch Granulationsgewebe ersetzt zu werden
mt, mitten in diesem neuen Gewebe noch mit Cilien versehene Elemente
epithelialem Aussehen wahrzunehmen sind.
Verf. glaubt daher behaupten zu können, dass diese Bildungen nicht
,bil sind, wie einige Autoren meinen, und dass man zaweilen in dem
uhttionsgewebe den Vorteil hat, mit einem sicheren Eriterium die epi-
Uen Elemente von den jungen Bindegewebszellen nnterscheiden za können.
R. Giani.
Hertens, Verletzungeii and chirarg. Krankheiten dea Rektums. 853
XIV.
Verletzungen und chirurgfische Krankheiten des
Rektums.
Referent: Fr- Mertens, Bremerhaven.
Die mit * Tersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Allgemeines.
Statistisches. Technik.
1. Ball, Treatment of malignant disease of the reotam. British medicalJoama]. Ang. 5,
Sept. 30.
2. Bilfinger, Schlossunfthigkeit des Musculos sphincter ani. Zentralbl. far Chirurgie.
Nr. 14.
3. ^Cooke, Technik der Dickdannresektion. Nordiskt medicinskt Archiv. Bd. 87.
4. * — üpon the rectnm under local (sterile-water) anaesthesia. Med. News. Aug. 26.
5. Dolagöni^re, De Fanastomose il6o-rectale. Soo. de chir. Bull, et m^m. de la soci^t^
de Chirurgie de Paris. Nr. 31.
S. V. Eiselaberg, Kontinenz nach sakraler Rektumexstirpation. Wiener klin. Wochen-
schrift. Nr. 38.
7. ^Ganltier, Importance de la coprologie. Gaz. des Hdpitauz. Nr. 93.
8. Hartwell, Radical treatment of cancer of the rectum. Annals of surgery. Ang. p. 277,
Sept. p. 897.
9. Hofmann, Beckenbodenplastik. Zentralblatt far Chirurgie. 35.
10. — Zur Witze Ischen Methode der hohen Rektnmamputation. Zentralblatt fttr Chi-
rurgie. Nr. 45.
lt. Kraske, Die Erhaltung des Schliessmuskels bei der Exstirpation des Mastdarmkrebses
und seine spfttere Funktion. Deutsche med. Wochenschrift. Nr. 28.
12. Medical Press. July 26. Rectal Feeding. p. 94.
13. Mignon, Hernie intrarectale ayec occlusion du rectum. Soc. de Chirurgie. Nr. 28.
14. Mummery, A new rectal dUator. Lancet 7. I.
15. — The value of the sigmoidoscope. Brit. med. Journ. Dec. 28.
16. Mnscatello, 6., SuU* esttrpazione del retto per cancro col metodo perineo-coccigeale.
Bollettino della Societä medico-chirurgica di Payia 1905.
17. Neugebauer, Bedeutung der Spinalanalgesie. Zentralblatt fttr Chirurgie. Nr. 44.
18. *Parkisson, lUustrations of the importance of rectal ezamination. The Praotitioner.
Nr. 445.
In einem Artikel der Medical Press (12) vom 26. Juli pag. 94 wird die
Möglichkeit rektaler Ernährung besprochen.
Im allgemeinen werden nur Wasser und Salzlösungen vom Dickdarm
aufgenommen. Neuerdings haben Versuche von Edso 11, Miller und anderen
gezeigt, dass Fett in Form von Seifen in einem ziemlich erheblichen Betrage
vom Dickdarm absorbiert werden kann.
Lochhart Mummery (14) beschreibt einen neuen Rektumdilatator.
Das Instrument ist dem Hegar sehen Uterusdilatator nachgebildet. Durch
einen Satz dieser Dilatatoren ist eine ganz allmähliche Dehnung des Sphincter
ani zu ermöglichen.
L Jahresbericht tUr Chinirgie. II. Teil.
An der Hand von fnof Fällen hebt derselbe Verfasser (15) hervor, wie
ßhtig es ist, durch die direkte Untersuchung mit dem Sigmoidoskop eine
akte Diagnoaenstellung zu ermöglichen, bevor man sich bei der Diagnose
ilitis bemhigt. Gutartige Geschwulste und Ulcera, ebenso wie maligne
imoren können unter dem Bilde einer einfachen Kolitis verlaufen nnd nur
rch das Sigmoidoskop kann der wahre Charakter des Leidens enthüllt werden.
Über die Bedeutung der Spinalanalgesie für die Diagnose und Therapie
r Erkrankungen des Anus und Rektums spricht Nengebauer (17).
Es worden 79 Spinalanalgesien ansgefuhrt zwecks Eingriffen am Anus
d Rektum. Durch die Injektionen wird neben der EmpfindnngBläbmoug
le Motilitätslähmung, besonders des Sphinkters, bedingt. Der After klafft
cht tmd ist für Eingriffe sehr bequem zugänglich, ein ganz besonderer
)rzng. Dadurch gelang es, einen lange Zeit nicht entdeckten inneren
imorrhoidalknoten , der zu schwerer Blntnng geführt hatte, za entdecken
id zu beseitigen. Auch inkarzerierte Hernien gingen in drei Fällen spontan
ück, anscheinend auch infolge der Ansschsltung der Mnskeltätigkeit nach
Btritt der Analgesie.
In seiner Inangnral- Dissertation behandelt Bilfinger (2) die plasti-
hen Operationen bei Schlussunfahigkeit des Musculus sphincter ani und teilt
nen nach neuer Methode geheilten Fall mit.
Helferich legte von einem halbmondförmigen Schnitt an der hinteren
lite des Afters aus den Sphincter ani frei nnd durchtrennte ihn in der Mitte.
EIS eine Sphinkterende wurde dann an die Schleimhaatseite, das andere an
ir Hautseite etwas freipräpariert und übereinander genäht. Das umgebende
Bwebe nnd die Haut wurden in der Medianlinie geschlossen. Der Sphinkter
nrde um V« seiner Umfanges verkleinert.
In einem Falle, in dem nicht genügend Muskel mehr vorhanden war,
urde lediglich durch Vernähung in der Längsrichtung Besserung erzielt.
Im ersten Falle wurde nach der Operation noch Massage nach Thure-
randt angewandt.
Die Frage der Kontinenz nach sakraler Rektumexstirpation behandelt
Eiseisberg (6).
Bei Fällen, die die Exatirpation des Rektums nötig machen, führt Eisels-
erg meist bei Anlegung des Anus sacralis die Drehung nach Gersuny aas,
)wohl dieselbe öfters in Stich lässt und auch zu Gangrän des unteren Darin-
ides geführt hat. Der Darm wird als Anus sacralis eingenäht (Hocbenegg)
1er in der Mitte des Wundtrichters liegen gelassen (Hof mann).
Bei Fällen, die die Erhaltung des Analteils erlauben, übt er haaptsäch-
Bh die Invagination von Hochenegg. Dieselbe benutzt er öfters auch
ikondär, wenn entweder die primäre Vereinigung nicht gehalten bat oder
ifänglich wegen der Kürze des Darms, dem Zustand des Patienten etc.
icht möglich war. Er hat damit sehr gute Erfolge erzielt. Der Sphinkter
ird hinten linear durchschnitten.
Kleine Fisteln werden durch wiederholte Anfrischung oder durch Lappen-
lastik beseitigt. Die Lappen müssen gross genug gewählt werden, und wenlen,
enn die WundQäcbe lebhaft granuliert auf die gleichfalls granulierende Fistel-
ffnung anfgepresst.
In zwei Fällen wurde nicht das nicht genügend herabziebbare Darmende
a den Analteil genäht, sondern die tiefer herabzuziehende Kuppe der Flexnr,
eide Fälle starben bald.
Hertens, Verletzungen und chirnrg. Krankheiten des Rektums. 855
Die Resektion mit Erhaltung des Sphinkters hat nicht immer die ge-
wünschte Kontinenz zur Folge, da häufig die Innervation des Sphinkters zu
stark geschädigt wird. Dazu kommt das häufige Bestehenbleiben einer hin-
teren Kotfistel und die Gefahr der Infektion der Wundhöhle bei der Re-
sektion.
Eis ist daher begreiflich, dass von verschiedenen Seiten von der Re-
sektion abgeraten wird und die wenig Blutung verursachende, radikal zu ge-
staltende Amputation bevorzugt wird, so von Wiesinger und Witzel-Wenzel.
Hofmann empfiehlt ebenfalls das Witzeische Verfahren, abgesehen
von der Anlegung eines Anus glutaealis. Statt dessen will er nach der
Amputation den Rektumstumpf mitten in die Wundhöhle von einem Tampon
nmstopft lagern, ohne den Rand der Schleimhaut mit der Haut zu vernähen.
Macht man letzteres, kommt es immer zu einem grossen Schleimhautprolaps.
Lagert man den Stumpf ungezwungen, aber doch möglichst vom Kreuzbein
entfernt, so in die Wunde, dass er zwei fingerbreit unter dem Niveau der
Hautwnnde liegt, dann granuliert die entsprechend durch Hautnähte ver-
kleinerte, sonst aber tamponierte Wunde sehr schnell zu. Es bildet sich
dann eine mediane von den beiden Glutäalwülsten flankierte Rinne, in deren
Grund der Darmstumpf mündet. Diese Lage bildet schon eine gewisse Kon-
tinenz, die durch das Kneifen der Glutäen noch zu verstärken ist und für
festen und breiigen Stuhl ausreicht.
Einige Fälle mit gutem Erfolg werden mitgeteilt
Kraske (11) tritt im geraden Gegensatz hierzu überzeugend für mög-
lichste Erhaltung des Sphinkter bei Mastdarmoperationen ein und wendet
sich gegen die vonWitzel und Wiesinger vertretene gegenteilige Ansicht,
nach der stets der Sphinkter mit zu entfernen ist, und zwar weil die Aseptik
grösser sei und weil die Funktion des erhaltenen Sphinkters doch ungenügend
sei, es ausserdem häufiger zu Fistelbildung komme.
Kraske führt aus, dass es auch bei der allerdings grössere Anforde-
rungen stellenden Resektion durchaus möglich sei, die Wunde vor Beschmutzung
za hüten. Zur Erzielung einer Prima intentio sei es nötig, das stumpfe
Wühlen mit dem Finger einzuschränken und die Lösung des Darmes mög-
lichst schonend auszuführen und die Tamponade ausgiebig anzuwenden.
Dann sei auch die Gefahr nicht wesentlich höher als bei der Amputation.
Bei der Yergleichung der Witzeischen Statistik mit der seinigen sei
za berücksichtigen, dass Witzel 20 ^/o, er 7d— 80^/o aller zur Beobachtung
gelangten Fälle operiert habe, dass Witzel also zweifellos ein viel günstigeres
Material gehabt habe.
Die Fistelbildung, die Witzel als Gegengrund gegen die Resektion an-
führe, sei kein Grund. Mit der nötigen Geduld gelinge es stets, die Fisteln
m beseitigen.
Die Annahme Witz eis, dass durch die Operation die Funktion des
Schliessmuskels doch dauernd geschädigt werde, sei eine ganz willkürliche,
nicht mit den Tatsachen übereinstimmende Annahme, rein a priori.
Die Nervenverbindungen, die vom Plexus pudendalis zum Sphinkter
ziehen, bleiben auch bei einem weit hinaufgehenden sakralen Schnitt unver-
letzt, höchstens werde die eine Seite verletzt, was bei dem Übergreifen der
Nervenfasern von der anderen Seite auch nicht viel zu bedeuten habe.
Goltz und Ewald haben bei Hunden beobachtet, dass nach völliger
Zerstörung des Rückenmarks bis auf das Halsmark doch die Funktion des
JahrMberieht für CUnirgie. II. Teil.
[icter ani sich nach Jahren wieder hergeetellt hat, wahrscheinlich anf
len, durch die der Plexus podendalis mit dem sjrmpathischen Becken-
shte in Verbindong steht
Kraske teilt dann 14 Fälle von Operierten mit, die völlig nonnale
okterfnnktion haben.
Kraske erklärt, wer einem Menschen seinen gesanden Sphinkter raubt
ihn so ohne Not eines wichtigen Oi^ans beraubt, das sich sehr wohl
Iten lässt, begeht ein grosses Unrecht nnd sündigt wider das erste Gebot
Dperativen Chirurgie.
Mnscatello {16) teilt vier Fälle von Krebs des Rektum mit, welche
Ezstirpation nach dem perinealen Verfahren operiert wurden. Bei dem
m handelte es sich um einen grossen ampullenartigen Krebs (Adeno-
inom), welcher die blosse Rektalwand in Mitleidenschaft zog. Es wurden
m Darm exstirpiert and der Stumpf nach einer Drehung von 180 an
[Cutis angenäht. Nach 14 Monaten hielt sich der Anus kontinent, die
sntin befand sich in gutem AUgemeinzustande. Im zweiten Falle, einem
liven Anorektal krebs mit umfangreichen Metastasen in den Präsakral-
;lien, bei dem ein Darmstnck von 12 cm entfernt wurde, war der Erfolg
EUg auf die Kontinenz negativ infolge des ausgedehnten Substanzrerlnstes
perinealen Gewebe. Der dritte Patient zeigte einen kreisförmigen Krebs
Beckenkolon an der Grenze des Rektum. Es wurde ein Darmtraktus
22 cm exstirpiert und das beweglich gemachte sigmaförmige Kolon au
Hautwunde angenäht. Das Allgemeinbefinden wurde wieder ein vorzüg-
IS, nach 10 Monaten zeigte sich keine Spur von Reproduktion and die
linenz für festen Stahl liess nicht nach, Im vierten Falle bestand ein
sinom, das von der Ampulle bis zu dem ulzerierten, mit der Prosata und
Blase verwachsenen Beckenkolon reichte. Nach einer beschwerlichen
ösung von den verwachsenen Organen wurden 18 cm Darm entfernt,
[en der angeborenen Kurze des sigmaförmigen Gekröses konnte der
apf nicht mit der Hautwunde vereinigt werden, weshalb er 5 cm darüber
stigt wurde mit Ansetzung eines Gummirohrs und Tamponade der Wunde.
Befinden des Patienten nach 7 Monaten war bis auf die unvermeidliche
mtinenz ein gutes. Das in diesen Fällen erzielte vorzügliche Resnitst
t, dass die perineale Methode ausgedehnte Angriffe anf den Mastdarm
attet in gleicher Weise wie die sakrale Methode und ohne die unmittel-
m Gefahren und die definitiven Übelstände, denen letztere ausgesetzt ist.
R. Giani.
Delag^niere (5) empfiehlt für hochsitzende, inoperable Karzinome
Mastdanns oder des S romanum die Anlegung einer Ueorektalen Anasto-
e, falls es die Lage des Tumors noch erlaubt. Er wählt die Naht, nicbt
Knopf, und zwar möglichst entfernt vom Tumor.
Zwei Fälle, die an OkklusioDserscheinungen gelitten hatten, wurden so
riert. Der eine lebte noch 17, der andere 5 Monate nach der Operation.
ersten Falle kam es zum Scbluss wieder zu Stenoseerscheinungen.
In der Diskussion spricht sich Quenu für die Anlegung eines Anoi
ins ans, wenn es sich um akuten, völligen Verschluss handelt und, trenn
Raum zwischen unterer Tamorgrenze und Rektum kein ausreichender ist.
zteres ist nicht der Fall bei Tumoren des oberen Rektumabschnittes oder
Flexur. Nur die eng begrenzten Scirrhen mit wenig Ulzeration und ge-
;er Neigung zum Fortschreiten können eine Ausnahme machen und die
Mertens, Verletzangen und chinirg. Eraoldieiieii des Rekiams. 857
Anlegiing einer Enterorektostomie erlauben. In den anderen Fällen ist die
baldige Wiederkehr von Stenoseerscheinnngen zn befürchten, auch ist die
wesentlich höhere Gefahr der Operation in Rechnung zu stellen.
Tuffier schliesst sich im allgemeinen Quenu an und betont ebenfalls,
dass genügend Abstand vom Tumor zu halten ist und die Öffnung eine weite
sein muss.
Hartmann gibt dem Anns praeternaturalis den Vorzug, schon wegen
der bei weitem grösseren Gefahr der Anastomosenbildung. Die Beschwerden,
die ein Anus praeternaturalis verursacht, sind verhältnismässig gering, wenn
die Anlegung in modemer Weise mit möglichster Schonung der Muskeln er-
folgt. Für die gutartigen Scirrhen kann die Anastomose in Frage kommen.
In der Diskussion (1) über die Behandlung maligner Geschwülste des
Rektams teilen eine grosse Anzahl von Rednern ihre Ansichten mit über die
verschiedenen Operationswege (perinealer, sakraler, abdominaler) über die Not-
wendigkeit oder Entbehrlichkeit eines präliminaren oder definitiven Anus
iUacns, über die Versorgung des Darmendes etc.
Hart well (8). Durch drei Dinge wird es gelingen, die Erfolge der
w^en Karzinom ausgeführten Mastdarmresektion zu verbessern: 1. Durch
frühzeitige Mastdannuntersuchung. 2. Durch Vermeiden septischer Infektion
der Operationswunde. 3. Durch radikales Operieren. Der zweite Punkt fordert
Anlage eines inguinalen Afters, wobei die Schlinge intermuskulär und unter die
Rektusscheide gelagert wird. Ferner Vernähen des Afters vor der Operation,
Abtrennen des Darmes mit Kauterisator.
Radikales Operieren ist meist nur möglich, wenn das ganze distale Ende
mitsamt dem After exstirpiert wird^ da gerade dicht oberhalb des Sphinkters
gefahrliche Lymphdrüsen liegen. 46 Fälle werden mitgeteilt, die in New-York
operiert wurden.
Mignon (13) beobachtete bei einem jungen Manne einen die ganze
Ampulle des Rektums ausfüllenden Tumor, der gestielt von der Vorderwand
des Rektums ausging. Die untere Grenze des Stiels lag 12 cm oberhalb des
Afters, die obere Grenze war nicht festzustellen. Zwischen Tumor und
hinterer Rektumwand konnte der Finger durchdringen. Die Oberfläche des
Tumors wurde von gesunder Schleimhaut gebildet, die Konsistenz war hart
bis prall elastisch.
Die klinischen Erscheinungen waren die der Darmokklusion, die plötz-
lich, etwa acht Tage zuvor, eingesetzt hatten. Der Leib war stark aufge-
trieben, irgend welche Entleerungen von Kot oder Gas fanden nicht statt.
Bei der zwecks Anlage eines Anus praeternaturalis der linken Seite vor-
genommenen Eröffnung der Bauchhöhle, fand sich eine tuberkulöse Peritonitis
mit viel freier Flüssigkeit und starker Verwachsung der Darmschlingen.
Durch den Anus praeternaturalis bekam der Kranke nach sehr reichlicher
Entleerung von Kot grosse Erleichterung. Die erste Stuhlentleerung auf na-
türlichem Wege erfolgte erst vier Wochen nach der Operation. Der Kranke
erholte sich nach der Operation zusehends und fand seine Gesundheit wieder.
Die Geschwulst stellte also eine hemienartige Aussackung der vorderen
Wand des Rektum in das Lumen des Rektum vor. Die Disposition lag wohl
in einer abnorm grossen und tiefen Gestaltung des Douglas, zu der sich dann
der Druck des tuberkulösen Aszites als weitere Ursache gesellte.
Jahreabsriclit fOr Cbimi^i«. II. Teil.
B. BpeKiellea.
a) Kongenitale Störangen.
jlritel, Cure »dieale des ftboadiBmentB coDgioitMiz da rectom dku l'arMAre |MwUheDr
; de U vBBsie. Rev. d'orthop. Nr. 5.
tleyer, Über einige AbnarmiUten am Schwuizend« meatcbl. Fstea etc. Virchows
rchiv. 180. 2.
The
b) Verletzangen. Fremdkörper.
üahn. Ober EljetierTerletzangen. Strawborger med. Zettung Jani 1904.
ellj, Usions da recbim occaaionn^e par reiamen gynicologfqae. Sem. mM.
Kelly (2) berichtet über vier Fälle von Gektnmperforation durch den
Rektum aas untersnchenden Finger. Davon ist ein Fall ibm selbst
ert. Ältere fettreiche Frauen neigen za der Verletzung, einmal weil die
ibe leichter zerreissen und dann weil die Fettleibigkeit leicht zu stärkerer
Anwendung herausfordert. Beim Eintritt der Verletzung ist es nötig,
vaginale oder abdominale Eröffnung der Bauchhöhle sofort ausznrühren
die verletzte Stelle zu nähen.
c) Entsnndnngen, Geschwüre, Strikturen.
all, The treatment of inveterat« pmritae sni. Brit. med. joaraal. Jan. 21.
eaoh, Anal fiaanre. Hed. Newa. Jan. 7.
Idjat, lUtr^ciaaement dn rectam. Joarn. de mM. de Berd. Nr. 22.
iDgel. ÜberRehtalgonorrhSe aad VulvoTaginitiB iofant. Berliner klin. WochenechtifL
r. 12.
^rankenbnrger, lafl^mmatorj' etrictura of the rectnin. Hed. Newe. Febr. 4.
renod, Tuberkaloae dea Bektams. AUgem. med. Zentral Zeitung. Nr. 34.
3auttier, Ezdaion d'ane fistule k Tanns etc. Lyon niddicale. Nr. 2.
iea. Extensive rectal strictures. Annale of eurgery. Jalj.
Wallis, Ano-rectal nlceration. The Practitioner. Sept. Ref. Zentralbl. fOr Chimrgi*.
r. 45.
Ware, Plaatie Operation for the onre of a recte - urethral fiatnla. Hedical New*.
Uly 15.
In überaichtlicher Weise bespricht Wallis (9) an der Hand von Skizzen
«hung, Verlauf und Behandlung der Fissnra ani, Fistnla ani, periprokti-
sr Abszesse, sowie der mit Ulzeration der Schleimhaut einhergeheDden
tiösen Proktitis. Letztere mit Schmerzen und Brennen im After, sowie
^usflnss blutigen Eiters verbunden, zeichnet sich durch öeckweise Ulze*
□ der Schleimhaut, submnköse Infiltration der nicht geschwungen Stellen,
ge Ausheilung und Schrumpfung der primär befallenen Peripherie wis.
lat mit Lues nichts zu tun. Eine Striktur des Mastdarms nach luetischer
■ation hat Verf. überhaupt niemals beobachtet. Die Ursache sind noch
sicher isolierte Mikroorganismen. Zur Radikalheiiung wird die Exzision
erkrankten Darmteils vorgeschlagen.
Flügel (4). Während bei Frauen etwa '/i aller Fälle von Vulvovagi-
an Rektalgonorrhöe leiden, wurden bei Kindern nur 20 7o erkrankt ge-
an, und zwar anter 56 Fällen U- Die subjektiven Beschwerden und
Mertens, Verletzungen und chirurg. Krankheiten des Rektums. 859
ErscheiniiBgen waren meist gering. Einige Kinder klagten über Stuhldrang
und Brennen im After. Die Infektion könnte durch Instrumente (Thermo-
met>er, Injektionsspitze) entstehen, rührt aber wohl meist von dem aus der
Vagina herabfliessenden Scheidensekret her.
Die Behandlung bestand in Applikation von Snppositorien von 0,01
Ärgentnm nitricum oder Albargin oder in Ausspülungen mit Solutio Argenti
nitric. 1,0:3000,0.
Die Dauer ist verschieden, vier Tage bis vier Wochen und mehr. Schliess-
lich wurde immer Heilung erzielt. In allen Fällen wurde das Rektalsekret
früher gonokkenfrei als das Vaginalsekret.
Ries (8) operierte eine Frau wegen syphilitischer Rektalstrikturen bei
gleichzeitigen allgemein syphilitischen Erscheinungen. Bei der zur Resektion
der Striktur vorgenommenen Operation fand sich in der Flexur eine zweite
Striktur. Deshalb wurde es nötig, eine Laparotomie zu machen. Das Colon
descendens wurde oberhalb dieser zweiten Süiktur durchtrennt und das proxi-
male Ende dicht oberhalb des Sphinkters seitlich dem Rektum eingepflanzt,
während die obere Öffnung des distalen Endes in sich geschlossen wurde. Der
Erfolg war ein guter, die sehr heruntergekommene Frau erholte sich völlig.
Erst nach füunf Jahren trat auch in dem neuen Rektum wieder die gleiche
Strikturbildung auf, die nunmehr wegen Mangels eines weiteren, genügend
beweglichen Kolonteils die Anlegung eines Anus praetematuram nötig machte.
Verf. erwähnt noch drei von Rotter in gleicher Weise operierte Fälle,
bei denen es später ebenfalls wieder zu Strikturbildung kam.
Bei seinem Fall erwies sich das ausgeschaltete ursprüngliche Rektum
bei der späteren Operation fast völlig obliteriert.
Clej at (3) demonstriert ein Rektum mit Striktur- und Fistelbildung und
ulzerösen Prozessen. Die Krankengeschichte wird ebenfalls mitgeteilt. Die
Diagnose schwankt zwischen syphilitischer Striktur und tuberkulösen Ver-
änderungen.
Freund (6)i Bei einer 33jährigen Frau waren mehrfach starke BIu-
tnngen aus dem After vorgekommen. Die Untersuchung ergab gesunde Lungen,
im Abdomen keinen Tumor, keine Empfindlichkeit. An den Kotstücken, findet
sich Blut und eitrige Fetzen, in denen reichliche Tuberkelbazillen nachge-
wiesen werden.
Die digitale Untersuchung ergab keinen Befund, dagegen fand man mit
dem Spekulum, 15 cm vom Anus entfernt, ein oberflächliches Geschwür. Der
mit dem Tupfer entfernte Schleim enthielt reichliche Tuberkelbazillen.
Bei Sorge für dünnen Stuhl und Darmausspülungen hörten die Blutungen
anf. Auffallend in dem Fall waren die starken Blutungen, das Fehlen jeder
Tnmorbildung, wie sie durch die Tuberkulose am anderen Ende des Dick-
darms (Cökum) bedingt wird und das Fehlen der Stenoserscheinnngen. Das
Leiden dürfte ein lokales sein, was auch der Annahme Sourdilles ent-
sprechen würde.
Ball (1). Die Behandlung von Pruritus ani führt in vielen Fällen nicht
zum Ziel, trotz Anwendung aller gebräuchlichen Mittel, sei es, dass das
Leiden in einer Dermatitis, sei es, dass es in einer Erkrankung der das Ge-
biet versorgenden Gefühlsnerven (III. und IV. Sakralnerv) seine Ursache hat.
Der Pruritus betrifft nur die äusseren zwei Drittel des Afters, die mit Platten-
epithel bedeckt sind und die benachbarten Hautabschnitte, nie den inneren
860 JAhrmbericU fUr Cfainugie. II. Tail.
mit Schleimhant aoBgekleideteD Afterteil. Nnr die ersteren Teile haben sen-
sible Fasern.
Für die veralteten Fälle sind von anderer Seite auBgedehnte Kaateri-
sation oder Exzision der kranken Haut angewandt worden. Verf. hat diese
Verfahren nicht geübt, er hält sie für nnnötig eingreifend und schlägt vor,
die znführenden sensiblen Nervenfasern zn durchschneiden.
Zn dem Zweck umschneidet er in Form einer Ellipse die ganze er-
krankte Partie nur vom nnd hinten eine Brücke stehen lassend. Dann geht
er von dem Schnitt in die Tiefe bis auf den Spfaincter extemus und löst
von beiden Seiten die Haut lappenformig ab, bis in die Höhe der Hant^
schleimhantgrenze des Afters. Die beiden Brücken werden unterminiert, so
dass auch hier alle zuführenden Fasern durchtrennt werden, und ebenso
werden die seitlichen Hautabschnitte bis über die erkrankte Hautpartie hinaus
unterminierL Nach sorgfältiger Stillung der Blutung werden die Hantlappen
reponiert und vernäht.
Das Gefühl kehrt nach einigen Monaten wieder, der Pniritos bleibt ge-
heilt, wenigstens war dies bei drei so operierten Kranken der Fall. Das Ver-
schwinden des Pruritus tritt sofort ein.
Coles Brich (2) weist darauf hin, wie hänfig bei Lungentuberkulose
tuberkulöse Fisteln vorkommen und umgekehrt, und wie nötig es ist, stets
die Lungentuberkulose bei der Behandlung zu berücksichtigen. Eine Atber-
narkose verwirft er bei diesen Kranken wegen des ungünstigen Einflusses auf
die Lungentuberkulose.
d) Geschwülste. Prolapse. Hämorrhoiden.
1. *Adl»r, Iniisre und Bnuere Hftmarrhoideii. Journal of Americaii Äaaociation. Nr. 3.
2. Allaita, Le traitement des h^moiroidea et de la fisaure k l'aniiB par lee oooranta d«
hante fr^aence. Jonnial de mAd. de Paris. Nr. 33.
3. V. Baraci, Zoi BehandlaDg vorgefallener brandiger HAmorrhoidalknaten. Zeutnlblttt
fOr Chirurgie. Nr. 17.
i. Combf, Traitoment dea b^Tnonhoidea ches lea enfanta. La Preea« mMicale. Nr. 1.
6. Delberms-Laguerriere, Couranta de haatoa frequences et b^morrhoideB. La Pr«M«
iD^icale. Nr. 23.
6. *Le Denta, ProUpaos du rectum traitö succeasiTameiit par etc. finll. et m^m. de 1*
Soc. de Chimrg. de Paria. Nr. 3L 2.
7. Freund, Die nichtoperatiTe Behandlung der Hämorrhoiden. Allgemeine med. Zentnl-
Zeitong. Nr. U.
' 8. Gaignarot, Cancer da rectnm et Cancer eeeondair« du foie etc. Journal de mU. it
Bordeaux. Nr. 11.
9. Oilbert-Lereboullet, L'origine bäpatiqne dea hämorrhoides. Jonmal de med. et
de Chirurgie pratique. Nr. 21.
10. Gonlliond-FajeBe, De l'ampntation abdomino-pärindale dn rectum eancdrenx. Beroe
de Chirurgie. Nr. 6 et 7.
11. *EirBchkron, Heilung der Hfimorrhoiden auf unblntigem Wege. HediiinalanieigM.
Nr. 26.
12. Hofmann, Zur Pathologie dea Prolapaua ani et recti nnd seine operative Behindlmig
durch Beckenplastik. Zentralblatt. Mr. 3b.
13. Eenned}', Ciue of escision of a atrangnlated prolapsed reetnm etc. Glasgow mni
Journal. Jan.
14. Laplace, Gsciaion progreasive des paqaets hämorrhoid airsa internes. Semaine mMical.
Nr. 1.
15. 'Meyer, Exciaion of tbe rectum for Carcinoma. Annab of Surgei^, Oct. p. 60$.
16. Monnier, Cancer du rectnm ä forme h^patique. Journal de midicine et de chinirgi*
pratique. Nr. 23.
Mertens, Verletzangen nnd chirnrg. Krankhaiien des Rektums. 861
17. Mammery, A snceessfal removal of a large papilloma of the rectom. The Lancet.
Sept. 28. p. 888.
IS. ^Noesske, Polyposis adenomatosa des Dickdarme Mflnchener med. Wochenschrift.
Nr. 2.
19. Pachino, Über Dauerresaltate der Kolopezie bei hochgradigem Rektamprolaps. Brnns
Beitrage. Bd. 45. Heft 2.
20. Petit, Tmnenr calcnlense pMicalte du rectum. Bull, et möm. de la sociötä anatom.
de Paris. Nr. 8.
21. *Picqn6, Cancer dn rectum etc. Bull, et m^m. de la soc. de Cbir. de Paris. Nr. 31. 1.
22. ^Robin, Le traitment m^dicale des hämorrhoides. Jonmal de mM. de Paris. Nr. 26.
2S. Schlucht, Die chirurgisohe Behandlung der Hämorrhoiden. Eine klinische Sammel-
atadie. Königsberg in Pr. Gr&fe und Unze. II. Aufl.
24. *Smith, Cancer of rectum. Med. News. Not. p. 958.
25. Taylor, Operative treatment of rectal Cancer. Med. Press. July 26.
26. Tilton, Exdsion of Carcinoma of the anal portion of the rectum. Annais of Surg.
Aug. p. 273.
27. ^Yillard, De l'ezstirpation trans- anale dn rectum cane^nse. Lyonm^cale. Nr. 82.
p. 233.
28. Yrädöne, La torsion du rectum en tont que proc4d^ du traitement du prolapsus rectal.
La S^maine m^d. Nr. 6. I Referiert aus Rousdci Vratch 1904. 80 Oct
29. Wallis, A oase of ezcision of the rectum for Carcinoma recti. Lancet. April 29.
SO. Walt her, Prolapsus dn rectum etc. Bull, et m6m. de la soci4t4 de Chir. de Paris.
Nr. 7. p. 213.
31. Zimmern, Th^rapentique physique des hömorrhoids et de leurs oomplications. Presse
m^cale. Nr. 4.
Tilton (26) hat eine Fran von 54 Jahren wegen eines fünfmarkstück-
grossen Karzinoms der hinteren Wand des Rektums mit Erfolg vor sechs
Monaten operiert. Die Funktion ist trotz des Verlustes von zwei Dritteln
des Sphinkters gut.
Gaignerot (8) berichtet über einen Fall von hochsitzendem Rektum-
karzinom, dass ausser Obstipation keinerlei Symptome gemacht hatte. Dann
traten plötzlich Okklusionserscheinungen auf und nach einem plötzlichen
heftigen Schmerz allgemeine Peritonitis und Tod.
Die Autopsie liess einen ringförmigen Scirrhus im oberen Rektum er-
kennen, der kaum für eine Sonde zu passieren war und weit von der Stenose
entfernt eine Perforationsstelle des übermässig gedehnten Kolon. In der
Leber fand sich eine Metastase.
Monnier (16) weist darauf hin, dass ein Rektumkarzinom bisweilen
keine oder sehr unbestimmte Erscheinungen machen kann, bis plötzlich die
rapide Entwickelung eines sekundären Leberkarzinoms die Sachlage klärt.
Ein solcher bei einem alten Manne beobachteter Fall wird mitgeteilt, bei
dem nur zeitweilige Durchfälle und bisweilen etwas Blutgehalt des Stuhles
den Verdacht erweckt hatten. Der schnell wachsende Lebertumor klärte
das Bild.
Wallis (29). Bei einem 72jährigen Manne, der seit acht Monaten an
blutigen Diarrhöen litt, fand sich ein Rektumkarzinom, dessen unteres Ende
3V2 Zoll über dem After begann, dessen oberes Ende noch zu erreichen war.
Der Tumor war beweglich.
Von einem sakralen Schnitt aus wurde das kranke Darmstück reseziert.
Nur die vordere Wand der beiden Darmenden durch einige Nähte vereinigt,
im übrigen das obere Ende in die sakrale Wunde genäht.
Später wurde zur Beseitigung des sakralen Afters das obere Darmende
unter Eröffnung des Peritoneums aus seinen Verwachsungen gelöst und durch
862 Jahresbericht ffir Chimrgie. IL Teil
das untere, von Schleimhatit entblösste, invaginiert. Das Resultat war ein
vollkommenes.
Taylor (25) spricht über die Operation, welche er bei Rektumkarzinomen
anwendet, die den Sphinkter freilassen und nicht oder nicht hoch auf das
Colon pelvinum übergreifen.
Notwendig ist, dass die Geschwulst auf den Darm beschränkt ist und
also das Rektum seine Beweglichkeit nicht zu sehr eingebüsst hat. Wichtig
ist eine genügende vorherige Entleerung des Darmes. 24 Stunden vor und
einige Tage nach der Operation gibt er Opium. Linke Seitenlage bei stark
angezogenen Knien. Schnitt von der Mitte des Sacrum bis 2 cm vom Anns,
Entfernung vom Coccyx und unterstem Ende des Sacrum. Sehr wichtig ist,
dass die Rektalfaszie vollständig gespalten wird, am besten, indem sie mit
Klemmen emporgehoben wird. Die Spaltung erfolgt bis zwischen die Leva-
tores ani. Dann hat die Isolierung und Lösung des Darmes zu erfolgen, und
zwar möglichst oberhalb der Geschwulst. Dazu ist die möglichst frühe Er-
öffnung des Peritoneums nötig. Das perirektale Fettgewebe wird durchtrennt,
in der Höhe des Knochenschnittes, etwas nach rechts vom Darm. Nahe
am Darm würde hier die Gefahr einer Verletzung der Arteria haemorriioi-
dalis bestehen. Nach Eröffnung der Peritonealhöhle wird der rechte Zeige-
finger eingeführt, das Peritoneum auf der linken Darmseite vorgestülpt und
auf dem Finger durchschnitten. Dann wird ein Gazestreifen um das Rektum
geführt und der Darm kann, eventuell unter weiterer Spaltung des hinteren
und seitlichen Fettgewebes leicht vorgezogen werden.
Dann erfolgt die Durchtrennung des Darmes nach vorheriger Ligatur,
Lösung des distalen Darmendes und Abtragung oberhalb des Sphinkters. Das
distale Darmende wird schliesslich durch den evertierten A.nus gezogen und
die Darmwand des Analteils in dieser Lage mit ihm vernäht. Das Dannende
bleibt für die ersten 24 Stunden geschlossen. Die Operationswnnde wird bis
auf eine Öffnung für einige Gazedrains geschlossen. Der Heilungsverlauf ist
ein günstiger. Verschiedene Fälle werden näher mitgeteilt.
Goulliond et Faysse (10). Acht Fälle von abdomino- perinealer
Ezstirpation des Rektum werden ausführlich mitgeteilt, und zwar davon 7
bei Frauen, einer bei einem Manne. Letzterer starb im Anschluss an die
Operation.
Darauf werden die Vorzüge der Operation besprochen. Sie erlaubt
breitere Indikationsstellung, sowohl in bezug auf die Höhen als auf Breiten-
ausdehnung der Geschwulst, gestattet radikales Operieren und aseptisches
und unblutiges Vorgehen. Ein Nachteil liegt in der Opferung des Sphinkter.
Für die Feststellung der Dauerresultate ist die Zeit noch zu kurz.
Die Operationsmortalität aller veröffentlichten Fälle beträgt: Von 31
Operierten starben 11, wurden geheilt 20. Davon waren Frauen 16, mit
1 Todesfall = 6,2 7o, Männer 15 mit 10 Todesfällen = 66,2^/0.
Die angewandte Technik deckt sich im grossen und ganzen mit der
von Quänu früher beschriebenen. Es werden vier Zeiten der Operation unter-
schieden: 1. Mediane Laparotomie, seitliche Inzision für den Anus iliacns.
Durchtrennung der Flexur. Reposition des soi^ältig vernähten unteren
Darmendes. 2. Lösung des Rektums. Unterbindung des Mesorektums und
der Art. haemorrhoidales super., womöglich auch der Arteriae hypogastricae,
deren Aufsuchung beschrieben wird. Die Lösung des Rektums erfolgt mög-
lichst weit nach unten. Das Peritoneum wird über dem Mesorektumstumpf
Hertens, YerletzoDgen and chimrg. Krankheiten des Rektums. 863
remaht. In das Becken wird ein Tampon eingeführt, darauf die Bauchhöhle
geschlossen. 3. Bildung des iliakalen Afters. 4. Perineale Exstirpation nach
Lisfranc Herausleiten des im Becken befindlichen Tampons und Tampo-
oade der Wundhöhle.
Yerff. sprechen sich sehr zugunsten der Operation aus.
Mammery (17). Der Kranke litt an Anfaulen von Diarrhöe, Tenesmus,
Gefahl nnvoilkommener Entleerung des Darmes und zeitweiligen Blutabgang.
Im Darm war eine weiche, papillomatöse Masse zu fühlen und mit dem
Elektroskop der Ausgangspunkt zu sehen. Von einem hinteren Peritoneal-
schnitt anter Entfernung des Coccyx wurde das Rektum freigelegt und vor-
gezogen, seitlich vom Ansatz der Geschwulst erö£fnet und der Teil der Darm-
wand, von dem die Geschwulst ausging, exzidiert, und die Darmwunde wieder
geschlossen. Heilung. Mikroskopisch zeigte die Geschwulst das gewöhnliche
Bild des Rektumpapilloms.
Petit (20) demonstriert einen nussgrossen, rein adenomatösen Tumor,
der in seiner Mitte einen Stein birgt. Der Tumor war gestielt etwa 7 — 8 cm
über dem Sphinkter und war aus dem Anus getreten. Es stammt von einem
Pferde.
Pachino (19) spricht über Dauerresultate der Kolopexie bei hoch-
gradigem Rektumprolapsus. (Königsberger chirurgische Klinik.)
Der Prolapsus recti ist mit Recht als eine Hernie aufgefasst worden.
Dieser Auffassung würde die Kolopexie gerecht werden.
Jeannel hatte mit der Kolopexie die Anlegung eines temporären Anus
praeter naturam verbunden, um den Katarrh des Rektum in der kotfreien
Zeit zu beseitigen. Die Befestigung des Kolon war dadurch ausserdem viel
fester geworden. Ohne diese festere Verwachsung durch Anlegung eines Anus
praeter naturam lösen sich die Verwachsungen bald wieder. Die durch die
Kolopexie gesetzten Verwachsungen könnten zu innerer Inkarzeration Ver-
anlassung geben, auch ist das Entstehen einer Ventralhemie nicht auszu-
schliessen. Die Kolopexie berücksichtigt in keiner Weise den schlechten Zu-
stand des Beckenbodens und das ist ihr Hauptvorwurf.
Es sind zur Vorbeugung dieser Ereignisse und zur Besserung der
schlechten Erfolge zahlreiche Modifikationen angewandt worden.
Die meisten Modifikationen legen den Hauptwert auf eine feste Ver-
wachsung des Peritoneum parietale und viscerale (v. Eiseisberg, Weber),
andere lassen den Darm noch direkt mit der Muskulatur und der Faszie
Terwachsen (Bogdanik). Rotter nähte den Darm nicht an der Bauch-
wand, sondern auf eine grosse, von Peritoneum entblösste Fläche der linken
Beckenschanfel an. Ludloff hat, bislang nur an Hunden, die End-zu-
Seitanastomose des Darms ausgeführt. Das blind vernähte, distale Darm-
ende wird straff emporgezogen und der Stumpf zwischen die Muskulatur der
Banchwand in die Laparotomiewunde genäht.
Zur Kräftigung der Muskulatur des Darmes und Beckenbodens sind
verschiedene Massnahmen neben der Kolopexie zur Anwendung gekommen.
Bryant behandelte den Sphinkter elektrisch, Berg wandte Thure Brandsche
Massage an, G^rard Marchand will nach Napelhoff beide Hälften des
Leyator ani verkürzen und miteinander vernähen.
Bardenhauer hat einmal durch Vernähung des Plicae Douglasii den
Verschluss des Dou gl asschen Raumes herbeigeführt und ausserdem die
Flexur in Form einer Schleife nach rechts verlagert.
864 JihrMberiobt fDr Chinirgie. II. Teil
Die Resultate aller dieser Modifikationen waren ebenfalls schlechte,
was sich ei^bt, wenn man die Nachprüfiuigen erst nach längerer Zeit, min-
deetena ein Jahr post operationem vornimmt. Unterwirft man die in der
Literatur Teröffentlichten Fälle einer scharfen Kritik, so erhält man 59''/d
Rezidive.
Von den in der Königsberger Klinik operierten Fällen, von denen 11
in Frage kommen, sind 5 Heilungen, 6 Rezidive, dabei sind kleinere Pro-
lapse, die keine Störui^en machen, als Heilnngen gerechnet. Das sind bi,b°!i>
Rezidive.
Die Rezidive sind so häufig, weil die eigentlichen ätiologischen Momente
durch die Operation nicht bekämpft werden (Rektalkatarrh, Obstipation, er-
neute Gebniistranmen , Prostatahypertrophie etc.) Dazu kommt, dass die
Patienten der niederen Klasse oft alsbiJd ihre schwere Arbeit wieder tun
müssen und keine Zeit nnd Intelligenz haben, sich einer geregelten Nachknr
zu widmen.
Die Kolopexie ist nnr indiziert bei nicht inkarzerierten und reponiblen
Hastdannvorfällen, wenn es sich um gebildetere Patienten handelt, die keine
körperlich schweren Arbeiten zu leisten haben. Bei Frauen, nur wenn keine
weitere Gebarten zu erwarten sind.
Für alle anderen Fälle, also die Mehrzahl, wendet man sich vielleicht
besser anderen Metboden zu, wie sie von Rehn und Bier angegeben
wurden.
Hof mann (12) Die bisherigen Operationsverfahren des Prolapsus ani
et recti haben wenig befriedigende Resultate gehabt, trotzdem sie teilweise
recht gefährliche Eingriffe darstellen (Resektion, Kolopexie, Verödung des
DoQglas). Die weniger gefahrlichen Eingriffe, die auf eine Verengerang dea
Afters hinzielten, waren noch weniger erfolgreich.
Nach Esmarchscher Auffassung war znnächst die Schleimhaat prola-
biert und dann die übrige Darmwand nachgezogen.
Waldeyer-Ludtoff fassen den Vorfall als Hernie auf, bedingt durch
den intraabdominellen Druck bei Tiefstand der Plica Douglasii, als eine In-
vagination recti et ani, von der scharf zu trennen ist der ProUpsus ani
et recti.
Hof mann hält solche Traumen nicht für wichtig. Er glaubt, dass
die Nachgiebigkeit und Schwache des Beckenbodens die eigentliche Ursache
des Prolapses ist, gerade wie beim Prolapsus uteri ein anatomischer oder
funktioneller Defekt des Dammes die Voraussetzung bildet.
Daher werden auch Kinder und schwächliche Frauen von dem Leiden
meist befallen. Gerade bei Kindern ist der Beckenboden wenig resistent,
wozu die noch meist fehlende Exkavation des Steissbeins kommt. Daher li^
die Ampntla recti nicht in einer so vollkommenen Aushöhlung. Kommt ein
starker intraabdomineller Druck hinzu, so entsteht ein Eingeweidebmch unter
der Form des Mastdarmvorfalles. Der Beckenboden spielt dabei die Rolle
der ßmcbpforte.
Zur Beseitigung hat Hof mann folgende Methode der Beckenboden-
plastik angewandt. An der Grenze von Haut und Schleimhaut wird die
hintere Umwandung des Anus mit einem H förmigen Schnitt durchtrenot.
Die parallelen Schnitte sind nach aussen konkav. Das Kektum wird stumpf
nach der Tiefe 4 --5 cm abgelöst. Dann werden die beiden Wandränder in
der Mitte gefasst und der rektale nach vom, der andere nach hinten aus-
Hertens, Verletsnngen und chirarg. Krankheiten des Rektums. 865
gezogen und die trichterförmige Wandhöhle mit starkem Catgut quer in Etagen
vernäht, ähnlich wie bei der Dammplastik von Lawson-Tait.
Primärteilung ist für guten Erfolg unerlässlich. Der Eingriff ist ein
geringer und wird auch bei Kindern zur Umgehung der langwierigen anderen
Behandlungen angewandt werden können.
Neben der Plastik würde sich bei sehr grossen Vorfallen natürlich noch
eine Kolopexie ausführen lassen.
Kennedy (13). Ein 28 jähriger männlicher Kretin litt seit Jahren an
einem Rektalprolaps, der allmählich an Grösse zunahm. Einmal gelang es
nicht, den über fnsslang vorgefallenen Darm zurückzubringen, weshalb chirur-
gische Behandlung im Krankenhaus notwendig wurde. Der Kranke war in
völlig kollabiertem Zustande, da aber die Reposition unmöglich war, wurde
der Prolaps abgetragen und das Kolon an den kurzen stehengebliebenen Anal-
teil ai^enäht. Es wurden 22 Zoll Dann entfernt und zwar das ganze Rektum,
die Flexur und ein erheblicher Teil des Kolon.
Die Heilung verlief glatt. Der Prolaps war dauernd beseitigt, anfäng-
liche Durchfälle verschwanden völlig.
Walther (30) stellte einen Kranken vor, den er 8 Jahre zuvor wegen
eines kompleten Prolapsus recti nach der Methode Mikulicz operiert hatte.
Die Untersuchung ergibt nicht die Spur eines Rezidivs, selbst die Operations-
narbe ist nicht mehr zu finden.
Zur Behandlung von Prolapsen des Rektums, deren Länge 6 — 8 cm be-
trog, hat Vred^nS (28) eine Drehung des unteren Rektalabschnittes ange-
wandt, ähnlich wie Gersuny sie angegeben hatte. Der untere Rektal-
teil wurde zu dem Zweck nach Umschneidung des Anus von seiner Um-
gebung gelöst und der Darm dann um 18(P — 270^ gedreht, wodurch das
Lumen so verengert wird, dass kaum der Zeigefinger passieren kann.
Ein Rezidiv ist nicht aufgetreten, obwohl einzelne der Operationen schon
Tor drei Jahren ausgeführt waren.
Gilbert et Lereboullet (9) erblicken in Erkrankungen der Leber
eine sehr häufige Ursache der Hämorrhoidenbildung. Dabei ist die Erkran-
kung der Leber allerdings häufig noch latent. Durch die Erkrankung der
Leber, auch durch Gallensteinbildung, kommt es zu Stauungen im Pfortader-
kreislauf, die wieder zu Stauungen in den Hämorrhoidalvenen führen. Gleich-
zeitig damit kann es zu Milzschwellungen, Blutbrechen oder Stauung in den
Haatvenen kommen. Umgekehrt liegt in dem Vorhandensein von Hämorrhoiden
ein diagnostisch wertvolles Symptom für die Erkennung oder das Vermuten
Ton noch latenten Leberleiden.
Schlacht (23) gibt eine historische Übersicht der Methoden der Be-
handlung der Hämorrhoiden und bespricht jedenfalls die hauptsächlichsten
genau. Zur Orientierung über die verschiedenen Methoden ist die Schrift
recht geeignet.
Roman v. Baracz empfiehlt für vorgefallene brandige Hämorrhoidal-
kDoten die v. Langenbecksche Kauterisation, mit der er seit langer Zeit
gute Erfolge erzielt hat.
Laplace (14) fasst an Stelle der Whiteheadschen Operation die
Hämorrhoiden mit einer Klemme, zieht sie vor und trägt sie schrittweise ab,
oach jedem Schnitt die Wunde mit Catgut verschliessend. Er hat 83 Fälle
mit stets günstigem Erfolge operiert.
JilirMb«rielit für Ohirnrgie 1905. 55
366 Jahreebaricht fSr Chirai^e. Tl. Teil.
Zimmarn (31) bespricht die nichtblutigen Massnahmen zur Behand-
lung der Hämorrhoiden, Bekämpfung der Obstipation, die lokale Behandlung
durch Sitzbäder, Darmeingi essungen, Massage, die er nicht für empfehlens-
wert hält, passiven Bewegungen der Banchmuskeln, aktiven der Perineal-
nuakeln und schlieaslich die Anwendung hochgespannter elektrischer Strüme,
deren Erfolge er sehr rühmt, auch für die Behandlmig der Fissuren und des
Pmritus.
R. Freund (7). Die nicbtoperative Behandlung wird vielfach unter-
icbätzt. Häufig wird Heilung, auf jeden Fall grosse Erleichterung der Be-
jchwerden erzielt werden.
Eine Prophylaxe hat stattzufinden durch hygienisches Leben, namentlich
Bekämpfung der Obstipation.
Die Behandlung der vorhandenen Hämorrhoiden hat vorwiegend eine
diätetische zn sein, und zwar ist die Boassche Obstipationsdiät za verord-
aen (reichlich gemischte Ernährung mit Gemüse, Schwarzbrot, Kohlarten, Obst
ind Salat. Obst abends vor dem Schlafengehen). Dazu müssen meist die
physiologischen Abführmittel herangezogen werden:
1. Saure Milch, Buttermilch, Essigsäure;
2. Zuckerarten: Honig, Weintrauben, stark gesüsste Kompotte, Milch-
iucker ;
3. Butter und Öl;
4. Kochsalz in reichlich gesalzenen Speisen (Hering, Sardellen, Pökel-
fleisch, Salate).
Alle physiologischen Stopfmittel sind strenge zn meiden (Rotwein, Kakao,
Elfiis, Gries, Mehlspeisen, Tee, Heidelbeeren, Schleimsuppen jeder Art).
Kommt man so nicht aus, oder bestehen Fissuren, oder ist der Stuhl
tchmerzhaft, braucht man Abführmittel : Pulvis haemorrhoidalis FMB., Bitter-
wasser, Einlaufe, Anusolzäpfcben).
Eine brauchbare Methode ist das Einführen von 30 g kaltem Wasser
lach jedem Stuhl, das möglichst lange zurückgehalten wird.
Das lästige Jucken wird meist vermieden, wenn abendliche Entieenuig
ies Darms erfolgt.
Gunstig wirken auch Sitzbäder.
Eine Fissur muss zunächst beseitigt werden. Boas gibt zn dem Zweck
i — 10 Tage Snppenkost und Opium. Bei Tenesmus sind warme Sitzbäder von
10 — 34" empfehlenswert
AUaire (2) gibt eine kurze Übersicht über die bisherige Anwendang
lochgespannter Strome gegen Hämorrhoiden, Fissuren, Tenesmus und sieht
n ihnen ein sehr wirksames Mittel. Bei chronischen Fällen ist die WirkuDg
angsamer, in einem Falle trat sie überhaupt nicht ein.
Delherm et Laguerriere (5). Die Anwendung hochgespannter
tlektrischer Ströme zur Behandlung der Hämorrhoiden ist noch wenig be-
gannt, trotz der guten damit erzielten Erfolge.
Die akut einsetzenden Hämorrhoidalbeschwerden werden sofort wesent-
ich gebessert, auch die subakuten Fälle erfahren eine Beruhigung und Be-
leitigung der Schmerzen.
Die chronischen Beschwerden mit oder ohne Blutung, oder Fissuren-
>ildang, Schmerzen beim Stuhle, verschwinden meist, ebenso perianaler
i*mritas and Ekzem. Auch die periodischen Blutungen und die häufige Dh-
itipation werden beseitigt.
Kammeyer, Die Hernien. 86?
Wie die Symptome werden die Hämorrhoiden selbst beeinflnsst und
nrar können die akut aufgetretenen in einigen Sitzungen völlig verschwinden.
Die chronischen können ebenfalls verschwinden, bedürfen aber häufigerer
Sitzungen, veraltete verschwinden nicht, werden aber schmerzlos.
Die Dauer der einzelnen Sitzung beträgt 2 — 10 Minuten, die Zahl der
Sitzungen beträgt bei akuten Fällen 5—10, bei phronischen 15 — 20, um dann
zanächst eine Unterbrechung zu erleiden. Später werden eventuell kürzere
Nachkuren von 5 — 6 Sitzungen angewandt.
Die Behandlung ist schmerzlos, einfach und von sofortigem Nachlass
der Besc^hwerden gerbigt.
XV.
Die Hernien,
Referent: E. Kammeyer, Berlin.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
I. Allgemeines.
1. Rarhaniy A case of strangalated hernia of the emall intestine and bladder. Lancet
July 15.
2. Bobbio, Dae casi di rottnra traumatica sotto cutanea dell* intestiuo in emie libere.
Giom. della B. Accad. di Med. di Torino. Febbraio.
3. Bonlet, De la hemie par effort devant la joriaprudence fran^aise en 1903. Thöae de
Montpellier 1904. Ref.: Le Progria möd. Nr. 1.
4. Briz, Zar Bebandlnng eingeklemmter Brüche. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 27
5. ^Campbell, On rupture of intestine. Ann. of Sorg. Nov.
6. Dardanelliy Contributo alla resezione primaria nelle emie cancrenate oon suppu
razione periemiaria. La Riforma medica. Settembre.
7. Del Conte, Delle Alterazioni istologiche dell' intestiuo umano e della sua permea
bilita ai batterii negli strozzamenti emiarii. Qiomale iutemat. delle scienze mediche
Marzo.
8. Eh rieh. Über traumatische Hernien. Rostocker Ärzteverein. MOncL med. Wochen
Schrift Nr. 2.
9. Fedele, Contributo allA cura di emie strozzate coUe compresse di etere appllcate
localmente. Policlinico, sez. prat. Faso. 4.
10. Goldner, Betriebsunfall und Leistenbrach. 77. deutsche Naturforscher-Yersammlg.
Münch. med. Wochenschr. Nr. 41.
11. Hagenbach, Über Brachsackdivertikel. Bruns' Beitr. z. Chir. Bd. 45. H. 3.
12. Hansen, Über die Häufigkeit angeborener Bruchsftcke. Langenbecks Arch. Bd. 78.
Heft IL
13. Hoeftmann, Behandlung irreponibler Hernien. Zeitschr. f. orthop. Ghir. Bd. 14.
14. *K auf mann. Über plötzliches Auftreten und Einklemmung in Fettbrüchen. Disaert.
Freiburg.
55*
168 Jahreslwricht fur Chirargie. II. Teil.
,5. 'EinnisBon, Nouvesn bandage de caontchouc pour le traitement de la b«mie Jngoi-
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,6. 'Eranee, Zar Bebandlang eingekleniinter BrDcbe. Eün Fall von HeroU incvcerUa.
Herniotomie mit auch folgen der DarmrasektioD. Hailuog. Deateche med. Wocbenschr.
Nr. 87.
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klemmter BrOcbe. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 76. H. 4—6.
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12. 'Rnssell, Od tb« patbology and treatment of tbe bemiae of children and their
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15. ^ A new method of procedure for the radical eure of inguinal of femoral bemiae.
Tbe Dublin jonrn. Harcb.
Barham (1). Die Blase wird während der Operation angeschnitten,
^näht und ein Danerkatheter mit gutem Erfolg eingelegt. Heilung.
Bobbio (2) berichtet kurz die Geschichten zweier mit freier Inguinal-
lemie behafteten Kranken, welche infolge eines direkt anf die Hemie erhal-
enen Traumas {Fall auf einen harten Gegenstand im ersten Fall, Fusstritt
liner Frau im zweiten Fall) Symptome einer Ruptur des VerdaanDgstraktus
:eigten. Diagnose durch die Operation bestätigt, bei der ganz in der Nähe
ler Brucbpforte eine gerissene, schon durch schlaffe Adhärenzen an das parie-
ale Peritoneum fixierte Schlinge gefunden wird: beginnende Peritonitis im
ersten Falle, bei dem nach acht Stunden eingegriffen wurde and Torge-
chrittene im zweiten Falle, bei dem erst nach 48 Stunden eingegriffen wurde,
/^ernähung der Darmläsion. Drainage Mikulicz. Tod in beiden Fällen au
Peritonitis. Bei Erörterung der Pathogenese derartiger Ruptur ist Verf.
owohl durch die Kommemorative des Traumas (schwer im ersten Falle, leicht
m zweiten) wie durch die an der gerissenen Schlinge angetroffenen anatomiscli'
latbologischen Veränderungen, die in beiden Fällen verschieden waren, zur Än-
lahme gedrängt, dass im ersten Falle die Ruptur des Darmes durch Kontusion,
lurch direktes Zerschlagen, im zweiten durch Platzen erfolgt sei. Er betont
lie steinartige Steifheit der Bauchwände infolge übermässiger Tension zur
)iagnoEe einer Läsion irgend eines Endoabdominaleingeweides und wie sehr
uch die Operation stets angezeigt sei, nimmt er die Prognose als fast stets
erhängnisvoll an. R. Giani.
Ans Boulets (3) Arbeit sieht man, dass die französische Rechtsprechung
ti obiger Frage Tielfach auf einem ganz anderen Standpunkt, als die deutsche
teht, die bekanntlich die Entstehung eines Bruches durch ein Trauma fsst
anz leugnet. Der Referent Th^bault betont allerdings, dass Beulet mit
einen Ansichten anch in Frankreich ziemlich isoliert dastehe.
Brix (4) empfiehlt bei Reposition eingeklemmter Brüche statt des
Lthers den Athylchloridspray auf die Geschwulst und hat damit öfters, auch
1 Laienhand, gute Resultate gehabt, nachdem sehr forcierte Taxis ohne Er-
3lg geblieben war.
Eammeyer, Die Hernien. 869
Dardanelli (6) hebt die Meinungsverschiedenheit hervor, die auch
bei dem gegenwärtigen Stand der Chirurgie über die Art der Behandlung
der inkarzerierten Hernie mit sicherer Gangrän eines Darmabschnittes noch
besteht.
Er zeigt wie die Bildung eines künstlichen Anus eine ganz und gar
irrationelle Methode sei, welche ungünstige Bedingungen für die Darmfunktion
setzt und unmittelbare und ferne Gefahren mit sich bringt, deren erste die
Lähronng und die Knickung des an die Bauchwände durch kräftige Adhärenzen
fixierten zuführenden Darmabschnittes ist.
Mit diesen Nachteilen vergleicht er die wohltätigen Wirkungen der pri-
mären Enteroanastomose, die dadurch, dass sie die Kontinuität des Magen-
darmrohres wiederherstellt und die Wiederaufnahme seiner natürlichen Beweg-
Uchkeit in der Abdominalhöhle gestattet, der Muskelparese des Darmes ent-
gegenwirkt
Die gegen die Methode der primären Resektion erhobenen Einwürfe
werden geprüft und es wird gezeigt, wie die moderne Operationstechnik die
Enteroanastomose auch in den schwersten Fällen von Darmläsion zu vollführen
gestattet. Zuletzt wird der Umstand betont, dass die Laparotomie jetzt
freier ist von den Gefahren, die man ihr zuschreiben will, und gezeigt, wie
dieselbe eine wohltätige Wirkung ausübt, indem sie die peritoneale Umgebung
günstig modifiziert, die Schädlichkeiten mildert und in derartigen Fällen die
natürliche Verteidigungsfähigkeit des Organismus wieder weckt.
Er zitiert die Methode von Hahn und die Herniolaparotomie von
Mikulicz und hebt die Übelstände hervor.
Zuletzt bringt er die Krankengeschichte einer mit rechtsseitiger einge-
klemmter Kruralhemie behafteten Patientin, bei der ausgedehnte, durch peri-
hemiäre Eiterung komplizierte Darmgangrän bestand. Nach Einschnitt des
einem Kotabszesse ähnlichen Sackes nahm er die Laparotomie auf dem
äusseren Bande des M. rectus in Entfernung von der Bruchpforte vor: er
resezierte den gangränösen Abschnitt und führte die Enteroanastomose in
der Bauchhöhle aus. Alsdann zog er aus der Bruchpforte die resezierte
Schlinge heraus und tamponierte die Bruchpforte selbst, indem er die Drai-
nage von der Abdominalhöhle aus einführte.
Die Kranke genas vollkommen und in einem Zeitraum von ungefähr
drei Jahren hat sie keinerlei Störung mehr in der Darmkanalisation gezeigt.
Verf. schliesst mit dem Hinweis auf die Vorteile seines Operationsver-
fahrens, welche in einer einzigen Sitzung beide Zeiten der Samt er sehen
Operation vereint. R. Giani.
Zum Zwecke der Erforschung der Art und Weise des Eindringens der
Bakterien in die menschlichen Darmhäute bei Einklemmung unterzog Del
Conte(7) die aus sechs Fällen von Dannresektion herrührenden Stücke der
histologischen Untersuchuug, wobei er bei einigen Befunden fast ebensoviele
Etappen auffand, durch die der eingeklemmte Darm hindurchgehen muss,
bevor er zu seinem verhängnisvollen Abschluss, der Perforation, gelangt.
Dieselben waren dargestellt, erstens:
Durch beträchtliche Stase der Kapillaren der Darmschleimhaut mit
einigen kleinen Hämorrhagien des interglandulären Bindegewebes und mit
ziemlich gut erhaltenen, nur hier und da durch die Hämorrhagien auseinander-
gezerrten Li eher kühn sehen Drüsen. Die Submukosa war von nekrotischem
Aussehen; gut erhalten waren nur die Blutgefässe, während die inneren
870 JahrMbericht fUr Cbinirgie. 11. Teil.
Bündelchen der Moskelhaut au&einandergezerrt nnd an einigeo Stellen nekro-
tisch waren.
Das snbseröse Bindegewebe zeigte starke Gefässerweitening nnd Hämor-
rhagien, während die äussere Schicht wenig oder nicht verändert war.
In einem weiter Torgeschrittenen Stadium wnrde gefanden:
Beträchtlich alterierte Schleimhaut mit Zotten im Zustande vorgeschrit-
tener Nekrose und in ihnen anregelmässige Infiltration Ijmphoider Elemente.
Von den strotzend gefüllten Gefässen waren einige zersprungen, zu interstitiellen
Hämorrhägien Veranlassung gebend. Die Submukosa und die zirkuläre Mnskel-
schicht waren eine Beute offensichtlicher Auflösung mit ansehnlicher lymphoider
Infiltration. Weniger verändert war die Schicht der Längsmuskelfasem. Be-
deutend hyperämische Unterschleimhant. Seitenbanchfell an einigen Stellen
zerrissea mit in die Schleimhaat eindringenden Bakterien, die in die Unter-
schleimhaut vorrückten, aber durch die passive Hyperämie des Unterschleim-
haatnetzes aufgehalten wurden.
Mit dem Weiterschreiten des Prozesses beobachtete er:
Auf eine Anhäufung aufgelöster, durch lymphoide Zellen and Bakterien
infiltrierter Gewebe reduzierte Schleimhaut. Villi und Mnscularis mucosae
im Zustande vorgeschrittener Nekrose, zirkuläre Muskelfasern zerstört, nnr
die longitndinalen erbalten. Zahlreiche Bakterien in der Schleimhaut, der
Unter Schleimhaut und zwischen den Überresten der zirkulären Fasern, wäh-
rend in der Längsschicht und der Snbserosa keine aufgefunden wurden.
Andere Male konnte er beobachten, wie die Villi und Drüsen ihre
Struktur in genügender Weise, jedoch etwas atrophisch und verkleinert, be-
wahren, während die Fasern der Muscularis mucosae kaum erkennbar waren,
Unterhalb derselben befand sich eine, die ganze Darmwand umfassende Schicht
hämorrhagischen Infarkts, in deren Mitte man einige in Nekrose begriffene
nnd durch Leukozyten stark infiltrierte Gefässe nnd Längsfaserbündelcbeo
beobachtete. Wenig zahlreiche Bakterien nahmen die ganze Dicke der Dann-
wändfl ein.
Schliesslich konnte man, wenn der Darm vollständig »ekrotiach war,
nar mit grosser Schwierigkeit den Ort einer jeden Tunika unterscheiden. In
der auf eine Anhäufung von feinfibrillärem Aussehen reduzierten Schleimhaut
sah man spärliche Leukozyten und viele Bakterien; die Anwendung der loogi-
tudinalen Muskelfasern und eine Anhäufung abgestorbener Gewebe war noch
zu bemerken und in deren Mitte mehrere Arterien, bei welchen das Endothel
der Intima bei einigen ziemlich gut erhalten war. Überall zahlreiche Bak-
terien, ausser in dem Gefassinnem.
Verf., der femer bei 20 strangulierten Brüchen die Bmchfiüssigkeit
nntersucht hat, fand dieselbe in 19 Fällen steril, nur einmal gab sie zu der
Entwickelung zahlreicher Kolonien von Bacterium coli Veranlassung, da eine
Stelle des Darmes nekrotisiert war, durch die hindurch die Bakterien sich
Bahn gebrochen hatten.
Aas dem Ganzen zieht er folgende Schlüsse:
1. Bei den Brucheinklemmungen sind die Alterationen der Darmbänte
nicht systematisch, sondern bedingt durch passive Hyperämie; sie sind Btür-
misch und können gleichzeitig alle Schichten der Darmwand treffen.
2. Im allgemeinen leistet von der Muskelhaut den meisten Widerstanil
die Längsschicht , und die arteriösen Wände grösseren als die übrigen
Gewebe.
Kammeyer, Die Hernien. 871
3. Auch im Falle von leichten Alterationen der Darmschleimhaut gehen
die Bakterien leicht durch dieselbe hindurch, während die Muskelhaut fast
immer ein mechanisches Filter bildet, das ihr weiteres Fortschreiten durch
den Darm anhält.
4. Der eingeklemmte Bruch enthält stets Bakterien; die gewöhnlich
sterile Bruchflüssigkeit verunreinigt sich, wenn sich Alterationen der Darm*
wände bemerkbar machen, die die Bakterienexosmose gestatten.
R. Giani.
Ehr ich (8) veröffentlicht einen Fall von sekundär- traumatischer Hernie:
28 jfthriger Arbeiter wird fiberfahren und ein Brach der Spina iL ant. sup. mit grossem
Blnieignas festgestellt. Bei späterer Untersochnng fflhlt man oberhalb des rechten Darm-
beinkammes eine 2-3 Finger breit nach hinten von der Spina ant. aasgehende, der Becken-
achaafel nach innen aafeitzende, medial zagespitzt endigende Knochenspange, an deren
freiem £nde das Lig. Poop, inseriert. Zwischen der Knochenleiste and der Spina iL ant.
infefr. wölbt sich nnterhalb des sehnigen Lig. Ponp. eine walnnssgrosse Hernie hervor, deren
Eotstehong darauf znrückzafQhren war, dass mit der von der Crista abgesprengten Knochen-
leist« die daran inserierende Mnskulatar mitsamt dem Lig. Poop, nach oben innen ver-
schoben nnd dadurch die Lflcke zwischen dem Ligament nnd dem M. ileopsoas zum Aastritt
der Bemie geschaffen wurde.
Fedele (9) berichtet über drei Fälle von eingeklemmtem Bruch, der
eine ein Leistenbruch, bei dem die Einklemmung seit 36 Stunden andauerte ;
der andere gleichfalls an der Leiste, war seit 12 Stunden eingeklemmt; der
dritte ein Nabelbruch, bei dem die Einklemmung nur 10 Stunden bestand. Bei
ihnen brachte er die Kurmethode der lokalen Ätherkompressen nach Fl es-
sin g er mit ausgezeichnetem Erfolg zur Anwendung. In allen drei Fällen
erfolgte die Reduktion des Bruches innerhalb ungefähr einer Stunde nach
Anwendung des Medikaments. R. Giani.
Goldner (10) betont das ausserordentlich seltene Vorkommen echter
traumatischer Hernien. Er selbst fand unter 88 angeblich traumatisch ent-
standenen Hernien 66 mal ein zweifellos kongenitales Leiden und in keinem
Falle einen Anhaltspunkt für traumatische Entstehung.
Hagenbach (11). Sechs klinisch beobachtete resp. bei der Operation
gefundene Divertikel von Bruchsäcken; nur eines davon hatte zwei Zipfel,
die beide mit der Bauchhöhle in offener Verbindung standen, alle anderen
zeigten Nebenzipfel ohne Inhalt. Alle Präparate waren zufallige Befunde bei
der Radikaloperation, die erst nach sorgfältiger Präparation zur Erscheinung
kamen. Die Mehrzipfligkeit der Bruchsäcke, welche bei der Operation gewiss
oft übersehen wird, muss wohl für eine gewisse Anzahl von Rezidiven verant-
wortlich gemacht werden.
Über die Häufigkeit angeborener Bruchsäcke berichtet Hansen (12)
nach Befunden bei 79 Leistenbruchoperationen, die er an Angehörigen der
Marine in Kiel vorgenommen hat. Da es sich um jugendliche und muskel-
kräftige Individuen im Alter von 17—34 Jahren handelte, ist sein Material
sehr gleichwertig und besonders geeignet zur Beurteilung obiger Frage. Verf.
gibt zunächst eine übersichtliche Tabelle aller Operierten und kommt zum
Schluss zu folgenden Leitsätzen : Die weit überwiegende Mehrzahl (83,8 ^/o) der
Brüche ist auf der Basis kongenitaler Bruchsäcke entstanden. Gewaltbrüche
sind solche, bei denen die Entstehung eines Bruches von dem Augenblick zu
datieren ist, in dem bei irgend einer Gelegenheit, vielleicht bei einer über
das gewöhnliche Mass hinausgehenden körperlichen Anstrengung, die ersten,
wenn auch geringen Schmerzen in der Gegend des inneren Leistenringes ge-
872 JftfareBberieht fOr Chirurgie. II. Teil.
I
spürt werden. Solche Bräche sind infolge der Häufigkeit angeborener Leisten-
brüche zahlreicher, als man bisher angenommen, ca. 50 — 60°/o in des Verfs.
Material. Echte traumatische Brüche sind Bebr selten und dem Verf. nicht
vorgekommen. Wenn ein Leistenbruch während der ersten Stadien des Ent-
stehens sehr hingsam zum Vorschein kommt, dann aber ohne grosse Be--
gehwerden schnell wächst und in einer gewissen Grösse längere Zeit unT«r-l
ändert bleibt, so war der Bruchsack angeboren. Bei frisch entstandenen
äusseren Leistenbrüchen besteht der Inhalt in 70''/o aas Netz allein, das sich '
zur ersten Füllung eines kongenitalen Bruchsackes besser eignet als der Darm.
Das übereinstimmende Verhältnis der rechten zur linken Seite betreffs Offen-
bleiben des Proc. vagin. und betreffs Vorkommen der Leistenhernien lasst auf
grosse Häufigkeit angeborener Brucksäcke schliessen. Deren Hauptkenu-
Zeichen sind:
a) Fingerform und Enge.
b) Strangförmige Verdickung, bei sonstiger Dünnwandigkeit.
c) Ringförmige Einschnürung oder Zystenbildung.
d) Narbige Verdickung am blinden Ende.
e) Feste Verwachsung des Brucbsackes mit nebeneinanderliegenden Ele-
menten des Samenstranges, besonders am blinden Ende.
Bei „Gewaltbrüchen" kommen Blutungen in das sabseröse Gewebe vor.
Die Anlage zu äusserem Leistenbruch kann auf Weite des Leistenkanals be-
ruhen und ist als solche nachzuweisen oder auf angeborenem Bmchsack und
ist dann nur ausnahmsweise nachzuweisen. Letztere Anlage führt auch bei
engem Kanal häufiger zu einem Bruch, als die erstere. Anlage zn innerem
Leistenbruche beruht bei muskelkräftigen Personen stets auf angeborenem
Muskeldefekt, ist nicht selten und von Kochers „weicher Leiste" son-ie von
einem gerade verUnfenden, knrzen nnd weiten Leistenkanal streng zu trennen.
Das gemeinsame Vorkoomien der „inneren Anlage" neben äusserem
Bruche auf derselben Seite beneist, dass für den letzteren ein angeboreuer
Brachsack vorbanden war.
Hoeftmann (13) demonstriert ein seit 25 Jahren von ihm geübtes
Verfahren, womit es gelingt, so gut wie jede irreponible Hernie beweglich zu
machen, so dass ein Bruchband angelegt resp. die Radikaloperation ange-
schlossen werden kann. Die Manipulationen bestehen znm Teil in den ge-
wöhnlichen Repositionsmanövem , wobei allerdings ein gewisses feines Tast-
gefübl nötig ist, zum Teil aber in der Mobilisierung am Bruchring, indem
man den Brucbinhalt ans dem Kanal hervorzieht. Auch durch Eindrücken vom
Abdomen aus kann man so die Darmschlingen resp. das Netz aus dem Bmch-
sack herausziehen.
Beim Nabelbruch wirkt oft schon wiederholtes Anheben des Bruchsackes,
so dass sein Inhalt nach unten sinkt. Die durchschnittliche Dauer des Ver-
fahrens ist 14 Tage.
Um das Platzen der Bauchnaht bei kurze Zeit liegenden Nähten zu ver-
hindern, schnürt Verf. die Nahtlinie durch eine Gummischnur zusammen, die
an breite parallele Heftpfiasterstreifen mit zwei Reihen von Schahhaken be-
festigt sind. Vergl. Abbildung.
Levassorts (17) Fall ist ein Unikum.
Gin 42 jikbriger FUiecher hatte eine enorme, bis fast lU den EniAeii reichende SkroUl-
heroie, die ihm durch die OrBsse und ibr Gewicht grosse Unbequemlichkeiten niftebt«. Im
Qbtigen war er geBond. Nach InziBion floss Asiitea %a» nnd mau kam auf -du enom
Kammeyer, Die Hernieo. 873
aasg«debnte S romanam, das von einem harten, ca. 33 cm langen und 19 cm breiten Tumor
ftogefölit war und sich als eine feste, ca. 4V'2 Kilo wiegende Kotmasse herausstellte. Alle
Gewebe des Darms waren stark hypertrophisch und mit dicken Venenstämmen durchzogen.
Der Darm wurde inzidiert und nach Herausnahme des Tumors in toto mit vieler MQhe
wieder zugenäht. Das Herauspräparieren des ganz in die Haut einbezogenen und durch
Verwacbsungen verzogenen Penis nahm lange Zeit in Anspruch. Der Patient erlag dem
Shoek noch am Abend der Operation. Es handelte sich um eine Hernie par gliasement
des S romanum und des Colon descendens, dessen oberer Teil mit dickflüssigem Kot, dessen
ojiterer Pol mit dem oben beschriebenen Eotklumpen ohne jedes zentrale Lumen ausge-
fällt war.
Trotz der chronischen Eotvergiftung, der Patient wohl auch mit erlag, war sein AU-
goneinziistand bis zur Operation nicht schlecht.
Linigers (18) Vortrag gibt eine Übersicht der jetzt in der deutschen
Rechtsprechnng geltenden Ansichten betreffs Entstehung der Hernien infolge
von Betriebsunfällen ; aus den persönlichen Erfahrungen des Autors zitiere ich
folgendes: Er unterscheidet schwache und starke Bruchanlagen; zu letzteren
rechnet er den Zustand, bei dem von einem Leistenkanal keine Rede sein
kann, sondern nur ein weites, für mehrere Finger durchgängiges Loch exi-
stiert. Unter 1000 Arbeitern fand er 40 Vo gesunde Leisten, 33,9 Vo schwache
und 16,4 Vo starke Bruchanlagen; 20,1% der Arbeiter hatten einen Bruch.
In den 40er und 50er Lebensjahren haben ungefähr viermal so viel Leute
Brüche als in den 20er Jahren. Ungefähr 60% der Leute hatten keine
Ahnung von ihrem Bruche. Von den 275 angeblich traumatisch entstandenen
Hernien, die Verf. begutachtete, wurden 21 auf eine direkte Verletzung der
Leistengegend zurückgeführt, und nur 5 anerkannt. Auch diese waren dem
Verf. noch zweifelhaft Verf. steht auf dem scharfen Standpunkt des Reichs-
rersicherungsamtes , die plötzliche Entstehung eines Bruches fast ganz zu
leugnen.
Die Hemia epigastrica ist eine der häufigsten Brucharten: unter 1000
Arbeiter fand Verf. 43 Bauchbrüche. Die traumatische Entstehung ist hier
vielleicht etwas häufiger, als bei den Leistenbrüchen. Unter 37 vom Verf.
begutachteten Fällen sind 19 entschädigt, von denen aber nur 5 wohl sicher
auf Trauma zurückgeführt werden können. Die meisten Hernien der Linea
alba machen keine Beschwerden.
Typische Nabelbrüche entstehen selten durch Verletzungen, wohl aber
kann der Nabelbruch durch grosse Traumen eingerissen werden und dadurch
zur Bruchpforte werden. Unter 1000 Arbeitern fand Verf. 24 Nabelbrüche.
Nur 5 der Leute wussten von ihrem Bruche, alle arbeiteten und keiner trug
ein Bruchband. Von 21 begutachteten Nabelbrüchen wurde keiner als trau-
matisch anerkannt, da das Reichsversicherungsamt sich hier auf denselben
strengen Standpunkt stellte, wie bei den Leistenhernien.
Ein wirklicher Fall von traumatischer Entstehung eines Schenkelbruches
ist dem Verf. nicht bekannt. Unter 1000 Arbeitern fand er 30 Schenkel-
brüche, das macht 3^/o auf 10,4 ^/o Leistenbrüche.
In der Frage, wie Einklemmung eines Bruches mit einem Trauma zu-
sammenhängt, neigt das Reichsversicherungsamt nach Ansicht des Verf. zu
einer viel zu milden Ansicht, da auf Grund dieser eigentlich alle bei der
Arbeit auftretenden Einklemmungen als entschädigungspflichtig anerkannt
werden müssen.
Bei entschädigungspflichtigen Brüchen rät Verf. nur mit Vorsicht zur
Operation, da viele Operierte angeblich nachher an Schmerzen im Operations*.
JfthrestMrielit ftlr Chirnrgje. 11. Teil.
en, die eine höhere Rente als die Dnrchsclinittsrente von 10"/«
lt.
en noch mancherlei interessante Einzelheiten enthaltenden Vortrag
1 eine lebhafte EHsknssion in zameist zustimmendem Sinne,
dblads (19) Statistik bezieht sich nur anf die unmittelbaren Ope-
bnisse nnd umfasst 386 Leistenbrüche, worunter 35 eingeklemmte,
lenkelbrüche, womnter 30 freie und 35 eingeklemmte, aosserdem
e von Nabel- und Banchbruch. 16 brandige Brüche werden be-
handelt.. Hj. von Bonsdorff.
er (20) behandelt die Frage des Anftretens nachträglicher Darm-
:h Reposition von Brüchen auf Grnnd der Bearbeitung von 22 Fällen
iteratur. Er gibt die Erankengeschichten in Anszug wieder und
ligene Beobachtung bei einer GOjährigen Fran, die durch Entero-
' geheilt wurde, hinzu.
vielen Einzelheiten können hier nicht in einem korzen Referat
ben werden.
iph Meyer (21) berichtet kurz über 62 Radikaloperationen freier
list nach B a s s i n i operiert, sowie 48 Operationen bei eingeklemmten
lavon 38 ohne Gangrän, von denen 7 starben; von den 10 gan-
tarben 8.
ur (24). Eia 2TjabrJger Mann empflbigt einen Hnfschlag in die linke Weicfa«
r«rletziing dn Haut, des Skrotums asw. Nach drei Tagen ObatipatioD , Er-
Tympanie. Bei der iDzieioa der grossen entiOndeten Gescbwnlat fand sieb
[«ngrinitBen Daniies mit einer kleinen Perforation. Diese warde erweitert, ein
egt und die Wunde offen bebandelt. Nach acht Wochen wurde der Anus
ilie nebst 6 Zoll Dann reseiiert, ein Hnrphyknopf eingelegt und die Wand«
Prima int«Dtio.
lor (25). Das neue Verfahren von Taylor ist knrz folgendes:
Banchschnitt, 4 Zoll lang, zwischen Mittellinie und äasserem Rektus-
nteren Teil des Muskeh. Nach Durchtrennung der Rektusscheide
iussere Rand der Scheide nach aussen, der äussere Muskelrand
I stark angezogen. Trennung der Fascia transversalis bis anf das
neate Fettgewebe. Durch starkes Anziehen des Wundrandes bis
art sehen Bande wird der Brucbsackbals freigemacht, geöffnet und
istrang gelöst. Tabaksbentelnaht und Absetzung des Bruchsackes.
leren Nadeln wird die gemeinsame Aponenrose und der M. traos-
dem Lig. Poupart vernäht, so dass der Samenstrang reichlich
lt. Der äussere Rektusrand wird dann durch einige Nähte mit
Lager des M. transversns verbunden und schliesslich die Rektos-
i Hautwunde, letztere mit Silkworm geschlossen. Ist der äussere
; sehr weit, so wird er durch ein oder zwei Nähte verkleinert.
nkelbmch wird eventuell die Aponeurose an das Schambein an-
II. Inganlnalhemien.
, Cjstocile inguinale accompagnant uns hernie dtranglte. Bull, et taiia. de U
t. de Paris Nr. 7.
ni, Cn' operazione d' eraia inguinale della sola vescica. Atti della Secietl
di vhinirgia V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
}im, Ein Fall van plstzlich auftretendem und Heus verarsachendem Fettbracb
tenkanalB bei einer 83jährigen Fraa. Munatsschr. f. Unfallbeilk. Nr. G
nski, Über die Anvendung der Bassiniachen und Eocherscfaen Operalio"
eiBtenbrnchtherapie. Dentache med, Wochenachr. Nr. 51.
Kammeyer, Die Hernien. 875
3a.^Bar tieri, Uu caso di ernia inguinale viditfca in maato. Gazz. degli osped. e delle
Clin. 1905. Fase. 85. (Klinischer Fall.)
3b. Bon fanti-Caponago, 6., Di an caso di ernia inguinale obliqua interna. La din.
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4. Brenner, Ober die Radikaloperation der Leistenhernien. 77. deutsche Naturforscher-
versammig. Münch. med. Wochenschr. Nr. 40.
4a. ^Gametti, Contributo alla cura cbirurgica dell' ernia inguinale. Giom. medico del
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5. Damianos, Ober die Stieldrebnng der Adnexe in Leistenbrüchen. Deutsche Zeitschr.
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7. Donati, Süll' ernia inguinale diretta nella donna. Contributo clinico e ricerche ana-
iomiche intorno alle formazioni limitanti il canale inguinale nei due sessi. Archivio
per le szienze mediche 1905. Vol. XXIX.
8. Dnn, Inguinal hemia in infancy and ohildhood. Med. Press. June 21. u. 28.
9. Ebner, Über ektupische Inguinalhernien mit besonderer Berücksichtigung der super-
fiziellen Form und einem Beitrag zur Kasuistik derselben, v. Bruns' Beitr. z. Chir.
Bd. 47. H. 3.
10. Gratechoff, Une nouvelle m^thode de eure radicale des hemies inguinales. Rev.
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10a. ^Fardini, 0., Contributo allo studio clinica dell' embolia polmonare in seguito alla
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11. Landau, Heinrich, Die mediale Leistenbruchpforte und der grade Bauchmuskel.
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12. Lucas-Championni^re, La rdsection du cordon sans castration comme compl^ment
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13. — lUsection du cordon dans les cas de hemies inguinales volumineuses ou difficiles
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19. ^Slajmer, Zur Frage der Prognose und Anästhesie bei der Radikaloperation des
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20. *yigliardi, Sulla frequenti concomitanza della punta d' ernia inguinale coli' idro-
cele e relativa ernia. Giom. med. del R. Eserc. F. X.
Angelini (la) berichtet über einen Mann, bei dem er bei Vornahme
der Radikalkur nach Bassini auf die Blase stiess, welche das Aussehen
eines Bruchsackes hatte, derart, dass sie inzidiert wurde. Die Inguinal-
hernie der blossen extraperitonealen Blase ist eine Seltenheit.
R. Giani.
Aronheim (2). Eine 83jährige, noch sehr rüstige Frau bekommt drei Wochen
nach einer schweren fieberhaften Influenza - Bronchitis plötzlich grosse Schmerzen im Leibe
und Erbrechen ; Temperatur und Respiration normal. Puls frequent und klein ; Verstopfung
auch nach zwei Klistieren. Die Bruchpforten waren nicht schmerzhaft und frei ; Abdomen
nicht aufgetrieben ; Druck auf Magen und Blinddarmgegend sehr schmerzhaft. Am nächsten
Tage entsteht plötzlich bei heftigem Stuhldrang eine wurstförmige, 8 cm lange Geschwulst
in der linken Leiste. Diagnose: Elastische Einklemmung eines plötzlich entstandenen
Leistenbruches, der in Narkose irreponibel bleibt. Bei der Operation fand sich statt einer
Dannschlinge ein abgrenzbares apfelgrosses Lipom, das sich mit breitem, sehnigen Stiel
Jahresberieht für Cbirorgie. TT. Teil.
den Leistenring bis zum puietaleD Peritoneam fortaeUte. Abtrennung, Sehlnss der
chpfortfl, HeilüDg.
Die EntstehnDg dieser Fettbrüche ist anklar, vielleicht kongenital; be-
ffs der DifferentialdiagQose sprach alles für eine Darmhemie , da alle
lischen Erscheinungen der Fettbrüche fehlten. Solche Fälle könnten ein-
1 entschädignngsp flichtig werden, auch nach der Anpassung des Reichs-
sicherungsamtes, und man muss bei plötzlich auftretenden Brächen der
ste und des Schenkeliianals an derartige präperitoneale Lipome denken.
Baratynski (3) resümiert seine Arbeit folgendermassen :
i. Bei Leistenbrüchen mit schwach aasgeprägten anatomischen Verän-
nngen in der Leistengegend, einem engen und schrägen Leistenkanal (wie
den meisten Brüchen der Kinder] ist Kochers Methode am besten.
2. Bei Brächen mittlerer Grösse sind für die Wahl der Operation mass-
lend: der Grad der Beweglichkeit des Baachfells und die Weite der Diastase
sehen der tiefen Schicht der Bauchmaskeln and dem Lig. Pouparti. Bei
tem and überschüssigem Bauchfell ist Kochers, bei bedeutender Diastase
Bassinis Methode angezeigt.
3. Leistenbrüche, die klinisch durch einen breiten, schrägen oder ge-
!en Leistenkanal ausgezeichnet sind, werden nach Bassini operiert.
Bonfanti-Caponago (3b) illustriert einen klinischen Fall von innerem
iqnem Leistenbruche, der durch einen Lappen des grossen Netzes gebildet
r, der sich durch eine Undichtigkeit in der Aponeurose des M. obliqaus
.. ausgestülpt hatte. R. Giani.
Brenner (4) berichtet über zirka 200 Leistenhernien, die nach modi-
erter Bassin imethode operiert wurden, indem er den dreieckigen Defekt
irhalb des Leistenbruches mit Kremasterfasem deckte. Die gesamte Mor-
tät betrug 0,97» nnd C/o bei Äusserachtlassuung der nicht auf Wand-
aktion beruhenden Todesfälle. Besonders wichtig für Einklemmung sind
nige Ringe an typischen Stellen des Bmchsackes, die er auch bei der
lenen Hemia directa gefunden hat. Die durchschnittliche Heilongsdaner
ren 17'/> Tage, die Dauerheilungen betrugen Q^"/", während Bassiui
IVo und Kocher 92,5 *'/o Dauerheilungen hatten.
Damianos (5) spricht über ein im Kindesalter typisches schweres
tnkheitsbild, nämlich die Stieldrehung der weiblichen Adnexe in einem
stenbrache. Sie macht ähnliche Erscheinungen wie die Inkarzeration, die
ir sehr viel seltener zur Beobachtung kommt.
Betreffs der Entstehung erinnert Verf. noch einmal daran, dass es normaler-
se beim Weibe einen Prozessus vaginalis peritonei und ein darans bervor-
lendes Diverticulum Nuckii nicht gibt, sondern dass es sich bei den so ge-
mten Bildungen um fötale Inguinalbruchsäcke handelt, in welche das Ovariiim
möge seiner Form leicht durch den intraabdominellen Druck hineingepresst
d. Meist werden die Adnexleistenhernien von Kindern beschwerdelos ar-
gen, so lange es nicht zu Torsionen des Stieles kommt, die znerst nur
ssigen Grades zu sein pflegt, durch die Störungen in der Zirkulation aber
ch zunimmt. Die Patienten waren fast alle im ersten und Anfang des
titen Lebensjahres. Späterhin steigt das Ovarium aus dem grossen Becken
der Nähe des Leistenringes ins kleine Becken hinab. Das klinische Bild
t Änlass zu Verwechslung mit inkarzerierter Hernie, Warmfortsatzhrüchen,
drocele muliebris inäammata und Lymphadenitis. Die Therapie ist eine
Kammeyer, Die Hernien. 877
Dor operative. Zum Schlüsse folgt eine Tabelle über die yeröSentlichten
Fälle Ton Stieldrehung.
Donati (7) berichtet über einen von ihm operierten Fall von direktem
Leistenbruch bei einer 47 jährigen Frau, und legt im Anschluss daran das
Ergebnis seiner an 52 Leichen beiderlei Geschlechts zum Zwecke der Fest-
stellung, ob eventuell ein anatomischer Grund für die Seltenheit der direkten
Inguinalhemie beim weiblichen Geschlecht bestände, vorgenommenen anatomi*
sehen Untersuchungen dar. Bisher sind nur noch drei weitere Fälle von
direkter Inguinalhemie bei der Frau bekannt.
Die erhaltenen anatomischen Befunde werden eingehend für jede Schicht
der Inguinoabdominalgegend geschildert. ^Unterschiede zwischen den beiden
Geschlechtem sind in den verschiedenen Bildungen anzutreffen, jedoch sind
dieselben von keiner grossen Bedeutung; nur der hinteren Wand des Inguinal-
kanals entsprechend finden sich höchst bemerkenswerte Unterschiede, die
wunderbar zur Dlustrierung der Bruchpathogenese geeignet sind. In der
Tat wird die hintere Wand des Leistenkanals eingenommen durch ein System
vertikaler Yerstarkungsfasern, welche aus der Insertionsaponeurose des M. trans-
versalis stammen und auf seine dorsale Oberfläche aufgelegt sind. Diese Fasern
bilden in ihrem Ganzen eine mehr oder weniger kompakte Platj^, welche
Donati als Lamina pubo-tranversalis bezeichnet und deren Anord-
nung er ausführlich, auch mit Abbildungen erläutert. Diese Lamina ist von
Donati in 60% der weiblichen Leichen und in nur 14^0 der männlichen
angetroffen worden ; es ist derselben der höchste Wert als Widerstandselement
der hinteren Kanalwand beizumessen, da sie vor der Fascia transversalis,
hinter der Insertionsaponeurose des M. transversalis und der zugehörigen
Sehne, aussen (seltener auch zum Teil vorn) von der Sehne des Rektus ge-
legen ist. — Während man so beim Manne fast beständig eine schwache
Portion in der hinteren Wand des Leistenkanals findet, in der Portion, die
nach Yom dem äusseren Leistenring entspricht, fehlt bei der Frau eine
schwache Stelle oder ist doch äusserst eng, weshalb die Prädisposition zur
Hernie sehr gross beim Manne ist, äusserst gering dagegen bei der Frau.
R. Giani.
Dun (8) kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Bruchbandbehandlung ist unsicher und unbequem und soll nur in
den ersten Lebensmonaten versucht werden.
2. Nach dem ersten Lebensjahre ist die einzig sichere Behandlung die
Operation, welche kaum eine Gefahr bringt. Nach 3 Wochen wird der Patient
ohne Bruchband entlassen.
3. Die Verunreinigung des Verbandes duroh Kot und Urin vermeidet
Dun durch eine fixierende Lage des Kindes.
Bei inkarzerierten Hernien versucht Verf. nur eine ganz leichte Taxis
in Narkose, um, wenn diese erfolglos ist, sofort die Operation anschliessen
za können.
Ebner (9) schlägt nach Garr^ für die Form der Hernien, welche
früher properitoneale, inter- oder intraparietale, parainguinale oder dergl.
genannt wurden, den Namen ektopische Inguinalhemien vor. Er erörtert
die verschiedenen Formen inbezug auf Lage, Entstehung, Verbindung mit
Kryptorchismus usw. und bringt zu den 23 bis jetzt bekannten Fällen einen
selbstbeobacbteten Fall von Hernia ing. superfic. congenita externa parietalis
oder bilocularis. Verf. resümiert dahin, dass am häufigsten die abdominalen,
JAhresbericht fOr Chirn^ie. II. T«il.
ner die kruralen nnd perinealen Formen vorkommen. Meist sind es
■ne Leistenhernien mit kongenitaler 'Brnchanlage und Hodenektopie. Der
hsack ist meiat ein offenes Peritonealdivertikel mit bilobnlärer Entwicke-
Der atrophische Hoden liegt in der Höhe der Spina sup. ant., die Bnich-
e ist weit und dorchsetzt die Banchwand von hinten nach vom. .4tio-
;h kommt stets ein mangelhafter Descensna testicnli mit mangelhafter
rickelong der betreffenden Skrotalhälfte in Frage, wozn Dreck und Zd^-
ingen oder traumatische Einwirkungen hinzutreten.
Gratschoffs (10) nene Methode der Operation von Leistenbrüohen
ittelst eines neuen Instruments erscheint zwar sehr einfach, aber auch
; wirksam, da die Zahl der anmittelbaren tmd späteren Rezidive (ca. 23''i'i))
sehr hohe ist.
Landau (11). Der Leistenbrach hat bei seinem Durchtritt keine
idige Muskelkraft zu überwinden, nur ein Muskel ist im Bereich der
Iren Bruchpforte noch voll muskulös, das ist der Rektus; in der Rahe
sein lateraler Rand mit der Falx aponeurotica inguinalis zusammen, bei
:erer Kontraktion aber verbreitert sich seine Symphysenpartie um gut
1 Centimeter, so dass sie sich wie eine Kalisse nach aussen über die
ale Bmchpforte legt; das geschieht aber nur beim Pressen in Exspira-
stellnng, nicht bei der Inspiration, wo der Muskel sieb nur zunächst
V spannt, aber nicht verkürzt, resp. verbreitert.
Verf. rät deshalb Leuten mit weicher Leiste bei heftiger Anstrengung
anzugewöhnen, in Exspirationsstellung zu pressen, statt wie es physio-
oh zu sein pflegt, in Inspirationsstellung. Darch dieses Umlernen wird
Sruchgegend entschieden gesichert.
Lucas-Ghampionni^re (12) hatte schon früher vorgeschli^en, bei
len Hernien, bei dekrepiden Individuen, bei schlaffer Bauchwand, bei
liven usw. die Kastration zur Sicherung des operativen Verfahrens
mehmen. Manche Patienten verstehen sich aber nicht dazu, und darum
ir sich in zehn solchen Fällen damit begnügt, das Vas deferens im Leisten-
I zu resezieren und zwar mit dem gleichen guten Resultat. Der Samen-
ig muss sorgsam fortpräpariert werden, alles Fett abgetragen und der
hsack und das Vas deferens müssen isoliert unterbunden werden, nach-
jede Blutung genau gestillt ist. Der Hoden und alle übrigen Gebilde
Samenstranges werden behutsam an ihrem Platze gelassen, jede Zermug
ichst vermieden.
Bei der Hautnaht legt Verf. stets ein Drain ein; gewöhnlich tritt nach-
eine Zeitlang Schwellung und Scbmerzhaftigkeit , später eine gewisse
phie des Hodens auf, jedoch nie eine Gangrän. Immerhin will Verfasser
s ganze Verfahren nur für gewisse sehr schwierige Fälle angewendet
Sieben Fälle, in denenLucaE-Champiouniere (13) statt der Kastra-
bei grossen Hernien nur die Resektion des Samenstranges mit gutem
Ige gemacht hat. Die Hodenatrophie tritt nicht so rasch ein.
Magrassi (13a) zitiert eine zahlreiche Reihe von Kindern, die wegen
lien im Spitale zu Brescia operiert wurden, imd ist auf Grund seiner
achtungen der Ansicht, dass es zweckmässig sei, die kleinen BruchtrÜger
1 im zarten Alter, auch »inter 2 Jahren zu operieren. Die von ihm er-
!n Resultate sind die besten gewesen. Auch die sehr kleinen Kinder
gen die Chloroformnarkose gut. Um die Infektion der Wunde zu ver-
Kamm ey er, Die Hernien. 879
meiden, verwendet er ein besonderes Verbandssystem, welches in der Appli-
kation einer undurchlässigen Pasta auf die Wunde selbst besteht. Mit diesem
System wird die Heilung des Bruches fast stets per primam intentionem er-
balten. Die Formel der Pasta ist die folgende:
Gelatine Teile 85
Aq. dest. ....... ^^ 60
Glyzerin bei 60 ^ ;, 20
Znoxyd ^10
Salol n 8.
Im Wasserbad lösen.
Dieselbe ist fest bei gewöhnlicher Temperatur und verflüssigt sich in
der Wärme im Wasserbad. R. Giani.
Die Nie ollsehe (14) Operation ist in erster Linie bestimmt für alte
grosse Schenkel- und auch Leistenhernien und beruht wesentlich in der Ver-
wendung des Bruchsackes als intraabdominales Polster, in der Heranziehung
des Os pubis als point d'appui für den Schluss des Bruchkanals sowie der
Überlagerung von Faszienmuskellappen über die Knochennähte. Einzelheiten
sind in dem Original mit seinen Abbildungen nachzusehen.
Pölya (15) operierte 47 Fälle nach folgendem Verfahren, wobei der
Samenstrang durch einen von der Obliquusaponeurose gebildeten Sporn
scharf abgeknickt wird, in der Weise, dass er nach seinem Austritt unter
der Muskulatur zuerst nach aussen oben hinzieht und dann, sich plötzlich
nach unten wendend, in einem von der Aponeurose gebildeten engen Kanal,
der knapp den Samenstrang einschliesst, weiter verläuft. Zugleich wird die
Bassinische Naht durch Vereinigung des oberen Aponeuroselappens mit dem
Lig. Pouparti entspannt und verstärkt.
Die einzelnen Etappen der Operation sowie vier Illustrationen werden
näher erläutert.
Das neue Verfahren von Rochart (16) lehnt sich an Halsteds Ope-
ration an, lässt den Samenstrang möglichst unberührt und schliesst den
Bruchkanal durch komplizierte Naht der Muskeln (cfr. Abbildung). Die er-
weiterten Venen des Samenstranges werden nicht reseziert, weil sie häufig
schwierig von den Arterien zu unterscheiden sind, deren Unterbindung eine
Hodenatrophie zur Folge haben würde.
Sellenings (17). Es sind nur ca. 27 oberflächliche Leistenhernien
bis jetzt beschrieben, die fast immer mit Kryptorchismus verbunden waren.
In dem eigenen Falle wurde zuerst die Diagnose: Schenkelhemie
gestellt. Bei der Operation lag der Bruch oberhalb des Annulus extemus
auf der Aponeurose des Obliquus extemus; durch einen Schlitz der Apo-
neurose war der Bruch getreten, der Leistenkanal schien obliteriert. Es
wurde ein modifizierter Bassini gemacht und Patient genas.
Sheen (18) enthält die kurze schulmässige Darstellung der Operation
bei eingeklemmter Hernie, ohne neue Gesichtspunkte.
m. Kmralhemien.
1. Abadie, Cysiocöle crarale ötranglöe. Ball, et möm. de U soc. anat. de Paris Nr. 7.
2. Bardey, Eiae zu wenig beobachtete Operationsmethode bei grossen Schenkelbrüchen.
Finska llkaresftllskapeta Handlingar 1905. H. 2. p. 460.
2a.Gro8ti, F., Sullo afiancamento del legamento ileo • pettineo neu* emia voluminosa
crurale e nelle recidive post-operatorie e sopra an artificio tecnico inteao a preyenirlo.
La clinica chirurgica.
880 Jahresberieht für Chirurgie. 11. Teil.
8. *De Garmo, The eure of femoral hernia. Add. of Surg. August.
4. 6 h e d i n i , La posiziooe del Trendelenburg nella cura dell' eroia crurale col metodo
Rüg gl. II Policlinico sex. prat Fase. 39.
5. *6uibal, Hernie cmrale complexe : hemie du caecum, double sae p^riton^l, ^traogle-
ment de riuteetin gr§le. Bull, et möm. de la soc anat. de Paris Nr. 3.
6. Jonnescu, Radikale Behandlung der Schenkelbrüche ohne versenkte N&bte, Beschrei-
bung einer neuen Methode. Revista de Chirurgie Nr. 5. p. 193 mit 9 Figaren (ram.).
7. Kohl, Hernia cruralis. Korrespondenzbl. für Schweizer Ärzte Nr. 2.
8. Pfann, J., Operation der Hernia cruralis praevascularis. Mitteilung aas der chir.
Abteilung des neuen big. Johannes - Spitales zu Budapest Budapesti Orrosi üjsag.
Nr. 40. (Ungarisch.)
9. Pölya, Ein neues Verfahren zur Radikaloperation grosser Schenkelbrüche. Zentralbl.
f. Chir. Nr. 18.
10. *Ricou, Hemie crurale droite appendiculaire ötrangl^e. Cure radlcale. Ablation de
l'appendice. Gu^rison. Bull, et m^m. de la soc. anat. de Paris Nr. 1.
11. Troiani, Modiiicazione al metodo Ruggi nella cura dell' emia crurale. Giomale
medico del R. Esercito. Faso. X.
Abadie (1) berichtet über einen (den 20. der Literatur) der so sehr
seltenen Fälle von Cystocele cruralis.
26 jährige Patientin bemerkt beim Aufheben einer Klappe plötzlich
einen Schmerz und eine Geschwulst in der linken Leiste. Da sich Einklem-
mnngserscheinungen einstellen, wird operiert und dabei die Blase ange-
schnitten, die mit der medialen Seite des Schenkelbruchsackes eng ver-
wachsen war. Naht, Heilung. Ein prävesikales Lipom existierte nicht. Be-
merkenswert ist der linksseitige Sitz, da von den 19 Fällen 17 rechtsseitige
waren.
Bardy (2) empfiehlt bei Operation grosser Schenkelbrüche ein Ver-
fahren ähnlich dem von Lotheisen vorgeschlagenen.
Hj. von Bonsdorff.
Crosti (2a) hat beobachtet, dass bei umfangreichen Schenkelbrüchen
das Lig. ileo-pectineum sich erheblich nach aussen verschiebt und so die
Gefässlakune auf Kosten der Muskellakune vergrössert. Nach der Radikal-
operation ist es diese Verschiebung des Lig. ileo-pectineum nach aussen,
welche das Herabgleiten eines neuen Bruchsackes begünstigt. Um diesem
Übelstand vorzubeugen, verstärkt Verf. nach Ausführung der Badikaloperation
des Schenkelbruches nach Salzer-Novaro und Verschluss des Schenkelrioges
das Lig. ileo-pectineum (aussen von dem Gefässbündel) mit einem kleinen
aus der Fascia iliaca ausgeschnittenen Lappen. Er hat so drei Fälle von
Schenk elhernie, von denen der eine nach der Salzer sehen Operation rezi-
diviert war, mit zufriedenstellendem Erfolg operiert. R. Giani.
Die Trendelenburgsche Lage erleichtert nach Aussage Ghedinis (4)
bedeutend die Radikalkur des Kruralbniches mit der Methode Ruggi; diese
Lage kann dem Patienten sofort gegeben werden in Fällen von freiem Bruche;
in den Fällen dagegen von eingeklemmtem Bruche ist es zweckmässig, den
Sack zu öffnen und für die Erfordernisse des Falles in der angetroffenen
Lage zu sorgen, um zu vermeiden, dass ein Zug auf den eingeklemmt blei-
benden Teil ausgeübt werde und derselbe vorzeitig in den Unterleib zurück-
trete. Dann erst gibt man dem Patienten die Trendelenburgsche Lage,
um die Radikalkur auszuführen. R. Giani.
Jonnescu (6) beschreibt seine im Jahre 1897 erfundene, im Jahre
1905 neu modifizierte Operationsmethode der Schenkelbrüche mit temporären
Metallnähten. Bis zur Resektion des Sackes ist die Methode genau nach
Kamm ey er, Die Hernieo. 881
Bassini; Jonnescu reseziert den Sack zwischen zwei Kocherschen Pin-
letten. Vermittelst einer mit Silberdraht armierten Hohlnadel vereinigt er
durch zwei U-formige Nähte den Arcus cmralis mit dem Sackstnmpfe nnd
TraDsyersos, Obliqui und Haut. Die zwei Enden des Drahtes durchbohren
die Haut 3 cm von der Inzision durch 2 Löcher in 1 cm gegenseitiger Ent-
fernang; dann mit 3 Grins de Florence, die 8 formig die Obliqui und Trans-
Tersas und die Haut durchstechen; so vereinigt er die ganze Wunde. Der
Faniculas bleibt zwischen Peritoneum und Transversus. Die zwei Silberdraht-
Dähie torqniert er auf einem Mulltampon. Am 7. Tage nimmt er die Grins
de Florence, am 12. die Silberdrähte heraus.
Von 1899 bis 1905 operierte Jonnescu 241 Fälle nach dieser Methode,
Ton diesen 15 beiderseitig. 227 heilten per primam, 14 suppurierten, 5 starben
an Pneumonie oder Peritonitis, von diesen 2 nach strangulierten Brächen.
Die späteren Resultate sind sehr gut. Stoianoff (Vama).
Kohls (7) Vortrag resümiert aus den Erfahrungen des Autors. Er
operierte 24 inkarzerierte Leisten- und 38 Schenkelhernien ; die Mortalität der
Leistenbrüche betrug bei Männern 5^/o, bei Frauen 25Vo;'bei den Schenkel-
hernien bei Männern 33%, bei Frauen 13 ^lo, Totalmortalität = 11 Vo.
Aus dem Resumä betreffs Schenkelhernien ist hervorzuheben, dass Verf.
nie Repositionsversuche macht, dass die Reposition der gesunden Schlinge mit
Finger oder Instrument bis weit ins Abdomen statthaben soll, dass bei aus-
gedehnter Nekrose im Spitale die Resektion auszuführen, in der Privatpraxis
aber wohl Fixierung der Schlinge und Anus praeternaturalis sicherer ist.
Den Bruchsack stülpt er mit besonderer Sonde unter dem Lig. Poupart.
durch und zieht ihn durch ein Knopfloch in den Leistenkanal heraus, wo er
mit deren Faszie vernäht resp. reseziert wird.
Den Verschluss der Bruchpforte einer Hernie cruralis praevascularis
nahm Pfann (8) in einem Falle folgendermassen vor. Aus dem M. sartorius
wurde ein 6 cm langer, 3 cm breiter, 1 cm dicker, oben gestielter Lappen
entnommen und am Lig. inguinale, resp. an der Fascia pectinea angeheftet;
über dieser Muskelpelotte zog er dann die Fascia pectinea, das Ligamentum
inguinale und den Margo falciformis der Fascia lata durch eine Tabaks-
beutelnaht zusammen. Das Resultat war ein sehr gutes.
Gergö (Budapest).
Polya (9) benutzt zur Ausfüllung und Deckung des Schenkelkanals
als Pelotte den M. sartorius in seiner ganzen Dicke. Das Verfahren ist
folgendes :
1. T oder r förmiger Hautschnitt; Zurückpräparierung der Hautlappen.
2. Abbindung und Durchschneidung der V. saphena; womöglich hohe
Abbindung und Versenkung des Brucksackes.
3. Schlitzung der Sartoriusscheide von der Spin. ant. sup. bis zur Mitte
des Oberschenkels und Durchschneidung des Muskels.
4. Mit einer Komzange wird die Sartoriusscheide von der Fossa ovalis
aus durchstossen und nach Erweiterung der Öffnung der proximale Muskel-
stampf über die grossen Gefässe in den Canalis cruralis gezogen und womög-
, lieh tief in den Kanal eingelagert, daselbst mittelst Catgutnaht an die Fascia
pectinea, Lig. Cowperi, Gimbemati und Pouparti fixiert.
5. Mit 2 — 3 dicken Catgutnähten wird das Lig. Poup., der implantierte
Sartorius und die Fascia pectinea durchstochen ; durch Knüpfung dieser Fäden
wird der Muskel in die Tiefe des Schenkelkanals versenkt.
JahratlMrieht Ar Chirurgie 1905. 56
882 Jahresbericht fQr Ghirargie. II. Teil.
6. In einen nach oben offenen, etwas stumpfen Winkel wird an den
ersten Sartorinseinschnitt ein zweiter in die Faszia lata geführt, der so ge-
bildete Lappen zorückgeschlagen und an das Lig. Poupart., an die Fascia
pectinea und mit einigen Nähten auch an den unter ihm eintretenden Sar-
torius fixiert.
7. Hautnaht. Derart sind 2 Fälle operiert, cfr. die Abbildungen.
Das von Troiani (II) vorgeschlagene Verfahren ist das folgende:
1. Inzision der Weichteile. Anlegung eines parallel zn der
Leistenfalte von dem Schambeinstachel bis fast zur Vereinigungsstelle des
mittleren und äusseren Drittels des Lig. Fallopii sich erstreckenden Ein-
schnitts. Sodann Eröffnung des Leistenkanals, Hochhebung der Elemente
des Samenstranges und Loslösung der Fascia transversalis von ihrem Ansatz
an den hinteren Rand der Poupart sehen Brücke.
2. Isolierung, Ligatur und Exzision des Sackes.
3. Verschluss des Kruralringes. Während der Assistent einer-
seits die darüberliegenden Weichteile auseinanderzieht und andererseits mit
einem stumpfen Haken die Gefässe schützt und nach aussen verschiebt,
fixiert Verfasser mit vier Stichen die dreifache Schicht (M. obliqnns minor,
M. transversalis und Fascia transversalis) an das Co op ersehe Band. Der
erste Stich fasst nach oben den äusseren Rand des M. rectus, nach unten
das Goopersche und das Gimbernatsche Band, nahe dem Schambein-
stachel. — Der vierte Stich geht oben an den epigastrischen Gefassen, unten
an der Scheide der grossen Schenkelgefässe dicht vorbei.
4. Wiederherstellung des Leistenkanals. — Nachdem so
mit diesem Muskel -Membran -Diaphragma der Kruralring verschlossen ist,
stellt er unter Verstärkung derselben die hintere Wand des Leistenkanals
wieder her, indem er die dreifache Schicht, ungefähr 4 cm von ihrem (bereits
an der ürista pectinea befestigten) Rand an den hinteren Rand des Lig. Fal-
lopii annäht.
Der Operationsakt endet mit der Vemähung der übrigen Schichten.
R. Giani.
IV. Umbiiikalhemien.
1. * Aid er, Über Nabelschnarbrache. Dissert Zürich.
2. Baracz, von. Zur Radikaloperation des Nabelbruches, v. Langenbecks ArchiT
Bd. 77. H. 1.
2a. *Del Vesco, Contributo alle studio delle emie del cordone ombelicale. Gas. degli
Ospedali e delle Cliniche. F. 28. (Etinischer Fall.)
3. *Gourdet, Gare radicale de la hemie ombUicale. 18. französ. ChimigeDkongress.
Semaine möd. 41. (Empfehlang der transversalen Naht)
4. Landman, A case of congenital ambilical hernia containing M eck eis diverticulam.
Lancet Nov. 11.
5. *Lapinski, Traitement des hemies ombilicales chez les enfants par des injectioos
d'alcool. Gaz. lekarska 5 Not. 1904. Ref. Semaine m^. Nr. 11.
6. 'Leyassort, ^visc^ration totale, dans une hemie ombilicale irr^dnctible. Operation.
Gn^risoD. Deux cas de hemies chez des ob^ses. Joum. de m^d. de Paris Nr. 31.
7. ""NeugebaueriVon, Drei interessante Beobachtungen analoger Missbildangen (Hernii
faniculi umbilicalis. Monatsschr. f. Geb. Bo. XX. H. 6.
8. Pölya, Zur Radikaloperation der Nabelbrfiche. Zentralbl. f. Ghir. Nr. 42.
y. Baracz (2) beschreibt nach einer kurzen literarischen Übersicht der
bisherigen Operationsmethoden zwei Fälle von eingeklemmter Nabelhernie, die
er nach dem Mayo sehen Verfahren behandelt hat. Der Nabelring wird
Kammeyer, Die Hernien. 883
durch zwei oTuläre Schnitte freipräpariert, nach Versorgung des Inhaltes ex-
stirpiert und nun werden zwei Lappen gebildet. Das Peritoneum wird fort-
laufend mit Catgut genaht und der obere Lappen über den unteren herüber-
lestälpt, indem man sie mit Silberdrahtmatrazennähten übereinander vernäht.
Nachdem der freie untere Rand des oberen Lappens an der Rektusscheide
mit Catgut fixiert ist, wird die Haut mit tiefer und oberflächlicher Naht ge-
schlossen. Mayo hat so 35 Fälle mit nur einem Rezidiv behandelt. Sind
die Brüche sehr voluminös, so muss man Silberfiligrannetze einpflanzen.
Landman (4). Neogeborenes Mftdchen mit apfelsinengroaaer Nabelhernie kommt
ar Operation. Im Bmcbsack Dünndarm mit einem Mecke Ischen Divertikel, das am
Nabelring fest inseriert Trennung, Reposition der Eingeweide. Tod am dritten Tage an
Peritonitis.
Polya (18). Nach kurzer Aufzählung der gebräuchlichsten Methoden
des Nabelpfortenverschlusses gibt Verf. ein Verfahren für den Verschluss
mittelgrosser Bmchpforten : Nach Versorgung des Bruchinhaltes vereinigt man
die Peritonealwunde quer oder längs. Dann wird die Vorderfläche der Rektus-
scheiden durch Abpräparieren der Haut und einen Schnitt freigelegt, welcher
parallel dem medialen Rektusrand und in einer Entfernung von 1 cm von
diesem verläuft Beide Schnitte treffen sich in der Mittellinie. Der so ge-
wonnene Aponenroselappen wird aufpräpariert, so dass sein freier Rand nach
oben sieht und mit einem Faden nach Art der Tabaksbeutelnaht mehrfach
durchstochen; nach Knüpfung entsteht an der Pforte eine Pelotte. Dann
werden die Mm. recti durch stumpfe Abpräparierung von der hinteren Scheide
stark mobilisiert und mittelst durchgreifender Knopfnähte, die 2Vs — 3 cm
voneinander entfernt angelegt sind, die Muskeln, vordere Rektusscheide und
Haut vereinigt. Endlich folgen oberflächliche Hautnähte. Abbildungen illu-
strieren das Verfahren.
Y. Innere Hernien.
1. *Carl, Combined volvnlus and bernia throngh a recent mesenteric slit. Annais of
sarg. Angnst
2. Delkeakamp, Zar Kaeaistik der inneren Hernien, speziell der Hernia foraminis
Winalowü Brnns Beitr. z. Chir. Bd. 47. H. 3.
3. ^Dobson, Mesocolic hernia. Ann. of sarg. Nov.
4. Haberer, Ein operativ geheilter Fall von inkarzerierter T r e i t z scher Hernie. Wiener
klin. Wochenachr. Nr. 11.
5. Knaggs, A case of inflamed retroperitoneal hernia (so-called duodenal). Brit med.
joam. Dec. 2.
6. Kramm, Ober intraabdominale Hernien and iliakale Baachfelltaschen. v. Langen-
beeks Archiv Bd. 78. H. IV.
7. *Wood» Transmesenteric hernia of the appendix vermiformis. Annais of Surgery
Aagnat.
Delkeskamp (2) veröffentlicht den 13. Fall obiger Hernie, der zu-
gleich als zweite operativ geheilt wurde. Die Hernie entwickelte sich intra
partum, wurde am 63 Tage post partum mit reaktionslosem Ausgang operiert.
Das Foramen Winslowii wurde nicht genäht.
Haber er (4) konnte bei seiner 23 jährigen Patientin die Diagnose: in-
karzerierte retroperitoneale Hernie mit grosser Wahrscheinlichkeit stellen.
Es war ein klassischer Fall von Treitzscher Hernie in dem Recessus duo-
denojejunalis sin., die fast den gesamten Dünndarm enthielt. In der Plica
Tenosa verlief die thrombosierte Vena mesenterica inferior, welche behufs
Lösung des Einklemmungsringes durchschnitten und unterbunden werden
56*
884 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
mosste. Darauf wurde partieDweise die ganze vordere ventrale Wand dea
Hemiensackes ligiert und abgetragen. Heilung.
Die Kranke hatte früher nie Beschwerden in ihrer lange bestehenden
grossen Hernie gehabt. Patientin bot zuerst den Eindruck einer allgemeinen
Peritonitis ; durch die Ausheberung des Magens, der 4 Liter galliger Flüssig«
keit enthielt, änderte sich das Krankheitsbild und die Operation wurde viel
leichter. Ebenfalls grossen Wert legt Verf. auf die Infusion grosser Mengen
Kochsalzlösung in die Peritonealhöhle während der Operation, die einen Zu-
stand starker Austrocknung zeigte. Nach der Operation traten profuse Diar-
rhöen auf, die wahrscheinlich durch die Thrombose der grossen Vena mesen-
terica inferior bedingt waren.
Knagge (5) Patient kam mit einer Unfall Verletzung ins Hospital. Aaaser einem
Armbrach .fanden sich unbestimmte Abdominalsymptome , die zum Teil schon seit langer
Zeit bestanden. Als Erbrechen fäkulenter Massen eintrat, wurde operiert und zwischen
Magen und Colon transversum ein grosser, dunkelroter, scheinbar zystischer Tumor frei-
gelegt, der von dem Omentum gastrocolicum bedeckt war. Hob man das Colon trans-
versum auf, so sah man, dass ca. 6—8 Fuss Dtlnndarm durch ein Loch im Mesokolon des
Colon transversum verschwanden und den Tumor bildeten. Die Därme waren mit peri-
tonitischer Auflagerung bedeckt und es entleerte sich eine Masse dflnnflflssigen Exsudates.
Der Bmchsackring wurde fortlaufend vernäht, der Tumor nach Rücklagemng des Kolon
an seiner vorderen Seite auf der höchsten Yorwölbung inzidiert, die Schnittränder im
oberen Wundwinkel des Bauchschnittes fixiert und der Sack mit Gaze ausgestopft. Heilong
nach 6 Wochen. Neun Monate später wurde Patient von neuem ins Hospital anfgenommea
wegen Typhus, an dem er starb. Zum Erstaunen des Verf. zeigte sich, dass die beabsichtigte
Verödung des Sackes durch Ausstopfen ganz resultatlos geblieben war; die Bnichsack5ff-
nnng hatte sich ganz wieder hergestellt, nur einige Verwachsungen bestanden.
Krumm (6) operierte mit glücklichem Erfolge einen 9 jährigen Jungen,
bei dem sich eine intraabdominale eingeklemmte Hernie in einer Peritoneum-
tasche im medialen Teile der Fossa iliaca dextra fand. Es handelte sich
nicht um einen Recessns retrocoecalis (Broesike), sondern nm bis jetzt wohi
sehr selten beschriebene iliakale Bauchfelltaschen, die auch nicht zu den ge-
wissermassen normalen pericökalen Bauchfelltaschen gehören. Sie geben meist
Veranlassung zur Verwechslung mit Appendixerkrankungen.
VI. Seltene Hernien.
1. Allessandri, ün nuovo caso di emia inguinale bilaterale della vesciea. BoUettino
della R. Accademia med. di Koma. Fase. 1, 2, 3.
2. *Auvray, Hernie inguinale ^tranglöe chez un enfant de sept semaines; k^lotomie,
gn^rison. Du r6le jouö dans la pathogönie de Tötranglement par le diverticule de
Meckel contenu dans la hernie. Bull, et m^m. de la soc. de chir. Nr. 34.
3. Bakay, Über perineale Hernien. Onrosi Hetilap. Nr. 53. (ungarisch.)
4. Bäron, J., Über den Wurmfortsatz enthaltende Hernien. Orrosi Hetilap. Nr. 15.
(Ungarisch.)
5. Bayer, Über eine bisher noch nicht beschriebene Variet&t der interparietalen Leisten-
hernie mit Bemerkungen zur radikalen Bruchoperation. Frager med. Wochenschr. Nr. 7.
6. *Beck, Hernien der Linea alba abdominis. Wiener klin. Rundschau Nr. 88. (Zwei
operierte Fälle.)
7. *Bergholm, Rechtsseitiger Leistenbruch (Hernie labialis) mit der rechten Tube and
dem Ovarium als Inhalt. Duodecim. Nr. 9—10. p. 249.
8. Birnbaum, Beitrag zur Kenntnis der Hemia uteri inguinalis und der histologisdiefl
Veränderungen verlagerter Ovarien. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 2L
9. Boehm, Zur Kasuistik der inkarzerierten Zwerchfellhemie. Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 49.
10. Bovin, Zur Kenntnis der Ectopia ovarii inguinalis. Nordiskt medicinskt Arkiv. Bd. 38.
Abt. 1. Chirurgie. Heft 1. Nr. 3.
Eammeyer, Die Hernieo. 885
11. Briiiy £trangleineiit ou inflammation da diverticule de Me ekel herniö. Bull, et möm.
de la aoe. de Paria Nr. 15.
12. ^C Q m a 1 0 o , Interstitial hemia. Ann. of sarg. March.
13. — Un caa de hemie interstitielle chez une fille de neaf ans. Rev. de chir. Nr. 6.
IL Darnach, Demonstration einer Zwerohfellhemie. Mediz. Gesellschaft in Göttingen.
Deatacbe med. Wochenschr. Nr. 18.
15. *Daigoa, ^tranglement de Tappendice il^ocoecal dans le canal crural. Joam. de
med. et de chir. prat. Nr. 23.
1& Eiaelsberg, von, Abgeschnürter Darm als Inhalt einer Hemia ischiadica. Archiv
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17. För6, Contribotion h r^tade des anomalies de d^yeloppement des apon^vroses chez
lea d^ön^r^ Revae de chir. Nr. 9.
18. Hamdi, Der Magen als Inhalt einer rechtsseitigen Zwerchfellhemie mit sekandftrer
Auastfllpung nach der Baachhöhle za, eine rechtsseitige Pyonephrose Yortftoschend.
Dentsche Zeitschr. 1 Chir. Bd. 79. H. 1—3.
19. Heidenhain, Geschichte eines Falles von chronischer Inkarzeration des Magens in
einer angeborenen Zwerchfellhemie, welche durch Laparotomie geheilt wurde, mit an-
schliessenden Bemerkungen Ober die Möglichkeit, das Kardiakarzinom der Speiseröhre
au resezieren. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 76. p. 394.
20. Herz, Uemia diaphragmatica. Wiener klin. Rundschau Nr. 29 und Mflnch. med.
Wochenschr. Nr. 40.
21. Hildebrandt a. Hess, Zur Differentaldiagnose zwischen Hemia diaphragmatica
und Eventratio diaphragmatica. Münch. med. Wochenschr. Nr. 16.
22. ^Horcocks, Two cases of hemia of the caecum. Lancet. Jan. 14.
23. Kirmisson, Hernie isoläe de Tappendlce ileocoecal du cöt^ droit. Verification du
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24. ^Kttttner, Fall von extraperitonealer Cystocele inguinalis. Ärztl. Verein zu Mar-
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25. ^Lejars, Hemie lumbaire 4trangl^e. 18. franz. Chir.-Kongr. Sem. m^d. Nr. 41.
26. *Low, A clinical lecture on Richter's hernia. Lancet. Jan. 28. (4 Fälle).
27. LQcke, Über die extraperitoneale Blasenhemie. Deutsche Zeitechr. f. Chir. Bd. 80.
Heft 5-6.
28. MignoD, Occlusion intestinale par hemie tntrarectale. Gaz. d. Hdp. Nr. 121.
29. Mohr, Baaohbrflche in der weissen Linie ohne objektiven üntersachungsbefund. Mitt.
a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 14. H. 3.
90. ^MoncanyetDelaunay, Deux cas de hemia diaphragmatique. Bull, et m^m. de
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31. *Rigby, A case of torsion of the ovary in a heraial sac (bei einem dreimonatlichen
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32. ^Salinari, II processo di scelta nella cura radicale dell* ernia crurale. Giom. med.
del R. Esercito. Fase. 8.
33. ^Santucci, A., Sülle emie del Littr^. La dinica moderna. Nr. 3—4. (Klinischer Fall
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34. Savariaud, Hernie intercostale äpiploique. Bull, et möro. de la soc. de chir. de
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35' St räter, Die Radikaloperation der Hemia obturatoria. Zentralbl. f. Chir. Nr. 42.
36. Yannucci, F., Osservazioni cliniche e sperimentali sull' emia della vescica. La
cliniea moderna. Nr. 48.
Alessandri (1). Antonio Provetti, 74 Jahre alt, Junggeselle, Dienst-
mann, lässt sich am 1. September 1904 in den Policlino Umberto I auf-
nehmen mit dem Wunsche ihn von zwei Leistenbrüchen zu befreien, welche
es ihm unmöglich machen, seinem Beruf nachzugehen. Er versichert, die-
selben seien erst seit einigen Jahren aufgetreten und hätten allmählich an
Grösse zugenommen. Er hat Gonorrhöen gehabt, niemals jedoch an erblichen
Blasenstörungen gelitten, noch ist er nach der Entstehung der Bruche auf
Schwierigkeiten oder Hindernisse im Harnlassen gestossen. Objektiv werden
in der Leistengegend zwei direkte Bruchschwellungen getroffen, die nicht
über den Ring hinausgehen und sich beim Druck reduzieren. Bei der Re-
886 Jahresbericht fflr Chimrgie. II. Teil.
daktion verspürt der Patient kein Bedürfnis Harn zu lassen oder sonstige
Störung. Es bestand massiger Grad von Prostatahypertropliie. Sonst nichts
Bemerkenswertes. Bei der am 5. September zunächst rechts vorgenommenen
Operation fand man einen breitbasigen, massig umfangreichen Sack mit wenig
Fett, der bei den Dissektionsversncben sehr dick erschien und bei näherer
Untersuchung das charakteristische Netzwerk der Muskelhaut der Harnblase
zeigte. Es wurde alsdann ein Metallkatheter durch die Harnröhre eingeführt
und versucht, die Spitze nach der Bruchstelle zu fuhren; jedoch gelang dies
nicht. Dagegen wurde das Anschwellen und Schlaffwerden des Teiles bei der
Injektion und Extraktion der Blasenflüssigkeit augenscheinlich. Reduktion;
Operation nach Bassini. Als gleich darauf auch links zur Operation ge-
schritten wurde, fand man überraschenderweise die gleichen Verhältnisse
vor wie rechts und konstatierte, dass es sich hier um direkte extraperitoneale
Cystocele handle. Glatte Heilung.
Aus dem oben berichteten Fall nimmt Alessandri Veranlassung, die
Frage nach der Pathogenese der Hamblasenbrüche zu behandeln. Unter Be-
rücksichtigung der von anderen Chirurgen gegebenen Winke und unter Aus-
dehnung der allgemeinen Theorie von Cloquet und Roser auf die Patho-
genese der Brüche vertreten Monod und Delageniere die Ansicht, dass,
obwohl die Blase natürlich ausgedehnt und schlaff sein muss, es die Lipocele
ist, welche sie mit den Ringen in Eontakt bringt und erhält, sie darin enga-
giert und deren Ausstülpung hervorbringt. Verf. vertrat in einer früheren
Arbeit die Anschauung, dass die angeborenen und erworbenen Formverände-
rungen der Blase ebenfalls die höchste Bedeutung haben müssten und nahm
auch in dieser Hinsicht experimentelle Untersuchungen am Kadaver vor, wie
schwierig und wie notwenigerweise unvollständig diese auch sein müsseo.
Diese Fälle von doppelseitigem Leistenbruch sind in dieser Hinsicht von der
allergrössten Wichtigkeit, da sie zugunsten dieser Anschauung entscheiden;
man kann in der Tat nicht annehmen, dass auf beiden Seiten eine Blasen-
expansion mit den Ringen in Berührung! trete und zwar oft ohne Spur
von Fettanhäufung, wie es in dem Falle von Durante und in dem des
Verfs. der Fall war, es sei denn infolge angeborener Missbildung der Blase
selbst. Es handelt sich in der Tat stets um seit langer Zeit bestehende
Blasenkatarrhe und Prostatastörungen; so in dem Falle von Durante, in
dem des Verfs. und in denen von Civiale, Zahnlass und Villard.
R. Giani.
Bakay (3). Angeregt durch das Studium zweier Perinealhemien, die
Prof. Dollinger auf der I. chirurgischen Klinik (Budapest) operierte, befasste
sich Bakay eingehender mit der Anatomie dieser Hernien und kommt zu
folgenden Schlüssen:
1. Der Douglas-Raum bildet durch seine Lage einen intraabdominellen
Bruchsack und kann in demselben, wenn sich Eingeweide dorthin verlagern,
leicht ein freier Bauchbruch zustande kommen. Die dislozierten Eingeweide
drängen den Boden des Douglas-Raumes nach abwärts, das Resultat dafon
sind perineale Brüche.
2. Auch ein Lipom des Cavum ischio-rectale kann perineale Bräche
erzeugen.
3. Untersuchungen am Embryo sprechen gegen ein kongenitales Ent-
stehen dieser Brüche, da Eingeweide in den Douglas frühestens mit der An-
nahme einer aufrechten Stellung gelangen können. Gergö (Budapest).
Kamroeyer, Die Hernien. 887
Baron (4) operierte häufig Hernien mit Inkarzerationserscheinnngen
and fand eine inkarzerierte Appendix oder bloss eine Entzündung der-
selben, ohne dass je vor der Operation festgestellt werden konnte, dass im
Brache der Wurmfortsatz sei. Deshalb ist er ein Gegner jeglicher Taxisver-
snche bei inkarzerierten Brüchen und empfiehlt dringend die sofortige Ope-
ration. Gergö (Budapest).
Der Bay ersehe (5) Fall stellt sich dar als eine interparietale Leistenhernie
mit grossem kongenitalen Bruchsack, dem wandständig und etwas höher als
normal der Hoden (mit einem Lipom) aufsitzt und der drei Fächer hat, ein
skrotales und zwei inguinale, von welchen letzteren das eine vor, das andere
hinter der Aponeurose des M. obliq. extern, ziemlich gleich weit im Verlaufe
des Lig. Pouparti lateral aufwärts sich ausbreitet. Im skrotalen Bruchsack-
anteil lag das Omentum, die anderen Fächer waren leer. Der 32jährige
Patient wurde nach dem Bay ersehen Verfahren operiert, das Verf. in der
.Chirurgie in der Landpraxis^ 1901 beschrieben hat und das er hier noch
einmal nebst Abbildung beschreibt.
Birnbaums (8) im Titel angegebene Beobachtung ist eine sehr seltene;
24 ähnliche Fälle sind bekannt:
35jährige Frau, seit 11 Jahren verheiratet, nie menstruiert, hatte seit dem 5. Jahre
ein Bracbbaod getragen wegen einer öfters schmerzhaften Geschwulst in der linken Weiche.
Koitus nnd SexnalgefÜhl normal. Die sonst kräftige Person hat infantiles Äussere, wenig
behaarte Grenitalien, Scheide normal, Portio und Muttermund fehlen. Per rectum ftthlt man
einen qnenrerlaufenden Strang, in der linken Leiste eine walnussgrosse Geschwulst, die
sich bis in die linke Schamlippe drängen lässtl Bei der Operation wurde die Geschwulst
bis mm linken Leistenring freigemacht, abgetragen und ihr Stiel an den inneren Leisten-
ring festgenäht. Nach Anlegung mehrerer versenkter Catgutknopfhähte wurde die Bauch-
wunde geschlossen. Per primam Heilung.
0ie Geschwulst war der Uterus, aber ohne Lumen; die Lig. Ista und ein Lig. rot.
sin. waren vorhanden, femer auch eine lumenlose linke Tube; darunter ein grosses Ovarium
mit einer Zyste. Die rechten Adnexe fehlen. Das Ovsrium hatte nirgends Oberflächen-
epithel nnd zeigte den Bau fötaler Ovarien.
Verf. berichtet über die letzten acht noch nicht im Zusammenhang ver-
öffentlichten Fälle von Hemia uteri inguinalis. 8 Uteri waren (eine schwere
Komplikation) gravid, 15 nicht gravid, 2 Fälle von Hemia uteri cruralis sind
bekannt. Die Affektion ist meist angeboren und mit anderen Missbildungen
der Genitalien verbunden. Die Diagnose lässt sich meistens stellen.
Brehm (9). Fall von kongenitaler Hemia diaphragmatica spuria incarcerata bei
einem 4jährigen Knaben, der moribund ins Hospital kam. Magen, Colon transversum,
Netz und zweidrittel der Milz lagen in der linken Brusthöhle ; der Magen wies eine IV* cm
lauge scharfrandige Perforation auf. Das Querkolon wies SchnQrringe auf. Das Loch im
Zwerchfell war oval mit glatten sehnigen Rändern von 6,5 cm Länge und 2,5 cm Breite.
Entstehung der Einklemmung unbekannt. Die Diagnose war bei der Kürze der Beobachtung
nicht gemacht worden.
Nach einer einführenden Darstellung unserer heutigen Kenntnis von der
Art und Weise einer Dislokation des Ovarinms in den Leistenkanal und
ausserhalb desselben teilt Bovin (10) einen Fall mit, in dem bei Operation
wegen eines vermuteten Netzbruches bei einem 46 jährigen Weibe im Leisten-
kanal ein Tumor angetroffen wurde, der sich bei mikroskopischer Unter-
suchung als ein Ovarium erwies. Die Frage, ob in diesem Falle eine kon-
genitale Entwickelungsanomalie oder eine akqnirierte Abnormität vorgelegen
hat wird vom Verf. diskutiert, der die Frage jedoch offen lassen zu müssen
glaubt. Hj. von Bonsdorff.
Brin (11) heohachtete bei einem 70jährigen Potator, der seit seiner Jugend an
ftoMcrst achmerzhaften Koliken mit Erbrechen, Verstopfung usw. litt, eine seit kurzem
888 Jahresberieht für Chirurgie. IL TeiL
entstandene irreponible rechtsseitige Schenkelherniei die auf Druck schmerzhaft war. 3ei
der Operation fand sich ein ca. 8 cm langes Meckelsches Divertikel, überall adhirentp
im Bruchsack. Ein ca. 3 cm langes Stück im Bauch erschien gesund. Abtragung iaii<l
Naht des Darms. Heilung nach überstandener linksseitiger Phlebitis. Verf. hfilt die Eint-
Zündung im Bruchsack für das Primäre, es waren Krisen, ähnlich wie bei chronischer
rezidivierender Appendizitis.
Greene-Cumston (13). Nach einigen liierarischen Bemerkungen be-
richtet Verf. über seinen eigenen Fall:
Bei einem 9 jährigen Mädchen mit leichten Inkarzerationserscheinnngen fand sich
eine hühnereigrosse Hernie im rechten Leistenkanal, die in Bückenlage auf Druck zurdcJc-
ging. Verschloss man nun den Leistenkanal mit dem Finger und liess die Patientin sich
aufrichten, so entstand oberhalb der früheren Geschwulst eine zweite, die in der Baoch-
wand lag und sich bei längerem Pressen nach rechts und links ausdehnte. Sie verschwaod
unter charakteristischem Gurren auf Druck und nun fQhlte man eine ovale, für zwei Finder
durchlässige Öffnung. Bei der Operation fand sich der Bruchsack zwischen Musculus obliq.
intern, und der Aponeurose des M. transvers. mit einer Dünndarmschlinge und drei kleinen
Lipomen als Inhalt. Der Verschluss der Bruchpforte wurde durch eine vierfache Naht-
Schicht der Muskeln bewerkstelligt. Heilung.
Damsch (14) demonstriert einen 38 jährigen Kranken mit den typischen
klinischen Zeichen einer linksseitigen Zwerchfellhemie, besonders die Durch-
leuchtung des mit GOg aufgeblähten, resp. mit Bismnt gefüllten Magens ver-
mittelst Röntgenstrahlen ergab sehr deutliche Bilder; ebenso das Diagramm
einer mit Schrot gefüllten Schlundsonde.
von Eiseisberg (16) berichtet einen einzigartigen Fall:
Ein IV« jähriger Knabe hatte von (xeburt an eine eigrosse Geschwulst der linken
Kreuzbeingegend, die seit kurzem zu Faustgrösse gewachsen war, sich nicht fortdrficken
liess, aber beim Pressen und Schreien deutlich praller wurde ! Bei der Operation fand sich
zwischen den Fasom der Glutftalmuskeln ein Bruchsack mit reichlich Bruch wasser und
nach Inzision eine Darmschlinge. Diese hatte aber merkwürdigerweise zwei blinde wnist-
f&rmige Enden und kommunizierte nur durch einen kleinfingerdicken Mesenterialstiel mit
der Bauchhöhle.
Trotz möglichst exakter hoher Ezstirpation des Bruchsackes und Naht der Muskeln
kam bald wieder ein Rezidiv in Gestalt einer Vorwölbung der GlutAalgegend , das auch
durch eine zweite Operation nicht beseitigt werden konnte.
Das Darmstück, anscheinend Dünndarm, war prall gefüllt mit einem grauen Brei mit
bakteriologisch negativem Resultat; alle Schichten der Darmwand waren erkennbar, die
Mukosa sehr atrophisch. Es bandelte sich wohl um eine angeborene Hemia ischiadica, in
die sich ein Stück Darm eingeklemmt hatte, wobei es zu einer sehr langsam verlaufenden
Gangrän kam, bei der die Lumina der beiden BchUngen jedes für sich verwachsen konnten
und der Mesenterialstiel überhaupt nicht der Gangrän verfiel (s. Abbildung).
Ein ähnlicher Befund wurde gelegentlich einer Sektion erhoben, bei der
sich vier offene Darmlumina in der Bauchhöhle fanden; in der Nähe einer
durch Volvulus nekrotisch gewordenen Darmschlinge war der Mesenterialstiel
erhalten geblieben. Verf. wirft auch die Frage auf, ob es sich in seinem
Falle um ein autocbthones oder heretochthones Teratom oder um einen
Foetus in foetu gehandelt habe, was indes wenig wahrscheinlich war.
F^t6 (17). Bei einem Paralytiker fanden sich zufiLllig, als er einmal hustete, zwei
reponiblel Tumoren zu beiden Seiten der Wirbelsäule in der Höhe des ersten Lenden-
wirbels. Sie lagen neben den Proc. transversi, waren nussgross und drangen aus dem
Muscul. sacrolumbalis hervor ; sie waren unempfindlich auf Druck und leicht zu reponiereo.
In der Ruhe verschwanden die Hernien von selbst; auch an den Oberschenkeln fanden sich
Lakunen in der oberflächlichen Aponeurose. Verf. hat oft derartrge degenerative Zeichen
bei Geisteskranken beobachtet.
Hamdi (18). Ein 50 jähriger Türke wird wegen eines Nierensteines und vennat-
lieber rechtsseitiger Pyonephrose operiert; bei der Sektion findet sich, dass der scheinbare
Pyonephrosentumor, welcher in seiner Grösse stark wechselte, ein geblähter Teil des Magens
ist, der durch eine Zwerchfellhernie in die rechte Brusthöhle getreten ist und dann seknndir
wiederum hinter der Leber durch eine bruchsackartige Ausstülpung und Verdflnnnog der
Kammeyer, Die Hernien. 889
rechten ZwerchfeUseite von der rechten Niere her in die Bauchhöhle hinahgedr&ngt wird.
Im Magen waren sieben Ulcera, die eine starke Perigastritis erzengt hatten und ferner
ein hühnereigrosser, kristallinischer Stein von weisser Farbe, der sich als eine Zusammen-
ballang von Salol erwies, das zwecks Desinfektion des Harns gereicht war. Es handelte
sich um eine angeborene oder langsam erworbene echte Hernie mit Bmchsack.
Heidetthain (19). Der bisher einzige Fall einer angeborenen Zwerch-
fellhemie, der operativ geheilt wurde. Einzelheiten der Krankengeschichte
cf. im Original.
Herz (20) stellte einen 30jährigen Patienten mit wahrscheinlich kon-
genitaler Zwerchfellhemie vor, in dem nach dem physikalischen Befand, so-
wie nach der Röntgenaufnahme die Flexura lienalis des Dickdarms und einige
Dönndarmschlingen liegen. Die Därme zeigen im Röntgenbild paradoxe in-
spiratorische Bewegung, weil vorhandene Zwerchfellreste der linken Seite, be-
sonders aber das rechte Zwerchfell bei der Einatmung die Abdominalorgane
nach abwärts drängen. Diese trachten nach dem Orte des geringsten Wider-
standes auszuweichen und dies geschieht an der Flexura lienaUs nach dem
Defekt, also nach dem Thorax hin. Dazu kommt noch die Aspirationswirkung
bei der respiratorischen Erweiterung der linken Thoraxhälfte.
Hildebrandt und Hess (21) haben den von Hirsch beschriebenen
39jährigen Bierzapfer Seh., der jetzt die Kliniken mit der Diagnose Hemia
diaphragmatica bereist, mehrfach nachuntersucht und kommen zu dem Re-
sultat, dass es sich in Wirklichkeit um eine Eventratio diaphragmatica mit
Hochstand der linken Zwerchfellhälfte handelt. Hiervon sind nur 10 Fälle
bekannt.
Klinisch-physikalische und klinisch-physiologische Untersuchungsbefunde
wie gleichzeitig aufgenommene Druckkurven der Atmung und des Magendruckes
Hessen mit grosser Wahrscheinlichkeit schon auf Eventratio schliessen, sichere
Auskunft gab aber die radiologische Untersuchung, die in verschiedenster Stellung
und nach Eingiessung von Wismut per os und anum vorgenommen wurde. Es
ergab sich nämlich immer eine bogenförmige scharfe Linie als oberer Rand
des Hohlraumes im linken Brustraum, die stets dieselbe Lage und Gestalt
beibehielt, mochte der Magen und der nach oben verlagerte Darm noch so
starke Bewegungen machen; bei tiefer Atmung fand gleichmässiges Herab-
steigen des ganzen bogenförmigen Schattens, bei Bewegung des Darms und
des Magens dagegen völliger Stillstand desselben statt. Die Sondenversuche
sind von Hirsch falsch gedeutet.
EirmiBSons (23) Beohachtaog ist interessant dadurch, dass es ihm gelang, bei dem
kleinen Sjfthrigen Patienten die richtige Diagnose zu stellen. Im rechten Hodensack be-
fand flieh oberhalb des isolierbaren Hodens eine Flössigkeitsansammlung, die man ganz in
den Bauch fortdrücken konnte. Dann fQblte man in dem dünnen Brnchaack einen blei-
Btiftdicken runden Strang mit beweglichem unteren Ende. Der Strang war fixiert and Hess
sich in die BaucbhShle weiter verfolgen. Bei der Operation sah man, dass es sich um den
zum grOssten Teil fixierten Proc. vermiformis handelte, der ganz allein den Inhalt des
Bmchsackea bildete. Heilung nach Resektion.
Lücke (27) operierte mit Erfolg einen Mann mit der seltenen extra-
peritonealen kruralen Blasenhernie. Er behauptet entgegen anderen Au-
toren, dass es typische Symptome einer akut entstandenen reinen Blasen-
einklemmung gibt und zwar: ausserordentliche Schmerzhaftigkeit, Ausstrahlen
der Schmerzen in die Gegend über der Symphyse, Fehlen typischer Darm-
einklemmungssymptome und eventuell Erscheinungen von Seiten der Blase.
Für die Diagnose inter operationem kommt in Betracht, dass auf dem
vorliegenden Blasenzipfel kein Lipom, sondern Fett, wie epikardiales Fett vor-
890 Jahresbericht fQr Chirurgie. IT. Teil.
lag, ferner dass man durch Rollen zwischen den Fingern ein Hohlorgan mit
dicken Wandungen fühlte, an dessen Wurzel man nirgends ins freie Peri-
toneum, sondern überall ins Bindegewebe kam und schliesslich ging der Stiel
in die Gegend hinter der Symphyse. Der Katheter sicherte die Diagnose.
Zum Schluss gibt Verf. die vier bis jetzt bekannten Fälle sicherer
extraperitonealer Kruralblasenhernien.
MignoD (28). 24 jahriger Soldat hatte eine PlenritiB und Appendizitis vor einigen
Jahren flberstanden, leidet seitdem an heftigen Koliken nnd Obstipation. Per anam fttblt man
einen grossen, schwer reponierbaren, glockenförmigen Tamor Ton der vorderen Bektamwand
aasgehend, dessen obere Stielinsertion nicht zn erreichen war. Bei der Laparotomie ent-
leert sich klare Flflssigkeit als Folge von tnberknlOser Peritonitis; nach Anlegung eines
Anns praetematnralis allmählich Nachlass aller Beschwerden und Defftkation per aamn.
Heilang nach 40 Tagen; der Tamor war verschwunden. Es hatte sich nm eine Aoaatfll-
pong des Donglasschen Raumes in den Mastdarm mit Darm als Inhalt gehandelt.
Mohr (29). Ein 34 jähriger Patient hatte seit acht Jahren Schmerzen an einer
Stelle der Linea alba oberhalb des Nabels, stets genau an derselben umschriebenen Stelle;
sonst kein Befand. Bei der Operation fand sich an genanntem Orte nach Durcbtrennnng
des queren Sehnenblattes ein walnussgrosser Fettklumpen als das Ende eines eingewadiaenen
Netzzipfels, der nach der Magengegend verlief. Kein Bruchsack. Nach Abtragung sofort
Nachlass aller Schmerzen.
Savariauds (84) Beobachtung einer Interkostalhernie ist die vierte in der Literatur.
Der 41jährige Patient hatte vor acht Jahren plötzlich einen heftigen Schmerz links neben
der Wirbelsäule eben tlber dem Kreuzbein gefdhlt und litt von da an an intermittierenden
heftigen Schmerzen, die ihn schliesslich in den Verdacht von traumatischer Hysterie
brachten. Erst Savariaud entdeckte im 10. Interkostalraum in der Axillarlinie eine
Narbe, die von einem im dritten Jjebensjahre erlittenen Sturz auf eine Hacke herrOhrte.
Von da an hatte Patient oft an Koliken gelitten, bis im 22. Jahre ein grosser Knäuel Ein-
geweidewürmer abging. Danach fBhlte er sich wohl bis zu dem oben erwähnten Unfall.
Die Gegend der Narbe wird ausgefällt durch einen apfelsinengrossen Tumor, der beim
Husten und tiefer Atmung kommt und verschwindet; er gibt matten PerkussionsschalL
Bei der Operation der Hernie fQhlte man ein Loch im Literkostalraum, in das sich
ein Stttck Netz mit einem Stiel hineindrängt Das Peritoneum bildet einen unvollkommenen
Bruchsack.
Der Verschluss der Bruchpforte geschah durch Transplantation des grossen Racken-
muskels, der wie ein Vorhang über das Loch fixiert wurde. Heilung und Nachlass aller
Beschwerden. Später wurde eine kleine Leistenhernie operiert.
Sträters (35) Technik ist folgende: Nach Abtragung des Bruchsackes
formt man einen IV2— 2 cm breiten und ca. 8 cm langen Lappen ans der
medialen Seite des M. pectineus, dessen Stiel sich am Schambein befindet
und der distalwärts etwas dünner wird. Nahe dem Ende wird der Lappen
mit dickem Faden umschnürt resp. durchstochen. Die lang gelassenen Enden
werden mittelst Aneurysmanadel durch den Canalis obturatorius geführt und
nach Erweiterung der Kruralpforte an der Innenseite aufgefangen. Mit diesen
Fäden zieht man den Pektineuslappen durch den Obturatorkanal, während
man ihn gleichzeitig von aussen in das Foramen obturatorium extern, hinein-
schiebt. Die Fäden werden kurz oberhalb des Lig. Poup. durch die Apo-
neurose geführt und geknüpft und dann die Kruralpforte nach Bedarf ver-
engt. Dann ist der ganze Kanal durch den Muskellappen verschlossen und
das Peritoneum parietale wird am Foramen obtur. intern, durch den implan-
tierten und vorspringenden Muskellappen abgehoben.
Die Methode ist bis jetzt erst an der Leiche ausgeführt.
Nach Resumierung der hauptsächlichen Theorien, die über die Patho-
genese der Cystocele aufgestellt wurden und nach kurzer Besprechung von
16 von ihm studierten und operierten klinischen Fällen, kommt Vannucci
(36) zur Darlegung seiner Untersuchungen über die Beziehungen der Nabel-
Pagenstecher, Verletzangen n. chinirg. Krankheiten der Leber o. Gallenblase. 891
arterie zu dem Bauchfell und der Blase und über den Einflnss, den der Zug
an der Nabelarterie auf die Blase ausüben kann.
Durch diese Untersuchungen sieht sich Verf. zur Annahme geführt, dass,
obschon die Mehrzahl der Blasenbrüche sekundäre sind als Folge einer prä-
existierenden gemeinen Hernie, doch zuweilen der Blasenbruch ein pri-
märer ist.
Was nun den Entstehungsmechanismus angeht, so vertritt Vannucci
die Ansicht, dass die sekundären paraperitonealen Gystocelen sich durch den
Zug bilden, der auf die Blase durch die ausgestülpte Nabelarterie vermittelst
der Arterienäste und des Fettes, welche die Nabelarterie mit der Blase selbst
verbinden, ausgeübt wird; dass bei den primären paraperitonealen Gysto-
celen die Blase, sobald sie sich einmal ausgestülpt hat, einen Zug auf die
Nabelarterie überträgt durch die Mittel, die sie mit derselben verbinden,
und von der Nabelarterie aus der Zug auf das Bauchfell übertragen wird,
wodurch sich an der Seite der ausgestülpten Blase der Sack der gemeinen
Hernie bildet.
Was die intraperitoneale Cystocele angeht, so wird der von Leroux
geschilderte Entstehungsmechanismus vom Verf. akzeptiert, der nach Er-
wähnung der Frequenz der Blasenhemie weiter bei der Besprechung der
Diagnose, Behandlung und Prognose dieser Krankheit verweilt. R. Giani.
XVI.
Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Leber
und Gallenblase.
Referent: E. Pagenstecher, Wiesbaden.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Allgemeines.
1. Aspelin, Über den sogen. Morbus Banti. Wiener med. Presse 1905. Nr. 11,12.
2. Garnot, Evolution des greffes de muqueuse biliaire. Soc. de biol. 14. I. 1905. Ref.
Gaz. des h6p. 1905. Nr. 6. p. 69.
3. *Frank, Excisions of liver tissue. Annais of Surg. 1905. Oct. p. 632.
4. Haberer, H., Experimentelle Unterbindung der Leberarterie. Arch. f. klin. Chir. Bd. 78.
Heft 3.
5. Hammond, Gongenital elongation of the left lobe of the Hyer. Ann. of Surg. 1905.
January.
6. ^Hollftnder, Blutstillung an parenchymatösen Organen. Deutsche med. Wochenschr.
1905. Nr. 13. p. 510.
7. *Kr annhals, v., Über kongenitalen Ikterus etc. Deutsches Arch. f. klin. Med. 1904.
Bd. 81. H. 5 u. 6.
8. Li pp mann, Microbisme biliaire. Bull, de TAcad. de m^. 1905. Nr. 37.
892 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil
9. Minkowski, Pathogenese des Ikterus. Zeitscbr. f. klin. Med. Bd. 55.
10. Mouisset-Yallas, Pöritonite eokyst^ de rarri^re-cavit^ des öpiploons. Lyon m^.
1905. Nr. 6. p. 253.
11. *Naa, Le d^veloppement da lobe ganche da foie. Ball, et möm. de la Soc anat de
Paris 1905. Nr. 2. p. 101.
12. Payr u. Martina, Experimentelle and klinische Untersachungen aber Leberreaekiion
and Lebemaht (Magnesiamplattennaht). Verhandl. d. Chir.-Kongr. Langenbecka
Arch. Bd. 77. H. 4.
13. Schlesinger, Fall mit Bantischem Symptomenkomplex. Wien. Handbach £. inn.
Med. etc. Wiener. klin. Randschau 1905. Nr. 3.
14. Villard, Röle de la compression de la veine porte dans certains accidents graves
cons^catifs aax Operations sur le hile da foie. Lyon mäd. 1905. Nr. 13. p. 661.
15. *Epistazis dans les affections da foie. Thöse de Lyon. Ref. Joarn. de M(^. et de
Chir. 25. IX. 1905. p. 691.
Aspelin (1) teilt 3 Fälle mit, die zur Banti sehen Krankheit gehören.
Der eine ging nach Splenektomie in Genesung über. Die Diagnose stützt
sich auf Milzvergrösserung bei Abwesenheit von anamnetisch auffindbaren oder
klinisch nachweisbaren ätiologischen Momenten, schleichenden Verlauf, Ab-
nähme des Hämoglobingehaltes und Blutkörperchenzahl, bei fehlender Ver-
mehrung der Leukozyten, Überragen der mononukleären Formen bei letzteren.
Moaisset a. Yallas (10). Missionar, welcher an Malaria gelitten und vor 1 resp.
2 Jahren je einen heftigen Anfall von Schmerz im Epigastriam gehabt hatte, bietet das
Bild einer Lebergrösserang mit Ikteras. Laparotomie zeigt, dass Leber normal, die Ver-
grdsserung vorgetäuscht war durch eine Ansammlung einer grünlichen, serösen Flüssigkeit
in der Bursa epiploica. Im kleinen Netz dilatierte Venen. Entleerung der Zyste, Drainage.
Der Ikterus verschwindet, beruhte somit nur auf Druck auf den Choledochus.
Hab er er (4) berichtet über Experimente an Tieren über die Unter-
bindung der Art. hepatica. Infolge der ausgedehnten Anastomosen, welche
die Äste mit den Milz- und Magenarterien eingehen, ist der Ort der Unter-
bindung von Wichtigkeit. Unterbindung der Leberarterie bei Tieren nach Abgabe
der Gastroduodenalis wird vertragen, da die Gastrica dextra einen KoUateral-
kreislauf herstellt. Die Unterbindung jenseits der Gastrica dextra unter-
scheidet nicht immer den Blutstrom völlig. Es muss noch die Hepat. com-
munis und eventuell Gastroduoden. unterbunden werden, dann kommt es zu
Nekrose der Leber. Unterbindung einzelner Äste macht tödliche Nekrose des
zugehörigen Abschnittes. Sukzessive totale Ausschaltung der Leberarterie in
mehreren Sitzungen hatte keine schädlichen Folgen.
Beim Menschen darf danach der Hauptstamm der Art. hepatica com-
munis ohne Gefahr unterbunden werden. Unterbindung der Art. hepatica
propria vor Abgang der Gastrica dextra wird wohl in der Regel die Leber
nicht gefährden. Zu verwerfen ist Unterbindung jenseits der Gastrica dextra;
Ein Ast darf bei Leberresektion zwecks Blutsparung unterbunden werden.
Minkowski (9) wendet sich gegen Eppinger, der durch anato-
mische Untersuchungen tiberall bei Ikterus mechanische Behinderung des
Gallenabflusses feststellt. Vielmehr sprechen alle Überlegungen dafür, dass
es neben einem Icterus per stasin auch einen per parapedesin gibt, infolge
veränderter Funktion der Leberzellen bei toxischem und infektiösem, zyano-
tischem und nervösem Ikterus. Dafür sprechen auch die Veränderungen der
Galle, die sich unter anderem in den von Eppinger beschriebenen Gallen-
thromben und den gallenfarbstoffhaltigen Niederschlägen zeigen, da normale
flüssige Galle unter dem Mikroskop nicht sichtbar ist.
Payr und Martina (12) beschreiben und empfehlen nach Tierexperi-
menten die Naht von Milz- und Leberwunden mittelst der Magnesiumplatten-
Pagenstecher, Verletznngeii u. chinirg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. Ö93
naht. Bei keilförmigen Defekten werden die Platten etwas entfernt vom
Wundrand aufgelegt, mit leicht gekrümmten oder geraden stumpfen Nadeln
Catgatfäden, die ungefähr in der Mitte der Wundäächen ein- und austreten,
durchgeführt. Bei Defekten durch die ganze Dicke werden die Platten ent-
fernt Yom Rand an die abgestumpften Kanten gelegt und die Schnittflächen
durch Anziehen der Fäden in Kontakt gebracht, oder eine Art Faltenbiidung
erzeugt; oder man legt an die Konvexität wie Konkavität je 2 Platten und
verknüpft dieselben durch Fäden, eventuell in Achterturen. Als Nahtmaterial
diente Jodcatgut. Bei richtigem Vorgehen kann man Schädigung des Leber-
gewebes vermeiden. Den einzigen Nachteil bildet die bindegewebige, gas-
haltige Neubildung um die Platten und die dadurch erzeugten reichlichen
Adhäsionen. Durch Bedeckung mit Netz lässt sich dem mit Erfolg be-
gegnen.
Nach Villard (14) kann durch Tamponäde in der Nähe des Leberhilus eine
Kompression der Pfortader bewirkt werden. Dieser Druck, der meist wohl nur
zu partiellem Verschluss des Gefässes führen dürfte, macht die Zeichen einer
inneren Blutung oder eines schweren Shocks. Villard verlor eine Patientin
und fand bei der Sektion die Därme hochgradig kongestioniert, aber keine
Blutung. In einem weiteren Fall erholte sich Patientin nach Lockerung des
Tampons. Ähnliche Erscheinungen treten bei der Exstirpation einer Pan-
kreaszyste auf» während der Pylorus und der Pankreaskopf stark nach oben
empoi^ehoben wurde.
Carnot (2). Transplantation von Gallenblasenschleimhaut auf Darm-
oberfläche oder in die Leber führt zu Wucherung des Epithels mit Bildung
kleiner zystischer und adenomatöser Geschwülstchen. Die starke Prolifera-
tionsfahigkeit dieses Epithels zeigt sich auch an der Regeneration der
Gallenblase.
Lippmann (8) behauptet, gestützt besonders auf Untersuchungen am
Tier, dass die normalen Gallenwege ausserhalb der Leber zahlreiche aerobe
and besonders anaerobe Bakterien enthalten. Letztere allein besonders be-
völkern konstant die Gallenblase und das obere Choledochusdrittel. Diese
autochthonen Bakterien sind auch die Ursache der Entzündungen der Gallen-
gänge.
Hammond (6). 16 jähriges Mädchen leidet an Schmerzen im Epi-
gastrium bei gefülltem Magen und bei Rückenlage. Es besteht ein Tumor
qner durchs Epigastrium, abwärts von ihm scheint der dilatierte Magen zu
liegen. Druck auf den Tumor macht Übelkeit, Erbrechen, Dyspnoe, Ver-
schiebung der Herzspitze am 1. Literkostalraum.
Probelaparotomie. Der linke Leberlappen, nach Art einer Hundezunge
ausgezogen, verläuft quer über die kleine Kurvatur bis ans obere Milzende.
Durch Annähung des Lappens an die Bauchwand werden alle Beschwerden
beseitigt.
2. Verletzungen der Leber und der Gallenblase.
1. Gignoxzi, 0., L'intervento chirurgico nelle cirrosi del fegato con ascite. Riferma
medica 1905. Febbraio.
2. ^Conteaad, Un cas de sutore da foie et du rein. Ball, et m^m. de la soc. de Chir.
de Paris 1905. Nr. 16.
3. CoBta, Gesaaldo, Qravissima ferita da punta e taglio deir ala sinista dell fegato.
Ligatara intrahepatica. Gaarigione. Gontributo clinico allo studio dell' emostasi in
rapporto agli infarti per ischemia. II Policlinico 1905.
894 Jahreabericht für Chinirgie. II. Teil.
4. ^Flaissier, Contusioo du foie. Lyon möd. 1905. Nr. 40. p. 515.
5. Mattoli, A., Salla cnra chirargica della eirrosi epatica. Zaffamento • drenaggio peri-
epatico. II Policlinico, aez. prat. 1905. Quart 17.
6. Milkö, W., Operativ geheilter Fall einer tranapleiiraleii Leberverletzang. Ärzte-Ges.
d. Eomm.-Spitftler z. Budapest Bitznog y. 15. IL 1905. Oreosi Hetilap 1905. Nr. 19.
(ÜDgarisch.)
7. *Piquö, Döchimre du foie par nn coup de pied de cheval. Soc. anat de Paris
1905. Nr. 4.
8. Roth fuchs, Traumatische Ruptur der Gallen wege. Münch. med. Wochenschr. 1905.
Nr. 41.
9. Tilton, Some considerations regarding wouods of the liver. Ann. of Sarg. 1905. Jan.
p. 20 a. 138.
10. Thöle, Traumatische Leberwunden. Verhandl. des Chirurgenkongresses.
11. — Zwei operierte Fälle von Leberruptur. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 80. H. 1 u. 2.
12. Wilms, Behandlung und Nachbehandlung der Leberrupturen. Verhandl. des Chir.-
Eongresses.
Thöle (10) spricht über die Resultate der operativen Behandlung von
Lebergeschwüisten und -Wunden. Die beste Methode der Blutstillung sind
intrahepatische, fest geschnürte, das Parenchym bis auf die Gefasse durch-
schneidende Massenligaturen.
Thöle (11) teilt zwei operierte Fälle von Leberruptur mit; im zweiten
lag zugleich eine Ruptur des Ösophagus an der Kreuzungsstelle mit der Wirbel*
Säule vor; dieselbe machte auffallend geringe Anfangssymptome. Der Tod
erfolgte durch Mediastinalphlegmone. Leberrupturen werden noch zu wenig
operiert. Ein Fortschritt ist nur von Verbesserung der Frühdiagnose zu er-
warten. In den ersten drei Stunden können Shocksymptome allein nicht ge-
nügen. Von Lokalzeichen ist die abnorme, sich vergrössemde Dämpfung am
Leib ein sicherer Beweis einer Eingeweideverletzung. Verkleinerung der
Leberdämpfung kann auch durch Kantenstellung infolge Darmlähmung ent-
stehen und zwar auch durch lokalen Meteorismus des Kolon, ist aber keine
Operationsindikation. Schmerz, Erbrechen und Bauchkontraktur sind eben-
falls in den ersten Stunden nicht beweisend. Besserung des Pulses in einigen
Stunden ist kein Beweis gegen innere Blutung. Hauptsächlich kommt es auf
Beobachtung des Allgemeinzustandes an. Tamponade der Leberwunde ist za
machen bei Schuss- und bei fetzigen Wunden, sonst die Naht, wenn die Riss-
stelle nur erreichbar ist.
Gesnaldo Costa (3). Stichwunde der Leber, welche den linken Lappen von der
Konvexität dicht unter dem Lig. Suspensorium bis zur ünterfi&che 3 cm vor Ansatz des
kleinen Netzes durchsetzt. Da NAhte ausreissen, wird eine Reihe von Fäden neben der
Wunde in der Basis des Lappens durch die ganze Dicke gelegt, wobei ein Teil der Lappen
blass wird. In der Folge stösst sich ein nekrotisches Leberstück ab. Sonst Heilung.
Operation 30 Minuten nach der Verletzung.
Roth fuchs (8). Einem Arbeiter fallen schwere Säcke auf den Rflcken, er fUit
hin, wobei die Ellbogen dicht an den Leib gedrückt werden. Druckempfindlidikeit der
vorderen Brust, Leib zunächst ohne Befund. Am folgenden Tag Leibschmerz, Anfatoesen,
links Dämpfung. Nach 2 Tagen Übelkeit, Aufstossen, Spannung der Bauchdecken links,
Blähungen auf Darmrohr. Nach 3 Tagen rechts hinten Dämpfung bis Mitte Skapula. Nach
4 Tagen Ikterus, Gallenfarbstoff im Urin. Zunehmende Dämpfung. Nach 14 Tagen
Punktion galliger Flüssigkeit. Laparotomie : Peritoneum verdickt, Därme fibrmös belegt, ver-
klebt, Netz gallig imbibiert, mit vorderer Bauchwand verklebt. Nach Lösung der Ver-
wachsungen grosse mit Galle gefüllte Hühle, in der Gallenblase und Cysticus frei lagen.
Rupturstelle nicht gesehen. Drainage mit Gaze, später mit Schlauch. Reichlicher Gallen-
abfluss, dann Heilung ohne Fistel.
Tilton (9). 1. Subkutane Leberruptur mit Abstossung nekrotischer Teile» während
der Betrunkenheit auf unbeachtete Weise entstanden. Laparotomie. Tod.
Pagenateeher, Yerleizangen u. chirurg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 8Ü5
2. SehuBSTerleiznng der Leber. Laparotomie. Andere Organe nicht verletzt. Nach
Mcha Wochen kleiner ifichio-rektaler Abszeaa, in dem die Engel liegt
Wilma (12). Dnrch Anschlagen einer Brechstange war der linke Leberlappen vOUig
gegen die WirbelsAnle abgequetscht. Die grosse Blutung wurde durch ausgedehnte Tam-
ponade erfolgreich behandelt.
Wilma bemerkt im Anschluss daran, dass er die subkutane Infusion fast yOllig
durch Einlftufe mit physiologischer Kochsalzlösung ersetzt
Cignozzi (1) erläutert zwei Fälle von Leberzirrhose mit Aszites, der
eine sekundär als Folge einer Herzaffektion, der andere von toxiko-infektiöser
Natur mit Ursprung aus dem Darm, die beide von Prof. Tricomi mit glück-
lichem, unmittelbarem Ausgang und befriedigendem Femresultat operiert
wurden.
Nach einer eingehenden Darlegung der Geschichte des chirurgischen
Eingriffes bei Leberzirrhosen mit Aszites weist Verf. darauf hin, dass die
Meinungsverschiedenheiten der verschiedenen Autoren auf dem Umstand be-
ruhen, dass die Talmasche Operation bisher in allen Leberaffektionen cir-
rhotischer Natur ausgeführt worden ist, welche einen Flüssigkeitserguss in
das Bauchfell veranlassen, ohne in bezug auf ihre klinische Form einen Unter-
schied zwischen den mannigfaltigen Zirrhoseformen zu machen.
Alsdann kommt er nach eingehender Erörterung der verschiedenen
Formen von Leberzirrhose und sorgfältiger Klassifizierung derselben zu fol-
genden Schlüssen:
1. Die Omentopexie ist indiziert und der Eingriff hat sicheren Erfolg
bei Affektionen des Portalstammes mit obliterierender Periendophlebitis, durch
welche Ursache auch immer dieselbe hervorgerufen sein möge.
2. Bei der atrophischen Zirrhose alkoholischer Natur. (Typus Lännec)
gibt der chirurgische Eingriff Heilung des Aszites und einen hohen Sterblich-
lichkeitsprozentsatz. Bei diesen Formen ist die Operation nur in den An-
fangsstadien angezeigt, vorausgesetzt, dass die Funktionalität der Leberzelle
noch hinreichend gut ist und die übrigen Organe unversehrt sind : eine weitere
Indikation ist gegeben durch Hämatemesis und schwere Enterorrhagie.
3. Der chirurgische Eingriff ist indiziert und hat befriedigenden Aus-
gang bei der Girrhosis hypertrophica bivenosa alcoholica (Typus
Hanot und Gilbert), bei der Girrhosis toxico-infectans (Typus
Bndd und Girrhose infolge von B an tischer Krankheit).
4. Bei Zirrhosen mit Ursprung aus dem Herzen, bei denen
keine Läsionen anderer Organe bestehen und der Herzfehler kompensiert ist,
gibt die Omentopexie gute Resultate; doch verschlimmert die Herzkrankheit
die Prognose, da sich der Aszites infolge myokardischer Insuffizienz repro-
duzieren kann.
5. Gute Resultate lassen sich ausserdem erzielen bei erworbener
Syphilis der L e b e r (sklerogummöse Form mit Aszites) und beiMalaria.-
zirrhosen splenischen Ursprungs, bei welch letzteren der Verf.,
wenn die Milzgeschwulst umfangreich ist, empfiehlt mit der Omentopexie die
Splenopexie zu verbinden.
Zuletzt ergeht sich Verf. über die Bedeutung, die die Untersuchung der
Funktionalität der Leberzeile besitzt, und äussert sich dahin, dass der chirur-
gische Eingriff nur dann kontraindiziert ist, wenn alle Funktionen der Leber
alteriert sind, während die Alteration nur einer derselben, wenn die übrigen
inneren Organe gesund sind, keine unbedingte Kontraindikation bildet. Zum
Schlüsse hebt Verf. bei Besprechung der mannigfachen Modifikationen der
896 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Talma sehen Operation und der Vorteile, die der Omentopexie daraos ent-
stehen, die Vorzüglichkeit der Methode von Schiassi hervor.
R. Giani.
Mattoli (5) macht den Vorschlag, bei der chirurgischen Behandlung
der Lebercirrhose mit der Omentopexie nach Schiassi eine ausgedehnt«
peribepatische Tamponade zu verbinden, die man dadurch erreicht, dass man
zwischen die sagittale Fläche der Leber und das parietale Bauchfell and
zwischen die konkave Fläche des Eingeweides, den queren Grimmdarm nnd
das parietale Bauchfell sterilisierte Mulllappen einschiebt. Er hat auf diese
Weise kräftige Verwachsungen zwischen Leber und Bauchfell in einem von
ihm operierten Falle von Aszites nach hypertrophischer Zirrhose erhalten;
die Aszites hat sich nicht reproduziert und der Patient befand sich noch
acht Monate nach dem Operationsakt in besten Umständen. G. Giani.
Der Kranke Milk 6s (6) kam mit einer profus blutenden Stich¥ninde
im rechten sechsten Interkostalraum eine halbe Stunde nach dem Unfälle
zur Operation. Dieselbe wies eine transpleurale, 6 cm lange, äusserst tiefe
Leberverletzung nach, die heftige Blutung sistierte nach drei tiefen Nähten
der verletzten Leberstelle sofort. Trotz desperaten Zustandes des Kranken,
er hatte über einen Liter Blut nur während der Operation verloren — trat
in vier Wochen vollkommene Heilung ein. Gergö (Budapest).
3. Schnurleber, Wanderleber, Ijeberzirrhose, Tuberkulose, Syphilis.
1. Aldor, v., Ober die hftmorrhagisohe Fonn der Leberzirrhose. Berliner klin. Woeheo-
schr. Nr. 35.
2. Boaverety Cbol^ystocele et höpatoptose. Lyon möd. 1905. Nr. 4.
3. Bange, Die Talma-Drammondsche Operation, ihre Indikation, Technik and die
bisher erzielten Resultate. Jena 1905. Klin. Jahrb.
4. *Gaas8ade-Mihlit, Foie syphilitiqne, hypersplöno-mögalie ä döbot apleniqoe. Qaz,
des Höp. 1905. Nr. 121. p. 449.
5. Ellbogen, Über die subkutanen Verlagerangen des Omentam. Zentralbl. f. Chir. 51.
6. *Elte8ter, Ober syphilitische Geschwülste der Leber. Dissert Berlin 1905. (2 FftUe.)
7. Elemperer, Fieber bei Syphilis der Leber. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 55.
8. K5nig, Die Bedeutung der Lebersyphilis fOr die Diagnose der Banchgeachwtilste.
Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 6.
9. '^Martinet, Foie flottont La Presse m^ 1905. Nr. 27.
10. Narath, Ober subkutane Verlagerung des Omentum. Zentralbl. f. Chir. Nr. 82.
11. Nicolic, Hepatopexie bei Girrhosis hepatis. Beitrag zur Kenntnis der Magen- und
Duodenalblutungen nach Operationen. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 39.
12. Patel, H^patoptose; hydrocholecystose intermittente; hepatopexie par le ligament
suspenseur du foie. Lyon. möd. 11. (Titel besagt Inhalt.)
13. Rose, Zuckergussleber und die fibröse Polyserositis. Wärzb. Abhandl. IV. V. 1904.
14. Wheeler, The Talma- Morison Operation. Brit med. joum. 1905. Oct. 7. p. 867.
Bouveret (2) bemerkt, dass durch Lebersenkung es zur Erweiterung
der Gallenblase ohne Steine kommen könne. Er hat vier Fälle gesehen, bei
allgemeiner Enteroptose. Die Gallenblase bildet einen bis eigrossen, schmerz-
losen Tumor. Eine Operation ist nicht jedesmal nötig. Die Entstehung er-
klärt sich durch eine Einschnürung des Zystikus infolge des Tiefertretens und
Vorwärtskippens der Leber.
Patel (12). Totale Nephroptose mit anfalls weise auftretender Anschwellung der
Gallenblase wahrscheinlich durch Knickung des Gysticus, da sie sich frei von Steinen oder
Geschwulst nur mit klarer FlAssigkeit gefüllt fand. Jaboulay nähte das Lig. suspen-
sorium nahe dem Rippenbogen an den oberen Wundwinkel. Heilung.
Pagenstecher, Verletzungen u. Chirurg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 897
Banges (3) Monographie sammelt 274 Fälle, ausserdem werden 14 aus
der Königsberger Klinik ausführlich mitgeteilt und Bunge erörtert ausgiebig
die physiologischen und pathologischen Grundlagen der Talmaschen Ope-
ration; zum Teil hat er durch eigene Nachuntersuchungen ein Urteil über
manchen diesen Stoffwechsel betreffende Fragen gewonnen. Er nennt fol-
gende Indikationen: a) Die atrophische Leberzirrhose; b) sog. Zirrhose
cardique; c) die perikarditische Leberzirrhose; d) Zuckergusslel3er.
Bei atrophischer Leberzirrhose ist der Aszites Ausdruck der
dnrch den Leberprozess bedingten Stauung im Kreislauf; für toxische Ein-
flüsse ist ein Beweis nicht erbracht.
Die Cirr hose cardiaque ist ein klinischer Begriff, zweifelhaft ob die
kardiale Stauung allein zur Entstehung der Aszites durch Bindegewebsbildung
fuhrt oder nicht eine selbständige Zirrhose in Frage kommt.
Die perikarditische Zirrhose ist vielleicht ebenso zu erklären.
Aach spielen Verzerrungen der Cava durch die Schwartenbildung eine Rolle,
dafür spricht der Erfolg der Kardiolyse, welche hier vorzuziehen ist.
Bei Zuckergussleber handelt es sich vielleicht um entzündlichen
Aszites.
Die Talmasche Operation beseitigt den Aszites. Sie kann aber auch
die durch Pfortaderstauung bedingten Blutungen aus dem Magenkanal günstig
beeinflussen. Dieselben können als Zeichen der Überlastung im Pfortader-
kreislauf sowie als Zeichen der Ausbildung von Kollateralen (Ösophagus) auf-
treten. Bunge rät geradezu bei Blutungen allemal möglichst bald zu ope-
rieren. Dieser Indikation ist mehr Beachtung zu schenken als bisher.
Bei Aszites soll man frühestens an Stelle der zweiten Punktion operieren.
Kontraindikationen sind Herz- und Nierenerkrankung, Ikterus, Acholie
und Hjpocholie der Fäzes.
Die bei Leberzirrhose häufige Harnstoffverminderung und Ammoniak-
vermehrung bedarf weiterer Untersuchung.
Alimentäre Glykosurie ist durch Pankreasveränderung zu erklären. Ali-
mentäre Lävulosurie ist ohne Bedeutung für die Indikationsstellung.
Die Technik kann das Netz entweder intraperitoneal oder zwischen
Peritoneum und Bauchwand fixieren. Beide Methoden sind nach den Ergeb-
nissen der Statistik vorläufig als gleichartig zu betrachten. Drainage des
Bauches hinzuzufügen, ist überflüssig, eventuell gefährlich. Die Splenopexie
wird empfohlen, ist eventuell schwierig. Zu warnen ist vor der Benutzung
von Hohlorganen, speziell Därmen, wegen Gefahr von Blutung aus den ent-
stehenden Kollateralen.
Die unmittelbare Prognose der Operation ist sehr gut.
Alle bisher ausgeführten Operationen ergeben gute Resultate zu 30 ^/o
der Fälle. Nur durch frühzeitige Operation ist eine Besserung zu erwarten.
Narath (10) empfiehlt das Netz in eine subkutane Tasche zu verlegen.
In Lokalanästhesie Schnitt median dicht über dem Nabel, links vom Ligam.
transv. Die Aszitesflüssigkeit wird mit Metallkatheter, die mit Gummischläuchen
armiert sind, abgehebert. Ein dicker Netzzipfel mit möglich vielen und dicken
Blutgefässen wird herausgezogen ohne Verlagerung des Kolon. Verkleinerung
des Schnittes bis an den Netzstiel, Fixierung des Netzes am Peritoneum
parietale, Anlegung einer subkutanen Tasche auf stumpfem Wege, Hautnaht.
In den ersten Tagen bildet sich ein Ödem, nach acht Tagen kann man die
ersten Venenerweiterungen sehen. Narath hat das Verfahren seit Jahren
JahrMbcrieht fOr Ghirargie 1905. 57
898 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
geübt. Eine Gefahr ist, dass Darm mit austreten kann, wenn die Öffnung zu
gross angelegt wird.
Ellbogen (5) hat diese Methode mit günstigem Erfolge einmal geübt.
Wheeler (14) machte mit Erfolg die Talmasche Operation bei harter Dicht graoo-
lierter Leber; Patient war kein Alkoholiker. Vorausgegangen waren mehrere Poukttonen
und eine Probelaparotomie. Das Netz wurde zwischen Peritoneum und Muskulatur beider-
seits gelagert. Die exakte Vemähung der letzteren wurde durch die Netzmasse behindert.
y. Aldor (1) beschreibt drei Fälle der von Curchmann und Maixner
beschriebenen Form der Leberzirrhose, bei welchen schon im präaszitischen
Stadium Blutungen aus dem Intestinaltraktus auftreten. Mit Maixner sieht
er die Ursache in der Entwickelung eine KoUateralkreislaufs in den Intestinis.
Die gleichzeitig stets nachweisbare Milzvergrösserung führt zur Differential-
diagnose mit B an tischer Krankheit. Vielleicht ist letztere identisch mit
dieser Form der Zirrhose. Als Rarität zu bezeichnen sind die von v. Aldor
gleichzeitig beobachteten varikösen Venen des Skrotums hinsichtlich ihrer
grossen Dimensionen.
Nicolic (11). Völker operierte in der C z er ny sehen Klinik wegen
Annahme eines Magengeschwürs mit Blutungen und Dilatation. Der linke
Leberlappen, stark hypertrophisch, lag scharf auf dem Pylorus, diesen kom-
primierend. Dies wird als Ursache der Dilatation angesprochen und die
Hepatopexie ausgeführt. Nach der Operation traten erneute Blutungen auf,
die zum Tod führten. Es fand sich ein Ulcus duodeni mit Verengerung des
Pylorus durch den schwieligen Rand des Geschwürs. Arrosion der in letzterem
blossliegenden Art. gastro-duodenalis an ihrer Teilung in die Pancreatico-
duodenalis resp. -gastro-epiploica. Älterer wandständiger Thrombus in der
Gastroduodenalis zentralwärts von der Teilungsstelle. Es wird angenommen,
dass der Druck der schweren Leber auf den Magen resp. der Art. gastro-
duodenalis zur lokalen Anämie und Thrombose im Gefass und so zur anämi-
schen Nekrose und Geschwürsbildung führte. Eine adenomartige Vorstülpung
der Leber lag gerade wie ein Stöpsel auf dem Geschwür und verhinderte die
Blutung aus der arrodierten Arterie. Durch die Hepatopexie wurde dieser
Sicherheitsverschluss aufgehoben und so die tödliche Blutung herbeigeführt.
Rose (13) versteht unter Zuckergussleber eine fibröse hyperplastische
Perihepatitis. Sie ist Teilerscheinung einer allgemeinen Polyserositis. Es gibt
eine Form, welche vom Peritoneum aus beginnt und dann aufsteigend Pleura
und Perikard befällt, eine zweite, welche in umgekehrter Richtung geht; beide
entstehen durch Verbreitung von Toxinen auf dem Lymphweg, und eine
dritte mit gleichzeitigem Befallensein aller Höhlen; für sie kommt eventuell
auch der hämatogene Weg in Betracht. Tuberkulose kann Ursache sein, wie
auch andere Infektionen. Leberzirrhose kommt nach Roses Beobachtung
als Komplikation vor. Der Aszites entsteht teils als Exsudat, teils durch
Stauung infolge der einschnürenden Wirkung der Bindegewebskapsel auf die
Leber, sobald infolge der Beteiligung des übrigen Peritoneum dessen Resorption
leidet. Der Verlauf ist sehr chronisch, die Diagnose wird meist nicht gestellt.
Von der Talmaschen Operation ist nicht viel zu hoffen.
König (8) teilt drei P'älle von Lebergeschwülsten mit, die als luetische
sich herausstellten. Einmal wurde Exstirpation gemacht. Die geschwulst-
artige Lebersyphilis stellt sich als bewegliche bald sicher der Leber ange-
hörige, bald mehr den Eindruck von Gallenblasengeschwulst oder mobiler
Niere machende Neubildung dar. Ihnen gegenüber liegen die Gummata im
Lebergewebe, die Leber vergrössernd.
Pagenstecher, Yerletzangen n. chinirg. Krankheiten der Leber a. Gallenblase. 899
Klemperer (7). Zwei Fälle von Leberschwellnng mit geringer Empfind-
lichkeit, Ikterus und intermittierendem Fieber, welche durch antiluetische
Kur Töllig geheilt wurden. In beiden wurde die jahrelang zurückliegende
Iniektion nachgewiesen. Über die Ursache des Fiebers ist mit Sicherheit
nichts auszumachen.
4. Echinokokken der Leber.
1. Biondi, D., Contribato alla cara delF echinococco epatico. II Policlinico, sez. prat.
1905. Fase. 50.
2. Delbret, Kyste hydatiqne de la face convexe du foie. See. de Chir. 1905. Nr. 23.
ä. D6v^, L^ kystes hydatiques du foie. Paris. Rudeval.
4. Fuster-Godlewski, Snr un caa d'intozication hydatique suraiguö tardive. Arch.
g^n. de m^. 1905. Nr. 21.
5. *Gaathier, Kyste hydatique suppur^ du f(>ie avec ict^re. Lyon möd. 1905. Nr. 48.
p. 629.
6. ^Gomory, Ober einen durch Operation geheilten Fall von Echinococcus der Leber.
Wiener med. Wochenschr. 1905. Nr. 80.
7. Gnibal, Kyste hydatique du foie. Bull, et mem. de la soc. anat de Paris 1905.
Nr. 3. p. 190.
8. Gninard, Kyste hydatique de Ja face convex du foie. Soc de chir. 1905. Nr. 26.
9. Parkinson, Hydatid cyst simnlating subphrenic abscess. Lancet 4. IL 1905. p. 289.
10. Rausch, Über Gallenflnss nach Echinokokkenoperation, y. Langenbecks Archiv
Bd. 77. H. 2.
11. *Tyrman, Echinococcus cysticus multiplex der Leber. Wiener med. Wochenschrift
1905. Nr. 48.
12. Verdelet-Pareau, Kyste hydatique suppur^ du foie. Intervention chirurgicale. Opo-
therapie biliaire. Gu^rison. Journal de möd. de Bordeaux 1905. Nr. 28. p. 510.
13. Zirkelbach, Gefahren der Punktion der Echinococcuszysten. Wiener klin. Wochen-
schr. 1905. Nr. 86.
Ranch (10) berichtet ans der Kehr sehen Klinik: 48 jähriger Mannn mit Leber-
echinococcus an der Konkavität. Zweizeitige Operation desselben mit Rippenrandschnitt
unter Resektion zweier Rippenknorpel. Zugleich Exstirpation der verdickten und ver-
wachsenen Gallenblase, in welcher sich ein schwärzliches Konkrement und eine haselnuss-
grosse Echinococcttsblase findet. In der Leber zahlreiche bohnen- bis hühnereigrosse Blasen ;
Ansspfllen der Höhle. Gallig -eiterige Sekretion. Gegenöffnung nach hinten durch trans-
plenrale Operation; vorabergehend Kommunikation der Leberhöhle mit dem Gallenblasen-
bett Dauernd häufige Sekretretention in der Leberhöhle; Patient kommt stark herunter,
Stfihle werden acholisch, ausgedehnte Rippenknorpel und Sternumnekrose. Abermalige
Operation, da Verstopfung des Gholedochos durch eine Blase angenommen werden muss.
Mahsame Freilegung des Gholedochus, Inzision, Einführen einer Kernzange in ihn; man
gelangt in die Leberhöhle und kann von der hinteren Wunde ein Drain durchziehen und
zar Bauchhöhle herausleiten. Nunmehr fieberfrei, gute Drainage. AusapUlungen des He-
paticus. Eines Tages entleerte sich eine Echinococcusblase. Man kann von der hinteren
Wunde ein Bougie durch die Gänge in das Duodenum führen. Vollständige Heilung.
Parkinson (9). 27jährige Frau. Schwellung des linken Leberlappens, Dämpfung
bis zur 2. Rippe. Grosse Echinococcuszyste am linken Lappen, subphrenisch gelegen im
hinteren Teil des Lappens; einzeitig vom Abdomen aus geöffnet, eingenäht und drainiert.
Heilung. Bräunliche Flüssigkeit mit Blutköi-perchen, Cholestearin und Detritus. Keine (!)
Häkchen, aber „ein Stück der Zystenwand zeigte charakteristische Struktur'^
Guibal (7). 1. 13 jähriger Knabe mit einem durch Flüssigkeit stark aufgetriebenen
Leib; Bild der tuberkulösen Peritonitis. Neben Aszites findet sich eine vöUg frei im rechten
Hypochondrinm liegende grosse Hydatitenzyste. Ringsum Adhäsionen, die die Därme ab-
Bchliessen« An der Ijeberunterfläche eine abgekapselte, bei der Operation platzende grosse
Qallenansammlung.
Guibal nimmt an, dass der Echinococcus sich unter der Leberunter-
fläche entwickelte und bei seinem Wachstum langsam aus derselben heraus-
wächst; ins leere Bett erfolgte ein Gallenerguss.
57*
900 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil.
2. Todesfall nach einfacher Probepunktion eines Leberecbinococcos unter
Kollaps, Erbrechen, Koma.
Delbet (2) berichtet über einen folgendermassen operierten Echino-
coccus der Leber: Entleerung der Zyste durch Troikart, Füllung mit l^/oiger
Formollösung; nach einiger Zeit Inzision, Entfernung der Blase und Naht-
verschluss. Heilung.
Guinard (8) hat 10 zweimal operiert; im zweiten stellte sich danach
eine Ansammlung galliger Flüssigkeit ein, welche einmal spontan durch die
Wunde durchbrach, einmal künstlich entleert wurde. Danach Heilung.
Auch Bary und Anou berichten über gleiche Erfahrungen.
Faster a. Godlewski (4). Ein Leberechinococcas wird nach Lindemann-
Landau operiert. Vor der Annähung und Entleerung der Zyste wird punktiert, ein
Weinglas Inhalt entfernt und dafür 125 g 10% ige Formalinlösung injiziert.
Am zweiten Tag wird Patientin unruhig, am folgenden tritt Urticaria auf, dann
folgen Schweisse, epileptiforme Erscheinungen, Tod am andern Morgen.
Die Erscheinungen beruhen auf Intoxikation. Diese treten nicht bei
allen Echinokokken auf. Der Inhalt derselben ist zu verschiedenen Zeiten
des Wachstums verschieden giftig. Thedenat hat ohne Schaden grosse
Mengen bei Tieren injiziert. Die Resorption aus der Zyste geschieht durch
die Gefässe der Wand.
Zirkelbach (13). 2 Todesfälle nach einfacher Punktion von Echino-
kokkenzysten. Die eine sitzt in der Lunge, die andere in der Leber. Im
zweiten konnten die bedrohlichen Kollapserscheinungen durch sofortige Lapa-
rotomie und Entfernung der Blase aus der Leber nicht aufgehalten werden,
der Tod erfolgte nach 5 Tagen.
Verdelet-Pareau (12). Die innerliche Darreichung von Galle soll
auf die Eiterung aus einer Echinokokkenzyste der Leber günstig eingewirkt
haben.
Auf Grund von ungefähr 20 von ihm operierten Fällen von Echino-
kokken der Leber versichert Biondi (1), dass unter Reservierung der Ent-
leerungspunktion und der Injektion von parasitentötenden Substanzen für die
unilokulären, nicht vereiterten, adhärenten Zysten, der Marsupialisation für
die vereiterten und die proliferierenden, der Enukleation und Exstirpation
für die kleinen gestielten oder fast gestielten Zysten, der Leberresektion für
die Fälle von alveolaren oder multilokularen Echinokokken in leicht zugäng-
lichen Leberabschnitten, in Fällen von unilokulären, nicht vereiterten, noch
mit den Bauchwänden verwachsenen Zysten nach vorausgehender Laparo-
tomie und Entleerung der Zysten mittelst Nadelkanüle die Injektion von
Parasiten tötenden Substanzen zu versuchen sei.
Es werden von dem Verfasser die Beobachtungen Memmis bestätigt,
nämlich, dass die Eosinophilie stets für Echinococcus mit lebenden Parasiten
zeugt und dass die Anwesenheit von auch nicht vereiterten Zysten mit Ab-
wesenheit von Eosinphilie stets anzeigt, dass der Parasit abgestorben ist.
R. Giani.
5. Leberabszess, Leberentzfindung, Cholangitis.
1, Adolph, Schwerste AUgemeininfektion bei Gbolaogitis. Grenzgeb. d. Chir. a. Med.
.1905. Bd. 15.
2. Cantlio, Seven cases of liver abacess. Operated upon between Jiily 1904 and Joly
1905. Brit. med. Journ. 1905. Nov. 11. p. 1294.
8. *Har8ton, A case of suppurativa Cholangitis following cholelithiasis and Cholecystitis.
Brit. med. Journ. 1905. Nov. 25. p. 1391.
Pagenstecher, Verletzungen u. chirurg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 901
4 Heymann, Über pjlephlebitische Leberabszesse. Berliner klin. Wochenschr. Nr. 44a.
5. *Hiigue, Abc^s da foie dans la fidvre typholde. Thdse de Lyon. Ref. Journal de
mM. et de chir. prat. 1905. cah. U^ p. 24.
6. Legrand et Axisa, Valeur de la leucocystose pour le diagnostic des abc^s du
foie des pays chauds. Note sur 22 Operations. Arch. prov. de Chir. 1905. Nr. 11.
7. *Legrand, Ober AnaSrobien im Eiter dysenterischer Leber- und Gehimabszesse in
Ägypten. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 49.
8. M^n^trier-Aubertin, Foie gras appendiculaire chez un enfant. Bull, et möm. de
la See anat. de Paris 1905. Nr. 1. p. 63.
9. Peck, Acute haemorrhagic hepatitis. Annais of Surgery 1905. Nr. 4. Oci p. 597.
10. * — Abscess of liver (recurrent). Ann. of Surg. 1905. Dec.
11. Risel, Über retrograde Embolie bei Leberabszessen. Yirchows Arch. Bd. 182.
12. Steinheimer, Fall von Leberabszess. Milnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 42.
Cantle (2). 6 Fälle von tropischem Leberabszess. Meist wurde mit
Troikart in einem Zwischenrippenraum eine Drainage angelegt. 3 Patienten
starben. 2 mal war die Eiterung ^^durchs Diaphragma getreten^ und hatte
einen Luugenabszess verursacht.
Legrand und Axisa (6) fanden beim tropischen Leberabszess eine
Vermehrung der Leukozyten aufs doppelte bis dreifache, 16 — 32000.
Risel (11). Eitrige Thrombophlebitis des Sinus sigmoideus nach Mittel-
ohreitemng; neben anderen embolischen Herden in den inneren Organen
grosse Zahl von meiastatisch beginnenden Abszessen in der Leber, deren
Entstehung nur durch retrograden Transport innerhalb der venösen Blutbahn
zn erklären ist, da sie ihren Ausgangspunkt ohne Ausnahme in den feineren
Verzweigungen der Lebervene haben.
Peck (9). 23 jähriger Mann; erkrankt mit heftigem Schmerz in der
Gallenblasengegend, Kopfweh, Verstopfung, kein Erbrechen, Fieber. Pleuritis
nur rechts. Schmerz und Empfindlichkeit der Leber halten an, verbreiten
sich nach der Appendixgegend. Diagnose auf Appendizitis. Entfernung des
Darms. Blutige Flüssigkeit kommt aus der Lebergegend. Leber geschwollen,
überall adhärent. Drainage. Heilung. Es wird akute Infektion, vielleicht
gastrointestinalen Ursprungs, angenommen.
Men6trier und A über t in (8). Tod nach Entleerung eines appendi-
zitischen Abszesses unter septischen Erscheinungen; keine Peritonitis. Aus-
gedehnte lobuläre Fettdegeneration der Leber. Ekchymosen des Magens.
Steinheimer (12). Mann von 30 Jahren. Erkrankt mit den Zeichen einer Appen-
dizitis, Schüttelfrösten, septischen Fiebers, Brechreiz. Exstirpation des Wurmfortsatzes,
der normal sich erweist. Dann Freilegung der Leber und vergebliche Punktionen derselben.
Später R. H. Eiter gefunden, Leberabszesse eröffnet, tamponiert, wobei Pleura verletzt
(wie versorgt?). Weiter Empyem, Rippenresektion rechts, wobei faustgrosses Lungen-
stack entfernt wird (Lungengangrän: Husten, blutiger Auswurf). Jetzt erst allmählicher
Fieberabfall, völlige Heilung. Angenommen wird als Ursache Gholelithiasis und der Be-
ginn als Gallensteinkolik gedeutet, da bei der zweiten Operation ein Hydropa der Gallen-
blase sich fand.
Hey mann (4). Krankengeschichte und Sektion. Pylephlebitis im An-
schluss an abgelaufene Perityphlitis. Ikterus. Multiple Leberabszesse.
Adolph (1). 49jährige Dame leidet seit mehreren Jahren an ^Magen-
krämpfen^; bekommt plötzlich heftige Schmerzen rechts, dann Ikterus, und
einen septikämischen Zustand mit zahlreichen, täglich bis zu 4 mal auf-
tretenden Schättelfrösten und intermittierendem Fieber. Im Stuhl schwärz-
liche Massen aus zackigen bräunlichen Körnchen, welche als Gries ange-
sprochen werden. Nach 14 Tagen Cholezystotomie. Weder in der Blase
902 JahreBbericht für Chirurgie. II. Teil.
noch den Gallenwegen etwas von Stein oder Gries. In der Galle Bacteriam
coli. Heilung unter allmählichem Fieberabsinken.
Einen gleich schweren Fall von unter dem Bild der Sepsis fortschrei-
tenden Infektionen, Cholangitis ohne Konkrement hat Adolph nur bei Kehr
einmal gefunden.
6. Tumoren der Leber, Gallenblase und Gallengange«
1. Bland-Sutton, Solitary non-parasitic cysts of the liver. Brit. med. Joum. 1905.
Nov. 4. p. 1167.
2. ^Brace-BaySi Frimary malignant growth of liver. Brit. med. Journal 1905. Sept. 16.
p. 630.
8. Galori, R., Sopra un caso di resezione del fegaio per neoplasma. La riforma medica
1905. Marzo.
4. Donati, M. , Ipernefroma maligno del fegato. Archivio per le scienze med. 1905.
Vol. XXIX.
5. — I carcinomi primitivi dei dotti biliari extraepatici. La Clinica Chirorgica 1905.
Nr. 6, 7, 8.
6. Hausson, Anders, Ein Fall von Papillom der Gallenblase. Nordiskt medicinskt
Arkiv 1905. Bd. 38. Abt. I. Chirurgie. H. 2. Nr. 4.
7. '''Hutchinson, Cancer of gall bladder due to imitation of gall stones. Cholecjst-
eciomy and partial hepatectomy. Brit. med. Joum. 21. 1. 1905. p. 126.
8. Mc Arthur, Carcinoma of the liver. Ann. of Surg. 1905. Oct. p. 626.
9. Meistring, Zar Kasuistik der Exstirpation von Lebertumoren unter besonderer Be-
rücksichtigung der Adrenalinwirkung. Diss. Kiel 1904.
10. Moorhead, A case of Melanuria. Dubl. Joum. 1905. Dez.
11. Montier, Cancer primitif de la vösicule biliaire avec propagation au foie. Arch. gen.
de m^d. 1905. 8 Aug.
12. *Oertel, Der primäre Leberkrebs. Virchows Arch. Bd. 180.
13. *Pater, Neoplasie (?) bizarre du foie cbez un homme de 67 ans. Bull, et m^m. de
la Soc. anat. de Paris 1905. Nr. 2. p. 151.
14. * — Examen histologique d'un sarcome primitif du foie. Bull, et möm. de la Soc. anat.
de Paris 1905. Nr. 3. p. 226.
15. Rubin ato, Über einen Fall von primärem Lebersarkom mit Zirrhose. Deutscfaai
Arch f. klin. Med. 1905. Bd. 1. H. 1.
16. W egelin, Über das Adenokarzinom und Adenom der Leber. Virchows ArcfaiT
Bd. 179. H. 1.
17. Thomas S. Cullen, Large carcinomatous tumor of the liyer. Removal seTenteen
months after nephrectomy for Carcinoma of the left kidney. Temporary recoyeij.
The joum. of the Amer. Med. Ass. 1905. April 22.
Bland-Sutton (1). Beschreibung und Abbildung je eines Falles von
multipler und von solitärer Zystenbildung der Leber.
Calori (3) erläutert einen klinischen Fall eines ausgedehnten malignen
Hypernephroms des rechten Leberlappens, der von ihm nach vorausgehender
Anastomose mit ringsum die Base des Tumors geschnürter elastischer Schnur
operiert wurde. Aus seinem Falle nimmt er Veranlassung zu einigen Be-
trachtungen über die von demselben gebotene Symptomatologie, welche zn
der irrigen Diagnose auf Cholecystitis suppurativa geführt hatte, und über
die Zweckmässigkeit, chirurgisch bei mit malignen Lebertumoren behafteten
Individuen von ernstem Allgemeinbefinden einzugreifen. R. Giani.
Donati (4) beschreibt einen sehr interessanten Fall von Leberge-
schwulst, welcher nur in einem von Pepere beschriebenen Fall ein Seiten-
stück hätte. Die Neubildung hatte sich in einer 36jährigen Frau entwickelt
und sich seit 6 Monaten zu erkennen gegeben, ohne ernstliche Beschwerden
zu verursachen ; seit einigen Tagen war der Tumor zum Sitz äusserst em-
Pas^n Stecher, Verletzungen u. cbirurg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 903
pfindlicher Schmerzen geworden und es hatte sich hohes Fieber entwickelt.
Diagnose: geeiterte Cholezystitis. Bei dem Operationsakt fand man, dass in
dem rechten Leberlappen eine umfangreiche Geschwulst bestand, welche
exstirpiert wurde (von Calvini); dieselbe wog 370 g und war scharf ab-
greozbskr von dem umliegenden Lebergewebe; sie bestand aus einer weichen
grau-gelblichen Substanz und war im Zentrum nekrotisch. — Die sorgfältig
an verschiedenen Stellen des Tumors vorgenommene mikroskopische Unter-
suchung ergab, dass es sich um ein von Nebennierenkeimen (genauer von
der RLndensubstanz der Nebenniere) herrührendes Neoplasma, das heisst, um
ein Hypernephroma handelte.
Donati schliesst, dass in der Leber aus kleinen versprengten Neben-
nierenknötchen, wie sie von einigen Autoren angetroffen worden, sich gut-
artige (Schmorl, De Vecchi) oder bösartige Tumoren (Pepere, Donati)
entwickeln können, welche die Struktur der bei anderen Organen und vor
allem den Nieren beschriebenen Hypemephrome besitzen. R. Giani.
Anknüpfend an einen Fall von primärem Karzinom, das sich an der
Porta hepatis, der Yereinigungsstelle der drei Gänge: Cysticus, Hepaticus
und Choledochus entsprechend entwickelt hatte, erläutert Donati (5) in
vollständiger Weise die primären Karzinome der grossen extrahepatischen
Gallengange, wobei er sein Studium auf 102 aus der Literatur gesammelten
Fälle stützt. Von diesen 102 Fällen beziehen sich 29 auf Gesch¥rülste des
Choledochus, 34 auf Geschwülste mit Sitz an der Vereinigung der drei
Gänge, 1 auf eine Geschwulst des Cysticus und 28 auf Karzinome des He-
paticus.
Aus dem Studium Donatis geht hervor, dass die primären Karzinome
der grossen Gallengänge beim männlichen Geschlecht etwas häufiger ange-
troffen werden als beim weiblichen, besonders wenn sie im Choledochus und
im Hepaticus Sitz haben; sie können Personen jeglichen Alters treffen, von
20 bis 80 Jahren, sind aber häufiger in vorgerücktem Alter. Die Gallen-
kalkolose hat keine ätiologische Bedeutung in mehr als 10 Vo der Fälle; an-
dererseits gesellt sich in ungefähr dem vierten Teil der Fälle die Kalkulose
zum Karzinom, ist aber zumeist als eine Folge anzusehen. Auch chronische
nicht mit Kalkulose verbundene Entzündungsprozesse können ätiologische Be-
deutung haben.
Diesen Tumoren gemeinsam ist der anatomische Charakter, dass sie
nur ausnahmsweise beträchtliche Dimensionen erreichen und infolge der
Hemmung des Gallenfiusses zum Tode führen, bevor sie Metastase von
einiger Bedeutung gegeben haben. Metastasen sind nur in einem Drittel der
Fälle angetroffen worden mit Sitz an den nahen Lymphdrüsen oder an der
Leber.
In klinischer Hinsicht lassen sich Karzinome des Choledochus und
Karzinome der Porta hepatis unterscheiden. Sie beginnen gewöhnlich mit
einer präikterischen Periode, die am häufigsten ist bei den Karzinomen des
Choledochus und charakterisiert durch leichte Schmerzerscheinungen am Epi-
gastrium oder am rechten Hypochondrium, durch Appetitlosigkeit und Ab-
magerung; es folgt dann eine Periode, in der sich, oft unvorhergesehen,
Ikterus einstellt und dieser nimmt progressiv an Litensität zu bis zu dem
Tode. Man trifft die Leber an Volumen vergrössert, und häufig ist es auch
Gallenblasen, namentlich wenn der Choledochus getroffen ist. Auf die Kar-
904 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
zinome der Porta hepatis kann das Gesetz von Courvoisier-Terrier
nicht angewendet werden.
Die Diagnose ist schwierig, da die Affektion mit Karzinomen der Vater-
schen Ampulla und des Pankreaskopfes , mit der Hanotschen Krankheit
usw. und vor allem mit der Steinobstruktion der Gallenwege verwechselt
werden kann; durch aufmerksame und längeae Beobachtung jedoch kann
man zu der Diagnose gelangen, wenigstens durch Ausschliessung.
Da der Verlauf ein progressiver ist und der Ausgang verhängnisvoll, so
ist in allen Fällen, und umsomehr in den zweifelhaften, der frühzeitige ope-
rative Eingriff geboten, welcher in gewissen Fällen wirklich radikal ausfallen
kann. In der Arbeit ist die Indikation zu den verschiedenen Eingriffen ver-
zeichnet, während alle verschiedenen bisher in diesen Fällen vorgenommenen
Operationen erwähnt und klassifiziert sind.
Der eine 31jährige Frau betreffende Fall des Verf. ist sorgfaltig be-
schrieben, sowohl vom anatomischen als vom klinischen Gesichtspunkt aus.
R. Giani.
Helferich hat (M e i s t r i n g [9]) ein offenbar primäres Lieberkarzinom
in einem Leberlappen gelegen, so exstirpiert, dass zwei Nähte durch die
Brücke gelegt, dieselbe keilförmig mit Bildung eines vorderen und hinteren
Lappens durchtrennt, die Gefässe mit Schiebern gefasst und darauf die
parenchymatöse Blutung mit Betupfung der reinen Adrenalinlösung gestillt
wurde. Das Parenchym wurde danach blass und anämisch. Heilung.
Wegelin (16) beschreibt einen Sektionsfall von primärem Adeno-
karzinom der Leber im Kindesalter mit Gallensekretion in den Lungennieta-
stasen bei Fehlen einer Leberzirrhose.
Mc Arthur (8). Karzinom der kleinen Kurvatur mit der Leber verwachsen. Ez-
Btirpation derselben und eines keilförmigen Leberstückes. Nach einem Jahre wegen Ver-
dacht auf Rezidiv Relaparotomie ; doch findet sich keine neue Wucherung.
Montier (11). Karzinom der Gallenblase, übergreifend auf die Leber. Bildang
einer abgesackten Gallenansammlung am Mesocolon ascendens, welche im Leben für eine
erweiterte Gallenblase gehalten wird. Selbst bei der Sektion wird der Irrtum nicht gleieh
klar gestellt.
Moorhead (10). Melanurie infolge metastatiscben Melanosarkoms der
Leber.
Rubinato (15). Die Abwesenheit der bindegewebigen Resektion wurde
bisher von pathologisch-anatomischer Seite als differentialdiagnostisches Merk-
mal des Sarkoms gegenüber dem Karzinom der Leber verwertet. Rubinato
beschreibt einen Fall von primärem Sarkom der Leber, der mit Leberver-
grösserung, Ikterus, Aszites zum Tode führte. Nach der histologischen Unter-
suchung glaubt Rubinato, dass der Tumor aus dem embolisch veränderten,
interazinösen Bindegewebe hervorgegangen ist.
Als Beitrag zur Kenntnis der äusserst seltenen gutartigen papilloma-
tösen Tumoren der Gallenblase teilt Haussen (6) einen Fall mit. Bei der
Operation einer alten Frau mit Symptomen ähnlich denen bei Appendizitis
fand der Verf. die faustgrosse degenerierte Gallenblase gefüllt mit Steinen,
Eiter und einer zerfallenden Tumormasse, die sich bei mikroskopischer Unter-
suchung als ein Papillom mit adenomatösen Partien erwies. Verf. hat die
wenigen bisher bekannt geraachten Fälle von Papillom der Gallenblase zu-
sammengestellt. Hj. von Bonsdorf f.
Pagenstecher, Verletzungen u. chirurg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 905
7. Erkrankungen der Gallenblase und des Ductus cysticus ausschliesslich
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Bain (3). Gallensteine, welche in gesunde Gallenblasen von Hunden
eingebracht werden, verschwinden in 8 — 9 Wochen, bleiben darin bei gleich-
zeitiger erzeugter Cholecystitis. Ichthoform, Cholelysin, Olivenöl und Kalomel
haben keinen Einfluss auf die Lösung von Steinen in entzündeten Blasen,
wohl aber fand Bain sie nach dem Gebrauch des Schwefel wassers von Har-
rogate, sowie von einer Tinktur von Urotropin und Iridin, teils aufgelöst,
teils verkleinert.
Die wichtigen Mitteilungen Ehrets(14) über das Fieber bei der Gallen-
steinkrankheit stützen sich auf die experimentellen Tatsachen, dass künst-
licher sowie auch Infekt autoinfektiösen Ursprungs der in ihrer Motilität be-
hinderten Gallenwege Prozesse auslösen kann, die unter anderem mit hohem
Fieber einhergehen. Dagegen hat dies Fieber mit Reizung der Gallengang-
wandungen und reflektorischer Auslösung nichts zu tun. Abgesehen von Kom-
plikationen kommt Fieber nur dort vor, wo Infekt in den Gallenwegen herrscht,
Nichtfiebernde Kranke sind aber weit entfernt davon, sterile Gallenwege zu
haben. Das Fieber ist nicht an das Vorhandensein von fiebermachenden
Keimen, sondern an das, durch entsprechende Abwehrkräfte noch nicht kom-
pensierte Vorhandensein von diesen Keimen gebunden. Es fehlt, wenn diese
Pagen Stecher, Verletzuiigen n. Chirurg. Krankheiten der Leber n. Gallenblase. 907
Äbwebrkräfte ausreichen. Dieselben bestehen einmal in Immunisation des
Gesamtkörpers, andererseits in Veränderungen lokaler Natur, die eine Wirkung
aaf den Gesamtkörper ausschalten.
Ans dem Vorhandensein von Fieber ist zu schliessen, dass in den Gallen-
wegen virulente Prozesse sich abspielen; aus normaler Temperatur das Um-
gekehrte zu schliessen, ist nur erlaubt, wenn die Gallensteinkrankheit bis vor
kurzem keinerlei Erscheinungen gemacht hat. In älteren Fällen ist mit Fehlen
von Fieber nichts anzufangen.
Je häufiger und hochgradiger Fieber geherrscht hat, um so wahrschein-
licher sind Veränderungen der Wandung. Ob augenblicklich Fieber besteht
oder nicht, ist von untergeordneter Bedeutung.
Dem Fieber fehlt ein richtigem Stadium incrementi. Es steigt rasch
an. Es beginnt eventuell subfebril und wird dann oft übersehen. Häufiger
sind hohe Temperaturen, besonders in frischen Fällen. Seine Höhe hat an
und für sich keine prognostische Bedeutung. Ungünstig ist, wenn in ganz
chronischen Fällen noch Fieber besteht (Insuffizienz der Abwehrkräfte), günstig,
wenn sein Eintritt in frischen Fällen sich lang hinausschiebt. Es beendigt
sich gern nach einer Continua kritisch. Die Gallenwege werden dann rasch
wieder steril, schon nach 24 Stunden.
Fieber mit Ikterus ist ein Zeichen, dass der Infekt sich an den feineren
Gallenwegen abspielt resp. hinaufreicht. Regelmässiges Auftreten von Ikterus
und Fieber gleichzeitig spricht für Gholedochusstein.
Todesfälle bei Gallensteinoperationen beziehen sich gern auf Fälle, die
während hohen Fiebers zur Operation kommen. Es empfiehlt sich daher im
postfebrilen Stadium zu operieren.
Naunyn (40) hält für Cholestearinsteine die Wiederauflösung für
möglich, doch kommt das so selten vor, dass man therapeutisch nicht damit
rechnen kann. Unter 1000 Sektionsfällen hat er es zehnmal gesehen. Die
Steine hatten einen noch weichen, nicht kristallinischen Kern. Sie werden von
der Oberfläche angenagt, der Defekt wächst in die Tiefe, bis der radiär kristal-
linische Kern in Sektoren zerfällt. Bakterien sind häufig im Spiel, indem
sie durch Oxydation zu Ablagerung von kohlensaurem Kalk führen, welcher
die Schichten von der Peripherie zum Zentrum durchwächst.
Der Nachweis von Konkrementen durch Röntgenstrahlen hängt vom
Kalkgehalt ab, doch sind solche schattengebenden Steine recht selten.
Naunyn hat sicher Steine gesehen, welche akut, d. h. in Tagen,
vielleicht Stunden entstanden waren. Sie verraten ihre Entstehung durch
Fehlen jeder Schale; in schlammigen Massen, Produkten einer Cholezystitis
entstehen Konkremente durch schnelles Zusammenbacken. Ein Fall wird be-
schrieben, wo dieselben sich härten und in Celloidin eingebettet schneiden
iiessen; dabei handelte es sich um amorphen Bilirubinkalk und Cholestearin,
in welchen schildförmige Büschel aus Kalk und geschichtete Bildungen aus
Schleimhautabstossungen lagen. In einem zweiten Fall lag ein älterer Stein
lose in einer ausgebreiteten Schale, die Höhle entstand durch schnelles Zu-
sammentrocknen der Rinde.
Bezüglich der Diagnostik des Steinleidens wird besonders auf die von
Ehret studierten Temperaturverhältnisse bei Choledochusobstruktion hin-
gewiesen.
Slade (48). Bei 2180 Sektionen fanden sich 33 mal Gallensteine; davon
17 mal solche, die im Leben keine Erscheinungen gemacht hatten; in 16
906 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
dieser letzteren war die Gallenblasenwand ohne besondere Veränderung. In
10 Fällen fand sich neben Steinen Karzinom.
Lemon (34). Gallenblase fehlt an normaler Stelle. Auf der VorderflSehe da*
Leber ein Gebilde, welches wie eine Kchinococcuszyste aussah; es wurds inzidiert und ent-
hielt neben Galle einige Gallensteine. Die Wand hatte die Struktur der Gallenblase. Sie
war ganz von der Lebersubstanz umschlossen.
Glaser (24). Die Gallensteinkrankheit sei häufig erblich. Ihre Ur-
sache ist eine nervöse. Sie beginnt mit nervösen Erscheinungen. Vagosreiz
führt zu einer Sekretionsanomalie der Leber. Wird Galle ausgeschieden,
in welcher ein Missverhältnis zwischen Menge des Cholestearins und den es
lösenden Salzen vorliegt, fallt ersteres aus. Es wird eine dünne Galle ge-
liefert, welche nicht mehr sterilisiert wie die normale. Folge sei Katarrh
der Schleimhaut, bakterielle Infektion etc. Chirurgisch seien nur die Fälle
von Empyem und von obturierenden Steinen in den engeren Gallenwegen,
welche verkalken und nicht wieder gelöst werden können, zu behandeln. Die
interne Behandlung habe die Sekretionsanomalie zu beseitigen. Neben Kräf-
tigung der Konstitution ist das Cholagen zu verwenden. Die Kur dauert
je 40 Tage dreimal im Jahr. Gerade die schweren Fälle waren die dank-
bai-sten. 70 — 80 7o der Patienten waren geheilt.
C lern ms (10) Schrift ist wohl hauptsächlich für Laienkreise bestimmt,
denen sie eine sichere Heilung aller Gallensteinleiden auf innerem Wege ver-
spricht, wenn nur frühe genug die Methode Clemms zur Anwendung kommt,
welche neben diätetischen Massnahmen hauptsächlich in der Anwendung von
ölsaurem Natron besteht.
Hecht (25) empfiehlt Kalomel mit Extr. strychni, um durch Regulie-
rung der Darmperistaltik den normalen Gallenstrom wiederherzustellen.
Bosenheim (44) bespricht die interne Behandlung der Gallenstein-
krankheit, besonders die hygienisch-diätetische.
Singer (47). Cholagoge Mittel sind da angezeigt, wo Exsudat and
Galle vermischt in den entzündlichen Gallenwegen stagniert. Die Ölkur wird
besonders empfohlen.
Stiller (51) empfiehlt das Salizylnatron bei Cholelithiasis.
Fink (18) erreichte durch einmalige Kur in Karlsbad 72,8 ®/o, jetzt
87,33^0 ;,gute" Erfolge. Die Grenzen für die interne Behandlung smd ge-
geben durch die Fortdauer der Beschwerden, durch das Hinzutreten einer
Infektion und den Choledochusverschluss.
In der Diskussion betont Clairmont die Gefahr des so äusserst häufigen
Karzinoms. Schnitzler bezweifelt die Resultate der Karlsbader Kur.
Fink präzisiert demgegenüber nochmals seinen Standpunkt.
Fink (19). Die Kur in Karlsbad übt auf das Gallensteinleiden in seinen
verschiedenen Stadien einen wesentlich günstigeren Einfluss als andere; in
allen Stadien, besonders im Frühstadium, sowie allen Phasen des Verlaufe«
des Leidens kann dauernde Latenz, die der Heilung gleicht, erreicht werden.
Latenz betrug nach einmaliger Kur 87°/o, nach 10 Jahren 72®/o. Besserung
in 4,5%, Ausbleiben des Erfolges 7,55 <^/o. (Jahr 1903).
Albu (2) demonstriert einen spontan abgegangenen 49 g schweren
Cholestearingallenstein.
W e r m e 1 (58). Krankengeschichte eJDes Patienten , der 15 Jahre lang an Be-
schwerden litt, die bald für Appendizitis, bald für Cholelithianis erkläH wurden, bis achliess-
lieh durch spontanen Abgang von 149 Cholesteaiinsteinen Heilung erfolgte.
Pagenstecher, Verletzongen n. chirnrg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 909
Kehr8(29) neueste Schrift ist ein erweiterter Fortbildungsvortrag und
in seiner bekannten lebhaften Diktion geschrieben. Besonders ausführlich
wird das Kapitel der inneren Behandlung genommen und dabei nicht nur
Kehrs Methode, sondern auch verschiedene von sogenannten Gallenstein-
spezialisten, Ärzten und Kurpfuschern empfohlenen^ angeblich sicheren Mittel
und Kuren besprochen. Kehrs bekannter Standpunkt bezüglich der Indi-
kationsstellung kommt auch hier zum Ausdruck. Seine Sterblichkeit bei
Gallensteinoperationen beträgt jetzt kaum2Vo. Die Dauererfolge haben sich
i^esentlich gebessert.
Walzbergs (57) Schrift verfolgt den Zweck, dem praktischen Arzt
eine Einführung in das Gebiet der Gallensteinchirurgie zu geben und ihn von
der Notwendigkeit frühzeitigen Eingreifens zu überzeugen. Er gibt daher eine
übersichtliche Darstellung der wissenschaftlichen modernen Standpunkte und
illustriert alles durch die Erfahrungen, welche er selbst zu machen hatte.
Eine topographische Tafel und eine mit gut gelungenen Abbildungen von Steinen
ist beigegeben. Je mehr die Frühoperation an Terrain gewinne, um so seltener
werden die schweren Fälle mit ausgebreiteten Adhäsionen und sekundären
Veränderungen werden.
Riese (43) bespricht Erfahrungen aus dem Gebiet der Gallen wege-
Chirurgie, aus denen wir hervorheben: 1. Entstehung von Cholezystitis auf
dem Blutweg: akuteste Zystitis bei multipler Osteomyelitis. 2. Dieselbe bei
Pyämie mit Abszessen, Thrombophlebitis etc. 3. Heilung einer Verstopfung des
Choledochus und der Hepatici und Leberabszessen an der Oberfläche durch
ausgedehnte Drainage und Tamponade. 4. Plädiert Riese für die Ektomie
bei den ganz akuten Infektionen der Gallenblase. 5. Intrahepatische Steine
bei Choledochusverstopfung.
Stieda (50) berichtet über die von Garre in Rostock und Königsberg
ausgeführten Gallensteinoperationen; er kommt zu folgenden Ergebnissen:
Bei positivem Steinbefund ist je nach dem Inhalt der Gallenblase und
dem anatomischen Verhalten von Blase und Zystikus die Zystotomie oder
Zystektomie indiziert. Garr^ hat verhältnismässig häufig die erstere Ope-
ration, Eröffnung der Blase mit sofortigem Verschluss, ausgeführt, im Gegen-
satz zu anderen Autoren bei nicht infizierter Blase und freien Gängen kürzt
sie den Heilungsverlauf ab und schützt vor Adhäsionen.
Die Zystostomie ist mehr weniger eine Kompromissoperation; sie tritt
für die Zystotomie ein, falls man die Blase erhalten will, aber nicht sicher
ist, alle Steine entfernt zu haben, also besonders bei sehr zahlreichen Kon-
krementen; sie ist an die Stelle der Radikaloperation zu setzen, falls sich die
Ektomie wegen schwieriger technischer Verhältnisse und schlechten AUgemein-
zustandes verbietet. Bei den Operationen am Hauptausführungsgang hat auch
die Eröffnung mit anschliessender Naht ihre Berechtigung.
In den Fällen ohne Steinbildung ist möglichst radikal vorzugehen. Hin-
sichtlich der allgemeinen Indikationsstellung ist ein Operieren im Anfall zu-
gunsten der nicht drainierenden Methoden, wenn möglich, zu vermeiden. Bei
Karzinomen der Gallenblase hat die Palliativektomie wie beim Magenkarzinom
unter Umständen Berechtigung.
Die seltenen Karzinome des Hauptausführungsganges würden gute Chancen
für Radikalheilung geben.
Ghristiani (8). Die gynäkologische Literatur enthält keine Angaben
über die Komplikation der Schwangerschaft und des Wochenbettes mit Gallen-
910 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
blasenerkranknngen. Die Cholezystitis im Wochenbett soll mehr Beachtang
finden und muss ausgeschlossen werden, um die Diagnose puerperale Pyämie
stellen zu dürfen. Zwei Fälle werden mitgeteilt. Sie heilten ohne neue
Operation.
Doran (12). Durch Hydrops oder Empyem ausgedehnte Gallenblase
kann eine Ovarialzyste vortäuschen, wenn sie beweglich wird und zwischen
ihr und der Leber tympanitischer Schall auftritt. Ein eigener Fall wird
berichtet.
Krämer (31). Am 35. Tag eines Typhus traten Schmerzen, Spannung, Anftreibang
in der rechten Banchseite ein, die zur Operation führten. Der Magen war dilatieri und
fällte den Bauch zum grOssten Teil aas. Nach seiner Entleerung fand sich die Gallenblase
enorm dilatiert, gefüllt mit klarem Serum, Eiter und 35 Steinen. Tod. Im lonem eines
Steines fanden sich Typhusbazillen.
Dorr (11). Auf Grund einer alten Cholelithiasis und längere Zeit nach abgelaufenem
Abdominal typhus hatte sich ein Empyem der Gallenblase entwickelt. Sowohl der eiterige
Inhalt der Gallenblase als auch der Kern der zahlreichen Steine enthielt enorme Mengen
von Typhusbazillen in Reinkultur.
Stoney (52) beschreibt einen Fall von Empyem der Gallenblase, in welchem die
von letzterer gebildete Dämpfung von der Leberdämpfung durch hellen Schall getrennt
war, weil das Colon transversum, am Leberrand adhärent, vor der Gallenblase herzog. Die
Diagnose wurde daher auf einen appendizitischen Abszess gestellt
Bryand Holmes (28). Frau von 32 Jahren starb am Abend nach einer Ghole-
zystektomie an Herzschwäche (Äthernarkose). Sektion ergibt keine Atrophie des Herzens,
sondern Atherom der Koronargefässe, chronische diffuse Nephritis.
Durand (13) hat dreimal versucht die Gallenblase aus ihrer Serosa
auszuschälen, aber nur einmal bei einer grossen Blase mit verdickter Wand
diese Methode durchführen können.
Bei einer 27 jährigen Frau mit Gallenblasensteinen exstirpierte Eojucharoff (32)
mit Erfolg die Gallenblase, in welcher er 8 haselnussgrosse, 2 erbsengrosse und 40 linsen-
grosse Steine fand. S t ot a n o f f (Yarna).
Serenin (46). Bei wenig veränderter Gallenblase und bei starken
Verwachsungen in der Nachbarschaft zieht Serenin die Cholezystotomie der
Ektomie vor.
Yillard (55). Typische schmerzhafte Gallensteinkoliken mit jedesmaliger An-
schwellung des Gallenblase. Kleiner nicht fazettierter Stein im Cysticns, galliger Inhalt
der Blase. Heilung nach Cholezystektomie.
Ausgehend von der modernen Auffassung der Pathogenese der Gallen-
steinleiden bespricht Borelius (6) die Frage von den Vor- und Nachteilen
der Cholezystostomie und -Ektomie, Operationsverfahren, die wohl als die
zurzeit bei Gallensteinkrankheiten allgemein gebräuchlichsten zu betrachten
sind. Da die Gallenblase als ein Organ angesehen werden kann, dessen Ent-
fernung „Ausfallerscheinungen^ nicht im Gefolge haben könnte, da die Ektomie
keine gefährlichere Operation ist als die Ostomie, da durch die Ektomie
eine schnellere und sicherere Heilung herbeigeführt wird, da die Ektomie
zuverlässiger gegen Rezidive schützt, da die Ektomie ausserdem einer even-
tuellen Entwickelung von Karzinomen vorbeugt, trägt Borelius kein Be-
denken, die Cholezystektomie als das normale Verfahren in gewöhnlichen
Fällen zu betrachten. Borelius hat ca. 50 Ektomien ohne Todesfall aus-
geführt. Hj. von Bonsdorff.
Cignozzi (9) berichtet den Fall einer 27jfthrigen Frau, welche in einem Zeitraam
von zwei Jahren vier Leberkolikanfälle erlitt ohne Ikterus noch Abgang von Steinen mit
dem Stuhl und mit lebhaften Magenbeschwerden , welche in der letzten Periode der Er-
krankung persistent wurden und, obwohl leicht, in der Zwischenzeit zwischen dem drittefl
und vierten Eolikanfall fortdauerten.
Pagenstecher, Verletzangen a. chirnrg. Krankheiten der Leher n. Gallenblase. 911
Bei dem Operationsakt fand man die Gallenblase leicht yergrössert, gänzlich frei
von Steinen oder Sand mit morschen, vaskularisierten Verwachsungen, welche den Hals
der Gallenblase selbst mit Fyloros and Leber vereinigten. Der Gysticus war normal. Die
Verwachsungen wurden gelöst; Patientin genas vollkommen und zeigte durch gut zwei
Jahre nach der Operation keinerlei Beschwerden mehr. Verf. verweilt des Längeren bei
der Symptomatologie dieses Falles und bei den in der Literatur aufgeführten ähnlichen
Fällen. R. Giani.
Patel (41 u. 42). Jabonlay bemerkte bei GalleDblasenfisteln , dass
der Gallenabfluss nur während der Nacht stattfand, also ausserhalb der
Digestionsperioden die Galle ihren Weg in die Blase nahm. Er liess deshalb
auch während der Nacht mehrere Mahlzeiten nehmen und sah in der Tat
danach eine Gallenfistel sich in 14 Tagen schliessen.
Eich 1er (15) hat in der Literatur 13 Fälle von Bronchus-Gallengang-
fisteln gesehen. Einmal war Trauma, einmal Gallensteine mit Leberabszess-
bildang die Ursache. Stets traten, bevor galliges Sputum expektoniert wurde,
Schmerzen attackenweise auf mit Fieber. Ikterus 7 mal.
43 jähriger Mann. Vor 20 Jahren nachts plötzlich gelbgrünes Sputum.
Dieser Auswurf dauerte etwa ein halbes Jahr, pro Tag ein Wasserglas voll.
Seit einigen Wochen wieder Hustenreiz und gallig-grünlicber Auswurf, kein
Fieber; kein Ikterus. Jede Perkussion des Thorax macht Husten. Sputum
schichtet in dünnflüssige grünliche untere und hellgelbe schaumige obere Schicht.
Lebergrösse normal. R.H.U. Kasseln. Rechte Zwerchfellhälfte (Röntgen-
durchleuchtung) macht kürzere Exkreszenzen als linke. Im rechten Unter-
lappen ovaler dunkler Bezirk. Operation: Rippenresektion. Verwachsungen
zwischen Unterlappen und Zwerchfell werden gelöst. Nahe der Vena cava
derber kleinfingerdicker Strang, Operation wegen Kollaps unterbrochen. Tod.
Kommunikation einer sackförmigen Bronchiektasie der Unterlappen mit einem
grösseren Gallengang. Gholelithiasis.
V. Wild (59). 1. Perforation der steinbaltigen Gallenblase in die freie
Banchhöfale und Tod innerhalb 12 Stunden.
2. Schwere Pyämie mit Metastasen in entfernteren Organen im An-
schluss an einen Kolikanfall, welcher rahmigen infektiösen Eiter (Bacterium
coli) aus der Blase mit dem Stein in den Choledochus führte. Endokarditis,
Stnimitis, Meningitis, Pfortaderbronchose, Tod im Koma.
3. Tod durch toxische Wirkung der nur lokal in den Gallenwegen ver-
hüteten Infektion innerhalb von ca. 14 Tagen.
Gillespice (23). Bei einer Geisteskranken, welche an Schmerzan Tillen in der
rechten Seite gelitten hatte, fand sich bei der Sektion (Tod infolge der Anfälle) eine grosse
Anzahl von Gallensteinen in der freien Bauchhöhle, in Adhäsionen eingebettet. Perihepa-
titiB an der Unterfläche der Leber, in der Gallenblase kleine Steine, verheilte Perforations-
stelle an ihrem Fundas. Tiefe Gänge durchgängig. Die Steine lagen hauptsächlich in
lombalen Nischen, dem Donglas, unterm Diaphragma.
Est es (16) gibt eine Übersicht über das Schicksal von Gallensteinen,
die durch Perforation aus der Gallenblase austreten, und beschreibt unter
anderem die Entstehung von Abszessen und Fisteln, die Steine enthalten, an
der Hand zweier eigener Fälle.
8. Erkrankungen des Ductus choledochus und hepaticus (ausschliesslich
Tumoren).
1. Gahen, Über die Leberfistel (Hepatosiomie). Mfinch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 32.
2. ^Clavand, Regime et th^rapeutique des h^patiques. Thöse de Paria 1904. Ref. in
aazette des Höpitaux 1905. Nr. 10. p. 112.
912 Jahrefibericht fQr Ghimrgie. IT. Teil.
3. *E bat ein, Die Strangulationsmarke beim Spulwurm etc. Deutsches ArchiT f. klio.
Med. 1904. Bd. 82. H. 5 u. 6.
4. Fink, Eine Gallensteiooperation. Prager med. Wochenschr. 1905. Nr. 10.
5. Kehr, Die „Choledochus-Frage*'. Zentralbl. f. Chir. 1904. Nr. 28.
6. — Ober zwei seltene Operationen an den Gallengängen. Mflncb. med. WcM^enschr.
1905. Nr. 23.
7. Lorenz, Ober den Wert der Mobilisierung des Duodenum bei Operationen wegen
Steinen in den tiefen Gallenwegen. Zeitschr. f. Chir. Bd. 79.
8. Maylard, Hepato-cholangio-jejunostomy. Ann. of Snrg. 1905. Jan.
9. Mayo, Some remarks on cases involving operative loss of continuty of the <x>mmon
bile duct. Ann. of Surg. 1905. July.
10. Moynihan, A case of simple stricture of the common bile duct treated by a pleiie
Operation. Brit. med. Joum. 1905. Nov. 25. p. 1391.
11. Ombr^danne, Le broiement des calculs du chol^doque. Roy. de chir. 1905. Nr. 11.
12. Qu^nu, Gontribution ä la chii-urgie du canal h^patique etc. Bull, et m6w. de la
Soc. de Chir. de Paris 1905. Nr. 8. p. 218.
13. Robson, Biliary pulmonary fistula cured by hepato-dochotomy. The Practitioner
1905. Nr. 445.
14. — Mayo, Common duct cholellthiasis. Med. Press. 1905. Nov. 8.
15. *Savy, Obstruction calculeuse du cholödoque, angiocholite sappur^ cirrhose biliaire et
abeäs miliaires du foie. Lyon m^d. 1905. Nr. 37. p. 409. (Sektionsfall.)
16. Terrier, Le drainage des voies biliaires principales. Soc. de Chir. de Paris 1905.
Nr. 37.
17. Tuffier, A propos de la Chirurgie du canal höpatique. Bull, et möm. de la Soc. de
Chir. de Paris 1905. Nr. 9.
18. — Obstructions du chol^doque, Soc. de Chir. 1905. Nr. 36.
19. *Weill-Pähu, Un cas d*ict^re par compression ganglionnaire du cholödoqae äaoB
une gianulie gön^ralisöe ayant simul^ l'ict^re grave, chez un enfant de 4 ans. Lyon
m^d. 1905. Nr. 49.
Ombredonne (11) berichtet zwei Fälle, einen von Nelaton, einen
eigenen, in welchen es gelang, einen Choledochusstein mit den Fingern zu
zertrümmern. Die Fragmente wurden im letzteren Fall im Stuhl gefunden.
In der Literatur sind noch öl weitere bekannt. 10 mal war die Operation
vergeblich. Zur Zertrümmerung wurde teils der Finger, teils mit Gummi
armierte Zangen benutzt. Wo die Finger nicht halfen, waren die letzteren
aber auch vergeblich. Akupunktur ist gefährlich. Möglich ist die Operation
häufig bei weichen und bei kleinen Steinen, besonders im supradnodenalen
Choledochusteil. Sie ist von Erfolg begleitet. Als einen Vorteil betrachtet
Ombredonne, dass die Wände intakt bleiben und man leicht herankommen
könne, wenn eine erneute Operation durch Tiefertreten eines höher gelegenen
Steines notwendig würde. Die Infektion der Gallenwege werde durch Frei-
machen der Gallenwege ebenso gut drainiert wie durch einfe Fistel nach
aussen! Dieser Satz ist falsch und die bekannten Vorteile der Hepaticus-
drainage werden also vom Verfasser noch nicht berücksichtigt.
Fink (4). Zystektomie und Cboledochotomie. In der Nachbehandlang grosser De-
fekt des Duodenum und Kolon, dadurch war Ernährung der Patientin in Frage gestellt, daher
Gastroenterostomie. Ein im HeUungsverlauf nekrotisch gewordener Leberbezirk wird ab-
getragen. Schliesslich Schluss der Defekte im Darm. Im ganzen 6 Einzeieingriffe, echliesa-
lich Heilung.
„Choledochusfege" nennt Kehr (5) ein Verfahren zur Entfernung von
Steinen aus dem retroduodenalen Teile des Choledochus. Nach ausgeführter
Duodenotomie wurd eine Zange durch die Papille in den Choledochus bis zur
supraduodenalen Inzision geschoben, ein Streifen feuchter Gaze gefasst und
durch Zurückziehen der Gang rein ausgefegt. Einmal musste dies fünfmal
ausgeführt werden, ehe alles gesäubert war.
Pagensteoher, Verletzangen n. chirarg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 913
Mayo Robson (14) findet in 40 ^/o seiner Fälle Steine im Gholedocfans.
Er beschreibt die Diagnose des Choledochnssteines nnd zählt nicht weniger
als 28 Komplikationen auf, die danach auftreten können; beschreibt endlich
seine Operationsweise. Gewöhnlich wird die Blase drainiert, nicht entfernt,
die Choledochus wunde wird vernäht, nur bei Schwellung des Pankreaskopfes
wird ein Drain in den Gang eingelegt; auch anfangs neben der Gallenblase
ein Gazestreifen nach der Nahtlinie geführt.
Mayo Robson (13). Nachdem früher nur einmal ein leichter Kolik-
anfall bestanden hatte, bekam eine 28jährige Dame galligen Auswurf. Leber
vergrössert, geringer Tetanns. Gallenblase geschrumpft, nussgrosser Stein im
Hepaticus. Adhäsionen zwischen Leber und Zwerchfell. Hepaticusdrainage.
Heilung.
Quenu (12). Seit neun Jahren Koliken mit Ikterus. Seit zwei Jahren
dauernde Gelbsucht. Operation zeigt keine Steine, Blase stark geschrumpft;
Cboledochus abtastbar. Bei der Leberpforte ein Gebilde mit Galle gefüllt
vird mit dem Magen anastomosiert. Tod. Sektion zeigt, dass es der dilatierte
Hepaticus ist. Die Stenose sitzt im Choledochus an der Mündung des nar-
bigen Cysticus. Weiter abwärts Dilatation des Choledochus bis zur Mündung
des Ductus Wirsung.
Auch Tuffier (17) hat mehrfach am Hepaticus operiert. Inzisionen
des Ganges heilen im Gegensatz zum Choledochus sehr langsam.
Wegen Karzinom an der Einmündung des Cysticus in den Choledochus
machte er eine Anastomose zwischen Magen und dem fingerdicken Hepaticus.
Die Wand desselben war sehr zerreisslich. Es bildete sich eine Gallenfistel
und Patientin verfiel rasch.
Tuffier (18) hat 1903 über einen mit Cholezystotomie- behandelten
nnd scheinbar ausgeheilten Fall von Pancreatitis chronica berichtet. Neuer-
dings stellte sich Patient wieder vor mit einem durch die Narbe durchge-
wachsenen Karzinom des Bauches, offenbar vom Pankreas, hat aber keinen
Ikterus.
Terrier (16) teilt Fälle mit Hepaticusdrainage mit.
Lorenz (7) hat 5 mal bei sehr schwierigen Gallensteinoperationen die
Mobilisierung des Duodenum nach Kocher ausgeführt und davon jedesmal
grossen Nutzen gezogen. Jedesmal Hess sich die Ablösung anstandslos in
kürzester Zeit ausführen. Es konnten retroperitoneal liegende eingeklemmte
Steine doch noch nach oben verschoben und der Verlauf des Choledochus
klar gestellt werden. Es lässt sich daher wohl bei manchem Fall, der noch
der transduodenalen Methode verfallen würde , noch die supraduodenale
Choledochotomie durchsetzen. Die mehrfach hervorgehobenen Gefahren der
Operation werden von Lorenz nicht so hoch angeschlagen als den Autoren.
Moynihan (10). 68 jähriger Patient. Zahllose GalleDsieinkoliken, meist mit Ikterus,
vonasgegaDgeD, einmal Abgang eines grosseren Steines. Jetzt chronischer Ikterus. Die
Operation stellt eine harte narbige Striktur des Choledochus fest, oberhalb deren er zystisch
erweitert war und sieben Steine enthielt; in der Qallenblase zahlreiche Steine. Spaltung
der Striktur und Vemahung derselben in der Quere bis auf eine mittlere Öffnung, durch
welche nach oben und nach unten je ein Drain geschoben wird. Heilung.
Mayo (9) hat 7 mal bei Operationen den Ductus choledochus durch-
trennt bei Entfernung von stark adhärenten Gallenblasen, Resektion von
stark adhärenten Gallenblasen, Resektion von Karzinom desselben mit Teilen
des Ganges, Karzinom des letzteren. Die direkte Naht wurde mit Catgut
gemacht, wobei ein Teil der Zirkumferenz zur Drainage frei bleibt. Einmal
Jahresbericht fOr Cbimrgle 1905 58
914 Jahresberieht für Chirurgie. II. Teil.
wurde der Cboledochus, einmal der Hepaticus (wegen Stückes des Choledochus)
im Duodenum genäht. Ein Fall starb, weil eine Gazedrainage auf die Naht-
linie gelegt war und die Fistel darüber führte; der letztere heilte und wird
ausführlich mitgeteilt. Wichtig ist das Duodenum an der Nachbarschaft zu
befestigen, sowie einen vom Peritoneum bekleideten Teil zu wählen. Ein
Drain aus Kautschuk wird in die Nähe, nicht auf die Nahtlinie selbst geführt
Kehr (6). Zwei seltene Operationen : 1. Choledochotonoie bei Situs ytsoemm totaüa.
2. Resektion einer Narbenstriktar des Gholedochas, zirkolAre Naht, Heilong. Bei einer Ek-
tomie war der Hepaticas angerissen worden, es folgte eine danemde GailenfisteL Bei der
Operation lag die Striktur vor; Kehr nimmt an, dass bei der Ektomie bei der Unter-
bindong der sehr starken Cystica resp. des Cysticus ein Teil des Choledocfaas mitgefasst
wurde. Der yerletzie Hepaticas liess die Galle nach aussen.fliessen, der Choledochus worde
nicht benutzt, immer enger und obliterierte.
Maylord (8) machte eine Hepato-Cholangio-Jejunostomie bei chronischem
Ikterus mit geschrumpfter Gallenblase und alten derben Adhäsionen in der
Tiefe. Der Erfolg blieb aus.
Cahen (1) berichtet über den überraschenden günstigen Erfolg einer
Hepatostomie.
Bei einem 47 jährigen Mann war die Cholezystektomie gemacht worden. Nach drei-
wöchentlicher Drainage trat Schdttelfrost und Kolik mit Ikterus auf. Dann fieberhafte
Cholangitis, völliger Choledochusverschluss, erschwerter Allgemeinzustand. Verwaebsunges
und parenchymatöse Blutung machen es unmöglich, die tiefen Gallenwege freizulegen.
Daher wird ein umschriebenes Stück des linken Leberlappens in das Bauchfell eingenftbt
und mit dem Paquelin ein 8 cm langer, kleinfingerdicker Kanal in die Leber eingebranot
und tamponiert. Nach zweimal 24 Stunden begann Galle zu fliessen. Das Allgemein-
befinden bessert sich rapid, Ikterus nimmt ab, aus der vorher schleimigen Blasenfistel
fliesst Galle, Heilung unter allmählichem Versiegen der Fisteln und Gallenfftrbang der
Stuhlgänge.
9. Galiensteinileus.
1, ^Coombs, Biliaiy calculns and intestinal obstruction. British med. Jonmal 1905.
Nov. 25. p. 1399.
2. Gordon and Wright, A case of intestinal obstruction by a gall-stone. The Dablin
Journ. of med. Science 1905. Sept
8. *Michon, Obstruction intestinal par calcul biliaire. Ablation du calcul par ent^ro-
tomie. Guörison etc. Obst. Bull, et möm. de la Soc. de Chir. de Paris 1905. Nr. 9.
4. Mi 1 ward, Another case of impaction of a gallstone in the large intestine; laparo-
tomy. Recovery. Lancet 1905. p. 1327. Nov. 4.
5. '^'Smith, A case of impaction of a gall-stone in the large intestine. Lancet 1905.
Oct. 21. p. 1175. (Sektionsfall.)
6. Wiesinger, Galiensteinileus ohne vorhergehende nachweisbare Störungen in des
Gallen wegen. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 48.
Gordon und Wright (2). Im Februar Gallensteinkolik mit Ikterus. Im Äagost
plötzlich Schmerz und Erbrechen, nach einigen Tagen der Ruhe Darm verschluss, Obsti-
pation , Meteorismus , fftkulentes Erbrechen. Operation ergibt Gallenstein im unteren
Ileum. Adhäsionen in der Umgebung der Gallenblase.
Mi 1 ward (4). Ileus durch Gallenstein von 465 g Gewicht. Operation nach vier
Tagen. Gallensteinkoliken nicht vorausgegangen. Einklemmnngssitz die Flexnr.
Wie Singer (6). Gallenstein von 5Vs cm Länge und 3 Vi cm Breite; völliger Aus-
guss der Gallenblase mit dem Anhang des Cysticus macht Ileus, ohne dass irgend welche
nachweisbare Störungen vorangegangen waren.
Pagenstecher, VerletcoDgen u. chirnrg. Krankheiten der Leber n. Gallenblase. 915
Nachtrag.
Italienische Referate.
Referent: R. Giani.
1. Aleaaandri, Un caso di aneuriema dell' arteria epaiica. Atti della Societä italiana
di chimrgia V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
2. B i n d i , F., Contriboto dinico ed iatogenetico al cancro priroitivo del fegato. La dinica
moderoa 1905. Nr. 28.
3. Biondi, Contributo al trattamento dell* echinococco epatico. Atti della Sodetä italiana
di chimrgia. V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
4. Bozsi, Contribato alla coledstenterostomia. Atti della Sodetä italiana di chirargia.
V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
5. Ceccherelli, A., Contribato alla cura cbimrgica della drrosi epatica. La dinica
chimrgica 1905.
6. Ceroezxi, A.» I sostegni di magnesio nella legatnra intraepaiica mediata alla
Ceecherelli. La dinica ohimrgioa 1905.
7. Senni, 6., Ciati da echinococco del fegato e della miUa. BoUettino della Sodetk
Lancidana degli ospedali di Roma. Lngtio 1905.
8. D ' U rs o , Interventi operativi in 8 casi di calooloai delie vie biliari. Atti della Societä
italiana di chimrgia Y. 18. Roma. Tipogr. Artero.
Alessandri (1) weist auf die Seltenheit der Fälle hin, anch als mikro-
skopischer Befand.
Die dem Chirurgen vorgekommenen sind äusserst wenige : In den Fällen
Ton Mikulicz, Heller, Riedel und Habs erkannte man erst bei der
Sektion, dass es sich um Aneurysma handelte. Kehr war glücklicher und
kühner, und es gelang ihm in einem Falle, die Arterie zu unterbinden, den
Sack zu spalten und Heilung zu erzielen.
In dem Falle des Yerfs. trat bei einem jungen Individuum nach einer
Pneumonie Ikterus auf, mit vollständiger Gallenretention, ohne Fieber, ohne
Schmerzen, mit vorgewölbter, gespannter, faustgrosser Gallenblase.
Der Ikterus dauerte seit drei Monaten, jeder Behandlung spottend; in
letzter Zeit trat wiederholt ziemlich Meläna auf.
Beim Eingriff fand sich die Gallenblase mit Blutklümpchen ausgefüllt,
nach deren Beseitigung bis gegen den Hals hin eine äusserst schwere arterielle
Blutung eintrat, die zur Tamponade und Abbrechung der Operation zwang.
Es wurde alsdann die Diagnose auf in den Gysticus geöffnetes Aneu-
rysma der Hepatika gestellt und Verf. gedachte von neuem einzugreifen, um
die Arterie zu unterbinden; jedoch starb das Individuum am sechsten Tage
an Erschöpfung.
Bei der Sektion fand sich ein Aneurysma des Stammes der Hepatika,
das mit dem Cystikus und durch ein kleines Loch auch mit der Gallenblase
gegen den Hals hin kommunizierte.
Inbezug auf die Diagnose macht er auf die Bedeutung aufmerksam,
die die vorausgegangene Infektion, die Abwesenheit von Koliken und Fieber,
die grosse Spannung der Gallenblase, die Melaena, sowie bei dem Eingriff
der Inhalt der Gallenblase für dieselbe haben.
Bindi (2) teilt die Krankengeschichte einer Patientin mit, bei der
infolge der von ihr gebotenen Symptomatologie die Diagnose allgemein auf
Lebergeschwulst gestellt worden war. Bei der Laparotomie wurde die Leber
vergrössert gefunden mit Dissemination harter Knötchen längs ihrer ganzen
ö8*
916 Jahresbericht fUr Chirurgie. U. Teil.
Oberfläche; nichts am Magen, am Pankreas, am Netz. Eines dieser Knöt-
chen wurde exzidiert und einer eingehenden histologischen Uniersachung
unterzogen.
Aus dem Studium dieses anatomischen Stückes leitet Verf. her, 1. dass
der Tumor seinen Ausgangspunkt aus den vorherrschenden und neugebildeten
Gallenröhrchen genommen habe, in welcher Ansicht er durch den Umstand
bestärkt wird, dass er Hohlräume beobachtet hat, welche mit Zylinderepithel
bekleidet waren, das sich allmählich in echten atypischen Zellenformen ver-
liert, wie man es beim Karzinom wahrnimmt;
2. dass das elastische Gewebe in dem Geschwulststroma äusserst spär-
lich ist;
3. dass trotz einer ausgedehnten und schweren Läsion des Eingeweides
die Zeichen von Leberinsuffizienz leichte gewesen waren;
'4. dass dem Epithel der Gallengänge wahrscheinlich eine hervorragende
Rolle in der Genese des primären Leberkrebses zukommt.
Biondi (3) berichtet über 20 von ihm operierte Leberechinokokken
und legt nach Exposition der Obelstände der von Bobrow und Posadas
wieder in Vorschlag gebrachten Billrothschen Methode, der Methode der
Capitonnage von Delbet und der Marsupialisation in nur einer Zeit nach
Lindemann und Landau ein eigenes Verfahren dar, das bei nicht ver-
eiterten und nicht verwachsenen Echinokokken zur Anwendung kommen soll
und das ihm 6 Dauerheilungen auf die 6 letzten so behandelten Fälle ge-
geben hat.
Nach Laparotomie Lnspektion des Organs, um sich von dem Vorhanden-
sein nur einer Zyste zu vergewissern, und Umschreibung des Lebersegments,
auf dem er operieren muss, mit rahmenartiger Tamponade in verschiedenen
Gazelagen eines und desselben in physiologischer Lösung getränkten und so-
wohl in der Tiefe als an der Oberfläche zwischen Organ und Bauchwänden
angeordneten Streifens, Punktion mit dünner Nadelkanüle, möglichst voll-
ständige Entleerung der Zyste und Injektion mittelst derselben Nadel von
20 ccm einer 1^/ooigen Ag Flg-Lösung.
Er schliesst dahin, dass unter Reservierung der Evakuationspunktion
und der Injektion von parasitentötenden Substanzen für die nicht vereiterteil
und verwachsenen Zysten, der Marsupialisation für die vereiterten und pro-
liferen^ der Ausschälung und Exstirpation für die kleineren gestielten oder
fast gestielten Zysten, der Leberresektion für die Fälle von alveolären oder
multilokularen Echinokokken in leicht zugänglichen Leberabschnitten, in Fällen
von unilokulären, nicht vereiterten noch verwachsenen Zysten
die Injektion von parasitiziden Substanzen nach vorherge-
gangener Laparotomie und Entfernung der Zyste mittelst der
Nadelkanüle vorzunehmen sei.
Zur Bestätigung der Beobachtung von Memmi fügt er hinzu, dass die
Eosinophilie, sobald eine sonstige Ursache, die dieselbe erklären könnte (Haut-
krankheiten, Entzündungen der Schleimhäute, Darmparasiten etc.), fehlt, stets
für Echinococcus mit lebendem Parasiten zeugt und dass die Anwesenheit
der nicht vereiterten Zyste mit Abwesenheit von Eosinophilen anzeigt, dass
der Parasit abgestorben ist, wie er in seiner vorletzten Beobachtung hat be-
stätigen können, bei der, während alle klinischen Daten für Echinococcus
sprachen, in wiederholten Untersuchungen keine Eosinophilen konstatiert
wurden. Bei der Operation fand sich ein umfangreicher Echinococcus mit
Pagenstecher, Verletzungen u. chirurg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 917
gänzlich durchsichtiger, aber eiweissreicher Flüssigkeit. In derselben Beob-
achtuDg bestand reichliche Albuminurie ohne Nierenelemente, welche unmittel-
bar nach Entleerung der Zyste aufhörte.
Bozzi (4) hat an vier Hunden die für diese Operation vorgeschlagene
Methode von Krause experimentiert. An zweien wurde die Originalmethode
ausgeführt, an zweien wurde sie modifiziert, indem man zu der von Vogt
für die Gastroenterostomie vorgeschlagenen Y-förmigen Pfropfung griff. Die
vier Hunde gingen an aszendenter Affektion zugrunde. Die beiden ersten
zeigten zirrhotische Alterationen der Leber und aus dem Lieberparenchym
wurden Kulturen von B. coli und Staphylococcus albus erhalten (bei einem
derselben bestand reichlich aszitische Flüssigkeit). Die beiden letzteren ver-
endeten an eitriger Angiocholitis mit multiplen Abszessen. Verf. schliesst
aus diesen Resultaten, dass die Krause sehe Operation keine besonderen
Garantien bietet, und hebt die Bedeutung der abgeschwächten Infektionen
der Gallen wege bei der Bestimmung einiger Zirrhoseformen hervor: was die
guten Resultate erklären kann, die die Cbolezystostomie in diesen Formen
von Gallenzirrhose geben kann.
Ceccherelli (5) gibt ausführlich die Krankengeschichte von drei an
Leberzirrhose leidenden und von ihm mit der Omentopexie operierten
Individuen, bei denen er in zwei Fällen bedeutende Besserung erzielte.
Sodann stellt er einige Betrachtungen über die drei operierten Fälle
und die Technik der Palmaschen Operation an und schliesst dahin, dass
trotz der durch dieselbe herbeigeführten bedeutenden Vorteile das Problem
der chirurgischen Behandlung der Leberzirrhosen mit ihr nicht gelöst ist.
Cernezzi (6) macht auf die Vorteile der Magnesiumstützen bei der
mittelbaren intrahepatischen Ligatur nach Ceccherelli aufmerksam und
erklärt dieselben für empfehlenswert, sei es wegen der Leichtigkeit ihrer Her-
stellung, sei es wegen ihrer Elastizität und Widerstandsfähigkeit und der
vollständigen und konstanten Resorption, die bei ihnen in den lebenden Ge-
weben erfolgt (wie Verf. bei vier Versuchen an Kaninchen gefunden hat).
Nach Erwähnung einiger von ihm operierter Fälle von Echinococcus-
zysten der Leber macht Senni (7) auf die wirklichen diagnostischen Schwierig-
keiten und die schwierigen therapeutischen Aufgaben aufmerksam, die der
Chirurg zuweilen zu lösen hat. Er erzählt ausführlich die Krankengeschichte
einer Patientin, die Trägerin einer an der unteren Fläche der Leber, und
zwar an dem Hilus des Organs sitzenden Echinococcusblase war, welche die
grossen Blut- und Gallengefässe verschoben und emporgehoben hatte, ohne
jedoch Zirkulationsstörungen an dem Portalsystem oder an der Gallenleitung
zn verursachen. Die einzigen Symptome, über die Patientin klagte, waren
schwere Magenunordnungen, wegen deren sie lange in einer Klinik behandelt
worden war, wo erst nach drei Monaten eine Anschwellung offenbar wurde,
die dem Pylorus angehörend beurteilt wurde, und wegen deren sie nach der
chirurgischen Abteilung überführt wurde, wo Verf. Dienst leistete.
Die Operation war sehr mühsam, da die Zyste wegen ihrer tiefen Lage
nicht an die Bauchwunde angenäht werden konnte. Verf. beschreibt die Art
und Weise, wie er sie total ausschälen konnte, ohne sie zu zerreissen und
ohne irgend eines der vielen Blut- und Gallengefasse zu verletzen, die sie,
wie ausgespannte Stricke, an der unteren Leberfläche befestigten. Die Pylorus-
portion des Magens, der enorm erweitert gefunden wurde, war durch Ver-
918 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
wachsongen mit der Wand der Echinococcusblase verknüpft und konnte eben-
falls frei gemacht werden.
Die Kranke befand sich ungefähr ein Jahr lang wohl, indem sie Appetit
und Kräfte wiedererlangt und die Schmerzen und Magenstörungen aufgehört
hatten, als sie über neuerliche Schmerzen unter dem linken Hypochondrium
zu klagen begann, wegen deren sie sich von neuem untersuchen Hess.
Verf. fand einen Echinococcus der Milz, weshalb er die Splenektomie
vorschlug und ausführte. Die Kranke genas endgültig. Die abgetragene Milz
zeigt eine umfangreiche, an der vorderen Wand sitzende Zyste, welche allein
zu sein schien und bei der Operation fast dazu herausfordert«, das Organ zu
schonen, um sie an der Bauchwunde zu befestigen. Verf. tat es nicht, da
ihm die Erfahrung eines anderen beobachteten Falles, in dem er ein Rezidiv
bekam, zur Splenektomie entschied. Und es war gut so, da bei der Durch-
schneidung des Organs noch drei kleine Echinococcuszysten gefunden wurden,
die bei intaktem Organ nicht nachweisbar waren.
Verf. schliesst mit der Behauptung der grossen Überl^enheit der Ex-
stirpation der Milz über die Befestigung und Drainage der Echinococcuszysten
und möchte diese letztere nur für die Fälle reserviert wissen, in denen die
ausgedehnten perisplenischen Verwachsungen die Splenektomie schwierig und
mühsam gestalten sollten.
Verf. teilt auch einen Fall von gestielter Echinococcuszyste der unteren
Leberfläche mit, ein Fall, der Interesse hat, sei es wegen der Seltenheit ana-
loger Beispiele, sei es wegen des Symptomenkomplexes, mit dem sie auftrat.
Es handelte sich um eine Kranke mit einem rundlichen Tumor mit glatter
Oberfläche und elastischer Konsistenz, welcher längs der Mittellinie in nächster
Nähe des Nabels sass und in transversalem Sinne äusserst beweglich war,
wenig in longitudinalem Sinne. Beim Versuch, ihn gegen eine der Seiten
des Leibes zu verschieben, sah man ihn unter Beschreibung eines Kreisab-
schnittes gegen das entsprechende Hypochondrium hinaufsteigen. Auch in
diesem Falle bestand Vergrösserung des Magenareals.
Man fühlte keinerlei Stiel zwischen Leber und Geschwulst. Aus diesem
Grunde wurde die Annahme, dass es sich um eine gestielte Zyste der mitereo
Leberfläche handle, unter die Wahrscheinlichkeiten zugelassen, aber nicht
behauptet.
Nach Ausführung der Laparotomie fand man die Echinococcuszyste mit
der vorderen Fläche der Pylorusportion des Magens verwachsen und mittelst
eines langen Stiels aus Lebersubstanz mit dem vorderen Rand der Leber zu-
sammenhängend. Dieser Stiel wurde zwischen zwei Ligaturen reseziert and
an dem oberen Winkel der Bauchwunde befestigt; die Cyste wurde exstirpiert
Die Frau heilte vorzüglich und klagte nicht mehr über irgend welche Be-
schwerden.
Bei einem ersten Individuum im Alter von 23 Jahren mit dem klini-
schen Bilde der Gallensteine nahm D'Urso (8) nach Eröffnung des Ab-
domens, da er durch Abfühlen der Gallenwege nirgends den Sitz von Steinen
hatte entdecken können und zu gleicher Zeit Infektion der Gallenwege be-
stand, erstzeitig die Gholezystotomie vor; in zweiter Zeit führte er nach
Korrektion der Infektion nach einem Monat die Cholezystienterostomie ans
mit vollkommener Heilung.
Pat. hatte nach einigen Monaten eine erneute Leberkolik und befindet
sich seitdem bis heute, nach 2Vs Jahren, vollkommen wohl.
Pageo siecher, VerletzuDgen a. chirarg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 919
Im zweiten Falle hat er die Choledochotomie mit nachfolgender Chole-
dochorrhaphie vorgenommen wegen eines Steines in den Dimensionen von
18 X 15 nun, der in dem Choledochus dem oberen Rand des Duodenums
entsprechend eingekeilt war. Glatte Heilung.
Im dritten Falle handelte es sich um eine gangränöse Cholezystitis mit
Steinen and schwerer Infektionen der Gallenwege bei einer Frau, die sich
in kläglichem Zustande befand. Die Gallenblase ist an der Stelle des gangrä-
nösen Fleckes aufgebrochen in dem Moment, wo die Leber emporgehoben
wurde, um den Hilus blosszulegen. Die Gallenblase war von ihrem Grund
bis gegen den Hals durch ein vollständiges Septum in zwei seitliche Höh-
limgen getrennt; die beiden Höhlungen kommunizierten dem Halse entspre-
chend. Er machte die Cholezystotomie dem gangränösen Fleck entsprechend
und die Cholezystotomie entsprechend der rechten Abteilung der Gallenblase.
Die Pat. hatte Entleerungen mit gefärbtem Stuhl am dritten Tag, ist aber
am siebenten Tage an Pneumonie am unteren Lappen der rechten Lunge
gestorben, wie bei der Obduktion konstatiert wurde.
n. Nachtrag.
Kehr, Technik der GallensteinoperatioDen. Lehmanns Verlag. München 1905.
Kehr gibt in einem dicken Bande die in seiner Klinik geübte
Technik der Gallensteinoperationen bekannt. Die Vorbereitungen zu einer
Gallensteinoperation, die Technik der Gallensteinoperationen, die allgemeine
nnd die spezielle, die Nachbehandlung der Gallensteinoperationen und die
Erfolge der Gallensteinoperationen, das sind die vier Hauptteile, in die das
Bach zerfällt Das Buch stützt sich auf die Erfahrungen, die Kehr bei
1000 Gallensteinoperationen erwarb und es ist ganz selbstverständlich, dass
darin eine grosse Bedeutung des Buches liegt, die durch die klare Auffassung
der einschlägigen Verhältnisse und Fragen und durch die klare Darstellung
noch wesentlich erhöht wird. Der Fachmann wird mit Interesse lesen und
der praktische Arzt viel daraus lernen können. Ein Eingehen auf den
speziellen Inhalt verbietet aber der Umfang des Buches. Eine grosse Anzahl
von Krankengeschichten dienen zur Erläuterung der Abhandlung über die
einzelnen Punkte.
920 Jahresbericht fttr Ghimrgie. IL Teil.
xvn.
Die Verletzungen und chirurgischen Erkrankungen
der Milz.
Referent: AcMlles Müller, Basel
Die mit * yersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
Terletzungen.
1. Auvray, Roptnre traumatique de le rate. La presse m^. 1905. Nr. 3.
2. Fontoynont, Rupture traamatique d*nne rate. Ball, et m6m. de la Soc de chir.
T. XXXL 2.
3. Graf, Ein Beitrag zur Kenntnis der Milz Verletzungen und deren Therapie. MCLncb.
med. Wochenschr. 1905. Nr. 44.
4. Lud low, Suture of the spieen for traumatio haemorrhage. Annais of Surgery 1905.
Nr. 6.
5. Neck, Subkutane Zerreissung der normalen Milz. Münch. med. Wochenschr. 1905.
Nr. 11.
6. *Romann, Ober einen Fall von subk. Milzruptur. Diss. Manchen 1904.
Auvray (1) hat in einem Fall von traumatischer Milzruptur sich die
Exstirpation des zerrissenen Organs durch eine Methode erleichtert, die sich
ihm auch schon bei einer Leberverletzung bewährt hat und über die er am
französischen Ghirurgenkongress 1903 referierte.
Medianer Laparotomieschnitt , dazu im Winkel Schnitt parallel dem
Rippenbogen. Dann Resektion des knorpligen unteren Thoraxrandes in einer
Ausdehnung von zirka 10 cm. Zu achten ist namentlich auf eine Ablösung
der Muskulatur hart an der Hinterfläche der resezierten Knorpelteile, wo-
durch eine Eröffnung der Pleura vermieden wird. Den Erörterungen zu
Grunde liegt ein Fall von Milzruptur bei einem Artisten infolge von Stun
mit einem Fahrrad aus einer Höhe von zirka 4 Metern und Aufschlagen des
Bauches über die Lenkstange. Operation zirka 20 Stunden nach der Ver-
letzung. Exstirpation der Milz. Drainage. Heilung.
Aus der französischen Literatur kennt Auvray im ganzen 10 Fälle
von Milzverletzungen, die geheilt sind, davon 8 subkutane.
Fontoynont (2) beschreibt einen Fall von Ruptur der Milz und Zer-
trümmerung des Pankreasschwanzes bei einer 28 jährigen Frau, die an Malaria
litt. Sie war durch die Deichsel eines Handwagens in die linke Seite ge-
stossen worden und fiel nach einigen Schritten ohnmächtig um. Operation
2 Stunden nach der Verletzung bei deutlichen Zeichen innerer Blutung und
starker Auftreibung im Unterleib, die an den graviden Uterus erinnerte.
Ausgedehnte mediane Laparotomie mit Hilfsschnitt entlang dem linken Rippen-
bogen wies grosse Blutungen im Unterleib nach. Milzarterie verletzt, unteres
Drittel der grossen, am Zwerchfell mehrfach verwachsenen Milz zertrümmert,
ebenso Schwanz des Pankreas. Abtragung der Milz und des zertrümmerten
Maller, Verletzungeii und chirarg. ErkronkuDgen der Milz. 921
Pankreasstückes vor Klammern, die liegen bleiben. Tamponade. Infusionen.
Injektionen von Chinin. Heilung kompliziert durch eine Pankreasfistel, die
sich spontan schliesst. Bei den in dem Falle vorgenommenen Blutunter-
sucbmigen fallt eine Vermehrung der Leukozyten und ein bemerkenswerter
Reichtum an kernhaltigen roten Blutkörperchen auf. Verfasser betont den
Wert von systematischen Cbinininjektionen bei allen Operationen in Malaria-
gegenden.
Graf (3) berichtet über drei Fälle von Milzverletzungen, durch Exstir-
pation der Milz behandelt. Es handelt sich um zwei Milzschüsse quer durch
das Parenchym — eine typische Verletzung bei Tentamen suicidii — von
denen der eine 5 V«f der andere 6 — 7 Stunden nach der Verletzung zur Ope-
ration kam. Nur der letztere genas.
Die dritte Beobachtung betrifft eine Milzruptur durch Fall aus einer
Höhe von 4 Meter auf den Bauch. Exitus.
Im Anschluss an die Fälle Besprechung der Diagnostik und Therapie
der Verletzung. Zu erwähnen ist daraus die Empfehlung häufiger Rektal-
messungen nach der Verletzung.
Jede intraabdominale Blutung macht steigende subfebrile Temperaturen,
der Austritt von Darminhalt verursacht noch weitere Steigerungen.
Im zweiten Falle verlief die Rekonvaleszenz und die Rückbildung der
anämischen Zustände auffallend glatt, was möglicherweise auf eine bei der
Operation sorgfältig geschonte Nebenmilz bezogen werden kann.
Ludlow (4) berichtet über einen Fall von Messerstichverletzung der
Milz. Je ein Einstich im neunten und im elften Interkostalraum links, ent-
sprechend der mittleren Axillarlinie. Das Zwerchfell war von seinem Rippen-
ansatz abgetrennt, die Pleura eröffnet; durch beide Wunden Vorfall von Netz;
Resektion des letzteren. Von einer Verlängerung der unteren Wunde aus
Naht eines 4 cm langen, blutenden Milzrisses. Naht der Zwerchfellwunde.
Drainage. Heilung.
Neck (5) referiert über einen Fall von subkutaner Ruptur der normalen
Milz. Der 16jährige Patient war vom Fahrrad gestürzt und hatte mit der
linken Körperseite sich auf die Kante eines Bordsteines heftig aufgeschlagen.
Laparotomie und Exstirpation der Milz 48 Stunden nach der Verletzung.
Ans dem klinischen Bild des Falles ist zu erwähnen ein sehr spätes Auftreten
von Blutungssymptomen und das vollständige Fehlen der Bauchdeckenspannung.
In der Milz findet sich ein Längsriss in der unteren Hälfte. Heilung.
Blutuntersuchung nach der Heilung ergibt eine massige Anämie und
eine Vermehrung der Lymphozyten. Einzelne vergrösserte Lymphdrüsen am
Hals und in Inguine.
Im Anschluss an die Krankengeschichte Besprechung der Klinik der
Milzruptur.
Akute Entzfindungen.
7. Esaa, Milzabscess nach Typhus. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 28.
8. FedermauD, Posttyphöser Milzabszess. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 16.
Referate Aber die Demonstration in der freien Vereinigung der Chirurgen Berlins im
Zentralblatt für Chir. 1905. Nr. 13. Berliner klin. Wochenschr.' 1905. Nr. 16.
9. Harrington, Abscess of the spieen in enteric fever. Lancet 1905. V. II. Nov. 11.
Federmann (8) bespricht einen operativ geheilten Milzabszess in der
achten Woche eines Typhus abd. Die Diagnose wurde aus einer basalen
922 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
eitrigen Pleuritis und Vorwölbung des Zwerchfells, konstatiert bei Behandlung
der ersteren mit Rippenresektion, sowie aus der hohen Leukozytose zunächst
auf subphrenischen Abszess gestellt. Die Höhle enthielt ca. 300 com Eiter
mit nekrotischen Fetzen, die obere Hälfte der Milz war nekrotisch and wurde
entfernt. Tamponade.
Für die Diagnostik ist nach Federmann die hohe Leukozytose bei
fehlenden Temperaturen und die basale Pleuritis besonders wesentlich. Die
Operation ist einzeitig auszuführen. Die Prognose ist im ganzen gut nach 30
in der Literatur publizierten Fällen.
Es au (7) erinnert im Anschluss an die Mitteilung von Federmann
an einen von letzterem nicht angeführten, von ihm bereits 1903 in seiner
Dissertation publizierten Fall von Milzabszess nach Typhus, zirka 2 Monate
nach Beginn der Erkrankung auftretend und durch Inzision geheilt. Die
Diagnose wurde gestellt. Im Eiter wurden Typhusbazillen in Reinkultur nach-
gewiesen. Für die Diagnose weist Es au besonders auf die ausbleibende Re-
konvaleszenz nach Abklingen der primären Erkrankung hin.
Harrington (9) referiert über zwei Fälle von Milzabszess bei Typhus
mit einer Heilung.
Im ersten Fall einer 46jährigen Frau Auftreten ungefähr zwei Monate
nach Beginn der Erkrankung. Diagnose erst nach dem an Darmblutung er-
folgten Tode durch die Sektion. Der Abszess höhlte tatsächlich das ganze
Organ aus. Kulturell Staphylococcus pyogenes aureus und Typhusbazillen.
Der zweite Fall betrifft einen 33jährigen Mann. Auftreten des Ab-
szesses ungefähr um den 58. Tag der Erkrankung in einem Rückfall. Dia-
gnose nur vermutungsweise. Operation mittelst Resektion der 12. Rippe.
Kleiner Abszess am unteren Ende der Milz, umgeben von Verwachsungen mit
der Niere. Kulturell Staphylokokken und Streptokokken.
Chronische Entzündungen.
10. Dufoar, Les pierres de la rate. Vortrag in der Soc. m^d. des höp. 17. Mftrs 1905.
Gazette des hdpitaux 1905. Nr. 33.
11. Robert, Syphilis de la rate. Thtee. Ref. Joom. de m4d. et de chir. 1905. Nr. 22.
12. Vallas, Hypertrophie de la rate. Reyne de Chir. 1905. Nr. 3. p. 421.
Dufour (10) spricht über Milzsteine. Der Befund wurde bei einem
Pat. erhoben, der wegen chronischer Bronchitis und Emphysem in Behand-
lung gestanden hatte und auch alte tuberkulöse Veränderungen aufwies.
Die Milz ist nicht vergrössert und enthält kirschkerngrosse sphärische
oder leicht höckerige Körper, die leicht sich enukleieren, von einer dicken
Kapsel umgeben sind und im Innern aus Kalksalzen bestehen. Sie sind analog
den Lungensteinen. Demonstration von 5 Exemplaren. Die Leber enthält
1 — 2 analoge kleine Gebilde.
Der Redner nimmt eine Verkalkung, wahrscheinlich tuberkulöser Natur,
als Ursache dieser eigenartigen Bildungen an.
Der kleine Artikel (11) weist auf die Bedeutung der Milzvergrössenmg
für die Diagnose der kongenitalen Syphilis hin, wie sie neuerdings wieder in
einer These von Robert und von Marfan betont wird und wie sie unter
Umständen, mit Anämie gepaart, das einzige Symptom darstellen kann. Für
die Behandlung ist sowohl die Schmierkur (1—3 g), der Liquor van Swieten
(20--60 Tropfen 2—3 mal) und Jodkali 0,2-0,3 p. d. zu empfehlen.
M All er, Verletzaogen and cbinirg. Erkrankungen der Milz. 923
In der Lyoner SociöM de Chirurgie, Sitzung vom 2. Februar 1905,
demonstriert V alias (12) eine von ihm exstirpierte Milz von 1700 g Ge-
wicht. Sie stammt von einem 20 jährigen Mädchen, bei dem sie seit dem
5. Jahre wuchs. Die Diagnose schwankte zwischen Tumor, Tuberkulose und
Bantischer Krankheit. Malaria, Leukämie und Lues wurden ausgeschlossen.
Die Indikation war g^eben durch Verschlechterung des Allgemeinbefindens
nnd Ödeme der Beine.
Makroskopische Diagnose: Tuberkulose. Eine mikroskopische Unter-
suchung soll noch folgen.
Hyperplasien.
13. Emile- Weil, P., et A. Giere, Diagnostic des spl^nom^ftlies chroniques. Gaz. des
höp. 1905. Nr. 187.
14. ^Gilbert-Lerebonllet, La maladie de Banti existe-i-elle? Revue de M^. 1904.
10 D6c Ref. Arch. g^n. de m^. 1905. Nr. 5. p. 300.
15. üofbaner, Zar Frage der Genese des akuten Milztumors. Wiener med. Wochen-
achr. 1905. Nr. 2.
16. Jonnescu n. Rainer, Malariamilz. Latente Infektion mit Plasmodium vivaz.
Splenektomie. Sumpffieberanfälle nach dem Eingriff. Rer. Stiintzelov Med. 1905. Nr. 2.
(Ramftnisch.)
17. LeTi-Sirngne, Zusammenhang von Milz- nnd Lebererkrankungen. Gaz. des h6p.
1905. Nr. 23.
18. Lindner, Znr Frage der chir. Eingriffe bei lienaler Leukämie. Deutsches Arch. f.
klin. Med. 1905. Bd. 85.
19. Richardson, Splenectomy for myelogenons leukaemia. Annais of Surg. 1905. Nov.
20. Schiassi, La splenocleisi nella cura dell' anemia splenica. Atti della Societä italiana
dl chirurgia. V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
21. Simmonds, Zur Frage der Bantikrankheit. Med. Blätter 1905. Nr. 20.
22. Steven, Gase of enlargement of the spieen and liver in a child the second ease in the
same family. Glasgow med. Joum. 1905. July. Vol. 64. Nr. 1.
23. Strickland, Hodgson and Anderton, Banti*s disease. Lancet 1904. Vol. IL Oct
24. Um her, Zur Pathogenese der B an tischen Krankheit. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 55
Festschrift f. Naunyn.
Emile-Weil und Clerc (13) geben ein System der chronischen Milz-
tumoren.
Sie unterscheiden:
A. Milz-Lymphdrüsenkomplex; findet sich bei
a) Blutkrankheiten:
1. Leukämie; myelogene Form mit grossem Milztumor, lymphatische
Form mit vorwiegenden Drüsenschwellungen;
2. Pseudoleukämie ist eine aleukämische Lymphozytämie (Vaguez
und Ribierre) respektive eine lymphatische Lymphadenie oder
aleukämische Lymphomatose (Emile-Weil und Clerc). Sie ist
eine Vorstufe der wirklichen Lymphämie.
Aleukämische Myelämie ist bis jetzt nicht bekannt.
fiei malignem Wachstum findet sich im Blute eine Vermeh-
rung der polymorphkernigen Elemente, mit oder ohne Eosinophilie,
selten Zunahme der Lymphozyten oder gar der Myelozyten: maligne
atypische Lymphome oder Lymphosarkom;
b) Infektionskrankheiten: chronische Infektionen mit Eitererregem und
tertiärer Syphilis.
B. Leber-Milzkomplex.
924 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Verff. nehmen bei dieser Gruppe die Leber als das primär erkrankte
Organ an. Vorkommen bei:
a) Blutkrankbeiten : Leukämie (speziell Myelämie) und Pseudoleukamie;
b) Leberaffektionen:
1. Zirrhosen: Fast regelmässig bei der H an ot sehen Zirrhose; als
forme hypersplenomegalique (Gilbert und Fournier) bei Kin-
dern, verbunden mit Wachstumsstörungen.
Bei Gallengangzirrhosen infolge chronischer Cholangitiden,
seltener bei alkoholischen Zirrhosen und nur ausnahmsweise bei
zirrhotischer Fettleber.
Asystolie ä forme splenique (Oulmont und Ramont) ist
eine Milzschwellung bei Stauungsleber;
2. Chronischer Ikterus:
Ictere chronique splenomSgalique (Hayem und Levy), eine
in schmerzhaften Anfällen auftretende Form. Dieselben Verfasser
beschrieben eine ^^spleuom^galie mötaict^rique^, einige Zeit nach
einem Ikterus auftretend, unter dyspeptischen und hämorrhagischen
Erscheinungen.
Endlich Vorkommen des Komplexes bei chronischer Cholan-
gitis ohne Ikterus.
c) Infektionskrankheiten:
1. Chronische Infektionen mit Eitererregem;
2. Milz- und Lebertuberkulose; andere, namentlich Lungenherde fehlen;
meist besteht Tuberkulose der serösen Häute und besonders des
Peri- und Endokards;
3. Malaria;
4. Hereditäre Syphilis;
5. Amyloid.
C. Reiner Milzkomplex:
Hierher die Fälle von Spl^nomegalies primitives (Debove und
Brühl und Anaemia splenica (Strümpell). Die Blutuntersuchung
trennt 2 Gruppen:
a. Die Milzschwellung mit Vermehrung der roten Blutkörperchen (6 bis
10000000) und häufig mit Zyanose;
ß. Mit Anämie (Anaemia splenica). Beide Gruppen entsprechen nicht
genau abgegrenzten Krankheitsbildem.
Der reine Milzkomplex kommt vor bei:
a) Blutkrankheiten:
1. Bei Leukämie, speziell der myelogenen Form.
2. Mit Anämie und Lymphozytämie. Diese Abart entspricht ge-
wissen Formen von Pseudoleukamie;
3. Mit Anämie und Myelämie (Emile Weil und Clerc), grosser
Milztumor; rote Blutkörpereben 3000000—12000000, massige
Myelämie; Normoblasten und Megaloblasten.
Ursache :
a) Ein Zustand, der mit einer myelogenen Pseudoleukamie ver-
wandt ist;
ß) Eine lymphatische Pseudoleukamie oder ein beginnendes
Lymphosarkom mit Reaktion im Knochenmark (Pappenheim);
Möller, Verletzungen und chimrg. Erkrankungen der Milz. 925
y) Eindringen einer bösartigen Geschwulst in das Knochenmark
oder die Milz (Reizungsmyelozytose der deutschen Autoren).
4. Jaksch-Luzetsche Krankheit oder Pseudoleukämie der Säug-
linge ist die infantile Form der vorhergehenden. Einzelne Fälle
werden zu echter Leukämie. Bei Säuglingen kommen für die
Ätiologie ausserdem in Betracht: Infektionen, Syphilis, Malaria,
Tuberkulose, Verdauungsstörungen, Rachitis.
b) Leberkrankheiten : Die bei einer Menge derselben scheinbar primäre
oder vorwiegende Milzschwellung, wie sie bei den verschiedenen
Typen des Leber-Milzkomplexes bereits erwähnt wurden, nehmen
Verfasser mit Gilbert und Lereboullet(14) trotzdem als sekun-
där an und zweifeln damit auch an der Individualität der Banti-
schen Krankheit. Alle hierhergehörigen Milzschwellungen sind Leber-
milzen (Rates h6patiques);
c) Infektionskrankheiten:
1. Malaria;
2. Andere Tropenkrankheiten (Verruga, Kala-Azar);
3. Tuberkulose;
4. Hereditäre Syphilis: betrifft die Milz besonders häufig und hoch-
gradig (Marfan);
5. Amyloid, welches ebenfalls häufig auf Syphilis beruht, aber auch
auf anderen Infektionen;
6. Chronische^ nicht spezifische Milzentzündungen. Darauf mögen
die bei Kindern so häufigen Milzschwellungen bei Rachitis und
chronischen Magen-Darmkatarrhen beruhen. Auch bei Erwach-
senen kommen derartige^ ätiologisch nicht recht bestimmbare
Milzschwellungen vor, auf die man die Bezeichnung primäre Milz«
tumoren, Splenomegalies primitives (Debove und Brühl) an-
wenden könnte.
d) Tumoren der Milz: z. B. das Epitheliom oder Gau eher sehe Krank-
heit; Sarkome etc.;
e) Zysten (Echinococcus und zystische Tumoren).
Die Splenektomie halten Verff. für absolut kontraindiziert bei Leukämie,
Syphilis und allen Fällen von Lebermilz. Bei Tuberkulose, bei Echinococcus,
häufig bei Malaria und Gau eher scher Krankheit bietet dagegen die Ope-
ration Chancen; Banti empfiehlt sie bei dem von ihm beschriebenen Sym-
ptomenkomplex. Neuerdings haben sich durch die Einflüsse der Röntgenbehand-
lung der Leukämie neue Gesichtspunkte ergeben.
Levi-Sirugue (17) bespricht den Zusammenhang zwischen Leber-
und Milzveränderungen. Derselbe wurde lange Zeit rein mechanisch als Folge
von Zirkulationsstörungen im Pfortaderkreislauf aufgefasst. Später nahm man
fär die Erkrankung beider Organe eine gemeinsame Ursache an. Im Gegen-
satz dazu sah C harr in in der Milzhypertrophie eine Kompensation der ge-
störten Leberfunktion. Chauffard dagegen nimmt entzündliche Verände-
rungen der Leber an, deren Ursache in der Milz gelegen ist. Zu den klinischen
Krankbeitsformen, welche für letztere Auffassung sprechen, gehört auf dem
Gebiete der atrophischen (portalen) Zirrhosen in erster Linie die B an tische
Krankheit, von der gewisse Fälle bekanntlich nach Entfernung der Milz
bellen. Damit verwandt sind Tatsachen, wie sie in einer besonders typischen
Beobachtung von Lessenet und Leaderich publiziert worden sind unter
926 Jahreabericbt für Chirurgie. II. Teil.
dem Namen: ^Hypertrophische Zirrhose der Milz und portale Zirrhose der
Leber, auf Malaria beruhend^.
Unter den biliären hypertrophischen Zirrhosen haben Gilbert nnd
Fournier auf eine spezielle Form aufmerksam gemacht, die sie entsprediend
der Gewichtigkeit der Milzvergrösserung ^^Forme hyperspl6nomegalique^ nennen.
Sie kommt besonders bei jugendlichen Individuen vor und verläuft mit Knochen-
und Gelenkveränderungen und Beeinflussung der Entwickelung. Der Ursprung
der Krankheit sitzt in der Leber, die Milz ist eine Lebermilz (rate höpatique).
Im Gegensatz dazu nimmt Boix eine primäre Milzerkrankung an.
Allen Möglichkeiten sucht eine Einteilung nach Chauffard gerecht zu
werden. Er unterscheidet: I. eine Forme splenomögalique (gleichzeitiges Be-
stehen von Leber- und Milzerkrankung): die meisten Fälle von Uanot-
(Char cot-) scher Krankheit. 11. Forme pr6splenom6galique (Leber vor der
Milz ergriffen und hochgradiger erkrankt): hierher die biliäre Zirrhose cho-
langitischen Ursprungs mit sekundärer, leichter Milzschwellung. Damit iden-
tisch die Forme microspl6nomegaIique Gilbert und Fournier. III. Forme
metasplenomegalique (Milz primär und stärker erkrankt) : entspricht der Hyper-
splenom^galie Gilbert und Fournier, einer portalbiliären Zirrhose lienalen
Ursprungs mit primärem Milztumor.
Mit den biliären Zirrhosen sind verwandt Fälle von chronischem infek-
tiösem Ikterus mit Milzschwellung, wie sie Hayem beschrieben hat, vielleicht
Anfangsstadien der hypertrophischen Zirrhose. Hierher gehören ferner die
exazerbierenden Ikterusformen mit Milzschwellung (Weil sehe Krankheit) nnd
die Fälle von Spätikterus mit Milzschwellung bei Syphilis (L. Bernard).
Neuerdings scheinen Beobachtungen von Milz-Lebertuberkulose die pri-
märe Infektion der erste ren zu beweisen, doch wird sowohl hier, wie bei
den oben angeführten Typen andererseits der Leber die Priorität zuge-
sprochen.
Für ersteren Modus sprechen die Experimente von Chauffard und
Castaigne, denen es gelang, durch Injektion in die Milz und namentlich
in die Milzarterie Farbstoffteilchen in die Leber gelangen zu lassen. Dasselbe
glückte ihnen mit tuberkulösen Massen.
Mit dem Nachweis der Priorität der Milzerkrankung ergibt sich als Kon-
sequenz die Splenektomie , die immer dann in Betracht kommt, wenn der
infektiöse Einfluss der Milz auf die Leber zu fürchten ist. Der Zusammen-
hang der Dinge ist nach Chauffard ein natürlicher Übergang von den soge-
nannten gemeinen Splenopathien (Gau eher etc.), ohne Reaktion der Leber,
über die Formen von chronischem, infektiösem Ikterus mit Milzschwellnng
(Hayem) nach den atrophischen, venösen Formen der Zirrhose (Banti) oder
zu den biliären, hypertrophischen Zirrhosen (Gilbert und Fournier).
Die Sphlenektomie ist eo ipso indiziert beider Banti sehen Krankheit;
bei den Malariaformen schon mit mehr Bedacht ; doch ist auch hier die Mor-
taUtät von 55 auf 6% gefallen. Kontraindikationen sind: hochgradige Schramp-
fung der Leber, ausgedehnte Verwachsungen der Milz, schwerer Aszites, Plen-
ritis, schlechtes Allgemeinbefinden.
Auf Grund der Erfolge der Milzexstirpation bei der Banti sehen Krank-
heit glaubt Lindner (18), dass die Erwägung dieses Eingriffes bei lienaler
Leukämie wieder in ein anderes Licht gerückt sei. Es würde sich dabei
weniger um die Heilung der Krankheit, als um einen symptomatischen Ein-
griff bei bestehenden Druckbeschwerden durch die vergrösserte Milz handeln.
Maller, VerletznngeD nnd ohirarg. Errkankungen der Milz. 927
Aaszolesen sind dazu mildere Fälle mit gutem Allgemeinbefinden, Milztumoren
ohne aasgedehnte Adhäsionen, die aber peinliche örtliche Störungen auslösen.
Lindner hat 1003 einen derartigen Fall mit Glück operiert, bei dem
die Diagnose erst während und nach der Operation gestellt wurde. Im Ver-
lauf zeigte sich in den leukämischen Erscheinungen eine wesentliche Besse-
rung. Aus der Literatur 4 Fälle von Heilung, 28 Todesfälle.
Richardson (19) bringt die Nachgeschichte eines geheilten Falles von
myelogener Leukämie. Splenektomie im Dezember 1900. (Publiziert von
Whitney, Annais of surgery, Mai 1901.) Das Blut war nach der Operation
normal. (Vor der Operation nicht untersucht, Diagnose nur aus der mikro-
skopischen Untersuchung der Milz.) 1904 Ausbildung eines Krankheitsbildes
von Tabes dorsalis. Tod nach einigen Monaten. Verf. zweifelt daran, dass
sowohl der günstige Verlauf nach der Operation, als dieser Ausgang auf den
Eingriff zu beziehen sei und rät dabei von letzterem ab.
Bei einem 23 jährigen Manne mit Malariamilz fanden Jonnescu und
Rainer (16) Plasmodien in geringer Zahl. Splenektomie. Nach 24 Tagen
typische Fieberanfalle mit sehr grosser Zahl Parasiten, die nach täglichen In-
jektion mit Chlorhydrosulfate de quinine verschwanden. Es soll dies das erste
experimentelle Dokument in der Frage über den Einiiuss der Operation auf
Evolution einer Infektion beim Menschen sein. Vor der Operation, trotz
Vorhandensein der Plasmodien im Blute, kamen keine Fieberanfälle vor.
Stoianoff (Vama).
Hofbauer (15) glaubt einen Beitrag zur Lösung der Frage nach der
Genese des akuten Milztumors geben zu können auf Grund von Beobach-
tungen bei einem Fall von Pal-Ebsteinschem Symptomenkomplex (Perioden
von anhaltendem Fieber, wechselnd mit Perioden subnormaler Temperatur,
schnelle Besserung in der anfallsfreien Periode, Verkleinerung der Milz, die
während des Fieberanfalls stark geschwollen ist; langsam progressive Anämie
bei negativem Blutbefund. Starke Anschwellung der Leber, flüssige Stühle,
terminaler hepatogener Ikterus. Die letzteren drei Symptome fehlten in der
Beobachtung Hofbauers).
Die Sektion ergab eine Tuberkulose der rechten Nebenniere, eine ;, sub-
akute und akute^ Tuberkulose der Milz mit starker Vergrösserung, Tuber-
kulose der retroperitonealen Drüsen.
In den anscheinend tuberkulösen Veränderungen waren Bazillen nicht
nachzuweisen, auch Impfversuche blieben negativ.
In der Milz fanden sich keine Einschmelzungsprozesse, auf die etwa die
Veränderung der Grössenausdehnung hätte bezogen werden können.
Die Grössenzunahme der Milz, hier, wie bei allen Infektionskrankheiten,
dürfte vielmehr auf eine Hyperämie, verursacht durch die Wirkung pyrogener
Stoffe, zurückzuführen sein.
Lindsay Steven (22) erwähnt einen Fall von Milz- und Leberver-
grösserung bei einem Kind, den zweiten Fall in der gleichen Familie. Er
glaubt, dass die Anaemia splenica der Kinder nicht ein abgegrenztes Krank-
heitsbild ist, sondern, dass oft Formen vom Typus, wie er bei Erwachsenen
vorkommt, beobachtet werden und, dass eine grössere Anzahl noch auf ange-
borener Syphilis beruhen. (Hutchinson.) Der kindliche Typus zeichnet
sieh nach Hutchinson durch Hämoglobinarmut aus. Die roten Blutkör-
perchen mehr oder weniger vermindert, ungleich gross und unregelmässig,
m\e kernhaltig. Vermehrung der Leukozyten, namentlich der grossen Lympho-
928 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
zyten, häuiig zahlreiche Myelozyten. Bei dem zwei jährigen Kind, das Steven
gesehen hat und dessen Bruder im elften Jahre nach dreijähriger Milzschwel-
lung gestorben ist, bestand neben der Milz- und Leberschwellung eine reine
Anämie massigen Grades^ ohne kernhaltige Zellen und ohne Vermehrung der
weissen Blutkörperchen. Rachitis und Syphilis auszuschliessen. Erhebliche
Besserung auf Eisen.
Auf Grund einer Beobachtung, die möglicherweise in das Gebiet der
B an tischen Krankheit gehört, kommt Simmonds (21) zu dem Schlüsse,
dass es eine anatomische Diagnose dieses Symptomenkomplexes nicht gibt.
Die Anämie kann durch Blutungen verschiedener Art bedingt sein. Die ver-
schiedenen Leber- und Milzveränderungen sind nicht charakteristisch, erstere
können überhaupt fehlen.
Strichland, Hodgson und Enderton (23) teilen einen Fall von
B an tischer Krankheit mit, der eine 46 jährige Frau ohne Heredität und
ohne Antezedentien betrifft und der im Anschluss an eine profuse Nasen-
blutung in ihre Beobachtung gelangte. Die Erkrankung verlief unter dem
Bild einer progressiven Milzschwellung und zunehmender Anämie. Der Milz-
tumor wurde fünf Jahre vor dem Exitus nach einer Entbindung entdeckt.
Gegen Ende des Lebens Hinzukommen einer Leberschwellung mit Ikterus und
Aszites.
Die bei der Sektion entnommene, enorm vergrösserte Milz war auf dem
Schnitt dunkelrot und zeigte eine auffallende Verdickung des bindegewebigen
Stroma und der Kapsel. Die Bindegewebswucherung war histologisch beson-
ders auffallend um die Arterien. Die Mal pighi sehen Körperchen waren
spärlich und klein und stellenweise vollständig fibrös umgewandelt. Weisse
und rote Blutkörperchen sehr spärlich vorhanden. Pigmentkörnchen nament-
lich in den bindegewebigen Partien.
Die Leber zeigt starke Bindegewebsvermehrung sowohl um die Pfort-
aderäste, als inter- und namentlich intraazinös. Stellenweise kleine Rundzellen-
infiltrate. Die Leberzellen sind auffallend klein und mehr oder weniger ver-
fettet. Auch in der Leber starke Pigmentablagerung.
Umher (24) beschreibt einen Fall von B an tischer Krankheit.
Bei einem 15jährigen, im übrigen gesunden Jungen, bei dem weder
hereditäre Lues, noch Tuberkulose, noch Alkoholmissbrauch in Frage kommen,
wurde durch acht Jahre hindurch primärer Milztumor und Anämie beobachtet.
Dazu kamen dann Nasenblutungen und beginnender Ikterus mit Leberschwel-
lung, zeitweise geringer Aszites. Während einer dreimonatlichen Beobachtung
unaufhaltsame Verschlimmerung des Allgemeinbefindens, der Müzschwellung,
des Ikterus und der Anämie. Die in diesem Stadium exstirpierte Milz er-
wies sich als hochgradig hyperämisch mit auffallenden Pigmentablagemngen
und erheblichem Zellreichtum der vergrösserten Follikel. Balkengewebe und
Venenwandungen sind nicht im Sinne der von Bauti beschriebenen Fibro-
adenie verändert. Die Leber, von der eine Probeexzision entnommen wurde,
erwies sich ebenfalls als stark hyperämisch, mit geringer periportaler Lymphe-
zytenanhäufung (wie in den Frühstadien der Zirrhosen). Das Parenchym ist
völlig normal, keine Gallenstauung.
Verf. beweist nun auf Grund seines Falles die Richtigkeit der Abgren-
zung der B an tischen Krankheit von den Leberzirrhosen und ihre Deutung
als ;, Wirkung einer chronischen Vergiftung, deren Ausgangspunkt nur in der
Milz liegen kann.^
M filier» YerletzuDgen und chimrg. Erkrankungen der Milz. 929
In wenigen Tagen nach der Splenektomie schwand der Ikterus, die Leber-
scbwellung kehrte innerhalb drei Wochen zur Norm und Allgemeinbefinden
and Blatbefund besserten sich zusehends. Nach drei Monaten war Patient
Tollständig gesnnd und konnte schwere Handarbeit verrichten.
Ans den Blutbefunden verdient erwähnt zu werden, dass der Hämo-
gk>bingehalt nach der Operation plötzlich zur Norm ansteigt; nur eine schnell
vorübergehende, leichte, sekundäre Anämie deutet auf den schweren Eingriff.
Die bei Gesunden nach Splenektomie beobachtete relative Lymphozytose
fehlt hier, dagegen besteht anfänglich eine beträchtliche Leukozytose, die vor-
zugsweise auf einer Vertnehrung der polynukleären Neutrophilen, sowie der
grossen Mononukleären beruht.
Die Milz hat in derartigen Krankheitszuständen offenbar eine Steige-
rung ihrer blutkörperchenzerstörenden Funktion erfahren. Nur so ist die
rapide Besserung der Anämie und das Schwinden des hämato-hepatogenen
Ikterus nach der Splenektomie zu deuten.
Ausgedehnte Stoffwechseluntersuchungen vor und nach der Operation
haben dann femer während des Bestehens der Krankheit einen rapiden —
offenbar toxogenen — Eiweisszerfall ergeben, der nur durch eine kolossale
Iberemährung (113 Kai. pro kg, 150 — 166 g Eiweiss) sich zur Not kompen-
sieren liess.
Nach der Operation dagegen liess sich ein normaler Eiweissansatz fest-
stellen.
Daneben ergab die Beobachtung der Purinkörperausscheidung — bei
pnrinfreier Nahrung — ein periodisches hohes Aufwärtsschwanken der Harn-
purine, das auf Einschwemmung von Leukozytenkemtrümmem aus der Milz
in die Pfortader und Leber zurückgeführt wird.
Über die Art der toxischen Quelle in der Milz ist z. Z. kein Urteil zu
fallen; die Protozoenbefnnde Marchands geben gewisse Anhaltspunkte.
Verf. hat dann noch an einem anderen, klinisch als B an tische Krank-
heit diagnostizierten Fall, durch Stoffwechseluntersuchungen die Diagnose be-
richtigen können. Es fehlte trotz konstanter VerschUmmerung des Zustandes
der toxische Eiweisszerfall und die hohen Werte der Hampurine. Dement-
sprechend wnrde auch von der Splenektomie abgesehen und der Fall kam
wider Erwarten zur vollständigen Heilung (allerdings mit bleibendem Milz-
tnmor). Vielleicht handelte es sich bei der Beobachtung um thrombotische Vor-
gänge im Pfortadersystem im Anschluss an eine in der Jugend überstandene
Skarlatina.
Schiassi (20) berichtet über zwei Fälle von Milzanämie, die mit einem
speziellen Verfahren des Verf. behandelt wurden.
Zu dem Zwecke, neue anastomotische Bahnen des Rückflusses für das
Milzblut zu schaffen und die Substitution des Bindegewebes an Stelle des
Milzgewebes zu erleichtem, nimmt er eine Tamponade um die Milz herum
Tor und lässt durch Granulation heilen.
Die beiden von ihm in dieser Weise behandelten Patientinnen haben
eine erhebliche Besserung gezeigt, während die medikamentöse Behandlung
wirkungslos gewesen war. R. Giani.
Zysten.
25. Bryan, Gysis of the spieen. Med. Newa 1905. July 22. 56. Jahresvei'sammlg. der
Americ med. Assoc.
26. Nftrdi, Solle cisti vere della milza. Rivist. venet di Scienze med. 1905. Faac. X.
Jabr«8b«rielit Ar Obirorgio 1906. 59
930 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
27. Powers, Mon-parasitic cysts of the spieen. 26. Jahresyersammlg. d. Amer. 8ar|
Assoc Med. News 1905. Aag: 12. p. 821.
28. Slatineana, AI., u. P. Galesescu, EchiDococcus der Milz. Bev. Stiintzelov Me«
Nr. 5. (RumftDisch.)
In der 56. Jahresversammlung der American medical Association sprich
Bryan (25) über Milzzysten. Dieselben kommen selten isoliert, also ohrn
ansJoge zystische Bildungen in anderen Organen yor. Man teilt sie ein i]
1. Dermoide (1 Fall von Audral), 2. einfache, seröse oder hämorrhagischi
Zysten, 3. Echinokokken. Besprechung der Symptomatologie. Für die Be
handlung wird vor der Punktion und vor partiellen Milzresektionen gewarnt
Unter echter Zyste dürfen wir nach Nardi (26) nur eine blasenartige
Bildung verstehen, deren Wände nur aus mit Endothel oder mit einer ode)
mehreren Epithelschichten ausgekleideten Bindegewebsmembranen bestehen
der Inhalt hat nichts mit dem Umstand zu tun, ob die Zyste eine echte isl
oder nicht.
Dies, um sie von den hämorrhagischen Zysten zu unterscheiden, die
Verf. in subkapsuläre (Hämatome) oder intrasplenische und extrakapsuläre
(Hämatome) teilt. Unter Anführung dann einer Kasuistik mehrerer Autoren
fasst er die Meinungen derselben in verschiedenen Kategorien zusammen:
1. Ruptur der Milz: kein Zusammenhang mit den Lymphgefassen; Ein-
klemmung des peritonealen Epithels infolge Hernie der Milz (Beneke,
Rahmdohr), der Lymphräume des Bindegewebes (Schmidt);
2. Einklemmung des peritonealen Epithels infolge Entzündung: im em-
bryonalen Leben (Rengghi), im postembryonalen Leben (Kühne);
3. Lymphatische Ektasien (Aschoff, Kühne);
4. Lymphatische Neubildungen (Fink, Otto).
Nach Anstellung einiger Betrachtungen legt er zwei von ihm beobachtete
Fälle von Milzzyste dar:
Autopsie: Milz mit normaler Kapsel ohne Narben; Hyperplasie der
Pulpa; eine einzige kugelige seröse Zyste mit durchscheinenden elastischen
Wänden: sie enhält neutrale, geruchlose, klare, zitronengelbe Flüssigkeit, die
nicht absetzt und in der Wärme koaguliert. Es werden Kulturen mit der-
selben angestellt und Bakterien erhalten, die sicherlich Verunreinigungen dar-
stellen. Untersuchung des Nierenparenchyms ohne Resultat. Die mikro-
skopische Untersuchung ergibt einige lymphozytenähnliche Körperchen und
Fetttröpfchen: die Flöckchen bestehen aus fibrinösem Netzwerk, welches
spärUche rundliche Zellen mit zentralem kugelförmigen Kern beherbergt.
Fixierung des Stückes in Formalin. Die Milz hat an Volumen zugenommen:
die Zyste ist nussgross, erhebt sich auf der Oberfläche des Organs, ungestielt,
von der Milzkapsel bekleidet. Die Zysten wand ist scharf abgegrenzt: zwischen
ihr und der Kapsel findet sich ein dünnes, leicht abtrennbares Gewebe.
Mikroskopische Untersuchung: die Schnitte des in Paraffin eingebet-
teten Stückes werden mit Hämatoxylin-Eosin und nach der Methode Ben da
gefärbt.
Das von der Zyste entfernt gelegene Nierenparenchym ist im Zustand
leichter Stauung; an der Peripherie der Zyste sind die Malpighischen
Follikel fast verschwunden und im Volumen zurückgegangen; die Mednllar-
stränge atrophisch, die Mischen der Pulpa haben längliche Form angenommen
und sind mit mehr oder weniger alterierten Blutkörperchen angefüllt. Die
Mttller, Verletzungen und ohimrg. Erkrankungen der Milz. 931
Trabekeln der Kapsel sind dicker als normalerweise und zwischen ihnen be-
finden sich weite Höhlungen (venöse und arterielle Ektasien), zuweilen mit
einer Lymphozytenmasse angefüllt. Die Zystenwand ist durchsetzt durch
wenige netzförmig angeordnete Lymphozyten und blasenartige Zellen mit
tingierbarem zentralem Kern; innerlich ist sie ausgekleidet durch Endothel
in kontinuierlicher einfachzelliger Schicht (seröse Zyste mit Endothelaus-
kleidung).
Die Genese ist fast mit Sicherheit auf Erweiterung der Lymphräume
zurückzuführen.
Von dem zweiten Fall fehlt die Geschichte ; es liegt ein in Alkohol und
Safranin gehärtetes Präparat vor, mit einer Höhlung an der Peripherie und
unter derselben zwei kleine Höhlungen.
In dem Parenchym beobachtet man im Zentrum Riesenzellen-Tuberkel.
Malpighische Körperchen normal; Blutstauung; einige Trabekeln zeigen
im Zentrum mit Endothel ausgekleidete, inhaltlose Höhlungen. Die Kapsel
ist unversehrt: die Parenchymschicht um die Zyste herum ist atrophisch mit
Hämorrhagie neueren Datums. Die Zyste ist ausgekleidet durch eine ein^
fache Endothelschicht ; die Wand ist dick und durch fibröses Bindegewebe
gebildet; kein Gefäss ist in Beziehung mit der Zyste.
Die Zyste ist genetisch auf lymphatische Ektasie zurückzuführen.
Verf. Bchliesst:
1. Die Genese, die man in vorausgehender Ruptur der Milz suchen
kann, ist häufig auf lymphatische Ektasie zurückzuführen.
2. dass die Lymphgefasse in den Trabekeln verliefen und um diese
hemm be&nden sich die von Kyber beschriebenen Räume. R. Giani.
Auf der 26. Jahresversammlung der Amerikanischen Chirurgengesell-
schaft referiert Powers (27) über nicht parasitische Milzzysten. Den Be-
trachtungen liegt ein Fall zu Grunde, der bei einem 18 jährigen jungen Mann
beobachtet wurde.
Innerhalb von 4 Jahren Ausbildung einer grossen Milzzyste unter pro-
gressiven Störungen des Allgemeinbefimdens. Die Zyste erwies sich bei der
auf Grund der gestellten Diagnose vorgenommenen Operation, sowie später
bei der Sektion wegen Verwachsungen als inoperabel. Durchgehende Drainage.
Exitus an septischer Allgemeininfektion, ausgehend von der Zyste, die autop-
tisch sich als hämorrhagische Zyste erwies.
Der Fall Slatineanus und Galesescus (28) betrifft einen 46 jähr.
Arbeiter, bei welchem seit einem Jahre eine Geschwulst des linken Hypo-
chondriums sich entwickelte. Bei der Punktion wasserklare Flüssigkeit. Der
Kranke wollte sich einer Operation nicht unterziehen.
Stoianoff (Vama).
Varia.
29. Arloing, Influence de la Bpltoectomie snr rinocolation intrapöriton^e de bacilles
tabercalenx en caltures homogänes. Vorgetragen in der 8oc. de Biol. 12. Febr. 1905.
Qaz. des höp. 1905. Nr. 18. p. 213.
30. C h i 1 d e , Wandering spieen. Haemorrbage witbin the capsule. Spleneotomy. Recovery.
Brit med. Jonm. 1905. II. Dec. 23.
31. Davis, Indications for tbe removal of the patbological spieen. 56. Versammlg. der
Amer. med. Absoc. Med. News 1905. July 22. p. 189.
32. Oestreicb, Oberlagerung der vergrOsserien Milz dnrcb Dickdarm. Berliner klin
Wochenschr. 1905. Nr. 44a.
59*
d32 JahreBbericht für Chirargie. IL Teil.
83. Rimabeaa-Debas, Lteions de la charpente fibro-^lastiqae de la rate daas les
spl^nopatbies. Ball, et mte. de la Soc. anat. de Paris 1904. Nr. 10. p. 857.
d4. SoQÜ^, Rate flottaDte coinddaiit avec nne ectopie da rein gaacbe. Grave d^höanc«
physiologiqae. D^capsalation partielle de ]a rate. Nephropexie. Gaeriflon. Revae
proY. de Ghir. 1905. Nr. 4.
85. Winckler, Ein Fall von Milzexstirpation wegen Aneorysma der Art. lienal. Zentnübl.
f. Ghir. 1904. Nr. 10.
Arloing (29) hat nachgewiesen, dass Splenektomie bei Kaninchen und
Meerschweinchen die Infektion mit Tuberkelbazillen begünstigt, indem die
entstehenden Lokalisationen im Netz nach intraperitonealer Injektion viel
hochgradiger werden als bei den Eontrolltieren. Hier und da kommt es sogar
zu Lungentuberkulose. Bei intravenöser Injektion wird die Aussaat durch
Splenektomie noch mehr begünstigt.
C bilde (30) referiert über einen Fall von Wandermilz, der einen höchst
eigenartigen Symptomenkomplex aufwies. Er betrifft eine 54jähnge Frau
und bot bis in alle Details das Bild einer linksseitigen Ovariabsyste mit Stiel-
drehung.
Bei der Laparotomie fand sich die Milz disloziert, in der linken Fossa
iliaca breit adhärent. Eine grosse Blutzyste war ihrer oberen Fläche ange-
lagert und zwischen Kapsel und Parenchym gelegen. Die festen Verwachsungen
des Organs und seine grosse Zerreisslichkeit machten die Totalezstirpation
nötig. Ungestörte Heilung, keinerlei Ausfallserscheinungen. Aus den Bemer-
kungen über den Fall geht hervor, dass die Beobachtung einzig in ihrer Art
ist; die 15 Blutzysten der Milz, die von Giulaceo gesammelt wurden, be-
trafen alle Malariamilzen. Verf. glaubt in seinem Fall die Blutung auf eine
Stieldrehung beziehen zu müssen. Die Fixation der Milz erfolgte dann durch
eine reaktive lokalisierte Peritonitis.
In der Beobachtung von Souli6 (34) handelt es sich um einen Zustand
schwerer, nervöser Depression mit Störung des Allgemeinbefindens. Im linken
Hypocbondrium ein beweglicher Tumor. Die Operation deckt den letzteren
als Milz auf. Die linke Niere etwas gesenkt. Die Milz wird nun nach Analogie
mit der Nierendekapsulation ihrer fibrösen Umhüllung so gut wie möglich
entledigt. Die Niere wird fixiert. Drainage. Heilung sowohl lokal als allgemein.
Milz nicht mehr zu fühlen.
Davis (31) spricht über Indikationen für der Exstirpation der kranken
Milz. Der Standpunkt des Redners ist aus dem Referat nicht ersichtlich.
In der Diskussion vorzugsweise kasuistische Mitteilungen, die vom Bericht-
erstatter nicht näher präzisiert werden.
Oestreich (32) hat sich auf Grund von 7000 Sektionen überzeugt,
dass die vergrösserte Milz gewöhnlich vor der linken Flexur gelegen ist; er
fand nur zwei Ausnahmen, bei denen einmal bei Tuberkulose, durch entzünd-
liche Verwachsungen, das andere Mal bei einer ulzerösen Endokarditis mit
Milzinfarkt, durch eine kongenitale Anomalie des Bandapparats eine Fixation
des wachsenden Organs bestand, welche dessen Wachstum hinter das Kolon
zur Folge hatte und zugleich eine Drehung in die Längsachse des Körpers
bewirkte. Diese Möglichkeit ist bei der diagnostischen Aufblähung des Kolon
zur Differentialdiagnose von Nieren und Milztumoren zu berücksichtigen.
Ribabeau-Dumas (33) berichtet in der Soc. anat. über die Ver-
änderungen der Milzkapsel bei Milzerkrankungen. Die normale Kapsel und
M Aller, Yerletzuogen und chirurg. Erkrankangen der Milz. 933
ihre Fortsetzung in die Trabekel gestattet gewisse Yolumschwankiingen der
Milz, wie sie physiologischerweise vorkommen. Grössere Schwellungen bedingen
Veränderungen im elastischen und muskulösen Gewebe der Kapsel.
Beim Menschen sind wenig glatte Muskelfasern vorhanden, dagegen ein
reiches Netz elastischer Elemente, die sich durch Septen und Septula bis
ins Innere der Follikel ausbreiten.
Akute Milztumoren gehen im allgemeinen mit blosser Kapselspannung,
ohne Verlust der Elastizität, einher.
Bei chronischen Milzschwellungen ist ein stärkeres Wachstum des
Tumors nur ermöglicht durch ein Schwinden der elastischen Fasern und die
dadurch veränderte Kontraktilität der Milz.
Die Follikel schwinden, während die fixen Bindegewebszellen wuchern
und die elastischen Elemente zum Untergang bringen.
Die Bindegewebsneubildung ist besonders hochgradig in Fällen von
Banti scher Krankheit.
Häufig konstatiert wird auch die Überschwemmung des Parenchyms
mit Pigment, das namentlich bei starker bindegewebiger Reaktion sich auch
in den Septen ablagert, an der Peripherie im ganzen mehr als in den
zentralen Partien.
Diese Verteilung glaubt Ribabeau auf die Lymphgefässe der Milz,
wie sie von Ryber beschrieben wurden, zurückführen zu müssen.
Winckler (35) berichtet über einen glücklich verlaufenen Fall von
Milzexstirpation wegen Aneurysma der Arteria lienalis.
Die Erkrankung betraf eine 25 jährige Diakonissin, die seit 6 Jahren
an abdominalen Schmerzanfällen mit Ohnmachtsattacken litt. Objektiv bestand
neben anämischen Symptomen ein grosser Milztumor. Die Exstirpation des-
selben gelang ohne Schwierigkeiten. Ligatur der fast taubeneigrossen Arterien
mit Seide. Mikulicz-Tampon.
4 Stunden post op. Nachblutung, die auf Kompressionsverband steht.
Die pathologisch-anatomische Untersuchung der Milz (Geh.-Rat Ponfick)
zeigte ausser Schlängelung des Hauptarterienstamms drei miteinander kom-
munizierende Aneurysmenteile. Milz im Zustand chronischer Blutüberfiillung
mit massiger Hyperplasie der Pulpa. Starke Induration der Trabekel.
Ätiologie unbekannt.
934 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. Teil.
xvm.
Die Verletzungen und ehirurgisehen Krankheiten der
Nieren und Harnleiter.
Referent: P. Ziegler, München.
Die mü * TerBehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Angeborene Missbildnngen.
1. Alglave, Ectopie pelvienne congenitale du rein droit. Soc. anat 1905. Nr. 7. p. 654.
2. Babes, Hypogenetische Nephritis. Sem. m^. Nr. 6. Ref. Deutsche med. Wochen-
schrift 1905. Nr. 8.
3. Bolewski, Johann, Über kongenitale Nierenmissbildungen. Dissertation. Wllrz-
burg. 1904.
4. Brnncher, Deuxidme obs. de rein en fer k cheTal. Ann. des mal. des org. g^n.-vr.
1905. 1 Nov.
5. Da 11 est» Anomalies renales. M^m. de la soc. anat. 1905. Mai. p. 391.
6. Faltz, Kurt, Angeborene Bildungs- und Lageanomalien der Nieren. Dissert Würz-
bürg 1904.
7. Fortescue-Brickdale, A note en congenit. dilat of the Ureters with hydro-
nephrose. The Bristol med. chir. journ. 1905. Nr. 89. Ref. Zentralbl. f. Chir. 1906. Nr. 2.
8. Hammerschlag u. Zangemeister, Beiderseitige Ureterverdoppelung. Ost- o. west-
preuss, Ges. f. Gyn. 8. U. 1905. Ref. Mftnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 39.
9. Herbst, Anomalie du rein. Möm. de la soc anat Jan. 1904. Ref. Ann. des maL
des org. g^n.-ur. 1905. Nr. 2. p. 109.
10. Hör and, Absence cong^nitale du rein droit, uretöre droit desserrant le rein ganche.
Lyon m^. 1905. Nr. 14. p. 718.
11. Huck, Karl, Über kongenitale Zystennieren. Dissert Freiburg 1904.
12. L ac a SS e , Imperforation anale, fusion de Turet^re et du canal d^ferent ä leur terminaison.
Soc. anat. 1904. Jan. Ref. Ann. des mal. des org. gön.-ur. 1905. Nr. 2. p. 130.
13. — Rein en fer k cheval. Soc. anat. 1904. Ref. Ann. des mal. des org. g^n.-ur. 1905.
Nr. 2. p. 109.
14. Lessing, Nierenstein. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 35.
15. Monod, Rein unique du cöt4 droit, a gauche coque calcaire r^pr^sentant le rein ab-
sent Absence totale de Turet^re gauche. Bull, et m^m. de la soc. de chir. 31. III. p. 82.
16. Moresco, Genitalanomalie und Nierenatrophie. Gaz. di ospedali Nr. 100. Ref.
Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 36.
17. NiclotetHeuyer, Sur un cas d'ectopie renale. BulL et m^m. de la soc anat
1905. Nr. 5.
18. Orth, Eongenitale Lage- und Bildungsanomalie der linken Niere. Zentralbl. f. Gyn.
1905. Nr. 1.
19. Pohlmann, Abnormalities in the form of the kidney and Ureter dependent on the
developpement of the renal bud. John Hopkins hosp. buUetin. 1905. Febr.
20. Rein felder, Fritz, Ein Fall von beiderseitiger Verdoppelung der Nieren und Ureteren.
Dies. München 1905.
21. Scharogorodsky, Moyssei, Zur Würdigung der Nierendystopie in anatomischer
und klinischer Beziehung. Dissert. Berlin 1905.
22. Thumim, MUudungsanomalien einfacher und überzähliger Ureteren beim Weibe. Berl.
klin. Wochenschr. 1905. Nr. 29.
23. Uteau, Uretöres en Y. Bull, et m^m. de la soc. anat 1905. Nr. 1. p. 84.
Zie^ler, Verleiznogen und chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 935
Alglave (1) berichtet über eine im Becken ek topische rechte Niere,
die ¥on den linken Diakalgefassen versorgt wird. Linke Niere normal.
Nach Babes (2) sind mit hypogenetischen Nieren behaftete Individuen
sehr gefährdet, da schon geringfügige Entzündungen zu Insuffizienz und
Urämie fuhren können. Hypogenetische Nieren sind nach ihm von abnorm
kleinem Volumen, dystopisch, gelappt, mit engen Arterien und Ureter, ver-
ringerter Glomerulusanzahl und mit fötalem Bindegewebe.
Bolewski, Johann (3) berichtet über Zystenbildung in zwei Nieren.
Brauch er (4), der schon im vorigen Jahre eine Hufeisenniere erwähnte
(1904, S. 778), beschreibt eine zweite, wo die Verbindung zwischen den beiden
Nieren eise Pyramide herstellt, während die Verbindung der vorigen Jahres
erwähnten nur kortikal war.
Dal lest (5) beschreibt eine abnorme Gefassversoi^ng der Niere.
Faltz, Kurt (6) berichtet von drei Fällen angeborener Missbildungen
der Niere, einer Hydronephrose mit entzündlichen Veränderungen mit Atrophie
der Niere mit einer grossen, angeborenen Zyste und einer Hufeisenniere.
Fortescue-Brickdale (7) fand bei der Sektion von drei Kindern
im Alter von mehreren Monaten eine Erweiterung der Harnleiter mit Hydro-
nephrose bei starker Blasenhypertrophie; er hält diese für die primäre Er-
brankang mangels anderer Ursache der Erweiterung.
Hammerschlag und Zangemeister (8) stellen eine Kranke vor
mit beiderseitiger Ureterverdoppelung, die Funktion aller vier Ureterö£fnungen
Würde nachgewiesen durch Indigokarmininjektioo.
Herbst (9) fand bei einem Erwachsenen vor dem Kreuzbein eine ekto-
pische Niere, kaum als Niere zu erkennen, halb so gross wie die andere,
difform, mit abnormen Gefässverzweigungen.
Her and (10) fand bei der Sektion eines 3^/2 monatlichen Kindes fol-
genden seltenen Befund:
1. Angeborenes Fehlen der rechten Niere. 2. Anwesenheit des rechten Ureters; der-
selbe durchgängig, erweitert, steigt rechts von der Blase aufwärts, flberschreitet die Mittel-
Imie nnd setst sich an mit wohl gebildetem Nierenbecken. In der Blase zwei dorohgängige
Uretermflndongen. Rechte Nebenniere atrophisch, keine Gefässe zur fehlenden Niere. Links
endet der Ureter bandartig blind, linke Nebenniere normal. Rechtes Samenbläschen normal,
linkes fehlt Das Vorhandensein des Orif. vesic. anf Seite der fehlenden Niere ist chimr-
giach wichtig.
Huck, Karl (11) berichtet über eine erfolgreiche Nephrektomie wegen
zfstischer Degeneration der linken Niere bei einem 12jährigen Mädchen;
T^hts nichts zu fühlen.
Lacasse (12) berichtet von einem Neugeborenen, der neben anderen
Missbildungen eine Verschmelzung des linken Ureters mit dem linken Vas
deferens unter beiderseitigen Krümmungen am unteren Ende aufwies. Der
Ureter führte zu einer atrophischen Niere, eine Mündung in die Blase ist nicht
zü finden. Rechte Niere atrophisch, Ureter fehlt.
Lacasse (13) fand bei einem Fötus von acht Monaten eine Hufeisen-
niere, die beiden Nieren sind am unteren Ende verwachsen, es bilden sich
drei Lappen, ein rechter, ein linker, ein medianer, jeder der drei Lappen hat
einen Ureter, die Nebennieren sind an ihrem Platze.
Lessing (14) berichtet von einer Nephrotomie wegen Stein, wobei
sich zeigte, dass die Niere in zwei Teile getrennt war, jeder Abschnitt hatte
seinen eigenen Ureter, die sich 6 — 7 cm von ihrem Ausgangspunkte ver-
einigten.
936 Jahresbericht fOr Ghirargie. IL Teil.
Monod (15) zeigte die Nieren eines 74jährigen Mannes mit Steinanurie,
der trotz rechtsseitiger Nephrotomie keinen Tropfen Urin gab. Bei der Sek-
tion zeigte sich die rechte Niere hypertrophisch, im Beckenteil des Ureters
ein erbsengrosser Stein. Links fehlt die Niere; an ihrer Stelle ein schaliger,
harter, mandarinengrosser Körper, in der Mitte eine Höhle mit trüber Flüssig-
keit mit Cholestearinflocken. Walirscheinlich handelte es sich um angeborene
Atrophie der linken Niere, die eine leichte Hydronephrose erzengte. Ureter
fehlt bis zur Blasenmündung.
Moresco (16) fand bei einer Hemiotomie rudimentären linken Neben-
hoden und Fehlen des linken Vas deferens, die linke Uretermündung weniger
deutlich als die rechte, aus dem linken Ureter floss weniger Urin als ans dem
rechten.
Niclot und Heuyer (17) berichten den Sektionsbefund eines an Pneu-
monie verstorbenen Soldaten mit beiderseitigem Tiefstand der Niere (die
rechte Niere lag im kleinen Becken) und beschreiben den abnormen Gefass-
verlauf.
0 r t h (18) berichtet von der erfolgreichen Exstirpation per laparotomfam
einer Beckenniere, die für eine Tnboovarialzyste oder eine Hydrosalpinx ge-
halten worden war, bei einer jungen Frau.
Po hl man (19) beschreibt die Abnormitäten in der Form der Niere
und des Ureters, die abhängig sind von der Entwickelung der Renalknospe.
Reinfelder, Fritz (20) berichtet über einen Fall von beiderseitiger
Verdoppelung der Nieren und Ureteren bei einem Manne, wobei die oberen
Nieren beiderseits hydronephrotisch und die von ihnen abgehenden Ureteren
stark erweitert sind.
Scharogorodsky, Moyssei (21) bespricht die Nierendystopie in
anatomischer und klinischer Beziehung.
Thumim (22) bespricht die Mündungsanomalien einfacher und über-
zähliger Ureteren beim Weibe.
Uteau (23) berichtet von einer Anomalie der Ureteren. Von der rechten
Niere gehen zwei Ureter ab, die sich im oberen Viertel zu einem normales
Ureter vereinigen. Auch links gehen von der Niere zwei Ureter ab, die sich
aber erst 1 — 2 cm vor dem Eindringen in die Blase vereinigen. Beide Ureter-
teile sind zu katheterisieren.
2. Anatomie und Physiologie.
1. Biberfeld, Johannes, Zur Kenntnis der Sekretionsstelle körperfremder SabstaDzen
in der Niere. Habilit-Sohrift. Breslaa 1904. Pflüger a Arch. f. Phys. 1904. p. 808.
2. Hill, On the firat appearance of the renal artery and the relative developmeot o/
the kidneys and WoÜQan bodies in pig embryoa. Johns Hopkins Hospital Bulletio.
1905. Febr.
3. L o eb , Über den Einflnss senkrechter Körperhaltung auf die ürinsekretion. XXII. Eongr.
f. iunere Med. 12.— 15. IV. 1905. Mflnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 19.
4. Pohlman, A note of the developmental relations of the kidneys and nreter in
human embryos. Johns Hopkins Hospital Bulletins 1905. Febr.
5. Rathery, Francis, Le tube contoum^ du rein. Paris. Steinheil 1905. Ref. MttDch.
med. Wocheuschr. 1905. Nr. 27.
6. Wright and Ross, On the discrimination of physiological albnminuria from that
caused by renal disease. Lancet 1905. Oct. 21. p. 1165.
Biberfeld, Johannes (1) suchte in Versuchen mit Injektion ver-
schiedener Substanzen, die farbige Niederschläge geben, die Stelle der Eli-
Ziegler, Verletzangen und ohirurg. Krankheiien der Nieren and Harnleiter. 937
fflination mikroskopisch in der Niere nachzuweisen und zeigte, dass die Glo-
meruli bei der Sekretion körperfremder Substanzen nicht beteiligt zn sein
scheinen.
Hill (2) schreibt über das erste Erscheinen der Nierenarterie und die
Entwickelnng der Niere bei Schweineembryos.
Loeb (3) findet, dass beim Aufstehen relati? weniger NaCI ausgeschieden
wird, was für eine venöse Nierenhyperämie beim Aufstehen spricht.
Pohl man (4) behandelt die Entwickelnng der Niere und des Ureters
in menschlichen Embryonen.
Rathery (5) untersuchte an menschlichen und tierischen Nieren die
feineren Verhältnisse der Zellen der Tubuli contorti, die häufig durch die
Fixierangmethoden und sehr rasch durch die Fäulniserscheinungen verändert
werden.
Wright und Boss (6) geben eine physiologische Studie über die
Unterscheidung zwischen physiologischer Albuminurie und der bei Nieren-
krankheiten.
S. Nierenverletzungen.
1. Brown, Traumatic Raptare of Ureter; Eztravasation ofUrine; Pyonephrosia. Nephr*
ectomie. New York snrg. soc. 12. X. 1904. Ann. of sorg. 1905. Jan. p. 127.
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dali Nr. 7. Ref. Deutache med. Wochenachr. 1905. Nr. 5.
Brown (1) berichtet von einem Knaben eine Ruptur IVs Zoll vom
Hilus durch Überfahren, es entwickelte sich eine Pyonephrose ; Nephrektomie,
Heilung.
Coli ins (2) berichtet von der Entwickelung einer Hydronephroae und
eines Pleuraergusses bei einem Knaben durch Überfahren, die Hydronephrose
verschwand durch Aspiration.
Cum 8 ton (3) bespricht die Symptome bei Nierenkontusionen, die oft
ohne Operation heilen können, die Operation aber wird erfordert durch
schwere Blutungen oder bei Zeichen von Eiterbildung.
Chaput (4) berichtet über drei Rupturen der Niere, Zwei nephrekto«
miert, eine nephrostomiert, stets Heilung.
938 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL TeiL
Dy de (5) berichtet von einer dnrch Hufschlag in drei Stücke zerrissenen
Niere ohne Zusammenhang mit Arterie, Vene und Ureter. Die zuerst ver-
vreigerte Operation wegen heftiger Blutung erst sub finem ausgeführt.
Fröhlich (6) berichtet unter anderem eine Hydronephrotis traumatica
bei einem Mädchen von neun Monaten, erworben durch Fall im siebentem
Monate.
Gelpke (7) stellt einen Mann vor, bei dem sich durch Überfahren eine
traumatische Hydronephrose bildete. Da die Niere vom Nierenbecken teil-
weise abgetrennt war, Ezstirpation der hydronephrotischen Niere und des
Sackes. Heilung.
Habs (8) berichtet über Nierenverletzungen und teilt fünf Fälle teils
konservativ, teils operativ behandelter Nierenverletzungen mit, darunter einen
Fall von subkutaner Nierenverletzung bei Fehlen von Hämaturie.
0 p p e 1 (9) berichtet von einer subkutanen Verletzung der schon vorher
von Pyelitis befallenen Niere eines jungen Mannes, die konservativ und später
mit Nierenbeckenausspülungen erfolgreich behandelt wurde.
Steinthal (10) berichtet die Entwickelung einer linken Hydronephrose
ein Jahr nach einem Sturze mit geringen Folgen. Durch Punktion 400 ccm
Flüssigkeit entleert, mit 0,6 ^/o Harnstoff. Der linke Ureter spritzt weniger
kräftig als der rechte.
Suter (11) muntert bei den subkutanen Nierenverletzungen (700 Fälle)
zu radikalerem Vorgehen auf und bespricht noch die paranephritischen An-
sammlungen (21^0 aller Fälle) und die wahren intrarenalen Hydronephrosen
(7^/o) und sechs Fälle infolge eines Traumas geplatzter Hydronephrose. Ab-
solute Indikation für Operation ist schwere primäre Blutung oder schwere
Nachblutungen, selbstverständlich auch Infektion. Die Gesamtst^tistik ergibt
20,6^0 Sterblichkeit bei exspektativ behandelten, 14,6 ^/o bei konservativ und
16,7^/o bei mit Nephrektomie behandelten Fällen.
Wolffhügel (12) berichtet von einem Soldaten, bei dem sich nach
einem Sturz vom Pferde zuerst eine linksseitige, dann auch eine rechtsseitige
Hydronephrose entwickelte, sowie eine Überdehnung der Blase mit zeitweiliger
Harnverhaltung.
Zaniboni (13) berichtet von einem Knaben, der nach einem Fusstritt
in die Nierengegend Hämaturie bekommen hatte, auf Grund erblicher Be-
lastung, vorangegangener Malaria und Steinbildung der Zusammenhang zwischen
Trauma und Blutung angezweifelt.
4« Wandemiere.
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26. IV. 1905. Zentralbl. f. Chir. 1905. Nr. 30.
Alglave (1) bespricht die Wirkung der Wandemiere auf das auf-
steigende Kolon, Kotstauung, Verstopfung, Enterokolitis, Adhäsionen mit den
Nachbarorganen, gegen die nur die Nephropexie hilft.
Nach Alli son (2) soll eine ausgesprochene Störungen machende Wander-
niere operiert werden.
Atlee (4) berichtet über mehrere Fälle, wo die Wandemiere Gallen-
steine, Darmobstraktion und Appendizitis vortäuschte.
Balacescu (5) operierte diesen Fall nach der Methode seines Lehrers
Prof. Th. Jonnescu von Bukarest (siehe diesen Jahresbericht). Bei dieser
Gelegenheit beschreibt er vor der chirurg. Gesellschaft zu Bukarest seine
neue Methode von Nephropexie, die derjenigen seines Lehres ähnlich ist, mit
der Differenz, dass die Drahtnähte die Nierensubstanz nicht durchbohren,
sondern die beiden Pole der entkapselten Niere in ihren Schlingen umarmen
940 Jahresbericht fBr Chirurgie. IL Teil.
und dieselben an die 12. oder 11. Rippe fixieren. Diese Methode soll nich
den Nachteil der anderen Methoden haben, d. h. sie lädiert nicht da^
Parenchjrm und yemrsacht nicht ringsum die durchbohrenden Nähte einei
Skleroseprozess, der das Parenchym teilweise vemichtet.
Stoi'anof f (Vama).
Biondi (6) weist kurz auf die Komplikationen der Wandemiere und
die verschiedenen Behandlungsmethoden derselben hin: alsdann geht er zui
Beschreibung seiner Methode der Nephropexie über.
Er greift die Niere mit einer im Pe titschen Dreieck geführten Inzision
an: auf dem Organ angelangt, beraubt er dasselbe seiner Fett- und Faser-
kapsel und steckt sie hierauf von neuem in ihr Fach, wo er sie mittelst
Tamponade mit einen langen Gazestreifen, mit dem er das ganze Nierenfach
vom und hinten von der Niere ausfüllt, feststehend erhält.
Zehn Tage später entfernt er nach und nach die Gaze : die Niere bleibt
fest fixiert und erleidet, wie Verf. in Fällen von doppelseitiger Nephropexie
und bei Versuchen an Hunden hat sehen können, infolge der narbigen Ver-
wachsungen, die sich ringsherum bilden, keinerlei funktionelle oder anatomische
Veränderung.
Er weist auf eine Modifikation dieses Verfahrens bin in dem Sinne,
dass man nur die Entkapselung der hinteren Nierenfläche vollziehen kann,
falls man befürchtet, dass die Niere allzu schwer durch eine vollständige
narbige Hülle benachteiligt werden möge.
Er macht darauf aufmerksam, wie der gegen seine Methode erhobene
Einwurf, dass sie notwendigerweise Heilung per secundam mit sich bringt«
bedeutend an Wert verliere, wenn man bedächte, dass die prima intentio
recht häufig bei den sonstigen Methoden der Nephropexie fehlschlägt.
R. Giani.
Blum (7) konnte unter 106 Kindern im Alter von 3^15 Jahren 37 nuü
eine oder beide Nieren fühlen.
Cawardine (8) sucht bei der Operation der Wanderniere zur Ver-
meidung von Inzision, Abstreifung der fibrösen Kapsel und Fremdkörper bei
der Naht durch chemische Reizung eine Granulationsschicht um die Niere
hervorzurufen, welche durch narbige Schrumpfung und Verwachsung mit der
Umgebung das Organ sicher fixieren könnte. Zu diesem Zwecke wurde die
von ihrer Fettkapsel befreite Niere 2— 3 mal mit starker KarbolsäurelösuDg
bestrichen, um die in ihre normale Lage gebrachte Niere wurde sodaim
durch eine um den untern Pol gelegte Jodoformgaze-Schlinge fixiert, bis Ver- I
wachsungen eingetreten waren. Schon nach 3 Wochen feste Fixierung des
Organes. In 8 Fällen völlige Heilung, ausgedehnte Verwachsungen, 1 Sektions- |
befund.
Nach einem kritischen Überblick über die verschiedenen von den .
Autoren zur Prüfung der Nierenfunktion in Vorschlag gebrachten Methoden I
legt Gaudiani (9) seine eigenen Untersuchungen nieder. Nach getrennter
Sammlung des Harns von beiden Nieren durch einen Zeitraum von 15 Minuten j
bis zu 1 Stunde mittelst Katheterismus der Harnleiter unterzog er ihn
folgenden Proben: 1. Messung, 2. Quantitative Bestimmung des Harnstoffes,
3. Bestimmung der Molekularkonzentration im Sinne Koranjis, die dnrch
Feststellung des Gefrierpunktes mit dem Beckmann sehen Apparate aus-
geführt wurde; 4. Verdünnungsprobe des Harns, 5. Phloridzinprobe.
Ziegler, Verletzimgen und chirnrg. Krankheiten der Nieren and Harnleiter. 941
Diese von dem Verfasser in Fällen von beweglicher Niere vorgenommenen
IntersQchnngen demonstrierten eine Alteration in der Hamsekretion von
selten der deplazierten Niere, welche sich durch geringere Molekularkonzen-
tration, geringeren Hamstoffgebalt und Herabsetzung der Zuckersekretion
tnmdgibt.
In zwei Fällen, in denen der Autor die Nephropexie nach Guyon
machte und dann 40 Tage später von neuem die Harnleiter katheterisierte
und den so. erhaltenen Harn untersuchte, fand er die Sekretionstätigkeit der
fixierten Niere bedeutend gebessert. R. Giani.
Giannettasio (10) berichtet über 41 nach seiner eigenen Methode
iAufh&ngen der Niere an einem in einem Knopfloch des Quadratus lumborum
befestigten Kapsellappen) ausgeführte Nephropexien, darunter 35 persönliche
mit Yorzüglichem Operationsresultat. Von diesen Fällen gehören 18 der
djspeptischen Varietät an; unter ihnen befinden sich 13 Dauerheilungen und
5 Besserungen; 17 der schmerzhaften Varietät mit 14 Heilungen, 2 Besse-
nmgen und einem operativen Misserfolg ; 6 Fälle waren von neurasthenischem
Tjpus mit 2 Heilungen und 4 Besserungen. R. Giani.
Heidenhain (11) bespricht die Wanderniere der Frauen. Wenn er
auch die Operation nicht verwirft, empfiehlt er doch mehr G16nards hypo-
gastrischen Gurt. Fuchs und Lampe empfehlen die Ostertagsche Monopol-
leibbinde.
Jonnescu (12) vervollkommnet jetzt seine Methode der Nephropexie,
aber die er im J. 1897 im Kongresse zu Moskau referierte und welche aus
translumbarer Fixation der Niere an die 12. oder 11. Rippe, durch tem-
poräre seidene oder Metallnähte besteht. Jonnescu macht eine gewöhnliche
lambare Inzision nach Guyon von der 12. und wenn diese zu kurz, von
der 11. Rippe aus, legt die Niere bloss, indiziert die Kapsel und schlägt sie
nach unten manschettenartig um. Mit einer Hohlnadel, 5—6 cm von dem
Hautschnitt führt er zwei U-förmige Silberdrahtnähte, welche durch Haut,
Muskel, Kapsel, Nierensubstanz gehen und umarmt die 12. oder lt. Rippe,
dann zurück über dieselbe Rippe über die Konvexität der Niere durch
Muskel und Haut, die zwei Enden jedes Drahtes werden auf einem Mull-
tampon torquiert, Haut und Weichteile mit Crin deFlorence durch S-förmige
Separatnähte genäht. Es ist genau dieselbe Methode desselben Chirurgen zur
Bruchradikaloperation mit temporären Nähten. Nach 6 Tagen Entfernung
der Hautnähte, am 11. Tage der Silberdrahtnähte. Die Experimente an
Hunden zeigten sehr rasche Adhärenzen der so fixierten Nieren. Jonnescu
führte seine Operation 21 mal mit sehr gutem Erfolge aus. 7 wurden nach
7, 4, 3 und 1 Jahre gesehen. Kein Rezidiv. In 2 Fällen wurde die Pleura
Terwundet ohne schlechte Folge. Man warf dieser Operation vor die un-
natürliche Position parallel mit der Rippe. Stoi'anoff (Vama).
Longyear (13) fand, dass er bei einer Appendizitisoperation bei einem
jongen Mädchen durch Zug am Cökum die Niere leicht herabziehen und
diese festhalten konnte. Dadurch angeregt, widmete er den Bändern am
Bauche mehr Aufmerksamkeit und fand, dass die Ligamente zwischen
Niere und den Eingeweiden den wichtigsten Faktor für die Ätiologie der
Nephroptosis darstellen.
Larrabäe (14) behandelt die Wanderniere, die er unter 272 Weibern
in 41,5% gefunden hat. Die rechte Niere war allein unter 112 Fällen be-
troffen, in 98 Fällen, die linke nur in einem Falle. Der Verf. nennt die
d42 Jahresbericht für Chirurgie. IT. Teil.
Niere palpable, wenn man sie nur während der Inspiration fühlt, mobile,
wenn man sie anch während der EIxspiration fühlt, finant, wenn die Niere
frei ausserhalb ihrer Nische liegt. Unterschiede zwischen Verheirateten nod
nicht Verheirateten bestehen nicht, anch Schwangerschaft ändert das Ver-
hältnis nicht. Die wirkliche Ursache ist die Abmagerong. Trauma nur in
einem Falle. Oft Eiweiss im Urin. Unter 112 Fällen schienen 87 nicht
geeignet für die Operation.
Nach Hinweis auf die anatomischen Kenntnisse über die Lage der
beiden Nieren und auf die verschiedenen von den Autoren zur Fixierung der
dislozierten Niere erdachten Operationsmethoden gibt Mastrosimone (16)
die Beschreibung des yon ihm ersonnenen Verfahrens. Dasselbe ist das fol-
gende: Lumbarschnitt in der ganzen Dicke auf dem vorderen Band des
viereckigen Lendenmuskels, welcher von der äusseren Fläche der 11. Rippe
bis zu dem Darmbeinkamm geht; Entfernung der perirenalen Zellen-Fett-
atmosphäre und Anziehen der Niere an das Hautniveau: Inzision der eigent-
lichen Nierenkapsel mittelst eines Einschnittes, der von dem Linenrand des
wenig von dem Hilus abliegenden oberen Poles auf den Gipfel des Poles
selbst hinaufgeht und von dort auf den konvexen Rand des Eingeweides
übergeht, den er bis zur Vereinigungsstelle der beiden oberen Drittel mit
dem unteren Drittel desselben durchläuft, wo er stehen bleibt; Loslösen der
Kapsel auf dem oberen Pol und den beiden Seiten der Niere bis zum Niveau
einer Linie, welche von dem oberen Ende des Hilus zur Vereinigungsstelle
der beiden oberen Drittel mit dem unteren Drittel des konvexen Randes der
Niere zieht. Es bleiben so eingekapselt der untere Pol, der Hilns und das
untere Drittel der beiden Nierenseiten. Um die Entkapselung nicht weiter
nach unten fortschreiten zu lassen, wird durch die Kapsel und die Nieren-
substanz ein Gatgutfaden Nr. 1 gezogen, der an den Endpunkten der Los-
lösung verknüpft wird.
Die beiden durch die Entkapselung erhaltenen fibrösen Kapselblätter
werden zu einem Schnürchen zusammengerollt und mittelst eines dünnen
Klemmers in umgekehrtem Sinne durch ein kleines ungefähr in dem mitt-
leren Drittel des 11. Literkostalraumes angebrachtes Knopfloch gezogen. Sie
kommen so auf die 12. Rippe zu liegen, auf der sie verknüpft werden unter-
einander und dann durch eine Catgutschlinge zusammengeschnürt. Die Niere
bleibt so an der 12. Rippe suspendiert. Alsdann zieht man durch die Dicke
der über die 12. Rippe hinausragenden Niere einen langen Gatgutfaden, dessen
Enden im Verein mit denen der die Entkapselung begrenzenden Schlinge nud
zwar die hinteren durch den viereckigen Lendenmuskel und durch den
hinter dem Operationseinschnitt verbleibenden Teil des Latiss. dorsi, die
vorderen durch die Aponeurose des Transversus uud den vorderen Teil
des Latiss. dorsi hindurchgezogen werden. Vor ihrer Verknüpfung wird die
Muskelnaht und die Naht der inzidierten Aponeurosen angelegt und zwar
um einen allzustraffen Zug auf dieselben zu verhüten. Diese Naht des Nieren-
parenchyms an die hintere Unterleibswand dient nur dazu, die entkapselte
Niere einige Tage hindurch mit der Unterleibswand selbst in Berührung zn
halten, bis sich Verwachsungen gebildet haben, die allein die Rotation des
Organs verhindern sollen.
Mit dieser Methode, die nach Aussage des Verf. mit allen übrigen Vor-
teilen der früheren Methoden diejenige verbindet, die Niere wieder in ihre
normale Lage zu bringen und von der grössten Einfachheit zu sein, operierte
Ziegler, Verletzungen und chirnrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 943
Mas tro Simone mit vorzüglichem unmittelbaren Erfolg zwei mit beweg-
licher Niere behaftete Frauen. R. Giani.
Michel i (17) bringt eine Statistik von zehn klinischen Fällen von
Wanderniere mit sekundären Funktionsalterationen und einfacher chro-
nischer Phlogose der Niere. Bei ersteren hat er die Nephropexie angewandt
mit oder ohne Abhäuten der Niere, bei den zweiten die einfache Entkap-
selung, wodurch er bedeutende Vorteile erzielte. R. Giani.
Morris (18) bespricht die Wandemiere und ihre Behandlung. Wäh-
rend er früher nach yerschiedenen Methoden, auch seiner eigenen (Durch-
ziehung der Niere durch den Psoas) operierte, zieht er jetzt die Methode
Ton Goelet vor (Suspension der Niere mittelst einer Sutur, wodurch die
Niere unter die Rippen hinanfgeschoben wird).
New mann (19) behandelt die Lageveränderungen der Niere in einem
sehr ausführlichen Aufsatze, der schon im vorigen Jahre begonnen wurde.
Die Nephropexie gibt sehr zufriedenstellende Resultate. Bei 75 ^/o war die
Niere fest fixiert, bei 10 ^/o davon war eine zweite Operation erforderlich;
bei 10 % nur teil weiser Nutzen, bei 9 ^/o kein Nutzen, bei 1 ^/t ^/o Tod. Keine
Operation 1. bei allgemeiner Enteroptose, 2. bei beweglicher Niere mit ner-
vösem Habitus, 3. bei lang bestehender Dyspepsie und chronischer Verstopfung
und bei chronischen Uterinkrankheiten, 4. bei Lageveränderungen der Niere
ohne erhebliche Störung.
Picqu6 (iO) bespricht die Beziehungen der Wandemiere zu den geistigen
Erkrankungen und warnt vor Operationen der Wandemiere bei Hysterischen.
Reboul (21) berichtet von einer jungen Frau mit linker Wandemiere,
die durch Nephropexie gebessert wurde. Durch Laparotomie wurde sodann
eine rechtsseitige Zyste entleert. Heilung. Ungestörter Verlauf einer Schwanger-
schaft trotz beider Eingriffe.
Um die Heilwirkung der eigenen Methode (Sulla razionale fissazione del
rene migrante. Policlinico, soz. prat. 1903) zu erproben, griff Ruggi (22) zur
intramuskulären Einspritzung von Methylenblau, wobei er 5 cg Substanz in
1 Vo iger wässeriger Lösung verwandte , dann allhalbstündlich den Harn
sammelte und sorgfältig mit der Chloroformprobe den Zeitpunkt des
Auftretens, den Zeitpunkt des Höhepunktes der Färbung und
die Dauer der Elimination feststellte. Die Blauprobe wurde unmittel-
bar vor dem Operationsakt vorgenommen und zwanzig Tage nach dem Ope-
rationsakt: in einem Falle wurde nach einem halben Jahre die Nephropexis
angeführt. In den 12 untersuchten Fällen beobachtete Verf. in 25 ^/o ein
schnelleres Auftreten der Färbung gegenüber 8,5 ^/o, in denen diese verzögert
wurde: der Höhepunkt der Färbung zeigte sich vorzeitig in 50 7o, verzögert
in 33 Vo; in der grossen Mehrheit dagegen war die Dauer der Elimination
abgekürzt (75 Vo) und nur in 25 ^/o blieb sie unverändert.
Auf Grund dieser Zahlen ist der Verf. zum Schluss gedrängt, dass bei
seinen mit Nephropexis operierten Patienten die Nierendurchlässigkeit und
mehr noch die Sekretionstätigkeit der Drüse durch den Operationsakt eine
Förderung erfahren haben.
Ob diese Besserung der Nierenfunktion auf die veränderten statischen
und demnach hydraulisch-zirkulatorischen Verhältnisse der Drüse oder auf
die bessere Ernährung und demnach die Funktion der Epithelia infolge
der Entkapselung zurückzuführen sei, weiss Ruggi nicht zu sagen.
R. Giani.
944 JahreBbericbt für Chirnrgie. II. Teil.
Schmitz (23) empfiehlt bei Wanderniere einen Heftpflasterverband, der
mehrere Wochen liegen bleibt.
Sedille (24) bespricht die pathologische Anatomie der Wandemiere
und deren Behandlung; er meint, zwischen angeborener Ektopie und einfacher
Wandemiere seien die Grenzen nicht scharf. Operiert soll die Wandemiere
werden: 1. wenn wegen anderer Leiden (Stein, Krebs, Infektion) eine Ope-
ration nötig wird; 2. bei heftigen Schmerzen; 3. bei Kompressionserscheinungen
durch die deplazierte Niere. Literatur!
Steward (25) berichtet von 2 Hydronephrosen durch bewegliche Nieren,
die durch Fixierung der Niere geheilt wurden.
Treves (26) will bei 95 7o von Wandemieren mit einer vom Londoner
Bandagisten Ernst hergestellten Pelotte ausgekommen sein, Operation nur
als letztes Mittel oder bei Strangulation. Eine Anzahl der Patienten konnte
nach 18 Monaten oder 2 Jahren das Band fortlassen.
Zondeck (29) will in der Lehre der Wanderniere besser unterschieden
wissen die sicher angeborenen, seltenen Heterotopien der Niere von den ge-
wöhnlichen, sehr häufig in der Literatur beschriebenen Wandemieren.
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18. Schmidt, Kurt, Ober einen Fall von kompletter Hydronephrose. Diss. Leipzig. 1904.
Bangs (1) berichtet über Blutungen bei Hydronephrose; die Blntnng
trat neuerdings bei der Nephrotomie auf.
Ziegler, Verletzimgeii and chinirg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 945
Barth, Ernst (2) berichtet von zwei Fällen von intermittierender
Hjdronephrose.
In dem einen Falle papillenartige Erhebung an der Einmündnngastelle des Ureters
m das Nierenbecken, Neneinpflanzung des Ureters in das durch Ezzision verkleinerte
Nierenbecken ; im andern Knickung des Ureters durch Narbenstrftnge, Niere zerstQckelt bei
Ablösung, Nephrektomie.
Bozzi (3) befürwortet bei Hydronephrose auf Grund seiner mikro-
skopischen Studien den baldigen operativen Eingriff zur Verhütung einer In-
fektion imd dauernder Gewebsveränderungen.
Bozzi (4) erzeugte zum Studium der Veränderungen bei Hydronephrose
ftn Hunden durch Abklemmung des Ureters künstlich Hydronephrose. Nach
verschiedener Zeit Wiederherstellung des Urinablaufes. Nach Unterbindung
fand er stets ein Ödem der Niere, später interstitielle Bindegewebswucherung.
Nach Behebung des Hindernisses nahmen die übrig gebliebenen Elemente des
Nierenparenchyms, so weit möglich, ihre Funktion wieder auf. Daher mög-
lichst konservatives Verfahren, baldigste Wiederherstellung eines guten Ab-
flusses.
Dowd (5) entfernte bei einem Mann einen hydronephrotischen Sack
ohne Nierenparenchym, bei dem im Ureter ein Stein steckte.
Nach Durand (6) können abnorme Gefasse die Folge und Ursache der
Hydronephrose sein, die Durchtrennung der Gefässe genügt für die Heilung,
wenn nicht die Läsion zu alt ist und die Ureterwand nicht anatomische Ver-
änderungen eingegangen hat.
Hu et er (6) berichtet von der Sektion eines sterbend eingelieferten,
älteren Mannes, bei dem sich eine grosse Hydronephose fand, in dem eine
Blutung stattgefunden hatte, das restierende atrophische Nierengewebe war
im oberen Pol krebsig degeneriert, durch Berstung des Sackes infolge von Fall
ohne Verletzung des Bauchfelles und nachfolgender Blutung erfolgte der Tod.
Kennedy (7) berichtet von der Heilung eines Knaben durch Entfernung
eines grossen hydronephrotischen Sackes, in dem die Niere ganz zu Verlust
gegangen war.
Läwen (9) teilt 9 Heilungen von 13 Hydronephrosen durch die pla-
stische Operation von Trendelenburg mit: Eröffnung des Hydronephrosen-
sackes, Spaltung des den Ureter vom Nierenbecken trennenden Sporns, An-
näherung der Ureterränder an die Ränder des Nierenbeckens.
Löwenhardt (10) stellt einen Patienten vor mit Hydronephrose, die
unter profuser Hämaturie auf einmal ohne Ursache als grosse Geschwulst der
linken Bauchseite aufgetreten ist. Kystoskopisch fand man, dass aus dem
linken Ureter nur bei Druck auf den Tumor Urin austrat. Ursache nicht zu
eruieren. Stern erwähnt als Ursache solcher Blutungen die von Israel
schon erwähnten umschriebenen Herde von Nephritis.
Lucks, Hans (11) behandelt die Hydronephrose beim Schwein, die in
0,67 ^/o vorkommt, bei weiblichen Tieren dreimal so häufig als bei männlichen;
die grössere Häufigkeit ist bedingt durch die Bildungsanomalien in der An-
lage des hamabführenden Apparates, zumal durch eine angeborene, zu weit
kaudal im Blasenhals liegende Mündung eines oder beider Harnleiter und
durch die dem Schwein eigentümliche Lagerung und lockere Befestigung der
relativ sehr grossen Blase.
Marshall (12) erwähnt eine grosse Hydronephrose, die irrtümlich für
ein Ovarialkystom gehalten wurde. Laparotomie, Exstirpation. Heilung. Stein
im Ureteranfang fixiert, wahrscheinlich die Ursache der Hydronephrose.
JahraclMrioht fOr Chirurgie 1905. 60
946 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. TeiL
Morris (14) berichtet über einen Fall von 16 durch Röntgenstrahlen
nachgewiesenen Steinen mit Hydronephrose durch Abschnnrung des Beckens
durch eine quer verlaufende Arterie und Vene. Nephrotomie, Elntfemung
der Steine, doppelte Unterbindung der Gefasse. Naht der Niere. Heilung.
Puyhaubert (15) zeigt eine Niere eines vierjährigen Mädchens, die
er wegen Hydronephrose der rechten Niere durch Laparotomie mit Erfolg
entfernt hatte.
Röder (16) zeigt die Präparate eines Jungen mit doppelseitiger Hydro-
nephrose, der noch vor der Operation urämisch gestorben war. Beide Nieren
grosse, schlaffe, eiterhaltende, papierdünne Säcke, starke Erweiterung beider
Ureteren, keine Prostatahypertoophie, keine Ursache für die Hydronephrose
zu finden.
Rutherfurd (17) berichtet über die Entfernung einer grossen Hydro-
nephrose durch Laparotomie bei einem 7 jährigen Knaben.
Schmidt, Kurt (18) berichtet von einer mannskpp^rossen Hydro-
nephrose einer alten Frau infolge von Klappenbildung am Ansatz des Ureters
mit starker Atrophie des Nierengewebes. Transperitoneale Nephrektomie.
Heilung.
6. Akute Pyelitis, Pyonephritis, Pyonephrose« Nierenabszesse.
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Barnard (2) berichtet Yon sechs Fällen von multiplen Abszessen der
Niere, vier mit Nephrektomie, zwei mit Resektion behandelt, alle geheilt.
Meist durch den Bacillus coli communis erzeugt, besteht verschiedene Viru-
lenz. Frauen werden häufiger befallen als Männer, 5:1. Beginn mit Schmerzen
beim Harnlassen, Strangurie, trüber Urin mit desquamiertem Epithel, meist
noch sauer, Zunahme des Eiweiss im Urin, Fieber, Erbrechen, Bildung eines
Tumors in der Nierengegend, Lende hart, empfindlich, wenn rechts, dann wie
ein appendizitischer Abszess, wenn nicht eingegriffen wird, Tod unter septischen
Erscheinungen.
Baumann (3) berichtet über Nierenerkrankungen in Schwangerschaft,
Geburt und Wochenbett. Unter 6093 Geburten aus der Münchener Frauen-
klinik waren 101 Fälle mit Eiweiss, 41 nur in der 1. und 2. Geburtsperiode,
52 mal Eklampsie mit typischen Anfällen, sämtlich mit Eiweiss.
Bronger8ma(4) berichtet über einen schweren, in der Gravidität ent-
standenen Fall von Cystitis und Pyelonephritis, der durcl) Spülungen des
Nierenbeckens geheilt wurde.
G a t h a 1 a (5) bespricht die Schwangerschaftspyelonephritis, die gewöhn-
lich durch die Kolibazillen verursacht wird. Er unterscheidet: 1. im Anfang
Bakteriurie, ein präsuppuratives Stadium, eine leichte Nephritis ; 2. chronisch
eiterige Pyelonephritis mit trübem Urin. In jedem Stadium kann die Affek-
tion ausheilen. Literatur!
Elsemann, Peter (6) bespricht die Nierenaffektionen in der Schwanger-
schaft und ihre Beziehung zur Eklampsie. (Mit einer Tabelle über die 1889
bis 1903 an der Würzburger Klinik vorgekommenen, mit Schwangerschaft
komplizierten Fälle von Nephritis.)
Nach Del Fabro (7) kann die Nephritis der Schwangeren spontan
heilen, kann aber auch zu perinephritischer Phlegmone führen. Die Nephr-
ektomie wird von Schwangeren gut vertragen, wie er an einem Fall im ersten
Monat der Schwangerschaft zeigt. Die günstigste Zeit für die Operation ist
der 1. — 6. Schwangerschaftsmonat.
Bessert (8) zeigt einen Mann, wo nach einer Osteomyelitis am Kinn
Nierensymptome und allgemeine Sepsis auftraten, die Niere wurde entfernt,
reichliche Abzesse, in dem Eiter Staphylococcus pyogenes aureus, Eiter auch
im Urin, Yergrösserung und Empfindlichkeit der anderen Niere, Inzision dort-
selbst, Eiter. Heilung.
Jordan (9) hat 12 renale und perirenale Abszesse nach Furunkeln
oder sonstigen kleinen Eiterherden beobachten und operieren können, meist
Solitärabszesse, Schwierigkeit der Diagnose, Wichtigkeit der Frühdiagnose.
eo*
948 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
Israel hat als Eingangspforte in einem Falle die Nasenschleimhant be-
obachtet.
Israel (10) berichtet von einem metastatischen Karbunkel der Niere.
Junger Mann, Nackenkarbunkel , Stoss gegen den Leib, unter Schmerz and Fieber
paranephritische Eiterung; bei deren Eröffnung zeigt sich die Niere von Abszeesen durch-
setzt. Exstirpation. Heilung. Nachweis Ton Staphylococcus aureus im Eiter.
Juy, Henri (11) behandelt die infektiösen Pyelonephritiden, die ge-
wöhnlich durch genügend lange innere Behandlung heilen. Die Symptome,
der paraumbilikale Schmerz, die Empfindlichkeit des Ureters beim Toschieren,
die Schmerzpunkte der prostatischen Homer, der uretero-vesikale und pyelo-
vesikale Reflex, verbunden mit Pyurie und nächtlicher PoUakiurie verschwinden
gewöhnlich durch Ruhe und Milchdiät, daneben Salol, Urotropin, Helmitol,
chirurgische Eingriffe sind erst gerechtfertigt nach der Geburt. Künstliche
Geburt nur selten. Nephrostomie bei septischen pyelo-renalen Retentionen.
Selten sekundäre Nephrektomie.
Kelly (12) empfiehlt zur Behandlung der Pyelitis zuerst Ruhe, Flüssig-
keiten, Urotropin oder Salol, dann Beseitigung kleiner Hindemisse im Harn-
leiter, Irrigation des Nierenbeckens, Instillation mit Borsäure und Silber-
nitrat, operative Eingriffe.
Lafond (13) berichtet über eine günstig verlaufene Pyelonephritis nach
einer Geburt im Anschluss an eine Kathetensation bei normalem Genital-
befund.
Loumaigne (14) bespricht die Entzündungen des Ureters und des
Nierenbeckens, die meist leicht zu diagnostizieren und erfolgreich zu behan-
deln sind. Die Diagnose bei Ureteropyelitis stützt sich wesentlich auf drei
Punkte :
1. nächtliche PoUakiurie,
2. Douleur paraombilicale, 2 — 3 cm über dem M a c B u r n ey sehen Punkte,
3. häufig der uretero-vesikale Reflex, d. i. beim Vaginaltuschieren
Schmerzen und Drang zum Urinieren.
Malouvier (15) behandelt die Pyelonephritiden im Wochenbett, die
mangels schwerer Symptome oft schwer zu diagnostizieren sind.
Opitz (16) berichtet über 84 Fälle von Pyelonephritis in der Schwanger-
schaft und im Wochenbett.
Orlowski (17) berichtet von drei Frauen, die vorher nie nierenkrank
waren, dass sich im Laufe der Schwangerschaft eine Pyelitis entwickelte.
Pieper, Eduard(18) berichtet über zwei Fälle kryptogener, eiteriger
Pyelonephritis.
Tatsujiro Sato (19) berichtet von einer zystischen Degeneration einer
Niere, die nicht angeboren, sondern in Anschluss an Gonorrhöe durch eine
Pyelonephritis entstanden war. Exstirpation. Heilung.
Sippel (21) berichtet von einer Pyonephrose durch Ureterenkompression
dnrch den schwangeren Uterus; dauernde rechte Seitenlage, Nephrotomie,
Heilung. Später spontane Frühgeburt, lebendes Kind.
Spadacci (22) berichtet über einen schwierig zu diagnostizierenden
Nierenabszess infolge von Echinococcus.
V. Steinbüchel (23) empfiehlt die innere Darreichung von Helmitol
bei akuter chronischer Zystopyelitis, Bakteriurie und prophylaktisch als un-
giftig, angenehm schmeckend und energisch desinfizierend.
Ziegler, Verletz angen and chirarg. Krankheiten der Nieren und HAmleiter. 949
Stern (24) beschreibt einen Fall von Pyonephrose mit Vergrössemng
der linken Niere und alkalischem, stark eiterhaltigem Urin bei negativem
kystoskopischem Befunde. Wahrscheinlich hämatogene Infektion. Behandlung :
grosse Dosen Hippon, einer Verbindung von Hippursäure und Paraldehyd.
Gonzalez Tanago (25) macht darauf aufmerksam, dass anscheinend
funktionelle Erkrankungen des Magens nicht selten auf einer latent ver-
laufenden eiterigen Entzündung der Nieren beruhten (Pyelitis, Pyelonephritis
usw.), bei deren Besserung auch die Magenbeschwerden sich bessern.
Whitaker Allen (26) berichtet von dem Befund des Bacterium coli
commimis im Nierenbecken bei der Nephrotomie einer unter dem Bilde der
Nierentnberkulose erkrankten Frau. Wasserstoffsuperoxyd-Formalinspülungen
des Nierenbeckens, des Ureters und der Blase. Rasche Erholung.
Ziegelmann (27) bespricht die Pyelonephritis in der Schwangerschaft,
die nicht selten in der zweiten Hälfte derselben auftritt, vorzüglich rechts.
Prognose gut, Behandlung symptomatisch, nur bei Komplikationen chirur-
gischer Eingriff, bei Beiderseitigkeit und Toxämie Herbeiführung einer Früh-
geburt.
7. Para-Perinephritis.
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schen Abszesses. Diss. Greifswald 1905.
Bryan (1) berichtet, dass sich in Anschluss an eine Brandwunde, bei
der sich verschiedene Abszesse bildeten, unter Lumbaischmerzen ein
24 Unzen haltender perinephritischer Abszess und nachher ein Empyem.
Operation. Heilung.
Dnchastelet (2) berichtet von einem schweren Diabetiker, mit Stein-
leiden Entwickelung eines grossen perinephritischen Abszesses, Inzision. 2 Liter
Eiter. Heilung.
Minkowski (3) demonstriert einen jungen Mann, der an einem eine
Hydronephrose vortäuschenden Erguss zwischen Nierenwände und Nieren-
kapsel litt, die durch Eröffnung und Tamponade des Sackes glatt heilte, für
die von Friedrich der Name ;jperirenale Hydronephrose" vorgeschlagen
wird.
Yoshimasu Yutaro (4) berichtet von 9 Fällen von paranephri tischen
Abszessen, die vom Juni 1903 bis November 1904 in der Greifswalder Klinik
behandelt wurden, sämtlich geheilt.
8* Tuberkulose.
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Nr. 41.
Albarran (1) bespricht die Nierentuberktilose auf Grund von 64 Fällen,
davon 58 unilateral. Die frühe Nephrektomie gibt ausgezeichnete Resultate
und ist ungefährlich.
Israel 41 Fälle 4 Todesfälle
Krönlein 34 ^ 2 „
Rovsing 47 „ 3 ;,
Kümmel 43 ;, 5 „
Casper 20 „ 2 „
Albarran 64 ^ 2 ;,
Was die späteren Resultate der Nephrektomie betrifft, sind 5 gestorben.
2 nach 5 Monaten
1 „ 6 „
1 „ 3 Jahren
2 sind gesund seit 10 Jahren
Bei Lungenerscheinungen und Blasentuberkulose wirkt die Nephrektomie
oft günstig, selbst eventuell bei doppelseitiger Nierentuberkulose. Jede Pyurie
ist verdächtig auf Tuberkulose.
Bazy (3) hält auf Grund der Erfahrung an 5 Fällen eine Albuminurie
mit nächtlicher Pollakiurie als Vorläufer der Nierentuberkulose.
Bazy (4) erwähnt nach der Erfahrung an einem jungen Mädchen nächt-
liche Pollakiurie und Inkontinenz des Urins als frühzeitige Symptome der
Nierentuberkulose.
Bernard und Salomon (5) haben durch intraperitoneale oder sub-
kutane Injektion von Tuberkelbazillen makroskopisch sichtbare Tuberkel im
Bereich der Niere gefunden, Infektion wahrscheinlich auf lymphatischem Wege.
Bernard und Salomon (6) haben kerne aufsteigende Nierentuber-
kulose durch intravesikale Injektion von Tuberkelbazillen selbst nach Unter-
bindung des Ureters und Blasenreizung erzeugen können. Bei Injektion in
das Nierenbecken nach vorheriger Unterbindung des Ureters konnten sie
teilweise Tuberkulose der Niere erzeugen.
Brown (7) berichtet von einer erfolgreichen Nephrektomie wegen
Nierentuberkulose, wegen Blutung und starker Pyurie, Geschwür am Orif.
nreteri vesic, keine Tuberkelbazillen gefunden. An der Oberfläche der ex-
Btirpierten Niere Tuberkelbazillen.
Carlier und Curtis (8) beschreiben eine mit Erfolg exstirpierte
tuberkulöse, polyzystische Niere eines jungen Mannes, die sie als besondere
Form der primären Nierentuberkulose anführen.
%2 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Gas per (9) bespricht die Diagnostik und Therapie der Nierentnber-
kulose, schon im vorigen Jahre referiert, pag. 794, 1904, nur hat sich ein
Fehler eingeschlichen, indem Zeile 6 ein ^^nicht^ ausgeblieben ist; es muss
heissen „da bleibt dann die 2. Niere von der Tuberkulose nicht verschont^
Ghauffard (10) unterscheidet eine Nierenentzündung bei Tuberkulösen
1. mit Verweilen von Bazillen im Gewebe, 2. ohne Bazillen dnrch das
tuberkulöse Toxin hervorgerufen n^phrites paratuberculeuses. Anführung
mehrerer Fälle. Die Tuberkelbazillen können 2 Gifte produzieren: eines, das
Yerkäsung, das andere, das Sklerose bewirkt.
Glark (11) berichtet von einer Nephrektomie wegen Nierentuberkulose,
wo sich vorher nur starker Harndrang und keine Tuberkelbazillen gefunden
hatten. Heilung.
Delbet (12) bespricht die spontane Heilbarkeit der Nierentuberkulose,
die ja möglich ist aber nur mit Zerstörung des Drüsengewebes, bei gleich-
zeitiger Gefahr von Komplikationen, besonders der Erkrankung der anderen
Niere gegenüber der geringen Gefahr der Nephrektomie. Le Für erwähnt
einen seit 8 Jahren geheilten Fall, weder Eiter noch Tuberkelbazillen im
Urin enthaltend und einen 2., der zeitweilig Eiter und Bazillen hat. Beide
befinden sich sehr gut. Motz erwähnt die Tatsache des moment-anen
Fehlens der Tuberkelbazillen im Urin, dies spricht durchaus nicht für Heilung.
Nogues erwähnt den Befund der Tuberkelbazillen im Urin als unzuver-
lässig; er fehlte in 2 bei 3 Fällen. Frank hält selbst das negative Resultat
der Impfung bei Meerschweinchen für unzuverlässig. AI bar ran betont die
immer mehr anerkannte Notwendigkeit der frühen Operation der Nieren-
tuberkulose.
Desnos (13) betont die frühzeitige Operation bei Nierentuberkulose,
die auch in vorgerückteren Stadien und bei Infektion der unteren Hamwege
noch möglich ist, wie er an 3 erfolgreich Operierten mit vorgerückter Tuber-
kulose sieht.
Ertzbischoff (14) zeigte die Niere einer Kranken, die früher an
Lithiasis gelitten hatte, wo bei blühendem Aussehen Tuberkelbazillen gefimden
wurden. In der früh entfernten Niere eine kleine Kaverne.
Giani (15) hat mittelst der Gystotomia suprapubica, der er sogleicli
die Yernähung nach Lembert folgen Hess, in die Blase von Kaninchen
Zelloidinröhren eingeführt, die mit einer grossen Menge von virulenter Tuber-
kulosekultur, gemischt mit Nähragar, geladen waren. Die Röhren waren in
der Weise gebaut, dass der Urin frei in dieselben eintreten und sie frei ver-
lassen konnte. Die verwandte Tuberkulose war aus an dieser Krankheit ver-
endeten Kaninchen gewonnen worden und tötete das Meerschweinchen in 20
Tagen.
Wiederholt ist während des Verlaufes des Experimentes das Infektions-
vermögen des Urins der verschiedenen Tiere geprüft worden und Verf. hat
dabei feststellen können, dass auch nach 30 Tagen derartiger in einer Menge
von 3—4 ccm in das Unterhautgewebe eines Meerschweinchens injizierte Harn
es innerhalb 20—30 Tagen zum Tode an Tuberkulose führte.
Die Kaninchen werden 1 — 3 Monate nach dem Experimentieren ge-
opfert. Bei der Sektion wurde in zwei Fällen die Zelloidinröhre nicht mehr
vorgefunden (offenbar hatte das Tier sie schliesslich mit dem Harn entleert),
in sechs Fällen war die Röhre noch in der Blase und war zum Mittelpunkt
eines Steines geworden.
Ziegler, Verletzungen und chimrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 953
Aus dem Innern der Röhre konnte die Tuberkulose noch ebenso vira-
lent wie bei ihrer Einlagerung in dieselbe ausgezogen werden ; ebenfalls wurden
frei Tuberkelbazillen in der in der Umgebung des Steins stagnierenden Blasen-
flüssigkeit angetroffen.
In allen diesen Fällen zeigte die Blase die Merkmale einer mehr oder
weniger lebhaften und diffusen, chronischen Irritation; dem ungeachtet war
es nicht möglich, Tuberkulose der Blase und um so weniger Tuberkulose der
Harnröhre und der Niere nachzuweisen ; ebensowenig andererseits Tuberkulose
der Samenwege oder des Hodens.
In einem Falle, bei dem die tuberkulöse Infektion bei dem Operations-
akt selbst erfolgt war, traf Verf. nach 40 Tagen bei der Sektion Miliartuber-
kulose des Viszeral- und Parietalperitoneums, besonders in der Nähe der
Blase, welche von einem lebhaften tuberkulösen Prozess ergriffen war, beson-
ders entsprechend der alten Wunde. Keine Tuberkulose der Leber, noch der
Milz, Nieren, Hoden, Lungen.
Mit der Erklärung, dass diese Versuche nur die ersten einer langen,
schon seit längerer Zeit über diesen Gegenstand unternommenen Reihe
darstellen, glaubt Verf. jedoch schon jetzt behaupten zu können, dass die
Blasenschleimhaut, auch wenn sie sich in einem Zustand chronischer Irritation
befindet, schwierig bei nicht diskontinuierlichem Epithel Ansiedelungssitz der
Tuberkelbazillen werden kann, und dass jedenfalls bei kontinuierlichem und
kompletten Defluxus des Harns der Aufstieg von Tuberkulosekeimen aus der
Blase nach der Niere längs des Hamröbrenlumens ausserhalb des Blutweges
für unmöglich angesehen werden muss. R. Giani.
Gibson (16) bespricht die Nierentuberkulose und ihre Behandlung.
Keine Resektion.
Giese (17 j teilt unter 13 Fällen von tuberkulöser Pyelonephritis eine
vom Typus aszendierender Tuberkulose mit.
Jenkel (19) berichtet von einer Nephrektomie wegen Tuberkulose.
Trotz festgestellter Funktionstüchtigkeit der anderen Niere durch Kryoskopie
Anurie; Tod. Die andere Niere makroskopisch und mikroskopisch normal, so
dass wohl die Anurie als reflektorisch aufgefasst werden muss.
Kelly (20) behandelt Diagnose, Klinik und Prognose der Nierentuber-
kulose an der Hand von 35 Operationen, unter 31 Nephrektomien nur
1 Todesfall. Er empfiehlt für die Diagnose die Zystoskopie. Betreffs Therapie
verspricht nur die totale Entfernung der kranken Niere Erfolg, nur bei sehr
kachektischen Fällen ist häufig Spaltung der Niere und Eröffnung von Ab-
szessen Voroperation. Ein erweiterter und stellenweise strikturierter Harn-
leiter ist tuberkulös und muss entfernt werden. Auch in verzweifelten Fällen
ist noch anf Erfolg zu hoffen. Er operiert noch bei Krankheit der Blase und
einseitiger Nieren- und Hamleitererkrankung auch bei Pyelitis simplex der
anderen Seite.
Kümmel (21) bespricht die Nierentuberkulose, im Vorjahr schon referiert
1904 pag. 795 und 797.
Lecäne (22) berichtet über eine erfolgreiche Nephrektomie mit Resektion
des Ureters wegen Tuberkulose.
Mirabeau (23) stellt fest auf Grund von 22 Fällen von Nierentuber-
kulose, von denen er 7 operiert hat, dass die Blasentuberkulose bei der
Frau ausnahmslos eine deszendierende Nierentuberkulose ist, die Nierentuber-
kulose ist in 50% einseitig. Wichtig für die Diagnose ist die Palpation des
954 Jahresbericht f&r Chirurgie. 11. Teil.
verdickten Ureters. Als Therapie frühzeitige Nephrektomie auch bei
Schwangerschaft.
Moncany und Delannay (24) zeigen tuberkulöse Nieren mit zahl-
reichen Zysten, die mit Käse erfüllt sind, Becken und Ureter ebenfalls erfüllt
mit käsigem Inhalt, stehen mit diesen Hohlräumen in Verbindung.
Pardoe (25) bespricht die Behandlung der Tuberkulose des Urinartraktus
mit Tuberkulin auf Grund von 21 Fällen, die über 1 Jahr beobachtet
wurden. 5 scheinbar geheilt, 4 bedeutend gebessert, 6 Fälle ohne Besserung,
6 Fälle starben. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die
Resultate.
Pech^re (26) vertritt auf Grund mehrerer Beobachtungen die Meinung,
dass es tuberkulöse Nephritiden gibt, die spontan ausheilen können. Klinisch
charakterisieren sich diese Formen durch schubweise auftretende Bakieriurie
und Albuminurie, die von den gewöhnlichen Symptomen der akuten Nephritis
begleitet werden, aber völlig wieder zurückgehen und unter günstigen Um-
ständen dauernd verschwinden. Pathologisch anatomisch finden sich miliare
Knötchen mit umschriebenen, entzündlichen Parenchymverändenmgen. Diese
Beobachtungen sprechen gegen die Notwendigkeit einer chirurgischen Therapie
ä tout prix.
Pels-Leusden (27) gelang es, bei Hunden und Ziegen Nierentnber-
kulose isoliert zu erzeugen durch Injektion von in Öl aufgeschwemmten
Tuberkelbazillenkulturen in die Nierenarterie. Er hofft durch Erzeugung der
isolierten Nierentuberkulose dieselbe in ihren ersten Anfangen beobachten zu
können und daraus für die Diagnostik Gewinn zu ziehen.
Pousson (28) behandelt auf Grund seiner Erfahrungen (32 Eingriffe)
und unter Anführung der betreffenden Krankengeschichten die Nierentuber-
kulose. Unter 9 Nephrotomien hat er 2 Todesfälle = 22,2 ^/o Mortalität,
unter 23 Nephrektomien 3 Todesfälle = 13,05 <»/o Mortalität. Weist so die
Nephrotomie betreffs operativer Mortalität die schlechteren Resultate auf, so
wird für später das Resultat noch schlechter. Von den überlebenden
7 Nephrotomierten mussten sich später 4 der Nephrektomie nnterzieheo,
4 später wahrscheinlich gestorben. Von den 20 Nephrektomierten 11 gesund,
3 gestorben, 6 weniger als ein Jahr gesund.
Zahl der Nephrektomien.
TodeefUle.
•,•
Rotter 8
2
25
Rafin 20
3
15
Barth 7
1
14,3
Kümmel 42
6
14,3
Pousson 23
3
13,05
Casper 19
2
10,5
Albarran 57
2
3,5
Rafin (29) beschreibt die Nierentuberkulose, wegen der er 20 primäre
Nephrektomien bei 13 Weibern und 7 Männern 9 mal rechts, 11 mal iiiito
ausgeführt hat mit 3 Todesfällen = 15 ^lo Mortalität. Die Nephrektomie
wegen Nierentuberkulose ist, da sie selten zu Komplikationen VeranlassuDg
gibt, eine gutartige Operation und ihre Prognose wird nur beeinträchtigt
durch den schlechten Ällgemeinzustand des Kranken und gleichzeitig be-
stehende schwere Veränderungen der anderen Niere.
Reitter (31) weist auf das Bestehen niedrigen Blutdruckes bei
chronisch parenchymatöser Nephritis als verdächtig auf Tuberkulose hin.
Ziegler, Yerletzungen und chimrg. Krankheiten der Nieren nnd Harnleiter. 955
Reynolds (32) bespricht die Nierentaberkniose und gibt ein Verfahren
an znr besseren Übersicht bei der Operation ohne Anwendung von Kissen,
Ureter soll stets vollständig entfernt werden, 9 Falle alle geheilt, bei 2 nach-
träglich Ureter entfernt.
Rosenstein (33) bespricht die feinere Anatomie der Nierentnber-
kulose, besonders auch an den Nierenpapillen, deren Untersuchung erst durch
die frühzeitige Operation ermöglicht wurde.
Schul 1er (34) empfiehlt Guajacol. purissimum 3 — 20 Tropfen 5 — 6 mal
am Tage bei Nieren- und Blasentuberkulose, auch nach Operationen mehrere
Monate, zu geben.
Sh errill (35) behandelt die Nierentuberkulose, ohne etwas Neues zu
bringen und betont die Wichtigkeit der Dysurie und Polyurie für die
Diagnose.
Nach Tendeloo (36) bevorzugt die hämatogene Nierentuberkulose die
Rinde, während die medulläre, zentrale Nierentuberkulose lymphogen ist.
Vineberg (37) erwähnt eine Nephrektomie wegen Tuberkulosis der
linken Niere mit Striktur des unteren Teiles des betreffenden Ureters durch
einen Abszess.
Walker (38) bespricht auf Grund von 79 Fällen eigener Beobachtung
and 373 Fällen anderer die Nierentuberkulose. Infektion gewöhnlich Blut-
infektion. Für die Diagnose Tuberkulin geringen Wert. Harnleiterkatheteris-
mns Vorzug vor den Separatoren, Kryoskopie grossen Wert. Entfernung der
taberkulös erkrankten Niere sofort nach Sicherheit der Diagnose, auch bei
Erkrankung des Genitalapparates oder anderer Organe, auch bei leichter
Erkrankung der 2. Niere. Bei der Nephrektomie zuerst Bauchschnitt, Unter-
bindung der Gefasse, dann Lumbaischnitt und Entfernung der Niere. Ham-
leiterentfemung nur bei offensichtlicher Erkrankung. Nephrotomie gibt
schlechte Resultate, von 36 16 gestorben, bei 24 später nach Nephrektomie.
Literatur.
Welch, Futcher und Kelly (39) besprechen die Nierentuberkulose.
Wildbolz (40) berichtet über 3 Fälle von Exstirpation einseitiger
Nierentuberkulose. Schwierigkeit der Diagnose. Bei gering gradiger Schädi-
gung des Organs noch konservative Behandlung erlaubt.
Zuckerkandl (41) rät auf Grund der Operation von 23 Nierentuber-
knlosen, von denen 3 im Anschluss an die Operation, drei weitere innerhalb
des ersten Jahres an anderweitigen Tuberkulosen starben, den Ureter, wenn
er bei der Spaltung sich erkrankt erweist, möglichst weit zu entfernen.
9. Nephrolithiasis.
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p. 126.
Ziegler, Verletzungen and chirarg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 957
Axt eil (1) berichtet von einem spontanen Abgang eines V« Zoll langen,
^,4 Zoll breiten, V« g schweren Nierensteines bei einer jungen Frau.
Beck (2) hält unter gewissen Kautelen den Nachweis der Nierensteine
durch Röntgenstrahlen in allen Fällen für möglich.
Bevan (3) bespricht die Wichtigkeit der Röntgenstrahlen für die Dia-
gnose in der Nierenchirugie.
Charles Blanc (4) empfiehlt frühzeitiges Operieren bei Nierensteinen
and zwar bei aseptischen Steinen Nephrolithotomie mit Naht, bei Steinen mit
Eiterung Nephrotomie mit Drainage. Nephrektomie nur bei totaler Zerstö-
rung der Niere, Infektion, Kompression oder Schmerzen durch Verwachsungen,
wenn die andere Niere gut funktioniert, wenn beide Nieren ergriffen sind,
Nephrotomie.
Blum (5) gibt den gegenwärtigen Stand der Röntgenuntersuchung bei
Hamkonkrementen. 1. Der radiographische Nachweis eines Nierenkonkre-
mentes ist mit Ausnahme der seltenen Fälle von direkter Palpation das
einzig sichere, objektive Zeichen der Nephrolithiasis. 2. Der radiographische
Nachweis von Konkrementen im Nierenbecken ist bei tadelloser Technik fast
immer möglich; der negative Ausfall ist nicht absolut beweisend für das
Nichtvorhandensein von Konkrementen. 3. Bei einseitigen Nierensteinsym-
ptomen genügt nicht die Durchleuchtung der einen Niere. 4. Bei kleinem
Stein ist eine Frühdiagnose und betreffende interne Therapie möglich, bei
grossen Steinen überzeugt sie von der Notwendigkeit einer chirurgischen
Therapie. 5. Bei Anurie erkennt man allein die Ursache des Leidens.
Blaud-Sutton (6) fand in einem erweiterten Cal ix einer Niere 40000
Steine verschiedener Grösse aus Kalziumphosphat und Kalziumoxalat.
Brewer (7) hielt für einen Ureterstein mit den Röntgenstrahlen eine
Terkalkte Spitze einer Appendix epiploica.
Brewer (8) berichtet von einem Stein im Beckenteil des Ureters.
Stein durch Radiographie nachgewiesen. Laparotomie oberhalb des Poupartschen
Bandes. Inzision des Ureters. Entfernung des Steines. Heilung.
Brown (9) berichtet von einer Nephrektomie wegen Steinpyelonephrose.
Caldwell (9a) weist bei der Röntgenuntersuchung auf Nieren- und
Uretersteine auf scheinbare Schatten hin in der Umgebung der Spin, post.,
die durch Knochenbildungen in den Obturatorsehnen entstehen.
Clerc-Dandoy (10) berichtet über einen grossen, radiographierten,
dann durch Nephrotomie entfernten Stein des Nierenbeckens.
Cole (11) wendet zur Darstellung der Nierensteine Röntgenstrahlen mit
elektiver Absorption bei einer äusserst kurzen Expositionsdauer von 7—14
Sekunden an wegen Verbrennungsgefahr und der stetigen Bewegung der
Niere. Unter 179 Fällen nur 2 mal Fehldiagnose, das einemal durch Kot,
das anderemal durch Gallensteine und Karzinom des Pankreaskopfes hervor-
gerufen.
Davis (12) berichtet über 4 geheilte Fälle von Nephrolithotomie, In-
zision durch die Niere. Wert der Röntgenstrahlen.
Fenwick (13) beweist an der Hand von drei auf Grund von Röntgen-
aufnahmen gestellten Diagnosen Harnleiterstein den grossen Wert von schatten-
gebenden Hamleitersonden bei auch nur leisem Zweifel über den Schatten.
Der Schatten erwies sich bei der Operation einmal als Verkalkung an der
Teilangsstelle der Bauchaorta und zweimal als verkalkte Mesenterialdrüsen.
958 Jahresbericht fOr Chimrgie. ü. Teil.
F n 1 1 e r (14) bespricht die Steiniiiere und ihre Behandlung und empfiehlt
dabei die Nephrotomie und partielle Nephrektomie.
Harris (15) betont, dass die Diagnose der Uretersteine vor Einführung
der Röntgenstrahlen und Ureteralkatheterisation fast nie möglich war, doch
auch jetzt sind Täuschungen möglich durch Phlebolithen oder Sesamoid-
knochen.
Herescu (20) rät bei Nierensteinen wo möglich nur die Nephrotomie
vorzunehmen statt der Nephrektomie, die nur ausgeführt werden soll, wenn
nicht alle Steine beseitigt werden können, oder wenn die Substanz derart
reduziert ist, dass von einer Funktionsfähigkeit nicht mehr gesprochen
werden kann.
Herescu (21) berichtet von der Entfernung eines Blasensteines durch
Sectio alta bei einem Kinde. Aus dem rechten Harnleiter Eiter. Harn-
leiter und Niere extraperitoneal freigelegt. Harnleiter stark erweitert, Niere
in eine grosse Eitertasche umgewandelt. Nephroureterektomie. Heilung.
Im Falle Herescus (22) handelte es sich um einen 26jährigen Stu-
denten, welcher seit dem 7. Lebensjahre an Schmerzen in der rechten Regio
lumbaris litt, und vor 14 Jahren Hämaturie, jede 2 — 3 Monate, seit
5 Jahren öfters hatte. Seit IV» Jahren ballottierende Geschwulst in der
rechten Regio lumbaris. Eine akute Blenorrhagie komplizierte den Fall, die
Schmerzen vermehrten sich sehr. Herescu führte eine Nephrostomie aus,
öffnete den grossen Galix, in welchem Eiter vorhanden war, der Ureter in-
duriert, dick, Induration am Promontorium, wahrscheinlich Calculus. Nach
2 Monaten violente linksseitige Nierenkolik, dann Pyurie. Nach 2 Monaten
Nephrotomie links nach Guyon; er legte den ganzen Ureter bloss und fand,
wo dieser die Arteria iliaca externa kreuzt, einen Stein, Ureterotomie, Ex-
traktion, dann Sutur des Ureters, Drainage durch die Harnblase und Urethra.
Stoianoff (Vama).
Herescu (23) berichtet von radiographisch nachgewiesenen Nieren-
steinen, die er durch zwei Nephrolithotomien, die er gewöhnlich macht und
eine Nephrektomie erhalten hat.
Herescu (24) berichtet von dem vor 2 Jahren wegen Diabetes insi-
pidus durch Nephropexie geheilten 17 jährigen Manne, dass er durch Nephro-
lithotomie auf der früher nicht operierten Seite einen Stein entfernte. Heilung,
auch Dauerheilung bezüglich des früher operativ behandelten Diabetes. (1903,
p. 783.)
Leonard (25) misst der Röntgendiagnostik für Nieren- und Hamleiter-
steine eine sehr wichtige Bedeutung bei, ein Nierenstein gibt eine unbedingte
Operationsindikation, nicht aber ein Hamleiterstein , der spontan abgehen
kann. Unter 330 Fällen nur 3^/o Irrtümer, dabei gefahrlos. Man soll mit
20 Volt oder weniger arbeiten, dann ist keine Kompressionsblende nötig.
Leonard (26) verfügt über 331 Untersuchungen auf Nierenstein mit
dem Röntgenverfahren mit 3^/o Fehldiagnosen. Ihm fiel das Überwiegen der
Uretersteine gegenüber Nierensteinen auf. Demgegenüber weist Albers-
Schöneberg auf die nicht selten nahe dem Darmbeinkamm sichtbaren,
kleinen, oft mit Uretersteinen verwechselten Schatten hin, Verkalkungen von
Bändern, welche nach Beclere in den Beckenbändem und in der Spin.
isch. (Stieda) zu sitzen scheinen. Nierensteine bis zu Elrbsengrösse herab
könne man bei nicht zu fetten Personen nachweisen; in Anbetracht der vor-
gekommenen Irrtümer soll der Urin genau untersucht werden (Blut), Nieren-
Ziegler, Verletznngen and chirarg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 959
schatten müssen immer homogen sein. Grunmach warnt bei Verdacht auf
Nierentumor mit der Blende zu komprimieren. Gowl erwähnt, dass reine
Harnsäure- nnd Zystinsteine, in Wasser röntgenographiert, keinen Schatten
werfen können. S trat er empfiehlt zur Aufnahme mit der Blende die An-
wendung eines Luffahschwammes.
LeTy-Dorn (27) zeigte eine Patientin, bei welcher bei der Röntgen-
aufnahme die rechte Niere mit grossen Steinen behaftet sich erwies, während
die linke Niere frei war, die Niere wurde dann wegen ihrer grossen Zerstö-
rung erfolgreich exstirpiert; dann bespricht er die Art der Aufnahme, die
Quer- und Domfortsätze müssen deutlich sein, ebenso die letzten Rippen nnd
der M. psoas, dann erwähnt er die Fehler bei der Aufnahme, die zu Täuschung
Veranlassung geben können.
Lilienthal (28) berichtet von einem Knaben, der unter unbestimmten
Erscheinungen erkrankte, Fieber, Schmerz in der Lumbairegion, Eiter und
Blut im Urin, allmählich teigige Fuktuation in der Lumbairegion. Auf In-
zision Eiter. Kein Stein durch Radiographie nachzuweisen. Stein spontan
passiert; Urin wurde dann klar.
Lucas (29) rät, da gelegentlich bei Nierensteinen das Röntgenverfahren
im Stich lässt, eine Erschütterung im Bauche hervorzurufen, um den Stein
zu lockern, so dass es zu Hämaturie und Kolik kommt durch Beugung und
plötzliche Streckung des Oberschenkels und Stoss der Ferse gegen den Fuss-
boden.
Morris (30) berichtet über die Entfernung von 16 röntgenographisch
nachgewiesenen Steinen aus der Niere. Die bestehende Hydronephrose war
durch eine abschnürende, bandartige, abnorme Arterie hervorgerufen. Unter-
bindung. Heilung, cf. Jahresbericht 1904 bei Hydronephrose.
Nicolich (31) berichtet von einer Heilung ohne Fistel bei schwerer
Urosepsis, bei schwerer Eitersteinniere durch Inzision der Pyonephrose und
Extraktion eines Steines.
O raison (32) fand bei einer septischen Steinniere einer älteren Frau
neben dem Stein im Nierenbecken ein grosses Pflasterzellenepitheliom. Femer
berichtet er über eine aseptische Steinniere. Lithotomie; Heilung.
Alfons Perard (33) behandelt die grossen Steine der Niere, die
eventuell unbemerkt bleiben können, jetzt durch die Radiographie entdeckt
werden können.
Pieranton i (34) teilt eine Steinbildung im Nierenbecken einer jungen
Frau, vermutlich im Anschluss an eine in der Kindheit überstandene Schar-
lachinfektion mit. Der Stein verschloss die Uretermündung, Hydronephrose,
Pyonephrose. Erst nach Entfernung des Steines Eiter im Urin.
Sick (35) demonstriert zwei im Röntgenbild nachgewiesene, auf opera-
tivem Wege entfernte Uretersteine. Beide Patienten geheilt.
Smart (36) bespricht die Diagnose der Nierensteine durch Röntgen-
strahlen. Zu kleine Steine, Fettleibigkeit, chronische Induration, Eiter er-
schweren die Aufnahme oder machen sie unmöglich. Vor der Aufnahme Ab-
führmittel, völlige Entkleidung, möglichste Annäherung der Niere an die
Platte, möglichst schwache Atmung, Täuschung durch Fremdkörper, zur Ver-
meidung von Irrtümern durch Plattenfehler Anwendung zweier Platten über-
einander; stets stereoskopische Aufnahme, und stets am Tage vor der Ope-
ration noch eine Aufnahme machen wegen allenfallsigen Lagewechsels der
Steine.
060 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
Stenbeck (37) berichtet über den Nachweis dreier Steine durch Röntgen-
strahlen in einem diagnostisch unsicheren Falle. Operation. Heilung.
Thorndike (38) befürwortet auf Grund von Beispielen bei grossen
Steinen die Nephrotomie statt der Nephrektomie.
Zadok und Deshayes (39) berichten von einer Steinanurie; bei der
rechtsseitigen Nephrotomie kein Stein gefunden. Unter Urämie Tod. Sektion:
Im rechten Ureter ein kleiner Stein, linke Niere in eine geschlossene, inkru-
stierte Tasche verwandelt, kompletes Fehlen des Ureters.
10. Anurie.
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Banby (1) berichtet über sieben Fälle von Kompression des Ureters
durch Uterustnmoren.
Carriere (2) hat acht Falle von nervöser Urämie mit Lumbalpunktion
behandelt, vier mit negativem, vier mit günstigem Erfolge. Sie kann ausge-
zeichnete Resultate geben, bei jungen Leuten, bei akuter Nephritis und
baldigstem Eingriff nach dem Beginne der urämischen Symptome die ent-
fernte Flüssigkeit ist jedenfalls hypertoxisch, wie durch Einspritzungen an
Meerschweinchen festgestellt werden konnte.
Clairmont (3) berichtet über fünf Beobachtungen renaler Anurie, von
denen drei Fälle als reflektorische Anurie aufzufassen sind. Aus den Fällen
erhellt die Existenz einer reflektorischen Anurie; sie wird ausgelöst durch
eine mit heftigen Schmerzen und Sekretionshemmung einhergehende Erkran-
kung der einen Niere. Bedingung für das Auftreten ist ein Reizzustand der
anderen Niere. Derselbe ist durch Veränderungen des Parenchyms gegeben,
welche die Niere empfindlicher machen, ohne ihre Funktion wesentlich zu be-
einträchtigen.
Guibal (4) berichtet von einer 9Vstägigen Anurie mit urämischen
Symptomen mit Aszites und Hydrothorax nach vorausgegangenen beider-
seitigen Nierenkoliken, wo er durch Nephrotomie rechts, der Seite, wo zuletzt
Schmerzen bestanden, Heilung erzielte.
Nassauer (5) berichtet über Anurie durch Kompression der Ureteren
durch ein grosses, intraligamentäres Ovarialkystom. Tod.
Bei sieben Kranken mit urämischem Koma, Hemiplegie, Amaurose etc.
machte Willson (6) Lumbalpunktion. Meistens schwanden die urämischen
Erscheinungen vollständig, bei allen traten mindestens vorübergehende Bes-
serungen ein. Ein Kranker, nachdem die Punktion die Erscheinungen ge-
mildert hatte, erhielt durch Missverständnis eine Kochsalztransfusion, worauf
sofortige Verschlechterung eintrat, die auch durch nochmalige Punktion nicht
Ziegler, Verletzangen und chirarg. Krankheiten der Nieren nnd Harnleiter. 961
■
I gehoben wurde. Ausser Punktion des Wirbelkanals wandte Willson Drastica,
I Dioretica und Akonit an. Heisse Packungen wirkten ebenso wie Transfusion
I oDgiinstig. Maass (New-York).
11. Funktionelle Nierendiagnostik.
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klin. Wochenschr. Nr. 15. p. 388 u. 391.
Albarran (1) bespricht im ersten Referat die einzelnen Methoden der
Diagnostik und der chirurgischen Erkrankungen der Niere. Die chemische
Untersuchung des Urins gibt nur zuverlässige Resultate bei mehrtägiger Be-
obachtung. Kryosköpie des Harns und des Blutes sind ungenau. Methylen-
blaureaktion und Phloridzinprobe können unter Umständen brauchbare Re-
sultate geben. Ureterenkatheterismus sehr wertvoll.
Im zweiten Referat hebt Kümmel den Wert des Röntgenverfabrens
bei Nierensteinen hervor, dann des Harnleiterkatheterismus oder, wo derselbe
nicht möglich ist, der Segregatoren. Auch die Phloridzinmethode ist branch-
bar. Auch behauptet er den Wert der Kryosköpie des Harns und Blntes.
Bei einseitiger Nierenerkrankung fand sich stets normale Blutkonzentration,
wo die Gesamtnierenfunktion keine Störung zeigte. Kryosköpie in Verbindung
mit dem Harnleiterkatheterismus hat grosse Bedeutung. Bei Erkrankung
einer Niere tritt sofort eine erhebliche Störung der Funktionen dieser Niere auf.
Im dritten Referat spricht Giordano zugunsten der altbewährten
Untersuchungsmethoden, Anamnese, Palpation, Nierenmassage nach Gior-
dano, Kenntnis der Schmerzpunkte, chemische Untersuchung usw. Ureter-
Ziegler, Verletzangen und chimrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 963
katheterismus, eventuell auch Harnseparation in der Blase. Daneben können
die neueren Untersuchungsmethoden unterstützend wirken.
Letztere verwirft Bazy, hebt aber den diagnostischen Wert der nächt-
lichen Pollakiurie hervor. Legueu empfiehlt die Hamseparation. Kap-
sammer empfiehlt die Indigokarminreaktion und die Phloridzinmethode. Hanne-
cart empfiehlt die Röntgographie für die Diagnostik der Nierensteine. Hart-
mann lobt die Beckenhochlagerung, bei negativem Befund der Radiographie
kann man keinen Schluss ziehen. Eryoskopie zweifelhaft, besser Methylenblau-
probe zu empfehlen, Hamseparation. Mit Separation, Methylenblau und mikro-
skopischer und chemischer Untersuchung hat er 120 Nephrektomien ohne
Todesfall.
AI bar ran (2) bespricht in einem ausführlichen Werk über die Nieren-
fnnktionen in einem ersten Teil die Gesamttätigkeit der Nieren, in einem
zweiten Teil das Verhalten der getrennten Funktion jeder Niere und dem-
gemäss die modernen Errungenschaften der Nierenchirurgie, von denen es
kein einziges Verfahren gibt, durch welches mit Sicherheit die Nierenfunktion
festgelegt werden kann, wohl aber ergänzen sich verschiedene Verfahren und
liefern diagnostische und prognostische Fingerzeige. Die kranke Niere funk-
tioniert viel konstanter als die gesunde. Je gesunder die Niere ist, desto
besser passt sich ihre Funktion grösseren Ansprüchen an ihre Tätigkeit an.
Zahlreiche Operations- und Untersuchungstabellen von 129 Kranken.
Bazy (3) berichtet von einer beiderseitigen Pyelonephritis, bei der er
wegen schlechtem Ausfall der Methylenblauprobe die Operation verweigert
hatte. Die nachfolgende Autopsie bestätigt die schwere Schädigung beider
Nieren.
Bierhoff (4) behandelt die grossen Fortschritte, die wir in der Nieren-
chirurgie dem Hamleiterkatheter und dem Kystoskop verdanken. Er ver-
zichtet auf Hamscheider und Kryoskopie. Bei Steinen im Nierenbecken Ein-
spritzung in das Nierenbecken, es entsteht dadurch Hämaturie, die für die
Diagnose verwertet wird.
Brown (5) zeigt in einigen Fällen den Nutzen des Kystoskops und
und Ureterenkatheters für die Diagnose.
Caird (6) lobt auf Grund von 11 Untersuchungen den Urinseparator
von Luys. Kochen des Instrumentes in Wasser, nicht Soda, Blase mit
warmer Borsäurelösung ausgewaschen, 40 ccm in der Blase zurückbehalten.
Vorteilhaft 10 Minuten vor der Untersuchung 4 ccm einer 4 ^/o igen Indigo-
karminlösnng intramuskulär einspritzen.
Gas per (8) verteidigt die modernen Untersuchungsmetboden der funk-
tionellen Nierendiagnostik gegen verschiedene Einwände, besonders von Israel
und Rovsing. Er rät zu einem Probefrühstück aus 50 — 100 ccm Milch,
zwei Eiern, einem Weissbrot mit Butter, zwei Stunden darauf Beginn der
Untersuchung. Nachdem die Hamabsonderung aus den Harnleitern im Gange
ist, Injektion von 0,1 Phloridzin. Erste Probe gibt die bis zum Auftreten
der Glykosurie (meist ca. 15—20 Minuten) abgesonderte Menge, die nächsten
10 g sind die zweite Probe. Sollte einmal ein zweifelhafter Fall vorkommen,
empfiehlt er nochmalige Untersuchung nach Injektion von 0,02 Phloridzin.
Unter Anwendung des Hamleiterkatheterismus haben sich die Todesfälle auf
9,5 ®/o vermindert, die Nierentode auf 0,5 Vo unter einer Zusammenstellung
von 508 Nephrektomien.
61*
964 Jahresbericht fOr Chirurgie. IT. Teil.
Castaigne(8) gibt einen Überblick über die moderne Nierendiagnostik.
Cat heiin (9) empfiehlt auf Grund seiner Erfahrung seinen Urinsegre-
gator zur endovesikalen Scheidung des Urins beider Nieren.
Bruce Clarke (10) lobt den Hamscheider von Luys und stellt ihn
sogar über den Ureterenkatheterismus.
Cohn (11) findet auf Grund seiner ausgedehnten Untersuchungen, dass
ein abschliessendes Urteil über den klinischen Wert der vergleichenden Ge-
frierpunktsbestimmungen des Blutes und anderer seröser Flüssigkeiten zur
Zeit nicht erlaubt ist, er verlangt Verwendung des Gesamtblutes, Regelung
des diätetischen Verhaltens des Untersuchten und möglichste Vermeidung der
von ihm erwähnten Fehlergrenzen der Methoden der Gefrierpunktsbestimmung.
1. Der wirkliche Gefrierpunkt des normalen menschlichen Blutes liegt bei
— 0,537. —0,56 gibt die durchschnittliche Höhe des scheinbaren an. Er
schwankt nach seinen Beobachtungen bei Nieren Gesunder zwischen — 0,517
und — 0,562. 2. Beim Hunde ist das venöse Blutserum molekular dichter
konzentriert als das arterielle. 3. Für keine Form der Nephritis ist eine
bestimmte molekulare Blutdichte charaikteristisch. Bei chronischer Nephritis
liegt der Blutgefrierpunkt sehr häufig bei Urämie meist abnorm tief. 4. Der
Blutgefrierpunkt gibt keine zutreffende Indikation zur Nephrektomie (im Gegen-
satz zu anderen).
Couvee (12) glaubt als Ursache des Todes nach Entfernen beider Nieren
bei Kaninchen die hohe molekulare Konzentration des Blutes und der Gewebs-
safte annehmen zu dürfen.
Nach Denis (13) ist die beste Methode, den Harn beider Nieren ge-
trennt zu bekommen, der Ureterenkatheterismus, weil er gleichzeitig eine
kystoskopische Untersuchung der Blase ermöglicht und über die Durchgängig-
keit des Ureters, resp. über die Art des Hindernisses Aufschluss gibt. Die
endovesikale Scheidung ist einfacher und gibt mit dem Luys sehen Instrument
auch einwandfreie Resultate.
Fenwick (14) bespricht die modernen Methoden zur Diagnose der
Nierenkrankheiten und die Irrtümer, die daraus entstehen können; jede für
sich allein ist unsicher. Barker hebt den Wert der Kryoskopie hervor.
Gar gar (15) findet auf Grund histologischer Untersuchungen, dass die
Methylenblauausscheidnng bei Fröschen ausschliesslich in den Kanälen, nicht
in den Glomeruli der Niere stattfindet.
Glaser (16) berichtet über die bei 100 Fällen mit der Phloridzin-
methode gewonnenen günstigen Resultate in bezug auf die funktionelle Nieren-
diagnostik.
Grandjean Alexandre (17) empfiehlt zur Scheidung des Urins bei
den Nieren den Apparat von Cat heiin, dessen Anwendung einfach» nicht
schmerzhaft auch beim Manne, ohne Gefahr ist. Er soll die andern Methoden
nicht verdrängen, sondern ergänzen.
Nach Herhold (18) sei die Hauptsache vor Ausführung der Nephrek-
tomie die bakterielle und chemische Untersuchung des aus dem Ureter der
andern Niere entnommenen Urins, dann die Phloridzin- und Harnstoffprobe
bei positivem Ausfall.
Israel (19) bestreitet Kümmels und Caspers Behauptung, die
Sterblichkeit nach Nephrektomien nehme ab unter dem Einfiuss der funktio-
nellen Diagnostik. Er hält nichts auf Blut- und Hamkryoskopie oder die
Phloridzinmethode, auch nicht unter Berücksichtigung des Zeitpunktes des
Ziegler, Verletzangen und chirnrg. Krankheiten der Nieren and Harnleiter. 965
Eintrittes der Zuckerreaktion. Israels Mortalität nach Nephrektomien ohne
Anwendung der funktionellen Methoden
vor 1901 28% Mortalität
nach 1901 lOVo
Auch nicht durch den Uretherenkatheterismus ist die Verbesserung be-
dingt, sondern durch die frühzeitige Diagnose. Die Statistiken sind schwer
zu beurteilen, weil sie verschiedenes Material betreffen.
Kapsammer (20) behandelt die neuen Methoden zur Bestimmung der
Funktionsgrösse jeder einzelnen Niere kritisch unter Beziehung auf einzelne
Fälle. Die Separatoren können keineswegs den Ureterenkatheterismus er-
sparen. Der Wert der Kryoskopie ist ein fraglicher, die Probe mit dem
Methylenblau ist zu verwerfen, dagegen die Indigokarmininjektion in Ver-
bindung mit dem Ureterenkatheterismus ist wertvoll, ebenso auch die
Phloridzinprobe. Erscheint der Zucker 12 — 15 Minuten nach der Injektion
von 0,01 Phloridzin (warme Lösung!), beweist dies bei Abwesenheit von paren-
chymatöser Nephritis die Gesundheit oder Funktionsfähigkeit der Niere.
Kelen (21) bespricht in einem Sammelreferat die Bedeutung der Koch-
salzentziehung bei der Behandlung der Nephritis. Literatur.
Keydel (22) hält den Luys sehen Harnsegregator auf Grund von
3ö eigenen Fällen für gut und gut vertragbar. Wenn bei dessen Anwendung
grössere Differenzen in quantitativer Hinsicht zwischen rechts und links be-
standen, wenn der Abfluss unregelmässig war, so dass verschieden grosse
Pausen vorkamen, war eine tiefere Schädigung der einen oder beider Nieren
zu befürchten. Vorübergehend beobachtete er durch das Einlegen der Harn-
scheiders Oligurie.
Klotz (23) berichtet über seine Erfahrungen über Ureterkatheterisation
an 20 Fällen, grösstenteils Nephrolithiasis.
Kock (24) bespricht aus der Klinik Rovsing die funktionelle Nieren-
diagnostik. Betreffs Blutkryoskopie findet er bedeutend grössere Schwankungen
als man bisher angenommen hat. Bei normaler osmotischer Konzentration
können urämische Erscheinungen vorkommen, ebenso doppelte Nierenleiden,
es ist nicht im allgemeinen die Vornahme jeder Nephrektomie zu gestatten;
bei vermehrter osmotischer Konzentration kann man nicht ein doppelseitiges
Leiden oder eine Funktionsstörung der Nieren folgern, eine Nephrektomie
verbieten. Im allgemeinen verwirft er nicht die funktionelle Diagnostik, stellt
aber die alten chemischen und mikroskopischen Untersuchungsmethoden
wieder in den Vordergrund. Eine zuverlässige Methode zur Abschätzung der
Arbeitsfähigkeit der Nieren gibt es vorläufig nicht.
Kockels (25) empfiehlt zur Prüfung der Nierenfunktion in erster Linie
die Chromozystoskopie nach Völcker und Joseph, dann die Phloridzinprobe
und die Kryoskopie, zur Scheidung des Urins den Harnleiterkatheterismus.
Kolischer und Schmidt (26) wollen in ihren Versuchen einer neuen
funktionellen Nierendiagnostik die elektrische Leitungsfähigkeit des Urins
nach Injektion einer Indigo karminlösung bestimmen. Bei normalen Nieren
findet sich nach Indigokarminlösunginjektion eine Herabsetzung der Leitung-
fäbigkeit, die 9 Ohm nicht überschreitet. Bei gestörter Nierenfunktion ist
nach der Injektion eine vermehrte Leitungsfahigkeit zu verzeichnen, steigt
diese über 20 Ohm, dann kein chirurgischer Eingriff.
Kümmel (27) berichtet über 3 Nierenexstirpationen, bei denen die
regelmässigen Gefrierpunktsbestimmungen wichtige Aufschlüsse gaben.
966 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
Nach Lepine (28) gibt es sicher eine toxische Glykosurie darch Phlo-
ridzin renalen Ursprunges; vielleicht gibt es auch eine nervöse Glykosurie.
Lichtenstern und Katz (29) finden nach Versuchen am gesunden
und kranken Menschen und am Tier den klinischen Wert der Phloridzin-
methode als Reagens für Gesund- oder Kranksein der Niere zweifelhaft, Ver-
spätungen oder gänzliches Ausbleiben der Zuckerreaktion dürfen nicht als
Beweis für Erkrankungen des Organs aufgefasst werden, die schwerkranke
Niere des Menschen kann prompt innerhalb der normalen Zeit Zucker geben.
Lichtenstern (30) erklärt im Gegensatze zu Kapsammer die Harn-
segregatoren für zuverlässig, schonend und ungefährlich (200 Fälle).
Kichter (32) hält gegen neuere Einwände fest, dass die Gefrierpunkt-
bestimmung des mittelst Hamleiterkatheterismus gesondert aufgefangenen
Urins jeder Niere und die Prüfung der Zuckerausscheidung nach Phoridzin-
injektion über die augenblickliche Leistung jeder Niere unter gewissen Vor-
sichtsmassregebi sicher unterrichten. Dabei muss der Hamleiterkatheter
2 Stunden oder länger liegen gelassen werden, Gefrierpunkt und Zuckerans-
scheidung sind zeitlich getrennt zu untersuchen, Phloridzinprobe ist unschädlich,
die Untersuchung soll entweder nüchtern oder nach einer einfachen, wenig
Salze enthaltenden Mahlzeit ausgeführt werden.
Köthlisberger (33) empfiehlt zur Gefrierpunktsbestimmung zur
Kälteerzeugung statt des Eises beim Beck mann sehen Gefrierapparate
Äther zu nehmen. (Zeichnung!)
Rovsing (34) berichtet auf Grund von 112 Nephrektomien, die Indi-
kationen und Resultate der Nierenexstirpation, speziell bei Nierentuberkulose.
Betreffs Nephrektomie bei Tuberkulose gibt es 3 Anschauungen: 1. die kon-
servative, bei nutzloser, lange dauernder innerer Behandlung und bei rasch
fortschreitender Tuberkulose Nephrektomie (Israel), jede lokale Tuberkulose
gibt die Möglichkeit einer Spontanheilung. 2. Die gemässigte (Küster),
welche die Resektion unter gewissen Umständen gestattet, Rovsing dagegen.
3. Die radikale (Kümmel u. a.), für die er auch eintritt, bei jeder ein-
seitigen Nierentuberkulose Nephrektomie. Bei Mitbeteiligung der Blase mit
ihren schmerzhaften Tenesmen und Blutungen Spülungen mit 5 ^/oiger Karbol-
lösung, binnen wenigen Wochen vernarben die Geschwüre. Selbst weit fort-
geschrittene Blasentuberkulose ist nicht Kontraindikation für Nephrektomie.
Kleine Ulzerationen an der Uretermündung können ausheilen. Auch bei
Genitaltuberkulose, bei einseitiger Nierentuberkulose Nephrektomie. In der
Frage, inwieweit die andere Niere als funktionsfähiges Organ existiert, ist
von der Methylenblauprobe nichts zu erwarten, Indigokarmin ist besser, aber
auch nicht sicher. Bei normaler Hamstoffmenge ist die Niere funktionsfähig,
dagegen hat er trotz sehr niedriger Harnstoffmenge unter 112 Fällen 31 mal
mit Erfolg die Nephrektomie gemacht. Auch die Phloridzinprobe ist unzu-
verlässig, 9 mal hat er trotz negativen Resultates der Probe die Nephrektomie
gemacht, 8 Patienten sind geheilt worden, dagegen ist eine Niere, die prompte
Zuckerausscheidung gibt, nicht insuffizient. Die Blutkryoskopie hat von
50 Fällen 12 mal ein irreleitendes Resultat ergeben, auch bei ausserordent-
lich vorgeschrittenem doppelseitigen Nierenleiden hat er einen normalen Ge-
frierpunkt gefunden. Unter 112 Nephrektomien 9 Todesfälle = SVo Mortali-
tät, Schmieden = 17,4 ®/o.
Vor 1901 52 Nephrektomien 7 Todesfälle = 13,2 7o Mortalität,
nach 1901 60 ^ 2 ^ = 3,3^/0 ^
Ziegler, Verletzungen und Chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 967
Die FunktioDsfahigkeit lässt sich durch keines der bis jetzt angegebenen
Verfahren zur Nierenfanktionsnntersnchnng sicher bestimmen. Eine herab-
gesetzte Nierenfunktion ist nicht identisch mit herabgesetzter Nierenfunktions-
Migkeit. Die verbesserten Resultate sind nicht durch die Nierenfunktions-
notersuchungen herbeigeführt, sondern durch die Ureterkatheterisation und
Norgfältige chemische, mikroskopische und bakteriologische Untersuchung des
Ton der Niere direkt aufgefangenen Urins. Hat er den aufgefangenen Urin
ohne Albnmen, Blut und Mikroben gefunden, hat er in der Regel den opera-
tiven Eingriff für berechtigt gehalten. Die Ureterkatheterisation kann nicht
durch die verschiedenen Hamsegregatoren ersetzt werden.
In der Diskussion bekennt sich Kümmel auch als Anhänger des
Ureterenkatheterismus, doch hält er viel auf die Kryoskopie. Kapsammer
hält die Kryoskopie für überflüssig, dagegen die Hamstoffbestimmung für
wichtig. Auch die Methylenblaumethode in Verbindung mit dem Ureter-
katheterismus. Völcker weist auf die Wichtigkeit der Indigokarminprobe
mit und ohne Ureterkatheterismus hin. Gohn bezweifelt die Genauigkeit
der Blutkryoskopie. Frank hebt die Wichtigkeit der Segregationsmethode
her?or. Rumpel betont die Konstanz des normalen Gefrierpunktes. Nico-
lich hat unter 35 Nephrektomien eine Mortalität von 17,1 ^/o. Er trennt
den Harn beider Nieren zur Untersuchung mittelst Ureterkatheterismus,
Nierenmassage und Kompression des Ureters der andern Seite. Barth hält
die Kryoskopie für zuverlässig. Strauss weist auf die Möglichkeit einer
frühen Diagnose hin durch die funktionellen Methoden. Götzel hat be-
ginnende Nierentuberkulose durch Injektion von Tuberkelbazillen in die Ohr-
vene erzeugt.
Rovsing (35) hält die quantitative Hamstoffbestimmung für sehr wert-
Toll, um die Leistungsfähigkeit der Nieren vor Operationen zu erproben, die
Blatgefrierpunktsbestimmung und Phloridzinprobe für unsicher, wie er an
Beispielen zeigt. Die Phloridzinprobe kann erst nach 3—5 Stunden ihren
Höhepunkt erreichen , sie kann zu Täuschungen Veranlassung geben durch
die Polyurie infolge von Reflexwirkung, auch kann sie manchmal Hämaturie
erzeugen. Ein normaler Blutgefrierpunkt garantiert nicht für die Gesundheit
der andern Niere, anderseits spricht nicht ein niederer Blutgefrierpunkt für
doppelseitige Nierenerkrankung. Nicht durch Kryoskopie und Phloridzinprobe
wird die Mortalität der Nephrektomie herabgedrückt, sondern durch die
Ureterzystoskopie, er hat trotz Vernachlässigung der beiden ersten Methoden
auch eine geringere Mortalität gegen früher.
Ruggi (36) hat, um den Einfluss der Nephropexie auf die Nieren-
funktion zu prüfen, bei 12 Nephroptosen vor und nach der Nephropexie die
Methylenblauausscheidung geprüft und dabei gefunden: bei 8 ist das Er-
scheinen des Methylenblau gleich geblieben, bei 3 trat es früher ein, bei 1
später. Das Maximum der Ausscheidung trat in 6 Fällen früher, in 4 ver-
spätet, in 2 unverändert ein. Die Gesamtdauer der Ausscheidung 9 mal ver-
kürzt, 3 mal unverändert, nie verlängert.
Rumpel (37) richtet sich gegen Rovsings Behauptung der Unzuver-
lässigkeit der Kryoskopie.
Steensma (38) vergleicht die von Koranyi, Claude und Baltha-
sar d aufgestellten, als Massstab für die Funktion der Nieren dienenden
Formeln.
068 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Steyrer (39) betont, dass die durch den Ureterenkatheterismus be-
wirkte Polyurie, Anurie oder Oligurie betreffs Kryoskopie oder elektrischer
Leitfähigkeit zu falschen Resultaten führen können.
Yedova (40) hat einen neuen endovesikalen Hamseparator angegeben,
der die Form eines Mercierkatheters hat, aber aus drei Stäben besteht, von
denen zwei ventral und seitlich angeordnet sind, während der dritte dorsal
und in der Mitte liegt. Jeder hat eine doppelte Reihe von Öflfnungen. Der
Schnabel des Instrumentes passt sich dem Trigonum vesicae in der Mittel-
linie an. Die richtige Lage wird dadurch festgestellt, dass aus dem mittleren
Rohre keine Flüssigkeit abfliesst.
Völcker (41) spricht über den Wert der zystoskopischen Beobachtung
des durch Indigokarmin blau gefärbten Urinstrahles zur Beobachtung der
feineren Sekretionsarbeit der Niere und zur Unterleibs- speziell Nierendia-
gnostik. Er zeigt die Präparate von 22 auf Grund seiner Untersuchungen
exstirpierten Nieren, nie Irreleitung. Er hat zur quantitativen Farbstoff-
bestimmung ein dem Fleischischen Hämoglobinometer ähnliches Chromo-
meter konstruiert.
Nach Vogel (42) ist der Harnleiterkatheterismus das wichtigste für
die funktionelle Nierendiagnostik, Kryoskopie, Phloridzinprobe und quantita-
tive Hamstoffbestimmung kommen erst in zweiter Linie in Betracht.
Walker (43) bespricht die Separation des Urins jeder Niere, be-
schreibt die verschliedenen Instrumente und befürwortet die Segregatoren
gegenüber der Ureterenkatheterisation.
Ziesche (44) gibt ein Sammelreferat von 640 Arbeiten über den klini-
schen Wert der Kryoskopie von Blut und Harn, auf Grund dessen er die
Kryoskopie für eine wertvolle Ergänzung unseres klinischen Rüstzeuges hält.
Zuckerkandl (45) fand betreffs Phloridzinprobe, dass es kranke Nieren
gibt, die Zucker ausscheiden, und gesunde, in denen wir diesen vermissen,
während Kapsammer der Phloridzinprobe hohen Wert beimisst. Eine tuber-
kulös schwer veränderte Niere kann klaren, eiweissfreien Harn liefern und
nach den funktionellen Methoden als gesundes Organ imponieren.
12. Nierenblutung.
1. Cr ist an, De la nephrectomie dans nephrorrhagies. Dies. Bordeaux 1905.
2. Garrod, Hämatarie. Lancet 28. I. 1905. p. 228.
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klin. Wochenschr. 1905. Nr. 4. Bef. Münch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 5.
Nach Cr i stau (1) haben die Nierenblutungen zahlreiche Ursachen und
oft weiss man es nicht, meist sind es chronische Nephritiden. Nephrotomie
kann dauernde Blutstillung bewirken. Selbst bei Tuberkulose und Krebs,
wenn die Nephrektomie kontraindiziert ist durch den Zustand der anderen
Niere, könnte man zur Blutstillung an die Nephrotomie denken.
Garrod (2) bespricht die verschiedenen Ursachen der Hämaturie.
Porter erwähnt noch den starken Spargelgenuss. Swan bemerkt, bei einer
tuberkulösen Kystitis kann die Blutung das einzige Symptom sein.
Ziegler, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 969
Gnnn (3) berichtet über fünf Fälle von schmerzloser Blutung aus ver-
schiedener Ursache.
Nach Schüller (4) ist für jede Nierenblutung eine anatomische Ur-
sache vorhanden, die essentiellen Nierenblutungen sind Symptome einer
Nephritis, auch bei Einseitigkeit. Zwei Krankengeschichten. Der operative
Eingriff bringt wohl die Blutung zum Schwinden, nicht aber die Albuminurie.
Solieri und Zanellini (5) veröffentlichen einen klinischen Fall von
schwerer, seit sechs Monaten datierender Hämaturie von Nierenursprung
bei einer 40 jährigen Frau. Es wurde zur Nephrektomie der durch direkte
Inspektion der Ureterpapille mittelst der Cystotomia supra pubica als krank
nachgewiesenen linken Niere geschritten.
Bei der mikroskopischen Untersuchung des entfernten Stückes konnte
festgestellt werden, dass die Niere vollkommen gesund war: Die Blutung
rührte aus der Beckenschleimhaut her, welche sich schon nach dem makro-
skopischen Aussehen verändert zeigte. Verflf. fanden in der Tat in der Schleim-
haut und Unterschleimhaut des Beckens zahllose LymphfoUikel, welche sich
unterhalb der Schleimhaut selbst vorwölbten. Die Struktur dieser Follikel
war vollkommen der normalen Struktur der Darmschleimhautfollikel ähnlich.
Yerff. bringen diese Neubildung in Zusammenhang mit dem entodermalen
Ursprung des Nierenbeckens. R. Giani.
Zuckerkandl(6) berichtet von einem jungen Manne, der viele Wochen
hindurch an unstillbarer Nierenblutung litt. Freilegung der Niere, Ablösung
der Kapsel, Versenkung der Niere in ihre Fettkapsel. Sistieren der Blutung.
Auf Grund von drei operierten und mehreren nicht operierten Fällen glaubt
er, das anatomische Substrat der essentiellen Nierenblutung seien stets Ver-
änderungen der Niere im Sinne der Entzündung.
13« Geschwülste und Zysten.
a) Zysten.
1. Ali-Krogius, Über die mit dem Nierenbecken kommanizierendeii pararenaien Zysten.
Nord. med. Arkiv Bd. XXVII. III. Folge. Bd. IV. Abt. I. Nr. 1. Ref. Zentralbl. f. Cbir.
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970 Jahresbericht für Ghinirgie. II. Teil.
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b) Geschwülste.
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25. MacGarty, Malignes Hypemephrora. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 44. p. 114.
26. Eisenbach, Max, Ein Fall Ton primärem Sarkom der Niere. Diss. Tübingen 1905.
(Wird im nächsten Jahre ref.)
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28. Friediger, Adolf, Ein Nierensarkom von seltener Grösse bei einem 4j&hrigen
Kinde. Diss. München 1905.
29. Funcoius, Bruno, Ober von versprengten Nebennierensteinen ausgehende Tumoren
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30. Gaul ti er, Cancer latent du rein. Bull, et m^m. de soc. anat. 1905. Nr. 1. p. 94.
31. Gene wein, Über Hämatome der Niere. Zeitschr. f. Heilkde. XXII. Bd. H. 10. 1905.
Ref. Manch, med. Wochenschr. 1905. Nr. 45.
32. Grögoire, Les propagations du cancer du rein. Soc. anat. 1903. Nov. Ann. des
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Ziegler, Yerleizangen und chirarg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 971
48. Richards, Growth of the kidney and adrenals. Guy. hosp. reports 1905. Vol. 59.
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50. Rosenbach, Eongenitale Nierentnmoren. Gea. d. Ghar.-Ärzte Berlin 6. VII. 1905.
Deoiaehe med. Wochenschr. 1905. Nr. 32.
51. Schmid, Richard, Beitrag zur Kenntnis der Nierenaarkome im Kindeaälter. Dies.
Mfinehen 1905.
52. Sionriani, Maligne Neubildungen der Niere. Gazz. di ospedali Nr. 121. Ref.
Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 43.
53. Steiner, Ernst, Über Mischgeschwfilste der Niere. Dias. Wfirzburg 1905.
bL Vecchi, Doppelseitiges Nierensarkom. Virchows Arch. Bd. 182. p. 282.
55. Winternitz, Nephrektomie bei einem Kinde von 11 Monaten wegen Tumor. Buda-
peeter Arztever. 11. III. 1905. Oryosi Hetilap 1905. Nr. 12.
a) Zysten.
Ali-Krogins (1) bespricht im Anschlnss an einen eigenen Fall die
seltenen mit dem Nierenbecken kommunizierenden pararenalen Zysten.
Beck (2) bespricht einen Fall von multilokularen Zystennieren bei einem
55 jährigen Fräulein, deren beide Schwestern an zystischer Degeneration der
Nieren gestorben waren, die eine ohne, die andere mit Operation, transperi-
toneale Laparotomie, rechte Niere mit über 100 Zysten entfernt; 11 Tage
nach der Operation gestorben an Urämie. Er warnt wegen der gewöhnlichen
Doppelseitigkeit solche Nieren zu operieren.
Berti er (3) zeigt grosse polyzystische Nieren, die einer 49 jährigen
Frau entstammten, die unter dyspnoischen Erscheinungen mit Eiweiss im Urin,
(>demen, Abmagerung gestorben war. Nierengewebe sehr reduziert.
Eil Ion (4) zeigte eine enorme polyzystische Niere eines 50jährigen
Fräuleins, die wegen grosser Beschwerden, Schmerzen im Leib, Polyurie, Ab-
magerung, durch Laparotomie entfernt wurde, Tod an Urämie, an der Niere
der anderen Seite fanden sich ähnliche Veränderungen, aber geringer.
Collis und Hewetson(5) fanden bei einer 36jährigen Frau und ihrem
43}ährigen Bruder doppelseitige Zystennieren. Da die eine Seite grosse Be-
schwerden machte, wurde bei beiden Kranken die eine Niere entfernt. Die
Frau wurde danach viel besser und war noch drei Jahre nach der Operation
völlig wohl und arbeitsfähig. Der Mann dagegen wurde nur wenig gebessert
imd starb sieben Monate später unter Zeichen der Niereninsuffizienz. Die
Verff. empfehlen statt der Nephrektomie die Inzision der Niere mit Eröffnung
aller grösseren Zysten und Drainage. Dies kann auch an beiden Nieren in
Zwischenräumen geschehen; Fisteln bleiben danach fast nie zurück. In dem
einen Falle wog die Niere 408 g, im anderen 1300 g.
Esmouet(6) berichtet über eine zystische Erkrankung der Nierenrinde
bei Kaninchen.
A. Etcheverry (7) bespricht die seltenen Blutzysten der Niere, Zysten
mit hämorrhagischem Inhalt an der Niere, ohne Verbindung mit dem Becken
und bei der histologischen Untersuchung ohne das Bild eines Krebses, die
noch dunkel in ihrer Pathogenese und selten richtig diagnostiziert sind. Die
Blntnug in der Wand der Zysten ist die Hauptgefahr, sie kann so schwach
sein, dass sich nur der seröse Inhalt etwas färbt oder sie kann auch so stark
sein bei der Operation, wie er zwei Fälle berichtet, dass sie die Nephrektomie
erfordert und, dass der Tod eintritt, bevor man den Nierenstiel unter-
binden kann.
972 Jahresbericht für Chirurgie. Tl. Teil.
Gösch, Claudius (8) berichtet von einer transperitonealen Nephr-
ektomie wegen Nierenechinococcnszyste , die irrtümlich für eine Ovarialzyste
gehalten wurde.
Groves (9) berichtet von einer Nephrektomie w^en einer grossen
polyzystischen rechten Niere mit Schmerzen, Blutung und Abmagerung, an-
fänglich guter Verlauf, dann Anurie, trotz Nephrotomie links, bei der ein
Stein entfernt wurde, Tod. Autopsie : linke Niere, wie die rechte mit Zysten
übersät, mehrere Steine, ein Stein im Ureter, auch in der Leber Zysten.
Lemaire (10) berichtet von einem 34jährigen Manne, der mit den
Zeichen einer chronischen Nephritis mit Hämaturie und Lumbaischmerzen
aufgenommen. Plötzlicher Tod. Beiderseits grosse polyzystische Nieren mit
zystischer Degeneration der Leber.
Martini (11). Es handelte sich um eine vereiterte Echinococcuszyste
der rechten Niere, die nicht diagnostiziert werden konnte, bevor der Patient
Eiter und Blasen mit dem Harn zu entleeren begann.
Der Patient, ein junger Mann von 28 Jahren, befand sich 3 Tage,
nachdem die Anwesenheit von Blasen in dem Harn konstatiert worden war,
in so allarmierendem Zustande, dass man lange erwägte, ob es angemessen
sei, den Kranken selbst dem Risiko eines Eingriffes auszusetzen, dessen
Wirksamkeit damals höchst fraglich erschien. Da jedoch der Patient, er-
schöpft durch die langen Leiden, deren Anfang auf ungefähr drei Monate
zurückging, verlangte auf jede Weise davon befreit zu werden und auf der
anderen Seite auch seine Angehörigen keinen Einspruch erhoben, so wurde
beschlossen, ihn zu operieren.
Da im Hinblick auf die beobachteten Symptome nicht ausgeschlossen
werden konnte, dass der Krankheitsprozess , der sich durch eine enorme
Geschwulst in der rechten Regio costoiliaca mit vollkommen abdominaler
Entwickelung geäussert hatte, sich primär in der Leber lokalisiert und sich
in der Folge auf die Niere ausgedehnt hätte und auch in der Erwägung, dass
der Tumor durch Verwachsungen fixiert erschien, machte Verf., anstatt zum
Lendensohnitt zu greifen, eine lange Inzision auf dem vorspringendsten nnd
fluktuierenden Teil der Geschwulst, entleerte eine ungeheure Menge Eiter und
Blasen und stellte zu gleicher Zeit fest, dass die Zyste einzig die Niere in
Mitleidenschaft zog. Den Zystenbalg, der ringsum bis auf eine kurze Strecke
an seinem untersten und inneren Teil feste Verwachsungen eingegangen war,
befestigte er an der Bauchwand. Am 6. Oktober, 3 Wochen nach dem
ersten Eingriff, schritt Verf., um den Abfluss der eiterigen Sekretion und
des Urins, die sich in der Abszesshöhle ansammelten, zu erleichtem, zum
Lendenschnitt. Der Sack füllte sich in einem Zeitraum von ungefähr
3 Monaten langsam aus, und die daraus sich ergebende Nierenfistel verschloss
sich ebenfalls vollständig.
Verf. hat es für angezeigt gehalten, über diesen Fall zu berichten,
wegen der relativen Seltenheit der Echinococcusblasen der Niere (115 mal
auf 2111 gesammelte Fälle = 5,44%, nach der Statistik von Honzel) be-
sonders der rechten und auch wegen des operativen Erfolges, in Berück-
sichtigung des hoffnungslosen Zustandes, in dem sich Patient im Moment des
Eingriffes befand. R. Giani.
Mouisset und Borne (12) berichten von grossen, beiderseitigen, poly-
zystischen Nieren eines alten Mannes, der in kurzer Zeit unter Herzerschei-
nungen mit Schwindel und Hämaturie starb.
Ziegler, Yerleizangen und chinirg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 973
Patel (13) zeigt zwei polyzystische Nieren.
Sie entstammen einer 49jfthrigen Frau, die nach vorausgegangenem linksseitigen
Steinlelden an kompleter Annrie seit sechs Tagen litt; linke Niere freigelegt, enorm ver-
gröasert, mit reichlichen Zysten, Dekapsnlation. Anfänglich Besserung, dann Verschlechte-
roBg ond Tod.
In beiden Nieren Steine, nur wenig Drüsengewebe erhalten; histologisch
das Bild einer chronischen Nephritis mit Zysten.
Paton (14) berichtet von der Entwickelung einer Echinokokkenzyste in
der Niere, bei einem Manne, der nie aus England hinausgekommen war. Erst
nach der Laparotomie Stellung der Diagnose. Keine deutliche Fluktuation,
keine Flüssigkeit durch Aspiration. Erst nachher Austritt einiger Hydatiden-
zysten. Inzision. Tamponade Tod.
Beitter (15) zeigte eine grosse, doppelseitige Zystenniere bei einer
37 jährigen Frau mit wenig Beschwerden.
Reque (16) erwähnt sieben Fälle von Zystenniere, zwei davon verge-
sellschaftet mit Zystenleber.
Sato (17) berichtet von einer nach Gonorrhöe entstandenen pyelitischen
Zysten-Niere, die mit Erfolg exstirpiert wurde im Gegensatz zu den gewöhn-
\\eh doppelseitig auftretenden angeborenen Zystennieren.
Sieber (18) entwirft auf Grund von zwei eigenen Fällen und 211 aus
der Literatur gesammelten Fällen ein Bild der Zystenniere bei Erwachsenen
und warnt dringlich vor einem operativen Eingriff, der nur bei zwingender
Indikation, bei Eiterungsprozessen und bei Anurie in Nephrotomie bestehen soll.
Souligoux und Gouget (19) besprechen die grossen, seltenen, der
Niere anliegenden, nicht neoplastischen, nicht traumatischen, stets verschieden
blathaltigen Zysten der Niere, anschliessend an einen eigenen Fall und 7 aus
der Literatur gesammelten Fällen. In seinem Fall handelt es sich um eine
vom Nierenbecken entfernte, dem oberen Pol der Niere angelagerte Blutzyste,
innen glatt, die Zystenwand verschieden dick, innen Fibrin, dann Binde-
gewebe mit grossen Venen und hämorrhagischen Herden, in der äusseren
Wandschicht Spuren von Nierengewebe, was den Ursprung dieser Zysten von
der Niere beweist, Niere normal, auch wie stets die andere, was sehr wichtig
ist wegen einer eventuellen Nephrektomie wegen der Blutung, häufig Ad-
härenzen mit den benachbarten Organen. Für die Diagnose ist wichtig:
1. Das allmähliche Wachsen der Geschwulst, 2. die Anämie des Kranken.
Bei der Therapie: Punktion, dabei kann eine lebensgefährliche Blutung auf-
treten, Resektion der Wand, Marsupialisation, Tamponade, oder schliesslich
Nephrektomie, hauptsächlich wegen der Blutung.
Stauder (20) berichtet über die erfolgreiche Nephrektomie eines
Falles von vereiterter multilokularer Zystenniere bei einer 48 jährigen Frau.
Hoher Mortalitätsprozentsatz 44% wegen der Gefahr der Doppelseitigkeit.
Er schlägt vor:
1. Einseitige und beiderseitige Zystenerkrankung für gewöhnlich der
internen Behandlung zu überweisen.
2. Der Chinirg hat das Recht, zur Entfernung einer grossen Zystenniere
ZQ schreiten, wenn Dyspnoe, Schmerzen, Hämaturien den Zustand ver-
schlimmem, wenn sich eine Erkrankung der anderen Niere noch nicht nach-
weisen lässt.
3. Der Chirurg hat die Pflicht, zur Operation zu schreiten, wenn es
sich um lebensgefahrliche Zustände, z. B. Vereiterung der Zysten handelt,
974 Jahreebericht für Chirurgie. II. Teil.
wenn die Erkrankung der anderen Niere noch nicht nachweisbar oder
leicht ist.
Acconci (21) berichtet über einen klinischen Fall einer 34jährigen Fraa^
welche seit ungefähr zwei Jahren die Anwesenheit eines rundlichen Körpers
Yon der Grösse einer umfangreichen Orange in der linken Seite bemerkt
hatte, der ihr keinerlei Beschwerden verursachte. Diese Geschwulst wuchs
allmählich bis zu Mannskopfgrösse an. Bei der objektiven Untersuchung fand
man den Bauch durch eine umfangreiche, harte, glatte, wenig bewegliche,
rundliche Geschwulst gedehnt. Durch die Yaginalexploration erreichte man
nur den unteren Pol des Tumors, jedoch Hess sich seine vollständige Unab-
hängigkeit von dem Uterus konstatieren.
Die Diagnose schwankte zwischen retroperitonealem Tumor (wahr-
scheinlich der Niere) und einer durch Verwachsungen fixierten Ovarialge-
schwulst.
Durch die Laparotomie wurde konstatiert, dass es ein eng mit dem
unteren Pol der Niere verwachsener Tumor war, und es wurde die Nephr-
ektomie vorgenommen.
Bei der histologischen Untersuchung wurde festgestellt, dass es sich um
ein Fibromyom handelte, das aus dem subkapsulären Gewebe und den glatten
Muskelfaserbündelchen hervorgegangen war, die von Uberth als eine Art
von zartem Netzwerk mit weiten Maschen entsprechend der inneren Fläche
der Membrana propria beschrieben wurden.
Verf. führt weiter die aus der Literatur bekannten Fälle an.
R. Giani.
b) Geschwülste.
Alb recht (22) beschreibt auf Grund der Beobachtung von 27 Fällen
von Hypernephroma malignum die Klinik der Hypemephrome. Häufigkeit
von Enochenmetastasen, auch häufig Lungenmetastasen, häufig Spätmetastasen.
Tumorzellen selten im Harn nachzuweisen.
Basti anelli (23) berichtet die Krankengeschichte eines 14 jährigen
Jünglings, der mit umfangreicher Geschwulst der rechten Niere behaftet
war und sich infolge der häufigen und abundanten Nephrorrhagien, an denen
er zu leiden hatte, in äusserst schwerem Allgemeinzustande befand. Er nahm
die Nephrektomie auf transperitonealem Wege vor, ohne irgend einen Drain
in die Wunde einzulegen. Das postoperative Resultat war ein gutes und der
Patient erfreut sich nach vier Jahren noch guter Gesundheit. Verf. fügt
noch einige Betrachtungen über die klinische Bedeutung seines Falles hinzu
und teilt die mikroskopische Untersuchung des entfernten Tumors mit, welche
zeigte, dass es sich um ein Myxosarkom der Niere handelte. R. Giani.
Gaben (24) berichtet von der tödlich verlaufenen Exstirpation eines
sehr blutreichen Hypernephroma von hinten bei einer älteren Frau, Niere
und Nebenniere waren ganz von der Geschwulst eingenommen.
Mac Carty (25) berichtet von einem Sektionsbefund eines Hyper-
nephroms der rechten Niere bei einem 2 Vs jährigen Kinde, Niere ganz za
Verlust gegangen, mehrfache Metastasen an den Kopfknochen. Während des
ganzen Verlaufes Fieber.
Eller (27) berichtet von dem gleichzeitigen, bei der Sektion gefundenen
Vorkommen von multiplen, gleich grossen Tumoren in beiden Nieren, die
aus Muskel- und Fettzellen bestehen, neben einem Uterusadenomyom, er hält
Ziegler, Verletzangen und chirnrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 975
die Tnmoren in der Niere für selbständig für sich anf Grund embryonaler
Entwickelungsstömngen entstandene Gebilde, unabhängig vom Uterustumor.
A. Fried inger (28) berichtet von der Sektion eines 4jährigen
Mädchens mit einer 12 Pfund schweren, rechtsseitigen Nierenmischgeschwulst,
in die die Niere ganz aufgegangen war, mit Perforation in die Vena cava
inf. Keine Metastasen. Nie Blutung vorhergegangen.
Bruno Funccius (29) bespricht den Sektionsbefund eines Gra-
witzschen Tumors beider Nieren, die beide durch eine hufeisenförmige Brücke
Terbnnden sind.
Ganltier (30) berichtet über einen latent verlaufenen Nierenkrebs einer
schwangeren Frau, die nur Lungenerscheinungen hatte, ähnlich wie andere
latent verlaufende Nierenkrebse nur progressive Kachexie oder die Symptome
einer Knochenmetastase hervorrufen. Sektion: Hühnereigrosser Krebs in der
rechten Niere, zahlreiche Knoten in Lungen und Brustfell, in der Niere und
Nebenniere des Fötus starke Kongestion und zahlreiche hämorrhagische Herde.
Genewein (31) berichtet über ein Hamartoma fibrocanaliculare der
Niere; ein Hamartom ist eine Bildung, die äusserlich den Geschwülsten
gleichend keine eigentliche Geschwulst ist, da sie aufgebaut ist aus den ge-
samten Elementen des Organs, in dem sie sitzt.
Gregoire (32) rät bei Krebs der Niere, den Tumor gemeinsam mit
der Fettkapsel, der Nebenniere und dem Lymphsystem mit den Drüsen zu
entfernen.
Gregoire (33) empfiehlt wegen des schlechten Verlaufes der Nephrek-
tomie wegen bösartiger Neubildung die Drüsen, Fettkapsel und die Neben-
niere zu entfernen und dies gelingt am besten durch einen Lappenschnitt,
ein Schnitt in der vordem Axillarlinie, vom obem und untern Ende des
Schnittes nach vom im Bogen in der Leiste und entlang des Rippenrandes.
Grenier de Cardenal (34) zeigt einen grossen rechtsseitigen Nieren-
krebs mit Verkäsung und sekundären Knoten in der Leber.
Giulliani (35) berichtet über 2 Nephrektomien wegen Nierenkrebs
von Männern in den fünfziger Jahren, beide mit Varicocele.
V. Herczel (36). Der Fall betraf einen 39 jährigen Mann. Schon vor
der Operation wurde der Tumor als solcher erkannt. Die Entfernung des
Hypemephroms nahm Herczel von einem schiefen Lumbaischnitte aus vor.
Die Geschwulst mass 21X11X9 cm, zeigte Birnenform und nahm fast die
ganze obere Hälfte der Niere ein. Heilung. Gergö (Budapest).
Hess (37) berichtet von einer alten Frau mit Uterusmyomen über den
Befund von multiplen, kleinen Fibromyomen der Kapsel in beiden Nieren
und ein faustgrosses, solitäres an der rechten Niere. Die Myombildung ist
jedenfalls von der Muskularis der Gefässe ausgegangen.
Hock (38) berichtet über eine Nephrektomie bei einer 46 jähr. Frau
wegen Hypemephrom. Anfangs normaler Verlauf, dann unter Auftreibung
des Magens plötzlich Tod am 10. Tage.
Otto Kabel (39) berichtet von einer Mischgeschwulst der linken Niere
eines Schweines, die selten ist und sich vom untern Pol der Niere aus ent-
wickelt hat mit Verdrängung des normalen Nierengewebes, von dem nur
Reste vorhanden waren.
Krön lein (40) berichtet über 23 nephrektomierte Nierengeschwülste.
Ein Nierentumor kann sich entwickeln und längere Zeit bestehen ohne
Symptome zu machen ausser durch die Grösse. In 16 Fällen von 20 Häma-
976 Jahresbericht f&r Chirurgie. II. Teil.
tnrie, dieselbe kann auch nur einmal auftreten. Extraperitonealer Flanken-
schnitt vorzuziehen; von 20 Fällen nur 1 Todesfall unmittelbar in Anschluss
an die Operation. Bei Karzinom Dauererfolge von 20 und 5 Jahren; bei
Uypemephrom von 11, 2 V« und 2 V« Jähren ; bei polyzystischen Geschwülsten
von 6 •/* Jahren.
Kuzmik (41) berichtet von drei beschw.rdelos sich entwickelnden
Hypernephromen. Nephrektomie. Der erste Fall geheilt seit 5 Jahren, der
der zweite starb nach IVi Jahren an Nephritis, der dritte nach 26 Tagen
nach der Operation, zahlreiche Metastasen. Nicht die Grösse der Geschwulst,
aber nachweisbare Metastasen sollen von der Operation abhalten.
Lilienthal (42) berichtet über den mikroskopischen Befund bei Hyper-
nephromen, von denen er acht Fälle operiert hatte. Bei Metastasen keine
Operation mehr! Stets Hämaturie.
Neuhäuser (43) glaubt auf Grund mehrerer mikroskopischer Befunde
von Hypernephromen, dass sich die Sarkoma der Nebenniere sowie der
akzessorischen und versprengten Nebennierenteile aus dem Stroma und nicht
aus den Parenchymzellen entwickeln.
Hans Neumann (44) berichtet bei einem Sektionsbefund über das
gleichzeitige Vorkommen von einem ausgedehnten Larynxkarzinom mit beider-
seitigen Grawitzschen Tumoren beider Nieren.
Neumann (45) berichtet über eine erfolgreiche lumbale Entfernung
eines 7 Pfund schweren Lipoms der Nierenfettkapsel bei einem 3'/4 Jahre
alten Kinde.
Max Petrenz (46) berichtet über einen Fall von multipler Adenom-
bildung in Schrumpfnieren.
Peuck er t (47) berichtet von drei aus versprengten Nebennierenkeimen
entstandenen Nierengeschwülsten. Nephrektomie. Zwei Patienten waren noch
zwei Jahre nach der Operation rezidivfrei ; eine Patientin starb nach 3V« Jahren
an Metastasen.
Richards (48) berichtet über 70 Fälle von Nieren- und Nebennieren-
geschwülsten. Abbildungen, Literatur !
Roll in (49) berichtet von einem transperitoneal entfernten, grossen
Sarkom der rechten Niere einer 52 jährigen Frau, die nie Urinstörungen
hatte. Heilung. Nur im oberen Viertel der Niere noch Nierenreste.
Rosenbach (ÖO) zeigt einen kongenitalen Nierentumor von einem Kinde,
bei dem sich alle drei Keimblätter vorfanden.
Richard Schmid (51) berichtet von der erfolgreichen extraperi-
tonealen Nephrektomie wegen Sarkom bei einem vierjährigen Kinde. Niere
fast ganz zu Verlust gegangen. Nach einigen Monaten Metastasen und Tod.
Sicuriani (52) bespricht einen Fall von Karzinom und Kystosarkom
der Niere.
Ernst Steiner (53) berichtet über ein grosses, rechtsseitiges, zysti-
sches Fibrosarkom der Niere. Von Niere oder Nebenniere nichts vorhanden.
Bindo deVecchi (54) berichtet vom Sektionsbefund eines 1 V« jährigen
Kindes. Doppelseitige Nierenmischgeschwulst mit chromaffinen Zellnestem.
Winternitz (55). Die Nephrektomie geschah transpleural, mit Hilfe
eines Querschnittes vom Nabel bis zum M. quadratus lumborum. Auf diese
Weise wurde der Nierenhilus zwecks Unterbindung der Blutgefässe leicht zu-
gängig und der enorme Nierentumor, ein embryonales Adenosarkom, leicht
entfernt. Heilung. Gergö (Budapest).
Ziegler, Verleizangeii und ohirarg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 977
14. Operationen.
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Albarran (1) findet beider subkapsulären Nephrektomie nach Ollier
Schwierigkeit, den Stiel zu bilden und langdanernde Eiterungen durch die
zurückgelassene Kapsel. Er macht die Dekortikation der Niere, legt eine
Klemme an den Stiel und entfernt die Niere, isoliert dann Ureter und Ge-
lasse und erst nach der Ligatur des Stiels entfernt er die Kapsel, so weit als
möglich.
Cunningham (2) empfiehlt einen Tisch für Nierenoperationen zur
Lambalinzision, der auf jeden anderen Tisch gestellt werden kann und in der
Hauptsache aus zwei geneigten Flächen und einem aufrecht stehenden Teil
besteht, an Assistenten erspart und möglichste Vorwölbung der Nierengegend
ermöglicht.
Ekehorn (3) glaubt auf Grund seiner Untersuchungen, dass der Sek-
tionsschnitt keine nennenswerte Herabsetzung der Nierenfunktion herbeizu-
führen braucht, wenigstens während mehrerer Monate nach dem Eingriff.
Escat (4) zeigt an zwei Fällen, dass die Nephrektomie mit Erfolg aus-
geführt werden kaim, auch bei eiweisshaltigem Urin der anderen Niere, ja
dass dies günstig wirken kann. Albarran bestätigt, dass eine Krankheit
der zweiten Niere, wenn sie nicht zu schwer ist, die Operation nicht ver-
hindere.
Gardner (6) teilt drei Fälle mit, wo nach sachgemäss ausgeführter
Nephropexie eine Urinfistel sich entwickelte, die sehr hartnäckig der Heilung
widerstand. Dabei muss bei bestehender Infektion ein Nierenkelch durch eine
der parenchymatösen Nierennähte verletzt worden sein. Man soll daher nur
völlig gesunde Nieren operieren und jede Infektion peinlich vermeiden, ebenso
die Verletzung eines Nierenkelches. Das distale Ende des mittleren Nieren-
kelches nähert sich am meisten dem konvexen Nierenrande, daher hier nicht
zu tiefe Naht.
Jacobson (6) befürwortet die grössere Verbreitung der abdominalen
Nephrektomie gegenüber der lumbalen, unter Anführung von vier Fällen, da
erstere bei grossen Tumoren mehr Raum gewährt und ein Arbeiten im Dunkeln
JihrMlMrieht fOr Chirurgie 1905 62
978 Jahresbericht f&r Chirurgie. lU Teil.
vermeidet, die Blutstillung erleichtert, den Nachweis einer zweiten Niere ge-
stattet, bei Vorhandensein grosser Adhärenzen dieselbe leichter lösen lässt.
Kapsammer (7) berichtet von einer 38 jährigen Patientin, die folgende Operationen
durchgemacht hat: 1. Pyosalpinz beiderseits; 2. Operation einer Blasenbauchdeckenfistel ;
3. rechts Nierenabszess, Nephrotomie; 4. Pyonephrosis caiculosa sin. links; Nephrotomie;
5. Pyonephrosis caiculosa dextr., Nephrotomie; 6. Calculosis renis dext., Nephrektomie.
Heilung.
Nach einem raschen und vollständigen Überblick über die Literatur be-
richtet Lerda (8) über die Ergebnisse der systematischen Untersuchung auf
Eiweiss, Traubenzucker, Gallen- und Blutfarbstoffe und Urobilin bei 265 Ope-
rierten, von denen 200 in Chloroformnarkose und 65 ohne Anästhesie oder
höchstens mit 5 cg Kokain nach Schleich.
Von den 200 Chloroformierten waren 177 fieberfrei und 23 mit Fieber.
Von den 177 Fieberfreien hatten 167 vor der Operation normalen Harn und
bei der Mehrzahl derselben nahm Verf. Herabsetzung in der abgesonderten
Urinmenge, Erhöhung des spezifischen Gewichts, der Azidität und des Farb-
stoffgehaltes war; oft auch (40mal) beobachtete er nach der Operation eine
starke Zunahme an harnsauren Salzen, zeitweilig auch Urobilin. 15 mal trat
Albuminurie auf, zumeist äusserst gering, 5 mal von einer Dauer von 2—4
Tagen, Imal endete sie mit dem Tode (vielleicht durch Chloroform). — Der
30 mal untersuchte Hamabsatz zeigte 6 mal Zylinder (4 mal begleitet von Albu-
minurie), 13 mal Leukozyten und Erythrozyten. Die Untersuchung auf Ke-
duktions vermögen mit der Probe von Trommer und Nylander verlief
6 mal positiv. 11 mal wurden Gallenfarbstoffe aufgefunden. — In den 23 Fällen
von Fieberkrankheiten wurde 8 mal vor der Geburt Albuminurie angetroffen,
welche 5 mal nach der Operation zunahm. Bei den übrigen fanden sich nur
3 Albuminurien, 5 mal Spuren von Gallenfarbstoffen, 2 mal Reduktionsver-
mögen. — Was nun die 65 Fälle angeht, bei denen kein Gebrauch von Chloro-
form gemacht wurde, so waren 34 derselben fieberfrei: man hatte 7 Albu-
minurien zu verzeichnen, doch bestand bei 5 dieser Fälle die Albuminurie
vorher. In nur einem — eiternden — Falle zeigte sich GallenfarbstoÖ'e.
Niemals Reduktionsvermögen. Überhaupt fand man auch bei diesen Herab-
setzung der Urinmenge, Zunahme der Azidität, des spezifischen Gewichts und
des Farbstoffgehaltes. — In den 31 Fällen mit Fieber präexistierte Albumin-
urie 13 mal und nahm 6 mal nach der Operation zu, Imal verschwand sie.
Bei den übrigen zeigte sich postoperative Albuminurie 2 mal. ReduktioDsver-
mögen wurde nie angetroffen.
Aus der Analyse dieser Tatsachen schliesst Verf., dass man bei der
Pathogenese dieser Alterationen neben der Chloroformierung, der Veränderung
in der mechanischen Beschaffenheit des Circulus, die oft aus Eingriffen au
dem Abdomen resultieren (umfangreiche Geschwülste usw.) der vorbestehenden
und nachfolgenden Intoxikation, den Absorptionsprozessen, die das Trauma
bedingt, und schliesslich der psychischen Beschaffenheit den gebührenden Platz
einräumen müsse. R. Giani.
Lilienthal (9) bebandelt die Explorativoperationen in bezug auf die
Niere.
Murphy (10) fordert zu einem konservativeren Vorgehen bei Nieren-
operationen auf.
Bindo De Vecchi (11) legt seine ersten Untersuchungen über die
Resektion der Nierennerven bei Hunden und Kaninchen dar, die zu dem
Zwecke ausgeführt wurden, den Einfluss zu erforschen, welchen das Nerven-
Ziegler, Verletzungen and chirarg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 979
System direkt auf die Parenchymzellen der Niere ausübt. Im Gegensatz zu
dem, was Cl. Bernard zugestossen war, beobachtete er niemals den Tod
der operierten Tiere: sondern sowohl in den der operierten Seite ent-
sprechenden Nieren als in denen der entgegengesetzten Seite (wenn die
Resektion einseitig war) fand er degenerative Läsionen des Nierenepithels
verbunden mit augenscheinlicher Anämie des Organs; jedoch verschwanden
diese Läsionen nach wenigen Tagen und das Parenchym wurde wieder
normaJ. Ähnliche degenerative Erscheinungen des Nierenepithels, jedoch
nicht verbunden mit Anämie des Organs, beobachtete er auch bei der beider-
seitigen Resektion der Nierennerven und ebenfalls, als der Resektion der
Nerven auf der einen Seite die entgegengesetzte Nephrektomie voraus- oder
nachgeschickt worden war. Er nimmt sich vor, die über die Ausscheidung
von Farbstoffen durch die ihrer Nerven beraubter Niere hindurch begonnenen
Untersuchungen fortzusetzen. R. Giani.
Walker (12) rät bei Nephrektomie wegen Tuberkulose oder maligner
Geschwülste viel von dem die Gefasse begleitenden Bindegewebe bei Unter-
bindung der Gefässe mitzufassen, um auch die Lymphbahnen zu unterbinden.
16. Akute und chronische Entzündung,
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Albarran (1) bebandelt die Nierenblatungen bei akuten, chronisch
diffusen und chronisch parzellären Nephritiden, welchen man erst in neuerer
Zeit mehr Aufmerksamkeit geschenkt hat gegenüber den bekannteren Ursachen
einer Nierenblutung, der Neubildung, dem Stein und der Tuberkulose.
Arcoleo (2) legt kurz die Geschichte des chirurgischen Eingriffs bei
chronischen Nierenentzündungen dar und erläutert nach Referierung der Ope-
rationstechnik und der leitenden Gesichtspunkte Edebohls einen Fall von
chronischer interstitieller Nephritis, in dem er die Nephrokapsulektomie nur
auf der schwerer angegriffenen rechten Seite vornahm. Arcoleo erzielte nur
eine Verbesserung der Nierenpermeabilität, die an der quantitativen Ver-
mehrung der Chloride zu erkennen war. R. Giani.
Arullani (3) hat die Renautsche Methode (Bull, de Tacademie de
medecine 22 Dec. 1903), Nephritis mit einem Eochsalzauszug aus frischen
Schweinsnieren zu bebandeln, untersucht und dabei ermutigende Resultate
erhalten. In 10 Fällen von verschiedenen Nephritiden hat er 6 Heilungen,
2 Besserungen und 2 Misserfolge erhalten. Kur 1 — 12 — 15 Tage, 1 mal oder
2 mal wiederholt, täglich 300 g des Rena ut sehen Präparates. Schneller Ein-
tritt der Besserung, Verschwinden des Albumens und der Zylinder, Besserung
der Diurese, Erniedrigung des Gefässdruckes. Keine schädigende Wirkung.
Ayres (4) hat 46 Fälle beginnender Nephritis mit Nierenbeckenspülung
behandelt, dabei verschwand das Albumen und die korpuskularen Elemente.
Von vorgeschrittener parenchymatöser und interstitieller Nephritis wurden
12 Fälle mit Ausspülung des Nierenbeckens behandelt: 3 chronisch paren-
chymatöse Nephritiden wurden merklich, 2 leichte interstitielle etwas gebessert,
7 Fälle ausgesprochener interstitieller Nephritis wurden nicht günstig be-
einflusst.
Bartkiewicz (5) berichtet von einer Besserung einer Nephritis nach
Dekapsulation.
Boinet (6) berichtet von einer chronischen Nephritis, die durch doppel-
seitige Dekortikation wesentlich gebessert wurde, die urämischen Symptome
schwanden ganz, erst nach einem Jahre wieder Verschlechterung und nach
28 Monaten Tod. Bei der Sektion fand sich eine wenig gefässreiche, neu
gebildete Kapsel, die Niere atrophisch durch in sie dringende sklerosierende
Bindegewebszüge. Er findet die Dekortikation angezeigt bei Brightischer
982 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL Teil.
Krankheit, wenn jede innere Therapie versagt, besonders bei urämischen
Symptomen. Er findet für doppelseitige Dekortikation nur 13 ^/o Todesfalle
(bei Nephrektomie 40» und 27 Vo Heilung.
Boyd (7) spricht gegen die Dekapsulation zur Heilung der Nephritis,
bei akuter Nephritis eventuell Inzision, bei chronischer Nephritis durch In-
zision vorübergehende Vermehrung der Diurese, aber keine Heilung weder
durch Dekapsulation noch durch Inzision.
Cavaillon (9) berichtet von einer Heilung von einer seit 4 Jahren
bestehenden Nierenblutung wegen Nephritis durch Dekapsulation und Kapsul-
ektomie bei einer jungen Frau.
Cesari (10) gibt eine Übersicht über die Erfolge der verschiedenen
Operationsmethoden der Nephritis.
Choupin (11) berichtet auf Grund eigener Beobachtungen lobend über
die Behandlung Nierenkranker mit dem Extrakt roher Schweinsnieren nach
der Methode Renauts. Er rät, die Mazeration nicht absetzen zu lassen,
sondern durchzuseihen, keine grössere Wärme anzuwenden als 38^, da sonst
das wirksame Prinzip zerstört wird, möglichst frische Nieren von jungen
Schweinen zu nehmen und zwar 2 Stück 10 Tage lang. Die Nierenmazeration
wirkt stark diuretisch, schweisstreibend und abführend, ist völlig gefahrlos,
Albuminurie nimmt ab bis zuweilen zum völligen Verschwinden.
Henri Claude und Pierre Duval (12) berichten von 2 Fällen von
chronischer interstitieller Nephritis mit Urämie von vorzüglichem vorläufigem
Erfolg durch die Operation von Edebohls. Leon Bernard hält diese
Besserungen nur für vorübergehend und will an Stelle der Operation den ein-
fachen Aderlass setzen.
Rudolf Diehl (13) berichtet von einem Kinde, das unter urämischen
Erscheinungen gestorben ist, chronisch parenchymatöse Degeneration der
Nieren mit Ausgang in fast totale Nekrose der Rinde vielleicht nach einem
Scharlach.
Ehrhardt (14) machte an Katzen Versuche über Nierendekapsulation,
in keinem Falle Neubildung nennenswerter Anastomosen in der neugebildeten
Kapsel. Nach Unterbindung der Art. und V. renalis blieb nur 1 Millimeter
breiter Rindensaum von der Nekrose verschont.
Ekehorn (15) liefert einen Beitrag zur Frage der operativen Behand-
lung der Nephritis. Bei 2 Fällen von akuter infektiöser Nephritis wurde die
Niere blossgelegt. In dem einen Falle wurden kleine Abszesse auf der Ober-
fläche der Niere gefunden; hier wurde nur die Niere blossgelegt In dem
anderen Falle wurde die Niere gespalten. In 4 Fällen von renaler Hämaturie
auf Grund chemischer Nephritis wurden Dekapsulation und Sektionsschnitte
ausgeführt. Die mikroskopische Untersuchung bei der Operation exzidierter
Stückchen zeigte, dass in diesen Fällen verschiedene Formen chemischer Ent-
zündung vorlagen. In sämtlichen Fällen war die Operation von Heilung be-
gleitet. Beigefügt sind vollständige Krankengeschichten mit epikritischen Be-
merkungen. Hj. von Bonsdorff.
Nach Ferranini (16) wird die neuerdings angenonunene Schädigung
durch das Kochsalz bei Nephritikern übertrieben ; es führen subkutane Koch-
salzinfusionen nur eine sehr vorübergehende Steigerung der Albuminurie und
der Nierenelemente herbei. Nicht einmal während eines urämischen Anfalles
sind ausgiebige Kochsalzinfusionen gefährlich, sondern sogar nützlich. Die
Entchlorungskur ist bei Nephritis bedeutungslos.
Ziegler, Verletzungen und chimrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 983
Fioretti (17) legt in einer vorläufigen Mitteilung die ersten Resultate
einer Reihe von Versuchen nieder, bei denen er bei Kaninchen und Hunden
sadi Provozierung einer chronischen Nephritis mittelst Ammoniumchromat
die Entkapselung der Niere vorgenommen hat. Die Versuche umfassen vier
(Truppen: a) gesunde entkapselte uud 7 bis 70 Tage nach der Operation ge-
tote Hunde ; b) nephritische, in verschiedenen Stadien der Krankheit getötete
üunde und Kaninchen; c) nephritische in verschiedenen Stadien der Krank-
heit operierte Hunde und Kaninchen; d) entkapselte und nach einem gewissen
Zeiträume vergiftete Hunde. Die erzielten Resultate fähren den Verf. zu dem
Schlosse, dass:
1. bei normalen Nieren die Kapsulektomie nur vorübergehende Altera-
tionen der Nierensubstanz mit sich bringt, welche ungefähr 10 Tage nach dem
Operationsakt verschwinden;
2. die neue äusserst gefassreiche Kapsel schon am 10. Tage nach der
Entkapselung gebildet ist;
3. infolge der sich zwischen der entkapselten Niere und den benach-
barten Geweben bildenden Verwachsungen eine reichliche Gefassneubildung
eintritt, welche die endorenale Zirkulation mit der der umhegenden Gewebe
in Kommunikation setzt;
4. das Ammoniumchromat eine chronische parenchymatöse Nephritis
verursacht;
5. bei nephritischen Nieren die Entkapselung eine Besserung in dem
AUgemeinznstande des Röhrchenepithels mit sich bringt;
6. die in der nicht operierten nephritischen Niere kaum angedeutete
Neubildung der Röhrchen recht ersichtlich und ausgeprägt ist in der ent-
kapselten Niere infolge der Gefassneubildung und der gebesserten Blutzirku-
lation ;
7. die neugebildete Kapsel drei Monate nach der Entkapselung keine
Neigung zur Schrumpfung zeigt. R. Giani.
Nach ausführlicher Mitteilung der einschlägigen Literatur illustriert
Gatti (18) einen persönlichen Fall. Es handelt sich um ein Individuum von
19 Jahren, das an doppelseitiger, vorwiegend interstitieller, gemischter
chronischer Nephritis (histiologische Diagnose) ohne Nephralgie und ohne
Hämaturie litt, bei dem er nach vorausgegangener Nephrolyse die doppelseitige
Nierenentkapselung vornahm mit einem Zwischenraum von einem Monat
zwischen der ersten und zweiten Entkapselung.
Der ein Jahr lang nach der ersten Operation beobachtete Patient hat
aus dem chirurgischen Eingriff erhebliche Vorteile gezogen: diese Vorteile
lassen sich also zusammenfassen:
1. Sofortige Hebuug der Nierenfunktion mit Zunahme der Gesamtmenge
des Urins, des Hamstoflfstickstoflfs und der Chloride. Diese Hebung war teil-
weise schon durch die erste Entkapselung erzielt worden.
2. Bedeutende und dauernde Besserung des Allgemeinbefindens des
Patienten.
3. Bedeutende, doch vorübergehende Besserung der lokalen Verhältnisse ;
die Albuminurie, die in der Tat sofort nach der Operation bedeutend herab-
gegangen war, wurde nach einem Zeitraum von einem Jahr allmählich wieder
erheblicher, ohne jedoch die ursprüngliche Menge zu erreichen.
Indem Verf. sodann zu Betrachtungen allgemeiner Natur übergeht, hält
er zwar die Vorteile des chirurgischen Eingriffes bei Nephralgien und
984 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
essentiellen Nierenhämaturien für unzweifelhaft, betrachtet jedoch jedes end-
gültige Urteil über den Eingriff selbst bei einfachen elastischen, bakteriellen
oder toxischen, akuten oder chronischen Nephritiden ohne Nephralgie und
ohne Hämaturie als verfrüht. R. Giani.
Gatti (19) teilt das Dauerresultat eines chirurgischen Eingriffs mit
bilateraler Nierenentkapselung mit, den er in einem Falle von gemischter, vor-
wiegend interstitieller, chronischer beiderseitiger Nephritis ausgeführt bat.
Er teilte das Dauerresultat bereits nach 11 Monaten mit. Jetzt sind
20 Monate verflossen.
Red. hat in diesem Falle eine sofortige Hebung der Nierenfunktion
(Harnstoff, Diurese), eine dauernde Besserung in dem Allgemeinzustand des
Patienten (Verschwinden der Ödeme, des Herzklopfens, des Gefühls allge-
meiner Niedergeschlagenheit), aber nur eine vorübergehende Besserung des
Krankheitsprozesses der Niere beobachtet, da die Albuminurie von neaem
stieg mit reichlicher Anwesenheit von Zylindern und Polyurie.
Red. hat die Tendenz des Prosesses zum interstitiellen Typus nach dem
Operationsakt konstatiert, in Übereinstimmung mit den Beobachtungen
.mehrerer Experimentatoren, unter denen Ferrarini, Cassanello und
•Zironi, welche die erhebliche Entwickelung von nicht nur perirenalem,
sondern auch intrarenalem Bindegewebe nach diesem Eingriff konstatiert
haben. Er glaubt, dass man sich bei den einfachen Nephritiden vor den
Illusionen hüten müsse, welche die frühzeitigen guten Erfolge über die
definitiven erwecken können. R. Giani.
Es handelt sich um eine klinische und anatomisch-pathologische Unter-
suchung über drei von Gaudiani (20), sei es mit Nephrolyse, sei es
mit Kapsulektomie operierte Fälle von chronischer Nephritis. Nur bei einem
derselben erzielte er einen befriedigenden Erfolg; Verf. fügt einen vierten
von Prof. Montenovesi mit vorzüglichem Resultat mit Kapsulektomie ope-
rierten Fall hinzu.
Verf. stellt eine kritische Untersuchung über die Frage an und schliesst
dahin, dass der chirurgische Eingriff seine Berechtigung findet bei Nephralgie
oder Hämaturie der chronischen Nephritiker, während er im gegenwärtigen
Zeitpunkt ganz und gar nicht gerechtfertigt ist in den Fällen von nicht in-
fektiöser, chronischer Nephritis, die frei von irgend einer der erwähnten Kom-
plikationen verlaufen. R. Giani.
Gelpke (21) stellt einen 55 jährigen Mann vor, der infolge chronischer
Nephritis starkes Odem, Zylinder und viel Eiweiss im Urin hatte; derselbe
wurde mit Dekapsulation und Bedeckung der Niere mit Netz behandelt. Er
ist jetzt beschwerdefrei und hat nur mehr wenig Eiweiss.
Gelpke (22) berichtet von einem älteren Mann mit massiger Albuminurie,
den er von seinen heftigen Schmerzen in der rechten Nierengegend durch
Kapselspaltung heilte.
Francisco Gentil (23) bespricht monographisch unter Berücksichti-
gung der Geschichte, zum Teil auf Grund eigener Erfahrung, zum Teil auf
Grund des Literaturstudiums die Behandlung der Brightischen Krankheit
durch Nephrokapsektomie in ungünstigem Sinne. Unter 83 Fällen von paren-
chymatöser, interstitieller und gemischter Nephritis 10 Heilungen, 21 Besse-
rungen, 16 Todesfälle infolge der Operation, für die mit Albuminurie einher-
gehende Wanderniere 25 Heilungen unter 34 Fällen. Grosse Literatur.
Ziegler, Verletzangen nnd chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 985
Gentzen (24) fand in normalem, d. h. eiweissfreiem Urin gesunder
Personen in 49 Vo Zylinder, in 30 ^/o granulierte und in 19®/o hyaline.
Haris (25) berichtet von einer Heilung von chemischer Nephritis mit
Aszites nnd Ödemen durch doppelseitige Aushülsung. Heilung hält noch nach
IVt Jahren an.
Herringham und Griffith (27) sprachen über Nekrose der Rinde
beider Nieren.
Es handelt aich am eine jange Frau, die kurz nach der Geburt eines toten Kindes
an Nephritis erkrankte nnd nach sechstägiger Anurie starb. Bei der Sektion fand man die
Rindensubstanz beider Nieren nekrotisch. Es bestand keine Endarteritis.
V. Uly 6s (28) gelangt auf Grund von Versuchen und klinischen Er-
fahrungen zu folgenden Konklusionen in der Frage über die chirurgische
Behandlung interner Nierenleiden.
1. Nach der Dekapsulation entwickelt sich in kurzer Zeit eine neue
Kapsel.
2. Demgemäss wird durch die Dekapsulation eine (Entspannung nur auf
kurze Dauer erzielt.
3. In der neugebildeten Kapsel findet man auch neue Blutgefässe, die
in die Niere eindringen, doch sind diese zu spärlich und zu dünn, um in der
Emähning der Niere eine entscheidende Rolle spielen zu können.
4. Keines der neugebildeten Gefässe dringt bis in die Glomeruli oder
an die Nierenkanälchen vor.
5. Die neugebildete Kapsel schädigt nach einiger Zeit die Funktion
der Niere.
6. Die Redekapsulation hat auf die Niere nachteilige Folgen.
7. Die Dekapsulation kann bei akuter Nephritis die intrarenale Spannung
nicht immer beheben.
8. Einseitige chronische toxische Nephritis entsteht nicht auf hämato-
genem Wege.
9. Nach der destruktiven Erkrankung der einen Niere entstehen binnen
gewisser Zeit auch an der anderen Niere funktionelle, ja sogar in einzelnen
Fällen histologische Veränderungen.
10. In Fällen akut eitriger Nephritis wird durch die Dekapsulation die
renale Tension gemindert, für oberflächliche Eiterungen ein Abfluss verschafft
und auf diese Weise der Prozess im ganzen günstig beeinflusst.
11. Bei chronischer diffuser Nephritis beobachtete v. Uly 6s nach der
Dekapsulation in den drei ersten Monaten Besserung. Gergö (Budapest).
L a m e r (29) wagt noch nicht, die ungefährliche Dekortikation der Nieren
bei Nephritis zu empfehlen.
Leube (30) glaubt, dass wir, die physiologische Albuminurie betreffend,
mit der Annahme einer angeborenen Verschiedenheit in der Dichtigkeit des
Nierenfilters auch fernerhin rechnen müssen.
Nach Hinweis auf die einschlägigen in der Wissenschaft herrschenden
Anschauungen berichtet Martini (31) über eine Reihe von ihm an Hunden
nntemommenen Versuchen, die er in drei Gruppen eingeteilt hat:
Die erste Gruppe hat den Zweck, die Entwickelung der neuen Kapsel
zu studieren, weshalb das Tier in verschiedenen Zwischenräumen nach der
Entkapselung getötet wurde.
Die zweite Gruppe hat den Zweck, die Neubildung der Kapseigefasse
und ihre Kommunikation mit den Nierengefassen zu verifizieren, indem zu
diesem Behufe die intravenöse Injektion vermittelst der Brustaorta und der
986 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Vena cava ascendens nach vorausgehender Ligatur der Nervengefasse am Hilus
gemacht wurde.
Die dritte Gruppe hat den Zweck, den funktionellen Wert der Nieren-
kapselanastomosen zu konstatieren durch Unterbindung der Nierenarterie oder
Vene zu verschiedenen Zeiten nach der Operation.
Die Hauptergebnisse der ersten Gruppe sind:
1. Die Entwickelung der neuen Kapsel erfolgt wesentlich infolge Pro-
liferation des interstitiellen Bindegewebes und des Endothels der Gefasse.
2. Die neugebildete Kapsel erhält sich an der Nierenoberfläche äusserst
adhärent und hat eine nicht gleichmässige , aber stets normal grosse Dicke,
die nicht durch den Netzeinschluss oder durch die Vorbringung der entkap-
selten Niere in die Peritonealhöhle beeinflusst wird.
3. Indem die Entkapselung den natürlichen, kollateralen Kreislauf der
Niere unterbricht, erzeugt sie in dieser nur Erscheinungen vorübergehender,
auf die peripheren Teile des Organes beschränkter Hyperämie und keine nach-
weisbare degenerative Erscheinung zu Lasten des Epithels usw.
Die Hauptergebnisse der zweiten Gruppe sind:
1. Die normale Existenz eines perirenalen Kollateralkreislaufes begünstigt
die Erzeugung von neuen Gefässwegen infolge des ümstandes, dass auf seine
Unterbrechung mittelst Entkapselung der Niere die Bildung eines Granulations-
gewebes folgt, das äusserst reich an Endothelsprossen ist, welche ihrerseits
sich entwickelnd, anastomosieren, sei es mit Gefässen der Fettkapsel und der
umliegenden Gewebe, sei es mit den Gefässen der Niere.
2. Die Entwickelung dieser neuen anastomotischen Wege wird dargetan
durch die makro-mikroskopischen Befunde, denn, da die Gefasse des Nieren-
hilus vor der Vornahme der Injektion unterbunden vnirden, bildet die in dem
entkapselten Organ angetroffene Gelatine einen Beweis dafür, dass sie ver-
mittelst der neugebildeten Gefasse dorthin gelangt ist.
3. Aus seinen Experimenten ergibt sich, dass der neue Kollateralkreis-
lauf viel weiter und reichlicher ist, als der natürliche, und zwar weil kon-
statiert wurde, dass die injizierten Gefasse der regenerierten Kapsel viel zahl-
reicher und von ansehnlicherem Kaliber sind, als die der normalen Kapsel
angehörigen usw.
Die Hauptergebnisse der dritten Gruppe sind:
1. Die anatomisch-pathologischen Veränderungen, das heist, die durch
die Ligatur der Nierenarterie oder -Vene in einer vorher entkapselten Niere
erzeugten Degenerations- und Nekroseerscheinungen sind geringer als die durch
dieselbe Ursache in einer normalen Niere erzeugten.
2. Die zweizeitig in einem Zwischenraum von einem Monat voneinander
nach der Neubilduug der Kapsel beider Nieren gemachte bilaterale Ligatur
der Nierenvene ist mit dem Leben des Tieres verträglich.
3. Der Hund überlebt die Entfernung einer Niere, die einige Zeit nach
der Ligatur der Vene der anderen, vorher entkapselten Niere vorgenommen
wird usw. R. Giani.
Mynlieff (32) verficht die Ansicht, dass erhöhte intrarenale Spannung
zur Eklampsie führt, die um so leichter auftritt, als im Blute der Schwangeren
viele Toxine zirkulieren. Therapie: Dekapsulation.
Nico lieh (33) berichtet von einer jungen Frau, die wegen Blutung bei
Nephritis nephrektomiert wurde.
Ziegler, Verletzangen und chinirg. Krankheiten der Nieren nnd Harnleiter. 987
Ein Jahr lang gutes Befinden, dann wieder Schmerz und Hämaturie. Inzision bis
uf die Kapsel genügt, um Schmerz und Blutung zum Verschwinden zu bringen. Nach
tti Jahren beginnt der Urin trübe zu werden , Niere vergrössert und beweglich , Nephro*
ismie und Nephropexie, geheilt. Nach zwei Jahren wieder Blutung und schlechter Zustand.
Eomplete Dekortikation, worauf Blutung und Schmerz schwindet.
Onorato (34) hat bei Hunden höchst akute Nephriti den hervorgerufen,
indem er in das Nierenbecken eine Lösung von Fluornatrium injizierte. Wurde
das Tier beim Eintritt der anurischen Periode sich selbst überlassen, oder
wurde Äderlass und Injektion vorgenommen, so verendete dasselbe gewöhnlich
an urämischer Intoxikation. Dagegen genasen bei Vornahme der Nephrotomie
TOD vier Hunden zwei; beim Eingriff mit der Nephrolyse wurden von vier
Hunden drei gerettet. R. Giani.
Fauchet (35) stellt betreffs der chirurgischen Behandlung der Nepbri-
tiden folgende Sätze auf:
1. chronische Nephritis wird häufig gebessert, vielleicht geheilt durch
Dekapsulation der Niere, stets beiderseitig in einer Sitzung.
2. Die Blutung bei Entzündung wird behandelt durch Inzision der
Niere nnd Exzision der Kapsel, wodurch Feststellung der Diagnose, Aufhören
der Blutung, Besserung der Nephritis.
3. Für Urämie Kapsulektomie; die weniger schwer erkrankte Niere
wird operiert. Durch die Operation Erniedrigung der arteriellen Spannung
und Wiederkehr der Diurese. Kontraindikation : Herzerweiterung und
schlechter Puls.
Pulle y (37) empfiehlt bei chronischer Nephritis Auswaschungen des
Nierenbeckens mit warmer ^/lo — Va% Höllensteinlösungen. Besserungen bei
4 Fällen und 2 gonorrhoischen.
Ransohoff (38) berichtet von einem jungen Mann, der unter ver-
schiedener Diagnose Jahre hindurch behandelt worden war und beständig an
Schmerzanfallen litt, die auf Steinniere oder Wanderniere hinwiesen, bei
negativem Untersuchungsbefunde. Es wurde die Niere freigelegt und bis
zum Becken eröffnet, ohne Befund. Verschluss. Heilung. Untersuchung
eines exzidierten Stückchens ergab chronische Nierenentzündung.
E. Ribas y Ribas (40) hat in 4 Fällen von einseitiger Nephritis
Nephrotomie (in einem Falle beginnender Urämie Besserung, in 1 Falle bei
Urämie Besserung der urämischen Symptome aber dann Tod, in 2 Fällen
Heilung) und in einem Falle von doppelseitiger Nephritis Dekapsulation aber
ohne Besserung erzielt. Er will Nephrotomie bei jeder schweren akuten
Nephritis bei Versagen der internen Therapie und drohender Urämie, bei
Schmerzen nnd Hämaturie.
Rolleston und Attlee (41) berichten über die ausserordentlich
günstige Wirkung von Coffein, citric. auf Ödem bei parenchymatöser Nephritis.
[T Vs grains 3 mal täglich mit allmählich geringeren Dosen bis zum Ver-
schwinden des Ödems in 22 Wochen). Patient verlor anfangs täglich 4 eng-
lische Pfund.
Rovighi (42). Ungeachtet der grössten Fürsorge sieht der Arzt öfters ein
Terhängnisvolles Fortschreiten im Verlaufe ausgebreiteter nephritischer Prozesse
und das liegt ihm schwer auf der Seele, weil der Tod der Patienten ihm
dami als unvermeidlich erscheint. Bei solchen Fällen kann sich der Arzt
die Frage aufstellen, ob der Versuch, den Kranken mittelst eines operativen
Vorganges, d, h. der Nierenentkapselung, zu retten, angemessen ist.
988 Jahresbencht fOr Chirurgie. II. Teil.
Die Geschichte der Frage des chirurgischen Eingriffes bei der Nephritis,
obwohl neuesten Datums, hat sich mit zahlreichen Beobachtungen und wert-
vollen Arbeiten bereichert, welche einen Beweis des edlen zu Gunsten der
leidenden Menschheit entfalteten Eifers unserer Epoche liefern.
Es ist bekannt, dass der Zufall oder ein diagnostischer Fehler manchmal
zur Erfindung bedeutender Heilmethoden auf dem chirurgischen Gebiete fährten.
Ein englischer Chirurg, Harrisson (im Jahre 1896), welcher die
Diagnose von Nephrolithiasis gestellt hatte, öffnete den Bauch des Kranken
und entkapselte die Niere. Sein diagnostisches Urteil war fehlerhaft; es
handelte sich nur um einen nephritischen Vorgang, der Kranke jedoch heilte
und dieser Erfolg veranlasste ihn, die Nierenentkapselung bei anderen mit
nephritischen Prozessen behafteten Individuen mit besten Resultat-en vorzu-
nehmen. Der Schnitt der fibrösen Nierenkapsel würde nach Harri son
dazu nützen, die durch entzündliche und hämorrhagische Nierenvorgänge ver-
ursachte reno-kapsuläre Spannung zu vermindern.
Die Idee Harrissons wurde in anderen Ländern aufgenommen und
fruchtbar gemacht, nämlich in Deutschland von Israel, in Frankreich von
Tuffier, Pousson, Salamon, in Dänemark von Rovsing, in Amerika
von Elliot und besonders von Edebohls. Damit beschäftigen sich in
Italien Ferrarini und Giordano. Wenn man heutzutage eine Statistik
der günstigen und ungünstigen Urteile der Chirurgen in bezug auf die
Nephrolysis zur Behandlung der Nephritis sammeln wollte, so würde man
finden, dass 70— 80®/o derselben die Nierenentkapselung bei den nephri-
tischen Prozessen mit Begeisterung lobt.
R o V i g h i hat . sich vorgesteckt , folgende praktisch wichtige und
klinische Frage zu lösen : d h. ob die Schröpfung oder die Entkapselnng der
Niere den nephritischen bei Kaninchen versuchsweise durch Cantharidinum-
oder Diphtherietoxininjektionen erzeugten Vorgang zu hemmen, lösen oder
verändern vermögen. Seine Versuche beziehen sich also auf die Prozesse von
akuter Nephritis, welche den infolge akuter Vergiftung oder Infektionen beim
Menschen beobachteten ähnlich sind. In seinen Versuchen verwendete er
folgende Methode: er spritzte gleiche Gaben von Cantharidinum oder Di-
phtherietoxin in zwei Kaninchen gleichen Alters und Gewichtes ein und beim
Auftreten von Nephritissymptomen, welche sich durch Anwesenheit von Eiweiss,
Nierenzylindern, roten Blutkörperchen und Leukozyten im Harne offenbar
machten , dann operierte er das eine Kaninchen , das andere zur Kontrolle
schonend. Er wurde sofort gewahr, dass die Schröpfungen der Kapsel nicht
so nützlich waren als die Entkapselnng und bediente sich darum fast immer
der Entkapselnng einer einzigen Niere ; zuweilen operierte er jedoch in kuner
Zwischenzeit beide Nieren. Er benutzte starke vier- oder fünfmonatliche
Kaninchen, welche ungefähr 2 kg wogen, da die jungen und kleinen den
operativen Eingriff schwer ertragen. Bei allen operierten Kaninchen zeichnete
er die Gewichtsänderungen auf; nach ihrem Tod oder ihrer Aufopfernng
nahm er die Sektion vor, wobeier die Nierenstücke zu der histologischen Unter-
suchung aufbewahrte; unter den operierten oder geheilten Kaninchen opferte
er einige gleich nach dem Verschwinden des Eiweisses, andere 15 — 30 Tage
nach der Heilung des nephritischen Prozesses. Zuerst erforschte er jedoch
die Folgen der auf die gesunde Niere vorgenommenen Entkapselung, wozu
ein Kaninchen mit der Nierenentkapselung operierte und es 25 Tage nach
der Operation opferte.
Ziegler, YerletzangeD and chirnrg. Krankheiten der Nieren und Hamleiier. d89
Aas seinen Versuchen kam Rovighi zu folgenden Resultaten:
1. Ungefähr einen Monat nach der Nierenentkapselung beobachtet man
die Wiedererzeugung der Faserkapsel mit Neubildung bindegewebiger Stränge,
worin neue Blutgefä88e enthalten sind, welche den Blutkreislauf in der
operierten Niere verstärken.
2. Bei allen durch Cantharidinum nephritisch gemachten Kaninchen
führten die Schröpfungen der Niere und die einseitige Nephrolysis den krank-
haften Vorgang zur Heilung, während die Mortalität -der anderen aus
Cantharidinuminjektionen nephritisch gewordenen Kaninchen sich auf 50 7o
darstellte.
3. Bei der durch Diphtherietoxin erzeugten Versuchsnephritis sind die
zweiseitigen Nierenschröpfungen erfolglos, während die bilaterale und auch
die einseitige Entkapselung 50% der durch dasselbe Diphtherietoxin
nepbritisch gemachten Kaninchen vom Tode rettete.
4. Die Mortalität der durch Diphtherietoxin nephritisch gemachten
Kontrollkaninchen stellte sich auf 100 ^/o dar.
5. Die Entkapselung hat zur Folge: Zunahme der Diurese, allmähliches
Verschwinden des Eiweisses und der Nierenelemente vom Harne und Heilung
des nephritischen Prozesses 30 — 36 Tage nach der Operation, wie es durch
die histologische Untersuchung der Nieren bestätigt wird.
6. Die Dekortikation einer nephritischen Niere übt auch infolge des
bekannten reno- renalen Reflexes einen günstigen Einfluss auf die andere
erkrankte Niere aus.
Der chirurgische Eingriff bei der durch Cantharidiuum und Diphtherie-
toxin versuchsweise erzeugten akuten Nephritis führt also in der grössten
Hälfte der Fälle zu einer langsamen und fortschreitenden Heilung des krank-
haften Vorganges. Nach Rovighi sind die Gründe der durch die Nieren-
entkapselung bewirkten Verbesserung und Heilung der nephritischeu Prozesse,
wie es von den meisten Autoren angenommen wird, in dem veränderten
Kreislaufe, bezw. in dem verbesserten Blutumlaufe zu suchen, welcher dem
operativen Eingriffe folgt.
Aus den Resultaten seiner Versuche erhellt es weiter, wie Rovighi
betont, dass der Schnitt der Nierenkapsel sofort die übermässige Spannung
and die Kongestion der Blutgefässe vermindert und öfters einen reichlichen
Abfluss von Blut und vielleicht auch von toxischen Stoffen und in der Niere
angehäuften epithelialen Rückständen bewirkt. Dazu knüpft sich die ver-
mehrte Diurese als erste Wirkung der Nephrolysis, sowie die Verminderung
jener entzündlichen Stauung, welche für das Leben der Gewebe und die
Wiederherstellung ihrer Funktionen so hinderlich ist.
Neuerdings haben zwar Claude und Balthazard durch Versuche
beim Hunde bewiesen, dass die Nierenentkapselung eine vollständigere
Harnreinigung mit geringerem Zwang des Herzens bewirkt; darum kommen
sie zum Schlüsse, dass derselbe beim Menschen vorgenommene operative
Eingriff die Blutspannung zu vermindern neigt. Von der Idee aus-
gehend, dass, welcher auch der die Nephritis und besonders die Glomeru-
lonephritis verursachende Vorgang sei, der grössere Schaden von der venösen
Kongestion bedingt wird, so hat Baccelli seit lange den Aderlass am
Fusse als das beste Mittel empfohlen, um die erkrankte Niere von dem
übermässigen Blutandrang zu befreien, wonach er immer eine wohltätige
Wirkung beobachtete.
$)90 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Es gibt dann eine andere Art, womit die Entkapselung in gün-
stiger Weise auf den Verlauf der akuten und chronischen Nephritis ein-
wirkt; solcher günstige Einfluss hängt mit dem Einsetzen neuerer Wege
zusammen, wodurch der von dem Entzündungsprozesse verhinderte Blutkreis-
lauf sehr erleichtert wird und somit die molekularen Wechsel in den er-
krankten Geweben leichter und ersetzungsfahiger werden und die Heilung
begünstigen. Dazu kommt, dass Edebohls bei den mit der Bright sehen
Krankheit befallenen Individuen, die der chirurgischen Behandlung unter-
worfen worden waren, eine Zunahme der Nierenfunktion beobachtete, welche
sich mit der vermehrten Diurese und der grösseren Hamstoffausscheidnng,
sowie mit der Verbesserung des Allgemeinzustandes der Patienten, mit dem
Verschwinden der Ödeme, der Kopfschmerzen, der Verdauungsstörungen und
mit dem Wiederauftreten der normalen Hautfarbe offenbarte.
Auf diese Weise vervollständigen sich die Theorie Harrisons, nach
welcher die Kapsulektomie einen günstigen Einfluss durch Verminderung der
inneren Spannung bei der mit Phlogose befallenen Niere ausübt und die
Edebohls, welche solche wohltätige Wirkungen mit den neueren Wegen in
Zusammenhang bringt, die infolge der Nephrolysis zwischen der Niere und
den Nachbarorganen sich einsetzen.
Aus dem oben Gesagten ergibt sich also^ dass, besonders im Verlaufe
einer akuten Nephritis oder einer chronischen, wenn schwere Erscheinungen
von Anurie und folglich von Urämie auftreten, bei noch jungen und kräftigen
Individuen, wenn der Kranke in drohender Lebensgefahr ist und alle von
der ärztlichen Kunst empfohlene Mittel erfolglos blieben, die Pflicht heutzu*
tage vorUegt, durch die Nierenentkapselung operativ einzugreifen, mit der
Hoffnung, die Kranken von einem sicheren Tode zu retten. Darin stimmt
Rovighi mit Morgour, Guiteras, Pousson, Claude, Edebohls
und anderen Autoren überein, welche behaupten, dass die Nephralgie, die
Hämaturie, die Anurie und im allgemeinen alle physikalischen und funktionellen
Symptome, durch deren langwieriges Bestehen der Tod der Kranken wahr-
scheinlich wird und welche aller Heilmittel spotten, in wirksamer Weise mit
dem chirurgischen Messer behandelt werden können. R. Giani.
Ruffer und Calvocoretti (43) injizierten bei Kaninchen den Urin
von Nephritikem und erzeugten nur bei einem Teil hämolytisches Serum.
Sandberg (44) berichtet von Besserung einer chronischen, interstitiellen
Nephritis durch Dekapsulation beider Nieren.
Scheben (45) berichtet über 3 Fälle von Nephritis, einer akuten, einer
chronisch parenchymatösen und einer interstitiellen, die durch Dekapsulation
gebessert wurden.
Schmidt (46) berichtet von Genesung bei einem 5jährigen Knaben
nach 4tägiger Anurie nach Scharlach durch Dekapsulation und Stichelnng
der Niere.
Julius Schreiber (47) bespricht die Beziehungen der Albuminurie
und Nephritis. Während früher die Diagnose Nephritis fast identisch mit
Albuminurie war , versteht man jetzt unter physiologischer Albuminurie die
mit den gebräuchlichen Mitteln des Arztes ohne weiteres nachweisbare An-
wesenheit von Eiweiss im Harn bei gesunden Menschen. In der Folge nahm
vielleicht in Folge der Verfeinerung der Reaktionen die Häufigkeit der
physiologischen Albuminurie zu, Leube 47o, Bexelius 3 — 5®/o, Für-
bringer 11 — 12^0, Grainger Stewart 337o, Leube (bei späteren
Ziegler, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 991
Untersuchungen) 34 7o, Chateaubourg 70 >, er selbst 1,6— 20,8 7o. Viel-
leicht ist das Auftreten der Zylindrurie für die Diagnose der Nephritis ge-
wichtiger, obwohl sie auch immer häufiger im normalen beobachtet wird.
Sorel (48) berichtet von einer vollständigen, noch 1 Jahr nach der
Operation anhaltenden Heilung einer Nephritis bei einer jungen Patientin
durch beiderseitige Dekapsulation (rechts auch noch Nephrotomie und Ent-
fernung eines Nierensteines).
Stern (49) rät auf Grund von Tierversuchen und Operationen am
Menschen von der totalen Aushülsung abzusehen, dagegen hält er Spaltung
der Kapsel und Fixierung der Niere durch Naht oder Tamponade event. für
angezeigt, um die Abflussverhältnisse der Kapsel zu bessern und eine Druck-
entlastung der Niere herbeizuführen.
Stern (50) berichtet über die chirurgische Behandlung der Nephritis.
Bei einem an schweren einseitigen Blutungen leidenden Kranken Nephrotomie,
es fand sich interstitielle Nephritis. Völlige Genesung. Bei einer grossen
weissen Niere mit völliger Anurie durch Nephrotomie Wiederherstellung der
Sekretion. Ferner durch Nephrotomie bedeutende Besserung bei chronischer
Nephritis; bei einem Kranken mit Urämie Besserung, trotzdem Tod. Bei
Nephritis im Anschluss an eine lange dauernde Eiterung durch Aushülsung
Torübergeüende Besserung.
Bei einem Fall von Nephritis Besserung, aber zur Beurteilung ist die
Zeit zu kurz. Sträter operierte in 4 Fällen von Nephritis, in 2 Fällen
Nephrotomie, in 2 Fällen Aushülsung. Ein Fall von vornherein aussichtslos,
ein Fall bedeutende Besserung, ein Fall Heilung. Bei einem Fall von Anurie
durch den blossen Einschnitt Wiederherstellung der Sekretion. Literatur.
Stöltzner (51) sah bei einem Kinde mit Nephritis und starken
Ödemen auf kochsalzfreie, gemischte Kost die Ödeme rasch zurückgehen.
Storbeck (52) berichtet über die günstige Wirkung des Chloralhydrats
bei akuter Nephritis 3X0,3 tgl.
Vi dal (53) berichtet bei 2 Fällen akuter Nephritis ohne Pyonephrose
durch Nephrotomie 1 Heilung und 1 beträchtliche Besserung, bei 3 Fällen
chronischer Nephritis 1 Misserfolg durch Nephrotomie, durch Dekapsulation
beiderseitig 1 Heilung, 1 beträchtliche Besserung.
Yitanov (54) beschreibt systematisch die Gesohichte und Kasuistik der
Edebohlsschen Operation und illustriert sie durch einen eigenen operativen
Fall bei einem 51jährigen Mädchen mit Scharlachnephritis, mit Albumin,
Hämaturie und eklamptischen Anfallen. Operation unter Lokalanästhesie,
Dekapsulation nur der rechten Niere bis zum Hilus, leicht ausgeführt. Nach
2 Tagen Urin 1200 g, hell, albuminfrei. Nach 23 Tagen Genesung. Es soll
die erste solche Operation in Bulgarien sein. Stoi'anoff (Varna).
Weigert (55) berichtet über Kost bei nephritischen Kindern.- Die Ei-
weissausscheidung ist am ungünstigsten bei vorwiegend Fleischkost, dann
Milchkost, dann gemischte Nahrung und Eier, am besten bei rein vegetabi-
lischer Diät. Gewürze ohne ungünstigen Einfluss auf Eiweiss. Kochsalzarme
Nahrung anzuraten.
Wendel (56) berichtet von einem 39jährigen, hämophilen Mann, der
nach Tragen schwerer Säcke Hämaturie bekam. Befund bei der Freilegung
der Niere negativ. Blutung stand. Das zur Untersuchung exzidierte Stück
ergab interstitielle Nephritis: 1 Jahr nach der Operation noch Eiweiss im
Urin, aber keine Blutung mehr.
992 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil.
Zaaijer (57) unterband, um den funktionellen Wert der sich nach der
Entkapselung neubildenden Nierenkapsel zu prüfen, an Kaninchen die Nieren-
arterie gleichzeitig mit oder einige Wochen nach der Dekapsulation. Mit der
Unterbindung der Arterie wird fast die ganze Niere nekrotisch, nur ein
schmaler Saum der Rinde wird von der Kapsel ernährt und bleibt erhalten.
Ist dieser Saum nun nach der Dekapsulation breiter, so ist dadurch ein
höherer funktioneller Wert der Anastomosen nach der Dekapsulation bewiesen.
4 Wochen nach der Dekapsulation haben die renokapsulären Anastomosen
einen geringeren funktionellen Wert als bei unversehrter Kapsel, sie können
aber auch an einigen Stellen einen höheren Wert besitzen.
Zaaijer (ö7a) findet bei seinen Untersuchungen über den funktionellen
Wert der sich nach Entkapselung neu bildenden Nierenkapsel, dass die nach
Dekapsulation in Verbindung mit Skarifikation der Niere sich bildenden reno-
kapsulären Anastomosen nach einiger Zeit einen höheren funktionellen Wert
hatten als die normalen, namentlich an der Konvexität.
In Verfolg seiner anderweitigen Forschungen über die Wirkungen der
Entkapselung bei chronischen Nierenentzündungen berichtet G. Zironi (58)
über die durch die Entkapselung selbst bei chronischen venösen Stasen der
Niere hervorgerufenen Wirkungen.
Die venösen Stasen erzielte er durch Hervorruf ung von Stenose der Nieren-
vene, indem er an dieser eine Schlinge in der folgenden Weise anbrachte:
nach sorgfältiger IsoUerung der Nierenvene legte er seitlich an dieselbe eine
Klemme von ungefähr 1 mm Durchmesser , worauf er mit einer Schleife
Klemme und Vene zusammenschnürte und dann nach behutsamer Entfernung
der Klemme die Schlinge an ihrem Platze Hess, welche starke Stenose der
Vene hervorrief.
In den Fällen, in denen er gleichzeitig mit der Stenose die Entkapselung
produzierte, konnte er höhere Nierentätigkeit antreffen als in den Fällen, in
denen er Stenosis der Vene ohne Entkapselung ausführte: ausserdem waren
bei den ersteren die histologischen Verletzungen der Niere bei weitem leichter
als die, welche bei letzteren angetroffen wurden; er glaubt deshalb schliessen
zu können:
Dass die funktioneUen Störungen und die organischen Läsionen bei
chronischen venösen Stasen bedeutend durch die Entkapselung gemildert
werden. R. Giani.
16. Chirurgie der Harnleiter.
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JfthrMb«riehi für Chirnrgi« 10O5 63
964 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Adler (1) berichtet über ein unter dem Bilde einer Nebennierentuber-
kulose verlaufendes Karzinom des Ureters in der Höhe der Flexura niargi-
nalis, vermutlich infolge einer früheren Steineinkeilung an dieser Stelle, bei
einem alten Manne. Das Karzinom war teils papillär, teils nach dem Typus
eines verhornenden Plattenepithelkrebses gebaut. Vereinzelte Metastase im
Körper des vierten Lendenwirbels.
Adrian (2) berichtet von einer jungen Patientin mit auf eine Wander-
niere mit Zystitis hindeutenden Beschwerden. Mit dem Kystoskop konnte
man deutlich eine intermittierende zystische Dilatation des linken Ureterendes
erkennen. Sectio alta, Spaltung der Zyste, Vemähung der Blasen- mit der
Ureterschleimhaut, Heilung.
Ahlefelder (3) berichtet von Kompression des rechten Ureters in
zwei aufeinander folgenden Schwangerschaften durch den schwangeren Uteras,
einseitige Urinstauung mit enormer Schmerzhaftigkeit in der rechten Nieren-
gegend ohne Eklampsie.
Bernasconi und Colombino (4) finden nach den Erfahrungen an
Hunden die Einpflanzung des einen Ureters in den anderen, wenn man die
beiden Ureteren nicht aneinander bringt oder den verletzten Ureter nicht in
die Blase einpflanzen kann, auch am Menschen gerechtfertigt, in der Höbe
des 4.-5. Lendenwirbels, sie ist nicht lange Zeit erforderlich und nicht
schwierig, besonders beim Weibe.
Betagh (5) berichtet von einer Totalexstirpation des Uterus, wegen
Karzinom auf vaginalem Wege mit Dauerklemmpinzetten. Erst nach Ent-
fernung derselben kam wieder Urin in die Blase. Wahrscheinlich verursachen
die Klemmpinzetten eine Knickung des Harnleiters. Bei Versuchen an der
Leiche konnte er leicht eine Knickung des Harnleiters erzeugen, namentlich
durch die letzte unterste.
Im Anschluss an seine im verflossenen Juli über die Funktion der
hydronephrotischen Niere gemachte Mitteilung berichtet Bozzi (6) über
mikroskopische Alterationen, die er in diesen Nieren nach Hebung des
Hindernisses für den Hamabfluss vorfand. Dieselben sind nach dem Verf.
zu unterscheiden in dauernde und vorübergehende. Diese beruhen auf ein-
fachem Ödem und treten zuerst auf; jene sind später, dauernd und auf
Wucherung des Bindegewebes beruhend. In der Marksubstanz ist die Zu-
nahme im Bindegewebe eine gleichmässige , nicht so in der Rindensubstanz,
wo sie am höchsten ist in der Nähe des Hilus, um dann stufenweise oder
diskontinuierlich mit dem allmählichen Vorrücken gegen die dickeren Teile
abzunehmen.
Nach Beseitigung des Hindernisses beobachtet man in der Niere keine
Regenerations- sondern bloss Reparationserscheinungen. Im Nierengewebe
beginnt jedes wenig alterierte Element wieder in beschränktem Masse zu
funktionieren. R. Giani.
Brown (7) berichtet von einer Verletzung des Ureters bei Hyster-
ektomie wegen Myom. Zuerst Anastomose, dann wegen eiterigem Urin und
Fieber Nephrektomie. Heilung.
Carli (8) behandelt die Hamleiterhernien, von denen einfache, derartige
Brüche zu unterscheiden sind und solche, die mit dem Blasenbruch kom-
biniert sind. Beide kommen sowohl krural, besonders beim weiblichen Ge-
schlechte, als inguinal vor, besonders beim männlichen Geschlecht; bevorzugt ist
das Alter zwischen vierten bis sechsten Dezennium. Der hemierte Harnleiter
Ziegler, Verletzungen und chimrg. Krankheiten der Nieren and Harnleiter. 995
bewahrt seine Beziehungen zum Bauchfell, d. h. er liegt unterhalb des Bruch-
sackes, mit welchem er verwachsen ist. Der Harnleiter kann normal sein
oder verengt oder zystisch erweitert, verdickt. Die Symptome des Ham-
leiterbmches sind spärlich, hier und da Harnbeschwerden, Leibschmerzen.
Zur Unterscheidung von Hernien des Ligamentum rotundum ist das Ligamentum
rotundum viel fester mit dem Bruchsack verwachsen, lässt sich nur schwer
von ihm lösen. Bei Verletzung des Ureters Uretero-Zystoneostomie oder
Uretero-Ureteralanastomose.
Cathelin (9) berichtet von einem tödlichen Ausgang einer ^Uretero-
tomie extraperitoneale^ nach vorheriger Laparotomie bei einem Ureterstein,
der durch Röntgenstrahlen nachgewiesen war (Oxalatstein) , nachdem der
Cathelin sehe Apparat zur intravesikalen Scheidung des Urins schlechte
Funktion der rechten Niere angezeigt hatte.
Gohn (10) berichtet von einer lange bestehenden Nierenfistel nachPyo-
nephrotomie, bei der es gelang, durch Ureterenkatheterismus den Harnleiter
wieder durchgängig zu machen, nachdem von der Fistel aus die Sondierung
nicht geglückt war. Naht der Fistel, Heilung.
Deanesly (11) berichtet über die Heilung zweier operativ entfernter
Hamleitersteine und einer Knickung des Harnleiters.
Delbet (12) berichtet von der Einpflanzung beider Ureteren in die
Flexura sigmoidea. Anfangs schwere Pyelonephritis, dann Erscheinungen
zurückgegangen. Seit drei Monaten Gesundheit. Dreimal täglich Stuhl. Keine
Entzündung des Rektums. Mich au x berichtet von zwei guten Erfolgen bei
zwei Anastomosen des Ureters mit dem Cökum. Gute Erfolge berichten über
die Einpflanzung des Ureters in die Flexur Guinard, Ghaput seit 5 und
7 Jahren.
Fiore (13) berichtet über einen Erfolg, den rechten Harnleiter in der
Länge von 16 cm neu zu bilden.
Patientin litt seit 14 Jahren an Nierensteinen und hatte fOnf Verengerungen des
rechten Harnleiters. Um die Durchlftssigkeit des Kanals wieder herzustellen, formte er
mit einem TeU der verschieblichen, snbserösen (Gewebe des Bauchfelles einen Kanal nach
einer Sonde Charridre Nr. 80 und fQhrte die Operation mit der Extraperitonealmethode
darch. Der Erfolg war sehr befriedigend; die Lumbalfistel blieb bis zum 38. Tag nach der
Operation, dann schloss sie sich völlig. Die Durchlässigkeit des neugebildeten Kanales
wurde direkt durch Einführung des Katheters in die untere Mündung des Harnleiters und
mit der separierten Aufnahme des Harns durch den Apparat von Luys nachgewiesen.
Sieben Monate nach der Operation zeigte sich am neugebildeten Harnleiter trüber, sauer
reagierender Urin mit Eiweissspnren , wfthrend dem gesunden Harnleiter normaler Harn
entfloss.
Friolet (14) berichtet über eine Uretero-Zystanastomose infolge Ver-
letzung des Ureters bei einer Totalexstirpation des Uterus. Bei der einige
Wochen später erfolgten Sektion fand sich trotz guter Durchgängigkeit des
Ureters enorme Dilatation der Nieren.
Otto Gefe (15) berichtet über die Unterbindung des Ureters bei einer
bei der Geburt entstandenen Ureterscheidenfistel, wo der Ureter nicht in die
Blase eingepflanzt werden konnte. Heilung bei nachherigem Wohlbefinden
ohne Hydronephrose.
Geipel und Wollenberg (16) beschreiben einen Fall von Prolaps
der blasenartig in die Harnblase vorgewölbten, blinden Uretermündung in die
Harnröhre mit Sektionsbefund und Illustrationen.
Herbert (17) fand bei einer Sektion einen Divertikel des unteren Endes
des Ureters ungefähr 3 cm oberhalb der Blase, 32 mm lang, fast doppelt so
63*
9!)6 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
breit als der normale Ureter, beim Durchtritt in der Blase verengt er sich
wieder.
V. Uly 6s (18) berichtet an der Hand von sieben Fällen über den thera-
peutischen Nutzen des Uretherenkatheterismus. (Nierenbeckenspülung, Ent-
fernung Yon Sekreten, Vermeidung von Operationen).
Lichtenauer (19) will anschliessend an einen Fall bei Verletzung eines
Ureters die Frage der . Ureterimplantation , ob intra- oder extraperitoneal,
von Fall zu Fall entscheiden, die Hauptsache bei der Hamleitereinflanzung
ist das überschüssige Hineinziehen des Harnleiters in die Blase.
Löbker (20) steht in der Frage der Behandlung des erkrankten Ureters
bei der EIxstirpation der tuberkulösen Niere auf möglichst radikalem Stand-
punkte; unangenehm ist dabei die lange dauernde Fistelbildung. Da die
Ligaturen sich sehr schwer von den Stümpfen abstossen, lässt er die Liga-
turen lang und entfernt diese später durch Anziehen, bei gesundem Ureter
bleibt dann keine Fistel zurück. Möglichste Freilegung des Ureters, eventuell
mit neuem Schnitte wie zur Unterbindung der A. iliaca.
Loumaigne (21) bespricht die Entzündungen der Harnleiter und des
Nierenbeckens, die besonders bei Frauen vorkommen. Ihre ersten Symptome
sind Feststellung des entzündeten, schmerzhaften Harnleiterstranges vom Bauche
oder von der Scheide aus, Miktionsstörungen, häufig Pollakiurie, dann der
Paraumbilikalschmerz, oft Harnleiterblasenreflex.
Mackenrodt (22) demonstriert einen aus krebsigem Bande präpa-
rierten und resezierten, selbst krebsig erkrankten Ureter bei Totalexstir-
pation.
Metcalf und Safford (23) berichten von einem durch lumbo-ileo-
inguinalen Schnitt entfernten Adenokarzinom des unteren Teiles des Ureters
mit Entfernung der hydronephrotischen Niere eines 47jährigen Mannes, in
der Mitte der Geschwulst sass ein Stein, der wahrscheinlich die Neubildung
durch den Reiz hervorgerufen hatte; die Schleimhaut des Ureters war vom
Nierenbecken ab zottig degeneriert. Tod.
Monsarrat (24) berichtet über drei Strikturen des Ureters.
Die erste wurde für Appendizitis gehalten; trotz EntfemuDg der Appendix keine
BeBserung, bei wiederholter Laparotomie Striktnr nahe der Blase gefdnden und darch
Bongierung von der Blase aas beseitigt; im zweiten Falle Striktnr nahe der Niere, Plastik
nach Mynter; im dritten Falle bei eiteriger NierenbeckenentzAndang, Erweitemog der
Striktnr vom Nierenbecken aas.
Picque (26) entfernte extraperitoneal drei Steine aus dem Ureter.
Naht des Ureters. Heilung.
Rissmann (27) frischt bei der Einpflanzung des Ureters in die Blase
den Harnleiter klarinettenschnabelförmig an, so dass die in die Blase mündende
Lichtung weniger leicht narbig verengt werden kann. Die Blase auf einer
Sonde nach der rechten Seite verschoben und hier fixiert, der Harnleiter
durch ein Loch in die Blase vorgeschoben und durch ein anderes, etwa 3 cm
medial von der ersten Inzision wieder herausgeführt. Hier wird das zuge-
schnittene, spitze Hamleiterende fixiert, die Öffnung der Blase geschlossen.
Das erste Blasenloch wird nun beiderseits vom Harnleiter, ohne ihn mitzo-
fassen, verengt.
Röchet (28) berichtet von vier Fällen von handschufingerartigem Vor-
springen des unteren Endes des Ureters in die Blase bis zu 2 cm, zwei bei
der Autopsie gefunden, zwei in vivo und daselbst immer Nieren- und Ureter-
schmerz auf derselben Seite.
Ziegler, Yerletzungen und chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 997
Rolando (29) fand bei der Operation eines beweglichen linksseitigen
Schenkelbruches bei einer 27 jährigen Patientin den Harnleiter neben dem
Brachsacke im Schenkelkanale vor.
Sampson (30) berichtet von erfolgreichen Eingriffen am unteren Ende
des Harnleiters auf extraperitonealem Wege untrer Kokainanästhesie, und zwar
von zmrei Resektionen des Harnleiters und Einpflanzung in die Blase und ein-
mal von einem Harnleiterschnitt zur Entfernung eines Steines. Schmerzhaft
waren nur die Zerrungen am Bauchfell, Einschnitte und Nähte am Harnleiter
schmerzlos.
Seil heim (31) berichtet über drei erfolgreiche, ein Jahr nach der Ope-
ration kontrollierte Ureterozystanastomosen.
Eugenie Similew (32) bespricht die Entstehung der Zystenbildung
im Ureter anknüpfend an einen Fall. Die Zysten entstehen aus den v. Brunn-
seben Nestern, normalen Bildungen der Uretermukosa und zeigen die typischen
Charaktere der Epitheleinschmelzung. Parasitäre Momente spielen dabei keine
Rolle; es ist ein entzündlicher Vorgang, der zur Wucherung der Brunn sehen
Nester führt.
Simon (33) berichtet, dass sich bei bestehendem Yaginalprolaps eine
linksseitige Hydronephrose mit zystenartiger Erweiterung des Harnleiters
innerhalb der Harnblase gebildet hatte. Bei starker Anwendung der Bauch-
presse beim Urinlassen wurde der Tumor durch die Urethra getrieben und
durch den den Stiel krampfhaft umschliessenden Sphinct. vesic. inkarzeriert
und gangränös. Durch Infektion des Blaseninnern entstand Pyonephrose und
Sepsis. Spaltung der Blase, Abtragung der gangränösen Geschwulst. Heilung
der Blasen-Hamröhren-Scheidenfistel.
Nach einer kritischen Erörterung der bisher zur Ureteranastomose vor-
geschlagenen Prozesse und von dem Begriffe ausgehend, dass solche Operation
während oft schwerer chirurgischer Eingriffe (die Läsion des Harnleiters ist
ja immer oder beinahe immer chirurgischer Natur) verwendet sein muss, so
schlägt Taddei (34) einen ziemlich einfachen Vorgang vor, welcher nach meh-
reren experimentellen Versuchen als sehr zweckmässig und sicher erscheint.
Ein 1 cm langes Magnesiumröhrchen (von der Firma Rohrbecks Nach-
folger, Kärtnerstr. 59, Wien, geliefert) mit dem Durchmesser des Harnleiters
und mit klarinettschnabelförmig geschnittenen Enden hat vier Löcher, zwei
von einer und zwei von der anderen Seite auf zwei Vertikallinien. Die Löcher
sind in der Art hergestellt, dass es leicht ist, zwei dünne Catgutfäden von je
einer Seite einzuführen. Mit den oberen Enden der mit kleinen Nadeln ver-
sehenen Fäden geht man durch zwei entgegengesetzte Punkte des Nieren-
stumpfes des Harnleiters 2 mm weit von der Schnittfläche und mit den unteren
Enden durch zwei entgegengesetzte Punkte des Blasenstumpfes 4 mm entfernt
von der Schnittfläche. Die Fäden werden dann gezogen und geknüpft. Das
zentrale Hamleiterende bleibt mit der Vermittelung des Magnesiumröhrchens
in das periphere eingestülpt: Das Röhrchen erleichtert die Einstülpung und
sichert die Durchgängigkeit des Kanals. Zum Zwecke einer grösseren Sicher-
heit kann man zwei feine, nicht perforierende Nähte analog der Lembert-
schen Darmnähte anlegen. Bei den Hunden ergaben die Versuche vortreff-
liche Resultate, welche auch durch die histologische Untersuchung bestätigt
wurden.
Verf. fand, dass das Magnesiumröhrchen in weniger als 20 Tagen ver-
schwindet, indem es sich in Ammonium-Magnesium phosphoricum verwandelt.
998 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil
Die einzige, obwohl geringe Unannehmlichkeit des Verfahrens wird, wie es
scheint, durch die unter der epithelialen Schicht stattfindende Infiltration des
Gases gebildet, welches sich von dem durch die Wirkung des Harnes zer-
setzten Magnesium entwickelt. R. Giani.
Vaughan (35) berichtet von zwei erfolgreichen Einpflanzungen des
Ureters in die Blase.
Im ersten Falle handelte es sich um eine Hamleiterschussyerletzaog. Ein Schnas
unter dem Lig. Ponp. einwärts und unterhalb der rechten Spin. ant. snp., den 4. Sakral-
wirbel durchbohrend, das Geschoss war hinten etwa in der Mittellinie unter der Haut
stecken geblieben. Wegen beginnender Peritonitis Laparotomie. Drainagen liefeni aas
der Fistel dünnes Sekret, allmählich Urin. Ein halbes Jahr nach der Verletzang Laparo-
tomie, Ureter sondiert, starke Verwachsungen. Einpflanzang des Ureters in die Blase.
Heilang. Ein zweiter Erfolg bei der Verletzung des Harnleiters bei der Resektion eines
Mastdarmkarzinoms.
Wölfler (37) stellt ein Mädchen vor, dem vor acht Jahren wegen
Blasenektopie die Einpflanzung der Ureteren in die Flexur gemacht wnrde.
Das Mädchen kann den Harn gut halten, so dass es tagsüber 2— 3 mal,
nachts gar nicht urinieren muss.
Zondek (38) behandelt die Topographie der Ureteren und ihre Bedeu-
tung für die Nierenchirurgie monographisch. Man unterscheidet am mensch-
lichen Harnleiter eine Pars abdominalis vom Nierenbecken bis zur Ereuzungs-
stelle der Yasa iliaca und eine Pars pelvina bis zur Einmündung in die Blase.
Beide Teile weisen physiologisch Erweiterungen und Verengerungen auf. Die
Länge des Harnleiters schwankt zwischen 21 — 23 cm; er ist sehr dehnbar,
daher ist auch das Entstehen einer Wandemiere, z. B. durch Vorfall des
Uterus, sehr unwahrscheinlich. Die normale Ureterlichtung wechselt zwischen
^U cm und 2 mm, die ampullenartigen Erweiterungen sind die Lieblingsstellen
für Steine. Harnleiter bei Frauen leicht zu tasten, charakteristischer Druck-
schmerz, für den tuschierenden Finger von oben medial nach unten lateral.
Vergrösserung der Niere führt zu Lageabweichung des Ureters. Bei Dupli-
zität des Nierenbeckens und Harnleiters (nach Bostroem in 3^/o, nach
Poirier in 4**/o seiner Fälle) Resektion gerechtfertigt. Doppelte Harnleiter
kommen vor bei Solitärniere.
17. Kasuistik und Lehrbüeher.
1. Bangs, The diagnosis of tbe surgical lesions of ihe kidney and Ureter. New York
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Hautkrankheiten.
Bangs (]) bespricht die Diagnose der chirurgischen Nieren- und Ureter-
krankheiten.
Bazy (2) berichtet von 2 Nephrektomien wegen eitriger Pyelonephritis
nnd wegen beginnender Nierentuberkulose.
Brewer (4) berichtet über 84 Nieren- und Harnleiteroperationen.
Ausser Harnleiterkatheter Segregator von Harris, neben Kryoskopie Me-
thylenblaumethode. Multiple, septische Blutinfarkte können auch eine Seite
betreffen, dann Nephrektomie. Alle Fälle von schwerer Seitenkontusion mit
Hämaturie sollen unmittelbar operiert werden. Unter den 84 Operationen
27 Nephrektomien mit 1 Todesfall, 27 Nephrotomien mit 8 Todesfallen und
12 Dekapsulationen an 5 Patienten mit 2 Todesfallen.
C a 8 p e r (5) hält einen Rückblick auf die Nierenchirurgie seit Einfüh-
rung des Uretherenkatheterismus.
Dzirne (6) bespricht unter Anführung von 17 von ihm ausgeführten
Nierenoperationen die Behandlung der Nephrolithiasis , Hydro- und Pyo-
nephrose.
Haenens (7) bespricht die grossen Fortschritte der Nierenchirurgie im
allgemeinen in den letzten 15 Jahren, wesentlich durch die funktionellen
Methoden, die allerdings keinen absoluten Wert haben.
Hart mann (8) berichtet über verschiedene urologische Beiträge, so von
Hartmann und Lecene, über Geschwülste der Nebennieren mit schönen
Abbildungen, von Lecene über solide Geschwülste der Niere, von Hart-
mann über 2 Fälle von Zystenniere, von Hartmann über eine glücklich
verlaufene Unterbindung der Vena cava inf. wegen Verletzung bei Nephr-
ektomie, von Hart mann über die günstige Anwendung des Luysschen
Hamscheiders.
Johnsen (9) empfiehlt bei verschiedenen Nierenerkrankungen die Aus-
waschung des Nierenbeckens mit V« — l^oigem Protargol in warmer Bor-
saurelösung.
998 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil
Die einzige, obwohl geringe Unannehmlichkeit d^ jnkrankheiten.
scheint, durch die unter der epithelialen Schic^ ^^apie der Hamkrankheiten
Gases gebildet, welches sich von dem dur*^' flarnkranker darzulegen,
setzten Magnesium entwickelt. ^eiche Resektion eines mit dem
Vaughan (35) berichtet von zw ^^en Nierenbeckens bei intermit-
Ureters in die Blase. abdominale Exstirpation eines G r a-
Im eraten Falle handelte es sich r g j^^^^^ «^^ Exstirpation von
unter dem Lig. Poup. emwftrts und vmf iv4.t ii. j tt
Wirbel durchbohrend, das Geschoss ' ^^" *^®*^t Israel hervor, dass Hyper-
stecken geblieben. Wegen beginne i dem Blntwege durch Einwachsen der Ge-
der Fistel dünnes Sekret, allmfth^' i)rüsenmetastasen machen.
Hdlun ^'?' sondiert starke ^^^ einen aktinomykotischen Nierenabszess bei
MMwSmkarzin^^' j eine doppelseitige Hydronephrose mit Erweiterung
Wolf 1er (37) ^^^e Ursache.
Blasenektopie die F ^richt die chemischen und mikroskopischen Befimde
Das Mädchen ka* / ^
nachts gar nicb .y^^^öspricht in einem Lehrbuch die Untersuchung der Nieren
Zonde' • V'^ einschliesslich des Urins,
tung für d^' ^t^^^^^^l^^ Band eine ;, Einführung in das Studium der Nieren-
lichen H' ,'P^In ^^ untersucht Terranova (16) zunächst die wesent-
stelle d jit^Kl rfer Nieronfunktion, gewissermassen zur Klärung und Expli-
Beidp V^^^'^*^ ®^ ^^ ^^^ Kapitel über die ^Physiopathologie der Sekre-
Lär j^'^^li*^^ ^Allgemeinerscheinungen^ ausführen wird. Er erkennt in
dr Lß^'^n ^i° Vermögen zweifelloser Elektivität und bringt dasselbe in
7 ^ /^j,5g0iinei^h&ng mit den elementarsten Bedürfnissen des organischen
^f^'^ond ßii^ ^^^ Störungen, die in den yerschiedensten Zufälligkeiten, ib
^ ßtgboliachen Tätigkeiten der ganzen Organisation vorkommen. In Hin-
^. ^iif diese Notwendigkeit der Beziehungen zwischen den Evolutionen des
^fL^^ Metabolismus und den Wirkungen des aktiven Elementes der Niere
^ es selbstverständlich, dass jedwede der Niere und ihrer Funktion zoge-
ri!^ Verletzung sich notwendigerweise in dem ganzen Haushalt fühlbar
^en muss. Es ergibt sich so das Nierensymptombild, das nicht
ieT N'ö^^» sondern dem ganzen Organismus eigen ist. Durch diese Kriterien
jjisst sich Verf. bei der Definition und Erläuterung des Begriffes des Brightis-
^os leiten.
Nachdem Verf. so die Funktion der Niere und das mit ihr zusammen-
hängende Symptomenbild besprochen, stellt er sich die Frage, ob wirklich
eine Nephritis besteht und welches der dieselbe leitende physiopathologiscbe
Grundgedanke sei. Er empfindet daher das Bedürfnis, den pathologischen
Prozess im allgemeinen in seinen strukturellen und physiologischen Eigen-
schaften durchzugehen und untersucht die Rolle, die dabei dem Bindegewebe,
dem nicht differenzierten und spezifischen Gewebe zukommt, und die Rolle,
die dem spezifischen, ausgebildeteren Element zukommt. Aus ihrer verschie-
denen Reaktivität zieht der nephritische Prozess in seinen mannigfaltigen
Formen seinen Grund und sein Wesen. Er teilt die Nephritiden in endogene
und exogene; und erwähnt unter den endogenen die senile Nephritis, die er
^s idiogenetische oder physiologische bezeichnet. Er weist nach, dass die
Nephritiden wesentlich diffus sind und dass keine systematiscben
Nephritiden existieren. Nur die chirurgischen Nephritiden sind im wesentr
hchen und vor allem bindegewebige, da das Epithel nur auf mechanischem
Wege an dem Prozess sich beteiligt. Er schliesst, indem er die Grenzen zieht
' . Verletzongen and chirarg. Krankheiten der Nieren nnd Harnleiter. 1001
^ 'ikamentösen Nephritis und der chirurgischen Nephritis: zu
-'-^, ''t er sich nach den alten Kriterien nicht auf ätiologische
**• ninde, sondern er gibt der Untersuchung eine echt
^^ ^e, indem er sich auf das anatomische Substrat und
^ogischen Gründe stützt, die sie bedingen.
*"^^ ^ '^ er die objektiven Erscheinungen bei der Nieren-
Sorgfalt und Reichtum an Einzelheiten die ver-
.thoden der Niere dar unter Angabe der Kriterien,
einen oder andern die Richtschnur bilden müssen.
jsb Kenntnisse der Semiologie mit den speziellen topo-
wfhältnissen der Niere, die nicht feststehend ist, sondern be-
.id fluktuierend und empfindet in der Hinsicht das Bedürfnis, eine
.tomische Topographie und eine semiologische Topographie zu
unterscheiden: die anatomische Topographie, der die hintere Wand des Ab-
domens, die Lendengabelung, zugrunde liegt; die semiologische Topographie,
der die vordere Wand zugrunde liegt, die er als ^^natürliche semiologische
der Niere* bezeichnet. Von der physiologischen Beweglichkeit geht er zur
pathologischen Beweglichkeit über, als deren wichtigste und unmittelbare be-
stimmende Ursache er die ;,gestörte Harmonie ihrer topographischen Bezieh-
nngen* bezeichnet. Er beschäftigt sich eingehend mit der Perkussion und
definiert die diagnostische Funktion derselben. Ebensowenig übergeht er die
Subsidiarischen Mittel der Diagnose : zystoskopische Untersuchung, ver-
schiedene Mittel der Blasentrennung der beiden Urine, Palpation des Ureters.
Es schliesst das Kapitel eine semiologische Differentialdiagnose zwischen den
Nierenleiden und den Leiden der Organe, die am leichtesten mit denselben
verwechselt werden können.
Im 2. Kapitel macht Verf. eine genaue Analyse des subjektiven Sym-
ptoms bei den Nierenleiden, je nachdem dasselbe aus der Nierenkapsel her-
rührt, oder aus dem Nierenbecken und Ureter, oder aus dem Stiel. Für eine
jede dieser Unterabteilungen der Scbmerzsemiologie der Niere gibt Verf. auf
den Lehren der Klinik begründete Phänomenrekonstruktionen, die im wesent-
lichen von den strukturellen, morphologischen, physiologischen Modifikationen
selbst herrühren. Hier wie in der ganzen Arbeit verflicht er das Symptom
aufs innigste mit der Pathogenese. Er schliesst das Kapitel mit einer Diffe-
rentialdiagnose zwischen dem klassischen Kolikanfall und den Schmerzformen
sonstiger Organe, welche denselben vortäuschen können.
Im 3. Kapitel handelt er von den ^Reflexen ^ gleichsam zur weiteren
Entwickelung des Kapitels über die „subjektiven Erscheinungen^. Nach Be-
sprechung des mannigfaltigen und vielseitigen Mech^oiismus der Reflexe tritt
Verf. an das strittige Argument der „Nierenneurosen^ heran, sei es als ein-
fache Algie, sei es als Hämaturie, oder als hämaturische Nephralgie, oder als
funktionelle Neurose.
Höchst nützlich vom praktischen Gesichtspunkte aus ist das Kapitel
über die „Physiopathologie der Sekretionen^. Verf. beschäftigt sich zuerst
mit den quantitativen Alterationen; und die Polyurie der Prostatiker im
letzten Stadium stellt er in ihrer Pathogenese neben die Polyurie, die sym-
ptomatisch ist für die idiopathischen chronischen interstitiellen Nephritiden.
Sodann bespricht er die qualitativen Alterationen, die er in änsserliche und
innerliche unterscheidet. Unter die äusserlichen stellt er die Nierenpyurie
und Hämaturie und gibt Regeln, um sie von einer Blasenpyurie und Hämaturie
1002 Jahresbericht für Chirnrgie. II. Teil.
ZU unterscheiden. Bei den innerlichen Alterationen (Albuminurie, Depression
der einzelnen funktionellen Werte) unterscheidet er die Störung der Funktion
bei den medikamentösen Nephritiden und bei den chirui^schen Formen der
Nierenläsion; Unterscheidung, die begründet ist auf den neuen physikalischen
und strukturellen Eigenschaften der Elemente, auf der Natur selbst und der
verschiedenen Orientation des anatomisch-pathologischen Prozesses, auf der
Rolle, die bei der Läsion dem epithelialen Element und dem bindegewebigen
Element zukommt, auf dem grösseren oder geringeren Vorwiegen der hydrau-
lischen Mechanik — Osmose oder Filtration — oder der der dynamischen elek-
tiven Kräfte des Epithels. Dies vorausgeschickt, beschäftigt er sich mit der Albu-
minurie, die er in organische Albuminurie und in funktionelle oder dynamische
Albuminurie unterscheidet. Sodann geht er zur Untersuchung der Funktions-
fähigkeit über und erörtert die analytische Methode, die er als unzureichend
bezeichnet, und die synthetischen Methoden. Unter diesen hält er sich an
die Methoden der molekularen Konzentration und gibt von dem osmotischen
Mechanismus und der molekularen Spannung eine eingehende Erklärung. Er
endet mit den Methoden der provozierten Elimination, die er „symbolische
Methoden^ nennt.
Im 5. und letzten Kapitel handelt er von der Urämie. Dabei unter-
scheidet er tödliche akute Urämieformen und permanenten urämischen Zu-
stand, der unheilbar: der Brightismus, der für ihn ein Zustand „universeller
Meiopragie^ ist. In ins Einzelne gehender Weise beschäftigt er sich mit der
urämischen Phänomenologie unter Hervorhebung der bezeichnendsten Sym-
ptome, die für sich allein zur Aufklärung des zuweilen so unsicheren und
verschwommenen klinischen Bildes geeignet sind. Er beschreibt die Zeichen
des kleinen Brightismus nach Dieulafoy und die Verdauungsstörungen von
Guyoud; jene vorherrschend in den medikamentösen Nephritiden, diese in
den chirurgischen Nephritiden.
Der Band schliesst mit einem Studium über das Nierenfieber, das nicht
so sehr auf der Absorption feindlichen Agentien und Produkten, als auf der
ausgesprochenen Ausscheidung derselben beruht. R. Giani.
Tores Casanovas (17) bespricht die Indikationen für verschiedene
Nierenoperationen. Nichts Neues.
Van der Veer (18) berichtet über seine Erfahrungen bei 123 Nieren-
operationen: bei Niereneiterungen zuerst Nephrotomie, dann Nephrektomie^
nur bei der kystischen Pyonephrose primäre Nephrektomie. Bei grossen
Zysten und weichen Geschwülsten transperitoneale Nephrektomie. Zwei Hydro-
nephrosen durch Aspiration geheilt. Kapselspaltung wirkt günstig bei Nephr-
algie. Bei Tuberkulose möglichst frühe Operation. Zwei Fälle von chroni-
scher Nephritis gebessert durch Kapselspaltung. Bei Nierenverletzungen
möglichst konservativ. Bei Schwierigkeit, den Nierenstiel zu unterbinden,
Anlage von Klemmen.
Wagner (19) bespricht die Fortschritte der Nierenchirurgie im letzten
Dezennium, die in der Behandlung der Nierenerkrankungen immer mehr Ge-
biet sich erobert hat, konservativer geworden ist und deren Mortalität nach
Nierenoperationen bedeutend geringer geworden ist.
Wossidlo (20) bespricht die Diagnose und Behandlung der Harn-
krankheiten. Die Fortschritte in der Diagnose und Behandlung der Nieren-
krankheiten sind bedingt durch die Kystoskopie, Ureterenkatheterisation,
Ziegler, Verletziuigen und chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 1003
Radiographie, die physikalische Untersuchung des Blutes und Urins und bei
Unanwendbarkeit der Ureterenkatheterisation die Hamsegregatoren.
Wolf f (21) demonstriert die Präparate einer kongenitalen Hydronephrose
und einer anscheinend sekundären Nierentuberkulose.
In den Medical News (22) werden die Fortschritte in der Diagnose
der Nierenkrankheiten besprochen.
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1. Aisenstein, Beitrag zur Kasuistik der Nebennierentumoren. Dias. Zürich 1905.
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17. Srdinkoy Blutgefässe in der Nebenniere des Menschen. Casop. lök. cesk. Nr. 51. Ref.
Deutsche med. Wochenschr. 1906. Nr. 6.
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20. Wyder, Grosser Nebennierentumor. Korrespondenzbl. f. Schweizer Ärzte 19C5. Nr. 13.
p. 425.
Aisenstein (1) berichtet über einen zur Sektion gelangten Fall von
linkem Hypernephrom bei einem zwei Jahre alten Knaben.
Bernard nnd Bigot (2) untersuchten die Struktur der normalen
menschlichen Nebenniere.
Bernard (3) bespricht die Pathologie der Nebennieren, er unterscheidet
eine Hyperepinephrie, wie sie durch Einführung von Adrenalin entsteht und
eine Hypoepinephrie durch verschiedene Krankheiten der Nebennieren, Tu-
moren, Tuberkulose, Syphilis.
Cioffi(4) fand, dass die in zwei Zeiten vorgenommene Entfernung des
Nebennierenmarkes stets den Tod der Versuchstiere zur Folge hatte ; bei der
Obduktion fand man Abmagerung, Hämorrhagien der Magenschleimhaut und
der Milz.
Dupraz (5) berichtet über einen erfolgreich operierten, seltenen Neben-
nierentumor von alveolärem Bau, Epinephrom, die 25. derartige Operation.
1004 JahroBbericht für Chirurgie. II. Teil.
Anfang vor fünf Monaten mit Magen- and Leberstömngen, keine Haatpigmen-
tation. Zirkulations- und Respirationsstönmgen beim Herausluzieren des
Tumors, vielleicht durch Zerrung des Sympathikus. Trennung von der Niere
leicht. 50 7o Mortalität. Kummer berichtet von zwei ähnlichen Operationen
bei malignen Tumoren der Nebenniere bei Weibern: 1. Laparotomie, Niere
mitentfemt ; nach dreijähriger Gesundheit Rezidiv, nach neuerlicher Operation
Tod. 2. Krebsiger grosser Tumor, Laparotomie, Tod an Peritonitis.
Wladislaus Gackowski (6) berichtet von einem Neugeborenen mit
Blutungen in beiden Nebennieren. Zangengeburt, Tod unter septischen Er-
scheinungen. Nebennieren fast nierengross, Mark ganz geschwunden, Rinde
nur mehr Reste.
Gierke(7) zeigt eine zirka pflaumengrosse Einsprengung von Knocfaen-
marksgewebe in die Nebenniere einer alten Frau, Auftreten von Knochen-
balken mit Knochenmark in der verkalkten Marksubstanz, Herde von echten
Fettzellen und Rundzellen und Hämosiderin in der Nebennierenrinde.
Heinlein (8) bespricht die normale und pathologische Anatomie der
Nebenniere und einen Nebennierenabszess bei einem Kinde, das nach Bronchial-
und Darmkatarrh mit Schmerzhaftigkeit der Rumpfbewegung und Anschwel-
lung der Lendengegend erkrankte. Probepunktion ergab Eiter. Bronzefarbung
der Haut fehlte. Inzision führt in eine Abszesshöhle mit zertrümmerten Ge-
websteilen, die sich als Nebennierengewebe erkennen Hessen. Heilung. Wahr-
scheinlich hat es sich um tuberkulöse, zur eiterigen Einschmelzung führende
Nebennierenerkrankung gehandelt.
Felix Holst (9) berichtet über zwei Sektionsbefunde der seltenen,
doppelseitigen, primären Nebennierentumoren, der eine mehr vom Typus eines
Karzinoms, der andere eines Sarkoms, bei beiden fehlte im Leben der Ad-
dison sehe Symptomenkomplex. Genauer mikroskopischer Befund. Literatur !
Israel (10) bespricht die Schwierigkeit der Unterscheidung der Nieren-
und Nebennierengeschwülste, die beide retroperitoneal liegen und beide häufig
von Blutungen begleitet sind. Auf Grund der Erfahrung von 100 operierten
malignen Nierengeschwülsten und neun primären Nebennierentumoren unter-
scheidet er bei den letzteren verschiedene Formen für die Diagnose:
1. Kein örtliches oder entferntes Symptom, nur Metastasen verraten das
Bestehen irgend eines primären Herdes ; nur bei Gegenwart von Bronzefarbung
kann man eine Diagnose stellen.
2. Kein Tumor zu fühlen, aber Blutungen und Schmerzparoxysmen, resp.
Parästhesien im Ausbreitungsbezirk des Plexus lumbalis bei Ausschluss von
Steinen.
3. Tumor fühlbar, die an dem Prozess unbeteiligte Niere nicht zu fühlen.
4. Der von der Nebenniere gebildete Tumor fühlbar und lateral davon
die unveränderte Niere ; erleichtert wird die Diagnose bei Vorhandensein von
Addison scher Krankheit und Fieber.
5. Ein einziger, nicht zu trennender Verschmelzungstumor von Nieren-
und Nebennierentumoren zu fühlen; Diagnose häufig nicht möglich, Ver-
schmelzungstumoren sind, wenn sie unter dem Rippenbogen hervorkommen,
mehr in die Breite entwickelt als Nierentumoren. Prognose schlecht, weil
alle Nebennierentumoren früh nicht zu diagnostizieren sind und daher zu spät
;zur Operation kommen.
Ziegler, Yerleiznngen und chinirg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 1015
Küster (11) beobachtete zwei primäre, maligne Tumoren der Neben-
niere, Yon denen der eine multiple Lebermetastasen machte und die er für
Gliome (von Entwickelungsstörungen abzuleiten) hält.
Mineryini (12) berichtet über die Geschichte der Erkenntnis der
Nebennieren und über die Anatomie derselben.
Poll (14) ist es einmal gelungen (bei den bisherigen Versuchen war es
bei den Nebennierenverpflanzungen höherer Tiere nicht gelungen, Markzellen
zu erhalten) bei Eidechsen Marksubstanz drei Wochen bis zum Tode des Tieres
zo erbalten.
Schilling (15) berichtet über ein operativ geheiltes, rechtsseitiges
Nebennierenkystom bei einem jungen Mann; mannskopfgrossen Tumor, ein-
kammerige Zyste, mikroskopisch Endotheliom der Nebenniere.
Sicuriani (16) berichtet von einem Abdominaltumor, der sich bei der
Operation als ein 3,2 kg schweres Myxosarkom der rechten Nebenniere erwies.
Srdinko (17) findet Mark und Rinde der Nebenniere des Menschen
sehr reich an breiten und dünnwandigen Gefässen mit Sinusoiden. Infolgedessen
kommt das Blut in innigen Kontakt mit den Parenchymzellen. Häufigkeit
der Tuberkulose in den Nebennieren.
Widal und Boidin (18) berichten von einer 36jährigen Frau, Alko-
holistin, welche an Magengeschwür, allgemeiner Atheromatose und Hemiplegie
litt, dass man bei der Sektion hypertrophische, mit reichlichen Adenomen
versehene Nebennieren fand, die Verff. in ätiologische Beziehung bringen zum
allgemeinen Atherom.
Wiesel (19) glaubt, dass es sich bei den Elementen der von Küster
beschriebenen Nebennierentumoren (Glioma) um Bildungszellen des Sym-
pathikus handelt.
Wyder (20) berichtet über eine erfolgreich in Verbindung mit der
interstitiell veränderten Niere transperitoneal entfernten grossen Geschwulst
der linken Nebenniere Grawitzscher Tumor), die vorher nicht diagnostiziert
war, bei einer 70jährigen. Frau.
19. Adrenalin usw.
1. Br am well, AddiaoDS Krankheit. Brit. med. journ. 26. X. 1905.
2. Erbjun., Über Arterienerkrankung nach Adrenalininjektion. Naturhiat. Verein in
Heidelberg 28. II. 1905. Mflncb. med. Wochenachr. 1905. Nr. 17.
3. Flacher, Arterienerkrankung nach Adrenalininjektion. XXII. Kongreaa f. inn. Med.
12.— 15. IV. 1905. Wieabaden. Dentache med Wochenachr. 1905. Nr. 17.
4. Gondeacu, Ober die blutatillende Wirkung dea Paranephrin Merk. Wiener klin.-
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1006 Jahresbericht f&r Chirurgie, ü. Teil.
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und ihre Beziehung zur Arteriosklerose. Zieglers Beitr. Bd. XXXVIII. MOnch. med.
Wochenschr. 1905. Nr. 39.
Bramwell (1) berichtet über bedeutende Besserung der Addisonschen
Krankheit durch Suprarenalextrakt, 5 g dreimal täglich. Später Tod.
Erb jun. (2) berichtet, dass die intravenösen Adrenalininjektionen beim
Kaninchen regelmässig nach einiger Zeit zu einer charakteristischen Erkran-
kung der Aorta und bisweilen auch anderer grosser Arterien führen. Man
sieht kleine, napfförmige Vertiefungen in der Intima der Aorta, Verdünnung
der Wand, Bildung von Aneurysmen, Untergang der muskulären Elemente
der Media mit rasch eintretender Verkalkung, vielleicht spielen die Vasa
vasorum (Gefässkrampf durch das Adrenalin) eine Rolle.
Bernhard Fischer (3) berichtet über Arterienerkrankungen nach
intravenösen Adrenalininjektionen, die zu Aneurysmen der Aorta fuhren.
Fleckweise Nekrosen der glatten Muskulatur in der Media, ausgedehnte Ver-
kalkung, Dehnung und Zerfall der elastischen Fasern, typische Endarteriitis.
Gondescu (4) berichtet, dass bei einer Hämophilie bei profuser
Alveolarblutung die Blutung durch mit Paranephrin Merk getränkte Tampons
beherrscht werden konnte.
Hildebrandt (5) berichtet über seine Erfahrungen bei der Anwendung
des Suprarenins, die beobachteten Nachteile sind Gefahr späterer Gewebs-
nekrose und von Nachblutungen.
Külbs (6) fand bei intravenöser und intratrachealer Injektion von
Nebennierenextrakt Trübung, Verkalkung, aneurysmaähnliche Ausbuchtungen
der Aorta durch Nekrose der Media und Kalkablagerung in derselben. In-
tima verdickt.
Nach Littauer (7) treten die Gefassveränderangen durch Adrenalin-
injektionen bei Kaninchen, die einige Ähnlichkeit mit syphilitischer und neu-
rotischer Angiosklerose haben, nicht durch Steigerung des Blutdruckes ein,
sondern wahrscheinlich durch Beteiligung der Vasa vasorum.
Mironescu (8) zeigte an Kaninchen die enorme Blutdruckerhöhuiig
durch Adrenalininjektionen und die enorme Blutdruckemiedrigung durch
Euphthalmininjektionen. Nach einigen Injektionen beider hochgradiger Athe-
rome der Aorta, wahrscheinlich durch den starken Wechsel des Blutdruckes,
das Atherom ist viel stärker als nach Adrenalininjektionen allein.
Müller (9) hat für Blutungen eine mit Nierenpräparaten imprägnierte,
sterile Gaze und Watte hergestellt, mit einem bestimmten Promillegehalt un-
zersetzter, wirksamer Substanz, zu erhalten bei der Firma Arnold, Chem-
nitz i. S.
P eis er (10) empfiehlt auch für grössere Operationen die regionäre An-
ästhesie mit Kokain-Adrenalin subkutan. Keine üble Nachwirkungen, wenn
man acht hat, kein Gefäss anzustechen. Bei Laparotomien weniger geeignet.
Plant und Steele (11) haben bei Aszites und seröser Pleuritis nach
Entfernung der Flüssigkeit ca. 4 ccm einer Lösung des salzsauren Adrenalin
1 : 1000 in 15 ccm Wasser eingespritzt. 1 — 2 Injektionen genügten, um die
Ziegler, Verletznogen aod chinirg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 10Q7
Wiederkehr der Flüssigkeit zu verhindern, für gewöhnlich steigt die Tempe-
ratur nach der Einspritzung, die Pulsspannung nimmt zu.
Scheidemantel (12) fand nach Adrenalininjektion bei Kaninchen
wie Fischer ausgedehnte Verkalkungen untergegangener Mediaabschnitte
und Aneurysmen.
Gabriel Toujan (13) berichtet über seine Untersuchungen über das
Adrenalin.
Nach Vaciori (14) empfiehlt es sich nicht, bei Nierenoperationen Ad-
renalin als blutsparendes Mittel zu verwenden. Nach Versuchen an Kaninchen
werden die Veränderungen gesteigert, welche eine Verwundung des Nieren-
parenchyms mit sich führt, teils durch direkte Schädigung der Zellen, teils
durch Beeinflussung ihrer Ernährung.
Ziegler (15) erzielte durch intravenöse Injektionen von 0,15 einer
1^/ooigen Adrenalinlösung bei Kaninchen in verschiedenen Zwischenräumen
Nekrosen der Muskulatur der grossen Gefässe, besonders der Aorta, mit Kalk-
einlagerungen und entzündlichen Reaktionen an den Vasa vasorum.
20. Syphilis.
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und in der Parotis von Kindern. Zentralbl. f. path. Anat. 1904 Nr. 23.
4. Thiemann, Ein Fall von Nephritia syphilitica acuta. Mflnch. med. Wochenachr.
1905. Nr. 5.
Jean Berthezeune (1) bespricht die syphilitische Nephritis, die dem
sekundären Stadium angehört. Quecksilber ist hier wirksam und zwar sind
die Injektionen vorzuziehen. Daneben Milchdiät und Verordnungen wie bei
Nephritis.
Campbell (2) erinnert bei der Diagnose an die Möglichkeit eines
Xierengumma, dessen Symptome wenig; charakteristisch sind.
Ribbert (3) berichtet über den Befund grosser, die normalen Epithel-
zellen verdrängenden Zellen, protozoenähnliche Gebilde in den Nieren eines
syphilitischen Neugeborenen, femer in der Parotis nicht syphilitischer Kinder.
Thimann (4) berichtet von einer Nephritis syphilitica acuta, die durch
öO Sublimatinjektionen k 0,01 völlig geheilt wurde.
21. Varia.
1. Bainbridge, Tbe pathology of dropay. Practitioner 1905. Dec. p. 786.
2. Brandenatein u. Chajea, Folgen subkutaner Kochaalzzufubr nach Nephrektomie.
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29. Snfter, Pi y. Die antitoxische Funktion der Niere. Gac. Med. Gatalana 1905. Nr. 20
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80. — Die Wirkung des Nephrine^ auf die Elimination der hamf&higen Stoffe. Rot. de
Medy. Gir. Pract. 14. X. 1905. Ref. Manch, med. Wochenachr. 1906. Nr. 6.
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82. Tibbles, Addison's disease. Brit. med joum. 30. XII. 1905.
88. UUmann, Le dignement yibratoire des paupiäres et les affections renales. Gas. des
Höp. 1905. Nr. 107.
Bainbridge (1) bespricht die Nierenwassersacht, deren Ätiologie noch
sehr dunkel ist, für die man aber drei Ursachen annehmen kann, Änderongen
der kapillaren Permeabilität, Ändemngen des kapillaren Druckes und Ände-
rungen in den Geweben, gewöhnlich wirken zwei Faktoren mit.
Brandenstein und Chajes (2) schliessen aus ihren Versuchen über
die Folgen subkutaner Kochsalzzufuhr nach Nephrektomie, dass die Hanptr
masse von dem zurückgehaltenen Kochsalz in den Säften und nur wenig in
den Parenchymsubstanzen zurückgehalten werden.
Cabot (3) fand bei einem Manne, bei dem Gonorrhöe vorausgegangen
war, in dem durch Nephrektomie eröffneten Nierenbecken neben 6 Steinen
Vs Liter Eiter mit Gonokokken.
Ghaufford (4) berichtet von einer Sublimatvergiftung mit kompletter
fünftägiger Anurie, durch mechanische Verstopfung der gewundenen Harn-
kanälchen durch nekrotische Epithelien. Nach 2ö Tagen kaum noch Spuren
von Eiweiss und Zylindern.
» ^
Ziegler, Verletzungen und cliimrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 1009
Dalimier (5) rät, vor der Chloroformnarkose den Urin zu untersuchen
and bei chronischen Afifektionen der Nieren den Gebrauch des Chloroforms
m verbieten. Bei gesunden Nieren nach Chloroformnarkose in ungefähr
13 Vo der Fälle Folgeerscheinungen, leichte Albuminurie usw.
Nach Frey (6) lässt sich die nach grossen Salizylgaben häufig beob-
achtete Nierenreizung durch Darreichung von Alkalien eliminieren.
Gavalas (7) berichtet über den Tod eines Soldaten an Meningitis, der
an Addisonscher Krankheit mit Bronzefärbung der Haut und allgemeiner
Tuberkulose bei Freibleiben der Nebenniere, wie die Sektion gezeigt, ge-
litten hatte.
Gibson (8) bespricht die Schmerzen bei den verschiedenen Nieren-
erkrankungen; Schmerzen fehlen bei chronischer Nephritis, Hydronephrose
und bei Lithiasis ohne Pyelitis und Abflusshindemis.
Gröndahl (9) fand bei 75 Äthernarkosen, wo der Urin vor der Nar-
kose untersucht war, 27 mal (in 36 ^o) Eiweiss nach der Narkose und stets,
ausser in 3 Fällen, Zylinder. Häufig trat das Eiweiss erst am 2. Tage auf,
um meist bald wieder zu verschwinden.
Gnerin (10) berichtet über die Nierenopotherapie, die Anwendung einer
Nierenmazeration nach Renaut bei Meerschweinchen, die den Aufguss mittelst
Magensonde erhielten. Der Aufguss wirkt reizend auf die Niere, bewirkt
reichliche Diurese, lässt urämische Symptome verschwinden. Bei 2 Urämikem
Torübergehende Besserung.
Guiard (11) bespricht das Urotropin-Hexamethylentetramin und das
Helmitol, die Verbindung des Hexamethylentetramin mit der Anhydromethylen-
zitronensäure, die desinfizierend auf die Hamwege und beruhigend und an-
ästhesierend auf Schmerzen im Ureter und Blasenhals wirken. Die Wir-
kung des Helmitols tritt nur durch das Urotropin ein. Preis fast gleich.
Literatur !
Huchard (12) empfiehlt die Santheose als ein ausgezeichnetes, sehr
sicheres, konstantes, wenig angreifendes Nierendiuretikum, nicht giftig, nach
dem Gebrauch keine Magen- und Herzstörungen, in Dosen von 0,5 1 — 4 Stück
pro die, wird nur verkauft in Daten ä 24 Stück.
Javal (13) empfiehlt die Entchlorung beim Ödem der Nierenkranken
und beim kardialen Ödem und Aszites.
Jordan (14) macht auf die bei Nierenkranken auftretenden Haut-
erscheinungen aufmerksam, er veröflFentlicht 2 Fälle von Pruritus, einen von
Furunkulose, zwei von Ekzem und einen von Gangrän bei Nephritis.
Imbert (15) bespricht die Fibrinurie, eine Ausscheidung von Fibrin
im Urin, unabhängig von jeder Hämaturie oder Chylurie, an drei eigenen
Fällen beobachtet und in neun Fällen in der Literatur erwähnt. Charakte-
ristisch ist die sofortige Koagulation des Urins im Glas, was die Diagnose
leicht macht. Sie kommt bei verschiedenen Nierenaffektionen vor. Behand-
lung symptomatisch.
Kornfeld (16) bespricht die Symptomatologie der Urosepsis.
Lavaux (17) berichtet über die vorzügliche anästhesierende Wirkung
des Gonosans, dargestellt aus der Wurzel eines polynesischen Strauches,
bei Erkrankungen des Harnleiters, Nierenbeckens und der Niere. Die Nieren-
schmerzen schwinden sehr rasch. Gegeben in Kapseln ä 0,3 mit Sandelöl
ce 7—10 Stück täglich.
JahrMbM>ieht flir Chimrgie 1905. 64
1010 Jahresbericht f&r Chirurgie, tl. Teil.
Henri Long (18) behandelt die schon im Altertum gebrauchliche
Nierenopotherapie, am besten die Schweinsnierentherapie nach Renaut, die
sehr diuretisch wirkt, Eiweiss zum Verschwinden bringt, bei allen Nephritiden
im Moment und ausserhalb der urämischen Krisen zu empfehlen ist. Kontra-
indiziert bei schweren Herzleiden und vorgeschrittener Lungentuberkulose.
Marie (19) berichtet von der Gegenwart von Hefezellen in mensch-
lichen Nieren bei zwei jungen Leuten, vergesellschaftet mit Eiweiss, im ersten
Falle bei einer Endokarditis, im zweiten Falle bei einer Scharlachnephrit is,
wo Glomeruli, die grossen Gefässe und die Leber untersucht werden konnten
und frei befunden wurden.
Michel (20) fand bei Meerschweinchen, denen er taglich 10 Tage lang
2 mmg Nierensubstanz pro Kilo Körpergewicht gegeben hatte, Abmagerung,
parenchymatöse Nephritis. Bei den Gaben, wenn sie in Glyzerin aufgechwemmt
waren, waren die Erscheinungen deutlicher. Beim Menschen fand sich eine
abundante Diurese, Besserung der urämischen Symptome, Eiweiss verhält sich
ganz verschieden.
Nizzoli (21) fand die Schmerzhaftigkeit in der Nierengegend am
äusseren Rande des M. sacrolumbalis, wie bereits von Goldflam angegeben,
als konstantes Zeichen der verschiedenen Nierenaffektionen , auch bei Ein-
seitigkeit der Erkrankung.
Offergeid (22) prüfte im Anschluss an einen Chloroformtodesfall mit
schweren Veränderungen in den Nieren, an Tieren die Wirkung des Chloro-
forms auf die Nieren. Nach einmaliger Narkose gelingt es, Fettdegeneration
in den Nieren zu schaffen, denen die Tiere erliegen, wenn sie die Narkose
gut überstanden haben. Bei Entzündungszuständen der Nieren durch chemische
oder bakterielle Mittel tritt die Degeneration der Epithelien viel leichter ein.
Bei trächtigen narkotisierten Tieren ergab sich keine erhöhte Disposition zur
fettigen Nierenentartung, dagegen durch wiederholte, aufeinander folgende
Narkosen. Durch Chloroform-Sauerstoffnarkose ergab sich Beschränkung der
fettigen Degeneration. Nach der Chloroformnarkose schwindet das Fett in
den Geweben und sammelt sich grösstenteils in der Leber an. Wahrscheinlich
verändert das Chloroform das Hämoglobin, so dass es die Fähigkeit verliert
mit dem Sauerstoff sich zu verbinden. Es würde also der Sauerstoffmangel
die Fettdegeneration bedingen.
Parry (23) berichtet von einer Reizung der Nieren (Zunahme des Ei-
weiss durch längeren Gebrauch von Urotropin (5 grains täglich) bei einer Pro-
statazystitis eines alten Mannes.
Nach H. Pringle, Maunsell und S. Pringle ist während tiefer
Narkosen mit Äther die Menge des Urins sehr stark vermindert, die Stick-
stoffausscheidung hört fast ganz auf. Nach Beendigung der Narkose nimmt
zuerst die Wasserausscheidung wieder zu, die Stickstoffausscheidung kommt
viel langsamer wieder.
Schulz und Hoffmann (27) konnten durch Röntgenbestrahlung an
der freigelegten Niere vom Kaninchen Veränderungen herbeiführen, die
schliesslich zu interstitieller Nephritis führten, auch erfuhren die Epithelzellen
Veränderungen.
Stanton (28) berichtet von einer als Zystitis und Pyelonephritis ver-
laufenden Aktinomykose der Niere und Blase mit reichlichen Abszessen in
der Niere. Wahrscheinlich war der primäre Herd in einem andern Körper-
teil zur Zeit der Sektion abgeheilt.
tleerink, Verletzadgeil und ohirarg. Krankheiten der Blase. lOli
Nach Pi y Sun er (29) sollte man den Begriff der ^inneren Sekretion*'
fallen lassen und ihn durch den der antitoxischen Funktion ersetzen.
Pi y Suner (30) bespricht die Wirkung des Nephrins auf die Elimi-
nation der hamfähigen Sto£fe, die nicht immer vorhanden ist und sich
ror allem danach richtet, ob noch genug reaktionsfähiges Parenchym vor-
handen ist.
Thompson (31) findet durch Tierversuche, dass während der An-
ästhesie (Morphium, Äther, Chloroform) zunächst die Harnausscheidung ver-
mehrt ist, in tiefer Narkose die Harnabsonderung fast ganz aufhört, nach
der Narkose bald der normale Zustand wieder eintritt.
Tibbles (32) berichtet von 2 Fällen von Addisonscher Krankheit.
Uli mann (33) erwähnt das Blinseln der Augenlider, besonders des
oberen, als ein Zeichen für Nierenkrankheiten, oft nur wenige Minuten bis
zu 30 Minuten und öfter am Tage.
xxn.
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der
Blase.
Referent: H. Reerink, Freiburg i. B.
Die mit * veraeheneii Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Anatomie und Physiologie der Blase.
1. Gnyon, De ia chloroformisation de la vessie. Annal. des mal. des org. gänit.-nrin.
1905. Nr. 8.
2. *LegaeaetChiri^, L'^tat anatomique de la vesaie aprda la proatatectomie de FuUer-
Freyer. Ball, et m^m. de la aoc. anat de Paria 1905. Octobre.
3. ütean, Anatomie du trigone vdsical. Annal. des malad, des org. g^nit.-arin. 1905.
Nr. 4.
Gnyons (1) Aufsatz, der u. a. auf seine auch bei uns gewürdigten
Ansichten über Tensions- und Kontaktempfindlichkeit unter normalen und
pathologischen Verhältnissen sich stützt, ist eher als eine interessante physio-
logische Studie zu betrachten; für den Praktiker bringt er wenig Brauch-
bares.
Ute au (3) studierte an frischen Harnblasen und zwar von je 50 männ-
lichen, 50 weiblichen und 50 kindlichen Leichen die Topographie des Trigo-
nums. Eine genau geführte Tabelle gibt die Masse der einzelnen Präparate
und zwar die Messungen über
64*
1012 JahreBbericfat fflr Chirurgie. II. Teil.
1. Distances inter-ureterales;
2. Distances de Turetere droit au plan median;
3. Distances de Turetere gauche an plan median;
4. Distance de Turetere droit an col;
5. Distance de Tnretere gauche au col.
Das Maximum des inter-ureteralen Abstandes betrug:
beim Manne 88 mm,
„ Weibe 62 ^
^ Kinde 24 „
Das Minimum:
beim Manne 20 mm,
jy Weibe 10 „
^ Kinde 7 „
Die mittlere Grösse aus den 50 Fällen:
beim Manne 32 mm 7
„ Weibe 26 „ 8
^ Kinde 12 ;, 32.
Der Abstand der Ureterenmündung von der Mittellinie betrug:
Maximum: Minimum: mittlere Grösse:
beim Manne 45 mm beim Manne 4 mm beim Manne 15 mm 79,
„ Weibe 32 „ „ Weibe 4 „ ^ Weibe 13 ,, 45,
„ Kinde 13 ;, „ Kinde 3 ^ „ Kinde 6 „ 35.
Der Abstand der Uretermündung vom Blasenhals :
mittlere Grösse
Maximum: Minimum: (aus den 50 Fällen):
beim Manne 61 mm beim Manne 10 mm beim Manne 27 mm 58,
^ Weibe 51 ^ „ Weibe 10 „ „ Weibe 22 „ 71,
;, Kinde 24 ^ „ Kinde 5 „ ;, Kinde 11 „ 275.
Eine Anzahl für die Praxis nicht unwichtiger Schlussfolgernngen sind
angegeben, z. B. ;,In einem Falle, wo die Distanz der Ureteren nur 4 mm
betragen würde, wäre das Luyssche Instrument nicht anwendbar; dann ist
der Cathelinsche Diviseur allein indiziert^. „Bei sehr kleinem Trigonnm
könnte gelegentlich die Frey ersehe suprapubische Prostatektomie, zumal bei
sehr grosser Prostata, eine Ureterverletzung setzen**. (? Ref.).
Zum Schluss geht Uteau noch kurz auf eine Arbeit von George S.
Whiteside, M. D. Portland, Oregon, ein (Medical Sentinel, Portland, Oregon,
Nov. 1904), dessen durch kystoskopische Untersuchungen gemachten Befunde
unter pathologischen Verhältnissen Uteaus Untersuchungen glücklieb er-
gänzen.
U. Allgemeines über Blasenchirurgie«
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mal. des org. g^nit.-urin. Vol. 1. Nr. 2.
20. Marie, R., Enorme dilatation de la yessie, cons^cutive ä an r^tr^cissement de Turdthre.
Bull, et m4m. de la Soc. anatom. de Paris. Nr. 9.
21. Nico lieh (Trieste), Abcös r^tro-vteical, Perforation spontanöe de l'intestin apr^s l'ou-
Tertnre de Tabcös. Annal. des mal. des org. g^oit-urin. Nr. 7.
22. Otis, Un nouveau ölectrocystoscope. Annal. des mal. usw. Vol. I. Nr. 12.
23. Posner, Praktische Ergebnisse aus dem Gebiete der Urologie. Berliner klin. Wochen-
scbr. Nr. 2.
23a.*Parpara, J., Cocchiaio per 11 raschiamento della vescica attraverso la via naturale
nella cistite cronica delP nemo. Bollettino della Societii medico • chirurgica d. Pavia
1905. Fase 9.
24. Rafin, Separation endo-vesicale et catheterisme urethral. Lyon mödical. Nr. 7.
25. Ringleb, 0., Zystoskopie und Lithotripsie in verschiedenen Körperlagen. Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 46.
26. Rudeaux, Troubles vösicanx de hi pa^rperalite. Arch. g^n. de Med. 25 Juill.
27. Stordeur-Verhelst, Reteotion compldte par atonie v^sicale d'origine urämiqae.
Le progi^s mödical beige. Nr. 7.
28. T h u m i m, L., Was leistet die Kystoskopie bei Verletzungen der Blase und der Ureteren?
Münch. med. Wochenschr. Nr. 21.
29. Voelcker und Lichtenberg, Die Gestalt der menschlichen Harnblase im Röntgen-
bilde. MQnch. med. Wochenschr. Nr. 33.
30. Vogel, J. (Berlin), Praktische Ergebnisse aus dem Gebiete der Urologie. — Zum Kapitel
der nervösen Blasenstörungen. Berliner klin. Wochenschr. Nr. 43.
31. — Zur inneren Behandlung des Blasenkatarrhs. Zentralblatt für die Krankheiten der
Harn* u. Sexualorgane. Bd. XVI. Heft 1.
Delbet (4) beschreibt das direkte Cystoskop von Luys, wie dieser
Autor es im AnklaDg an die Kelly sehe Methode der direkten Blasenbeleuch-
tuDg in Knie-Ellenbogenlage ausgebildet hat. Statt letzterer wird dieTren-
delenbnrgsche Hochlagerung benutzt. Drei Abbildungen der Instrumente,
die das Gesagte illustrieren, sind beigegeben. Mit Ausnahme der Partie um
den vorderen oberen Blasenhals soll die ganze Blase gut abzuleuchten sein.
In der Diskussion stimmen Hart mann, der namentlich das leichte Gelingen
des Ureterenkatheterismus lobt, AI bar ran und Tuffier im wesentlichen
dem Lobe, das Delbet dem Instrumente zollt, bei, wenn man auch nur ein
sehr begrenztes Gesichtsfeld auf einmal übersehen könne. Aber: ce qu'on
Yoit, on le voit bien nettement,^
1014 Jahreabericfai fttr Chinirgie. 11. Teil.
L u y s selbst ergreift mehrfach zu seiner Methode das Wort. In einem
seiner Aufsätze (17) bespricht er zunächst die Vorteile der direkten Kjsto-
skopie, die natürliche Bilder gebe, da man die Blase nicht so stark auszu-
dehnen brauche; sie allein gestatte die direkte, örtliche Anbringung Ton
Medikamenten. Als Nachteil würde gewöhnlich genannt, dass die Instrumente
voluminöser seien und dass das Gesichtsfeld kleiner sei. Die Trendelen-
burgsche Hochlagerung bewirkt eine hinreichende Ausdehnung der Blase
ohne weitere Mittel, da in dem Momente, wo bei dieser Lagerang eine
hohle Sonde in die Blase eingeführt wird, Luft einstürzt und die Blase
ausdehnt. Eine besondere Vorrichtung fängt den Urin, der sich während
der Untersuchung bildet, sofort auf, so dass ohne Unterbrechung untersucht
werden kann.
Luys gibt eine genaue Beschreibung seines Instrumentes und der ver-
schiedenen Untersuchungsmethoden mit demselben. Aus den beigegebenen
Abbildungen sieht man nicht allzuviel.
Zum Schlüsse fügt Luys den in seinem Buche: Endoscopie de Turetre
et de la vessie, Paris, Massen, 1904 veröffentlichten Fällen noch 7 weitere
Beobachtungen hinzu. Schon die ersten zwei derselben kennzeichnen hin-
reichend den Standpunkt des Autors:
1. Tuberculose renale droite reconnue par le s^parateur Luys. — Con-
iirme par le cathöterisme direct de Turetere.
2. Pyon^phrose droite et cystite intense. La Separation des urines ne
peut etre fait que par le cathäterisme direct de Puretere.
Sein Aufsatz in der Presse m^dicale (18) wiederholt in der Hauptsache
das vorhin Gesagte; auch die Abbildungen sind dieselben.
Sehr lesenswert ist sein dritter Artikel (19), wenn er vielleicht auch
hier seiner Methode zu ausschliesslichen Wert beimisst; mehr jedenfalls, als
ihm von anderen Seiten wird zugegeben werden. Doch finden auch die In-
strumente anderer Autoren Berücksichtigung und sind Abbildungen derselben
beigegeben. Auch die Anwendungsweise ist schematisch dargestellt.
Frank P. Vale (7) berichtet über günstige Erfolge mit dem Instru-
ment von Luys zur intravesikalen Trennung der beiden Urine. Dasselbe
besteht aus einem doppelläufigen Katheter mit Escatscher Krümmung. Die
Trennung wird nach Einführung in die Blase durch eine Gummischeidewand
bewirkt, welche mit Hilfe einer Kette aus dem Schaft des Instruments vor-
gezogen wird. Die Elastizität des Gummis zieht die Kette vor Entfernung
des Instruments in den Schaft zurück. Bei richtiger Handhabung verursacht
das Instrument, wenig Unbehagen, keinen Schmerz und kann bis zu einer
Stunde in der Blase belassen werden. Es genügen meist 20 — 30 Minuten.
Um sichere Trennung der Urine zu bewirken, muss der Kranke nach Ein-
führung sitzen. Die verschiedenen von AI bar ran gegen das Instrument
gemachten Einwürfe sind nicht stichhaltig.
Legueu (14) demonstriert das Cathelinsche Instrument: cystoscope
ä vision directe.
La forme est celle d'une sende creuse metallique; la lampe est k Fex-
tremitö de Tinstrument et dispos^e de teile fagon qu'elle öclaire la vessie
de haut en bas k travers une entaille faite aux parois m^talliques.
Zwei Abbildungen sind beigegeben.
Otis (22) beschreibt und gibt die Abbildung eines neuen Kystoskops,
dessen Hauptvorzug darin zu liegen scheint, dass der Beleuchtungskörper an
Reerink. VerletKungen und chimrg. Krankheiten der Blase. 1015
der Spitze des Instrnments nicht überdeckt ist und somit die ganze Blase
erlenchtet wird. Das Gesichtsfeld scheint dadurch wesentlich erweitert zu
sein. £ine besondere Konstruktion der Lampe verhindert eine stärkere Er-
hitzung. Weitere Einzelheiten müssen im Original nachgelesen werden.
Rafins (24) Arbeit beschäftigt sich nur mit der Separation endo-
vesicale des urines und mit dem Ureterenkatheterismus, ohne die anderen
Methoden (Phlorogluzin, Kryoskopie) zu berücksichtigen. Sein Instrument ist
der Layssche Separator. Die einzelnen Kapitel enthalten die Untersuchungs-
methoden und ihre Ergebnisse bei Erkrankungen der Nieren und bei diffe-
rentialdiagnostischen Schwierigkeiten. Bei gesunder Blase spielt die grössere
Schmerzhaftigkeit der einen oder andern Methode keine Rolle; bei krank-
haften Veränderungen der Blase dürfte der Ureterenkatheterismus vorzuziehen
sein. Öfters wird man auch in die Lage kommen, die beiden Methoden, die
sich gegenseitig nicht ausschliessen, kombiniert anwenden zu können ; so wird
die erstere gelegentlich mit Sicherheit zeigen, an welcher Seite man den Ure-
terenkatheterismus ungestraft wird anwenden dürfen.
Jacoby (12 und 11). ;,Die Stereokystophotographie führte mich zur
Konstruktion des Stereokystoskops , das uns auf die einfachste Weise die
Möglichkeit gibt, binokular das Blaseninnere zu betrachten, d. h. die Ob-
jekte im Blaseninnem körperlich zu sehen im Gegensatz zu den flächen-
haften Bildern, die wir erhalten, wenn wir nur mit einem Auge kystosko-
pieren.^
Folgt Beschreibung und Abbildung des Instruments.
K i n g 1 e b (25) hält für eine Anzahl von Fällen den Übergang aus hori-
zontaler Lage in andere Lagen resp. Positionen für wünschenswert oder sogar
erforderlich. Er beschreibt die Konstruktion eines Tisches und gibt mehrere
Abbildungen, die im Gegensatz zu dem ^ Katheterismus über dem Bauch^
(Rückenlage) den ., Katheterismus unter dem Bauch^ (Bauchlage) illustrieren
sollen. Ringleb empfiehlt diese Lage für kystoskopische Grenzfälle, i. e. für
solche, bei denen eine Besichtigung des Blasenbodens erwünscht ist, nament-
lich eine solche der Hamleitermündungen, diese aber nicht möglich ist.
Auch für die Lithotripsie hält Ring leb die Bauchlage für empfeh-
lenswert
Die nach schweren Entbindungen oder nach gynäkologischen Operatio-
nen auftretenden Blasen- resp. Blasenscheidenfisteln unterzieht Thumim (28)
einer genaueren Besprechung, welche die Leistungsfähigkeit des Kystoskops für
den Gynäkologen illustrieren soll. Des weiteren die Diagnostik ;,solcher
Ureterfisteln, die sich dem Operateur zur Überraschung etwa am 7. bis 11.
Tage nach einer grossen Bauchoperation einstellen, bei welcher der Ureter
ans seinem natürlichen Situs verschoben wurde oder z. B. in seiner un-
mittelbarsten Nähe Umstechungen oder Massenligaturen vorgenommen werden
mussten^.
Zwei sehr instruktive Krankengeschichten sind der Arbeit beigegeben.
In 2 Aufsätzen (1 u. 2) polemisiert Cat heiin gegen Wein rieh und
L u y s unter Wahrung seiner Ansprüche.
Nach Injektion von 120—150 g und mehr einer 2% igen Kollargol-
lösung durch einen in die Blase eingeführten Katheter nahmen Voelcker
und Lichtenberg (29) Röntgenogramme der Blasengegend auf mittelst
mittelweicher Röhren mit Albers- Sc hönb ergscher Blende. Eine Anzahl
beigegebener Skizzen demonstrieren die Form der normalen menschlichen Blase
1016 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
sowie dieselbe unter pathologischen Verhältnissen. (Prostatahypertrophie, chro-
nische Zystitis, Divertikelblase , Form der Blase bei die linke Beckenhälfte
ausfüllendem Rektumkarzinom, nach Beckenfraktur mit Verschiebung und
Anspiessung der Blase.)
(Ref. darf vielleicht darauf aufmerksam machen, dass nach seinen Unter-
suchungen über die Form der Blase beim Prostatiker, wie er sie nach vor-
sichtigen Injektionen von Gelatinemassen vom Nierenbecken aus an der Leiche
erhielt (Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 1903) schon
die Form der Blase wesentlich davon beeinflusst wird, ob man von der Niere
aus (bei intaktem Peritoneum) oder durch einen Katheter per nrethram
injiziert, da im letzteren Falle der ^Hochstand^ der Blase nicht eintritt.
Zweifellos spielen auch die verschiedenen Füllungsgrade eine grössere Rolle,
als Voelcker und Lichtenberg das erwähnen.)
Praktische Ergebnisse aus dem Gebiete der Urologie bespricht C.
Posner (23). Bei der inneren Behandlung des Blasenkatarrhs haben neuere
Mittel, wie Helmitol und Uetralin gegenüber dem Urotropin keine Vorzüge
aufzuweisen. Im Gegenteil! wenn auch Urotropin gelegentlich versagt, so
fällt das nicht dem Mittel zur Last, sondern liegt an der Beschaffenheit der
Infektionserreger. ;,Bei akuter gonnorrhoischer Urethrozystitis leisten am
meisten die Balsamica, denen auch bei chronischen Fällen die eklatanteste
schmerzlindernde Wirkung innewohnt; unter den inneren Desinfizientien,
namentlich bei Koli- und Staphylokokkenzystitis, kennen wir bisher keines,
welches dem Urotropin vorzuziehen wäre: der Tuberkulose gegenüber aber
richten wir mit ihm ebenso wenig aus, wie mit den Ersatzmitteln.^
Nach J. Vogel (30) sind nervöse Störungen der Blasenfunktion ohne
anatomische Grundlage selten ; viel häußger sind die Erscheinungen von Seiten
der Blase nervöse Ausstrahlungserscheinungen, die von Erkrankungen anderer
Organe herrühren. Die Verhältnisse bei Tabes, chronischen Entzündungen
der Prostata u. a. werden besprochen. Bei den Blasenstörungen der Near-
astheniker nimmt die ;,Neurose^ am häufigsten von einer Erkrankung am
Urogenitalapparat ihren Ursprung.
Derselbe Autor (31) kommt nach Prüfung von vier neueren Mitteln —
Helmitol, Neu-Urotropin — Hetralin, Griserin — zu dem Schluss, dass keines
derselben als zuverlässiges Hamdesinfizienz bezeichnet werden kann. Alle
stehen in ihrer Wirkung dem Urotropin nach, dessen Heilkraft allerdings
auch an bestimmte Grenzen gebunden ist. Auch heute noch besteht die
Erfahrungstatsache zu recht, ;,dass die tuberkulöse und gonorrhoische Form
der Zystitis durch das Mittel nicht beeinfiusst werden und dass es in den
Fällen, die durch eine Striktur oder Prostatahypertrophie bedingt sind, die
günstigste Wirkung entfaltet." „Fnr klinische Zwecke liefert die Untersuchung
mittelst der von Posner angegebenen Transparenzbestimmung des Urins be-
züglich ihrer Genauigkeit durchaus ausreichende Resultate."
Hubbards (10) Mitteilung vermehrt die Kasuistik der Blasendarm-
fisteln, ohne dabei, soweit wenigstens aus dem Referat von Laroche henor-
geht, etwas Besonderes zu bringen. Es bleibt ziemlich unklar, weshalb bei
dem 24jährigen Patienten, der Erscheinungen von Verdauungsbeschwerden
and leichter Zystitis geboten hatte und bei dem unter den Erscheinungen
von Nierenkolik ein kleiner Stein abgegangen war, — die Zystoskopie zeigte
eine kleine, gelblich weisse Ulzeration nahe der linken Uretermündung — die
suprapubische Drainage gemacht werden musste. Hiemach trat Kot im Urin
Reerinky Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Blase. 1017
auf. Die Laparotomie ergab eine Verwachsung zwischen Blasenscheitel nnd
Flexur. Tod nach 6 Tagen.
Kaufmann (13) sucht in seinem „Treatment of urinary haemorrhage^
an 4 Beispielen die ausgezeichnete Wirkung des Styptol nachzuweisen. Es ist
ein gelbliches Pulver von bitterem Geschmack und leicht löslich in Wasser.
Seine chemische Formel: C6H4(C02H), — (CijHigNOa)^. Kaufmann gebraucht
Dosen von 3 mal tägl. 0,1 g.
Ans dem eiweiss- und zuckerhaltigem Urin eines 65jährigen Kranken,
bei dem am 6. Tage nach der Aufnahme zuerst Pneumaturie aufgetreten
war — die Blase war vorher* mit Salizylsäurelösung und 1^/ooigem Silber-
nitrat ausgespült worden — konnte van Loghem (15) u. a. einen Bazillus
züchten, den er mit Proteus vulgaris (Haus er) identifiziert. „Fakultative
Anaerobie, Pleomorphismus, Eigenbeweglichkeit, das Verhalten gegenüber Färbe-
mitteln, die Fähigkeit, Gelatine zu verflüssigen, Indol, Schwefelwasserstoff
und brennbares Gas zu bilden und die Pathogenität für Kaninchen.^ Als
Erreger der Pneumaturie wurde Proteus vulgaris bis jetzt nie genannt.
Lowson (16) bespricht zunächst die Prädilektionsstellen bei Ruptur
der Urethra und dementsprechend die Verbreitungswege, die der Urin
nehmen kann. Im konkreten Falle hatte ein junger Reiter durch Sturz
vom Pferde sich eine Beckenquetschung zugezogen. Da er angab, vorher
gerade Urin gelassen zu haben, so wird mit dem Katheterismus bis zum
nächsten Morgen gewartet (! Ref.) und dann auf diesem Wege blutiger Urin
entleert. Am Abend keine Urininfiltration aber Dämpfung oberhalb der
Symphyse. Nach einer hier vorgenommenen Inzision quoll sofort Blut und
Urin hervor; die Flüssigkeit kam von der rechten Seite der Blase her:
letztere war unverletzt.
Der Mechanismus der Verletzung, wie Lowson ihn sich vorstellt,
scheint Ref. etwas kühn, so dass er sich lieber an die Worte des Verfs. hält :
„There is little douht, that when the Peritoneum came in violent condition
with the hard projecting earth the floor of the pelvis with the bladder was
driven up into the abdomen and the right pubovesical ligament and all the
soft structures were violently torn off the bone and forced up into the ab-
domen and that at the same time the pudic vessels were torn across, and
the Urethra being also completly severed juste at the tip of the prostate and
behind the deep layer of the triangulär ligament the blood and urine soon
excavated for themseivs a large Chamber in this Situation.^ Nach retrogradem
Katheterismus Heilung.
Seinen Fall von enormer Dilatation der Blase hält R. Marie (20) aus
folgenden Gründen für mitteilungswert:
1. Wegen der bemerkenswerten Toleranz der Blase gegenüber einer
Striktur, die schon seit mehreren Jahren impermeabel war.
2. Wegen der Hypertrophie der Wandung bei der enormen Blasener-
weiterung; die Kapazität betrug 2 7» 1.
3. Durch die besondere Form des Blasengrundes als Folge der starken
Distension.
Eine histologische Beschreibung schliesst die Mitteilung.
Nicolichs (21) Fall ist mit der Nennung des Themas erschöpft;
höchstens bleibt noch zu erwähnen, dass die Natur des retrovesikalen Ab-
szesses und der Dünndarmfistel (resp. Anus praeter naturalis am Dünndarm)
auch dem Autor nicht klar geworden ist. Es trat Heilung ein.
1018 Jahresberichf für Chirurgie. II. Teil.
Im Anschluss an eine Beobachtung bei einer Wöchnerin (Primipara),
die am 6. Tage post partum Urinretention mit Temperatursteigerang und
erhöhter Pulsfrequenz zeigte (T. 38. 4. P. 120) bespricht Rudaux (26) die
Entstehung der Urinretention im Wochenbett und während der einzelnen
Schwangerschaftsmonate. Er warnt im allgemeinen vor frühzeitigem Katheteri-
sieren und rät zum Abwarten.
Stordeur-Yerhelst (27) gibt die ausführliche Krankengeschichte
einer 47 jährigen Frau, die 5 Jahre vorher eine Apoplexie erlitten hatte und
bei der es sich um Blasenlähmung handelt, während der Sphincter ani
normal funktionierte. (Da Dauerkatheter nicht vertragen wurde, musste
3 mal täglich katheterisiert werden; IVoige Lapisausspülungen sollten dabei
als Stimulans für die Blase wirken). Nach Czyhiarz und Marburg ist die
bewusste und freiwillige Miktion an die motorische Region gebunden zwischen
den Zentren für die l'ewegungen des Armes und der unteren Extremität.
Wenn das Zentrum für den Schliessmuskel verletzt ist, soll Ischuria paradoxa
bestehen, wenn die Hemmungsfasern des Sphinkters, die mit ihr auf das
innigste vereinigt sind, in gleicher Weise verletzt sind, so besteht totale
Retention. Den letzteren Vorgang nimmt Stordeur-Verhelst für seinen
Fall in Anspruch. (Wenn wir über das Zustandekommen der normalen Vor-
gänge nur besser orientiert wären! Ref.)
Für die Praxis ist es wichtig zu wissen, dass Lähmungen der von
Stordeur-Verhelst beschriebenen Art vorübergehend sind.
Die Herstellung eines möglichst normalen Urins vor der Sectio alta
hält C. Hof mann (9) für die erste Vorbedingung, um eine suffiziente
Blasennaht zu erzielen. Einzelheiten könne in dem überall leicht zugänglichen
Zentralblatt für Chirurgie (1905, Nr. 23) nachgesehen werden. Als bestes
Nieren -Blasen -Antiseptikum empfiehlt Hof mann das Vesipyrin, das wegen
seiner Ungefährlichkeit *den Nieren gegenüber unbeschränkt angewandt
werden kann.
Bei seinen Versuchen über die Möglichkeit aufsteigende tuberkulöse
Nephritiden hervorzurufen, ist Giani (7 a) häufig in die Lage gekommen beim
Kaninchen ziemlich weite Gystostomiae suprapupicae vorzunehmen, denen sofort
die Vernähung der Blase nach Lembert mit Catgut folgte.
Als Verf. nach einiger Zeit die Wände der Blase, welche durch die
Anwesenheit einer Zelloidinröhre in ihr, die dann zum Sitz eines Steines
wurde, in einem gewissen Grad chronischer Irritation gehalten worden war,
unter dem Mikroskop untersuchte, konnte er sehen, dass, sei es entsprechend
der Nahtlinie, wo der innere Auskleidungsepithelrand sich von neuem voll-
ständig wiederhergestellt hatte, sei es auch von derselben entfernt, bald in
Berührung mit dem Epithelrand, bald von ihm durch eine zarte Bindegewebs-
binde getrennt, sich an Grösse bedeutend untereinander abweichende Nester
von Epithelzellen gebildet hatten.
Diese Epithelnester, die aus sich aufeinander zusammendrückenden
Zellen von verschiedener Form und Dimension gebildet waren, waren am
häufigsten voll, zuweilen hingegen schickten sie sich an, sich durch Abschup-
pung des zentralen Epithel auszuhöhlen; ja einige Male war eine solche
Epithelabschuppung so vorgeschritten, dass dadurch zur Bildung von echten
in das submuköse Bindegewebe eingemischten und durch wenige Lagen gut
erhaltener Zellen umsäumten Zysten Veranlassung gegeben wurde.
Reerink, VerleizuDgen und ohirarg. Krankheiten der Blase. 1019
Getroffen durch solchen Befand, der sich mit verschiedenen Modalitäten
JB aDen untersnchten Fällen wiederholte, hat Verf. gesucht, die Bildungsweise
sowohl der Epithelnester, als der Zysten näher zu verfolgen, und hat kon-
stant beobachten können, dass schon nach einem 15 — 20tägigen Aufenthalt
des Fremdkörpers in der Blase, wenn die Kontinuität der Schleimhaut sich
bereits wiederhergestellt hatte, in der untersten Schicht des Schleimhaut-
zellenrandes Epithelsprossen aufzutreten begannen, die sich ampullenartig gegen
das Unterschleimhautbindegewebe hin erweiterten, sich dort stielten und
zuletzt durch Abschnürung ihres Stiels zu freien Epithelnestem von verschie-
dener Grösse führten, die bald in grosser Anzahl in der Unterschleimhaut
gruppiert, bald isoliert in derselben verstreut waren.
Mit dem Fortschreiten des Experimentes höhlten sich die älteren Epithel-
nester, während neue Zellknospen getrieben wurden, ventralwärts aus und es
erschienen so die Zysten, welche sich allmählich vergrösserten und schliess-
lich schon mit blossem Auge sichtbare, miliare Erhabenheiten gegen die
Blasenhöhlung bildeten.
In den späteren Zeitpunkten waren die Zystenbildungen vorwiegend;
diese fast stets durch ein ein- oder mehrschichtiges abgeplattetes Epithel
ausgekleideten Zysten sind eng aneinander gedrängt und sind bald leer bald
hingegen angerüUt durch einen mehr oder weniger feinkörnigen Detritus mit
Kemresten. Nicht selten sieht man inmitten eines derartigen Detritus iso-
lierte, in Degeneration begriffene Epithelzellen, die durch das angenommene
bizarre Aussehen eine entfernte Ähnlichkeit mit sporozoarischen Formen be-
sitzen.
Die Zahl sowohl der Zysten, als der Epithelnester hat Verf. stets in
direktem Verhältnis mit der Intensität oder Dauer der auf der Blasenschleim-
haut hervorgerufenen chronischen Irritation gefunden.
Ein derartiges histologisches Bild kollimiert vollkommen mit dem, welches
man bei der sogenannten Cystitis cystica beobachtet und kann eben des-
halb deren noch so sehr umstrittene Ätiologie bedeutend aufhellen.
Der Umstand, bemerkt Verf., dass es in der Tat gelungen ist, diese
besonderen Erscheinungen in der Blase unabhängig von irgend einem Infek-
tionsfaktor hervorzurufen, entzieht der — jetzt mehr bereits wenig glaub-
haften — Theorie^ welche die zystische Blasenentzündung als die
Folge einer genau bestimmten Infektion, und zwar als auf der Anwesenheit
von besonderen Sporozoen beruhend deuten möchte, jede Wahrscheinlichkeit.
Der Umstand auf der anderen Seite, dass dieselben nach unserer Wahl und
infolge chronischer Irritationen erhalten worden sind, verhindert absolut die
Annahme, dass jeder Fall von Cystitis cystica seinen Daseinsgrund in
einer mehr oder minder ausgesprochenen Entwickelung der Brunnschen
Epithelnester finden müsse. Vielleicht muss man glauben, dass neben den
Fällen, in denen dieses Band zwischen der in Rede stehenden Krankheitsform
und den Brunnschen Nestern ein deutlich ausgeprägtes ist, es deren andere,
und zwar in nicht geringer Zahl gibt, bei denen das anatomisch-pathologische
Bild der Cystitis cystica auf verschiedene irritierende Wirkungen auf
die Blasenschleimhaut, auf die verschiedensten Ursachen zurückzuführen ist.
R. Giani.
Caspers (3a) Handbuch der Eystoskopie ist in zweiter umge-
arbeiteter und vermehrter Auflage erschienen.
Die Schilderung der Geschichte der Kystoskopie ist naturgemäss nicht
1020 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
wesentlich verändert, auch das Instrumentarium, die Technik der Kystoskopie,
die Anatomie, Physiologie der Harnröhre und Harnblase, die Bilder der
normalen und pathologischen Blase nehmen nicht hervorragend Teil an der
Umarbeitung. Ein Abschnitt aber : der Ureterenkatheterismus und seine Be-
deutung für die Diagnose der Nierenkrankheiten hat ganz bedeutende Er-
weiterung erfahren. Gerade darin sind seit der 1. Auflage (1898) grosse
Fortschritte gemacht worden. Sie sind alle verwertet und kritisch be-
leuchtet worden. Und wenn auch diese Fragen bis jetzt noch nicht voll-
ständig klargestellt sind, so dient doch die Darstellung in diesem Buche sehr
der Klärung.
III. Ektopie. Missbildungen, Divertikel.
1. '''Cernezzi, Blasendivertikel als Inhalt von Hernien. Gazz. d. osped. Nr. 22.
2. *6aitera8, Exstrophy of bladder. Medical News. July 15.
3. Harte, Eztrophy of the bladder. Annais of sargery 1905. p. 463.
4. Heine, Walter, Über Darm Blasenfisteln. Inaug.-Diss. Leipzig IdOi.
5. LQcke, R., Über die extraperitoneale Blasenhernie. Deutsche Zeitschrift fflr Chirurgie
1905. 80.
6. Marie, R., Diverticales multiples de la vessie. Bull, et möm. de la soc. anatomiqne
de Paris. Nr. 3,
7. Muscatello, Zur Radikalbehandlung der Blasenektopie. Archiv f&r klin. Chirurgie.
Bd. 76. Heft 4.
8. Oknniewski, Urachusfistel, innere Inkarzeration^ Laparotomie, Heilung. Wiener klio.
Wochenschrift. Nr. 12.
9. Shermann, Harry, Extrophy of the bladder, successfully treated by Peter*s method.
The journ. of the Americ. Med. Ass. Sept. 23.
10. Serralach, Diverticule vesical d'origine probablement traumatique sans obstacle ä
r^mission de Turine. Annal. des mal. des org. gänit.-urin. Vol. L Nr. 11.
11. Wagner, 6. A., Zur Therapie der Blasendivertikel, nebst Bemerknnge i Qber Kompli-
kationen derselben. Archiv fflr klin. Chirurgie. Bd. 76. Heft 1 u. 2.
Lücke (5) teilt einen von ihm operierten Fall einer extraperitonealen
Hernie im Schenkelring mit und erörtert dabei die ätiologischen Momente
der verschiedenen Arten von Blasenhernien.
Als charakteristische Symptome eine Blaseneinklemmung erwähnt er die
ausserordentliche Schmerzhaftigkeit , das Ausstrahlen der Schmerzen in die
Gegend ^über der Symphyse sowie das Fehlen typischen Darmeinklemmungs-
symptome.
Eine Kasuistik der rein extraperitonealen Blasen-Schenkelhernien schliefst
die Arbeit.
Heine (4). Bei einer 59jährigen Patientin, bei der eine Darmblasen-
fistel diagnostiziert war, ergab die Laparotomie, dass die Blase auf der
rechten Seite mit der sehr langen und stark verlagerten Flexura sigmoidea,
die an dieser Stelle den Eindruck eines harten, festen Tumors machte, fest
verwachsen war. Die mikroskopische Untersuchung (Schmorl) eines als
Karzinommetastase angesprochenen erbsengrossen Knötchens, wie solche zu
mehreren unter der Darmserose gefühlt wurden, ergab Darmdivertikel, welches
einen kleinen, mit geringen Mengen eingedickten Kotes gefüllte Hohbranm
umschloss. Die Wand zeigt die Struktur der Darmschleimhaut samt Muscu-
laris mucosae, während die äusseren Muskelschichten nicht in der Wand ent-
halten sind. Heilung nach einer zweiten Operation.
Sieben weitere Fälle von Blasen-Darmdivertikelfisteln sind aus der Lite-
teratur herangezogen.
Reerink, Verletzangen und cfairorg. Krankheiten der Blase. 1021
Bei einer wegen innerer Inkarzeration vorgenommenen Laparotomie
musste Okuniewski (8) eine Urachusfistel samt Nabel exstirpieren.
Einen Zusammenbang der Fistel mit der Inkarzeration findet Okuniewski
darin, dass durcb eine V' Jabr vorber in die Fistel gemacbte Injektion von
Jodtinktur eine entzündlicbe Reizung des Peritoneum parietale bervorgerufen
wurde und dass sieb an dieser Stelle das Omentum majus fixierte. ;,Nacb-
träglich debnte sieb durcb die peristaltiscben Bewegungen das fixierte Netz
zu einem Strange, in dessen Scblinge der Dünndarm inkarzeriert wurde. ^
Harte (3) bescbreibt ausfübrlicb die Operation der Blasenektopie bei
einem neunjäbrigen Knaben in vier Sitzungen. Er bespricbt die drei Ope-
rationsmetboden der Exstirpation der Blase und Einnäbung der Ureteren in
den Uretbralkanal, die Implantation der Ureteren in den Darm und zuletzt
die Versucbe, durch die verschiedenen plastischen Methoden eine neue Blase
herzustellen.
Muscatello (7) demonstrierte der medizinisch-chirurgischen Gesell-
schaft zu Pavia einen wegen totaler Blasenektopie operierten zehnjährigen
Knaben. Er beschreibt seine Operationsmetbode als eine Modifikation der
May dl sehen Uretero-trigono-sigmoideostomie, wobei das Trigonum vesicae
mit Ureterenmündungen in die von der Kotbabn zum Teil ausgeschlossene
Pars pelvina des Colon sigmoideum implantiert wird. Der Knabe konnte den
Harn bei Tage vier, bei Nacht bis zu sieben Stunden halten und entleert ihn
freiwillig aus dem After. Neben genauer Beschreibung der eigenen Opera-
tionsmethode werden die anderer Autoren genau besprochen, insbesondere
die von Gersuny (Wiener klinische Wochenschrift 1898 u. 99) und die von
Bor el ins (Zentralblatt für Chirurgie 1903).
Sherman (9) operierte einen Fall von Blasenektopie erfolgreich nach
der Methode von Peters.
Nach getrennter Einpflanzung beider Ureteren mit etwas Blasenschleim-
baut an der Mündung in das Rektum ohne Eröffnung des Peritoneums ent-
fernte Sherman im Gegensatz zu Peter den Ureterenkatheter sofort. Das
Rektum wurde zunächst durcb einen Riss drainiert ohne Dehnung des Sphinkters.
In zweiter Sitzung wurden die Rekti zusammengezogen und die Bauchwunde
geschlossen. Die Bildung einer Harnröhre nach Duplay erfolgte in einer
dritten Operation. Während des Aufenhaltes in der Klinik erhielt Patient
Hexametbylamin, um aufsteigende Niereninfektion zu verhüten. Patient ent-
leerte alle 3—4 Stunden Urin, meist getrennt von der Stuhlentleerung.
Maass (New- York).
Zwei von v. Eiselberg operierte Fälle von Divertikel der Harnblase
geben die Veranlassung zu G. A. Wagners (11) Ausführungen über die
Therapie der Blasendivertikel, nebst Bemerkungen über Komplikationen der-
selben. Im ersten Falle wurde, ;,nacbdem aus dem peritonealen Überzug des
Divertikels ein Lappen gebildet worden war, der zur Deckung der durch die
Abtragung entstehenden Blasenwunde bestimmt war^, das Divertikel mitsamt
dem übrigen Peritonealüberzug reseziert. Im zweiten Falle wurde das nur
t^ubeneigrosse Divertikel nicht abgetragen, sondern in das Innere der Blase
eingestülpt und die Kommunikationsöffnung hinter dem Divertikel durch
Knopfnähte linear verschlossen. Fall I wurde geheilt; Fall II, bei dem die
Autopsie noch mehrere Divertikel aufwies, starb an Pyelonephritis, Die Stelle,
wo das operierte Divertikel gesessen hatte, war am Präparat nicht zu er-
kennen. Für Divertikel am Blasenscheitel hält Wagner den medianen Bauch-
1022 Jahreabericht für Ghirargie. IL Teil.
schnitt für ausreichend ; die von anderen Autoren gewählten Zugangswege zu
den mehr seitlich und hinten gelegenen Taschen werden erörtert. Die bisher
in der Literatur bekannt gegebenen Fälle von Divertikeloperationen (P^an,
Czerny, Riedel, v. Eiseisberg, Pagenstecher, 0. Wulff) sowie
fünf in der Prosektur des Rudolf spitals zu Wien zur Obduktion gelangte Fälle
(Pal tauf) werden eingehend geschildert.
Wagner kommt zu dem Schlüsse, dass Hamblasendivertikel, sobald
sie sicher erkannt sind, womöglich durch Exstirpation radikal beseitigt werden
sollen.
R. Marie (6) demonstriert die Blase eines 56 jährigen Mannes, der an
Gehirnerweichung gestorben war und intra vitam die Erscheinungen pturu-
lenter Zystitis geboten hatte. Die Blase zeigt sieben Divertikel, Yon denen
das grösste nur 4 cm, die übrigen 2 — 4 mm massen. Das erstgenannte sass
im linken oberen Trigonnmwinkel, direkt oberhalb der Uretereneinmündong,
drei sassen an der hinteren Wand, nahe dem Blasenscheitel, die übrigen
mehr seitlich. Die histologische Untersuchung zeigte, dass wohl einige zarte
Muskelbündel bis zum Boden des Divertikel ziehen, während das letztere
selbst sich stets direkt in Zusammenhang mit dem subperitonealen Fett be-
findet. Innen kleidet die Schleimhaut der Blase das Divertikel aus. Eine
exakte Erklärung für die Entstehung der Divertikel vermag auch Marie
nicht zu geben.
Serralach (10) beschreibt ausführlich die Krankengeschichte eines
32 jährigen Mannes, bei dem sich im Anschluss an ein schweres Trauma mit
Kompression der Bauchgegend allmählich Beschwerden der Miktion eingestellt
hatten. Beim Katheterisieren fliesst der Urin nicht auf einmal ab, sondern
in mehrfachen Unterbrechungen, als ob ein Stein die Öffnung des Katheters
verlege. Die Kystoskopie nach Einführung von 300 g Flüssigkeit ergab eine
sehr kleine Blase, die unmöglich die ganze Flüssigkeitsmenge fassen konnte.
Die Operation (Sectio alta) ergab ein grosses Divertikel der linken, hinteren
Blasenwand, welcher durch eine 1 cm breite Öffnung mit der Blase kommu-
nizierte. Durch Spaltung der Zwischenwand wird eine grosse Höhle herge-
stellt; die Annahme, da^s es sich um eine angeborene Doppelblase handle,
Hess sich nicht halten, da im Gebiete der Ausstülpung die Muskulatur fehlte.
Den Schluss der Arbeit bildet eine genaue differential-diagnostische Be-
sprechung.
ly. Verletzungen der Blase.
1. Cropper, A case of rupture of the bladder in a young child. The Lancet I 1905.
p. 639.
2. D e e t z , Extraperitoneale Pffthlnngsverletzung mit Blasen-Mastdarmfistel. Epikyaiotomie
am dritten Tage. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1905. 79.
8. Dupouy, Rupture spontanöe intraperitonöale de la vessie chez an ali^nä. Gaz. des
Höp. Nr. 47.
4. Evans and Fowler, Panctured wounda of the bladder. Annais of sargerj 1905. 42.
p. 215.
5. Flick, Zur Kasuistik der Pfählungsverletzungen des Beckens. Beiträge zur klin. Chi-
rurgie 1905. 46.
6. F ö d e r 1 , Fall von intraperitonealerp traumatischer Ruptur der Harnblase. Wiener klin.
Wochenschrift 1905. Nr. 25.
7. Hermes, Zwei Fälle von Blasenruptur. Berliner klin. Wochenschrift 1905. Nr. 16.
8. ^Horwitz, 0., Rupture of the male urinary bladder (with an account of three cases).
Annais of surgery 1905. Dec.
Reerink, Yerletzangen und chirarg. Krankheiten der Blase. 1023
9. Maeder, Ein Fall von geheilter, traumatischer, intra- und eztra-peritonealer Blasen-
raptur. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1905. 70.
10. ^Morel- Raymond, Rupture intrapöritoneale de la vessie. Bull, et mäm. de la soc.
anatom. de Paris 1904. Nr. 20. p. 769.
Deetz (2). Bei einem 13 jährigen Knaben wurden am dritten Tage
nach der Verletzung Kotpartikel bei der Blasenentleerung sowie Urinentleerung
aus dem Rektum festgestellt. Deshalb Operation unter Eröffnung der Blase
bezw. des Beckenraumes von vorne durch Epikystotomie Heilung.
Flick (ö). Von den vier aus der Täbinger Klinik mitgeteilten Fällen
interessieren hier zwei; im ersten Falle wurde elf Monate nach einer Pfäh-
longsverletzung (Eindringen eines Stuhlbeines ins Perineum) durch Sectio
alta ein Blasenstein entfernt, der als Kern ein Tuchsstückchen beherbergte.
Tod an Sepsis.
Im zweiten Falle (Eindringen eines Holzscheites in die Aftergegend zirka
30 cm tief, nach Fall aus 2 m Höhe), der frisch in die Behandlung der
Klinik kam, war die Harnröhre in der Pars prostatica und die hintere Blasen-
wand in weiter Ausdehnung zerrissen. Heilung durch konservative Behand-
lung: ^indem durch den eingeführten Katheter ein Drain nachgezogen und
letzteres durch den Blasenschlitz und aus diesem zu der Wunde am Damm
herausgeführt wurde; ausserdem wurde noch ein Drain in die Blase einge-
legt.^ Am Abend vorher war die Wunde nur mit Jodoformgaze austamponiert
worden.
Cropper (1). Bei dem vierjährigen Knaben wurde am dritten Tage
nach dem Trauma (Fall von einem Schieferdach aus in 12 Fuss Höhe) ope-
riert: Därme adhärent. Bei Lösung der Adhäsionen quoll blutiger Urin
oberhalb der Pubes hervor. Die für zwei Finger durchgängige intraperitoneale
Blasenruptur sass rechts am Blasenscheitel. Drainage der Blase und Tam-
ponade der Bauchhöhle. Heilung.
(Warum mit dem operativen Eingriff bis zum dritten Tage gewartet
wurde, geht aus dem Aufsatz nicht deutlich hervor. Bef.)
Evans und Fowler (4) berichten über einen Patienten, dem, nach
Fall von einem Gerüste, eine Holzleiste vom Perineum aus, unter Zerreissung
des Spbincter ani und der vorderen Wand des Rektum, in die Blase drang
und hier eine quere Wunde des Trigonum setzte. Die Spitze der Holzleiste
drang durch den Blasenfundus in die Bauchhöhle. Als der Patient selbst
den Fremdkörper herauszog, prolabierte eine grössere Partie Netz. Laparo-
tomie. Auswaschen der Bauchhöhle mit Kochsalzlösung ; der Riss im Blasen-
fundus wird genäht; Drainage der Bauchhöhle.
Nach 14 Tagen wird durch zweiten Eingriff vom Perineum aus die
Blasen- und Darmverletzung ausgiebig freigelegt. Die Operationsmethode
wird durch sechs Abbildungen illustriert. Die Literatur ist ausführlich heran-
gezogen. (24 Fälle.)
Der Mechanismus der intraperitonealen Blasenruptur bei einem 35jähr.
Geisteskranken, über den Dupouy (3) berichtet, war nicht aufgeklärt. Die
Blase war vergrössert und hypertrophisch. Die histologische Untersuchung
ergab Hypertrophie der Muskulatur, im Gegensatz zu einem anderen Falle,
wo es sich um eine hyaline Degeneration der Blasenmuskulatur gehandelt
hatte.
Iii der freien Vereinigung der Chirurgen Berlins stellte Hermes (7)
einen wegeu intraperitonealer Blasenruptur operierten^ geheilten Patienten
1024 Jahresbericht fflr Chirurgie. 11. Teil.
vor. Ein weiterer Fall war letal verlaufen. Hermes (7) rät, die Naht in
Beckenhochlagerung zu machen, als Nahtmaterial Seide zu vermeiden und für
die ersten Tage post operationem Verweilkatheter anzulegen.
Föderl (6) stellte in der k. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien einen
durch Operation geheilten Fall von kompletter, intraperitonealer, traumatischer
Ruptur der Harnblase vor. Der 26 jährige Patient kam 13 Stunden nach
dem Unfall (Sturz aus dem Fenster) zur Operation. Die Blase zeigt einen
sagittal und median gestellten, vollständigen Biss von ca. 8 cm Länge, der
von seinem hinteren Ende aus in zwei Schenkel geteilt sich als inkompletter
Riss durch die Schleimhaut gegen das Trigonum hin fortsetzte. Die Ruptur
vrurde vernäht bis auf eine kleine Lücke, die drainiert wurde und deren
Ränder mit dem Peritoneum parietale umsäumt wurden. Der Verlauf war
durch Strangulation einer Dünndarmschlinge gestört, die operiert werden
musste. „Überraschend waren dabei die geringen peritonealen Veränderungen,
die durch den Austritt von Harn gesetzt worden waren.^
Li der Diskussion tritt v. Eiseisberg ebenfalls für frühzeitige Ope-
ration und für vollständige Blasennaht ein. Er betont dabei die grosse Re-
sistenz des vom Peritoneum bedeckten Blasenabschnittes, welche sogar zu
dem Vorschlage geführt habe, Blasensteine transperitoneal zu operieren.
Die Krankengeschichte eines 50jährigen Mannes, der bei gefüllter Blase
mit dem Unterleib aufgeschlagen war, gibt Maeder (9). 14 Stunden nach
dem Unfall wurde die Laparotomie gemacht, die den intra- und extraperi-
tonealen Blasenriss aufdeckte. Ln unteren Winkel des extraperitonealen
Risses wird ein Blasendrain eingelegt. Daneben Dauerkatheter. Heilung.
Symptomatologie und Diagnostik werden — vielleicht etwas zu apo-
diktisch — besprochen. ;,Die Schmerzen in der Blasengegend haben ihren
Grund in der Verletzung der zahlreichen Nerven der Blase. ^ »Der Harn-
drang entsteht durch krampfhafte Kontraktur der Blasenmuskulatur. (Wer
sagt das? Ref.)
Y. Zystitis, Perizystitis.
1. Chambard-H^non, Rafin etM^rieax, Gystite puralente eth^morragtque; staphjlo-
coqnes dorte transformte en staphylocoqaes blancs. Lyon m^dical 1905. Nr. 10.
2. Gierke, E., Über Malakoplakie der HambJase. Mfinchener med. Wochenschrift 1905.
Nr. 29.
3. *GQterbock, R., Ein Beitrag zur Malakoplakie der Harnblase (cystitis en piaqoes).
Inaug.-Diss. Leipzig, Juni 1905.
4. Hirt, W., Ein Fall von akutester Zystitis (chaude pisse). Allgemeine med. Zentral-
Zeitung.
5. Michaelis, L., Die Malakoplakie der Harnblase. Med. Klinik 1905. Nr. 14. B«f.
ZentralbL für Chirurgie 1905. Nr. 20.
6. M i c h 0 n » Quelques variöt^s de cystitis. Archives gön^rales de mödecine 1905, 1. 195.
7. Schaefer, Bemerkungen zu dem Vortrage: .Ein Fall von akutester Zystitis* von Hirt.
Allgemeine med. Zentral-Zeitung 1905. Nr. 18.
8. Sorgente, P., Golicistite da b. coli in bambini di 28 mesi. La Pediatria 1904. Nr. 12.
9. *Stoeckel, Über Cystitis gangraenosa bei der Frau mit kystoskopischer Demonstration.
Berliner klin. Wochenschrift. Nr. 1.
10. Schmorl, Betr. Malakoplakie der Harnblase. Mflnch. med. Wochenschrift. Nr. 35.
11. Strauss, Die Ausschabung der männlichen Harnblase bei chronischer Zystitis ohoe
deren Eröffnung. Deutsche med. Wochenschrift. Nr. 34.
12. Walker, Acute ascending paralysis in cases of chi-onio cystitis. British med. Joani.
p. 134.
Reerink, Yerletsiingeii nnd chimrg. Krankheiten der Blase. 1026
Bef. reiht die als Malakoplakie (Hansemann) oder als Cystitis en
plaqaes (Landsteiner nnd Stoerk) bezeichnete Affektion einstweilen bei
den (chronisch) entzündlichen Prozessen ein, da die Natur der Erkrankung
noch nicht sicher gestellt ist.
Nach Michaelis (6) zeigt sie pathologisch -anatomisch zahlreiche,
z. T. znsammenfliessende , oberflächlich zerfallende Knötchen. Das Haupt-
charakteristikum sind eigenartige Einschlüsse, die sich in den und um die
grossen polygonalen Geschwulst(!)zellen finden und Eisenreaktion geben.
Michaelis rat, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme einer Eisenprobe im
Urinsediment nach den eisenhaltigen Zellenschollen zu suchen.
Gierke (2) fugt den bisher in der Literatur niedergelegten 7 Fällen
Yon Malakoplakie zwei weitere aus dem pathologischen Institut zu Frei-
bnrg hinzu.
Makroskopisch zeigten die Blasen hirsekom- bis pfennigstückgrosse
flacherhabene Herde von gelblich bis gelblich-weisser Farbe, die von einem
hell- oder dunkelroten Hofe umgeben sind. Eine charakteristische Lokali-
sation in der Blase war nicht festzustellen. Mikroskopisdi bestehen die
Plaqaes „aus eigenartigen grossen Zellen, die einen oder mehrere kleine
Kerne ohne Mitosen in einem grossen Protoplasmaleib haben '^; sie beher-
bergen hanfig Bazillen und andere Einschlüsse, über deren Natur eine
Einigung bisher nicht erzielt ist. Das Epithel scheint auch über den kleinsten
Herden defekt zu sein.
Verwechslung mit Tuberkulose scheint leicht vorzukommen; von
klinischer Beobachtung analoger Fälle, namentlich vermittelst der Zystoskopie,
erwartet Gierke weitere Aufschlüsse.
Auch Schmorl (10) demonstrierte in Dresden einen Fall von Malako-
plakie der Blase. Die eisenhaltigen Zelleinschlüsse und die extra- und intra-
zellulär gelegenen Bakterienhaufen fanden sich auch in dem Schmorl sehen
Präparate. (Da besonders betont wird, dass eine Artbestimmung der Bakterien
nicht möglich war, weil die Harnblase bereits im konservierten Zustande zur
Untersuchung gelangte, so scheint Schmorl diesen ev. doch eine ätiologische
Bedeutung beizumessen.)
W. Hirt (4).
Bin 84jfthriger Mann, der niemals geschlechtlich krank gewesen sein will, hatte bis
dahin auch völlig gesunde Hamorgane gezeigt Er bekam eines Abends, nachdem er reich-
lich gegessen nnd einige Qlas Bier getranken hatte, unter starken Leibschmerzen stark
diarrhOischen Stahl, wfthrenddessen die gleichzeitig auftretende ürinenÜeemng völlig
schmerzlos war. Nach drei Standen erwachte er und Hess wieder Urin. Plötzlich wahrend
des ürinierens stellten sich heftige Schmerzen in der ganzen Harnröhre ein, die sich sofort
Mch Ober die ganze Blasengegend yerbreiteten. Plötzlich trat heftiger ürindrang anf . Nach
\s Stunde Hess Pat wieder Urin; dieser war völlig erftUlt von weissen, bei anffallendem
Gaslicht glänzenden Schüppchen.
Die Schüppchen erwiesen sich mikroskopisch als grosse, oft das ganze
Gesichtsfeld ausfüllende, aus massenhaften, stark verfetteten Blasenepithelien
bestehende Lamellen. Ausserdem massig viele Leukozyten, vereinzelte rote
Blutkörperchen und sehr spärliche amorphe Salze. Reaktion alkalisch. Spez.
Gewicht 1030.
Hirt sucht den Yoi^ang der ^chaude pisse^ durch die reizende
Wirkung des konzentrierten Urins und durch ^Kongestion^ (? Ref.) zu
erklären.
JahrMlMriehi für Ohirargie 1905. 65
1026 Jahresbericht fQr Ghimigie. II. Teil.
Auch wäre daran zu denken, ^dass sich infolge der reichlichen Nah-
rungsaufnahme und des Alkoholgenusses Toxine im Urin gebildet hätten, die
zur Schädigung des Epithels führten, zumal die „ausserordentlich starke Ver-
fettung der Epithelien einer Erklärung bedarf.^
Schaefer (7) polemisiert gegen Hirt, dessen Deutung für den von
ihm beschriebenen Fall er nicht anerkennen will.
„In der weitaus grössten Anzahl dieser „sogenannten chaude pisse""
ergaben sich aber bei genauer Aufnahme der Anamnese und bei eingehenderer
Untersuchung mit Bestimmtheit Krankheiten, die bisher nicht znr Kenntnis
des Patienten gelangt waren. ^
Aus einem sorgfältig studierten Falle, bei dem Sorgente (8) ein
gewöhnliches B. coli in Reinkultur isoliert hatte, folgert derselbe, dass die
spontane, akute Kolizystitis infolge einer Beschmutzung der äusseren Ge-
schlechtsteile mit dem Kote desselben Individuums zustande gekommen sei.
Da dann der ziemlich virulente Bazillus in der Blase, eine von leichter
Uricämie des Kindes bedingte lokale Irritation vorfand, erzeugte er eine
Entzündung, die sowohl den Symptomen, dem Verlauf und dem uroskopischen
Befunden nach zu urteilen, nur mittelschwer sein konnte.
Therapeutisch zeigte sich wirkungsvoll ein Absud von Uva ursina (6^oi
mit Urotropin Verf. war es nicht möglich, das Celli -Valentische antikoli-
dyssenterische Serum anzuwenden. R. Giani.
Michon (6) rät, bei blennorrhagischer Zystitis mit starken Schmerzen
und Blutungen, Injektionen mit konzentrierten Höllensteinlösungen zu machen;
Ausspülungen mit grösseren Flüssigkeitsmengen „qui mettent la vessie en
tension^ sind kontraindiziert.
Bei Prostatikern soll die Behandlung davon abhängig gemacht werden,
ob die Blase intolerant ist oder nicht. Im ersteren Fall ist wieder das
Hineinbringen konzentrierter geringer Mengen am Platze, im zweiten Aus-
waschungen mit Lapislösung 1 : 1000 oder 1 : 500. Bei tuberkulöser Zystitis
hat Michon vom Höllenstein keine guten Resultate gesehn.
Er rät hier zu Injektionen von:
Solution de sublim^ 1:10000 ohne Alkohol,
oder Thuile gaiacol^e 1 : 20,
oder rhuile gominol6e 1 : 15.
Man soll mit den Mitteln abwechseln und überhaupt von Zeit zu Zeit
grössere Ruhepausen in der Behandlung eintreten lassen.
Auf Grund der pathologisch anatomischen Verhältnisse der chronischen
Zystitis hält Strauss (11) die Bedingungen für die Bekämpfung resp.
Heilung dieses Leidens durch die Ausschabung für sehr günstig. Die Be-
schreibung des von ihm angegebenen Instrumentes zum Curettement der
Blase muss im Original nachgelesen werden.
;,Mit der Entfernung der erkrankten Schleimhaut wird aber durch die
Ausschabung auch eine Blutentziehung herbeigeführt, welche entlastend auf
das entzündete Organ wirken muss und eine mächtige Umstimmung in ihm
hervorzurufen vermag, eine Umstimmung, die die Anregung zur Bildung einer
neuen, gesunden Schleimhaut gibt.^
Bei Beschreibung der Technik rät Strauss, den Grad der Empfind-
lichkeit der Blase stets vor der Operation festzustellen und gegebenenfalls
schon an zwei vorausgehenden Tagen je 0,02 Morphin zu geben.
Reerink, Verletasangen und ehintrg. Krankheiten der Blase. 1027
„Indikation zur Anwendung des Katheterlöffels dürfte jede hartnäckige,
chronische Zystitis bieten.^
Walker (12) teilt 3 Fälle von Lähmungen nach langdauemder Zystitis
mit, die alle drei rasch tödlich verliefen.
Autopsie wurde nicht gemacht. (Toxinwirkung ?)
Chambard-Henon (1). Beobachtung eines Falles von Zystitis bei
einem 62jährigen Patienten, bei dem die bakteriologische Untersuchung den
Autoren auf exakte Weise zu beweisen schien, dass Staphylococcus albus und
anrens nicht nur in den Kulturen, sondern auch im menschlichen Organismus
nur eine Art darstellen, die bei den verschiedenen Untersuchungen bald in
der einen, bald in der anderen Form erschienen.
Tl. Tuberkulose der Blase.
1. D'Haenena, De la marche de la tabercnloae vesicale. Le progrte mödical beige 1905.
Nr. 7. Yergl. auch anter Zystitis: Michon, Quelques vari^t^ de cystitis.
D'Haenens (1) teilt 5 Krankengeschichten mit.
Eingreifende chirurgische Operationen (excision, curretage, fistulisation
de la vessie) sind bei der Blasentuberkulose gewöhnlich von schlechtem
Erfolge begleitet. Die Allgemeinbehandlung soll im Vordergrund stehen. Bei
der letzten Kranken, einem 17 jährigen Mädchen, heilte die Blasentuberkulose
ans, trotzdem seit zwei Jahren keine örtliche Behandlung mehr stattgefunden
hatte. Die kystoskopische Untersuchung zeigte, dass die Ulzerationen ge-
schwunden waren und dass am Blasenhals noch Hyperämie bestand. Die
Kapazität hatte sich nur wenig gebessert; ebenso war trotz der Heilung der
Drang zu häufiger Miktion bestehen geblieben.
D^Haenens ist ein Anhänger der Höllensteintherapie, die allerdings
mit Vorsicht angewandt werden soll.
(Seine Angabe „reins normaux^ ohne Mitteilung weiterer diesbezüglicher
Untersuchungsmethoden ist gerade nicht sehr beweisend. Ref.)
VII. Fremdkörper der Harnblase.
1. Barnsby, Denx observations de corps ötrangers de la vessie. Bull, et mäm. de la
Soc. de Chir. de Paris 1905. 81.
2. ^Ghevallier, Diz observations de corps ^fcrangers de la vessie (calculs except^).
Ball, et mäm. de la Soc. de Chir. de Paris 1905. 31.
3. Englisch, Ober Fremdkörper der männlichen Harnröhre und Blase. Deutsche Zeit-
schrift für Chimi'gie 1905. 79.
4. Qnyon, Les corps ötrangers de la vessie. Annal. des mal. des org. g^nit.-urin. Vol. ü.
Nr. 2.
5. Luys, L'eztraction de fragments de sondes bris^s dans la vessie. — Emploi du
cystoscope k vision directe. La presse m^dicale 1905. Nr. 96.
6. Röboul, £pingle ä cheveux dans la vessie; extraction par les voies naturelles. Soc.
de Chir. 1905. Nr. 23.
7. Trouv^, A propos d'un corps ötranger de la vessie chez la femme. Annal. des mal.
des org. gänit-urin. Vol. II. Nr. 1.
Barnsby (1) teilt zwei Fälle von Extraktion von Fremdkörpern mit;
eines ^^Pessaire de Dnmontpellier^ und einer Haarnadel, um die sich ein Stein
gebildet hatte. Beide Fremdkörper waren durch Masturbation in die Blase
gelangt.
65*
1U28 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
Einen weiteren Fall von ^^pingle k cheyenx dans la Tessie^ teilt
Reboul (6) mit: der Fremdkörper hatte auch auf gleiche Weise den Weg
in die Blase gefunden; angeblich schon vor zwei Jahren!
Die ausführliche Arbeit von Englisch (3) beschäftigt sich mit den
Fremdkörpern der männlichen Harnröhre und Blase.
Unter Ausschluss der Konkremente, welche von den Nieren und den
Harnleitern herab in die Blase gelangen, berücksichtigt er:
1. Ansammlung organischer Massen (Fibrin, Eiter), welche den Kern
für einen Stein abgeben können.
2. Solche Fremdkörper, die von aussen her, entweder durch die Harn-
röhre, oder nach Verletzungen äusserer Teile (Schussverletzungen, Pfahlungen)
in die Blase gelangen.
3. Von benachbarten Höhlen, nach vorhergehender Verlötung mit der
Blase.
4. In der Blase selbst entstandene.
Der Mechanismus der einzelnen Punkte wird genau erörtert, ebenso die
Erscheinungen, welche die Fremdkörper machen. Natürlich findet auch die
Kystoskopie resp. Endoskopie eingehende Berücksichtigung. Die Versuche
des Herausziehens der Fremdkörper durch die verschiedenen Instrumente
sollen im allgemeinen nicht zu lange oder gewaltsam fortgesetzt, sondern die
blutige Entfernung vorgezogen werden.
Die Literatur ist eingehend berücksichtigt und ein Verzeichnis beigegeben.
Eine eigene Kasuistik von zehn Fällen schliesst die Arbeit.
Luys (5). Mitteilung enthält eine weitere Empfehlung des Kystoskops
ä Vision directe; an einem Beispiel wird gezeigt, dass das Instrument bei der
Extraktion von Fremdkörpern nach Luys Ansicht vorzügliche Dienste leistet.
;,Ici, comme partout, se trouve ainsi realise le principe de toute Chi-
rurgie rationelle, qui est de bien voir la lesion pour la traiter de suite et
directement sous la vue.^
Guyons (4) kurzer Aufsatz beleuchtet zunächst die Unaufrichtigkeit
der meisten Patienten bei Aufnahme der Anamnese. Aber: ;,Le m^decin fera
bien de ne pas insister; il suffit qu^il guerisse son malade.^ Es ist wichtig zu
wissen, dass bei den verschiedenen Fällungszuständen der Blase die Fremd-
körper auch ihre Lage wechseln.
Das von Guyon in seinem Aufsatz Behauptete wird von Trouvi (7j
an einem besonderen Falle beleuchtet.
Vni. Blasensteine.
1. Beck, Carl, The Roentgen Method aa a gaide io operating for Lithiasis of Üie arioaiy
tract. The Jouni. of the Americ. Med. Ass. 1905. Dec. 28.
2. — The RoentgeD Method in lithiasis of the nrinary bladder. Annals of sorgery 1905.
Dec;
3. ^Englisch, Ober mehrfache Blasensteine und ihre Rezidive nach Operationen. Allge-
meine Wiener med. Zeitung 1905. Nr. 1.
4. — Über spontane Zertrümmerung der Harnsteine in der Blase. Arch. f. klin. Chirurgie.
Bd. 76 und: 77. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Meran. Ref. m
der Manch, med. Wochenschrift 1905. Nr. 41.
5. Finsterer, Über Harn blasensteine. Deutsche Zeitschrift fQr Chimigie 1905, 80.
6. Gardini, Sur un volumineux calcul dans un diverticule de la vessie. Soc. medico*
chirurgica di Bologna 10. XII. 1905. Ref. in: Annal. des malad, des org. g6n.-nr. 1905.
Vol. I. Nr. 1.
Reerink, VerleizuDgen und Chirurg. Krankheiten der Blase. 1029
7. Hab er er, J. P., Die sichere Diagnose yon Blasensieinen im Röntgenbilde. Budapesti
Orvosi Ujs&g 1905. Nr. 1 (ungarisch).
8. D'Haenens, Importance de la cystoscopie au cours de la lithotritie. Le progrfes möd.
beige 1905. Nr. 15.
9. Perutz, Demonstration eines mit dem Urin entfernten Phosphatsteines usw. Ärztl.
Verein Mflnchen. Mflnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 32.
10. *Van der Pool, Multiple vesical Galculi. The med. News 1905. Sept 16.
11. W inte mit z, M. A., Die Indikationen der operativen Methoden bei Blasensteinen im
Kindesalter. Chirurg. Sektion des Budapester k^^. Ärztevereins, Sitzung vom 28. III. 1905.
Orvosi Hetilap 1905. Nr. 29 (Ungarisch).
Beck (1). Eine Röntgenaufnahme zur Diagnose von Nierensteinen
ist mit weichen Röhren zu machen, znnächst eine solche zur Orientierung
and dann eine zweite mit röhrenförmigem Diaphragma. Seitdem Verf. bei
Verdacht auf Blasensteine immer die Nierengegend radiographiert , hat er
immer Nierenkonkremente gefunden. Die operative Entfernung der Nieren-
konkremente ist jedoch nicht notwendig, wenn dieselben so klein sind, dass
sie den Ureter passieren können. In solchen Fällen sind antilithiatische
Mittel zu geben und ihre Wirkung mit den Röntgenstrahlen zu kontrollieren.
Maass (New -York),
Der Arbeit Becks (2) in den Annais of surgery, die sonst dasselbe
Thema behandelt, sind ausgezeichnete Skiagramme von Blasensteinen beige-
geben.
Hab er er n (7) fand, dass sich nach Lufteintreibungen in die Harnblase
stets gute und brauchbare Röntgenbilder von Blasensteinen erreichen Hessen.
Zu diesem Zwecke presst Haberern mit Hilfe eines Nelaton-Katheters und
Paquelin-Gebläses so lange Luft in die vorher entleerte Blase, bis der Kranke
ein spannendes Gefühl avisiert; nachher wird unter Zusammendrücken des
Penis der Katheter entfernt und der Penis selbst so lange zusammengepresst
gehalten, bis die Aufnahme bewerkstelligt ist.
Über die Brauchbarkeit der Methode belehren uns vier gelungene Rönt-
gonographien.
Haberern empfiehlt das Röntgenverfahren besonders in solchen Fällen,
wo eine kystoskopische Untersuchung mit mehr oder minder Schwierigkeiten
verbunden ist (Hypertrophie der Prostata, Zystitis etc.).
Gergö (Budapest).
Englisch (4) erörtert in einer ausführlichen Monographie die Frage
der Selbs^ertrümmerung der Steine. Experimentelle Versuche mit den ver-
schiedensten Mitteln (Wasser, Kohlensäure, Kalkmasse, Alkalien, alkalische
Mineralwässer usw.) die Steine ausserhalb des Körpers zur Lösung zu bringen
finden ebenso erschöpfende Darstellung, wie die mannigfachen Versuche am
Menschen. Am häufigsten findet sich die Spontanzertrümmerung bei den
harosauren Steinen (von 142 Steinen 100 reine hamsaure und eine Anzahl
gemischter Steine). Die scharfe Trennung von Kern und konzentrisch radiären
Schichten spielt eine grosse Rolle.
Bei Phosphatsteinen soll spontane Zertrümmerung überhaupt nicht vor-
kommen. ;,Der Chemismus ist noch näher zu studieren, wobei auch die Wir-
kung von Bakterien noch zu berücksichtigen ist.^
Die überaus fleissige Arbeit erfordert das besondere Studium der Inter-
essenten; ein Referat kann ihr nicht gerecht werden.
Eine Literaturzusammenstellung ist begegeben.
1030 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Winternitz (11) ist ein entschiedener Gegner des perinealen Stein-
schnittes; er sah danach häufig Narbenstrikturen der Harnröhre, die bis an
den Blasenhals reichten und zur Inkontinenz, ja sogar durch Stenose der
Ducti ejaculatorii zur Aspermie führten. Nach Winternitz hatte diese
Methode nur in der voraseptischen Ära, vom Standpunkte einer günstigen
Drainage aus ihre Berechtigung.
Beim heutigen Stande der Asepsis kommt bei Blasensteinen nur der
hohe Blasenschnitt in Betracht. Als untere Altersgrenze der letzteren be-
trachtet Winternitz das dritte Lebensjahr, da abwärts von diesem die
kindliche Urethra für den Lithotriptor nicht durchgängig ist. Wenn somit
der Lithotriptor 00 und Evakuator Char. 16 nicht eingeführt werden kann,
oder im Falle, dass eine stärkere Zystitis vorhanden ist, bedient sich Win-
ternitz des hohen Blasenschnittes.
War der Urin klar, so vernäht Winternitz nach demselben die Blasen-
wunde ganz und drainiert nur den prävesikalen Raum; bei Gegenwart einer
stärkeren Zystitis drainiert er die Blase direkt nach aussen, so dass er durch
die verkleinerte Blasenwunde einen Nilaton-Katheter Nr. 20 — 22 heraus-
führt. Verweilkatheter verwirft er.
In der Diskussion identifiziert sich Prof. J. Dollinger mit obiger In-
dikationsstellung. Er demonstriert einen ihm bekannten dünneren Litho-
triptor, 000, dessenwillen er die untere Altersgrenze der Litholapaxie noch
tiefer stellt als Winternitz. Gergö (Budapest).
Finsterers (5) Arbeit umfasst die Beschreibung und literarische
Würdigung der Blasensteinsammlung der II. chirurgischen Universitätsklinik
in Wien (Billroth, Gussenbauer, Hochenegg). Interessenten seien
namentlich auf die eingefügten Abbildungen, z. B. Figur 4 : Drei nebeneinander
gelagerte Steine im Zentrum; Figur 6: Phosphatstein mit einem aus nenn
Kernen zusammengesetzten Sekundärstein; Figur 16: Pfeifenstein mit dem
Kern im urethralen Anteile (Galculus prostato-vesicalis) aufmerksam gemacht.
Figur 17 zeigt einen durch vier Spalten geteilten Uratkem, wobei sich die
Spalten auch in die umgebenden Schichten fortsetzen.
Das Literaturverzeichnis umfasst 70 einschlägige Arbeiten.
Gardini (6). Entfernung eines Divertikelsteines von 280 g dnrch
Sectio alta bei einem Patienten, dem schon ein Jahr vorher durch Sectio alta
Blasen- und Urethralsteine entfernt worden waren.
Perutz (9) demonstrierte im Münchener ärztlichen Verein einen mit
dem Urin entleerten Phosphatstein und das dazu gehörige Röntgenbild.
Es handelte sich um einen Nierenstein, der vor dem Abgang zu diffe-
rentialdiagnostischen Schwierigkeiten mit chronisch verlaufender Appendizitis
Veranlassung gegeben hatte.
Der Fall von D'Haenens (8) betraf einen 65jährigen Kranken, bei
dem durch Inkrustation eines kleinen Teils der Blasenwand ein Rezidiv nach
Lithotritie aufgetreten war ; ohne Hilfe des Kystoskops hätte die Ursache des
Rezidivs nicht entdeckt werden können.
IX. Geschwülste der Blase.
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Posner (9). Die verfeinerten Untersuchungsmethoden ergeben, dass
Blasengeschwülste häufiger sind, als man früher annahm. Die differential-
diagnostischen Momente gegenüber anderen Blasenerkrankungen werden er-
örtert. Sehr angenehm berührt in dem Aufsatz die mehrfache Warnung vor
unnötigen resp. zu frühen chirurgischen Eingriffen. ^^Es muss als oberster
Grundsatz für die Therapie hervorgehoben werden, dass die Erkennung eines
Blasentumors zunächst irgend ein schleuniges Einschreiten jedenfalls nur sehr
ausnahmsweise bedingt.^ Die Gefahren grösserer Eingriffe sind auch heute
noch nicht zu unterschätzen. Die Operationsmortalität ist noch sehr gross.
Die Träger gutartiger Tumoren befinden sich oft bei konservativ-esxpektativer
Behandlung lange Jahre hindurch ganz gut und die Erfolge der Operation
beim eigentlichen Blasenkrebs sind keineswegs ermunternd, selbst wenn der
unmittelbare Effekt der Operation ein sehr guter ist. (Die Therapie hat
also einstweilen mit den Fortschritten der Diagnostik nicht gleichen Schritt
gehalten.)
Molas (8). Es ist schwer, aus den klinischen Erscheinungen differen-
tialdiagnostische Merkmale zwischen gutartigen Papillomen und malignen
Zottengeschwülsten mit Sicherheit zu ziehen. Gutartige können sich in
maligne umwandeln, sie können aber gerade so gut wieder als gutartige Tu-
moren rezidivieren. Zwei Krankengeschichten mit histologischem Befund
werden mitgeteilt.
Wein rieh (16) berichtet über Nitzes Erfahrungen über die Entfer-
nung gutartiger Blasengeschwülste durch die von Nitze begründete intra-
vesikale Operationsmethode. Vermittelst des im Zentralblatt für Chirurgie
1891. Nr. 51 beschriebenen Operationskystoskops wurden über 150 Papillome
intravesikal operiert. Die Anzahl der Sitzungen, die nötig sind, richtet sich
nach der Grösse der Tumoren. Mit breiter Basis aufsitzende maligne
Tumoren sind von der Behandlung ausgeschlossen und bleiben, wenn sie am
Blasenboden sitzen, wohl besser unoperiert.
10S2 Jahnsbericht für Chirurgie. II. Teil.
Rezidive wurden nur in 20 Fällen konstatiert, so dass Weinrich die
Methode für gründlicher hält als die Sectio alta. Von 41 Fällen, bei denen
Nitze wegen maligner Tumoren die Sectio alta ausführte, sind nur 8 Pa-
tienten als dauernd geheilt zu betrachten.
Kapsammer (6) betont in der Diskussion gegenüber Weinrich, dass
er auch ein Anhänger der intravesikalen Operationsmethode nach Nitze
ist, will sie aber auf kleine, gestielte Geschwülste begrenzen, die anbedingt
in einer Sitzung abgetragen werden können. Eine ausgedehntere Anwendung
des Verfahrens möchte er für die intravesikale Kauterisation von Ulzerationen
in der Blase befürworten.
Im weiteren Verlaufe der Diskussion bemerkt Strauss (13), dass man
einer Zottengeschwulst ihre Gutartigkeit vermittelst des Kystoskops nicht
immer ansehen könne. Auf karzinomatöser Basis kann sich ein histologisch
Yollständig gutartiges Papillom entwickeln. ^Hierin liegt die schwache Seite
der endovesikalen Operation.^
Albert Asthon Berg (3). Bei Entfernung der malignen Blasen-
tumoren hat man bisher den Becken-Lymphgefass^i und Drüsen keine Be-
achtung geschenkt. Um diese mit dem Tumor zu entfernen, werden vor
Beginn der Narkose beide Ureteren katheterisiert. Nach Eröffnung der
Bauchhöhle in der Mittellinie wird das Peritoneum hinter der Blase quer
durchtrennt und stumpf bis zur Bifurkation der Uiaca communis abgelöst.
Dann Freilegung der Ureteren bis zur Blase. Ausschälung mit dem Lymph-
apparat im Verlauf beider Iliacae intemae herab bis zur Blase. Eröff-
nung und Trockenlegung der Blase. Kauterisation des Geschwürs mit konzen-
trierter Karbolsäure oder Thermokauter. Resektion des Tumors, wenn nötig
mit den Ureteren. Einpflanzung der Ureterstümpfe in besonderen kleinen
Inzisionen der Blase, so dass sie nicht in die Nahtlinie fallen. Drainage nach
unten in die Vagina oder durch den Damm. Berg hat bei zwei Frauen mit
gleichzeitiger Exstirpation des Uterus in obiger Weise erfolgreich operiert.
Maas (New York),
Watson (15). Die wegen Blasenkarzinom ausgeführten Operationei}
ergaben eine Mortalität von 18,6 ^/o mit Resektion der Blasenwand und 28 Vo
ohne Resektion derselben. Rechnet man Todesfälle und Rückfalle nach Ope-
rationen als Misserfolge, so geben gutartige Blasentumoren 28,6 ^/o und bös-
artige 46,0 ®/o Misserfolge. Für einen grossen Teil der Misserfolge sind die
Ureterimplantationen verantwortlich. Es ist deshalb ratsam, der Operation
Nephrotomien mit Unterbindung der Ureteren vorauszuschicken und somit
dauernde Nierenfisteln anzulegen bei allen malignen Blasentumoren und gntr
artigen Rezidiven. Bei zweckmässiger Behandlung machen dauernde Nieren-
fisteln den Kranken wenig Beschwerden. Watson hatte bisher keine Ge-
legenheit, das von ihm vorgeschlagene Verfahren auszuführen.
Maass (New- York).
Rehn (11) gibt den Sektionsbericht (Albrecht) eines von ihm zweimal
wegen Karzinom der Blase operierten 50jährigen Mannes, der 18 Jahre lang
in einem Anilinraume beschäftigt gewesen war. Es handelte sich um Karzi-
nom der Blase, Karzinom des rechten Ureters und der rechten Niere. Meta-
stasen hauptsächlich in den Lumbaidrüsen. Thrombose der Vena cava inferior.
Die Frage, ob die 3 Karzinome primär und die beiden anderen auf metastati-
schem Wege entstanden sind, ob Fortleitung von einem der 3 Herde znm
anderen durch Lymphgefässe (nicht nachgewiesen!) anzunehmen, ob an Im-
Reerink, yerletzangen und chirorg. Krankheiten der Blase. 1(33
plantation zu denken sei, kann mit absoluter Sicherheit aus dem einen Falle
nicht beantwortet werden. ^Vorläufig ist am wahrscheinlichsten die Annahme,
dass es sich nm eine spezifisch auf das ^Übergangsepithel^ bezw. die betreffenden
Schleimhäute im allgemeinen wirksame Noxe handelt.^
Lampe (7) demonstriert ein vor 4 Wochen durch Operation nach der
Sonnenburgschen Methode gewonnenes Präparat von karzinomatös degene-
rierter Blase bei Ectopia vesicae. Patient ist einstweilen geheilt. Mikro-
skopisch handelt es sich um ein Kankroid mit starker Neigung zur Hom-
perlenbildung.
Rauenbusch (10). Von primären Karzinomen der Harnblase ist nach
Ranenbusch der Gallertkrebs bisher nur 10 mal, davon 4 mal bei Frauen,
beobachtet Das genau beschriebene Präparat des Rauenbusch sehen Falles
stammt von einer 51 jährigen Frau, die nach kaum jahrelanger Krankheit
an einem inoperablen, dem Blasenfundus mit breiter Basis aufsitzenden Tumor
mit Metastasenbildung zugrunde ging. Die genaue histologische Untersuchung
zeigte, dass sich die Gallertbildung aus einer kolloiden Metamorphose der
Geschwulstzellen entwickelte.
Die verschiedenen Ansichten über die Histologie der normalen Blasen-
scUeimhaut, soweit sie als Ausgangspunkt des Blasenkrebses in Frage kommt,
sowie diejenigen über die Genese des Kolloidkrebses werden erörtert.
Von den 3 Fällen Riegners (12) von Gallertkrebs war der erste bei
einer 33 jähr. Frau in Grösse eines Zwei- bis Dreimarkstückes, der der vor-
deren oberen Blasenwand aufsass, durch Sectio alta entfernt worden. Der
Krankheitsverlauf war ungestört. Im zweiten Falle handelte es sich um das
bei der Sektion gewonnene Präparat einer 51jährigen Frau.
Riegner erwähnt weiter die Krankengeschichte eines 36 jährigen
Mannes, dem 1903 ein papilläres Fibrom der Blase entfernt wurde. Zwei
Jahre später wurde Karzinom konstatiert, so dass es sich ^um Umwandlung
eines ursprünglich gutartigen Papilloms der Blase in einen malignen Tumor
handelte^.
Bei Albarrans (2) Mitteilung besagt das Thema das wichtigste; Hei-
limg wurde bei der 27 jährigen Frau durch das Kystoskop nach 9 Monaten
festgestellt.
Adenot (1). Tumeur de la vessie; hömaturie profuse; production de
gaz dans la vessie.
Der 47 jährige Patient, Potator, war wegen Urinretention aufgenommen
und operiert; die Blase war mit Blutkoagulis gefüllt. Exitus nach 3 Tagen
durch Nachblutung nach Entfernung eines Tumors. Der Urin hatte nicht
untersucht werden können; insbesondere nicht auf Zucker. Einen aus-
reichenden Grund für die Entstehung der Pneumatose vermag Ade not nicht
anzugeben, (cfr. auch bei H, Nr. 15 van Loghem über vesikale Pneu-
maturie).
Darling (4) operierte einen 4jährigen Knaben wegen (kongenitalen!)
Sarkoms der Blase innerhalb eines Zeitraumes von 1 V« Jahren viermal.
Exitus.
Der Beschreibung des histologischen Befundes nach den einzelnen Ope-
rationen sind Zeichnungen beigegeben. (Lipo-myxo-sarcom , drüsenähnliche
Struktur des Tumors nach der dritten Operation, polymorphous celled character
nach der vierten.)
17 Fälle aus der Literatur sind kurz angeführt.
1034 Jahresbericbt fOr Chirurgie. IL Teil.
Alessandri (2a) berichtet über vier von ihm operierte Falle von
Harnblasengeschwülsten. In dem einen Falle handelte es sich um
infiltriertes Epitheliom der rechten Hälfte der Blasenwand. In einem zweiten
Falle bestand ein aasgedehnter, die Blasenkuppel und den oberen Abschnitt
der vorderen und hinteren Wand einnehmender, infiltrierter Wandkrebs. In
den übrigen beiden Fällen handelte es sich um eine Geschwulst von Binde-
gewebstypus. In zwei unter den vier Fällen, und zwar im zweiten und in
dem einen der Bindegewebsgeschwülste war die Neoplasie von Steinbildung
begleitet.
Das Operationsergebnis war in sämtlichen Fällen befriedigend: beim
zweiten Falle trat jedoch nach kurzer Zeit lokales Rezidiv und Tod an Ka-
chexie und allgemeiner Metastase ein.
Nach eingehender Schilderung der Geschichte der vier Patienten und
des an ihnen vollführten Operationsaktes stellt Verf. einige Betrachtungen
über die verschiedenen zur Diagnose der Blasengeschwulst ausgedachten Me-
thoden an.
Er vertritt die Ansicht, dass in jedem Fall, wo eine Läsion der Blase
vermutet wird, systematisch sämtliche diagnostischen Methoden anzuwenden
seien, ohne bei der ersten, die ein positives resp. negatives Resultat gegeben
habe, stehen zu bleiben. Zur Bestätigung hierfür führt er einen seiner Fälle
an, bei dem er mit der Metallsonde das Vorhandensein eines Blasensteins
hatte feststellen können und erst während des Operationsaktes durch den
Einschnitt über dem Schambein die Anwesenheit einer Blasengeschwulst be-
merkte, deren Existenz er nicht ahnte, von der er jedoch Gewissheit gehabt
hätte, wenn er systematisch zu sämtlichen Untersuchungsmethoden gegriffen
hätte. Er demonstriert die Zweckmässigkeit eines höchst einfachen Diagnose-
mittels, das in der Klinik von Prof. Dur ante angewendet wird und darin
besteht, dass man kräftig mit einer Metallsonde die mit Wucht mittelst der-
selben Sonde in die Blase injizierte Flüssigkeit aspiriert. Man erhält auf
diese Weise in der aspirierten Flüssigkeit kleine Gewebsfetzen , welche im
ersten Falle gestatteten, vor dem Operationsakt die Diagnose auf Blasenkrebs
zu stellen, obschon wegen der reichlichen Hämaturie die Kystoskopie unmög*
lieh war.
Alsdann geht er zur Betrachtung der Verbindung zwischen Steinbildnng
und Tumoren der Harnblase über, die von ihm in zwei Fällen auf vier ope-
rierte vorgefunden wurde. Er zitiert in dieser Hinsicht die Anschauungen
der verschiedenen Autoren und berichtet die Fälle aus der Literatur, bei
denen die Existenz der Steine dem Auftreten der Geschwulst voraufging. Mit
diesen vergleicht er seinen zweiten Fall, bei dem die Steine schon 20 Jahre
vor dem Auftreten der auf dem Vorhandensein des Epithelioms beruhenden
Hämaturie bestanden und schliesst mit der schon bei der Gallenblase aofge-
stellten Annahme, dass die auf die Anwesenheit eines Steines folgende, in
die Länge gezogene Irritation die Produktion eines Neoplasma in der Blase
verursachen könne.
Anschliessend untersucht er die in ähnlichen Fällen angewandte Ope-
rationstechnik und äussert sich dahin, dass er in allen Fällen die einfache
Inzision nach Guyon befriedigend gefunden habe, die er bei den ausge-
dehnten, die Blasenkuppel und die hintere Wand umfassenden Affektionen
mit einem transversalen Einschnitt an ihrer Basis und der Loslösung eines
der geraden Muskeln von seinem Ansatz am Pubis kombinierte. Stets führt
Mohr, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 10B5
er die sofortige Vemähung der Blasenwnnden aus und belässt nur eine kleine
Drainage im unteren Ende der Bauchwandwunde : bei Blasenresektionen findet
er es zweckmässig einen Dauerkatheter zu belassen, um dadurch Dehnung
des Organs und darauffolgenden Zug auf die Nahtstiche zu verhindern.
Zuletzt referiert er die Statistiken der verschiedenen Chirurgen, welche
Blasengeschwülste operierten, und schildert eingehend den histologischen Be-
fand seiner Fälle, der bei den beiden Geschwülsten von bindegewebigem Typus
höchst interessant ausfiel. Es handelte sich in der Tat in einem derselben
am ein telangiektatisches Fibrosarkom mit Hyperplasie der Bekleidungsepithel-
schicht des Tumors. Das verdickte Epithel zeigte deutlich die Tendenz zur
Papillenform, die bei Blasengeschwülsten jedwelcher Art charakteristisch ist.
Bei dem anderen Fall fand Verf. eine kleine, bohnengrosse, kaum über der
Ebene der Schleimhaut erhabene Geschwulst, welche mit ihrer Ansatzbasis
bis zur Muskelhaut reichte. Diese Geschwulst bestand aus einem schlaffen,
von zahlreichen ektatischen Venen durchzogenen Faserzellengewebe, in dem,
neben gewöhnlichen Bindegewebszellen und Infiltrationselementen , äusserst
zahlreiche, längliche, spindelförmige Elemente mit chromatinreichem Kern und
reichlichem, hellen Protoplasma vorgefunden wurden. An einigen Stellen des
Tumors waren diese Elemente konzentrisch zu den Blutgefässen angeordnet,
wodurch sie klar ihren Ursprung aus den Gefässperithelia zeigten. Verf.
legt die Wichtigkeit dieses Falles dar, da es sich um das erste bei der Blase
beschriebene Peritheliom handelt. R. Giani.
XX.
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der
männlichen Genitalien.
Referent: H. Mohr, Bielefeld.
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Nr. 17.
60. Vincent, Recherchea bacter. aur la balanite vulgaire. Ann. de dermat et de ayph.
1904. p. 497.
61. Voron, Lymphangite gangr^neuae du acrotum. Lyon möd. 1905. Nr. 51.
62. Vulliet, Eine einzeitige Operation der Hypoapadia penia et penoacrotalia mit voraua-
gehendem Perinealachnitt. Zentralbl. f. Chir. 1905. p. 814.
63. *Weinberg-Arnal, Stude de Tatrophie dea organea g^nitaux. Soc. anatomique 1905.
Nr. 5.
64. Whiting, Gangrene of the acrotum. Annale of aurgery 1905. Nr. 6.
Farabeuf (10) berichtet über anatomische Untersuchnngen, das Blat-
gefässgebiet der Urogenitalorgane beider Geschlechter betreffend. Farabeuf
betrachtet die Gefassgebiete des Damms und des Beckens als getrennte, ob-
wohl zahlreiche Anastomosen bestehen. Auf Grund seiner Injektionsstudien
kommt Farabeuf zu verschiedenen neuen Schlüssen über die Gefässver-
teilong des betreffenden Bezirks.
1038 Jahresberieht für Ghinirgie. IL Teil.
Nach Kischs (28) Studien über den Feminismus männlicher lipomatöser
Individuen findet man bei Männern mit hereditärer, von Geburt an be-
stehender Lipomatose etwa in Vs der Fälle, dass sich ein feminiler Typus
entwickelt, der sich im ganzen Habitus äussert. Besonders die Entwickelung
der Brüste wird stärker und die äusseren Geschlechtsteile neigen zu Hypo-
spadie. Tritt die hereditäre Lipomatose erst im späteren Lebensalter auf, so
ist ein solcher feminiler Typus sehr viel seltener, bei nicht hereditärer Lipo-
matose fehlt er ganz.
Hermaphroditismus.
Unger (59) berichtet über 2 Fftlle: 1. 37 jähriges, als Frau betrachtetes IndJFidaam
mit eiDem dem kindlichen Penis fthnlicbem Gebilde von HaselniiBSgrösse, mit einer Hypo<
spadie-fthnlichen Einziehung, die Scheide bildet einen walnoBBgrossen Blindsack, in welchen
die Harnröhre einmündet. Innere Genitalien: Beiderseits Hoden, ütems didelphys mit
rudimentärer Aasbildung. Also ein Fall von Pseudohermaphroditismus maculinoa completns.
2. 29 jähriges, als Mädchen erzogenes Individuum mit hochgradiger Hypospadia penoscrotalia,
Damm fehlt, Harnröhre und Anus durch eine einfache Schleimhantfalte getrennt, im ge-
spaltenen Skrotum zwei als Hoden anzusprechende Gebilde, im ganzen männlicher Habitos.
Pick (43) fand im ersten Falle üngers in den Hoden zahlreiche bis bohnengrosee.
bräunlich-gelbe Knoten, mikroskopisch ganz rein tubuläre* Adenome, von denen die kleinsten
zweifellos mit den Samenkanälchen zusammenhingen. Vollkommen gleichgebaute Greschwülste
beobachtete Pick auch im Eierstock einer Frau: testikuläres Adenoma tubulosum.
Reizensteins (49) Fall von Pseudohermaphroditismus masculinus betraf ein 22 jähr.,
angebliches Mädchen; äusserer Habitus weiblich, Hodensack in 2 Hälften geteilt, die als
Labia majora imponieren und normal grosse Hoden enthalten, nach oben ein spitzwinkelig
abgeknickter Penis mit deutlicher Glans, Orifizium der Harnröhre an der ünterfläclie
des Penis.
V. Rosthorns (54) Kranker mit Pseudohermaphroditismus masculinus completns
war ein ebenfalls als Mädchen erzogenes 44 jähriges Individuum mit männlichem Habitus;
verkümmerter Penis, Hypospadie, gespaltenes Skrotum, rechts Hoden normal, links
Leitenhoden.
Moncany (34) demonstrierte folgendes von einem nach 4 Tagen gestorbenen Kinde
stammendes Präparat: Penis angedeutet, nur 1 cm lang, an der Unterfläche Urethralrinne,
Hamröhrenmündung an der Peniswurzel zwischen den beiden gespaltenen, grossen Scham-
lippen ähnlichen, Skrotalhälften. Die Hoden finden sich beiderseits vom Maatdarm in der
Bauchhöhle aufgehängt, einerseits an den Spermatikalgefässen, andererseits an einem langeo,
zum Leistenringe hinziehenden Gubernakulum.
Lombardis (31) Patient war ein 21 jähriger Mann mit normalen, äusseren Geni-
talien und grosser irreponibler rechtsseitiger Skrotalhemie. Bei der Operation derselben
fand sich ein frei in den Bruchsack hineinhängendes, auf den ersten Blick hodenähnliches
Gebilde, welches zum Teil erst aus der Bauchhöhle hervorgeholt werden mnsste, und non
im ganzen einem rudimentären Uterus samt Adnexen glich. Die genauere UntersuchoDg
dieser mit dem Bruchsack entfernten Teile ergab, dass tatsächlich ein rudimentärer ütems
mit Tuben vorlag; die in der Nähe der Tubenmündungen beiderseits gelegenen ovoiden
Körper erwiesen sich als echte Hoden; seitlich vom Uterus lag auf jeder Seite ein Vas
deferens, welches einerseits zum Hoden ging, andererseits im kleinen Becken nach der
Harnröhre zu verlief. Die Lagerung der genannten Teile im Bruchsack erklärt sich, wenn
man den Fall als einen solchen von abdominaler Ektopie des Hodens auffasst
Gorby (7). 15 jähriger Hermaphrodit mit männlichem Habitus und weiblichem Aos-
sehen der äusseren Genitalien. Corby entfernte eine grosse Geschwulst in der linken
Unterbauchseite, welche sich als etwa 6 Pfund schweres Fibroid des linken Eierstocks mit
extraperitonealer Entwickelung erwies. Vermutlich hatte der Eierstock ursprünglich im
Bruchsacke eines angeborenen Leistenbruchs gelegen, war dann mit zunehmender Ver-
grösserung zwischen die Bauchwandmuskeln gewachsen, jedoch mit der Bauchhöhle dorch
einen Stiel in Verbindung geblieben. 6 Jahre später war der Habitus der äusseren Geni-
talien folgender : 2 Skrotalhälften ohne Hoden, eine gut entwickelte Glans penis, keine Spar
von Scheide, ein rudimentärer Uterus.
Allen (1). 3 jähriges Kind. Innere Geschlechtsorgane weiblich, an Stelle der Klitoris
ein penisähnliches Gebilde mit ausgebildeter Glans und Vorhaut, welches ganz dem Penis
Mohr, Verletzungen and chirorg. Krankheiten der mAnnlichen Genitalien. 1039
eines 3 jfihrigen Kindes entsprach ; jedoch war die Vorhaut mit der Glans z. T. verwachsen,
und ihre Form entsprach mehr der eines Praeputinm clitoridis. Der Penis war an der
ganzen Qnterfläche mit den darunter liegenden Gehilden verwachsen.
Reverdin (51). Sljfthriger, sonst gesunder Mann mit angeborenem, fast
völligem Mangel der Genitalien: Penis nur durch eine kleine Vorhautfalte mit
kaum fablbarem, harten Körper angedeutet, Skrotum infantil, ohne Spur von Hoden, links
Leiatenhoden, rechts kein Hoden nachweisbar. Wegen schnellen Wachstums in letzter Zeit
and Verdacht auf bösartige Umwandlung wurde der Leistenhoden mitsamt einer angeborenen
Netzhemie beseitigt. Nach der ausfnhrlichen histologischen Beschreibung handelte es sich
mn einen epithelialen Tumor mit Zellen von embryonalem Charakter, jedoch ohne die
Bösartigkeit des eigentlichen Karzinoms.
V. Frisch (13). 15 jähriger Knabe, welchem im Alter von 6 Monaten von einem
Hnnde Penis und Skrotum abgefressen wurden. Jetziger Befund: Penis, Skrotum, Hoden
fehlen, in der Linea alba, dreifingerbreit Ober der Symphyse eine Öffnung, aus welcher ein
linaengrosaer Scbleimhautwulst hervorragt, anscheinend das Ende der noch erhaltenen
SchwellkOrper. Knapp daneben dringt beim Umieren der Harn hervor. In der rechten
Unterbanchgegend fühlt man bei tiefer Palpation eine kleine, eiförmige Geschwulst, ver-
mutlich ein nicht herabgestiegener Hode.
Fichera (12) beobachtete bei kastrierten Tieren beiderlei Geschlechts
eine Vergrössernng der Hypophysis, welche sehr bald nach der Kastration
auftrat und durch Einspritzungen von Hodensaft ebenso rasch wieder zum
Schwinden gebracht werden konnte; histologisch handelte es sich um eine
echte Hypertrophie der Drüsenelemente. Da einerseits bei Schwangerschaft
Veränderungen an der Hypophysis vorkommen, andererseits bei Äkromegalie
mit Vergrösserung der Drüse Störungen im Bereich der Genitalien häufiger
beobachtet werden, so nimmt Fichera an, dass zwischen Hypophysis und
Geschlechtsdrüsen bestimmte, durch innere Sekretion vermittelte Beziehungen
bestehen.
F^re (11) bespricht die Versuche, durch Kastration sexuelle Perversi-
täten heilen zu wollen. Er führt zwei Fälle an, welche zeigen, dass die
sexuelle Perversität nicht beseitigt, dagegen der übrige psychische Zustand
bedeutend verschlimmert wurde und warnt demnach vor der Operation in
solchen Fällen.
Maximow (33) hat im Anschluss an zwei eigene Operationen von
totaler Entmannung wegen Karzinoms (s. vorigen Jahresbericht) die ein-
schlägige Literatur, im ganzen 23 Fälle gesammelt. Die erzielten Erfolge
lassen diese Operation angezeigt erscheinen bei Patienten, bei denen das
Karzinom bereits vom Penis auf die benachbarten Genitalien übergegriffen
hat. Rezidive sind selten, die Prognose bezüglich Genesung nach der
Operation ist günstig.
Syphilis, Ulcus molle, Gonorrhöe, Allgemeines.
Cooper (6) gibt eine Schilderung der Narben der Geschlechts-
teile und der Leistengegend, die als Folgen der verschiedenen Geschlechts-
krankheiten, Hauterkrankungen, Entzündungen, Traumen und operativen Ein-
griffe zurückbleiben können. Er geht besonders auf die ätiologische und
diagnostische Bedeutung dieser Narben ein und kommt zu folgenden
Schlüssen:
Man findet häufiger und deutlichere Narben an den Geschlechtsteilen
von Hospitalpatienten als von Privatpatienten. Bei den Spätformen der Lues
ist in yielen Fällen an den Geschlechtsteilen überhaupt nichts Abnormes
mehr nachzuweisen. Eine einzelne Narbe an der Haut des Penis ist auf
1040 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
luetischen Ursprang verdächtig, ebenso eine Schleimhantnarbe am Penis, ob-
wohl sie auch gelegentlich durch Ulcns molle veranlasst sein kann. Mehrere
Narben auf der Schleimhaut des Penis oder auch auf der Schleimhaut und
Haut sprechen für früheres Ulcus molle, ebenso auch Narben der Leisten-
gegend zugleich mit Narben am Penis, dagegen solche in der Leisteng^end
allein mehr für frühere Gonorrhöe. Sind die Narben in der Leistengegend
oder am Penis oder an beiden Stellen zugleich ausgedehnter, so spricht das
für Ulcus molle phagedaenicum. Narben an den Geschlechtsteilen und
gleichzeitig solche an anderen Körperstellen sprechen für Lues.
Ho ff mann (22) gibt eine Übersicht über die neuesten Untersuchungen
bezüglich der Ursache, Prophylaxe und Therapie des Ulcus molle. Die
Exzision ist nur dann zu empfehlen, wenn eine gleichzeitige Lifektion mit
Syphilis wahrscheinlich ist, zu vermeiden sind auch Ätzungen, Lokalbäder
mit Kaliumpermanganatlösung, Betupfen mit Acid. carbol. liquef. oder Jod-
tinktur und Bestreuen mit Jodoform haben sich am besten bewährt. Für
die Behandlung der Bubonen mit fluktuierendem Abszess empfiehlt Hoff-
mann die Langsche Methode, jedoch statt der Höllensteineinspritzungen,
nach denen Hoff mann zweimal eine ausgedehnte Nekrose der Fascia lata
auftreten sah, solche von 10 ^/o Jodoformglyzerinmischung. Nur in seltenen
Fällen ist eine Ausräumung der geschwollenen Drüsen notwendig. Leichtere
Grade von Phimose infolge des Schankers gehen öfters durch die oben ge-
nannten protrahierten Bäder und Einspritzungen in den Vorhautsack wieder
zurück, sonst dorsale Spaltung der entzündeten Vorhaut zur Freilegnng der
Geschwüre; eine etwa notwendige Zirkumzision jedoch erst nach Abheihing
derselben.
Jooss (25) rät, bei schweren Fällen von Ulcus molle, besonders
solchen mit Infektion der Lymphdrüsen, den Penis mit einem feuchten Ver-
bände zu umgeben, welcher durch ein mit Bindentouren fixiertes Kondom
gehalten wird. Entsprechend der Harnröhrenmündung wird eine ÖflEhung im
Kondom angebracht. Das Ulcus darf im Verbände nicht durch die Vorhaut
bedeckt sein.
Schein (55) und Courant (7a) empfehlen, das Condyloma
acuminatum mit Äthylchloridvereisung zu behandeln. Die Vereisung mnss
von der Spitze bis zur Basis gründlich mit kräftigem Strahle geschehen.
Meist sterben die Kondylome schon nach einer Vereisung ab» event. mass
sie nach einigen Tagen noch 1 — 2 mal wiederholt werden; schon nach
2 — 3 Tagen tritt bedeutende Schrumpfung ein, nach einer Woche sind selbst
grosse Hautkondylome zu kleinen, trockenen Exkreszenzen eingetrocknet mid
in der Regel verschwinden sie spurlos ohne Rezidiv. Da die Spitze der
spitzen Kondylome frei von Epithel ist, vermittelt wahrscheinlich dieser
Defekt die schnelle Durchfrierung des blossliegenden Papillarkörpers bis an
seine Basis; vermutlich tritt Gerinnung in den Gefässen des Kondyloms ein,
welche zu akuter Ernährungsstörung und zu Schwund desselben führt
Penis.
Bergh (2), ein Kopenhagener Venerologe, gibt in drei Untersnchnngs-
reihen von 482, 500 und 1868 Individuen eine bis ins kleinste gehende Be-
schreibung und Abbildung der verschiedenen Formverhältnisse und
anatomischen Varianten der äusseren männlichen Geschlechts-
teile, bes. des Penis.
Mohr, Verletzungen und cliinirg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1041
Lichtenberg (30) untersuchte einen gonorrhoisch erkrankten, von
Czerny exstirpierten paraurethralen Gang. Die Genese derartiger
Gebilde denkt er sich folgendermassen : Die paranrethralen Gänge an der
dorsalen Fläche des Penis in der Raphe sind Drüsen, welche bei der Bildung
der Harnröhre zugleich mit einem Teile des Harnröhrenseptums abgeschnürt
wurden und sich selbständig weiter entwickelten.
Die gleiche Genese haben die an anderen Stellen gelegenen para-
urethralen Gänge, sie alle sind ihrem histologischen Bau nach als Drüsen-
derivate zu bezeichnen. Die gonorrhoisch erkrankten Gänge zeigen ein
anderes histologisches Bild^ indem die Drüsenelemente verschwinden und als
Folge einer entzündlichen Metaplasie von geschichtetem Pflasterepithel ersetzt
werden.
Auch Stieda (56) geht von der Beobachtung eines Falles aus, bei
welchem zwei akzessorische Gänge an der Unterfläche des Penis
wie gewöhnlich erst dadurch wahrgenommen wurden, dass sie sich gonorrhoisch
infizierten, während die Harnröhre gesund blieb; nach Exzision trat Heilung
ein. Die Auskleidung der Gänge war geschichtetes Pflasterepithel. Die para*
urethralen Gänge kommen entweder in die Harnröhre einmündend, parallel
mit dieser verlaufend vor, dann auch zugleich mit Hypospadia glandis, oder
sie stehen mit der Harnröhre nicht in Verbindung und liegen in der Penis-
haut als reine Hautgänge meist an der Unterfläche des Gliedes. Verf. unter-
scheidet: 1. Ductus paraurethrales, Gänge, welche mit der Harnröhre und
deren Mündung in Verbindung stehen. 2. Ductus praeputiales , Gänge
zwischen beiden Blättern der Vorhaut. 3. Ductus dorsales penis, akzessorische,
Yon der Harnröhre abzweigende Gänge, welche eine eigene Mündung be-
sitzen; sie sind als epispadische Hemmungsbildungen zu betrachten. 4. Ductus
cutanei an der Unterfläche des Gliedes, ebenfalls durch Unregelmässigkeiten
bei der Bildung und dem Schluss der Genitalrinne entstehend; sie haben
durch die Möglichkeit einer gonorrhoischen Erkrankung praktische Be-
deutung.
Hypospadie.
Broca (4). 8 jähriger Knabe mit Hamröhrenmündung 5 mm hinter
der Corona, glandis ; selbst derartig leichte Grade machen Schwierigkeiten bei
der Miktion und beim Geschlechtsakt. Broca bespricht die Unzulänglich-
keiten und häufigen Misserfolge bei dem alten Duplay sehen Verfahren und
empfiehlt die Methode von Hackers. Drei so operierte Kinder, darunter
ein 5 jähriges, verliessen nach 8 — 10 Tagen nach absolut glattem Verlauf und
mit vollen Erfolge das Hospital. Für Hypospadien mit Harnröhrenmündung,
welche mehr als 10 — 15 mm hinter der Glans liegt, hält Broca an dem
Duplay sehen Verfahren fest.
Princeteau (45) teilt 2 Fälle von Hypospadie mit Hamröhrenmündung
an der oder dicht neben der Glans mit, welche durch v. Hackers Ver-
fahren geheilt wurden. Man sollte nicht vor dem 4. Jahre operieren, weil
das sehr zarte und dünne vorderste Ende der Harnröhre die Operation in
den ersten Lebensjahren sehr schwierig machen kann.
Hämo nie (19) operiert Hypospadien mit Mündung am Penisschaft und
Skrotum in zwei Sitzungen mit mehrmonatlichem Zwischenraum, indem er
in der ersten Sitzung den nach vorn von der Mündung gelegenen Teil der
Harnröhre durch Lappenbildung wiederherstellt. Nach der Operation wird
JfthreBberiebt fOr Cbirargio 1905 66
104ä JahreBbericiit fttr Chirurgie, lt. Teil.
der Urin znnächst durch die freigelassene Hypospadieoffnung entleert; nach
Heilnng der Wunde wird in einer zweiten Sitzung die Hypospadieoffnung
zirkulär angefrischt und mit dem vorderen Teile der Harnröhre vereinigt.
Martina (32) zeigt an einem nach der ersten Beck sehen Methode
operierten Falle, dass dieses Verfahren selbst bei peniskrotaler Form der
Hypospadie anwendbar ist. Die Hamröhrenmündung lag bei dem 5 jährigen
Knaben 2 V» cm hinter der Spitze des kleinen, abwärts gekrünmiten Gliedes
am Übergang in die Skrotalhaut. Die Harnröhre wurde samt ihrem Corpus
cavernosum bis zum Ende des Bulbus urethrae ausgelöst und ohne allzu be-
deutende Spannung durch die tunnelierte Glans durchgezogen. Heilung mit
gutem funktionellem Resultat. Trotzdem der Weg, den die Harnröhre
zurückzulegen hatte, fast 3 cm betrug, war es durch die ausgiebige Aus-
lösung und Dehnbarkeit der Harnröhre möglich, noch die Becksche Methode
mit Erfolg anzuwenden. Martina empfiehlt für die ersten Tage p. o. Yer-
weilkatheter.
Nach VuUiet (62) ist es möglich, die Hypospodia penis und penoscro-
talis in einer Sitzung zu operieren; durch eine vorhergehende Inzision am
Damm und einen kleinen Hamröhrenschnitt führt man einen elastischen
Katheter in die Blase ein, sorgt so für den Abfluss des Urins und kann
sich nun ruhig an die Herstellung der Harnröhre am Penis machen, wobei
es ohne Bedeutung ist, welche Methode man anwendet. Jeder Dauerkatheter
in der neuen Harnröhre ist zu vermeiden; Nachbehandlung wie bei der
Urethrotomia externa. Bei einem so operierten 18 jährigen Patienten war
am 5. Tage Heilung p. p. eingetreten, am 8. Tage wurde der Katheter aus
der Dammwunde entfernt, 4 Tage später war die Dammwunde geschlossen.
Penistraumen.
V. Hart (21) berichtet über eine Reihe von Penisverletzungen, darunter
2 Fälle von Schnittwunden, in denen fast ^/s des Gliedes durchtrennt, die
Harnröhre jedoch intakt geblieben war; exakte Naht des Septums, der Albn-
ginea und Haut, glatte Heilung. Bei einem dritten Patienten war der Penis
bis auf einen schmalen Hautstreifen und einen kleinen Rest des Schwell-
körpers ganz durchtrennt; Naht der Harnröhre und der übrigen Schichten,
zunächst Hamröhrenfistel, schliesslich jedoch völlige Heilung, Hiemach ist
die Ansicht, dass man bei Durchschneidung von ^/s der Schwellkörper stets
amputieren solle, da fast immer Gangrän eintrete, nicht in jedem Falle zu-
treffend.
Ricoo (52). Anlftsslich einer Wette hatte sich der Fat. eine starke Stsblschraabeo-
mntter von 2Va cm äusserem Darchmesser über den Penis bis zur Wurzel übergezogen;
das Glied wurde sofort turgeszent, so dass die Entfernung nicht mehr möglich war; oean
Stunden später glich es nach Form, Konsistenz und Farbe einer grossen Blutwurst (boudio);
mit Hilfe von zwei Schlossern wurde die Schraubenmutter am narkotisierten Patienten mit
vieler Mühe durchtrennt Obwohl die Einschnürung im ganzen 11 Stunden gedauert hatte,
schwoll das Glied fast augenblicklich schnell ab, einige Stunden später waren als einzige
Folgen nur noch Spuren von Schwellung, wenige Erosionen und Ekchymosen zu bemerken.
Posner (44) erörtert in einem berufsgenossenschaftlichen Obergatachten,
inwieweit eine Bougiekur nach Beckenbruch mit Zerreissung und
nachfolgender Verengerung der Harnröhre die Erwerbsfähigkeit
beeinträchtigt. Unter Berücksichtigung des örtlichen Zustandes der Harn-
organe und der mit einer Bougiekur eventuell verbundenen Schädigungen
Mohr, Verletzangeil uncl chirdrg. Kfankheiten ddr mäünlicliexi Genitalien. 1043
nnd Gefahren kommt Posner zu dem Schlüsse, dass die angegebene Be-
handlung — einmal wöchentliches Bougieren — die Erwerbsfahigkeit des
Patienten nicht in erheblicher Weise beeinflusst. Hiermit stimmt auch eine
Umfrage unter Posners poliklinischen Patienten überein.
Neu haus (40) bespricht in einem Übersichtsartikel über die organi-
schen Strikturen der männlichen Harnröhre die neuesten ein-
schlägigen Arbeiten. In einem Falle Mo nies (Annales des mal. des org.
genito-urin. 1905, Nr. 8) trat bei einem 5jährigen Knaben eine Striktur im
Anschluss an eine Yaricellen-Eruption der Harnblase auf. Ferner wird die
gummöse Striktur nach bindegewebiger Umwandlung eines Gummiknotens
besprochen. Bei der Therapie berücksichtigt Neu haus besonders die auf
der chirargischen Klinik der Charit^ gemachten Erfahrungen. Die Urethro-
tomia interna wird bei eitriger Zystitis wegen Gefahr der Infektion der
Hamröhrenwunde vermieden; bei der Urethrotomia externa empfiehlt es sich,
falls die Auffindung des Blasenendes der Striktur Schwierigkeiten macht, die
Harnröhre auch hinter der verengten Stelle, also meist wohl in der Pars
membranacea zu eröffnen und die Striktur zu spalten oder auszuschneiden.
Heresco et Daniölopolu (20). Entgegen der Ansicht, dass gonor-
rhoische Strikturen in der Pars membranacea nicht vorkommen, bezw. nur
durch Übergreifen einer Striktur der vorderen Harnröhre auf die Pars mem-
branacea, zeigen die Verff. an einem zur Autopsie gelangten Falle, dass die
engste Stelle allerdings in Ausnahmefällen in der Pars membranacea liegen
kann; makroskopisch war dieses in ihrem Falle allerdings so, jedoch zeigte
die histologische Untersuchung, dass hauptsächlich die Pars bulbosa ergriffen
war, und die Striktur sich von hier auf die Pars membranacea fortgesetzt
hatte. Der histologische Befund wird ausführlich mitgeteilt.
Schwellkörpererkrankungen.
Mori (36) sah bei einem 38 jährigen Manne einen seit 20 Tagen bestehenden, ohne
enichtllcbe Ursache aufgetretenen, sehr schmerzhaften Priapismus; verschiedene Be-
handlungsmethoden, auch die Narkose, blieben ohne Erfolg. Daher vfurde die Albuginea
aof 2 cm Länge eingeschnitten, und etwa 150 cbcm pechschwarzes Blut ausgedrückt, worauf
Heilung eintrat.
Nfeuberger (39) demonstrierte zwei Fälle, von denen der eine eine sog. plastische
Induration der Schwellkörper darstellte; der andere war eine chronische Kaver-
nitis, die nach Angabe des Fat. durch Sturz auf die Dammgegend entstanden war, und
sich klinisch als Penisverdickung darstellte; das Glied stand stets in mittlerer Erektions-
Stellung, völlige Erektion war nicht möglieb.
Negroni und Zoppi (38) berichten Aber einen 23jährigen Mann, bei welchem nach
aasgedehnter Zerstörung der beiderseitigen Leistendrüsen durch tuberkulöse Abszesse eine
Elephantiasis des Penis und Skrotums auftrat. Durch die narbige Unterbrechung
der ingninokruralen Lymphbahnen wird der Lymphabfluss von den äusseren Genitalien be-
hindert; infolgedessen tritt eine Lymphangiektasie auf, zugleich mit Bindegewebshyperplasie
und Sklerosierung, wodurch das klinische Bild der Elephantiasis entsteht. Der histologische
Befand von Schnitten der Vorhaut bestätigte diese Erklärung.
Fe nis-Ge schwülste.
Grouven (16) sah eine tuberkulöse Geschwulst der Glans penis, welche sich
bei einem kräftigen, sonst gesunden Manne im Sulcus coronarlus genau an derselben Stelle
eatwickelt hatte, wo 12 Jahre vorher ein Ulcus moUe gesessen haben sollte; es handelte
sich um eine halbkirschgrosse, derbe, flache Geschwulst mit normalem Schleimhautüberzug.
Der mikroakopische Befund nach Exstirpation ergab typische Tuberkel, der Nachweis von
Bazillen gelang nicht.
66*
1044 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Greite (8). Bei dem 2j&hrigeii EDaben bestand seit 8 Tagen ein ohne ersicht-
liche Ursache aufgetretener Priapismus und eine wainusagrosse, undeutlich fluktuierende
Geschwulst in der Dammgegend. Nach Freilegung und mikroskopischer Untersuchung ergab
sich, dass dieser Knoten aus epithelialen Zellen bestand ; hierauf wurde die Operation ange-
schlossen und eine Geschwulst gefunden, welche die Harnröhre vollständig umwuchs und
ausgedehnt die Schwellkörper mit Ausnahme der Eichel ergriffen hatte. Daher wurde der
Penis mit völliger Entfernung der Schwellkörper abgesetzt, das Harnröhrenende am Damm
eingenäht. Zunächst glatte Heilung, später Verfall der Kräfte, Bronchitis, Tod. Nach dem
histologischen Befund handelt es sich um ein grosszelliges Karzinom, Ausgangspunkt
und Entstehungsmodus blieb zweifelhaft. Der Fall ist bisher der einzige, der ein Kind in
derart jugendlichem Alter betraf.
Robert (53). Vor IV's Jahren im Anschluss an einen verdächtigen Koitus schmerz-
hafte Schwellung der Schleimhaut, Sekretion zwischen Vorhaut und Eichel, welche einige
Monate später blutig wurde; Pat. ffihlte jetzt unter der Vorhaut einen harten, allmählich
wachsenden Knoten. Jetziger Befund: Von der Vorhaut ausgehende, ulzerierte, fnngoae
Wucherung, LeistendrQsen leicht geschwollen. Amputatio penis. Mikroskopisch: Platten-
epithelkrebs.
Armitage (la). Harte, war zen ähnliche, ulzerierte Geschwulst der Eichel mit starker
Leistendrüsenschwellung; Beginn vor 6 Monaten als kleines Bläschen, welches zerfiel, mehr-
fach heilte und wieder geschwttrig wurde. Nach Spaltung der Vorhaut sah man ein typisches
karzinomatöses Ulcus der Eichel. Der Penis wurde mit den gesamten Schwellkörpem in
einem Stück von einem Dammschnitte aus (mit seitlichen Hilfsschnitten und um die Wurzel
des Gliedes) ausgelöst. Die Ablösung der Penisschenkel von den Schambeinästen war wegen
der festen Verbindungen mit dem Knochen und der profusen Blutung schwierig. Hierauf
Ausräumung der beiderseitigen Leistendrüsen, linker Hoden exstirpiert, Einnähung des Harn-
röhrenendes in die Skrotalwunde. Heilung. Bemerkenswert ist, dass Pat erst 28 Jahre
alt war; vermutlich hatte die bestehende Phimose die Ent Wickelung der Geschwulst be-
günstigt. Der eine Hoden wurde zurückgelassen, um die interne Sekretion zu unterhalten.
Morestin (35) teilt die Krankengeschichten von 5 Fällen von Penis-
krebs mit. Die beiden letzten Beobachtungen zeigen die enormen Schwierig-
keiten und Gefahren, und die schlechten Erfolge, wenn die Operation erst
in einem Stadium ausgeführt werden kann, in welchem die Drüsen ausge-
dehnt ergriffen und verwachsen, oder sekundär infiziert und ulzeriert sind.
In einem dieser Fälle musste die Vena femoralis wegen Verwachsungen mit
den Drüsen reseziert werden; weiterer Verlauf ohne Komplikationen.
Bei dem anderen Kranken wurde in einer Sitzung zunächst eine sehr
grosse Hernie beseitigt, dann beiderseits die Drüsen ausgeräumt und schliess-
lich das Glied amputiert. Die Entfernung der Iliakaldrüsen lässt sich nicht
immer bei dem oft schlechten Allgemeinzustande durchführen, da der Eingriff
ein sehr schwerer ist, man muss sich mit Rücksicht auf den Zustand des
Kranken unter Umständen sogar mit der alleinigen Amputatio penis be-
gnügen. Selbst bei ganz kleiner Penisgeschwulst (Fall 4) kann die Erkran-
kung der Drüsen bereits sehr ausgedehnt sein. Bei einzelnen Kranken (Fall
3 und 5) kann man den operativen Eingriff am Penis ohne erhöhte Rezidiv-
gefahr relativ konservativ gestalten, während die Drüsenausräumung möglichst
ausgedehnt erfolgen muss.
Wichtig für die Blutstillung und eine gute Stumpfbildung ist es, die
Schnittflächen der Schwellkörper zu vernähen. In einem Falle wurde p. o.
die Erektionsfähigkeit erhalten und der Koitus regelmässig ohne Beschwerden
ausgeführt.
Cahot (5 a). Beginn des Peniskarzinoms hei dem 41jfthrigenPai mit einem BiAschen
unter der Vorhaut; innerhalb 18 Monaten war der ganze Penis ergriffen, die penile Harn*
r5hre zerstört, Skrotum stark angeschwollen, von eitrigem Harn infiltriert. Die Harnröhre
wurde zunächst am Damm eröffnet und isoliert, hierauf '^ s des Skrotums, der ganze Penis,
die Leistendrüsen und der eine Hoden entfernt. Heilung. Miktion ohne Schwierigkeiten.
Mohr, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der mttnnlichen Genitalien. 1045
Bei Ca bot 8 zweitem Fat. ist hemerkenawerti daas der Kranke ein Jahr nach der
ersten üntersnchnng, bei welchem Peniskrebs festgestellt wurde, noch keine Spur von
Schwellung der Leistendrüsen zeigte.
Vorhaut-Erkrankungen.
Vincent (60) fand unter 31 Fällen von Balanitis in 25 einen ana-
eroben Bacillus neben Spirillen, während Eiterkokken und sonstige Keime viel
seltener vorkamen.
Queyrat (47) übertrug bei einem 20jährigen Patienten mit Stomatitis
ulcero-membranosa (bakteriologisch: Bacillus fusiformis und Spirillen) ein
Stückchen der Schleimhautauflagerungen des Mundes in den Sulcus balano-
praeputialis ; Queyrat hatte nämlich bereits früher Genitalulzerationen mit
dem gleichen bakteriologischen Befunde wie bei der Stomatitis ulceromembra-
nosa beobachtet, und in diesen Fällen Gründe, anzunehmen, dass die Infektion
von der Mundhöhle aus erfolgt sei. Er versuchte demnach, durch vorliegenden
Versuch festzustellen, ob ein derartiger Infektionsmodus experimentell mög-
lich sei. Der Versuch fiel positiv aus, es entwickelte sich eine pustulöse,
ulzeröse, membranöse Balanoposthitis mit genau gleichem bakteriologischen
Befunde wie bei der Mundhöhlenerkrankung.
Rocher (53a) teilt einen Fall von Dermoidzyste der Vorhaut mit; bei dem
Kuaben von 17 Monaten bestand seit der Geburt ohne Beschwerden eine kleine Vorhaut-
geschwolst, welche zur Zeit eine erbsengrosse, rundliche, der Innenfläche der Vorhaut direkt
anter der Genitalraphe aufsitzende, gegen die Umgebung verschiebliche, fluktuierende Ge-
schwulst darstellte. Nach dem mikroskopischen Befunde nach leiehter Entfernung handelte
es sich um ein Dermoid mit beginnender Entzündung; sein Sitz im Niveau der Raphe zeigte
deutlich den Entstehungsmechanismus durch Ektodermeinschluss.
Kermorgant (27) sah bei einem Patienten mit angeborener Phimose eine ürin-
retention durch einen Präputialstein. Qrinbesch werden seit 3 Jahren. Seit einem
halben Jahre bemerkte Pat. einen harten Körper vorn am Gliede. Aufnahme mit vollständiger
Urinverhaltung seit 3 Tagen, im Vorhautsack ein rundlicher, steinharter, infolge seiner Grösse
onverschieblicher KOrper. Katheterismus unmöglich, daher Zirkumzision und Entfernung
eines sehr harten, ziemlich glatten Steins von 4 g Gewicht und fast 2 cm Durchmesser,
worauf sofort spontan Urin entleert werden konnte.
Palacios (41). Bei dem 63jährigen Manne bestanden seit IV' Jahren ürinbe-
ftchwerden. Der Strahl wurde plötzlich unterbrochen, und nur durch Reibung des Penis
war es zu erreichen, dass Pat. weiter urinieren konnte. Im Vorhautsack fanden sich vier
grosse Steine von 3 — 6 g Gewicht.
Bei einem 77 jährigen Manne konstatierte G all an (15) am Präputium zwei Löcher
ausser der natQrlichen Präputiumöffnung. Aus dem oberen Loch ragt das Caput penis
heraus und das Präputium hängt schtlrzenartig nach unten. Diese Löcher sollen infolge
einer sekundären Gangrän nach Ulcus molle entstanden sein. Stolanoff (Varna).
Skrotum.
Whiting (64) gibt unter Einfügung einer Anzahl eigener Beobachtungen
and sämtlicher Literaturfälle eine Schilderung des Krankheitsbildes der
Uran gr an des Skrotums. Das weitmaschige subkutane Zellgewebe des
Hodensacks und die Zartheit seiner Haut machen ihn zu Entzündung und
Gangrän besonders geneigt. Andere Ursachen liegen in Krankheiten, welche
za Ödem und Infiltration des Skrotalgewebes führen , schUesslich auch in
allen Erkrankungen, welche die Widerstandskraft des ganzen Körpers herab-
setzen (Cholera, Pocken). Hoden und Tunica vaginalis sind gewöhnlich nicht
ernsthaft ergriffen. Whiting unterscheidet 5 Gruppen: 1. Skrotalgangrän
infolge bakterieUer Infektion, bei weitem die häufigste aller Ätiologien, a) In-
1046 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
fektion durch sehr virulente Streptokokken und „gangrene foudroyante'',
b) Erysipel, c) gewöhnliche pyogene Bakterien. Von den 36 Literaturfiillen
dieser Art starben 8. 2. Gangrän durch entzündliches Ödem und starker,
hierdurch herbeigeführter Ernährungsstörung, sowie durch Urininfiltration,
gleichfalls mit Ernährungsstörungen des Gewebes und gleichzeitig mit den
reizenden Eigenschaften des sich zersetzenden Urins. 15 Fälle mit 4 Todes-
fällen. 3. Gangrän infolge direkter mechanischer und chemischer Einwirkung
auf das Gewebe: Traumen, Verbrennungen, Verätzungen; bei den traumatisch
entstandenen Fällen ist die Gangrän entweder eine Folge der Ruptur der
Blutgefässe oder der Infektion im Anschluss an das Trauma. 13 Fälle mit
6 Todesfallen. 4. Erfrierungen. 5. Durch trophoneurotische Einwirkungen
bedingte Gangrän, mehrfach nach der Entfernung vergrösserter Leistendrüsen
beobachtet. Die Gangrän tritt in solchen Fällen über dem grössten Teil des
Hodensackes fleckenweise auf, öfters nur oberflächlich. 6 Fälle (1 gestorben).
Schliesslich sind mehrfach FäUe beschrieben worden, in welchen überhaupt
keine Ursache erkennbar war. Von im ganzen 93 Fällen starben 23, in allen
geheilten nahmen die Hoden ihre Funktion wieder auf.
Therapie: Bei entzündlichen Schwellungen, um einer Gangrän vorzu-
beugen, frühzeitg breite Einschnitte durch Haut und Tunica dartos; selbst
völlig freiliegende Hoden sollten niemals entfernt werden; die sie überziehende
Granulationsfläche bildet, event. unter Mithilfe von plastischen Operationen,
stets wieder einen brauchbaren Hodensack.
Mozonrelli (37) berichtet über eine sehr akat eingetretene Gasphlegmone des
Skrotums mit Gangrän bei einem 35 jährigen Manne, welcher im Anschloss an einen
Alkoholezzess plötzlich unter schweren Ällgemeinerscheinungen, hohem Fieber und Schmerzen
in der Dammgegend erkrankte. Das Skrotum war nach einigen Stunden im ganzen sehr
stark geschwollen, dderoatös, schwarz verfärbt, bei Palpation Gasknistem unter der Haut.
Trotz vielfacher Einschnitte wurde die gesamte Skrotalhaut in einigen Tagen nekrotisch:
nach Abtragung der brandigen Teile Abfall des Fiebers.
Brod (5). Schindung des Penis und des Skrotums bei einem 16jährigen Fat
Durch Plastik mittelst gestielter Lappen von der Innenseite der Oberschenkel gelang es,
den grossen Hautdefekt ganz zu decken.
Voron(61). Autopsiebefund einer Lymphangitis gangraenosa des Skrotums
bei einem Säugling. Das Eind erkrankte mit plötzlicher ödematöser Schwellung und
Rötung der äusseren Geschlechtsteile und Schambeingegend ähnlich einem Erysipel; hohes
Fieber; nach einigen Tagen zeigten sich gangränöse Stellen am Hodensack und deutliche
Fluktuation, daher beiderseits senkrechter Einschnitt durch die sehr verdickten Schichten
desselben, keine Entleerung von Flüssigkeit. Trotzdem Zunahme der Gangrän, Tod am
Tage nach der Operation.
Technisches.
S trau SS (57) hat für prolongierte Injektionen in die Harnröhre mr
Verschliessung derselben eine Klemme konstruiert, welche den Druck der
Finger genau nachahmt und die Eichel ohne Belästigung zusammendrückt
(Abbildung).
Janssen (24) hatte mehrere vorzügliche Erfolge mit einer von Witzel
erdachten Technik der Amputatio penis, welche die Nachteile der
bisherigen Methoden zu vermeiden sucht, indem sie die Form des Gliedes
möglichst zu erhalten und die Hamröhrenöflfnung dauernd an die Spitze des
Gliedes zu legen sich bestrebt. Technik: ovaläre Durchtrennung der Haut,
derart, dass ein oberer Lappen entsteht, an der Basis des Lappens quere
Durchtrennung der Schwellkörper bis auf die Harnröhre, welche einige Zenti-
meter weiter distalwärts durchschnitten wird, Verschluss der Schwellkörper
Mohr, Verletzangen und chirarg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1047
durch isoliertes Vernähen der Albuginearänder der einzelnen Schwellkörper
in der Weise, dass eine horizontale Nahtlinie entsteht; die Harnröhre wird
schon hierdurch indirekt dorsalwärts verschoben. Das vorstehende Hamröhren-
ende wird nunmehr, nach oben hin abgebogen, in einen konvexen Bogen über
den Schwellkörperstumpf verlagert und so fixiert, dass die Mündung an der
Basis des oberen Hautlappens liegt. Durch einen etwas distal von der Basis
durch die Haut quer gelegten Schnitt wird das Harnröhrenende durchgeführt,
aufgeschlitzt und mit den Hauträndem des Schnitts vernäht, alsdann Ver-
einigung des heruntergeklappten Hautlappens mit der Haut an der Unter-
seite des Gliedes. Die zunächst vorhandene Epispadie wird durch den
Xarbenzug, welcher die Hamröhrenmündung nach der Unterseite zu ziehen
sucht, allmählich so verringert, dass die Mündung schliesslich dauernd auf
der Kuppe des Penisstumpfes liegen bleibt.
2. Hüllen des Hodens und Samenstranges.
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1048 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
Hartmanns (15) Untersuchungen übei: den Bakteriengehalt
bei der Entzündung der Tunica vaginalis ergaben folgende: bei
sieben gonorrhoischen Entzündungen zweimal negativer Befund, nur einmal
Gonokokken, viermal Staphylo- und Streptokokken; bei sieben Entzündungen
infolge von Katheterismus fanden sich : Bacterium coli einmal, in den übrigen
Fällen Staphylo- und Streptokokken.
Ceccas (5) Versuche über die osmotischen Eigenschaften der
Hydrocelensackmembran ergaben, dass diese sich nicht wie eine dif-
fundierende Membran verhält und den Übergang von Salzen in die Hjdro-
celenflüssigkeit nicht gestattet; auch an Bruchsäcken wies Cecca die gleichen
osmotischen Eigenschaften nach.
Uartmann (14) berichtet über eine infizierte, darch Operation geheilte Hydro-
haematocele en bissac von eDormem Umfang; sie war 45 cm lang und hatte im
extraperitonealen Teile 44 cm Umfang.
Mantö et Daniel (20) sahen kalkige Entartung der Tnnica vaginalis.
49 jähriger Fat.; vor 20 Jahren starke Qaetschnog des rechten Hodens; in der Folgezeit
Erscheinungen eines traumatischen Hämatoms des Hodens, zurzeit ist der ehemals ge-
quetschte Hode in eine eiförmige, schmerzlose, harte, stellenweise sogar knochenharte
faustgrosse Geschwulst umgewandelt, anscheinend eine chronische Hämatocele. Entfemaog
der Geschwulst. Die verdickte Tunica vaginalis war ausgesprochen kalkig entartet und
bildete eine harte Schale um eine mit gelblicher, sirupähnlicher Flüssigkeit gefflllte Höhle,
an deren Hinterwand der abgeplattete, atrophische Hoden lag.
Lewtas (17). Fall von properitonealer s. abdominaler Hydrocele:
Operation mit der Diagnose: reponibler Leistenbruch. Der freigelegte .Bruchsack* war mit
Flüssigkeit gefüllt, nach Eröffnung strömte eine grosse Menge seröser Flüssigkeit heraus,
der durch den Leistenkanal eingeführte Finger fühlte keine Eingeweide, sondern nur die
Wandung einer serösen Höhle, in welche die Sonde in der Richtung aufwärts und einwärts
25 cm weit eingeführt werden konnte. Es wurde nur der skrotale Teil der Hydrocele bis
zum inneren Leistenring entfernt, der properitoneale Sack durch einen Gazestreifen drainiert,
die übrige Wunde geschlossen. Nach Entfernung des Streifens am 9. Tage füllte sich der
Sack nicht wieder an und verödete anscheinend völlig.
Rindone (26) berichtet über ein Lymphangioendotheliom der Tunica
vaginalis. Bei dem 43jährigen Fat. bestand seit langen Jahren eine kleine Geschwulst
im linken Hodensacke, welche im Laufe eines Jahres erst Ungsam, dann schnell unter
Schmerzen, Yergrösserung der Leistendrüsen und Fieber bis zur Grösse einer Limone heran-
wuchs; sie Hess sich gegen den Hoden abgrenzen, Oberfläche glatt, Konsistenz elastisch-
derb mit einzelnen weicheren Stellen. Entfernung der Geschwulst, Ausräumen der Drüsen.
6 Wochen später bereits Drüsenrezidiv, welches entfernt wird, nach 4 Wochen wieder
Rezidiv, 2 Monate später unter schwerer Kachexie und Drüsenschwellungen in der Darm-
beingrube Exitus. Histelogischer Befund : Eudotheliom mit Ausgang von den Lymphspalten
der Tunica vaginalis.
Halstead und Clark (13) sahen einen Fall von Hydrocele bei der Frao.
Die Fat. hatte seit 18 Jahren eine Schwellung in der rechten Leistengegend, welche stets
reponibel war, nach 4 — 5 Tagen jedoch regelmässig wieder erschien. Seit 8 Tagen war
sie irreponibel, schmerzhaft; Verstopfung, Erbrechen. Diagnose: eingeklemmte Hernie.
Operationsbefund : zystische Geschwulst, welche sich vom Leistenring abwärts in die grosse
Schamlippe ersti-eckte und mit dem Ligamentum rotundum fest verwachsen war. Aos-
schälung, dann Operation nach B a s s i n i. Anatomische Diagnose : Hydrocele des Ganal.
Nuckii. Die Zyste war bilokulär, durch den inneren Leistenring in eine untere und obere,
völlig intraperitoneale Hälfte geschieden; das Ligam. rotundum drang in den oberen Sack
ein, der untere enthielt viele unvollständige Scheidewände. Nahe der Einschnfirungsstelle
lag im unteren Sack ein bohnengrosser, freier Körper, der sich wohl infolge entzündlicher
Vorgänge von der Sackwandung abgelöst hatte; er hatte sich vor die Verbindungsstelle
beider Säcke gelegt und so die ,Irreponibilität* herbeigeführt. Mc. Arthur berichtete in
der Diskussion über einen ähnlichen Fall.
I
Mohr, Yerletzangen and chinirg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1049
Behandlnng der Hydrocele.
D'Haenens (11) spritzte in 12 Fällen von Hydrocele, nachdem er
2—3 com aspiriert hatte, 1 ccm einer Adrenalinlösnng 1:1000 ein; falls
sich nach 8 — 10 Tagen die Flüssigkeit nicht genügend resorbiert hatte, wur-
den nochmals 1 — 2 ccm eingespritzt. Nur 3 von 12 wurden geheilt. Ent-
fernt man vor der Einspritzung eine grössere Menge von Flüssigkeit aus dem
Sack, so kann die Reaktion auf die Adrenalineinspritzung sehr heftig werden.
Der Eintritt einer Reaktion ist nicht nötig zur Heilung, AUgemeinerschei-
nnngen wurden nach den Einspritzungen nicht beobachtet. Bei Alkoholinjek-
tionen geht D'Haenens in der Weise vor, dass er immer nur eine kleine
Menge Flüssigkeit aspiriert, dann eine kleine Menge Alkohol einspritzt und
allmählich den Hydroceleninhalt durch Alkohol ersetzt; die ganze Prozedur
moss so langsam vorgenommen werden, dass kein stärkerer Schmerz entsteht.
Brouardel (2) teilt einen Todesfall nach Kokaininjektion in
den Hämatocelensack mit. Eine traumatische Hämatocele sollte nach
dem Verfahren Tillaux behandelt werden: Entleerung der Flüssigkeit durch
Punktion, Einspritzung einer 5 ^/o igen Kokainlösung, die sofort abgesogen
wird, nach 24 Stunden Einspritzung von Jodtinktur. Es wurden 40 g einer
5 '^/o igen Kokainlösung etwa 3 — 4 Minuten in der Höhle gelassen und dann
anscheinend vollkommen wieder aufgesogen. ^U Stunde später trat Angst
nnd Schwäche ein, nach weiteren 15 Minuten Exitus unter Krämpfen. Sek-
tionsbefund: Arteriosklerose und alte pleuritische Veränderungen.
Doyle (7) empfiehlt auf Grund von 111 ohne festgestelltes Rezidiv
operierten Fällen folgende zwei Methoden:
1. Punktion und Einspritzung von reiner Karbolsäure; der Schmerz
dauert nur einige Minuten.
2. Freilegung der Tunica vaginalis und Auslösung aus der Umgebung zu
zwei Dritteln ihres Umfanges, Eröffnung des Sackes, und Umkrempelung der
Ränder so weit als möglich, d. h. bis zur Grenze der Ablösung ; hier wird die
umgekrempelte Tunika durch fortlaufende Catgutnaht fixiert, sodann Haut-
naht mit Drainage des unteren Wundwinkels. Entlassung nach 8 — 12 Tagen.
Lanschmann (16) eröffnet unter Infiltrationsanästhesie den Hydro-
celensack möglichst breit, so dass die ganze Innenfläche zugänglich ist, reibt
mit Gaze aus und pinselt die Innenfläche mit einer Lösung von Jodtinktur
and Alkohol (3 : 1) mit 1 ^/o Kokainzusatz genau aus. Verschluss der Wunde
durch eine Naht, welche die Schnittränder des Sackes mitfasst. Lausch-
mann sah p. o. wohl in einzelnen Fällen sich etwas Flüssigkeit ansammeln,
die spontan resorbiert wurde, jedoch kein eigentliches Rezidiv.
Reclus (25) empfiehlt für Rezidive nach der Hydrocelenope-
ration folgendes Verfahren: nach Spaltung und Resektion des vorderen
Umfanges des Hydrocelensackes wird die ganze Wunde offen gelassen und
entweder mit Streifen tamponiert oder mit antiseptischer Salbe ausgefüllt.
Die Heilung nimmt drei Wochen in Anspruch, ein Rückfall ist ausgeschlossen,
da das parietale und viszerale Blatt der Tunica vaginalis propria durch feste
Verwachsungen vereinigt werden.
Varicocele.
Picque (22) erörtert die Beziehungen der Varikocele zu ein-
zelnen Geistesstörungen, besonders der Hypochondrie. Die Anzeigen
1050 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
zur Operation der Yaricocele müssen sich nicht nur nach dem anatomischen
Zustande des Samenstranges, sondern auch nach dem Geisteszustände richten.
Picqu6 unterscheidet drei Kategorien von Fällen:
1. Starke Entwickelung der Venen des Samenstranges, Skrotum ver-
grössert; trotzdem fehlen gewöhnlich örtliche Beschwerden, sondern der Arzt
wird aufgesucht aus andersweitigen Gründen: Angst vor Impotenz und ähn-
lichem. In solchen Fällen soll man operieren, nicht nur wegen der anato-
mischen Veränderungen, sondern um einer Hypochondrie vorzubeugen. Erfolge
gewöhnlich sehr gut.
2. Örtliche Veränderungen sehr wenig ausgesprochen oder ganz fehlend,
dagegen psychische Symptome verschiedenster Intensität, oft auch örtliche
Beschwerden: unangenehmes Ziehen den Samenstrang entlang, heftigste, in
den Hoden ausstrahlende Schmerzen, in einzelnen Fällen frühzeitige Impo-
tenz, häufig allgemeine Depression. Bei reiner Hypochondrie ist der Erfolg
der Operation bei diesen Formen gewöhnlich sehr günstig, dagegen soll man
bei Hypochondrien mit frühzeitiger Impotenz nicht operieren.
3. Ohne jede bemerkbare Vergrösserung der Samenstrangsvenen existiert
eine Hodenneuralgie, die Varicocele existiert nur in der Einbildung der ge-
wöhnlich hypochondrischen Kranken. Die Operation ist stets ohne Erfolg, es
können sich sogar im Anschluss an dieselbe hypochondrische Delirien aus-
bilden.
Picque teilt einen derartigen Fall von Hodenneuralgie bei einem Hypo-
chonder mit, bei welchem er irrtümlich eine Varicocele annahm und mit dem
Erfolge operierte, dass der psychische Zustand sich verschlimmerte. Mehrere
andere Fälle von operierter Varicocele bei psychisch Kranken werden ge-
nauer mitgeteilt.
Dizac (6) gibt im Anschluss an mehrere eigene Beobachtungen eine
Darstellung des Krankheitsbildes der Ruptur der Varicocele. Die Ruptur
tritt unter dem Einfluss irgend eines Traumas entweder mit nadelstichartigem,
heftigen Schmerz oder ohne Schmerzen, mit einem Gefühl von Schwere ein.
Die Anschwellung des Hodensackes infolge des Blutergusses kann in einzelnen
Fällen auf die benachbarte Leisten- und Oberschenkelgegend übergreifen, die
Spannung der Haut kann so stark werden, dass stellenweise Gangrän eintritt.
Die durch den Bluterguss entstandene Schwellung ist mehr oder weniger
scharf geschwulstähnlich umgrenzt. Bei konservativer Behandlung schwindet
sie gewöhnlich bis auf einen länglichen, knorpelharten, dem Samenstrange
entsprechenden Knoten; dieser kann lange Zeit bestehen bleiben.
Tusini (29). Fall von Lymphgefässvaricocele dnrch Filaria-Infektion:
Heilung nach Resektion des stark varicösen Plexus spermaticus. Im Samenstrang und in
den erweiterten Lymphräumen and Lymphgefässen wurden Eier der Filaria Bankrofti nach-
gewiesen, in einem Blutgefäss auch embryonale Formen der Filaria.
Nach D^Haenens (12) genügt bei der operativen Behandlung
der Varicocele die Resektion der varicösen Venen nur dann, wenn das
Skrotum nicht erschlafft ist; meist müssen gleichzeitig die erschlafften Hüllen
des Samenstrangs und Hodens reseziert werden. Sowohl nach alleiniger Re-
sektion der Venen als nach alleiniger, ausgiebiger Resektion der Skrotums
sah D'Haenens häufig Rezidive auftreten. Technik: Der Hode wird nach
oben in die Nähe des äusseren Leistenringes gedrängt; der übrigbleibende
untere Teil des Hodensackes durch eine gekrümmte Klemme in der Weise
abgeklemmt, dass die Raphe genau in der Mitte liegt, dar Hodensack wird
Mohr, Verletzangen und chirurg. Krankheiten der männlichen Grenitalien. 1051
hierauf reseziert, ebenso die erweiterten Venen ; exakte Blutstillung, Naht der
einzelnen Schichten des Hodensackes.
Das neue von Ruggi (24) zur Heilung der Varikocele erdachte Opera-
tionsTerfahren wird in vier Zeiten ausgeführt:
1. Inzision der Kutis von der Hodensackwurzel bis zum Grunde des-
selben.
2. Extraktion des mit dem Hängemuskel und der gemeinsamen Scheiden-
haut bekleideten Testikels aus der Dartoshöhlung.
3. Befestigen eines Catgutfadens Nr. 3 an der unteren Säule des Leisten-
kanals, da, wo jene sich an das Schambein ansetzt; alsdann legt er mit dem
nämlichen Faden längs des ganzen Innenrandes des abgerückten Samenstranges
bis zum Testikel eine nur den Kremaster, die Tunica vaginalis communis
und das Seitenblatt der Vaginalis propria interessierende Heftnaht an.
4. Verknüpfen der beiden Fadenenden, wodurch der Testikel hochge-
zogen wird und auf die Innenseite des schlingenförmig gewundenen Samen-
stranges zu liegen kommt. Durch diese Methode, die von den Patienten gut
vertragen wird und von leichter Anwendbarkeit ist, zeigt sich der Verf. aufs
höchste befriedigt. R. Giani.
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Aus Neuhaus (59) Versuchen über die Gefässversorgung des
Hodens und Nebenhodens ergab sich, dass die Art. spermat. int.,
nachdem sie sich in zwei Äste geteilt hat, mit diesen beiden Ästen direkt
in den Hoden geht und zwar an der dem Nebenhoden zugekehrten Seite in
der Mitte und am unteren Pole. Die Art. deferentialis versorgt den Neben-
hoden und sendet eine Anastomose zum Hoden. Aus diesem Verhalten der
Gefasse lässt sich kein Grund dafür ableiten, dass die Tuberkulose ge-
wöhnlich den Nebenhoden zunächst befallt.
Branca (10) kommt in seiner durch zahlreiche Abbildungen illustrierten
Studie über die interstitiellen Zellen des Hodens zu dem Resultat,
dass es sich um durch Aussehen und Lagerung gut charakterisierte Zellen
handelt, nämlich von epitheloider Form und in inselförmigeu Gruppen durch
die Substanz der Drüse angeordnet; sie haben die Bedeutung von hoch
differenzierten Bindegewebszellen und sind fähig, vielfache Produkte auszu-
scheiden und diese an den Organismus abzugeben, sind also mit glandulären
Zellen zu vergleichen. Ob sie an der Ernährung der Canaliculi seminiferi
teilnehmen, ist zweifelhaft, jedenfalls ist diese Funktion nur eine örtliche
und sekundäre, während ihre wahre Funktion darin besteht, auf den
Organismus eine Tätigkeit auszuüben, welche Brown-Sequard dem
ganzen Hoden zuschrieb; vermutlich halten sie die sekundären und tertiären
Geschlechtscharaktere unter ihrem Einfluss, rufen ihr Erscheinen hervor und
bewirken ihr Aufhören.
1054 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Auch Ancel und Bouin (2) unterscheiden beim Hoden zwei ver-
schiedene sezemierende Bestandteile: 1. Die Samendrüse, eingeschlossen
in den Tubuli seminiferi; 2. die interstitielle Drüse zwischen den
Tubuli; letztere allein übt durch innere Sekretion eine Wirkung auf den
Gesamtorganismus aus; ihr Fehlen oder Störungen ihrer Entwicklung bei
Kastrierten oder bei Menschen mit atrophischem, event. ektopischen Hoden
erklären allein die körperlichen Abweichungen bei solchen Individuen:
Feminismus, Infantilismus, Androgynismus, verspäteter Eintritt der Pubertät.
Tierversuche bestätigten diese Anschauungen.
Cruv eil hier (18) berichtet über einen Fall von Autospermato-
phagie bei einem 30jährigen Patienten, welcher wegen chronischer, ver-
mutlich tuberkulöser Hodenerkrankung operiert wurde. Im Präparat wurden
in den Samenkanälchen keine Spermatozoon gefunden, dagegen in dem sonst
normalen Nebenhoden Anzeichen einer spontanen Resorption von Spermatozoen
durch Leukozytenanhäufungen, bes. durch Makrophagen.
Philipps (62) Versuche an zwei Männern über den Einfluss der
Röntgenstrahlen auf die Funktion des Hodengewebes ergaben,
dass das Sperma zunächst noch lebende anscheinend normale Spermatozoen
zeigte; Nachuntersuchungen 6 — 7 Monate später zeigten jedoch bei vollkommen
erhaltener Potentia coeundi eine ebenso vollständige Azoospermie. Die Röntgen-
bestrahlung ist also eine ;,bequeme, schmerzlose und unschädliche Methode,
um den Mann zu sterilisieren^.
Posner (64) benutzt zur diagnostischen Hodenpunktion eine
Pravazspritze. Die Untersuchung des aspirierten Inhalts ermöglicht die
Diagnose, ob wirkliche Azoospermie besteht, oder ob Spermatozoen produziert
werden, jedoch infolge irgend eines mechanischen Hindernisses nicht abge
sondert werden können. Bei einem Patienten fand Posner, dass die
Spermatozoen schon im Hoden beweglich waren, also vor Hinzukommen des
Prostatasekrets.
GrouBsins (39) Fall von Atrophie beider Hoden nach einer heftigen
Quetschung betraf einen 24jährigen Fat., welcher sich im 16. Lebensjahre eine schwere
traumatische Orchitis mit Hämatocele am rechten Hoden mit späterer Atrophie desselben
zugezogen hatte; 5 Jahre später ereignete sich genau der gleiche Vorgang am anderen
Hoden. Zurzeit war der Befund folgender: Hodensack wenig entwickelt, rechts keine Spar
eines Hodens mehr zu fühlen, ebensowenig eines Nebenhodens oder Samenstraugs, links
nur geringe strangförmige Reste des Hodens und Nebenhodens ; dabei normale Erektionen,
dauernd Ejakulationen und erhaltene Föten tia coeundi. Nach einer Reihe von Einspritzungen
von Hodensaft schien links eine YergrösseruDg des Hodenrestes einzutreten, die jedoch
nach der 12. Einspritzung sistierte, also kein Dauererfolg. Der traumatische Ursprung dee
Leidens wurde in der Diskussion stark angezweifelt.
Kryptorchismus, Leistenhoden, Hodenektopie.
Matsuokas (56) Tierversuche über Gewebsveränderungen bei
verlagertem Hoden und Samenstrang ergaben: bei primärer sub-
kutaner Verlagerung des ganzen Hodens und einer nach Wochen erfolgenden
sekundären Unterbindung und Durchschneidung des Yas deferens und der
Gefasse ging das Hodengewebe in der Mehrzahl der Fälle auf dem Wege der
Nekrose zugrunde, jedoch blieben Rete testis, Ductus efferens, Ductus epidi-
dymis immer intakt.
Autefage und Aubertin (3) teilen den histologischen Befund
eines exstirpierten Bauchhodens mit. Es handelte sich um einen
Mohr, Verletzungen und chirarg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1055
26jährigen Patienten mit angeborenem Leistenbruch; in letzter Zeit öfters
koUkartige Leibschmerzen unter Vergrösserung des Bruchs; in der ent-
sprechenden Hälfte des Hodensackes und im sehr erweiterten Leistenkanal
keine Hode fühlbar. Während der Operation wurde beim Anziehen des
leeren Bnichsackes der hinter der Bauchwand gelegene Hode im Leistenkanal
sichtbar. Da infolge des sehr kurzen Samenstrangs es auch nach Lösung
aller fibröser Verwachsungen mit dem Bruchsack nicht gelang, den Hoden
tiefer herabzuziehen, ¥rurde er entfernt. Histologisch bestand eine sehr
ausgeprägte Sklerose der ganzen Drüse, Samenkanälchen mehr oder weniger
atrophisch, ohne Spermatozoen , interstitielle Zellen verschwunden, oder
wenigstens im gewucherten Bindegewebe nicht mehr zu unterscheiden; dem-
nach war der etwa taubeneigrosse Hode (wie stets in ähnlichen Fällen) für
die Funktion vollständig verloren.
Lanz (52) fand unter 750 19jährigen Rekruten 5 Monorchisten. In
einem Falle sah Lanz (entgegen der Angabe Curlings), dass bei einem
Kryptorchisten die beiden Hoden sich erst im Beginn der Pubertät
am vorderen Leistenringe zeigten und allmählich bis in den Skrotalhals
hinunterstiegen, allerdings von doppelseitiger Hernie gefolgt. In zwei Fällen
sah Lanz familiäres Vorkommen des Leidens. Fötale Peritonitis kommt
nach Lanz' 51 Operationsbefunden ätiologisch nicht in Betracht, wahr-
scheinlich ist die schon im makroskopischen Verbalten des Organs zum
Ausdruck kommende Entwicklungshemmung als solche auch der Grund
des unvollständigen Deszensus. Im 5. Teil der Fälle hat Lanz wegen aus-
gesprochenster Atrophie oder Unmöglichkeit gesicherter Verlagerung die ein-
seitige Kastration ausgeführt. Mikroskopische Befunde : nur in' einem einzigen
Falle, wo der Hoden sich schon makroskopisch der Norm näherte, konnte
Lanz aktive Spermatogenese nachweisen. Albuginea stets verdickt, Zwischen-
bindegewebe manchmal kaum, manchmal sehr stark vermehrt, die sogen,
interstitiellen Zellen blieben erhalten und waren in einem Falle stark ver-
mehrt, Epithel der Samenkanälchen ohne deutliche Differenzierung, in
einzelnen Präparaten Drüsenknäuel von ganz anderem Epithelbau wie die
umgebenden Tubuli, also Einsprengungen atypischer Drüsenepithelien, was im
Hinblick auf die Cohnheimsche Theorie der Entstehung bösartiger Ge-
schwülste die Neigung des ektopischen Hodens zu maligner Entartung er-
klären würde. In Lanz' sämtlichen Fallen war der Processus vaginalis in
ganzer Ausdehnung offen, meist bestand manifeste Hemienbildung. Klagen
sexueller Natur waren auffallig selten. Mehrfach wurde nach Entfernung
des ektopischen Hodens der andere im unmittelbaren Anschluss an die
Operation grösser. Trotzdem hält Lanz im Hinblick auf die erwähnten
atypischen Epithelwucherungen bei ausgesprochener Atrophie des einseitig
zurückgehaltenen Hodens die Kastration für das Normalverfahren. Bei Kindern
bis zu 10 Jahren operiert Lanz nur ausnahmsweise, empfiehlt vielmehr das
Ausstreichen des Leistenkanals mit allmählichem Herunterziehen des Hodens.
In 8 Fällen operierte Lanz mit ^extensio testis^: nach Dehnung des
Samenstrangs und des Skrotums wird der Hoden an einer ans Gubernakulum
gelegten Fadenschlinge heruntergeholt, diese durch ein Knopfloch im Grunde
des Hodensacks nach aussen geleitet und am Oberschenkel oder einem
zwischen den Oberschenkeln befestigten Querbalken fixiert. An Stelle des
Gubemakulums kann die Albuginea des unteren Pols in die Fadenschlinge
gelegt, und zu dieser zweckmässig ein elastisches Band verwendet werden.
1056 JahreBbericht für Chinirgie. IT. Teil.
Nach Katzenstein (48) können beim Kryptorchismus Fehler in der
Ausstülpung des Processus vaginalis als Ursache mitwirken, indem durch
Verzögerung dieser Peritonealausstülpung der Descensus gestört wird. Auch
scheint in einzelnen Fällen der Zustand als eine Art von Atavismus aufzu-
fassen zu sein, wofür mehrere Fälle Eatzensteins von familiärer Erkran-
kung sprechen. Die Ursache der mangelhaften Entwicklung des ektopiscben
Hodens ist in seiner abnormen Lage zu suchen; die gestörte Funktion des
ektopischen Hodens kann zu einer Zellvmcherung abnormer Art und damit
zu Neigung zu maliger Entartung führen. Die operative Behandlung des
unkomplizierten Leistenhodens soll erst zwischen dem 8.— 10. Jahre an die
Stelle der Massage treten, der mit Hernie einhergehende Leistenhoden muss
in jedem Lebensalter operiert werden. Katzenstein gibt sodann unter
Illustrierung der einzelnen Operationsphasen genaue technische Vorschriften
für seine eigene Operationsmethode (cf. frühere Jahresberichte) und teilt die
Krankengeschichten von 15 Operationen an 10 Individuen mit. 5 mal bestand
doppelseitiger Kryptorchismus. In allen Fällen lag p. o. der Hoden am
Grunde des Skrotums und hatte an Umfang zugenommen. Katzenstein
empfiehlt, grosse Verbände zu vermeiden, die Wunden nur mit Wismutbrei
oder einer Paste zu bedecken; eine Störung der Asepsis erlebte Katzen-
stein nie. Die Durchschneidung der Hautbrücke am Oberschenkel wurde
erst vorgenommen, wenn die zuerst bestehende starke Spannung des Samen-
strangs nachliess, nämlich nach der 3. Woche.
Zur Behandlung des Kryptorchismus empfiehlt Schäfer (67)
folgende von Witzel ausgearbeitete Methode, welche der Gefahr der Wund-
infektion durch sorgfältige Vorbereitung des Kranken und Vermeiden jedes
Operierens am Damm vorzubeugen sucht: mehrtägige Vorbereitung mit Voll-
bädern, Schmierseifensitzbädern und aseptischem trockenen Verbände am
Tage vor der Operation nach gründlicher Desinfektion. Der über dem Leisten-
kanal beginnende Schnitt eröffnet das Skrotum nur so weit als es nötig ist
um zum Septum scroti zu gelangen. Nach Versorgung der Hernie and
starker Dehnung des Samenstrangs wird durch einen kleinen Einschnitt im
Septum scroti der gesunde Hoden in die leere Skrotalhälfte herüberlaxiert,
beide Hoden durch feinste Nähte miteinander vereinigt und zusammen
wieder in die gesunde Hälfte zurückverlagert ; die Öffnung im Septum wird
soweit geschlossen, dass der Samenstrang nicht eingeschnürt wird. Dorch
die Schwere der beiden Hoden^ die Engigkeit des Lochs im Septum und die
Schlaffheit des überdehnten Samenstrangs wird der verlagerte Hoden in situ
erhalten. Bei doppelseitigem Kryptorchismus werden die beiden herabge-
holten Hoden ebenfalls vereinigt, der linke in die rechte und der rechte in
die linke Skrotalhälfte verlagert und zwischen ihnen das Septum möglichst
enge verschlossen.
Gersuny hat nach Hermann (44) in ähnlicher Weise in 4 Fällen
von beiderseitigem Leistenhoden mit gutem Erfolge operiert. Nach völliger
Auslösung des Samenstranges wird durch den Rest des Gubemaculum Hunteri
am unteren Pol des Hodens eine Fadenschlinge gelegt, deren Enden mit einer
Komzange oder gestielten Nadel am tiefsten Punkte des Septum scroti durch-
gestossen und mit den Enden einer gleichen, am anderen Hoden angelegten
Schlinge fest verknüpft werden ; event. werden die Enden der ersten Schlinge
auch direkt zur Naht des anderen Hodens verwendet. Hierauf wird die Ein-
gangsöffnung in die Tunica dartos verengert, die Aponeurose des M. obliquos
Mohr, Verletzongeii und chirarg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1057
extemns vereinigt; hierbei werden die Hüllen des Samenstranges mehrfach
mit in die Naht genommen.
Für einseitigen Kryptorchismos schlägt Gersuny vor, die durch das
Septnm scroti durchgeführte Schlinge auf der anderen Seite entweder an der
Tonica vaginalis testis oder der Aussenseite der Skrotalhaut zu fixieren.
Durch dieses Verfahren wird eine feste Brücke zwischen beiden Hoden
geschaffen, welche durch das Septum scroti und die Crura penis so gestützt
wird, dass die Hoden nicht zurückschlüpfen können.
Beck (6) operiert bei Retentio testis folgendermassen : Schnitt wie bei
der Hemiotomie nach Bassini, Mobilisierung des Hodens, welcher hierauf
in eine im Hodensack hergestellte Tasche hinuntergedrängt wird. Um ihn
hier festzuhalten» wird aus dem äusseren Rande des Leistenringes ein Apo-
neurosenlappen mit unterer Basis umschnitten, und so gedreht, dass er in
Fonn eines Halbmondes mit dem gegenüberliegenden Pfeiler vernäht werden
kann (4 Abbildungen der einzelnen Operationsakte). Auf diese Weise wird
der Hoden von dem so gebildeten Bande wie von einem Halstuch umgeben
und wie in einem Knopfloch zurückgehalten. Die Aponeurose wird dann
darüber vereinigt. Bei einem 18 jährigen Patienten mit Leistenhoden stand
derselbe 2 Wochen p. o. im Grunde des Hodensacks.
de Beule (8) hat die Nachteile der Katzensteinschen Operation
(onsichere Asepsis, mangelhafter ästhetischer Erfolg der Oberschenkelplastik)
durch folgendes Verfahren zu vermeiden gesucht: 7 jähr. Knabe mit Leisten-
hoden rechts; der herabgezogene Hoden wurde durch einen Schlitz an der
tiefsten Stelle des Skrotums nach aussen befördert; hierauf wurde an der
Innenseite des Oberschenkels ein senkrechter Hautschnitt angelegt, die Ränder
desselben bis auf die Aponeurose abpräpariert^ der Hoden in der Mitte der
Wnndfläche an den Oberschenkelmuskeln befestigt, und schliesslich wurden
die Rander des Hodensackschlitzes mit denen des Oberschenkels vernäht.
Gaze-Kollodiumverband. Pat. ging nach 10 Tagen umher, wobei der Hoden
bei jeder Oberschenkelbewegung herabgezogen und der Samenstrang allmäh«
lieh und schmerzlos gedehnt wurde. Nachdem nach 6 Wochen genügende
Dehnung erzielt war, wurde die Hautverbindung am kruralen Ende durch-
schnitten, der Hoden losgelöst, wieder in den Hodensack gelagert und beide
Hautwunden wieder vernäht. 5 Monate p. o. lag der Hoden tief unten im
gut entwickelten Skrotum.
Keetley (49) berichtet über 25 Fälle seines Operationsverfahrens bei
Kryptorchismns. Hautschnitt über dem äusseren Leistenring, ein zweiter
Schnitt im Grunde des Hodens, ein dritter in gleicher Höhe mit dem zweiten
am Innenrande des Oberschenkels. Nach Auslösung des Hodens und Samen-
stranges mit möglichster Erhaltung des Gubemakulum wird letzteres durch
die Skrotalöffnung durchgezogen und an die Fascia lata des Oberschenkels
entsprechend dem Oberschenkelschnitt vernäht. Skrotal- und Schenkelwunde
werden miteinander vernäht. Die Befestigung am Schenkel gelingt stets ohne
grössere Zerrung, selbst bei Bauchhoden. Der Kranke streckt den anfänglich
gebeugt gehaltenen Oberschenkel immer mehr und verlängert so langsam und
schmerzlos den Samenstrang. Lösung der Verbindung nach 5 Monaten; ein-
zelne Kranke verzichten überhaupt auf die Lostrennung. Der Hoden bleibt
gewöhnlich hoch oben im Skrotum liegen, und nimmt manchmal an Volumen
zu. In allen Fällen stets guter Erfolg.
Jahreilb«riebt fDr Obirnrgi« 1905. 67
1068 JahreBbericht f&r Chirurgie. II. Teil.
Tomaschewsky (77) hat mittelst seines nach Longard modifi-
zierten Verfahrens (siehe Bericht 1904) bisher sechs Fälle mit bestem Erfolge
operiert.
Roch er (66). 13 jähriger Knabe mit linksseitigem Leistenhoden. Nach Wiederher-
Btellung des Leistenkanals und Anheftung des Samenstrangs kontinuierliche elastische Ex-
tension nach Lanz, vorzügliches Resultat.
Imbert (47). Operation eines Falles nach einem dem Delbetschen ähnlichen Ver-
fahren: der herabgezogene Hoden wurde im Grunde des Hodenaackes durch einen dicken
Gatgutfaden fixiert, der die ganze Dicke des Skrotums durchsetzte, die Enden wurden aussen
auf der Haut geknüpft, das andere Ende an einem Punkte in der Mitte des Oberschenkels
fixiert. Gutes Resultat
Walker (79) berichtet über drei operierte Fälle von nicht herab-
gestiegenen Hoden mit gleichzeitiger Hernie; bei einem der
Kranken, einem 15jährigen Knaben, standen beide Hoden im Leistenkanal:
p. o. blieb der eine tief unten im Skrotum, der andere in der oberen Hälfte
desselben, beide entwickelten sich bedeutend. Dowd betont in der Dis-
kussion, dass die Enderfolge bezüglich der richtigen Lagerung des Hodens
je nach der Schwierigkeit, den Hoden herabzuziehen, sehr wechselnd sind;
das Haupthindernis liege nur in den Gefassen des Samenstranges. Coley
wartet bis zum 6. oder 7. Lebensjahr ab, ob nicht noch spontaner Descensns
erfolgt. Unter 57 Fällen von Bruchoperation^ kompliziert mit nicht herab-
gestiegenem Hoden, hatte er kein Bruchrezidiv.
Steinmann (72) fand in einem Falle von Leistenhoden bei einem
13 jährigen Knaben J3ei der Operation, dass der Hoden im Leistenkanal all-
seitig so fest verwachsen war, dass er sich trotz völliger Isolierung nicht
nach abwärts ziehen Hess. Daher wurde der der Grösse nach nicht be-
sonders atrophische Hoden samt dem weit offenen Processus vaginalis in die
Bauchhöhle zurückverlagert, hierauf Operation nach Bassini, vier Monate
später Erzeugung eines Paraffinhodens.
Dieses Verfahren ist in ähnlichen Fällen der Kastration vorzuziehen,
ebenso, wenn die Orchidopexie wegen der zu geringen Beweglichkeit des
Hodens keinen Erfolg verspricht.
Der in die Bauchhöhle zurückverlagerte Hoden ist hier vor Einklem-
mung und Entzündung am besten geschützt, auch schliesst diese Lage eine
normale Funktion des Hodens nicht aus, was vom Leistenhoden noch nicht
feststeht. Der Bauchhoden scheint femer weniger als der Leistenhoden zn
maligner Entartung zu neigen. Um psychischen Strömungen vorzubeugen,
empfiehlt Steinmann die sofortige Einsetzung einer Hodenprothese bei der
Operation selbst, wobei man den Kranken möglichst im Glauben lassen soll,
der künstliche Hoden sei der herabgeholte. Schliesslich gewährleistet die
Bauchhöhlenverlagerung bei gleichzeitiger Hernie am sichersten die dauernde
Heilung derselben.
Ducurtil (26). Einseitiger Eryptorchismus mit Hernie hei einem Sjfthr. Ensbeo.
Der Hoden erschien nach einigen Massagesitzungen am inneren Leistenring, nach 4 Tagen im
Leistenkanal und glitt schliesslich in den Hodensack hinah. Reposition der Hernie, Bracii-
band. 2 Jahre später: Hoden hat sich normal entwickelt, Bruch seit 8 Monaten nicht mehr
ausgetreten.
Marion (55). 86jährige «Frau* mit normalen äusseren Geschlechtsteilen, Scheide
endet blind, kein Uterus vorhanden. Im kleinen Becken eine harte, unverschiebliche, kinds-
kopfgrosse Geschwulst. Diagnose: Uterusmyom bei nicht perforierter Scheide. In der
rechten Leistengegend, am Rande der grossen Schamlippe eine seit der Geburt bestehende
taubeneigrosse Geschwulst, die als Fibrom des Lig. rotund. angesprochen wurde. Bei der
Operation wurde keine Spur von Uterus und Ovarien gefunden, die Geschwulst liess aich
Mohr, Verletzangen and chirarg. Krankheiten der männlichen Qenitallen. 1059
leicht ausschftlen and sass an einem Stiel, welcher sich seitlich an der Linea innominata
festsetzte. Die ebenfalls entfernte rechtsseitige Leistengeschwnlst hing an einem dicken,
samenstrangähnlichen, in den Leistenkanal eintretenden Stiel; die mikroskopische (Jnter-
sQchnng ergab, dass es sich am einen normalen Hoden handelte, dessen Sabstanz nicht
ilrophisch war, jedoch keine Zeichen physiologischer Tätigkeit zeigte. Bei der Bauchge-
schwillst handelte es sich um einen Bandihoden, der karzinomatds entartet war.
Torsion des Hodens und Samenstrangs.
Dowdens (25) Arbeit über rezidivierende Torsion des Samen-
stranges liegen fünf eigene Fälle und fünf ähnliche Beobachtungen anderer
Autoren zu Grunde. Sechsmal lag der Hoden an normaler Stelle. Es treten
mehr oder weniger häufige und akute Anfalle in der Weise auf, dass plötz-
lich die Hoden schmerzen und anschwellen, oft unter Kollaps, Erbrechen,
Schweissausbruch etc. Diese in wenigen Stunden sich entwickelnden Sym-
ptome pflegen ebenso schnell wieder zurückzugehen, die Hodenschwellung ist
gewöhnlich innerhalb 24 Stunden wieder verschwunden.
Derartige Anfälle können sich jahrelang wiederholen. Differentialdia-
gnostisch kommen in Betracht: akute Hoden- und Nebenhodenentzündung,
eingeklemmter Bruch, hämorrhagischer Hodeninfarkt, Embolie der Spermatica,
Appendizitis im Bruchsack. Die Richtung der Torsion geht in fast allen
Fällen von aussen nach innen.
Behandlung im Anfall: Möglichst bald Versuch, manuell die Torsion
aufzuheben; gelingt das nicht, dann sofortige blutige Detorsion und Orchido-
pexie. Im freien Intervall sollte der Hoden fixiert werden, indem die parie-
tale Tunica vaginalis entfernt und der Hoden mit der Innenfläche der Tunica
dartos vernäht wird. In fünf so operierten Fällen trat kein Rückfall ein.
Bogdanik (9) stellt im Anschluss an einen eigenen operierten Fall
50 Literaturfalle zusammen. Die Torsion kommt am häufigsten im Alter von
13—30 Jahren vor, jedoch betraf sie in einem Falle ein neugeborenes Kind
in einem anderen einen 70jährigen Greis. Als Gelegenheitsursache wird in
vielen Fällen eine starke Körperbewegung oder Erschütterung erwähnt. Nur
viermal wurde die Torsion diagnostiziert, zehnmal vermutet, meist wurde
Brucheinklemmung angenommen. In 70 ^/o der Fälle wurde kastriert, in den
übrigen kam es wohl stets zu Hodenatrophie. Während nach Ablauf eines
Tages die meisten Autoren die Kastration empfehlen, ist Bogdanik für
Erhaltung des Hodens, wenn er sich nach der Detorsion heller färbt, obwohl
in der Regel trotzdem Atrophie eintritt; denn selbst ein atrophischer Hoden
ist besser als gar keiner, zumal wenn, wie inBogdaniks Falle, der andere
Hoden fehlt.
SonligoQx (69). 29 jähriger Fat. Plötzlicher Beginn ohne ersichtliche Ursache mit
schmerzhafter Anschwellang des normal gelagerten 1. Hodens, 5 Tage später Kontraktur
der Bauchdecken in der 1. Darmbeingrobe, Beogekontraktur des 1. Oberschenkels; bei der
Operation zeigte sich eine intravaginale Drehung des Samenstrangs um 180 ^ Hoden wird
wegen der yorhandenen schweren Zirkulationsstörungen entfernt. Heilung.
Leguea fägt dieser Beobachtung einen der sehr seltenen Fälle von extravagi-
naler Torsion (Drehung des Samenstrangs und des Hodens mitsamt den Hüllen) hinzu:
13 jähriger Knabe» rechte Skrotalbälfte leer, im Niveau des äusseren Leistenrings eine runde,
schmerzhafte, nnssgrosse Geschwulst. Nach Freilegung erwies sich diese als weisser Hoden
mit schwarz verfärbtem Nebenhoden mit Torsion. Heilung ohne Kastration.
Kling er (50). 17 jähriger Fat Beginn der schmerzhaften Schwellung des einen
(normal gelagerten Hodens) vor 8 Tagen ohne besondere Ursache. Diagnose: Abszess des
Hodens infolge Traumas, bezw. körperlicher Anstrengung. Operationsbefund : Hoden nekro-
tisch, Samenstrang Vs cm entfernt vom Kopfe des Nebenhodens um 360° gedreht. Die
67*
lOCK) JahreBbericht für Chirurgie. II. Teil.
TorBionsBtelle entsprach der Lage nach der Einmflndangsöffnang in den Hodenaack.
Kastration.
Kling er glaubt, dass die Hauptursache der Torsion in der Wirkung
der Bauchpresse liegt; die einseitige Fixierung, von der eine Drehung aus-
gehen muss, kann bei der Bauchpresse dadurch bewerkstelligt werden, dass
bei ihrer Wirkung der Leistenkanal stark verengert wird, und der Samen-
strang seine Beweglichkeit verliert. Die hierdurch gleichzeitig hervorgerufene
Stauung in den Venen des Samenstranges könnte zu einer Streckung, Drehung
und Überdrehung des ganzen Samenstrangs und Hodens führen.
Landau (51) kritisiert diesen von Klinger angenommenen Entste-
hungsmechanismus. Bei Anspannung der Bauchpresse tritt keine Verenge-
rung des Leistenkanals ein; die Überdrehung des Samenstrangs kann freilich
mittelbar durch die Bauchpresse verschuldet sein, da die Kremasterfasem
mit ihren Stammmuskeln als physiologische Einheit zu gleicher Zeit arbeiten.
Bei guter Entwickelung dieser Muskeln und günstigem Zusammentreffen ver-
schiedener anderer Zufälle mag so wohl auch einmal eine Torsion zu stände
kommen.
Alexandres (1) Fall von Hodeninfarkt lag vermatlich eine Torsion zugrunde:
16 jähriger Fat. mit sehr beweglichem Leiatenhoden, plötzliche heftige Schmerzen und An-
schwellung desselben, Entfernung des Hodens nach 14 Tagen; er ist von di£fusen Blutungen
durchsetzt, zwischen ihm und dem Kopfe des Nebenhodens ein keilförmiger Infarkt.
Urogenital- speziell Hoden- und Nebenhodentuberkulose.
Bei V. Baum gar tens (5) neuesten Experimenten wurden Harnleiter
und Vas deferens mit tuberkelbazillenhaltigen Fäden unterbunden. Im Ureter
trat aufsteigend tuberkulöse Ureteritis, Pyelitis und Pyelonephritis auf, im
Vas deferens pflanzte sich der Prozess nur auf eine kurze Strecke fort, ob-
wohl in beiden Ausfiihrungsgängen das Sekret absolut gestaut war. In der
Diskussion erwähnte Orth 2 Fälle von schwerer Urogenitaltuberkulose ohne
Hodentuberkulose; vielleicht war das Vas deferens durch Käsemassen ver-
schlossen.
Bei Esmonets (31) Versuchen an Hunden wurden Injektionen
von Tuberkelbazillen in das Hodenparenchym und in die Arteria spermatica
mit positivem Resultat gemacht. Dagegen erzeugten Injektionen in die Venen
und das Vas deferens keine Hodentuberkulose; die Hoden blieben immer
gesund, auch wenn sie noch durch ein Trauma geschädigt wurden; auch eine
allgemeine Tuberkulose entstand nicht. In den Fällen mit positivem Resul-
tat wurden therapeutische Einspritzungen von Naphthol und Tuberkulin in
die Art. spermatica mit gutem Erfolge angewendet.
Taubert (76) beschreibt einen Fall von vollkommener Latenz
einer ungewöhnlich vorgeschrittenen Urogenitaltuberkulose:
anamnestisch keine erbliche Belastung, seit einiger Zeit leichte Blasenstörungen
bei sonst vollkommenem Wohlbefinden, jetzt akute Erkrankung mit Blasen-
schmerzen, Bluthamen, im Urin kein Eiter, keine Tuberkelbazillen, auch
sonst keine klinischen Anhaltspunkte für Tuberkulose. Unter Erscheinungen
von Allgemeininfektion starb Pat. drei Wochen nach Beginn der akuten Er-
krankung. Im Gegensatz zu diesem klinischen Verlauf ergab die Sektion
eine vorgeschrittene Tuberkulose der linken Niere, des linken Nierenbeckens
und Harnleiters bis zur Blase; der Harnleiter war mit eingedickten Käse-
massen angefüllt, Blasenschleimhaut mit häutig -käsigen Auflagerungen be-
Mohr, Verletzimgen und cbirarg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1061
deckt, Prostata ebenfalls erkrankt. Der Fall lehrt von nenem, dass Cysto-
skopie und Ureterenkatheterismus für die klinische Diagnostik unter Umständen
als unentbehrliche Hilfsmittel angesehen werden müssen.
Broca (11) sah einen 5jährigen Knaben mit vorhergehender, jetzt an-
scheinend in Ausheilung begriffener tuberkulöser Peritonitis ; der offen geblie-
bene Processus vaginalis war ebenfalls tuberkulös erkrankt, ebenso Hoden,
Nebenhoden und Samenstrang.
Broca betont zunächst die Möglichkeit einer Verwechselung der soge-
nannten Orchite par effort oder einer Hernie mit der Nebenhodentuberkulose,
da diese bei Kindern nicht selten sehr akut auftritt. Er hebt ferner die
guten Aussichten für die Heilung der Genitaltuberkulose des Kindesalters bei
rein konservativer Behandlung hervor. Die Peritonitis tuberculosa kann in
Fällen wie dem obigen das primäre sein; denn bei Bruchoperationen kleiner
Kinder findet man hier und da einen verdickten, vaskularisierten, in Aus-
heilung begriffenen oder ausgeheilten tuberkulösen Hemiensack, während das
Peritoneum bereits wieder ganz normal geworden ist. Solche Fälle werden
vor der Operation mit Netzbrüchen verwechselt. Bei anderen Kranken, und
so auch nach dem klinischen Verlaufe im obigen Falle, ist der ursprüngliche
tuberkulöse Herd in den Genitalien zu suchen; durch Kontinuitätsinfektion
geht die Tuberkulose auf den Processus vaginalis und von. hier auf das
Bauchfell über. Der frei mit dem Processus vaginalis in Verbindung stehende
Aszites fuhrt, wie auch in obigem Falle, wiederum zu einer Ausweitung des
Processus, einer Hydrocele communicans.
Filliatres Fall (82) zeigt deutlich die Art der Aashreitong der Genitaltuberkulose :
zunächst nnsagrosse Verhärtung am Kopf des linken Nebenhodens, sei 2 Monaten be-
stehend; 8 Tage später an Stelle der Verhärtung eine Erweichung mit Durchbruch nach
aussen, der flbrige TeU des Nebenhodens hart und geschwollen, rechts nussgrosse Ver-
härtung und Verdickung am Kopfe des Nebenhodens. 2 Tage später links Kastration, wobei
der Körper und Schwanz des rechten Nebenhodens gesund erscheint, daher nur Resektion
des erkrankten Kopfes des rechten Nebenhodens; 2 Monate später jedoch der ganze rechte
Nebenhoden erkrankt, Fistelbildung, Hoden und Samenstrang anscheinend intakt Grenaue
Mitteilung des histologischen Befundes.
Filliatre (33) beschreibt femer einen Fall von isolierter Tuberkulose des
Vas deferens. Bei dem 20jährigen Fat. lag am Übergang des Skrotums in den Damm
rechts einige cm von der Mittellinie entfernt eine harte, nussgrosse, Aber der Haut sehr
bewegliche eiförmige Geschwulst, welche dem Vas deferens anzugehören schien und im
Laufe von 8 Monaten entstanden war; sonstiges Genitale gesund. Einige Wochen später
war die Geschwulst erweicht, jedoch waren 2 weitere erbsengrosse Knötchen aufgetreten.
Bei der Operation schien der freigelegte Hoden und Nebenhoden gesund zu sein, der Samen-
sträng wurde vom Nebenhodenschwanz bis zum äusseren Leistenring entfernt. Diagnose
histologisch bestätigt.
Behandlung der Genitaltuberkulose.
Ullmann (78) teilt drei Fälle von Hodentuberkulose mit, welche
durch Biersche Stauung wesentlich gebessert wurden. Das ela-
stische, etwa um 4 cm breite Gummiband wurde entweder um das gesamte
äussere Genitale, oder nur um den erkrankten Teil gelegt, jeden Tag oder
einen über den anderen V« — 1 Stunde. Am beweisendsten ist Fall 3, wo bei
fast täglicher Stauung von 30— 75 Minuten Dauer innerhalb von vier Wochen
die gänseeigrosse Hodengeschwulst sich in einen haselnussgrossen, scharf um-
schriebenen, ziemlich derben und schmerzhaften Knoten umwandelte. Ull-
mann will die Sitzungsdauer in weiteren Fällen auf 2 — 3 Stunden ausdehnen.
KXK) Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
ToreioDssteile entsprach der Lage nach der Einmandangsdffv- ^ /^ -x i
Kastration. ^ / ^^» Genitales an-
Elinger glaubt, dass die Hauptursache dev /^
der Bauchpresse liegt; die einseitige Fixierung, . / (38) auf dem inter-
gehen muss, kann bei der Bauchpresse dadurr' / Penieres, dass das
bei ihrer Wirkung der Leistenkanal stark aberhaupt ausgeschaltet
Strang seine Beweglichkeit verliert. Die hi' . .phorbiiim hervorragende
StauuDg in den Venen des Samenstranges ' ' ol^n© blutige Operationen
und Überdrehung des ganzen Samenstr . ^- Djalil Khan empfiehlt
Landau (51) kritisiert dieser / . .veichung besteht, parenchyma-
hungsmechanismus. Bei Anspannu^ • ' ^dchlorür etc. bei allen auderen
rung des Leistenkanals ein; die t' . -
mittelbar durch die Bauchpr . isherigen Erfolge bei der Resektion
mit ihren Stammmuskeln als - ^^^ anstatt der Kastration, nicht
Bei guter Entwickelung die' ^^*^. ^*^^ Lanz wenigstens in jedem der-
schiedener anderer Zufälk ^» um ihn genau besichtigen zu können. Selbst
kommen. ^.ikroskopisch normal aussieht, fragt es sich jedoch,
Alexandres (1) ' ^/irt)skopisch Tuberkulose nachgewiesen werden kann.
16jfthriger Fat. mit seb ^^^^chichten von acht operierten Fällen mit, bei denen
Schwellung desselben, ^^ nntersuchte. Der Nebenhoden wird hiemach stets
durchsetzt, zwischer >^^^rkulose durchsetzt und die Veränderungen sind stets
/^ Jiiener als am Hoden; es kommt inzwischen zu einer starken
ürogeni' ;>7^^rstitiellen Bindegewebes im Corpus Highmori und den
Bei .;^ /irtien des Hodens, sodann zu starker Verdickung der Albn-
und Vas ^'^^^ ^'"^ bereits tuberkulöse Herde zu bemerken und eine von
trat V %-''% «flsgö''®°*^® ^^^ ^^^ ^®'' Peripherie des Hodens zu abnehmende
Vas äfl^^ ^n 10'^'*^®° Tuberkeln, vermutlich interkanalikulär auf dem Lymph-
wo^ ^^L ^^*"^ ^ ®^^' nicht, auch unter den makroskopisch völlig intakten
D' ^* /flöß einzigen zu finden, der bei vorhandener Nebenhodentuberkulose
T fo^^^^ ynberkeln gewesen wäre. Es bleiben denmach, wenn man bei Neben-
(r^^ ^flfterkfllosß nur den Nebenhoden entfernt, mit grösster Wahrscheinlich-
^^flberkulöse Herde im Hoden zurück. Daher sind auch die Versuche,
^^\ Resektion des tuberkulösen Nebenhodens eine Anastomose zwischen
^^ßjilcanälchen und Vas deferens herzustellen, verfehlt und sogar gefährlich,
f bei Gelingen der Anastomose tuberkulöse Elemente dem Samen beigemengt
gfden und zu Infektion der den Samen ableitenden Wege sowie der Pro-
gtata führen können.
Haynes (42) führte bei einem Kranken, dem früher der eine Hoden
wegen Tuberkulose entfernt worden war, und der später, nach seiner Ver-
heiratung, an Tuberkulose im Schwanz des anderen Nebenhodens erkrankte,
folgende Operation aus: nach örtlicher Anästhesierang des Hodensackes und
des freigelegten Samenstranges wurde das isolierte Vas deferens gegenüber
dem Globus major durchtrennt, und die erkrankten Teile des Nebenhodens
reseziert. Ein Einschnitt in die Albuginea des Hodens zeigte eine anschei-
nend normale Hodensubstanz, daher Inzision des Globus major und Einpflan-
zung des oberen Endes des Samenstranges in die Öffnung. Nach dem weiteren
Verlauf war die Anastomose für Spermatozoon anscheinend nicht durch-
gängig.
Verf. tritt bei frühzeitig zur Behandlung kommenden Fällen für teil-
weise oder völlige Resektion des Nebenhodens mit hoher Resektion des Vas
deferens und eventuell mit obiger Anastomosenbildung ein; denn die
Verletzungen und chirurg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1063
nknng auf den zurückgelassenen Hoden, Prostata und
in einer grossen Anzahl von Fällen niemals beobachtet,
^ ^enen der Nebenhoden nach früherer Kastration auf
%^ wurde, ebenso, wenn beide Nebenhoden reseziert
■^ ^ . Fähigkeit erhalten.
*>.. -- >-
%.*.
\ ^ *en kommt Strandgaard (75) auf Grund
^ , Fällen von Tuberkulose des Neben-
^ ^rbreitete sich nicht nach Entfernung
•-
^. _ ^^ It * .jt ebenso gute Garantie für dauernde
'. . ""^^ ,virkt weniger verstümmelnd, indem Patient
«« männlichen Habitus behält. Der kranke Neben-
int werden. Wichtig ist, dass das zentrale Ende
aar oberen Wundecke fixiert wird.
^«4) führte bei einem 35jährigen Manne mit doppelseitiger,
.aentuberkulose die doppelseitigeKastration mit möglichst
widerseitiger Resektion der Vasa deferentia durch die weit eröffneten
..:>tenkanäle aus; durch diese konnten die vergrösserten und knotigen Samen-
kanälchen gefühlt werden, die jedoch nicht entfernt wurden. Vier Jahre
p. o. kein Rezidiv , beträchtliche Besserung des Allgemeinbefindens, absolut
keine psychischen Störungen. Nach Stewart ist in derartigen Fällen die
frühzeitige doppelte Kastration gerechtfertigt und notwendig.
Hoden- und Nebenhodenentzündungen.
H eiber (43) beobachtete bei einer Mumpsepidemie ausser anderen
schweren Komplikationen auch solche an den Hoden. Die Orchitis epi-
demica trat mehrfach auch ohne gleichzeitiges Befallensein der Parotis auf,
sie war stets einseitig, Nebenhoden und Skrotalhaut können miterkrankt sein,
im allgemeinen kommt es nicht zur Eiterung. Bei den Nachuntersuchungen,
einige Monate später, fiel auf, dass bei sämtlichen Kranken eine Ho den -
atrophie eingetreten war, vermutlich durch bindegewebige Induration mit
Schwund des Drüsengewebes. Der übrige Genitalapparat war in allen Fällen
ganz normal.
Broca (12) erörtert die Beziehungen der Orchitis zur Peri-
tonitis, ausgehend von einer Beobachtung Descarpentiers, bei welcher
schwere, jedoch vorübergehende Abdominalerscheinungen durch Orchitis eines
ektopischen Hodens hervorgerufen wurden und zu einer Laparotomie unter
Annahme einer Appendizitis geführt hatten.
Man sollte, wenn der Hodensack auf einer oder auf beiden Seiten leer
ist, bei entzündlichen Abdominalerscheinungen immer auch an eine Orchitis
eines Bauchhodens denken, da bei den engen Beziehungen des ektopischen
Hodens zum Bauchfell (Processus vaginalis gewöhnlich offen) letzteres sehr
leicht ergriffen wird. Bei offenem Prozessus findet man ähnliche entzündliche
Erscheinungen am Bauchfell auch bei normal gelegenem oder Leistenhoden;
unter diesen Umständen können schwere, selbst tödliche Peritonitiden nach
gonorrhoischer Orchitis auftreten.
Oppenheim und Löws (60) Experimente über die Pathogenese
der gonorrhoischen Epididymitis führten zu dem Schluss, dass die Ver-
schleppung der Tripperkeime von der hinteren Harnröhre in den Nebenhoden
hauptsächlich durch eine antiperistaltische Bewegung des Vas deferens zu-
1064 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Stande koixtmt. Diese Bewegung, welche bei der Ejakulation nonnalerwei&e
eintritt, konnte experimentell durch Reizung des Caput gallinaginis hervor-
gerufen werden. Auch tritt sie bei allen jenen Momenten ein, welche eine
Nebenhodenentzündung herbeiführen können.
Cun^os (19) Studie über die histologischen Veränderungen
bei einer gonorrhoischen Nebenhodenentzündung wurde an einem
Nebenhoden angestellt, der wegen rezidivierender Entzündung auf Wunsch
des Kranken entfernt worden war. In der Hauptsache ergaben sich inter*
stitielle Veränderungen, vorwiegend um die Lymphgefässe herum. Auffallend
war, dass am Vas deferens Veränderungen fast vollkommen fehlten. Die
Entstehung der Epididymitis gonorrhoica erfolgt wahrscheinlich durch Ver-
mittelung der Lymphwege unter Freibleiben der Vas deferens.
V. Stabel (71) fand unter 900 Fällen gonorrhoischer Epididymitis,
welche in der Berliner Universitätsklinik für Haut- und Geschlechtskrank-
heiten bebandelt wurden, nur zwei, ip denen es zu Vereiterung mit
grösseren Abszessen gekommen war. Im Eiter des durch Inzision er-
öffneten Abszesses am unteren Pol des Nebenhodens wurden im ersten Falle
Gonokokken nachgewiesen, und zwar nur Gonokokken. Im zweiten Falle ge-
lang der Gonokokkennachweis im Ausstrichpräparat nicht, der Eiter war
mikroskopisch steril. Im übrigen war der Verlauf der Erkrankung bei beiden
Patienten der gewöhnliche. Der Übergang der gonorrhoischen Nebenhoden-
entzündung in Vereiterung ist häufiger, als auf Grund fühlbarer Fluktuation
diagnostiziert werden kann, und ist wohl als Folge einer stärkeren Virulenz
der Keime oder einer grösseren Prädisposition im Verein mit der Einwirkung
äusserer Schädigungen anzusehen,
Busohke (14). Hodengangrftn bei Gonorrhöe. Im AnBchlius an eine nicht
besonders bOsartige Gonorrhöe mit gutartiger Nebenhodenentzfindang bei einem krftftigeD
Manne trat ganz allm&hlich Hodennekrose mit Abszessbildnng und schliesslich völlige Z«r-
Störung des Hodens ein. Bacterium coli-ähnlicbe Mikroben schienen die Erreger za sein.
16 LiteraturfftUe ; in einigen derselben schienen Traumen prädisponierend gewirkt zu babeo.
Dalous (21) beschreibt sehr ausführlich den makroskopischen, histo-
logischen und bakteriologischen Befund einer Hoden Vereiterung im An-
schluss an häufiges Katheterisieren bei einem Prostatiker. Der
mit zahlreichen Abszessen durchsetzte Hoden wurde entfernt. Die ersten
histologischen Erscheinungen der Entzündung zeigten sich in der unmittel-
baren Nachbarschaft der Wandung einiger Samenkanälchen und in Form von
Inseln im Bindegewebe; die Samenkanalwandung wird hierauf durchbrochen,
die Epithelauskleidung durch die Eiterung zerstört, welche sich kontinuierlich
von einem Kanälchen zum anderen ausbreitet. Die einzelnen so entstehenden
Abszesse können zusammenfliessen, das Bindegewebe ist stark ödematös. Die
Infektion erfolgt in derartigen Fällen wohl stets von der Harnröhre ans,
jedoch auf verschiedenen Wegen. In vorliegendem Falle handelte es sich
vermutlich um eine phlegmonöse Lymphangitis, da die interstitiellen Verände-
rungen im Nebenhoden vorherrschten, dagegen im Hoden mehr die juxta-
kanalikulären. Die zunächst in den Nebenhoden auf dem Lymphwege ein-
gedrungenen Keime gelangten dann weiter auf der Lymphbahn in die un-
mittelbare Nachbarschaft der Samenkanälchen. Dalous sah auch bei gonor-
rhoischen und tuberkulösen Nebenhodenentzündungen stets die Lymphangitis
zugleich mit den Veränderungen an den Samenkanälchen.
Filii atre (33). 35 jähriger Mann, vor 14 Jahren Ln es, seit 8 Monaten Schwellnog
dea linken HodenB» später Verwachsung an einer Stelle mit dem Hodensack, Erweichoog,
Mohr, Yerletzangen und chimrg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1065
Rdlnng, Dnrchbrneh and Fistelbildniig. Zarzeit Hoden nm das 3— 4fache Yergrössert and
yerhärtet, ebenso Samenstrang. Kastration. Mikroskopischer Befund: Hodenlaes,
sklerotisches, Yon Gommiknoten durchsetztes Organ. Qenane Mitteilang des histologischen
Befondes.
Hoden geBchwüIste.
Sternbergs (73) Erörterungen über das Chorionepitheliom des
Hodens basieren auf einem Fall von perithelialem Sarkom (Hämatoangioendo-
theliom) des Hodens mit „chorionepitheliomartigen^ Wucherungen. Nach
Sternberg sind diese Geschwülste mit dem Chorionepitheliom des Weibes
histologisch nicht übereinstimmend, vielmehr gehen sie von Gefässwandzellen
oder einem derartigen Keimgewebe aus; sie kommen teils in Teratomen zur
Entwickelung, teils selbständig in gewissen Organen (Keimdrüse, vielleicht
auch Gebärmutter); durch Proliferation des Gefässendothels entstehen eigen-
tümliche Kiesenzellen und syncytiale Gebilde, welche Gefassanlagen darstellen.
Emanuel (29). Hodenteratom mit chorionepitheliom-ähn-
lichen Wucherungen und ausgedehnten Blutungen. Daneben fanden sich
in der Geschwulst krebsige, drüsenschlauchähnliche Wucherungen. Zwischen
beiden Zellarten, den krebsigen und chorionepitheliomatösen waren deutliche
Übei^änge nachweisbar; beide stammen nach Verf. von demselben Mutter-
boden ab, nämlich dem für gewöhnlich in den Teratomen vertretenen fötalen
Ektoderm.
Ghevassas (15) 30jfthrigem Pat. warde eine seit 3 Monaten bestehende Geschwalst
des linken Hodens entfernt; sie war faastgross und sah frisch aaf dem Durchschnitt wie
ein grosses Blatgerinnsel aus. Histologisch zeigte die Schicht anter der Albaginea atrophische
Samenkan&lchen , dann folgten mit Blut gefüllte Höhlen, deren Wandang mit einer Lage
▼on Zellen verschiedenen Charakters ausgekleidet war; danmter erinnerten grosse, viel-
kernige Zellen an den Bau des Chorions. Es handelte sich also am ein Chorionepitheliom
des Hodens.
Dillmann (23). Fall von Chorionepitheliom beim Manne. Die Hodenge-
schwülst zeigte diffuse Bindegewebswucberung und Zysten mit epithelialer Auskleidung von
zylindrischer und kubischer Form, mit Langhan eschen Zellen und Andentungen von
Synzytien; femer fanden sich ausgegrftgt adenokarzinomatöse Stellen mit Wucherung der
grossen Zwischenzellon des Hoden. Ähnlichen Bau zeigten die Metastasen.
Müller (58) teilt die Krankengeschichte eines zweijährigen Kindes mit,
welchem der eine Hoden wegen Embryoms (sogen. Dermoid) entfernt
wurde. Es handelte sich um eine Plattenepithelzyste, in deren Lumen ein
zottiger, mit Haut und Haaren bedeckter Wulst vorsprang. In der Geschwulst-
kapsel fanden sich überall Reste von Hodengewebe, die Geschwulst war dem-
nach, wie immer in solchen Fällen, intratestikulär entstanden. Die Hoden-
embryome entstehen meist im Kindesalter und entarten nie bösartig, während
die viel häufigeren embryoiden Hodentumoren (Teratome, Kystoide, Mischge-
schwülste) meist bei Erwachsenen auftreten und nach Traumen oft rascher
wachsen sowie sarkomatös entarten.
Röchet (65) beschreibt ein Teratom des Hodens, welches sich histologisch als
Fibrosarkom mit Inseln von Karzinom erwies.
Wyeths (80) Fall von doppelseitigem Sarkom der kryptorchischen
Hoden betraf einen 80 jährigen Mann, welchem beiderseits Geschwülste entfernt wurden,
welche von nicht herabgestiegenen Hoden ausgingen; auf der einen Seite lag Bauchhoden
vor, auf der anderen lag der Hoden im Leistenkaoal. Mikroskopischer Befund: beiderseits
grosszelliges Rundzellensarkom mit wenig Bindegewebe.
Lecdne (58): 80 jähriger Pat. Vor 4 Monaten plötzlicher Schmerz im rechten Hoden
and Anschwellung in den nächsten 8 Tagen. Jetzt gänseeigrosse, gleichmässige, sehr
schmerzhafte VergrOsserung, Kastration. Histologischer Befund: bösartige Mischge-
Bchwnlst, stellenweise Sarkom, stellenweise mit wucherndem Zylinderepithel ausge-
1066 Jahresberickt fttr Chirurgie. IL Teil.
kleidete Höhlangen. Trotz der bedeutenden Maiignität dieser GeBchwnlBfcform nodi nach
4Vs Jahren kein Rezidiv.
Gornils (17) Fall war eine Hodengeschwulst von bedeutendem Umfang mit eystiseheii
und knorpeligen Stellen; es handelte sich um ein Chon drokystom des Hodens, gefolgt
von Epitheliom mit Ausbreitung auf den Samenstrang und die Tunica vaginalis. Mikro-
skopisch wurde ferner ein Einschluss von der Capsula suprarenalis in die Wand der Tnniea
vag. in Höhe des Nebenhodenkopfes festgestellt.
Foulerton (35). Die seltenen Fälle von Zylinderepithel krebs des Hodens,
welche häufig fälschlich als Adenosarkome, Chondrosarkome etc. beschrieben werden, werden
von Foulerton durch folgende Beobachtung vermehrt: Bei dem 58 jährigen Fat. ent-
wickelte sich im Laufe von 8 Monaten eine schmerzhafte Geschwulst des Hodens, nach
deren Entfernung kurz darauf Erscheinungen von Metastasen in der Bauchhöhle sich ent^
wickelten. Der erhaltene Hodenrest bestand in einer mit kolloidem Inhalt gefüllten Zyste,
deren Wandung Reste von Samenkanälchen enthielt. Die Geschwulst selbst zeigte histo-
logisch stellenweise adenomatösen und adenokarzinomatösen Bau mit Zylinderepithel, an
anderen Stellen solide Zellnester und Zellzdge mit polyedrischen Zellen. Der Ausgangspunkt
in diesem Falle und in ähnlichen ist vermutlich das liete testis.
Eisendrahts (28) Fat erkrankte unter den Erscheinungen eines eingeklemmten
Bruches; bei der Operation fand sich eine Torsion des Samenstrangs bei nicht herabge-
stiegenem, stark vergrösserten Hoden; dieser war nach dem histologischen Befunde in eine
anscheinend nicht bösartige Mischgeschwust entartet. Jedoch traten ein Jahr
später starke Schmerzen im 1. Hüftgelenk auf, nächtliche Temperatarsteigerungen and all-
mähliche YerkQrzung des Beins. Im Röntgenbild zeigte sich, dass der Schenkelkopf zer-
stört war. In dem eröffneten Gelenk wurde eine traubenförmige Geschwulstmasse gefunden,
welche mikroskopisch den gleichen Bau wie die Primärgeschwulst des Hodens zeigte.
Operationen am Hoden und Samenstrang, Technisches.
Picqu6 (63) erörtert die Anzeigen zur Einlegung einer Hodenpro-
these nach der Kastration, um psychischen Störungen Torzubeugen.
Verlangt der Patient selbst keine Prothese, so ist die Anlegung tiberflässig
und unwirksam, da es Menschen gibt, für welche das Gefühl der Geschlecht-
lichkeit nicht existiert ; verlangt dagegen der Kastrierte eine Prothese, so ist
von einer solchen bei angeborenem Fehlen eines Hodens oder Kryptor-
chismus (besonders beiderseitigem) mit psychischen Störungen eine günstige
Wirkung zu erwarten. Nach einer Kastration ist es schwierig, die Anzeigen
für Schaffung einer Prothese zu bestimmen. Picqnö führt z.B. ausführlich
den Fall eines Mannes an, welchen nach Entfernung des einen Hodens auf
seinen eigenen Wunsch von Chaput ein Kautschukhoden eingelegt wurde:
nach Jahren entwickelte sich ein schwerer melancholischer Zustand, in welchem
der Pat.. die Wiederentfernung des künstlichen Hodens von Picque dringend
erbat, was dieser auch tat. Bei einem zweiten Patienten dagegen, einem
Neurastheniker, welcher nach Verlust des einen Hodens wegen Sarkoms in
beständiger Angst schwebte, auch den anderen zu verlieren und dadurch
psychisch schwer erkrankte, hält Picqu6 die Prothese für angezeigt.
Gatti (37) bezweckt durch intertestikuläre Anastomose bei
Verletzung des einen Ductus deferens das Parenchym des entsprechenden
Hodens in direkte Anastomose mit dem des anderen Hodens zu bringen. Auf
Grund seiner Experimente kommt er zu folgenden Schlüssen: Nach der Ope-
ration können in beiden Hoden degenerative Vorgänge eintreten, je nach der
Heftigkeit des operativen Traumas verschieden ausgeprägt. Die unmittelbar
oder später nach der Anastomosenbildung ausgeführte Durchtrennung des
einen Ductus deferens ruft in dem entsprechenden Hoden keine Degeneration
hervor. In beiden Hoden regenerieren nach der Anastomose Drüsenepithel,
Hodenkanälchen, Gefässe und Nerven, und es tritt eine direkte Verbindung
Mohr, Verletzungen nnd chimrg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1067
des Parenchyms beider Hoden ein, und zwar ohne stärkere Bindegewebsent-
wickelung an der Verbindungsstelle, sofern nur das Parenchym bei der Ope-
ration sorgfältig geschont wird; dieses geschieht am besten, wenn man nach
vorsichtiger Ablösung der Albuginea eine feine zirkuläre Naht anlegt. Die
Dräsentätigkeit und Spermatogenese bleibt p. o. auf der Seite, auf welcher
das Vas deferens durchtrennt wurde, erhalten.
Mauclaire (57) führte die intertestikuläre Anastomose (Syn-
orcbidie artificielle) zunächst nach günstig ausgefallenen Tierversuchen bei
der Behandlung der Hodenektopie mit mehr oder weniger Atrophie des Or-
gans in folgender Weise aus: die Hodensackscheidenwand wird in ganzer
Höhe fast völlig durchtrennt, die Tunica vaginalis des gesunden, normal ge-
legenen Hodens erö£fnet, die mittleren Flächen der Albuginea beider Hoden
rautenförmig ausgeschnitten und die entsprechenden Ränder der Anfrischung
miteinander vernäht. Die beiden Tunicae vaginales werden durch eine sym-
metrische Naht so miteinander vereinigt, dass die beiden miteinander ver-
bundenen Hoden in einer Umhüllung liegen. In fünf so behandelten und
später nachuntersuchten Fällen hatte der ektopische Hoden an Umfang ge-
wonnen. Die Anastomosenbildung hatte also die Ernährung des Hodens be-
günstigt und verhindert, dass er wieder nach oben stieg. Mauclaire stellt
auf Grund eigener und fremder Beobachtungen folgende Anzeigen für die
intertestikuläre Anastomose auf: 1. Hodenektopie. 2. Yarikocele; die Ana-
stomosenbildung stützt den herabgesunkenen Hoden. 3. Operation oder trau-
matische Durchtrennung des Yas deferens; die Operation stellt den Abfluss
des Samens auf dem Wege des gesunden Hodens wieder her. 4. Eventuell
bei der Resektion oder Exstirpation des tuberkulösen Nebenhodens in seltenen
Fällen; bei einem seit längerer Zeit ausgeheilten Nebenhodenherde könnte
man den Versuch machen, auf diese Weise den Samenabfluss wieder herzu-
stellen. 5. Bei Behinderung der Samenausscheidung infolge früherer Gonor-
rhöe des Schwanzes des Nebenhodens kann man zu der Anastomose zwischen
Vas deferens und Kopf des Nebenhodens oder Hoden selbst noch die Syn-
orchidie hinzufügen, um die Aussichten der Wiederherstellung des Abflusses
zu vermehren. 6. Bei gewissen Fällen von multipeln und rezidivierenden
Nebenhodenzysten. 7. Bei der Sterilität des Mannes.
Penzo (61) stellte in einer Reihe von Tierexperimenten eine Verbin-
dung des Ductus deferens mit dem Parenchym des Hodens
(Rete testis ausgeschlossen) her. Dass derartige Anastomosen durchgängig
bleiben, konnte er dadurch nachweisen, dass er bei einzelnen Tieren die Ope-
ration auf beiden Seiten ausführte und die Tiere mit Weibchen zusammen-
sperrte, welche trächtig wurden.
Bei einem Patienten mit tuberkulöser Nebenhodenentzündung brachte
Penzo nach Entfernung des Nebenhodens und des Endteiles des Samen-
stranges verschiedene Öffnungen in dem zurückgebliebenen Vas deferens an
und nähte das Ende in einen zu diagnostischen Zwecken ausgeführten Schnitt
in die Hodensubstanz ein. Der Hoden erkrankte später ebenfalls und wurde
entfernt, wobei sich im histologischen Bilde ausgebildete Verbindungen zwischen
Vas deferens und Samenkanälchen zeigten.
Humbert und Balz er (45) berichten über einen allerdings erfolglos
gebliebenen Versuch, eine Aspermie infolge doppelseitiger gonor-
rhoischer Nebenhodenentzündung operativ zu heilen. Das
isolierte Vas deferens wurde oberhalb des Nebenhodenschwanzes durchtrennt
1068 Jahresbericht für Ghirargie. IL Teil.
und flötenschnabelförmig angefrischt, nm eine breite Öffnung zu schaffen:
hierauf wurde eine Reverdinsche Nadel von unten nach oben quer durch
die Mitte des Hodens durchgestossen, nun das Ende des Vas deferens mit
einem Fadenzügel durch diesen Hodenkanal durchgezogen, bezw. in die Hodea-
substanz hineingezogen und an der Albuginea fixiert. Trotz Primärheilung
blieb das funktionelle Resultat anscheinend negativ, es konnten während des
auf die Operation folgenden Jahres bei mehrfachen Untersuchungen im Eja-
kulat niemals Spermatozoon nachgewiesen werden.
Lusenis (54) Experimente an Hunden über denEinfluss einer Samen-
strangverletzung auf den Tonus des Blasensphinkters ergaben
folgendes : Nach Resektion der beiden Vasa deferentia, ja schon nach blosser
Isolierung derselben vermindert sich der Tonus des Blasenschliessmuskels
deutlich; diese Reflexwirkung auf den Sphinkter wird durch Reizung der
Samenstrangsnerven hervorgerufen. Hiemach ist die therapeutische Wirkung
bei Prostatikern wohl keine intensive und nachhaltige, jedoch ist die einfache
Isolierung des Vas deferens bei Prostatikern immerhin zu versuchen, wenn
die konservativen Verfahren versagen.
Zur Naht des Vas deferens empfiehlt Delling er (24) folgende Me-
thode: Eine etwa 6 cm lange gerade Nähnadel wird in das Lumen des
medialen Stumpfes eingeführt und ca. 2 cm vom Ende entfernt durch die
Wand des Samenleiters durchgestochen. Mit einer Pinze fixiert man nun die
Spitze der Nadel, schiebt auf das stumpfe Ösenende derselben den distalen
Samenleiterstumpf, wonach sich die genäherten und fixierten Enden des ver-
letzten Samenleiters bequem vereinigen lassen. Dollinger näht mittelst
feiner Seide, die nur die halbe Wanddicke des Samenleiters durchdringt
Gergö (Budapest).
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Caminiti (22) studierte an mit Hölleinsteinlösnngen injizierten Prä-
paraten Yon Prostatadrüsen des Hundes und -solchen des Menschen, welche
meist jugendlichen Leichen entnommen waren, die Lymphbabnen der
Prostata. Zahlreiche Abbildungen.
Die Lymphgefasse der Drüse sammeln sich nach ihrer Peripherie zu
in immer grösseren Stämmen und bilden schliesslich den Plexus lymphaticus
periprostaticus subcapsularis. Schliesslich sammeln sich die Lymphgefasse in
immer grösseren Bündeln an den Seiten des Organs.
Als häufigste Erreger der Prostatitiden fand Pick er (113) Gonokokken,
seltener Bact. coli, Bac. acidi lact. , Staphylokokken, Streptokokken und
Pneumokokken. Gergö (Budapest).
y. Notthaffts (109) Erörterungen über Prostati tisschmerzen
und chronische Prostatitis gehen von 1530 bezüglich ihrer Vergesell-
schaftung mit Prostatitis chronica untersuchten Gonorrhöe-Fällen aus. Hier-
nach ergreift eine Gonorrhöe, je älter sie ist, um so häufiger die Vorsteher-
drüse und bei chronischer Gonorrhöe ist ein Freisein der Drüse geradezu
eine Ausnahme. In 27 ^/o war die Palpation negativ, die Sekretuntersuchung
positiv, in 73 ^/o war -beides positiv, in 2 ^/o nur die Palpation, in 2 ^/o ergab
erst die vriederholte Massage Sekretveränderung. Li 4^/o war die Prostata
allein erkrankt, in ö2^/o war die hintere Harnröhre nicht chronisch er^
griffen. Unter 120 bakteriologisch geprüften Fällen waren Gonokokken im
Prostatasekret, je älter die Infektion zurücklag, um so seltener nachzuweisen.
Vom Ende des dritten Jahres an fanden sich überhaupt keine Gonokokken
mehr, schon im zweiten Halbjahre traten andere Keime auf, und der 4. Teil
aller Fälle wurde sekundär mit verschiedenen Bakterienarten infiziert.
Während die Gonokokken im Laufe der Jahre zu schwinden pflegen, erhalten
sich die anderen Keime, am häufigsten Staphylokokken, v. Notthafft geht
JahrMberieht fOr Chirurgie 1905. 68
1074 JahreBbericht fOr Chirargie. II. Teil.
hierauf auf Symptomenbild, Infektiosität und Behandlung ein, besonders auch
auf die Differentialdiagnose (s. vorigen Jahresbericht).
Posner und Rapoport (120) fanden, dass das Lezithin in der
Prostata, ebenso wie das Milchfett der Mamma, seitens der Epithelien sezemiert
und dem Drüseninhalt beigemischt wird ; ist der Abfluss des Sekrets gehemmt,
so erfolgt eine Leukozyteneinwanderung und die Leukozyten nehmen das
Lezithin durch Phagozytose auf; ein Teil der Fälle chronischer
Prostatitis beruht einfach auf solcher Sekretstauung und es sind das
diejenigen Formen, welcher einer mechanischen Therapie: Massage, Hydro-
therapie, Elektrizität, die günstigsten Aussichten bieten. Unter 42 Fällen
Yon typischer chronischer Prostatitis fand Posner vier mit obiger Ätiologie ;
Gonorrhöe war bestimmt nicht vorausgegangen. Diese Fälle werfen auch
ein Licht auf die Beziehungen zwischen Hypertrophie und Entzündung der
Prostata; finden sich in einer hypertrophischen Prostata gleichzeitig ent-
zündliche Veränderungen, so folgt daraus noch nicht, dass die EIntzündung
die Hypertrophie herbeigeführt hat, sondern vielmehr, dass die Hypertrophie
sekundär sich mit entzündlichen Veränderungen, selbst ohne Infektion, ver-
einigen kann.
Rothschild (134), welcher bei der Prostatahypertrophie die entzünd-
lichen Veränderungen für das Primäre, für den Beginn des Prozesses, dessen
Schluss die sogen. Prostatahypertrophie sei, hält, macht Posners Erklärung
gegenüber geltend, dass seine, Rothschilds Befunde in 20 von 27 Fällen
an nicht vergrösserten Prostataorganen gemacht seien. Das Wesentliche
der Untersuchungen betraf Stromaveränderungen, welche zwei Stadien zeigten :
1. Rundzellenherde, 2. narbige Bindegewebsbildungen, beide besonders peri-
glandulär. Durch die Wirkung der letzteren auf die ebenfalls entzündete
Drüsensubstanz erklären Rothschild und Giechanowski die Entstehung
des Bildes der Hypertrophie in den meisten Formen.
Schmidt (148) fand bei belgischen Bergleuten, welche an Anky-
lostomiasis litten, vielfach Prostatitis -Beschwerden; die Prostata war
in solchen Fällen vergrössert, schmerzhaft und entleerte mehr oder weniger
grosse Mengen Eiter. Diese Prostatitis wurde durch medikamentöse Behand-
lung der Ankylostomiasis günstig beeinflusst.
Janet (23) sah Entwickelung einer Prostatitis im Anschluss an
Typhus unter vollständiger Harnverhaltung und hohem Fieber; Prostata
stark vergrössert, hart, linkes Samenbläschen ebenfalls vergrössert und mit
der Drüse verschmolzen. Heilung bei konservativer Behandlung nach
14 Ta«en.
Le Für (54) fand bei fast allen seinen Fällen von Harnröhre n-
striktur gleichzeitig eine Prostatitis. Dieselbe folgt auf die Ver-
engerung, meist chronisch verlaufend, nur selten in der Form einer akuten
Eiterung. Die Entwickelung ist sehr verschieden, in einzelnen Fällen sehr
rasch, so dass frühzeitig das Bild des Prostatismus eintritt, in anderen
Fällen dagegen sehr langsam, zum latenten Prostatismus der Greise führend.
Die beiden Erkrankungen verschlimmem und erhalten sich gegenseitig.
Komplikationen wie chronische Abszesse der Drüse, Samenbläschenentzündungen,
Hodenentzündungen, Blasen- und Niereninfektionen, falsche Wege im Bereich
der prostatischen Harnröhre sind nicht selten. Die Behandlung muss gleich-
zeitig beide Erkrankungen in Angriff nehmen.
Mohr, Verleizniigeii and chirnrg. Krankheiten der mftnnlichen Öenitalien. 1075
Benoit du Martonret (17). 44 jähriger Mann mit seit 20 Jahren bestehender
Verengemng der HarnrOhre, Prostata leicht vergrössert, Urin trübe und eitrig, enthielt
Gonokokken, Urobazillen, Bact. coli and Mikrokokken, also eine chronische Misch-
infektion. Der Urin wurde bei konservativer Behandlung nach 5 Monaten völlig steril.
Harrison (62) teilt folgende Fälle von Harnröhrenverengerung
mit falschem Wege durch die Prostata mit:
1. Pat. mit seit Jahren bestehender Striktur, katheterisiert sich häufig selbst, dabei
stets Schmerzen und Blutung, Tod an Urininfektion und Pyelonephritis. Autopsiebefund:
falscher Weg durch die nicht vergrösserte Prostata von 4 cm Länge, welcher oberhalb der
Drüse in die Blase mUndete.
2. Chronische Striktur und Dammfistel ; Erweiterung, Dauerkatheter, Tod einige Jahre
später an Nierenerkrankung. £8 fand sich entlang der eigentlichen Harnröhre ein falscher
Weg durch die Prostata, welcher mit 'weicher, glänzender Membran ausgekleidet war.
8« Pat mit alter, traumatischer Harnröhrenverengerung und falschem Wege unter
der verengten Stelle her, welcher von der Urethra bulbocavernosa aus die Basis der Pro-
stata durchsetzte und durch das Trigonum vesicae in die Blase einmündete. Später gelang
der Katheterismus auf normalem Wege, so dass nun zwei Zugänge zur Blase vorhanden
waren. Durch kombinierten inneren und äusseren Harnröhrenschnitt und EinfQhrnng eines
elaatischen Boogies von der Dammwunde aus durch die sehr verengte and verödete Harn-
röhre oberhalb der Verengerung gelang es, Heilung zu erzielen.
Durrieux (38) sah bei Kindern häufiger Steine in der Pars
prostatica Urethra e, und rät, sie, nachdem sie in die Blase gestossen
sind, durch Lithotripsie zu entfernen.
Alexander (2) definiert als Prostataabszess eine Eiteransammlung
innerhalb der Driisenkapsel infolge von Infektion von der Harnröhre aus
(meist Gonorrhöe), dagegen als periprostatischen Abszess eine Aus-
breitung der Eiterung jenseits der Kapsel. Auch bei tuberkulösen und bös-
artigen Erkrankungen der Drüse können Abszesse auftreten. Der direkte
Anlass zur Abszessbildung ist oft durch reizende Massnahmen in der
Harnröhre : Spülungen, Sondenbehandlungen bei Striktur, oder Katheterismus
bei der Prostatahypertrophie gegeben. Die Infektion breitet sich gewöhnlich
von der Harnröhre auf dem Wege der Ausführungsgänge der Prostata aus.
Viele Fälle von stets rezidivierender Urethritis posterior und ebenso von sog.
chronischer follikulärer Prostatitis beruhen in Wirklichkeit auf unvoll-
kommen in die Harnröhre drainierten Prostataabszessen. Trotz spontaner
Eröffnung in die Harnröhre ist daher in solchen Fällen die Operation stets
notwendig. Der Durchbruch des Eiters durch die Kapsel nach anderen
Richtungen hin und die Bildung periprostatischer Abszesse erfolgt nur bei
7.U später Diagnose und Operation. Der spontane Durchbruch in den Mast-
darm ist selten, und tritt, wenn überhaupt, dann erst sehr spät auf. Geht
die Eiterung nach dem Damm zu, so findet man immer Eiterung um die
Pars membranacea urethrae herum, welche in oder in der Umgebung der
Cowp er sehen oder Littr eschen Drüsen beginnt; diese Drüseninfektion ist
die Ursache der Dammeiterung. Hauptsächliche Symptome des Prostata-
abszesses sind: teilweise oder völlige Urinverhaltung, Schmerzen, Tenesmus,
Fieber, welches oft nach 1 — 2 Tagen wieder schwindet. Die Operation sollte
immer erfolgen, ehe der Eiter die Kapsel durchbrochen hat, der Eiterherd
sollte möglichst direkt und breit freigelegt und drainiert werden. Alexander
empfiehlt ausserdem die Urethra membranacea in jedem Falle auf einer
Sonde zu eröffnen und die Urethra prostatica durch einen medianen Damm-
schnitt freizulegen, gleichgültig, wohin der Eiter durchgebrochen ist. Von
der eröfineten Urethra membranacea aus wird der prostatische Teil der
Harnröhre mit dem Finger untersucht und erweitert ; ein Finger der anderen
68*
1076 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil.
Hand wird nun in den Mastdarm eingeführt und zwischen beiden Fingern
die Ausdehnung des Abszesses festgestellt ; hierauf zerreisst der in die Harn-
röhre eingeführte Finger deren Schleimhaut in der Weise, dass der Abszess
in breite Verbindung mit der Harnröhre gesetzt wird. Durch die Damm-
wunde wird ein Dauerkatheter in die Blase eingeführt. Heilung der Damm-
wunde gewöhnlich nach 3 — 4 Wochen. Alexander teilt zum Schloss aus
einer grösseren Anzahl eigener Beobachtungen besonders instruktive Kranken-
geschichten mit.
Lebreton (85). Bei einem Fat. mit seit 18 Monaten bestehender, jetzt atenler
Urethritis öffnete sich bei Massage des rechten Prostatalappens ein abgekapselter
Abszess in die Harnröhre, in welchem mikroskopisch Gonokokken nachgewiesen
wurden. Zeitweilige Erscheinungen einer Pyelonephritis. Heilung. Frank erwfthnt in der
Diskussion einen ganz ähnlichen Fall.
Richter (130) lässt, um bei Prostatitis Jod in grösseren Mengen an
die Prostata heranzubringen, die Patienten vermittelst der Glyzerinkljstier-
spritze sich Jedipin einspritzen. Er beginnt mit Jedipin 10 ^/o und Ol.
Oliv, aa 2 mal tgl. ^/s Spritze und steigt bis zu Jedipin 10 ^/o pur. 2mal tgl.
1 Spritze. In frischen Fällen wird die Drüse innerhalb 14 Tagen weich und
schwillt ab, in älteren tritt schnelle teilweise Erweichung und Besserung ein.
Lohnsteins (92) Arbeit über Prostata und Trauma geht von
zwei Fällen von Beckenquetschung aus, in denen die Prostata anscheinend
direkt nicht getrofifen war, jedoch stellte sich infolge der Quetschung der
Ligamenta puboprostatica eine reaktive Schwellung des periprostatischen
Gewebes mit sekundärer Beteiligung des Prostatagewebes selbst ein. Lohn-
stein beschreibt ausserdem drei Fälle von Verletzungen des Muskulatur und
Faszien des Dammes und des Diaphragma urogenitale, wobei reaktive Ent-
zündungen der Drüse und der Ductus ejaculatorii mit ihren Folgen wie Ham-
retention, Prostataabszess etc. auftraten.
Die y orderfläche der Prostata ist durch die Lip. puboprostatica ziemlich
fest an die hintere Fläche der Schamfuge angeheftet; die Basis der Prostata
ist 3 cm, ihre Spitze 1,5 cm von der hinteren Schamfugenfläche entfernt.
Ausserdem steht die Spitze in inniger Beziehung zu den Muskeln und
Faszien des Dammes und des Diaphragma urogenitale. Daher fähren
Quetschungen und Verletzungen dieser Gegend leicht zu Beteiligung der
Prostata. Die Prognose der traumatischen Prostatitis ist im allgemeinen eine
gute. Die Behandlung besteht in Massage, Blasenspülungen, Eröffhong
etwaiger Abszesse.
Prostatahypertrophie: Ätiologie, Pathologische Anatomie.
Rothschild (135) kritisiert Wichmanns (siehe Bericht für 1901)
Arbeit über die Ätiologie der Prostatahypertrophie und schliesst,
dass Wichmanns Fälle nicht ein Beweis gegen Ciechanowskis und
seine eigenen Feststellungen seien, vielmehr eher für seine eigenen Ansichten
sprächen.
Rothschild (133) schliesst aus fünf histologisch genau untersuchten
Fällen von hypertrophischer Prostata folgendes: es gibt in der Prostata bei
Leuten mittleren Alters ausser der bekannten Form der Drüsensubstanz
noch eine besondere adenomatöse Drüsenformation: dieselbe besteht ans
grösseren und kleineren Gruppen von dicht beisammen liegenden, aufifallend
kleinen, mehr oder weniger einfach kreisrunden und nicht gefalteten Drüsen-
Mohr, Yerletzangen und chinirg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1077
lumina von im übrigen gleicher epithelialer Zusammenseizong und gleichem
Inhalt, wie die gewöhnliche Drüsensnbstanz, aber so klein, dass in manchen
fast gar kein Lumen erkennbar ist and aasgezeichnet durch das Zurücktreten
der zuweilen kaum sichtbaren Zwischensubstanz. Es ist noch zweifelhaft, ob
es sich um eine ursprüngliche Anlage oder um eine Neubildung handelt, im
letzteren Fall, ob histogenetische Beziehungen zur Prostatahypertrophie und
zu atypischer Wucherung bestehen.
Bangs (12) ist nach 300 sorgfältig analysierten Fällen von Prostata-
hypertrophie sicher davon überzeugt, dass sich in 85% sexuelle Schäd-
lichkeiten anamnestisch nachweisen lassen; Kongestionen, Reize und hier-
durch hervorgerufene Entzündung spielen eine ätiologische Rolle ; die Prostata-
veränderungen fallen daher mit der aktiven Lebensperiode der Testikel und
Samenstränge zusammen. Die Gonorrhöe spielt demgegenüber nur eine
untergeordnete Rolle. Die beste Prophylaxe der Prostatahypertrophie liegt
also in der Belehrung der Jugend und einer vernünftigen sexuellen Lebens-
weise. Bei den übrigen 15 Wo handelte es sich gewöhnlich um Menschen mit
sitzender Lebensweise, allzu reichlicher Ernährung und hierdurch hervorge-
rufener Stauung im Pfortadersystem.
Motz und Pereanaus (103, 104) Studien über die Entwickelung
der Prostatahypertrophie basieren auf 68 histologisch untersuchten
Fällen (zahlreiche makro- und mikroskopische Abbildungen). Die adeno-
myomatösen Wucherungen, welche die eigentlichen, der Hypertrophie zugrunde
liegenden Veränderungen bilden, sind bei älteren Menschen sehr häufig. Sie
entwickeln sich stets auf Kosten der periurethralen Drüsen, welche von der
eigentlichen Prostata durch einen intraprostatischen Sphinkter aus glatten
Muskelfasern getrennt sind; dieser ist manchmal im normalen Zustande
sichtbar und fast immer sichtbar im Verlaufe der Entwickelung der Prostata-
hypertrophie. Bei Hypertrophien mittleren oder stärkeren Grades ist die
eigentliche Prostata nach der Peripherie zu gedrängt; sie ist mehr oder
weniger atrophisch und bildet die sogen. Kapsel. Die Sphäroidkörper ent-
stehen durch Neubildung von Drüsen- und Muskelgewebe, die Drüsen ver-
mehren sich durch Sprossung, begleitet von Wucherung des zwischen den
neugebildeten Drüsenmassen liegenden Stromas. Die sphäroiden Körper,
allein von Muskelgewebe gebildet (Myom), zeigen sich gewöhnlich um eine
Anhäufung von neugebildeten Kapillaren herum. In den meisten Drüsen
mit adenomyomatösen Veränderungen zeigen sich auch Erscheinungen von
Prostatitis.
Die chronische Prostatitis kann in Ausnahmefällen die Ursache der
vollständigen oder unvollständigen Urinverhaltung sein.
Pilo her (114) untersuchte 23 operativ entfernte vergrösserte Drüsen
und zum Vergleich eine Anzahl normaler. Was die Ätiologie anlangt, so
ist Gonorrhöe nach Pilcher kein bedeutender ätiologischer Faktor. Die
Theorie Giechanowskys, wonach durch Verlegung der Gänge passive
Erweiterung der Drüsengänge einträte, erklärt die pathologischen Befunde
nicht befriedigend. Hypertrophie der Prostata rührt her von übermässigem
Wachstum der Drüse, beeinflusst durch die degenerativen Veränderungen
höheren Lebensalters und durch andere Faktoren, welche die Bildung von
Bindegewebe in einer noch aktiv tätigen Drüse begünstigen. P ilcher unter-
scheidet 3 pathologische Typen: 1. stark vergrösserte, weiche Formen;
diese sind nach Form und Grösse sehr verschieden, haben gewöhnlich eine
1078 Jahresbericht für Chimrgie. II. Teil
ziemlich dicke, aus glatten Muskelfasern und Bindegewebe zusammengesetzte
Kapsel, welche sich leicht abstreifen lässt; bei der suprapubischen Operation
wird bei Entfernung der ganzen Drüse diese Kapsel mitausgeschält, der
Plexus prostaticus leicht verletzt. Bei der perinealen Operation dagegen
wird die Drüse aus der gespaltenen Kapsel ausgeschalt, die Venen werden
also geschont. 2. Relativ kleine, geschrumpfte, harte Drüsen mit anregel-
mässiger Oberfläche und fester Verwachsung der ,,KapseP mit der Drüse.
3. Mischformen. Mikroskopisch ist am auffallendsten gegenüber der
normalen Drüse die Zunahme des Drüsengewebes. Die grossen weichen
Formen zeigen das Bild der hypertrophischen und hyperplastischen Drüse:
Acini erweitert und vermehrt. Die kleinen harten Formen scheiden sich
mikroskopisch in zwei Arten: 1. bei vermehrtem interazinösen Bindegewebe
sind die Drüsenläppchen gleichzeitig kleiner geworden. 2. Zwischen dem ge-
wucherten Bindegewebe liegen vereinzelte hyperplastische und erweiterte
Acini. Die geschrumpfte, harte Form ist nicht ein sekundäres Stadium der
weichen, grossen, sondern von ihr grundsätzlich verschieden. In manchen
Fällen von Prostatahypertrophie findet man auch eine echte, muskuläre
Hypertrophie.
Carey und Laird (27) berichten über zwei Sektionsbefunde bei
Prostatikern, wo sich neben einer aufsteigenden Infektion der Hamwege
eine zystische Ureteritis fand; die hypertrophischen Seitenlappen der
Drüse waren gestielt und hinderten durch Druck nach unten die Urinent-
leerung.
Maries (96) Mitteilung eines Sektionsbefundes zeigt, welch enormen
Umfang die hypertrophische Prostata annehmen kann. Gewicht: 450 g.
Breite 8,4 cm, Dicke 5,8 cm, Länge an der Hinterwand 8,4 cm. Starke
Deformierungen am Blasenhals und an der Urethra prostatica. Histologisch
der gewöhnliche Befund einer adenomatösen und fibromuskulären Hyper-
trophie.
Symptomatologie der Prostatahypertrophie.
Posner (117) erörtert die Beziehungen zwischen Prostatahyper-
trophie und Diabetes. Da die Symptomenbilder der Prostatahypertrophie
und des Diabetes vielfach ähnlich sind, da einerseits Diabetiker häufig auch
an Prostatahypertrophie leiden, andererseits bei einem Diabetiker auch nach
einer Kur Zuckerfreiheit eintreten, die Polyurie dagegen zurückbleiben kann,
so ist die Frage, welcher Ursache die Symptome zuzuschreiben sind, oft schwer
zu lösen. Man muss daher bei Prostatikern vor operativen Eingriffen stets
auch an die Möglichkeit eines Diabetes denken.
Während die Prostatahypertrophie gewöhnlich nicht später als im 70.
bis 75. Jahre die ersten Störungen verursacht, teilt Mortipr (100) 4 Fälle
mit, in denen die ersten Erscheinungen erst bei Greisen von 80— 85 Jahren
auftraten. Bei der allgemeinen Schwäche und den Urinblutungen schien zu-
nächst die naheliegendste Diagnose die einer Niereninsuffizienz oder eines
Prostatakrebses zu sein; letzterer war jedoch nach dem Palpationsbefnnde
bei allen 4 Kranken auszuschliessen, es handelte sich stets um eine einfache
Hypertrophie. Die Prostatektomie kommt in solch hohem Alter nur ausnahms-
weise in Betracht.
Nach Chetwood (28) sind die Erscheinungen des Prostatismus nicht
immer durch die Vergrösserung der Prostata, sondern oft durch eine fibröse
Mohr, VerleizoDgen and chinirg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1079
Stenose des Orificinm vesicae hervorgerufen, eine bindegewebige In-
filtration entzündlicher Art, nicht etwa eine Hyperplasie der Muskulatur des
Sphinkters. Diese Stenose wird verursacht durch langanhaltende Entzündungen
Tor oder hinter dem Blasenschliessmuskel, meist gonorrhoischen Ursprungs;
sie kommt zusammen mit Vergrösserung der Drüse vor, und macht dann
die Stömngen, welche man falschlich der Drüsen vergrösserung zuschreibt.
Die Diagnose in vivo muss dann gestellt werden, wenn bei den Erscheinungen
des sogenannten Prostatismus, besonders bei voUständiger oder unvollständiger
Retention, die Drüse bei der Mastdarmuntersuchung sich als normal erweist,
die Harnröhre normal lang ist und kein Rückenmarksleiden gleichzeitig be-
steht. Manche nach der Prostatektomie nicht gebesserte Fälle von Prostata-
hypertrophie sind solche, in welchen die gleichzeitige Existenz einer Verenge-
rung des Blasenhalses nicht erkannt wurde.
Die beste Behandlung ist die galvanokaustische Prostatatomie von einer
Dammöffnung aus. Chetwood bildet mehrere Präparate und das von ihm
benutzte Instrument ab und führt 36 von ihm operierte Fälle in Tabellen-
form an.
Cnnningbam (31) hält das üystoskop bei der Verschiedenheit der
Formen der Drüsenvergrösserung für das einzige Mittel, die genauere Be-
schaffenheit der Verlegung, sowie Grösse und Form der Blasenmündung zu
erkennen und hiemach die Operationsmethode zu wählen. Cunningham
bildet das hierzu geeignete Instrumentarium ab und beschreibt ausführlich
seine Technik. Gystoskopische Untersuchung und Mastdarmuntersuchung
müssen beide gleichzeitig ausgeführt werden. Der obturierende Teil der
Druse, die Beschaffenheit der Blaseninnenfläche, Form und Grösse der ver-
schiedenen Drüsenlappen können so schon vor der Operation genau bestimmt
werden. Zahlreiche Präparate normaler und vergrösserter Drüsen und cysto-
skopische Bilder werden abgebildet und erläutert.
Philip (112) erörtert die Beziehungen zwischen Harnröhrenver-
engerungen und Prostatahypertrophie. Bei starker Verengerung
mit Blasenreizung und häufigem Harndrang ist der Druck der Flüssigkeits-
saule auf die Prostata deutlich vermehrt. Man hat daher vielfach ange-
nommen, dass die Striktur auf die Entwickelung der Prostatahypertrophie
hemmend wirke, jedoch mit Unrecht. Eine Atrophie der Drüse durch diesen
Druck kommt nicht zustande, vielmehr vermehrt die Striktur durch die
Schwierigkeiten und Anstrengungen bei der Miktion die Zirkulationsstörungen
in der Prostata des Greises, und vermehrt hierdurch die Kongestion der
Drüse. Es besteht demnach durchaus kein Antagonismus zwischen beiden
Erkrankungen.
Nichtoperative Behandlung der Prostatahypertrophie.
Oberländer (110) empfiehlt als eigentliche Behandlung der Prostata-
hypertrophie, besonders bei Restharn und Blasenkatarrh, den regelmässigen
Katheterismus, da ihm nicht nur eine symptomatische, sondern auch eine
heilende Wirkung zukomme. Daher seien chirurgische Eingriffe recht selten
absolut notwendig.
Auch Guepin (57) tritt für die nichtoperative Behandlung ein und
bespricht für die einzelnen Stadien der Erkrankung eine Reihe von prophy-
laktischen und symptomatischen Mitteln: Bäder, warme Klystiere, Ichthyol«
1060 JahreBbericht für Chirurgie. II. Teil.
und Jodoformstuhlzäpfchen, Danerkatheter, Blasenspülniigeii, Ausdrücken von
Betentionszysten mit dem Finger.
Nach Thorndike (155) hat, da die Prostatektomie bei dem Alter
und dem häufig schlechten Allgemeinzustande der Prostatiker als ernste und
gefährliche Operation anzusehen ist, der Katheter noch immer seinen berech-
tigten Platz in der Behandlung der Erkrankung, und zwar einmal bei sehr
alten und schwächlichen Patienten, denen keine Operation mehr zugemutet
werden kann, femer aber auch, wenn bei intelligenten Kranken eine genaue
Durchführung der Yorsichtsmassregeln beim Gebrauche des Katheters gewähr-
leistet werden kann; erst wenn das Katheterisieren sehr schmerzhaft wird
und sehr häufig geschehen muss, kommt die Operation in Frage. Auch bei
jüngeren, noch kräftigen Kranken, bei denen jedoch eine unheilbare Blasen-
atonie eingetreten ist, kommt der Katheter in Betracht, da hier selbst nach
der Operation der Katheter weiter gebraucht werden müsste. Femer ist,
wenn kein Blasenkatarrh besteht, und der Restham sehr gering ist, ein
Katheterleben gut zu ertragen, und jahrelange Besserungen sind häufig. Ist
dagegen die Obstruktion hochgradiger, die Menge des Resthams bedeutender,
ist ein sauberes Katheterisieren infolge der sozialen Verhältnisse oder der
mangelnden Intelligenz des Kranken nicht möglich, so kommt wiederum die
Operation in Frage.
Nach einer kurzen Besprechung der yerschiedenen von den Autoren zur
Behandlung der Prostatahypertrophie vorgeschlagenen Methoden und nach
Hinweis auf die Alterationen zum Nachteile der Harnblase und der Prostata
bei dieser Krankheit teilt Cuturi (32) zwei mit Erfolg mit Elektromassage
behandelte Fälle mit. Nach Erörterung der Anwendungsweise dieser Methode
und ihrer Wirkungsweise kommt er zu folgenden Schlüssen:
a) Die elektrische Massage, als Dekongestionsmittel ist der doppelsei-
tigen Kastration, der Resektion der Samengänge und der Elektrolyse vor-
zuziehen.
b) In den Fällen von Hypertrophie der Prostata mit Prostatitiskompli-
kationen dient sie dazu, die entzündlichen Infiltrationen zur Reabsorbierung
zu bringen.
c) Die Muskeltonizität der Blase wird durch sie wieder angeregt.
d) Dieselbe ist nur bei den Prostatikern des ersten und zweiten Grades
anzuwenden.
e) Bewirkt keine Atrophie des hypertrophischen Prostatagewebes.
R. Giani.
Moszkowicz und Stegmann (101 u. 102) haben bei sechs Patienten
Versuche angestellt, die Prostatahypertrophie durch Röntgen-
strahlen zu beeinflussen, ausgehend von der Tatsache, dass epitheliale
Gewebe auf Röntgenstrahlen besonders stark reagieren, ebenso auch anf
Lezithin, welches in der Prostata enthalten ist. Die Bestrahlung wurde 80
vorgenommen, dass zunächst ein Kellysches Mastdarmspekulum eingeführt,
die Umgebung durch Bleiplatten geschützt und nun bei 40 cm Abstand des
Röhrensokus von der äusseren Öffnung des Spekulums bestrahlt wurde. Die
Drüsen wurden gewöhnlich eine Woche nach der Bestrahlung weicher, die
Kranken konnten schon nach einigen Tagen wieder spontan urinieren, die
Prostata wurde allmählich kleiner. Im ganzen genügten 2 — ^3 Sitzungen in
Zwischenräumen von 2—3 Wochen, um eine Verkleinerung der Drüse und
eine wesentliche Besserung der Urinentleerung zu erzielen ; letztere blieb nur
Mohr, Yerletzoogen und chirarg. Krankheiten der mftanliohen Grenitalien. 1061
in einem Falle ans; bei einem weiteren Patienten entstand 17 Tage nach
der Bestrahlung eine Nebenhodenentzündnng, bei einem zweiten nach 14 Tagen
eine hämorrhagische Zystitis. Da die durch Zerfall der Drüsenepithelien in
der Prostata entstehenden Corpora amylacea zum grössten Teil aus Lezithin
bestehen, so ist in der für Röntgenstrahlen sehr empfindlichen Prostata schon
normalerweise viel Lezithin enthalten, welches in den durch Röntgen- und
Radiumstrablen veränderten Geweben stets gefunden wird. Vielleicht durch
Resorption chemischer Bestandteile ans den zerfallenden Drüsenepithelien,
oder veranlasst durch die mit der Kur verbundene Aufregung, traten bei
drei Kranken Anfalle von Stenokardie und grosse Hinfälligkeit ein.
Carabelli (26) bestrahlte in zwei Fällen die vergrösserte
Drüse vom Damm aus unter Schutz der Umgebung, und zwar bei 20 — 25 cm
Röhrenabstand, in der ersten Zeit täglich oder einen Tag über den anderen,
später seltener. Bei einem Kranken, welcher nur an Gefühl von Schwere
am Damm, nicht an Obstruktion litt, trat Besserung ein, in einem zweiten
Falle sank der Restharn von 200 auf 10 cbcm. Diese Besserungen hielten
nach einem Jahre noch an.
Alt mann (3) schliesst aus seinen Beobachtungen, dass die örtliche
Anwendung des radioaktiven Thermalwassers in Gastein bei
Prostatahypertrophie durch ^Depletion, Atrophisierung der drüsigen
Elemente und durch Tonussteigerung eine fast durchweg zu beobachtende
Volnmenveränderung des Organs hervorruft. Der Tonus der nicht allzu pare-
tischen Blase hebt sich, entzündliche Vorgänge in ihr werden auch durch
die bakterizide Eigenschaft des Thermalwassers gebessert oder behoben. Durch
radioaktive Analgesierung werden die subjektiven Sensationon und Schmerzen
zum Schwinden gebracht. Die anatomische Besserung deckt sich nicht immer
mit der funktionellen Besserung, die in Widerherstellung ganz normaler Urin-
verhältnisse, bezw. Verminderung der Residua, Steigerung der Hampausen
und der spontan entleerten Harnmengen besteht. Unter ganz bestimmten
Umständen kann die funktionelle Besserung trotz eingetretener anatomischer
Besserung ausbleiben.^
Halbhuber (60) empfiehlt Helm i toi als wirksames und unschäd-
liches Mittel, die Zersetzung des Urins bei Prostatahypertrophie zu verhüten.
Bei einem 78jährigen Prostatiker mit andauerndem quälenden Harndrang
und stinkendem, trüben Urin — Blasenspülungen ohne Erfolg — besserte
sich durch Verabreichung von Helmitol, 3 Tabletten ä 0,5 pro die, der Zu-
stand innerhalb von 4 Wochen bedeutend; die Behandlung wurde mit etwas
kleineren Dosen bisher 17 Monate hindurch fortgesetzt, ohne dass schädliche
Nebenwirkungen aufgetreten wären, und zwar mit dem Erfolge, dass Patient
zur Zeit 5 — 6 Stunden schlafen kann und den Urin im Liegen bis zu 3 Stunden
hält. Bei versuchweisera Aussetzen des Mittels trat wieder Verschlimme-
rung ein.
Deschamps (35) hatte bei drei alten Prostatikern, bei welchen plötz-
lich schwere Hämaturie eintrat, prompten Erfolg von Einspritzung einer
Emulsion von Antipyrin (lOVo, 15 cbcm) in die Blase. Bei zwei Kranken
trat der Erfolg rasch nach einer einmaligen Einspritzung ein, obwohl es sich
um ambulante Patienten handelte. Eventuell ist die Einspritzung täglich zu
wiederholen. Jede andere Behandlung wurde unterlassen.
Schmieden (147) gibt eine kritische Übersicht über die neueren, seit
Socin-Burckhardts ;,Die Verletzungen und Krankheiten der Prostata^ er*
1082 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
schienenen Arbeiten über das Wesen und die Behandlung der Prostatahyper-
trophie, wobei besonders die operative Behandlung ausführlicher darge-
stellt wird.
Operative Behandlung der Prostatahypertrophie.
Zusammenfassende Arbeiten, Indikationen, Wahl der Methode.
Die operative Behandlung der Prostatahypertrophie war einer der Haupt-
gegenstände der Verhandlungen auf dem 1. Kongress der internationalen Ge-
sellschaft für Chirurgie in Brüssel. Referenten: Rydygier, Harrison,
Rovsing.
Rydygier (141) hält die Entfernung der Drüse für das einzige ratio-
nelle operative Verfahren und empfiehlt seine Technik der teilweisen peri-
nealen Prostatektomie (siehe Bericht für 1905).
Harrison (63) hält die chirurgische Behandlung für angezeigt: 1. Wenn
der Gebrauch des Katheters schmerzhaft ist; 2. wenn sehr häufiger Harn-
drang vorhanden ist; 3. wenn trotz wiederholter Lithotripsie sich immer
wieder Konkremente in der Blase bilden ; 4. bei Hämaturie, gestörtem Schlaf,
schwerer Zystitis und Urinintoxikation. An der perinealen Prostatektomie
ist auszusetzen, dass, wenn sie total ist, fast notwendig die Geschlechtsfahig-
keit verloren geht und fast immer ein gewisser Grad von Inkontinenz auf die
Operation folgt. Die suprabubische Operation nach Fr eye r ist für die
Mehrzahl der Fälle die Methode der Wahl; wichtig ist, die Drüse ganz zu
entfernen, die teilweise Ausschälung gibt im allgemeinen keine guten Resul-
tate und erfordert oft einen zweiten Eingriff. Die Vasektomie ist besonders
bei beginnenden Fällen manchmal von dauernder günstiger Wirkui^.
Rovsing (138). Die Operationsmethoden von Bier, von Bottini,
Kastration und Vasektomie sind verlassen und sollten es bleiben. Die Prostat-
ektomie darf keineswggs die gewöhnliche Behandlungsmethode werden, da
80 Vo der Patienten mit Prostatahypertrophie keine Beschwerden haben, da
femer die Prostata, selbst im hypertrophischem Zustande, eine wichtige Rolle
im Körper spielt und demnach nicht ohne Not geopfert werden sollte. Der
methodische Katheterismus muss vor jedem operativen Eingriff versucht werden.
Bei atrophischer Blase gewährt die Prostatektomie wenig Besserung, bei sehr
vergrösserter und leicht blutender Drüse ist die Zystostomie angezeigt. Funk-
tioniert dagegen die Blasenmuskulatur noch genügend, so ist ein chirurgischer
Eingriff dem Katheterismus auf Lebenzeit vorzuziehen:
a) Die Vasektomie ist stets bei hypertrophischer parenchymatöser
Prostatitis in nicht zu vorgeschrittenem Stadium zu versuchen, dagegen kontra-
indiziert bei Sklerosen Formen und bei Retention infolge Vergrösserung des
mittleren Lappens. Unter 70 Fällen Rovsings 60 ^/o Heilungen, 30% Bes-
serungen, 10 ^/o Misserfolge; Lokalanästhesie, keine Operationssterblichkeit,
Erhaltung der Erektionen.
b) Die teilweise (suprapubische) Prostatektomie ist bei Re-
tention infolge Hypertrophie des mittleren Lappens angezeigt, wenn die Blase
nicht zu sehr infiziert und Alter und Allgemeinzustand eine Operation er-
lauben.
c) Die totale Prostatektomie, am besten nach Freyer, sollte
auf Fälle mit Verdacht einer bösartigen Umwandlung der Drüse oder auf
solche, in denen Blutungen oder Abszesse den radikalen Eingriff verlangen,
Mohr, Yerletzangen and chirarg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1063
beschränkt werden. Die teilweise snprapubische Operation ist der vollstän-
digen in den meisten Fällen vorzuziehen. Die snprapubische Zysto-
st omie ist angezeigt: 1. Wenn die Vasektomie ohne Erfolg bleibt oder ihr
Erfolg aufzuhören beginnt; 2. wenn eine schwere Infektion der Blase eine
sorgfältige und dauernde Drainage derselben erfordert; 3. wenn eine sonst
indizierte Prostatektomie zu gefährlich erscheint; 4. bei Blasenlähmung, wenn
der Katheterismus unmöglich oder sehr schwierig ist 51 Fälle dieser Art
mit zwei Todesfällen an Pneumonie. Rovsing ist der Ansicht, dass augen-
blicklich viel zu viele Prostatektomien ausgeführt werden, und diese Operation
viel zn leicht genommen wird.
In der Diskussion äussert sich Legueu dahin, dass die totale
Prostatektomie die einzige kurative Behandlung der Prostatahypertrophie dar-
stellt. Überraschende Erfolge erzielt man bei der vollständigen Retention,
weniger gute bei der chronischen unvollständigen Retention, zumal bei alten
Fällen mit langjähriger Zystitis und Degeneration der Blasenmuskulatur.
Leguen verlor unter 45 perinealen Operationen vier Kranke, mehrfach
wurde der Mastdarm verletzt, mehrere Kranke behielten eine Dauerfistel.
Hartmann griff unter 658 Fällen von Prostatahypertrophie nur 56 mal
chirurgisch ein; nur die Prostatektomie kommt in Frage. Hartmann bevor-
zugt den suprapubischen Weg, und zwar mit totaler, bezw. im anatomischen
Sinne subtotaler Ausschälung der Drüse, während er bei nur teilweiser Ent-
fernung mehrfach schlechte funktionelle Resultate hatte. Hartmann operiert
nur bei Urininfektion, schwerer Zystitis, rebellischen Blutungen, gleichzeitigen
Blasensteinen und bei Fieber, welches trotz Dauersonde anhält. 9 ^/o Mortalität,
fast stets trat wieder normale Miktion ein.
Carlier erörtert die Vorzüge der transvesikalen Operation, ebenso ihre
Indikationen.
D6mosthene tritt für die individualisierende operative Behandlung ein;
bei schwerer Infektion und schlechtem Allgemeinzustande kommt nur die
Zystostomie in Frage, wie er an einem derartigen, geheilten Falle zeigt.
Freudenberg berichtet über seine Erfolge mit der Bottinischen
Operation in 152 Fällen und stellt die Anzeigen im Vergleich zu denen der
Prostatektomie folgendermassen: Der Bottini eignet sich mehr für den
Urologen als für den Allgemein-Chirurgen, die Operation ist wegen ihrer ge-
ringen Schwere bei sehr alten oder sehr schwachen Kranken der Prostat-
ektomie vorzuziehen, ebenso bei relativ jungen Prostatikern, weil die Ge-
schlechtsfahigkeit bei ihr gewahrt bleibt. Der Bottini ist bei kleiner oder
massig vergrösserter Drüse geeigneter, die Prostatektomie bei stärkerer Ver-
grösserung. Wenn nur ein Vorsprung der Prostata die Miktion behindert,
kommt fast nur der Bottini in Frage, welcher in solchen Fallen fast absolut
sicheren Erfolg verspricht, dagegen ist die partielle Prostatektomie vorzu-
ziehen bei ungestielten oder gestielten Vorsprüngen des mittleren Lappens.
Kann man sich vor der Operation nicht genau über den Zustand der Blase
und der Prostata vergewissern, so ist im allgemeinen mehr die suprapubische
Prostatektomie vorzuziehen, ebenso bei gleichzeitigen Blasensteinen, obwohl
hier nach erfolgloser Lithotripsie auch der Bottini in Frage kommt. Zystitis
mit sauerer Urinreaktion und ein massiger Grad von Pyelitis kontraindizieren
weder den Bottini noch die Prostatektomie. Die Bottinische Operation
darf nicht während einer Fieberperiode ausgeführt werden.
1084 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil.
Klapp empfiehlt für die Prostatektomie die Lumbalanästhesie, durch
welche bei schwer infizierten, kachektischen oder sehr alten Kranken Shock
und Pneumonie p. o. Termieden wird. Bei 16 unter diesen Verhältnissen
ausgeführten Operationen traten derartige Zufälle niemals ein, die beiden
TodesfäUe waren anderen Ursachen zuzaschreiben.
Verhoogen hat 45 totale Prostatektomien (perineale and snpra-
pnbische) mit sehr guten Resultaten ausgeführt. Teilweise Entfernung gibt
ungenügenden Erfolg und Rezidiv. Die Ductus ejaculatorii lassen sich bei
wirklich totaler Ausschälung nicht erhalten, ebensowenig kann bei fibrösen,
verwachsenen Drüsen die Urethra prostatica geschont werden, sie ist übrigens
nach Entfernung der Drüse ein überfliissiges Organ, weil sich dann der
Blasenhals stark senkt. Durch Entfernung der Drüse und Harnröhre en bloc
wird die Technik in schwierigen Fällen leichter, spätere Inkontinenz oder
Striktur sind nicht zu befürchten. Verhoogen empfiehlt für die Operation
Bauchlage.
Jaffö hält es in manchen Fällen für sehr schwierig, den wirklichen
Sitz des Hindernisses für die Miktion genau zu bestimmen; es ist nicht im
Bereich der hypertrophischen Drüse selbst, sondern im Niveau des Blasenaus-
ganges zu suchen. Die schmerzhafte Kontraktur des Sphinkters hemmt die
Urinentleerung, gegen sie muss in erster Linie die Behandlung gerichtet
werden, und zwar gibt zu diesem Zwecke die Bottinische Operation in der
Mehrzahl der Fälle die besten Resultate; nur wenn diese versagt, kommt die
Prostatektomie in Frage.
Giordano will zunächst, wenn die Indikation zur Operation überhaupt
vorliegt, auf den Bottini zurückgreifen, welcher in 50 Vo bedeutende Besse-
rungen bewirkt, und im Falle eines Rezidivs jedes Jahr oder alle zwei Jahre
wiederholt werden kann. Prostatektomien macht Giordano nur in septischen
Fällen (20 totale perineale).
Albarran hält Rydygiers Technik in den meisten Fällen für unge-
nügend und verwirft Vasektomie, suprapubische Zystotomie und Bottinische
Operation vollständig. Die möglichst totale Prostatektomie ist die Methode
der Wahl. Indikationen : chronische Urinretention, besonders bei schwierigem
Katheterismus, andauernder Zystitis, rezidivierenden Blasensteinen, leichter
Pyelonephritis, Katheterinfektion. Albarran bevorzugt die perineale Operation;
73 Fälle mit drei Todesfallen, suprapubisch operiert er bei nicht sehr kor-
pulenten Kranken mit stark vergrösserter, fibroadenomatöser, in die Blase
stark vorspringender Drüse. Mastdarmfisteln und dauernde Inkontinenz nach
der perinealen Operation lassen sich durch geeignete Technik stets vermeiden.
Die Resultate bezüglich der Geschlechtsfähigkeit scheinen bei perinealer Ope-
ration mit oder ohne Erhaltung der Ductus ejac. und bei der snprapnbischen
Operation dieselben zu sein.
Kümmell (77 u. 78) geht zunächst auf die pathologische Anatomie,
soweit sie chirurgisch interessiert, besonders auch auf die Blasenkomplikationeo
ein. Er hat im Laufe der Jahre 114 Fälle nach den verschiedensten Me-
thoden operiert: in 9 Fällen Entfernung des in die Blase hinein-
ragenden Mittellappens nach Sectio alta, 8 Heilungen mit spontaner
Urinentleerung. 52 Bottinische Operationen; Kümmell operierte nur
bei vollkommener Retentio urinae und nach vorheriger Kryoskopie des Blutes.
3 Kranke starben sofort nach der Operation, und zwar an Pneumonie, sep-
tischer Beckenphiegmone und Blutung, 9 starben nach Wochen und Monaten,
Mobr, Verletzungen nnd chirorg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1065
nachdem 7 von diesen den Urin spontan entleert hatten; nur 5 vollständige
Misserfolge, also im ganzen sehr gute Erfolge. Bei einzelnen war sofort p. o.
die Hamretention behoben. In einem Falle wurde die Operation nach drei
Jahren zum zweiten Male erfolgreich an demselben Patienten ausgeführt.
K ü m m e 1 1 erörtert ausführlich Indikationen und Technik. Hauptvorzüge :
keine Narkose, eventuell überhaupt keine Anästhesie, keine dauernde Bett-
ruhe. Die Kastration wurde 26 mal, nur bei Patienten in höherem Lebens-
alter, aasgeführt: 2 Todesfalle, 2 Misserfolge, bei 22 Kranken trat nach
tangerer oder kürzerer Zeit Rückbildung der Drüse und die Fähigkeit, den
Urin wieder spontan zu entleeren, ein. Unter den Operierten waren Männer
von 81 nnd 84 Jahren. Die doppelseitige Kastration ist also in den meisten
Fällen wirksam. Resektion des Vas deferens: unter 7 Fällen 4 Miss-
erfolge. Totale Prostatektomie: 19 Fälle, darunter viermal Karzinom.
Die Ausschäiung der gesamten Drüse aus der Kapsel ist der teilweisen Ent-
fernung überlegen; gelingt die erstere nicht, so handelt es sich meist um
Karzinom. Je nach dem örtlichen Befunde perineale (10) oder transvesikale
(9) Operation, den Ausschlag gibt das Zystoskop. Im Anschluss an die Ope-
ration starben 4, 2 an Hypertrophie und 2 an Karzinom Leidende, und zwar
an Lungenembolie, Pneumonie und Sepsis. 2 wegen Karzinom Operierte
starben nach 4 und 7 Monaten. Kümmell führt die totale Prostatektomie
nur bei länger bestehender, nicht zu beseitigender Retentio urinae aus. Der
£ingri£P ist bei dem meist elenden Zustande ein schwerer, dagegen der Er-
folg bezüglich der Miktion ein guter, wenn Patient die Operation übersteht:
Urinentleerung vollkommen spontan, ohne Beschwerden, kein oder nur geringer
Restham. Gegenanzeigen: Ausgedehnte Bronchitis, schwere Herzaffektionen,
Lähmung des Detrusor und besonders doppelseitige Nierenerkrankung mit
Insuffizienz. Bei solchen Kranken operiert Kümmell nach Bottini.
Nach Czerny (33) handelt es sich heute um die Frage, wie lange man
die Prostatiker palliativ behandeln soll, und wann der Zeitpunkt einer radi-
kalen Operation (in der Regel Prostatektomie) gekommen ist. Der Bottini
kommt nur für die Fälle mit einer zystoskopisch nachweisbaren Prostata-
klappe, mit gutem Detrusor und nicht infizierter Blase in Betracht. Indi-
kationen zur Prostatektomie: ernste Schwierigkeiten beim Katheterismus,
eventuell schon fortgesetzt notwendiger Katheterismus. Bei akuter Retention
hat Czerny bisher niemals operiert. Bei den erwähnten Komplikationen
des regelmässigen Katheterismus verspricht die Prostatektomie guten Erfolg,
wenn die Blase noch gut imstande und die Nieren nicht schwer erkrankt
sind. Ob der perineale oder transvesikale Weg vorzuziehen ist, ist noch nicht
spruchreif. Czerny hat fast ausschliesslich perineal operiert, und zwar im
wesentlichen nach Zuckerkandis Methode. 143 Fälle kamen in den letzten
sieben Jahren in Behandlung, darunter 18 maligne Neubildungen (2 operiert):
72 mal wurde konservativ behandelt, 31 mal Bottini mit 10 vollständigen Hei-
lungen, 6 Besserungen, 13 Misserfolgen, 2 Todesfallen (Urämie und Darm-
lähmung), 6 mal transvesikale Prostatektomie; 3 Heilungen, 1 Besserung,
1 Todesfall durch Urämie. 19 perineale Prostatektomien: 2 Todes-
Fälle (Pyelonephritis und Sepsis, Kollaps), 4 mal traten während oder nach
der Operation Mastdarmverletzungen eiq (einmal Korrektion durch Nachope-
ration. 7 Besserungen mit willkürlicher Urinentleerung, jedoch gleichzeitiger
geringer Inkontinenz, sei es durch Fisteln oder durch ungenügenden Schluss
1066 Jahresbericht f Qr Chirurgie. II. Teil.
der Sphinkters. 6 vollständige Heilungen. Mitteilung der Krankengeschichten
mit perinealer Prostatektomie im Auszuge.
In der Diskussion (37) hält Israel die transvesikale Operation für
leichter und im Gegensatz zu Kümmell die Blasennaht für gefährlich, da
der Dauerkatheter die tiefe Tasche des Prostatabetts nicht drainiere: nur
die Einlegung eines Drains durch Hinzufügung der Sectio mediana erlaube,
die Blase zu schliessen. Im allgemeinen wird die Wahl des Weges Geschmacks-
sache bleiben. Nicolich hat 12 mal perineal, 19 mal suprapnbisch operiert,
niemals nach akuter Retention, daher stets ohne Naht. Küster hat 6 Fälle
von Hypertrophie mit partieller Ektomie operiert und zwar mit guten funk-
tionellen Erfolgen ; die teilweise Operation schont die Harnröhre, andererseits
bleiben auch nach totaler Stücke zurück. Auch Riedel sucht schon seit
längerer Zeit mit teilweiser Entfernung auszukommen, da er nach vollständiger
Inkontinenz befürchtet. Riedel hülst unter mögliebster Vermeidung der
Harnröhre mit dem scharfen Löffel aus. Kock sah in einem Falle von teil-
weiser Entfernung, dass der Patient seine Potenz verlor und einen Rückfall
bekam. Bei Prostatakrebs empfiehlt sich, zur Dekongestionierung der Drüse
die Vasa deferentia zu resezieren. Frank hat nach der Bottini sehen
Operation öfters beobachtet, dass die Lappen nach Ausheilung des Spaltes
sich dachziegelförmig übereinanderlegen und wieder ein Hindernis abgeben.
Wallace (161) gibt zunächst eine Schilderung der normalen Prostata,
der vergleichenden Anatomie der Drüse, ihrer Entwickelung beim Menschen,
ihrer Funktion, des feineren Baues und ihrer Umgebung. Nach kritischer
Würdigung der verschiedenen Theorien über die Ätiologie und das Wesen
der Erkrankung vertritt Wallace die Ansicht, dass die Vergrössemng
adenomatöser Natur sei und dass die auslösende Ursache dieses Adenoms
irgend eine chronische Entzündung sei. Die Indikation zur Operation ist
gegeben: 1. wenn der Katheter nicht in die Blase eingeführt werden kann,
2. wenn seine Einführung sehr schmerzhaft oder nur unter starken Blutungen
möglich ist, 3. wenn vollständige Retention besteht. Bei unvollständiger
Retention soll man bei sozial schlecht gestellten und unintelligenten Kranken
stets operieren, bei intelligenten Patienten in guten Verhältnissen dagegen
kann man länger abwarten. Die „sexuellen^ Operationen sind völlig zwecklos;
der Erfolg der Frey ersehen Operation, welche Wallace für das beste
Verfahren der Prostatektomie hält, erklärt sich daraus, dass der ausge-
dehnte äusserste Teil der Drüse in Form einer „KapseP zurückbleibt, wo-
durch Blutung, Urininfiltration und spätere Strikturbildung verhindert werden.
Diese chirurgische Kapsel sollte also bei der Operation sorgiältig geschont
werden. Wallace beschreibt und bildet die verschiedenen Typen der Ver-
grössemng an operativ gewonnenen Präparaten ab: einfache Adenome, Typen
mit zwillingsähnlichem Bau, hufeisen- und ringförmig vergrösserte Drüsen.
Die klinische Untersuchung gibt keinen Aufschluss, ob die Ausschälung leicht
oder schwer sein wird; ist sie schwer, so handelt es sich entweder um fort-
schreitende adenomatöse Umwandlung der ganzen Drüse, so dass keine
Einkapselung stattfindet, oder um maligne Entartung. Bei akuter Retention
soll man zunächst nur eine suprapubische Blasendrainage durch Zystostomie
herstellen und die Ausschälung der Geschwulst einige Tage später folgen
lassen. Ein besonders frappierender Erfolg der Prostatektomie ist die Besse-
rung des Allgemeinzustandes.
Mohr, Verletzangen and chirurg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1067
W. Meyer (98) fasst seine Erfahrungen über die Wahl der Operations-
methode bei der Prostatahypertrophie folgendermassen zusammen: supra-
pubische and perineale Prostatektomie sowie die Bottinische Operation sind
alle drei imstande, dauernde £rfolge zn geben. Wo der Znstand des
Patienten die Ausfuhmng der Prostatektomie erlaubt, ist diese vorzuziehen,
da die Beseitigung des mechanischen Hindernisses das am meisten chirurgische
Verfahren repräsentiert. Beide Wege der Prostatektomie haben ihre Indi-
kationen. Suprapubisch wird am besten operiert bei gleichzeitigen umfang-
reicheren Konkrementen, bei stark infiziertem Urin, bei Karzinom, bei Ver-
grösserung des Mittellappens und Vorspringen gegen die Blase, dagegen besser
perineal bei vom Mastdarm aus fühlbaren Drüsen, welche nahe an den Anal-
sphinkter heranreichen, bei weichen Hypertrophien im Frühstadium, welche
sich oft aus einer Anzahl kleiner Knoten zusammensetzen. Die Geschlechts-
fähigkeit wird eher bei suprapubischer Operation erhalten. Wird die Prosta-
tektomie verweigert, oder ist sie kontraindiziert, so kommt die Bottinische
Operation in Frage ; vor dieser und ebenso vor der perinealen Prostatektomie
ist die Zystoskopie absolut notwendig, um über Fehlen oder Vorhandensein
eines mittleren Lappens und von Steinen orientiert zu sein. In den 33 ^/o
der Fälle, in denen vom Mastdarm aus keine Vergrösserung zu fühlen ist,
entscheidet nur das Zystoskop die Diagnose. Ausser der Notwendigkeit,
regelmässig den Katheter zu gebrauchen, bilden auch andauernde schwere
Schmerzen am Damm, Blasenhals und Penis, welche der Behandlung trotzen,
eine strikte Anzeige für die Operation.
P ichler (115) gibt einen Überblick über den jetzigen Stand der
Prostatachirurgie unter Einflechtung eigener Erfahrungen.
Die einzelnen Phasen der von Pichle r innegehaltenen perinealen
Technik werden nach Photogrammen abgebildet. Bei kleinen harten Drüsen
ist die Enukleation überhaupt nicht, bei Mischformen nur teilweise möglich/
Bei grossen, massigen Drüsen operiert man am besten transvesikal, bei kleinen
tibrotischen Drüsen kommt, wenn der Allgemeinzustand schlecht ist, die
Bottinische Operation in Frage, im allgemeinen jedoch ist die perineale
Operation unter ausgiebiger Freilegung, Herabziehen und Entfernung der
Drüse unter Leitung des Auges die beste Methode. Pich 1er operierte unter
23 Fällen 22 perineal. Zwei Patienten starben im Anschluss an die Operation
(Pneumonie, Urämie), in den übrigen Fällen wurde die Obstruktion voll-
ständig und dauernd beseitigt, ausgenommen bei einem Patienten mit
atonischer Blase, fibröser Verengerung des Blasenhalses und nur massig ver-
grösserter Prostata. 6 mal p. o. vorübergehende Nebenhodenentzündung (2 mal
Vereiterung), in einem Falle dauernde Mastdarmharnröhrenfistel. Die Kontinenz
stellte sich 10 — 20 Tage p. o. wieder ein, in einigen Fällen blieb jedoch
monatelang eine gewisse Sphinkterschwäche zurück, bei zwei Kranken
dauernd.
Hobritz (68). Man muss vor allen Dingen bei der Behandlung indi-
vidualisieren. Die Gefahren des täglichen Katheterisierens sind zweifellos
grösser als die der Radikaloperation, wenn sie im Beginn der Behand-
lung ausgeführt wird. Die vollständige Prostatektomie soll nur in Fällen, in
denen noch keine Komplikationen vorhanden sind, die Operation der Wahl
sein, sonst Bottini. Die Mortalität der vollständigen Prostatektomie be-
trägt 5 — 7^/o, bei schwachen alten Leuten und bei sekundären Folge-
zuständen 15 — 18^0. Bei weit vorgeschrittener Blasenerkrankung macht man
1068 JahreBbericht f&r Chirargie. 11. Teil.
am besten nur die suprapubische Drainage. In 90^/o der Fälle kann die
Drüse mit Leichtigkeit auf dem perinealen Wege entfernt werden. Die
suprapubische Prostatektomie wird sicherer, wenn man sie mit perinealer
Drainage kombiniert. Die teilweise transvesikale Entfernung ist bei klappen-
artigem Drüsenlappen vor dem Orificium intemum, ebenso, wenn nur ein
Lappen hypertrophisch ist, angezeigt, dagegen die Kombination der snpra-
pubischen und perinealen Methode bei enormer Hypertrophie der ganzen
Drüse.
Füller (50). Die Extraktion der Drüse vom Damm aus unter sorg-
fältiger Vermeidung von Verletzungen des Mastdarms, der Blase und Harn-
röhre ist im allgemeinen ungenügend und befreit den Kranken höchstens
vorübergehend von seinen Beschwerden. Dagegen empfiehlt Füller folgendes
Vorgehen: vollständige Entfernung der Drüse durch perineale Zystostomte,
Einführung des Fingers in die Blase zur genaueren Orientierung; erscheint
die Hypertrophie zu gross oder haben sich Verwachsungen mit der Blase
gebildet, dann sekundäre Operation vom hohen Blasenschnitt aus; diese
sekundäre suprapubische Operation ermöglicht eine sichere und leichte
Drainage und gibt gleichzeitig der Blase Zeit, sich zu erholen.
Mudd (106) betont die Berechtigung eines operativen Eingriffes, der
in Analogie stehe mit der chirurgischen Behandlung der Appendizitis; die
Operation sollte schon in frühen Stadien ausgeführt werden. Mudd hat auch
unter Spinalanästhesie operiert; (am häufigsten Ausschälung vom Damm ans
unter Kontrolle des Auges und Fingers.)
Nach Strominger und Dimitriu (151) sprechen die Erfahrungen»
welche Herescu mit den verschiedenen Operationsmethoden machte, mehr
für den perinealen Weg, da auf diesem die Drüse leichter im ganzen entfernt
werden kann, die Drainageverhältnisse günstiger und Dauerfisteln seltener sind
als bei der transvesikalen Operation. Von den drei mitgeteilten Fällen
blieben bei zwei transvesikal Operierten Fisteln zurück, welche erst nach
einiger Zeit heilten, während der perineal Operierte glatt genas.
Nach Jaff6 (72) sind die Anzeigen zur Bottinischen Operation nur
dann gegeben, wenn ganz typische Prostatabeschwerden bestehen, auch bei
schwerer Zystitis, dagegen nicht bei akuter oder chronischer Urinretention
mit ungünstiger Rückwirkung auf das Allgemeinbefinden. Was die anatomische
Form der Hypertrophie betrifft, so liegen die Fälle am günstigsten« bei
denen die Behinderung am hinteren Rande des Blasenausgangs liegt; ist die
Harnröhre längs in stärkerem Grade gedehnt, oder die Pars prostatica
urethrae ausgiebig von der Drüse umwachsen, so sind die Aussichten schon
viel ungünstiger. Jaffa hält es für möglich, dass der Erfolg der Bottinischen
Operation dadurch zustande kommt, dass die Ductus ejaculatorii analog der
Deferentektomie durchtrennt werden. Jaffa berichtet über 46 eigene Fälle;
in den für das Verfahren geeigneten wurde bei Vs der Kranken die Blase
wieder völlig oder fast völlig entleerungsfahig ; bei Blasen- und Nierenbecken*
entzündungen sah Jaffe fast stets Besserung p. o., jedoch in keinem Falle
Heilung. Die Operation lindert die Schmerzen und vermindert den Blasen-
krampf durch die Durchtrennung des Sphinkters. Die Gefahr des Rezidivs
ist stets vorhanden, jedoch k^nn man bei verständigem Verhalten des
Patienten und bei gründlicher Nachbehandlung oft Besserungen auf Monate
und Jahre hinaus beobachten. Von Komplikationen p. o. beobachtete
Jaffö: Infektion der bis dahin keimfreien Blase, Hoden- und Nebenhoden-
Mohr, Verletzaogen and chirurg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1093
wnrden 6 von ihrer chronischen YoUständigen Retention geheilt. Bei der
transvesikalen Operation macht Loumeau zwei senkrekte, von vorn nach
hinten verlaufende Einschnitte am Blasenhals über der grössten Erbebung
der beiden yergrösserten Seitenlappen und schält beide getrennt voneinander
aas. In der Nachbehandlung zweimal täglich sehr heisse antiseptische Blasen-
Spülungen, ein Katheter ist bis zu der durchschnittlich nach 4 — 7 Wochen
eintretenden Heilung nicht nötig.
Sqniers (149) Beobachtungen an 28 Prostatektomien zeigen, dass
die Gefahr der Operation nur im Zustande des Patienten liegt. Die Anzeigen
müssen je nach den sozialen und physiologischen Verhältnissen sehr ver-
schieden gestellt werden. Squier operierte 7 mal suprapubisch mit peri-
nealer Drainage : 3 Todesfalle durch Shock, Blutung, Urämie, 3 gute Erfolge
mit völliger Entleerbarkeit der Blase und Kontinenz. 21 perineale Operationen
mit 2 Todesfällen an Urämie, beide Patienten litten an vorgeschrittener Nieren-
erkrankung und schwerer Zystitis; zweimal Mastdarmverletzung, einmal mit
einer 4 Monate p. o. noch bestehenden Mastdarmharnröhrenfistel. Ob die
Dnctus ejaculatorii erhalten bleiben, hängt mehr von Glück als von der Ope-
rationsmethode ab, zwei Patienten, bei welchen kein Versuch gemacht wurde,
die Gänge zu schonen, 'könnten in befriedigender Weise koitieren ; in 7 Fällen
Nebenhodenentzündungen p. o., zweimal doppelseitig, gewöhnlich am 9. — 10.
Tage beginnend, also zu einer Zeit, wo ergiebige Granulationen in der Wunde
auftreten ; vermutlich führen diese zu Verschluss der Gänge und Stauung in-
fektiösen Materiales, welches schliesslich rückwärts in den Nebenhoden ver-
schleppt wird; es empfiehlt sich daher bei starker Zystitis die Vasa defe-
rentia vor der Operation zu unterbinden, um dieser Komplikation vorzubeugen.
Fehlte Zystitis, so wurde der Drain durchschnittlich nach 24 — 48 Standen
entfernt; kein Verweilkatheter, aber täglich Blasenspülungen. Durchschnitt-
liche Heilungsdauer der Wunde 3 — 6 Wochen, jedoch blieb in den meisten
Fällen Zystitis oder Schwäche der Blasenmuskulatur zurück, welche eine weitere
Behandlnng erforderte.
Pauchet (111) führte die Prostatektomie in 56 Fällen aus, davon 53
perineal ; 4 Todesfälle. Bei kleiner Prostata mit atonischer oder mit kleiner,
reizbarer Blase, ebenso bei chronischer Prostatitis sollte man nicht operieren,
ausgenommen wenn der Eatheterismus versagt, dagegen stets bei der gewöhn-
lichen Form der Prostatahypertrophie, dem Adenom der Drüse.
Pousson (122) berichtet über 4 Fälle (2 perineal, 2 transvesikal ope-
riert). Bei 2 konnte der Katheter nach 3 — 4 Wochen dauernd entbehrt werden.
Pousson hebt bei der suprapubischen Drainage die Vorzüge der Tuben nach
Guyon-Perier hervor.
Snprapubische Prostatektomie.
Füller (49) weist nach, dass er die sogenannte Frey ersehe Operations-
methode in derselben Weise schon 1894 ausführte und 1895 veröffentlichte,
während Freyers erste Arbeit aus dem Jahre 1900 stammt. Frey er lernte
Füllers Operation durch den amerikanischen Chirurgen Guiteras 1900
kennen.
Füller wendet sich gegen Freyers Vorschrift, die Blasenschleimhaut
mit dem Fingernagel zu durchreissen, da es ein ganz unchirurgisches Vor-
gehen sei. Von seinen 300 Prostatektomien hat Füller V* perineal operiert.
lOdi Jahresbericht fllr Chirurgie. II. Teil.
Bei sozial günstig gestellten und vor der Operation sorgfaltig behandelten
Kranken ist die Sterblichkeit jetzt 4 ^/o, bei ärmeren, schlecht genährten nnd
vernachlässigten öV» — 7^/o. Die Geschlechtsfähigkeit hat ein Teil der Kranken
bereits vor der Operation verloren (Alter, alte entzündliche Veränderungen in
der Umgebung der Samenbläschen), ein bedeutender Teil auch durch direkten
Druck der vergrösserten Drüse auf die Samenkanäle und atonische Überdeh-
nung derselben; in solchen Fällen kann die Geschlechtsfahigkeit durch die
Operation wieder gewonnen werden. Nur in zwei von Füllers Fällen war
die Miktion während der Rekonvaleszenz gestört, einmal durch tuberkulöse
Perizystitis. Urinträufeln und Inkontinenz kamen p. o. die nächsten Monate
hindurch häufiger vor, jedoch blieb dieser Zustand nur bei einem Patienten
dauernd. Dammfisteln oder Mastdarmblasenfisteln p. o. sah Füller niemals.
Nach Wiener (165) erlaubt die Ausführung der suprapubischen Prostat-
ektomie' unter Lacbgasnarkose , selbst die verweifeltsten Fälle zu operieren:
weder Nierenentzündungen noch Basenkatarrhe^ noch vorgeschrittenes Alter
sind Gegenanzeigen. Selbst eine harte, kleine, fest verwachsene Drüse lässt
sich so in weniger als 10 Minuten ausschälen. Von 10 so operierten älteren
Patienten (darunter 2 Diabetiker) verlor Wiener trotz des miserablen All*
gemeinzustandes einiger Kranken keinen, auch sah er in keinem Falle p. o.
schwere Blutungen, Infektion oder Shock. Durch die Anwendung der Lachgas-
narkose werden also die bisherigen Gegenanzeigen gegen die Operation sehr
eingeschränkt. Die Durchschnittsdauer der Operation beträgt für Wiener
10 Minuten. 10 Krankengeschichten werden mitgeteilt. Seine guten Erfolge
verdankt Wiener folgenden Umständen: 1. Während der Operation wird in
die Harnröhre und Blase kein Instrument eingeführt. 2. Es wird für die
Narkose ausschliesslich Lachgas gebraucht. 3. Wiener operiert möglichst
rasch.
Kuss (80 u. 82) berichtet über zwei Obduktionsbefunde der Blase bei
10, bezw. 28 Tage nach der Prostatektomie (suprapubischen) Verstorbenen.
Fall 1: Blase sklerotisch, rechts und links von der entlang der Yorderwand
gespaltenen Harnröhre zwei tiefe Gruben, entsprechend den entfernten Seiten-
lappen, in völliger Wiederherstellung begrifiPen, mit bindegewebigem Grunde,
während sich die Schleimhautränder der Blase und Harnröhre in die Gruben
hineinschieben. Zwischen den beiden seitlichen Höhlen, die Spitze des Tri-
gonum vesicae mit dem ganz normalen Veru montanum verbindend, springt
ein länglicher, von Schleimhaut entblösster, starker Wulst vor, der Rest des
mittleren Lappens. Bei dem zweiten Patienten war vier Wochen vor
dem Tode eine hufeisenförmige hypertrophische Drüse transvesikal entfernt
worden. Autopsiebefund: Blase sklerotisch, die Spitze des Trigonum vesicae
ist durch einen queren, starken Wulst überdeckt, welcher zum Teil von der
sklerotischen Blasenwand gebildet wird, zum Teil aus Prostatagewebe besteht.
Dieser Vorsprung überragt eine unmittelbar nach der Harnröhre zu gelegene
2 — 3 cm tiefe Grube, welche gut vernarbt und von Drüsengewebe ausgekleidet
ist. Diese Gewebsschicht erscheint auf dem Durchschnitt ziemlich dick und
von einer bindegewebigen Kapsel umgrenzt. Veru montanum ist nicht mehr
zu erkennen, Samenkanälchen nicht mehr durchgängig, Samenbläschen stark
erweitert. Diese Zerstörung der Samenwege ist auf die anatomische Form
der entfernten Drüsen zurückzuführen : Der Isthmus vereinigt die Seitenlappen
nicht nur oberhalb des Veru montanum, sondern auch im Niveau deselben
und selbst unterhalb ; daher wurde bei der Ausschälung der Drüse das Vera
Mohr, VerleiziuigeD und chimrg. Krankheiteii der männlichen Genitalien. 1095
montannm en bloc mit dem übrigen Gewebe entfernt. Die übrigen ana-
tomischen Schlüsse, die Verf. ans seinem Präparat zieht, müssen im Original
nachgelesen werden.
Walker (160) demonstriert das Präparat einer Blase von einem zwei
Jahre nach der transvesikalen Entfernung der Drüse verstorbenen Kranken.
Die Höhle an der Stelle der entfernten Drüse war haselnussgross, anregel-
mässig viereckig begrenzt; gegen die Blase zu sprang eine quere, dünne, vom
Trigonnm vesicae gebildete Falte vor. Die Übergangsstelle in die Harnröhre
war vom und seitlich nicht zu erkennen, dagegen sprang an der Hinterwand
eine Zunge von Hamröhrenschleimhaut bis in die Mitte der Prostatahöhle
hinein. Die Auskleidung der Höhle war fast überall weich, nur unter der
oberen Falte lag ein härterer Knoten von Bindegewebe mit Drüsenresten.
Auf der Blasenschleimhaut papillomatöse Exkreszenzen. Walker zieht aus
diesem Befund folgende Schlüsse: eine Striktur p. o. ist im allgemeinen nicht
zu befürchten, da sie hier, zwei Jahre p. o. noch nicht eingetreten ist; eine
Kontraktion der Gewebe um die Öffnung der Prostatahöhle ist nicht einge-
treten, ebensowenig am Übergang zur Harnröhre. Die erwähnte vorspringende
Falte kann beim Katheterisieren den Katheter auffangen und falschlich zur
Annahme einer Striktur führen. Aus der Beschaffenheit des Präparates muss
man schliessen, dass der Gonstrictor urethrae an Stelle des Sphincter vesicae
tritt, da keine Inkontinenz bestand.
Von Freyers (45) 134 Kranken waren 7 über 80 Jahre alt, einer 79
Jahre; 7 von diesen sind zur Zeit noch gesund und können ihr Wasser ohne
Beschwerden lassen. Das Alter bildet demnach keine Gegenanzeige gegen
die Vornahme der Operation, besonders wenn man rasch und möglichst blut-
los operiert.
Frey er (46) teilt in dieser Arbeit 60 in den Jahren 1904/5 operierte
Fälle mit und gibt die interessantesten Krankengeschichten im Auszuge.
5 Todesfalle. Die Krankengeschichten zeigen u. a., mit welcher Schnelligkeit
die transvesikale Prostatektomie nach Freyer ausgeführt werden kann.
Frey er gebrauchte in mehreren Fällen von Beginn der Operation bis zur
Entfernung der Drüse aus der Blase nur 6 Minuten. Bei einem Patienten,
welcher vor Jahren ohne Erfolg nach Bottini operiert war, war die Aus-
schälung infolge der durch die frühere Operation hervorgerufenen narbigen
Verwachsungen zwischen Prostata und Blase schwierig. In mehreren Fällen
wurden gleichzeitig Blasensteine entfernt. Bei einem Patienten (dem vierten
von Frey er beobachteten Fall dieser Art) war die teilweise Entfernung der
Drüse von der Blase aus (McGill sehe Operation) früher ohne Besserung aus-
geführt worden, während nach der vollständigen Ausschälung Heilung erfolgte.
Bei einem 74jährigen Patienten mit unregelmässigem, aussetzenden Pulse,
chronischer Bronchitis und mühsamer Atmung wurde trotz des miserablen
Allgemeinzustandes auf den dringenden Wunsch des Kranken operiert, und
zunächst ein Blasenstein entfernt; die Prostata war grösser als ein Kricket-
ball. Infolge der Korpulenz und der Muskelrigidität, selbst bei tiefster Nar-
kose, war es sehr schwierig, das distale Ende der Drüse zu erreichen und
auszuschälen. Die Ausschälung dauerte statt der gewöhnlichen 3 — 6 Minuten 26.
Trotz starker Blutung und Kollapses p. o. rasche Erholung und Heilung mit
normaler Miktion.
Frey er (47) gibt in einer weiteren Arbeit kurze Auszüge der Kranken-
geschichten der neuesten 36 seiner 206 bisher Operierten. Ein Todesfall nach
1096 Jahresbericht fflr Chimrgie. II. Teil.
einer ungewöhnlich blutigen Operation mit schwerem Shock. Unter Freyers
206 Fällen im Alter von 53—87 Fällen waren die meisten seit längerer Zeit,
bis zu 24 Jahren, von ihrem Katheter abhängig, nur sehr wenige waren frei
von ernsten Komplikationen, manche waren moribund, jedenfalls aber die
meisten in einem unerträglichen Zustande. Frey er gibt eine tabellarische
Übersicht über die Hauptdaten der 206 Fälle: 3 von diesen waren Karzinom.
Sterblichkeit 8 7o, unter den letzten 103 Kranken 6 ^h, unter den letzten 36
nur 3°/o. Diese Besserung rührt daher, dass die Operation populär geworden
ist, und die Patienten frühzeitiger kommen.
Nico lieh (108). Bericht über vier transvesikale Operationen bei un-
vollständiger, chronischer, aseptischer Retention mit Erweiterung der Blase.
Vollkommene Heilung mit guter Blasenfunktion. Keiner zeigte p. o. ii^end-
welche Komplikationen, wie sie beim Katheterismus derartiger Formen von
Prostatahypertrophie häufiger vorkommen; die Patienten konnten nach 17 bis
30 Tagen spontan, normal, ohne Residualham urinieren. Technik nach Frey er,
Tamponade der Blase mit Jodoformgaze p. o. ohne irgendwelche Naht der
Blase oder der Bauchwand, kein Dauerkatheter. Die Blasenwunde schloss
sich durchschnittlich in 20 Tagen, die Bauchwunde in 35. Durch diese
Technik werden Blutungen ex vacuo bei wiederholtem Katheterisieren ver-
mieden. Die transvesikale Methode ist vorzuziehen, wie sich auch aus einem
Vergleich mit Pauchets Erfolgen bei perinealer Operation unter gleichen
Verhältnissen ergibt.
Ravasini (126) berichtet über 12 von Nicolich ausgeführte Prostat-
ektomien, darunter 9 nach Frey er und 3 teilweise Entfernungen (8, bezw.
3 Heilungen, 1 Todesfall). Ein Patient war ohne dauernde Besserui^ vor
Jahren nach Bottini operiert; es handelte sich um einen 71 jährigen
Mann mit sehr grosser Drüse; Heilung mit leicht getrübtem Urin. Die Ge-
nesenen verhessen nach 25 — 60 Tagen das Krankenhaus, teils mit klarem,
teils mit noch getrübtem Urin, jedoch ohne Retention.
Thomas (154) hatte in 5 Fällen von McGillscher Operation nur un-
sichere Erfolge, dagegen gute bei 13 suprapubischen und 2 perinealen voll-
ständigen Prostatektomien. 2 Todesfälle. Nur Chirurgen, welche starke, zu-
gespitzte Nägel haben, können die Frey ersehe Operation ausführen. In der
Mehrzahl der Fälle lässt sich die Drüse suprapubisch in wenigen Minuten
ausschälen. Bei mehreren der suprapubisch Operierten wurde ausser Skalpel
und Katheter kein Instrument gebraucht, keine Ligatur verwendet. Eventuell
drängt Thomas mit Hilfe eines in den Mastdarm eingeführten Elevators
(statt des von Frey er benutzten Fingers) die Drüse nach oben. Blasentam-
ponade (gewöhnliche Gaze) verwendet Thomas p. o. nur bei septischen
Fällen mit gelähmter Blase. Die Genesenen heilten mit guter Blasenfonktion.
In einem Falle wurde bereits 24 Stunden nach Beginn der ersten Erschei-
nungen der Prostatahypertrophie, nämlich akuter, kompletter Retention, ope-
riert und Verf. empfiehlt, öfters so frühzeitig vorzugehen, um den schweren
Komplikationen des Katheterlebens vorzubeugen. In einem der transvesikal
operierten Fälle war keine deutliche Grenze zwischen Prostatakapsel und
Umgebung vorhanden; nach Entfernung der knorpelharten Drüse fand sich,
dass ein Samenbläschen mit ihr verwachsen und die Bauchhöhle eröffnet war.
Wegen des kollabierten Zustandes des Patienten konnte die Laparotomie
nicht gewagt werden, daher einfacher Verschluss der Bauchhöhlenöffnung,
Blasentamponade, Tod nach zwei Tagen an Shock. Die perineale Opera-
Mohr, VerletzuDgen und chirarg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1069
entzöndnDgen , Prostata -Abszess, Thrombose der Schenkelveneo , einmal
Blasenmastdarmfistel. Dagegen war die Sterblichkeit sehr gering; von den
vier Todesfällen war nur einer dnrch einen yermeidbaren technischen Fehler
bei der Operation yerschuldet.
Prostatektomie, Allgemeineres, grössere Arbeiten.
Proust (125) erörtert die Technik der perinealen und transvesikalen
Prostatektomie; bei ersterer spaltet Proust nach Freilegung der Drüse und
Auslösung aus der Kapsel dieselbe in der Mitte, wobei die Harnröhre eröffnet
wird; die Hälften der Drüse werden einzeln mit Finger oder Scheere ganz
oder in einzelnen Stücken entfernt. Die Hamröhrenöffnung wird bis auf
eine Stelle für ein dickes Drain wieder vernäht. Proust drängt sich die
▼ei^össerten Drüsenlappen mit dem Finger von der Blase aus vor, fasst sie
dann mit Haken und zieht sie hervor. Auch bei der transvesikalen Ope-
ration wird, nachdem die Kapsel mit dem Finger gespalten, die Lappen bis
in die Harnröhre hinein ausgelöst sind, die Blase wieder bis auf die Drain-
öffnnng vernäht.
Nach Proust ist die transvesikale Operation zwar gefahrlicher als die
perineale, aber auch wirksamer; zumal bei unvollständiger Retention trat
nach der perinealen Operation oft keine Besserung ein, auch blieb häufig
nach ihr Inkontinenz zurück; nur bei schwerer Blaseninfektion ist die peri*
neale Methode entschieden vorzuziehen.
Verhoogens (158) etwa 1000 Fälle umfassende Statistik der Prostat-
ektomie zeigt, dass in der überwiegenden Mehrzahl die Hypertrophie des Or-
gans die Anzeige zur Operation bildete. Operiert soll stets werden, wenn
infolge der Prostatahypertrophie sekundäre Erkrankungen auftreten. Ver-
hoogen hat 21 mal perineal operiert mit einem Todesfalle einige Wochen
p. o. an Blasen-Niereninfektion, die schon vorher bestand. Bei vier Kranken
blieben Harnröhrenfisteln zurück, einmal Riss in den Mastdarm mit nach-
folgender Hamröhrenmastdarmfistel, in einem zweiten Fall Fistelbildung einige
Tage p. o. infolge Nekrose der Mastdarmwand. Die Wundheilung war in den
nicht komplizierten Fällen meist in 3—4 Wochen vollendet, das funktionelle
Resultat im allgemeinen sehr gut.
Rovsing (139) polemisiert gegen die Ausführungen zu gunsten der
totalen Prostatektomie von Gundersen, der diese Operationsmethode als
Normalverfahren bei der Behandlung dieser Krankheit empfiehlt. Nach Wider-
legung einiger Behauptungen Gundersens bezüglich der Auslassungen Rov-
sings in dieser Frage und Hervorhebung der grossen Mortalität und der
auffallenden Übelstände (Impotenz, Fisteln im Perineum und Rektum), die
eine Prostatektomie mit sich bringt, betont Rovsing den guten Effekt der
Vasektomie in den leichteren Fällen, und wie eine Cystotomia suprapubica
in Fällen von Retention und Infektion durchaus nicht mit den Unanehmlich-
keiten verbunden ist, die Gundersen hervorhebt, sondern manchem Patienten
das Leben rettet. Hj. von Bonsdorff.
Gundersens (58) Aufsatz stellt eine Zurückweisung der Einwände
dar, die Rovsing gegen die früheren Ausführungen des Verf. zu gunsten
der totalen Prostatektomie erhoben hat. An der Hand von statistischen
Daten sucht er nachzuweisen, dass die Prostatektomie keine Operation mit
80 grosser Sterblichkeit sei, wie Rovsing behauptet, und im übrigen den
JahrMberioht fOx Chirurgie 1905. 69
1090 Jahrasbericht fflr Cbimrgie. IL Teil.
Einwendungen entgegenzutreten, die gegen diese Operationsmethoden geäussert
worden sind. Demgegenüber weist er auf die Unsicherheit und die Übebtande
der Vasektomie und der Cystotomia suprapubica hin. Vier mit Erfolg ope-
rierte Fälle werden mitgeteilt. Hj. von Bonsdorf f.
Sandbergs (145) Statistik umfasst 4 Fälle, worunter 1 Prostatectomia
vesicalis, die übrigen perineales. Ein Fall wird als misslungen notiert. Dessen-
ungeachtet will Verf. die Methode, Prostatektomie auszuführen, weiter prüfen,
der er eine glänzende Zukunft vorhersagt, wenn die Technik einmal ver-
bessert worden ist. Zwei Momente werden hervorgehoben: Nie Chloroform
als Narkotikum anzuwenden sowie die Eröffnung der Harnröhre zu vermeiden.
Zur Traktion wird ein Instrument analog dem Taitschen „Korkzieher* vor-
geschlagen. Hj. von Bonsdorf f.
Nach Desnos (36) ist die Hauptanzeige für die Prostatektomie die
Urinretention. Jedoch kann die Operation bereits in der ersten Periode der
Erkrankung in Frage konmien, wenn sie von Anfang an schmerzhaft verläuft.
Während man bei einer sich schnell entwickelnden oder akuten Retention
abwarten soll, so drängen bei chronischer Retention besonders eine gleich-
zeitige Infektion der Blase, die Unmöglichkeit, aseptisch zu katheterisieren
und ebenso Schwierigkeiten beim Katheterismus zur Operation.
Er d mann (41) will zeigen, welche Vorteile es hat, die Prostatektomie
(perineale) möglichst in allen denjenigen Fällen sofort auszuführen, in
welchen die Prostatahypertrophie wenigstens zum Teil die Ursache einer
Urinretention ist, und welche eine eilige operative Blasendrainage erfordern.
Er d mann teilt die Krankengeschichten von 8 derartigen Fällen mit; sie
betrafen :
1. Undnrchgängigkeit der Harnröhre infolge von Striktur mit Raptar derselben, Gangrfin
des Damms and Hodensacks, Prostata stark vergrössert 2. Retrograde Blatnng infolge von
mehrfachem, schwierigen Eatheterismus bei bösartiger Prostatageschwolst, Blase voll von
Blntgerinnsein nnd von blutigem Urin. 8. Falscher Weg, retrograde Blutung, suprapubische
Aspiration, gefolgt von aasgedehnter Urininfiltratin. 4. Akate Urinretention infolge £r-
kflltung, Traama der Harnröhre durch Schwierigkeiten beim Katheterisieren, Prostata ver-
grössert. 5. Traama der Harnröhre dnrch Katheterisieren wegen Urinverhaltang, retrograde
Blutung, Prostata stark vergrössert. 6. Tiefliegende Hamröhrenstriktnr, Obstruktion, Katfae-
terismus, Zystitis mit ausgesprochener Absorption, Prostatabypertrophie. 7.-8. Urinretention
mit leichtem Trauma der Harnröhre, Prostatahjpertrophie.
Sechs Kranke genasen. Während man sich bisher in derartigen Fällen
meist mit snprapubischer oder perinealer Drainage begnügte, empfiehlt Erd-
mann, stets die Prostatektomie hinzuzufügen, und zwar aas folgenden
Gründen: 1. Die Prostatektomie erfordert nur wenige Minuten mehr, nnd
die Ausschälung der Drüse vermehrt den Shock nicht in erheblicher Weise.
2. Die Entfernung der Drüse schafft freieren Urinabfluss und bessere Drai*
nage. 3. Die Spülung der Blase wird erleichtert.
Die perineale Prostatektomie ist vorzuziehen, weil die Öffnung am
tiefsten Punkte der Blase liegt, die Drainage leichter durchzuführen ist und
auch die Nachbehandlung einfacher ist.
Watson (164) behauptet, dassGouley (New York) als erster im Jahre
1873 ein Verfahren der Prostatektomie beschrieben habe. Diese Methode:
äussere perineale Urethrotomie, Einführen der Zeigefingerspitze in die Urethra
prostatica, sehr schnelle Ausschälung der Drüse von den Seiten derselben
aus, bevorzugt Watson auch heute noch, und illustriert die einzelnen Phasen
der Operation durch Abbildungen. Die Verletzung des Ductus ejacnlatorii
Mohr, VerletzoDgen anci oliinirg. Krankheiten der m&nnlichen Genitalien. 1091
wird dadurch yermieden, dass man den Boden der Harnröhre, wo sie ein-
münden, nicht mit einreisst. Bei der Ausschälmig soll die Fingerkuppe immer
nach oben aussen arbeiten, nie nach unten gegen die Mastdarm wand gerichtet
sein, um eine Verletzung desselben zu vermeiden. Bei sehr fester Verwach-
sung der Drüse mit der sogenannten Kapsel muss die Drüse stückweise ent-
fernt werden, und zwar sollte eine dünne Schicht Drüsengewebe an der Innen-
fläche der Kapsel zurückgelassen werden. Die suprapubische Operation stammt
nicht von Freyer, sondern von Beefield und Mc. Gill, und ist von
Watson selbst mehrere Jahre Yor Freyers erster Veröffentlichung ausge-
führt worden.
Watson zeigt an Abbildungen von Präparaten, dass bei enormer Ver-
grösserung des Mittellappens die suprapubische Operation vorzuziehen ist.
15 Abbildungen entfernter Drüsen zeigen die verschiedenen, von Watson
erörterten anatomischen Formen.
Tinker (156) benutzt zur perinealen Prostatektomie unter lokaler An-
ästhesie 1 : 500 Beta Eukain, dem soviel Adrenalinchlorid zugesetzt wird, um
dieses letztere in der Stärke von 1:120000 in der Eukainlösung zu haben.
Das Adrenalin verhindert rasche Absorption des'Eukain und macht die Ope-
ration fast blutleer. Die die Perinealgegend versorgenden Nerven werden
einen Zoll nach innen und vom von der Tuberositas ischii durch tiefe In-
jektion von 30—60 Minims 0,5 Eukain anästhesiert imd ausserdem wird mit
der obigen schwächeren Lösung das Operationsfeld infiltriert. Bei recht-
zeitigem Fassen der grossen Gefasse, was bei Anwendung des Youngschen
Traktors leicht möglich ist, beträgt der Blutverlust bei der ganzen Operation
nur etwa einen Esslöffel. Gelegentlich ist es notwendig, etwas Lachgas oder
Äther zu geben. Maass (New York).
Andre (4) machte anter 24 Prostatektomien in 3 Fällen die perineale
Operation sekundär bei Männern, welche vor längerer Zeit eine suprapubische
Zystostomie durchgemacht hatten. Es handelte sich um Prostatiker, denen
bei schwerer Infektion und Retention zunächst die Zystostomie (suprapubisch)
als lebensrettende Operation gemacht worden war, in einem Zustande, in
welchem sie die Prostatektomie nicht ertragen hätten. Erst nach Besserung
des örtlichen und allgemeinen Zustandes durch die permanente Blasendrai-
nage konnte die Prostatektomie nach 1 Jahr, 2 Jahren, 2 Monaten vorge-
nommen werden. Bei einem Patienten mit sehr schwerem Blutharnen, starker
Anämie, völliger Retention und grosser, auf Krebs verdächtiger Prostata
wurde zunächst wegen des schlechten Allgemeinzustandes die suprapubische
Zystostomie ausgeführt. Da hiemach die Blutungen aufholten und der Kranke
sich schnell erholte, wurde die Diagnose Karzinom wieder zweifelhaft und
2 Monate nach der ersten Operation die perineale Prostatektomie mit sehr
gutem fonktionellen Erfolge ausgeführt.
Ruggles (140) erörtert die Ursachen der nach einer Prostatektomie
eintretenden Inkontinenz, welche in 3 — 7 7o der Fälle beobachtet wird; sie
wurde bisher auf sehr verschiedene Ursachen zurückgeführt: Bildung einer
rigiden, narbigen Harnröhre an der Stelle der Operationshöhle, oder Zerstö-
rung des Blasenschliessmuskels bei der Operation; gegen diese Ätiologie
spricht jedoch der Umstand, dass bei vollständiger Entfernung der Urethra
prostatica in den Fällen Freyers und Moynihans niemals Inkontinenz
eintrat. Ruggles nimmt daher an, dass die Inkontinenz entweder eine
Folge von Verletzung des den Sphincter extemus versorgenden, nahe an der
69*
1092 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
Prostata verlaufenden Nerven ist, oder eine Folge der Verletzung der Pars mem-
branacea der Harnröhre mit gleichzeitiger Schädigung des Sphincter extemus
durch die Manipulationen bei der Operation. Paher sollte, um Inkontinenz
zu verhüten, bei der perinealen Prostatektomie der Schnitt in die Harnröhre
so nahe wie möglich an die Prostata herangelegt werden, genau in die mittlere
Baphe des Compressor urethrae; Dehnung und Zerrung dieses Muskels sollte
möglichst vermieden werden. Von diesem Gesichtspunkte aus verdient die
suprapubische Operation überhaupt den Vorzug.
Ware (162) zeigt an zwei Beobachtungen, dass auch nach einer tech-
nisch gut ausgeführten Prostatektomie keine wesentliche Besserung eintreten
kann. Der erste Patient hatte 4 Wochen nach einer vollkommen glatt ver-
laufenen perinealen Prostatektomie wieder genau dieselbe völlige Retention
wie vor der Operation. Das Zystoskop zeigte am Blasenhals ein Ödem der
Blasenschleimhaut; dieses schwand später, jedoch trat in der Gegend des
Veru montanum ein Vorsprung auf, welcher vermutlich die Obstruktion ver-
schuldete. Nach Kauterisation desselben und Bottini scher Operation keine
Besserung, daher suprapubische Zystostomie, bei welcher nichts besonderes
gefunden wurde. Vermutlich war die Blase so atonisch, dass ein Teil der
Blasenwand sich vor das Orificium intemum legte. Auch bei dem zweitem
Patienten mit Retention und ausgesprochener Zystitis trat nach der voll-
kommen glatt verlaufenen transvesikalen Operation keine wesentliche Besse-
rung ein, Zystitis und Residualham blieben.
In der Diskussion werden ähnliche Misserfolge erwähnt; sie haben ver-
mutlich ihre Ursache meist im Zustande der Blase, sei es, dass eine unheil-
bare Blasenatonie vorliegt, oder eine schwere Blasenschrumpfung. In ein-
zelnen Fällen ist auch wohl ein bei der perinealen Operation übersehener
und zurückgebliebener mittlerer Lappen schuld.
Pi Icher (116) gibt eine Übersicht über den augenblicklichen Stand
der Frage der Prostatektomie. Schlüsse: Die Entfernung der ganzen hyper-
trophischen Prostata oder eines grösseren Teils derselben ist eine sichere und
relativ ungefährliche Operation. Die Operationswunde heilt mit wenigen Aus-
nahmen stets ohne Fistel oder Striktur. In der Mehrzahl der Fälle wird die
Fähigkeit, den Urin zu halten und zu lassen, wieder normal. Diese Erfolge
werden bei den verschiedensten Verfahren erzielt. Der schlechte ortliche
und allgemeine Zustand ist die Hauptursache der Mortalität, welche gegen-
wärtig 5 — lO^/o beträgt. Postoperative Komplikationen sind, der Häufigkeit
nach geordnet : sexuelle Impotenz, Hoden- und Nebenhodenentzündungen, teil-
weise Inkontinenz, Fisteln. Pi Icher hat perineal 28 Fälle operiert.
Loumeau (93). Bericht über 39 Prostatektomien, darunter 29 peri-
neale; bei diesen vrurde 27 mal das Morcellement nach Albarran, zweimal
die Youngsche Technik angewendet. Bei den 29 perinealen Operationen
1 Todesfall an Blutung; bei den 28 Genesenen wurde die Miktion bei 15
ganz normal, ohne irgendwelche Blasenkomplikationen. In den übrigen Fällen
blieb nach Mastdarmverletzung, welche sofort vernäht wurde, viermal eine
dauernde Fistel (sekundäre Harnröhrenmastdarmfistel) zurück; bei 3 Patienten
Hamröhrendammfisteln, welche sich immer wieder öffneten, dreimal Sphinkter-
schwäche, einmal schwere Phlebitis beider Beine. Was die Geschlechtsfahig-
keit angeht, so schwanden bei 15 die Erektionen seit der Operation, 3 hatten
noch Erektionen, jedoch ohne Ejakulation, 9 waren bereits vor der Operation
impotent und sind es geblieben. Von 7 nach Frey er transvesikal Operierten
Mohr, Yerleizungen und chimrg. Krankheiten der inännliohen Genitalien. 1101
Raphe des Dammes; bei tiefer Lage der Drüse eventuell Y-förmige Hilfs-
schnitte in der Richtung der Tubera ischii; ist eine YÖlIige Ausschälung be-
absichtigt, dann wird die Harnröhre auf dem in die Blase eingeführten
Metallkatheter eröffnet, dagegen muss bei Resektion der Drüse die Harnröhre
ganz intakt gelassen werden. Die Prostatakapsel wird quer, nahe der Pars
membranacea urethrae eingeschnitten, und die Druse mit dem Finger aus-
geschalt. Bei der Resektion wird die Fascia perinealis gespalten, der hintere
Teil der Drüse freigel^^ die Kapsel beiderseits 6 mm von der Mittellinie
entfernt eingeschnitten, um Ductus ejaculatorii und Harnröhre zu schonen.
Bei der Resektion wird nun die Ausschälung mit dem Finger nur bis zu
einiger Entfernung von der Harnröhre fortgesetzt und der zum Teil ausge-
schälte Lappen reseziert. Zug und Druck von der Blase aus, um die Ope-
ration zu erleichtem, verwirft Fowler, da solche Manipulationen zu Parese
und Paralyse des Sphinkters führen können. Kein Dauerkatheter in der Nach-
behandlung, Pat. soll möglichst frühzeitig aufstehen.
Bazy (14) entfernte perineal nach einem medianen Längsschnitt in die
Harnröhre ein doppelseitiges Prostataadenom der beiden Seitenlappen mit
bindegewebiger Brücke. Das Präparat soll zeigen, dass man die hyper-
trophische Prostata in einem Stück perineal entfernen kann, ohne dass die
Harnröhre anders verletzt würde als durch einen medianen, in die Blase
reichenden Schnitt.
Syms (152) bedient sich, um möglichst rasch und blutlos zu operieren,
folgender Technik: Medianschnitt am Damm, Eröffnung der Pars membrana-
cea urethrae auf einer Steinsonde; der in die Harnröhre eingeführte Finger
erweitert dieselbe zunächst, dann wird ein Syms scher Traktor eingeführt,
eine Art von Kolpeurynter, welcher von der Blase aus einen elastischen Druck
auf die Drüse ausübt; die Drüse wird hierauf ohne direkte Inspektion aus-
geschalt, die ganze Operation kann in 15—20 Minuten ausgeführt werden.
Syms lässt oft schon nach zwei Tagen aufstehen, selten länger als vier Tage
zu Bette liegen. 60 Operationen mit 4 Todesfällen. Trotzdem Syms ein
Stück Faszie zurücklässt, um die Ductus ejaculatorii zu schonen, resultierte
in der Mehrzahl der Fälle Impotenz; einzelne Patienten gewannen dagegen
nach der Operation ihre Potenz wieder.
Zuckerkandl (172) berichtet über 20 Fälle. Die Prostata war meist
in zwei Lappen ausschälbar, einmal in toto als geschlossener Ring. Es wurde
nur in sehr vorgeschrittenen Stadien der Erkrankung operiert : bei chronischer
Harnverhaltung, sehr häufig notwendig werdendem Katheterismus, schwerer
Passage, quälenden örtlichen Erscheinungen, Blutungen und Blasensteinrezidiv.
Als Gegenanzeigen wurden schwere Niereneiterungen, Diabetes und Arterio-
sklerose angesehen, dagegen niemals ein ungünstiger Zustand der Blase. In
zwei Fällen verlief die völlige quere Durchreissung der Harnröhre bei der
Operation ohne dauernden Nachteil. Mastdarmverletzungen kamen zweimal
vor, die Naht hielt nicht. 19 von den 20 Fällen heilten in 3—8 Wochen,
zwei Patienten bekamen Fisteln. Das funktionelle Resultat war sehr befrie-
digend; nur anfanglich wurden Erscheinungen von Inkontinenz beobachtet.
Die Hamretention kehrte nur in einem Falle wieder, und zwar bei einem
Patienten mit entzündlicher Hyperplasie der Drüse. Zweimal unter 20 Fällen
handelte es sich um Krebs. Fälle mit Steinbildung verliefen besonders günstig.
Nach Zuckerkandis Methode kann man auch die grössten hypertrophi-
1102 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
sehen Drüsen perineal entfernen und die chronischsten Formen der Retention
heilen.
Young (168) berichtet über die Erfolge bei 75 nach seiner Technik
(cf. frühere Jahresberichte) operierte Fälle. Die einzelnen Phasen seiner
Operation werden in klaren Bildern erläutert. Vier von Youngs Patienten
waren über 80 Jahre alt. Kein einziger starb im direkten Anschlnss an die
und durch die Operation. Die vier Todesfälle ereigneten sich einige Wochen
später durch Urämie, Lungenembolie, schwere Nierenerkrankung und Pnen-
monie. Nur in 2 unter 75 Fällen ist Restham in irgendwie beträchtlicher
Menge zurückgeblieben, die Obstruktion wurde in allen bis auf diese Fälle
behoben. Bei einer Anzahl von Patienten war auch nach der Operation
noch Blasenkatarrh, Blasenschrumpfung und daher mehr oder weniger häufiger
Harndrang vorhanden. In keinem Falle blieb dauernd Inkontinenz bestehen^
nur bei einem trat später eine Verengerung der Harnröhre ein, welche durch
Verletzung des Bodens der Urethra prostatica bei der Operation entstanden
und leicht zu erweitem war. Erektion und Potentia coeundi blieben in einem
grösseren Prozentsatz erhalten. Die Dammfisteln schlössen sich gewöhnlich
innerhalb zwei Wochen, nur bei zwei Patienten (einer davon Karzinom) blieben
sie dauernd.
Vier p. o. entstandene Mastdarmhamröhrenfisteln wurden sämtlich durch
Sekundäroperation geheilt. Unter den letzten 35 Fällen, in welchen die
Musculi levatores ani wieder mit Catgut vereinigt wurden, und jeder Druck
des Tampons gegen die Mastdarmwand vermieden wurde, ereignete sich keine
Fistelbildung mehr.
Young (169) bespricht auch in dieser Arbeit hauptsächlich die End-
resultate seiner 75 Prostatektomien. Der Gebrauch seines doppelblätter^en
Retraktors erwies sich als sehr nützUch, sowohl für die Fixierung der Pro-
stata bei den Inzisionen, als auch, um sie zur Aiisschälung möglichst herunter-
zudrängen, und selbst grössere Mittellappen zu entfernen, ohne die Blasen-
Harnröhrenschleimhaut und die Ductus ejaculatorii zu verletzen. Die Erhal-
tung dieser Teile ist, da 50 ^/o der Patienten noch geschlechtsfahig sind, sehr
wichtig. Die Erhaltung der Urethra prostatica machte Katheterisieren p. o.
unnötig und beschleunigte den Schluss der Dammfisteln, so dass in vielen
Fällen der gesamte Urin nach 6 — 8 Tagen auf normalem Wege entleert
wurde; sie begünstigte ferner den raschen Eintritt normaler Miktion und
verhütete Inkontinenz. Young unterbindet jetzt am Schluss der Operation
stets die Vasa deferentia, um Hodenentzündungen vorzubeugen.
Young (168). Bericht über 50 weitere Fälle von perinealer Entfernung
der Prostata. Die Operation wird unter Spinalanalgesie ausgeführt, zu der
Vi — 3 Gran immer genügen. Ein in die Blase vorspringender Mittellappen
wird entweder mit dem von Young beschriebenen Retraktor oder mit dem
Finger in den nach Entfernung der Seitenlappen leer gewordenen Raum
hineingedrängt und dann leicht entfernt. Steine massiger Grosse können
entfernt werden, indem die prostatische Harnröhre seitlich gespalten wird.
Wenn die Beseitigung eines Mittellappens der Prostata grosse Schwierigkeiten
macht, kann bei bereits impotenten Patienten auch die ejakulatorische Brücke
gespalten werden. Zystoskopie ist, wenn nicht kontraindiziert, immer aus-
zuführen wegen Mittellappen, Stein und besonders Divertikel. Kein Verweil-
katheter, lose perineale Gummirohr- und Gazedrainage, die in 2 — 4 Tagen
zu entfernen ist ; keine Sondierungen, reichliche Wasserzufuhr, eventuell sub-
Mohr, Verletzangen und chirurg. Erankheiton der mftnnlichen Genitalien. 1103
kntan. Besondere Schwierigkeiten in der Nachbehandlung machen Katarrh
nnd Blasenschmmpfung; letztere kann sehr erfolgreich mit hydraulischer
Dilatation, die aber sehr schmerzhaft ist, behandelt werden. Die Patienten
standen im Alter von 50 — 82 Jahren. Alle hatten Katarrh. Einige mussten
w^en Urämie mit Verweilkatheter und reichlicher Flüssigkeitszufnhr vor-
behandelt werden. Epididymitis wurde nicht beobachtet, seitdem die perineale
Drainage früh entfernt wurde, und Kathet-erisation unterblieb. Das Ope-
rationsyerfahren ist durch reichliche Illustrationen gut erläutert.
Maass (New York).
Frank (43) berichtet über einen perineal nach Youngs Technik mit
Erfolg operierten 70jährigen Mann mit vollständiger Retention. Die Drüse
wurde stückweise entfernt. Harris betont in der Diskussion, dass man bei
derartigen alten und gebrechlichen Patienten die perineale Drainage möglichst
bald entfernen und die Kranken möglichst früh aufstehen lassen müsse. So-
wohl der Allgemeinzustand hob sich dann rascher als auch heilte die Damm-
wnnde schneller. Mc Arthur warnt vor zu kräftigem Gebrauch der Re-
traktoren, da hierdurch eine Mastdarmperforation entstehen könne.
Frank (44). MitteUang zweier Fälle: 1. 70 jfthriger Mann, starke VergrOseernng aller
3 Lappen, schlechter AUgemeinzastand. B eilung mit kleiner Dammfistel. Fat. blieb p. o.
potent. 2. 62jAhriger Mann, mit gleich gutem Erfolge operiert
Nach Ball (7 u. 9) entspricht Youngs Technik am besten der Forde-
rung, einen genügenden Teil der Drüse zu entfernen, ohne schwere Kompli-
kationen oder dauernde Schädigung wichtiger anatomischer Gebilde herbeizu-
führen. Nur unter dieser Voraussetzung ist die Operation gerechtfertigt.
Ball berichtet über zwei eigene Fälle. Im ersteren gelang es nicht, die
Harnröhre ganz zu schonen; am neunten Tage entwickelte sich eine schwere
eitrige Hoden- und Nebenhodenentzündung mit Hodennekrose, vier Wochen
p. o. auch auf der anderen Seite eine leichte Nebenhodenentzündung, die in
einigen Tagen zurückging, während der andere Hoden sich grösstenteils nekro-
tisch abstiess. Diese lebensgefährliche Komplikation war als Folge einer von
den verletzten Ductus ejaculatorii aus fortgeleiteten Infektion anzusehen, und
zeigt die Wichtigkeit, diese Gänge unverletzt zu erhalten. Im zweiten Falle
wurde die Urethra prostatica verletzt und diese Verletzung durch Fntfemung
mehrerer Blasensteine noch grösser; zunächst glatter Verlauf, zwei Wochen
p. o. stand Patient auf, dann drei Tage später Erbrechen und Fieber bei
gut aussehender Wunde, klarem Urin und gutem Abfluss desselben. Tod
23 Tage p. o. Verf. denkt trotz des zufriedenstellenden Zustandes der Blase
und Wunde an eine spät einsetzende sekundäre Infektion.
Bark er (13) hat 30 Prostatektomien nach folgender Methode operiert:
Grosser Hufeisenschnitt am Damm, Ansatz des Sphincter ani und der vor-
deren Levator ani -Teile am Centrum tendineum werden durchtrennt (und
nachher wieder genäht). Durch die eröffnete Harnröhre wird ein Traktor
eingeführt und die Prostata in die Wunde gezogen.
Barkers Traktor unterscheidet sich von dem Young sehen dadurch,
dass die Branchen um 90^ gedreht sind; durch Hebung des Stiels, wobei
die Symphyse als Hypomochlion dient, wird die Prostata abwärts gehebelt.
1 Todesfall an Pneumonie vor der Operation. Bark er hält die Operation
im Frühstadium der Erkrankung für wenig gefährlich und für angezeigt, sobald
die ersten ernsteren Störungen auftreten.
Preindlsberger (123) hat sechs meist schwere Fälle, alle mit infi-
1104 Jabresbericbt für Chirurgie. II. Teil.
zierter Blase, nach Zuckerkandis Technik operiert. Mitteilung der Kran-
kengeschichten. In einem Falle misslang die völlige Ausschälnng, weil das
Gewebe so zerreisslich war, dass Preindlsberger an ein Neoplasma dachte :
mikroskopisch bandelte es sich jedoch um glanduläre Hypertrophie mit starker
Atheromatose der Arterien. Im weiteren Verlauf Harnretention und Unmög-
lichkeit, zu katheterisieren. Tod an Entkräftung. Bei der Sektion zeigte es
sich, dass der obturierende Teil der Drüse nur zum Teil entfernt worden
war. Vier gute Resultate, auch noch bei der Nachuntersuchung V> Jahr p. o.
Die Operationen wurden unter Rückenmarksanästhesie (Tropakokain) mit voll-
ständiger Analgesie ausgeführt. In einem Falle war der Verlauf durch eine
Striktur des Orificium extemum kompliziert; sie war vor der Operation nicht
hochgradig, wurde es aber durch den Reiz des Dauerkatheters.
Haines (59). Krankengeschichten von 2 perinealen Prostatektomien bei kleiner
harter Drflse mit Retention. Erfolg : Katheter nicht mehr notwendig, Beaserang der Zystitis,
in beiden F&llen blieb Reatham zarQck, in einem 3 Monate lang Inkontinenz. Von Haines
16 perineal Operierten wurden 7 funktionell geheilt, 9 zeigten p. o. Restham, 5 Inkontinenz
von 6 — 18 Monaten Dauer. 2 Pat. muaaten wegen Blasensteins bezw. Dammfistel noch
einmal operiert werden.
Bödtker (19) berichtet ttber 2 Fälle von perinealer Prostatektomie. Die Indikation
zur Operation bestand in beiden Fällen in vollständiger Retention. Im zweiten Falle war
die Einfflhrung des Katheters mit Schwierigkeiten verknQpft Beide Male trat Genesung
ein, in dem einen Fall vollständig, in dem anderen musste nach der Operation der Katheter
angewandt werden. Die Ursache hierzu erblickt Verf. darin, dass der linke Lappen nicht
vollständig entfernt wurde. Hj. von Bonadorff.
Legueus (86) Fall ist bemerkenswert dadurch, dass bei dem 62jährigen
Patienten noch nach 17 jährigem Katheterleben ein guter funktioneller Erfolg
erzielt wurde. Vor 12 Jahren transvesikale Entfernung eines vorspringenden
Mittellappens ohne jede funktionelle Besserung, jetzt dagegen, drei Monate
nach der perinealen Prostatektomie, wird die Blase vollständig in normalen
Abständen entleert und der Urin ist klar.
Auch nach Tuffiers (157) Erfahrungen ist die Rückkehr der Blasen-
kontraktilität nach der Prostatektomie die Regel, da eine Blasensklerose bei
Prostatahypertrophie nur ausnahmsweise vorhanden sei. Weder die lange
Dauer der vollständigen Retention noch das Alter der Patienten macht die
Wiederkehr der Kontraktilität unmöglich. Tuffier hat vor 4 Jahren einen
65jährigen Mann mit seit 11 Jahren bestehender vollständiger Retention
perineal operiert. 20 Tage p. o. konnte Pat. wieder spontan urinieren, und
dieser Erfolg blieb bisher erhalten.
Härting (64). Pat. mit jahrelanger, schliesslich völliger Harnverhaltung. Nach
perinealer Operation tadellose Blaaenfonktion ; auch IV« Jahre p. o. noch kein Bestfaani.
van Hook (70) will bei der perinealen Operation nur den retroure-
thralen Teil der Prostata entfernen, um den Blasengrund unversehrt zu lassen.
Sehr rasche Operation mit Schnitt nach Zuckerkandl, 13 eigene Operationen
mit einer Dauer von 7 — 20 Minuten.
Röchet (132) bespricht die Mastdarmharnröhrenfisteln nach
perinealer Prostatektomie; sie entstehen meist durch eine Verletzung
des Mastdarms während der Operation, seltener sekundär nach Abstossung
einer nekrotischen Stelle der Mastdarmwand, sei es infolge zu ausgedehnter
und zu nahe der Mastdarmwand erfolgter Ablösung oder infolge zu starken
Druckes eines Drains oder Tampons gegen den Mastdarm.
Diese Fisteln bleiben in ^/s der Fälle monatelang, wahrscheinlich sogar
immer bestehen, mag nun die Mastdarmnaht ausgefährt sein oder nicht;
Mohr, Yerleizungen und chimrg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1097
tion ist in solchen Fällen vorzuziehen. Bei einem weiteren Patienten mit
sehr heftigen Blasenschmerzen, Blutungen und Abgang von Fetzen wurde
eine maligne Entartung der Drüse angenommen; jedoch wurde nach trans-
vesikaler Freilegung durch eine ulzerierte Öffnung in der Blasenschleimhaut
ein zum Teil nekrotisches und vereitertes einfaches Adenom entfernt. Für
gewöhnlich genügt zur Blasenspülung Kochsalzlösung, bei septischen Prozessen
bringt Thomas 'bei der Operation und bei den späteren Verbänden reine
Jodtinktur in die Blase.
Mc. Einnon (97) empfiehlt die Operation in allen Fällen, in welchen
die Druse genügend vergrössert ist, um Störungen hervorzurufen. Er legt
Gewicht auf die Blasentamponade mit Jodoformgaze p. o., um einerseits
Blutungen vorzubeugen, andererseits septische Absorption und Zersetzung des
Urins zu verhindern. Die suprapubische Prostatektomie unter örtlicher
Anästhesie ist auch als dringliche Operation an Stelle der Aspiration bei
akuter vollständiger Retention angezeigt.
Lilienthal (91) berichtet über 31 suprapubische Operationen. Die
zweizeitige Methode, zunächst Zystostomie, später Prostatektomie bewährte
sich ihm mehrfach bei schwerem Allgemeinbefinden. Alle 31 Patienten er-
holten sich nach der Operation, bei 29 trat vollkommener funktioneller
Erfolg ein, selbst die beiden übrigen können ohne Katheter urinieren, leiden
jedoch an Sphinkterschwäche, bezw. grösserer Menge von Besidualham. Kein
Kranker, welcher vorher potent war, verlor die Geschlechtsfähigkeit nach
der Operation, eine Anzahl anderer gewannen sie p. o. wieder. Diese guten
Erfolge wurden erzielt, obwohl die Mehrzahl der Patienten in schlechtem
Allgemeinzustande waren. Eine Verletzung der Urethra prostatica ist ver-
meidbar und in den letzten zwei Jahren, nach der genauen Untersuchung
des Präparats zu schliessen, auch stets von Lilienthal vermieden worden.
Vorteile der suprapubischen Methode: sie ist radikal, wichtige Gefässe und
Nerven werden nicht verletzt, die Harnröhre kann geschont werden, ebenso
der Mastdarm, durch Palpation und Lnspektion des Blaseninneren gewinnt
man ein genaueres Bild über die mechanische Ursache der Verlegung als auf
irgend einem anderen Wege, eine vorherige kystoskopische Untersuchung
wird unnötig, der Shock ist gering, Patient kann gewöhnlich nach 48 Stunden
aufstehen, Katheternachbehandlung ist unnötig. Bei Blutungen, Urämie, oder
bei schwerer Sepsis der Blase kann die Operation mit Vorteil zweizeitig ge-
macht werden.
Proust (124) entfernte in zwei Fällen nach Freyers Methode Drüsen
von Hufoisenform : die hinten vereinigten Seitenlappen waren vorn voneinander
unabhängig. Selbst in diesen, bezüglich der Litegrität der Harnröhre für
am günstigsten gehaltenen Fällen ergab die Untersuchung der Präparate an
der Innenfläche der Lappen Harnröhrenauskleidung. Es ist also ein Irrtum,
zu glauben, dass die Frey er sehe Operation die Harnröhre jemals intakt
lassen könne. Bei der eigentlichen Ausschälung der Drüse müssen 2 Zeiten
eingehalten werden: 1. Auslösung der hinteren und seitlichen Fläche der
Drüse. 2. Der in die Harnröhre eindringende Finger sucht von hinten nach
vom Berührung mit der Innenfläche der Drüsenlappen zu gewinnen, sodann
allmählich immer mehr von innen nach aussen das vordere Ende der beiden
Lappen zu umkreisen, die Seitenlappen zu lösen und schliesslich das hintere
Ende. Diese retropubische Auslösung ist die Hauptsache bei der Aus-
schälung der Drüse.
1098 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
O'Hara (61) bat 32 mal suprapubisch operiert, 30 mal wegen Hyper-
tropbie der Drüse, je einmal wegen Krebs und Tuberkulose. 2 TodesfaUe. In
9 Fällen traten p. o. Komplikationen auf: 2 mal vorübergehende Demenz, 3 mal
Urinfisteln, welche 4 — 5 Monate lang anhielten, bei einem Patienten Throm-
bose der Vena femoralis mit schliesslicher völliger Heilung; in drei Fällen
mussten die Patienten auch nach der Operation infolge Atonie der Blase
ihren Katheter fortdauernd brauchen. 26 völlige Heilungen. Die Zystoskopie
vor der Operation verwirft Verf. und verlässt sich allein auf die Mastdarm-
untersuchung, jedoch prüft er, um die Prognose bezüglich der späteren
Funktion festzustellen, stets die Kraft der Blasenmuskulatur vor der Operation.
Als Vorzüge der suprapubischen Methode betrachtet er: 1. Die kurze Dauer
der Operation (mehrfach nur 4 Minuten). 2. Bei Blutung aus Ästen des
Plexus prostaticus hat man an dem intakten festen Damm ein gntes Wider-
lager für den Tampon. 3. Auf dem Wege zur Freilegung der Drüse werden
keine wichtigen Teile verletzt. 4. Die suprapubische Drainage erlaubt es,
den Patienten sehr bald p. o. aufrecht sitzen zu lassen. 5. Die suprapubische
Wunde kann leichter aseptisch gehalten werden. Verf. zieht schliesslich be-
züglich der Ätiologie der Prostatahypertrophie folgende Schlüsse: Die harte,
sklerotische verwachsene Drüse ist stets die Folge einer gonorrhoischen In-
fektion und kann sich in jedem Lebensalter entwickeln. Bei der gemischten
fibroadenomatösen Form ist die Vermehrung des Bindegewebes ebenfalls
gonorrhoischen Ursprungs. Dagegen entsteht das weiche, ödematöse sogen.
Myom vermutlich durch Retention infolge eines Katarrhs (wahrscheinlich
gonorrhoischen Ursprungs) des Lumens der grossen Ausführungsgänge der
Drüse.
Hildebrand (57]l entfernte in 8 Fällen die hypertrophische Prostata
transvesikal mit guten Resultaten. Der Hamabfinss wurde wieder normal.
Die Operation eignet sich für alte schwache Patienten nicht, ist jedoch
leichter als die perineale, welche zu sehr schwierig zu behandelnden Damm-
fisteln Veranlassung geben kann. Für schwache Patienten kommt nur der
Katheterismus oder die Kastration in Frage. Sämtliche 8 Patienten genasen
mit guter Blasenfunktion, in keinem Falle blieb eine Hamfistel zurück. Die
guten Resultate reichen zum Teil 5 Jahre zurück. In zwei von Hilde-
b'rand vorgestellten Fällen wurde die Blase wieder vollständig geschlossen,
dagegen die Umgebung der Blase drainiert. Hildebrand hält die Operation
besonders für relativ junge und widerstandsfähige Patienten für angezeigt.
Perineal hat Hildebrand in 3 Fällen von Prostatatuberkulose operiert,
ist jedoch ganz davon zurückgekommen , da in einem Falle eine dauernde
Blasendammfistel zurückblieb. Die Operation von oben ist der perinealen
im ganzen überlegen, da bei ersterer, selbst wenn eine Fistel zurückbleibt,
sie doch stets gut geschlossen werden kann, was vom Damme her nicht der
Fall ist.
Rebentisch (127) hat vier Kranke nach Freyers Methode operiert,
alle genasen. Mitteilung der Krankengeschichten, Abbildung von 2 Präparaten.
Die von Rebentisch befolgte Technik ist im wesentlichen dieselbe wie die
Freyers. Den durch die suprapubische Wunde, Blase und Harnröhre p. o.
durchgeführten Gummidrain näht Rebentisch im oberen Wundwinkel der
Blasenwunde wasserdicht ein. In der Nachbehandlung ist vor allem eine
genaue Überwachung der Katheterdurchgängigkeit bei Tag und Nacht er-
forderlich. Rebentischs 4 Patienten urinierten vom Ende der 3. Woche
Mohr, Verletzungen nnd chimrg. Krankheiten der mftnnlicben Genitalien. 1099
ab spontan und hatten volle Kontinenz, die suprapubische Wunde war meist
in der 5. Woche geheilt. Rebentisch erörtert die Vorteile des p. o. an-
gewendeten Danerkatheters : die andauernde Dorchnässung des Patienten
wird verhindert, die Zahl der Verbandwechsel eingeschränkt, die Vorteile der
primären Blasennaht werden dem Kranken zugewendet
Schlesinger (144, 146) berichtet über die Erfahrungen, welche an
12 von Israel ausgeführten Prostatektomien gemacht wurden. Alter,
Zystitis, Infektion sind keine Gegenanzeigen, auch Pyelitis keine absolute.
Als Methode der Wahl ist die suprapubische mit möglichst vollständiger Ent-
fernung der Drüse zu betrachten: 1. weil sie die technisch einfachere ist,
2. weil sich ein vergrösserter Mittellappen meist sehr schwer vom Perineum
ans entfernen lässt. Die Urethra prostatica wurde ganz oder teilweise mit-
entfemt ; die Art der Drainage richtete sich nach der Schwere der Infektion :
meist gleichzeitig Urethrotomia externa, bei aseptischer Blase dagegen primäre
Blasennaht und Dauerkatheter. Die Patienten durften sehr bald p. o. auf-
stehen. In einigen Fällen wurde die Operation mit gutem Erfolge unter
Stovain-Rückenmarksanästhesie ausgeführt. Resultate: 1 Todesfall 3 Monate
p. o. an bereits vorher bestehender Pyelitis; drei teilweise Entfernungen mit
zwei Heilungen, einem Misserfolg; sechs vollständige Entfernungen mit drei
Heilungen (die drei anderen zu kurz oder ungenügend beobachtet). In einigen
Fällen bestand p. o. vorübergehende Inkontinenz. Die Wiederherstellung der
Kontinenz trotz Entfernung des Sphincter internus erklärt sich durch
vikariierendes Eintreten des sogen. Sphincter membranaceus. Aus seinen
Präparaten schliesst Schlesinger, dass die Pars prostatica urethrae bei
der Ausschälung event. geschont werden kann ; namentlich bei grossen, harten
Drüsen scheint eine trennende Bindegewebsschicht vorhanden zu sein.
Stern (150) operierte zwei Fälle nach Frey er mit ausgezeichnetem
Erfolge. Er empfiehlt, zum Schluss die Blase zu nähen und einen Dauer-
katheter einzulegen. Bei einem der Patienten bestand oberhalb der Symphyse
eine Blasenfistel von Fünfmarkstückgrösse. Zur Deckung der Blasennaht an
dieser Stelle benützte Stern einen gestielten Bauchfelllappen aus der vorderen
Banchwand.
Brongersma (21) bespricht zunächst die Ätiologie und konservative
Behandlung der Prostatahypertrophie und hält die Prostatektomie (transvesikal)
im dritten Stadium der Erkrankung (chronische vollständige Retention) für
stets angezeigt. Von seinen eigenen 13 transvesikal Operierten genasen 9,
3 starben.
Kuss (83). Krankengeschichte und Autopsiebefund eines suprapubisch
Operierten. Der Tod trat hauptsächlich dadurch ein, dass, um die Bildung
einer dauernden Blasenfistel zu vermeiden, die Ränder der Blasenwunde nicht
mit den Rändern der Muskeln und Sehnenblätter vernäht wurden; die Folge
war ausgedehnte Harn- und Blutinfiltration in der Umgebung der Blase und
Patient ging zwei Tage nach der sonst glatt verlaufenen Operation akut an
Sepsis zugrunde. Autopsiebefund: Das Bett der Drüse schien makroskopisch
völlig von Drüsengewebe frei zu sein; oberhalb der Grube eine horizontale,
quer vorspringende Falte, welche von der sklerotischen und hypertrophischen
Blasenwand gebildet wurde. Veru montanum von Schleimhaut entblösst,
Samenbläschen erhalten.
Roux (136, 137). 16 Operationen nach Frey er, ausserdem mehrere
teilweise und vollständige perineale Operationen. Roux operiert nur Kranke
1100 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
auf ihren eigenen Wunsch, nachdem er ihnen die Vor- und Nachteile der
Operation gegenüber der konservativen Behandlung auseinandergesetzt hat.
Sämtliche Operierte befanden sich in vorgeschrittenem Stadium (Retention,
Blasensteine, Infektion, Katheterleben) und waren über 60 Jahrealt. 1 Todes-
fall; ein Patient behielt eine kleine, undurchgängige Fistel, ein dritter leidet
noch an purulenter Zystitis, vermutlich infolge Stein- Rezidivs, den übrigen
geht es gut. Roux öffnet die Blasenschleimhaut an Stelle des Fingernagels
mit einer Koch ersehen Kropfsonde.
Ren ton (128) berichtet Aber 2 mit Erfolg tranavesikal Operierte im Alter von 60
und 76 Jahren, mit völliger Retention.
Dolore et Cotte (34). Mitteilang eines Falles von Fr eye rächet Operation. Heiloog
mit normaler Miktion.
Loumeau (94, 95) beschränkte sich in drei Fällen auf die Ent-
fernung des Mittellappens von der Blase aus, da die gleichzeitige
Entfernung der kleinen, weichen, anscheinend normalen Seitenlappen un-
möglich und unnötig erschien. In derartigen, allerdings seltenen Fällen ist die
Mc. Gil Ische Operation gerechtfertigt und wirksam, wie Loumeans
Resultate zeigen. Alle Urinbeschwerden blieben bei dem ersten Patienten
bis zum Tode, 2^/« Jahre p. o. beseitigt, bei den beiden anderen ebenfalls
Geheilten liegt die Operation 22, bezw. 5 Monate zurück. DieMc. Gillsche
Operation wirkt also in solchen Fällen nicht nur palliativ, sondern kurativ.
Pousson erwähnt dagegen in der Diskussion mehrere Misserfolge; die
Operation wirke rein palliativ und stelle oft nicht einmal die spontane
Miktion wieder her.
Perineale Prostatektomie.
Kuss (81) teilt Krankengeschichte und Sektionsbefund eines fünf
Jahre nach der perinealen Prostatektomie verstorbenen Patienten mit; der-
selbe wurde nach dieser ersten Operation noch zweimal wegen Blasensteins
hypogastrisch operiert. Autopsiebefund: kleine, sklerotische Balkenblase; un-
mittelbar unter der Spitze des Trigonum vesicae, und in seiner mittleren
Partie mit in dieses übergehend, findet sich eine stark vorspringende, quere
Falte, welche sich ans den hypertrophischen anteriolateralen Glandulae pro-
staticae entwickelt hat. Seitlich wird dieser Vorsprung anscheinend von den
präurethralen Glandulae prostaticae gebildet; nach der Harnröhre zu schliesst
sich an diesen Wulst eine unregelmässig begrenzte, tiefe Grube an, in deren
Grunde die weissliche Narbe der alten Urethrotomia membrano-transprostatica
verläuft. Vom Veru montanum und seinen Ausführungsgängen ist keine Spur
mehr erhalten. In einem Falle Hartmanns fand sich ein ganz ähnlicher,
jedoch etwas flacherer Wulst mit anschliessender Vertiefung. Vermutlich
begünstigen solche anatomischen Verhältnisse das Zurückbleiben von Residnal-
ham p. o. Die perineale Operation scheint im anatomischen Sinne stets nur
eine teilweise zu sein.
Fowler (48) hält den perinealen Zugang zur Drüse für den natürlichen
und zwar aus folgenden Gründen: 1. Die transvesikale Operation verlangt
fast notwendig die ganze Ausschälung der Drüse und macht die Schonung
der Ductus ejaculatorii fast unmöglich. 2. Die Prostata ist kein intra?esi-
kales Organ. 3. Es gelingt, eine relativ vollständige Prostatectomia perinealis
auszuführen, ohne die üamröhre zu eröffnen. 4. Die Operationsgefahr ist
bei der suprapubischen Operation grösser. Technik: Längsschnitt in der
Mohr, Verletzungen und chirnrg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1105
erstere versagt sehr häufig. Im ganzen genommen, sind sie nicht sehr weit,
gewöhnlich von sehr lang ausgezogener Eiform. Die Fistel geniert den
Kranken fast immer bedeutend und kann, selbst wenn sie unbedeutend ist
und nur wenig Beschwerden macht, doch später zu schweren Komplikationen
führen. Röchet gibt genaue Vorschriften für die Technik der Operation
dieser Fisteln. Die Hauptsache ist, dass nach Trennung, Anfrischung und
Vernähung der beiden Offnungen im Mastdarm und in der Harnröhre die
Vemarbung derselben getrennt voneinander geschieht. Verf. selbst hat drei
derartige Fälle operiert, 2 Heilungen, 1 Misserfolg. Dauerkatheter nach der
Hamröhrennaht ist nicht zu empfehlen.
Röchet (131) erörtert die Wiederherstellung der Harnröhre nach der
perinealen Prostatektomie; sie geschieht je nach der angewendeten Operations-
methode und nach dem Grade der Zerstörung unter sehr verschiedenen Be-
dingungen. Bei leicht zugänglicher und von der Harnröhre gut ablösbarer
Di-üse, wonach eine einfache Längsöffnung der unteren Hamröhrenwand zu-
rückbleibt, heilt die Wunde gewöhnlich glatt, und eine Verengerung tritt
nicht ein. Bei grösserer Zerstörung, sofern nur der obere Umfang der Harn-
röhre oder ein Teil desselben unverletzt blieb, bleibt gleichfalls eine spätere
Verengerung gewöhnlich aus. Ist die Zerstörung infolge Unzugänglichkeit und
Verwachsung der Drüse noch grösser ausgefallen, so kann selbst in solchen
Fällen sich der normale Urinabfluss noch wiederherstellen, wenn sofort syste-
matisch bougiert und erweitert wird. Wird diese Behandlung jedoch ver-
nachlässigt oder zu spät p. o. begonnen, so kann eine dauernde Dammfistel
zurückbleiben. Bei einem von Röchet beobachteten Falle blieb nach der
sehr schwierigen Auslösung der stark sklerotischen Drüse nur eine schmale
Brücke von Hamröhrenschleimhaut an der oberen Wand zurück. Bei der
zwei Jahre p. o. vorgenommenen Sektion fand sich die Harnröhre in ganzer
Länge gut durchgängig, zum Teil von dünner Schleimhaut, an der Unterwand
jedoch von glattem Bindegewebe ausgekleidet, welches von flachem, stellen-
weise fehlendem Epithel überzogen war. Bei einem weiteren Patienten war
die p. o. auftretende Striktur, nachdem ca. V* Jahr Besserung eingetreten
war, durch krebsige Entartung von Drüsenresten verschuldet, welche bei der
Operation zurückgeblieben waren. Bei einem dritten Kranken begann neun
Monate p. o. allmählich eine schliesslich sehr enge, echte Striktur, welche
jedoch gut erweitert werden konnte. Die Gründe, weshalb die Urethra pro-
statica sich, von Ausnahmfallen wie den eben genannten abgesehen, gewöhn-
lich wieder gut herstellt, sind folgende: Die Urethra prostatica ist schon
normalerweise die weiteste Stelle der Harnröhre, spongiöses Gewebe, welches
besonders zu Verengerungen neigt, fehlt in ihrer Umgebung, sie ist schliess-
lich weit von der Hautoberfläche entfernt, so dass die Hautnarbe keinen Ein-
fluss auf sie ausüben kann.
Wird bei der Ausschälung die Drüse genügend nach oben und hinten
isoliert, werden die Seitenlappen möglichst weit seitlich von der Kapsel und
Harnröhre abgelöst, so bleibt die Harnröhrenverletzung gering, eine einfache
Längswunde der Hinterwand mit einigen seitlichen Einrissen. Durch die
Verschiebung der Teile nach Entfernung der Drüse wird die Vernarbung er-
leichtert.
Jahresbericht für Ghinirgio 1905. 70
1106 Jaliresbericht für Ghirorgie. IL Teil.
Verschiedene atypische Operationsmethoden bei Prostata-
hypertrophie.
Cathelin (23 u. 24) will bei grossem, in die Blase hineinragendem
Mittellappen zuerst die Blase öffnen, sodann vom Damm aus die vollständige
Ausschälung vornehmen, wobei der in der Blase liegende Finger als Kontrolle
dient. Bei dieser Kombination ist die Drainage besser als bei der trans-
vesikalen Operation, und die völlige Entfernung lässt sich sicherer durch-
führen als bei der perinealen Operation. Man vereinigt also die Vorteile
beider Methoden. Cathelin berichtet über drei so operierte Patienten.
Die Urethra prostatica wurde mitentfernt. Die erste Operation machte
Cathelin an einem Prostatiker mit völliger Betention und Blasensteinrezidiv,
welcher von der vorhergehenden Steinoperation eine suprapubische Fistel
zurückbehalten hatte. Die bei den beiden letzten Operationen gewonnenen
Präparate gleichen vollkommen denen bei Freyers Operation. (Abbildungen
beigegeben.) Bei dem ersten Patienten glatte Heilung mit gutem funktionellen
Resultat, beim zweiten Tod durch Nachblutung in die Blase.
Cathelin (25) demonstriert eine Serie von Instrumenten für seine ge-
mischte Methode der Prostatektomie, u. a. Blasenhaken und einen von ihm
konstruierten Desenclaveur.
Andrews (5) hält die Sterblichkeit bei der Prostatektomie für zu hoch
und will sie daher nur für ausgewählte Fälle angewendet wissen. Auf Gnmd
folgender anatomischer Erwägungen schlägt er ein neues Operationsverfabren
vor: Der Ausgang des männlichen Beckens ist ein enges, von Knochen und
Bändern umgebenes Triangel, oft zu eng für die hypertrophische Prostata,
welche den Blasenausgang deswegen verlegt, weil sie zwischen den beidea
Ästen des Schambeines zusammengedrückt wird. Die Ligamenta triangularia
transversa und das Diaphragma urogenitale halten nun den Blasenhals und
die Prostata unbeweglich zwischen diesen Knochen fest. Daher muss eine
rationelle Operationsmethode die Drüse von ihren Bandverbindungen mit dem
Schambein loslösen und gleichzeitig durch eine teilweise Zerstörung des Dia-
phragma urogenitale eine Verlagerung der gesamten Teile nach abwärts und
rückwärts bewirken. Diese bereits früher von Andrews vorgeschlagene
Prostatolysis führt Andrews jetzt folgendermassen aus: die Hoden werden
nach oben gedrängt und durch die Haut ein bogenförmiger, dem Arcus pubis
entsprechender Lappenschnitt angelegt; hierauf werden durchtrennt: das
Ligamentum pubis des Penis, die tiefe Faszie und ein Teil des Levator ani,
die puboprostatischen Bänder, sowie das Diaphragma pelvicum an den Teilen,
welche die Prostata entlang den beiden Seitenlappen tragen; hierauf fallt
Prostata und Blasenhals frei nach unten hinten. Blutstillung beim Durch-
schneiden der seitlichen Teile des Diaphragma pelvicum durch Klammern.
Schluss der Wunde bis auf kleine Drainageröhren. Die Obstruktionserschei-
nungen vermindern sich nach dieser Operation dauernd und erheblich, die
mit der Dysurie eventuell verbundenen Mastdarmspasmen bessern sich, die
retropros tatische Ausbuchtung der Blase wird aufgehoben, der Blasenausgang
wird zu einem wirklichen Kanal mit der Mündung am tiefsten Punkt.
Tumoren der Prostata.
Nach Legueu-Pillets (88 u. 89) Studien über die bösartigen Ge-
schwülste der Prostata sind Sarkome sehr selten, Karzinome bei Leaten
Mohr, Verletzungen und Chirurg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1107
von 45 — ^50 Jahren dagegen verhältnismässig häufig. Vom einfachen Adenom
der gewöhnlichen Prostatahypertrophie bis zum Epitheliom findet man histo-
Ic^sch alle Übergänge ; diese allmähliche histologische Umwandlung geht ohne
spezifische klinische Erscheinungen vor sich. Jedoch kann sich der Krebs
auch in einer vorher ganz gesunden Drüse entwickeln; auch hier ist das ein-
zige Charakteristische die dififuse Ausbreitung, ähnlich gewissen bösartigen
Formen des Carcinoma colli uteri. Dieser Umstand und die häufige Meta-
stasenbildung macht den Prostatakrebs zu einem der mit am raschesten ver-
laufenden und unheilbarsten. Anfangserscheinungen sehr variabel und unbe-
stimmt. Schreitet der Prozess weiter vor, so treten drei Gruppen von
Erscheinungen auf: 1. Schmerzen, ein konstantes Symptom, jedoch mit sehr
verschiedenem Sitz, häufig in der Form von Ischias, so dass fast jede
dauernde Ischias im höheren Lebensalter auf Prostatakrebs hinweist.
2. Miktionsstörungen : die Miktion selbst ist gewöhnlich wenig gestört, weniger
als bei der einfachen Hypertrophie, dagegen findet man häufig Hamblutungen,
entweder als initiale Hämaturie oder der ganze Harn ist blutig. 3. Defaka-
tionsstömngen , manchmal hervortretender als die Hamstörungen: Hämor-
rhoiden, Verstopfung, Ileus. Diagnose: beim Katheterisieren fühlt man in
der Drüse Unebenheiten, es entsteht leicht Blutung. Bei der Mastdarmunter-
suchung erscheint der Umfang der Drüse nicht immer vergrössert, im allgemeinen
ist die krebsige Drüse schmerzlos auf Druck, charakteristisch ist nur zweierlei:
die anregelmässige, lappige oder knollige Yergrösserung und die harte, manch-
mal holzartige Konsistenz. Dififerentialdiagnostisch kommen Tuberkulose, Pro-
statitis und Perizystitis (eventuell auch Perivesikulitis) in Betracht Tuber-
kulöse Verhärtungen sind gewöhnlich doch weicher, betreffen jüngere Männer,
Nebenhoden und Hoden sind gewöhnlich mitergriffen. Entwickeln sich im
Verlaufe einer Prostatahypertrophie nach einzelnen subakuten, entzündlichen
Schüben harte Knoten in der Drüse, so können ebenfalls Verwechselungen
mit Krebs vorkommen. Die Behandlung kann fast stets nur eine sympto-
matische sein. Die Operation müsste in einer extrakapsulären Entfernung
samt Harnröhre und regionären Lymphdrüsen bestehen. Da es meist unmög-
lich ist, alles gründlich zu entfernen, so ist die Operation fast immer kontra-
indiziert,
Youngs (170) Arbeit über die Frühdiagnose und Radikalheilung
des Prostatakrebses stützt sich auf 40 Fälle. Young berechnet, dass
ungefähr jeder zehnte Fall von Prostatavergrösserung auf Karzinom beruhe.
Die Frühdiagnose stützt sich auf folgende Erscheinungen: Pollakiurie, teils
knotige, teils gleichmässige Verhärtung, besonders auch Verhärtung einer oder
beider Samenblasen ; ist zwischen diesen eine harte Platte zu fühlen, so wird
dieser Befund als besonders bedeutsam angesehen. Dagegen kommen Schmerzen
und Harnblutungen im Frühstadium nur ausnahmsweise vor. Ein positiver
zystoskopischer Befund ist wichtig, ein negativer schliesst allerdings das Kar-
zinom nicht aus. Young erläutert an acht Abbildungen sein Verfahren der
Badikaloperation : V-förmiger Dammschnitt, Eröffnung der Pars membranacea
urethrae; sein Traktor wird hierauf in die Blase eingeführt und die Prostata
in die Wunde gezogen. Die Hinterfläche der Prostata wird vom Mastdarm
abgelöst, die Pars membranacea quer durchschnitten, das Ligamentum pubo-
prostaticum durchtrennt, die Seiten- und Hinterflächen der Drüse und der
Samenkanälchen freigelegt. Hierauf wird die vordere Blasenwand freigelegt,
vor die Wunde gezogen und 1 cm von der Vereinigungsstelle der Prostata
70*
1106 Jahresbericht fQr Chirurgie. U. Teil.
und Blase quer durch trennt, bis man zum Trigonum vesicae gelangt; dieses
wird unter Schonung der Harnleitermündungen etwa 1 cm unterhalb derselben
quer durchschnitten, die hierdurch freiliegenden Vasa deferentia werden mög-
lichst hoch durchtrennt und hierauf die ganze Masse entfernt; es w^ird also
die Prostata mitsamt ihrer Kapsel, die Samenbläschen und angrenzenden Teile
der Blase und Harnröhre in einem Stück exstirpiert. Die weite Öffnung
in der Blase wird durch Naht mit dem Stumpf der Harnröhre vereinigt, was
nun leicht gelingt, die Blasenwunde wird in sagittaler Richtung vernäht.
Tampon auf die Nahtstelle, Levator ani und Haut wird bis auf die Öffnung für
den Tampon vernäht. Verweilkatheter. Vier Operationen mit vorstehender
Technik. Der erste Patient genas zunächst, starb jedoch acht Monate später
an Blasenstein mit Infektion. Der zweite, bei welchem auch die Hamleiter-
enden reseziert wurden, starb an Pyelitis, die beiden anderen wurden geheilt.
Die Autopsiebefunde und die Untersuchung der Präparate ergaben, dass mit
Ausnahme von Fall 1 stets alles Kranke beseitigt worden war.
Young (171). Ahnlicher Inhalt wie die vorige Arbeit. Young fand
unter 300 Fällen von Prostatahypertrophie 25 Karzinome. In sechs Fällen
verkannte er die Bösartigkeit der Erkrankung und operierte die Fälle wie
eine Prostatahypertrophie. Die Induration der Drüse und das Fehlen einer
intravesikalen Hypertrophie im zystoskopischen Bilde sind noch die am meisten
kennzeichnenden Erscheinungen für bösartige Entartung. In allen vier ope-
rierten Fällen zeigten die entfernten Stücke das Übergreifen des Karzinoms
auf die Samenbläschen und den vorderen Teil des Trigonum. Hiemach ge-
nügt die von Pousson befolgte Technik nicht. Das Studium von im ganzen
16 Präparaten zeigte, dass der Krebs die Kapsel gewöhnlich in der Gegend
zwischen Samenbläschen und Trigonum durchbricht, während er auf den
Mastdarm, die Lymphdrüsen und die Blasenschleimhaut erst sehr spät über-
geht. Es müssen daher stets die vorderen ^/4 des Trigonum mitentfernt
werden.
Fischer-Defoy (42) teilt 4 Fälle von osteoplastischem Prostata-Karzinom
mit. Die makroskopische Veränderung der Drüsen war auffallend gering.
Eümmell (79) entfernte einem 76jährigen Manne durch snprapubische Operation
ein Prostatakarzinom. Heilung mit sehr gutem Ernährungszustände. Bei der Operation
kennzeichnen sich die Prostatakrebse dadurch, dass sie sich äusserst schwer aus der Kapsel,
mit der sie verwachsen sind, ausschälen lassen.
Lexer (90) resezierte bei einem 58jährigen Manne eine fast faustgrosse krebsige
Prostatageschwulst samt dem entsprechenden Abschnitte der Blase und Hainröhre; 10 Monate
p. o. traten Lymphdrüsenmetastasen auf. Lexer erläutert die von ihm befolgte Technik
(grosser Weichteilknochenlappen der Symphyseugegend).
Imbert (74) berichtet über einen auffallenden Erfolg der Röntgenbehandlung bei
einer sich rasch ausbreitenden, diffusen Prostata- Becken-Karzinose : Harte, schmerzhafte,
faustgrosse Prostata, Umgebung iniiltriert. Die Geschwulst verschwand nach 18 Bestrahlungen
von 10 — 12 Minuten Dauer völlig im Laufe von 5 Wochen, ohne Reaktion von Seiten der
Haut. Von der siebenten Sitzung an bedeutende Besserung des Allgemeinbefindens, Pat
schmerzlos. Die Nachuntersuchung zwei Monate nach der letzten Sitzung bestätigte die
Heilung. Verf. hält trotz dieses auffallenden Verlaufs auf Grund differential-diagnostischer
Erörterungen an der Diagnose Karzinom fest.
Kuss (82). Sektionsbefund eines 2 Monate nach der transvesikalen Prostatektomie
verstorbenen Pat. Histologisch handelte es sich um Krebs der Prostata mit Übergang auf
die Blase. Die Gebend der Prostata fand sich unregelmässig vergrössert, besonders in den
Seitenlappen, Harnröhre deformiert, auf dem Durchschnitt erschien die Drüse ungefähr von
normaler Grösse, etwas unregelmässig, im rechten Seltenlappen ein Krebsknoten; stark
vergrösserte Becken-Lymphdrüsen entlaug den Harnleitern, Samenbläschen hart, geschrumpft.
Demnach war nach der anscheinend vollständigen subkapsulären Entfernung der Drüse die
Mohr, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1109
Krebsgeschwulst im Laufe von 2 Monaten wieder so gewachsen, daas sie die grosse Wund-
h5hle ganz ausfüllte und äusserlich einer hypertrophischen Drdse glich. Die Operation war
also in Wirklichkeit nur eine teilweise Ausschälung gewesen.
Gibson (56). Fall von Rezidiv eines Prostata-Sarkoms bei einem 35 jährigen
Manne. Gegen die Blase sprang eine Geschwulst von der doppelten Grösse einer normalen
Drc&se vor. Eröffnung der Blase in dem alten Schnitt, sodann Exstirpation der Blase vom
Damm her; keine Mastdarm Verletzung. Tod an Infektion 3 Wochen p. o.
Kaveczky (75) stellte bei einem 64jährigen Manne mit erschwerter Miktion durch
Mastdarmuntersuchung eine fast kindskopfgrosse, fluktuierende Geschwulst der Prostata-
gegend fest, welche auf Mastdarm und Blasenhais drückte. Die vom Mastdarm aus vorge-
nommene Punktion ergab, dass es sich um eine Echinococcuszyste handelte, welche
sich vermutlich in dem die Prostata umgebenden Bindegewebe entwickelt hatte. Exstirpation
der Zyste vom Damm aus, Heilung.
Samenbläschen.
Nach Beefield (15) ist die Behandlung der gonorrhoisch erkrankten
Schleimhaut der Samenbläschen und Vasa deferentia von der Harnröhre aus
stets ungenügend. Es ist jedoch möglich, durch Einführen einer feinen Nadel
in das Lumen des Vas deferens dicht über dem Hoden Flüssigkeiten in den
Kanal und die Samenbläschen bis zur Füllung einzuspritzen; in einem Teil
der Fälle läuft die Flüssigkeit durch die Harnröhre wieder ab, meist jedoch
nicht. Man kann dann durch Druck vom Mastdarm aus die Samenbläschen
wieder entleeren. Auf diese Weise gelingt es also Vasa deferentia und Samen-
bläschen zu irrigieren. Am besten legt man das Vas deferens vor dem Ein-
stich durch einen kurzen Hautschnitt frei. Anzeigen: akute Entzündungen
mit gonorrhoischer Vereiterung des Nebenhodens, chronische Fälle, in welchen
die Entzündung durch die Beteiligung der Samenbläschen unterhalten wird.
Le Für (55). 80 jähriger Pat. mit Striktur der Urethra posterior, Erscheinungen von
Prostatitis und schlechtem Allgemeinzustande. Der Damm schnitt unter Annahme eines
Prostataabszesses ergab, dass die Dittse kaum vergrössert, jeduch das linke Samenbläschen
stark erweitert war. Massage der Samenbläschen, Dauerkatheter. 6 Tage später üoden-
und NebeohodenentzÜndung, 4 Wochen später Entwickelung eines Eiterherdes im Hoden, der
sich allmählich grösstenteils nekrotisch abstiess. Die Urinverhaitung, welche seit 5 Jahren
bestand, heilte schnell. Es handelte sich also nicht um eine Prostatitis, sondern um eine
Spermatocystitis chronica.
Füller (51 u. 52) wirft folgende Fragen auf: 1. Wodurch führt die
Inzision der Samen bläschen (Vesikulotomie) eine Heilung der
Samenblasenentzündung und ihrer Komplikationen herbei? 2. Beeinträchtigt
die Eröffnung und Drainage der Samenbläschen die SexualfunktionenV 3. Ist
die Operation gefährlich? 4. Ist sie leicht durchführbar? Bei chronischer
Gonorrhöe mit Impotenz, welche jeder gebräuchlichen Behandlung trotzt, findet
man nicht selten die Samenbläschen entweder verdickt oder von entzündlichen
Produkten umgeben, jedenfalls funktionsunfähig. In milden derartigen Fällen
genügt manchmal die regelmässige Massage vom Mastdarm aus, in schwereren
jedoch nur die Vesikulotomie, welche Füller in 33 t'ällen ohne Todesfall
ausgeführt hat: Nach derselben nehmen die Samenbläschen nicht selten ihre
Funktion wieder auf, nachdem durch Entleerung und Drainage die Entzün-
dung zurückgegangen ist. Bei Tuberkulose der Samenbläschen zieht Füller
die Palliativbehandlung der einfachen Spaltung der Samenbläschen vor, da
erkrankte Partien und Fisteln nach ihr zurückbleiben. Die gonorrhoische
Entzündung der Samenbläschen kann zu Verwechselungen mit Zystitis und
Prostatahypertrophie führen. Bei der Ausführung der Operation (cf. auch
den vorigen Jahresbericht) verlässt sich Füller mehr auf den fühlenden Finger
1110 Jahresbericht fOr Chirurgie. U. Tefl.
als auf das Auge. Die Operation führt mehr in die Tiefe und gefährdet die
Mastdarmwand mehr als die perineale Prostatektomie. Die Darmverletzang
wird am besten vermieden durch lange, tiefe, seitliche Einschnitte, welche in
Verbindung mit dem Querschnitt am Damm dem Mastdarm erlauben, sich
2^/s cm und mehr zurückzuziehen. Die freigelegten Samenbläschen werden
inzidiert, eventuell auch ausgeschabt und mit Streifen drainiert. In einzelnen
Fällen tritt in der Umgebung der Samenbläschen eine akute Eiterung ein,
welche sofortige Operation erfordert. Häufiger findet man mehr chronische
Eiteransammlungen in der Umgebung der Samenbläschen mit unvollständigem
EiterabilusR durch die Ductus und chronischer Invalidität, unbestimmten
Schmerzen in der Prostatagegend und eventuell Durchbruch in den Mastdarm.
Auch hier hat die Operation guten Erfolg.
Füller (53) ist der Ansicht, dass die Allgemeininfektion mit Gonokokken
bei Männern stets von einem umschriebenen Herde ausgeht, und zwar von
einer Entzündung der Samenbläschen. Unter 15 von ihm in dieser Hinsicht
untersuchten Fällen von gonorrhoischem Rheumatismus bei Männern war bei
12 die einzige Veränderung im Bereich der Urogenitalorgane eine Entzündung
der Samenbläschen. In vier von diesen Fällen verschwanden fast unmittelbar
nach der Operation (Vesikulotomie) die akuten Erscheinungen, die Gelenk-
schmerzen nahmen innerhalb 24 — 48 Stunden p. o. ab, die Patienten konnten
nach zwei Wochen das Bett verlassen und blieben dauernd geheilt. Die Be-
handlung bestand in der in der vorigen Arbeit referierten Vesikulotomie.
Manchmal tritt nach der Operation ein Ausfluss aus der Harnröhre auf,
welcher in wenigen Wochen von selbst schwindet und keiner Behandlung be-
darf; im Gegenteil, beim Versuch der Behandlung kann die Samenbläschen-
entzündung akut auffiackem, und ein Rückfall des Gelenkrheumatismus
eintreten.
Teutschländer (153) erörtert die Beziehungen der Samenblasen-
tuberkulöse zur Tuberkulose der übrigen Urogenitalorgane. Teutschländer
fand die Samenblasen bei Urogenitaltuberkulose unter 57 Sektionen 31 mal er-
krankt, bei reiner Genitaltuberkulose in 91 ^/o. Die Diagnose der Samenblasen-
erkrankung wurde in vivo fast niemals gestellt. Das Leiden hat starke Neigung,
durch Bindegewebsentwickelung um die Samenbläschen und Schrumpfung der-
selben spontan auszuheilen, nachdem die tuberkulösen Produkte entweder
auf dem natürlichen Wege entleert wurden oder verkalkten. Durchbruch
durch die Kapsel und Fistelbildung ist selten. In der grossen Mehrzahl der
Fälle sind gleichzeitig auch andere Organe tuberkulös erkrankt, am häufigsten
Lungen und Darm. Die Infektion der Samenbläschen erfolgt gewöhnlich von
einem anderen, bereits erkrankten, benachbarten Organ aus, entweder vom
Hoden aus, oder die irgendwo in den Hamorganen ausgeschiedenen und in
den Urin gelangten Bazillen bleiben in der Urethra prostatica haften und
infizieren von hier aus die Ductus ejaculatii und Bläschen. Gegenüber diesem
Infektionsmodus kommt die Infektion von aussen oder auf der Blutbahn nnr
selten in Betracht.
L e g u eu (87) exstirpierte in sechs Fällen die tuberkulösen Samenbläschen.
Inguinal ging er nur einmal vor, da die Operation schwierig und gefahrlich
ist. Nach Inzision am Aussenrande des Rektus wird das präperitoneale Ge-
webe eröffnet, das Vas deferens aufgesucht und in die Tiefe verfolgt; je mehr
man in die Tiefe eindringt, um so schwieriger wird die Operation, das Peri-
toneum kann verletzt werden. Ausserdem kann auf diesem Wege von einem
Mohr, Yerletzongen und chirurg. Kranklieiteii der mftnnlichen Genitalien. 1111
Leistenschnitt aus nur das eine Samenbläschen entfernt werden. Das Vor-
gehen Yom Damm ans ist also vorzuziehen, ähnlich einer Prostatektomie.
Leguen operierte fünfmal auf diese Weise. Von einem leicht bogenförmigen
Dammquerschnitte aus werden die Gewebe nach der Prostata zu stumpf aus-
einandergelöst, soweit das möglich ist. Sobald die derben, höckerigen, ver-
grösserten Samenbläschen zu fühlen sind, schneidet man längs auf ihre
Unterfläche ein und hülst sie aus der Umgebung aus. Diese Ausschä-
lung gelingt manchmal leicht, oft jedoch ist sie infolge entzündlicher
Verwachsungen mit der Umgebung sehr schwierig und nur teilweise mög-
lich. Das Vas deferens wird, falls keine Epididymitis auf derselben Seite
besteht, hoch oben unterbunden und durchtrennt, die Wunde zum Teil ge-
schlossen, zum Teil drainiert. Bei gleichzeitiger tuberkulöser Erkrankung des
Nebenhodens wird das Vas deferens von der Dammwunde aus sofort mög-
lichst hoch hinauf ausgelöst und dann von einem Leistenschnitt aus entfernt.
Die Zugänglichkeit zu den Samenbläschen auf diesem Wege ist viel grösser,
als auf dem inguinalen. Bei vier Patienten wurden die Samenbläschen vom
Damme aus auf beiden Seiten entfernt. In einem Falle handelte es sich um
eine eiternde tuberkulöse Dammfistel mit Ausgang von den Samenbläschen
und der Prostata, bei den übrigen Patienten war die Tuberkulose geschlossen.
Die Prostata wurde bei allen Kranken ganz oder teilweise mitentfemt, ebenso
Vas deferens und Nebenhoden, wenigstens auf einer Seite. Alle Kranken
genasen, zwei, nachdem sie vorübergehend eine Urinfistel infolge Hamröhren-
verletzung gehabt hatten. Vier seit 1901 — 1904 Operierten geht es andauernd
gut: weniger häufige Miktion, Urin klar, Hoden intakt. Die Erfolge zeigen,
dass die Samenblasentuberkulose oft so fest umgrenzt ist, dass die radikale
Entfernung des tuberkulösen Herdes zu dauernder Heilung führt. Die meisten
Fälle von Samenblasentuberkulose heilen bei konservativer Behandlung aus;
besteht jedoch Neigung Nebenhoden und Hoden zu infizieren oder droht die
Bildung einer urethroprostatischen Kaverne durch Verkäsung, so soll mög-
lichst frühzeitig operiert werden. In manchen Fällen wird freilich die Samen-
blase von einem primär tuberkulös erkrankten Hoden aus infiziert, weit
häufiger aber ist sie primär erkrankt. Gleichzeitige Erkrankung der Blase
oder der Lungen verbietet die Operation; dagegen ist sie sehr geeignet für
die häufigen Fälle, in denen die Samenblasentuberkulose jahrelang abgekapselt
bleibt. Bei offener Tuberkulose mit Dammfisteln ist die Prostata gewöhnlich
miterkrankt und muss gleichzeitig entfernt werden.
Cowpersche Drüsen.
Lebretons (84) Arbeit über die Anatomie der Cowperschen
Drüsen zeichnet sich durch Exaktheit und gute Bilder vorzüglicher Prä-
parate aus.
Hartmann (65) berichtet über einen der seltenen Fälle von Zysten-
bildung der Cowperschen Drüsen bei einem 55jährigen Manne; Hart-
mann führt sie auf eine vor 13 Jahren durchgemachte, normal verlaufene
Gonorrhöe zurück.
1112 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Nachtrag.
Italienische Referate.
Referent: ß. Giani, Turin.
1. Aievoli, Contribazione allo studio delle cisti congenite luogo il rafe genitale de]-
Tuomo. La clinica cbir. 1905.
2. Betti, Puntura esplorativa e massaggio nella cura dell* idrocele nei bambini. Gazz.
degli osped. e delle clin. 1905. Nr. 99.
3. Bonanome, A., A proposito di un caso di prostatectomia totale perineale. II PolioliD,
1905. Vol. XVII. c.
4. Cecca, R., Sopra Tassorbimento della vaginale del testicolo in alcuni stati patoiogici.
Clin. chir. 1905.
5. — Salla patogenesi delP idrocele Yolgare Nota preventiva. Gazz. degli osped. e delle
Clin. 1905. Nr. 90.
6. Fiori, Ritenzione cronica primaria nei prostatici senza ostacolo meccanico. Atti della
Soc. ital. di chir. Y. 18. Roma. Tipogr. Artero.
7. Gardini, Contribato alla prostatectomia in casi di ipertrofia prostatica. Atti della
Soc. ital. di chir. V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
8. Gattiy G., L'anastomosi intertesticolare depo la sezione di un dotto deferente. H
Policlinico, sez. chir. 1905.
9. Gulzzetti, F., Mancanza del dotto deferente e vescichetta spermatica con testicolo
ben sviluppato e completa spermatogenesi in un uomo di 25 annL Boll. delL Soc.
med.-chir. di Cagliari. 1905.
10. Lusena, G. , Le lesioni del cordone spermatico in rapporto al tono dello sfintere
vescicale. Boll. dell. R. Accad. med. di Genova 1905.
11. Oberti, M. , Resezione e trapianto delF epididimo e del deferente. Boll. della R.
Accad. med. di Genova. 1905.
12. Schi föne, 0., Contributo clinico e sperimentale alla cura radicale del varicocele col
processo operative alla Durante. Policlinico, sez. chir. 1905.
13. — Contributo allo studio del processo di guarigione delle ferite trasversali complete
del dotto deferente senza sutura del canale. II Policlinico, sez. chir. 1905.
14. Ravasini, C, La prostatectomia totale transvescicale per Tipertrofia secondo Frajer.
La clinica chir. 1905.
15. Razzaboni, G., Contributo alla topografia minuta della prostata in rapporto al-
Turetra e ai dotti eiaculatori. La clin. chir. 1905.
16. Vignolo^Quinto, Sopra un caso singolare di fibromiomi multipli della prostata,
a sviloppo periferico, nello spazio uretro-retto-perineaie e ischio rettale. Atti della
Soc. ital. di chir. V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
Im Anschluss an einen klinischen Fall von angeborener Zyste des
Präputium, die längs der Genitalraphe unterhalb des Frenulum sass, be-
richtet E. Aievoli (1) ausführlich über die Fälle aus der Literatur und be-
spricht in längerer Ausführung die jüngsten Ansichten über die Pathogenese
derartiger Bildungen. — Sodann teilt er eingehend die histologische Unter-
suchung des von ihm beobachteten Falles mit und schliesst dahin, dass es
sich in demselben um eine in Beziehung mit der Verlötungslinie des Epithels
der embryonalen Harnröhrenrinne entstandene Zyste handelte. Die Epithelien
der Zystenwandung zeigten in der Tat in ihrer Entwickelung ihre Verwandt-
schaft mit dem Epithel des ersten Abschnittes der männlichen Harnröhre.
Betti (2) heilte mit dieser Methode zwei Kinder und eines mit der
einfachen Punktion und folgert daraus, dass sowohl die Massage als die ein-
fache Punktion unabhängig von der Resorption zur Heilung der gemeinen
Hydrocele führen können, welche zuweilen nur durch Verbindung der beiden
therapeutischen Elemente erreicht wird: Der Mechanismus hiervon ist noch
dunkel.
Mohr, Verletznngen nnd chinirg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1113
Bei einem infolge Hypertrophie der Prostata mit akuter Harnverhaltung
behafteten 78jährigen Individuum hat A. Bonanome (3) die totale perineale
Prostatektomie nach Proust vorgenommen, wobei er einen vorzüglichen
unmittelbaren und dauernden operativen Erfolg erzielte. Er teilt die mikro-
skopische Untersuchung des abgetragenen Stückes mit, welche zeigte, dass es
sich um die myofibro - adenomatöse Form der Prostatahypertrophie handelte.
Alsdann geht er zur ausgedehnten Betrachtung der verschiedenen Operations-
verfahren für die chirurgische Behandlung der Prostatahypertrophie über
unter Anführung der von den verschiedenen Autoren erhaltenen Statistiken
und schliesst, dass die Proust sehe Methode die einzige wissenschaftliche
und verhältnismässig leicht anwendbare Methode der Prostatektomie ist.
Doch findet er es vorteilhaft, den Einschnitt der Harnröhre, den Proust
systematisch zu Einführung des Dösenclaveurs macht, zu vermeiden und ihn,
wie es Montenovesi tut, durch den hypogastrischen Schnitt der Harnblase
zu ersetzen. Am Schlüsse weist er auf die Indikationen und Kontraindikationen
des Operationsaktes hin.
Cecca (4) hat das Absorptionsvermögen der Vaginalis des Hodens in
normalen Verhältnissen und nach Einimpfung von Bakterienkulturen (Typhus-
bazillus, Staphylococcus p. aureus, Pneumococcus von Frank el, Tuberkulose-
bazillus, Gonococcus) studiert. Er operierte an Hunden, indem er als Probe
für die Absorption der Serosa Jodkalium verwandte, das er in die Vaginalis
mjizierte und auf das er dann den Urin untersuchte.
Die Schlussfolgerungen, zu denen Verf. gelangt, sind die folgenden:
1. Die normale Hodenvaginalis besitzt ein weniger rasches Absorptions-
vermögen als die übrigen Serosae : dieses Absorptionsvermögen wird bedeutend
beeinflusst durch die Lage des Tieres, in der Tat ist dasselbe bei den Hun-
den ein viel rascheres in der Rückenlage als in der gewöhnlichen Bauchlage.
2. Bei der Versuchsvaginalitis durch Typhusbazillus, bei den Diplo-
kokken- und Staphylokokkenläsionen ist das Absorptionsvermögen bedeutend
herabgesetzt.
3. Bei den mit Tuberkulose geimpften Tieren ist das Absorptionsver-
mögen beträchtlich herabgesetzt, und zwar in desto höherem Masse, je mehr
Zeit seit der Einimpfung verflossen ist.
4. Die Einimpfung von Gonococcuskultur hat einen geradezu minimalen
und nicht zu berücksichtigenden Einfluss auf das Absorptionsvermögen der
Vaginalitis bei den Hunden.
Vorausgeschickt, dass die verschiedenen Theorien dieses Problem nicht
hinreichend erklären, geht Cecca (ö) bei seinem Studium von der Eigen-
schaft aus, welche die normalen Membranen in bezug auf die Flüssigkeiten
besitzen.
Aus an Scheidehäuten von Hunden und ganz frischen Leichen ange-
stellten Versuchen schliesst er : die Vaginalis verhält sich nicht wie eine dif-
fundierende Membran, sondern als vollkommene Semipermeabilis, welche einzig
und allein das Wasser hindurchlässt, und zwar innerhalb der Grenze des Zu-
sammensetzungsgleicbgewichts. Diese osmotische Eigenschaft ist in einigen
Strecken des parietalen Bauchfells anzutrejQfen ; die prädisponierende Bedingung
ist demnach vorhanden, wenn ein Bauchfellsegment mit solcher Eigenschaft
an der primären Bildung der Vaginalisserosa teilnimmt.
Fiori (6) berichtet über zwei Patienten mit Hypertrophie der Prostata,
bei denen die ersten Symptome gewesen waren: lange Miktion, dünner.
1114 Jahresbericht fBr Ghimrgie. IL Teil.
zögernder und überaus schwacher Strahl : auch mit dem Katheter erfolgte die
Entleerung der Blase in den verschiedenen Lagen unvollständig, wenn man
nicht manuellen Druck auf das Hypogastrium hinzufügte: all dies im Silen-
lentium der Symptome, die die Anfangsperiode des Prostatismus zu begleiten
pflegen. Die manometrische Exploration rückte in den beiden Fällen eine
erhebliche Defizienz in der Kontraktilität des Detrusors in Licht, insofern
der Druck in dem einen Falle 72, in dem anderen 54 com H2O erreichte.
Der eine von diesen Patienten erfuhr eine erhebliche Besserung durch
Einträufelung von Paraganglin Yassale und der andere heilte vollständig
nach der von dem Red. auf perinealem und subkapsulärem Wege ausgeführten
Prostatektomie.
Der hydrostatische Druck stieg rasch nach dem Eingriff und erreichte
112 ccm HjjO.
Die erzielten Resultate führen den Ref. zur Verwerfung der Vorstellung
von der durch primäre Blasensklerose verursachten primären Impotenz
und glaubt er recht zu. gehen, wenn er diese Fälle unter die der Retention
infolge Reflexerscheinung einreiht.
Gardini (7) hat 40 totale Prostatektomien auf perinealem Wege aus-
geführt, wobei er die Technik von Proust befolgte.
Auf 17 Patienten mit unvollständiger Retention ohne Dehnung erzielte
er 14 vollständige Heilungen, 2 Besserungen und 1 Todesfall an Broncho-
pneumonie. Bei 7 Patienten bestand unvollständige Verhaltung und er
erhielt nur 1 Heilung, 5 Besserungen, ein Fall blieb auf dem Status quo.
Bei 15 mit vollständiger chronischer Verhaltung mit oder ohne Dehnung
hatte er 4 vollständige Heilungen, 4 Besserungen und 7 Todesfalle,, darunter
6 an Harninfektionen nacht 2 oder 3 Monaten, 2 Todesfalle an Shock. In
einem Falle mit akuter Retention hat er ebenfalls die Prostatektomie mit
vorzüglichem Erfolg gemacht.
Die Operation ist höchst wirksam in den Fällen von unvollständiger
Retention mit Dehnung und in denen von vollständiger Retention. In den
Fällen von akuter Retention ist die Prostatektomie nicht immer gerechtfertigt,
sondern nur in den Fällen, in denen der Katheterismus nicht möglich ist.
Als postoperative Komplikationen bekam er zuweilen eine Orchidoepididjmitis,
in zwei Fällen Perinealfistel, in einem Falle rektourethrale Fistel. Die Harn-
inkontinenz ist eine Komplikation, die er verschiedene Male beobachtet hat,
die aber stets nach einem oder zwei Monaten verschwunden ist.
Nach Hinweis auf die schon von ihm in einer früheren Arbeit ver-
öffentlichten Versuche über intertestikuläre Anastomose berichtet Gatti
(8) über eine neue Reihe von experimentellen Untersuchungen über diesen
Gegenstand.
£r führt die intertestikuläre Anastomose auf die Weise aus, dass er
die Innenflächen der beiden von ihren Hüllen entblössten Hoden in Berührung
bringt. Mit einem ihm besonderen Verfahren vermeidet er den schon bei
der vorausgehenden Beobachtungsreihe beklagten Übelstand, dass Lappen der
Tunica vaginalis und AJbuginea durch Versenkung in die Schnittoberfläehe
zur Bildung einer dicken Faserscheidenwand zwischen den beiden in Kontakt
gebrachten Drüsensubstanzen beitragen.
In einer ersten Gruppe von Experimenten hat sich Verf. auf die ein-
fache Anastomose der beiden Hoden beschränkt; in einer zweiten Gruppe
anastomosierte er nach Durchschneidung des Samenganges eines Hodens be-
Mohr, YerleizuDgen und chinirg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1115
sagten Hoden mit dem anderen, dessen Ansfühmngsgang intakt geblieben war.
Die operierten Tiere (Hunde) wurden acht Monate bis zu einem Jahre
nach der Operation am Leben erhalten.
Die Schlüsse, zu denen der Verf. gelangt, sind die folgenden:
1. Die intertestikuläre Anastomose ist ein Operationsakt, welcher ein
Trauma bedingt, auf das die beiden anastomosierten Organe mit Degene-
rationserscheinungen reagieren können.
2. Die Degenerationserscheinungen bleiben aus, wenn das Ope-
rationstrauma ein sehr schonendes war: bestehen sie jedoch infolge der un-
genügenden Schonung bei der Operation in leichtem Grade, dann treffen sie
kleine hier und da nah und fem von der Anastomoselinie verstreute Zonen,
indem sie zwischen denselben viele Zonen von normalem Gewebe belassen.
Der Umfang des Organs bleibt auch in diesen Fällen normal.
3. Bei den anastomosierten Hoden bedingt die sofortige oder spätere
Durchschneidung eines Samenganges keine Degenerationserscheinungen (wofern
der Samengang sorgfaltig von dem perideferentialen Bindegewebe und der
Scheide isoliert wird).
4. Auf die Degenerationserscheinungen reagieren die beiden anasto-
mosierten Hoden, sofern dieselben nicht allzuschwere sind, mit Regenerations-
erscheinungen, an denen alle Gewebe teilnehmen. Neben der Wiederherstel-
lung des Drüsengewebes in der Masse der Hoden geht der Regenerati onsprozess
darauf aus, intertubuläre Anastomosen zwischen dem Parenchym der beiden
aneinandergebrachten Hoden zu bilden. Derartige Anastomosen bestehen aus
zylindrischen Epithelzapfen, die sich nach und nach kanalisieren. Vorher
und gleichzeitig mit dieser Epithelregeneration findet eine Gefäss- und Nerven-
regeneration statt, welche die Gefäss- und Nervennetze der beiden Hoden
in direkte Kommunikation setzt.
5. In der Anastomosenlinie tritt, wofern der Operationsakt ohne Miss-
handlung der eigentlichen Substanz des Hodens durchgeführt worden, nur
eine höchst spärliche Bindegewebsproduktion ein. Bildet man durch einen
Kreuzschnitt vier dreieckige Lappen aus der Albuginea und bringt man die
beiden blutigen Flächen derart aneinander, dass man die so durchtrennte Albu-
ginea selbst nach aussen kehrt, so wird die Gefahr, dass die Hodenhülle die
anastomotischen Vorgänge der Schnittlinie stören könne, gänzlich vermieden.
6. Mittelst der Anastomose wird nicht nur die Lebensfähigkeit eines
Hodens, dessen Samengang unterbrochen worden ist, konserviert, sondern
auch noch die Funktion der Samenerzeugung desselben in Tätigkeit erhalten
(was durch die Anwesenheit äusserst zahlreicher mit den normalen Bewegungen
ausgestatteter Spermatozoen nachweisbar ist).
7. Die intertestikuläre Anastomose ist demnach ein rationeller Opera-
tionsakt, der bei der experimentellen Prüfung als vorzüglich erprobt worden
und in den Fällen von operativen und traumatischen Läsionen mit gesundem
Hoden anzuraten ist. Verf. glaubt jedoch nicht, dass er in den Fällen von
Epididymektomie wegen tuberkulöser Läsionen ausführbar ist.
Guizetti (9). Es handelte sich um einen unverheirateten 25jährigen
Mann, der an Pneumonie gestorben war. Auf der rechten Seite fehlten
der Ductus deferens, das Samenbläschen, der Ejakulationsgang, infolgedessen
sich der Wol ff sehe Kanal nicht entwickelt hatte. Dagegen hatten der Hoden
und der Nebenhoden normale Grösse, gleich denen der linken Seite, wo der
ganze Ausführungsapparat vorhanden war. In dem linksseitigen Samenbläschen
1116 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
fanden sich Spermatozoen in nicht grosser Anzahl, und darunter waren einige
umfangreicher, bis zum Zweifachen der Norm.
Unter dem Mikroskop waren in dem rechten Hoden die Wände der
gewundenen Schläuche in die beiden Tunicae differenziert wie man es beim
Erwachsenen beobachtet, und an den Epithelien fanden sich alle Stadien der
Samenentwickelung bis zu den Spermatosomen einbegriffen und die Zellen von
Sertoli hatten regelmässiges Aussehen. Nur waren die entwickelteren Ele-
mente — Spermatosomen und Spermatiden — spärlich und die Spermatozyten
befanden sich zum grössten Teil im Ruhezustand, infolgedessen man einer
verlangsamten Spermatogenese gegenüberstand. Übrigens fanden sich diese
nämlichen Erscheinungen vollkommen gleich auch auf der linken Seite. Im
Zusammenhang mit der langsamen Spermatogenese und als Beweis dafür,
dass dieselbe auf einer Entwickelungsverzögerung beruhen musste, bewahrten
viele Drüsen der Prostata noch jetzt den kindlichen Charakter.
Was dann aus den Spermatozoen auf der Seite ohne Deferens wurde,
sah man bei der Untersuchung des Rete testis, der Coni vasculosi und der
Epididymis. Die Kanäle derselben waren alle etwas erweitert (links waren
sie normal) und darinnen schienen die Spermatozoen auf zwei Wegen der
Zerstörung entgegenzugehen: durch Autolyse und durch Phagozytose. Im
ersteren Fall trennte sich der Kopf von dem Kaudalfilament ab und ging dann
der Auflösung entgegen mittelst Aufquellung und Chromatolyse — von welch
letzterer man verschiedene Figuren sah — im zweiten Falle sah man grosse,
runde, mit Spermatozoenköpfen angefüllte Zellen in Zersetzung.
Zuletzt macht Verf. darauf aufmerksam, dass einige Coni vasculosi das
Epithel verloren hatten und die Wände und Umgebungen mit Lymphozyten
infiltriert und in entzündlicher Proliferation begriffen zeigten. Dies musste
aller Wahrscheinlichkeit nach eine Wirkung der Stase und Auflösung des
Samens sein, und da diese auch weiterhin fortgedauert haben würde, ist
anzunehmen, dass die entzündlichen Erscheinungen sich gesteigert und wahr-
scheinlich ausgedehnt haben würden, wodurch schliesslich vielleicht eine totale
Sklerose des Hodens eingetreten wäre.
Nach Vorausschickung anatomischer und physiologischer Bemerkungen
über den Sphincter propr. der Blase erläutert Lusena (10) die Ergebnisse
der Klinik und der bereits über die Resektion der Samenleiter angestellten
Versuche.
Bei der Wiederaufnahme der experimentellen Untersuchung über den
Gegenstand bediente sich Verf. einer rigorosen Technik und konnte mit grosser •
Genauigkeit den Tonus des Blasensphinkters im normalen Zustand und nach
der Resektion der Vasa deferentia messen. Aus der ersten Reihe seiner Ver-
suche geht hervor, dass man wirklich nach der Resektion der Samenleiter eine
Herabsetzung des Tonus des Blasensphinkters bekommt. In einer weiteren
Versuclisreihe wollte Verf. erforschen, welchen Einiluss die blosse operative
Läsion zur Isolierung der Samenleiter auf den Tonus dieses Sphinkters hätte,
und sah, dass diese einfache Verletzung dieselben Resultate gibt wie die
Vasektomie, derart, dass nach Feststellung des Grades der Herabsetzung des
Tonus dieser beim Anschluss der Resektion der Samenleiter nicht weiter
abnahm.
Ausgehend von den jüngsten Studien von Fabrini, Scaduto und
Bogolybow bat Oberti (11) Untersuchungen und Experimente über die
Mohr, Verleizangen and chimrg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 1117
Resektionen und die Transplantation des Nebenhodens und des Vas deferens
angestellt.
Verf. hat fünf Gruppen von Versuchen angestellt:
1. Resektion des Schweifes der Epididymis und Verpflanzung des Vas
deferens auf den Durchschnitt des verbleibenden Epididymistumpfes.
2. Resektion der ganzen Epididymis und Verpflanzung des Vas deferens in
den Uighmorskörper.
3. Resektion der ganzen Epididymis und Verpflanzung des Vas deferens
in die Drüsensubstanz des Hodens.
4. Resektion des Kopfes der Epididymis und Verpflanzung des Abschnittes
des Kaudalstumpfes mittelst Verlegung in den Highmorskörper.
5. Resektion des Kopfes der Epididymis und Verpflanzung des Abschnittes
der Kaudalportion in das Hodenparenchym.
Verf. hatte zwei offenbar positive Fälle bei Tieren der 3. und 5. Gruppe
ungefähr 6 Monate nach Vornahme des Operationsaktes : er konstatierte An-
wesenheit von Nemaspermen mit den normalen Merkmalen im Inhalt des
Ductus deferens und sah bei ganz schwachem Druck den Übergang einer
mit Tusche gefärbten Flüssigkeit in das Hodenparenchym durch den Deferens
hindurch.
Bei den Tieren der 2. und 4. Gruppe konstatierte er keine Anwesen-
heit von Nemaspermen im Deferens, doch dauerte bei diesen Tieren der Ver-
such erst seit drei Monaten.
Schifone (12) beschreibt das Operationsverfahren von Prof. Durante
für die Behandlung der Varikocele, welches darin besteht, dass man mit
einem Knoten eine Adergruppe des pampiniformen Plexus zusammenschnürt
uud alsdann mit dem nämlichen Faden um die verschiedenen Gruppen ekta-
sischer Adern herumgeht, wie wenn man eine überwendliche Naht anlegte,
wobei man von unten nach oben weiter schreitet. Die varikösen Adern werden
so auf sich selbst aufgewickelt und nach dem Leistenring gebracht, wo sie
oben in einer einzigen Gruppierung fixiert werden. Während dieses Manövers
muss man darauf bedacht sein, einige Adern des pampiniformen Plexus intakt
zu lassen und vor allem den Ductus deferens und die Samenarterie. Die
Naht wird mit Catgut Nr. 0 und runder Nadel ausgeführt: die Hodensack-
deckenwunde wird per primam intentionem verschlossen.
Verf. berichtet 24 Fälle, bei denen der Dauererfolg nach Verlauf von
mehr als acht Jahren kontrolliert werden konnte: bei drei Fällen trat teil-
weises Rezidiv ein, bei den übrigen war das Resultat in jeder Hinsicht ein
vorzügliches. Mit der Methode von Prof. Durante erhält man die voll-
kommene Neuregelung der venösen Zirkulation des Funikulus und die Hoch-
befestigung des Hodens: es bleibt keinerlei bei Druck fühlbare fibröse Verhärtung
zurück; die charakteristischen neuralgischen Schmerzen der Varikocele ver-
schwinden und es macht sich keinerlei Störung weder in der Ernährung noch
in der Funktion des Hodens bemerklich. Auch das Skrotum geht im Volumen
zurück, obwohl keinerlei Resektion desselben vorgenommen wird.
Um auf den Einwurf derjenigen zu antworten, die die Methode Durante
wegen der Möglichkeit, dass auch der Funiculus deferens zwischen die Schlingen
des das Päckchen der ektasischen Adern umschlingenden Fadens geschnürt
werde, für gefährlich halten, hat Verf. an Hunden diesen eventuellen Ope-
rationszufall experimentell reproduziert. An sieben Tieren umwindet er nach
Befestigen des Fadens mit einerii Stich an der Albuginea des Hodens Spiralen-
1118 Jahresbericht fflr Chimrgie. II. Teil.
förmig mit demselben Faden sämtliche Elemente des Samenstranges und zerrt
sie, wie bei der Methode Durante, von unten nach oben weiterschreitend,
gegen den äusseren Leistenring, wo er sie, sie zu einem Knäuel zusammen
wickelnd, fixiert. Die Tiere wurden zwei Tage bis fünf Monate nach der
Operation am Leben erhalten: der Versuch war eindeutig. Auch nach einer
so langen Zeit hatte Verf. ständig folgenden Befund : es fand sich bedeutende
Verminderung in der Zahl der Adern, von denen die meisten vollkonunen
verödet waren; die Arterien waren verkleinert, entsprechend der Tunica
media leicht verdickt und besassen ein zwar engeres, aber vollkommen durch-
gängiges Lumen. Die Nerven, das Vas deferens und die Deferentialarterie waren
völlig normal: niemals wurde Läsion irgend welcher Natur des Hodenparen-
chyms angetroffen. Bei einigen Tieren, bei denen er es vermieden hatte,
den Ductus deferens mit dem Faden zu umwinden, fand sich in bezug auf
die Adern die nämliche numerische Reduktion. Nachdem so auch der Ein-
*
wurf widerlegt ist, dass das Zusammenschnüren mit Catgutschlingen Nr. 0
zur Okklusion der arteriellen Wege und zur Alteration der Nerven des Samen.
Stranges und des Ductus deferens führen und Atrophie des Hodens erzengen
könne, schliesst Verfasser dahin, dass die Methode von Prof. Durante die
sicherste, wirksamste und rationellste Methode für die chirurgische Behand-
lung der Varikocele ist.
In der vorliegenden vorläufigen Mitteilung studiert Schifone (13) den
Heilungsprozess , der in den beiden Stümpfen des Samenganges nach
seiner vollständigen queren Durchschneidung ohne nachfolgende Vemähnog
der beiden Enden vor sich geht. Versuchstiere waren Hunde, Meerschweinchen,
weisse Mäuse (die 1 — 2 Monate am Leben blieben). Verf. kommt zu folgenden
Schlüssen:
1. Als häufigste Erscheinung veröden die beiden Stümpfe und die
Spermazirkulation wird verlegt, woraus sich die Degeneration des Hodens
ergibt.
2. Aus dem nicht obliterierten zentralen Stumpf des Samenganges kann
zuweilen die normale Spermasekretion fortfahren, welche sich alsdann in dem
umliegenden Bindegewebe ansammelt und an der Stelle der Wunde eine
kleine Spermazyste bildet. Verf. hat diese Erscheinung in zwei operierten
Meerschweinchen angetroffen, wodurch die Behauptung Tournades Bestäti-
gung findet.
3. In anderen Fällen (Verf. hat dies bei drei Hunden angetroffen) treten
die beiden Stümpfe in gegenseitige Endberührung, vernarben und stellen
das Lumen des Ausführungskanales vollkommen wieder her.
Diese Erscheinung wird vom Verf. mit drei interessanten Röntgenphotographien
des mit metallischem Quecksilber injizierten Samenganges demonstriert. An
ihnen beobachtet man, dass entsprechend der Narbe zwischen den beiden
Stümpfen eine leichte Stenose des Samenganges besteht: der zentrale Stumpf
des Ganges ist erweitert und gewunden, der peripherische Stumpf zeigt sich
von gleichförmigem Kaliber.
In der Reihe seiner Versuche hat er nie die von Marassini beob-
achtete Erscheinung angetroffen. Dieser nimmt eine Neubildung von Epithel-
strängen an, die, von dem peripheren Stumpf ausgehend, nach dem zentralen
Ende des durchschnittenen Samenganges hinüberzögen und auf diese Weise
die Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Ausführungswege des Hodens
erreichten.
Hohr, YerletzuDgen und chinirg. Krankheiten der mAnnlicben Genitalien. 1119
Ravasini (14) beschreibt das Verfahren Frey er für die totale trans-
vesikale Prostatektomie und teilt eine Statistik von 12 nach dieser Me-
thode operierten Fällen mit. Verf. fügt zwei persönliche Fälle hinzu, bei denen
die Operation ohne vorherige Entleerung der infolge chronischer Haminkonti-
nenz gedehnten Blase zur Verhütung der Infektionsgefahren und Hämaturie,
welche die Eatheterisierung häufig in ähnlichen Fällen hervorruft, ausgeführt
wurde.
Razzaboni (15) hat anatomisch-pathologische Untersuchungen ange-
stellt, um zu kontrollieren, ob die von Frey er gegebene Schilderung genau den
normalen und pathologischen Verhältnissen der Prostata entspricht, d. h. ob
eine scharfe anatomische und funktionelle Unterscheidung der Prostatalappen
besteht, ob die Ejakulationskanäle mit einer eigenen von der eigentlichen
Prostatakapsel unabhängigen Kapsel versehen sind und endlich, ob zwischen
der Urethra und der Prostata Kontinuitäts- oder bloss Kontiguitätsbeziehungen
bestehen.
Zu diesem Zwecke hat er die Prostata von 12 Individuen mikroskopisch
untersucht, darunter ein Fötus von 8 Monaten, ein Kind von 11 Jahren, ein
normaler Erwachsener und acht mit verschiedenen Typen der Hypertrophie
behaftete Erwachsene.
Er hatte beobachten können:
1. dass sowohl unter normalen als unter pathologischen Verhältnissen
(besonders bei gemischten Hypertrophien) das besonders an den Seiten der
Harnröhre, aber auch hinten entwickelte Prostatagewebe um dieselbe herum
eine Art von nach vorn offenem Hufeisen bildet;
2. dass eine dünne von dem Prostatabett differenzierte Muskelfaser-
kapsel (eigentliche Kapsel) die ganze Peripherie der Drüse umhüllt, hinten
und auf den Seiten eine neue Bekleidung bildend. Nach vorn bildet diese
Kapsel, immer das Drüsengewebe begleitend und sich auf die Urethra legend,
für jeden Lappen eine eigene Bekleidung, indem sie zu gleicher Zeit für
jeden derselben eine Hülle bildet. Dieser Befund findet sich in mehr oder
weniger bedeutendem Grade sowohl in normalem als im pathologischen Zu-
stande ;
3. dass zwischen Urethra und Prostatagewebe innigste Konnexionen
bestehen, die auf der Gewebskontinuität zwischen Prostatastroma und Muskel-
wand der Harnröhre beruhen. Je nach den Formen der Hypertrophie jedoch
(gemischte, drüsige und fibröse) können diese Verwachsungen mehr oder weniger
enge werden;
4. dass die Ejakulationskanäle sich vollständig in das Drüsengewebe
versenkt zeigen; scharf differenziert von demselben im normalen Zustande,
sind sie es nicht ebenso im pathologischen Zustande, indem sie aufs innigste
mit dem Prostatastroma verschmolzen erscheinen.
Verf. kommt sodann zu Schlüssen praktischen Charakters und macht
darauf aufmerksam, dass trotz der innerlichen Verbindungen, die zwischen
Drüsenstroma und Urethral- und Ejakulationsgangswand bestehen, es sehr
wohl Fälle geben kann, bei denen sich die Ausschälung der Prostata ohne
Verletzung der Harnröhre und der Samengänge bewerkstelligen lässt. Dies
erklärt sich auf der einen Seite durch den Umstand, dass infolge von Alte-
rationen, die bei der Prostatahypertrophie gewöhnlich sind, die Verbindungen
der Urethra mit der Prostata viel weniger enge werden, auf der anderen
Seite dadurch, dass bei gewissen Formen der Hypertrophie (reine drüsige
1120 Jahresbericht far Chirurgie. II. Teil.
Hypertrophie) der Resistenzindex des Prostatagewebes bedeutend geringer ist
als der der Urethra und der Ejakulationsgänge, derart, dass ihre Entfernung
ohne Zerreissung derselben ermöglicht wird.
Die Fibromyome der Prostata als selbständige Gebilde sind äusserst
selten. Quinto Vignolo (16) demonstriert einen wahrhaft eigenartigen
Fall, indem der Tumor nicht nur das ganze Prostatabett einnahm, sondern
sich in Form von multiplen, mehr oder weniger ansehnlichen, kleinnuss- bis
mandarinengrossen Knoten in dem ganzen rechtsseitigen urethro-rektoperi-
nealen und ischio- rektalen Raum und zum Teil in dem der linken Seite
äusserte. Der Tumor wölbte sich über dem vorderen Perineum auf der
Mittellinie und seitlich rechts vor.
Das Individuum, welches diese Läsion zeigte, in einem Alter von
63 Jahren, klagte seit 6 Jahren über Beschwerden am Perineum beim Sitzen,
Beschwerden, die sich in letzter Zeit derartig verschärft hatten, dass sie
bei ihm die Empfindung erregt hatten, als ob er auf lauter Steinen sässe,
Keine Störung im Harnlassen und Stuhlgang. Blasenkapazität 350 c<;m,
rückständiger Harn 30 ccm.
Verf. stellt den im September 1904 von ihm mit totaler Exstirpation
der Geschwulst auf perinealem Wege, und zwar zum grossen Teile darch
Zerstückelung und Ausschälung der Prostata unter vollständiger Schonung der
Integrität der Urethra operierten Patienten vor.
Bei der gegenwärtigen Untersuchung bemerkt man entsprechend der
Urethra prostatica eine dünne Schicht der Prostata kapsei.
Der exstirpierte Tumor im Gewicht von 250 g ist ein Fibromyom mit
einigen Bindegewebszonen in schleimiger Degeneration, ohne eine Spur von
Drüsenepithel.
XXL
Verletzungen und ehirurgisehe Krankheiten der
Urethra.
Referent: F. Pels-Leusden, Berlin.
Die mit * versebenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
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kol. 1904. Bd. 20. p. 1253.
Es handelte sich um ein abgemagertes Kind, das nach einem heftigen
Hustenanfall über Schmerz im Unterleib zu klagen begann; die Harnent-
71*
1124 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. TeiL
leerang hörte seitdem gänzlich auf. Während der Nacht trat progressive
Anschwellung des Skrotums, des Perineums und des Penis ant. zwei Tage
später wurde es von Magrassi (59a) untersucht, welcher Zyanose der Lippen
des Kindes, Sopor bemerkte. Die ödematöse Anschwellung interessierte das
Perineum und verbreitete sich auf das Skrotum, den Penis, die Regio pnbica
und die innere Fläche des Oberschenkels. Es wurde ein Einschnitt auf dem
Perinealraphe gemacht und der Urinsack eröffnet: es entleerte sich eine be-
deutende Menge Harn. Das Kind besserte sich in wenigen Stunden, nach
wenigen Tagen verschwand die Harnintiltration. Nach ungefähr 20 Tagen
begann der Urin von neuem sich aus der UrethralöflEnung zu entleeren.
R. Giani.
Bazy und Deschamps (5) haben durch genaue Messungen heraus-
bekommen, dass die männliche Urethra verschieden lang ist und, dass diese
Verschiedenheit im wesentlichen auf Rechnung der Pars pendula kommt. Sie
wollen im wesentlichen damit beweisen, dass die Bezeichnung, eine Striktur
sitze in einer Tiefe von so und soviel Zentimetern, höchst ungenau sei and,
dass man den genauen Sitz nur nach Palpation der betreffenden Gegend
durch die anatomische Bezeichnung, also Pars bulbosa usw., festlegen könne.
Nach Busch (18) kommt lymphatisches Gewebe in der Schleimhaut der
männlichen Urethra ebenso wie in den oberen Teilen des hamableitenden
Apparates vor, und zwar in der subepitheUalen Schicht. Dasselbe ist aller-
dings bei verschiedenen Individuen sehr verschieden stark entwickelt.
Der von Berger (13) der Akademie mitgeteilte und von Villar be-
obachtete und operierte Fall von Prolaps der Blasenschleimhaut durch die
weibliche Harnröhre betraf eine 37 Jahre alte Dame. Die vorgefallene Schleim-
haut zeigte keine zentrale Öffnung wie bei Prolapsen der Hamröhrenschleim-
haut, man konnte vielmehr neben dem Prolaps leicht nach oben in die Blase
hinein gelangen. Mittelst Sectio alta wurde eine an der rechten Seitenwand
der Blase gelegene Schleimhautfalte freigelegt (Lage zum Ureter wird nicht
berücksichtigt) und exstirpiert. Der Vorfall wird auf eine abnorme Schlaff-
heit der Blasenschleimhaut und eine Erschlaffung des Sphincter vesicae zurück-
geführt.
Die von Lessing (53) beschriebenen, von Koenig operierten Fälle
von Hamröhrendivertikeln stehen ziemlich einzig da. Koenig fand bei der
Operation einer Eiter und Urin entleerenden perinealen Fistel eines 21 jähr.
Mannes, der von Jugend auf an Harnträufeln und Nachträufeln des Urins
nach spontaner Entleerung gelitten hatte, einen vom Diaphragma urogenitale
fast bis zur Pars pendula hin in der Medianlinie sich erstreckenden mit der
Pars bulbosa urethrae durch eine schmale Lücke kommunizierenden, bleistift-
dicken Gang, der anscheinend mit normaler Hamröhrenschleimhaut ausge-
kleidet war. Keine Striktur. Exzision, partielle Naht, Heilung ohne Dauer-
katheter. Auf Grund des mikroskopischen Nachweises aller für eine normale
Harnröhre charakteristischen Gewebsschichten nimmt Lessing an, dass es
sich um ein kongenitales Divertikel der Pars bulbosa urethrae gehandelt
habe, welches nach aussen hin durchgebrochen sei.
Nach Grünfeld (33) sind Divertikel der Harnröhre zwar selten, aber
doch häufigere Vorkommnisse, wie angenommen wird. Die Diagnose kann
nur mikroskopisch gestellt werden. Ein bestimmter Symptomenkomplex exi-
stiert nicht. Ihre Entstehung hängt mit der embryonalen Einwirkung der
Pels-Leusden, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Urethra. 1125
Urethra zusammen. Ihre Beziehangen zu den Co wp ersehen Drüsen bezw.
den Retentionszysten derselben müssen noch näher studiert werden.
Bazy (6) teilt einen Fall mit, der von Sikora beobachtet worden
ist tmd bei dem sich ausser einer Hypospadia glandis eine Striktur in der
Gegend der Fossa navicularis, eine zweite in der Mitte der Pars penilis, eine
dritte in der Pars bulbosa fand. Die Strikturen wurden durch Bougierung
beseitigt.
Bazy (7) kommt nochmals auf seine Erklärung der kongenitalen Harn-
röhrenverengerungen zurück, über welche im Jahresbericht 1903, S. 1086
schon berichtet worden ist, und teilt einige neue Fälle mit, bei welchen die
Symptome der Enuresis (nocturna oder diurna) und der erschwerten Harn-
entleerung charakteristisch vorhanden waren, ohne dass die Vorgeschichte
weiter Aufschluss darüber gegeben hätte, als dass es so schon von Jugend
auf gewesen wäre. In dem einen Falle wurden durch interne Urethrotomie
diese Beschwerden rasch und dauernd beseitigt. Auch in den Ann. des mal.
des org. genito-urin. 1905, Bd. U. S. 1648 weist Bazy im Anschluss an
einen Vortrag Lebretons auf diese Erkrankung und seine Erklärungs-
ansicht hin.
Kallionzis (40) hat in einem Falle von kongenitaler HarnrÖhren-
striktnr im hinteren Teile der Pars pendula die Urethrotomia interna mit
dem Erfolge gemacht, dass die vorher vorhandene Enuresis nocturna und die
Beschwerden bei der Harnentleerung schwanden.
Von den in Deutschland kaum vorkommenden Fällen von kongenitalen
Harnröhrenstrikturen hat Lebreton (58) fünf beobachtet, die sämtlich nok-
turne oder diurne Inkontinenz hatten und durch progressive Dilatation rasch
geheilt wurden. Dass drei von den Kindern Masern überstanden hatten,
findet Ref. nicht wunderbar, wohl aber, dass dieses Überstehen von Masern
in Zusammenhang mit der Entstehung der Strikturen gebracht wird, nach
Lebreton durch ein Exanthem (cf. auch Bazy).
Rona (69) beschreibt einen Fall von Verdoppelung der Harnröhre bei
einem sechs Jahre alten Knaben. Die eine mündete an der normalen Stelle,
die andere verhielt sich wie eine Epispadie. Beide führten ohne Kommuni-
kation bis in die Blase und aus der letzteren entleert sich beim Stehen des
Knaben unwillkürlich Urin. Diese zweite, akzessorische Harnröhre exstirpierte
Rona mit dem Erfolge, dass die Enuresis aufhörte und nur eine ganz feine
Haarfistel zurückblieb.
Spitzer (77) fand in seinem Falle einen bei gleichzeitig bestehender
Gonorrhöe gonorrhoisch nicht erkrankten Paraurethralgang mit zystischen
Erweiterungen in der Genitoperinealachse, der sein Entstehen einer Hem-
mungsbildnng bei der Verwachsung der embryonal angelegten Urethralrinne
yerdankte.
Katzenstein (41) betrachtet die Epispadie mit Reichel als eine
Hemmungsmisbildung, lässt aber die Möglichkeit zu, dass die Hypospadie
durch Platzen der Harnröhre, infolge Abflussbehinderung des Urins im fötalen
Leben (Kaufmann) entstehe. Einen Fall von Eichelepispadie, welche äusserst
selten vorkomme, hat Katzenstein durch die modifizierte Dieffenbach sehe
Methode zur vollkommenen Heilung gebracht.
Beck (8) bespricht die Ursache zeitweiliger Misserfolge bei Anwendung
Seiner Methode der Harnröhrendisiozierung und die Mittel zur Vermeidung
solcher. Die Methode soll nur da angewandt werden, wo sich die Harnröhre
1126 JahreBbericht für Chirargie. U. Teil.
ohne erhebliche Spannung nach vorn ziehen lässt. Wie weit also das Ori-
fizium nach rückwärts disloziert liegt, ist an und für sich gleichgültig. Bei
Erwachsenen muss man noch die Erektion in Rücksicht ziehen, bei Kindern
wird man also weiter gehen dürfen, wie bei ersteren. Als unterste Alters-
grenze bezeichnet er den vierten Lebensmonat. Zur Erleichterung der Iso-
lierung führe man einen Gummikatheter bis in die Blase ein und befestige
mit einer Fadenscblinge, welche durch Eatheterwand und Schleimbautrand
gestochen wird, die Harnröhre daran. Man hat dann eine gute Handhabe.
Praktisch ist es auch, am Orifizium eine kleine Hautmanchette zu belassen.
Den Gummikatheter pflegt Beck jetzt für 24 Stunden liegen zu lassen. Auch
bei der weiblichen Harnröhre hat Beck seine Methode einmal mit gutem
Erfolge augewandt, desgleichen bei anderweitigen Zerstörungen geschwüriger
wie traumatischer Natur; ebenso ist sie verwendbar zur Zurücklagemng der
Harnröhre und zur beiderseitigen Isolierung zwecks Deckung grösserer Defekte.
In einer späteren Arbeit teilt Beck (9) mit, dass er bei einem Falle
von skrotaler Hypospadie die Methode mit sehr gutem Erfolge verwandt
habe. Um den Penis an der ventralen Seite zu verlängern, macht er event.
eine Plastik aus dem Präputium oder, wenn das nicht ausgiebig genug ist,
aus dem Skrotum. In einem allerdings nur sehr kurz beschriebenen Falle
von Epispadie bildete er aus der Urethralrinne, welche er in toto loslöste,
über einem Katheter zunächst einen Kanal im Zusammenhang mit dem rück-
wärts gelegenen Hamröhrenteil und zog dann diese neugebildete Bohre durch
den tunellierten Penis hindurch (ohne Abbildungen schwer verständlich), und
zwar mit gutem Erfolg. Zur Ausführung dieser difficilen Operationen hat
Beck ein besonders geeignetes Besteck (cf. Abbildungen) zusammengestellt.
Beck (17) kommt auf sein Verfahren der Hamröhrenverlagerung zurück
und empfiehlt vor allem die Anwendung des Verfahrens so oft es nötig ist,
einen beträchtlichen Zug wirken zu lassen, um die Harnröhre nach unten zu
ziehen, das heisst in den Fällen von perinealer Hypospadie und in denen
von sehr hochgelegener Zwerchfellhypospadie. Diese Operation kann in dem
Alter von drei Monaten aufwärts vorgenommen werden: die Dissektion der
Harnröhre muss unter der Leitung eines dicken, vorher in dieselbe einge-
schobenen Gummikatheters gemacht werden. Die Hamröhreöfihung wird zu-
sammen mit einer kleinen Hautportion lospräpariert und muss an dem Ka-
theter befestigt werden, um auf dieselbe Zug ausüben zu können. Bei der
Perforation der Eichel muss die Inzision deltaförmig angelegt werden; der
Katheter muss 24 Stunden bis vier Tage in der Harnröhre belassen werden.
Diese Methode kann nach Aussage des Verfs. mit Erfolg ausser bei Hypo-
spadie auch bei traumatischen Verletzungen oder ulzerösen Zerstörungen der
Harnröhre verwandt werden. R. Giani.
Hammonic (35) verwendet das Becksche Verfahren nur für die weit
nach vorn gelegenen Hypospadien. Bei der Hypospadia penilis und peni-
scrotalis operiert er zweizeitig plastisch. Wenn Ref. die sehr kurze Beschrei-
bung recht versteht, so geht Hammonic bei der Plastik folgendermassen
vor: Er inzidiert zu beiden Seiten der Urethralrinne längs und löst nach
innen einen Hautlappen ab, was an der Eichel nur durch Einschneiden in das
Corpus spongiosum gelingt. Sodann näht er mit feinem Catgut, indem er zu-
nächst den einen Hautrand durchsticht, dann die blutenden Flächen der beiden
Urethrallappen nach Art einer Lembertschen Naht ansticht und schliesslich den
zweiten Hautrand fasst, wie den ersten. Beim Knoten des Fadens werden dann
Pels-Leusden, Verletzangen und chirarg, Krankheiten der Urethra. 1127
die Urethrallappen nach innen eingestülpt und die Hautränder aufgestellt und
beide Wundränder aufeinandergelegt. Der Verschluss der zurückbleibenden
Fistel wird in ähnlicher Weise vorgenommen. In der Zwischenzeit lässt
Hammonic den Patienten beim Urinieren jedesmal die Hypospadie mit dem
verschliessen, damit der Urin gezwungen wird, den natürlichen Weg zu nehmen
und so auf einfache Weise das zwischen der Hypospadieöffnung und dem
Eingang zu dem neugebildeten Kanal, eben Fistel genannt, gelegene Schleim-
hantstück in die Tiefe gepresst wird. Den Erfolg der zweiten Operation
führt Hammonic sehr wesentlich auf das kleine Manöver zurück.
Auch Broca (17) preist die schönen Erfolge der Operation nach Beck,
nur für die Hypospadia glandis, während er für die weiter zurückgelegenen
die nach Duplay empfiehlt.
Tixier (80) empfiehlt die Beck sehe Operation und rät von einem Ver-
weilkatheter ab, desgleichen Berard.
Hacker (34), das sei zuerst erwähnt, erkennt zunächst an, das Beck-
New-York das unbestrittene Verdienst gebühre, als Erster die Eichelhypo-
spadie durch Mobilisierung und Vernähung der vorhandenen Harnröhre ope-
riert und damit das neue Operationsprinzip inauguriert zu haben. Mit dieser
unumwundenen Erklärung wird Beck wohl zufrieden sein können und damit
wäre dieser leidige Prioritätsstreit aus der Welt geschaflft. Hacker hat sich
das Verfahren, welches er als Distensionsplastik bezeichnet und auf welches
er als erster zur Deckung anderweitiger Defekte der Harnröhre hingewiesen
hat, in 12 Fällen bewährt. Seine Erfahrungen haben Hacker folgendes gelehrt:
1. Es können die verschiedenartigsten Defekte der Harnröhre durch
das Verfahren vorteilhaft ersetzt werden.
2. Defekte des Mündungstückes werden durch Dehnung der mobilisierten
Harnröhre in distaler Richtung ersetzt.
3. Defekte der hinteren, mobilisierbaren Harnröhrenpartien (Pars bul-
bosa, membranacea) werden wesentlich durch Distension der mobilisierten
Harnröhre in proximaler Richtung gedeckt.
4. Defekte der Zwischenpartien werden, wenn es sich um mehr oder
weniger ringförmige handelt, durch Distension sowohl der vor, als der hinter
dem Defekt gelegenen Partien, also in proximaler und distaler Richtung
gedeckt.
5. Mehr fensterartige Wanddefekte können, nach Mobilisierung der den
Defekt enthaltenden, in ihrer Kontinuität belassenen Harnröhrenpartie, nach
Anfrischung der Wandpartien durch Vemähung nach Art der Gastroplastik
oder Enteroplastik ersetzt werden. Dieses, seines Wissens zuerst vom Vor-
tragenden in Anwendung gebrachte Verfahren ist für Behandlung der Fisteln,
insbesondere der Lippenfisteln, die bisher durch oft komplizierte Lippen-
plastiken behandelt wurden, von besonderer Bedeutung.
6. Eine zu starke Spannung wird sicher vermieden, wenn man das auf
eine bestimmte Strecke mobilisierte Stück der Harnröhre nur um die Hälfte
seiner früheren Länge dehnt. Danach kann man berechnen, wie weit die
Urethra im Einzelfalle zu mobilisieren sei.
7. An von Schwellkörpern umgebenen Partien der Harnröhre ist bei
der Mobilisierung auf die völlige Erhaltung des Schwellkörpers zu achten.
8. Die Grenzen der Resektion und der Dehnung können etwas weiter
gerückt werden bei Operationen, bei denen man nur mehr auf die harn-
entleerende Funktion der Harnröhre Rücksicht zu nehmen braucht.
1128 Jahresbericht far Chirargie. II. Teil.
9. Die für die Hintanhaltung einer Störung der Erektion wichtigen
Operationskautelen sind noch näher zu studieren.
In der Diskussion teilt Payr mit, dass er in zwei Fällen von peniskro-
taler Hypospadie eine weitgehende Mobilisierung der Harnröhre bis über den
Bulbus hinaus mit gutem Erfolge vorgenommen habe.
Cat heiin (21) hat diese Methode in zwei Fällen mit Erfolg ange-
wendet.
Lebreton (49) rät, bei jedem Kranken mit Gonorrhöe eine genaue
rektale Untersuchung vorzunehmen. Dabei ist besonders zu achten auf Druck-
schnierzhaftigkeit, welche je nach ihrem Sitz auf Urethritis, Prostatitis oder
beides vereint hindeutet. Wenn bei Druck ausstrahlende Schmerzen entlang
der Urethra nach vorn auftreten, so soll das auf alleinige Beteiligung der
Urethra an dem entzündlichen Prozess hindeuten, fehlt diese Ausstrahlung,
so soll nur die Prostata ergriffen sein. Auf Grund seiner Untersuchungen
bei 200 frischen Gonorrhöen glaubt Lebreton, dass die Urethra posterior
sehr häufig und sehr früh miterkrankte. Die Massage der Prostata bei
frischer Gonorrhöe ist bei Ausdehnung des Prozesses anzuraten, während sie
bei alleiniger Urethritis posterior kontraindiziert ist. Die Massage soll erst
nach Anfüllung der Blase gemacht werden, damit der Blaseninhalt die aus der
Prostata herausgepressten Sekrete bald nach aussen mitentfernen kann.
Vogel (83) kommt zu dem Resultate, dass Injektionen mit Protargol
post coitum noch am wirksamsten, aber auch unsicher zur Verhütung der
Gonorrhöe seien und, dass auch die Abortivbehandlung der Gonorrhöe nur
in einzelnen- besonders günstig liegenden Fällen Aussichten auf Erfolg biete.
Vogel wendet 4Voige Protargollösung (ca. 10 ccm 1 — 2 Minuten einwirken
lassen) und wiederholt die Einspritzung noch einmal am zweiten oder dritten
Tage.
Um die Gonokokken auch aus ihren Verstecken hervorzulocken, injiziert
Alexander (8) 1% Wasserstoffsuperoxyd in die Harnröhre und konnte
dann in dem sich entwickelnden Schaum mit den gewöhnlichen Methoden
noch Gonokokken da nachweisen, wo einfache Abstriche im Stich gelassen
hatten.
Luys (57) hat ein Metallinstrument konstruiert, welches auf elektrischem
Wege eine genau zu dosierende Erwärmung erfährt. Wenn es nach der Ein-
führung auf 40—42° erwärmt wird, so soll es die Gonokokken, welche im
Gegensatz zur Harnröhrenschleimhaut diese Temperatur nicht vertragen
können, abtöten. Desnos bemerkt dazu, dass er das gleiche durch Wa-
schungen mit warmem, sterilem Wasser zu erreichen versucht, die Methode
aber nach sehr wechselnden Erfolgen wieder verlassen habe.
Block (14) rät die Abortivbehandlung bei Gonorrhöe nur zu versuchen
bei höchstens 1 — 2 Tage bestehender geringer, nicht rein eiteriger, sondern
nur schleimig-eiteriger Sekretion (Gonokken vorwiegend extrazellulär gelegen).
Er injiziert dann SVoige Protargollösung mittelst 10 ccm haltender Spritze
bis zur Füllung der Urethra anterior (5 Minuten in der Harnröhre belassen).
Das wird mindestens fünf Tage eventuell unter Benützung bis zu 6®/oiger
Lösung fortgesetzt. Öftere Untersuchung des Urins auf Sekret und Gono-
kokken ist unbedingt notwendig.
Runge (20) bebandelt mit gutem Erfolge die weibliche Gonorrhöe mit
Gonosan (3 mal täglich 2 Kapseln eine halbe Stunde nach dem Essen) neben
PeU-Leasden, Verletzangen und chirurg. Krankheiten der Urethra. 1129
täglichen Injektionen von 1 com lO^/oiger Protargollösnng in die Urethra
mittelst des Frit seh sehen Zellaloidansatzes für die Harnröhre.
Merzbach (60) macht ebenso wie Runge auf die rasche, schmerz-
lindernde Wirkung des Gonosan aufmerksam, so dass er jetzt zur Lokal-
therapie (mit Protargol) erst nach 2 — Stägiger Gonosanbehandlung übergeht.
Escat (29) veröffentlicht einen Fall von diffuser enormer periurethraler,
mit Fisteln durchsetzter Schwartenbildung nach einer schlecht behandelten
traumatischen Harnröhrenruptur. P> hält in solchen Fällen die Resektion
dieser Massen mitsamt der Urethra für notwendig. Der Name Urinome für
solche entzündliche Schwarten ist zu mindesten merkwürdig.
Renault (65) beschreibt ein kleines, weiches, ca. 4 cm langes Bougie
für die Behandlung der harten Schanker der Hamröhrenmündung und zur
Verhütung von Strikturen daselbst, welches leicht anzulegen ist, Tag und
Nacht liegen bleiben kann, leicht zu wechseln ist (vom Patienten selber) und
mit einer 5 ^/o igen Kalomelsalbe bestrichen örtlich heilend wirken soll.
Monie (61) brachte durch interne Urethrotomie eine Striktur der Pars
bulbosa bei einem 5 Jahre alten Knaben zur Heilung. Es handelte sich also
um einen sehr seltenen Fall. Die Striktur war wahrscheinlich auf dem
Boden einer vernarbenden Varizellenblase (Windgallen 7 Monate vorher) ent-
standen.
Es ist auffallend, dass eine Verengerung im hinteren Bereiche der Urethra,
also im Blasenhals, der Pars prostatica und membranacea von Key es (42)
seinem Vater und Chetwood häufig, in Deutschland fast gar nicht beob-
achtet worden ist. Diese merkwürdige Tatsache lässt sich vielleicht dadurch
erklären, dass unter R6trecissement alles mögliche verstanden wird, nicht
allein die narbigen Veränderungen, welche wir als Striktur bezeichnen. Die
mitgeteilten Beobachtungen sind zum grossen Teil so unvollständig, so ver-
schiedenartiger Natur, es handelt sich um nervöse Individuen, Prostatiker,
Steinkranke, Tuberkulöse usw., so dass es unmöglich ist, sich ein klares Bild
darüber zu machen, was alles unter Retr^cissement de l'urethre verstanden
werden soll und wo Verf. hinaus will. Er scheint in allen solchen Fällen,
in denen aus irgend einem Grunde eine Urinretention besteht, zur Sectio
perinealis mit nachfolgender Dilatation oder Inzision der Pars prostatica
und des Blasenhalses zu raten. Vielleicht ist auch durch die Übersetzung
(Ref. hat das englische Original nicht in Händen gehabt) manches unklar ge-
worden.
Her es CO und Danielapola (36) berichten über einen Fall von Striktur
in der Pars membranacea, welche aber auch nur eine Fortsetzung einer
Striktur der Pars bulbosa war, die alte Lehre, dass die gonorrhoischen Strik-
turen in der letzteren sitzen, also ebenfalls nicht umstossen kann. Da es
sich um einen autopsierten Fall handelt, so ist die Beobachtung ziemlich
einwandsfrei.
T6denat (79) hat einen Fall von gonorrhoischer Striktur der Pars
membranacea beobachtet und durch Dilatationsbehandlung beseitigt. LeFur
fünf Fälle, viermal behandelt mit Dilatation und elektrischer Prostatamassage,
einmal mit Prostatektomie; Franck im letzten Jahre zwei Fälle, welche
nach Gonorrhöen entstanden, welche lange mit Höllensteinlösungen behandelt
waren (cf. oben).
Le Für (52) behandelt das vielumstrittene Kapitel von den Strikturen
entzündlicher Natur im Bereiche der Urethra posterior, welche bekanntlich
1130 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
von den meisten geleugnet werden isofem, als das allerdings seltene Vor-
kommen zwar nicht abgestritten, aber in den meisten Fällen ihre Entstehung
auf eine Propagation des entzündlichen Prozesses von der Pars bnlbosa nach
hinten auf die Pars membranacea und prostatica zurückgeführt wird. Auch
in den sämtlichen Fällen von Le Für waren Strikturen oder doch schwere
Veränderungen in der Urethra anterior vorhanden. Die Striktur der Pars
posterior als selbständige Erkrankung erscheint daher auch nach den Aus-
führungen Le Fürs zum mindesten zweifelhaft. Die Schlussfolgenmgen Le
Fürs sind kurz diese:
Es gibt entzündliche Verengerungen in der Urethra posterior mit dem
Sitz in der Pars membranacea und prostatica. Diese sehr seltenen Fälle sind
Folgen einer hartnäckigen Urethritis posterior oder einer chronischen prolife-
rierenden und stenosierenden Prostatitis oder des Durchbruchs eines Abszesses
in die Urethra posterior oder eines hinzugekommenen Trauma. Sie entwickeln
sich rasch und führen zu frühzeitigen Erscheinungen, die denen bei Prostata-
hypertrophie ähneln (Prostatisme). Sie komplizieren sich gewöhnlich mit einer
Reihe von Anfällen von Prostatismus (häufiger Urindrang, Prostatorrhoe.
Blutungen, erschwertes Urinieren bei vermindertem Strahl) und Prostata-
abszessen.
Die Behandlung, welche sich gegen das von der Urethra und von der
Prostata herrührende Leiden zu richten hat, dieser Affektionen ist sehr
schwierig und langwierig. Man kann sie aber durch starke Dilatationen,
auch mit Hilfe der Elektrolyse, Uretrotomia interna, Prostatamassage und
Prostataelektrisierung zur Heilung bringen (Mitteilung von 6 genauen Kranken-
geschichten).
Aus den Schlussfolgerungen Schmidts (71) hebe ich das Folgende her-
vor.' Auf vorbeugende Massregeln ist der grösste Wert zn legen, die
Bougierbehandlung ist sowohl bei traumatischer wie gonorrhoischer Ätiologie
auf die geringsten Anzeichen einer sich ausbildenden Verengerung hin früh-
zeitig einzuleiten und lange genug fortzusetzen. In regelmässigen Zwischen-
räumen ist eine Nachuntersuchung vorzunehmen. Die äussere Hamröhren-
verletzung führt fast stets zu einer Verengerung. Eine solche bietet aber für
die ärztUche, insbesondere die operative Hilfeleistung, die, wenn irgend mög-
lich, in der Resektion mit Hamröhrennaht bestehen soll, günstigere Aussichten
(wie bei den gonorrhoischen Strikturen).
Bei passender Auswahl der traumatischen Fälle bringt hier auch ein
unblutiges Dehnungsverfahren für kürzere Zeit leidlich gute Erfolge. Ob sie
ebenso von Bestand sind, wie die operativen Resultate, ist unwahrscheinlich.
Jede brüske Bougierung ist zu verwerfen. Die Operation darf nicht zu lange
hinausgeschoben werden. Mitteilung von 140 kurzen Krankengeschichten aus
der Breslauer chirurgischen Klinik.
Pedersen (63) benutzt zur Sondierung von Urethralstrikturen beson-
dere Sonden, und Katheter, welche es ermöglichen, ein filiformes Bougie
in situ liegen zu lassen und die Instrumente der Reihe nach, sie darüber
streifend, einzuführen, also ohne es nötig zu haben, mit dem Instrument
jedes Mal das Leit bougie herausnehmen zu müssen. Ohne Abbildungen ist
die Beschreibung der Instrumente schwer verständlich.
Das neue Instrument von Do mm er (15) zur Urethrotomia interna ist
recht kompliziert und kann nur an der Hand von Abbildungen erklärt werden
(cf. das Original).
Pels-Leasden, Verletzangen and chirarg. Krankheiten der Urethra. 1131
Oestreicher (62) redet der Urethrotomia interna mit Maisonneuve-
schen Instrument das Wort. Er macht 2, selten 3 — 4 Schnitte in die Vorder-
\Tand und legt tür 48 Stunden einen Verweilkatheter ein, worauf täglich
bougiert werden muss. Die Operation hat nach Oestreicher nur Vorteile,
keine Nachteile. Wenn das Instrument nicht gleich eingeführt werden kann,
so wird in dringenden Fällen Blasenpunktion, event. öfters, event. mit liegen-
bleibendem Troikart gemacht.
Blond el (16) erreichte mittelst zirkulärer Elektrolyse nach New man
in einem Falle von traumatischer Harnröhrenstriktur Heilung, nachdem Ure-
throtomie und Urethrektomie vergeblich gewesen waren.
Alcayde (2) beschreibt eine Modifikation des Neumannschen Instru-
mentes zur zirkulären Elektrolyse, welches er mit einem filiformen Bougie
verbunden hat, so dass er bei der Einführung an dem vermehrten Widerstand
sofort merkt, wenn er in die Striktur vordringt.
Seelhorst (73) empfiehlt die elektrische Behandlung von Strikturen
mittelst elektrolytischer Nadel unter Leitung des Urethroskopes und will sehr
befriedigende Resultate erzielt haben. Vorbedingung ist aber, dass die Striktur
zuerst durch Dilatation oder Urethrotomia interna auf ein Kaliber von
25 Siad. gebracht worden ist.
Dieser nach dem Muster des Male cot sehen weichen Verweilkatheters
von Lebreton (47) konstruierte soll gegenüber jenem den Vorteil der
grossen Festigkeit und eines weiteren Lumens haben. Er besteht aus einer
weichen Gummispitze, ähnlich beschaffen wie die Spitze eines Nelaton-
katheters, nur finden sich an Stelle der Augen vier Längsschlitze. Diese
klaffen für gewöhnlich und die zwischenliegenden Pfeiler buckeln sich halb-
mondförmig nach allen vier Seiten auf, so dass ein Herausgleiten aus der
Blase ziemlich unmöglich ist. Zum Einführen werden die Malecotschen
Katheter mit einem Mandrin versehen, welcher die Katheter streckend die
klaffenden Schlitze zum Schluss bringt, so dass nunmehr das Volumen an der
Spitze nicht grösser ist, wie am Körper des Katheters. Der Lebretonsche
Katheter entlehnt nur die Spitze dem Male cot und verbindet sie mittelst
eines festen Zwischenstückes mit einer Art Mercierkatheter mit weitem
Lumen. Ausser diesem weiten Lumen haben die Katheter den Vorzug der
leichteren Einführbark eit und des sichereren Liegenbleibens. Für denjenigen,
der überhaupt öfters Verweilkatheter benützt, lohnt sich jedenfalls ein Ver-
such mit diesem von Eynard hergestellten Instrument.
Kochet (24) bespricht die Folgen einer mehr weniger ausgedehnten
Verletzung der Harnröhre bei der perinealen Prostatektomie. Bei den kleineren
Verletzungen^ bei welchen nur höchstens die Hälfte der Hamröhrenwand fort-
genommen sei, besonders wenn es sich um Längswunden handle, sei die Ge-
fahr der Strikturausbildung eine sehr geringe. Aber auch bei ausgedehnteren
Verletzungen bilde sich, falls nur noch ein Streifen Harnröhrenschleimhaut
erhalten sei, in kurzer Zeit der normale Weg für den Urin wieder aus unter
geeigneter Behandlung, sorgfältigem Katheterisieren, womit nicht zu spät nach
der Operation begonnen werden dürfe. In einem eigenen Falle, bei welchem
die Harnröhre fast ganz abgerissen war, musste vier Monate nach der Pro-
statektomie, da aller Urin durch die Perineal wunde abfloss, die Resektion
der zwischen den Urethralenden gelegenen Narbenpartien gemacht werden.
Das Resultat war, trotzdem keine Naht versucht und nur ein Verweilkatheter
eingelegt wurde, ein ausgezeichnetes, indem nach 14 Tagen der Katheter
1132 Jaluresbericht ffir Chirurgie. II. Teil.
fortgelassen werden konnte und unter häufig wiederholtem Katheterisieren
die Perinealwunde in einem Monat sich schloss. Auch anderweitig empfiehlt
er diese Nahtmethode.
Sellheim (75) hat einen vollständigen Defekt der Blasenscheidewand
und der Harnröhre durch eine eigenartige, durch zahlreiche Abbildungen er-
läuterte Plastik zur Heilung gebracht, so dass Patientin jetzt eine Stunde
lang den Urin halten und willkürlich entleeren kann, jedenfalls ein äusserst
befriedigendes Resultat.
Wolkowitsch (86) hat in einem Falle von Verödung der weiblichen
Harnröhre, bei welchem aller Urin durch eine weite Blasenscheidenfistel ent-
leert wurde, eine neue Harnröhre nach Art der Beck sehen Hamröhren-
plastik gebildet. Nach Loslösung der Blase von einer Sectio alta aus bildete
er einen Tunnel in der Gegend der ursprünglichen Harnröhre, zog einen
Blasenzipfel hindurch und befestigte ihn hier mit einigen Nähten. Auch die
Blasenscheidenfistel wurde in derselben Sitzung geschlossen. Nach mancherlei
Zwischenfällen soll sich schliesslich eine Art Kontinenz entwickelt haben.
Die von Cantalupo (20) angewandte indirekte Behandlung kann nur
bei den Perinealfisteln Anwendung finden, da diese penienen Urethrorrhaphie
und ürethroplastik erheischen; sie entspricht jedoch gut bei diesen, wenn
dieselben keinen grossen Substanzverlust aufweisen. Diese Methode besteht
zunächst in der ätiologischen Behandlung, das heisst innere Urethrotomie
und Durchführung von Sonden, um der Harnröhre ihren normalen Durch-
messer zu geben: die gradweise Erweiterung vermag wenig ohne innere
Urethrotomie, da die Verengerung kallös ist und man nicht über N 14 Char-
riere hinausgeht. Mit der Urethrotomie erreicht man, 16 — 17 hindurchgehen
zu lassen: Der Dauerkatheter verhindert das Durchgehen des Harns durch
die Fistel, welche mit der Oberfläche des Urethralkanals in wagerechte Lage
gelegt wird. Mit dieser ätiologischen Behandlung verbindet er die Desin-
fektion der Fisteln mittelst mit dem Irrigator gemachten Kaliumpermanganat-
Waschungen, ohne zu Auslöffelungen oder Kauterisationen greifen zu müssen.
R. Giani.
Macnaughton (59) exstirpierte eine zwischen Urethra und Vaginal-
wand gelegene Zyste, wobei ein grosser Teil der hinteren Urethra weggenommen
werden musste, der später durch mehrere plastische Operationen wieder er-
setzt wurde, so dass die Patientin, welche nach der Operation von häufigem
Urindrang und Inkontinenz geplagt war, später den Urin wieder 5 — 6 Stunden
halten konnte.
Lecene (51) teilt den pathologisch-anatomischen Befund mit von einem
Karzinom des periphersten Teiles der Urethra, welches ausgedehnt in die Ge-
fässe des Corpus spongiosum glandis hineingewuchert war. In der Diskussion
berichten Cornil und Bender über ähnliche von ihnen beobachtete Fälle.
Schroeter (72) glaubt durch folgendes Verfahren kleine, in der Harn-
röhre eingeklemmte Steinchen und Fremdkörper entfernen zu können. Falls der
Urin, wenn auch nur tropfenAveise vorbeigebracht werden kann, verschliesst
Schroeter manuell die Harnröhrenmündung und lässt den Patienten so
länge kräftig pressen, bis der vordere, periphere Teil der Harnröhre ad ma-
ximum gefüllt und ausgedehnt ist. Der Stein soll dann unter heftiger An-
wendung der Bauchpresse seitens des Patienten und gleichzeitigem Freigeben
der Harnröhrenmündung mit dem angesammelten Urin herausgeschleudert
werden, was Schroeter auch in dem einen von ihm beobachteten Falle
Neck, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der oberen Extremität. 1133
gelangen ist. Geht an dem Stein keine Flüssigkeit mehr vorbei, so rät
6chroeter, eventuell nach Abbinden des Gliedes, zentral von dem Kon-
krement, um dessen Zurückschlüpfen zu verhindern, mit gut abdichtender
Spritze den vorderen Teil der Harnröhre mit sterilem Wasser zu füllen und
dann nach Lösung der Umschnürung dasselbe Manöver, von oben machen
zu lassen. Eventuell sei das Verfahren mehrere Male zu wiederholen.
Bei einem 22 Jahre alten Manne mit Hypospadia penis fand Che-
vassu (22) 4 cm vom Orificium Urethra entfernt eine mit drei Steinen ge-
füllte Aufbuchtung der Harnröhre, die als Folge einer kongenitalen Verengerung
oder eines gewanderten und angehaltenen Konkrementes aufgefasst wird.
Wolf (85) beschreibt einen primären Urethralstein der Pars pendula
Ton sehr beträchtlicher Grösse, welcher sich in einem echten Hamröhren-
divertikel gebildet hatte. In dem Stein fand sich ein organischer Kern.
Englisch (28) bespricht in einer umfangreichen Arbeit, welcher ein
Literaturverzeichnis von 613 Nummern und Krankengeschichten von 10 Fällen
angefügt sind, die Fremdkörper der Harnröhre und Blase. Ref. ist es un-
möglich, in kurzen Worten den Inhalt der Arbeit anzugeben, da es sich ja
um ausserordentlich viele im Einzelfalle zu beachtende Dinge, Art des Fremd-
körpers, Sitz, Lage, Zeit seines Verweilens usw. handelt, so dass man nur
von Fall zu Fall die Art der Operation zu bestimmen vermag. Auch die
Wiedergabe der auf S. 185 stehenden Zusammenfassung würde nur ein un-
Tollkommenes Bild von der Fülle des gebrachten Materials geben und Ref.
muss daher auf das Original verweisen. Kurz sei nur erwähnt, dass bei in-
krustierten Fremdkörpern im allgemeinen operiert werden muss, während
nichtinkrustierte gelegentlich die Wahl der Operation frei lassen.
xxn.
Verletzungen und ehirurgisehe Krankheiten der
oberen Extremität
Referent: C. Neck, Chemnitz.
Die mit * bezeichneten Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Angeborene Krankheiten, Missbildungen, Entwickelungshemmungen etc.
1. Antonelli, Ein Fall von kongenitalem bilateralen Radinsdefekt. Zeitschr. f. orthop.
Chir. 1905. Bd. 14. Heft II.
la. ^Bordoni, T., Sopra due casi di elevatione congenita della scapola. La clinica modema
1905. Nr. 45.
2. Ferö-Perrin, Note sur des anomalies des doigt etc. Rev. de chir. 1905. Nr. 1.
2a.Gavani, G., Deformita del pollice. Eziologia e patogenesi. BoUettino delle Scienze
Mediche di Bologna 1905.
1134 Jahresbericht für Chirurgie. U. Teil.
3. GoardoD, Sar^Uvaüoii congönitale de Tomoplaie droiie. Jonm. de ia€d, de Bord.
1905. Nr. 5. p. 81.
4. *Hamiltoo,A case of congenita! synostoeis of both upper radio-alnar articnlatioDS.
Brit. med. joum. 1905. Nov. 18. p. 1827.
5. Hubert, Atrophie congönitals du membre sapörieur portant presqne ezclusivement sar
leg deoziämes phalanges. Rev. d'Orthop. 1905. Nr. 6.
6. Jotton, Deformation de Tavant-bras per arrdt de d^veloppement etc. Rev. d'orthop.
1905. Nr. 1.
7. *Roncayrol, De la Syndactylie et de Tectrodactylie. Rev. d^orthop. 1905. Nr. 1.
8. Tridon, Un cae de sur^lävation congenitale de Tomoplate. Rev. d'orthop. 1905. Nr. 1.
9. Princebant, Syndactylie cong^nitale trte ätroite des mains. Joam. de med. de
Bordeaux 1905. Nr. 32.
10. Princetean, Nonveau proc^ö op^ratoire poar la coro de la syndactylie. Sem. med.
1905. Nr. 4L p. 489.
11. Rosenkranz, Über angeborene Kontrakturen der oberen Extremitftt. Dissertat
Berlin 1905.
12. *Whitman, The treatment of congenital and acquired luxations at the Shoulder in
childhood. Annales of surg. 1905. Jnly.
13. Zesas, Angeborener Hochstand des Schulterblattes. Orthop. Chir. 1905. Bd. 15. H. 1.
Bei dem zehnjährigen Mädchen mit rechtsseitigem Schulterblatthochstand
i7ar das Schulterblatt 3 cm in die Höhe gerückt. Der Zustand bestand seit
der Geburt. Nach Ausschluss anderer Möglichkeiten kommt Gourdon (3)
zu der Annahme, dass es sich im vorliegenden Falle um ein kongenitales
Leiden handle.
In Tridons (8) Fall wurde der linksseitige Schulterblatthochstand im
fünften Lebensmonat bemerkt. Im 26. Monat kam das Mädchen zur Unter-
suchung. Das linke Schulterblatt stand 3 cm höher als das rechte und war
der Mittellinie genähert. Die linke Thoraxhälfte zeigte einen um 2 cm ge-
ringeren Umfang. Die linke Klavikel war 1 cm verkürzt. Die Funktion des
linken Armes war eine völlig normale, namentlich gelang auch die Abdaktion
^es Armes in normaler Weise ohne Schmerzen. Es bestand ferner eine dop-
pelte Skoliose einmal im oberen Brustabschnitt nach rechts und in der Len-
^engegend nach links. Dazu kamen noch eine Schädel- und Gesichtsasjm-
metrie. Aus dem Röntgenbild glaubt Tridon mit grosser Wahrscheinlich-
keit schliessen zu können, dass das fast unbewegliche Schulterblatt durch
eine Knochenspange mit den unteren Halswirbeln in Verbindung steht. Die
Muskeln des Schultergürtels boten nichts Abnormes.
Zesas (13) ist mit anderen der Ansicht, dass bei dem angeboreoen
Hochstand des Schulterblattes eine Entwickelungshemmung in der Anlage des
Schulterblattes zugrunde liegt. Dadurch werden Formveränderungen der
Skapula bedingt oder es wird eine Weiterentwickelung versprengter Kno-
<;henanlagen verursacht. Durch alle diese Störungen wird der Descensus der
Skapula verhindert. Auch totaler partieller Defekt von am Schulterblatt an-
setzenden Muskeln kann für die Lagerung des Schulterblattes von Bedeu-
tung sein.
Zesas stellte in seiner Arbeit 100 Fälle von Schulterblatthochstand
a«us der Literatur zusammen. Er selbst hat einen Hochstand des rechten
Schulterblattes bei einem fünfjährigen Jungen beobachtet. Das rechte Schulter-
blatt war um 5 cm in die Höhe gerückt. Das Erheben des rechten Armes
gelang nach vorn und nach der Seite nur bis 110^
Die kongenitalen Kontrakturen der oberen Extremitäten bearbeitete
Ho senkranz (11) im Anschluss an eine eigene Beobachtung.
Necky VerletzuDgen and chirnrg. Krankheiten der oberen Extremität 1135
Bei dem zehnjährigen Jungen bestand seit der Geburt eine beiderseitige
ulnopalmare Kontraktur der Hände. Die Daumen zeigten eine massige Ad-
daktions- und Oppositionskontraktur. Die Beugung und Streckung in den
Ellenbogengelenken war behindert. Die aktive Beugung war im linken Ellen-
bogengelenk unmöglich. Der rechte Arm stand in Pronation, der linke in
halber Supination. Bei der elektrischen Untersuchung zeigte sich, dass die
Erregbarkeit der vom Radialis versorgten Yorderarmmuskeln und des Bizeps
aufgehoben war. Der Deltoides war nur stellenweise schwach erregbar. Durch
Massage nnd Gymnastik wurde eine Besserung der Handkontrakturen erzielt.
Die Daumenkontraktur wurde nach Durchtrennung beider Köpfe des Ad-
ductor pollicis longus und Verlängerung der Sehne des Flexor poUicis longus
wesentlich gebessert. Der Verf. stellte aus der Literatur 55 Fälle von an-
geborener Kontratur der oberen Extremitäten zusammen.
Antonelli (1). Bei dem fünfjährigen Jungen fand sich neben Hypo-
spadia penica. Hemia inguinalis congenita, doppelseitiger Pes planus varus.
Der Radiusdefekt war beiderseits ein totaler und bedingte eine bilaterale
radiäre Klumphand. Antonelli konnte 100 Fälle von Radiusdefekt mit
Klnmphandbildung aus der Literatur zusammenstellen. In 60 Vo der Fälle fand
sich die Deformität bei männlichen Individuen, in 40^/o bei weiblichen.
Einseitig war der Radiusdefekt 55 mal, doppelseitig ^5 mal.
In seinem Fall schuf der Verf. durch Längsspaltung der Ulna, wobei
die Gelenke nicht eröffnet wurden, einen neuen Radius und korrigierte die
Stellung der Hand. Nach Abschluss des Heilverfahrens verharrten nicht nur
die Hände in einer in bezug auf die Richtung der Vorderarmachse korrekten
Stellung, sondern auch die gestörte Funktion der Hand war wesentlich ge-
bessert worden.
Bei dem 11jährigen Mädchen, über welches Joüon (6) berichtet, be-
stand eine starke Verbiegung des Radius in seinen unteren zwei Dritteln mit
der Konvexität nach aussen und eine Verschiebung der Hand radialwärts.
Die untere Hälfte der Ulna war auf dem Röntgenbild als dünnes Stäbchen
zu sehen, während die obere Hälfte normal entwickelt war. Die Kraft der
Hand war auf der von der Deformität befallenen Seite beträchtlich herab-
gesetzt. Die Finger konnten normal bewegt werden. Beugung im Handgelenk
war beeinträchtigt, die radiale Abduktion der Hand unmöglich. Die Verkrüm-
mung wurde im zweiten Lebensjahr bemerkt. Eine Ursache für die Ent-
stehung der Deformität konnte Joüon nicht finden, er nimmt an, dass eine
mangelhafte Entwickelung der unteren Ulnaepiphyse zugrunde liegt.
Princeteau (10) hat bei Syndaktylie folgendes Verfahren verwendet:
Zunächst legt er durch die ganze Länge des Zwischenfingerraumes auf der
Beuge- und Streckseite eine Inzision an. Von den Längsinzisionen werden
gegen die Basis der Finger kleine Schrägschnitte gemacht, so dass er vier
Lappen erhält. Die kleineren Lappen werden zur Kommissurbildung ver-
wendet, die grösseren zur Bedeckung der Finger. In fünf so behandelten
Fällen erhielt Princeteau ein sehr befriedigendes Resultat.
Hebert (5) konnte weder Nervenstörungen, noch Gefässanomalien als
Ursache für die an den Fingern 2 — 5 der linken Hand vorhandenen starken
Verkürzungen der zweiten Phalangen feststellen.
F6re und Perrin (2) stellten — durch eine Beobachtung von Valgusstel-
lung des Endgliedes der beiden Kleinfinger bei einem 67 jährigen dementen
Manne angeregt — Untersuchungen an 180 erwachsenen Geisteskranken an
1136 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
und fanden dieselbe Deformität 48 mal beiderseits, 19 mal links, 3 mal rechts.
Unter 100 Arbeitern verschiedener Arbeitszweige fand sich die Deformität
12 mal beiderseits, 6 mal links, Imal rechts. Die Verif. meinen — auf Grund
ihrer Nachforschungen — , dass man annehmen . könnte, die Valgusstellung des
Kleinfingers sei ein Degenerationszeichen.
Gavani (2a) berichtet einige Daten von seitlicher Clinodaktylie mit
radialer Konvexität. Die Nagelphalanx bildete mit der 1. Phalanx einen
stumpfen Winkel. Ein Kind und der väterliche Grossvater hatten beide bei
der Geburt Daumen mit dieser Deformität, jedoch korrigierte sich ein Daumen
des Grossvaters mit der Zeit. Ein Bruder des Kindes war mit Pedes equino-
vari geboren und von Chilino mit bestem Erfolg mit Achillotenotomie und
Phelpsschem Verfahren operiert worden. Joachimsthal, der einen ähn-
lichen Fall veröflfentlicht hat, schreibt die Ursache dieser Missbildung der
seitlichen Verdickung der Gelenkääche zu. Nach Aufnahme der Radio-
graphien in dem in Rede stehenden Falle bemerkte man zwischen den
beiden Gliedern ein Knochenstück, welches das Rudiment einer Phalanx
darstellte.
An dem korrigierten Daumen des Grossvaters bemerkte man diesen
Knochen nicht, während er noch an dem deformen Daumen vorhanden war.
Daumen und grosse Zehen mit drei Gliedern sind von vielen Autoren illu-
striert worden, unter anderen von Valenti; Pfitzner meint, das Ver-
schwinden sei auf die Assimilation der 2. mit der 3. Phalanx zurückzuführen,
wie es bei dem korrigierten Daumen des alten Mannes geschehen ist. Bei
einem anderen Kinde mit einem Daumen mit derartiger Deformität fehlte
das Knochenstück.
Ist die erbliche Belastung als ätiologisches Element ausser Zweifel, so
sind für die Pathogenese in einigen Fällen die Verdickung der Gelenkfläche
(Joachimsthal), in anderen die Anwesenheit der rudimentären Phalanx
und in wieder anderen die Alteration der Weichteile anzunehmen, wie Locke-
rung auf der Seite der Konvexität, da die Deformität bei den Reduktions-
manövern leicht zu korrigieren ist. R. Giani.
2. Krankheiten der Haut,
1. Ab adle, Mögalonyxie chez un palud^en (däformations des angles ,en veiTe de montre*
Sans ost^o-arthropathie hypertrophiante. Journ. de mäd. de Bordeaux 1905. Nr. 32.
2. ^Bearmaniii Porokeratose papiliomateuse. Soc. de Denn, et de Syph. 1905. Nr. 7.
Juill. p. 629.
3. *Cl6jsktt Sar un cas de trichophylie ungu^ale. Journ. de möd. de Bord. 1905. Nr. 2.
p. 25.
4. *6aucheretMillian, Köratose palmaire. Ann. de Derm. et de Syph. 1905. Nr. 7.
JuiU.
5. '''Magne, Desquamation en aires de la paume des mains. Journ. de m^d. de Bord.
1905. Nr. 32.
6. Petges, Ghancre syphilitique hypertrophique au dos de la main. Journ. de med. de
Bord. 1905. Nr. 49.
Petges (6) sah bei einem 25 jährigen Mann im Anschluss an eine Haut-
verletzung ein langsam grösser werdendes Geschwür auf dem Handrücken auf-
treten. Das Geschwür trotzte jeder lokalen Behandlung, so dass Petges
geneigt war, die AflFektion als Geschwulstbildung anzusehen. Das Auftreten
einer Roseola gab Aufschluss über die Natur des Geschwürs und eine anti-
syphilitische Behandlung führte zur Heilung.
Neck, Verletzangen and chinirg. Krankheiten der oberen Extremitftt. 1137
Abadie (1) beobachtete bei einem Manne, der an Malaria und Leber-
zirrhose mit Ikterus gelitten, eine hochgradige Vergrösserung der Nägel. Nur
die Nägel waren hypertrophisch, während die Knochen völlig normal er-
schienen.
3. Erkrankungen und Yerletzungen der GefSsse.
1. *Betti, Seltene Verletzung des Are. palmar, prof. Gazz. d. osped. Nr. 16.
2. Heasmann, Fall von Luzatio hnmeri. Münch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 42.
3. *More8tin, Aneyi'ysme de l'arcade palmaire. Soc. anat. 1905. Nr. 6. p. 556.
4. Nemenoff, Über Gefftssverletzangen bei Luxat. hnmeri. Dissertat. Berlin 1905.
Bei dem 75 jährigen Kranken Hessmanns (2) trat im Anschluss an
eine Luxatio hnmeri eine Ruptur der Art. axillaris auf. Die Arterie war
bis auf eine schmale Brücke durchtrennt. Nach Unterbindung der Subclavia,
wobei der Faden die brüchige Gefasswand durch trennte, wurde auch die
Axillararterie abgebunden. Es bildete sich im Anschluss an diese Gefäss-
Unterbindungen eine Gangrän des Armes aus, so dass der Arm nach 16 Tagen
im Schultergelenke exartikuliert werden musste.
Nemenoff (4) teilt die Krankengeschichte einer 68 jährigen Dame mit,
die sich durch Fall auf die Schulter eine Luxation im Schultergelenk zuge-
zogen hatte. Nach drei Wochen wurde in Narkose ein Einrenkungsversuch
gemacht. Im Anschluss an diesen Versuch, der misslang, trat ein schnell-
wachsendes Hämatom in der Achselhöhle auf. Der Puls war an den Vorder-
annarterien aufgehoben. Die sofort ausgeführte Inzision ergab .eine Zer-
reissung der stark gequetschten, atheromatösen Axillararterie. Die Vene war
nnTersehrt. Nach Unterbindung der Stümpfe stand die Blutung. Wegen
Gangrän des Armes musste später die Exartikulation im Schultergelenk aus-
geführt werden. Die Entstehung der Gangrän führt der Verfasser in erster
Linie auf die hochgradige Arteriosklerose zurück.
Es gelang ihm 65 Fälle von Gefässverletzung bei Luxation humeri zu-
sammenzustellen. In den letzten 25 Jahren wurden 16 Fälle veröffentlicht
mit einer Mortalität von 25 ^/o, vordem betrug die Mortalität 72,7 °/o. Der
Erfolg ist im wesentlichen der modernen Wundbehandlung zuzuschreiben.
Als wichtigste Behandlung wird die Unterbindung des verletzten Ge-
fässes am Ort der Verletzung empfohlen. Tritt keine Gangrän ein, dann
bleiben doch meist erhebliche Funktionsstörungen des Armes zurück.
4, Erkrankungen und Verletzungen der Nerven.
1. Daval, Essai de traitement chirargical da .scapulum alatam*. Rev. du chir. 1905.
Nr. 1.
2. Növrite ascendante da plexus brachial cons^cative ä an traumatisme de Ja main. Joarn.
de m^d. de Paris 1905. Nr. 42.
3. Trine i, U., Ferita di panta e taglio all' avambraccio sinistro con recisione dell' A.
cabitale, A. radiale, N. cubitale e N. mediane. Clinica moderoa. Anno XI. Firenze 1905.
4. ^Wallenberg I, Luxation des N. ulnar. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 8
p. 326.
Duval (1) hat bei Lähmungen des Musculus serratus major und trape-
zius zur Beseitigung der dabei entstehenden Funktionsstörungen folgendes
Verfahren angewendet: Um das Schulterblatt in seine normale Lage zu bringen,
fixiert Duval den freigelegten inneren Rand des Schulterblattes durch zwei
Jahresberieht fQr Ghirorgi« 1905. 72
1138 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
quer durch den Schulterblattrand geführte Nähte. Die beiden Fäden werden
weiter um die freigelegte 6. und 7. Rippe herumgeführt und dann geknüpft.
Die nach oben zu seitlich an der Wirbelsäule liegenden Muskeln werden
mobilisiert und mit dem losgehebelten Periost des oberen inneren Randes
der Skapula vernäht. Diese Fix£^^ion der Muskulatur an die Skapula hat
den Zweck bei Bewegungen des Schulterblattes ein Abweichen des oberen
inneren Schulterblattwinkels zu verhüten. Duval hat durch sein Operations-
verfahren bei drei Kranken ein gutes Resultat erzielt.
Trinci (3). Bei einer 29jährigen Frau, die einen den linken Unter-
arm durchbohrenden Messerstich bekommen hatte, wurde die Unterbindung
der Art. ulnaris und radialis, welche verletzt worden, und des N. ulnaris
und medianus, welche auf der Höhe zwischen mittlerem und unterem. Drittel
des Unterarmes durchschnitten worden waren, vorgenommen. Vollständige
restitutio ad integrum. R. Giani.
Bei dem 43jährigen Mann (2) trat im Anschluss an eine Quetschung
des 4. und 5. Fingers der rechten Hand eine aufsteigende Neuritis des Plexus
brachialis mit schwerer Atrophie der Armmuskulatur auf. Andere Ursacben
als das vorhergegangene Trauma waren auszuschliessen.
5« Erkrankungen und Verletzungen der Muskeln, Sehnen, Sehnenscheiden,
Schleimbeutel und Faszien«
1. ^Andrew, Large fibro-sarcoma of tbe arm. Glasg. med. Journ. 1905. Aagost.
2. Bftärnhielm, 6., Beiträge zur operativen Behandlung der Dupuytren sehen Finger-
kontrakturen. Hyglea 1905. Heft 7. p. 719.
8. Berger, Proc4dä op^ratoire pour le traitement de la rötraction limit^ de Taponövrose
palmaire. Soc. de Ghir. 1003. Nr. 24.
4. Cotte, Tubercuiose primitive des muscles de Tavant-bras. Lyon m^d. 1905. Nr. 30.
p. 149.
5. *Gabourd, Rötraction d*origine tuberculeuse de Tapon^vrose palmaire des 2 mains.
Lyon möd. 1905. Nr. 49.
6. ^Heuser, Beitrag zur Frage: Dupuy trenscbe Kontraktur und Unfall. Inaug-Diss.
Bonn 1904.
7. *Eeen, Rupture of the tendon of the biceps fiexor cabiti. Annala of Sargery 1905.
p. 757 and 789.
8. Malapert et Morichau-Beauchant, Fibro-chondrome de la gaine synoviale des
tiöchisseurs de l'index. Bull, et m^m. de la soc. anatom. de Paris 1905. Mai. Nr. 5.
9. * Sarcome k my^loplaxes de la gaine synoviale du flöchisseur du m^ius. Ballet
et mömoir. de la sociöt^ anatomique de Paris 1905. Mai. Nr. 5.
10. *iVIarchesi, Beitr. ... ad schnellender Finger. Zeitscbr. f. Cfair. Bd. 79.
11.' ^Perdrizet, R^traction de l'apon^vrose palmaire etc. Thöse de Lyon 1904.
12. Perthes, Ad Sehnentransplantation. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 1. Yereios-
beilage. p. 47.
Eine primäre Muskeltuberkulose fand Cotte (4) an dem gemeinsamen
Beugemuskel des Vorderarms bei einem 16 jährigen, sonst gesunden
Mädchen. Die Tuberkulose hatte sich hauptsächlich in den Muskel interstitien
ausgebreitet, weniger im Muskel selbst, die Knochen des Vorderarms waren
völlig normal.
Malapert und Morichau-Beauchant (8) entfernten bei einem
25 jährigen Mann 15, bis erbsengrosse, frei in der Sehnenscheide des Zeige-
fingers gelegene Fibrochondrome. Die Funktion des Fingers war durch die
Geschwülstchen nicht beeinträchtigt. Die Verf. konnten nur vier oder fünf
ähnliche Fälle in der Literatur finden.
Neck, Verletzangen und chirarg. Krankheiten der oberen Extremität. 1139
Die Methode^ die Bäärnhjelm (2) für die Behandlung der Dnpny-
tren sehen Kontraktur empfiehlt, besteht in möglichst vollständiger, unter
Blutleere ausgeführter Exzision der Apeneurose und Deckung der Hautdefekte
nach Tier seh ohne Yernähung der Hautwunden. Hj. von Bonsdorf f.
Berger (3) hat bei einem Kranken, bei welchem durch Schrumpfung
der Palmarfaszie eine hochgradige Kontraktur des Mittelfingers entstanden
war, durch Exzision der geschrumpften Partie der Faszie ein sehr gutes
Endresultat erzielt.
Perthes (12). Verlängerte in einem Fall von ischämischer Muskel-
kontraktur mit völliger Unfähigkeit die Finger zu strecken die Beugesehnen,
und erzielte so einen guten funktionellen Erfolg.
6. Erkrankungen der Knochen und Gelenke.
1. Alessandri, R., Disarticolazione inter-ecapolo-toracica per endotelioma recidivo
dell' omero. Bollettino della Societä Lancisiana degli Ospedali di Roma 1905. Anno XXV.
2. Bentter, Sarcome du cubitus etc. Lyon m^d. 1905. Nr. 1. p. 18.
2a.*Cbapnt, Tumenr blanche fistuleuse du poignet. Soc. de Gbir, 1905. Nr. 32.
3. *Cotte, Spina ventosa ancien, riieumatisme tuberculeax chroniqne deform ant. Ljon
m^. 1905. Nr. 48.
4. Delbet, Tumeur k my^loplazes de Textr^mit^ sap^rienre de rham^rns. BulL et möm.
de la Bociöt^ de Chirurgie de Paris. Bd. 31. Nr. 34.
5. ^D es tot, Dislocation da carpe. Lyon möd. 1905. Nr. 38. p. 454.
6. * — Traumatisme da poignet. Lyon möd. 1905. Nr. 3. p. 115.
7. R. du Bois-Reymond, Die Beweglichkeit eines total resezierten Handgelenkes.
Deatsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 2. Vereinsbeil. p. 85.
8. 6randcl4ment, R^ection totale de rhum^rus poar ostöomyelite tabercal. Lyon
möd. 1905. Nr. 5. p. 207.
9. Jeanbraa, Ost^o-sarcoma de rhumärus. Rev. de Chir. 1905. Nr. 8.
10. v. Uly ÖS, 6., Primäre Tnberkolose in einer Gelenkmaas. Chirarg. Sektion des Bada-
pester kgl. Ärzte -Vereins, Sitzung vom 7. XII. 1905. Orvosi Hetilap 1906. Nr. 3
(ungarisch).
11. *▼. HoYorka, Praktische Erläuterung einer Schultererkrankung. Allg. Wiener med.
Ztg. 1905. Nr. 48.
12. Knierim, Über Exstirpation des Schultergürtels nach Kfister. Dissertat. Mar«
bürg 1905.
13. Lncas-Championni^re, Rösection des deux coudes pour ankylose rhumatismale.
Soc. de Chir. 1905. Nr. 23. ^
14. Masotti, Mixo-fibroma deir omero. Frattura spontanea. Rivista veneta di Scienze
Medicbe 1905. Fase. X.
15. *Mignon, Vaste Osteome du brachial antörieur droit aprös une luxation da coade en
arri^re. Soc. de chir. 1905. Nr. 26.
15a. Negroni, G., Sopra un caso di mixoma puro dello scheletro del metacarpo. Contributo
alla casuistica dei tumori della mano. Archivio di Ortopedia 1905.
16. Nelaton, Du traitement de l'ankylose du poignet etc. Rev. d'orthop. 1905. Nr. 1.
17. *Rieffel, Ost^osarcome du coude. Soc. de Chir. 1905. Nr. 31.
18. *Rolleston, Gase of osteo-sarcoma of the Shoulder of over fifty years' duration.
Bnt. med. journ. 7. I. 1905. p. 19.
19. *Röper, Ein Fall von traumat. Exostosis bursata etc. Arch. f. Orthop. III, 1.
20. *Rottenstein, Tuberculose du poignet. Rev. d*orthop. 1905. Nr. 1.
21. *Rowlands, A case of Volkmanns contractur. Lancet 1905. Oct 21. p. 1109.
Knieriem (12). Einmal wurde wegen Sarkom des Schulterblattes die
Exstirpation des Schultergürtels nach Küster ausgeführt. 10 Jahre 4 Monate
nach dieser Operation starb die Kranke an Rezidiv.
Im zweiten Fall wurde die Operation bei einem 16jährigen Jungen
wegen Sarcoma humeri recidivurn ausgeführt. Die Operation liegt IVa Jahre
zurück.
72*
1140 Jahresbericht fOr Chirargie. II. Teil
Alessandri (1) beschreibt einen klinischen Fall eines 52jährigen
Mannes, dem 7 Jahre vorher der rechte Humerusicopf wegen zentralen
Tnmors des Knochens (Endotheliom) reseziert worden war. Zwei Jahre nach
dieser glücklich ausgefallenen Operation rezidivierte die Anschwellung und
wuchs, da sich Patient weigerte, sich neuerdings operieren zu lassen, in fünf
Jahren bis zu dem Umfang des Kopfes eines ausgetragenen Fötus heran.
Der aufs engste mit der Humeraldiaphyse zusammenhängende Tumor erstreckte
sich mittelst knotenförmiger Verästelungen in die Acbselregion und in die
vordere Brustwand, wo er den Muse, pectoralis major invadierte. In Anbe-
tracht der so ausgedehnten Verhältnisse der Neubildung konnte man nicht
zu einer konservativen Operation schreiten und es wurde die Exarticnlatio
interscapulo-thoracica ausgeführt (April 1905).
Die Operation hatte besten Erfolg und 40 Tage nach der Operation
verliess Pat. geheilt und in ausgezeichnetem Allgemeinbefinden das Spital.
Verf. weist darauf hin, dass die primäre Entwickelung der Geschwulst
in Zusammenhang stand mit einer wiederholten traumatischen Läsion , da
dieselbe in dem Humemskopf aufgetreten war, der zweimal Sitz, einer Lu-
xation war.
Daran anschliessend beschreibt er das makroskopische Anssehen des
exstirpierten Tumors und betont die anatomischen Eigenschaften, die wie
die klinischen Eigenschaften für die absolute Gutartigkeit der Neubildung
sprachen. Die histologische Untersuchung war sehr interessant, die Neu-
bildung hatte an einigen Stellen ein drüsenartig röhrenförmiges Aussehen
mit rundlichen von kubischen oder zylindrischen Elementen von epithelialem
Aussehen umgebenen und im Lumen eine amorphe, durch Eosin rot gefärbte
kolloidsubstanzähnliche Masse enthaltenden Zwischenräumen. An anderen
Stellen war die Disposition der epithelioiden Elemente eine deutlich alveoläre,
mit massiven, durch dünne Bindegewebsbündel getrennten Strängen oder
Zapfen. Zahllose hier und da ektasische Kapillarblutgefässe in engstem Zu-
sammenhang mit den epithelioiden Zellenelementen. Es handelte sich also
um ein dem schon vor 7 Jahren exstirpierten ähnliches Epitheliom.
Verf. legt auf diesen mikroskopischen Befund besonderen Nachdruck
und macht auf die ausgeprägten Ähnlichkeiten zwischen der Struktur des
Endothelioros mit der der Schilddrüse aufmerksam, woraus er zu der Be-
hauptung Veranlassung nimmt, dass, sobald keine Läsion der Schilddrüse be-
steht, die vermeintlichen Metastasen von Schilddrüsengewebe in den Knochen,
namentlich wenn sie einzeln sind, nichts weiter sind als primäre Endotheliome
des Knochens.
Zum Schlüsse beschreibt Verf. eingehend den ausgeführten Operations-
akt und zeigt, dass bei Befolgung der von Berger angegebenen Technik
die Exarticnlatio interscapulo-thoracica keine grossen Gefahren bietet.
R. Giani.
Delbet (4) hat bei einer Frau ein Myeloidsarkom, das die ganze Ober-
armknochenmarkhöhle ausgefüllt hatte, mit dem scharfen Löffel entfernt.
Seit zwei Jahren ist die Kranke rezidivfrei geblieben.
Jeanbrau (8) führte bei der 41jährigen Frau wegen hoch hinauf
reichenden Osteosarkoms des Oberarmes die Amputatio interscapulo-thoracica
aus. Gleichzeitig wurden geschwollene Achselhöhlendrüsen entfernt. Nach
einem Jahre starb die Kranke (wahrscheinlich an Bezidiv).
Neck, Verletzungen and Chirurg. Krankheiten der oberen Extremität 1141
Im Anschluss an den von Jeanbrau operierten Fall stellte dieser zu-
sammen mit Riebe die bis jetzt in gleicher Weise operierten Fälle
zosammen. Es gelang die Mortalität infolge der Operation und die Dauer-
resnltate von 188 operierten Fällen maligner Tumoren des Operarmes fest-
zustellen.
Die durch die Operation bedingte Mortalität betrug 7,84%. Die mittlere
Lebensdauer der Operierten betrug drei Jahre. 24 mal konnten die Yerfif.
Heilungen über fünf Jahre feststellen. Bei mehreren Fällen sind 10 — 26 Jahre
seit der Operation verflossen.
Mas Ott i (14). Im Jahre 1903 begann der in Frage stehende Sjranke
Schmerzen am rechten Arm, und zwar am oberen Drittel des Humerus zu
empfinden, welcher vier Monate später anschwoll. Als er am 2. November 1904
eine Anstrengung machte, hatte er eine plötzliche momentane Empfindung,
Schmerz am rechten Arm : dann stellte sich drückender Schmerz ein ; Functio
laesa des Gliedes, wachsende Anschwellung bis zur Immobilisation des Armes.
Er liess sich im Spital aufnehmen, wo ihm gegenentzündliche Umschläge ge-
macht wurden: nach zwei Tagen bemerkte Patient Knistern und es wurde
Kontinuitätsunterbrechung des Knochens da, wo er sich verdickt zeigte,
augenscheinlich. Die Diagnose wurde auf spontane Fraktur infolge Neubildung
gestellt. Die Radiographie machte die Fraktur des Humerus ersichtlich,
welcher von einer ovalären Masse dichten Gewebes umgeben war. Aus einer
angestellten Geschwuistprobepunktion ergab sich, dass das Stück aus poly-
gonalen Elementen bestand, die mit in amorphe, schwer farbbare Substanz
von schleimartigem Aussehen eintauchenden Verlängerungen versehen waren;
zahlreiche neugebildete Gefasse; histologische Diagnose: Fibromyxom.
Verf. schliesst, dass die Neubildung sich ohne die ermöglichende Ur-
sache eines Traumas oder einer vorausgegangenen Entzündung entwickelte:
bemerkenswert ist die relative Raschheit zur Bestätigung des Knochenperiost-
yrsprunges, die Langsamkeit des Verlaufes bestätigt nicht die Gutartigkeit
der Geschwulst, da ja dieselbe den Knochen derartig zerstört hatte, dass
spontane Fraktur desselben eintrat: es ist keine andere Behandlung möglich,
sds die totale Abnahme des Gliedes. R. Giani.
Grandclement (8) entfernte bei einer 38jährigen Frau, die vordem
dreimal vergeblich wegen Tuberkulose des Humerus operiert worden war,
schliesslich den ganzen Oberarmknochen. An Stelle des Knochens erhielt die
Frau einen Stützapparat, die Hand funktionierte gut. Bei der ersten Ope-
ration wurde die Resektion des Ellenbogengelenkes ausgeführt, bei der zweiten
Operation wurden 3 cm vom Humerusschaft abgetragen und hei der dritten
Operation 7 cm. Erst nach dem vierten Eingriff verschwanden die heftigen
Schmerzen.
Beutter (2). Das Sarkom ging vom Periost des ülna aus und be-
stand seit 10 Jahren.
Lucas Championniere (11) stellte in der Pariser chirurgischen Ge-
sellschaft eine 41jährige Frau vor, bei welcher er acht Jahre vorher wegen
rheumatischer Ankylose beider Ellenbogengelenke die Resektion ohne Inter-
position von Weichteilen ausgeführt hatte. Das funktionelle Resultat war
ein gutes geworden und auch geblieben.
Der 37jährige Kranke v. Uly 6s' (10) erlitt vor 19 Jahren einen Bruch
der Eminentia capitata humeri; im letzten Sommer erkrankte er an einer
tuberkulösen Entzündung des Ellenbogengelenkes, v. Uly es operierte und
1142 Jahresbericht far Chiiargie. IL Teil.
fand eine synoviale Tuberkulose vor; das abgebrochene Epiphysenstück war
durch einen ernährenden Bindegewebsstiel mit der Umgebung verbunden und
zeigte vorgeschrittene Verkäsung sowie Durchbruch nach dem Gelenk. Der
Kranke ist geheilt.
v. Uly 6s fasst den Fall als primäre Tuberkulose in einer Gelenkmaus auf.
Gergö (Budapest).
Eine Kranke Nelatons(16) hatte im Anschluss an eine gonorrhoische
Handgelenksentzündung eine bindegewebige Ankylose des Gelenks davonge-
tragen. Die Handgelenksversteifung trotzte jeder unblutigen Behandlung.
N 61a ton ging deshalb operativ vor und entfernte die ganze erste Hand-
wurzelknochenreihe. Das Os pisiforme Hess er zurück. Nach einem Monat
wurde Massage angewendet. Trotz Massage, die sehr schmerzhaft war, bildete
sich wieder eine Ankylose aus.
Es muss erwähnt werden, dass die Wunde wegen eines Hämatoms er-
öffnet wurde und, dass dadurch die Heilung verzögert wurde. Nach mehreren
Monaten wurde bei einer zweiten Operation ein Teil der Knochen der zweiten
Handwurzelreihe entfernt. Es wurde dann ein Stück Sehne in die entstandene
Lücke eingelegt, um dadurch die Beweglichkeit im Handgelenk zu erzielen.
Wiederum Anwendung der Massage und Bewegungen nach rasch erfolgter
Heilung. Auch dieses Mal kam es zu einer vollständigen Versteifung.
Nach diesen Misserfolgen ging Nelaton in einem zweiten, völlig gleichen
Fall folgendermassen vor: Exstirpation der ersten Reihe der Handwurzel-
knochen. Danach quere Einpflanzung einer kleinfingerstarken, aus dem ge-
meinsamen Fingerstrecker entnommenen Muskellappens in die Knochenlücke.
14 Tage nach der Operation war Heilung eingetreten. Und unter An-
wendung von Massage und Bewegungen wurde ein sehr gutes funktionelles
Resultat erzielt.
Du Bois-Reymond (7) fand, dass nach Entfernung der sämtlichen
Handwurzelknochen bei einem Manne die Bewegungsfähigkeit keine Einbnsse
erlitten hatte, passiv sogar grösser war.
Negroni (15a) illustriert einen klinischen Fall von reinem Myxom, das
sich zu Lasten des 1. Metakarpus der linken Hand bei einem 75jährigen
Manne entwickelt hattö und berichtet ausführlich über den mikroskopischen
Befund des Tumors. R. Giani.
7. Frakturen.
1. Albertin-Tavemier, Fract. du cubitas ä la paitie sup^r. avec etc. Lyon m^. 1905.
Nr. 1. p. 27.
2. Beck, Über die Metakarpalfiasar, einen bis dato nicht beschriebenen Typus der Ver
letzaog der Mittelhandknochen. Fortachritte auf dem Gebiete der ROntgen&trahleD.
Band 8.
3. ^Broca, Fracture de Texträm. sup. de rhum^rus. Bull, et m^m. de la Soc. de Chir»
de Paris XXXI, 1. p. 6.
4. Codman, Krnest Amory and Henry Melwille Chase, The diagnosis and treat-
ment of fracture of the carpal scaphoid and dislocation of the semUunar bone. Annala
of surgery 1905. March and June.
4a. Chutro, Pecheo, Fracturas de la eztremidad inferion del humero en los oioos.
Buenos Aires 1904.
5. Destot, De la perte des mouvements de pronation et de supination dans les fraetores
de radius. Lyon m^d. 1905. Nr. 53.
6. Duroux, Fractures de la base des mötacarpieos. Lyon m4d. 1905. Nr. 42.
7. *Eiy, Leonard W., Fracture of the carpal scaphoid. Annais of surgery 1905. Aag.
8. *Ghillini, Bruch der unteren Epiphyse des Radius. Langenbecks Arch. 77, 1.
Neck, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der oberen Extremität. 1143
9. ^Grisel, Fracture basse radiale avec luxation en bas et en arri^re de la tdte etc. Rev.
d'orth. 1905. Nr. 6.
10- Hirsch, Beitrag zur Lehre von der isolierten, subkutanen Fraktur einzelner Hand-
wurzel knochen. Wiener med. Wochenschr. 1905. Nr. 34.
11. ^Klanssner, Zur Therapie der Fractura antebrachii. Zeitschr. f. ärztl. Fortb. 1905.
Nr. 24.
12. ^Knoz, Fracture of the head of the radius. The Lancet 1905. August 12.
13. Lorenz, Fractura capituli humeri. Zeitschr. f. Ghir. Bd. 78.
14. "^Peraire, Fracture du col. chirurg. de Tliumörus gauche. Soc. anat. 1905. Nr. 6.
15. *Foenaru, Unkonsolidierte Humerusfraktur durch Avivement und Naht mit Jac epi-
schen Agraphen behandelt. Revista de Chirurgie. Nr. 6. p. 259 (rumäuisch).
16. ^Princeteau, Fracture des es de l'avant-bras on d^coUement ^piphysaire. Joum. de
inöd^cine de Bordeaux. Nr. 33. p. 594.
17. * — Fracture sus - condylienne et d^coUement de Textremitä de rhumärus. Joum. de
m^d. de Bord. 1905. Nr. 86.
18. ^Roberts, The Gardner's spade deformity and the silver fork deformity in fractures
of the carpal end of the radius. Med. Newa 1905. July 8. p. 92.
19. *Ru SS, Raymond, Fracture of the carpal scaphoid, with habitual dislocation of the
central fragmeot. Annais of surgery 1905. February.
20. ^Schwartz, Deux fractures de Textröm. sup^r. Bull, et möm. de la Soc. de Ghir. de
Paris XXX, 40.
21. *Senn, Fracture of humerns. Ann. of Surg. 1905. Aug. IL p. 814.
22. *Thomas, Fractures of the head of the radius. Med. News 1905. Oct. 7. p. 715.
23. Vignard, De rintervention chirurgicale dans certaines fractures du coude chez Tenfant.
Lyon möd. 1905. Nr. 53.
24. *WaIther, Döcollement de Tepiphyse iuf^rienre du radius. Rev. d'Orthop. 1905.
Nr. 5.
25. ^Wejeth, John Allan, Fracture of a Phalanx near the epiphysis. Aunals of surg.
1905. November.
26. Wolff, Isolierte Fraktur des Os naviculare. Monatsschr. f. Unfall- u. Inyalindenwes.
1905. Nr. 12.
27. * — Frakturen des Os naviculare. Langenbecks Arch. 77, 8.
Chutro (4a) hat die Frakturen des unteren Teils des Humerus bei
Kindern zum Gegenstand seiner sehr umfangreichen Dissertation gemacht.
In ausführlicher Weise werden die Anatomie des Humerus, die klinischen
Erscheinungen, die pathologische Anatomie, die Behandlung und die Resultate
besprochen. Eine grosse Reihe von sehr schönen Abbildungen nebst Photo-
graphien und Röntgiographien sind zur Erläuterung beigegeben. Die Ab-
handlung steht nach Ausführung und Ausstattung weit über dem bei uns
üblichen Niveau der Doktordissertationen, wenn auch nicht viel Neues darin
mitgeteilt ist.
Lorenz (13) beschreibt zwei Fälle von Abschälung des Knorpelüberzuges
des Capitulum humeri (Kocher). Im ersten Fall handelte es sich um einen
22jährigen Schlosser, der sich seine Verletzung beim Abschlagen schwerer
Eisenstangen zugezogen hatte. Mit der Stange wurde dabei wie mit einem
grossen Schmiedehammer auf einen Amboss aufgeschlagen. Nach dem Unfall
gelang Streckung im Ellbogen nur bis 100°, die übrigen Bewegungen erfolgten
frei. Schmerzen waren bei Bewegungen in dem nicht geschwollenen Ellen-
bogengelenk nicht vorhanden. Distal von Condylus externus sah man eine
flache guldenstückgrosse Vorwölbung. Das hierher dislozierte abgesprengte
Knorpelstück wurde operativ entfernt. Später gelang Streckung des Armes
bis 160^
In einem zweiten Fall entstand die Verletzung bei einem 20jährigen
Schuster beim Klopfen von Sohlen. Dabei bemerkte der Mann plötzlich einen
heftigen Schmerz im Ellbogen. Der Vorderarm konnte gebeugt, aber nicht
1144 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
mehr völlig gestreckt werden (bis 150®). Auch in diesem Fall wurde eine
knorpelharte Vorwölbung zwischen Olecranon und Epicondylus externns
festgestellt.
Das abgesprengte Knorpelstück, an welchem etwas Spongiosa haftete,
wurde operativ entfernt. Danach kehrte die volle Funktionsfähigkeit des
Armes wieder.
Vignard (23) exstirpierte bei einem Kind, welches eine durch die
Mitte der Trochlea gehende Fraktur des inneren Condylus erlitten hatte, das
Fragment. Die Nachbehandlung bestand in frühzeitigen Bewegungen und
Massage. Nach Abschluss der Behandlung bestand nur eine massige Beein-
trächtigung der Streckbewegung im Ellenbogengelenk.
In einem zweiten ähnlichen Fall wurde nicht operiert. Das funktionelle
Resultat war wesentlich schlechter.
Albertins und Taverniers (1) 40jährige Kranke hatte in ihrem
achten Lebensjahr eine Fraktur der Ulna mit Luxation des Radiusköpfchens
nach vorn erlitten. Trotzdem die Luxation bestehen blieb, war das funk-
tionelle Resultat des Armes ein gutes. Das untere Ende des Radius war
nach der Streckseite subluxiert. Eine Funktionsstörung im Handgelenk wurde
dadurch nicht bedingt.
Destot (5) hat Verletzte mit Radiusdiaphysenbruch, bei welchen in-
folge von Supinationsstellung des oberen Fragments und Stellung des unteren
Fragmentes zwischen Supination und Pronation nach Heilung des Bruches
die Supination und Pronation des Vorderarmes verloren gegangen war, durch
Osteotomie des Radius geheilt, nachdem der Arm in Supinationsstellung bis
zur Heilung festgestellt worden war.
Hirsch (10) beschreibt zwei Fälle von Fraktur des Os naviculare, die
nicht als Kompressionsfrakturen aufgefasst werden können. Die erste Be-
obachtung betrifft einen 28 jährigen Mann, der auf die ausgestreckte Hand
fiel. Durch Röntgenbild wurde eine Fraktur des Os naviculare festgestellt.
Die Bruchlinie war an der konkaven Seite des Knochens am breitesten und
verschmälerte sich nach der Konvexität zu. Die Beschaffenheit des Bruch-
spaltes veranlasst den Verf. in diesen Fall einen Biegungsbruch anzunehmen,
der bei Ulnarflexion der Hand durch Druck des Processus styloideus auf
die Konvexität des an seinen beiden Polen fixierten Knochens entstand.
Li einem zweiten Fall, ebenfalls durch Sturz auf die Hand entstanden,
wurde durch Röntgenbild am radialen Vorsprung des Naviculare (Tuber-
ositas ossis navicularis) ein halblinsengrosses abgesprengtes Knochenstück
festgestellt. Hier setzt das kräftige Ligament, laterale radiale an, das bei
starker Ulnarflexion der Hand hochgradig gespannt wird. Hirsch ist der
Ansicht, dass es durch die starke Spannung dieses Bandes zu einer Riss-
fraktur des Os naviculare kam. Es mussten für die Entstehung der Brüche
demnach drei Mechanismen angenommen werden, die zur Kompressionsfraktur,
Biegungsfraktur oder Rissfraktur führen.
Schliesslich teilt Hirsch (10) noch die Krankengeschichte eines
24 jährigen Maurers mit, dem bei fixierten Ellenbogen auf die dorsalflektierte
Hand ein schwerer Stein gefallen war. Auf dem Röntgenbild erschien das
Mondbein plattgedrückt, an der proximoulnaren Ecke war ein kleines
Knochenstück abgesprengt.
Codmann (4). Die Fraktur des Schiffbeins im Handgelenk ist keine
ungewöhnliche Verletzung. Die geringe Neigung derartiger Brüche zur Heilung
Keck, Verletzuogen und cbirarg. Krankheiten der oberen Extremität. 1145
erklärt sich dadurch, dass die Bruchenden dauernd in Synovialfiüssigkeit ge-
badet sind und unmittelbar nach der Verletzung meist keine gehörige Ruhig-
stellung erfolgt. Die sogenannten doppelten Schiffbeine sind wohl meist un-
f^eheilte Frakturen. Die Nichtheilung führt zu erheblicher Funktionsstörung.
Da die Verletzung meist nicht erkannt und deswegen nicht behandelt wird, ist
wegen Mangel an genügender Fixierung das Ausbleiben der Heilung so häufig.
Wenn nach vierwöchentlicher Fixierung keine Heilung eingetreten ist, pflegt
sie überhaupt nicht zu erfolgen und ist Exzision anzuraten, die zu guten
funktionellen Resultaten führt. Eine sichere Diagnose ist nur mit X-Strahlen
möglich und sollten dieselben immer angewandt werden bei allen als Dis-
torsion diagnostizierten Handgelenksverletzungen. Die Dislokation des Mond-
beins kommt allein oder zusammen mit Fraktur des Schiffbeins vor. In
frischen Fällen gelingt die Reduktion durch Hyperextension , Druck auf
das innere volar dislozierte Mondbein und Flexion. Wenn die unblutige
Reduktion nicht gelingt, ist sie mit Inzision zu versuchen und im Falle des
Fehlsehlagens Exstirpation eventuell mit dem gebrochenen Navikulare vorzu-
nehmen. In der Literatur hat Verf. einzelne der von ihm hervorgehobenen
Punkte erwähnt gefunden, jedoch keine vollständige Darstellung des Gegen-
standes. Der Arbeit ist eine grössere Anzahl von Skiogrammen beigegeben.
Wolf (26) kommt auf Grund eigener und von anderer Seite beobachteter
Fälle zu folgendem Ergebnis: Bei den Brüchen des Os naviculare kommt es
in der Regel durch Pseudarthrosenbildung zu einer dauernden Schädigung des
Gelenkmechanismus. Es ist für die Erzielung eines möglichst guten Heilungs-
resultates wichtig, zwei Gruppen von Frakturen des Os naviculare zu unter-
scheiden, eine intraartikuläre und eine intra- und extraartikuläre; letztere
ist die prognostisch ungünstigere, weil dabei ausgedehntere Band- und Kapsel-
verletzungen stattfinden. Führt die konservative Behandlung nicht zu dem
gewünschten Resultat, dann ist eine operative Behandlung am Platz mit teli-
weiser oder völliger Entfernung des frakturierten Knochens.
Wolf berichtet schliesslich noch über einen Fall von direkter isolierter
offener Fraktur des Os naviculare, welche durch Einwirkung eines Stempels
auf den Knochen entstanden war.
Beck (2) empfiehlt zur Beseitigung der häufig vorhandenen seitlichen
Abweichung der Fragmente bei Mittelhandknochenbrüchen das Einpressen von
höchstens kleinfingerdicken Gummiröhren in die an die Bruchstelle angrenzen-
den Zwischenknochenräume und Fixation der Röhren durch Heftpflaster.
Über diesen Verband wird ein kleiner Gips- oder Mooskissen verband gelegt.
Bei dieser Behandlungsmethode ist es Beck gelungen, Diformitäten
und Funktionsstörungen bei Brüchen der Mittelhandknochen zu vermeiden.
Der Verf. stellte durch Blendenverfahren fest, dass bei Quetschungen der
Mittelhand nicht selten quere Fissuren der Mittelhandknochen über der
Epiphyse, welche sich in longitudinale fortsetzen können. Beck glaubt,
dass derartige Fissuren dann zustande kämen, wenn ausnahmsweise die
dünnste Partie des Mittelhandknochens nicht in der Mitte, sondern über der
Epiphyse liege.
Die Veranlassung zu der Arbeit Durouxs (6) gab eine Anzahl eigener
Beobachtungen von Brüchen an der Basis der Mittelhandknochen. Duroux
beobachtete fünfmal Frakturen an der Basis des Mittelhandknochens des
Daumens, sechsmal Brüche an der Basis des fünften Mittelhandknochens,
1146 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
«weimal an der Basis des dritten Mittelhandknochens, dreimal an der Basis
des zweiten und einmal an der des vierten Mittelbandknochens.
Auf Grund seiner Erfahrungen kommt er zu dem Resultat, dass —
bei frühzeitig gestellter Diagnose und entsprechender Behandlung — die Basis-
brüche des Daumenmetakarpus bezüglich der späteren Funktion des Daumens
eine günstige Prognose geben, da die Reposition der Bruchstücke vollkommen
gelingt.
Bei Brüchen an der Basis des zweiten und dritten Mittelhandknochens,
die nicht erkannt werden, sind die Bewegungen im Handgelenk schmerzhaft.
Dadurch wird der Gebrauch der Hand sehr beeinträchtigt.
Bei Frakturen an der Basis des 4. und 5. Mittelhandknochens entstehen
Schmerzen nach Art einer Neuralgie, wenn die Reposition der Fragmente
nicht unblutig oder blutig besorgt wird.
8. Luxationen.
1. *Albertiii-Tavernier, Luxation radio-hum^rale ancienne. Soc. de Chir. de Lyon
1. XII. 1904. Ref. in Rev. de chir. 1905. Nr. 1. p. 158.
2. Aul hörn, Über Luxation im Earpometakarpalgelenk des Daumens und über Luxations-
fraktur des Daumenmetakarpus (Bennet sehe Fraktur). Deutsche Zeitschrift fUr Chi-
rurgie 1905.
8. Chudoszky, M., Reposition veralteter Ellenbogenluxationen nach rflckwfirts mit Hilfe
von Sebnenplastik. Orvosi Uetilap 1905. Nr. 42 (Ungarisch).
4. £cot, Luxation obstätricale de l'^paule etc. Soc. de Chir. de Lyon 8. XII. 1904. Ref.
in Rev. de Chir. 1905. Nr. 1. p. 160.
5. Hildebrandt, Über die Luxation des Os lunatum carpi und ihre operative Behand-
lung. Sonderabdruck aus den Charitö-Annalen XXIX. Jahrgang.
6. * — Volare Luxation des Os lunatum. BprI. klin. Wochenschr 1905. Nr. 30-
7. *Horand, Luxation des deux öpaules. Lyon möd. 1905. Nr. 49.
8. *Hugier, Luxations r^centes de T^paule. Presse m4d. 1905. 12 Juill.
9. *LijcklamaäNijeholt, Luxatio ossis lunati. Weekbl. voor Geneesk. 1904. Nr. 24.
10. Lilienfeld, Die Luxat. oss. lun. vol. Langenbecks Arch. 76. Bd.
11. Lop, Deux observations (clinique des accidents du travail). Gaz. d. Höp. 1905. Nr 122.
12. Mauclaire, Sur la luxation räcidivante de l'^paule etc. Bull, et m^m. de la Soc. de
Chir. de Paris XXXI, 1. p. 10.
18. Morestin, Deux cas de luxation m^tacarpo-phalangienne de Tindex. Bull, et m^m.
de la soc. anat. de Paris 1905. Octobre. Nr. 8.
14. Perthes, Zur Therapie der habituellen Schulterluxation. Manchen, medizin. Wochen-
schrift 1905. Nr. 10.
15. * — Zur Therapie der habituellen Schulterluxation. Deutsche med. Wochenschr. 1905.
Nr. 16. p. 654.
16. *Piqu^, Luxation r^idivante de l'^paule. Soc. de Chir. 1905. Nr. 32.
17. *Puyhaubert, Luxation du coude. Journ. de m^d. de Bordeaux 1905. Nr. 83.
18. Römer, Luxation des Endgliedes des Mittelfingers. MQnch. med. Wochenschr. 1905.
Nr. 52.
19. Roth, Fall von Luxation des Endgliedes des Mittelfingers. MOncb. med. Wochenschr.
1905. Nr. 43.
20. Schnitze, Ein Fall von spontaner Subluxation der Hand nach unten. Mfloch. med.
Wochenschr. 1905. Nr. 30.
21. *Sprenge], Blutige Einrenkung des Radiusköpfchens. ZentralbL f. Chir. 80.
22. Volkmann, Ober Madelung sehe Subluxation der Hand nach vorne. Dissertat
Leipzig 1905.
23. Zesas, Über syringomy elitische Schultergelenk -Verrenkungen. Deutsche Zeitschr. i
Chir. Bd. 80.
Ecot (4) stellte bei einem 8jährigen Kinde eine — nach Angabe der
Eltern des Kindes — seit der Geburt bestehende rechtsseitige Schulter-
deformität fest. Die genauere Untersuchung ergab, dass es sich um eine
Neck, VerletzoDgen und chirurg. Krankheiten der oberen Extremität. 1147
alte SGhnlterlnxation nach hinten unten, die Spina scupulae, handelte. Die
Funktion des Armes war — abgesehen von einer massigen Beschränkung der
Abduktion — eine völlig normale.
Eine bestehende einseitige Pupillenerweiterung bringt Ecot mit einer
bei der Verletzung entstandenen Zerrung des Plexus brachialis in Zusammen-
hang. Eine andere Ursache dafiir konnte nicht gefunden werden.
Der 19jährige Mann, welchen Mauclaire (12) operierte, litt seit meh-
reren Jahren an rezidivierender Schulterluxation. Bei der Operation fand
sich die Kapsel erweitert, ein Riss war nicht vorhanden. Der untere vordere
Rand der Cavitas glenoidalis war ausgebuchtet. Nach Bildung einer Längs-
falte wurde die Eapselwunde geschlossen. Das funktionelle Resultat war nach
mehreren Monaten ein gutes geblieben, eine Luxation war nicht wieder
aufgetreten. Zwei weitere Kranke, die vor mehreren Jahren wegen desselben
Leidens in gleicher Weise operiert wurden, sind rezidivfrei geblieben.
Perthes (14) stellte in der Leipziger medizinischen Gesellschaft einen
Kranken mit habitueller Schulterluxation vor, die bedingt war durch partielle
Abreissnng der am Tuberculum majus ansetzenden Muskulatur. Nach An-
nähung der losgetrennten Muskeln Verengerung der Kapseln und Verstärkung
derselben durch Einnähung eines Seidenstranges. Bei massiger Bewegungs-
besebränkung im Schultergelenk ist völlige Heilung eingetreten.
Aulhorn (2). Ein 45 jähriger Arbeiter hatte sich durch Sturz von
einer Leiter, wobei er auf den rechten Daumen auftraf, eine vollständige
dorsale Luxation des Daumenmetakarpus mit Absprengung eines kleinen
Knochenstückes am volaren Rande der Basis des Metakarpus zugezogen. Da
die unblutige Reposition nicht gelang, wurde operativ vorgegangen. Es zeigte
sich, dass durch Kapselinterposition die Reduktion verhindert wurde. Nach
Entfernung der interponierten Teile gelang die Reposition, da die Luxation
nach einiger Zeit wiederkehrte, wurde eine zweite Operation mit Kapselnaht
ausgeführt. Auch hiernach wiederum Luxation. Massage und Bewegungen
erzielten nur eine geringe Abduktionsmöglichkeit , während die Opposition
völlig aufgehoben war. Es kam schliesslich zu einer starken Beeinträchtigung
der Gebrauchsfahigkeit des Daumens, ein Resultat, das bei derartigen Ver-
letzungen meist beobachtet wurde.
Zesas (23) hat in seiner Arbeit 29 Fälle von syringomyelitischer Schulter-
luxation zusammengestellt, im Anschluss an eine eigene Beobachtung. Der
58jährige Landwirt renkte sich nach einem leichten Falle auf die Schulter
den linken Oberarmknochen aus. Im Verlauf von 7 Jahren erfolgten dann
vielfache Ausrenkungen nach ganz geringfügigen Veranlassungen. Als Zesas
den Kranken 7 Jahre nach der ersten Verrenkung sah, bestand Atrophie des
Oberarmkopfes und geringe Atrophie der Schultermuskulatur. Bei Bewe-
gungen im Schultergelenk fühlte man starke Krepitation. Die Kraft war im
Arm stark herabgesetzt, die Schmerzempfindung, der Tast- und Temperatur-
sinn aufgehoben.
Zesas macht darauf aufmerksam, dass man bei sich wiederholenden
Schulterverrenkungen nach Symptomen der Syringomyelie suchen soll.
Chudovszky (3) fand als wesentlichstes Repositionshindernis veralteter
Ellenbogenluxationen nach rückwärts eine Retraktion des M. triceps brachii.
Demgemäss trachtet er durch Tendoplastik die Verkürzung dieses Muskels zu
beheben, was er auf folgende Weise bewerkstelligt:
1148 Jahresbericht Ar Chirurgie. II. Teil.
a) Längsschnitt, 4 — 5 cm lang, im unteren Drittel des Oberarmes, rück-
wärts, in der Mittellinie;
b) der M. triceps brachii wird bis zn seinem Ansätze stampf isoliert
nnd durch einen Z-Schnitt geteilt; der innere Muskelanteil bleibt mit dem
Olekranon in Verbindung;
c) Eröffnung der Gelenkkapsel von rückwärts, Lösung der Adhäsionen,
Entfernung eventuell abgesprengter Knochenstücke;
d) danach gelingt die Reposition äussert leicht;
e) nach Einstellung des Ellenbogens in Mittelstellung folgt die Naht des
M. triceps, samt seiner Faszie. Eine fortlaufende Hautnaht beendet die
Operation.
Beginn der Massage und Übungen ca. vom 10. Tage an.
Die Methode Chudovszki bildet ein Analogon der Do Hinge r sehen
Methode der blutigen Reposition veralteter Schulterverrenkungen, wo mit
Hilfe off'ener Sehnendurchtrennung am retrahierten M. subscapularis die Re-
position bewerkstelligt wird. (Ref.) Gergö (Budapest).
Schnitze (20) berichtet über ein 16 jähriges Mädchen, bei welchem
sich vom 9. Lebensjahre an allmählich eine Madelung sehe Deformität aus-
bildete. Die ülna war stark verlängert, der Radius an seinem unteren
Ende volar abgebogen. Funktionell bestand stärkere Behinderung der Dorsal-
flexion.
Volk mann (22) beobachtete die Made lungsche Deformität zweimal.
Es bestand neben den bekannten Formveränderungen am Handgelenk in
einem Falle eine starke Verbiegung des Radius in seinem unteren Drittel
nach der Beugeseite zu. Auf dem Röntgenbilde war ausserdem eine nach
der Daumenseite zu konvexe Verlängerung des unteren Radinsendes zu er-
kennen. Auch war die Gelenkfläche des Radius so stark geneigt, dass sie
fast der Längsachse des Armes parallel verlief. Obgleich die Beugefähigkeit
im Handgelenk wesentlich beeinträchtigt war, war die Gebrauchsfähigkeit der
Hand eine sehr gute. Die Affektion bestand doppelseitig.
Eine 8 jährige Schwester zeigte eine leichte Verbiegung des Radius nach
der ülna zu und eine Neigung der Gelenkfläche der Speiche in derselben
Richtung.
Bei einer weiteren Patientin bestand neben der Subluxationsstellnng
der Hand eine leichte Krümmung des unteren Radiusendes nach der Beuge-
seite zu.
Mit derselben Deformität waren auch die Mutter und die Grossmutter
des Mädchens behaftet.
Volkmann nimmt an, dass es sich in seinen Fällen primär um
eine Erkrankung des Radius handelt, vielleicht um Rachitis. Es kommt eine
Schwäche des Radius zustande und durch Wirkung der Flexoren eine Ver-
biegung. Alle anderen Erscheinungen: Luxation und Verbiegung der ülna,
Verlagerung der Handwurzel sind sekundärer Natur.
Hildebrandt (5) berichtet über drei Fälle von volarer Luxation des
Os lunatum. Zweimal war die Verletzung durch Sturz auf die dorsal-flektierte
Hand entstanden, einmal wurde nur Sturz auf die Hand festgestellt.
In allen drei Fällen wurde der luxierte Knochen entfernt. Die vor-
her vorhandenen Beschwerden wurden beseitigt, die gestörte Funktion der
Hand wurde wieder eine annähernd normale.
Neck, VerletzuDgen und ohirarg. Krankheiten der oberen Eztremitftt. 1149
Bei der Entstehung der Luxation des Mondbeines spielt dessen doppelte
Keilform eine Rolle. Wird der Doppelkeil exzentrisch von Stoss und Gegen-
stoss getroffen, dann wird er seine Lage verändern. Wirkt der Druck auf
das Mondbein vom Dorsum her, dann kommt eine volare Luxation zustande,
im entgegengesetzten Falle eine dorsale Luxation. Wirken Druck und Gegen-
druck zentrisch ^ dann bleibt das Os lunatum an Ort und Stelle liegen. Bei
entsprechender Druckwirkung kommt es in dieser Stellung zur Fraktur.
Lilien fei d (10) hat sechs Leichenversuche an im Schultergelenk ex-
artikolierten Armen gemacht. Auf Grund rechnerischer Versuche und seiner
klinischen Beobachtungen kommt er zu folgendem Ergebnis:
Die Luxation des Os lunatum wird erst sekundär bei fortgesetzter Ge-
walteinwirkung durch den nachdrängenden Kopf des Os capitatum bewirkt,
nachdem zuerst das Os capitatum nach dem Dorsum der Hand luxiert ist.
Die Luxation findet bei dorsalflektierter, ulnarabduzierter Hand und
senkrecht zur Angriffsrichtung gehaltenem Vorderarm statt.
Die Diagnose der Luxation kann vor der Röntgenaufnahme dadurch
gestellt werden, dass man auf der Beugeseite des Handgelenks eine harte
Resistenz fühlt, die druckschmerzhaft ist.
Die Finger stehen in Beugestellung. Es bestehen Parästhesien in
denselben. Die Komplikation mit Bruch des Navikulare kommt auf die
gleiche Weise zustande, dabei ist die Prognose bezüglich der Funktion der
Hand ungünstiger.
Bei der einfachen Luxation ist die Bandverbindung zwischen Lunatum
und Skapho'ideum gelöst, bei der Komplikation mit Bruch ist die Bandver-
bindung intakt.
Lop (11) beschreibt einen Fall von dorsaler Luxation des Kleinfingers
im Grundgelenk, welcher am 12. Tage nach der Entstehung in seine Behand-
lung kam. Die Reposition gelang erst nach Freilegung des Gelenks. Die
Heilung erfolgte ohne Störung mit völliger Gebrauchsfähigkeit des Fingers.
Entstanden war die Verletzung dadurch, dass der Verletzte mit der Hand in
ein Seilgetriebe gekommen war.
Morestin (13) teilt 2 Fälle von Luxation des Zeigefingers im Meta-
karpophalangealgelenk mit.
Einmal handelte es sich um ein 28 jähriges Mädchen, welches sich seine
Verletzung durch Fall auf die linke Hand zugezogen hatte. Der Finger war
dorsalwärts luxiert. Die Reposition gelang leicht.
Ln zweiten Falle lag eine bereits seit 4 Wochen bestehende Luxation
vor. Bei dem 10jährigen Jungen war die Luxation durch Hyperextension
des Zeigefingers entstanden. Auf operativem Wege wurde die Luxation be-
seitigt. Bei der Entlassung konnte das Kind den Finger etwa halbsoweit
beugen als es der Norm entspricht.
Roth (19) beobachtete bei einem 15jährigen Jungen eine Luxation des
Endgliedes des Mittelfingers nach der Streckseite. Entstanden war die Lu-
xation dadurch, dass der Junge mit dem Finger in einen Seli'aktor geraten
war, wobei eine starke Überstreckung des Endgliedes stattgefunden. Die
Gebrauchsfahigkeit des Fingers war nach Abschluss der Behandlung eine
normale.
Römer (18) hatte sich eine Luxation des Endgliedes des Mittelfingers
durch Fall auf diesen Finger (Hyperextension des Endgliedes) zugezogen. Auch
bei ihm wurde das funktionelle Resultat ein gutes.
1150 Jahresbericht fflr Ghirargie. IL Teil.
9. Terschiedenes,
1. AllessandriyR., Osservazioni anatomo-patologiche e cultarali au an caso di aarcoma
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24. Vasilin, Sarkom der rechten oberen Extremität nach Trauma. Spitalul. Nr. 18. p. 520.
1 Figur (rumänisch).
Alessandri (1) berichtet über einen Fall von Tumor mit den klini-
schen Eigenschaften eines Sarkoms, welcher sich bei einer 61jährigen Fran
äusserst rasch entwickelte. Der Tumor nahm die ganze linke Achselhöhle
und einen Teil der linken Thoraxhälfte ein. Als die Frau die Anwesenheit
der Geschwulst bemerkte, war dieselbe nussgross, in 65 Tagen nahm sie die
Dimensionen eines Mannskopfes an. Die Patientin starb mit Fieber, Knochen-
schmerzen, Albuminurie, Atemnot. Es wurde nicht zum chirurgischen Ein-
griff geschritten, da, als Fat. in das Spital eintrat, deutliche Symptome all-
gemeiner Metastase bestanden.
Bei der Sektion zeigte sich, dass die mit dem Schlüsselbein verwachsene
Geschwulst sich unter dem M. pectoralis major entwickelt hatte und weder
mit der Brustwand noch mit den Organen der Achselhöhle in Beziehung ge-
treten war. Äusserst zahlreiche Metastase in allen Organen, doch waren
Herz, Lungen, Magendarmröhre und Hirn frei von der Transplantation.
Die mikroskopische Untersuchung des Tumors und der metastatischen
Knötchen zeigte, dass es sich um ein Sarkom mit kleinen runden Zellen von
typischer Struktur handelte.
Neck, VerletzQDgen und chirarg. Krankheiten der oberen Extremitfit 1151
In Anbetracht des Sitzes der Geschwulst und der Verallgemeinerung
der Metastasen ist der Umstand, dass Transplantation in den Lungen fehlte,
bemerkenswert. Da keine Permanenz des Foramen ovale cordis besteht, noch
Beziehungen mit den Lungenvenen vorhanden sind, kann der Umstand durch
die Kleinheit der in den Kreislauf getretenen Elemente erklärt werden.
Auch die Milz war immun und zeigte sich gross und weich wie bei den
akuten Infektionen.
Li den letzten Lebenstagen der Kranken hatte Verf. Probepunktionen
der Geschwulst gemacht: mit ihnen und mit Stücken des Tumors, die gleich
nach dem Ableben und während der Sektion aseptisch entnommen worden
waren, wurden Inokulationen in Tiere und Kulturen in den speziellen Flüssig-
keiten für Blastomyzeten angestellt.
Die Injektionen in Tiere und die Kulturen waren negativ. Bei einigen
mit Stücken des Tumors angestellten Kulturen, bei denen jegliche Vorsicht
gegen eine mögliche Verunreinigung gebracht worden war, entwickelte sich
eine Streptokokkenreinkultur. R. Giani.
Patry (18) sah bei einem 46 jährigen Mann im Anschluss an eine Hand-
und Ellenbogenkontusion das Schulterblattknarren auftreten. Der Arm wurde
15 Tage lang ruhig gestellt. Danach war eine starke Atrophie der Arm-
muskulatur aufgetreten. Patry stellte jetzt bei Bewegungen des Armes
Schulterblattknarren fest; bei Fixation des Schulterblattes verschwand das
Knarren. Als Ursache des auf 5 m Entfernung hörbaren Geräusches nahm
Patry die Atrophie der Schulterblattmuskulatur an, dadurch geriet das
Schulterblatt in Kontakt mit den Rippen. Durch Massage wurde die Mus-
kulatur gekräftigt und mit der Kräftigung der Muskulatur verschwand auch
das Schulterblattknarren.
Berger (2) gibt in seiner Arbeit einen Überblick über die von ihm
operierten Fälle unter ausgiebiger Berücksichtigung der anderweitig gemachten
Erfahrungen. Berger hat die Amputatio interscapulo-thoracica sechsmal
ausgeführt. Viermal handelte es sich bei seinen Patienten um Geschwülste
des Oberarmes (zwei Chondrome, ein Myxom, eine Sarkom), einmal um ein
Schulterblattsarkom, einmal um ein Sarkom der Achselhöhle. Ein Operierter
starb im Anschluss an den Eingriff (Schulterblattsarkom). Bei einem zweiten
Kranken (Humerussarkom) waren bald nach der Operation zahlreiche Meta-
stasen aufgetreten. Zwei weitere Fälle (Chondrum des Oberarmes und Sarkom
der Achselhöhle) sind erst kürzlich operiert worden.
In zwei Fällen (Chondrum des Oberarmes und Myxom) besteht Heilung
seit 16 bzhw. 9 Jahren.
Im Falle Vasilins (24), bei einem 23jährigen Manne, fünf Monate
nach einem Pferdehuf eifenschlag der rechten Hand, fing die Extremität an
zu schwellen und röten, nach einem Monat Aputation im oberen Drittel des
Unterarmes. Nach ein paar Tagen Rezidiv bis in die Axilla und in die
Regio pectoralis, sehr grosse Schmerzen. Patient will von keiner Operation
hören. Stoianoff (Varna).
1152 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil
xxin.
Die Verletzungen und ehirurgisehen Krankheiten der
unteren Extremität
Referenten: F. Sclmltze, Duisburg, A. Borchard, Posen, F. Suter,
Basel.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
Angeborene Missbildnngen nnd Difformitäten der nnteren Extremität.
Referent: F. Schultze, Duisburg.
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23. Wollenberg, 6. A., Über die Kombination der angeborenen Httftgelenksverrenkung
mit anderen angeborenen Deformit&ten. Zeitschr. f. orthop. Chir. Bd. XV, 1.
Zur Klärung der Ätiologie hat Vogel (21) seine Fälle revidiert, durch
Fragebogen mit folgenden Antworten:
1. Erblichkeit 30%,
2. Geburt in Steisslage 25 ^/o ; die Hälfte der Kinder hatten keine nor-
male Geburt.
3. Geringe Fruchtwassermengen 34 ^/o.
In 10 °/o der Fälle wurde von den Eltern nach der Geburt Bewegungs-
störungen des verrenkten Beines beobachtet.
Von abnormen Stellungen wurden in 64 7« Aussenrotation, in 17,5%
Innenrotation, in 7% Flexion festgestellt.
Auf Grund dieser Tatsachen prüft Vogel die verschiedenen Theorien
über die Ätiologie der Verrenkung, speziell über die Stellungen des Kopfes.
Es kommt intrauterin die Verrenkung zustande als primäre nach hinten
und die später nachweisbare Kopfeinstellung oben aussen ist sekundär. Sind
die Verrenkungen intrauterin vorbereitet, vollzieht sich dieselbe jedoch erst
postuterin, so tritt der Kopf nach oben.
Die intrauterine Verrenkung, ebenso die Anteversion des Kopfes ent-
steht durch gleichmässigen Druck.
Was die Ursache der Verrenkung selbst angeht, so hält Verf. die Stel-
lung der Extremitäten, den Druck der üteruswand bei Mangel an Frucht-
wasser, nur für Begleitmomente, welche die vorbereitete Verrenkung vollziehen;
er nimmt für viele Fälle intrauterine Raumbeschränkung an.
Das Vitium primae formationis v. A m m o n s muss als einziges Moment
betrachtet werden, welches spätere Verrenkungen möglich macht.
Das Wesen der Entwickelungsstörung beruht nach Vogel auf einer
Störung in der Verteilung des den Oberschenkelkopf und das Becken bildenden
Blastems. Durch hier eintretende Hyperplasie des Pfannenbodens soll die
Disposition zur Verrenkung geschaflfen werden.
Jahraabericht fOr Chirurgie 1905. 73
1154 Jahresbericht für Chirorgie. IL Teil.
Nach seinen Untersuchungen kommt 60 cht (9) zu folgenden Schlüssen:
1. Das Lig. ileofemorale superius ist über die Massen verkürzt und
sehr kräftig.
2. Bei fast allen energischen Hüftbewegungen wird dieses Band stark
angespannt.
3. Es dient dem Schenkelkopf als verankertes Führungsband bei dem
ultraphysiologischen Bewegungen.
4. Durch die rechtwinkelige Beugestellung des Hüftgelenkes wird der M.
ileopsoas entspannt. Das Kapselinnere und die vordere untere Pfannentasche
kann somit den Kopf am besten aufnehmen.
5. Die Auswärtsrotation bei rechtwinkelig abduziertem Oberschenkel
stellt sich durch die starke Anspannung des M. ileopsoas her und ist zur
Retention notwendig.
6. Bei der üblichen Primärstellung des Oberschenkels nach Hüfteinrenkong
wird der M. piriformis angespannt und in der Längsrichtung verdreht.
7. Daraus muss eine Quetschung des Nervus peroneus resultieren.
8. Bei hier eintretender Paralyse muss die Aussenrotation des Ober«
schenkeis möglichst gemildert werden, und zwar eventuell durch eine Teno-
tomie des M. pyriformis.
Spitz y (20) berichtet über zwei Fälle seltener Luxationstypen. Im
ersten Falle fand sich bei einem zwei Monate alten Kind beiderseits eine
Luxatio praecotyloidea^ auf dem beigegebenen Bild charakterisiert durch eine
deutlich ausgesprochene Froschschenkelstellung. Im zweiten Falle fand sich
bei einem dreijährigen Kinde eine Luxatio coxae congenita bilateralis, und
zwar links eine Luxatio supracotyloidea et iliaca sin., rechts eine Luxatio
supracotyloidea ant. dextr.
Damany (6) behandelt in einer ausführlichen Arbeit die pathologisch-
anatomischen Verhältnisse des Femurkopfes und der Pfanne, deren Verschie-
denheit in der beigegebenen Abbildung deutlich sichtbar.
Ewald (8) publiziert zwei Fälle von Anomalien der Patella, einen Fall
mit angeborener Verrenkung, einen Fall mit Fehlen beider Kniescheiben.
Die angeborene Verrenkung der Patella wird meist erst in späterer
Zeit beobachtet. Als Ätiologie ninmit Ewald intrauterine mechanische Druck-
wirkungen an.
Der zweite Fall — Fehlen der Patella — war kompliziert mit Pes
varus. Verf. vermutet noch eine Knorpelanlage, analog einer Beobachtung
von Vulpius, welcher in einem Falle in den ersten zwei Jahren keine
Kniescheibe entdecken konnte, dieselbe jedoch fünf Jahre später normal ge-
formt vorfand. Andere Autoren haben dieselbe Beobachtung gemacht, ebenso
die Komplikationen mit der Fussdeformität, sei es Pes varus, sei es Pes
valg. congenitus.
Budzynski (2) bespricht unter Mitteilung eines Falles, welcher von
N. Lesser eingerenkt war, den gegenwärtigen Stand der Frage der ange-
borenen Hüftgelenkluxationen.
C a 1 0 1 (3) berichtet auf Grund einer zehnjährigen Erfahrung über die
Technik, insbesondere über Vor- und Nachbehandlung, sowie über Anlegung
der Verbände bei der kongenitalen Luxation der Hüfte.
In den ersten Kapiteln wird eingehend die Symptomatologie, Diagnose,
Lidikation, Prognose besprochen.
Schultze, Verletzangen und chirarg. Krankheiten der unteren Extremit&t. 1155
Bezüglich der Techoik plädiert Calot für permanente Extension vor
der Einrenkung, er extendiert bis zu sechs Monaten, je nach dem Fall mit
6 — 20 kg, bis dass der Troch. major in der Nelaton -Linie steht. Calot
erinnert an die Extensionsbehandlung von Pravaz, welcher Heilungen er-
zielt haben soll.
Ist die Extension nicht auszuführen, so empfiehlt er für einige Minuten
eine forcierte Extension von 60 — 80 kg. In schwierigen Fällen führt er per-
manente forcierte Extension aus. Bei kleinen Kindern ist letzteres nicht
notwendig.
Das Einrenkungsverfahren weicht von dem allgemein üblichen nicht ab.
Der Gipsverband wird in Flexion und Abduktion von 70° angelegt. Die
Kopfstellung soll zentral und nach vom gerichtet sein. Ist der Kopf mangel-
haft fixiert^ so wird die Flexion und Abduktion auf 90° erhöht.
Der Verband wird gut modelliert ohne Polster unter Schutz einer Unter-
jacke. Die Spin. ant. sup. der gesunden Seite wird so eingegipst, dass die-
selbe nicht verschiebbar ist. Der Fuss wird auch eingegipst.
4 — 5 Monate bleibt der Verband liegen, wird jedoch aus Vorsicht
nach 10 Wochen gewechselt und nnter 35° Flexion und Abduktion erneuert.
Nach 4 — 5 Monaten erfolgt Verbandwechsel und Fixation unter Innenrotation
und geringer Beugung und Abduktion für vier Wochen.
Der letzte Verband wird in Streckstellung und geringer Abduktion vier
Wochen lang getragen. Verf., welcher die Kinder möglichst lange liegen
lässt, erreicht in der Regel nach einem Jahre vollständige Heilung.
Verf. erörtert die einzelnen HandgrifiPe, Stellungen etc. unter Beifügung
von schematischen Bildern.
Calot zieht eine hohe Altersgrenze, indem er sich jedoch jenseits des
15. Lebensjahres keinen Erfolg mehr verspricht. Er hält bei einseitiger Lu-
xation bis zum siebenten Lebensjahre den Erfolg für sicher; bei Verrenkung
nach hinten und 3 cm Verkürzung soll die Extension 10 — 15 kg einige
Wochen dauern.
Im Alter von 7 — 12 Jahren wird 2 — S Monate mit 15 — 20 kg extendiert.
Dazu kommt noch eine temporäre, forcierte Extension 10 Minuten vor der
Einrenkung mit 80 — 100 kg. Der Erfolg ist fast sicher.
Im Alter von 12 — 15 Jahren wird 3 — 4 Monate mit 18 — 20 kg exten-
diert und temporär vor der Einrenkung mit 80—100 kg. Der Erfolg verhält
sich wie 3 : 4.
Bei doppelseitigen Luxationen stellt Verf. die Aussicht auf Erfolg um
zwei Jahre niedriger. Er plädiert für ziemlich gleichzeitige Einrenkung,
welche jedoch bei Erschöpfung kontraindiziert ist.
Die Resultate sind sehr günstig, fünf Gruppen bildend, werden im
ersten Hundert 9,
zweiten Hundert 53,
dritten Hundert 97,
vierten Hundert 100
wahre anatomische Reduktionen verzeichnet. Das beste Alter ist das 2.-5.
Lebensjahr.
Im Hamburger Ärzte verein stellte Deutschländer (5) einen Fall von
angeborener Hüftluxation vor, wo der Schenkelhals in steiler Abduktionsstel-
lung zum Diaphysenschaft sich befand. Es handelte sich somit um eine aus-
geprägte Coxa valga.
73*
1156 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
Härting (10) stellte in der medizinischen Gesellschaft zwei Kinder mit
kongenitaler Luxation vor, eine einseitige und eine doppelseitige, noch in
Gipsverband befindlich. Anschliessend bespricht er die Therapie und Pro-
gnose. Als Zeitpunkt zieht er bei der einseitigen Luxation die Altersgrenze
bis zu 6 — 8 Jahren, bei der doppelseitigen bis zu fünf Jahren.
Im übrigen hält er das dritte Lebensjahr für den günstigsten, zur Ein-
renkung passenden Termin.
Joachims thal (13) stellt in der Berliner medizinischen Gesellschaft
eine Anzahl von Patienten vor, welche er einseitig und doppelseitig einge-
renkt hatte. Er lässt den Verband nicht über drei Monate liegen. Die
funktionellen Resultate sind sehr günstig.
Das Verschwinden des Trendelenburg sehen Phänomens als Massstab
für die Heilung ansehend, hat Joachimsthal in diesem Sinne 60^/o Hei-
lungen aufzuweisen.
Röntgenogramme, welche nach Jahren angefertigt, demonstrieren die
günstigsten Resultate, welche teilweise als anatomische Heilungen angesehen
werden können.
Li dieser ersten Mitteilung referiert Ingianni (12) den Ausgang einiger
von ihm zu dem Zwecke ausgeführter Versuche festzustellen, wo es mc^lich
ist, die zuvor zum Teil oder in toto entfernte Gelenkpfanne durch eine
Reihe von derartig angeordneten Elfenbeinnägeln zu ersetzen, dass sie in
ihrem Gesamtbild eine neue Höhlung vortäuschen. Das Experiment ist am
Hund in der folgenden Weise geführt worden: Exartikulation des Ober-
schenkels (um zu verhüten, dass der Hund durch eine Bewegung das Arbeiten
an dem operierten Teile störe), gänzliche oder teilweise Resektion des Gelenk-
pfannenpolsters unter Schonung des Pfannengrundes, Einsetzung von kleinen
viereckigen, vorher sterilisierten zweimal 12 mm breiten und 1 cm
langen Elfenbeinnägelchen an der Stelle des fehlenden Knochens, indem man
sie kreisförmig der normalen Kurve der Pfanne entsprechend anordnet und
zwar derart, dass sie 4 mm über die Knochenebene hervortreten; darüber
Naht der Kapselreste und der Weichteile. Die Tiere wurden nach 49 Tagen
bis drei Monaten getötet. Bei der Sektion fand sich, dass die Nägel fest
eingelassen waren und nicht nur mit dem Knochen ein Ganzes bildeten,
sondern dass auch zwischen ihnen und um einen jeden derselben herum sich
dicke Knochenvorsprünge gebildet hatten, derart, dass das Pfannenpolster sich
vollständig wieder hergestellt zeigte und überall mit Inkrustationsknorpel be-
kleidet war, welcher sich in das in der Pfannenhöhle stehengebliebene fort-
setzte. Die Gelenkkapsel und die Synovialis neigten, da der Femurkopf
fehlte, mit ihrer Proliferation dazu hin die Gelenkpfanne zu obstruieren und
der Verf. ist der Ansicht, dass die Gelenkpfannenhöhle vollkommen frei sein
würde, wenn der Femurkopf eingelagert gewesen wäre und falls keine sep-
tischen Komplikationen eintreten. Diesen Standpunkt der Frage verspricht
er sich durch eine weitere Reihe von Versuchen klar zu stellen.
Indessen hält sich Ingianni auf Grund seiner Versuchsergebnisse für
berechtigt, in ihrem allgemeinen ümriss die bei der blutigen Einrenkung der
angeborenen Hüftluxation zu befolgende Technik vorzuschlagen. Dieselbe be-
stünde in Blosslegung der Gelenkkapsel, besonders an ihrem hinteren Teile,
Einrenkung des Schenkelkopfes in den anatomischen Sitz der Pfanne; Ein-
setzung, womöglich ohne Eröffnung der Kapsel, einer Reihe von Elfenbein-
nägeln, welche von aussen durch die Kapsel selbst hindurch gehend sich in
Schnitze, Verletzangen und chinirg. Krankheiten der unteren Extremität. 1157
das Becken einfügen und zwar in dem Abschnitt, wo das Gelenkpfannen-
polster am meisten mangelt.
Auf diese Weise wird eine feste Schranke hergestellt, welche sich dem
Aufstieg des Femurkopfes entgegenstellt, der über reichliche Kapselteil obli-
teriert und ebenso wird die unmittelbare Berührung der Nägel mit dem
Schenkelkopf vermieden, wo dieselben mechanisch irgend welche Alterationen
hervorrufen könnten.
Die Nachbehandlung, so schliesst der Verf., ist die gleiche wie bei der
unblutigen Einrenkung, indem man das Bein in die verschiedenartigen von
Lorenz vorgeschlagenen Lagen bringt und frühzeitig Gehversuche ausführen
lässt. R. Giani.
Müller teilt die Endresultate von 34 durch Lorenz in Amerika
1902 reponierten kongenitalen Luxationen mit. Von 32 nachuntersuchten
Fällen wurden 21 als anatomische Heilungen und 11 als Transpositionen mit
ausgezeichneter Funktion befunden. Er vertritt den absoluten Standpunkt
der unblutigen Reposition und verurteilt die blutige Methode.
Riedinger (16) demonstrierte in der Sitzung des Würzburger Ärzte-
verbandes drei Kinder, welche er eingerenkt hatte. Er tritt für die Repo-
sition über den hinteren Pfannenrand nach Lorenz ein und empfiehlt den
Druck gegen den Trochanter mehr in der Längsrichtung des Körpers ein-
wirken zu lassen. Die Fixation des Beines soll in der Stellung erhalten
bleiben, in der die Reposition am leichtesten und am besten zu erhalten ist.
Die Fixationsdauer kann bei Kindern unter zwei Jahren länger werden,
bei älteren reichen drei Monate aus. Für die Prognose ist das Alter weniger
massgebend als die Körperlänge.
Riedinger (17) teilt einen Fall von kongenitaler Hüftluxation mit,
dessen rechte Beckenhälfte eine Hypoplasie aufwies. Der Schenkelhals war
nicht sagittal, sondern frontal gestellt, femer persistierte die Luxatio supra-
cotyloidea. Ausserdem war noch Caput obstipum, sowie Atrophie der ganzen
rechten Körperhälfte vorhanden.
Glarke (4) hat mehrere doppelseitige und einseitige Fälle von kon-
genitaler Hüftluxation nach Lorenz operiert. Nach Bildern zu urteilen,
sind die Resultate besonders hinsichtlich der Lordose vorzüglich.
Klapp (14) legt ein rundes Holzbrett auf das reponierte Gelenk und
gipst dasselbe ein. Zwecks kontrollierender Röntgenaufnahme wird das Brett
entfernt und später wieder mit Stärkebinden fixiert.
Auf Grund von 24 unblutig reponierten kongenitalen Luxationen —
im Jahre 1904 — welche in keinem Falle reluxierten, beschreibt Bade (2) die
Technik.
Die Gefahr der Reluxation ist vorhanden:
1. beim Anlegen des ersten Verbandes;
2. während des Tragens des Verbandes;
3. beim Verbandwechsel überhaupt und
4. nach dem Fortlassen der Verbände.
L Anlegen des ersten Verbandes mit der Beckenstütze Gocht-Lossen,
und zwar so, dass durch Druck und Zug der Binden der Kopf fester in die
Pfanne hineingetrieben wird.
H. Bekämpfung der Reluxation durch Vermeidung von Fehlern in der
Verbandstechnik.
1158 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL Teil.
1. Möglichste Fixation des reponierten Gelenkes durch Fixation des
Beckens — welche über den Nabel hinausgeht, — femer des Kniegelenks der
kranken Seite.
2. Der Verband muss exakt der Eörperform anliegen und stabil sein.
3. Die Schrägstellung des Beckens muss eine zentrale Einbohrung des
Kopfes gewährleisten durch ausgiebige Prothese an der gesunden Seite.
in. Der Verbandwechsel muss so vorgenommen w^erden, dass die Be-
wegung des Kindes auf das allergeringste Mass beschränkt wird, somit wird
auch die Gefahr der Reluxation auf das Mindeste beschränkt.
Narkose wird prinzipiell vermieden, weil dadurch der Muskelwiderstand
ausgeschaltet wird, letzterer jedoch als Gradmesser zu verwenden ist, wie
weit man die Obduktion verringern darf.
Jede Extension ist zu meiden.
Schanz (18) hat durch Zufall eine Einrenkung mittelst Flexion und
Adduktion erfahren. Auf Grund dessen hat er dann methodisch in dieser
Weise eingerenkt, teils ohne Narkose, teils in Halbnarkose. Beim Übergang
in die Retentionsstellung wird mit der Hand gegen den Trochanter gedrückt.
Der Gipsverband bleibt 3 — 6 Wochen liegen, alsdann selbsttätige Nach-
behandlung.
Hagen (11) hält die Bezeichnung „Verrenkung'' nicht für richtig,
sondern ist der Ansicht, dass es sich um eine angeborene Entwickelungs-
hemmung des Hüftgelenks handele. Somit müsste dann die Abnormität auch so
bezeichnet werden, angeborener Defekt, Difformit^ congenitale de la hauche,
congenital malformation of the hipjoint.
Das Wort ;,Einrenkung^ hat keine Berechtigung, es handelt sich um
eine Reposition, Transposition.
Dann hängt bei Anlage des Verbandes die Stellung des Beines (bezüg-
lich der Innen- und Aussenrotation) von der Richtung des Schenkelhalses zum
Schaft ab. Sobald der Schenkelhals nach vorn abgebogen ist, muss in Ab-
duktion und Innenrotation eingegipst werden, wenn nach hinten abgebogen,
in Aussenrotation.
Sherman (19) betont, dass die sogenannte unblutige Methode der
Hüftgelenkseinrenkung bei kongenitalen Luxationen aufzugeben sei, weil die
Gefahren der Femur- und Beckenfraktur zu gross und wirklich guten ana-
tomischen Erfolge von 10 ^/o, höchstens 20 7o zu klein sind. Das Haupt-
hindernis ist die für das Durchtreten des Kopfes zu enge Kapsel. Seitdem
Sherman nur noch die Inzisionsmethode anwendet, hat er 28 Operationen
gemacht, sich jedesmal von der Weite der Kapsel überzeugt und nur einen
Fall gefunden, in dem die Kapsel weit genug war, um den Kopf durchzu-
lassen. Es wird demnach wohl die oben angegebene Ziffer von 10 ^/o ana-
tomischen Resultaten zu hoch sein. Die 28 Operationen betreffen 20 Kinder
von 10 Monaten bis 11 Jahren. Kein Todesfall, 17 gute anatomische Resul-
tate; bei jungen, aktiven Kindern immer bewegliche Gelenke. Reluxationen
sind zum Teil auf zu kurze Nachbehandlung in Gips zu schieben. Das Kind
geht zuerst nach vier Monaten mit und nach 8 — 9 Monaten ohne Gipsverband.
Der Schnitt liegt vorn. Nach Eröffnung der Kapsel wird ein Knopfmesser in
die Pfanne geschoben und die Verengung nach unten gespalten. Einrenkung
durch massigen Zug und Manipulation. Maas, New -York.
Eckstein (7a) demonstriert in der Berliner medizinischen Gesellschaft
einen portativen Apparat, welcher dazu dienen soll die Aussenrotation nach
Schaltze» Yerletzungen und chinirg. Krankheiten der unteren Extremitftt. 1159
erfolgter Einrenkung zu beseitigen. Der Apparat ist eine Modifikation des
Ton Heasner angegebenen.
Gourdon (9 a) stellt seine Besultate, welche er durch das Verfahren
nach Lorenz erreichte, in der medizinischen Gesellschaft zu Bordeaux vor.
2 — 9 Jahre ist am günstigsten.
Gourdon (9b) stellte ein 12 jähriges Mädchen vor, welches behaftet
war mit einem rechtsseitigem Elumpfuss, linksseitiger kongenitaler Luxation
der Hüfte und Defekt des Metakarpus der linken Hand.
Parry (15b) berichtet über 2 Fälle von doppelseitiger Luxation, Ge-
schwister im Alter von 10 und 11 Jahren. Operation wurde wegen des
Alters nicht vorgenommen.
Rocher (16a) stellte einen Fall mit anatomischer Heilung vor.
Bei der Besprechung der Missbildungen im allgemeinen führt Wollen«
berg (23) dieselben in der erdrückenden Mehrzahl auf einen primären
Keimfehler zurück.
Für die Ätiologie der Fälle von Missbildungen, welche mit Luxation
der Hüfte kombiniert sind, unterscheidet er drei Gruppen.
Der 1. Gruppe liegt ätiologisch der primäre Keimfehler zugrunde. Der
Beweis ist allerdings durch die eigene Beobachtung aus Ho ffas Klinik und
die 24 angeführten Fälle nicht erbracht.
Die 2. Gruppe führt ein Material von 6 fremden und 6 eigenen Be-
obachtungen, welche intrauteriner Belastung die Entstehung verdanken. Verf.
halt es für wahrscheinlich, dass die fehlerhafte Haltung eher bedingt ist
durch eine infolge primärer Keimstörung bedingte Gelenksanomalie. Er
führt gegen die Entstehung durch intrauterine Belastung zwei Momente an.
Erstens sind es die Fälle, welche intrauterin mechanisch sich am günstigsten
für eine Verrenkung präsentieren, ohne dass dieselbe eintritt und zweitens
das Fehlen von Spuren intrauteriner Belastung bei Hüftluxation.
In der 3. Gruppe werden vier eigene Beobachtungen von Littl escher
Krankheit aufgeführt.
II. Coxa vara.
1. von Braun, Goza vara im Gefolge von Ostitis fibrosa. Beitrag zur klin. Gbir. 1905.
Bd. 45.
la. Bosse, Coxa vara. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. 83. p. 1059.
2. Gandier, A propos d'un cas de coxa vara traumatique de Fenfance traitö par Tost^o-
tomie cervicale et gu^ri. Rev. d'orthop. 1905. Nr. 2.
8. Härting, Zwei FftUe von Coxa vara. Mttnch. med. Wocbenschr. 1905. Nr. 32.
4. Hoffa, Die angeborene Coxa vara. Deutscbe med. Wocbenscbr. 1905. Nr. 32.
5. Schlesinger, Zur Ätiologie und pathologisohen Anatomie der Coxa vara. Langen*
becks Arohiv. Bd. 75. Heft III.
6. Zeaas ( Lausanne), Die Coxa vara und ihre Beziehungen zu inneren Krankheiten.
Zentralblatt für Grenzgebiete der Medizin und Chirurgie. Bd. 7. Nr. 21.
Zesas (6) macht in seiner ausführlichen Arbeit die Einteilung: 1. Coxa
vara congenita. 2. Coxa vara adolescentium symptomatica. 3. Coxa vara
traumatica. Ätiologisch vertritt er den Standpunkt, dass die Coxa vara durch
verschiedene Krankheitsprozesse hervorgerufen werden können. Therapeutisch
ist von Wichtigkeit die Frühdiagnose und die Ausheilung der die Coxa vara
verursachenden Krankheit. Bei schwerer Funktionsstörung empfiehlt Zesas
bei einseitiger Coxa vara die schräge, subtrochantere Osteotomie, bei doppel-
seitiger die keilförmige subtrochantere Osteotomie.
1160 Jabresbericht fOr Ghirargie. IL TeiL
Hoffa (4) bespricht die Ätiologie und pathologische Anatomie derkon-*
genitalen Coxa vara an der Hand mehrerer Fälle auf Grund röntgenographi-
scher und mikroskopischer Untersuchungen. Er hält diese Form for eine
Deformität sui generis, welche durch Störung der normalen Entwickelang der
Epiphysenlinie entstanden. Bei einem Präparat, von einem 4 jährigen beider-
seits resezierten Knaben stammend, ergibt das Böntgenbild eines Furnier-
Schnittes einen knorpeligen Schenkelkopf mit kleinem Knochenkem. Durch
die mikroskopische Untersuchung wird der Nachweis geführt, dass Zeichen
des Wachstums fehlen, das Bild des ruhenden Knorpels, welches zum Unter-
schied von der Coxa vara rachitica ein charakteristisches Merkmal.
Das Röntgenbild bei Gong, coxa vara ergibt femer eine vertikal ver-
laufene Epiplysenlinie, Fehlen des Schenkelhalses, oder recht- bezw. spitz-
winkelige Abknick ung des Schenkelhalses am Femuransatz, femer Einschal-
tung von keilförmigen Knochenstückchen am Rande des Schenkelhalses.
Bei der rachitischen Coxa vara besteht dagegen eine Verkleinerung
des Schenkelhalswinkels, der Schenkelhals ist stets erhalten, die Epiphysen-
linie meist verbreitert und läuft schief von oben nach unten und innen.
Bei einer traumatischen Coxa vara ist Anamnese massgebend, femer
ist die kongenitale Coxa vara meist doppelseitig und gleichmässig ent-
wickelt.
Härting (3) beschreibt zwei Fälle von Coxa vara. Im ersten Falle
bandelte es sich um einen vor 8 Jahren Überfallenen Patienten, welcher in
der Exkursionsfähigkeit der Hüftgelenke sehr stark behindert war. Neben
starker Aussenrotation bestand eine hochgradige Lendenlordose und stark
watschelnder Gang. Gutes Resultat durch Osteotomia subtrochanterica obliqua
beiderseits.
Im zweiten Falle handelt es sich um einen Soldaten mit beiderseits recht-
winkeligen Schenkelhals, welcher wieder entlassen wurde.
Schlesinger (5) konnte in einem Falle von Coxa vara adolescentinm,
welche er resezierte, den Nachweis einer rein traumatischen Form erbringen.
Um zwei Fragen:
1. Sitz der Verbiegung bei Coxa vara,
2. Ist die Ursache der Coxa vara eine Knochenkrankheit (Rachitis,
Osteomalacie) und welche Beziehungen bestehen zur traumatischen
Epiphysenlösung ?
zu beantworten, hat er das einschlägige Material in der Literatur gesammelt
Die Frage 1 beantwortet er dahin, dass die Epiphysenlinie stets als
der Sitz der Verbiegung gefunden wurde, ein anderer Sitz ist nicht nach-
gewiesen.
Die Frage 2, dass Rachitis und Osteomalacie in keinem Falle konstatiert
werden konnte.
Als Ursache beschuldigt Schlesinger das Trauma, woraus ein Ver-
schieben des Kopfes resultiere.
Die Coxa vara rachitica haben ihre Veränderung im Schenkelhals, die
Coxa vara adolescentium in der Epiphysenlinie.
V. Brunn (1) beobachtete bei einem Fall von Ostitis fibrosa ausge-
sprochene doppelseitige Coxa vara. Durch das Röntgenbild wird der Sitz
der Verbiegung weniger im Schenkelhals als vielmehr subtrochanter gelegen
nachgewiesen. Auf Grund dieser Beobachtung und einer solchen von Küster
Seh alt ze, Yerletzongen und ohimrg. ErankhisUeii der anteren Eztremitftt. 1161
wirft T. Brunn die Frage auf, ob nicht vielleicht die Ostitis fibrosa die Coxa
vara verursache.
Gaudier (2) beobachtete bei einem 13jährigen Jungen eine vor drei
Jahren akquirierte Schenkelhalsfraktur, welche erst später diagnostiziert wurde.
Nun vor 6 Monaten erlitt Patient durch Sturz vom Rade eine erneute Ver-
letzung derselben Hüfte. ' Die Untersuchung ergab Aussendrehung des Beines
fast im rechten Winkel zur Pfeilebene. 3— 4 cm Verkürzung. Abstand des
linken Trochanter von der Spina beträgt gegen rechts 3 cm. Abduktion ist
aufgehoben, Adduktion beschränkt» Beugung und Streckung ist aufgehoben.
Die Osteotomie des Schenkelhalses ergab ein äusserst günstiges Resultat, in-
dem nur 1 cm Verkürzung resultierte und gute Funktion bei guter Stellung.
Bosse (la) demonstriert in der freien Vereinigung der Chirurgen
Berlins auf Grund eines in der vorigen Sitzung von Hoff a gehaltenen Vor-
trags über Coxa vara congenita, Präparate der sogenannten fötalen Rachitis
Virchows. Es Hessen sich ausgesprochene Coxa vara nachweisen.
III. Coxa yalga.
1. KOlliker, Über Coxa valga. MflDch. med. Wochensohr. 1905. Nr. 86.
Eölliker (1) hat 2 Fälle von Coxa valga beobachtet. Im ersten Falle
war der Neigungswinkel 156 Grad, der Richtungswinkel 68 Grad, im zweiten
Falle 156 : 68 Grad. Der letzte zeigte ausserdem eine Fraktur des Tro-
chanter major.
lY. Genu recurratnin und Oenu yalgum.
1. Dentsehländer, Zur operativen Behandlcmg des Genu recorvatum. Zentralbl. fOr
Chir. 1905. Nr. 86.
2. GhiUini, C, Genu valgum. Zeitschr. f. orthop. Chir. Bd. XY. 1.
3. Habs, Ein Fall von Genu recnrvatam. Münch. med. Wochensclir. 1905. Nr. 12.
4. Monchet, Grenu recurvatum congönital. Arcb. de mM. des Enfants 1905. Nr. 7.
Habs (3) beschreibt einen Fall von hochgradigem Genu recurvatum,
dessen Entstehung er auf abnormen intrauterinen Druck zurückführt. Das
drei Wochen alte Kind hatte rechts Klumpfuss, links Spitzfuss, beiderseits
Genu recurvatum (135^j und Flexionskontraktur der Hüftgelenke und zwar
derart hochgradig, dass die Beine gegen die Brust gelagert sind. Die Pro-
gnose hält Habs nicht für ungünstig, durch Redressement und Massage —
eventuelle Sehnenoperation — und Gipsverband ist Korrektur zu erreichen.
Mouche t (4) beobachtete einen Fall von Genu recurvatum mit Luxa-
tion der Hüfte und des Pes valgus. Durch Luxation der Tibia nach vom
war dieses Genu recurvatum entstanden.
Deutschländer (1) hat in einem Falle von Genu recurvatum durch
eine superkondyläre Osteotomie ein gutes Resultat erzielt. Die Schnittlinie
verläuft von vom oben nach hinten unten.
Nach Ghillini (2) ist das Genu valgum eine Folge des Höhenunter-
schiedes der Tibia und des Femur bedingt durch die verschiedenartig
bildende Tätigkeit der Epipbysenknorpel an ihren verschiedenen Stellen.
Infolge funktioneller Anpassung entsteht sekundär die Verkrümmung der
Diaphysen, woraus sich auch die spontane Heilung bei Kindern erklärt.
1162 JahreBbericht fOr Ghirargie. II. Teil.
Y. Kongenitale Luxallon des Kniegelenks.
1. Bacilieri, L., Über kongenitale Luxationen im Kniegelenk. ArchiY f&r OrUiop.
Bd. ni. 3.
2. Helbing, Ober angeborene Kniegelenkskontraktaren. Berliner klin. Wochensehr.
1905. X.
8. Magnus, Über totale kongoDitale Luxation der Kniegelenke bei drei GeachwisterxL
Deutsche Zeitschrift f. Ghir. XXIV.
4. Perthes, Zur Pathologie und Therapie der angeborenen Luxation des Kniegelenks.
Archiv f, Orthop. Bd. IIL p. 629.
4a. *Turner, Angeborene Luxation des Kniegelenks. Rnssk. Wratsch 1904. Nr. 47.
5. Wehsarg, Über kongenitale Subluxation des Kniegelenks. Archiv fflr Orthopäd.
Bd. in. 3.
Bacilieri (1) berichtet über 3 Fälle kongenitaler Kniegel enksluxation
aus der Koch ersehen Klinik. Er hat aus der Literatur im ganzen 137 zu-
sammengestellt.
1. Mädchen, 7 Jahre alt, hat doppelseitige Knieverrenkung. Nach Aus-
sage der Mutter haben in den letzten Wochen der Gravidität heftige Kinds-
bewegungen bestanden.
2. Junge, 2 V4 Jahre alt, hat Verrenkung des rechten Kniegelenks. Zur
Zeit der Untersuchung konnte nachgewiesen werden, dass das rechte Bein
bei überstrecktem Kniegelenk mit der Innenfläche der Tibia in ganzer Länge
dem Brustbein anlag. Die Planta pedis wurde vom Kinn festgehalten.
3. Mann von 27 Jahren hat neben Verrenkung der Tibia nach vorn
eine doppelseitige Luxation des Hüftgelenks nach hinten und des Radiuskopfes
nach vom.
Ätiologisch nimmt Bacilieri eine mechanische Ursache an, glaubt
jedoch für den Fall 3 eine primäre fötale Erkrankung der Gelenke annehmen
zu dürfen, welche infolge von Ernährungsstörungen entstanden und den Ge-
lenkapparat gelockert hat.
Im ersten Falle hat Kocher durch Verkürzung der Kapsel des Knie-
gelenks ein gut funktionierendes Gelenk am rechten Bein erhalten.
Im zweiten Falle hat er mit gutem Erfolge die Arthrodese gemacht.
Hei hing (2) stellte in der Berliner medizinischen Gesellschaft 4 Fälle
von angeborenen Kniegelenkskontrakluren vor.
1. Kind, l^/s Jahre, geboren in Steisslage, Luxation des Unterschenkels
nach vom, beiderseits Genu recurvatum.
2. Kind, 8 Monate, geboren in Steisslage, Streckkontrakturen beider
Knieen, beiderseits hochgradiger Pes eq. var., sowie Luxat. coxae congenita
nebst Kreuzbeindefekt und Kloakenbildung.
3. Kind, 1^4 Jahre, Beugekontraktur und Adduktionskontraktur in der
Hüfte. Das linke Knie steht in rechtwinkeliger Beugung und starker Valgns-
stellung.
4. IVs jähriges Kind mit Botationsluxation beider Kniegelenke nach
aussen, verbunden mit Beugekontraktur, Pes valgus congenitus, beiderseits
hochgradige Schlottergelenke in den Hüften, Patella fehlt beiderseits.
In vorstehenden Fällen liess sich durch entsprechendes Anlegen der
Beine an den Rumpf eine Position schaffen, welche, während des intrauterinen
Lebens erhalten, die dauernden Stellungsanomalien zur Folge haben musste.
Magnus (3) hat drei Kinder aus einer Familie mit totaler kongenitaler
Luxation der Kniegelenke beobachtet. Er führt die Luxation auf eine pri-
Sehaltze, VerletzaDgea and chirorg. Krankheiten der unteren Extremität 1163
märe Schlaffheit der Kapsel und des Bandapparates zurück. Ausser Luxation
im Hüftgelenk bei bestehender Schlaffheit der Kapsel boten die Fälle patho-
logisch-anatomisch nichts besonderes.
Ein Fall wurde operiert durch Verlängerung des Quadriceps und Ver-
kürzung des Lig. cruciat. ant.; längere Fixation wird empfohlen.
Perthes (4) bespricht die von Magnus mitgeteilten Fälle (v. Referat
Magnus). Therapeutisch empfiehlt er zunächst die unblutige Reposition.
Ist diese ohne Erfolg und tritt nach mehrwöchentlicher Fixation wieder eine
Luxation auf, so soll blutig operiert werden und zwar empfiehlt Perthes
Verlängerung des Streckapparates und Verkürzung und Verstärkung des Lig.
cruciatnm.
Wehsarg (5) beobachtete 3 Fälle, einen Neugeborenen^ einen Knaben
und einen Erwachsenen mit angeborener Kniegelenksverrenkung, hereditäre Be-
lastung lag nicht vor. Weh sarg führt die Entstehung auf Raumbeengung zurück
und glaubt, dass in den letzten Monaten der Schwangerschaft der Fötus in
eine Zwangsstellung gerät. Durch Untersuchung wurde bei dem Neugeborenen
festgestellt, dass der betreffende Schenkel von den sich kreuzenden Armen
festgehalten wurde. Aus den heftigen Kindsbewegungen, welche die Mutter
äusserte, zieht Weh sarg den Schluss, dass fehlerhafte Stellung acht Wochen
vor der Geburt erfolgte.
Bei dem 4jährigen Knaben schliesst Weh sarg aus dem Vorhandensein
der Kniekehlenfalten, dass die fehlerhafte Stellung in den letzten Monaten
eingenommen wurde.
Es sind 131 Fälle (Drehmann, Reiche 1) publiziert worden. Das
iveibliche Geschlecht ist bevorzugt und mit 40 7o, das männliche mit 60 Vo
beteiligt. Wehsarg konnte 55 einseitige und 51 doppelseitige aus den publi-
zierten Fällen zusammenstellen.
VI. Klumpfuss und Hohlfuss.
1. ^B^gouin, Fied bot varus paralytiqae. Jouro. de möd. de Bord. 1905. Nr. 6. p. 97.
la. Blenke, Ein kleiner Beitrag zar Etappenbehandlaog des Elumpfosses mit Gipsver-
hftndeD. Dentsche Zeitscbr. f. orth. Gbir. XIV. 2.
Ib. — Ortbopädische Demonstrationen. Müncb. med. Wocbensobr. 1905. Nr. 14.
Ic. Codivilla, Artroplasticbe ed allungamenti tendinei nel piede torto congenito. (Naovo
metodo di cura cruenta del piede torto congenito.) Atti della Societä italiana di cbi*
nirgia. V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
2. *Dawbarn, Ezcision of astragalus in dub foot. Ann. of Sarg. 1905. Dec.
3. Gronaner, L., Consid^rations sur le traitement dn pied bot varus ^quin cong^nital.
Revne m^dicale de la Saisse romande 1905. Nr. II.
4. Hirscb, Kaauistiscber Beitrag zur Ätiologie der angeborenen Fussverkrümmungen,
speziell des Kiumpfusses. Dies. Mflncben 1905.
^. Joachimstbal und Cassierer, Über amniotiscbe Farcben und Klumpfuss nebst
Bemerkungen über Schädigungen peripberer Nerven durch intrauterin entstandene
Schnfirforchen. Deutsche med. Wocbenschr. 1905. Nr. 31.
6. Judson (New York), The influence of growth on the course and treatment of the
congenital club foot. The americ. Journal of ortb. surgery. Vol. IT. Nr. 1.
6a. *Latrouche, Sur un cas de pied bot paraljtique d'origine centrale. Joum. de m^d.
de Bord. 1905. Nr. 4. p. 64.
7. Nobe, Zur Korrektur des kongenitalen Kiumpfusses. Zentralbl. f. Chir. 1905. Nr. XII.
7a.Princeteau, M., Pied bot cong^nitale varus dquin. Journ. de m^. de Bordeaux 1905.
Nr. 82.
8. Schnitze (Duisburg), Zur Behandlung des rebellischen Kiumpfusses. Arch. f. Orthop.
Bd. IIL Heft 2.
«. Wette, F., Hohlfuss. Beitr. zur klin. Chir. Bd. XLVIL 2.
1164 Jahresbericht für Chirurgie. II. TeiL
Gronauer (3) vertritt den orthopädischen und operativen Standpunkt
und kommt zu folgenden Schlüssen.
Das am schwersten zu beseitigende Symptom ist die Equinusstellung.
Bei Kindern unter IV» Jahren korrigiert Gronauer orhopädisch ; bei
besonders starken Muskelkontraktionen macht er die Sehnenverlängening wie
die Tenotomie; eventuell auch die Tenotomie der Plantarfaszie.
Bei älteren Kindern von mehr als Vit Jahren wird auch operativ nach
Phleps vorgegangen.
(Die Equinusstellung, welche wohl allgemein als die am schwersten zu
.beseitigende Deformität gilt, wird spielend durch den von mir angegebenen
Osteoklasten in einer Sitzung korrigiert. Der einfache Apparat wirkt exakt
und sicher. Ref.)
Nobe (7) berichtet über den Sprengel sehen Handgriff, welcher nach
erreichter Korrektion des Klumpfusses in der Weise sich vollzieht, dass man
den korrigierten Klumpfuss breit mit der Sohle auf den Tisch aufsetzt und
nun den Unterschenkel gegen den fixierten Fuss als Hebel ausnützt.
B lenke (Ib) entreisst den Namen eines Mannes der Vergessenheit,
welcher in der Klumpfussbehandlung Grosses geleistet. Es ist das der ver-
storbene Dr. Blick- Magdeburg. Letzterer hat die Etappenbehandlung des
Klumpfusses mit Gipsverbänden, als erster, bereits vor Wolff, systematisch
durchgeführt. Die Abbildung eines Falles zeigt uns günstigen Erfolg seiner
Behandlungsmethode.
Judson (6) hat, von dem Gedanken ausgehend, dass das natürliche
Körperwachstum für die Behandlung des Klumpfusses von wesentlicher Be-
deutung ist, den Vorschlag gemacht, in Perioden raschen Wachstums eine
forcierte orthopädische Behandlung einzuleiten. Er hält dies gerade beim
Neugeborenen am zweckmässigsten angebracht, da hier die grösste Wachs-
tumsenergie vorhanden ist.
Schnitze (8) tritt für die unblutige Behandlung des Klumpfusses ein
und verwirft die von Lauenstein empfohlene Methode Ogstons, welche
in der Enukleation der einzelnen Fusswurzelknochen besteht.
Mit dem von Schnitze konstruierten Osteoklasten, wurde selbst in
den hartnäckigsten Fällen, die Korrektur erreicht. Wachsweich mobilisieren,
Sinus tarsi ausmodellieren, im Gipsverband überkorrigieren, sind Grundsätze,
welche bei jeder Korrektur befolgt werden müssen.
Blenke (la) stellt in der medizinischen Gesellschaft zu Magdeburg
zwei Patienten mit paralytischem Spitzfuss vor, welche mit gutem Erfolge
korrigiert waren, und zwar durch die plastische Verlängerung der Achilles-
sehne, sowie durch die Überpflanzung des Extensor hall. long, auf dem Tib.
antic. und durch Verkürzung des Extensor digit.
Joachimsthal (5) demonstrierte in der Chirurgenvereinigung zwei
Fälle von Klumpfuss mit amniotischen Abschürfungen. Er hält es für wahr-
scheinlich, dass dadurch der Klumpfuss entstanden ist. Bei einem Patienten
bestanden noch Scbnürfurchen am rechten Zeigefinger und Oberarm mit
Lähmung des N. radialis und des Hautastes des N. ulnaris.
Hirsch (4) beschreibt einen Fall von Klumpfuss, welcher mit Spina
bifida kompliziert war, sowie mit beiderseitigen Genu recurvatum und Flexion
im Hüftgelenk.
Er führt die Entstehung auf Baumbeengung im Uterus infolge mangelnden
Fruchtwassers zurück.
Schnitze, Verleizangen und ehirnrgr. Krankheiten der unteren Eztremitftt. 1165
Beim gegenwärtigen Stand der Wissenschaft erklärt sich Codivilla (Ic)
fnr einen überzeugten Anhänger der unblutigen, je nach den Fällen manuellen
oder instrumentalen, Reduktion, welche das beste funktionelle Resultat liefert.
Immerhin stösst in der Praxis bei vielen Fällen die Anwendung der Methode
auf Schwierigkeiten, die durch den Umstand hervorgerufen werden, dass die
Behandlung enorm langwierig ist. In den Fällen, in denen er vorausgesetzt
bat, dass diese Schwierigkeit angetroffen werden würden, hat er eine besondere
blatige Behandlungsmethode angewandt, die ihm gute Resultate geliefert hat.
Dieselbe besteht in der Entfernung aller passiven und aktiven Widerstände,
die sich der Korrektion der Deformität entgegenstellen und in der Aufrecht-
erhaltung der erzielten Korrektion einige Zeitlang mittelst eines Gipsappa-
rates. Die Entfernung dieser Widerstände und die Korrektion werden der-
massen gemacht, dass dadurch für die Funktion kein Schaden entsteht.
Folgendermassen geht er dabei vor: Durch eine Hautinzision, die von
dem vorderen Ende des ersten Metatarsus unter und hinter den inneren
Knöchel geführt wird und längs des unteren Drittels des Unterschenkels
hinaufgeht, werden die Sehnen der Region blossgelegt und der Tibial. ant.,
der post., der Flexor propr. hall., der Flexor digit. ped. werden zwecks Ver-
längerung nach Bayer durchschnitten. Das Gelenk zwischen Metarsus und
erstem Cuneiformis wird in seiner inneren Region eröffnet, ebenso die zwischen
Cnneiformis und Scaphoides, zwischen Astragalus und Calcaneus, zwischen
Astragalus und Tibia. Bei letzteren wird die Inzision der Kapsel und Bänder
ebenfalls in ihrem hinteren Teile gemacht. Manchmal ist es auch gut, eine
spezielle Herrichtung der Astragalustrochlea an ihrem Gelenk mit der Tibia
und der Fibula auszuführen. Die Korrektionsmanöver folgen nach und nach
der Eröffnung der verschiedenen Gelenke. Danach wird die Kontinuität der
verschiedenen Sehnen wiederhergestellt, wobei der Muskel unter der Spannung
erhalten wird, die der normalen TonizitÄt entspricht. Gipsapparat von IVa
bis zwei Monate, worauf man die Kinder ohne Apparat gehen lässt.
Er hat 27 Klumpfüsse an Kindern von 1 — 4 Jahren (die Mehrzahl von
2—4 Jahren), mit Deformität zweiten und dritten Grades mit bestem Erfolg
operiert. Er stellt zwei Kinder vor, eines von 4 Jahren, beiderseitig vor
IV2 Jahren operiert und eines von 2 Jahren, auf beiden Seiten vor ca. 3 Mo-
naten operiert, welche perfekt gehen und normale Form und Funktion des
Fusses zeigen. R. Giani.
Princeteau (7a) operierte ein Kind mit Klumpfuss in folgender
Weise. Bei der Operation wurde zunächst die Tenotomie der Achillessehne
gemacht und dann in derselben Sitzung ein keilförmiges Stück Knochen,
welches der Tibia der Katze entnommen nach vorhergehender Schnittführung
nach Phelps zwischen Os scaphoideum und Astragalus eingeschaltet. Ein-
heilang.
Durch eine zweite Operation wurde die Aussenseite des Fusses verkürzt.
Gipsverband. (Die Methode bedeutet wohl kaum eine Verbesserung und
wird mit Rücksicht auf unsere erprobten unblutigen Methoden in Fachkreisen
eine rückhaltslose Verurteilung finden. Ref.)
Wette (9) beschreibt 2 Fälle von hochgradigem angeborenem Hohlfuss
mit starken Beschwerden und Funktionsstörung, welche durch Redressement
nnd subkutaner Weich teiltrennung nicht korrigiert werden konnte. Es wurde
blutig durch Keilosteotoraie des Os naviculare und cuboides ein befriedigendes
Resultat erzielt.
1166 Jahresbericht fQr Chirargie. II. Teil.
(Durch unsere modernen Hilfsmittel sind wir beute in der Lage auch
den hochgradigsten Hohlfuss ohne operativen Eingriflf zu korrigieren- Ich
weise auf das von mir angegebene Verfahren mittelst Steigbügelzug, ferner
auf die Korrektur durch meinen Osteoklasten. D. Ref.)
VII. Plattfuss.
1. B lenke, Orthopftdische Demonstrationen. Manch, med. Wocbenschr. 1905. Nr. 14.
la.*Cavatorti, Th^ories et m^thodes op^ratoires de pied plat. Rev. d'orthop. 1905. Nr. 5.
2. Gocht, Sehnenoperationen beim Pes piano valgns. Deutsche Zeitschr. f. ortfa. Cfair.
XIV. 3.
3. Helbing, Über Wesen und Bedentung des Plattfusses. Berl. klin. Wocbenschr. 1905.
Nr. 13.
4. Heyesi, E., Neue Methode der Sehneuplastik zur Radikalheilung des rachitiscbea
und statischen Plattfusses. Mitteilung aus der chirurg. Universitätsklinik (Direktor Prof.
J. Brandt) zu Kolozsyär. Orvosi Hetilap 1905. Nr. 7—8. (Un/carisch.)
5. — Weitere Beiträge zur Radikalheilung des rachitischen und statischen Plattfusses
mittelst Sehnenplastik. Mitteilung aus der chirurg. Universitätsklinik za Kolozsvär.
Orvosi Hetilap 1905. Nr. 2. (Ungarisch.)
5a. *üurtado, Estudio del pie piano. Madrid 1904.
6. Müller, E.» Bemerkung zu dem Aufsatz von Dr. R. Giani: ,Die Funktion des M.
tibial. anticus in Beziehung zur Pathogenese des statisch -mechanischen Plattfusses*.
Deutsche Zeitschr. f. orth. Ghir. XIV. 2.
7. Muskat, Heftpflasterverbände zur Behandlung des statischen Plattfusses. Deutsche
med. Wochenschr. 1905. Nr. 29.
8. Tubby, Plat foot. The Practit. 1905. Nov. p. 676.
9. Wollenberg, 6. A., Zur Technik der Sehnenplastik. Zeitschr. f. orth. Chir. XIV. 1.
Hei hing (3) skizziert kurz die pathologische Anatomie und Sjrmpto-
matologie des Platt- und Knickfusses und geht dann hauptsächlich auf die
Behandlung ein, wie solche in der Hof faschen Klinik sich ausgebildet hat
Die einzelnen Gruppen werden verschieden behandelt:
1. Diejenigen Patienten, welche keine Abnormität des Skelettes bieten,
sondern nur Plattfussbeschwerden haben, sind am leichtesten zu behandein
durch Massage, durch Gymnastik der Fuss- und Unterschenkelmuskulatnr.
2. Bei bestehender Yalgität des Talus, erkennbar durch Abduktions-
Stellung der Ferse, muss der innere Fussrand durch Einlage, welche aus
Zelluloidaceton auf Trikotstoff mit Stahlfedereinlage gefertigt, gehoben werden.
3. Bei Pronationskontraktur wird eine achttägige Bettruhe nebst hydro-
therapeutischen Massnahmen zur Mobilisierung verwandt. Dann werden die-
selben für vier Wochen eingegipst, nachdem in vielen Fällen vorher noch ein
Bedressement in Narkose vorausgeschickt wurde. Nach Entfernung des \er-
bandes Plattfusseinlage.
4. Sehnenoperationen werden ausgeführt:
a) Tenotomie der Achillessehne zur Korrektur des Pes flexus.
b) Verkürzung des M. tibial. posticus bei hochgradigem Knickfnss
rachitischer Kinder.
5. Skelettoperationen, Ogston, Geich, sind für die allerschwersten
Fälle von ankylotischem Plattfuss reserviert.
(Im jugendlichen Alter ist stets eine Vollkorrektur zu erstreben, welche
nur möglich durch die Korrektur des Skeletts mittelst Redressement nnter
vorhergehender Verlängerung des Achillessehne. Gehgipsverband in der Klamp-
fussstellung. Nach vier Wochen die Plastik nach Nicoladoni und Ver-
stärkung des Tibialis anticus durch den Extensor hallucis longus. Bef.)
Schnitze, Verletzungen and chirarg. Krankheiten der unteren Extremität. 1167
B lenke (1) stellte in der medizinischen Gesellschaft zu Magdeburg
einen zehnjährigen Jungen vor mit hochgradig kontrakten Plattfüssen. Links
wurde in Narkose redressiert nnd eingegipst, rechts wurde dieNicoladoni-
Plastik — Verstärkung des Tib. posticus durch den halben Wadenmuskel —
ausgeführt, beiderseits mit gutem Erfolge.
Blenke demonstrierte dann noch verschiedene Plattfusseinlagen.
Bei hochgradigem und fixiertem Plattfuss empfiehlt Hevesi(4) folgendes
Verfahren.
Zuerst wird der Fuss in 1 — 3 Sitzungen gewaltsam, während Narkose
redressiert und in überkorrigierter Stellung auf 2—6 Wochen eingegipst.
Dann folgt bie blutige Operation.
Dieselbe besteht aus folgenden Akten:
Längsschnitt zwischen der Achillessehne und dem inneren Knöchel. Die
Achillessehne wird verlängert, die Sehne des M. tibialis post. verkürzt und
zugleich durch einen Teil der Achillessebne verstärkt. Darauf Längsschnitt
entlang dem inneren Fussrad vom Knöchel bis zur Mitte des Metatarsus;
die Sehne des M. tibialis ant. wird von ihrem Ansätze abgelöst, das Os
naviculare von oben nach unten mit Hilfe eines Trepans durchbohrt und die
hier durchzogene Sehne am medialen Rande der Plantarfläche des Os navi*
culare mit Seidennähten befestigt. Ausserdem durchschneidet Hevesi noch
die Sehne des M. ext. hallucis, um mit dem zentralen Stumpfe den M. tibialis
ant zu verstärken; der distale Sehnenstumpf des M. ext. hallucis wird an
den gemeinsamen Zehenstrecker angeheftet. Nach beendigter Operation fixiert
Hevesi den Fuss in zwei Gipsschienen, deren eine die Beugeseite, die andere
die Streckseite des Fusses und Unterschenkel umgibt. Der Verband bleibt
3 — 4 — 5 Wochen liegen.
Hevesi operierte auf diese Weise fünf Fälle. Das Resultat war
stets ein gutes, Rezidiv wurde bisher (Va — 2 Jahre nach der Operation) bei
keinem seiner Patienten beobachtet.
Seit der Veröffentlichung seiner Methode der Sehnenplastik beim Platt-
fuss hat Hevesi (5) dieselben in weiteren 11 Fällen angewandt. Er kommt
zum Schlüsse, dass seine Operierten in spätestens drei Monaten vollkommen
arbeitsfähig sind und eines besonderen Schuhwerkes nicht bedürfen. In
letzter Zeit liess Hevesi die Transplantation des M. extensor hallucis longus
auf den M. tibialis anticus fort, die Resultate waren auch so sehr gute. Die
Dauer der Operation betrug bei einseitigem Plattfuss 25 Minuten, bei doppel-
seitigem im Durchschnitt eine Stunde.
Muskat (7) berichtet über die Behandlung mit Heftpflasterverbänden,
welche in einer grossen Anzahl von Fällen recht gute Erfolge gaben.
Zwei sich wenig deckende Heftpflasterstreifen gehen von der Innenseite
des Fusses über das Dorsum, dann über die Fusssohle zur Innenseite und
laufen dann herauf zum Oberschenkel bis hoch über die Wade. Zirkeltour
oben, in der Mitte und in der Knöchelgegend bilden unter Abschluss einer
Mullbinde den Verband.
Müller (6) hält die Ansicht Gianis, welcher dem M. tib« ant. bei
der Pathogenese des Plattfusses keinerlei Wert beilegt, für unrichtig. Er
hält vielmehr den Muskel für einen Gewölbeträger, durch dessen Verlust ein
Faktor ausgeschaltet wird, welcher die Plattfussbildung beeinflusst.
Wollenberg (9) liat mit Rücksicht auf die Verwachsung durch aus-
gedehnte Narbenbildungen bei Verkürzung der Extension des Unterschenkels
1168 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. TeiL
kreuzförmige Faszienlappen gebildet und diese über dem verkürzten Material
vernäht.
Tubby (8) hat beim Plattfuss die Plastik des Extensor poll. ausge-
führt, eine Methode, welche von Müller- Stuttgart früher publiziert war.
Gocht (2) hat den Triceps surae verlängert durch die Tenotomie nach
Bayer und ausserdem den Ansatz dieses Muskels nach einwärts verlagert,
neben die eigentliche Ansatzstelle, wodurch die Wiederkehr der Senkung des
hinteren Faszialschnittes verhindert wird. Gehverband in Abduktionsstellung.
(Auf die schädigenden Momente der kontrakten Achillessehne und deren not-
wendige Tenotomie, habe ich bereits 1895 hingewiesen. Ref.)
Till. Metatarsus varus.
1. Helbiog, Ober Metatarsus varus. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 33.
Bei der Beschreibung des klinischen Bildes des Metatarsus varus unter-
scheidet Helbing (1) die angeborene und erworbene Form. Letztere ist die
häufigere und entsteht:
1. Bei Genu valgum und rachitischen Deformitäten mit nach aussen
offenen Winkeln, als kompensatorische Form, welche nach Korrekur der De-
formität auch beseitigt ist.
2. Bei Frakturen des Metatarsus, als traumatische Form.
3. Bei entzündlichen oder chronischen Gelenkprozessen im ersten Tarso-
metatarsalgelenk als arthrogene Form.
Den angeborenen Metatarsus hat Helbing viermal beobachtet. Unter
geeigneter Redression mit folgender Tenotomie wird Heilung erzielt.
IX. Uallux valgus.
1. Klar, Über angeborenen Hallux valgus. Deutsche Zeitechr. f. orth. Ghir. XIV. 2.
2. ZesaSy Zum angeborenen Halluz valgus. Deutsche Zeitschr. f. orth. Ghir. XV. 1.
Klar (1) teilt einen Fall von angeborenem Hallux valgus mit, welcher
besonderes Interesse verdient. Bei einem 35 Jahre alten St^inhauer wurde
nebensächlich dieses Leiden festgestellt. Das Röntgenbild gibt einen charak-
teristischen Überblick über das Verhältnis der Metatarsalia zu den Meta-
tarso-Tarsalgelenken. Die hier vorhandene Adduktionsstellung der Metatarsen
ist hochgradig am Metatarsus I ausgeprägt, aber auch sichtbar am H., IIL,
IV. und V. Metatarsus. Die Zehen stehen parallel und geben dadurch ein
Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem erworbenen Hallux valgus, bei welchem
die Zehen übereinander geschlagen sind. Bei drei lebenden Generationen
wurde die Deformität beobachtet, und zwar nur beim Genus femininum.
Zesas (2), veranlasst durch die Mitteilung Klars, publiziert einen sehr
seltenen F'all, welcher schon 1861 von Mauclaire beschrieben. Der Meta-
tarsus dig. II war gespalten, sandte medial und lateral einen Ast, wodurch
die Valgusstellung hervorgerufen.
X. Kongenitale Defekte.
1. Antonelli, Ein Fall von kongenitalem bilateralen Radiusdefekt. Zeitschr. f. orthop.
Chir. XIV. 2.
2. Geenen, Vorstellung angeborener Missbildungen. Berliner klin. Wochenschr. 1905.
Nr. 5. p. 132.
Schnitze, Verletzangeii und chirnrg. Krankheiten der unteren Extremität. 1169
3. RoskoBchny, Ein Fall von angeborener, vererbter Verbildnng beider Knie- und
Ellen bogengelenke. Deutsche Zeitschr. f. Ohir. 1905.
4. Wieainger, Kongenitaler Defekt der Fibula. Münch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 27.
5. *Young, Congenital absence of the tibia. Univ. Penn. med. Bull. Nov. 1904.
Antonelli (1) gibt im Anschluss an einen Fall — 5 Monate alter
Knabe — eine ausführliche Mitteilung über die Literatur, insbesondere über
therapeutische Massnahmen. Neben bilateraler Klumphand, bedingt durch den
Radiusdefekt, bestand eine Hypospadia penis ; Hemia inguino-scrotalis dextra
congenita, angeborene Pedes plani vasi. 114 Fälle hat Antonelli aus der
Literatur zusammengestellt, 60% männlich, 29% weiblich, 55 mit einseitigem
und 46 mit beiderseitigem Defekt. Man nimmt einstweilen an, dass es sich
am ein Stehenbleiben der Entwickelung auf einer sehr frühen Stufe des Em-
bryo handelt (Hoffa). Therapeutisch wurde von Antonelli die UIna ge-
spalten bis zum oberen Drittel, so dass der radial gelegene Knochen in
seiner Gelenkfläche der Radiusbreite entsprach. Der ulnarwärts gelegene
Knochen blieb in loco und wurde nur geknickt, zwecks Korrektur der Hand-
stellung, wodurch Tenotomien unnötig. Golddrahtnähte. Implantation von
Muskel zwischen die gespaltenen Knochen.
Coenen (2) demonstriert 3 Fälle von Missbildungen:
1. '/ijähr. Mädchen mit Verlust des rechten Fusses durch amniotische
Autoamputation. Es besteht ausserdem eine tiefe amniotische Schnürfurche
im unteren ^/s des rechten Unterschenkels, so dass dieser Teil als Fuss im-
poniert, zumal derselbe noch elephantiastisch entartet ist. Die Schnürfurche
geht bis auf den Knochen und hat eine stumpfwinklige Stellung des peripheren
Teils bewirkt.
Der Fall ist ausserdem kompliziert mit totaler Synechie der Finger
der rechten Hand mit linksseitiger Hasenscharte und doppelseitigem
Wolfsrachen.
2. Ein Kind mit Totaldefekt des rechten Armes. Phokomele. Die
missbildete Hand, deren Daumen fehlt, sitzt direkt der Schulter an.
Wiesinger (4) stellte im Hamburger Ärzteverein einen 12jährigen
Jungen vor, welcher die Tibia gebrochen hatte. Nachdem nach Ablauf eines
Jahres eine Konsolidation nicht eingetreten war, wurde ein gestielter Periost-
knochenlappen von der Tibia der anderen Seite mit ausgezeichnetem Resul-
tate verpflanzt.
Roskoschny (3) beobachtete ein angeborenes Genu valgum bei Vater
und Sohn, entstanden dadurch, dass der grosse innere Kondylus vollkommen
isoliert war und keilförmig zwischen Femur und Tibia artikulierte. Zugleich
bestand bei beiden Patienten eine angeborene Luxation des Radiusköpfchens.
JahiMberieht für Chirurgie 1005. 74
1170 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. TeiL
Yerletznngen der Knochen nnd Gelenke der unteren Extremität.
Referent: A. Borchard, Posen.
1. Allgemeines.
1. *6hiulainila, J., Die PriDzipien der modernen portativen orthopftdiachen Apparate.
Reyista SUiotzelor Medicale. Nr. 8. p. 1135 (ram&nisoh).
2. Legal, Lagerungsapparat zur Behandlung von Gelenkerkrankungen und Frakturen der
unteren Extremität. Zeitschr. f. orth. Ghir. 1905. Bd. U. p. 705.
3. ^Wellenberg, Über Gehverband. Zeitschr. f. ärztl Fortbildung 1905. Nr. 24.
Legal (2) hat einen einfachen Lagernngsapparat znr Behandlung von
Gelenkserkrankungen und Frakturen an der unteren Extremität konstruiert
Dasselbe war ursprünglich für Kinder bestimmt, hat sich aber auch bei Er-
wachsenen gut bewährt und war auch sehr zweckmässig für die Lagerang
von Erwachsenen mit grossen Weichteilwunden. Die genauere Beschreibung
des Apparates ist nur an der Hand der beigefügten Abbildungen verständlich
und muss im Original nachgesehen werden.
2. Frakturen und Luxationen im Bereich des Beckens,
1. ^AthanasescUyN., Ein Fall von Beckenfraktur mit interner Hämorrhagie. Laparo-
tomie. Ligatur der Iliaca interna. Genesung. Spitalul. Nr. 4. p. 80 (rumftnisch).
2. Cohn, Über isolierte Ruptur der Symphysis oss. pub. Bruns Beitr. 45. Bd.
S. Gonstantinescu, Linke Pubisfraktur, Verwundung der Arteria gastrica durch Trsama.
Revista de Chirurgie. Nr. 4. p. 182 (rumänisch).
4. — Linksseitige Pubisfi-aktur, traumatische Wunde der linken Arteria bypogastrica.
Revista de Chirurgie. Nr. 4. s. 182 (rumftoisch).
5. *Gabourd, Fracture vertica le du bassiu. Lyon mdd. 1905. Nr. 51.
Der Fall Constantinescus (3) und Athanasescus (1) ist ein und
derselbe Fall. Es handelte sich um einen 16jährigen Jungen, der zwischen
zwei Fässer zerdrückt war. Man konstatierte eine Geschwulst der linken
Fossa iliaca, die sich schnell vergrösserte mit Symptomen einer inneren
Hämorrhagie. Bei der Operation Hämatom unter der Haut und noch ein
grösseren unter dem Peritoneum. Ligatur der Arteria bypogastrica. Pubis-
fraktur links, Krachen.' Genesung nach zirka fünf Monaten.
Stoianoff (Vama).
Bei einem 16jährigen Bursche, welcher zwischen zwei Fässer zerdrückt
war, konstatierte Constantinescu (4) Parese der unteren Extremitäten,
Schmerzen und Krachen durch Bewegung des Beckens, in der linken Fossa
iliaca matte immer zunehmende Geschwulst. Laparotomie, enormes sub-
kutanes Hämatom, Blut im Peritoneum, Entleerung durch Inzision des Peri-
toneums posticums, Sutur, Ligatur der Arteria bypogastrica. Genesung.
Stoianoff (Vama).
Unter isolierter Symphysenruptur der Schambeine versteht Cohn (2^
diejenige Verletzung des Beckenringes, bei der ohne jede Mitbeteiligung des
knöchernen Beckens ein Auseinanderreissen der beiden Ossa pubis in der
Symphyse stattgefunden hat. Er teilt einen derartigen Fall eigener Be-
obachtung mit und fügt 13, resp. 14 Beobachtungen aus der Literatur in
extenso bei. In den meisten Fällen wird man mit einer konservativen Be-
handlung auskommen.
Borchard, Verletzangen and chirurg. Krankheiten der unteren Extremität. 1171
S. Luxationen im Hüftgelenk«
1. ^Balow-Hansen, Behandlang der Laxatio coxae congenita. Norsk Mag. f. Liege-
vid. 1904. Nr. 12.
2. Calot, La laxation de la hanche. Arch. prov. de Ghir. 1905. Nr. 12. D4c.
2a.*Dell Greco, T., Luaaazione ileo-pabica da caasa diretta. La clinica modema 1905.
rase. 6. (Klinischer Fall.)
3. ^Fridon, De la coexistence relativement fräquente de la luxation congönitale de la
hanche et de cette da genou en av^ant. Rev. d'Orth. 1905. Nr. 6.
4. *JoDon, Laxation pathol. de la hanche. Rev. d'Oi-th. 1905. Nr. 6.
5. Malier, Frederick, Bloodless repoaition of tbe congenital dialocated hip Joint versus
arthrotomy. The joam. of the Amer. Med. Ass. 1905. June 17.
5a.Mn8catello, G., Sulla riduzione cruenta della lussazione patologica deir anca.
Bollettino della Sodetä Medico-chirurgica di Pavia 1905.
5b. ^Provera, Un caso di lussazione perineale delF anca. Gazetta degli ospedali e delle
cliniche 1905. Fase. 54. (Klinischer FalL)
6. Riedel, Die Reposition der Luxat. obtur. Zeitschr. f. Ghir. Bd. 79.
7. Simon, Ober Laxat. fem. centr. Brans Beitr. 45. Bd.
8. Tschmarke, Ein Fall von doppelseitiger traumatischer Hüftgelenksluxation. Monats-
schrift f. Unfallheilk. a. Invalidenwesen 1905. Nr. 7.
Eine Streitfrage (5), ^-elche für Deutschland, Frankreich und Italien
entschieden zu sein scheint, ist in Amerika wieder aufgelebt. Eine kürzlich
erschienene Veröffentlichung von Sherman rechtfertigt eine Vergleichung
der unblutigen, gegenüber der offenen Reduktion der kongenitalen Hüft-
gelenksverrenkung. Die Misserfolge, welche Lorenz bei einem Teil seiner in
Amerika auf unblutigem Wege operierten Kranken hatte, beruht einmal darauf,
dass ihm ungeeignete Fälle zur Verfügung gestellt wurden, um die Methode
der Einrenkung zu demonstrieren, und darauf, dass die Nachbehandlung von
den verschiedensten Chirurgen nicht in einheitlicher Weise geleitet wurde.
Die Tatsache, dass bei Inzisionen der Kapselhals meist enger ist, als der
Umfang des Gelenkkopfes, beweist nicht, dass dieser enge Hals durch Mani-
pulation nicht hätte erweitert werden können. Ein gutes anatomisches Re-
sultat ist nicht die Hauptsache. Das Resultat einer vollkommenen blutigen
Reposition wird sehr häufig durch die nachfolgende Ankylose vollständig zerstört,
so dass namentlich bei doppelseitiger Reposition, die Kranken nach der Ope-
ration sehr viel schlechter daran sind, als vor derselben. Die der unblutigen
Methode yorgeworfenen Unfälle, Hämatome, Frakturen und Kapselzerreissungen
lassen sich vermeiden, wenn die Altersgrenzen nicht überschritten werden
und der Operateur die nötige Erfahrung hat. Die durch Peroneusverletzung
bedingte Paralyse, der häufigsten der Lähmungen, ist bei der unblutigen
Methode leicht zu vermeiden, weil hier das Knie in Flexionsstellung im Ver-
band liegt, während es bei der blutigen gestreckt gehalten wird, und damit
den Nerven dehnt Die von Sherman angeführten Statistiken sind ver-
altet. Neuere Statistiken geben ^/s anatomische Kuren und von dem Rest
zeigen eine grosse Anzahl sehr gute funktionelle Resultate. Die Resultate
hängen sehr von der Nachbehandlung ab. Maass (New- York).
Riedel (6) teilt fünf Fälle von Luxatio obturator. mit; bei einem ver-
alteten Falle gelang die Reposition trotz Abmeisseln des Pfannenrandes erst,
nachdem der von hinten um den Oberschenkel gelegte Arm bei abduzierten
und leicht flektierten, aber kräftig extendierten Bein einen starken Ruck
nach aussen ausgeführt hatte, wobei die linke Hand gleichzeitig einen Druck
auf das Knie nach innen ausübte. In den drei frischen Fällen gelang diese
Methode — Zug in der Richtung des flektiert und abduziert stehenden Beines,
74*
1172 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teü.
starker Ruck durch den von hinten her um das obere Ende des Schenkels
gelegten Arm nach aussen — ausgezeichnet.
Muscatello (5a) teilt einen Fall mit von supra-kotyloidealer Luxation
des Femur nach akuter eitriger Synovitis, deren Ursprung wahrscheinlich in
Pneumokokken lag, bei einem vierjährigen Kinde. Nach ungefähr drei
Monaten griflf Verf. ein und nahm die blutige Reduktion des luxierten Femur
vor. Nach weiteren drei Monaten nach dem Operationsakt wurde das Kind
in gutem Befinden und fähig ziemlich gut zu gehen, da es zum grossen Teil
die Bewegungen des kranken Beines wieder erlangt hatte, ans dem Spital
entlassen. In der kurzen Kritik, die sich an die klinische Darlegung des
Falles anschliesst, schliesst Muscatello dahin, dass man in den Fällen von
pathologischer Hüftgelenksluxatlon nicht allzusehr auf den Versuchen einer
unblutigen Reduktion, die häufig recht gefahrlich sei, bestehen dürfe, während
man zufrieden stellende Resultate von einem mit rigoroser Technik durch-
geführten blutigen Eingriff erwarten könne. Er glaubt, dass ein günstiger
Umstand für den guten funktionellen Erfolg der Operation in seinem Falle
auf der Heilung der Operationswunde durch primäre Verwachsung beruhe,
wodurch grosse und unregelmässige Narben, die häufig die Ursache von An-
kylosen sind, vermieden wurden. R. Giani.
Calot (2) hat vier Fälle von Hüftluxation bei Kindern im Alter von
1 — 6 Jahren beobachtet und bespricht deren Diagnostik.
Tschmarke (8) berichtet über einen Patienten, der durch Überfahren-
werden durch die Strassenbahn neben anderen Verletzungen eine Luxatio
obturatoria der einen und eine Luxatio iliaca der anderen Seite erlitten
hatte. Die Reposition des letzteren gelang durch Zug, indem der Fuss des
Operateurs gegen den Damm gestemmt wurde, die Reposition des Luxatio
obturatoria gelang nach einigen rotierenden Bewegungen nach der Koch er-
sehen Methode. Gutes funktionelles Resultat.
Simon (7) teilt einen Fall von Luxatio centralis femor. mit und geht
im Anschluss daran auf eine genaue Besprechung der Literatur ein. Er
hält nach deji bisherigen Beobachtungen keine Berechtigung für vorliegend,
die Luxat. cent. femor. als ein wohl charakterisiertes, selbständiges Krank-
heitsbild aufzufassen. Sie ist wie die meisten Pfannenbrüche eine Teiler-
scheinung der verschiedensten Beckenfrakturen und das Hindurchtreten des
Schenkelkopfes durch die Pfanne wohl fast immer eine sekundär hinzu-
kommende Komplikation. Aus diesem Grunde erscheint es auch nicht zweck-
mässig, gewisse Typen aufstellen zu wollen.
4t. Frakturen des Schenkelhalses.
1. Ewald, Behandlung des Schenkelhalsbruches. Wiener klin. Randschaa 1905. Nr. 40.
2. Gaudier, A propos de la coza vara traumatique etc. Bull, et m^m. de la Soc. de
Ghir. de Paria XXX, 40.
3. Hesse, Ober Schenkelhalsbrache im jugendlichen Alter. Beiträge zur pathologischen
Anatomie und zur allgemeinen Pathologie. Siebentes Supplement Festschrift fOr Prof.
Arnold.
4. Ito, Operative Behandlung der intrakapsul&ren Schenkelhalsfraktoren. Zeitschr. f&r
Chir. 1Ö05. Bd. 78.
5. Kob, Über Schenkelhalsfrakturen. Deutsche militflrftrztl. Zeitschr. 1905. Heft 10.
6. *Manl e y , Intra-capsular fracture at the hip Joint etc. New York med. journ. 29. X. 1904.
Ref. in The med. Chron. 1905. Jan.
7. Monsarat, Über eine Schenkelhalsfraktur bei einem an Hämophilie leidenden Kinde.
Allgem. Wiener med. Ztg. 1905. Nr. 38.
Borchard, VerletzuDgen und chirarg. Krankheiten der unteren Extremität. 1173
& *Senn,Nichola8» Differential diagnoais between coxa vara and other static, inflam-
malory and traumatio affections of tbe hip Joint. The jonm. of the Amer. Med. Ass.
1905. June 10.
9. Niolini, Ein Fall von Fraktur des Randes der rechten Eotyloidkavitftt. Revista de
Chirurgie. Nr. 4. p. 171 (rumftnisch).
10. Schwartz, Snr nn cas de coxa vara traumatiqne. Soc. de Chir. 1905. Nr. 28.
Gaüdier (2). Ein 13 jähriger Knabe hatte vor 3 Jahren durch Fall
eine Schenkelhalsfraktur erlitten, welche in Form der Coxa vara mit schweren
funktionellen Störungen zur Ausheilung gekommen war. Es wurde die Osteo-
tomie im Schenkelhals gemacht und die beiden Knochenflächen durch Silber-
draht in richtiger Lage fixiert. Das funktionelle Resultat war ein gutes.
Nach Kob (5) werden die Ursachen für die Entstehung von Schenkel-
halsfrakturen am besten in drei Kategorien eingeteilt. Bei der ersten (Fall
auf die Füsse) wird der Bruch am schwächsten Punkt des Bogens d. h. an
seiner Übergangsstelle in den Kopf erfolgen, bei der zweiten (Fall auf die
Seite) wird die Insertion des Halses in die Trochanterpartie gebohrt. Bei
der dritten Kategorie (aktiver Muskelzug, Bänderspanhung) kommen Riss-
frakturen des KoUum an der Stelle der Trochanterinsertion. Im Anschluse
hieran teilt Kob zwei Fälle von Schenkelhalsfrakturen im jugendlichen Alter
(Soldaten) mit, von denen der erste einen Querbruch des Collum femoris an-
scheinend an seinem Ansatz an die Trochanterpartie infolge von einfachem
Fall anf die Seite bildete, während es sich bei dem zweiten Falle um einen
Rissbruch des Schenkelhalses am Trochanteransatz mit starker Dislokation
und Einkeilung infolge von Spannung der Lig. Bertini handelte.
Bei der Behandlung der Schenkelhalsbrüche erreicht Ewald (1) die
Abduktionsstellung dadurch, dass er das im Knie in Überstreckung gehaltene
Bein gegen die Brust eines Gehilfen oder gegen eine feste Unterlage an-
stemmen lässt und nun an der kranken Seite eine starke Extension ausübt,
bis das Bein scheinbar 3 — 4 cm verlängert ist. In dieser Stellung wird ein
bis über die Taille und zur Mitte des Unterschenkels reichender Gipsver-
band angelegt, der zirka 6 Wochen liegen bleibt. In diesem kann der Pat.,
nachdem unter den gesunden Fuss eine 2 — 3 cm hohe Sohle gelegt ist, herum-
gehen. Die hohe Sohle an der gesunden Seite wird 3—6 Monate getragen.
Bei dicken Leuten lässt sich ein Gipsverband nicht anlegen. Hier wird eine
Extension an beiden Beinen in starker Abduktionsstellung angelegt. Nach
4—8 Wochen geht Pat. mit erhöhter Sohle am gesunden Bein umher.
Ito (4) berichtet über 6 Fälle von nicht konsolidierten ;,Fractura colli
femoris subcapitalis^. Es wurde bei allen das Knochenfragment exzidiert,
wodurch ein mehr oder weniger befriedigender Erfolg erzielt wurde. Nur
einer ging am 11. Tage nach der Operation an Lungenödem etc. zugrunde.
Ob der Eingriff als solcher berechtigt ist, sucht Ito durch Tierexperimente
nachzuweisen. Die unvollkommene intrakapsuläre Fraktur heilt fest. Unter
5 Fällen von vollkommenen intrakapsulären Frakturen wurde nur in einem
Falle eine solide Vereinigung konstatiert, was vielleicht durch die Verwach-
sung der Kapsei mit der Bruchnarbe bedingt war. Von 15 Fällen vollkom-
mener intrakapsulärer Frakturen mit Knochennahtanlegung gingen 5 an In-
fektion zugrunde, bei den übrigen 10 war keine knöcherne Vereinigung nach-
träglich zu finden.
Auf Grund dessen empfehlen die Verfasser die Exzision des Kopfes als
die allein berechtigte Operation, sobald die Diagnose gesichert ist.
1174 Jahresbericht ffir Chimrgie. II. Teil.
Monsarrat (7) berichtet über einen Fall von Schenkelfraktor bei
einem 8jährigen Knaben, dessen Hämophilie erst daraus erkannt wurde,
dass bei Palpation der Art. radialis ein blauer Fleck an der Stelle der Pal-
pation entstand. Sonst hätte man die ständig zunehmende Geschwulst an
der Bruchstelle im Verein mit dem hohen Fieber für eine Entzündung ge-
halten. Die Heilung der Fraktur erfolgte tadellos; die Konsolidation trat
eher früher auf, als es gewöhnlich der Fall ist.
Hesse (3) teilt 5 Fälle von Schenkelhalsbrücben im jugendlichen Alter
mit. Es zeigte sich als ätiologisches Moment immer nur ein mittelschweres
Trauma. In einem Falle Hess sich ein sicheres Trauma überhaupt nicht
nachweisen. Zu Beginn war dreimal eine völlige Funktionsunfähigkeit über-
haupt nicht vorhanden, in 5 Fällen liegt die Möglichkeit vor, dass es zur
kompletten Fraktur erst durch nochmaliges Auftreten auf das im Schenkel-
hals infrakturierte Bein gekommen ist. Die resultierende Funktionsfähigkeit
war gut, jedoch scheint Neigung zu sekundärer Verkürzung infolge Belastung
des geschädigten Schenkelhalses vorhanden zu sein.
Die objektiven Veränderungen bestanden in Verkürzung des Beines mit
entsprechendem Hochstand des Trochanter, Beschränkung der Abduktion und
Innenrotation. Das distale Bruchende rückt am zentralen in die Höhe, wäh-
rend letzteres eine Drehung in der Weise eingeht, dass der untere Teil des
Schenkelkopfes aus der Pfanne tritt und die Epipbysenlinie des Kopfes sich
steiler stellt. Schwierig war die Differentialdiagnose gegenüber der Coxa vara
stativa und der Arthritis def., welche sich bei jugendlichen Individuen ge-
legentlich mit den Frakturen im Schenkelhalse zu komplizieren scheint. Die
Bruchlinie sass viermal lateral von der Epipbysenlinie, einmal war der eigent-
liche Schenkelhals völlig intakt. Der dritte Fall zeigte eine vorwiegende Be-
teiligung des Gelenkes. Die Epipbysenlinie zeigte erhebliche, posttraumatische
Veränderungen, die mit einer Lockerung oder Lösung derselben in Zusammen-
hang gebracht werden dürfte.
Hesse empfiehlt vorwiegend konservative Therapie. Den Schluss der
sehr fleissigen und lesenswerten Arbeit bildet eine statistische Übersicht über
46 Scbenkelhalsbrüche bei Individuen von 1 bis 18 Jahren. Sie betreffen
27 Knaben, 19 Mädchen. Dem ersten Dezennium gehören 16, dem zweiten
30 Fälle an, die sich mit einer Ausnahme auf das 13. — 18. Lebensjahr ver-
teilen. 32 Fälle wurden als reine oder vorwiegend traumatische Epiphysen-
lösungen aufgefasst.
Schwartz (10) teilt die Krankengeschichte eines 20 jährigen Menschen
mit, der durch den Fall auf einer Treppe eine Fraktur des Schenkelhalses
erlitten hatte. Hieraus resultierte eine Stellung, welche genau der Coxa vara
entsprach.
Im Falle Nicolini (9) entstand die Fraktur des Kotyloidrandes bei
einem 43 jährigen Manne durch Pferdekniehieb , Schmerzen im Trochanter,
anormale Bewegung nach oben des Trochanters samt Caput femoris, Krepi-
tation am Kotyloidrande. Extension nach Volk mann. Konsolidation nach
54 Tagen. Stoianoff (Varna).
5. Frakturen des Oberschenkels.
1. Börard-Thövenot, Fractures sus-condyliennes de f^mar chez Tenfant. Lyon n^.
1905. Nr. 5. p. 211.
2. Deibet, Appareil de niarche pour fracture du fömur. Soc. de chir. 1905. Nr. 33.
Borehsrd, Verletiungen and ohtnirg. Krankheiten der unteren ExtremitAt. 1175
3. Froelichp Traitement des fraotoree de eoisse ohez le noorriason. La PresaemM. 1905.
Nr. 72.
4. *Gangolphe, FractureB da fömor. Lyon möd. 1905. Nr. 58.
4a. Ghillini, II diatacco epifiaario. Atti della Societä italiana di chirargia V. 18. Roma
Tipogr. Artero.
<5. Liniger, Heilreanltate bei OberachenkeJbrachen. Deataohe med. Wochenschr. 1905.
Nr. 4. p. 166.
€. Ponsy Consolidation Ticieaae de denx f^mnrs. Soc. anat 1905. Nr. 7. p. 647.
7. Ware, The treatment of fracturea of the femnr. Annale of 8arg. 1905. Aug. Nr. 2.
Trotzdem es sich um schwere, komplizierte Fälle handelte, gelang es
Birard (1) und Thövenot doch, in den drei mitgeteilten Krankenge-
schichten, welche Patienten im kindlichen Alter betrafen, dorch starke Ex-
tension bei snprakondylären Oberschenkelfraktnren ein gutes Resultat zu
erzielen.
Liniger (5) spricht über die funktionellen Resultate von 300 von
ihm untersuchten und begutachteten Fällen von Oberschenkelbrüchen. Nur
15 Fälle — also 5®/o — wurden voll erwerbsfähig. In etwa 25®/o war durch
Extensionsanstand eine Lockerung des Bandapparates am Knie eingetreten.
Bardenheuer verweist in der Sitzung auf die Arbeiten seiner Schule.
Delbet (2) demonstriert in der Soci^te de Chirurgie einen Patienten
mit Fraktur in der Mitte des Oberschenkels, der mit Apparat sehr gut ging.
Die daran sich anschliessende kurze Diskussion ist ohne Literesse.
Pons (6). Bei einer Geisteskranken waren die Fragmente der beiden
Oberschenkelfrakturen mit Deformität zur Heilung gekommen, da die Pat.
die Verbände abriss. Die Autopsie ergab am rechten Oberschenkel eine
Kommunikationsfraktur derartig, dass das obere Fragment nach innen stand,
xmd bedeckt wurde von einem anderen Bruchstück. Das untere Bruchstück
wurde von diesen beiden bedeckt und war verwachsen mit der äusseren Ober-
fläche des oberen Bruchstückes. Der linke Oberschenkel zeigte eine einfache
Fraktur. Das obere Bruchstück ritt auf der äusseren Fläche des unteren
und war mit ihm durch einen festen Callus vereinigt.
Ghillini (4a) berichtet über einen Fall von Loslösung der unteren
Epiphjse des Femur bei einem 14jährigen Jüngling, der ohne Deformität zur
Heilung kam; doch ist der Femur um 2Vt cm verkürzt geblieben. Bei Ver-
suchen an Kaninchen sah er bei echten Loslösungen stets eine Verkürzung,
die der Intensität der Läsion proportional war und mit dem Wachsen des
Tieres abnahm. R. Giani.
Ware (7) empfiehlt als Verband bei Oberschenkelfrakturen einen
Triangel, dessen eine Seite am Thorax bis zur Skapula heraufreicht, dessen
anderer Schenkel rechtwinkelig zu dem ersten der Länge des Oberschenkels
entspricht. Der Triangel wird durch Gaze und Organtinbinden befestigt.
Zur Behandlung der Frakturen des Oberschenkels bei Kindern im Alter
von bis zwei Jahren empfiehlt Froelich (3) zwei Arten von Verbänden. Bei
dem ersten wird das ganze Kind auf eine Holzschiene gelagert, bei dem
zweiten das Bein aurch fixierenden Verband in Abduktion und Extension
fixiert.
6. Knie.
1. Bennetty A lecture on recurrent effusion ioto the knee-joint after injury. Lancet
7. I. 1905.
2. Flint, Carlton F., A study of infection of the knee-joint based npon an analysis
of 310 caaes. Annais of surgery 1905. October.
1176 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Bennett (1) berichtet über 750 Beobachtungen von reknrrierenden
traumatischen Ergüssen in das Kniegelenk. Der Arbeit sind Tabellen, Ab-
bildungen beigefügt, so dass auf das Original verwiesen werden mnss.
7. Luxation der Patella.
1. Cheesman, William S., Dislocation of the patella, with rotation on its horizoDtal
aziä. Annais of surgery 1905. Janaary.
2. Eroner, Luxation der Patella. Deatsche med. Wochenschr. 1905. 25
Krön er (2) teilt einen sehr interessanten Fall mit, bei welchem bei
der wegen irreponibler Luxation der Patella vorgenommenen Operation es
sich zeigte, dass die Kniescheibe in ihrer Fläche durchgebrochen war, so
dass das eine Fragment nur aus der Knorpeltiäche, das andere aus der kon-
vexen Knochenfläche bestand. Das Bruchstück, das die Knorpelfläche ent-
hält, ist so eingekantet, dass es sich mit seinem lateralen Rande am Con-
dylus externus festgehackt hat, während die überknorpelte Fläche schräg
aufwärts nach oben sieht. Durch Zug und gleichzeitigen Druck von aussen
Hess sich das Bruchstück reponieren und die beiden Bruchstücke wurden
durch Nähte gegeneinander fixiert. Die Entstehung wird wohl so zu erklären
sein, dass bei dem schnellen Laufen eine vollkonmiene Luxation nach aussen
entstand, die Patientin dann auf die luxierte Patella fiel, wodurch die Fraktur
erfolgte. Das Knorpelstück blieb am Condylus externus festgeheilt, während
das konvexe Bruchstück in seine annähernd normale Lage zurückkehrte.
8. Streckapparat des Rnlees.
1. Bockenheimer, Die blutige Behandlung der Querfraktor der Patella. Langenbecks
Arch, 78. Bd.
2. Cauthier, Gal spontan^ de la rotule sans ^cartement appr^eiable. Lyon mM. 1905.
Nr. 48. p. 627.
3. Ghiari, Zwei Fälle von Kniegelenksargyrie nach mit Silberdraht genähter Patellar-
fraktur. Prager med. Wochenschr. 1905. Nr. 3. p. 35.
4. *Comminnted fracture of patella treated etc. Brit. med. Joum. 14. L 1905. p. 75.
5. Doberauer, Die Behandlung der Patellarfraktur. Bruns Beitr. 46. Bd.
6. Göllner, Über die Grösse der Unfallfolgen bei unblutiger und blutiger Behandlung
der subkutanen Querfraktur der Patella. Strassb. med. Zeitung 1905. 7. Heft
7. Hamilton, Fractured patella. Med. Press 1905. Dec. 13. p. 617.
8. MouUin, Fracture of the patella. Lanoet 1905. Sept. 23. p. 879.
9. Oehlecker, Patellafrakturen. Langenbecks Arch. Bd. 77. Heft 3.
10. *Renterskiold, Deux cas de fract. de la rotule etc. Ref. in Arch. gön. de mM. 1905l
Nr. 1. p. 52.
11. Thiem, Über einfache (subkutane) QuerbrQche der Kniescheibe. Langenbecks
Arch. 77, 3.
12. — Subkutane Querbrüche der Kniescheibe. Zentralbl. f. Chir. 1905. Nr. 30.
13. Trendelenbnrg, Die Erfolge der Knochennaht bei Kniescheibenbrachen. Ther. der
Gegenwart Jan. 1905.
Oehlecker (9) berichtet aus der Abteilung Kört es über die Resul-
tate der Behandlung der Patellarfrakturen. Es wurden 24 Fälle mit Masr
sage, Heftpflasterverbänden, 11 mit perkutaner Naht, 25 gleich nach der
Verletzung mit oflfener Naht behandelt. Ausserdem wird über 4 kompli-
zierte Patellarfrakturen, 5 Retrakturen und eine alte Patellarfraktur be-
richtet. Nach Oehlecker ist die unblutige Behandlung der subkntaneD
Kniescheibenbrüche nur in den Fällen anzuraten, wo nur eine geringe Dia-
Borchard, Verletzungen nnd Chirurg. Krankheiten der unteren Extremität. 1177
siase Torhanden ist und bei denen der Reservestreckapparat, d. h. die seit-
liche Faszie nicht mitzerrissen ist. In den anderen Fällen ist aber die offene
Naht dasjenige Verfahren, mit dem man die besten Resultate erzielt. Dringend
anzuraten ist dies bei Patienten, die schwere körperliche Arbeit verrichten
müssen. Wenn auch gute funktionelle Resultate zuweilen bei ligamentöser
Vereinigung vorkommen, so ist dies doch selten. Das Ziel der Behandlung
wird immer die feste knöcherne Vereinigung bleiben müssen. Die gute Funk-
tion hängt wesentlich vom fieissigen Gebrauche der Extremität ab.
Der Patient Gau thi er s (2) merkte nach einem Fall aus der Höhe von
Vh m, dass er sich eine Beschädigung der Kniescheibe zugezogen hatte. Er
machte keinerlei Anstrengung, sich zu erheben. Infolge dessen kam es zu
keinem Auseinanderweichen der Bruchenden, der Bruch heilte mit geringer
Kallusbildung und 40 Tage nach der Verletzung konnte Patient wieder voll-
kommen gehen.
Göllner (6) berichtet über die vom Augast 1894 bis April 1905 in
der Strassburger Klinik zur Behandlung gekommenen Fälle von Kniescheiben-
bruch. Unter den 28 Fällen von Verletzungen des Kniestreckapparates waren
3 mit Wunden komplizierte Frakturen, 4 Zerreissungen der Lig. patellae oder
des Quadrizeps und 21 subkutane Kniescheibenbrüche. 5 von diesen kamen
erst spät in die Behandlung. Es wurde operativ vorgegangen, wenn die
Untersuchung mehr als 2 Knochenfragmente ergab und wenn Strecklahm-
heit bestand. Die konservative Behandlung bestand in Hochlagerung, kom-
primierenden Gummibindeneinwickelungen, Eisbehandlung. Nur in 4 Fällen
wurde punktiert. Operativ wurden 6 behandelt, die übrigen 15 unblutig.
Die Operation wurde gewöhnlich 8 Tage nach der Verletzung vorgenommen.
Die Ergebnisse der Nachuntersuchung werden dahin zusammengefasst, dass
die Knochennaht bei korrekter Ausführung keine gefährliche Operation ist.
Trotzdem dieselbe nur in den schwersten Fällen vorgenommen wurde, hat sie
anatomisch wie funktionell fast immer ausgezeichnete Resultate geliefert.
Die unblutige Behandlung kann in jeder Beziehung befriedigende Ergebnisse
bringen. Knöcherne Verheilung und völlig normale Funktion sind nach der-
selben möglich. Auch bei weitem Klaffen der Fragmente kann die volle
Funktionstüchtigkeit des Beines wieder erlangt werden. In den meisten der
in Betracht kommenden Fällen ist aber nur eine mehr oder weniger hoch-
gradige Funktionsstörung zurückgeblieben. Es ist demnach zur Zeit die ope-
rative Behandlung als das Normalverfahren bei der subkutanen Querfraktur
der Patella anzusehen.
Hamilton (7) hält die operative Behandlung der Patellarfrakturen,
die er immer anwendet^ für weit überlegen. Besonderes Gewicht ist zu legen
auf die Vermeidung jeder Infektion und gründlichste Entfernung der Blut-
gerinnsel. Die transversale Vereinigung der Fragmente durch Draht ist der
vertikalen Vereinigung vorzuziehen.
Nach Doberaner (5) scheint es günstiger bei der Behandlung der
Patellarfrakturen ein so gut wie sicheres Resultat durch die Naht anzustreben.
Dieselbe beruht auf der zuverlässigen Wiedervereinigung und der Möglichkeit
durch frühzeitige Übungen des Streckmuskels und Gelenkes Atrophie und
Versteifung zu vermeiden. Jedoch sind die Indikationen zur offenen Naht,
abgesehen von frischen komplizierten Frakturen, keine unbedingten, sondern
abhängig von Erwägungen betreffend Alter und Konstitution des Patienten
einerseits, sowie Art der Fraktur (direkte oder Streckfraktur) andererseits.
1178 JahreBbericht fOr Chinirgie. IL TeiL
Nach Bockenheimer (1) wendet v. Bergmann seit dem Jahre 1893
bei der Querfraktur der Patella prinzipiell die Knochennaht an. Selbst wo
keine Diastase nachweisbar ist und keine Verletzung des Band- und Stre<;k-
apparates zu konstatieren war, ist die Indikation zum blutigen Eingriff ge-
geben. Derselbe wird innerhalb der ersten acht Tage nach der Verletzung
ausgeführt. Die Freilegung geschieht mit einem 8—10 cm langen Längs-
schnitt über die Mitte der Patella. Die Fälle, wo die Fragmente angefrischt
wurden, ergeben die idealste Heilung. Die Aluminiumbronzedrähte gehen
nicht durch das Gelenk. Bei Splitterbrüchen und Zertrümmerungsbrtichen
wird die Cerclage oder ein entsprechender Verband angewandt. Die Kapsel-
risse werden durch Catgutnähte vereinigt. An der medialen und lateralen
Seite des Gelenkes wird je eine Gegeninzision gemacht und hier ein Jodo-
formgazetampon bis zur Patella eingeführt. Gipsverband über die leicht ge-
beugte Hüfte bis zu den Fussspitzen. Nach acht Tagen Entfernung äes
Tampons und Nähte durch ein Fenster im Gipsverbande; 14 Tage nach der
Operation wird durch ein grosses Fenster der Quadrizeps zugänglich gemacht
und dann täglich unter Fixation der Patella massiert. Drei Wochen nach
der Operation wird der Beckengurt und die vordere Partie des Gipsverbandes
entfernt. Jetzt beginnt eine ausgiebige Massage und Bewegung der Patella
in der Längs- und Querrichtung, um eine Verwachsung derselben zu ver-
meiden. In der 5. --6. Woche steht der Patient auf. Bockenheimer
warnt vor der Mobilisation mit mediko-mechanischen Apparaten. In den 45
genähten Fällen war 40mal knöcherne Vereinigung eingetreten. In den fünf
blutig behandelten Fällen mit fibröser Vereinigung war in zwei Fällen keine
Anfrischung der Knochenfragmente erfolgt, nur einmal war nach derselben
fibröse Vereinigung eingetreten. Einmal war der Heilungsverlauf durch Tabes
kompliziert, einmal durch Lungenembolie, zweimal traten Refraktären ein.
Der eine Fall war 10 Jahre vorher anderswo genäht, der andere hatte zu
früh seine Beschäftigung als Kunstreiter wieder aufgenommen. Die Funk-
tionen waren bei 25 vollkommen normal.
In zwei Fällen von Patellarfraktui* mit Silberdraht waren die Bruch-
stücke nach Jahren bei der Sektion fast geheilt gefunden, aber trotz Ent-
fernung der Silberdrähte waren kleine Stücke zurückgeblieben und von diesen
war eine kleine, lokale Argyrose erfolgt, mdem sich das Silber gelöst und in
der Nachbarschaft in kleinen Partikelchen niedergeschlagen hatte. (Chiari[3i).
Trendelenburg (13) tritt auf Grund seiner glänzenden Resultate für
die offene Knochennaht der Kniescheiben brüche ein.
Thiem (11 u. 12) hat die nach den verschiedenen Behandlungsmethoden
erzielten Erfolge der Kniescheibenbrüche zusammengestellt. Wenn auch die
mechanische und Massagebehandlung ihren unverkennbaren Wert als früh-
zeitig einzusetzendes Hilfsverfahren zur '\'ermeidung der Versteifung der Ge-
lenke und Abmagerung der Streckmuskulatur besitzt, ebenso wie die früh-
zeitigen Gehversuche, so können diese Verfahren doch niemals zu einer
eigentlichen Heilung eines durch den ganzen Streckapparat gehenden Quer-
risses und Querbruches der Kniescheibe lühren. Kommen solche Heilungen
ohne Naht vor, so war der Streckapparat nicht völlig zerrissen und dasselbe
Resultat wäre auch ohne Massage erzielt. Die offene Naht ist auch in den
Fällen zu machen, in denen zwar keine Strecklähmung, wohl aber ein Klaffen
der Bruchstücke vorhanden ist. Die bindegewebige Vereinigung ist kein
günstiges Heilergebnis. Von 223 nicht genähten Fällen kamen nur 20 unbe-
Borehard, Verletzungen and chinirg. Krankheiten der unteren Extremität. 1179
strittene Heilungen vor. während von 46 frisch genähten Fällen 12 erwiesene
Heilungen eintraten. Es ist für die genähten Fälle nahezu das Dreifache,
praktisch mindestens das Doppelte an Heilungsprozenten erzielt, während die
nicht genähten Fälle den Berufsgenossenschaften nahezu das doppelte Opfer
an Zeit und Geld gekostet haben.
Während Moullin (8) in der weitaus grössten Zahl der 40 von ihm
behandelten Patellarfrakturen nach der subkutanen Methode Barkers ar-
beitete, ging er nachher, als ihm die Röntgenbilder, die meist fibröse
Vereinigung dieser Fälle zeigten, zu der offenen Behandlung über und näht
die Fragmente mit Silberdraht, der bis zur knorpeligen Oberfläche der Patella
ging, ohne dieselbe zu durchbohren. Die Resultate der letzten 12 ^/o behan-
delten Fälle waren gut.
9. Terletzungen der Semilunarknorpel, Kreuzbänder usw.
1. *FIint, Ca rieten P., Contusion and laceration of the mucous aud alar ligaments and
synovial frioges of the knee-joint. Annais of sargery 1905. September.
10. Unterschenkel.
1. Bennet, Fracture of the tibia. The Dublin Jonm. of med. Science 1905. Sept.
2. Jopson, Silver plate in fracture of the tibia. Ann. of Surg. 1905. Nov.
3. Khautz, Fibularfrakturen. Wiener klin. Wochenschr. 1905. Nr. 51.
4. Lamanroux, Gonseils ponr le traitement d'une fracture de la jambe. Presse raöd. 1905.
8 Jaili.
6. Lanz, Abrissfraktur des Fortsatzes der oberen Tibiaepiphyse. Wiener klin. Rund-
schau 1905. Nr. 83.
6. Lazaronin, Komminutive Unterschenkelfraktur. Spitalul. Nr. 5. p. 118. 2 Ruüio-
graphien (rumänisch).
6a.*Peras8i, Considerazioni suUa frattura tibiale (obliqna esterna). Giomale medico del
Esercito 1905. Fase. 2.
7. Sauer, Die Heilungsresultate der Jnterschenkelbrüche. Bruns Beitr. 46. Bd.
8. Schwartz, Entorses tibio-tarsiennes fracture de jambe. Rev. d'orthop. 1905. Nr. 6.
9. ^Sender, Die Unterschenkelbrüche etc. Diss. St. Petersburg. Ref. in Med. Blätter 1905.
Nr. 3. p. 86.
10. Vorschütz, Diastase der Unterschenkelknochen bei Distorsionen des Fussgelenkes.
Deutsche Zeitschr. f. Ghir. Bd. 80.
11. W harten, Fracture of the head of the tibia. Ann. of Surg. 1905. Oct. p. 613.
12. Wilkinson, The use of plaster of Paris splints in the treatment of fractures of the
log. Lancet 1905. Oct. 28. p. 1251.
13. *Winslow, Symmetrical inflaromation of the epiphyseal beak of the tibia. Annals
of sargery 1905. February.
14. Wittek, Erklärungsversuch der Entstehung der supramalleol. Längsfraktur der Fibula.
Bruns Beitr. 46. Bd.
Lamouroux (4) empfiehlt den möglichst frühzeitigen Beginn mit
Bewegungen an dem gebrochenen Bein. Nach jeder Sitzung wird das Bein
wieder in die Schiene gelegt.
Zur Beurteilung der Heilresultate der Unterschenkelbrüche unterzog
Sauer (7) das Material des Nürnberger Stadtkrankenhauses einer Revision.
Im Zeiträume von 1895 — 1902 kamen 530 Fälle zur Behandlung. Es gelang
jedoch nur von 111 Fällen durch die Berufsgenossenschaften Nachricht zu
erhalten. Die Ergebnisse sind folgende: Bei Unterschenkelbrüchen, die durch
einen Betriebsunfall herbeigeführt sind, tritt in 75 Vo aller Fälle nach durch-
schnittlich 16,4 Monaten die völlige Erwerbsfähigkeit ein. Von denjenigen
Verletzten, vrelche nicht schon vor der 14. Woche völlig erwerbsfähig ge-
1180 Jahresbericht fGlr Chirurgie. IL Teil.
worden sind, erlangten noch ca. 70 ^/o nach durchschnittlich 22,4 Monateni
die völlige Erwerbsfähigkeit. Neben der Art und Lage der Fraktur ist das
Lebensalter von weitestgehendem Einflüsse auf den Heilungseffekt. Im Alter
von 10 — 20 Jahren werden fast alle, von 21 — 39 Jahren ca. ^/e, von 31— 50»
Jahren ca. Vs— */«, von über 50 Jahren nur noch ^/s der Verletzten wieder
völlig erwerbsfähig. Während im zweiten Lebensdezennium zur vollkommenen
Wiederherstellung 14 Monate genügen, wird im vierten Dezennium schon ein
Zeitraum von 24 Monaten notwendig. Auch anfanglich sehr schwere Funk-
tionsstörungen, die zunächst häufig Renten von 60 — 80 ^/o notwendig machen,
werden häufig von jugendlichen Individuen nach mehreren Jahren voilkommen
überwunden. Die Bar den heuer sehe Extensionsmethode verspricht bessere
Heilungsresultate.
Wittek (14) glaubt, dass bestimmte Verhältnisse indem anatomischen
Bau der Fibula die Ursache sind, dass Gewalteinwirkungen, welche die Fibula
in ihrem unteren Teile treffen, die supramalieoläre Längsfraktur der Fibula
erzeugen. Das Wadenbein ist an seiner Hinterseite in seinem Bau viel
schwächer als an seiner Vorderseite. Am stärksten wird diese Ungleichheit
an einer Stelle, welche ungefähr 4 — 5 Querfinger über der Spitze des Mall,
extr. liegt. Während sie in leichten Fällen nur eine kurze Strecke in den
Knochen hineinzieht, kann sie auch bis in das obere Sprunggelenk reichen.
Immer aber ist der Verlauf ein schief nach vom absteigender, entsprechend
der starken Corticalis der Crista anterior, die gewöhnlich nicht durchbrochen
wird. Einen weiteren Einfluss glaubt Wittek der Gruppierung der Mus-
kulatur zuschreiben zu müssen.
Vorschütz (10) konnte bei Distorsion des Fussgelenkes eine Diastase
der Unterschenkelknochen konstatieren, indem er die Malleolen jedesmal ver-
breitert fand. Er gebrauchte hierzu die mit 12 cm langen Metallplatten
armierte Schublehre der Schreiner und Schlosser. Er legt grosses Gewicht
darauf, dass durch Richtigstellung erst die zerrissenen Bänder exakt heilen
und behandelt die schweren Distorsionen als wenn es sich um eine Fraktur
.handelte. Die Bar den heu er sehe Methode mit Extension scheint die Vor-
züge der Richtigstellung und frühzeitiger Bewegung miteinander zu vereinigen.
V. Khautz (3) berichtet über 16 Fälle von Fibulafrakturen. Nach ihm
deutet alles darauf hin, dass es nicht allein die mechanischen Bewegungen
des Knochensystems mit seinen Bändern sind, welche beim Überschreiten der
physiologischen Grenzen diese Fraktur erzeugen, sondern zum grösseren Teile
wahrscheinlich die forcierten und unkoordinierten Muskelaktionen.
Lanz (5) berichtet kurz über vier Fälle von Abrissfraktur des oberen
Fortsatzes der Tibiaepiphyse. Einen fünften Fall teilt er ausführlicher mit,
indem er sich bei seinen Auseinandersetzungen ganz auf den Boden der
Schlatt er sehen Veröffentlichung stellt.
Bennet (1) berichtet über eine isolierte Schrägfraktur der Tibia durch
indirekte Gewalt.
Wilkinson (12) beschreibt des Genaueren die Anwendung des Pflasters
of Paris bei der Behandlung der Frakturen des Unterschenkels und rühmt
die ausgezeichneten Erfolge bei der Einfachheit der Anwendung.
Jopson (2) erzielte in einem Falle von komplizierter Fraktur unter
Anwendung von Halsteds Silberschiene und Schrauben eine schnelle pri-
märe Vereinigung, die fast ebenso schnell erfolgte, als wenn es sich um eine
einfache Fraktur gehandelt hätte.
Borchard, Verletzungen and cfairarg. Krankheiten der unteren Extremität. 1181
Schwartz (8). Der aus der dritten Etage gestürzte Patient hatte am
linken Unterschenkel eine Fraktur im unteren Drittel, am rechten Unter-
schenkel eine doppelte Malleolenfraktur erlitten. Daneben bestand im linken
Bein ein starker Bluterguss. Die starke Schwellung beider Fiisse liess eine
genaue Diagnose nicht zu. Das Röntgenbild ergab links einen Bruch des
Calcanens und Talus, rechts des Calcaneus und eine starke Dehiszenz in den
beiderseitigen Gelenken mit dem Navikulare. Beiderseitige Redression in
Narkose. Gipsverband. Heilung mit gutem funktionellen Resultat.
W harten (11) teilt drei Fälle von Fraktur des Kopfes der Tibia mit.
Im ersten war durch Sturz vom Zweirad die Trennung der dreieckigen Par-
tien am äusseren Teil des Kopfes der Tibia erfolgt und das Fragment nach
oben and aussen verschoben mit Beteiligung des Kniegelenkes und des an-
liegenden Schleimbeutels. Im zweiten Falle war dieselbe Partie frakturiert
aber ohne Dislokation. Im dritten Falle zeigt das Röntgenbild dieselbe Fraktur
und dieselbe Dislokation wie im ersten Falle und ausserdem eine Fraktur des
inneren Höckers der Tibia. Es kam hier zu starken Schmerzattacken, so dass
operativ der Peroneus freigelegt wurde, der sich auf einer Stelle verändert
erwies. Charten weist noch auf die heftigen Schmerzen und trophischen
Störungen, welche diese Frakturen begleiten können, hin.
Im Falle Lazaronins (6) fiel ein Soldat samt dem Pferde, die Unter-
schenkelknochen brachen und die Fragmente bohrten sowohl in die Stiefel wie
auch in die Erde hinein. Reposition, Reinigung und dann Operation, Kno-
chensutnr durch drei Metallplatten. Genesung nach drei Monaten mit nur
V* cm Verkürzung. Sto'ianoff (Vama).
11« Luxationen im Bereich des Fusses«
1. Wendel, Über die Luxatio pedis sub talo. Bruns Beitr. 45, 2.
2. * — Über Luxatio pedis sub talo. Deutsche Zeitschr. f. Ghir. Bd. 80.
3. Weyer, Über zwei neue Fftlle von Luxatio pedis sab talo. lDaag.-Diss. Berlin 1905.
Wendel (1) berichtet über einen Fall von Luxatio pedis sub talo, den
er zu operieren Gelegenheit hatte und der durch das eigenartige Repositions-
hindemis besonders interessant ist. Das Caput tali hatte sich auf die dor-
sale und normalerweise lateral von ihm gelegene Fläche des Calcaneus ver-
schoben, welche dem Musculus extensor digit. brevis zum Ursprung dient.
Dieser Muskel war von dem Caput tali perforiert worden und der Schlitz
hielt den Hals des Talus eng eingeschnürt. Bei jedem Repositionsversuche
wurde der Muskel zwischen Talus und Os naviculare eingeklenmit. Der
Muskelschlitz wurde in der Faserrichtung erweitert, auseinandergezogen und
jetzt gelang die Einrenkung durch Extension, Pronation, Abduktion bei
gleichzeitigem Druck auf das Caput tali.
In dem ersten der beiden von Weyer (3) mitgeteilten Fällen liegt eine
reine Luxatio pedis sub talo nach aussen vor. Der zweite Fall, der eine
Luxatio nach aussen und hinten zeigte, waren die Verhältnisse komplizierter,
in dem der Fuss gegen den Talus in allen dessen Gelenkverbindungen und
ausserdem gegen den Calcaneus um etwa die Hälfte einer Gelenkverbindung
mit dem Os cuboides nach aussen verschoben ist.
1182 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
12. Frakturen im Bereich des Talus und Caleaneus.
1. *Branco, Fractnre du calcan^um. Soc. anat 1905. Oct
2. *£kehorn, G., Ein Fall von isolierter Luxation des Caleaneus. Nordiskt medicinskt
Arkiy 1904. Bd. 37. Abt. L Chirurgie. Heft 4. Nr. 15.
3. Princeteau, Fractures des 2 calcan^ums sor nn enfant de 10 ans. Journ. ds med.
de Bord. 12. XL 1905.
Princeteau (3) zeigt die Röntgenbilder von doppelseitigem Bracli des
Caleaneus bei einem 10jährigen Kinde. Die Brüche müssen als Rissfrak-
turen, entstanden durch Anspannung der Achillessehne aufgefasst werden.
18. Mittel- und Torderfuss.
1. Bergmann, Subluxation des 2. Eeilbeins. Zeitschr. f. Chir. Bd. 79.
2. — Eahnbeinbrüche der Fusswurzel. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 80.
3. Düms, Marschgeschwulst und Mittelfnssbrfiche. Deutsche med. Wochenschr. 1905.
Nr. 12. p. 486.
4. — Über Fussgeschwulst und Metatarsalbrflche. Manch, med. Wochenschr. 1905. Nr. 5.
p. 241.
5. Cisendrath, Daniel L., Fractures of the tarsal Bones. Annais of surgery 1905.
Marcb.
6. Kirchner, Der zwanglose Gang (Wanderschritt) und die beim Gehen entstehenden
Mittel füssknochenbrüche. Deutsche milit&rftrztl. Zeitschr. 1905. Heft 8.
7. — Ätiologie der indirekten Metatarsal Frakturen. Langenbecks Arch. 77, 1.
8. *Lilienfeld, Die Brüche der Tuberositas oss. metatarsi V. Langenbecks Arch.
78. Bd.
8a. Lusena, Sulla frattura isolata da causa diretta del*2^ metatarso. Atti della Societk
italiana di chirurgia. V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
9. Momburg, Ein scheinbarer Bruch des Os navic. tarsL Langenbecks Arch. 77, 1.
10. Puyhaubert, Traumatisme du pied. Joum. de m^d. de Bord. 1905. Nr. 33.
11. Toussaint, Luxation en haut du deuxidme cun^iforme. Rev. d'ortbop. 1905. Nr. 4,
12. Vergely, J., Deux cas de fracture du second et du cinquiäme m^tatarsien. JonrD.de
m^d. de Bordeauy 1905. Nr. 29.
Puyhaubert (10) zeigt das Röntgenbild von Brüchen des 2., 3., 4.
Metatarsalknochens bei einem 4^/2Jährigen Kinde. Die Brüche waren durch
direkte Gewalt entstanden. Auffällig war, dass der 1. und 5. Metatarsal-
knochen intakt war.
Bergmann (1) berichtet über eine Subluxation des zweiten Keilbeines,
die zustande gekommen war durch quere Kompression des Fusses von innen
nach aussen. Der Mechanismus erinnert an die Entstehung der Kahnbein-
brüche. Die Reposition gelang, da das Keilbein gerade über seiner Knochen-
lücke stand und dieselbe nicht völlig verlassen hatte, leicht durch Zug und
Flexion am Vorderfuss und direkten Druck. Zur Nachbehandlung wurde
eine plantare Schiene angelegt, gegen die ein Kompressionsverband den repo-
nierten Knochen andrückt. Vom vierten Tage an begann die Massage. Das
Resultat war ein sehr gutes.
Du ms (4) steht mit seinen Ausführungen etwas in Widerspruch zu der
auf reiche Literaturkenntnis gestützten Annahme Kirchners. Er glaubt,
dass nicht jede Marschgeschwulst einen Mittelfussbruch im Gefolge hat Dass
die Leute nicht angeben können, wann die Fraktur erfolgt sei, erklärt Du ms
daraus, dass zunächst eine Anstrengungsperiostitis (!) entsteht; dazu tritt
eine Ostitis und durch Zufall kommt es dann durch Überbiegung zum Bruch
des Metatarsus.
Borchard, Yerletzangen und cbirarg. Krankheiten der unteren Extremiiftt. 118$
Nach Du ms (3) finden sich bei Fnssgeschwülsten ca. 60 ^/o Verände-
rungen an den Metatarsen und in 16% ausgesprochene Brüche. Der im
Röntgenbilde sich zeigende Schatten ist nicht unter allen Umständen als
Kallus aufzufassen. Nach Leichenversuchen ist ein Gewicht von 10 kg und
eine Fallhöhe von 1 m notwendig, um einen Bruch des Metatarsus herbei*
zuführen. Neben einer Periostitis leitet sich auch durch die Anstrengung
des Maschierens eine Ostitis ein. Die Prognose ist eine günstige.
Bergmann (2) teilt drei Fälle von Fraktur des Kahnbeins mit, von
welchen zwei zweifellos als Bruch dieses Knochens anzusprechen sind, wäh-
rend der eine Fall wegen der Verschiebung der vorderen Fusshälfte vielleicht
als eine Luxation oder Subluxation im Ghopart sehen Gelenk aufgefasst
werden könnte. Jedoch stand die Fraktur des Kahnbeines so sehr im Vorder-
grand des ganzen Krankheitsbildes, dass der Fall am zweckmässigsten zu den
Frakturen zu rechnen ist. Die direkten Frakturen kommen durch direktes
Auftrefifen eines Gegenstandes auf das Kahnbein zustande. Die indirekten
Brüche entstehen durch Kompression des Kahnbeins zwischen den Keilbeinen
und dem Sprungbeinkopf bei Kompression des Fusses in der Längsachse,
z. B. Sprung auf die Zehenballen bei plantarflektorischem Fuss. Der Kopf
des Sprungbeines zersprengt zunächst das Kahnbein in ein dorsales, mit dem
Keilbein in Verbindung stehendes und ein plantares, nach unten vorragendes
Stück. Durch die weitere Gewalteinwirkung des Sprungbeinkopfes wird das
obere Bruchstück in drei Bruchstücke, entsprechend den drei Keilbeinflächen
zersprengt. Eine Dislokation dieser vier Bruchstücke tritt zunächst nicht
ein; erst bei weiterer Gewalteinwirkung werden die Bruchstücke verschoben
und zwar meist dorsalwärts. Der nach unten und lateralwärts weiter vor-
dringende Sprungbeinkopf wird auch zu einer Fraktur des Fersenbeins und
Würfelbeins führen können. Die Reposition der Fragmente ist schwierig,
muss in Narkose vorgenommen werden und wird meist nur unvollkommen
gelingen. Die Retention gelingt am besten durch eine starke plantare Gips-
schiene, jedoch ist die Prognose eine wenig günstige.
Kirchner (6 u. 7). Der Mittelfussknochenbruch erfolgt in dem Zeit-
raum eines Doppeltschrittes, in welchem der Fuss mit ganzer Sohle aufsteht.
Lusena (8a). In drei Fällen von Kontusion des Fussrückens, welche
nach einigen Monaten noch starke Schmerzhaftigkeit beim Gehen zurück-
iiessen, wurden Radiographien vorgenommen. In allen diesen war Fraktur
des zweiten Metatarsus vorhanden gewesen.
Ref. macht auf die Wichtigkeit dieses Befundes aufmerksam, und zwar
nicht so sehr vom diagnostischen Gesichtspunkt aus als von dem der Prognose.
Die experimentelle Beobachtung hat gezeigt, dass bei der Durchschneidung
des zweiten Metatarsus das innere Gewölbe bei Belastung des Fusses mit
einem bestimmten Gewicht (50 kg) sich um ungefähr einen cm senkt. Nun
ist es augenscheinlich, dass, wenn die Fraktur nicht erkannt worden, leicht
bei dem forcierten Gehen die experimentell wahrgenommene Senkung wird
eintreten können. Diese Komplikation kann, wenn auch nicht in allen Fällen»
so doch häufig, eine dauernde funktionelle Störung herbeiführen.
Seine Beobachtungen raten dazu, in allen Fällen von schweren Kontu-
sionen des Fusses frühzeitig die Radiographie vorzunehmen, indem man nicht
vergessen darf, dass, da in der grossen Mehrheit der Fälle derartige Ver-
letzungen sich bei Arbeitern ereignen, eine dauernde funktioneUe Lädion ein
recht schweres Geschehnis bildet.
1184 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
Diese Tatsachen stammen mit den namentlich in Deutschland bereits
an ähnlichen Frakturen infolge indirekter Ursache beobachteten überein.
R. Giani.
Vergely (12) teilt je einen Fall von Bruch des zweiten Metatarsal-
knochen und des fünften Metatarsalknochens mit. Während zum Zustande-
kommen der ersten Verletzung eine relativ starke Gewalteinwirkung nötig
ist, ist dieselbe bei dem Bruch des fünften relativ gering. Dementsprechend
sind auch die späteren Funktionsstörungen bei den Brüchen des zweiten und
dritten Metatarsalknochens viel schwerer und lang dauernder.
Bei der Untersuchung einer Unfallverletzten fand Momburg (9) im
Röntgenbilde einen scheinbaren Bruch des Os naviculare. Da aber der Un-
fall nur ein geringer gewesen war, isolierte Frakturen des Kahnbeins fast
nur durch direkte Gewalt entstehen, die Beschwerden sehr spät einsetzten
und keine Kallusbildung vorlag, so nahm Momburg das Vorhandensein eines
überzähligen Fusswurzelknochens an. Er gibt dann noch die verschiedenen
Typen dieser überzähligen Knochen an.
Die Erkrankungen der unteren Extremität unter Ausschluss der an-
geborenen Missbildungen, der Difformitäten, Frakturen und Luxationen.
Referent: F. Suter, Basel.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Lehrbücher, Anatomie, Allgpemeines, Operationsmethoden, Apparate.
1. Ghevrier, Goutti^re latöro-sns-condylienne da ferour. Gaz. des Höp. 1905. Nr. 34.
p. 899.
2. — Amputations ost^oplastiques tibio-calcan^ennes. Gaz. des Höp. 1905. Nr. 139.
2a. Codiyilla, Sulla terapia delF accorciamento nelle deformitä dell' arto inferiore. ArchiTio
di ortopedia 1905. Nr. 5.
3. Crainer, E., Klinischer Bericht über 96 Diaphysenstümpfe des Ober- resp. Unter-
schenkels. Archiv f. Orthopädie, Mechanotherapie u. Unfallchimrgie. Bd. III. Heft II.
4. Dnpuy, Sur les rapports de Textr^mit^ införieore da föraur avec le cnl de sac synovial
sous-tricipital de Tarticalation da genou. Soc. anat. 1905. Nr. 6. p. 543 et 544.
5. Dur et, Amputation ost^o-plastique du pied. Arch. prov. d. Ghir. 1905. Nr. 11.
6. *£rbslöh, Über Amputationsstümpfe und Prothesen der unteren Extremität Deutsche
med. Wochenschr. 1905. Nr. 11. p. 448.
6a. D' Este, L' operazione di Wladimiroff- Mikulicz. Bollettino della Societä medlco-chi-
rurgica di Pavia 1905. Giugno.
7. Fink, J., Eine neue Beckenstütze. Zentralbl. für Gbirurgie 1905. p. 1045.
8. Fränkel, Über den Fuss der Chinesin. Zeitschr. f. orthop. Ghir. 1905. Bd. 14. H. II.
9. V. Franquö, Scham beinschnitt nach Gigli. Prager med. Wochenschr. 1905. Nr. 5.
10. Gelinsky, Das frei artikulierende Os vesalianum tarsi duplex im Röntgenbilde. Fort-
schritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Bd. YIU. Heft 6.
11. Gessner, H. P., Nerve blocking to prevent amputation shock; illustrative reports of
two thigh amputations. Amer. joui'n. of surg. 1905. Dec.
12. Gocht, Apparat zur Beseitigung von Eniegelenkskontrakturen. Zeitschr. fOr ortbop.
Ghir. 1905. Bd. 14.
Suter, Verleizungen und Chirurg. Krankheiten der unteren Extremität. 11S5
13. Harms, W., Grittische Amputation. Zentralbl. f. Ghir. 1905. Nr. 6.
U. Habscher, Zur plastischen Achülotomie nach Bayer. Orthop. Ghir. 1905. Bd. 15.
Heft 1.
15. Huntington, Gase of hone transference. Annals of surgery 1905. Nr. 2.
16. Jung, Heisslnfttherapie bei Beckenentzündungen. MQnch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 52.
(Betrifft nur gynäkologische Fälle : Eitrige und nicht eitrige Peri- und Parametritis und
Adnexturooren.)
17. Koch, J., Zur Technik der Quadricepsplastik. 4. Kongress der deutschen Gesellschaft
für Orthopäd. Ghirurgie 25. April 1905. Ref. im Zentralbl. für Gbirurgie 1905. Nr. 31.
Id. Köhler, Alban, Die normale und pathologische Anatomie des Hüftgelenks und
Oberschenkels in rOntgenographischer Darstellung. Ergänzungsband 12 in: Fortschritte
aaf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. 150 S. 12 Tafeln und 85 Abbildungen im Text.
Hamburg 1905.
19. L e g a 1 , H., Eine neue Beckenstütze. 4. Kongress der deutschen Gesellschaft f. ortho-
pädische Ghirurgie 25. April 1905. Ref. Zentralbl. f. Ghirurgie. Nr. 81. p. 831.
20. — Einfacher Lagerungsapparat zur Behandlung Ton Gelenkerkrankungen und Frakturen
der unteren Extremität. 4. Kongress der deutschen Gesellschaft f. Orthopäd. Ghirurgie
25. April 1905. Ref. Zentralbl. f. Ghirurgie. Nr. 31. p. 830.
21. Mc Lennan, On the treatment of chronic Osteomyelitis, or the results of acute Osteo-
myelitis of the tibia. The Glasg. Med. Journ. 1905. Sept.
22. Michniewicz, J., Topographie des Unterschenkels mit klinischen Bemerkungen. In.-
Dissert. Dorpat 1903 (Russisch). Ref. im Zentralbl. f. Gbirurgie 1905. p. 893.
23. Mongeud de Saint-Aird, G., Des amputations ^conomiques du pied. Thdse de
Paris. Steinheil 1904.
24. Mumford, Gbild study and the treatment of paralysis in children. Lancet 7.1. 1905.
25. Openshaw,A case of contracture and ankylosis at tlie knee etc. Lancet 21. 1. 1905.
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26. Oppenheim, H., Über Missbrauch der Sehnentransplantation. Berliner klin. Wochen-
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27. Ranzi, Tragfähigkeit der Bun gesehen Amputationsstümpfe. Wiener klin. Wochen-
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28. Rimann, Experimenteller Beitrag zur Lehre von der Entstehung der echten, freien
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und Neurologie. Zeitschr. f. Orthopäd. Ghirurgie. Bd. XIV. Heft 1.
30. Stieda, A., Über den Albersseben Beckenfleck im Röntgenbild. Beiträge zur klin.
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31. Teske, H., Ein Fall von erworbener partieller Makrosomie ; Verlängerung des Femur
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32. Turner, H., Einige Ergänzungen zur Technik der Sehnentransplantationen. Zeitschr.
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35. ^Yillar, Technique de la däsarticulation interilio- abdominale. Journ. de möd. de
Bord. 1905. Nr. 3. p. 41.
36. *Wit harre, Tuberculosis joints. Med. News 1905. Oct. 28. p. 861.
Dnpuy (4) hat an ungefähr 100 Knieen das Verhalten des oberen
Rezesses des Kniegelenkes zum Kniegelenk selbst studiert und gefunden,
dass in den meisten Fällen die Kommunikation zwischen den zwei Höhlen
eine sehr weite ist. Der obere Rezess geht sehr wenig auf die äussere Seite
des Femur, dagegen 2 — 3 cm weit auf die Innenseite desselben und nach
oben zu 3—4 cm über den Kondylus. Praktisch wichtig sind diese Verhält-
nisse für die Trepanation des unteren Femurendes, die möglichst weit nach
hinten und nicht zu weit unten gemacht werden darf, wenn die Gelenkkapsel
nicht verletzt werden soll.
JabrMb«rielii fOr Ghirargi« 1905. 75
1186 Jahreebericht fflr Chirurgie. 11. Teil.
Chevrier (1) beschreibt am Femur eine ;,gouttiere latero-sns-condy-
lienne^, die als seichte Furche entlang dem Rande des überknorpelten Kondylns
läuft. Sie hat eine Bedeutung für die seitliche Patellarlnxation, da sich hier
der Rand der luxierten Patella fängt und festklemmt und gibt nach
Chevrier einen ansgezeichneten Anhaltspunkt für die Schnittrichtnng bei
der Durchtrennung der seitlichen Kapselteile, wenn man das Messer in der-
selben gleiten macht. Durch Abbildungen wird die Methode Chevriers
illustriert.
Teske (31) hat die Beobachtung gemacht, dass der Oberschenkel eines
vor 5^/t Jahren wegen traumatischer Zertrümmerung des Unterschenkels
10 cm unter dem Kniegelenk amputierten Knaben gegenüber dem anderen
Femur eine Verlängerung von 1 ^/s cm aufwies. Coza valga waren dabei
ausgeschlossen, da das Hüftgelenk in jeder Beziehung normal war. Die Er-
klärung für die Beobachtung sucht Teske in den geänderten Emährungs-
bedingungen infolge der Amputation und den Grund, warum speziell der
Knochen hypertrophiert in den speziellen Gefässverhältnissen dieses Organs.
Rimann (28) hat an Tieren experimentell gestielte Knochen-Knorpel-
stücke auf operativem Wege erzeugt und nach 25—46 Tagen untersucht.
Ein Teil der Knochen - Knorpelkörper war resorbiert, die Mehrzahl der abge-
sprengten Stückchen war jedoch mit der Bruchfläche verheilt. Rimann
glaubt, dass nur auf traumatischem Wege die echten freien Gelenkkörper
entstehen.
Der röntgenographischen Darstellung des Hüftgelenks und des Ober-
schenkels widmet Alban Köhler (18) eine Studie. Die Röntgenoskopie
dieser Organe ist schwierig und ungenau und nur bei ganz besonderen Vor-
sichtsmassregeln von Erfolg begleitet. Die Röntgenographie ist hier das
richtige Verfahren. Für die normale Anatomie beschäftigt sich Köhler
hauptsächlich mit der Gelenkpfanne, dem Femurhals, der nur dann korrekt
auf die Platte zu bekommen ist, wenn der mediale Fussrand senkrecht zar
Tischplatte steht und mit dem Lud lo ff sehen Epiphy senfleck, welcher den
Stellen an beiden Seiten des Kondylus entspricht, wo zahlreiche Gefässe in
den Knochen treten. Der Fleck verschwindet mit dem 17. Jahre, um mit
dem 25. wieder zu erscheinen.
Die röntgenographischen Befunde der pathologischen Zustände die^r
Organe werden eingehend behandelt: angeborene Verbildungen, Defekte, fötale
Chondrodystrophie. Bei Myxödem ist kein beschleunigter Verknöchemngs-
prozess (entgegen Virchow) nachweisbar. Die Rachitis gibt gut charakteri-
sierte Bilder, die Osteomalacie ist im Bilde schwer darzustellen. Die akute
Knochenatrophie, die sich an Verrenkungen, Frakturen, Weichteilschädigungen
und Tuberkulose anschliesst und auf trophoneurotische Ursachen zurückzn-
führen ist, ist durch die Röntgenstrahlen entdeckt worden. — Weiterhin
werden Osteoarthropathie hypertrophiante , Syphilis , akute Osteomyelitis in
ihrer Darstellung auf der Röntgenplatte abgehandelt, endlich Tuberkulose,
Tumoren, Frakturen, Verrenkungen, Fremdkörper und die Weichteile, spez.
die Arterien, Coxa vara ul^w.
Der von Albers-Schönberg nachgewiesene sogen. Beckenfleck wird
vonStieda (30) aufgefasst als eine Verdichtung oder knopfartige Verdickung
im Bereiche der Spina ischiadica, da der Fleck stets in der idealen Fort-
setzung des Sitzbeinstachels sich findet.
Sater, Yerletznogen und cbirarg. Krankheiten der unteren Extremität 1187
Michniewicz (22) widmet eine Arbeit der Topographie des Unter-
schenkels, die mit Hilfe von Paraffin oder Wasserinjektionen studiert wird.
Es werden die Wege für die Unterbindungen besprochen. Für die obere
Hälfte des Unterschenkels ist der richtige Weg der von aussen, für die
untere der von innen.
Das Os Vesalianum steht in ausgesprochener Beziehung zum Os meta-
tarsale V, indem es die ihm fehlende Tuberositas bildet. Es kommt an der
gleichen Stelle, d. h. im Winkel zwischen der Basis des Metatarsus V und
dem Kuboid ein Sesambein in der Endsehne des M. peroneus lohgus vor.
Das Os Vesalianum ist von Vesal zum ersten Male abgebildet worden, dann
wieder von Spronk 1887 beschrieben und jetzt von Gelin sky (10) durch
Röntgenbild bei einem 15jährigen Bäckerlehrling nachgewiesen worden. Dieser
Knochen könnte den Unerfahrenen bei der Deutung eines Röntgenbildes zur
Annahme eines pathologischen Zustandes veranlassen.
Fränkel (8) hat den durch Bandagierung im ö. Lebensjahre defor-
mierten Fuss der Chinesin röntgenographisch studiert (10 Jahre altes Mädchen,
24 und 32 Jahre alte Frau). Er bespricht eingehend die Deformierung im
ganzen und hält sie für einen Hakenfuss und im speziellen die Deformierung
der einzelnen Knochen.
Mumford (24) widmet den ersten Gehversuchen des Kindes eine
physiologische Studie, die er mit Zeichnungen versehen hat und betont die
Wichtigkeit solcher Beobachtungen am normalen Kinde für das Verständnis
des Paralytischen und dessen Behandlung.
Huntington (15) hat bei einem Kinde die ganze durch Osteomyelitis
verlorengegangene Tibia-Diaphyse durch die transplantierte Fibuladiaphyse
ersetzt.
Er durchsägte zuerst die Fibula in der Höhe des unteren Endes der
oberen Epiphyse und implantierte die Fibula in die Tibiaepiphyse. 9 Monate
später durchsägte er die untere Fibulaepiphyse und implantierte das untere
Wadenbeinende in die untere Tibiaepiphyse. Der Erfolg ist gut; der
Knochen nahm an Länge und Dicke zu und ersetzt vollkommen die verloren
gegangene Tibia.
Hübscher (14) tritt warm für die Bay ersehe subkutane Verlängerung
der Achillessehne ein, die er in 81 Fällen ausgeführt hat. Nur in 2 Fällen
gelang sie nicht, weil schon früher eine quere totale Tenotomie gemacht
worden war. Hübscher benutzt ein Tenotom, das auf der einen Seite
eine Lanze zur Inzision der Haut, auf der anderen Seite ein Tenotom trägt.
Er inzidiert erst die halbe Sehne von der einen, dann in passender vertikaler
Entfernung die halbe von der anderen Seite und besorgt durch Flexion des
Fusses die Längsspaltung soweit es nötig ist.
Turner (32) empfiehlt, um bei Transplantation der Beugesehnen des
Oberschenkels auf die Streckseite die oft zu kurzen Sehnen fixieren zu können,
von der Tuberositas tibiae oder von der Patella Periostlappen abzulösen und
an diese die Sehnen anzunähen.
Koch (17) stellt die Thesen auf, dass jeder spinal degenerierte Muskel
entsprechend der Anzahl der nicht degenerierten Fasern seine Funktion
wieder aufnimmt, wenn seine Sehne unter die nötige Spannung versetzt
wird. Bei der Herstellung des Quadriceps femoris z. B. verkürzt Koch
zuerst die Quadrizepssehne selbst und implantiert in dieselbe dann die g&*
eigneten Muskeln. In solchen Fällen weiss man natürlich später dann nichts
76»
1188 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
welchen Anteil an der Funktion der Quadrizeps selbst nimmt. In einem
Falle hat er nur die Quadrizepssehne verkürzt und so guten Erfolg erzielt.
Spitzky (29) hat an Tierversuchen nachgewiesen, dass ein leitun«^-
unfähiger Muskelnerv durch Implantation in eine unversehrte Leitungsbahn
wieder seine Funktion übernimmt. Er hat anatomisch die Frage studiert,
wie am ehesten der Nervus cruralis beim Menschen in andere Gebiete
implantiert werden könnte und gefunden, dass bei Streckmuskellähmnng am
Oberschenkel der gelähmte N. cruralis am ehesten operativ in die Bahn des
oberflächlichen Astes des N. Obturatorius implantiert werden kann. Das
zentrale Ende des Obturatorius wird in den gelähmten KruraKs eingepfropft
Spitzky hat die Operation bei Kindern mit poliomyelitischer Quadrizeps-
lähmung gemacht und beschreibt die Technik derselben eingehend.
Oppenheim (26) warnt vor missbräuchlicher Anwendung der Sehneo-
transplantation ; dieselbe soll nicht bei progredienten Nervenkrankheiten an-
gewandt werden! Er erwähnt drei Fälle, bei denen transplantiert wurde:
progressive Muskelatrophie, Poliomyelitis anterior chronica, Kompression des
Lumbaimarks.
Crainer (3) hat sich der verdienstlichen Aufgabe unterzogen 96 in
der unteren Extremität von verschiedenen Kölner Chirurgen Amputierte zu
untersuchen, hat aber ein trauriges Eesultat aufgedeckt. Seine Untersuchten
waren im Alter von 2 — 64 Jahren amputiert worden; die Zeit von der Am-
putation bis zur Untersuchung variierte zwischen 1 — 19 Jahren. Es varen
im Oberschenkel amputiert 46, im Unterschenkel 50, alle in der Diaphvse.
In 26 Fällen war der Stumpf äusserlich zufriedenstellend, in 70 Fällen war
er schlecht : dünne, am Knochen adhärente Haut mit Neigung zur Geschwürs-
bildung. Von den 96 Stümpfen waren nur 2 tragfähig. — Im
Gegensatz hierzu stehen die Erhebungen Ranzis (27), der 30 nach der
Bunge sehen Methode Amputierte aus der v. Eiselsbergschen Klinik unter-
sucht hat. Die 12 untersuchten Unterschenkelstümpfe waren alle auf Schlag und
Druck unempfindlich. 8 Fälle, alle die verwertbar waren, hatten tragfihige
Stümpfe. Für die 18 Oberschenkelstümpfe waren die Ergebnisse fast ebenso
günstig. 15 Amputierte hatten völlig tragfähige Stümpfe, 3 klagten zeitweilig
über Schmerzen. — Die Bunge sehe Methode gibt also vorzügliche ResultÄte,
die hinter denjenigen der Bi ersehen nicht zurückstehen. Daneben hat sie
den Vorzug der Einfachheit und dadurch der Sicherheit und Kürze.
D'Este (6a) teilt den Fall eines 13 jährigen Mädchens mit, welches von
ihm mit gutem Erfolg mit der Methode Wladimiroff-Mikulicz wegen
Tuberkulose der rechtsseitigen hinteren Fusswurzel und Osteoarthritis des
Sprunggelenkes mit ausgedehnten unersetzbaren Zerstörungen der Fersenweich-
teile operiert wurde.
Nach Besprechung der Indikationen und Kontraindikationen dieser noch
heute bekämpften und wenig oder ungern ausgeführten Operation hebt er
ihre Bedeutung uni dhren Wert hervor gegenüber ihrer Konkurrentin der ein-
fachen Amputation, die zu sehr zerstörend ist. R. Giani.
Mougend de Sain-Aird (23) wählte für die Exartikulation am Fuss
diejenige Methode, die möglichst viel von der Fusswurzel erhält und einen
brauchbaren Stumpf liefert, d. h. vor allem ein bewegliches Fussgelenk erhält.
Er empfiehlt deshalb vor allem die Ghopart sehe Exartikulation, trotz der
häufigen fehlerhaften Stellung des Fusses. Wo der Ghopart nicht geht,
-ist die von Ricard empfohlene Modifikation des Lisfranc am Platze.
■y •• '^
i. t
Snter, Yerletzoii^gen iind ohirarg. Krankheiten der unteren Extremit&t. IIBO-
Um den Shöck bei Amputation des Oberschenkels zu vermeiden unter-
bricht Gessner (tl) vor Durchschneidung des Nervus ischiadicus und sa-
phenus in diesem die Leitung, was er dadurch erzielt, dass er nach Bildung
des Hantlappens und Präparation der Nerven Kokain in dieselben injiziert.
In zwei Fällen hatte er so sehr gute Erfolge.
Ghevrier (2) beschreibt die drei bekannten osteoplastischen Methoden
zwischen Tibia und Calcaneus für die Amputation des Fusses: nach
Pirogoff, Pasquier-Le Fort und Sedillot. Er schildert an der Hand
Ton Abbildungen die Technik der Pirogoff sehen Operation. Die Indikation
fdr die Operation ist gegeben bei Verletzung der hinteren Teile des Tarsus.
Da gewöhnlich auch das Sprunggelenk verletzt und damit infiziert ist, soll die
Operation extraartikulär, d. h. ohne Eröffnung des Sprunggelenkes gemacht
werden. Wo Sehnenscheiden oder Gelenke eitrig verändert sind, kommen die
Amputationen am Unterschenkel in Frage.
Dur et (5) bespricht aus Anlass einer mit Erfolg durchgeführten osteo-
plastischen Amputation nach Pas quier-Le Fort bei einem 19jährigen
Mädchen die Indikationen zu dieser speziell zur Ghopart sehen, zur Syme-
sehen Amputation, zur Amputatio sub talo und zur Pirogoff sehen Methode.
Nach Pasquier-Le Fort kann bei Tuberkulose nur dann amputiert werden,
wenn das Individuum jung und der Calcaneus absolut normal ist. Die Me-
thode passt speziell bei Traumen und bei ausgedehnter Gangrän, wo der Cal-
caneus intakt bleibt. Die Knochennaht ist nicht nötig.
Bei den sowohl durch Gelenkläsionen als durch fehlerhafte Vereinigung
einer Diaphyse bedingten winkeligen Deformitäten, sowie bei den in Längs-
richtung eingetretenen Verschiebungen der Gliedabschnitte oder der verschie-
<lenen Stücke, in welchen ein Skelettabschnitt sich zufällig trennte, wird nach
Codivilla (2a) der Widerstand zur Verlängerung der Extremität selbst von den
Weichteilen geliefert. Das gilt auch von den Fällen, bei welchen ein oder
mehrere Gliedabschnitte durch angeborene Deformität kürzer sind als in der
Norm. Die Verkürzung der Weichteile kann so weit geben, dass sie den auf sie
auszuführenden unblutigen oder blutigen Eingriff für nutzlos und eine zweck-
mässige, auf das Skelett vorzunehmende Operation für notwendig erscheinen
lässt. Einen Ersatz für die Verkürzung der unteren Extremität kann man da-
durch erzielen, dass der Fuss mittelst angemessener operativer Eingriffe in
Extensionsstellung dem Unterschenkel gegenüber gebracht wird; damit er-
reicht der Ersatz das Maximum, wenn die Längsachse des Fusses sich auf
die Verlängerung der Achse der Gesamtextremität setzen wird. Bei ganz
speziellen Fällen kann man die Implantation von Epiphysenknorpel anwenden.
Eine sehr rationelle Methode zur Verlängerung der unteren Extremität besteht
darin, dat^s man die Knochen mit derselben Technik wie bei den Sehnen ver-
längert. Der Knochen, an dem man mit Vorliebe operiert, ist der Ober-
schenkel und von dem oben Gesagten versteht es sich, dass in diesem Falle
die Weichteile mehr als die Knochen hindern.
Verf. stellt sich in seiner Arbeit die Aufgabe, diesen Widerstand auf eine
för die Funktion der Gewebe unschädliche Weise zu überwinden. In Ermangelung
?on diesbezüglichen Studien gründet sich leider die Besprechung der Frage über
die Anwendung einer Kraft, welche solchen Widerstand zu überwinden ver-
mag, auf ganz empirische Angaben. In der Klinik hat man sich durch die
Gewichtszugwirkung, den starken, kurze Zeit wirkenden Zug und den Gips-
Terband zu helfen gesucht. Nacli den Erfahrungen mit solchen Mitteln glaubt
1190 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
Verf., dass man weniger davon zu erwarten hat, wenn es sich um die Verlänge-
rung solcher Muskehi handelt, deren Ansätze infolge einer Fraktur oder einer
veralteten Luxation usw. seit langer Zeit einander genähert sind. Er meinte
dass schon wenige Monate (zwei oder drei) nach der Verletzung das Muskel-
gewebe sich den neuen funktionellen Verhältnissen angepasst bat und dass
es denselben Widerstand leisten muss, als ob es sich verkürzt hätte. Wenn
wir das Verhalten des Muskelgewebes und der anderen Weichteile einer Zug-
wirkung gegenüber für bekannt annehmen, so können wir auch die nötige
Kraft kennen, um sie um ein erwünschtes Quantum zu verlängern. Die
Verkürzung der Weichteile kann man in mathematischer Weise bestimmen,
wozu Verf. die nötigen Formeln angibt. Bei einer winkeligen Verschie-
bung mit seitlicher Aneinanderlagerung der Knochen gleicht
die Verkürzung der Weichteile dem doppelten ihrer durch die trigonometrische
Tangente der Hälfte des Deformitätswinkels dividierten Entfernung vom Skelett,
wozu die Längsverschiebung der Knochen zu addieren ist. Bei der Ver-
schiebung in der Längsrichtung gleicht die Verkürzung der Längs-
verschiebung. Bei der rein winkeligen Verschiebung gleicht die Ver-
kürzung dem doppelten der Entfernung vom Gliede, welche zuerst durch die
trigonometrische Tangente der Hälfte des Deformationswinkels dividiert wird.
In der Praxis ist jedoch die Frage bisher noch nicht gestellt worden und
übrigens sind bis jetzt keine passenden Mittel vorhanden, um den Zog direkt
dem Skelett zu übertragen. Der durch Gewichte oder durch mittelbar auf
die Weichteile einwirkende Apparate erreichte Zug erlaubt es nicht, Wir-
kungen gewisser Stärke auszuüben. Auf solchem Wege glaubt Verf. einen
wichtigen Schritt mit seiner Methode getan zu haben. In den Fällen, in
welchen der Widerstand der Weichteile stark ist, empfiehlt er die forcierte
Ausdehnung mit nachträglicher Anwendung eines Immobilisationsverbandes.
Er ist eben bei der Technik dieses letzteren und durch die dabei der ge-
wöhnlichen Methode angebrachten wichtigen Modifikationen, dass Verf. glanbt,
einen neuen Weg gebahnt zu haben. Die verwendete Technik ist folgende:
nach Ausführung der Operation am Skelett ward das Individuum auf das
S che d e -Es ch bäum sehe Bett gelagert und dem Zug unterworfen. Bei
der ersten Methode schwankten die Zugwirkungen von 25 bis 70 kg, dann
schloss man das Glied in einen Gipsverband ein, nachdem der Fuss am vor-
herigen Tag bis zur Hälfte des Unterschenkels mit Binden umwickelt worden
war. Nach einigen Tagen sägte man mit der G ig li sehen Säge in der Höhe
der Knochentrennung den Verband ringsherum auf, und wandte den Zug and
Gegenzug direkt, respektive auf den distalen und proximalen Teil des Gips-
verbandes an. Solches Verfahren wurde mehrmals wiederholt, ohne zu starke
Zugwirkungen in wenigen Sitzungen auszuüben, weil Verf. schwere Vorfälle
seitens des Nervensystems, und zwar des Hirns, nach denselben beobachtete.
Verf. bemerkt, dass bei der ersten Zuganwendung, wenn der Verband noch
nicht angefertigt ist, der mittelst der Perinealstütze des Schede-Eschbaum-
sehen Bettes auf den Höcker und den aufsteigenden Ast des Sitzbeins der
gesunden Seite verwendete Gegenzug und der auf den Fuss einwirkende Zug
das kranke Glied zwingen, sich in Abduktionsstellung zu setzen und das
Becken sich um die Sagittalachse zu drehen, wobei es sich von der gesunden
Seite abhebt. Da nun das Glied nach Aufhören des Zuges sich zu verkürzen
neigt und solche Neigung durch den medialen Teil des Verbandes, welcher
sich gegen den Sitzbeinhöcker der operierten Seite stützt, gehindert wird,
Sater, Verletzungen und chimrg. Krankheiten der nnteren Extremität. 1191
so werden an diesem Orte leicht Dmckgeschwüre entstehen. Um diesen üblen
Znfall zu verhindern, schlägt Verf. vor, den die Gliedwnrzel bedeckenden Teil
des Verbandes im letzten Moment auszuführen und den Zug vor seiner voll-
ständigen Konsolidierung aufzuheben, so dass er sich auf dem Becken formen
kann: er empfiehlt auch im Verbände selbst eine Stützstange auf das Sitz-
bein der gesunden Seite zu fixieren, auf welcher das Becken sich wie auf
eine Konsole legen und somit den Sitzbeinhöcker der operierten Seite ent-
lasten würde. Um den N. ischiadicus zu schonen, welcher Verletzungen aus-
gesetzt ist — sowohl durch Druck des Sitzbeines gegen den Gipsverband, als
durch das Herabsteigen, welches der obere Teil des Oberschenkels und das
Becken bei jeder Zuganwendung im kegelförmigen und dadurch an Weite
unzulässigen distalen Teile des Verbandes erfahren — so trennt er in der
Längsrichtung und an der inneren Seite den Verband mittelst einer daselbst
vorher eins^eschlossenen Gigli sehen Säge ab und behandelt die Wunde mit
den gewöhnlichen Verbandstofi'en, welche durch einen einfachen Trikotschlauch
am Orte gehalten werden. Die Trennung des inneren Teiles des Verbandes
dient dazu, diesen letzteren bei jeder neuen Zuganwendung zu erweitern.
Eine andere Komplikation, welche Verf. zu verhindern suchte, ist Druck auf
den Rücken und Hals des Fusses und auf das Fersenbein, da dort die Zug-
wirkung mit grösserer Intensität sich ausübt, so hat er die gewöhnliche
Technik wesentlich ändern müssen. Dabei überträgt Verf. den Zug direkt
auf das Skelett, indem er einen Nagel durch das Fersenbein gehen lässt,
welcher mittelst am Gipsverband fixierter seitlicher Schienen in der ge-
wünschten Lage gehalten wird. Der 4 — 5 mm lange Nagel wird auch lange
Zeit (20 bis 30 Tage) gut ertragen, fällt dem Patienten gar nicht lästig,
da er alle Fussgelenke bewegen kann. Ausserdem wenn man ihn hinter der
Bewegungsacbse des Tibio-tarsalgelenkes in einer (zwischen der Schienbein-
und der Achillessehnenachse liegenden) Frontalebene gehen lässt, so behält
er die Extensions- und Flexionskräfte des Fusses in Gleichgewicht und be-
wahrt die richtige Lage dieses letzteren auf. Auch seine späteren Folgen
sind ohne Unannehmlichkeiten. Durch diese Methode haben Verf. und andere
Chirurgen (Rossi, Galeazzi u. a.) in vielen Fällen die besten Resultate
mit geringeren Unannehmlichkeiten als mit der gewöhnlichen Heltpflasterzug-
methode erzielt. Die zur Anwendung des Nagels angebrachte Schiene trägt
eine Schraube, wodurch man das dem Nagel widerstehende Stück in Längs-
richtung verschieben und beim Auftreten von Unannehmlichkeiten den Zug
vermindern oder aufheben kann; sie soll nie zur Erhöhung des Zuges dienen.
Der Zug selbst wird an den mit dem Verbände selbst verbundenen Schienen
und nicht an dem Nagel bewirkt. R. Giani.
Harms (13) macht darauf aufmerksam, dass die Methode, die Patella
bei der Grittischen Operation durch Sehnen-Periostnähte zu fixieren, keine
neue sei. Es kann das Ligamentum patellare mit dem Periost der Hinterfläche
des Femur vereinigt und an die Sehnen der Flexoren genäht werden, wie
man womöglich bei allen Amputationen die Knochensägefläche durch Ver-
einigung der Flexoren- mit den Extensorensehnen bedeckt. Er weist ferner
darauf hin, dass die Patella eigentlich gar keinen guten Stützpunkt für einen
Amputationsstumpf abgibt, da ihre Haut sehr fein entwickelte, sensible Quali-
täten besitzt, während die Haut über der Tuberositas tibiae, die nach der
Methode von Sa bane Jeff zur Deckung der Femurknochensägefläche benutzt
1192 Jahrelibericht fOr Chimrg^e. II. TaiL
wird, viel unempfindlicher und physiologischerweise viel trag&higer ist. Die
Methode Sabanejeff wäre deshalb der Grittischen vorzuziehen.
Seine Methode der Symphyseotomia paramediana empfiehlt
van de Yelde (34). Er macht über die Symphyse eine vertikale Inzision,
etwa 2 cm seitlich von der Mittellinie, und führt von dieser aus eine Gigli-
Säge um die Symphyse, mit welcher der Knochen zersägt wird. Eis sind
keine Ligaturen nötig. Verf. hat das Verfahren in fünf Fällen mit gutem
Erfolge zur Anwendung gebraclit. Die Vorteile der Methode sind folgende:
Es tritt solide Verheilung durch Kallusbildung ein; der Beckendarchmesser
bleibt grösser, weil der Kallus zwischen die Knochen tritt. Man kann je
nach Anlegen der Sägefläche das Becken nach rechts oder links erweitem,
entsprechend den ge];»urtshilflicben Verhältnissen des speziellen Falles.
Franqu6 (9) berichtet ebenfalls über einen Fall, den er nach dieser
Methode operiert hat. Die Methode stammt von Gigli selbst und ist von
van de Velde und von Doederlein modifiziert worden. Ersterer fuhrt
den Schnitt vom Tuberculum pubicum zum Tuberculum subpubicum, Doeder-
lein legt mit einem kleinen Querschnitt den Knochen frei und geht von
diesem aus. Diese Modifikationen bedeuten keine prinzipiellen Neuerungen:
der Vorteil der Gigli sehen Methode liegt in der Durchsägung des Knochens
entgegen der Trennung der Symphyse bei den Symphyseotomien.
Turner (33) berichtet über 15 Fälle von Kniegelenksarthrodesen
für Schlottergelenk, bei denen er ein von ihm erfundenes und in der Arbeit
beschriebenes und abgebildetes Instrument, einer Art von Hobel zur Ent-
fernung des Gelenkknorpels braucht, auch die Patella wird geschält und ver-
lötet mit den Kondylen. Zur Vermeidung von Kontrakturen müssen in be-
stimmten Fällen die Flexorsehnen durchtrennt werden. Die Nachbehandlung
geschieht im Gipsverband; die Heilung geht vor sich wie bei einer Fraktur.
Die Resultate sind gute.
Mac Lennan (21) empfiehlt entgegen den Verfahren, die nach der
Sequestrotomie bei Osteomyelitis die Heilung abkürzen wollen, die typische
Ausräumung der Totenlade und das weite Offenlassen der entstandenen Mulde
und Tamponade derselben. Dauert die Überhäutung zu lange, so sind
T hier seh sehe Transplantationen am Platze, stört später eine angewachsene
Karbe, so kann man sie exstirpieren und die Hautränder nach Mobilisation
vernähen.
Eine neue Art von Beckenstütze beschreiben Legal (20) und Fink (7).
Die Stütze Legais benützt einen Filzstreifen zur Stütze des Beckens, der
nach Anlegen des Verbandes abgeschnitten wird und im Verband bleibt. Der
Hohlraum, den die gewöhnliche Beckenstütze aus Metall zurücklässt, wird so
vermieden. Fink modifiziert die gewöhnliche, myrtenblattförmige Stütze so,
dass er die zwei Teile des Myrtenblattes trennt und jede an einem besonderen
vertikalen Stab eines gemeinsamen dreibeinigen Fusses fixiert. So ist eine
Platte für jede Hälfte der Nates vorhanden, die je nach Grösse des Indi-
viduums verstellbar ist. Die Vorzüge dieses Instrumentes sollen sein: 1. Ein
schmerzloses Liegen, 2. ein stabiles Liegen, 4. die Kompression der Nates.
Der Beschreibung liegt eine Abbildung bei.
Legal hat des • weiteren einen Lagerungsapparat zur Behandlung
von Gelenkerkrankungen und Frakturen der unteren Extremität erfunden;
der Apparat ist aus Bandeisen hergestellt und dient dazu, bei Kindern mit
Koxitis das Bein während eines Transportes oder während einer Operation
Sater, Yerletzungen und cbirurg. Krankheiten der unteren Extremität. 1193
zn fixieren oder die Abnahme des Verbandes ohne Assistenz zu gestatten, bei
Koxitis oder Fraktur.
Ein Apparat von Goehl (12) zur Beseitigung, der Kniegelenkskontrak-
turen, besteht aus einer Hülse mit Schraube, die das proximale Ende des
Unterschenkels schräg nach unten und vorne drückt.
Openshaw (25) beschreibt einen Apparat zum gleichen Zwecke, der
nichts Neues bietet: eine artikulierende Hessingsche Hülse mit einer vor-
deren Streckfeder.
B. Erkrankungen und Yerletzungen der Weichteile.
a) Haut und Anhangsgebilde.
1. Gohn, Die Behandlung des eingewachsenen Nagels. Zeitschr. für ärztl. Fortbildang.
Nr. 8.
2. *Ga 8 p ar i n i , Behandlung des eingewachsenen Nagels ohne Operation. Gazz. d. ospedali.
Nr. 10.
3. Holländer, Naevns hypertrophicns snbcataneus des Oberschenkels. Freie Vereinigung
der Chirurgen Berlins 10. Juli 1905. Zentralbl. für Chirurgie 1905. p. 921.
4. Milian, Actinomycose de la plante du pied etc. Ann. de Derm. et de Syphiligrapbie.
VI, 1. p. 68.
-5. Morestin, Sarcome m^Ianique de la plante du pied. Soc. anat. 1905. Nr. 6.
6. Somerville, Scrofulous ulcers of the logs etc. Brit. med. journ. 4. II. 1905. p. 244.
Beim eingewachsenen Nagel operiert man nach Cohn (1), indem man
unter lokaler Anästhesie zuerst den Nagel spaltet und entfernt und dann das
ganze Nagelbett exzidiert. Die Wunde überbautet sich in 3 Wochen.
Rezidivierende tuberkulöse Ulzerationen der Unterschenkel beobachtete
•Somerville (6), sogen. Bazinsche Krankheit. Bei der 11jährigen Patientin
entstanden die torpiden Ulcera aus Knoten in der Haut und heilten nur sehr
langsam bei diätetisch -roborierender Behandlung. Sechs Jahre später trat
an genau der gleichen Stelle ein Rezidiv auf, das durch Behandlung mit Hoch-
frequenz-Strömen geheilt wurde.
Einen Naevus hypertrophicns subcutaneus am Oberschenkel zeigt Hol-
länder (3) in der Vereinigung der Chirurgen Berlins. Beim Schnitt durch
die Geschwulst kommt man auf drei Epidermisschichten. Die Geschwulst war
sekundär nach der Haut durchgebrochen und zeigte einen Hohlraum, in dem
•die hypertrophischen Papillen flottieren.
Bei einem 18jährigen Negerjüngling beobachtete Morestin (5) ein
Melanosarkom , das einen grossen Teil der Planta pedis einnahm und nur
die Weichteile befallen hatte. Er entfernte bei dem Manne die inguinalen
Lymphdrüsen und amputierte den Unterschenkel.
Milian (4) referiert über einen Fall von Aktinomykose der Haut der
Planta pedis eines Mannes. Die Dermatologen hatten aus oberflächlich exzi-
dierten Hautpartikeln die Diagnose einer tuberkulösen Lymphangitis gestellt,
Während Milian aus einem exzidierten Hautstück die Diagnose Aktino-
mykose stellen konnte. Er wendet sich gegen die histologischen Diagnosen
der Dermatologen, die das Untersuchungsmaterial viel zu oberflächlich ent-
nehmen. Therapeutisch empfiehlt er: Versuch mit Jodkalium innerlich und
lokal Jodtinktur oder Jod-Jodkalium. Hilft das nicht, so ist die Radiotherapie
zu versuchen. Im Notfall endlich ein chirurgischer Eingriff in Form von aus-
gedehnter Kürettage mit dem Thermokauter.
1194 JahroBbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
b) Blutgefässe.
7. Arrizabalaga, Anövrysme artörioBO-yeinenx poplitö par coup de fea. Ref. in Areh.
gän. de mäd. 1905. Nr. 1. p. 58.
8. DeBenrmannetTanon, Note sur le traitement des alcörea variqaenx par le per*
ozyde de zinc. Ref. FraD^. de m^d. et de Chir. 1905. Nr. 6.
9. Garlier, Les varices dans Tarm^e et leur traitement chinirgical. Arch. m6d. et de
pharm, militaire 1905. Juin et juillet.
10. Clark, H, Case of ligatare of the profanda femorls artery, commoD femoral arterjr,
and common iliac artery on the same aide, with perfect recovery. Brit. med. joiinu
1905. Oct. 7.
11. Courtois-Saffit et Beaufamö, Phlegmasia alba dolens bei Typhas. Gaz. de»
H6p. Nr. 19.
12. Le Dentu» An^vrisme traumatique du tronc tibio-p4ronier ou de Tartdre tibiale
post^rieure pr^s de son origine gu^ri par des injections sona-cutan^es de aerum gölatine.
Bull, de Tacad. de mäd. LXIX ann. 3 sör. Nr. 15.
13. Gessner, The Matas Operation for anevriam. Annais of aurgery 1905. Nr. 1.
14. Gibbon, The Matas Operation for the eure of anevrysm. Annal. of Surg. 1905. Jaly.
15. Israel, Unterbindung der Arteria hypogastrica dextra wegen Aneurysma der Art.
glutaealis infer. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 5.
16. Ledo, £1 plombo Caminado como tratamiento por exoelencia de las ulceras yaricosas.
Rey. de med. y cirurg. pract. di Madrid 1905. Nr. 882.
17. Moreau, Contribution ä T^tude du traitement de ranävrisme du crenx poplitä par
injection de sörum gölatin^. Bull, de Facad. de möd. de Beige 1905. July.
18. Morestin, M. H., Quatre cas d'anövrysmes fömoraux. Bull, et m^m. de la soc anai
de Paris 1905. July.
18a. *Monhardo, A proposito della legatura della yena poplitea nelle yarici delle gambe.
Biyista yeneta di scienze mediche 1905. Fase. IX. (Klinischer Fall.)
19. LeRoydesBarres, An^yrisme de Tart^re femorale dans le canal de Hunter. Gax.
des höpitaux 1905. Nr. 34.
20. Schneiderlin, Radikaloperation bei Ulcus cruris. Manch, med. Wochenschr. 1905.
Nr. 18.
21. Schwarz, D., Ein Fall yon beiderseitigem Aneurysma der Art. poplitea. Ligatur der
Femoralis. Heilung. (Kroatisch). Ref. im Zentralbl. f. Chirurgie 1905. p. 336.
22. "Venot, An^yrisme traumatique de la tibiale post^rieure. Jonm. de m^d. de Bord.
1905. Nr. 46.
Über ein Aneurysma arterio-venosum der Poplitealgegend durch Geschoss-
verletzung berichtet Arrizabalaga (7). Zur Behandlung wurde der Sack
gespalten, geleert und die Gefässe unterbunden. Die Naht der Kommoni-
kationssteile war unmöglich, da ein Defekt der Gefässe vorlag. Es trat Hei-
lung nach vorübergehender Störung der Zirkulation ein.
Gibbon (14) empfiehlt auch für das fusiforme Aneurysma die yüd
Matas angegebene Operation. Er teilt den Fall eines 31jährigen Negers
mit, bei dem er ein Popliteal-Aneurysma mit Erfolg so behandelt hat. Der
Sack des Aneurysma wurde nach Schluss der Öffnung in der Arterie durch
Reihen von Catgutnähten zur Obliteration gebracht — Gessner (13) be-
richtet ebenfalls über diese Methode, die darin besteht, dass nach Spaltung
des Sackes unter Esm arch scher Blutleere die in den Sack mündenden
grossen Gefässe mit Chromcatgut zugenäht werden und dann der Sack zur
Hälfte genäht und das andere austamponiert wird.
Mit Unterbindung der Arteria femoralis vor ihrem Eintritt in den Ad-
duktorenschlitz heilte Schwarz (21) einen 49 jährigen Patienten mit Aorten-
Stenose und Insuffizienz, der beiderseitiges Aneurysma der Arteria poplitea
hatte, nachdem die systematisch durchgeführte Digitalkompression keinen Er-
folg gehabt hatte. Morestin (18) hat 4 Fälle von Aneurysma der Arteria
femoralis operativ behandelt. Bei einer 74jährigen, marantischen Frau wurde
Sater, YerleiziingeD und chinii^. Krankheiten der unteren Extrem itAt. 1195
die Art. iliaca unterbunden, die Frau starb. Bei einer 45 jährigen Frau war
der Erfolg der gleiche. Es wurden zwei Aneurysmen der Femoralis entfernt,
die die ganze Arterie am Oberschenkel einnehmen und von denen das eine sehr
gross war. Diese zwei Fälle verliefen gut bei einem 41 und einem 42 jährigen
Neger. Beide waren syphilitisch; bei beiden konnte der Sack in toto ent-
fernt werden. — Auch Le Roy des Barres (19) hat bei einem 55 jährigen
Manne ein faustgrosses Aneurysma der Gegend des Adduktorenschlitees mit
Exzision geheilt.
Mit Gelatineinjektionen haben LeDentu (12) und Moreau (17)
Aneurysmen behandelt. Im Falle Le Dentus handelte es sich um ein
Aneurysma traumatischer Entstehung der Arteria poplitea an ihrer Teilungs-
stelle. Da die Exstirpation wegen Gangrängefahr nicht gewagt wurde, wurde
mit Injektionen von je 200 ccm 2^/oiger Gelatinelösung in Stägigen Inter-
vallen behandelt und Heilung erzielt. Die Behandlung dauerte 4 Monate.
Moreau (17) machte bei einem 44jährigen Schlosser mit Aneurysma
der Poplitea eine gleiche Gelatineinjektion am Oberschenkel. Es tr^^t dann
unter Fieber Gangrän des Unterschenkels ein und es musste im Oberschenkel
oberhalb des Aneurysma amputiert werden.
Wegen eines sehr grossen Aneurysma der Art. glutaealis inferior unter-
band Israel (15) die Arteria hypogastrica dextra. Das Aneurysma bildete
sich zurück. Vorübergehend entstand Schwellung beider Unterschenkel.
Clark (10) hat bei einem 26 jähr. Manne, der eine Stichverletzung der
Art. profunda femoris erlitten hatte, nacheinander im Intervall von wenigen
Tagen die Arteria profunda mit ihrer Vene, die Arteria femoralis unter dem
Poupartschen Bande und endlich die Iliaca communis unterbunden, ohne
dass das betreffende Bein Schaden nahm.
Courtois-Suffit (11) berichtet über einen Fall einer Phlebitis, die
im Anschluss an eine Lymphadenitis inguinalis als posttyphöse Komplikation
aufgetreten war. Der Verlauf ist ungewöhnlich, da die Lymphadenitis selten
zur Phlebitis führen soll. Der Fall (28jährige Frau) wird in extenso mit-
geteilt.
Beim Ulcus cruris und beiVaricen empfiehlt Schneiderlin (20)
die Peritomie nach Wenzel, d. h. die zirkuläre Durchtrennung der Haut
des Oberschenkels mit Ligatur der Venen und nachheriger exakter Hautnaht.
— Er hat mit der Methode sehr gute Resultate erzielt. Sind Varicen da,
so empfiehlt es sich, dieselben noch 10 cm weit zu resezieren. — Gar Her (9)
empfiehlt nach seinen Erfahrungen in der Armee bei 43 Operierten die Re-
sektion der Vene nach Trendelenburg, sobald die Varicen unbequem
sind, oder zu Komplikationen geführt haben. Er macht die Resektion immer
an drei Stellen: der Einmündungsstelle und an der Grenze des mittleren mit
dem oberen und dem imteren Drittel. Von 32 operierten Soldaten wurden
alle bis auf einen wieder dienstfähig.
DeBeurmann undTannon (8) empfehlen bei chronischer, infizierter
Ulzeration eine Salbe mit 20 ^/o Zinksuperoxyd, deren Wirkung eine vorzüg-
liche sein soll.
Ledo (16) empfiehlt als sicher wirkende Behandlungsmethode des Ulcus
eine ^/lo mm dicke Bleifolie auf das mechanisch gut gereinigte Geschwür
aufzubinden. Die Folie hat am Rande einen Ausschnitt, um das Geschwür-
sekret abfliessen zu lassen. Die Platte wird alle 24 Stunden gewechselt und
auch nach Vemarbung des Ulcus noch eine Zeit auf der jungen Narbe getragen.
1196 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
c) Nerven.
23. Cotte, Taberculose inflammatoire. Sciatiqae familiale d*origine tuberciüease. Beyoe
d'ortb. 1905. Nr. 6 et Gaz. des HöpiUux 1905. Nr. 103.
C 0 1 1 e (23) hat bei einer 68jährigen Frau und deren 26 jährigen Tochter,
die beide in der Jugend ^ skrofulös^, zur Zeit der Ischias tuberkulös waren,
eine Ischias beobachtet, die er prognostisch als sehr schlechtes Zeichen auf-
fasst. Die Mutter hatte seit 10 Jahren tuberkulöse Lungenaffektion und litt
an Ischias und endlich an Kniegelenkstuberkuiose. Die Tochter hatte neben
der Ischias Schmerzen in den verschiedensten Gelenken. Cotte hält diese
Affektionen für entzündliche Tuberkulosen und hebt als typisch hervor die
Aufeinanderfolge von Gelenkschmerzen und Neuritis. Beide Affektionen ver-
danken ihre Entstehung den Toxinen des Koch sehen Bazillus. (Siehe auch
darüber die Poncet sehe Auffassung des Pes valgus als tuberkulöse Er-
krankung.)
d) Sehnen, Sehnenscheiden, Faszien, Muskeln, Schleimbeutel,
Lymphgefässe und Lymphdrüsen.
23a. Alessandri, R., Gura dei piedi torti paralitici cogli innesti e trapianti tendinei.
BollettiDO della R. Accademia medica di Roma. Anno XXXI. Fase. 1.
24. Anzoletti.Il tricipite surale nei trapianti tendinei. Arch. di ortopedia 1905. Nr. 3.
25. y. Barafz, Tendinitia acfaillea arthritica als eine besonder«) Form der Achilleasehnen-
erkrankung. Zentralbl. f. Chir. 1906. Nr. 1.
26. B lenke, Ober Lähmungen im Gebiete der Unfcerachenkelnerven bei Rfibensrbeitem.
Zentralbl. f. physikal. Therapie 1905. Bd. I. Qeft 12.
27. Drehmann, G., Eine typische Erkrankung der Achillessehne. Zentralbl. f. Chir. 1906.
Heft 1.
28. Fischer, B., Über ein Embryom der Wade. Mfinch. med. Wochenschr. 1905. Nr. 33.
29. De Ga6tano, Di un liofangioma enorme della coscia. Giorn. intemat. delle scienze
med. Vol. XXV.
30. Guillaume-Louis, Ruptare de tendon quadricipital. Arch. g^n. de m^ 1905. Nr. 5.
p. 274.
31. Hoff mann, P., The operative treatment of housemaid's knee. Amer. Joam. of Orthop.
Sarg. 1904. Oct. Ref. in Brit. med. Joum. 14. I. 1905. Lit-Beil. p. 6.
31a. Ingianni, Calcificazione del tendine d' Acbille come postnmo raro della AchiUo-teno-
tomia. Gazzetta degli ospedali e delle cliniche 1905. Nr. 120.
32. Ei r missen, Angiome calcifi^ du triceps crural etc. Bull, et möm. de la Soc. de Cbir.
de Paris XXXI, 1. p. 19.
33 Morel, L. E., Fibro-sarcome pr^pubien. Soc. anat. de Paris 1905. Nr. 4.
34. Morestin, Enchondrome du gros orteil. Soc. anat. 1905. Nr. 6.
35. Quänu, E. et P. Duvel, Traitement op^ratoire des ruptures sus-rotnliennes da qaadri-
ceps. Revue de chir. XXV.
36. Roch, Tröpidation ^pileptoYde du pied. Rev. med. de la Suisse romande 1905. Oct 20.
p. 722.
37. Schanz, A., Eine typische Erkrankung der Achillessehne. Zentralbl. f. Chimrg. 1905.
Nr. 48. p. 1289.
38. S trau SS, M., Zur Kenntuis der sogen. Myositis oasificans traumatica, y. Langen-
becks Archiv. Bd. LXXVIII. Heft 1.
39. Toussaint, Ezostoses mobiles et boursite träum atique de la patte d'oie. Rev. d'orthop.
1005. Nr. 1.
40. *Vi]lar, Rupture sus-rotulienne du quadriceps. Joum. de möd. de Bord. 1905. Nr. 50.
Anzoletti (24) bespricht die Verhältnisse, die der Triceps surae zur
Sehnentransplantation bietet. Der Gastroenemius lässt sich leicht der Länge
nach in 2 Hälften teilen, die völlig voneinander unabhängig sind und den
Suter, VerletzuDgen und ehimrg. Krankheiten der imieren Extremität. 1197
zw^ei Köpfen entsprechen. Der Solens lässt sich vom Gastrocnemins ab*
abtrennen und sich in zwei Hälften trennen. Der Gastrocnemins, der mehr
Exkorsionsmuskel ist, eignet sich znm Ersatz der dorsalen Extensoren, der
Selens, der mehr Kraftmiiskel ist, zum Ersatz der tiefen Wadenmuskeln oder
der Peronaei.
Guillaume-Louis (30) berichtet über eine bei einem 46jährigen
Mann mit Erfolg durch Naht behandelte Quadrizepssehnenruptur und schliesst
daran eine Betrachtung über die anatomische Struktur dieser Sehne. Sie setzt
sich aus den vier Teilen des Quadrizeps zusammen, die in verschiedenen
Richtungen zusammenkommen. Die Naht des zerrissenen Bandes ist die
einzige rationelle Behandlung. Quenu und Duval (35) behandeln dasselbe
Thema und anerkennen als einzige rationelle Behandlungsmethode die Naht.
Die Naturheilung hat deshalb eine schlechte Prognose, weil die Diastase
meist eine grosse ist, und die Wundränder des Muskels sich aufrollen. Die
Naht soll am 3. oder 4. Tage ausgeführt werden. Es wird ein Querschnitt
gemacht, die Muskelränder werden geglättet, durch Bandapparat und Knie-
scheibe wird ein Silberdraht gelegt und die Weichteile werden mit Zwirn
genäht. Bis zum 21. Tage liegt ein Gipsverband, dann beginnt die Nachbe*
handlung im Gehen.
AI essandri (23a) berichtet über drei von ihm mit Sehnenpfropfungen
und Überpflanzungen operierte Fälle von Pes varo-equinus paralyticus.
Da im ersten Falle die M. peronei gelahmt waren und der Tib. ant.
nur geschwächt, halbierte er die Achillessehne und pfropfte die äussere Hälfte
derselben auf die peripheren Stümpfe der quer abgeschnittenen Peronei.
Im zweiten Falle führte er die periostale Sehnenüberpflanzung nach
Lange aus, indem er die Sehne des Tib. ant. spaltete und die äussere Hälfte
derselben (unter den Extensorensehnen hindurch) auf das Periost des Cuboides
führte und dort inserierte.
Im dritten Falle nahm er die Verlängerung der Achillessehne vor und
pfropfte die Sehne des noch kräftigen Extens. proprius hallucis auf die
Sehne des stark geschwächten Tib. ant.; der peripherische Stumpf des Ext.
propr. hall, wurde mit der nächstgelegenen Sehne des Extensor communis
verbunden.
Im ersten und dritten Falle war der postoperative Erfolg ein vorzüg-
licher und führte zu vollständiger Heilung, im zweiten Falle trat nach kurzer
Zeit Rezidiv ein. R. Giani.
Roch (36) hat in einem Falle von Verletzung der Wadenmuskulatur
bei einem 14 jährigen Jüngling als vorübergehendes Symptom einen starken
Fussklonus beobachtet. Die Wunde hatte sich unter Fieber infiziert und
eiterte stark. Der Klonus trat bei der aktiven und passiven Dorsalflexion
auf und erlaubte dem Kranken in der Rekonvaleszenz nur auf den Fuss-
spitzen zu gehen. Späterhin unter dem Einfluss von Bewegung und Massage
verlor sich das Phänomen.
Die Beobachtung spricht dafür (es fehlte bei dem Knaben jedes Zeichen
einer Gehirn- oder Nervenkrankheit), dass der Fussklonus nicht ein zentraler
Reflexvorgang zu sein braucht, sondern ohne Beteiligung von Nervenzentren
entstehen kann.
Schanz (37) beschreibt als noch unbeschriebene Krankheit die beim
Militär so häufig zu beobachtende (Ref.) Tendinitis achillea traumatica: eine
schmerzhafte Anschwellung der Achillessehne., welche sich im Anschluss an
1196 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
übermässige Inanspruchnahme dieser Sehne entwickelt. Schanz fahrt die
Erkrankung auf eine Verdickung der Sehne selbst zurück. Zur Therapie
empfiehlt er Fixation des Fusses in leicht plantarfiektierter Stellung durch
einen plantaren Heftpflasterstreifen, der vom Zehenansatz bis über die Wade
hinaufreicht und der mit Zirkulärtouren fixiert wird.
Drehmann (27) betont ebenfalls die Häufigkeit der Affektion and be-
zeichnet sie ebenfalls als Tendinitis zurückzuführen auf Überanstrengung und
Druck des Schuhwerks. Die Affektion kommt oft doppelseitig vor, eine
Sehnenruptur, wie es Schanz für möglich hält, spielt dabei keine Rolle.
Baragz (25) hat die Affektion auch beobachtet und zwar speziell im
Winter bei beleibten an Gicht und Rheumatismus leidenden Patienten, bei
denen sie oft rezidiviert und häufig einer Anstrengung folgt. Er hält die
Affektion für eine gichtige Ablagerung von Uraten in der Sehne; also Ten-
dinitis achillea arthritica. Therapeutisch empfiehlt er wie Schanz einen
Heftpflasterverband.
(Diese eben beschriebene Affektion wird beim schweizerischen Militär,
das jährlich nur für einige Wochen zum Dienste eingezogen wird und sich
dann sehr starken Anstrengungen aussetzen muss, speziell beim nassen
Wetter sehr häufig beobachtet. Sehr häufig ist bei der Affektion starke
Krepitation zu beobachten. Ref.)
Ein Patient Ingiannis zeigte, der Achillessehne entsprechend, einen Wulst
mit beständigem Schmerz, der beim Gehen heftiger wurde. Die Radiographie
wies in der Dicke der Sehne einen opaken Körper nach. Die Diagnose wurde
auf Verkalkung der Achillessehne gestellt. Die Ursache wird von Ingianni
{31a) in der Tenotomie gesucht, die Pat. in der Kindheit zwecks Korrektion
des Pes varo-equinus erfuhr. Die Operation hatte Eiterung im Gefolge, so
dass nach Abstossung der abgestorbenen Teile wahrscheinlich ein Stück
narbigen Bindegewebes zwischen den beiden Stümpfen zurückblieb und ein
für eine Kalkinfiltration prädisponierendes Verhältnis geschaffen wurde. £s
scheint, dass Patient als Kind eine Kur mit Kalziumphosphat gemacht hat,
welches Salz sicherlich nicht vollkommen eliminiert worden ist. Diese Er-
klärung erscheint dem Verf. als die allein mögliche. R. Giani.
Eine mobile traumatische Exostose in der patte d'oie (Schleimbeutel
unter den Sehnen des Sartorius, Semitendinosus und Gracilis) beobachtete
und operierte Toussaint (39). Er nimmt für die Entstehung ein Trauma
an, das durch Keimversprengung von dem oberen Tibia-Epiphysenknorpel zur
Entwickelung der Exostose Veranlassung gegeben hatte. Der Patient war zur
Zeit der Operation 23 Jahre alt, hatte also im Alter von 18 Jahren, als ihn
-das fragliche Trauma traf, noch einen aktiven Epiphysenknorpel.
Hoff mann (31) empfiehlt zur Operation der Bursitis praepatellaris
ein Tenotom oder einen speziellen Skarifikator in die Bursa einzustechen und
die Innenfläche ausgiebig zu skarifizieren. Der Inhalt der Bursa wird aus-
gedrückt und dann für 14 Tage ein fester Kompressionsverband angelegt.
Narkose ist nicht nötig, ebensowenig Bettruhe. Der Operierte darf sofort
wieder arbeiten, nur nicht knieen. Hoff mann hat die Operation 104 mal
gemacht und 98 primäre Heilungen erzielt. Zweimal musste die Operation
zweimal, in 4 Fällen dreimal ausgeführt werden.
Strauss (38) behandelt im Anschluss an eine Beobachtung, die ihm
durch die Operation Material zur histologischen Untersuchung lieferte und
an Hand der Literatur die Myositis ossificans. In seinem Fall betraf
Soter, Verleizangen nnd diirarg. Krankheiten der unteren Eztremitftt. 1199
die Affektion die Oberschenkelmusknlatar. Nach Stranss ist das Wesen des
Prozesses noch nicht mit Sicherheit klar gelegt. Es gibt Fälle, die lediglich
Yom Muskelgewebe ausgehen, andererseits gibt es aber Fälle, die von peri-
und parostalen Gewebe ausgehen. Bei den meisten Fällen ist das Periost
wohl mit verletzt und setzt sich durch Bindegewebe oder Knochen mit dem
Prozess im Muskel in Verbindung. Im Muskel selbst kommt das Perimysium
intemum für den Verknöcherungsprozess in Frage; die Muskelfasern zeigen
degenerative und entzündliche Veränderungen. — Das klinische Bild der
Kraukheit ist in der Arbeit bis in alle Details besprochen. — (Siehe auch
Bode unter Erkrankungen des Oberschenkelknochens.)
Blenke (26) beschreibt als typische Beschäftigungsparese bei Rüben-
arbeitem eine Lähmung der von Peroneus und von Tibialis versorgten Unter-
schenkelmuskeln. Die Parese entsteht durch Druck der kontrahierten Muskeln
in der lange dauernden hockenden Stellung. Blenke hat 3 Fälle dieser
Parese beobachtet, die nach 2 — 8 Wochen durch eine Behandlung mit Elek-
trizität und Massage geheilt wurden.
Kirmisson (32) berichtet über ein 14 jähriges Mädchen mit heftigen
Schmerzen in der Streckmuskulatur des Oberschenkels oberhalb der Patella,
die einem intramuskulären Angiom ihre Entstehung verdankten, das einige
verkalkte Stellen aufwies. Das Angiom war aus dem letzteren Grunde
radiographisch nachweisbar gewesen. Die Operation brachte Heilung.
Fischer (28) beobachtete bei einem Ö7 jährigen Manne ein Embryom
der Wade, das sich im Laufe von 6 Jahren in der Muskulatur entwickelt
und schliesslich den Charakter eines Myxosarkoms angenommen hatte. Die
Beobachtung wurde bei der Sektion des an Miliartuberkulose verstorbenen
Mannes gemacht und ergab, dass die Geschwulstmassen zwischen die Muskeln
und zwischen die Muskelbündel gewuchert waren. Der Tumor enthielt viele
Zysten, deren Wand mit Schleimhaut und mit Darmschleimhaut ausgekleidet
war. Daneben fanden sich knorpelige, verkalkte und knöcherne Herde.
Ein gewaltiges zystisch-kavernöses Lymphangiom des Oberschenkels be-
obachtete und operierte Gaetano (29). Die Geschwulst hatte sich bei dem
31jährigen Manne vom 19. Jahre ab entwickelt. Sie war einmal aufgebrochen
und hatte 10 — 20 Liter einer lymphartigen Flüssigkeit entleert. Ein Teil
des Tumors war früher auch operiert worden. Die Geschwulst kam aber
wieder und dehnte sich vom Oberschenkel in die Lumbaigegend und das
Hypochondrium aus. Durch die Operation wurde Heilung erzielt.
Ein eigrosses Enchondrom der grossen Zehe bei einem Neger hat
Morestin (34) beobachtet. Er exartikulierte bei dem Manne den 1. Meta-
tarsus mit der Zehe und konnte konstatieren, dass der Tumor nicht vom
Knochen, sondern vom Periost oder dem Bandapparat in der Gegend des
Metatarso-Phalangealgelenks ausging.
Morel (33) berichtet über ein Fibrosarkom, das er bei einem 45 jähr.
Manne entfernte. Der Tumor sass präpubisch der Scheide des Musculus
rectus auf und schien von derselben auszugehen.
e) Varia.
40a.Bo8si, U piede piatto. Arch. di ortopedia 1905. Nr. 3, i, 6.
41. ßarriöre, Gangräne de la jambe par art^rite infectieuse de la poplit^e, ampotation
de cuisae avec r^union par premiäre intention. Arch. de möd. et de pharm, militairea
1905. Nr. 11.
1200 Jahresbericht ffir Chirargie. II. TeiL
42. ^BiDdi, Peritheliom der Hüfte. Riform. med. Nr. 49.
42a. Gern ezzi, A., Mal perforante del piede guarito con lo stiramento del nerTo plantare
iDterno. La Riforma medica 1905. Settembre.
43. Dawbarn, Result of Operation ten years ago for Morton's metatarsalgia. Annala of
Surgery 1905. Nr. 5. p. 776.
44. Delbet, P.| Arthrod^e de Tarticulation mödio-tarsienne. Ball, et möm. de la soc. de
Chir. de Paris. T. XXIX. p. 1207.
45. Doartle, Le pied blennorrhagique et la talalgie. Revue fran9aif«e de möd. et de cbir.
1905. Nr. 27.
46. Fontoynont-Jonrdran, L'alcöre malgache etc. Presse m^d. 1905. Nr. 4.
47. *IdelBohn, Schmerzende Fflsse. Petersb. med. Wochenschr. Nr. 7.
48. Lucas, Accidentai electrocution causing extensive gangrene of extremities. Brit med.
joum. 21. L 1905. p. 134.
49. *MoIiniö, Orteil en marteau. Rösection et enchevillement de Tarticulation des deux
Premiers phalanges. Joum. de möd. de Bord. 1905. Nr. 31.
49a. Muse atello, 6., Sul piede piatto post-gonorroico. Archivio di Ortopedia 1905.
50. *Neumann, Die Behandlung der Gangrän etc. Zeitschr. f. ärztl. Fortbildung. Nr. 8.
51. Oppenheim, Die patholog. Anat des indischen Madurafusses etc. Arcb. f. Derm. a.
Syph. 71. 2 u. 3.
52. P^raire, Deux cas de m^tatarsalgie (N^vralgie de Morton); interrention op^ratotre.
Gu^rison. 8oc. anat. 1905 Oct
53. Pochhammer, Über Fusssohlenschmerz. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 80.
54. Pens, Gangrdne de la jambe cons^utive k une thrombose de la veine fömorale. Soc
anat. 1905. Nr. 7. p. 645.
54a. *Severino, G.» Intomo ad un caso di piede tabico studiato specialmente con l'aiuto
dei raggi Roentgen. (Storia, varietk cliniche e patogenesi delle osteo-artropatie del piedel.
La clinica moderna 1905. Fase. 23. (Titel besagt Inhalt.)
55. Thövenot, L., La tarsalgie des adolescents de nature tuberculeuse. Revue d'ortho-
p^die 1905. Nr. 2.
56. — et Gauthier, Tuberculose inflammatoire. Tarsalgie des adultes d'origine tuber-
culeuse. Revue d'orthop^d. 1905. Nr. 4.
57. *yeyra88at, Des niedres simples de jambe par la Solution physiologique chaude. La
semaine möd. 1905. 6 Sept.
58. Zesas, D. G., Ober das intermittierende Hinken. Fortschritte der Medizin 190d.
Nr. 7 u. 8.
Das Ulcus Malgache ist eine phagedänische Ulzeration, ganz be-
sonders der unteren Extremität, die sich in Madagaskar, speziell in dea
sumpfigen Gegenden findet. Sie entwickelt sich sehr rasch und bedeckt sich
mit einem diphtheritischen Belage. Das Ulcus findet sich nicht nur in Mada-
gaskar, sondern auch in anderen tropischen Gegenden. Fontoynont und
Jourdrau (46) vergleichen diese Affektion mit dem fast unbekannt gewordenen
Hospitalbrand an Hand der früheren klassischen Beschreibungen. Das Ulcus
Malgache tritt nicht als spezifische Affektion auf, sie schliesst sich immer
an eine Läsion der Haut an, die ursprünglich durchaus harmloser Natur
schien. Das Ulcus tritt entweder in rein geschwüriger Form auf, anfanglich
mit weichem, scharfem, sehr dolentem Rande, später mit derbem, kallösem
Rande und kann so Jahre lang bleiben, oder es nimmt die hypertrophierende
Form an, in die es aus der ulzerösen Form übergeht. Die Autoren haben
mit der Tappein ersehen Eosinmethode sehr gute therapeutische Erfah-
rungen gemacht. Die Ulzeration wird täglich mit 5®/o Eosinlösung bepinselt
und der Sonne ausgesetzt. Selbst alte Ulzerationen waren so zur Heilung zu
bringen.
Oppenheim (51) beschäftigt sich mit der Histologie und Mykologie
des Madurafusses. Für die gelbe Varietät der Affektion bestätigt er das
Vorhandensein eines aktinomycesahnlichen Streptothrix. Für die schwarze
Snter, Verletzangeii und chirarg. Krankheiten der unteren Extremitftt. 1201
Varietät konnte er die Stellung des Pilzes nicht genau fixieren; er steht den
Schimmelpilzen nahe und ist keine Aktinomyces-Art. Die schwarze Farbe
dieser Varietät führt er auf chemisch veränderten Blutfarbstoff zurück.
Aus einem Falle von perforierendem Ulcus des Fusses, der von ihm
mittelst Dehnung des N. plantaris intern, und Plattdrücken des Nerven
zwischen einem Klemmer zur Heilung gebracht wurde, nimmt Gern ezzi (42a)
Veranlassung zur Anstellung einiger Betrachtungen über die Technik dieses
Operationsaktes und über die Hinzufügung der Neurotripsie zur Dehnung.
Ausserdem nimmt er für Prof. Parona die Priorität des Vorschlags der
Dehnung des kranken Nerven bei perforierendem Fussgeschwür in Anspruch
(Parona, Gazzetta degli ospedaH 1882. p. 755). R. Giani.
Über den Erfolg einer Resektion des Köpfchens des 4. Metatarsal-
knochen wegen Mor tonscher Metatarsalgie 10 Jahre nach der Operation
berichtet Dawbarn (43). Die Heilung von den Schmerzen erfolgte sofort,
und war eine permanente ohne Deformität des Fusses. Die Resektion des
Köpfchens wurde gemacht, um den Nerv vom Drucke, dem er zwischen den
zwei Metatarsalköpfen ausgesetzt war, zu befreien. Die ursprüngliche Mor-
ton sehe Operation besteht in der Resektion des ganzen Gelenkes; von ein-
zelnen Chirurgen wird ausser dem Gelenk auch noch die Zehe mitgenommen,
andere resezieren nur ein Stück des Nervs.
Delbet (44) hat in einem Falle von Tarsalgie bei einem 16jährigen
Manne, dessen Fuss durch Kontraktursteilung völlig unbeweglich geworden
war, das schmerzhafte Gelenk zwischen Calcaneus und Cuboid durch Arthro-
dese auf der einen Seite versteift. Da der Patient mit dem Erfolg sehr zu-
frieden war, wurde auf der andern Seite das ganze Chopartsche Gelenk
versteift. Der Erfolg der Operationen ist gut, aber erst 6 Wochen alt.
Th^venot (55) und Thevenot und Gauthier (56) vertreten die
Theorie ihres Lehrers Poncet von der Entstehung des entzündlichen Platt-
fusses im Säuglingsalter durch Tuberkulose. Sie halten Plattfüsse bei Er-
wachsenen häufig für tuberkulös und fordern auf, in jedem Falle genau in
dieser Richtung Nachforschungen anzustellen. Sie teilen zwei Beobachtungen
an einem 27 und einem 34jährigen Manne mit, ohne aber den wissenschaft-
lichen mikroskopischen oder histologischen Beweis für die Richtigkeit ihrer
Auffassung erbringen zu können, da z. B. die Gonorrhöe nicht mit Sicherheit
ausgeschlossen scheint. Bei den Kindern verläuft diese Tuberkulose mit Ein-
schmelzung des Knochens, bei Erwachsenen unter der Form einer Garies sicca
und führt zur Ankylosierung.
Dourthe (45) beschäftigt sich mit der Tarsalgie auf dem Boden der
Gonorrhöe. Die AfFektion beginnt gewöhnlich in der dritten Woche der Blen-
norrhagie am Talus ganz unmerklich und entwickelt sich zu einer Arthritis
des Fussgelenks, die chronisch werden kann und sich über lange Zeit hin-
zieht. Therapeutisch ist die Aflfektion sehr renitent. Dourthe empfiehlt
Injektionen von salizylsaurem Natron in Vaselinöl : alle 2 — 3 Tage 1 ccm von
einer 2 Vo igen Lösung. Die Behandlung kann ambulant durchgeführt werden
und führt langsam zur Heilung.
P6raire (52) berichtet über zwei Fälle von Metatarsalgie, die er mit
Resektion der befallenen Metatarsalköpfchen behandelte und heilte. In dem
einen Falle war es das 2.-5. Köpfchen (das Röntgogramm ergab Subluxation
der Knochen seitlich und nach unten) im andern Falle das Köpfchen des
2. Metatarsus allein.
Jahresbericht fDr Cbimrgie 1905. 76
1202 JahreBbericht fOr Chirargie. IL l'eil.
Zesas (58) bespricht die Symptomatologie und Pathogenese des inter-
mittierenden Hinkens: im typischen Falle stellt sich bei den Kranken, die in
der Ruhe und am Anfang des Gehens sich völlig wohl fühlen, nach 5—30
Minuten Gehens plötzlich Schmerzen und Gehstörung ein. In einzelnen Fällen
führt die Arteriosklerose, die sich durch Anomalie des Pulses der Fnssarterien
manifestiert, zu Gangrän der Zehen. Die atypischen Fälle sind oft nicht
leicht zu deuten.
Muscatello (49a) beschreibt den klinischen Fall eines 19jährigen
Burschen, der mit post-gonorrhoischem Plattfuss behaftet war. Es handelte
sich um einen Matrosen, bei dem infolge von Harnröhrengonorrhöe eine
gonorrhoische Arthritis des Mittelfussgelenkes beider Füsbe auftrat. Noch
nicht gut geheilt musste er sich schweren Handarbeiten unterziehen, die
langes Aufrechtstehen und Heben schwerer Gewichte erforderten. Allmählicb
setzten sich beide Füsse in dauernde Valgusstellung und platteten sich ab,
so dass schliesslich das Gehen schmerzhaft und sehr erschwert wurde. Nach
Nachweisung des Zusammenhanges zwischen der Arthritis medio-tarsica nnd
der gonorrhoischen Harnröhrenentzündung erklärt Verf. die Entstehung des
Plattfusses durch eine Alteration der Fussknochen und -Bänder, ähnlich der,
die von anderen Autoren bei der gonorrhoischen Handwurzelgelenkentzündiing
beobachtet wurde, und welche in einer Ernährnngsveränderung des Knochens
mit Resorptions- und Umbildungsvorgängen der Trabekeln besteht
Die von dem Patienten ausgehaltenen Anstrengungen würden die be-
stimmende Ursache bilden. R. Giani.
Pons (54) beschreibt einen Fall von Unterschenkelgangrän im Anschlnss
an eine Thrombose der Vena femoralis nach Oberschenkelfraktur. Der
35jährige kräftige Mann hatte durch schwere Kontusion eine Oberschenkel-
fraktur erlitten, die mit Extension behandelt wurde. Zehn Tage nach dem
Unfall trat akut die Gangrän auf. Die Untersuchung der Gefasse nach der
Amputation im Oberschenkel ergab Durchgängigkeit der Arterie und Throm-
bose der Vene.
Barriere (41) sah im Anschluss an ein Gesichtserysipel eine Unter-
schenkelgangrän entstehen, welche die Amputation im Oberschenkel erforderte;
es trat primäre Heilung ein. Die Gangrän wurde durch eine obliterierende
infektiöse Arthritis der Tibialis portica und poplitea hervorgerufen.
Lucas (48) berichtet über eine Starkstrom Verletzung (10 000 Volt) bei
einem 15jährigen Knaben. Es entwickelte sich Gangrän eines Armes nnd
beider Beine durch Arterienthrombose und die drei Extremitäten wurden
amputiert. Der Verletzte starb am 9. Tage. Im Anschluss an diese Mit-
teilung weist Jellinek darauf hin, dass Ströme von 100 Volt Vorsicht ver-
langen, Ströme von 200 und mehr gefahrlich sind, Ströme von 400 Volt tödlich.
Von wesentlicher Bedeutung ist die Unterlage, auf der der Getroffene steht,
ob dieselbe eine gut leitende ist oder nicht.
Bossi (40a) behandelt den Gegenstand des Plattfusses im Sinne modemer
Forschung sowie in erschöpfender Weise und seine Arbeit besteht, ausser
einem Kompilationsteile, welcher die diesbezüglichen wichtigsten Veröffent-
lichungen berücksichtigt, aus persönlichen Beobachtungen. Im Kapitel
des kongenitalen Plattfusses beschreibt Verfasser in der Tat zwei Fälle tuo
angeborenen Fussluxationen. Solche Deformität ist mit der von Volk mann
nicht zu verwechseln und lässt sich mit keiner anderen Beschreibung ver-
gleichen. Bei derselben ist der Fuss nach aussen von der Tibioperonealgabel
Suter, Verletzungen und cbirarg. Krankheiten der unteren Extremität. 1203
Itixiert. Das Schien- und Wadenbein liegen an der inneren Seite das eine
vor dem anderen und nicht etwa das Wadenbein an der äusseren Seite des
Schienbeines ; der umgewandte Fuss berührt den Boden mit der inneren Fläche
des Fersenbeines, während der Fersenhöcker nach aussen sieht; vom stützt
sich der Fuss mit allen Köpfchen der Mittelfussknochen. Das untere Ende
der Tibia und der laterale Knöchel lehnen sich an den Boden und daselbst
stellt die bedeckende Haut als Druckzeichen Schwielen dar. Keine Bildungs-
bemmung seitens des Waden- und Schienbeines; dagegen hat der operative
Eingriff in beiden Fällen eine Umfangsabnahme des Talus wahrnehmen lassen.
Als Behandlung wurde in einem Falle die Tibiotarsalresektion vorgenommen,
während im anderen die verschobenen Knochen blossgelegt, das untere Ende
der Fibula durch einen auf der äusseren Seite des Unterschenkels geführten
Schnitt isoliert und mittelst eines Hebels auf die äussere Seite des Schien-
beines gebracht wurde. In der somit wiederhergestellten Tibiofibulargabel
lurde der Fuss in die richtige Lage zurückgeführt. Nach dem operativen
Eingriffe blieb eine leichte Valgusstellung zurück, welche durch die segmen-
täre Osteotomie der Tibia verbessert wurde. Auch das spätere Ergebnis war
in diesem letzten Falle vortrefflich. Indem Verf. die Ätiologie des statisch-
mechanischen resp. funktionellen Plattfusses erörtert, so stellt er die Ver-
mntnng auf, dass die Ursachen dieses letzteren auch im angeborenen und
erworbenen im Fusse selbst und ausser ihm liegenden Momenten zu suchen
sind. Solche Annahmen wären durch die vom Verf. durch Beobachtungen an
der Leiche erforschte Tatsache bestätigt, dass die Fusswölbung des Neuge-
borenen einen von 108 — 140® schwankenden Winkel und sogar bei demselben
Individuum einen Winkel von 114® an der einen Seite und von 140® an der
anderen darstellen kann. Ausserdem fand er durch an Leichen ebenfalls von
Neugeborenen angestellte Messungen, dass der Torsionswinkel des Femur-
halses von einem Minimum von 6® zu einem Maximum von 44® schwankt
und bei demselben Lsdividuum Unterschiede von 1 — 11® an den beiden Seiten
zeigen kann. Solche verschiedene Orientierung des Femurhalses soll nach
Verf. einen Einfluss in der Verteilung der Körperlast auf den Fuss ausüben
und somit eine erhebliche Bedeutung in der Ätiologie des erworbenen Platt-
fusses anerkennen. Mit dem Zweck der Pathogenese des Plattfusses und ins-
besondere die architektonische Fussstruktur zu erforschen, hat Verf. den
V. Meyer sehen Versuch in der Art jedoch ausgeführt, dass er den dagegen
von Steudel erhobenen Einwand umgeht Dazu unterwart* er einen in den
Bändern präparierten Fuss einer dauernden Belastung von 50 kg und be-
stätigte bei mehreren Versuchen stets, dasfc^ der Höcker des fünften Meta-
tarsalknochens den Boden nicht berührte und, dass man solchen Knochen in
seitliche Bewegungen setzen konnte, während die anderen Mittelfussknochen
sich stark auf die Stützfläche stemmen. Bei den ersten Versuchen entfernte
er die Metatarsalknochen, einen nach dem anderen, in dieser Reihenfolge:
ö., 4., 1. und nahm keine Senkung des Fusses wahr. Nach Entfernung des
zweiten bemerkte er ein 2 mm weites Herabsteigen des Gipfels des inneren
Bogens, während der äussere Bogen kaum deutlich herabglitt. Die Messungen
wurden jedesmal genommen, indem man die Entfernung zwischen der hori-
zontalen Stützfläche und zwei resp. in das Schifif- und Würfelbein einge-
schlagenen metallenen Indizes direkt entnahm. Er machte nochmals den
zweiten v. Meyerschen Versuch, aber, um dem Einwand von Steudel zu
entgehen, entfernte er anstatt des ganzen dritten Mittelf ussknochens nur
76*
1204 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
mittelst einer starken Schere ein Stück der Metatarsaldiaphyse, die beiden
Enden am Orte lassend. Nach dem Schnitt des dritten Mittelfassknochens
war der innere Bogen leicht (um ca. ^h cm) eingesunken, während der äussere
keine Verschiebung zeigte; nach dem Schnitt des zweiten merkte man ein
neues Herabgleiten um 3 mm und nach Sektion des ersten stürzte die ganze
innere Wölbung hinab. Nachdem man den Fuss wieder in Stellung gelegt
und ihn geladen hatte, merkte man, dass der vierte und fünfte Bogen sich
unter der Belastung nicht ganz abplatteten, sondern noch tragfahig waren.
Daraus zieht Verf. den Schluss, dass, wenn man auch bei allen Fussbogen
die Tragfähigkeit annehmen, doch dem zweiten und dritten in dieser Hinsicht
eine grössere Bedeutung zuschreiben muss. Die Frage des architektonischen
Aufbaues des Fusses findet aber in dieser Arbeit eine eingehendere Aus-
einandersetzung, da Verf. dieselbe mit geeigneten Versuchen und zuerst mit
genauer Methode, wie es sich für eine Aufgabe der graphischen Statik ziemt,
erforschte. Verf. steckte sich vor, festzustellen, wie ein der Lastwirkung
unterworfener Fuss sich verhält. Er stellte seine Versuche auf dem Fuss einer
Leiche an, doch glaubt er, dass seine Schlüsse auch für den Lebenden taug-
lich sind, weil sie sich auf statische PVagen beschränken. Indem die Ver-
schiebung der Fussknochen unter nacheinander wachsenden Belastungen, näm-
lich die Bewegung bestimmter Punkte in dem Spatium zu erforschen war,
so musste er drei Systemen von Koordinaten folgen, wozu die Messungen in
zwei normal gelegenen Ebenen gewonnen wurden. Um dann den verschiedenen
Verschiebungen unter verschiedener Belastung zu folgen, musste man in
der Lage sein, den Fuss stufenweise zu laden. Darum bestand der zu den
Versuchen verwendete Apparat aus einem Teil, welcher zur Belastung des
Fusses, und aus einem anderen, der zur Messung der Verschiebungen dieses
letzteren diente. Der Fuss war mit dem Unterschenkel verbunden, dem ent-
lang die Druckwirkungen auf ihm übertragen waren. Er ruhte auf zwei
hölzernen Absätzen, einem vorderen, für die Mittel fussknochen, einem hinteren,
für das Fersenbein, beide in einer horizontalen Ebene liegend. Der Druck
war durch einen Hebel ausgeübt, welcher in der Weise mit dem Unter-
schenkel verbunden war, dass dieser letztere sich um das Knie in der vor-
deren hinteren Ebene bewegen konnte. Der Hebel war der ersten Art mit
ungleichen Armen, deren kürzerer sich gegen den Fuss richtete, so dass die
auf den längeren (doppelt so lang als der andere) Hebelarm ausgeübten Druck-
wirkungen sich verdoppelten. Um die Verschiebungen der Fussknochen fest-
zustellen, wurden Haken in jeden eingeschlagen, welche alle 10 cm lang waren
und in gleicher Weise von den Knochenflächen hervortraten. Es wurden zwei
Indizes durch jeden Knochen gelegt, ausser bei den Keilbeinen, deren jedes
einen einzigen, und bei dem Fersenbein, welches drei derselben erhielt. Der
Messapparat war durch zwei in Quadratzentimetern liniierte Glasplatten n id
ein Diopter dargestellt. Die zentimetrierten Glasplatten werden an die hori-
zontale, dem Fusse unterliegende Ebene in senkrechter Richtung zn dieser
angelehnt und gegenseitig im rechten Winkel gestellt, so dass die eine dem
äusseren Rande des Fusses parallel lief und die andere nach der hinteres
Fläche dieses letzteren schaute. Auf diese Weise konnte man die von vorne
nach hinten und in vertikaler Richtung stattfindenden Verschiebungen aa/
der ersteren, die in vertikaler und querer Richtung vor sich gehenden auf
der zweiten Platte ablesen. Das Diopter wurde mittelst zweier in die vordere
und hintere Rinne eines ca. 2 cm langen, ganz horizontalen Brettchens ein-
Suter, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der unteren Eztremitftt. 1205
gefügter Objektträger hergestellt: in gleicher Höhe von diesem Brettchen
wurden zwei gekreuzte Striche in der Art gezeichnet, dass die Kreuzpunkte
der zwei Striche auf der medianen Längsachse des horizontalen Brettchens
zu liegen kamen. Dem vorderen Objektträger legte man ein Kartonrohr an,
um den Yisierpunkt zu vereinigen. Das Ganze wurde auf ein Mikroskopstativ
gelegt, am die Verschiebungen nach oben und nach unten zu ermöglichen:
die seitlichen Bewegungen waren durch Verschiebung des Statives im ganzen
bewirkt und, um Fehler zu verhindern, fügte man dem vorderen Teile des
Brettchens ein System von in der gleichen Ebene liegenden Stäbchen, welches,
gegen die Fläche der in Grade eingeteilten Gläser gleitend, den andauernden
Parallelismus zwischen den Visierpunkten des Fernrohres sicherte. Die Ab-
lesungen wurden folgendermassen vorgenommen : zuerst verschob man das
Fernrohr, bis die Kreuzpunkte der schwarzen Linien der zwei Objektträger
und die Spitze eines gewissen Indexes auf derselben Linie sich befanden;
dann stellte man die horizontalen und vertikalen Grade der zentimetrierten
Platte fest, welchen die Indexspitze entsprach, wodurch die Zentimeter ge-
wann; die Millimeter werden annäherungsweise abgelesen, da man sah, dass
diese Methode am wenigsten Irrtümern ausgesetzt war. Der Fuss wurde mit
S — 90 kg (die Belastung jedesmal mit 10 kg steigernd) geladen. Bei jeder
Steigerung nahm man die Ablesung aller Indizes vor. In der Originalarbeit
sind in geeigneten Tafeln die betreflfenden Zahlen und die Diagramme der
mittleren Punkte der Koordinate für jeden Knochen zusammengestellt. Aus
dem Stadium derselben kommt Verf. zu folgenden Schlüssen: Der Fuss ist
keine Konstruktion nach Art eines Gewölbes, sondern ein gegliedertes System.
Die das System zusammensetzenden Barren sind durch sphärische Gelenke
verbunden. Das Fussskelett besteht aus fünf Bogen, welche durch manche
jedem Bogen eigene und andere mehreren Bogen gemeinschaftliche Gliederungen
gebildet werden. Solche Bogen besitzen eine vordere Stütze, welche sich dem
Typus des Scharniers nähert und eine hintere, allen gemeine, welche durch
den Fersenbeinhöcker dargestellt wird und dem Typus des Stielbeinschnittes
ähnelt. Alle Bogen haben eine gemeinschaftliche, durch das Fersenbein dar-
gestellte Gliederung und können in zwei Systeme unterschieden werden, wo-
von das eine aus zwei den Metatarsalknochen, 4. und 5., entsprechenden Bogen
besteht, bei welchen der Talus als Lastträger wirkt, während das andere auch
die übrigen Metatarsalknochen gebildet wird, wobei der Talus ausser die
eines Lastträgers auch die Rolle einer Gliederung spielt. Die drei inneren
Bogen sind die hauptsächlichsten. Auf Grund solcher Studien graphischer
Statik und mit Beziehung auf die neuere Deutung der architektonischen Fuss-
struktur glaubt Verf., dass alle auf das Skelett gerichtete operative Eingrifife
irrational sind, da sie dahin neigen, die Gestalt einer Barre zu ändern oder
eine Scharnier aufzuheben. Unter den gegenwärtigen ist die forcierte Redres-
sion des Fusses unter Mitwirkung von Sehnenoperationen der am meisten
rationelle Eingriff. In dieser Hinsicht hat Verf. eine eigene Behandlungsmethode
ausgedacht. Auch zum Zwecke, den Tibialis ant. in die richtige, beim Platt-
fusse verloren gegangene Richtung wieder zu setzen, halbiert er ihn von
seinem Ansatzpunkte am Fussskelett bis zum Fusshalse und löst dessen innere
Hälfte vom Skelettansatze ab. Dieser letzteren lässt er einen ungewöhnlichen
Weg durch zwei im Periostium der unteren inneren Fläche des Talus- und
Schiff beinhalses ausgegrabene Löcher laufen. Die Sehne wird dann im nor-
malen Ansatzorte wieder vernäht. Die am Orte gebliebene Hälfte wird ver-
1206 Jahresbericht fQr Chirargie. II. Teil.
kürzt. Während dieses operativen Eingriflfes wird der Fuss in starker Sapi-
nationssteilung gehalten. Demselben lässt man die forcierte Redression voran-
gehen und eine spezielle in der Originalarbeit beschriebene Behandlung folgen.
Die Methode wurde in vier Fällen (siebenmal) mit gutem Erfolg verwendet.
R. Giani.
C. Verletzungen und Erkrankungen der Knochen.
a) Becken.
1. ^Cecca, Diugnose der BeckentumoreD. Gazz. d. ospedali. Nr. 13.
2. Fleischhauer, Ober Knochen zysten des Skeletts. Deutsche med. Wochenschr. 1905.
Nr. 19.
3. Earewski, Osteomyelitis des absteigenden linken Schambeinastes. Freie Vereinignng
der Chirurgen Berlins 10. Juli 1905. Ref. im Zentralbl. f. Chirurgie 1905. p. 921.
4. Meyer, Beitrag zur Kasuistik der akuten Beckenosteomyelitis. Jnang.-Dissertat.
Kiel 1904.
Über 3 Fälle von Beckenosteomyelitis berichtet in seiner Disser-
tation Meyer (4). Die 3 Fälle wurden mit Aufmeisselung behandelt; 1 Fall
heilte, 2 starben. Der geheilte Fall hatte eine mehr zirkumskripte Eiterung
im hinteren Teile des Darmbeins und in benachbarten Teilen des Kreuzbeins.
Bei den zwei Gestorbenen war der Prozess diflfus in der Pfannengegend.
Meyer empfiehlt für die Therapie nicht bloss Spaltung des Abszesses, son-
dern auch Aufmeisselung des Knochens.
Karewski (3) hat bei einem 9 jährigen Knaben eine akute Osteomye-
litis des absteigenden Schambeinastes beobachtet und operiert. Sie entstand
unter hohem Fieber und septischen Erscheinungen 14 Tage nach einer Hals-
entzündung im Anschiuss an ein unbedeutendes Trauma und verursachte
Schwellung und Dolenz der linken Hüftbeuge bei Freisein des Gelenkes. Die
Operation führte auf einen Abszess und auf rauhen Knochen. Der absteigende
Schambeinast, der rauhe Oberfläche zeigte, wurde bis zum Sitzknochen reseziert.
Heilung.
Fleischauer (2) hat bei einem 20jährigen Mädchen mit Phthise eine
zweikaminerige Knochenzyste von Hühnereigrösse in der rechten Beckenschaofel
beobachtet. Sie sass dicht unter der Crista nach innen gelegen. Der Inhalt
war klar. Die histologische Untersuchung der Wand ergab eine Faserknorpel-
geschwulst.
b) Oberschenkel.
4a. Anzilotti, G., Sui tumori primitivi della rotuia e sulla resezione di essa. Arebivio
di ortopedia 1905.
5. B o d e , 0., Kontusionsexostosen des Oberschenkelknochens. Zentralbl. f. Ghir. Nr. 78.
6. Goley, Sarcoma of the femur. Annale of Surgery 1905. May. p. 771.
7. Karewski, Chondrosarkom des Femur. Freie Vereinigung der Chirurgen Berlios
10. Juli 1905. Ref. im Zentralbl. f. Chirurgie 1905. p. 921.
8. Köhler, Röntgenbefund der Hüften bei multiplen kartilaginären Exostosen. Fortschritte
auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Bd. 8. Heft 1.
9. Lilienthal, Ossifying sarcoma of the thigh, treatment by incision, radiam and
exstirpation. Annais of Sarg. 1905. Aug. Nr. II p. 268.
10. *Princetau, Osteomyölite de l'extr^mitö sup^rieure du fömur droit. Journ. de med,
de Bord. 1905. Nr. 49.
11. Ray, J. H., A case of enchondroma of the patella. Lancet 1905. Jan. 21.
12. Senn, Disarticulation at the hip-joint for sarcoma of femur and tubercular tendovagi-
nitis. Ann. of Surg. 1905. Aug. II. p. 811.
Suter, Verletznngen and chimrg. Krankheiten der unteren Extremitftt. 1207
Über einen Fall Yon Rundzellensarkom des Femur bei einem
19jährigen Manne berichtet Coley (6). Da der Mann sich nicht operieren
liess, wurde mit Röntgenstrahlen behandelt mit dem Erfolg, dass die grosse
Geschwulst, deren Natur durch eine Probeinzision war festgestellt worden,
znräckging. Es traten dann grosse Metastasen auf, die teils exzidiert, teils
mit Röntgenstrahlen behandelt wurden; auch Injektionen mit Erysipel und
Prodigiosus-Toxinen wurden gemacht. Es trat dann Heilung ein, die seit
2 Jahren anhält. Bei 6 Fällen von Femursarkom, die Coley in den Hüften
amputiert hatte, war innerhalb eines Jahres das Rezidiv da und der Tod trat
innerhalb 18 Monaten ein.
Lilienthal (9) hat in ähnlicher Weise ein Sarkom der oberen Partien
des Oberschenkels behandelt. Er inzidierte den Tumor und kratzte ihn aus;
mikroskopisch fand sich Spindelzellensarkom; der Tumor hatte eine Knochen-
schale. Dann wurde täglich ein Radiumröhrchen in die Tumorhöhle hinein-
gebracht, hier einige Stunden belassen. In zwei Monaten wurde der vorher
kokosnussgrosse, adhärente Tumor kleinfaustgross und konnte leicht exstir-
piert werden. Er ging von der Faszie aus und war in keiner Verbindung
mit dem Knochen. Es handelte sich also um ein ossifizierendes Sarkom.
Senn (12) operierte bei einem jungen Manne eine tuberkulöse Tendo-
Taginitis der Mitte des Oberschenkels und fand eine Unzahl von Reizkörpern.
Der Knochen war damals intakt. Es handelte sich um Tuberkulose. IV2 Jahr
später hatte sich an der Stelle ein Sarkom gebildet; es wurde im Hüftgelenk
exartikuliert. 1 Jahr später hatte sich am Becken, den Amputationstumpf
füllend« ein grosses spindelzelliges Osteosarkom gebildet, das entfernt wurde.
Es trat Heilung ein.
Karewski (7) hat bei einer 31jährigen Patientin ein Enchondrom aus
dem Condylus internus femoris herausgemeisselt. 9 Monate später war ein
Rezidiv da, das mit Resektion des Condylus internus entfernt wurde. Mikro-
skopisch handelte es sich um Rundzellensarkom. 3 Monate später war ein
gewaltiges Rezidiv da, das die Exartikulation nötig machte. Seit ^/4 Jahren
Heilung.
Köhler (8) wies röntgenographisch multiple Exostosen kartilaginärer
Natur der Beckenknochen nach in einem Falle, der Jahre lang unter undeut-
lichen Symptomen von Ischias krank gewesen war. Auch am Knie und den
Vorderarmen des Pat. waren Exostosen nachweisbar.
Bode (5) berichtet über 4 Fälle von Femurexostosen im Anschluss an
schwere Kontusionen, die starke Funktionsstörungen hervorriefen und das
Bild der Myositis ossificans zeigten. In allen Fällen handelte es sich um
abnorme Knochenproduktion im Zusammenhang mit dem Femurknochen, wohl
von einem traumatisch losgelösten Periostlappen aus. Bei der Operation fand
sich der neugebildete Knochen von einem festhaftenden, Muskelfasern zur
Insertion dienenden Periost überzogen. Reste von Hämorrhagien zeigten sich
in der Umgebung oder im Innern der Knochengeschwulst. Die Verbindung
zwischen Knochen und Tumor war meist durch einen stielartigen Fort-
satz gebildet (siehe auch unter Erkrankung der Muskeln die Arbeit von
Strauss).
Rjiy (11) beobachtete bei einem 9jährigen Knaben ein Enchondrom der
Patella, das sich mit Gelenkerguss im Anschluss an ein Trauma im Laufe
von 3 — 4 Monaten zu einem grossen 9 V2 cm im Durchmesser messenden Tumor
entwickelte. -^ Abmeisselung. — Heilung.
1210 Jahresbericht für Chirurgie. I[. Teil.
suche, das ankjlotische Knie zu strecken, die Streckung durch Fraktur des
Femur erzielt Bei einem 12jährigen Knaben hat er ebenfalls die ganze
Tibia-Diaphyse, bei einem 9 jährigen die ganze Fibula-Diaphyse subperiostal
'entfernt. Die Knochenregeneration ging in allen Fällen gut vor sich. —
Über sechs Fälle analoger Art berichtet Johnston (17). Es handelte sich
um Knaben von 5 — 13 Jahren, bei denen zum Teil vor vielen Jahren die
Tibiadiaphyse ganz oder fast ganz wegen Osteomyelitis entfernt worden war,
Verkürzung oder Deformität stellte sich nur dann ein, wenn die Epiphysen-
linie lädiert worden war, in den anderen Fällen bildete sich der Knochen
wieder nach Form und Grösse in auffallend guter Art und stellte sich dem-
entsprechend die Funktion wieder gut her. In allen Fällen entwickelte sich
eine kompensatorische Hypertrophie der Fibula.
Die Erfolge der Röntgenbestrahlung bei der oberflächlichen Tuberkulose
beweist ein Fall von Everhardt (14). Bei einem 10jährigen Knaben mit
Ulcus auf der Crista tibiae, das Eiter und Knochenfragmente lieferte und
bei dem die Tuberkulose histologisch sichergestellt war, trat unter Behandlung
mit weichen Röntgenröhren dauernde Heilung ein.
Myers (23) berichtet über einen Fall von suppurativer Periostitis tibiae
bei einem 1 Jahr und 9 Monaten alten Negerknaben, der mit einer Ostitis
Humeri kompliziert war. Die letztere machte eine Sequestrotomie und eine
Nervenplastik nötig.
Most (22) beobachtete zweimal bei zwei Knaben symmetrisch auftretende
Ostitis und Periostitis suppurativa der unteren Tibiateile. In einem Falle
folgte ein Nachschub im unteren Femurende. Im ersten Falle enthielt der
Eiter Staphylokokken. Als Eingangspforte nimmt Most einen eitrigen-borkigen
Ausschlag an Nase und Oberlippe an. Winslow (27) beobachtete einen
durchaus analogen Fall : beiderseitige symmetrische Entzündung des schnabel-
förmigen Fortsatzes der oberen Tibiaepiphyse. Seh latter hat zuerst darauf
hingewiesen, dass die Tuberositas tibiae aus zwei später zusammenwachsenden
Knochenkemen entsteht (der eine geht schnabelförmig von der Epiphyse ab,
der andere liegt vorne vor der Diaphyse) und deshalb nennt Winslow diese
Entzündung des Epiphysenschnabelfortsatzes die Schlattersche Krankheit.
Bei der Operation fand sich der Knochen im Winslowschen Falle in ge-
ringer Ausdehnung weich und schwammig. Es erfolgte Heilung. Auf einen
röntgographiscli studierten Fall gestützt, liefert auch Haglund (16a) eine
Darstellung der Schlatt er sehen Krankheit, sowie einen Bericht über die
Aufschlüsse, die die Röntgographie über die Entwickelung der Tuberositas tibia
gewährt hat. Hj. von Bonsdorff.
Faisant (15) beobachtete bei einem 19 jährigen Mädchen eine Exostose
der Wadenaussenfläche im unteren Teile der rechten Tibia, welche den Zwi-
schenknochenraum ausfüllt und die Fibula nach aussen gedrängt, verbogen
und verdünnt hatte. Die Diagnose wurde radiographisch gestellt.
Bergmann (13) demonstriert eine kartilaginäre Exostose der Gegend
der oberen Tibiaepiphyse in der Kniekehle eines 62jährigen Mannes. Bei
einem anderen Kranken zeigt er Sarkomrezidiv der Tibia. Es war ein zen-
trales Knochensarkom mit Erhaltung einer dünnen Knochenspange zwischen
oberem und unterem Tibiadrittel ausgeschält worden. Die Knochenspange
war bald eingebrochen. Es hatte sich das Rezidiv entwickelt.
Seitz (25) berichtet wesentlich vom pathologisch-histologischen Stand-
Sater, Verletzangen Qnd chirorg. Krankheiten der unteren Extremität 1211
pnnkt aus über ein Myxoosteochondrosarkom der Tibia eines 17 jährigen Jüng-
lings, der im Anschluss an die Exarticulatio coxae gestorben war.
Matsuoka (20) berichtet über die Geschwulst einer 45 jährigen Frau,
die durch Amputation war zur Untersuchung gewonnen worden. Der Tumor
nahm kindskopfgross das untere Ende der linken Tibia ein. Histologisch
bandelte es sich um ein Karzinom von alveolärem Bau in einem reichlichen
osteoplastischen Stroma.
Ein Sarcoma fusi-giganto-cellulare des oberen Tibiakopfes links hat
Karewski (18) bei einem 21jährigen Mädchen vor Vl% Jaren entfernt und
bis jetzt Heilung erzielt. — Es blieb nach Entfernung des Tumors nur die
äussere Kante des Tibiakopfes und ein Rest des Gelenkknorpels erhalten.
Das Gelenk hat eine gute Funktion und wird durch eine artikulierende Schiene
gestützt.
Renton und Teacher (24) haben bei einem 68jährigen Manne, bei
dem sich im Verlauf von zwei Jahren ein Tumor der Tibiadiaphyse bildete
und zur Fraktur führte, mit Erfolg amputiert. Histologisch bestand der
Tumor teilweise aus Peritbeliomgewebe, d. h. dünnwandigen Gefassen mit
dazwischen eingebetteten grossen polygonalen Zellen, teils aus grossen Alveolen
mit flüssigem Blut gefüllt und mit kubischen Zellen ausgekleidet.
d) Knochen des Fusses.
28. Bark er, Bilateral ezostoses on the inferior surface of tbe calcaneos, gonorrhoeal in
origin (protodynia gonorrhoica). John Hopkins hospital balletin 1905, November.
29. Cotte, Hallux valgus. Lyon möd. 1905. Nr. 28.
30. Galzin, R^ection pour tuberculose osseuse de la partie interne de l'avant-pied. Rev.
de Chir. 1905. Nr. 9. p. 342.
31. Moty, Atrophie oasense da pied. Soc. de Chir. de Paria 1905. Nr. 87.
32. Stich, R., Über Yerändernngen am Fusaakelett nach Talnaezatirpation. BrnnaBeitr.
47. Bd.
Einen Hallux valgus als Folge von Tuberkulose des Metatarso-Phalangeal-
gelenks hat Cotte (29) bei der Autopsie einer an Lungentuberkulose ver-
storbenen Frau beobachtet. Es handelt sich um eine trockene Osteoarthritis
deforinans. Mikroskopisch wurde das Präpamt nicht untersucht, aber im
Sinne Poncets gedeutet.
Bark er (28) beschreibt eine Affektion, die in Form einer sehr schmerz-
haften Exostose von wurmstichiger Natur sich an der medialen Fläche beider
€alcanei im Anschluss an Gonorrhöe entwickelte. Barker hat einen Fall und
Baer hat sechs Fälle dieser Art beobachtet. Alle Fälle betrafen Männer,
die etwa ein Jahr nach überstandener Urethritis von dem Leiden betroffen
wurden. Fünf Fälle wurden operiert.
Moty (31) hat 4 und 19 Jahre nach einem Trauma (komplizierte Unter-
schenkelfraktur) einen Kranken untersuchen können ; der vier Jahre nach dem
Traumadie Zeichen einer Knochenatrophie neuritischen Ursprungs bot. Die Neu-
ritis heilte aus, die Knochenatrophie blieb aber bestehen. Die Atrophie entwickelte
sich in wenigen Monaten nach dem Trauma und ist die Folge einer trauma-
tischen Neuritis und nicht die Folge der Inaktivität, da sie bei den schwersten
Verletzungen ohne Nervenläsion fehlen kann.
Mit dem funktionellen Resultate nach Resektion der beiden ersten Cunei-
formia mit den Metatarsalia und den Zehen beschilftigt sich Galzin (30).
Er hat die Operation mit günstigem funktionellen Erfolge bei einem 59jähr.
1212 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
Manne gemacht und kein Pes valgus beobachtet, obschon die Insertionen des
Tibialis anticus und des Peroneus longus verloren gingen. Er erklärt sich
das Resustat folgendermassen : durch die lange dauernde Entzündung (es-
hatte sich um Tuberkulose gehandelt) ist eine derbe Verwachsung mit den
Knochen des Fusses unter sich und mit den Sehnen entstanden und su ist
das Fussgewölbe starr geworden und hat trotz Wegfall des Muskelhaltes
standgehalten. In Fällen, in denen diese Fixation sich nicht gebildet hat,
wäre also eine Deformierung des Fusses zu erwarten.
Stich (32) hat an der Hand von röntgographischer Untersuchung von
vier Fällen von Talusexstirpation die Veränderungen des Fussskelettes , die
dieser Operation folgen, studiert. Es wurde der Fuss vor der Operation und
14 — 34 Monate nach derselben röntgographisch untersucht. Es ergab sich
aus diesen Aufnahmen, dass der Verlust des Talus durch Veränderungen des
Calcaneus und anderer Knochen zum Teil ausgeglichen wird. Der Calcaneus
wird höher und steiler gestellt; die Tibiaepiphyse ist verlängert, das Xavi-
kulare in der Längsachse vergrössert. Das letztere und das Kuboid hahea
eine steilere Stellung angenommen. Der Reiz der zu dieser Veränderung der
Knochen führt, scheint ein mechanischer zu sein; es sind neue Druck- und
Spannungsverhältnisse vorhanden. Diese führen auch zu neuer unregelmässiger
Anordnung der Knocbenbälkchen im Calcaneus, für die uns einstweilen die
Erklärung fehlt.
D. Erkrankungen der Gelenke.
a) Des Hüftgelenkes.
1. V. Brunn, Coxa vara im Gefolge von Ostitis fibrosa. Brans Beitr. 45, 2.
2. Duclaux, H., Vast^oniyölite de la banche; foroies cliniques. Tböse de Paris 1905.
3. Ely, L., A case of tbe pneumococcus infection of the hip. Med. News 1905. May 20.
4. Ferraton, Hanche ä ressort. Ressaut' fessico-trochanterien. Rev. d'orthop. 1905.
Nr. 1.
5. Ghuilamila, J. D., Die Verwendaog der Osteotomie zur Aasgleichung von koxitischeD
Ankylosen. Med. Klinik 1905. Nr. 5.
6. Grasset, Goxalgie bystörique. Gaz. des höp. 1905. Nr. 86.
7. Hesse, F., Ober eine Beobachtung von bilateraler idiopathischer juveniler Osteoarfehritis
deformans des Hüftgelenkes. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. 1905. Bd. 15. p. 345.
8. '*'Hoffa, Die Behandlung des Malum coxae. Therap. d. Gegenw. 1905. Jan. p. 25.
9. Immelmann, Erkrankungen des Hüftgelenkes im Röntgenbilde. Vereinigung d<T Chi-
rurgen Berlins 13. Nov. 1905. Ref. im Zentralbl. f. Chir. 1906. Nr. 1.
10. ^Lorenz, Mechanische Behandlung der Coxitis. Journ. of Amer. Ass. Nr. 5.
11. Negroni, Deir osteoarthrite defurmante giovanile deir anca> Arch. di ortopedia 1905.
Nr. 3.
12. Nolot, T., Contribution ä T^tude de la luxation paralytique de la hanche. Thdse de
Paris 1905.
13. Silberstein, Hüftgelenkserkrankungen in Schwangerschaft und Wochenbett Zeit-
sehr. f. orthop. Chir. XV, I.
14. Thompson, A collect ion of cases in which the Operation of excision of the hip-joint
has been performed for disease of the Joint. Guy's hospital reports 1905. Vol. LIX.
15. *Zemb, Morbus coxae senilis usw. Th^se de Lyon 5. XII. 1904.
An Hand von Radiogrammen zeigt Immelmann (9), dass es möglieb
ist, fast sämtliche Erkrankungen des Hüftgelenks durch das Röntgenbild
darzustellen: Coxa vara und valga, einseitige und doppelseitige Hüftgelenks-
luxation, zentrales Gumma, Pagets Erkrankung, Coxitis tubereulosa in den
verschiedenen Stadien, Arthritis deformans, Osteoarthritis deformans juvenilis
und Fractura colli femoris.
Soter, Verletznogen ond diirarg. Krankheiten der unteren ExtremitAt. 1213
Einen Fall idiopathischer juveniler Osteoarthritis deformans beider
Hüftgelenke bei einer 32jährigen Bauemtochter teilt Hesse (7) mit. Der
Prozess verlief vom 10. — 30. Jahre chronisch, stets fieberfrei, schmerzlos nnd
war auf beide Hüftgelenke lokalisiert. Es entwickelte sich dann eine
Stellungsanoroalie : geringer Trochanterhochstand und Flexionsstellung beider-
seits, Adduktionsstellung links und Motilitätsstörungen: aufgehobene Innen-
rotation und Extension, verminderte Abduktion und aufgehobene Adduktion
links. In der Zeit vom 30. — 32. Jahre kamen schmerzhafte Exazerbationen ;
Krepitation im Gelenk; starke anatomische radiographisch nachgewiesene
Veränderungen : Pfannenwauderung, Subluxation des Schenkelkopfes nach
oben und hinten und osteochondritische Wucherungen in der Pfanne. — Über
die Therapie enthält die Mitteiluug Hess es keine Angaben.
Negroni (11) bringt kasuistische Beiträge zu dieser von Hesse be-
schriebenen Affektion. Nach ihm handelt es sich auch histologisch genau
um dieselben Vorgänge wie beim Malum coxae senile. Progressive und
regenerative Veränderungen am Bindegewebe und am Knocben. Deformation
infolge von Knorpelschwund und Abschleifung unter dem Einfluss der Be-
wegungen und der Schwere. Er hat drei Fälle beobachtet: 9 jähriger Knabe,
21 jähriger Mann, 13 jähriges Mädchen. Im ersten Falle hatte der Prozess
vier Jahre gedauert. Es bestand neben Schmerz scheinbare Verkürzung be-
dingt durch Adduktionsstellung und Beschränkung hauptsächlich der Ab-
duktion und der Rotation. Es wurde die Resektion des Schenkelkopfes ge-
macht, derselbe zeigt durch Furchung sehr unregelmässige Oberfläche; vom
Halse her ist Bindegewebe an Stelle des Knorpels gewachsen und in die
spongiöse Knochensubstanz hineingewachsen. Am Knochen zeigt sich Ab-
schleifen, progressive Prozesse und Verdichtung. — Im zweiten Falle ent-
wickelte sich die Affektion im Anschluss an einen Rheumatismus und wurde
nur röntgenologisch untersucht. Im dritten Falle entwickelte sich die
Affektion spontan und beidseitig. Hier entwickelte sich links eine Ver-
kürzung, rechts blieb die Stellung eine gute, obschon der Trochanter 1 cm
zu hoch stand. Es wurde die Osteotomie des Schenkelhalses links gemacht
und mit Gipsverbänden nachbehandelt.
V. Brunn (1) berichtet über die auffallige Krankengeschichte eines
lOjährigen Mädchens, bei dem durch rarefizierende fibröse Ostitis eine hoch-
gradige Stellungsanomalie der beiden Beine verursacht wurde. 4 jährig hatte
das Kind beide Oberschenkel, 9jährig den rechten Oberschenkel gebrochen.
Vom 7. Lebensjahre ab entwickelten sich die Verkrümmungen. Die Beine
kreuzten sich derart, dass bei maximaler Abduktion die Distanz zwischen
den äusseren, einander zugekehrten Knöcheln 19,5 cm betrug. Die Verbiegung
lag zum kleineren Teile im Schenkelhalse, zum grösseren subtrochanter.
Rechts wurde die Stellung durch Keilosteotomie verbessert, links trat spontane
Besserung durch Spontan luxation im Hüftgelenke ein. Die Untersuchung
des durch Osteotomie gewonnenen Knocbenkeils ergab Rarefizierung der
Knochensubstanz durch wucherndes Bindegewebe.
Duclaux (2) unterscheidet beim Säugling zwei Formen von Osteo-
myelitis der Hüfte. Die Affektion im früheren Säuglingsalter spielt sich im
Gelenke ab, verläuft stürmisch, aber günstig, wenn zur Zeit inzidiert wird.
Die Form des späteren Säuglingsalters sitzt meist peripher in Kopf und Hals,
verläuft weniger stürmisch und langwieriger und zeigt Neigung zu Fisteln
und zu pathologischen Verrenkungen.
1214 Jahresbericht für Chirargie. IL Teil.
Ely (3) beobachtete eine Coxitis, die durch Fränkel-Weichsel-
ba um sehe Diplokokken verursacht war. Der 4 jährige Knabe hatte zwei
Wochen vorher eine Pneumonie durchgemacht und erlag trotz Eröffnung
des Hüftgelenks einem Empyem. Der Fall soll der zweite in der Literatur
beschriebene sein.
Paci hat im Jahre 1891 eine wohl charakterisierte Form der Coxitis,
die Coxitis in puerperio beschrieben und dieselbe als besondere Abart der
Coxitis hingestellt. Silberstein (13) geht in kritischer Weise gegen diese
Coxitis in puerperio vor, indem er vorerst die 5 Fälle, welche Paci zu seiner
Mitteilung veranlassten, referiert und dann zusammen mit einer Anzahl von
Fällen (2 Fälle aus Hoffas Klinik, ein eigener Fall) einer eingehenden
Kritik unterzieht. — Er kommt zum Schluss, dass es eine Coxitis puerperalis
im Sinne von Paci nicht gibt. Die Ätiologie der Coxitiden in puerperio
ist die gewöhnliche : akuter Rheumatismus, Gonorrhoe, Tuberkulose, pyämische
Metastase. Das Puerperium bedingt allerdings gewisse Besonderheiten im
Verlaufe und vor allem ist zu betonen die Neigung zur Ankylosenbildung: es
ist also in jedem Falle von Coxitis im Wochenbett der möglichst frühzeitigen
Mobilisation sehr zu gedenken.
Der Coxitis bei Hysterischen und der hysterischen Coxitis widmet
Gras sei (6) einen klinischen Vortrag unter Demonstration von Kranken,
in dem die Diagnose dieser Erkrankung speziell besprochen wird. Die
Chloroformnarkose gibt immer den sichersten Aufschluss über die Natur des
Leidens.
7 Fälle paralytischer Hüftgelenksluxation (6 Fälle der Literatur, ein
eigener) stellt Nolot (12) zusammen. Paralytische Luxationen sind durch
Muskelzug bedingt bei Lähmung der Antagonisten, im Gegensatz zu patho-
logischen nach Gelenkentzündung und angeborenen.
Als Hauche en ressort (schnellende Hüfte) beschreibt Ferraton(4) ein
Phänomen, das er bei einem 22jährigen dienstunlustigen Soldaten, der diese
Erscheinung willkürlich provozieren konnte, beobachtet hat. Bei ange-
spanntem Glutaeus maximus entstand bei Beugung und Streckung des Ober-
schenkels bei 15^ ein hörbares Geräusch eines über den Trochanter tiber-
springenden Muskelsbündels des Glutaeus. Das Phänomen war einseitig. Die
Arthotomie ergab ein normales Gelenk.
Über 40 Fälle von Hüftgelenksresektion, von denen 38 wegen Coxitis
tuberkulosa ausgeführt worden waren, berichtet Thompson (14). Von
37 Fällen ist das spätere Schicksal bekannt und die Zeit seit der Operation
betrug 6 Monate bis 19 Jahre. In 6 Fällen (15 ^/o) war der Tod erfolgt,
zweimal sofort nach der Operation in den anderen Fällen an fortgeschrittener
Tuberkulose. In 8 Fällen musste die sekundäre Exartikulation gemacht
werden. Also in 35 ^'o Misserfolg. In 27,5 °/o war ein teilweiser Erfolg
(Fisteln) zu konstatieren, in 15 Fällen (37,5%) vollkommene Heilung. Von
den 16 Operierten über 10 Jahre hatten 5ü°/o ein gutes Resultat, bei den
24 unter 10 Jahren nur 33%. — Durch die Operation war meist eine
starke Verschiebung des Trochanter major bis in die Höhe der Spina anterior
superior entstanden, Die Gebraucbsfähigkeit des Beines war meist eine
gute. In 7 Fällen wurde eine vollkommene und in 3 Fällen eine teilweise
Beweglichkeit des Gelenks erzielt. In 13 Fällen bestand Ankylose. Bei
den beweglichen Fällen waren die Fisteln relativ häufig.
Sater, Verletzungen nnd Chirurg. Krankheiten der nnteren EztremitAt. 1215
Ans einer grösseren Zusammenstellung ergibt sich (200 Fälle): 70mal
Fortbestand der Krankheit bis zum Tode (30 mal). In 55 Fällen Teilerfolg,
indem Fisteln bestehen blieben, in 75 Fällen ein gutes Resultat. In 25 Fällen
vollkommenes Resultat : freie Beweglichkeit ohne Fistel.
Ghuilamila (5) bespricht 14 operative Methoden zur Ausgleichung
von koxitischen Stellungsanomalien am Schenkelhals, Trochanter und unter-
halb desselben und empfiehlt: 1. für geringe Flexions-, Adduktions- und
Rotationsstellungen mit geringer Verkürzung die einfache lineare, trochantere
Osteotomie. Die Verkürzung bleibt dabei bestehen. Bei starker Flexion
and bei dünnem Oberschenkelknochen, wenn zu fürchten ist, dass nach der
Osteotomie die Knochenwunden nicht zusammen passen, passt die keilförmige
Osteotomie, welche die Verkürzung stets vermehrt. In den meisten Fällen
passt sonst die schräge subtrochantere Osteotomie mit subkutaner Durch-
schneidung der Addaktoren und der Muskelansätze an der Spina ilji ant.
sup., unter Umständen auch des Ueo psoas am Trochanter minor. Es ent-
steht ohne Berührung des Gelenks eine Ankylose in guter Stellung, Ver-
längerung des Beines und Beseitigung der Muskel-Widerstände. In der Nach-
behandlung ist die Gymnastik sehr zu berücksichtigen.
b) Des Kniegelenkes.
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47. Wittek, Zur operativen Therapie der seitlichen Kniegelenks-Verkrümmungen. BruDs
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Mac Lennan (36) empfiehlt zur Drainage des Ejiiegelenkes bei eitriger
Gonitis einen lateralen Schnitt für den oberen Rezess und einen inneren
Schnitt neben der Patella. Von einer Öffnung zur andern wird ein Drainrohr
gelegt.
Einen Fall von eitriger Gonitis mit seltsamer Ätiologie teilt Kaeppelin
(34) mit. Seine 11jährige Patientin hatte eine eitrige Bursitis praepatellaris
durchgemacht, die von einem ^Rebonteur^ mit Zerdrückung war behandelt
worden. Die Folge war eine Perforation der Patella und die eitrige Gonitis,
die anfanglich mit Inzision und Drainage, später, da so keinerlei Fortschritte
gemacht wurden, mit Resektion behandelt wurde. Es trat Heilung ein.
Kaeppelin empfiehlt, speziell auch beim Kinde, die intraepiphysäre
Resektion, wenn bei Gelenkeiterung die Arthrotomie keine genügende Drai-
nage gibt, als eine brauchbare Methode, die ein braiichbares Glied gibt.
Broca (21) bespricht einen Fall von rarefizierender Osteomyelitis des
Kniegelenkes, der sich bei einem 8jährigen Kinde als Folge einer im ersten
Lebensjahre durchgemachten eitrigen Gonitis manifestierte. Die Operation
brachte Heilung. Broca bespricht die Differentialdiagnose gegenüber Tuber-
kulose und schliesst die Besprechung eines Falles an, der für die Hüfte ähn-
liche Verhältnisse aufwies. Auch hier Coxitis im ersten Lebensjahre, dann
wiederholt kleine Nachschübe und röntgenographisch nachweisbare Verbreite-
rung der Pfanne und Vertikalstellung des Femurhalses.
Flint (25) teilt 4 Fälle von Kniegelenkserkrankung mit, die auf trau-
matisch-entzündliche Veränderungen der Ligamenta alaria und der Plica syno-
vialis patellaris und der Synovialzotten dieser Gebilde beruhten. Li den Fällen
Sater, Yerletzangen nod chirurg. Krankheiten der unteren Extremit&t. 1217
hatte eine konservative Behandlung, die dem Trauma folgte, keine Besserung
erzielt und es wurde deshalb operiert. In allen 4 Fällen war lange dauernder
Schmerz und Bewegungsbehinderung vorhanden; in allen 4 Fällen bestand ein
Exsudat, es wurde die Arthrotomie gemacht und die entzündlich veränderten
Partien der oben erwähnten Teile des Gelenks exzidiert. — Der operative
Erfolg war in den Fällen ein guter, wenngleich in einem Falle die histo-
logische Untersuchung Tuberkulose ergab. — Nach Fl int soll jeder trauma-
tische Kniegelenkerguss aspiriert, ein Hämarthros soll inzidiert und ausge-
gewaschen werden. Rezidiviert der Erguss, so wird wieder aspiriert. Die
za lange im Gelenk verbleibende Flüssigkeit führt zur Gelenk- und Bänder-
erschlaffung und durch Ausscheidung von Fibrin zur Bildung freier Gelenk-
körper. Beseitigt diese Therapie den Erguss und die Funktionsstörung nicht,
sondern werden sie chronisch, so ist die Indikation zur Operation vorhanden,
die dann meist Erfolg hat. — Antoine (16) empfiehlt für traumatische,
rheumatische und gonorrhoische Ergüsse ins Gelenk die heisse Luft täglich
1 Stunde bei 120^ angewandt, daneben Geh Übungen.
Hoffa (33) bespricht die Bedeutung des im Kniegelenk gelegenen Fett-
gewebes für die Unfallheilkunde, indem er an Hand von fünf Gutachten über
Verunfallte, die zum Teil als Simulanten behandelt wurden, zeigt, wie gross
die praktische Bedeutung der Kenntnis der fibrösen Hyperplasie d^ Fett-
gewebes des Kniegelenks ist, des Fettgewebes, das sich normalerweise unter
dem Ligamentum patellae findet. — Wird dieses Fettgewebe infolge eines
oft geringen Traumas entzündlich gereizt, so hjperplasiert dasselbe und
bildet dann hinten und zu beiden Seiten des Lig. patellare einen dicken, derben
Fettklumpen. Dieser Klumpen kann hühnereigross werden; er hat rötlich
gelbe Farbe, ist oft von Hämorrhagien durchsetzt und hat eine derbe Kon-
sistenz. Mikroskopisch handelt es sich um ein durch derbes fibröses Binde-
gewebe durchwachsenes hyperplastisches Fettgewebe. Für die Entstehung
dieser Veränderungen ist ein Trauma meist der Grund. Dieses verursacht
eine Blutung und dadurch einen Reiz zur zelligen Infiltration und so eine
Volumzunahme. Bei weiterem Gebrauch klemmen sich die vergrösserten
Zotten ein und so wird ein Reizzustand unterhalten. Die Einklemmungen
machen die typischen Erscheinungen und stören bleibend die Funktion des
Gelenkes.
Für die Erkrankung ist der Gelenkbefund ein typischer: bei sonst in-
taktem Gelenk sitzt zu beiden Seiten und dicht unterhalb der Patella eine
pseudo-fluktuierende Anschwellung, die das Lig. patellare in die Höhe hebt.
Die Gelenkspalten und der obere Gelenkrezess bleiben frei. Ein Erguss ist
nicht vorhanden, die Beweglichkeit des Gelenkes ist meist normal.
Hoffa hat früher schon über 7 derartige Fälle berichtet, die er ope-
riert hat (s. diesen Jahresber. 1904, p. 1016); er bringt im Anschluss an seine
Ausführungen weitere 5 Fälle; 2 von diesen wurden mit gutem Erfolg ope-
riert. Die Diagnose ist mit Sicherheit zu stellen, eine Exstirpation der ent-
zündlich veränderten Fettmassen bringt Heilung.
Der von Sinding-Larsen (42a) beschriebene Fall, der sowohl hin-
sichtlich des klinischen Bildes als des Befundes des Gelenkes bei der Ope-
ration und der mikroskopischen Untersuchung des Tumors genau mit den
von Hoffa beschriebenen Fällen übereinstimmt, betraf ein ITjähriges Mäd-
chen, das durch die Operation wieder hergestellt wurde.
Hj. von Bonsdorff.
JahrMlMrielii fDr Chinirgi« 1905. 77
1218 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
6 angele (30) berichtet ebenfalls über entzündliche Fettgeschwülste im
Knie- nnd Fussgelenk. In drei Fällen war ein leichtes Trauma als Ursache
beschuldigt, in einem Falle fehlte diese Veranlassung. Drei Patienten wurden
durch die Operation geheilt, einer trug ein fast steifes Gelenk davon, weil
die Nachbehandlung durch eine Psychose unterbrochen wurde. Die entzünd-
lichen Fettgeschwülste des Fussgelenkes betrafen hauptsächlich Patienten mit
Plattfüssen und verursachten Einklemmungsbeschwerden wesentlich unter dem
äusseren Knöchel. Zwei Fälle wurden operiert und bei ihnen haselnussgrosse
Fettgeschwülste entfernt.
Ball och (17) spricht bei der traumatischen Synovitis des Kniegelenks
einem frühzeitigen operativen Vorgehen das Wort, da wohl in allen Fällen
eine Veränderung im Gelenk vorliegt, die den Eingriff rechtfertigt. Er rät,
es nicht mehr als 3 Wochen mit den konservativen Massnahmen zu versuchen.
Tritt keine Besserung ein, so soll die Arthrotomie gemacht werden. Die
besten Resultate und die kürzeste Heilungsdauer gibt die möglichst früh-
zeitig ausgeführte Arthrotomie.
Gouteaud (31) berichtet über den Fall eines 22jährigen kräftigen
Matrosen mit allen Zeichen einer Gelenkmaus, bei dem die Operation einen
Zwetschgengrossen gestielten Polypen ergab, der nach der histologischen
Untersuchung tuberkulöser Natur war. Der Tumor ging vom Condylns ans
und stellte sich als tuberkulös-bindegewebig erkrankte Synovialmembran dar;
das Bindegewebe war sehr stark in Form von Spindelzellen entwickelt. £s
fanden sich Tuberkelbazillen. Die Erkrankung war auf eine in der Jugend
durchgemachte, lange dauernde Kniegelenksentzündung zurückzuführen.
Über interessante Kniegelenksaffektionen, wahrscheinlich im Zusammen-
hang mit Malaria berichtet Marsh (37). Bei einem 38jährigen Manne
kam abendlich unter heftigen Schmerzen eine intensive Schwellung des Knie-
gelenkes, die sich wie eine turgeszente, hyperämisch verdickte Gelenkkapsel
anfühlte. Es bestand eine intensive Atrophie der Beinmuskeln. Nach einigen
Chinindosen trat Heilung ein. — In zwei anderen Fällen traten bei ampu-
tierten Soldaten regelmässig intermittierende Anschwellungen der Stümpfe ein,
die auf Chinin verschwanden. Malariaparasiten wurden nicht gefunden. Der
erste Patient hatte auch Syphilis gehabt.
Manson hält diese von Marsh mitgeteilten Beobachtungen für nicht
typisch für Malaria. Malaria macht selten täglich Attacken; sie macht ihre
Anfälle nicht abends, sondern mittags. Alles spricht dafür, dass die inter-
mittierende Affektion des Kniegelenks eine syphilitische war.
Über intermittierenden Kniegelenkhydrops berichtet ebenfalls Marsh
(37). In einem Falle bei einer 28jährigen Frau. Die Anfälle kamen alle
14 Tage und dauerten 4 Tage. Es wurde mehrmals punktiert; nach Ein-
nahme von Arsenik trat Heilung ein. Ein weiterer Fall (42 jähriger Mann)
hatte 14tägige Intervalle mit Schwellung beider Kniee, ohne Schmerzen, in
einem dritten Falle kam die Schwellung alle 12 Tage (16 jähriger Knabe) und
schloss sich einem Trauma an. — In beiden Fällen führte auch Arsenik die
Heilung herbei.
Bennett (19) schliesst an eine Reihe von 750 Beobachtungen Betrach-
tungen an über rezidivierende Kniegelenkergüsse nach Trauma. 127 Fälle
wurden operiert und zwar:
80 mal Entfernung von Semilunarknorpeln und gestielten Körpern ;
16 mal Entfernung von freien Körpern ;
Sater, Yerletzongen und chirarg. Krankheiten der unteren Eztremitftt. 1219
2 mal Osteotomie :
12 mal Explorationsschnitte ;
und bei Ergüssen als Folge von konstitutionellen Erkrankungen:
3 mal Entfernung freier Gelenkkörper;
9 mal Inzision oder Aspiration.
509 von der Gesamtzahl der Fälle waren traumatischer Natur oder un-
abhängig von jeder konstitutionellen Erkrankung, 241 Fälle waren durch kon-
stitutionelle Erkrankungen bedingt und zwar: Osteoarthritis, Rheumatismus,
Gicht, Syphilis, Gonorrhöe, Malaria, Hämophilie und Ergüsse im jugendlichen
Alter.
In 428 Fällen bestanden die Symptome des Derangement interne; in «804
Fällen wiesen die Schmerzen und Symptome auf die innere, in 113 Fällen
auf die äussere und in 11 auf beide Seiten. 80 von diesen Fällen wurden
operiert.
56 Fälle boten die Symptome von rezidivierendem Gelenkerguss: 12 von
diesen Fällen operiert. Es fand sich 7 mal eine Meniscus-Luxation ; in 5 Fällen
war der operative Befund negativ.
Bennett rät in allen Fällen von nicht mit den gewöhnlichen Methoden
zu heilenden Kniegelenksergüssen die Operation vorzunehmen, da man auch
in vielen Fällen, in denen alle typischen Symptome fehlen, ein Derangement
eines Meniscus finden kann.
Bennett geht speziell auf die Operationen beim Derangement interne
ein und bespricht die dabei erhaltenen Befunde. Er empfiehlt die digitale
Exploration des Gelenkes nach der Inzision. Er macht darauf aufmerksam,
dass auch nach Entfernung des luxierten Gelenkknorpels die Streckung oft
nicht ganz geht. Die pathologischen Veränderungen lassen sich in 7 typische
Gruppen teilen:
1. die vorderen ^/a des Knorpels nach innen disloziert; das vordere Ende
nicht gelöst;
2. die vordere Hälfte des Knorpels nach innen disloziert, das vordere
Ende desselben losgelöst aus seinen Verbindungen;
3. der Knorpel quer zerrissen, das vordere oder hintere Stück nach
innen disloziert;
4. der Knorpel sagittal zerrissen in dem mittleren ^Z«, so dass der vor-
dere und hintere Rand erhalten bleibt;
5. der Knorpel sagittal ganz durchrissen und nach aussen disloziert;
6. der Knorpel von den seitlichen Verbindungen losgerissen und nach
aufwärts auf die Kondylengelenkfläche gedreht;
7. beide Knorpel gelöst und nach innen gedreht.
Wetz (46) demonstriert in der medizinischen Gesellschaft in Giessen
einen Meniscus, der dem Typus 2 von Bennett entsprechend in seinem
vorderen Drittel einen tiefen Einriss hat; das vordere vom Lig. transversum
losgerissene Ende war nach aussen umgeschlagen.
Boucher (20) hat bei einem Soldaten einen durch Hufschlag luxierten
Meniscus internus entfernt. Der Mann wurde wieder diensttauglich.
In einem anderen Falle beobachtete er Luxation des äusseren Meniscus,
der sich wiederholt einklemmte, starke Bewegungsstörung verursachte und
nach einigen Monaten zu einem Exsudat im Gelenk führte. — Eine Operation
wurde nicht gemacht.
??♦
1220 Jahresbericht fflr Chirargie. IL TeU.
Nach Owen (38) sollen Patienten, die bewegliche Menisken im Knie-
gelenk haben, die zu Einklemmung neigen, einen Apparat tragen, der das
Kniegelenk fixiert, wenn durch einen solchen die Einklemmung kann ver-
mieden werden. Die Operation soll nur im Notfalle gemacht werden, da auch
häufig der Kranke dadurch geschädigt wird.
Chaput und Gornil (22) berichten über zwei Fälle von Gelenkmaus
im Kniegelenk. — In einem Fall handelte es sich um einen gestielten Tumor,
der histologisch sich als Tuberkulose erwies (siehe den Fall Gonteauds) und
von der Synovia ausging. Im anderen Falle fand sich eine Knorpelgeschwulst,
die ganz frei war und ihren Ursprung vom Gelenkknorpel des Femur ge-
nommen hatte.
Einen kasuistischen Beitrag zur Tatsache, dass Fremdkörper unbemerkt
in den Körper eindringen können, bringt Dawbaru (23). Bei einem sechs-
jährigen Kinde mit einer Kniegelenksaffektion deckte die Radiographie eine
Nadel auf, die durch Arthrotomie entfernt wurde. Heilung.
Fälle, die dartun, wie geistige Schwäche oft ein körperliches Leiden
beeinflussen kann, teilt Riedel (41) mit, speziell der Fall eines 10 Jahre
alten Knaben, bei dem sich eine Verdickung der Fussknochen und Exostosen
entwickelten und eine fortschreitende Kniegelenkszerstörung im Anschluss an
ein geringfügiges Trauma, verdient Interesse. Es entwickelte sich bei ihm
zuerst ein gewaltiger Hydrarthros, späterhin eine völlige Zerstörung der Ge-
lenkenden des Femur und Anfüllung der Gelenkkapsel mit Fremdkörpern.
Drau dt (24) berichtet über die Kniegelenkstuberkulosen der Königs-
berger Klinik unter Garr6. Von 1894 — 1905 waren es 252 Patienten, 146
männliche, 106 weibliche. In 32 P'ällen Hess sich Erblichkeit nachweisen; in
95 Fällen wurde ein Trauma als direkte Ursache angegeben. Was die Loka-
lisation anbetrifft, so ergibt sich unter den 203 operierten Fällen 82 mal eine
rein synoviale Form, 120mal eine gemischte synoviale-ostale Form und eine
einzige rein ostale Form. Aus dem Vorhandensein von Sequestern und ans
anderen Anzeichen Hess sich im ganzen in 20 Fällen auf den ossalen Ausgang
des Leidens schliessen. Bei Kindern in den drei ersten Lebensjahren (14 Fälle)
fanden sich 9 mal Knochenherde und nur 5 rein synoviale Formen. Der Sitz
des Knochenherdes war
in der Patella 18 mal,
im Femur 117 mal,
in der Tibia 100 mal,
in der Fibula 2 mal.
Die Beobachtungen über Synovialveränderungen, über Abszesse (in 39
Fällen), Fisteln (in 33 Fällen) bieten keine Besonderheiten.
Die Behandlung bestand für ausgeheilte Fälle mit schlechter Stellung
in konservativer orthopädischer Behandlung. Bei frischen Fällen bei jugend-
lichen Individuen wurde die konservative Behandlung versucht, aber aufge-
geben, wenn sich nicht bald ein Erfolg konstatieren Hess.
In allen Fällen^ die diesen Indikationen nicht entsprachen, wurde ope-
riert; es kamen in der Rostocker Zeit Garres auf 26 konservative 53 ope-
rierte Fälle, in Königsberg auf 19 konservative 150 operierte Fälle. In toto
wurden nur konservativ 45 Fälle, konservativ und operativ oder nur operativ
203 Fälle behandelt.
Von 34 konservativ behandelten Fällen (Injektionen von 10 ®/o Jodo-
formglyzerin in achttägigem Intervalle und Fixation in Streckstellung) war
Sater, YerletzongeD und ohirarg. Krankheiten der unteren Extremität 1221
21 mal Nachricht zn bekommen. Gestorben waren 6, von den 15 Überlebenden
hatten 9 ein bewegliches Gelenk (davon 3 noch Schmerzen), 2 hatten ein in
Streckstellung versteiftes Gelenk, die 4 anderen eine Flexionskontraktar. In
2 Fällen war eine Verlängerung des kranken Beines eingetreten. Es sind
also 60% gute und 58,8 ^/o schlechte Resultate bei der konservativen Be-
handlung zu konstatieren.
Operative Fälle: 8mal wurde die Arthrektomie gemacht, ohne
dass ein bewegliches Gelenk erzielt worden wäre ; grosse Neigung zur Flexions-
kontraktur ist vorhanden. Ein Fall ist in Streckstelluug versteift, es wurde
hier eine Sehnentransplantation gemacht.
Die primäre Amputation wurde in 18 Fällen gemacht; erstens bei
allen Patienten, die das 50. Altersjahr äberschritten hatten und in einigen
ganz schweren Fällen, nahe diesem Alter und in Fällen multipler Tuber-
kulose.
In sechs Fällen wurde die sekundäre Amputation gemacht wegen
Rezidivs.
Die Resektion wurde in 177 Fällen gemacht, in neuerer Zeit kon-
sequent unter Rückenmarksanästhesie mit Stovain. Schnittführung nach Tex tor,
sofortige Eröffnung des Gelenkes, Exstirpation der Patella und des oberen
Rezesses, Resektion der Knochen, Exstirpation der Kapsel. Sorgfältigste Blut-
stillung. Hautnaht, womöglich ohne Drainage. Gipsverband. In manchen
Fällen traten die Operierten 14 Tage nach der Resektion aus der Klinik aus.
Von den mit Resektion behandelten Kranken waren 86 jünger als 15
Jahre. — Es starben 4 Patienten an anderweitiger Tuberkulose (miliarer)
bald nach der Operation, 6 Fälle wurden sekundär amputiert. Von den 167
Entlassenen waren 123 primär geheilt; bei 37 waren Fistelauskratzungen
nötig, bei 7 waren sekundäre Resektionen wegen Knochenrezidiv nötig. Also :
85,880/0 Heilungen,
7,92^/0 Besserungen,
3,950/0 Nachoperationen,
2,250/0 Todesfälle.
Von 124 der Operierten waren Nachrichten über den Dauererfolg er-
hältlich. 7 waren gestorben.
Mit Fistel geheilt 2 Fälle.
Flexionsstellung leichten Grades haben 3 von den jenseits des 15. Le-
bensjahres Resezierten; alle anderen mit Flexionsstellung sind unterhalb des
13. Lebensjahres operiert (18 Fälle). 37 Fälle (von den vor dem 13. Lebens-
jahre operierten) haben ein Bein in Streckstellung.
Also :
gerade 53,7 0/0,
massig krumm 33,3^/0,
sehr krumm 12,9 0/0.
Die guten Resultate in bezug auf Stellung bei Kindern wurden durch
die Verordnung von Bandagen erzielt, da nur dadurch die Flexion ver-
mieden wird.
Die Verkürzung betrug im Mittel 2,7 cm (Maximum 15 cm). Verkür-
zungen bis zu 5 cm sind irrelevant und werden durch Beckensenkung kom-
pensiert. 6—7 cm kamen in 6,83 7o der Fälle zur Beobachtung und 10 bis
15 cm in 0,85 «/o.
1222 Jahresbericht für Ghimrgie* IL Teil.
Thomson (43) bespricht die Methoden der Behandlung der Knie^e-
lenkstuberkulose in historischer und kritischer Weise. Er verwirft die In-
jektionsmethode, die in Deutschland Anhänger hat, aber in England wenig
Erfolg gab. Er verwirft die ^.Erasion^ (Arthrektomie), die ein bewegliches
Gelenk erzielen will, aber nach seiner Ansicht unbefriedigende Resultate er-
gibt, einesteils, weil es oft nicht gelingt, sicher alles Kranke zu entfernen,
andererseits, weil der gewünschte Erfolg eines beweglichen und gut funktio-
nierenden Gelenkes oft nicht erreicht wird und empfiehlt die „Exzision^, die
Gelenkresektion, als kürzeste und sicherste Methode, da sie alles Krankhafte
zu entfernen gestattet und ein solides, funktionstüchtiges Bein liefert. Die
Amjjutation bleibt für hofifnungslose Fälle reserviert.
Frank (27) weist in einem Bericht über drei Fälle von Kniegelenks-
tuberkulose auf seine individualisierende Behandlung hin. In einem Falle
wurde die Heilung durch Jodoforminjektionen erzielt, in einem zweiten Falle
durch partielle Resektion (ein Condylus femoris und die Tuberositas tibiae)
und in einem dritten durch Totalresektion.
Walt her (45) berichtet über einen 24 jährigen Mann mit Tuberkulose
beider Kniegelenke. Auf der einen Seite war die Tuberkulose mit recht-
winkeliger Ankylose ausgeheilt; hier musste die orthopädische Resektion ge-
macht werden. Auf der anderen Seite bestand ein virulenter Tumor albus.
Dieser wurde durch Immobilisieren und sklerogenen Injektionen (10 ®/o Chlor-
zinklösung) geheilt, und zwar mit Beweglichkeit. Walther glaubt aus dieser
Beobachtung die Chlorzinkinjektionen der Resektion gegenüber aufs wärmste
empfehlen zu können.
Vuillemin (44) empfiehlt an Hand von drei Erfahrungen mit Lanne-
longu eschen sklerogenen Injektionen, tropfenweise, von 10®/o Chlorzink in
die Umgebung des Gelenkes, kombiniert mit intraartikulären Injektionen von
Jodoform. Die Heilungsdauer betrug ca. ^h Jahr, die Funktion war eine
gute. Die Jodoformeinspritzung wird der Cblorzinkeinspritzung vorausgeschickt,
letztere wird 2 — 3 mal in Narkose, weil sehr schmerzhaft, wiederholt. Nach
der Injektion Gipsverband, aber Faradisation und Massage der Muskeln und
vor allem allgemeine roborierende Behandlung.
Auswaschungen des Kniegelenkes bei der akuten gonorrhoischen Knie-
gelenksentzündung empfiehlt Gaillard (28) nach Erfahrungen an 10 Fällen.
Er braucht eine Lösung von 1 : 4000 und wiederholt die Punktion und Aus-
waschung eventuell mehrere Male. Die Behandlungsdauer betrug 4 Wochen
bis 4 Monate; in keinem Falle kam es zur Ankylose. Der Erguss war serös-
eiterig bis rein eiterig. Die monoartikulären Aifektionen sind dabei die
schwereren, als die polyartikulären.
Mit Röntgenbestrahlung hat Gregor (32) eine Kniegelenkstuberkulose
bei einem 17 jährigen Manne gebeilt. Es waren 11 Sitzungen nötig und das
Kniegelenk wurde völlig normal. Die Heilung besteht seit V* Jahren.
Kirmisson (35) berichtet über ein Genu recurvatum bei einem
14jährigen Knaben als Folge einer chronischen Arthritis ' des Kniegelenb.
Die Difformität ist selten als Folge dieser Ätiologie. Bei dem betr. Kranken
bestand seit Jahren eine Entzündung im Kniegelenk, die mehr als ein Jahr
lang mit Gipsverbänden war behandelt worden. — Das Bein war durch die
Krümmung um 2 cm in der reellen Länge verkürzt und war im Kniegelenk
versteift. Radiographisch findet sich eine Subluxation der Tibia nach hinten.
Die Tibia artikuliert nur mit dem vorderen Teil der Gelenkfläche mit dem
Sater, Verletzaiigen and chirarg. Krankheiten der unteren Extremität 1223
Femar und die Achsen der zwei Knochen bilden so einen nach vorne offenen
Winkel. — In Narkose findet man eine fibröse Versteifung des Kniegelenks,
die nicht nachgiebt, weil der Femur so weich und biegsam ist, dass der
Knochen selbst vor dem Gelenke durch die Repositionsmanöver gefährdet
wird. Therapeutisch wird die Streckung und Fixation des Gelenkes ver-
sucht; genügt das nicht, so ist die orthopädische Resektion am Platze.
Wittek (47) berichtet über die Methoden, die an der Grazer chirur-
gischen Klinik zur Therapie der seitlichen Kniegelenksverkrümmungen benutzt
werden. Der Epiphyseolyse wird der Vorwurf gemacht, dass sie durch die
Dislokation der Fragmente Wachstumsstörungen schafft. Deshalb wird von
Hacker die Osteotomie gemacht. Um die nach der Osteotomie häufig sich
einstellende unschöne Bajonettstellung zu vermeiden macht Wittek die
Osteotomie bogenförmig mit der Giglischen Säge, die er in einem Führungs-
instmmente arbeiten lässt. Diese Methode ist theoretisch gut; und gelang
auch in einem Falle, oft aber missrät sie, weil sie technisch nicht gut aus-
führbar ist. Deshalb ist die lineare Osteotomie vorzuziehen. Diese wird
von der Innenseite aus vorgenommen und so gelegt, dass die Trennungslinie
des Femur suprakondylär von der Beugeseite distal nach der Streckseite
proximal verläuft und mit der Längsachse des Knochens einen Winkel von
ca. 40® einschliesst. — Nach der Osteotomie wird eine Extension angelegt,
auch mit korrigierendem Zuge an der Osteotomiestelle. Die Extension liegt
3 — 4 Wochen , dann wird ein Gipsverband mit beweglichem Knie getragen
und in 8 — 10 Wochen ist die Heilung erreicht. — Ist die Tibia verkrümmt,
so wird diese durchmeisselt, auch schräge und die Nachbehandlung in
gleicherweise gemacht. — In 11 Fällen gab die Methode — schräge Osteo-
tomie und Extensionsverband — ein gutes Resultat.
Zu ganz ähnlichen therapeutischen Ansichten beim Genu valgum
adolescentium haben auch die Erfahrungen der Königsberger chirurgischen
Klinik (Prof. Garre) geführt. Paetzold (39) referiert über 22 Fälle, die
operativ behandelt wurden und aus deren Nachuntersuchung folgendes her-
vorgeht: Die Osteotomie mit Hammer und Meissel ist einstweilen immer
noch die sicherste, einfachste und rationellste Behandlungsmethode. Die
Hauptsache dabei ist, dass man röntgenographisch feststellt, ob die Tibia
oder der Femur verkrümmt ist und eine horizontale Kniegelenksfläche her-
stellt oder erhält. Sind beide Knochen verkrümmt, so wird bei geringen
Graden die Operation an der Tibia vorgezogen, in hochgradigen Fällen soll
man zweizeitig beide Knochen osteotomieren. — Hauptsache ist, eine gerade
verlaufende Gelenkspalte zu erhalten.
Bernabeo (19a) berichtet über sein neues Operationsverfahren zur Be-
handlung des Genu valgum. Er erwähnt, diese seine Arbeit auf der Acca-
demia medico-scientifica zu Neapel mitgeteilt zu haben. Wenn er heute diese
Arbeit auf den chirurgischen Kongress bringt, so geschieht es deshalb, weil
er durch bedeutende Vermehrung seiner Kasuistik sich von der Güte und
absoluten Sicherheit seiner Methode überzeugt hat, von der er unter Hervor-
hebung der Leichtigkeit und Einfachheit der Operation eine detaillierte Be-
schreibung gibt. Der Operation ist ein anatomisches Studium vorausgegangen,
zum Zwecke der Feststellung der Entfernung zwischen Arteria poplitea und
dem Planum popliteum. ßed. hat gefunden, dass die Arteria poplitea VI2 cm
von dem Femur abliegt, woher die Sicherheit der Operation.
1224 Jahresberiobt für Chinii^e. IL Teil.
Red. hat sich die Frage vorgelegt, ob es wirklich nötig sei, für die
gnte Reduktion eines Gliedes einen Raum im Innern der Läsion durch Kon-
densierung des Knochens zu erhalten, wie man ihn bei der Methode Mac
Ewen mittelst des Meisseis erzielt. Er weist nach, dass es nicht notwendig
ist und die Tatsachen der von ihm erzielten guten und glücklichen Heilungen
beweisen es. Bis jetzt hat er 15 Fälle: bei sämtlichen sind die Resultate
vorzügliche gewesen. R. Giani.
Auf dem im September 1902 in Mantua abgehaltenen zehnten inter-
provinziellen Sanitätskongress Oberitaliens wurde eine Untersuchung F och es-
sati (26a) über die operative Behandlung des Genn valgum mitgeteilt, wobei
unter dieser Bezeichnung die rachitische Form der Kindheit und die andere
Varietät zusammengefasst sind, die man unter dem Namen Genn valgum
staticum seu adolescentium versteht. Ohne einen eigentlichen Vergleich
zwischen den drei hauptsächlichen operativen Korrektionsmethoden, die ange-
wandt werden, anstellen zu wollen, hat er sich zunächst vorgenommen, mit
Hilfe der Radiographie die Läsionen zu studieren, welche durch das Operations-
trauma verursacht werden. Dieses Studium unfasst:
a) Eine Reihe von 81 Operationen von Genu valgum, vervollständigt
durch die objektive Untersuchung der Region vor der Operation und mit der
Indikation des mit einer der oben erwähnten Behandlungsmethoden aasge-
führten Operationsaktes.
b) Den radiographischen Befund vor und nach dem Operationsakt mit
entsprechenden in einem angefügten Album gesammelten Radiogrammen.
c) Eine zweite Reihe von Untersuchungen an 60 Patienten, die mit
gewaltsamer manueller Reduktion vom Jahre 1890 bis 1896 inklusive operiert
wurden, angestellt zu dem Zwecke, ein Urteil über das operative Dauerresulat
zu gewinnen.
d) Schliesslich eine Reihe von Radiogrammen, die an verschiedenen Pa-
tienten in einer Entfernung von mehreren Monaten von dem Operationsakte
aufgenommen wurden, um den eumorphen Zustand des Gelenkes und der Dia-
physe zu konstatieren. Die oben angeführten Beobachtungen fahrten ihn zn
dem Schlüsse:
1. Dass bei den rachitischen Genua valga der Kindheit die gewaltsame
manuelle Reduktion zur Korrektion der Deformität führt mit guten funktio-
nellen Resultaten und zwar infolge einer korrigierenden Modifikation der
Diaphysenkurven ; durch eine partielle Loslösung, welche an der Aussenseite
der Epiphysenlinie erfolgt, schliesslich durch Fraktur (zumeist Infraktion),
welche die Femoraldiaphyse interessiert. Aus dem Vergleich mit den durch
Verwendung des instrumentellen Osteoklastes erhaltenen postoperativen Be-
sultaten ergeben sich keine eigentlichen Gründe für die Bevorzugung der
Osteoklasten.
2. Beim Genu valgum des jugendlichen Alters ist die gewaltsame manuelle
Reduktion die Methode der Wahl.
Dieselbe bedingt die Korrektion an der Stelle, wo die Deformität ihren
Sitz hat;
1. Infolge einer teil weisen Loslösung der Epiphyse, welche fast kon-
stant erfolgt.
2. In einigen Fällen erhält man neue suprakondyloideale Fraktur genau
mit dem Aussehen der durch die Osteomie erzielten Trennung des Knochens.
Sater, Verletzangen und cbirarg. Krankheiten der unteren Extremitftt. 1225
Auf den jüngsten Kongressen der orthopädischen Chirurgie schlug
Heiner vor, der Operation der gewaltsamen manuellen Reduktion eine In-
zision, entsprechend dem äusseren Kondyl, voraufgehen zu lassen, die derart
^auszuführen wäre, dass das Periost inzidiert würde und man mit dem Messer
bis zur interphysären Linie des Femur gelangte. Die zu dem Zwecke den
speziellen Widerstand zu hezeitigen, den das Periost bei rachitischen Indi-
viduen bietet, und die Korrektion der Deformität ohne Frakturen, mit der
blossen partiellen Ablösung der Epiphyse zu erzielen. Es ist dies eine lobens-
werte Vervollkommnung der Operationstechnik, die bei den Korrektionen der
rachitischen Genua valga der Kindheit in Anwendung zu bringen ist; obschon
die Radiographien, welche bei vielen meiner ohne Epiphysiolyse operierten
Patienten in längerem Abstände nach der Operation aufgenommen worden
sind, keine Störungen in der Wachstumsfunktion des Knochens zeigen, wie
noch heute die deutschen Autoren behaupten. Beim Genu valgum des jugend-
lichen Alters ist die Reiner sehe Epiphysiolyse überflüssig. Hier erfolgt fast
stets Epiphysenablösung und es besteht hier nicht jene spezielle Resistenz des
Periosts, welche dem kindlichen Rachitismus eigen ist. R. Giani.
Roland (42) hat eine grosse Anzahl von tuberkulösen Gonitiden auf
das Vorhandensein von seitlichen Deformitäten und Wachstumsstörungen
untersucht. In 20 Vo der Fälle findet sich ein Genu valgum, das entweder
primär durch Hypertrophie des Condylus internus bedingt ist, oder sekundär
durch lange Dauer des Prozesses. Die letztere Art ist Folge von unzweck-
mässiger oder zu viel Behandlung speziell von unzweckmässigem Redressement
und meist mit anderen Stellungsanomalien kombiniert. Die knöchernen Ver-
änderungen entstehen aus der Beugekontraktur, es nimmt durch Redression
oder den Gehakt zu. — In */» der Fälle findet im Anfang der Erkrankung
«ine Verlängerung der Extremität statt; bei den anderen Fällen ist das
Bein meist verkürzt, selten gleich lang wie das andere. Diese Veränderungen
entstehen durch Reizung der Epiphysenlinie besonders des Oberschenkels. —
In einzelnen Fällen beobachtete Roland auch Verkürzung des Fusses.
Gapuano (21a) berichtet die Krankengeschichte eines infolge voraus-
gegangener tuberkulöser Arthritis mit eckiger Ankylose des linken
Knies behafteten Burschen, der von ihm nach der von Gordon Buk modi-
fizierten Methode der Osteotomie von Rhia Barton behandelt wurde. Im
Anschluss an diesen Fall bespricht er die pathologische Anatomie und Patho-
genese der Gelenkankylosen und die verschiedenen blutigen und unblntigen
von den Chirurgen erdachten Behandlungsmethoden, indem er sich selbst
für einen Parteigänger der Methode von Gordon Buk erklärt.
R. Giani.
c) Des Fussgelenkes.
48. Hofmaon, Ursachen und bedeatung der Stellung des Fusses in Pro- oder Supination
bei fungOser Erkrankung des unteren Sprunggelenkes. Brans ßeitr. 46. Bd.
49. Stieb, Zur Anatomie der Fussgelenkstuberkulose mit besonderer Berücksichtigung der
Resektion. Bruns Beitr. 45. Bd. p. 587.
Nach der geläufigen Erklärung nimmt bei Erkrankung eines Gelenkes
die Extremität eine ganz bestimmte Stellung ein, weil bei Ansammlung von
Flüssigkeit in der Gelenkhöhle so am meisten Raum entsteht und weil der
Kranke die Tendenz hat, sein Gelenk in eine Stellung zu bringen, in der
die Kapsel am meisten erschlafft ist, die Schmerzen also die geringsten sind.
1226 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
In einer Reihe von Fällen mit Fungas in den unteren Sprunggelenken
(Articulatio talo-calcanea und talo-naviculare) die Hof mann (48) beobachtete^
stand nun aber der Fuss bald in Pronation und Abduktion und bald in
Supination und Abduktion fixiert. Es ergab sich nun durch die klinische
und pathologisch anatomische Beobachtung, dass Pronations-Abduktionsstellung
bei Erkrankung der Articulatio talo-navicularis und bei Fixierung in Supi-
nation-Adduktion eine fungöse Zerstörung der Articulatio talo-calcanea vorlag»
Bestand keine typische Stellung, so war die Erkrankung eine leichte: es
war keine Ansammlung von Eiter oder Fungus in den betreffenden Gelenken
oder Zerstörung des Knochens vorhanden. — Experimentelle Anfüllnng der
betreffenden Gelenke mit einer Injektionsmasse gaben die Übereinstimmung
der resultierenden Stellung mit der bei Erkrankung des Gelenks beobachteten.
Das Studium des Baues der Gelenke und des Kapsel- und Bandapparates
gibt die Erklärung, warum bei den Versuchen und bei der Erkrankung diese
Stellung zustande kommen muss. — Die erwähnten fixierten Stellungen sind
also von grosser diagnostischer Bedeutung und lassen auf ausgedehnte Zer-
störung des Gelenkes schliessen. Das Fehlen der fixierten Stellung liis^t
aber eine Erkrankung des Gelenkes ohne Beteiligung der Gelenkkörper und
ohne Ansammlung von Eiter und Granulationsmassen in der Gelenkhühle
nicht sicher ausschliessen.
Stich (49) berichtet über 88 Fälle von Fussgelenkstuberkulose aus
der Garreschen Klinik. Die Fussgelenkstuberkulose bevorzugt den wachsen-
den Knochen, da 81,2 7o der Fälle vor dem 15. Jahre erkrankten. Die
Heredität spielt eine geringe Rolle, bedeutungsvoller ist die Rolle anderer
tuberkulöser Herde im Körper und das Trauma (Distorsion), das in ^3 der
Fälle vorausgegangen war. — Häufig, entsprechend der Anatomie der Ge-
lenke, beteiligten sich mehrere Gelenke oder Knochen an der Erkrankung. Am
häufigsten (88 7«) war das obere Sprunggelenk erkrankt in 45% allein. Das
hintere Sprung-Fersenbeingelenk war in 35% erkrankt, das Sprung-Kahn-
beingelenk in 29%. Die ossalen Erkrankungen fanden sich in 70— 75^o,
die synovialen in den übrigen Fällen. Die Knochenherde sassen am häufigsten
in der Talusrolle. 6 mal war nur der Knochen und kein Gelenk erkrankt.
Die Knochen waren meist erweicht, die Knorpel selten intakt. In mehr als
der Hälfte der Fälle fand sich ein eitriger Erguss im Gelenk, in ^U peri-
artikuläre Abszesse in mehr als der Hälfte der Fälle Fisteln. Sehnenscheiden
waren bei Vs miterkrankt.
Die Behandlung war 15 mal konservativ mit 8 vorzüglichen, 4 guten,
2 mittelmässigen und 1 ungenügenden Resultat. — 49 anfangs konservativ
behandelte Fälle wurden später operiert. Im ganzen wurden 73 Fälle
operiert: 14 mal wurde excidiert, mit 6 vorzüglichen, 2 guten und 1 unge-
nügenden Resultat und 4 Todesfällen. 50mal wurde reseziert: 11 vorzüg-
liche, 10 gute, 7 mittelmässige, 3 ungenügende Resultate, 6 Todesfälle.
11 mal wurde amputiert oder exartikuliert, 9 primäre, 2 sekundäre. 7 Fälle
wurden geheilt, 3 starben, 1 bekam eine Coxitis.
Hoffa, Verletzungen und chirorg. Erkrankungen der WirbeUftule etc. 1227
XXIV.
Die Verletzungen und ehirurgisehen Erkrankungen der
Wirbelsäule und des Rückenmarks.
Referent: A. Hoflfa, Berlin.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
Frakturen, Luxationen und sonstige Verletzungen der Wirbelsäule.
1. Bickham, Technique of exposure of the spinal cord and canal; osteoplastic resection
and laminectomy. AnnaJs of surgery 1905. Nr. 3.
2. Barell, H. L., Fracture of the spine. Annais of surgery 1905. Oct.
3. Constantinesca, Traumatische Fraktur der Wirbelsäule. Operation. Genesung.
Rivista de Chirurgie 1905. Nr. 5.
3a. — und N. Athanasescu, Betrachtungen über die Frakturen der Wirbelsäule, nament-
lich mit Bezug auf einen Fall. Spitalul 1905. Nr. 13.
4. Croce, Über Wirbelfrakturen. Deutsche med. Wochenschr. 1905. Nr. 11.
5. Fanquelle, Andrö, De la dimioution de la distance stemo-cricoidienne comme eigne
d'affaisement de la colonne cervicale. Revue de Chirurgie 1903. Nr. 6.
6. Federmann, Über einen Fall von Schuss Verletzung der Brust Wirbelsäule mit Brown-
S ö q u a rd scher Halbseitenläsion und K 1 u m p k e scher Lähmung. Deutsche med. Wochen-
schr. 1905. Nr. 43.
7. Fowler, Georg Reyerson, A case of suture of the spinal cord following a gunshot
injury involving complete severance of the structure. Annais of surgery 1905. Oct.
8. *Kelly, A. James, Dislocations forward of the Atlas, with fractures of the odon-
toid process of the Axis. Annais of surgery 1905.
9. *Maio, Fracture of the fii'st cervical vertebra. Lancet 1905. Nov. 25. p. 1545.
10. Munro, Laminektomie. Vortrag auf der 55. Jahresvers, der Amer. med. Ass. Journ.
of the Amer. med. Assoc. 1904. Oct. 22.
11. *Myers, Injury of the cervical vertebrae. Med. News 1905. August 12. 309.
12. *Pegram, John C, Penetrating bullet wound of Abdomen passing througfa the spieen,
stomak, vertebra and spinal cord Laminectomy and remouval of bullet from spinal
cord recovery. Annais of surgery 1905. July.
13. Romm, Ein Fall von Atlasluxation mit Abbruch des Zahn fortsatzes des Epistropheus.
Bruns Beiträge zur klin. Chir. Bd. XLVII. Heft 3.
14. Steinmann, Beitrag zur Totnlluxation der unteren Hals Wirbelsäule. Arch. fflr klin«
Chirurgie. Bd. 78. Heft 4.
Die 244 Fälle von Wirbel Irak tur, welche Burrell (2) bespricht, kamen
in den Jahren 1864 — 1904 zur Beobachtung. Die Perioden 1864 — 1887 und
1887—1900 ergaben eine Mortalität von je 78 »/o. Die Periode von 1900 bis
1904 eine solche von 37,5 "/o. Das günstige Resultat der letzten Periode be-*
ruht darauf, dass in diesem Zeitabschnitt auch Frakturen ohne paralytische
Symptome mitgerechnet wurden. Die wichtige Frage, ob ein Rückenmark
bei der Verletzung dauernd zerstört ist, lässt sich nur durch die Zeitunter-
schiede, in denen die Zerquetschungssymptome, schlaflFe Lähmung, Anästhesie,
Reflexverlust, Retention, Priapismus uud Tympanie sich als dauernde erweisen
oder nicht. Abwartende Behandlung ist nur bei Frakturen ohne Rücken-
1228 Jahresbericht fttr Chimrgie. IL Teil.
marksymptome gerechtfertigt. Bei allen anderen ist mit grosser ^'orsicht
unblutige Reduktion und Fixation zu versuchen und nach Fehlscblag sofort
zur Laminektomie zu schreiten, es sei denn, dass Shock eine bestimmte Kontra-
indikation bietet. Maass (New-Tork).
Croce (4) berichtet über zwei Fälle von Wirbelfrakturen, in denen das
Röntgenbild allein die Entscheidung brachte, ob wirklich eine Verletzung vor-
lag oder nicht
In dem einen Falle handelte es sich um einen schrägen Bruch durcii
den vierten Halswirbelkörper mit Senkung der rechten Bruchhälfte nach unten
vom. Die Wirbelsäule ist nach rechts zusammengesunken, an der linken
Seite haben sich die Wirbel weiter als normal voneinander entfernt. Im Zu-
sammenhang mit der Verletzung stehen auch die sonstigen Beschwerden der
Patientin, da dieselbe offenbar durch das Trauma auch eine schwere Schä-
digung der nervösen Elemente erlitten hat. Der Fall betraf eine 28jährige
Dienstmagd, die von einem voUbeUidenen Heuwagen abgestürzt war.
Der zweite Fall betraf einen 26jährigen Patienten, der einen Schlag
mit einer Wagendeichsel seitlich gegen den linken Trochanter zu bekam. Das
Röntgenbild stellte eine Verletzung fest, die gar nicht im Verhältnis stand
zu der Geringfügigkeit des Traumas: eine Fraktur des letzten Lendenwirbels
in seinem hinteren Bogen. Verf. mahnt daher, in allen verdächtigen Fällen
nicht nur ein Röntgenbild anzufertigen, sondern eine ganze Reihe von Röntgen-
bildern zu machen, bis man vollkommene Klarheit gewinnen kann.
Der Kranke Constantinescus(3) fiel von einem 2^12 m hohen Baume
auf einen Balken, er konnte aufstehen und fahren. Fraktur der Wirbelsäule
im Niveau des dritten Lumbalwirbels, 3 cm breite und lange Geschwulst.
Öffnung derselben, es entleerten sich Blutkoagula. Mit dem Finger fühlt man
die MeduUa und die unteren Extremitäten reagieren bei dieser Palpation.
Durch zwei Silberdrahtnähte durch den Vertebralbogen des zweiten und
vierten Lumbalwirbels gleicht man aus und reduziert die Wirbelsäule. Nach
drei Tagen fühlt sich der Kranke so gut, dass er das Spital verlässt.
Stoianoff (Varna).
Constantinescu und Athanasescu (3a) sprachen die Ansicht aus,
dass man mit Rücksicht auf die guten Erfolge, die man bei Patienten mit
Frakturen der Wirbelsäule erzielen kann, nicht die Patienten wochenlang
ohne jeden Eingriff in Schienenverbänden liegen lassen soll, sondern, dass man
frühzeitig operativ eingreife, bevor noch sekundäre Veränderungen des Rücken-
markes zur Entwickelung gekommen sind. In einem Falle den Verf. selbst
beobachtet und operiert hat, hatte es sich um einen 20 jährigen jungen Mann
gehandelt, der von einem hohen Baume auf die linke Seite herabgestürzt
war. Die Symptome deuteten auf eine Verletzung im Bereiche der Lenden-
wirbelsäule. Die Operation ergab zunächst ein grosses subkutanes Hämatom,
dann aber eine Kontinuitätstrennang zwischen dem ersten und zweiten Lenden-
wirbel, in welche man bequem den Mittel- und Zeigefinger hineinlegen konnte.
Die Entfernung zwischen den Dornfortsätzen dieser beiden Wirbel betrug
5 cm. Das Rückenmark war unversehrt, aber stark gedehnt und vorn von
einem Wirbelrand gedrückt. Blutgerinnsel und einige Knochensplitter wurden
entfernt, die Wirbelsäule in die richtige Lage gebracht und die beiden Wirbel
durch einen um die Dornfortsätze geschlungenen Faden einander genähert
und in dieser Lage festgehalten. Fixation in Bonn et scher Schiene. In
Hoffa, Verletzangen und chirurg. Erkrankungen der Wirbelsäule etc. 1229
wenigen Tagen schwanden die Drucksymptome von Seiten des Rückenmarks.
In zwei Wochen war Patient geheilt.
Munro (10) bespricht in seinem Vortrage auf der 55, Jahresversamm-
Inng der Americ. med. Assoc. die Erfolge, welche in der letzten Zeit mit
der Laminektomie bei Wirbelfrakturen erzielt worden sind. Die Ergebnisse
der Operation sind nun im ganzen günstiger geworden, und es kommt selbst
in Fällen von chronischer Kompression noch zur Besserung der Erscheinungen.
Auch bei vollkommener Querschnittslähmung bringt die Operation den armen
Verletzten noch eine gewisse Besserung. Diese Ausführungen werden durch
eine Reihe von Krankengeschichten belegt.
Bickham (1) empfiehlt die osteoplastische Methode zur Freilegung des
Riickenmarkkanals unabhängig von der ihm scheinbar unbekannten ganz ähn-
lichen, schon 1892 von Urban angegebenen und hält diese Methode für
besser als die Laminektomie. Es folgt eine ausführliche, durch Abbildungen
gut illustrierte Beschreibung der beiden Operationsmethoden. Er empfiehlt
die Durchschneidung der an die Dornfortsätze sich ansetzenden breiten
Rückenmuskeln bei aufwärts strebenden Muskelfasern von unten nach oben,
bei abwärtsstrebenden in entgegengestetzter Richtung vorzunehmen. Die Tren-
nung der Wirbelbögen wird rechtwinkelig und nicht parallel zum Rücken-
markkanal vorgenommen. Bei der osteoplastischen Methode ist noch vor der Bil-
dung des Lappens der an der Basis desselben gelegene Domfortsatz abzutrennen,
da sonst ein Aufklappen des osteoplastischen Lappens nicht möglich ist. Es
folgen noch genauere Angaben über die Technik der Operation. Verf. meint,
die Methode hat vor der linearen Laminektomie folgende Vorteile: 1. Scho-
nung der Wirbel, 2. übersichttliches Operationsfeld, 3. grössere Sicherheit, die
Infektion zu verhüten und eine Heilung per primam herbeizuführen.
Fas quell (5) hat Untersuchungen über die Entfernung zwischen der
Mitte des Ringknorpels und dem oberen Rande des Sternums der Distantia
sterno-cricoidea angestellt und diese Entfernung an 100 Soldaten gemessen.
Die Masse schwankten im allgemeinen zwischen 40 und 50 mm, waren aber
manchmal auch grösser bis zu 60 und kleiner bis zu 32 mm. Bei einem
Patienten, bei dem sieh im Anschluss an das Auffallen eines ca. 2 Zentner
schweren Gegenstandes auf den Kopf eine starke . kyphotische Verbiegung der
Wirbelsäule im Cervico-Dorsalteile ausgebildet hatte, ohne, dass sich radio-
graphisch mit Sicherheit eine Läsion des Halswirbels feststellen liess, fand
Fasquell die Entfernung zwischen Ringknorpel und Sternum auffallend klein
= 15 mm. Verf. macht darauf aufmerksam, dass abnorme Kleinheit der
Distantia stemo-cricoidea (unter 30 mm) beim Erwachsenen, die ein Trauma
erlitten haben, auf Fraktur oder Luxation der Halswirbelsäule oder überhaupt
auf mit Einsinken der Halswirbelsäule einbergehenden Veränderungen, z. B.
im Beginne der Kümmeischen Krankheit hinweise.
Federmann (6) teilt einen Fall von Schussverletzung der Brustwirbel-
säule mit Brown-S6quardscher Halbseitenläsion und Klumpkescher Läh-
mung mit. Ein aus nächster Nähe auf eine kniende Person abgegebener Re^
volverschuss verletzt oberflächlich den zweiten Brustwirbelkörper. Sofort nach der
Verletzung ist eine Lähmung des linken Beines und des rechten Armes vorhanden.
Wenige Wochen später wird eine Brown-S6quardsche Halbseitenläsion der
unteren Extremitäten und des Rumpfes und gleichzeitig eine Klumpkesche
Lähmung des rechten Armes festgestellt. Die Motilitätsstörungen gehen nach
einigen Wochen spontan zurück, die sensiblen Störungen sowie Veränderungea
1230 Jahresberiebt fflr Chirurgie. IL Teil.
am rechten Auge bestehen nach zwei Jahren in gleicher Stärke. Auf Grund
genauer Erwägungen ermittelt Verf., dass es sich um eine Blutung gehandelt,
die im dritten Dorsalsegment ihren Sitz haben muss. Das Röntgenbild, auf
dem man deutlich die verborgene Kugel erkennt, die offenbar von der Wirbel-
säule abgeprallt ist, lässt eine leichte Splitterfraktur des zweiten Brustwirbel-
körpers erkennen. Ausserdem ist der zweite Brustwirbel etwas nach rechts
hin gegen den dritten Wirbelkörper verschoben. Verf. weist auf das inter-
essante Zusammentreffen der Halbseitenläsion mit der Klump k eschen Läh-
mung hin, welch letztere Form bekanntlich durch das Bestehen atrophischer
Lähmung im Bereiche der Daumenballen-, Kleinfingerballen- und Zwischen-
knochenmuskeln, durch Sensibilitätsstörungen im Ulnaris resp. Medianusgebiet
sowie durch gleichzeitig bestehende okulopupilläre Störungen charakterisiert
ist. Diese Störungen beruhen insgesamt auf einer Läsion der achten Zeryikal-
wurzel und ersten Dorsalwurzel und verdanken in den bisher bekannten Fällen
am häufigsten einem Trauma ihre Entstehung. Es ist sehr wahrscheinlich,
dass das Geschoss die betreffenden Wurzeln selbst verletzt hat. Der Fall ist
auch noch von einem anderen Standpunkte von Interesse. Die einzig richtige
Therapie, das beweist wieder der vorliegende Verlauf, ist die abwartende.
Nur dann, wenn sich nachträglich Störungen herausbilden, die mit Sicherheit
auf das noch vorhandene Geschoss zu beziehen sind, ist ein operativer Ein-
griff nötig und gerechtfertigt. Dann wird das Röntgenbild unter Umständen
grosse Dienste leisten.
Fowler (7) berichtet über einen Fall von Schussverletzung der Wirbel-
säule mit völliger Durchtrennung des Rückenmarks in der Höhe zwischen
11. und 12. Brustwirbel. Zehn Tage nach der Verletzung war die Lamin-
ektomie gemacht worden. Entfernung des 0,38 zölligen Revolverprojektils.
Naht des Rückenmarkes und der Dura mit Catgut. Trotz des Eingriffes trat
in der Folgezeit kaum eine Spur von Besserung ein, motorische und sensible
Lähmung beider Beine blieben fast unverändert bestehen. Urin und Stuhl
konnten nur einen kurzen Augenblick gehalten werden. Ein anderer Fall,
der viel früher nach der Verletzung zur Operation kam, als der eben be-
schriebene (schon drei Stunden nach der Verletzung), wurde wesentlich durch
den Eingriff gebessert. Verf. weist darauf hin, dass zu einem Erfolg nach
einer derartigen Verletzung einmal baldiges Operieren notwendig sei, dass aber
zweitens auch einige Rückenmarksfasem erhalten sein müssen.
Romm (13) teilt aus der Königsberger chirurgischen Klinik einen ('all
von Atlasluxation mit Abbruch des Zahnfortsatzes des Epistropheos mit. Er
stellt gleichzeitig die spärlichen, in der Literatur niedergelegten Fälle nach
einzelnen Gruppen zusammen. Auch Verf. weist darauf hin, dass die Pro-
gnose in den Fällen, bei denen es sich um Bruch des Atlas mit gleichzeitiger
Fraktur des Zahnfortsatzes handelt, ohne orthopädische Therapie eine sehr
schlechte ist.
In den Fällen von Beugeluxation des Atlas, die man frisch zur Be-
handlung bekommt, wird unter sorgfältiger Berücksichtigung des Röntgen-
befundes der Versuch einer Reposition wohl berechtigt sein.
Steinmann (14) bespricht einen Fall von Totalluxation des fünften
Halswirbels, der an der chirurgischen Universitätspoliklinik in Bern zur Be-
obachtung kam. Patient kam nicht nur mit dem Leben davon, sondern es
erfolgte ohne Vornahme einer Reposition eine ziemlich befriedigende Aus-
heilung, indem keine Lähmungen vorhanden waren, die Schmerzen sehr gering
Hoffa, Yerletzangen and ohirurg. ErkraDkangen der Wirbelsäule etc. 1231
irareii und sich auch eine ziemliche Beweglichkeit des in starker Beugung
gehaltenen Kopfes wieder einstellte. Verf. bespricht hierbei 19 in der Lite-
ratur angeführte Fälle von ausgeheilter Totalluxation im Bereiche der unteren
fünf Halswirbel.
Die Ursache der Luxation war Stoss oder Fall auf den Kopf oder
Schlag auf den Nacken.
Als Symptome wären hervorzuheben: meist eine Bewusstlosigkeit von
verschieden langer Dauer, heftige, bei jeder Bewegung sich steigernde Schmerzen,
eine steife Haltung des Halses, eine Stellungsveränderung des Kopfes, eine
Knickung der Halswirbelsäule, gewöhnlich mit einem Vorsprung im Nacken,
manchmal auch im Pharynx. Verletzungen von Halsgefässen und Atmungs-
störungen sind selten, häufiger sind Schluckbeschwerden als Folge einer Öso-
phaguskompression. Als Begleiterscheinung wird die Sternalfraktur erwähnt.
Lähmungen waren nicht immer vorhanden.
Die Prognose ist nach diesen Fällen nicht vollständig aussichtslos, wie
dies die meisten Chirurgen annehmen. 12 Fälle kamen nach gelungener Re-
position zur vollständigen Ausheilung, davon hatten 5 ausgesprochene Läh-
mungserscheinungen vor der Reposition. 7 Fälle blieben ohne Reposition am
Leben, der eine mit partiellen Lähmungserscheinungen, die 6 anderen ziem-
lich frei von solchen. In einem Fälle mit Lähmungserscheinungen gingen
diese auf blosse orthopädische Massnahmen zurück. Die Behandlung soll
nach genauer Diagnosenstellung (Fraktur!) in einer mit Vorsicht vorzuneh-
menden Reposition und nachheriger Fixierung der korrigierten Stellung be-
stehen. Die Reposition soll zunächst in einer Extension in der Längs-
richtung mit nachheriger ganz leichter Rückwärtsbewegung des oberen
Teiles bestehen; mit dieser Methode soll auch bei einer allenfalls übersehenen
Fraktur kein Schaden angerichtet werden.
In veralteten Fällen ist jedes Eingreifen abzuraten.
Osteomyelitis, traumatische Erkrankungen und chronische Entzündungen
der Wirbelsaule.
1. Böger, Ein Fall von Malum suboccipitale rheumaticum. Arch. für Orthop. Bd. 3.
Heft 2.
2. DentBC blander, Chronische ankylosiereDde WirbelsAulenentzündung. Demonstration
im ärztl. Verein zu Hamburg. Sitzung am 7. Febr. 1905. Münch. med. Wochenschr. 1905.
Nr. 8.
3. *De8chmann, Chronische ankylosierende WirbelsäulenentzQndung. Wiener medizin.
Presse 1905. Nr. 39.
4. Erhard t, Über chronische ankylosierende Wirbelsäulenversteifungen. Mitteilungen
aus den Grenzgebieten der Medizin u. Chirurgie. Bd. XIV. Heft 5.
5. Feiss, Anchylosing arthritis of tbe spine. The Cleveland Medical Journal 1905. June.
6. Krause, Die chronische Steifigkeit der Wirbelsäule. Dies. Berlin 1905.
7. MQller, Beitrag zur Lehre von der chronisch ankylosierenden Entzündung der Wirbel-
s&ule (Spondylose rhizom^Iique). Diss. Leipzig 1905.
8. Quincke, Spondylitis typhosa. Medizin. Gesellschaft zu EieL Sitzung am 3. Dez. 1904.
Manch, med. Wochenschr. 1905. Nr. 22.
9. Salaghi, M., Sulla spondilosi rizomelica. Rivista critica di Clinica medica 1905.
p. 21. Ottobre.
10. Tubby, A. H., Acute Osteomyelitis and Periostitis of the spine. Brit med. joum. 1905.
Sept 30.
11. Zuelzer, Zwei Fälle von chronisch -ankylosierender EntzQndung der Wirbelsäule.
Therapie der Gegenwart. April 1906.
1232 JahreBbericht für Chirurgie. II. Teil.
Tubby (10) teilt zwei Fälle von subaknter Wirbelsäulenosteomjelitis
mit. Der eine betrifft ein 4^/8 Jahre altes Kind, bei dem im Anschloss an
eine schwere Stomatitis plötzlich Nackenschmerzen auftraten, die nach vorne
ausstrahlten und mit Ödem und Schwellung des Nackens, Steifigkeit der
Wirbelsäule, absoluter Bewegungslosigkeit des Kopfes einhergingen. Diese
Symptome gingen bei Rückenlage völlig zurück, ein Jahr später völliges Wohl-
befinden. — Verf. meint, dass mancher Fall von rheumatischem Scbiefhals bei
Kindern nach akuten Krankheiten als Osteomyelitis und Periostitis der Wirbel-
säule angesehen werden muss.
In einem zweiten Falle trat nach einer Influenzapneumonie mit gan-
gräneszierender Stomatitis und nekrotisierender Periostitis des Unterkiefers
ein grosser Gibbus des 2. bis 4. Lendenwirbels auf, ohne Temperatursteige-
rung, ohne Abszedierung. Unter Bettruhe in Rückenlage trat Heilung eio.
Ein Jahr später war ausser einer leichten Abflaehung der Wirbelsäule nichts
mehr nachzuweisen. — Verf. glaubt, dass einige Fälle von scheinbar tuberku-
lösen Wirbelsäulenerkrankungen sich bei genauer Beobachtung als septischen
Ursprungs erweisen werden. Zum Schluss folgt eine genaue Besprechung der
jüngst veröffentlichten Mitteilungen über ähnliche Fälle.
Erhardt (4) beschreibt in seiner Arbeit einen ^geradezu klassisch zu
nennenden*^ Skelettbefund bei chronisch ankylosierender Wirbelsäulenverstei-
fung. Im Anschluss an die genaue Beschreibung dieses Falles, von dem
leider keine klinischen Daten vorliegen, bespricht Verf. eingehend den Unter-
schied zwischen Spondylitis deformans und chronisch ankylosierender Wirbel-
säulenversteifung. Während erstere Erkrankung charakterisiert ist durch
ausgedehnte Exostosenbildung zunächst nur im Bereiche der Zwischenwirbel-
scheiben, später durch das Zusammenfliessen der Osteophyten auch durch
die Bildung breiter Knochenmassen, die den Wirbelkörpem seitlich aufliegeu,
finden sich bei der chronisch ankylosierenden Wirbelsäulenversteifung an
allen Präparaten Ankylosen an den Proc. articulares der Wirbel und feine ver-
einzelte Knochenspangen an den Wirbelkörpem. Nach den mitgeteilten Be-
funden handelt es sich also um zwei nach Pathogenese und anatomischer
Beschaffenheit vollkommen verschiedene Prozesse, wenn es auch für die
klinische Diagnose oft genug schwierig sein mag, die beiden auseinander zu
halten. Über die Ätiologie der Erkrankung lassen sich bestimmte Angaben
nicht machen. Oft spielt ein Trauma eine Rolle. Dass der sogenannte tuber-
kulöse Rheumatismus Poncets mit der Spondylose rhizomelique etwas zu tun
hat, dafür bietet die von Poncet und seinen Schülern gegebene Erklärung
wenig Wahrscheinlichkeit. Es handelt sich wohl um ;,eine unter den Begriff
der Polyarthritis fallende Infektionskrankheit, wie das von der Arthritis an-
kylopoetica feststeht^, auch scheint ausser der Infektion eine gewisse Diathese
in Frage zu kommen. Sicheres lässt sich aber über die Ätiologie noch nichts
aussagen.
Deutschländer (2) demonstriert einen Fall von chronisch ankylo-
sierender Wirbelsäulenentzündung, bei dem es gelang, durch redressierende
Verbände, Massage etc. die hochgradige Verbiegung zu bessern. Es handelte
sich um eine sogenannte Osteoarthritis ankylopoetica nach schwerem Gelenk-
rheumatismus. Die völlig steife Wirbelsäule bildete einen C-förmigen Bogen,
das gegen das Brustbein angestemmte Knie hatte bereits Dekubitus erzeugt.
Es wurde kontinuierliche Etappenkorrektion angewandt; ausserdem wurden
Hoffa, Verletzungen und chirurg. Erkrankungen der Wirbelsäule etc. 1233
Platysma, Halsfaszie und Stemokleidomastoidei darchschnitten. Nach drei-
▼ierteljähriger mühevoller Behandlung recht guter Erfolg.
Im Anschluss an zwei selbst beobachtete Fälle von chronisch-ankylo-
sierender Entzündung der Wirbelsäule bespricht Zuelzer (11) die Symptome
und die pathologische Anatomie der genannten Erkrankung, sowie Prognose
«md Therapie. Er weist neuerdings darauf hin, dass es, wie auch schon zahl-
reiche andere Autoren betont haben, unmöglich ist, die beiden ursprünglich
aufgestellten Typen der Strtimpell-Pierre-Marieschen und der Bech-
terewschen Krankheit auseinander zu halten, dass es vielmehr nötig ist,
sie als verschiedene Formen einer und derselben Erkrankung anzusehen.
Auch die Schwierigkeiten der Differentialdiagnose, zwischen ankylosierender
Wirbelsäulenentzüudung, Eümmelscher Spondylitis und Spondylitis tubercu-
losa werden besprochen und führt Verf. noch eine andere Erkrankung an,
die von vielen Autoren bei der Differentialdiagnose nicht genügend gewürdigt
wird, die von Senator eingehend beschriebene Rigiditas dorsalis myo-
pathica.
Die Therapie bestand in Massage und Gymnastik, Extension der Wirbel-
säule durch täglich mehrmals ausgeführte Suspension am Kopfe.
Fei SS (5) bespricht die Pathologie, Diagnose und Therapie der ankylo-
sierenden Arthritis der Wirbelsäule in einer kleinen Arbeit und teilt einen
Fall der genannten Erkrankung mit, welcher seiner Behandlung eine ganz
wesentliche Besserung zu verdanken hat.
Über Pathologie und Diagnose bringt er nichts wesentlich Neues. Er
bespricht auch die Differentialdiagnose zwischen der genannten Erkrankung
nnd Lumbago, Ischias, Hüft- und Schultergelenkerkrankungen einerseits und
tuberkulöser Spondylitis und Erkrankungen der Mesenterialdrüsen anderer-
seits. Er hebt gleichzeitig die Schwierigkeit hervor, in gewissen Fällen die
Entscheidung zwischen tuberkulöser Spondylitis und ankylosierender Arthritis
zu treffen.
Die Behandlung hat zwei Indikationen zu genügen, einmal die Wirbel-
säule ruhig zu stellen, um die Knochen vor gegenseitigem Reiben zu schützen,
und die Nerven dadurch nicht weiter zu reizen und zweitens die Schmerzen
zu verhüten und den Allgemeinzustand zu heben.
Das erstere geschieht mit Hilfe eines Gipskorsetts resp. eines anderen
entsprechenden Stützapparates, letzteres durch völlige Ruhe, möglichsten 6e-
nuss von frischer Luft, nahrhafter Kost und Trinken alkalischer Wässer.
Auf diese Weise ist sicher eine wesentliche Besserung in dem Zustande des
Pat. herbeizuführen.
Krause (6) stellt auf Grund der in der Literatur niedergelegten Mit-
teilungen alle ihm zugänglichen Falle von Bechterew und Strümpell-
Marieschem Typus der chronischen Steifigkeit der Wirbelsäule zusammen.
Er untersucht die einzelnen Fälle sehr eingehend in Bezug auf gemeinsame
und verschiedenartige Symptome und besonders in Bezug auf ihre Überein-
stimmung mit den beiden ursprünglich beschriebenen, von den beiden
Autoren für verschieden gehaltenen Krankheitsformen und kommt zu folgenden
Schlüssen :
„Die chronische Steifigkeit der Wirbelsäule von Bechterew, sowie
die chronisch ankylosierende Entzündung der Wirbelsäule und der Wurzel-
gelenke vonStrümpell und die ,, Spondylose rhizomelique^ Pierre-Maries
Jahresberieht fOr Chirurgie 1905. 78
1234 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
bilden ein einheitliches, von anderen Erkrankungen der Wirbelsäule wohl zu
unterscheidendes Krankheitsbild. ^
Die beste Therapie der chronischen Steifigkeit der Wirbelsäule besteht
neben der Beseitigung der rheumatoiden Schädlichkeiten in Schwitzbädern,
unterstützt durch schweisstreibende Arzneimittel und mechanotherapeutischer
Behandlung. Zu einer kräftigen Entwickelung des Körpers ist namentlich
in der Jugend ein regehnässiges Turnen unerlässlich.
Müller (7) gibt nach einigen allgemeinen Bemerkungen über die so-
genannte chronisch ankylosierende Entzündung der Wirbelsäule im ersten
Teile seiner Arbeit die Krankengeschichten von drei Fällen dieses Leidens
wieder, die innerhalb der Jahre 1899 — 1904 auf der Privatklinik des Herrn
Prof. Dr. Joachimstbal zur Beobachtung kamen. In Fall 3 war die ge-
samte Wirbelsäule betroffen, im 2. Falle war die Halswirbelsäule frei beweg-
lich; in Fall 1 bestand nur geringe Beweglichkeit derselben. Die Brustwirbel-
säule zeigte in allen Fällen eine Kyphose im Form des runden Rückens.
Die Hüftgelenke standen in Fall 1 und 2 in Flexion, in Fall 1 und 3 nahmen
auch die Schultergelenke an dem Erkrankungsprozess teil, in Fall 3 war
auch das Kiefergelenk ergriffen. Störungen von seiten des Nervensystems
traten in allen drei Fällen nicht sehr hervor. Im zweiten Teil der Arbeit
kommt Müller auf die pathologisch-anatomische Grundlage der Krankheit
zu sprechen, ohne wesentlich Neues zu bringen.
Salaghi (9) bespricht ausführlich die Differentialdiagnose der Spondy-
lose in Bezug auf andere Krankheiten, mit welchen dieselbe verwechselt werden
könnte, nämlich den chronischen Rheumatismus der Wirbelsäule, die Arthritis
deformans die Gicht, die luetische und gonorrhoische Spondylitis, die Pottscbe
Krankheit u. a. m.
Auf Grund der Symptome und des Verlaufes, sowie der nunmehr zahl-
reichen Befunde am Sektionstische erklärt sich Verf. für die nosologische
Unabhängigkeit der Spondylose. Sie ist eine eigenartige Krankheit, höch^
wahrscheinlich von tropho-neurotischem Ursprünge. Diese Auffassung wird
durch den beschriebenen charakteristischen Fall bestätigt.
Es handelt sich um einen 26 jährigen Mann, der hereditär nicht belastet
ist und bei dem auch die Anamnese keine Anhaltspunkte bietet. Im Verlauf
von 4 Jahren hat sich folgendes Krankheitsbild entwickelt:
An der Wirbelsäule beobachtet man eine cervico-dorsale rechtsseitige
Kyphoskoliose, wobei die Kyphose erheblich die seitliche Deviation überwiegt.
Das ganze Rückgrat ist steif, mit Ausnahme des zervikalen Abschnittes,
welcher eine beschränkte Beweglichkeit zeigt; das Gelenk zwischen Hinter-
haupt und Atlas scheint vollkommen frei zu sein. Die Rumpfbewegungen
finden somit in den Hüftgelenken statt, welche ihrerseits teilweise steif sind
und eine entsprechende Beschränkung der Beweglichkeit des Rumpfes be-
dingen. Ausserdem besteht eine erhöhte Spannung der hinteren Oberschenkel-
muskeln, mit Atrophie der Glutäen und Rückenmuskeln: die zeitweise auf-
tretenden Gürtelschmerzen dürften als Wurzelsymptome erklärt werden, in-
folge Druckes von Knochenwucherungen auf die entsprechenden Wurzeln in
den Zwischenwirbellöchern. Bemerkenswert sind noch die Abflachuog des
Thorax in sagittaler Richtung und der abdominale Typus der Respiration,
welcher der Insuffizienz der auxiliären Muskeln und der Steifigkeit der costo-
vertebralen Gelenke zuzuschreiben ist.
Hoffa, Verletzungen und chirurg. ErkrankuDgen der Wirbels&ule etc. 1235
Quinke (8) stellt einen abgelaufenen Fall von Spondylitis typhosa vor.
Unter leicbtem Fieberanstieg hatten sich bei einem Typhusrekonvaleszenten
heftige und anhaltende Schmerzen in der Mitte der Brustwirbelsäule einge-
stellt. Hauptsächlich war der fünfte Proc. spinosus druckempfindlich. Die
Beschwerden Hessen langsam unter der Behandlung nach, besonders aber deut-
lich nach Blutegelanwendung.
Böger (1) hatte Gelegenheit, einen der seltenen Fälle von Malum sub-
occipitale rheumaticum zu beobachten, das im Anschluss an einen schweren
Gelenkrheumatismus auftrat. Der Nacken des betreffenden Patienten wurde
zuerst steif und schwoll an, dann zog sich der Kopf so stark nach rechts,
dass er fast auf der Schulter lag, es bestanden starke Schmerzen im Nacken,
besonders beim Schlucken, dagegen keine Druckempfindlichkeit der Wirbel
oder des Kopfes. Keine Schmerzen bei passiven Bewegungen. Diese Erschei-
nungen gingen im Laufe mehrerer Wochen teilweise zurück. Eine weitere
Besserung liess sich durch eine mehrwöchige Eztensionsbehandlung bei rekli-
niertem Kopfe und durch ständiges Tragen einer Schutzkrawatte aus Celluloid
erreichen; die Schmerzen und die Infiltration in der Nackengegend ver-
schwanden gänzlich, die Stellung des Kopfes besserte sich, seine aktive und
passive Beweglichkeit wurde ausgiebiger mit Ausnahme der Drehbewegungen.
Sehr interessant war in diesem Falle der Röntgenbefund, der eine Ab-
weichung des Zahnfortsatzes nach links zeigte und ein Zurückweichen des
zweiten gegen den ersten Halswirbel; letzterer Befund konnte durch die
Untersuchung per os bestätigt werden. Differentialdiagnostisch kam für diesen
Fall nur eine Synovialtuberkulose in Betracht, die aber nach dem ganzen
Verlaufe des Leidens höchst unwahrscheinlich ist. Prognostisch hält der Verf.
den Fall nicht für ungünstig, wenn auch eine Restitution ad integrum aus-
geschlossen erscheint.
Spondylitis tuberculoss,
1. Barr, Anenrysin of the descending thoracic aorta causing erosion of the vertebrae
and Symptoms aimalating Potts disease. Univ. of Pennsylvania med. ball. 1905. Marcb.
2. Galot, Coroment il faut faire Tappareil de mal de Pott. La semaine mödicale 1905.
XXV. Nr. 1.
3. Cormon, Mal de Pott dorsal. Hev. d'Ortb. 1905. Nr. 6.
4. Edenhofe r, Ein Fall von Eompressionsmyeiitis infolge tuberkulöser Karies der Wirbel-
sftale. Diss. Manchen 1904.
5. Handek, Zur Technik des Gipsbettes. Zentralblatt fttr Chirurgie 1905. Nr. 7. p. 177.
6. Uelbing, Die moderne Behandlung der tuberkulösen Spondylitis. Beri. klin. Wochen-
schrift 1905. Nr. 46 u. 47.
7. Jaegerp Mal de Pott. S^aoces du 17 Fövr. de Section d'Orthop6die in der Acad^mie
de M^decine de New York. Ref. in Revue d'Orthop^die 1905. 1 Juillet
8. Nathan, Mal de Pott anormal. Acadt^mie de m^decioe de New York. Section d'Ortho-
p^die. Säance 16. XII. 1904. Ref. in Revue d'Orthop^ie 1905. Mai.
9. Plagemann, Beiträge zur direkten operativen Behandlung der Wirbelsäulen tuberkulöse.
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10. Reed, Report of a case of Osteitis of the spinous process and laminae simulating
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11. Rottenstein, Mal de Pott dorsal ä debut scoliotique. Revue d'Orthop^die 1905. Jan.
12. Siegel, Mal sous occipital. Bull, et m^m. de la soc anat. de Paris 1904. Nr. 10«
p. 816.
13. Sultan, Über Laminektomie bei spondylitischen Lähmungen. Deutsche Zeitschr. fftr
Chirorgie. Bd. LXXYIU. p. 21.
78*
1236 Jahresbericht fftr Chirurgie. II. Teil.
14. Thorndike,A study of the Amount of Gorrection of Deformity in Potts
obtained with Plastes Jackets. American Journal of Orthop. sorgery 1904. Oct
15. Willard, de Forest, Tubercular conditions of the spine reqairing sorgical and
mechanical relief. Annais of snrgery 1905. October.
Rottenstein (11) weist neuerdings auf den zuerst von Henry
Taylor später durch Bartow, Ketch und Lowett oft hervorgehobenen
Irrtum hin, der selbst gewiegte Beobachter und Diagnostiker eine beginnende
Spondylitis tuberculosa bei bestehender seitlicher Deviation der Wirbelsaule
für eine einfache Skoliose ansehen lässt.
Er teilt einen Fall der Beobachtung Kirmissons mit, der ztmächst
als eine pleuritische Totalskoliose diagnostiziert wurde und bei dem sich bei
einer späteren Untersuchung, sowie bei der Röntgenaufnahme eine Spondylitis
tuberculosa herausstellte.
Edenhof er (4) teilt einen Fall mit, in welchem die klinische Diagnose
auf Kompression des Lumbaimarks durch tuberkulöse Karies der Wirbelsäule
gestellt wurde. Krankengeschichte und ausführlicher Sektionsbericht sind
der Arbeit beigegeben. Der betreffende Fall ist ein neuer Beweis dafür,
dass die Erkrankung des Rückenmarks durchaus nicht proportional ist dem
Intensitätsgrade der Kompression; es bestand vollkommene Paraplegie, hoch-
gradige Atrophie der Muskeln, starke Blasen- und Mastdarmstömng und
trotzdem zeigte sich bei der Sektion nur eine ganz unwesentliche Ver-
änderung des Rückenmarks in seiner Konfiguration. Der Fall ist auch
wieder ein Beweis dafür, dass sich eine tuberkulöse Entzündung der Wirbel
nicht auf das Rückenmark fortzusetzen braucht, um das Bild einer Kom-
pressionsmyelitis hervorzurufen. Eine operative Behandlung war in diesem
Falle ausgeschlossen; denn die ausgebreitete Tuberkulose, das schlechte All-
gemeinbefinden und das Alter des Patienten sprachen dagegen.
Burr (1) berichtet über einen 55 jährigen Mann, bei welchem seit vier
Jahren eine zunehmende Kyphose im unteren Brustteile mit Kompression des
Markes sich entwickelt hatte. Da die klinischen Erscheinungen ausschliess-
lich auf die Wirbelsäule hinwiesen, und die Tuberkulinprobe positiv ausfiel,
wurde eine tuberkulöse Spondylitis angenommen. Die Autopsie ergab jedoch
ein grosses geplatztes Aneurysma der absteigenden Aorta; die Wirbelkörper und
Zwischenwirbelscheibe vom 4. — 10. Brustwirbel waren ausgedehnt arrodiert und
die freiliegende Dura des Markes war mit der Hinterwand des Aneurysmas
verwachsen. Mikroskopisch fand man eine chronische Pachymeningitis und
auf- und absteigende Markregeneration ober- und unterhalb der Stelle des
stärksten Druckes. Es wird die Differentialdiagnose zwischen Arrosion der
Wirbelkörper und tuberkulöse Spondylitis besprochen.
Nathan (8) demonstriert in der Sektion für Orthopedie der Academie
de medecine de New- York den 3. und 4. Lendenwirbel einer 24jährigen Frau.
Diese beiden Wirbel zeigen eine vollkommene knöcherne Verwachsung sowohl
im Bereiche des Körpers als auch im Bereiche der Gelenkfortsätze. Die
linke Hälfte des dritten Lendenwirbels ist um die Hälfte verkleinert imd
zeigt an ihrer Vorderseite einen tuberkulösen Herd. Dort, wo die beiden
Wirbelkörper miteinander verwachsen sind, findet sich eine tuberkulöse Höhle,
die einen grossen Sequester enthält. Eine Zwischenwirbelscheibe fehlt voll-
kommen.
Klinisch war der Fall deshalb interessant, weil alle Symptome einer
Spondylitis vollkommen fehlten, bis zum Auftreten eines Psoasabszesses. Erst
Hoffa, Yerletzangen and chirorg. Erkrankungen der Wirbelsäule etc. 1237
nach der Punktion dieses Abszesses machten sich Erscheinungen von Seiten
des Rückens bemerkbar. Die Abwesenheit einer Kyphose erklärt sich aus
der ausschliesslichen Lokalisation des Prozesses an der lateralen Seite des
Wirbels. Trotzdem die Erkrankung drei Jahre bestand, war es nicht zu
einer Kyphose gekommen.
Der Fall verdient deshalb Interesse, weil eine kompensatorische Knochen-
wucherung, so allgemein sie bei den übrigen Entzündungen des Skeletts auf-
tritt, gerade bei der Tuberkulose ganz anormal ist.
Helbing (6) gibt in seinem Aufsatze eine ausführliche und übersicht-
liche Schilderung der modernen Behandlung der tuberkulösen Spondylitis. Er
macht in genügender Weise auf die Dauer der Erkrankung aufmerksam und
empfiehlt besonders das Lorenz sehe Reklinationsgipsbett als einen der besten
Lagerungsapparate, die es für die Behandlung der tuberkulösen Spondylitis
gibt. Er beschreibt die Herstellung des Gipsbettes ausführlich und bespricht
auch die Frage: Wie lange soll der Patient im Gipsbett liegen? Auch er
erhebt die oft betonte Mahnung, nur nicht zu früh mit der Fixation und
Extension der Wirbelsäule aufzuhören und auch erst nach lange Zeit be-
stehender völliger Schmerzlosigkeit mit Gipskorsetts resp. Zelluloidkorsetts oder
Hessingkorsetts zu beginnen. Auch diese müssen sehr lange getragen werden,
soll man nicht immer wieder Überraschungen in bezug auf ein Fortschreiten
der Buckelbildung erleben.
Calot (2) gibt eine detaillierte Anleitung zur Anlegung eines Gipskor-
settes bei Spondylitis. Die Frage der Behandlung des Pottschen Übels
wäre im Augenblick erledigt, wenn jeder Arzt ein gutes Gipskorsett
würde anlegen können. Durch die genaue Angabe der Dimensionen und
Anzahl der zu verwendenden Binden und Platten, sowie der Bindenführung
ermöglicht es der Verf. auch dem minder erfahrenen praktischen Arzt nach
dieser Anleitung einen gut sitzenden, möglichst leichten und doch genügend
festen Gipsverband anzulegen. Durch Ausschneiden eines grossen Fensters
über Brust und Bauch kann der Verband noch leichter gemacht werden ohne
dadurch an Festigkeit einzubüssen. Ein Geraderichten des Gibbus soll man
im Gipsverbande selbst, nach seiner Erhärtung (nach 24 Stunden) versuchen,
indem man über dem Gibbus ein viereckiges Fenster ausschneidet, dieses mit
mehrfach zusammengelegter Watte ausfüllt und diese unter grossem Druck
mit Stärkebinden an den Rücken fixiert. Der Verf. gibt auch an, wie man
sich einen Aufhängeapparat improvisieren kann.
Thorndike (14) hat sich die Aufgabe gestellt, zu untersuchen, welche
von drei verschiedenen Methoden, Gipskorsetts anzulegen, die beste Korrek-
tion gibt, und überhaupt eine bessere Auffassung von dem Zweck zu erhalten,
den ein Gipskorsett wirklich erfüllen kann.
Als Korsetts fanden Verwendung der sogenannte Hammock — das
Kind liegt auf dem Bauch auf einem in einem Rahmen ausgespannten Tuch — ,
femer die Methode nach Goldwaith und die Methode nach Lovett. Es
wurde kein Zug, überhaupt keine stärkere Kraft angewendet, als das Gewicht
des Patienten, welches an der Deformität angrifi'.
Die in der kurzen Zeit der Beobachtung erhaltenen Resultate lassen
nach dem V^erf. zwar noch keinen besonderen Schluss zu, doch scheinen sie
die Wirksamkeit der Stütze zu beweisen und vor einem Gebrauch insuffizienter
Korsetts zu warnen.
1238 Jahresbericht fftr Chirurgie. IL Teil
Haudek (5) gibt Anleitungen für die Technik des Gipsbettes, um dieses
schneller herzustellen und seine Innenfläche vollkommen glatt und faltenlos
zu gestalten. Diese Technik unterscheidet sich von der allgemein üblichen
nur darin, dass die das Gipsbett zusammensetzenden einzelnen Schichten nicht
auf den Rücken aufgelegt, sondern über den Rücken des Patienten aus ganz
breiten Bindenrollen abgewickelt werden. Die Dauer der Fertigstellung eines
Gipsbettes soll sich auf diese Weise auf 3 — 4 Minuten erstrecken.
Die zweckmässigste Behandlung der Wirbeltuberkulose ist nach de Forest
Willard (15) allmähliche Streckung, Fixation und Ruhe für 1 — 2 Jahre.
Das gewaltsame Brechen nach G a 1 o t ist absolut zu verwerfen. Laminektomie
ist nur in sehr seltenen Fällen, nach P'ehlschlag des erst erwähnten Ver-
fahren zu versuchen. Die Operation ist sehr gefährlich und bietet geringe
Aussichten auf Besserung, ist aber in verzweifelten Fällen doch gerechtfertigt.
Wenn nur eine Biasenkontinenz damit erzielt wird, kann man mit dem Erfolg
schon zufrieden sein. Maass (New- York).
Plagemann (9) bringt in seiner Dissertation zehn Krankengeschichten
von Patienten aus der Rostocker Klinik, bei welchen wegen Spondylitis tuber-
culosa eine operative Entfernung des primären Knochenherdes vorgenommen
wurde. Es handelt sich um sieben männliche und drei weibliche Kranke im
Alter von 6 — 28 Jahren. Dreimal war die Tuberkulose im Bereiche der
Brustwirbelsäule lokalisiert, in vier Fällen bestand eine Spondylitis der Lenden-
wirbelsäule, zweimal war der tuberkulöse Herd im Kreuzbein, in der Gegend
der Synchondrosis sacroiliaca. Von den genannten zehn Patienten starben
drei, einer an akuter Miliartuberkulose im Anschluss an den Eingriff, zwei
an allgemeiner Tuberkulose im Verlauf der Nachbehandlung, ziemlich lange
Zeit nach der Operation, fünf Patienten wurden geheilt oder wesentlich ge-
bessert aus der klinischen Behandlung entlassen, aber weitere Nachforschungen
zeigten, dass drei Patienten, die als in Heilung begriffen, entlassen waren,
nach kürzerer oder längerer Zeit gestorben waren. Wenn nach diesen und
allen vorher mitgeteilten Berichten der Autoren Verf. die geringen Erfolge
der operativen Behandlung der Wirbelsäulentuberkulose zugibt, so empfiehlt
er besonders für die Tuberkulose der Lendenwirbelkörper doch den direkten
operativen Angriff des Krankheitsherdes. Wenn nach der ganzen Sachlage,
der Unmöglichkeit eines so radikalen Vorgehens, wie bei den Gelenktuber-
kulosen, der Schwierigkeit in dem Aufsuchen des Herdes etc., die Erfolge
noch lange genug zu wünschen übrig lassen werden, so hofft Verf. doch von
einer Verbesserung der Technik der Wirbeloperationen einen wesentlichen
Fortschritt in den Erfolgen. Das Literaturverzeichnis weist 44 Arbeiten auf.
Sultan (13) macht in seiner ausführlichen Arbeit Mitteilung über die
Erfahrungen, welche in der Leipziger Klinik von Trend elenburg mit der
Laminektomie bei spondylitischen Lähmungen gemacht worden sind. Ans
diesen Mitteilungen geht hervor, dass bei den vier über 30 Jahre alten Pa-
tienten viel schlechtere Resultate erzielt worden sind (nur einer lebt, allerdings
erheblich gebessert), als bei den zehn unter 30 Jahre alten, von denen nur
zwei gestorben, zwei ungebessert, sechs aber entschieden gebessert sind.
Die Arbeit bietet viel des Interessanten, es ist leider nicht möglich,
hier alles wiederzugeben. Siebenmal fand sich Verengerung des knöchernen
Wirbelkanals, zweimal wurden epidurale Abszesse gefunden, viermal epidurales
Granulationsgewebe, einmal Peripachymeningitis. In den geheilten bezw. ge-
besserten acht Fällen fand sich viermal Wirbelkanalverengerung, einmal ein
Hoffa, Verletsangen und chirarg. Erkrankangen der Wirbelaftule etc. 1239
epid oraler Abszess, dreimal epidurales Granulationsgewebe. Betreffs des Er-
kranknngssitzes fand die Wirbelresektion achtmal in der unteren Hälfte der
Bmstwirbelsäule statt, wobei fünf Kranke gebessert wurden. Einmal wurde
in der Mitte der Brustwirbelsäule operiert mit Erzielung von Besserung usw.
Nach den Erfahrungen der Leipziger Klinik wird die Möglichkeit nicht
geleugnet, dass spondylitische Lähmungen spontan heilen können ; indes kann
man auch nicht in Abrede stellen, dass die Operation Vorteile gewährt, da
es oft vorkommt, dass unmittelbar nach der Operation eine Besserung ein-
tritt. Die Prognose ist eine günstigere, wenn Patient das 20. Jahr noch
nicht weit überschritten hat, sowie, wenn eine isolierte Bogenkaries vorliegt.
Die 'Operation hat nur den Zweck, die Kompression des Markes zu bebeben.
Ist der Sitz dieser Kompression hoch gelegen, verschlechtert sich die Pro-
gnose und lässt ein zu langes Abwarten nicht zweckmässig erscheinen. Vor-
handensein von Blasen- und Mastdarmlähmungen indizieren die Operation, beim
Fehlen der genannten Lähmungen kann man die Operation hinausschieben.
Cormon (3) beschreibt einen Fall einer alten ausgebeilten Spondylitis
tubercnlosa, welche vom Dezember 1896 bis Mai 1900 ständig in ärztlicher
Obhut war. Die Patientin, welche hereditär und familiär belastet ist, war
schon frühzeitig wegen ihrer Spondylitis in ärztliche Behandlung gekommen,
die Spondylitis war erkannt und behandelt werden. Patientin hat Gipskorsetts
getragen, war auf einer schiefen Ebene gelegen, hat lange Zeit in Bauchlage
zugebracht und ist operiert worden. Trotz aller Behandlung findet sich ein
ganz enormer Gibbus, der sich vom 3. Brustwirbel bis zum 1. Lendenwirbel
erstreckt. Im Bereiche des 4., 5., 6., 7., 8. und 9. Brustwirbels findet sich
eine 15 cm lange Narbe von einer früheren Operation herrührend und man
fühlt in dieser Gegend keine Domfortsätze. Alles in allem, ein Fall der trotz
aller Behandlung ein ganz ähnliches Bild bietet, wie Fälle, die überhaupt
niemals behandelt worden und sich selbst vollkommen überlassen waren.
Jaeger (7) stellt einen Fall von Spondylitis tuberculosa vor, der durch
vier Jahre unter der eingeleiteten und durchgeführten Behandlung keine Ver-
schlimmerung zeigte. Zwei Jahre wurde ein Apparat getragen, nach dieser
Zeit nicht mehr.
Nach vier Jahren trat ein Abszess am inneren Rande des rechten
Schulterblattes auf, der eine Fistel zurückliess , nach weiteren zwei Jahren
ein Abszess unter dem linken Schulterblatt, der gleichfalls eine Fistel be-
stehen Hess. Die Wirbelsäule hat sich in ihrer Krümmung nicht wesentlich
geändert. Das Kind, das sich die ganzen Jahre hindurch wohl gefühlt hat,
klagt über Schmerzen im Rücken und sieht trotz guten Appetits und Schlafs
bleich und schwach aus.
Skoliose.
1. Amann, Ein neaes Skoliosenkoraett. Zeitschr. f. orthop. Chirurg. Bd. XIY. Heft 2.
2. Bäuinler, Über den Einfluss von Anomalien des ßrustskeletts auf den Perkussions-
scball der Lunge und auf die Lage des Herzens. München, med. Wochenschr. 1904.
Nr. 30.
3. Beck, Die chirurgische Bedeutung der Halsrippe. Fortschritte auf dem Gebiete der
Röntgenstrahlen. Bd. VIII. Heft L
4. Deutschländer, Zur Pathogenese der kindlichen Skoliose. Biol. Abt. d. ärztl. Ver.
Hamburg 1904. 5. Juli. Münch. med. Wochenschr. 1905. 1.
5. Faikin, Gonsidörations pratiques sur la Scoliose essentielle. Paris 1906.
6. Andr^ Fasquelle, De la diminution de la distance sterno-cricoidienne comme signe
d'afl^aisement de la colonne cervicalo. Revue de chir. 1903. Nr. 6.
1240 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
7. Fei 88, „Shool'' Lateral Garvature. Cleyeland Medical JoumaL August 1905.
8. Fitz, A simple metbode of Measuring and Graphically plotting spinal carratares and
other asymmetries by means of a new direct readring Scoliometer. Boston med. and
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37. Zesas» Uisterische Skoliose. Archiv internst, de Chirurg. Vol. IL 1904.
Reiner (24) macht Mitteilung über eine mit Werndorf f ausgeführte
Untersuchungsreihe über den normalen Bewegungsmechanismus der Wirbel-
säule. Die für die Lehre von dem Mechanismus der Skoliose so wichtige
Kenntnis konnte bisher durch die gänzlich unzulänglichen Untersuchungs-
methoden nicht ordentlich gefördert werden. An einem eigens konstniierten
Modell zeigt Verf., dass die von vielen Untersuchern angenommenen Rota-
tionserscheinungen gar nicht vorhanden wären und nur durch Flexion von
einer inklinierten Achse vorgetäuscht worden seien. Eine genaue Unter-
sncbung der komplizierten Bewegungen jedes einzelnen Wirbels (Lokomotion)
nach allen drei Dimensionen und überdies Drehungen um allen drei Achsen
des Raumes kann nur mittelst der orthogonalen Parallelprojektion auf zwei
aufeinander senkrechten Projektionsebenen ausgeführt werden. Mit dem diesen
Bedingungen entsprechenden Apparate prüften die Autoren die Rotations-
erscheinungen bei Inklination (durch Seitwärsabbiegung der Wirbelsäule) und
bei Knickung durch vertikale Belastung. Verff. haben bis jetzt nur Konvex-
torsion nachweisen können.
Schnabel (31) bringt in seiner sehr lesenswerten Dissertation ^^Zur
Mechanik der Wirbelsäule des Neugeborenen^ zunächst eine genaue Darstel-
lung des gegenwärtigen Standes dieser Frage unter besonderer Berücksich-
tigung der von Meyer sehen Arbeiten, sowie einen geschichtlichen Abriss
der Entwickelung der Anschauungen über die Physiologie der Wirbelsäule.
Trotz der vielen so sorgfältigen Arbeiten gibt es nach des Verf. Ansicht in
der Lehre von der physiologischen und vor allem in der Lehre von den statisch
mechanischen Ursachen der Ausbildung der späteren Form der Wirbelsäule
noch manche unaufgeklärte Punkte. Verf. hat an 50 neugeborenen Kindern
männlichen und weiblichen Geschlechts genaue Untersuchungen über den Zu-
stand der Wirbelsäule ausgeführt und speziell festgestellt, welche Grösse die
Beugungswinkel des Kopfes und der Halswirbelsäule einerseits und des Beckens
und der Lendenwirbelsäule andererseits in verschiedenen Achsen gemessen,
im Maximum erreichen können. Die Ergebnisse dieser Messungen, die mit
einem eigens zu diesem Zwecke von Prof. Seil he im konstruierten Apparate
angestellt wurden, sind in einer Tabelle zusammengefasst. Der knappe Raum
gestattet leider nur unter Hinweis auf das sehr lesenswerte Original
folgende Sätze wiederzugeben. Beim Neugeborenen sind passive Beugungen
der Hals- und Lendenwirbelsäule nach allen Richtungen hin in weit höherem
Masse möglich als bei Erwachsenen. Dabei zeigt sich die Halswirbelsäule
wiederum viel freier beweglich als die Lendenwirbelsäule. Ermöglicht wird
die grössere freie Beweglichkeit der genannten Wirbelsäulenabschnitte durch
die besondere Form der noch unausgebildeten Wirbel des Neugeborenen, sowie
durch die verhältnismässig sehr hohen Intervertebralscheiben. An beiden
Rumpfenden zeigt sich der Beugungswinkel nach hinten bedeutend grösser als
1242 Jahresbericht fflr Chirorgie. IL Teil.
*
der nach vorn. Es ist dies eine Wirkung der elastischen Ligamenta inter-
crnralia, deren Wirkung bei der Lendenwirbelsäule durch die Form der
Wirbel noch unterstützt wird. Die am Kopfende möglichen Beugungen sind
bei beiden Geschlechtern fast gleich, dagegen zeigt sich am Beckenende ein
eigentümliches Überwiegen der weiblichen Masse, das von der Geburt an Tor-
handen ist und uneingeschränkt fortdauert. Mit dem fortschreitenden Lebens-
alter wird die freie Beweglichkeit bei der Halswirbelsäule weniger, bei der
Lendenwirbelsäule mehr, nach allen Richtungen hin eingeschränkt, bis der
erwachsene Zustand erreicht ist. Üiese Abnahme ist schon bald nach der
Geburt wahrnehmbar und scheint zu dieser Zeit besonders schnell vor sich
zu gehen.
Deutschland er (4) ist der Ansicht, dass es sich bei der Pathogenese
der kindlichen Skoliose um primäre Knochenveränderungen handelt, auf deren
Basis sich erst die Deformität weiter entwickelt, und begründet diese Ansicht
durch eine Reihe klinischer Erscheinungen aus dem Symptomenkomplex
des Leidens. Er weist auf die Untersuchungen von von Recklinghausens
hin, der an mehreren zu Lebzeiten genau beobachteten Skoliosen einen ganz
exquisit osteomalazischen Prozess nachweisen konnte. Deutschländer will
diesen natürlich nicht als die einzige Ursache angesehen wissen; das irregu-
läre Epiphysenwachstum kommt nach Deutschländers Ansicht auch in
Frage. An der Hand von Präparaten und Röntgenaufnahmen führt Verf. aus.
dass es sich am Keilwirbel der Skoliose um ähnliche Vorgänge handelt, wie
an der unteren Femurepiphyse bei einem Genu valgum. Da sich sichere
Beweise für diese Anschauung nur durch systematische makroskopische und
mikroskopische Untersuchungen frischer Wirbelsäulen im Initialstadium der
Skoliose erbringen lassen, betont Deutschländer die Notwendigkeit solcher.
In seinem Vortrag, die Mechanik der Skoliose, welcher wie Lorenz ein
Jahr später erklärte, uns im Falle der Richtigkeit der vorgebrachten An-
schauungen, veranlassen würde, das Studium der Skoliose von neuem zu be-
ginnen, bringt Lovett (18) Beobachtungen, welche er am lebenden Kinde,
am Modell und an der Leiche angestellt hat. Die Analyse der normalen
Bewegungen der Wirbelsäule, welche in drei verschiedenen Regionen derselben
genau beobachtet wurden, ergab als Resultat, dass Rotation und Biegung bei
allen Bewegungen kombiniert sein muss.
Am Modell und der Leiche lassen sich doppelte Bewegungen hervor-
rufen, einmal durch Hebung der rechten Beckenseite (damit Erzeugung einer
linksseitigen Totalskoliose) und zweitens Drehung des oberen Abschnittes der
Wirbelsäule und (damit Erzeugung einer Dorsalkrümmung). So fand man,
dass bei linksseitiger Totalskoliose die Ursache der Doppelkrümmungen zu
suchen ist in der Anstrengung des Patienten, den Schultergürtel in dieselbe
Ebene zu bringen, wie die ist, die das Becken einnimmt. Totalskoliose mit
konkavseitiger Rotation entspricht den normalen Bewegungen der Wirbelsäule,
aber das Vorkommen konvexseitiger Rotation der Wirbelkörper muss als
pathologische Veränderung, bedingt durch eine abnorme Weichheit der Knochen,
angesehen werden.
Riedinger (25) führt in seinem Vortrag über die mechanische Ent-
stehung der Skoliose, wie auch aus seinem Selbstbericht hervorgeht, folgendes
aus. Die Bezeichnung Mechanik der Skoliose umfasst alle Vorgänge, die stati-
schen wie die dynamischen. Der Effekt am Knochensystem ist immer ein
statischer. Dieser Effekt sollte mehr vom pathologisch-anatomischen Stand-
Hoffa, VerletznDgen und chirurg. Erkrankungen der Wirbelalole etc. 1343
pnnkt aus betrachtet werden. Von diesem Standpunkt aus lassen sich die
morphologischen Veränderungen besser als Mechanismus der Skoliose bezeichnen.
Die Ätiologie ist eine andere Frage.
Riedinger hat schon früher die Meyer-Albertsche Rotationstheorie
durch den Nachweis der Beanspruchung auf Zerknickung erweitert und damit
<6rst den Mechanismus der Gesamtskoliose ganz erklärt. Ausserdem hat er
die statischen Grundsätze und die morphologischen Veränderungen geschildert.
Er ist jetzt der Meinung, dass es zwei Typen der Skoliose hinsichtlich der
Form gibt, einen C- und ein S-förmigen Typus. Der kyphotische Abschnitt der
€- oder S-förmigen Skoliose stellt stets die primäre, der lordotische Abschnitt
stets die sekundäre Verbiegung dar.
Schanz (28) weist darauf hin, dass sich unter den Skoliosen eine An-
zahl von Deformitäten finden, welche sich durch einen einheitlichen Sym-
ptomenkomplex auszeichnen. Das Aufifälligste dieses Komplexes ist das Auf-
treten einer Kombination von Haupt- und Gegenkrümmungen, die Keilwirbel-
bildung, die Torsion und die Rippenbuckelbildung. Es ist anzunehmen, dass
dieser Symptomenkomplex in jedem Fall demselben deformierenden Prozess
seine Entstehung verdankt, und daher die Skoliosenformen, welchen dieser
Symptomenkomplex gemeinsam ist, eine genetisch zusammengehörige Gruppe
bilden.
In diese Gruppe gehören: Die kindliche Skoliose, die rachitische, die
osteomalakische, die osteopsathyrotische Skoliose, die Alterskyphoskoliose, die
fixierte statische Skoliose, die fixierte neurogene und die Steinträgerskoliose.
Auffallend ist in all diesen Formen ein gemeinsames ätiologisches
Moment, ein Belastungsmiss Verhältnis, welches entweder durch ein Anwachsen
der Belastung oder durch eine Verminderung der Tragfähigkeit der Wirbel-
säule entsteht. Ist dieses Belastungsverhältnis die Ursache der Skoliosen-
bildung?
Da nach bestehenden Naturgesetzen auch ein lebender Organismus als
Tragkonstruktion gedacht, immer der gleichen Deformierung unter gleichen
mechanischen Bedingungen durch Überlastung ausgesetzt ist, so ergibt sich,
dass die Deformitäten des menschlichen Körpers, welche aus einem Belastungs-
Verhältnis hervorgehen, zwei Klassen von Veränderungen besitzen müssen :
1. Veränderungen, welche direkt Folgen der zur Wirkung gelangenden
mechanischen Kräfte sind:
2. Veränderungen, welche als Reaktionserscheinungen vom lebenden
Organismus auf die ersteren erzeugt werden.
Die ersteren müssen sich berechnen lassen. Findet man dann auf Grund
dieser Berechnung die typischen Formänderungen der Skoliose, so ist der
Schluss zu ziehen, dass diese Formänderungen durch die Wirkung mechanischer
Kräfte bei Überlastung der Wirbelsäule entstehen. Diese Formveränderung
im Falle der Überlastung wird sich darstellen in der Bildung einer Haupt-
und zweier Gegenkrümniungen. Da nun die Wirbelsäule aus lauter einzelnen
Wirbeln zusammengesetzt ist, so müssen diese, im Falle einer Verbiegung,
dadurch eine keilförmige Gestaltveränderung erfahren, dass sie sich im Be-
reiche der Konkavitäten verkürzen, in dem der Konvexitäten verlängern. So
erklärt sich die Keilwirbelbildung bei der Skoliose.
Die Eigentümlichkeit der Zusammensetzung der Wirbelsäule aus Körper-
und Bogenreihe bedingt ferner bei Überlastung der Tragsäule, falls nicht
besondere Umstände hinzukommen, eine seitliche Ausschlagsrichtung. Dazu
^
1242 Jahresbericht fOr Ghirargie. 11. '' ^•
der nach vorn. Es ist dies eine Wirkung d ^^^ i» sich ausführt und dia
cruralia, deren Wirkung bei der Lender <^"> ^^ ^^^ am Keilwirbel Tor-
Wirbel noch unterstützt wird. Die am -^ Wirbelsäule mit dem Rippenkorbe
bei beiden Geschlechtern fast gleich, > desselben , welche zu den für die
eigentümliches Überwiegen der wp-' / eränderungen führen. Bezüglich anderer
banden ist und uneingeschränkt ^ögraphie die statischen Belastungsdefor-
alter wird die freie Beweglich ./^i^angs gestellte Frage glaubt Verf. dahin
Lendenwirbelsäule mehr, d' , Skoliosen, welche den oben angeführten
erwachsene Zustand errei ß Deformitäten, welche in ihren charakteristi-
Geburt wahrnehmbar ur / Überlastung der Wirbelsäule entstanden sind,
zu gehen. 'spricht die Pathologie der Skoliose sehr ausführ-
DeutschläD . i^^'^® ^^^ sorgfaltig zusammengestellte Vortrag läss>t
der kindlichen Sk»' ♦ .^^^^ Referat wiedergeben. Nur einige Hauptsätze will
Basis sich erst'' ^ii^^- ^^^ Veränderungen des Thorax bei der Skoliose
durch eine ^ ;'^/« Kinder haben mehr linkskonvexe, ältere mehr rechts-
des Leidens •' ^^'^ beiden Geschlechter zeigen in den Anstaltsstatistiken
hin der f *.. >r d*s männliche, 86Vofür das weibliche. Schülerstatistiken
exquisit ; ^ '"Weichviel männliche wie weibliche Skoliosen. Vom ätiologi- ^
diesen y'^^^'U^^ ^^^ ^^^ ^^® Skoliose als ein Symptom pathologischer Zu-
läre ,^ fV^^physiologischer Funktion zu betrachten. Wir unterscheiden
Fr ''J^'^'^MHose^ durch primäre Formstörungen, kongenitale,
^ "^ ^ifjiiosen durch Erkrankungen und erworbene Anomalien derWirbel-
ßjiolioseii durch sekundäre Formstörungen infolge von Erkrankungen
und Verletzungen von Organen ausserhalb der Wirbelsäule oder durch
anphysiologische Abänderung der Funktion entstanden.
Die zweite Gruppe bezeichnet Schul thess als osteopathisch-funktionelle.
fi'erher gehört die grösste Masse der Skoliosen, vor allem die rachitische,
j'e üiiif der Konstitutionsschwäche des Skelettes beruhen, auch als konstitutio-
^]e bezeichnete. Dieser Begriflf deckt sich ungefähr mit demjenigen der
liabituellen Skoliose, ist aber weniger verwirrend, weil er die habituelle
5t6llung nicht als Ausgangspunkt präjudiziert. Man muss nach der primären
jnechanischen Schädigung, welche die rachitische Wirbelsäule in früher Zeit
erfahren hat, an eine Art deformierender Nachwirkung denken, verursacht
durch die Veränderung des Wachstums in den ursprünglich primär defor-
mierten Teilen."
Die Skoliosen durch sekundäre Formstörungen verdienen den Namen
der funktionellen im weiteren Sinne, weil es sich hier um diejenigen handelt,
welche infoige von Abnormitäten an den Extremitäten, am Thorax oder auch
an irgend einem anderen Organe, z. B. Respirationsorganen, entstanden sind.
Die grösste Rolle spielen hier die Erkrankungen der Unterextremität und des
Nervensystems.
Die zweite Unterabteilung der Skoliosen durch sekundäre Formstörungen,
die rein funktionellen, umfassen die Berufsskoliosen und bis zu einem gewissen
Grade die Schulskoliose.
Die Bezeichnung Belastungsdeformität für die Skoliose sollte aufgegeben
werden. Das Wesentliche in der Funktion der Wirbelsäule ist, wie die Cber-
sicht über die Pathologie zeigt, nicht die Belastung, sondern der aus der
Muskelarbeit hervorgehende Längsdruck, darauf deutet die ungemeine Ähn-
lichkeit der Tierskoliose mit der menschlichen, sowie die neueren Forschungen
3-
Hoffa, Verletzungen und obirurg. Erkrankungen der Wirbelsäule etc. 1245
Funktion des Bewegungsapparates mit ihrem Einfluss auf den
^ t (30) kommt in seiner Studie über die Skoliose zu folgenden
■
* '^öhe einer seitlichen Wirbelsäulenverkrümmung liegt der
oheitelwirbel. Die Scheitelhöhe selbst liegt in der beide
i. oindenden Intervertebralscheibe, in welche die Knickung des
^sbandes fallt.
16 innige Band Wirkung beider Scheitel wirbel führt zu einer Aus-
oestrebung ihrer entgegeugesetzten Richtungstendenz, die als Richtungs-
crgenz und HöhendiflFerenz unterschieden werden kann. Der obere Scheitel-
wirbel vollführt hierbei eine Drehbewegung, die als Torsionsbewegung be-
zeichnet werden muss.
3. Eine zweite Torsionsbewegung entsteht bei zunehmender Skoliosierung
durch die winkelige Knickung von Wirbelkörper und -Bogen. Diese Torsions-
bewegung ist namentlich für den unteren Scheitelwirbel von Bedeutung.
4. Bei beiden Torsionsbewegungen dient die konkavseitige Gelenkver-
bindung als Hypomochlion. Die Torsionen bedingen ihrerseits eine Stellungs-
änderung der einzelnen Teile der beiden Scheitel wirbel, die im Sinne des
Uhrzeigers von der konvexen nach der konkaven Seite hin erfolgt. Weiter-
hin bedingen sie die spiralige Drehung der Körperkortikalis, die Verbreite-
rung der konkavseitigen Wirbelkörperhälfte sowie die nach der konkaven
Seite hin oflFene Winkelstellung der Körper- und Bogenmittellinie und die
Reklination.
5. Die Ausgleichsbestrebung der beiden Scheitel wirbel tritt in gleicher
Weise sowohl bei vertikaler als auch bei horizontal gestellter Wirbelsäule ein.
Demgemäss befinden sich die typischen Umformungen völlig analog bei mensch-
lichen wie tierischen Skoliosen.
6. Jede Skoliose ist ein aus inneren Verhältnissen heraus mit physika-
lischer Gesetzmässigkeit vor sich gehender Umformungsprozess, eine ;,funktio-
nelle Anpassung der seitlich abgewichenen Wirbelsäule". Prädisponierende
Momente lammen bloss für den Grad der Skoliosierung oder als Ursachen der
seitlichen Verbiegung einer Wirbelsäule, nicht aber für die Skoliose an sich
in Betracht.
7. Therapeutisch erscheint die operative Entfernung des Darmfortsatzes
des oberen Scheitelwirbels von praktischer Bedeutung, da auf solche Weise
die stärkste Torsionsbewegung mit ihren verunstaltenden Folgewirkungen un-
möglich gemacht wird.
Spitzy (34) hat auf dem ersten internationalen Kongress für Physio-
therapie in einem geistvollen Vortrage die Klinik der frühen Wirbelsäulen-
deformitäten auf der Basis der natürlichen Entwickelungsgeschichte besprochen.
Seine Ausführungen gipfeln in einer Reihe von Leitsätzen, wie sie bei der
körperlichen Erziehung des kleinen Kindes mit Rücksicht auf seine ersten
Lokomotionsversuche Anwendung finden sollen.
Diese Leitsätze ergeben sich von selbst aus den in der Stammesge-
schichte niedergelegten Gesetzen und lauten etwa folgendermassen :
]. Die Bekleidung respektive Umhüllung des kleinen Kindes soll den
klimatischen Verhältnissen entsprechen und die Bewegungen des Kindes in
keiner Weise hemmen.
1246 JahreBbericht für Chirurgie. II. Teil.
2. Als Nahrung diene vor allem Muttermilch oder wenigstens Ammen-
milch, welche gleichzeitig auch das beste Präservativ gegen gewisse Erkran-
kungen sind.
3. Jegliche Einschnürung des Körpers zum Zwecke des graden Wachs-
tums bewirkt grade das Gegenteil von dem, was man erreichen will, durch
Behinderung des Wachstums und Schwächung des Körpers.
4. Als gewöhnliche Lage des Kindes ist die ungezwungene Ruckenlage
anzusehen, dabei ist nach dem zweiten Monat, wenn das Kind bereits selbst
den Kopf zu heben beginnt, häufig Bauchlage angezeigt, wobei durch das
Aufbäumen des Körpers die Rückenmuskulatur gestärkt wird und insbesondere
;,der Aufhebe- und Halteapparat der oberen Wirbelsäule geübt und für die
spätere Tätigkeit vorbereitet wird".
5. ;,Aus dieser Stellung entwickelt sich von selbst der Kriechakt, der
nach Möglichkeit zu unterstützen ist; er ist die beste Vorschule des Gehens
und garantiert ein frühes und gefahrloses Aufrichten des Körpers.
6. Das Kind soll nicht gewaltsam in die Sitzlage gebracht werden, erst
wenn es sich selbst aufsetzen und sich ohne Unterstützung in dieser Lage
halten kann, soll ihm diese gestattet werden.
7. Das Kind soll ebensowenig frühzeitig auf die Füsse gestellt werden.
Erst wenn es lange genug gekrochen, sich selbständig aufgestellt und die
Übergangszeit zwischen Kriechakt und aufrechtem Gehen selbst überwunden
hat, soll ihm das Gehen gestattet sein.
8. Bei jeglichem Zeichen einer bestehenden Knochenerkrankung müssen
alle diese Regeln noch strenger befolgt werden und jede einzelne Zwischen-
stufe noch länger eingehalten werden; besonders muss man mit dem Auf-
richten des Körpers so lange warten , bis die Rachitis im Ausheilen be-
griffen ist.
9. Wenn bereits Verkrümmungen vorhanden sind, so muss eine genau
individualisierende orthopädische Behandlung eingreifen, die vor allem die
Stärkung der Muskulatur auf dem oben vorgezeichneten Wege zu erreichen
suchen muss. Zur Korrektur der Deformitäten sind Lagerungsapparate den
portativen Apparaten vorzuziehen, welch erstere kaum von dem, Prinzip des
Gipsbettes und der Rauchfussschen Schwebe sich unterscheiden und deren
Anwendung auch für das Kind keine Unannehmlichkeiten mit sich bringen.
Spitzy (33) bespricht die Bedeutung der Rachitis in allen ihren Ab-
stufungen, die neueren Ansichten über ihre Ätiologie und ihre Beziehungen
zur Osteomalakie, letzteres insbesondere, soweit beide Krankheiten als ätio-
logische Momente in der Genese der Skoliose in Betracht kommen. Von
den auf rachitischer Basis entstehenden Deformitäten werden die Verkrüm-
mungen der rachitischen Wirbelsäule hervorgehoben. Die rachitische Sitz-
kyphose birgt oft auch eine laterale Abweichung. Die Skoliosen ändern sich
in ihrem Typus nach ihrer Entstehungszeit. Zur Sitzzeit entstandene oder
aus Kyphosen hervorgegangene Skoliosen sind entweder Totalskoliosen oder
kurzbogige mehrfache Skoliosen; die schon in der Lokomotionszeit sich bil-
denden unterscheiden sich nicht von den habituellen.
Spitzy macht auf die Wichtigkeit der statischen Krümmungen bei
Anwesenheit von Rachitis aufmerksam.
Prophylaktisch ist vernünftige Säuglingspflege, Vermeidung zu frühen
Aufrichtens, Unterstützung der Kriechperiode, habituelle Bauchlage und der
Hoffa, Verletzungen und chirurg. Erkrankungen der Wirbelsftnle etc. 1247
Gebrauch des Epsteinschen Schaukelstuhles neben den bereits bekannten
Hilfsmitteln empfohlen.
Hess (10) berichtet in seiner Arbeit aus dem Schulthess-Lüning-
sehen Institut aber eine grosse Zahl von Beobachtungen an Skoliosen und
runden Rücken über die Lage der Abbiegungspunkte der Wirbel bei Bewe-
gungen des Rumpfes nach der Seite hin, und er kommt auf Grund seiner
Untersuchungen zu folgenden Schlusssätzen:
1. Die Abbiegungspunkte konzentrieren sich beiderseits in der Lenden-
wirbelsäule.
2. Die Brustwirbelsäule weist in ihrer unteren und mittleren Region
meist nur eine spärliche Frequenz auf, wobei die Zahl der rechtskonvexen
Abbiegungspunkte die der linkskonvexen überwiegt.
3. Die linkskonyexe Ausbiegung in der Lendenwirbelsänle zeigt typische
Punkte, die rechtskonvexe nicht, da der flachere Verlauf ihrer Kurve die
linkerseits vorhandenen Knickungen vermissen lässt.
4. Bei der Abbiegung des Rumpfes nach links (rechtskonvexe Ausbie-
gung) entstehen Abbiegungspunkte oft auch sekundärer Natur am 5. Lenden-
wirbel.
Verfasser glaubt, dass in der etwas höheren und typischeren Lage der
linkskonvexen Abbiegungspunkte, wie in der etwas weniger typischen Anord-
nung der rechtskonvexen unbedingt ein gesetzmässiges Verhalten zu erkennen
ist, das als physiologisch betrachtet werden darf.
Bäumler (2) betont die Wichtigkeit einer genauen Inspektion des
Thoraxskelettes, besonders für die Beurteilung beginnender Lungentuberkulose,
da die Änderung des Perkussionsschalles über abnorm flachen wie abnorm
gewölbten Partien des Thorax leicht zu Irrtümern führen kann. Dies gilt
namentlich für die Skoliose und die rachitischen Thoraxdeformitäten. Des-
gleichen ist für die Beurteilung der Lage und Grösse des Herzens das Vor-
handensein von Skoliose, Kyphoskoliose, des runden oder flachen Rückens
von grosser Bedeutung; bei flachem Brustkorb liegt im allgemeinen das Herz,
der vorderen Thoraxwand breiter an, wodurch wieder der Spitzenstoss eine
Verbreiterung und Verstärkung zeigt. Das umgekehrte ist bei Vergrösserung
des sagittalen Durchmessers des Brustkorbs der Fall. Bei seitlicher Wirbel-
säulenverkrümmung kann durch Verlagerung des — sonst normalen — Herzens
nach links, die Linksverschiebung des Spitzenstosses die Fehldiagnose „idio-
pathische Herzhypertrophie" verursachen.
Feiss (7) sucht nachzuweisen, dass es eine wirkliche Schulskoliose gibt.
Er führt als Argument an ein stetiges Anwachsen der Zahl der skoliotischen
in den aufsteigenden Klassen, den direkt schädigenden Einfluss des langen.
Sitzens in geneigter Stellung und ausserdem den schädigenden Einfluss schlechter
Schulbänke und der schlechten Haltung beim Schreibakt.
Das Geschlecht spielt bei der Entstehung der Skoliose keine Rolle,
denn die Schuluntersuchungen ergaben keine Dififerenzen in bezug auf di»
Häufigkeit der Skoliose bei Knaben und Mädchen. — Die Untersuchungen
haben ergeben — und die verschiedenen Statistiken stimmen geradezu auf-
fallend darin überein — , dass ein Viertel aller Schulkinder eine Skoliose
zeigen.
Die Form dieser Skoliose wird als ^habituelle^ mit linksseitiger Krüm-
mung bezeichnet.
1248 Jahresbericht für Ghirargie. II. Teil.
Vulpius (36) gibt in einer kleinen Schrift über die orthopädische Be-
handlung der Wirbelsäulenerkranktingen ;,ein kurzgefasstes Referat über den
heutigen Stand der orthopädischen Therapie auf diesem Gebiete für die in
der allgemeinen Praxis stehenden Kollegen.^ Er bespricht die gutartigen und
bösartigen orthopädischen Erkrankungen der Wirbelsäule und widmet da
wieder besonderes Interesse der Spondylitis tuberculosa und der Skoliose.
Im allgemeinen bringt die kleine Abhandlung dem Fachmann nichts neues.
Die präzise Art der Darstellung aber und der Umstand, dass vieles von
eigener Erfahrung diktiert ist, machen die Schrift für den praktischen Arzt
bedeutungsvoll und interessant.
Schanz (27) hebt in seinem Vortrag über die Bedeutung von Massage
und Heilgymnastik in der Skoliosentherapie hervor, dass die genannten Heil-
mittel hervorragende Dienste leisten können, wo es sich um den Ausgleich
des Belastungsverhältnisses an der Wirbelsäule handelt, dass dagegen ihre
Leistungsfähigkeit als Korrektionsmittel für die skoliotische Deformität nur
sehr gering anzuschlagen ist. Es ergibt sich daraus für die Praxis, dass
bei der beginnenden Skoliose diese Heilfaktoren in erster Linie in Betracht
kommen müssen. Ebenso haben sie grosse Bedeutung bei den Fällen, bei
denen das Ziel der Behandlung kein Ausgleich der Verkrümmung, sondern
nur eine Abflachung derselben sein kann. Dort wo eine völlige Beseitigung
der bestehenden Deformität erreicht werden kann, müssen noch Eorrektions-
mittel in Betracht kommen — als Korsetts und Verbände.
Die Anwendungsweise von Massage und Gymnastik wird dann etwa
folgende sein: Die gesamte Bückenmuskulatur wird gleichmässig massiert
werden müssen, und als Übungen werden solche am zweckmässigsten sein,
welche die gesamte Wirbelsäulenmuskulatur gleichmässig in Anspruch nehmen,
ausserdem aber gewisse Kedressions- und Selbstredressionsübungen, die nach
dem speziellen Fall besonders eingeübt werden müssen.
Wenn auch eine geordnete Anstaltsbehandlupg in allen Fällen als die
am meisten empfehlenswerteste erscheint, so glaubt Verf., dass unter gewissen
Verhältnissen und bei genügender Sorgfalt des Patienten und gewissenhafter
Kontrolle des Arztes die Behandlung auch in der Familie durchführbar sei.
Klapp (14) gibt den aktiven Mobilisierungsmethoden der Wirbelsäule
bei weitem den Vorzug vor den passiven, da bei ersteren neben der aas-
giebigsten eigentlichen Mobilisierung der Wirbelsäule eine wirkungSToUe Kräf-
tigung der Bückenmuskulatur erzielt werden kann. Verf. sah nun bei Be-
trachtung des Ganges der Vierfüssler, dass die Tiere dabei ihre Wirbelsäule
abwechselnd nach rechts und nach links krümmen; die Krümmung ist am
stärksten in der Phase des Gehens, wenn der Vorderfuss der einen Seite
zu einem Schritte weit nach vorn ausholt, während die Füsse der anderen
Seite noch knapp nebeneinander stehen. Von dieser Beobachtung ausgehend
lässt Verf. seine Patienten nach Art der Vierfüssler kriechen.
Die mit Lederhüllen an Händen und Knien versehenen Patienten kriechen
nach einiger Gewöhnung durch eine Stunde vor- und ebenso lange nachmit-
tags, zuerst ohne eine bestimmte Richtung in der Vorwärtsbewegung zu be-
vorzugen.
Nach einem Monat lässt Klapp seine Patienten beständig im Kreise
herum kriechen und zwar immer nach der Seite der Konvexität, um so be-
sonders auf die Geraderichtung der Skoliose hinzuarbeiten.
Hoffa, Verletzaogen und cbinirg. Erkrankungen der Wirbelsftule etc. 1249
In Verbindung mit diesen Übungen, und zwar ihnen jedesmal voraus-
gehend, wendet Verf. seine Heissluftbehandlung an.
Verf. hat mit seiner Methode angeblich gute Resultate. Er empfiehlt
sie auch wegen ihrer äusserst geringen Kostspieligkeit, da dadurch die Be-
handlung auf lange Zeit ausgedehnt und infolge ihrer Einfacheit ohneweiters
dem Hausarzt überlassen werden kann.
Klapp (15) spricht der Heissluftbehandlung zur Mobilisierung von
Skoliosen das Wort und beschreibt einen diesem Zwecke dienenden Heiss-
Inftkasten, den gleichzeitig fünf Patienten benützen können. Die Heiss-
luftanwendung soll den Übungen immer vorausgehen und ersetzt angeblich
die Massage vollständig.
Marinel (20) gibt in seinem Vortrag über die mechanotherapeutische
Behandlung der Skoliose ein anschauliches Bild der zur Verfügung stehenden
Methoden unter genauer Berüchsicbtignng der ätiologischen Momente und der
allgemein hygienischen Lebensbedingungen und fasst seine Anschauungen in
folgenden Schlusssätzen zusammen:
Die Skoliose ersten Grades ist vollkommen heilbar, wenn sie rechtzeitig
in Behandlung kommt. Das orthopädische Korsett ist schädlich.
Die Skoliose zweiten Grades ist oft heilbar, immer besserungsfähig.
Die Behandlung muss regelmässig und lange Zeit durchgeführt werden.
Das orthopädische Korsett ist selten nützlich, es ist fast immer schädlich.
Die Skoliose dritten Grades ist niemals heilbar; sie kann aber fast
immer gebessert werden. Die Behandlung muss regelmässig fortgesetzt
werden und dauert Jahre. Sie wird entsprechend den einzelnen Fällen be-
stehen:
1. In forcierter Redression und Fixation in der redressierten Stellung
durch nicht abnehmbaren Verband.
2. In orthopädischer Gymnastik und Massage unterstützt durch ein ab-
nehmbares Korsett.
Das orthopädische Korsett ist bei der Skoliose dritten Grades in allen
Fällen indiziert.
Bei der Art der gegenwärtigen Skoliosebehandlung, bei der nur eine
ganz konsequente, jahrelange Durchführung zu wirklich guten Dauerresultaten
führen kann, ist es den Minderbemittelten nicht möglich, die Kosten für die
Behandlung in einem orthopädischen Institut aufzubringen. Lange (17)
sucht deshalb die Behandlung dieser Deformität möglichst einfach zu ge-
stalten, damit sie auch den Minderbemittelten zu gute käme. Er verwendet
deshalb wieder die schon öfter bei anderen Apparaten angewandten Gurten
und benützt daneben noch für die Nacht gewisse Lagerungsapparate. Über
die Erfolge einer Skoliosenbehandlung geben weder statistische Beläge, noch
Zeichnungen, Gipsabgüsse oder gar Photographien, wie besonders letztere zu
Reklamezwecken in der Tagespresse Verwendung fänden, sichere Anhaltspunkte,
wie jeder weiss, der viele Skoliosen gesehen und behandelt hat. Zum Schluss
betont Verf. die Notwendigkeit der Behandlung einer noch so leichten Sko-
liose, da, wenn einmal die Versteifung eingetreten, eine Heilung auch heute
noch unmöglich ist.
Fried heim (9) gibt in einer auch für Laienpublikum recht verständ-
lichen Arbeit Eltern und Erziehern eine Reihe von Ratschlägen an die Hand,
in welcher Weise sie die Tätigkeit des Arztes bei der Behandlung und Be-
kämpfung einfacher Rückgratsverkrümmungen unterstützen und fördern können,
Jahrwberiebt fOr Cbirnrgie 1905. 79
1250 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. Teil.
Dem sachkundigen Arzte werden diese allgemein hygienischen Ratschläge und
die sich daran anschliessenden Übungen nichts Neues bieten, den Eltern und
Erziehern können sie ein recht wertvoller Fingerzeig sein und eine sehr brauch-
bare Anleitung zur Ausführung der vorgeschriebenen Übungen.
Die beigegebenen Abbildungen sind durchweg klar verstandlich und ent-
sprechen vollkommen dem angestrebten Zweck.
Fraikin (5) gibt in seinen Consideration pratiques sur la scoliose
essentielle eine allgemeine Übersicht über die Behandlung der habituellen
Skoliose, über die ganze Art einer wohlgegliederten Anstaltsbehandlung. Die
kleine Schrift ist sorgfältig zusammengestellt, bringt aber nichts für den Fach-
mann auch nur einigermassen Neues.
Fitz (8) beschreibt eine neue einfache Methode der Skoliosenm^sung.
Das Skoliometer, das er angibt, gestattet Skoliosen und andere Assymetrien
der Wirbelsäule direkt zu messen. Eine genaue Beschreibung des Apparates
und seiner Gebrauchsweise muss im Original eingesehen werden.
V. Ho vor ka (12) schildert zunächst in übersichtlicher Weise die bisher
bekannten und verwendeten Methoden und Vorrichtungen zum Messen und
zur Feststellung des Grades der Wirbelsäulenverkrümmung. Nach einer kri-
tischen Besprechung all dieser Methoden kommt Verf. zu dem Schlüsse, dass
die orthopädische Photographie unter dem uns heute zu Gebote stehenden
graphischen Darstellungsmethoden den ersten Platz einnimmt. Zwar erhalten
wir über die Torsion eines der wichtigsten Merkmale der Skoliose keinen
Aufschluss, indes wir sind durch die zentrierte Messgitterphotographie doch
in den Stand gesetzt, am bequemsten, einfachsten und billigsten Messungen
an Skoliotischen auszuführen. Verf. empfiehlt dies Verfahren am Schlüsse
seiner Ausführungen unter ausdrücklichem Hinweis darauf, dass es nicht so
sehr auf einen bestimmten Messbildapparat, nicht auf ein besonders vorteil-
haft seinendes Verfahren ankommt, sondern, dass eine einheitliche, bequeme
und billige Methode eingeführt wird, nach der alle Orthopäden sich zu richten
hätten.
Ludlof f (19) demonstrierte auf dem Orthopädenkongress zwei Apparate
zur exakten Messung und graphischen Darstellung der Beweglichkeit der
Wirbelsäule und des Kopfes mit den zugehörigen Kurven.
Der erste Apparat ist eine Modifikation des Schulthessschen Nivel-
liertrapezes; die Wirbelsäule wird in stehender, stehend gebeugter, sitzend
gebeugter Haltung und in Bauchlage in bestimmten Abschnitten abgetastet.
Durch Übertragung der erhaltenen Werte mit Hilfe eines Zirkels und Trans-
porteurs auf Millimeterpapier erhält man Kurven, welche die Stellung der
Wirbelsäule in der Sagittalebene wiedergeben. Auf diese Weise erhält man
eine graphische Darstellung, wie sich die einzelnen Abschnitte der Wirbel-
säule gegeneinander bewegt haben, resp. ob ein grösserer oder geringerer Teil
der Wirbelsäule steifgehalten wird usw.
Der zweite Apparat dient zur genauen Messung der Rotation des Kopfes
und besteht aus einem Kompass, der auf einem niedrigen Dreifuss mit Hilfe
einer Gummischnur befestigt wird. Die genauere Beschreibung des Apparates
muss im Original nachgesehen werden.
Legal (17a) demonstriert gleichfalls einen Redressionsapparat für De-
formitäten der Wirbelsäule, der zur täglichen Behandlung der Skoliose, zur
Anlegung von Gipsverbänden bei schwerer Skoliose und Spondylitis in redres-
ßierter Stellung und zur orthopädischen Behandlung bezw. Nachbehandlung
Hoffa, Yerletzongen und chirorg. Erkrankungen der Wirbelsäule etc. 1251
beim Schiefhals dient. Der ExteoBion am Kopfe mittelst Drahtseil und Spindel
wirkt eine Gegenextension unmittelbar am Becken entgegen. Letzteres wird
durch eine einfache, über die Cristae ilei bezw. das Kreuzbein geführte
Bandage an einer Beckenplatte fixiert, die durch zwei Spindeln gleichzeitig
und auch einseitig tiefergezogen werden kann. Die Redression geschieht
durch Gurte. Bei Anlegung von Gipsverbänden werden Beckenbandage, Gurte
und Kopfhalter durch starken (weissen, englischen) Filz ersetzt, der im Ver-
bände liegen bleibt und gleichzeitig als Verstärkung der Polsterung die dem
Druck am meisten ausgesetzten Stellen vor Dekubitus schützt.
Müller (22) beschreibt einen neuen Detorsionstisch zur Behandlung
der Skoliose. Der angegebene Tisch bezweckt eine Detorsion der torquierten
Wirbelsäule bei Vorbeugehaltung des Rumpfes, Extension am Kopf und Druck
am vorderen und hinteren Rippenbuckel mittelst zweier durch Händekraft zu
regulierender Hebel.
Kai sin (13) beschreibt auf dem ersten internationalen Kongress für
Physiotherapie einen neuen Reduktionsapparat für die Wirbelsäule, dessen
Charakteristik nach seinen eigenen Angaben etwa folgende ist:
1. Der Hauptstützpunkt des Körpers des Patienten, der einen Gibbus
hat, und den man in dem Apparat behandeln soll, besteht aus einer Pelotte,
auf welcher der Scheitel der Gibbosität ruht.
2. Diese Pelotte kann beliebig verstellt werden und gestattet mit Hilfe
der an Kopf und Füssen angebrachten horizontal oder schräg wirkenden Ex-
tensionsYorrichtungen, dass die ganze Kraft, die durch den Apparat auf die
Wirbelsäule wirkt, an der erkrankten Partie angreift und zweitens, dass man
dieser Kraft genau die entgegengesetzte Richtung geben kann, welche die
Resultante der die Wirbelsäule deformierenden Kräfte besitzt.
Auf eine genaue Beschreibung der Einzelheiten des Apparates muss ich
verzichten.
Der Redressionsapparat soll nach dem Autor zur Behandlung aller
Wirbelsäulendeformitäten dienen, speziell aber der Skoliose und Kyphose. Er
kommt dabei nicht nur für das tägliche oder wenigstens das periodische Re-
dressement in Betracht, sondern auch zur Anlegung von Gipskorsetts, um
das gewünschte Resultat festzuhalten.
Ammann (1) beschreibt ein neues Skoliosenkorsett. Die Bügel des
Korsetts werden, damit keine Verschiebung eintritt, in der Kreuzgegend durch
ein Scharnier verbunden. An Stelle der entbehrlichen Achselstützen wird eine
Pelotte unterhalb der Schlüsselbeingelenke auf das Brustbein gesetzt, die mit
dem Beckengürtel durch zwei seitliche Schienen in Verbindung steht. Diese
beiden Seitenschienen haben noch weiter oben nach rückwärts eine Verbin-
dung. Die Redression kann durch Seitenzug und durch Gummikissen noch
unterstützt werden.
Kopits (16) modifizierte zur Verdeckung des Rippenbuckels folgender-
jnassen das Doli inger sehe Skoliosen-Korsett.
Bekanntlich besteht letzteres in seiner rückwärtigen Hälfte aus geformtem
Leder, das durch Stahlschienen verstärkt wird, während der vordere Teil des
Mieders aus Drill und zum Schnüren angefertigt ist.
Bei seinem modifizierten Skoliosenkorsette lässt nun Kopits am ein-
gesunkenen Rückenteile des Gipstorso eine doppelte Lederhäli'te anfertigen;
die eine am natürlichen Torso, die andere dann, wenn durch Auflegen von
Oips die konkave Rückenseite soweit korrigiert ist, bis sie mit der Seite des
79*
1252 Jahresbericht fOr Chimrgie. II. Teil
Rippenbuckels nahezu symmetrisch erscheint. Am fertigen Korsett unter-
stützt die erstere, innere Lederhälfte den Rippenbuckel und verhindert somit
ein Einsinken der gestreckten Wirbelsäule, während die ihr angenietete äussere
Lederplatte am bekleideten Kranken keine Assjmmetrie bemerken lässt.
Gergö (Budapest).
Schi ee (29) beschreibt ein modifiziertes Hess in gkorsett, das eine nach
den Seiten drehbare Kopfstütze trägt. Er hat dieses Korsett in einem Falle
von Meningomyelitis verordnet und war mit dem Erfolg sehr zufrieden.
Roth (26) bricht neuerdings eine Lanze für das von ihm angegebene
Korsett gegenüber dem Gipskorsett, welch ersteres er neben gymnastischen
Übungen, Extension und Detorsion für ein so wichtiges Mittel bei der Sko-
liosenbehandlung hält. Nach abermaligen Verbesserungen, die er an seinem
Korsett vorgenommen, gibt er eine so genaue und eingehende Schilderung
desselben, dass die Herstellung desselben auch anderswo leicht möglich
sein wird.
Zesas (37) berichtet aus ^er Hoffaschen Klinik über drei Eälle von
hysterischer Skoliose bei jungen Mädchen und referiert im Anschluss daran
die Publikationen früherer Autoren über dasselbe Thema.
;,Da8 Symptomenbild besteht wesentlich in einer seitlichen totalen Ab-
weichung der Wirbelsäule, die sich in der Narkose beim Vomüberbengen des
Rumpfes leicht ausgleichen oder gar überkorrigieren lässt, bei Individuen, die
anderweitige hysterische Stigmata aufzuweisen haben oder hereditär belastet
sind. Dass zur Sicherstellung der Diagnose auf primäre hysterische Skoliose
die Hüftgelenke- und Beckenstellung besondere Beachtung zugedacht werden
muss, braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden.** Femer bespricht
Zesas die verschiedenen der über die Pathogenese der hysterischen SkoHose
entstehenden Theorien. Bezüglich der Prognose erscheint dieselbe nach Er-
fahrungen von Hoffa, Dolega u. a. nicht so absolut ungünstig als man
früher annahm. Li einzelnen Fällen, besonders bei nicht mehr ganz jugend-
lichen, hatte die Therapie gar keinen Erfolg oder die Rezidiven blieben
nicht aus.
Die Behandlung ist die der gewöhnlichen habituellen Skoliose. Es ist
selbstverständlich, dass man nebenbei eine antihysterische Therapie anwenden
und besonders das Vertrauen des Kranken und Autorität zu gewinnen
suchen muss.
V. Hovorka (11) berichtet über einen Fall von hysterischer Skoliose
bei einem 10jährigen Mädchen. Die Skoliose war wohl das einzige Zeichen
von Hysterie, denn ausser einem Ovarialdruckpunkt — der nur bei starkem
Druck ermittelt werden konnte — und einer nicht ganz konstanten kleinen
hyperästetischen Zone an der Wirbelsäule, war nichts für Hysterie Spre-
chendes nachweisbar. Das verhältnismässig frühzeitige Auftreten der hyste-
rischen Skoliose führt Verf. in diesem Falle auf die so früh schon einsetzenden
Menses zurück. Er glaubt, dass die Skoliose eine vormenstruelle gewesen,
die mit dem Eintritt der Menstruation erst zur vollen Entwickelung kam.
Die linkskonvexe Totalskoliose kam mit der üblichen Behandlungs-
weise in einem Jahre zur vollkommenen Heilung.
Meyerowitz (21) ist auf Grund seiner Beobachtungen und literarischen
Studien zu der Ansicht gekommen, dass die Existenz der Garr eschen Sko-
liose, d. b. einer durch grössere einseitige Halsrippen mechanisch bedingten
Skoliose als feststehend betrachtet werden kann und dass wahrscheinlich auch
Hoffa, Verletzungen and cfairnrg. Erkrankungen der Wirbelsäule etc. 1253
die gleiche Erklärung mit gewissen Modifikationen auch für die bei ein- und
doppelseitigen Halsrippen von geringerer Länge beobachtete Skoliose anzu-
nehmen ist. Meyerowitz glaubt nicht zu weit zu gehen, wenn er die An-
sicht, es handle sich in den Fällen letzterer Art um eine Skoliose reflektori-
scher Art, als irrig bezeichnet. Alle Gründe, die Hei hing für die reflek-
torische Natur dieser Skoliosen anführt, können nach des Verf. Meinung mit
mindestens gleicher, ja sogar mit wohl noch grösserer Berechtigung für eine
Entstehung auf mechanische Weise ins Feld gefuhrt werden. Ausserdem sind
auch anatomischerseits eine ganze Reihe abnormer Verbindungen etc. von
Halsrippen mit den benachbarten Wirbeln beschrieben worden, die für Hals-
rippen aller Grade zutreffen und sehr wohl geeignet erscheinen können, die
Annahme eines mechanischen Einflusses auf die Entwickelung der Skoliose
auch bei Halsrippen geringerer Länge zu stützen. Im Anschluss an seine
Ausführungen berichtet Verf. noch über die seit dem Erscheinen der GarrÄ-
schen Publikation beobachteten Fälle von Halsrippen, es sind sechs an der
Zahl, Yon denen ein genauerer Status unter Berücksichtigung der vorhandenen
Skoliose existiert.
Tichow (36) berichtet über einen FaD von Halsrippe, die neuralgi-
forme Schmerzen in dem Arme der entsprechenden Seite hervorgerufen. Ent-
fernung der Halsrippe auf subperiostalem Wege. Der Fall bietet sonst nichts
Besonderes.
Ferner berichtet Tichow über einen Fall von Halsrippe an einem alten
Skelett, das bei ümgrabung eines Friedhofes gefunden worden war. Die
entsprechende oberste Brustrippe war auffallend breit und massiv gegen die
der anderen Seite. Im Anschluss an diese beiden Befunde stellt Verf. 55
Fälle von Halsrippen aus der internationalen Literatur zusammen.
Murphy (23) bespricht einen Fall, in welchem eine Halsrippe wegen
der starken Pulsation in der linken oberen Schlüsselbeingrube ein Aneurysma
der Arteria subclavia vortäuschte. Nach Resektion der Halsrippe schwanden
alle Drucksymptome (Taubsein der Finger, Kribbeln usw.) Verf. meint, die
Halsrippen entwickeln sich nicht vor Eintritt der Pubertät und nehmen ihren
Ursprung von den Ossifikationszentren des Proc. transversus. Die Symptome
bestehen in Erscheinungen von seiten des gedrückten Nervenplexus und der
gedrückten Arterie, welche jedoch fast niemals so stark werden, dass es zur
Gangrän kommt. Die Vena subclavia ist durch den Muse, scalenus anterior
Tor dem Druck der Halsrippe geschützt.
Vor der Röntgenära bezogen sich die meisten Berichte über Halsrippen
auf zufallige Befunde an Leichen. Nach Beschreibung der bekannten Haupt-
symptome empfiehlt Beck (9) als einziges radikales Mittel, um die Beschwerden
zu beseitigen, das Wegschaffen des Druckmomentes, also der Rippe selbst.
Um einem Rezidiv vorzubeugen, muss das Periost mit der Rippe weggenommen
werden, wodurch allerdings die Technik der Operation erschwert wird. Unter
Beifügung von Röntgogramrnen erwähnt Beck einen ihm zur Behandlung
gekommenen Fall, bei dem früher die subperiostale Resektion vorgenommen
war, infolge der Knochenregeneration vom Periost aus sich aber eine Knochen-
formation von mehr als 1 cm Länge gebildet hatte. Es folgt die Beschrei-
bung der Operationsmethode.
1254 Jabreeberieht fUr Ghimrgie. II. Teil.
Tumoren der WirbelsSule, des Rückenmarks und seiner H&nte, Spina
bifida, Missbildungen.
1. Brodnitz, Intraduraler Tumor der Medaila spinalis cerricalia mit Erfolg operiert.
84. EoDgr. d. deutscL Ges. f. Chir. 1905.
2. Davis, D. J., A case of cerrical spina bifida-syringomyelomeningooele witb bydro-
myelos and hydrocepbalns.
8. ^Damaye, £pithelioma des mönniges meduUaires avec eignes de compreasion de la
moelle. Soc. anat. de Paris. 1905. Nr. 4.
4. *Dowd, Kndothelioma of the caada equina. Annals of surg. 1905. Nr. 2. Ang.
5. Frank, Zur Kenntnis der kongenitalen Sakraltumoren. Dentscbe Zeitscbr. f. Cbimrg.
Bd. LXXVII. p. 368.
6. Gross, Beitrag zur Kasuistik der Spina bifida occulta. Dies. Heidelberg 1904.
7. *Grisel, Quatre Observation d*occlusion cong^nitale aigafi. Bevae d'orthop^e. Mars
1905.
8. Grosse und Tbenveny, Deux Observation de Spina bifida. Revue d*orthop^e 1905.
Nr. 1.
9. *Gourtet, Spina bifida sacro-eoceygien. Joum. de m^d. de Paris. 1905. 81 Jan.
10. V. Gurbski, S., In Sachen der Spina bifida. Inaug.-Diss. Dorpat 1902.
11. Harte, Richard, The surgical treatment of intraapinal tnmors. Annais of snrgery.
1905. Oct.
12. Henle, Über Spina bifida. Natnrforschervers. 1904.
13. Kirmisson, Nouvel exemple de spina bifida latent chez une fillette de cinq ans et
demi. Examen radiographiqne. Revue d'orthopM. 1905. Nr. 1.
14. Krön, Operative Geschwulst des Rfickenmarks. Deutsche med. Wochenschr. 1905.
Nr. 25.
15. Lebrun, Trois cas de spina bifida op^rös et guöris. Joam. de chir. et ann. de la
soc. beige de chir. 1904. Sept.
16. *Levi, Catola, Tumeur de la moelle. Soc. anat. 1906. Nr. 6.
17. Meyer, Ober einen Fall von Myelomeningocele Inmbosacralis. Diss. München 1904.
18. Milner, Über Spina bifida occulta. Freie Yer. d. Chir. Berlins. 178. Sitz. 19. Jnni 1905.
Ref. nach Zentralbl. f. Chir. Nr. 80. p. 801.
19. Pupovac, Zur Kenntnis der pathologischen Anatomie und Genese der Hydromeningo-
cele sacralis anterior. Arbeiten aus dem Gebiete d. klin. Chir. 1905.
20. Spieler, Spina bifida. Wiener klin. Rundschau 1905. Nr. 86.
21. Thal er, Atyp. Verhalten in der Steissgegend menschlicher FOten und eines Neo^
borenen. Zeitscbr. f. Chir. Bd. 79.
22. Warington, A case of tumour of the cauda equina removed by Operation. The
Lancet 1905. Sept 9.
Brodnitz (1) berichtet über einen intradnralen Tumor der Medulla
spinalis cervicalis, den er mit Erfolg exstirpiert hat. Es handelt sich um ein
22jäbriges Mädchen. Der Tumor erstreckte sich von der Mitte des sechsten
Halswirbels bis zum Atlas und hatte eine Lähmung beider Arme zur Folge.
Zur Entfernung des Tumors war eine Resektion des 3. — 6. Halswirbelbogens
nötig. Trotzdem wurde die Beweglichkeit der Halswirbelsäule wieder voll-
kommen normal. Die Lähmung beider Arme ist nach vier Wochen völlig
geschwunden gewesen.
Brodnitz empfiehlt für Rückenmarkstumoren das zweizeitige Ope-
rieren : erste Sitzung Skelettierung der Wirbel, zweite Sitzung EröflFnung des
Wirbel k anales. Hierdurch kann sich Patient von dem Shock, der durch den
Blutverlust und die bei der Skelettierung unvermeidliche MeduUazerrung her-
vorgerufen wird, erholen und man operiert in der zweiten Sitzung fast un-
blutig und übersichtlich.
Ferner lenkt Brodnitz die Aufmerksamkeit auf das von ihm in zwei
Fällen beobachtete ZusammentreflFen von Temperatursteigerungen mit Abtiuss
von Spinalflüssigkeit. In beiden Fällen erschien eine Infektion ausgeschlossen.
Hoffa, Verletzungen und cbiiurg. Erkrankungen der Wirbelsäule etc. 1255
Dies Zusammentreffen yon Liquorabfluss und Temperatursteigerung ist wahr-
scheinlich (!) durch einen direkten Einfiuss auf das Wärmezentrum zu erklären.
Frank (5) berichtet über ein mit Sakralgeschwulst geborenes, im
übrigen reif und gesund zur Welt gekommenes Mädchen. Das Kind war in
Kopflage spontan, rasch und leicht bis zum Nabel geboren worden, die Ge-
burt musste dann durch einen leichten Zug vollendet werden. Die Sakral-
geschwulst ungewöhnlich gross, weit über kindskopfgross, war bei der Geburt
an einer kleinen Stelle geplatzt und bildete, nachdem sich eine weissgelbliche
viszide Flüssigkeit aus ihr entleert hatte, einen schlaffen Sack. Die Geschwulst
wurde ohne Schwierigkeiten exstirpiert. Sie lag dicht unter der Haut und
den oberflächlichen Muskelplatten. Die Hinterfläche des Mastdarmes wurde
freigelegt und das stark nach vorne umgebogene Steissbein exstirpiert. Die
Geschwulst enthielt streifenförmige Pigmentanhäufangen , sowie Inseln von
Parenchymen, die schon makroskopisch Organdiagnosen auf Leber, Neben-
niere, Speicheldrüse usw. gestatteten. Mikroskopisch wurden Derivate von
sämtlichen drei Keimblättern festgestellt. Verf. schliesst sich in Erwägung
der Frage nach der Ätiologie und Theorie dieser Geschwülste den Anschau-
ungen Hagens an, welcher Embryome, die aus einer befruchteten Polzelle
entstanden sind, unterscheidet und solche, die aus Überproduktion von Fur-
chungskugeln hervorgegangen sind. Die beschriebene Geschwulst ist der
zweiten Kategorie zuzuzählen und da sie Abkömmlinge aller drei Keimblätter
enthält, als ein Tridermon zu bezeichnen.
Harte (11). Von 92 Operationen zur Beseitigung von Spinal tu moren
führten 47®/o zum Tode, es waren jedoch nur 28 7o auf die Operation als
Todesursache zurückzuführen. Wenn auch oft nicht zur Heilung, so führt
die Operation doch fast immer Befreiung von Schmerzen herbei. Die hohe
Mortalität sollte deshalb nicht von Operationen abschrecken. Von den 88
Fällen, in denen die Natur des Tumors angegeben ist, handelte es sich 37 mal
um Sarkome = ^/s, Adhäsionen und Verdickungen fanden sich 11 mal, Echino-
kokken 8 mal, Fibrome 6 mal, Syringomyelie 5 mal, Endotheliome 4mal, Psam-
mome 3 mal, Zysten 3 mal, Fibromyxome 2 mal, Osteome 2 mal. Je einmal
Myelom, Lipom, Lymphoangiom, Dermoid, Karzinom und ein nicht näher be-
stimmter Knochentumor. Von den die Operation überlebenden gewannen
59^0 ihre Funktionen zurück, 34% wurden gebessert. Da unter den 37
Sarkomen 17 durch die Operation geheilt wurden, liegt die Annahme nahe,
dass in der Stellung mikroskopischer Diagnose häufig Irrtümer begangen
wurden. Die Fälle von Adhäsionen etc. wurden mit aufgenommen, w^eil sie
Tumorsymptome darboten. Die häufig aufgestellte Behauptung, dass extra-
durale Tumoren häufiger seien und seltener zum Tode führten, als intra-
durale, widerspricht den Resultaten von Hartes Zusammenstellung. Trotz
aller Asepsis und Antisepsis haben die intraduralen Fälle eine sehr viel
grössere Sterblichkeit durch Meningitis als die extraduralen. Die Mortalität
der weiblichen Patienten war nur 45®/o gegen 57 Vo der männlichen, was
wohl darauf beruht, dass bei den letzteren V» mehr Sarkome vorkamen.
Ob die Geschwulst ihren Sitz hoch oder niedrig hatte, machte für die Resul-
tate keinen Unterschied. Wenn der Tumor bei der Operation nicht an der
zu erwartenden Stelle gefunden wird, liegt er in der Regel etwas höher.
Wenn man bei der Operation die Zerebrospinalflüssigkeit langsam ausfliessen
lässt, hat auch reichlicher Verlust keine üblen Folgen.
Maass (New York).
1256 Jahresbericbt fQr Chirurgie. II. Teil.
Pupovac (19) berichtet über einen ebenso seltenen wie interessanten Fall
.von vorderer Spaltbildung des Wirbelkanals, den er in der Gassenbauer-
sehen Klinik zu beobachten Gelegenheit hatte. Es handelt sich um eine
26jährige Patientin, die wegen einer Geschwulst im Becken in Behandlung
kam. Mit dieser Geschwulst schien eine andere, nussgrosse Geschwulst in
Verbindung zu stehen, die sich dicht am After vorfand. Die Operation
(retrorektaler Medianschnitt) förderte eine Zyste mit wasserhellem Inhalt zu
Tage, von der aus die Sonde mehr als 5 cm durch eine Lücke in der Mitte
des Körpers des vierten Sakralwirbels in den Sakralkanal vordrang. Die
Zyste wurde reseziert und vernäht, dann die kleinere, oben genannte Zyste,
die mit gelbem Brei gefüllt war, entfernt. Diese letztere Zyste hatte einen
Fortsatz bis nahe an die erste. Die Heilung verlief vollkommen glatt und
reaktionslos.
Die Flüssigkeit, die sich in der ersten Zyste vorgefunden, zeigte che-
misch das gleiche Verhalten wie Zerebrospinalilüssigkeit. Später wurde mit
Sicherheit ein Uterus bicomis und durch das Röntgenbild eine Spaltung des
Kreuzbeins in zwei Fortsätze, vom dritten Wirbel ab, konstatiert.
Es gibt nur einen Fall in der Literatur, der diesem genau entspricht
Er wurde von Krön er und Marchand publiziert. Auch hier war die
Diagnose nicht gestellt worden; es war in der Annahme einer Zyste des
Ligamentum latum eine Punktion gemacht worden. Diese hatte zu einer
Meningitis und zum Exitus letalis geführt.
Auf Grund des histologischen Befundes kommt Verf. nach BesprechuDg
der verschiedenen herrschenden Anschauungen über die Entstehung derartiger
vorderer Meningocelen zu der Ansicht, dass mangelhafter Verschluss des Ca-
nalis neurentericus ein prädisponierendes Moment dafür abgibt. Er glaubt,
dass sowohl die Zystenbildung, wie der Meningocelensack, auf eine gemein-
same Anlage, den Canalis neurentericus, zurückzuführen sind. Bezüglich ge-
nauerer Angaben muss auf die sehr interessante Arbeit verwiesen werden.
Lebrun (15) berichtet über einen besonders guten Erfolg, den er mit
einem operativen Eingriff bei einem Fall von Meningomyelocele der Lendeng^end
erzielt hat. Der Fall war kompliziert durch Paresen der unteren Extremi-
täten. Die Wand des Sackes war rechts von Arachnoidea, links von Arach-
noidea und dem flächenhaft ausgebreiteten unteren Teile des Rückenmarks
gebildet. Nur das Filum terminale war frei. Es gelang, die einzelnen ner-
vösen Elemente der Wand zu isolieren und zu reponieren. Zum Verschluss
der Wirbelspalte bildete Verf. beiderseits einen brückenförmigen Periost-
Muskel-Aponeurosenlappen. Das Periost wurde von den Wirbel bögen und
den Querfortsätzen abgehebelt. Die Lappen waren etwa 2 — 3 cm breit. Sie
wurden über den Wirbelspalt gezogen und längs vernäht. Die Parese ging
vollkommen zurück.
He nie (12) bezeichnet als die häufigste Form der Spina bifida die
sogenannte Rachischisis, an der meistens die Kinder sterben, weniger häufig
sind die Myelomeningocelen, dann folgen die Myelokystocelen und schliess-
lich die Meningocelen. Verf. erläutert seine Ausführungen durch sehr in-
struktive Bilder, die er von anatomischen Präparaten gewonnen hat, und
bespricht zum Schluss die in Frage kommenden Operationsmethoden.
Meyer (17) gibt einen kurzen Überblick über die Lehre von der Spina
bifida und der damit verbundenen Hernien des Rückenmarkes und seiner
Häute und teilt im Anschlüsse hieran die Krankengeschichte eines Falles
Hoffa, Verletzungen nnd Chirurg. Erkrankungen der WirbelaAule etc. 1257
^on Myelomeningocele lumbo-sacralis mit, der in der chimrgiscben Univer-
sitätskinderklinik in München zur Operation kam. Das Kind starb. Der
Sektionsbericht und die Beschreibung des Präparates ist beigegeben. Ans
dem makroskopischen und mikroskopischen Befund ging hervor, dass es sich
um eine Myelomeningocele handelte. Der Fall bot günstige Aussichten für
eine Operation, die auch gut überstanden wurde. Der Wundheilungsprozess
bot einen befriedigenden Verlauf. Leider war es nicht möglich, einen dauernden
Erfolg zu erzielen, da am achten Tage nach der Operation infolge eines zu-
nehmenden starken Darmkatarrhs der Exitus erfolgte. Bemerkungen über
die Diagnose, Prognose und Therapie derartiger Leiden beschliessen die Arbeit.
y. Gurbski (10) bespricht in seiner Dissertation das Thema: ;,In Sachen
der Spina bifida^. Diese Arbeit wird von Koch im Zentralblatt für Chirurgie
ausführlich referiert und ich gebe im folgenden den wesentlichen Inhalt dieses
Referates wieder. — Nach einigen Bemerkungen über die Anatomie der Spina
bifida und die verschiedenen Formen derselben wird dann die Ätiologie aus-
führlicher besprochen. Die Bedeutung der besonderen Ausgestaltung der
meningealen Häute oder der treibenden Kraft der meningealen Sekrete für die
Entstehung der Spina bifida wird in Abrede gestellt, auch die atavistischen
Einflüsse scheinen keinen Anhaltspunkt für eine Erklärung zu geben. Was
die experimentelle Erzeugung der Spina bifida betrifft, so meint Koch,
man dürfe die experimentell erzeugte Spina bifida und die natürliche
nicht miteinander identifizieren, die noch offene Wirbelrinne bei Vögeln ist
nur natürlich, wenn hohe, in der Regel alle Systeme abtötende Wärmegrade
schon im Anfang der Entwickelung zur Wirkung gelangen. Der in solch
einem Stadium erzvningene Tod ist noch keine Spina bifida.
Die therapeutischen Resultate, über die y. Gurbski berichtet, sind
recht gering. Jodtinktur wird als direkt schädigend bezeichnet, wenn sie die
Oberfläche oder das Parenchym des Hirns und Rückenmarks erreicht. Auch
die Ausrottung der grösseren Säcke scheint gefährlich. Die Isolierung des
meningealen Sackes und seine Verkleinerung durch mehrfache Einstülpung
dürfte also das mildere Verfahren sein, falls man überhaupt operiert. Bei
kleinen Säcken liegen die Verhältnisse günstiger, der kosmetische Erfolg aber
bleibt infolge der gleichzeitigen Verbildung der Nachbarschaft durchschnitt-
lich gering. Den vielen, übrigens selbstverständlichen Vorschlägen, den Ca-
nalis neurentericus und die Partiarschise plastisch zu verschliessen, dürfte
kaum eine wesentliche Bedeutung zukommen, weil die Infektion der Meningen
durch solche Pforten zu den grössten Seltenheiten gehört.
Grosse (8) und Thenveny berichten über zwei Beobachtungen von
Spina bifida. In dem einen Falle handelt es sich um eine Spina bifida
occulta, die unterhalb einer Schwanzgeschwulst gelegen war. Diese hatte
früher mit ihrem Inhalt mit dem Rückenmark in Verbindung gestanden,
hatte sich dann vollkommen isoliert und hing mit einem dünneren Stiel nach
aussen. Im zweiten Falle handelte es sich um eine Spina bifida, bei der
sich nach der Operation ein Hydrocephalus und vollkommener Vorfall des
Beckenbodens und des gelähmten Afters, welche beuteiförmig herunterhingen,
entwickelte.
Davis (2) berichtet über ein 11 Wochen altes Kind, welches zwischen
dem letzten Hals- und dem ersten Brustwirbel eine die Hälfte einer Zitrone
betragende gestielte Geschwulst mit Fluktuation und Kompressibilität besass.
Die Operation dieser Geschwulst wurde infolge einer Wundinfektion für das
1258 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Kind verhängnisvoll. Die pathologisch anatomische Untersuchung zeigt das
Bild einer Syringomyelomeningocele. Zentralkanal und Himventrikel sind be-
deutend erweitert.
Ätiologisch scheint der vermehrte Druck im ZentraJkanal eine Ruptur
des Rückenmarks während des Fötallebens bedingt zu haben.
Milner (18) berichtet über fünf Fälle von Spina bifida occulta. Er
glaubt, dass sie nicht selten übersehen wird ; in der Lumbosakralgegend kann
Hypertrichose auf sie hinweisen, in höheren Abschnitten fehlt diese oft, da
soll man besonders auf Teleangiektasien achten; häufig bringt das Röntgen-
bild Aufklärung, bisweilen besonders am Kreuzbein kann die Betastung mehr
leisten als die Röntgenplatte. Für die Hypertrichose bei Spina bifida occulta
erscheint besonders die konzentrische Haarrichtung charakteristisch. Als Er-
klärung für ihr Auftreten akzeptiert Milner einen Hinweis Katzen stein s.
dass ausbleibender oder verspäteter Schluss des Ektoblasts eine Ursache für
die verstärkte Haarbildung sei.
Ätiologisch sind die okkulten und zystischen Formen nicht zu trennen.
Erblichkeit und gehäuftes Auftreten in einer Familie wird so gut wie Die
beobachtet. Wahrscheinlich kommen äussere Ursachen (Verwachsungen des
Amnion, einfacher Druck) und Hydromyelie in Betracht. Chirurgische Be-
handlung erfordern diejenigen Fälle, bei denen ein derber Strang von der
äusseren Haut durch den festen Abschluss des Wirbelkanales hindurch gegen
den unteren Rand des hinteren Abschlusses des Wirbelkanals der sogenannten
Membrana reuniens führt und so zu den verschiedenen Lähmungen sensibler,
motorischer, trophischer Natur führt. Diese entwickeln sich am Ende des
1. und 2. Dezenniums. Die Exstirpation des Verbindungsstranges oder die
Inzision der Membrana reaniens hat in vier Fällen zu einer wesentlichen
Besserung geführt.
Gross (6) bereichert die Kasuistik der Spina bifida occulta um einen
sehr interessanten Fall, bei dem durch die vorgenommene Operation Neur-
algien im Rücken und Motilitätsstörungen der Beine beseitigt wurden. Es
handelt sich um eine 22 jährige Patientin mit Hemianästhesie der linken
Seite und Elephantiasis des rechten Beines. Neben einer leichten dextro-
konvexen Skoliose der Brustwirbelsäule war eine Spina bifida occulta im
Lumbaiteil der Wirbelsäule vorhanden, mit einem grossen Haarfeld in zirkum-
skripter Ausdehnung.
Kirmisson (13) berichtet über einen Fall von Spina bifida occulta
bei einem 5 Va jährigen Mädchen. Das Röntgenbild ergab eine grosse Knochen-
lücke, in welcher die ganze linke Hälfte des Kreuzbeins fehlte oder kaum
zur Entwickelung gekommen war. Über dem Rand des Os ileum fühlte man
eine umfangreiche schwappige Gesohwulst, über welcher die Haut angiomatös
verändert war. Ausser der Atrophie des linken Beines noch ein sieben-
zehiger Varus.
Traumatische Rtickenmarkserkrankungen.
1. BäDBch, Beitrag zur Kenntnis der traumatischen Syringomyelie. Diss. Leipiig 190i
2. *Co8te, Haematomyölie cerTicale. Lyon möd. 1905. p. 413.
3. Deetz, Über Blutungen innerhalb des Wirbelkanales, deren Entstehung, Verlauf und
Wirkung vom gerichtsärztlichen Standpunkt aus. Yierteljahrsschrift für gerichtliche
Medizin u. öffentl. Sanitätswesen. 8. Folge. Bd. XXVII. SuppL-Heft
4. Wilkens, Em Fall von angeblich nach Trauma entstandener Syringomyelie. Diss.
Kiel 1904.
Hoffa, Verleizangen und ohimrg. Erkrankungen der Wirbela&ule etc. 1259
Über Blutungen innerhalb des Wirbelkanals, deren Entstehung, Verlauf
nnd Wirkung berichtet Deetz (3) vom gerichtsärztlichen Standpunkt aus.
Er unterscheidet zunächst intramedulläre Blutungen und extramedulläre.
Die letzteren sind bei weitem die häufigeren, während die ersteren die für
das Leben bedeutungsvolleren sind.
Die extramedullären Blutungen haben ihren Sitz entweder epidural^
zwischen Knochen und Dura mater, oder subdural, zwischen der Dura, den
weichen Rückenmarkshäuten und dem Rückenmark. Sie entstehen entweder
an dem Orte, wo man sie bei der Obduktion findet, oder können höher oben
im Schädel (Basisfrakturen) oder im Wirbelkanal ihren Ursprung haben und
sekundär fortgeleitet sein. Ihre Hauptursache sind Traumen, viel seltener
pathologische Prozesse innerhalb des Wirbelkanals. Die klinischen Symptome
sind die der Rückenmarkskompression.
Die intramedullären Blutungen machen durch Schädigung des Rücken-
marks selbst schwere Ausfallserscheinungen. Ihr Sitz ist in der Regel die
graue Substanz und sie dehnen sich in der Längsachse des Markes aus.
10 ^/o sind nicht traumatisch (Apoplexia spinalis, Geschwülste, Myelitis, epi-
demische Meningitis, hämorrhagische Diathese, spinale Blutungen beim Keuch-
husten kleiner Kinder).
Die häufigste Ursache aller Wirbelkanalblutungen bilden Verletzungen,
Zerrungen, Zerreissungen der Wirbelsäule durch Längszug, Brüche und
Verrenkungen der Wirbel, Schuss- und Stichverletzungen, Kontusionen und
Distorsionen.
Zur Blutung durch Längszerrung der Wirbelsäule kommt es vor allem
bei Zangenentbindungen, nach Wendungen. Verf. glaubt, dass man bei 10 7o
aller Kinder, die etwa in den ersten drei Lebenstagen zur Obduktion kommen»
Wirbelkanalblutungen annehmen kann.
Eine eingehende Schilderung der Symptome der Wirbelkanalblutungen
je nach dem Sitze derselben geht vorauf der Beschreibung der klinischen
Erscheinungen der nach Stichverletzungen auftretenden Brown-Sequard-
schen Halbseitenverletzung des Rückenmarks.
Die zur wirklichen Lähmung der unteren Extremitäten, der Blase und
des Mastdarms führenden Wirbelkanalblutungen lassen im gerichtlichen Sinne
den Begriff des Siechtums wie der Lähmung zu ; die Blutungen, welche vorüber-
gehende Lähmungserscheinungen im Gefolge haben, gelten als einfache Körper-
verletzung.
B an seh (1) will die Kasuistik der Höhlenbildungen im Rückenmark
um einen Fall von beginnender Syringomyelie auf traumatischer Basis, wie
er auf der medizinischen Abteilung des Allerheiligenhospitals zu Breslau zur
Beobachtung kam, bereichem. Es handelte sich um einen 40jährigen Mann,
bei dem sich einige Wochen nach einem Unfall die ersten Zeichen der
Erkrankung gezeigt hatten. Die Krankengeschichte ist ausführlich wieder-
gegeben.
Wilkens (4) skizziert, nachdem er zunächst den prinzipiellen Unter-
schied zwischen zwei verschiedenen Erkrankungsformen des Rückenmarks
klargemacht hat, die früher häufig verwechselt wurden, zwischen der Syringo-
myelie und der traumatischen zentralen Rückenmarksläsion, den heutigen
Stand der Frage, ob Rückenmarkserkrankungen sich zuweilen an Trauma
anschliessen können, in kurzen Zügen und kommt zu dem Resultat, dass
bisher keine sicheren Fälle von Syringomyelie beobachtet worden sind, in
1260 Jahresbericht f&r Chirurgie. IT. Teil.
denen das Leiden nur durch ein Tranma in vorher völlig normalem Rücken-
mark verursacht worden wäre. Wohl aber kann ein Trauma bei prädispo-
niertem Rückenmark die Gelegenheitsursache zur Entwickelung einer Syringo-
myelie abgeben, und andererseits können bei bestehender Syringomyelie schon
leichtere Gewalteinwirkungen schädigend auf das Rückenmark einwirken und
das Fortschreiten des krankhaften Prozesses beschleunigen. Im Anschluss
an diese Erörterungen teilt Wilkens einen in der Kieler psychiatrischen
und Nervenklinik beobachteten Fall mit, bei dem die Syringomyelie einem
Trauma zur Last gelegt wurde. Verf. ist jedoch der Ansicht, dass die Er-
krankung schon vorher bestanden hat und dass der Unfall nur eine Ver-
schlimmerung des Leidens bewirkte.
Nachtrag.
Italienische Referate.
Referent: R. Giani, Turin.
1. Alessandri, Proceseo osteoplastico modificato di laminectomia, con dae casi operati.
Atti della Societa italiana di chirurgia. V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
2. Alessandri, Roberto, Laminectomia della terza e quarta vertebra lombare per
lesioni della cauda equina. Rivista di Paiologia nervosa e mentale 1905.
3. Berduschi, V. e A. Jardini, Contribato all' anatomia patologica della apondilosi
rizomeJica e all' etiologia delle cavitä midoUari. Archivio di Ortopedia 1905.
4. Burci, Di una rara malformazione congenita della porzione cervicale della colonoa
vertebrale. Atti della Societa italiana di cbirurgia. V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
5. Padnla, Un caao di edema del roidollo spinale per granuloma tuberculare dello speco
vertebrale. Intervento. Guarigione. Atti della Societa italiana di chirurgia. V. 18.
Roma. Tipogr. Artero.
6. P a 0 1 i , £. De, Deviazioni e contratture della colonna vertebrale di origine neorotica.
Scoliosi isterica. Conferenze di patologia e clinica chirargiea 1905.
7. Qaercioliy V., Annotazioni cliniche di traumatologia e fisiologia spinale con 14 osser-
vuzioni original]. BoUettino della R. Accademia dei Fisiocritici in Siena. Novembre 1905.
8. Virnicchi, Contribato alla distensione della teca vertebrale e del midollo spinale.
Atti della Societa italiana di chimrgia. V. 18. Roma. Tipogr. Artero.
Alessandri (1) berichtet über seine Methode der Laminektomie : Me-
diane Inzision bis auf die Dornfortsätze, Loslösung der Weichteile von diesen
Apophysen auf der einen Seite bis auf die Basis und dann rasche Loslösung
der Platten: Sektion mit dem Meissel an der Basis der den zu resezierenden
Platten entsprechenden Dornfortsätze und auch eine mehr nach oben und
eine mehr nach unten : Loslösung der Weichteile von den Platten der anderen
Seite, mit den Dornfortsätzen und dem annexen Bänderapparat; Resektion
der Platten, sei es mit den speziellen zu dem Zweck ersonnenen Instrumenten,
sei es besser mit dem Meissel oder dem Hohlmeissel und dann mit Knochen-
zange von Luer oder Montenovesi. Nach Vervollständigung der Operation
mit tiefen Catgutstichen werden die Muskeln und die Haut per primam ver-
einigt unter Belassung einer kleinen Brücke im unteren Winkel. Ein ähnliches
Verfahren würde vorher in einem Falle von Marino Zuco wegen einer Schuss-
wunde angewandt. Verf. hat zwei Patienten operiert, indem er bei dem einen
den 1., 2., 3., 4. Lendenwirbel, bei einem anderen gar 7. Wirbel, von dem
Hoffa, Verletzungen und chirorg. Erkrankungen der Wirbelsftule etc. 1261
8. Dorsalwirbel bis zum 2. Lendenwirbel resezierte. Er erzielte vollkommene
Heilung mit absoluter Stabilität der Wirbelsäule.
Biondi hat Gelegenheit gehabt, 12 Individuen wegen Traumen zu
laminektomieren , ohne die Dornfortsätze zu konservieren und ohne osteo-
plastisches Verfahren; er hatte keinerlei Übelstände zu verzeichnen.
Roberto Alessandri (2). Es handelt sich um einen 36jährigen
Mann, der mit Lues infiziert war und an vielfachen tuberkulösen Affek-
tionen gelitten hatte. Seit ca. drei Jahren hatte er Schmerzen in dem
Lendenabschnitt der Wirbelsäule, zu denen eine fortschreitende Schwäche
der Beine und eine Gefühllosigkeit der Haut hinzutrat, die sich auf das
Perineum, den oberen Teil des Penis, das Skrotum, die Nates, den äusseren
Teil der Oberschenkel, der Unterschenkel und die Zehen erstreckte. Zuletzt
zeigte Patient Paralyse des Rektum und der Harnblase sowie Fehlen der
Peniserektion und der Ejakulation; die Herabsetzung des Empfindungsver-
mögens war für die Beine bis auf eine kleine Strecke des oberen inneren
Abschnittes der Oberschenkel eine allgemeine. Es fanden sich auch entspre^
chende Alterationen der Wärmeempfindung. Die Diagnose wurde auf an den
Wurzeln lokalisierte Läsion der Cauda equina und des Konus in der Höhe
des 3., 4.^ 5. Sakralsegmentes gestellt. In Anbetracht der Anwesenheit heftiger
Schmerzen hegte man den Verdacht, dass die Alteration eher die Wurzeln
der Cauda equina als den Endkonus betreffe; sie war rechterseits eine grössere
als linkerseits. Die antiluetische Behandlung war ohne Erfolg versucht worden.
Bei Vornahme einer Lendenpunktion zu diagnostischem Zweck wurden in der
herausgezogenen Flüssigkeit nur spärliche Lymphozyten vorgefunden. Negativ
die Untersuchung auf Koch sehe Bazillen an den gefärbten Präparaten, negativ
die Versuchsinokulation. Es wurde alsdann die Laminektomie des 3. und 4.
Lendenwirbels nach der Methode Abb6-Cavicchia vorgenommen und die
Wurzeln der Cauda equina infolge der Bildung einer gummi artigen Flüssig-
keit eng miteinander verwachsen angetroffen. Die Verwachsungen wurden
gelöst. Die Wunde heilte glatt am siebten Tage; die Festigkeit der Wirbel-
säule wurde vollkommen wieder hergestellt. Sofort nach dem Operationsakt
hörten die Lendenschmerzen vollständig auf; das Empfindungsvermögen und
die Bewegungsfähigkeit der Beine besserten sich nach und nach derart, dass
Patient nach vier Monaten des Aufenthalts im Spital dasselbe verlassen konnte.
Die Harnverhaltung und die Inkontinenz des Stuhles dauerte fort. Bemer-
kenswert war, dass die am spätesten zerstörten Funktionen die ersten waren^
welche durch die Operation eine Besserung erfuhren.
Hinsichtlich der klinischen und anatomisch-pathologischen Untersuchung
eines Falles von rhizomyelischer Spondylose von Marie, der bei einer
52jährigen Frau zur Beobachtung kam, schliessen V. Berduschi und
A. Jardini (31):
a) Eine Vertebralankylose kann von Rigidität der Gelenke der Extremi-
tätenwurzeln begleitet sein, derart, dass das klinische Bild der rhyzomyeli-
sehen Spondylose bedingt wird, ohne dass Ankylose der Gelenke selbst vorläge-
b) Die Rigidität der Gelenke ist bedingt ausser durch einen ankylo-
sierenden Vorgang bei den schweren chronischen Gelenkentzündungen durch
Muskelkontraktur als Gegenwehr gegen den Schmerz.
c) Der Symptomenkomplex rhizomyelische Spondylose ist der Ausdruck
eines Prozesses chronischer Arthritis und kann mit Alterationen des Rücken-
markes einhergehen.
1262 Jfthresbericht fOr Chinirgie. II. TeiL
d) Die Alterationen des Rückenmarks wären sekundär auf den Gelenk-
prozess folgend.
e) Die Medullarhöhlen hämorrhagischen Urspmngs können ihren Aus-
gangspunkt aus einem Vorgang symmetrischer Rarefaktion der vorderen grauen
Homer haben und treten daher mit symmetrischen Herden auf.
Burci (4). Die klinische, radiographische und anatomisch-pathologische
Untersuchung der kegelförmigen Anschwellung, die auf der Mittellinie in der
hinteren Halsregion bei einem vier Monate alten Mädchen bestand und von
der Geburt her datierte, wies nach, dass im Innern der Anschwellung, die
aus Fettgewebe bestand und mit Haut bekleidet war, die eine kleine mit
«inigen hypertrophischen Haaren besetzte Nabelung zeigte, ein dreieckiges
SU der Basis (Y-förmig) gegabeltes Enochenknorpelskelettbalkenwerk bestand.
Von den beiden. Schenkeln der Gabelung war der eine mit einer Cervikal-
lamina eingelenkt.
Was die Deutung des Falles angeht, so ist wegen der Struktur, wegen
der einem Domfortsatz ähnlichen Form der Knochenarmatur, wegen des Sitzes
Auszuschiiessen, dass es sich um einen denen der Kreuzsteissbeingegend ana-
logen Tumor handle; aus den gleichen Gründen ist auszuschliessen , dass es
sich um eine auf der Proliferation eines Bronchialknorpels beruhende Pro-
duktion handle; wegen der Regelmässigkeit der Form, wegen des Sitzes,
wegen den Beziehungen mit dem Skelett ist auszuschliessen, dass es sich um
«ine Knochenknorpelexostose handle. Diese Wirbelbogeoanlage (Domfortsatz
mit den Wirbelplatten) kann nicht angesehen werden als eine auf der Bil-
dungstätigkeit irgend einer anormalen überzähligen asymmetrischen Stelle
eines Halswirbels beruhende Missbildung.
Ref. glaubt ausschliessen zu können, dass es sich um eine asymme-
trische parasitäre Duplizität handle, und zwar wegen der Beziehungen des
Knochengebildes, wegen seiner Form, wegen des Fehlens irgend welchen son-
stigen Gewebes in dem umliegenden Fett usw. und meint den Fall dadurch
erklären zu müssen, dass er die Existenz eines überzähligen Wirbelüberrestes
mit seltenem Sitz annimmt, bei dem durch Atrophie der Körper verschwun-
den sei.
Padula (5) berichtet über einen klinischen Fall, bei dem neben zweifel-
losen Anzeichen von Vertebraltuberkulose, ohne kyphotische Verkrümmung,
vollständige Aufhebung der Bewegungs- und Gefühlsfunktion der unteren Ex-
tremitäten bestand. Ein aufmerksames Studium des sehr interessanten Sym
ptomenbildes führte ihn zur Überzeugung, dass das Rückenmark in seiner
Funktion durch gehemmten Rückfluss der vielfachen peripachymeningealen
Aderchen gestört sei. Das Hindernis war offenbar gebildet durch das in der
Knochensubstanz begonnene und nun sich zwischen dieser und der Pachy-
meningitis sich kundgebende Granulom. Es war also ein Fall von Ödem der
Rückenmarkssubstanz infolge gehemmten Yenenrückflusses nach tuberkulösem
Granulom der Theca.
Die Eröffnung der Theca und die Beseitigung des Granulationsgewebes
brachte die nervösen Störungen in 36 Stunden zum Verschwinden.
De Paoli (6) beschreibt fünf klinische Fälle von Vertebralskoliose
hysterischen und neurotischen Ursprungs und liefert einen neuen Beitrag zur
Symptomatologie, Pathogenese, Diagnose, Prognose und Behandlung dieser
Krankheitsform.
Hoffa, Verletzangen and ehirurg. Erkrankungen der Wirbelsäule etc. 1263
Das Studium von 14 Fällen von Spinalläsionen hat Quercioli (7) Ge-
legenheit gegeben zu interessanten Betrachtungen inbezug auf die Behand-
lung der Rückgratsverletzungen mit oder ohne Nervenalterationen, auf die
Operationstechnik sowie die Symptomatologie und Diagnostik.
Die Erwägungen über die beiden letzteren haben ihm dann ihrerseits
die Gelegenheit geboten, die so sehr umstrittene Frage über die Art und
\¥eise des Verhaltens der Reflexe und des Muskeltonus anzugreifen, besonders
mit Hinsicht auf die Differentialdiagnose zwischen totaler und partieller Durch-
trennung des Markes.
Die ermutigenden Resultate, die bei diesen 14 Beobachtungen erzielt
wurden und die im Kontrast stehen mit dem, was man in der Literatur über
den Gegenstand findet, beruhen ausser auf der Operationstechnik auf der
umsichtigen Ausschaltung jener Fälle, die spontan heilen konnten und der-
jenigen, bei denen der Eingriff kontraindiziert war.
Sogleich nach erfolgtem Trauma, begleitet von nervösen Alterationen,
wird, in der Unmöglichkeit, auf der Stelle die Ausdehnung der Verletzungen zu
präzisieren, dem unmittelbaren blutigen Eingriff die abwartende Behandlung
vorgezogen, sobald es sich nicht um offene Wunden handelt.
In der Folge sind es drei Verhaltungsmassregeln, die in der Klinik be-
obachtet werden.
Wenn die begonnene Besserung, auch wenn in langsamem Fortschreiten,
nicht stehen bleibt und das Allgemeinbefinden sich gut erhält, so wird die
provisorisch abwartende Behandlung eine definitive und der Eingriff auf-
gegeben.
Die vollständige Heilung der folgenden sechs Beobachtungen rechtfertigt
diese Art des Verfahrens.
1. Kompression der Cauda equina durch Hämatorachie; direkte Fraktur
des Bogens des 5. Lendenwirbels.
2. Kompression der Cauda equina durch Hämatorachie; direkte Fraktur
des Bogens des 2. Lendenwirbels.
3. Kompression des Rückenmarks durch Hämatorachie, Hämatomyelie;
indirekte Fraktur des Bogens des 11. Dorsal wirbeis.
4. Kompression des Rückenmarks durch Hämatorachie, direkte Fraktur
der Bogen der drei letzten Dorsalwirbel.
5. Kompression des Rückenmarks durch Hämatorachie Hämatomyelie;
direkte Fraktur des Bogens des 7. Halswirbels.
6. Hintere Subluxation des 11. Dorsal wirbeis.
Wenn die anfangs eingetretene Besserung plötzlich stehen bleibt (ge-
wöhnlich nach 5 — 15 Tagen) oder eine Verschlimmerung konstatiert und
indessen das Allgemeinbefinden sich verschlechtert, dann wird mit der Lamin-
ektomie eingegriffen. Vier vollständige Heilungen und eine Besserung sind
auf fünf Fälle erzielt worden:
1. Rückenmarkskontusion und -kompression durch direkte Fraktur des
Dornfortsatzes des 12. Dorsal wirbeis; Hämatomyelie.
2. Rückenmarkskontusion und -kompression durch direkte Fraktur des
Bogens des 1. Lendenwirbels.
3. Kompression des Rückenmarks durch indirekte beiderseitige vordere
Luxation des 4. auf den 5. Halswirbel; Hämatorachie; Hämatomyelie.
4. Rückenmarkskompression und -kontusion durch direkte Fraktur des
Bogens des 10. Dorsal wirbeis.
1264 Jahresbericht für Chirurgie. I[. Teil.
5. Kompression der Cauda eqnina durch hintere indirekte Luzation des
1. auf den 2. Lendenwirbel.
In den beiden Fällen von Hals- und Lendenluxation wendete Prof.
Biondi, im Gegensatz zu den Empfehlungen anderer Autoren, mit bestem
Erfolg den blutigen Eingriff an. Bei Ausführung der Laminektomie konnte
er sich von der Nutzlosigkeit der zahlreichen empfohlenen Knochenplastiken
überzeugen, da die Solidität der Wirbelsäule nicht einmal durch die Ent-
fernung mehrerer Bogen kompromittiert wird.
Wenn von Anbeginn an zu der äusserst geringen oder nichtssagenden
Besserung ein schlimmes Allgemeinbefinden hinzukommt, wird der Einghfi
ausgeschlossen, auch wenn die geringe Bedeutung der Knochenverletzung auf
den Gedanken führen kann, dass den nervösen Alterationen abzuhelfen wäre.
Diese Verhaltungsmassregel, die dann durch die Autopsie bekräftigt wurde,
aus der sich tödliche Nerven Verletzungen ergaben, wurde in drei Fällen befolgt:
1. Vollständige Querdurchtrennung des oberen Dorsalsegmentes des
Rückenmarks infolge von Überdehnung der Wirbelsäule ohne Skelettverände-
rungen.
2. Vollständige Querdurchtrennung des Bückenmarkes infolge von vor-
derer Luxation des 6. auf den 7. Halswirbel, zum grössten Teil spontan
reduziert.
3. Äussere und innere Hämatorachie, Erweichung der hinteren Hälfte
der Lendenanschwellung infolge Fallens auf den Rücken aus grosser Höbe.
Dies inbezug auf Zweckmässigkeit oder Unzweckmässigkeit des Eingriffs
bei Rückgratsverletzungen.
Was nun ihre Symptomatologie und Diagnostik angeht, glaubt Verf.,
dass man bei den schweren Rückenmarksverletzungen, welche auf den (ie-
danken an eine vollständige funktionelle Unterbrechung zwischen dem oberen
und unteren Segment führen, nicht in der Lage sein kann, an der Hand
der nervösen Symptome zu präzisieren, ob die Unterbrechung auf eine echte
anatomische Diskontinuität zurückzuführen sei, oder nicht vielmehr auf
sonstige mit derselben verbundene Läsionen (Kontusionen, Hämatomyelie,
Zerreissungen), begleitet von Kompression (durch innere und äussere Hämato-
rachie, durch Knochensenkungen, Vertebralverschiebungen usw.) oder auch
auf blosse Kompression.
Inbezug auf das Verhalten der Reflexe und des Muskeltonus in den
paralysierten Teilen bei totaler transversaler Unterbrechung sieht sich Verf.,
im Gegensatz zu allen bisher aufgestellten Theorien, gestützt auf seine
eigenen Beobachtungen und die experimentellen Daten, zu dem Schlüsse ge-
führt, dass dieselben zwar als Unterstützung dienen, nicht aber die Grund-
lage bilden können, um die grössere oder geringere Ausdehnung einer nervösen
Läsion, wie die totale oder partielle Unterbrechung des Rückenmarks zu
diagnostizieren.
Unter dem praktischen Gesichtspunkt geht daraus hervor, dass man
eine partielle Durchtrennung des Rückenmarks wird diagnostizieren können,
wenn die sensibel-motorische Lähmung eine unvollständige ist, während, wenn
diese vollständig ist, die partielle Durchtrennung selbst gleichfalls nicht wird
ausgeschlossen werden können, Daher wird, wenn das Allgemeinbefinden
des Patienten sich nicht entgegenstellt, der Eingriff nicht versäumt werden
dürfen, welcher, wenn auch nicht nützlich, doch sicherlich nicht schädlich
sein wird.
PertZy Röntgenologie. 1265
Was endlich den Zeitpunkt des Eingriffs angeht, so wird man, wenn
auch angenommen werden kann, dass es in der Regel vorzuziehen sei, ihn
anstatt unmittelbar nach dem Trauma in einem Abstand von wenigen Tagen
auszuführen, doch deshalb die Kranken nicht zurückweisen dürfen, welche
sich verspätet an uns wenden, da einige der Fälle des Verf. und auch weitere
aus der Literatur beweisen, dass die Kompressionsstörungen auch nach langer
Zeit geheilt werden können.
Unter den Behandlungsmethoden der Höcker und einiger Affektionen
des Rückenmarks, vornehmlich der Tabes, ist nach Ansicht Virnichis (8)
die Suspension am Kopf und an den Achseln etwas beschwerlich und ge-
fährlich. Mit Erfolg hat er die Dehnung in horizontaler Linie auf zwei
Tischen angewandt, indem er gleich darauf mit grosser Schonung die normale
Korrektion machte und den bezüglichen immobilisierenden Apparat anlegte;
mehrere derart in der chirurgischen Klinik zu Neapel behandelte Fälle sind
von Erfolg gekrönt gewesen. Mit Vorteil hat er die Suspension des Patienten
mit dem Kopfe nach unten zur Anwendung gebracht, mit den annähernd
von Chipault und Ruggi gebrauchten Regeln. Bei der Tabes hat er ge-
sehen, dass die sensiblen Symptome und die motorischen Störungen eine
Besserung erfahren, ebenso die Symptome der Urogenitalsphäre und die tro-
phischen Störungen.
XXV.
Röntgenologie.
Referent: A. Pertz, Karlsruhe.
Die mit * yersehenea Arbeiten sind nicht referiert worden.
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Jahresbericht fOr Chinirgie 1905. 80
1266 Jahresbencht für Chirorgie. IJ. Teil.
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Bei Durchsicht der Literatur, welche sich auf die Fortschritte der
Chirurgie bezieht, die durch Anwendung der Röntgenstrahlen veranlasst
wurden, fällt zunächst ins Auge, dass wir in diagnostischer Hinsicht mit der
Anwendung der Röntgenstrahlen auf einen gewissen Stillstand gekommen
sind, da nur vereinzelt erheblichere Erweiterungen oder Neuanwendung der
Strahlen auf diesem Gebiete mitgeteilt werden. Dagegen hat die Therapie
einen ganz wesentlicheren Nutzen von den Röntgenstrahlen gezogen. Eine
Unzahl Einzelbeobachtungen über Röntgentherapie ist veröffentlicht, und es
beginnt jetzt aucli die Zeit, in der es möglieb ist, aus allen Einzelmitteilungen
eine Norm aufzustellen, die für die einzelnen Richtungen dieser Therapie
vorbildlich ist. Es ist dieser Fortschritt deshalb sehr wertvoll, weil dadurch
eine sichere Anwendung erzielt wird, die wiederum manchen diesem thera-
peutischen Hilfsmittel jetzt noch skeptisch fernstehenden Chirurgen veran-
1276 Jahreebericht Ar Chirurgie. IL TeiL
lassen dürfte auch selbst mitznarbeiten, ohne wie bisher Gefahr zu laufen^
durch verkehrte Handhabung der Röntgentherapie nicht nur keine Erfolge,
sondern womöglich gar Schädigungen bei seinen Kranken zu erzielen. In
dieser Beziehung war vor allem sehr wertvoll der Ende April abgehalieue
Röntgenkongress in Berlin, da er in unmittelbarem Anschlüsse an den Chi-
rurgenkongress stattfand und gerade diesen Chirurgen somit am ehesten die
Gelegenheit bot, durch eigene Anschauung sich von dem jetzigen Stand des
gesamten Röntgenverfahrens zu überzeugen. Die ausserordentliche Beteiligung
am Kongress — die Mitgliederliste berichtet von 500 eingeschriebenen l'eil-
nehmem — beweist zur Genüge, welches Interesse diesem Zweige der Wissen-
schaft entgegengebracht wird. Die jetzt verflossenen 10 Jahre Röntgenologie
sind nicht ungenützt verstrichen, ihre Spuren werden immer fort in der
Chirurgie zu finden sein!
Die wertvollste Veröffentlichung ist unzweifelhaft der Band I der ,, Ver-
handlungen der deutschen Röntgengesellschaft^ (334), welcher die Verhand-
lungen und Berichte des ersten Kongresses enthält. Eine einheitliche zu-
sammenfassende Besprechung der hier enthaltenen Arbeiten hält Ref. jedoch
nicht für angebracht, da dieselben so vielerlei verschiedene Disziplinen be-
treffen, dass vieles zusammenhangslos allein stehen würde. Die einzelnen Vor-
träge sind daher an den jeweils passenden Stellen weiter unten referiert. Von
allgemeinerem Interesse ist besonders die Gründung einer „Deutschen Röntgen-
Gesellschaft^, durch welche „nicht allein die Wiederholung der Röntgenkon-
gresse gesichert, sondern gleichzeitig dem Bestreben des weiteren Ausbaues
der Röntgenologie in wissenschaftlicher und sozialer Beziehung in Deutsch-
land ein fester Mittelpunkt" geschaffen werden soll. Ferner wurde eine ein-
heitliche Nomenklatur festgestellt, die von jetzt an angewandt werden soll.
Eine Kommission wird feste Normen für die Messung der Intensität der
Röntgenstrahlen schaffen und an die Reichs- und Staatsbehörden soll wegen
gesetzlicher Regelung der Anwendung der Röntgenstrahlen eine Eingabe ge-
macht werden. Die mit dem Kongress verbundene Ausstellung wies eine
unendliche Fülle von Material auf. In den prächtigsten, vollendetsten und
interessantesten Kollektionen stellten sowohl Kliniken, wie Krankenhäuser und
Röntgeninstitute ihre Fälle vor. In einer weiteren Abteilung wurden sämt-
liche Apparate und Insrumentarien im Gebrauch vorgeführt. Gerade diese
ganze Ausstellung bot soviel des Interessanten und Neuen, dass sowohl Ferner-
stehende, wie mit der Materie Vertraute die reichste Anregung erhielten.
Der Löwenanteil des Nutzens dieser ganzen Veranstaltung fiel der Chirurgie
zu. Die im vorjährigen Jahresberichte erwähnten ;, Physikalisch-medizinischen
Monatshefte" von Kraft- Wiesner haben nach Vollendung ihres ersten
Jahrganges ihr Erscheinen eingestellt. Es scheint der Interessentenkreis doch
nicht derart gross sein, dass sich zwei SpezialZeitschriften zu halten vermöchten.
Um jedoch eine zweite Zeitschrift mit besonderer Berücksichtigung der Rönt-
genologie zu haben, wurde von denselben Verfassern Kraft -Wiesner (173)
und in demselben Verlage ein „Archiv für physikalische Medizin und medi-
zinische Technik*' herausgegeben, dessen Bereich ein wesentlich grösseres Ge-
biet umfasst. In einem besonderen Beiblatt werden die „Fortschritte rnid
Neuheiten der physikalisch-chemischen und photographischen Industrie in ihrer
Anwendung auf dem Gesamtgebiet der praktischen Medizin^ besprochen. Das
erste Heft enthält : 1. Abhandlungen, deren Besprechung hier noch folgen wird;
2. Kritiken über Bücher, Abhandlungen und Broschüren ; 3. Referate über den
Pertz, Röntgenologie. 1277
4. österreichischen Balneologenkongress , über österreichische radiologische
Literatur, über Balneotherapie, elektrische Bäder etc., Elektrodiagnostik und
Elektrotherapie, über Phototherapie; 4. Tagesgeschichte, Zeit- und Streit-
fragen; 5. Korrespondenzen, redaktionelle Mitteilungen, Zuschriften, Ant-
worten auf Anfragen. Im Beiblatte werden die Fortschritte der Technik in
einem allgemeinen technischen Bericht, in Einzelberichten und in chemisch-
pharmazeutischen Berichten besprochen. Als Mitarbeiter sind bedeutende
Röntgenologen, Physiker, Professoren und Techniker gewonnen. Das Archiv
soll in Bänden zu je vier Heften erscheinen. Die Ausstattung ist gut. Bei-
gefügt ist eine vorzügliche Tafel , die in dem Druckverfahren der Neuen
photographischen Gesellschaft in Berlin-Steglitz hergestellt ist. Durch die
Erweiterung der Grenzen des zu bearbeitenden Gebietes wird es vielleicht ge-
lingen, die nötige Unterstützung beim Leserkreise zu gewinnen. Dessauer (68)
gab einen Band I des „Röntgenologischen Hilfsbuches ^ heraus, welcher eine
Zusammenstellung der vom Verf. in der letzten Zeit erschienenen, von anderer
Seite stark bekämpften Arbeiten bringt.
Von demselben Verfasser und Wiesner (70) wurde das „Kompendium
der Röntgenographie^ verfasst. Es ist in drei Teile geteilt: 1. Physik und
Elektrotechnik; 2. Photographie; 3. Verwendungstechnik. Über 200 Illustra-
tionen, 11 Tafeln mit Darstellung der photographischen Fehler und 12 Tafeln
mit Röntgenaufnahmen von Körpergegenden dienen zur Unterstützung des
Verständnisses des Textes. Das Buch wird jedem Röntgenologen dienlich
sein, denn je mehr verschieden technische Winke er lernt, desto besser werden
die Resultate ausfallen. Im Verlage der „Ärztlichen Rundschau^ erschien
Sommer (286) „Über Röntgenstrahlen". Es ist ein Vortrag, welcher orien-
tierend über die Verwendung und die Erzeugung der Röntgenstrahlen wirken
soll. Eine Zusammenfassung der bisher bekannten Apparate, Hilfsapparate
und Angabe der Verwendungsarten dürfte für manchen Femerstehenden er-
wünscht sein, sonst eigentlich Neues bietet die Schrift dem Chirurgen nicht.
Zacharias und Mü seh (328) geben in ihrem Werke nur einen sehr kurzen
Überblick der Röntgenapparate, so dass man sich des Eindruckes nicht er-
wehren kann, als seien dieselben nur der Vollständigkeit halber mitbesprochen.
Naturgemäss ist das Kapitel dadurch wertlos geworden.
Der Belgier Dupont (78) schildert die Anwendung des Röntgenver-
fahrens im belgischen Sanitätsdienst, sowie in mehreren Kapiteln die gesamte
Röntgenologie. Doch bildet die militärärztliche Schilderung den Schwerpunkt
des Werkes.
Als Ergänzungsband 11 zu den ^Fortschritten^ ist im Archiv und Atlas
der normalen und pathologischen Anatomie in typischen Röntgenbildern von
Schüller (275) ;,Die Schädelbasis im Röntgenbilde" erschienen. Dadurch
ist die Sammlung dieser klassischen Abhandlungen wieder um ein bedeutendes
Werk vorgeschritten. Es gibt eine „systematische Darstellung der Röntgen-
untersuchung der knöchernen Schädelbasis und einen Überblick ihrer Ver-
wertbarkeit für die Diagnostik der pathologischen Veränderungen." Im 1. Teil
handelt es sich nur um die normale Schädelbasis. Nach eingehender Be-
schreibung der zu beobachtenden Technik werden an vielen vorzüglichen
Abbildungen die Röntgenbilder des normalen Skelettes der Schädelbasis bei
frontaler, sagittaler, axialer und schräger Aufnahme besprochen. Es findet
femer das Röntgenbild der normalen Schädelbasis beim Lebenden und das
des Kindes eine Erklärung. Im 2. Teil wird die pathologisch veränderte
1278 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Schädelbasis untersucht: zuerst Missbildungen, zweitens Grössen- und Form-
anomalien, drittens destruktive Veränderungen, viertens Hyperostose und
fünftens Verletzungen. Anhangsweise finden die Nähte, Gefässfurchen und
traumatischen Fissuren im Röntgenbilde noch eingehende Berücksichtigung.
Eine Literaturübersicht von 220 Nummern beschliesst die Abhandlung. 6 Tafeln
mit 29 Bildern dienen ausser den 30 Textfiguren zur Orientierung. Inter-
essant sind fast alle Abbildungen. Erwähnt möge werden: Erweiterung der
Sella turcica durch einen Tumor der Hypophyse; Destruktion der Torderen
und mittleren Schädelgrube durch ein medulläres Karzinom des Rachens;
Defekt des Atlas und partielle Destruktion des Epistropheus ; Karies des Atlas;
Destruktion des linken Kieferköpfchens; Projektil am Dache der rechten
Choane ; traumatische Fissur der rechten Schläfengegend. Das Buch erschöpft
das Gebiet vollständig und dürfte das gründlichste und bedeutendste Werk
über diese Körperregion sein und auch bleiben:
Der 12. Ergänzungsband obenerwähnten Archives ist von Köhler (169;
bearbeitet. Er beschäftigt sich mit dem Hüftgelenk und Oberschenkel. Nach
Erledigung der Besprechung des technischen Teiles wird die normale Ana-
tomie in Röntgenbildern demonstriert. Von pathologischen Prozessen sind
berücksichtigt allgemeine Entwickelungshemmungen, Rhachitis, Osteomalazie,
Atrophie, Osteoathropathie hypertrophiante, Syphilis, Osteomyelitis, Tuberkulose,
Osteoarthritis deformans, Coxa vara und valga, Deformationen der distalen
Femurhälfte, Tumoren, Frakturen, Luxationen. Ein kurzes Kapitel über die
Untersuchung der Weichteile und ein sehr ausführliches Literaturverzeichnis
beschliesst den Text. 35 Textabbildungen sind zum grössten Teil leider nicht
nach Röntgenogrammen, sondern nach deren Skizzen oder Pausen reproduziert,
was wohl der Deutlichkeit wegen geschah. Denn Material scheint nach den
auf 12 Tafeln reproduzierten 121 Röntgenbildern in Hülle und Fülle vorge-
legen zu haben. Diese Sammlung birgt viele interessante Fälle, deren Auf-
zählung wegen der grossen Zahl unterbleiben muss. Auch dieses Buch ist
eine erschöpfende Darstellung und bietet eine vollständige Zusammenstellung
des bisher Erreichten. Eine solche Fülle neuer Tatsachen wie das eben
besprochene Werk Schüllers kann' es wegen der bereits vor seinem Er-
scheinen besser durchgearbeiteten Materie nicht bieten. Diese beiden Werke
sind schon als Spezialwerke zu betrachten, während dagegen der von Gras-
hey (110) herausgegebene Atlas typischer Röntgenbilder vom normalen Men-
schen sich zur Aufgabe gesetzt hat, durch Normalbilder das Verständnis
pathologischer Röntgenaufnahmen, wie sie der junge Arzt in den Vorlesungen
zu sehen bekommt, zu fordern. Diesen Zweck erfüllt das Buch in vorzüg-
licher Weise. Es bietet aber auch dem Chirurgen insofern ein Hilfsmittel,
weil es die einzelnen Körpergegenden teilweise in den verschiedenen Lagen
und Stellungen zur Anschauung bringt und ausserdem über seltenere Sesam-
beine und sonstige Abnormitäten der Gestalt des Skelettes orientiert. Ge-
schickt sind solche Bilder gewählt worden, die durch die Reproduktion mit
Raster, sog. Autotypien, von ihrer Deutlichkeit nur wenig einbüssten. Femer
ist ein Vorzug des Werkes, die Wiedergabe in Lebensgrösse zu machen, wo-
durch ein Vergleich sehr erleichtert wird. Das Buch ist in jeder Hinsicht
zu empfehlen. Eine Beschreibung eines Müsterinstituts für Röntgenologie
gibt Albers-Schönberg (3). Seine leitenden Gesichtspunkte bei der Ein-
richtung waren folgende:
Pertz, Röntgenologie. 1279
1. Da8 Institut soll sämtliche Arbeiten der medizinischen und chirur-
gischen Station übernehmen, sowie alle therapeutischen Aufgaben erfüllen.
2. Sämtliche Untersucher, sowohl Ärzte wie Schwestern sollen bei ihren
Arbeiten in dem Institut gegen Bestrahlungen ihres eigenen Körpers absolut
geschützt sein.
3. Die täglich vorzunehmenden Untersuchungen sollen im Interesse der
Kranken schnell erledigt werden, so dass etwaige chirurgische Eingriffe sofort
im Anschluss an die Untersuchung vorgenommen werden können.
4. Alle Hilfsapparate sollen jederzeit gebrauchsfertig sein und ihre festen
Plätze im Laboratorium erhalten, so dass ein durch Aufstellen der Apparate
bedingter Zeitverlust vermieden wird.
5. Da trotz der genügend grossen Räumlichkeiten infolge der Grösse
mancher Hilfsapparate der Raum bestens ausgenutzt werden muss, so soll
bei der Aufstellung der Apparate auf diesen Punkt ganz besondere Rücksicht
genommen werden.
6. Das Institut soll nicht allein den praktischen Bedürfnissen des
Krankenhauses gerecht werden, sondern es soll auch ein Muster-, Versuchs-
und Lehrinstitut der Röntgenologie sein. Diese Grundsätze sind gewiss sehr
ideal, doch dürften sie für alle Röntgeninstitute nicht passen, da manche
schon aus äusseren Gründen ausser acht gelassen werden müssen. Die Be-
schreibung des so eingerichteten Instituts ergibt nun auch, dass es nur für
Krankenhäuser herstellbar ist, die mit reichen Mitteln versehen sind. Doch
bieten die Angaben von Albers-Schönberg manche Anregungen, wie man
solche Untersuchungszimmer praktisch einrichten soll.
Gelegentlich der Ausgabe einer Röntgennummer der ^Zeitschrift für
ärztliche Fortbildung^ Hess Kümmell (179) einen Aufsatz über die Bedeu-
tung der Röntgenographie für die Chirurgie erscheinen. Hierin wird ein
Überblick zur Orientierung gegeben, in dem in Kürze das bisher Erreichte
besprochen wird. In ähnlicher Weise beschreibt Mikulicz (215) die chirur-
gische Röntgenologie in der deutschen medizinischen Wochenschrift. ;,Der
Wert des Röntgenverfahrens in der Chirurgie*' wird von Beck (18) begeistert
dargestellt. Motto: ^,0, welche Himmelsgabe ist das Licht . . .^ Mit dem
Dogma des Verfassers ;, jeder Arzt sollte ein Röntgeninstrumentarium besitzen
— gerade so wie er ein Mikroskop haben muss", dürften sich die Wenigsten
einverstanden erklären. Ein Bild von Gallensteinen im Lebenden, was bereits
von Beck vor sechs Jahren (!) aufgenommen wurde, ist dem Text eingefügt.
In Deutschland sind wir leider noch immer nicht so weit. Im ganzen
betrachtet stellt das Buch keine wertvolle Bereicherung der modernen ärzt-
lichen Bibliothek darf.
Küttner (180) liefert einen wertvollen Überblick über die Bedeutung^
der Röntgenstrahlen für die Kriegschirurgie. In nicht weniger als acht Feld-
zügen sind jetzt die Röntgenstrahlen erprobt. Sie sind einmal für die Praxia
wertvoll gewesen, dann aber haben sie das theoretische Verständnis der Schuss-
verletzungen gefördert, zuletzt dienen sie als Unterstützung des kriegschirur-
gischen Unterrichts. Zur Illustration dieser einzelnen Verwendungsarten werden
mehrere Fälle der Praxis mit Abbildungen angeführt. Zum Schluss findet
die Konstruktion kriegstüchtiger Apparate Erwähnung.
Über denselben Gegenstand liess Schjerning (268) einen Artikel
erscheinen. Hoffa (137) behandelt die Wichtigkeit der Röntgenstrahlen für
die Orthopädie; er warnt vor falscher Deutung kindlicher Röntgenbilder^
1280 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
erwähnt die Aufklärung bei den angeborenen Missbildungen, den Nutzen bei
Skoliose, Spondylitis tuberculosa und traumatica, bei der ankylosierenden
Wirbelsäulenentzündung, der angeborenen Hüftluxation, der Goxa vara und
valga, bei den rhachitischen Verkrümmungen, bei dem Genu varum usf.
Mit derselben Materie beschäftigt sich Lange (181). Er stellt die Bedeu-
tung der Röntgenstrahlen für die Diagnose, Prognose und Therapie der tuber-
kulösen Knochen- und Gelenkerkrankungen fest, bespricht die angeborene
Hüftverrenkung und die Frakturenbehandlung nach modernen orthopädischen
Grundsätzen unter Kontrolle durch Röntgenstrahlen. In ähnlicher Weise
betrachtet Immel mann (153) den Nutzen der Röntgenstrahlen für die Ortho-
pädie und gibt seiner Freude Ausdruck, dass der Orthopäde in den Besitz
dieses Hilfsmittels gelangt ist. Reyher (249) führt den Vorteil der An-
wendung der Röngenstrahlen in der Kinderheilkunde an. Einen gross ange-
legten Atlas lassen Hoffa und Rauenbusch im Verlage von Enke (13S)
erscheinen. Vier Lieferungen dieses schönen Werkes liegen vor. Die in
natürlicher Grösse in Lichtdruck reproduzierten Platten sind ausgezeichnet
ausgefallen. Es sind dargestellt in der ersten Lieferung: Normale obere
Brust- und untere Halswirbelsäule, Halsrippe, angebome rechtskonvexe Cer-
viko-Dorsalskoliose, Spina bifida, Missbildung der Wirbelsäule, Lumbal- und
Dorsalskoliosen, chronisch ankylosierende Wirbelsäulenentzündung, Luxation
der Fraktur eines Halswirbels, Wirbelfraktur mit durch Kallusdruck bedingter
Halbseitenläsion. In der zweiten Lieferung werden reproduziert: Normale
Halswirbelsäule, Spondylitis tuberculosa cervicalis, Spondylitis lumbalis und
noch mehrere Bilder von Spondylitis und angeborener Hüftluxation in ver-
schiedenen Formen. In der dritten und vierten Lieferung werden der an-
geborenen Hüftverrenkung vor und nach der Einrenkung viele Bilder gewidmet,
ferner sind dargestellt paralytische Luxation nach Poliomyelitis, pathologische
Luxation und verschiedene Arten der angeborenen Coxa vara. Kurze Er-
klärungen bei jedem Bilde unterstützen das Verständnis. Die Ausstattung
ist wie gesagt musterhaft und dabei ist trotz der natürlichen Grösse der
Abbildungen das Format handlich geblieben.
Mit der Deutung von Röntgenbildern beschäftigen sich mehrere Arbeiten.
Grashey (110) bespricht die Fehlschlüsse, welche besonders bei ungeschickt
aufgenommenen Röntgenbildern oder bei nicht genügend zahlreichen Auf-
nahmen gezogen werden können. Er ist für das Studium der Platten, ver-
wirft die Abzüge und warnt vor der Diagnose ^normale Verhältnisse*'. Ge-
iinsky (100) hat das längst bekannte Os Vesalianum zum ersten Male an
beiden Füssen gleichmässig gefunden, es ist überhaupt erst der dritte Fall,
in welchem es als selbständiges, artikulierendes Knöchelchen entdeckt wurde.
Stieda (295) stellt die normalen anatomischen Verhältnisse zusammen,
welche pathologische Veränderungen vortäuschen können, für den Chirurgen
sehr wichtig.
Grashey (113) erörtert die Fehlerquellen und diagnostischen Schwierig-
keiten beim Röntgen verfahren. Zuerst wird die „Pathologie der Röntgen-
platte^ abgehandelt, zweitens trägt mangelhafte Aufnahmetechnik die Schuld,
die Perspektive verursacht besonders bei Frakturen Fehlschlüsse, die Varie-
täten des Skeletts veranlassen Irrtümer, ebenso umgebende Weichteile oder
Skybala. Alle diflFerentialdiagnostischen Irrtümer haben als gemeinsame Quelle:
mangelnde Vorsicht infolge mangelnder Erfahrung. Jede Platte soll eigens
nach Fehlerquellen abgesucht werden. Ganz treflfend vergleicht er die Rönt-
Pertz, Röntgenologie. 1281
genbilder aus Laienhänden mit den vom Optiker bestimmten Brillen. Eine
möglichste Verbreitung radiologischer Kenntnisse in den Kreisen derer, welche
das Verfahren nicht alltäglich üben, ist seine letzte Forderung.
Stieda (296) fand unter den Röntgenogrammen von 12 Sprungbeinen
und 11 Fersenbeinen ömal Verdichtungen im Bereiche der Substantia spon-
giosa, welche geeignet erschienen, Fremdkörper oder Knochenherde vorzu-
täuschen. Derselbe Autor (227) sieht den Albers sehen Beckenfleck als den
Schatten von mitunter vorkommenden Verdichtungen resp. Verdickungen im
Bereiche der Spina ischiadica an.
Zur rascheren Entfernung von Fremdkörpern hat Holzknecht (144)
ein kleines Tischchen konstruiert, das an den Operationstisch herangeschoben
werden und an dem man die notwendige Veränderung der Blende und Röhren-
stellung durch Pedale besorgen kann, während die Ein- und Ausschaltung
des Stromes und seine Regulierung von einer Hilfsperson bedient wird.
Grashey (112) benutzt zur Korrektur von Frakturen und Aufsuchen
von Fremdkörpern einen von ihm erdachten Periröntgenographen, bei dem
es möglich ist, die Röntgenröhre in der Bahn eines Kreisbogens um die
ruhende Längsachse der Extremität herumzuführen. Um nicht in der Dunkel-
kammer operieren zu müssen, verwendet er ein monokulares Kryptoskop.
Drüner (76) gibt eine neue stereometrische Methode an, zur Bestimmung
der Lage eines Fremdkörpers in den Geweben. Sie beruht auf dem Prinzip
des Zeissschen Entfernungsmessers, indem in den Körperteil hinein ein
stereometrischer Massstab projiziert und das Bild in einem Helm hol tz sehen
Spiegelstereoskop betrachtet und ausgemessen wird. Tuffier und Haret
(303) benützen einen Metallstreifen mit einer Indikatornadel, die in jeder
Stellung auf demselben befestigt werden kann. Zuerst wird der Kranke
durchleuchtet, Ein- und Austritt des Fremdkörperstrahles werden markiert;
Drehung des Patienten um 90^, wiederum Markierung des Ein- und Aus-
trittspunktes in derselben Ebene wie zuerst. Der Metallstreifen wird so an-
gelegt, dass die 4 Punkte bedeckt werden. Übertragung dieser Punkte auf
den Streifen. Mit Hilfe eines Gharnieres lässt sich der der Körperform ge-
nau adaptierte Streifen ohne Gestaltsveränderung abheben. Durch Fäden
wird die Tiefe des Fremdkörpers bestimmt und eine Nadel so eingestellt
und auf dem Metallstreifen befestigt, dass ihre Spitze den Fremdkörper
trifft. Jetzt wird der ganze Apparat sterilisiert. Der Operateur inzidiert.
Will er sich über die Lage des Fremdkörpers zu seinem Schnitte orientieren,
so wird der Metallstreifen wieder umgelegt mit zurückgezogener Nadel und
diese vorgeschoben. Man vertieft dann die Wunde unter Vorschieben der
Nadel, bis die Spitze auf den Fremdkörper trifft. Henrard (127) teilt zwei
Fälle mit, in denen er unter dem Röntgenschirm Münzen entfernte. Levy-
Dorn (199) weist darauf hin, dass bei Schädeldurchleuchtungen die Schatten
der hinteren Knochen die der vorderen erheblich überragen, so dass eine
Kugel intrakraniell zu liegen scheint, während sie in Wirklichkeit vom, wo
der Schädel schmäler wird, liegt.
Ossig (226) erhielt ein Röntgenbild eines Kotsteines, der operativ ent-
fernt wurde. Der Befund ist bemerkenswert, weil der chemischen Zusammen-
setzung wegen eine Differenzierung gegen die Umgebung nur selten gelingt.
Eine Fraktur der Sella turcica glaubt Levy-Dorn (199) photographiert
zu haben. Kohl (168) beobachtete bei jugendlichen Individuen eine Ab-
hebung der Cortikalis am unteren Radiusende nach Fall auf die Hand. £r
JahrMberleht fQr Chirurgio 1905. 81
1282 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
glaubt hierin die Vorstufe der Infraktion sehen zu dürfen. Beck (21) hat
häufiger eine Fissur oberhalb der Epiphyse des Mittelhandknochens gefunden.
In der englischen Ausgabe seines Artikels finden sich die dazu gehörigen
Bilder, allerdings in äusserst schlechtem Druck. Zwei Brüche des Os navi-
culare und einen des Os lunatum konnte Hirsch (134) röntgenographieren.
Desto t (71) beschreibt nicht weniger als 133 Fälle von Verletzungen der
Handwurzelknochen, davon betrafen 64 das Os naviculare. Eine seltene Ver-
letzungsform sind diese Brüche demnach nicht. Aul hörn (8) beschreibt vier
seltene Daumenverletzungen: eine komplette und drei inkomplette Dorsal-
luxationen im Karpometakarpalgelenk. Eine kleine Absprengung im ersteren
Falle ist nur als Rissfraktur zu deuten, während in den drei letzten Fällen
Bennet sehe Frakturen vorlagen.
Über die Schenkelhalsbrüche berichtet S i e b s (281) sehr eingehend. An
der Hand von 15 vorzüglichen Bildern von 6 Fällen kommt er zu dem Er-
gebnis :
1. Eine Reihe von sogen. Coxa vara traumatica bei jugendlichen Per-
sonen ist nichts anderes als eine Scbenkelhalsepiphysenlösung auf Grund einer
pathologischen Knochenweichheit des Schenkelhalses.
2. Für das Zuständekommen dieser Epiphysenlösung bildet ein leichtes
Trauma oft die äussere Veranlassung. Die Epiphysenlösung kann aber auch
spontan auftreten.
3. Die Knochen Weichheit dokumentiert sich in einer schon zur Zeit des
Traumas im' Röntgenbilde nachweisbaren Schenkelhalsverbiegung.
4. Dass es Fälle reiner Coxa vara traumatica gibt, bestätigen zwei Fälle,
bei denen sich eine Schenkelhalsverbiegung nicht nachweisen lässt, obwohl das
Trauma bereits weit zurückliegt.
5. Der Epiphysenlösung mit Schenkelhalsverbiegung bei jugendlichen
Personen entsprechend kommt eine solche auch bei Kindern mit und ohne
Trauma vor.
6. Die Röntgenbilder lassen für die der Knochenweichheit zugrunde
liegenden Prozesse keine sicheren Schlüsse zu.
7. Für die Frage, ob bei der Coxa vara ein Epiphysenbruch und eine
Halsverbiegung vorliegt, muss man bei der Beurteilung des Röntgenbildes
sehr vorsichtig sein und nach Möglichkeit Bilder in verschiedener Rotations-
stellung des Beines anfertigen.
Lanz (182) macht auf die diagnostischen Schwierigkeiten aufmerksam,
welche die Röntgenplatte bei einer Fraktur des schnabelförmigen Fortsatzes
der oberen Tibiaepiphyse bieten kann, da die Verknöcherung gerade dieses
Teiles am kindlichen Körper sehr unregelmässig vor sich geht, so dass Irr-
tümer vorkommen können. Bei Verletzungen der Malleolen macht Sette-
g a s t (279) auf den Abriss der Bänder am Calcaneus aufmerksam, ohne dass
dabei eine Fraktur der Knöchel nachzuweisen ist. Diese ohne Bruch ver-
laufenden Verletzungen sind prognostisch ungünstiger aufzufassen, weil eine
Zusammenheilung der Bänder viel schwerer erfolgt als die gebrochener
Knöchel. Grashey (111) hat ähnliche Beobachtungen an den Seitenbändem
auch anderer Gelenke gemacht.
Bei einer Kompressionsfraktur des Calcaneus fand Bumm (44) einen
Splitter an der unteren Fläche des Knochens. Sehr wichtig ist die Röntgen-
untersuchung bei Verletzungen der Wirbelsäule.
Pertz, Röntgenologie. 1283
Croce (63) rät dringend zu Röntgenographie, durch die er Brüche an
Hals- und Lendenwirbeki nachweisen konnte. Durch ganz systematisch durch-
geführte Röntgenuntersuchungen des ganzen Beckens, der Lendenwirbelsäule
mit und ohne Blende in Bauch- und Rückenlage, ebenso des Kreuzbeins
konnte Ludloff (210) PVakturen nachweisen, die die sonst so unerklärlichen
Klagen der Verletzten als berechtigt erscheinen Hessen. Die Deutung dieser
Bilder ist sehr schwierig. Ludloff empfiehlt dazu eine gelbe Brille, wie
sie als Schiessbrille Verwendung findet. Vergleiche mit dem Skelett sind
unerlässlich. Die Einzelheiten der Bilder werden in der Arbeit auseinander-
gesetzt. Sie ist äusserst lesenswert und interessant. Mit den Erkrankungen
der Hüfte beschäftigt sich ein Vortrag Immelmanns (154). Bade (11)
schildert die Bedeutung der Röntgenstrahlen für die Diagnose und Therapie
der angeborenen Hüftverrenkung.
Als Kontrollmittel reponierter kongenitaler Hüftluxationen benutzt Klapp
(166) die Röntgenstrahlen in der Weise, dass er durch ein aus dem Gips-
verband ausgeschnittenes rundes Loch röntgenographiert. Ref. hat auch ohne
diese Lücke, die die Festigkeit des Verbandes beeinträchtigen muss oder
einen viel dickeren Verband voraussetzt, genügend deutliche Bilder erzielen
können, mindestens ebenso deutlich wie die Klapp sehen. Die Ansicht^ dass
man ;,bei der Aufnahme durch den Gips schlechte Bilder erhalte, bei denen
man die Stellung des Kopfes nur ahnen könne ^, wird wohl von keinem
technisch einigermassen gewandten Röntgenologen geteilt werden.
Fei SS (81) schlägt vor, zum Studium der Knochenveränderungen ein
Bild von dem betrefi'enden Knochen vor der Operation, femer ein zweites
von dem operativ entfernten Knochenstück in derselben Ebene wie ersteres
zu machen, drittens das Knochenstück zu halbieren und mit der Schnittfläche
auf der Platte liegend und endlich noch eine dünne Scheibe allein zu rönt-
genographieren.
Als Ursache eines Aneurysmas der Art. femoralis entdeckte Zondek
(329) eine Exostose am Oberschenkel. Thöle (301) demonstrierte das Rönt-
genbild einer alten Coxitis; der Mann diente als Husar und leistete seinen
Dienst ohne Beschwerden. Es handelte sich um eine Wanderung der Pfanne
nach oben und Deformierung des Kopfes. Bei Ostitis deformans konnte durch
die Röntgenuntersuchung nachgewiesen werden, wie Sonnenburg (287) ver-
öflFentlicht, dass es sich um partiellen Schwund der Knochensubstanz einer-
seits und Verdickungen und Längenzunahme andererseits handelte. Mit nor-
malen Extremitätenbildem verglichen zeigten die ostitischen eine auffallend
grobmaschige Struktur der Knochenbälkchen. Am Becken waren die Pfannen-
gegenden durch den Druck der Femurköpfe nach innen getrieben. Nach
einer vorgenommenen Osteotomie zeigte sich nach 13 Monaten keine Tendenz
zur Callusbildung. Über dieselbe Erkrankung hat Katholicky (159) Rönt-
genuntersuchungen angestellt, die ungefähr gleiche Resultate ergaben. Bas-
senge (16) demonstrierte einen gleichen Fall, bei dem nur Vorderarme und
Unterschenkel charakteristische Veränderungen aufwiesen, während das Becken
normal war.
Eine Beobachtung von bilateraler idiopathischer juveniler Osteoarthritis
deformans des Hüftgelenks teilt Hesse (131) mit.
Um die Verhältnisse bei der Osteomyelitis klar zu legen, hat Ritter
{255) kurz aufeinander folgende Aufnahmen machen lassen, die zeigen, dass
,die periostale Wucherung schon recht früh im Röntgenogramm auftritt und
81*
1284 Jahresbericht far Chirurgie. II. TeiL
dass ebenfalls sehr bald der Knochen Anfhellungslinien und -zacken zeigt,
die als erste Zeichen der nun immer deutlicher erkennbaren Sequester zu
betrachten sind. Bei Masernosteomyelitis gewann Riedinger (252) das
Röntgenbild eines erkrankten Metatarsus, welches übereinstimmt mit dem
Befunde bei der zentralen Form der Spina ventosa: an Stelle von zugrunde
gegangenen Knochenbälkchen ein Exsudat, welches von einer sklerotischen
Knochen wand umgeben war. Knochenveränderangen bei Gicht konnte Vor-
mann (307) photographieren : Defekte, Hohlräume in den Diaphysen, also
Veränderungen, die nicht nur in der Nähe der Gelenke sich abspielen.
Neurath (222) fand bei chronischem Gelenkrheumatismus im Kindesalter
eine für das Alter der Patientin sehr vorgeschrittene Ossifikation, hinter deu
Normalmassen des Alters zurückbleibende Knochendimensionen, eine Herab-
setzung der Intensität des Knochenschattens und eine schärfere Zeichnung
der Knochenstruktur. Zur Demonstration der Erfolge bei dem Versuch, An-
kylosen durch Interposition von Weichteilen in künstliche Gelenke umzuwan-
deln, dienten Murphy (221) die Röntgenstrahlen.
Die exakte Differentialdiagnose, ob man es mit Tuberkulose, Osteo-
myelitis oder einem Tumor zu tun hat, gelang Coenen (Ö9) mit Hilfe des
Röntgenogrammes. In einem Falle sprach die klinische Untersuchung für
Tuberkulose, das Röntgenbild ergab einen Knochenherd mit einem deutlichen
Sequester^ in einem anderen Falle wurde auf Grund des Röntgenbefundes
ein myelogenes Sarkom festgestellt.
Holland (143) bekam einen Kranken in Behandlung, bei dem die
Röntgenuntersuchung eine Splitterfraktur des Oberschenkels feststellte. Nach
einem Monat konnte ein Tumor nachgewiesen werden, der sich als Rundzellen-
sarkom erwies. Holland glaubt, dass ein grosser Bluterguss bei der ersten
Aufnahme ein genaues Bild verhinderte. Schlagintweit (269) sah eine
Luxation in der Hüfte eintreten nach einem ganz geringen Trauma. Eine
Röntgenaufnahme ergab ein grosses Osteochondrom, von dem der Kranke
selbst gar keine Ahnung hatte. Eine interessante Inaugural-Dissertation ver-
fasste Schümann (276) über ein Odontom am Unterkiefer. Das Röntgen-
bild zeigt die Verhältnisse sehr klar. Zum Schlüsse seien noch die Arbeiten
von Kassabian (158) und Miller (216) erwähnt, die die Verwendung der
Röntgenstrahlen in der Zahnheilkunde zum Gegenstand haben.
Weichteile durch Röntgenstrahlen zur Darstellung zu bringen, gelang
bisher ohne weiteres nur bei sehr derben Geweben, wie Sehnen, kompakten
Muskeln und starken Bändern, sonst war man genötigt, die betreffenden Teile
mit von aussen eingeführten Mitteln in irgend einer Weise für Röntgen-
strahlen differenzierbar zu machen. So wandte man Paraffin, Wismutlösung
oder Luft an. Robinsohn und Werndorff (256) benutzten zu diesem
Zwecke Sauerstoff, den sie als spezifisch leichteres Medium zwischen zwei
spezifisch gleich schweren, sich röntgenologisch daher nicht differenzierende
Gewebe bringen. Sie insufflieren mit einem eigens zu diesem Zwecke kon-
struierten Apparat chemisch reinsten Sauerstoff unter ganz bestimmter,
nicht zu überschreitender Geschwindigkeit und Druck in die Gelenke, Schleim-
beutel, Sehnenscheiden, Bindegewebsinterstitien usw. Dadurch werden die
Weichteilgebilde voneinander abgehoben, so dass im Röntgenbilde die Grenzen
der einzelnen Gewebe zu sehen sind. Es gelingt so am Gelenk die Aus-
buchtung der Kniegelenkskapsel, ihre Ansatzstelle, die Knorpelübergänge, die
Meniscen, die Ligamenta cruciata usw. sichtbar zu machen. Die pathologischen
Pertz, Röntgenologie. 1285
Veränderungen an diesen Gebilden sind nunmehr zu röntgenographieren.
Fibromatöse Entartung der Kapsel, Auflagerungon an der Synovialis, Usu-
rierung und Abhebung des Knorpels sind jetzt darstellbar. Durch Insufflation
gelang es, das Bestehen eines Lipoma arborescens nachzuweisen.
Sträter (298) weist auf eine verschiedene Dichtigkeit des Gehim-
schattens hin bei Durchleuchtungen des Schädels seitlich und demonstriert
ein Bild eines Hirnabszesses. Hildebrandt und Hess (133) erhielten ein
sehr klares Bild bei einer seitlichen Schädelaufnahme, an dem man eine
Erweiterung und Vertiefung der Sella turcica sieht: die Sattellehne erscheint
verkleinert, unscharf, nach hinten gerückt; der Boden des Sattels liegt dem
tiefen Schatten des Bodens der mittleren Schädelgrube bedeutend näher wie
bei einem normalen Schädel.
Einen ähnlichen Fall demontrierten F u chs und S ch ül 1 e r (94). Der Boden
der Sattelgrube und die Sattellehne waren destruiert. Sie glauben die Dif-
ferentialdiagnose zwischen Tumoren der Hypophyse und des Hypophysen-
ganges aus Röntgenbildern stellen zu können. Bei ersterem soll der Boden
der Sella turcica vertieft, bei letzterem der Eingang zu derselben erweitert
sein. Pfeiffer (232) beschäftigt sich mit der Untersuchung der Trachea.
Es ist ihm gelungen, die Trachea immer darstellen zu können, so dass ihr
genauer Verlauf mit eventuellen Stenosen und Abknickungen, wie sie bei
Strumen häufig sind, immer genau erkannt wurde und eine bei Kropfkranken
unangenehme Tracheoskopie ersparte. Ebenso sind die retrosternalen und
intrathorakalen Strumen immer nachweisbar.
Von einer Lungenhemie erhielt Goldflam (105) einen deutlichen
Schatten, der sich mit der Atmung veränderte und bei Reposition ganz ver-
schwand. Lenhartz und Kissling (188) teilen ihre Erfahrungen über den
Nutzen des Röntgenogrammes für die operative Behandlung des Lungenbrandes
mit. Es handelt sich hauptsächlich darum, den Sitz eines Brandherdes in
der Lunge festzustellen. Es liegen 42 Fälle vor, von denen 34 operativ be-
handelt wurden. Stets wurden Übersichtsaufnahmen über den ganzen Thorax
gemacht, und zwar immer Plattenaufnahmen, um das Bild bei der Operation
benutzen zu können. Eine Schirmuntersuchung erübrigt sich häufig schon
wegen des desolaten Zustandes der Patienten. Besonders hervorzuheben ist
ein Fall, wo es möglich war nacheinander vier ganz getrennte Gangränherde
zu eröffnen. Der Kranke genas. Für die physikalische Untersuchung und
für die Röntgenuntersuchung bestanden wieder normale Verhältnisse.
Auch für die Untersuchung des Verdauungtraktus sind die Röntgenstrahlen
mehrfach mit Erfolg verwandt worden. Oppl er (225) konnte einen mit Kar-
toffelbrei angefüllten Ösophagus, bei dem ein Kardiakrampf den Durchgang
des Breies verhinderte, röntgenographieren, bei dem eine starke Abknickung,
anscheinend von Bronchialdrüsen veranlasst, bestand. Rieder (250) hat
systematisch den ganzen Magen- und Darmtraktus untersucht. Nach Erklä-
rung seiner Technik werden die Abschnitte behandelt der Magen- und Darm-
topographie, sodann der Magen- und Darmmotilität. Die Ergebnisse sind
sowohl in morphologischer Hinsicht wichtig, weil es möglich war, am Lebenden
zu unteruchen, als auch in physiologischer Beziehung. Für die praktischen
Disziplinen ist die Möglichkeit Form, Lage und Grösse sowie die Ausdehnung
der einzelnen Bauchorgane sicher bestimmen zu können, von grossem Werte.
Ried er schliesst mit der Behauptung, dass ;,die Anwendung der Röntgen-
strahlen im Gebiete des Verdauungsk anales als eine die Magen- und Darm-
1286 Jahresbericlit ftlr Chirurgie. II. Teil.
diagnostik wesentlich unterstützende, höchst zweckmässige klinische Unter-
suchungsmethode anzusehen ist*'. Beigegeben sind der Arbeit 30 Reproduk-
tionen der Originalaufnahmen, die mehrere Verdauungsversuche mit Röntgeno-
grammen nach direkter Zufuhr wismuthaltiger Speisen, nach V«, 2, 3, 4, 8,
12, 22, 24, 32 und 48 Stunden aufgenommen, darstellen. Ferner sind zwei
Magen mit solchem Speisebrei, ein Dünndarm V« Stunde nach der Aufnahme,
die Ileocökalverbindung nach 4 Stunden, der Dickdarm nach 8, 10 und 24
Stunden und vier Darmeinläufe mit Milch- resp. Öl-, Wasser- und Wismut-
Einlauf abgebildet. Brauner (42) erläutert die Diagnostik der Magen-
erkrankungen an einigen Fällen. Es ist so möglich, Aufschluss zu erhalten
über Lage und Stellung des nüchternen, des minimal und des mit einer Mahl-
zeit gefüllten Magens; über Grösse, Form, Stellung und Lage des geblähten
Magens bei aufrechter Haltung und im Liegen; über die Entfaltbarkeit der
Magenwände durch Speise und Gas ; über die Wirkung zunehmender Belastung
auf Form, Grösse der Lage des Magens; über die respiratorische Verschieb-
lichkeit des Magens und seine Verschieblichkeit bei Lagenwechsel; über den
Weg, welchen die Speisen im Magen nehmen; über ihre jeweilige Lage bei
den verschiedenen Körperstellungen, über den Einfluss der Massage auf den
Magen und seinen LihaJt. Levan-Barret (198) behandelt dasselbe Kapitel,
bedient sich jedoch nur der Röntgenoskopie.
Die Untersuchung des uropoetischen Systems ist vielfach mit Röntgen-
strahlen untersucht worden. S trat er (298) konnte Nierenkonturen photo-
graphieren und fügt hinzu, dass er bei sorgfältiger Handhabung der Technik
und nicht zu dicken Leiaten stets die Nierenkonturen zur Anschauung bringen
kann, und zwar bei normaler Lage der Niere, die Seitenkonturen und den
unteren Pol. Eine Bestätigung dieser Behauptung von anderer Seite liegt
nicht vor.
Zur Verbesserung der Technik empfiehlt Cowl (61) summierte Auf-
nahmen, die er durch Benutzung des Atemstillstandes am Ende der Exspira-
tion erhält. Cole (57) schlägt sehr kurze Aufnahmen von 7 — 14 Sekunden
zur Vermeidung der respiratorischen Verschieblichkeit der Niere vor.
Ein Bericht von Leonard (190) über 331 Fälle, die auf Nieren- oder
Ureterensteine untersucht wurden, weist folgende Ergebnisse auf: Von 331
Patienten hatten 99 Steine, 33 litten an Nierensteinen und 66 an Ureteren-
steinen. Von ersteren konnten 28 operativ entfernt werden, 3 Kranke ver-
weigerten ^ie Operation und bei 2 erschien sie wegen zu geringfügiger Be-
schwerden nicht indiziert. Von den 66 Ureterensteinen wurden 15 mit Erfolg
operiert, 26 Steine gingen ab, die übrigen Patienten stehen noch in Behand-
lung oder verweigerten einen operativen Eingriff. Bei 4 Fällen wurde rönt-
genographiert, aber kein Stein konstatiert, obgleich später Steine abgingen.
Diese Fehldiagnosen betragen demnach noch nicht 3°/o. Es wurden 23 ^'o
Ureterensteine mehr wie Nierensteine gefunden.
Priö und Comas (238) bringen ebenfalls eine grössere Statistik über
dieses Thema. Sie machen noch besonders darauf aufmerksam, dass die
Röntenuntersuchung über die Zahl der vorhandenen Steine informiert, sovie
die Gestalt und Grösse der einzelnen Steine erkennen lässt. Levy-Dorn (199)
zeigt ebenfalls einen Nierensteinschatten vor, über dessen Form und Grösse
man ohne Röntgenstrahlen keinen Aufschluss würde bekommen haben. Er
berichtet über einen Fall, bei dem rechts zwei Steine festgestellt wurden,
obwohl die Schmerzanfälle nur links bestanden. Einen kirschkemgrossen
Pertz, Röntgenologie. 1287
Steinschatten erhielt er als Nebenbefnnd bei einem aus anderen Gründen
untersuchten Kranken. Reid (247) glaubt bei jedem Patienten, der nicht
ober 95 kg schwer sei, eine sichere Diagnose, ob Steine oder nicht, stellen
zu können. Er verlangt beste Apparate und kurze Exposition, genügende
Darmentleerung, Ausschaltung der respiratorischen Yerschieblichkeit und mög-
lichst engste Blende. Secart (285) erwähnt einen Fall von erfolglosem Suchen
nach einem Stein in der Niere, obgleich die Durchleuchtung positiv ausge-
fallen war. Nach der Operation fand man den Stein im Harnleiter. Er war
zwischen der Aufnahme und der Operation gewandert. Um sich vor Täuschung
durch Plattenfehler zu schützen, rät er, zwei Platten übereinander zu legen.
Beck (19) hält es für nötig, bei allen Fällen von Blasensteinen auch die
Nierengegenden zu röntgenographieren, weil er immer Nierensteine fand, wenn
Blasensteine da waren. Fenwick (82) hält die Anwendung von Hamleiter-
sonden bei der Diagnose zwischen Nieren- oder Harnleiterstein nicht für
entbehrlich. Bei drei Fällen, die mit der Diagnose Harnleitersteine gebracht
wurden, konnte er nach Einführung eines mit Blei armierten Ureterenkatheters
nachweisen, dass die Schatten nicht von solchen Steinen herrühren konnten.
Die Operation ergab als Ursache eine Verkalkung an der Teilungsstelle der
Aorta oder verkalkte Mesenterialdrüsen. Zur Darstellung der Harnblasen
benutzten Voelcker und Lichtenberg (306j eine Lösung von 2®/oigem
Kollargol, von der sie 120 g und mehr durch einen Katheter injizierten und
mit mittelweichen Röhren Blendenröntgenogrammen aufnahmen. Ebenso füllten
sie das Nierenbecken und gewannen instruktive Bilder. Das Verfahren dürfte
noch wertvolle Resultate bei systematischer Durchführung liefern. In ähn-
licher Weise erhielt Wulff (327) durch Füllung mit einer lO^oigen Wismut-
lösung ein Bild einer durch eine Scheidewand in zwei Teile geteilten Blase.
Eine wertvolle Arbeit hat Kanaval (157) geleistet, dadurch, dass er
Präparate mit einer Masse aus Gips und Meninge mit Wasser und Glyzerin
injizierte und dann röntgenographierte. Er stellt auf diese Weise die Ver-
breitungswege des Eiters in den Sehnenscheiden fest. Dur in (77) wies bei
zwei Frauen Ablagerungen von kohlensaurem Kalk unter der Haut der Finger-
spitzen nach, die sich unter einer chronischen Eiterung bildeten und immer
wiederholten. Levy-Dorn (201) beschreibt die Knochenatrophie, wie sie
bei Raynaud scher Krankheit im Röntgenbilde beobachtet wird.
Bei Betrachtung der zwecks Studium der Vaskularisation der Organe
angestellten Versuche wollte Barmestier (15) die Untersuchung der Form
und Anordnung des Fistel Verlaufes der Weichteile versuchen. Denn nicht
immer ist es leicht, den Ausgangspunkt einer Fistel, ihren Verlauf usw. fest-
zustellen. Spärlich waren die bisher gemachten Versuche. Der Verf. ver-
suchte sterilisiertes, metallisches Quecksilber als opakes, in die Fisteln in-
jiziertes Mittel und nahm dann das Radiogramm auf. Jedoch ist dasselbe
schmerzhaft und tritt leicht aus den Fisteln heraus; niemals kleidet es die
Fistelwände vollständig aus, stagniert in den weniger widerstandskräftigen
Teilen ; er injizierte Wismut in Glyzerinsuspension, jedoch ohne Resultat. Er
dachte alsdann an Chloroform in Glyzerinsuspension zu 40 "/o und erzielte
positive Resultate, deren Berichte und Radiogramme er in vier Fällen bringt.
Er schliesst daher, dass dieses Mittel die Schwierigkeit, die Formen, Dimen-
sionen, die ürsprungsläsionen der Fistelgänge zu diagnostizieren verminderte
und dass das opake Mittel ausser vorteilhaft für die Radiographie zu sein,
auch zur Behandlung der fraglichen Affektionen dienlich ist. R. Giani.
1288 Jahresbericht fdr Chirargie. II. Teil.
Massa (212a) gebraucht eine Mischung von Glyzerin und Jodoform,
welche (opak für die X-Strahlen) durch mehrere Tage in die Fistelgänge
injiziert, die Verläufe selbst und die Knochenläsionen, welche sie bedingen,
ersichtlich macht und den Chirurgen in die Lage setzt, die Entitat and den
Sitz der Läsion zu werten, bevor er sie angreift; diese Methode ist nicht nnr
unschädlich für den Patienten, sondern ist auch in Fällen von wenig ausge-
dehnten Läsionen für die Heilung förderlich. Die Evidenz der Läsionen ist
überraschend mit der Methode von Röntgen. Mit dem Gebrauche eines
vomßef. ersonnenen Ausschalters, der nach der Klassifikation vonBergonie
unter ^die Quecksilberschalter mit Motor mit einzigem Kontakt^ zu reihen
wäre, erreicht man es bei dem Apparat zur Erzeugung der X-Strahlen mit
Spule, exakte Bilder der verschiedenen Sarkomarten zu erhalten. Er legt
verschiedene durch vom Ref. selbst ausgeführte radiographische Prüfungen
illustrierte Fälle von seltenen Frakturen vor. R. Giani.
Das Studium der Knochenverhältnisse missgebildeter Gliedmassen am
Lebenden ist allein durch die Röntgenstrahlen möglich geworden, auch im
Berichtsjahre wurden derartige Untersuchungen angestellt bei einem Fall von
angeborener Missbildung sämtlicher Extremitäten durch Blumenthal und
Hirsch (36) und durch Riedl (253) in zwei Fällen von angeborenem Ober-
schenkeldefekt. Noch zwei gleiche Missbildungsformen beschreibt Joa-
chimsthal (152).
Wir wenden uns jetzt zur Besprechung der vielen Veröffentlichungen
über die Röntgenstrahlen als Heilmittel. Im me Im ann (153) publiziert einen
Überblick über den gegenwärtigen Stand der Röntgentherapie. Ein grosses
statistisches Material von 2608 Fällen stand Hahn (116) zur Verfügung,
Von den verschiedensten Seiten wurde er dabei unterstützt. Er bekam Nach-
richten über die Anwendung der Röntgenstrahlen bei folgenden Krankheiten
(es bedeutet: -f- die Mehrzahl sah günstigen Erfolg; — ungünstig; ? unentr
schieden): Ekzem +, Disidrosis — , Psoriasis ?, Seborrhöe — , Akne -|-, Rosa-
cea +, Sykosis idiop. -f-^ Ichthyosis +, Tylositas -f , Verruca +, Favus -f,
Sycosis parasit. -j-, Lupus ?, Mycosis fung. -f-, Rhinosklerom -{"j Hypertri-
chosis —, Naevus — , Angiom — . Sarkom -j-» Ulcus rodens +, Lupus ery-
thematodes ?, Pruritus +» Prurigo -f , Alopecia areata — , Skleroderma — ,
Karzinom ?, Hyperhidrosis -f-, Leukämie V, Pseudoleukämie ?, Trichophytie -f,
Lepra — , Lupuskarzinom -|-, Neuralgie?, Hysterie ?, Erysipel ?. Keloid -f.
Diese Resultate der Sammelforschung dürften jedoch nach neueren Veröffentp
lichungen sich in mehreren Punkten verschieben. In einem ähnlichen Sammel-
berichte über die Röntgenbehandlung von chirurgischen und Hautkrank-
heiten von Trapp (302) sind über manche Erkrankungen abweichende Re-
sultate zu finden. Es wird sich eben jetzt noch nicht endgültig über den
Wert der Röntgenstrahlen als therapeutisches Agens entscheiden lassen. Des-
halb ist man auch nicht zu festen Indikationen für die Anwendung der
Strahlen gekommen. Ein Versuch in dieser Hinsicht von Leonard (192)
ist nicht als Lösung zu betrachten. Eine grosse Rolle spielt bei dieser
Therapie die Art der Anwendung und die Dosierung der nötigen Röntgen-
lichtmenge. Eine genaue Schilderung der Anordnung und Ausführung der
Sitzungen gibt Ried er (251). Holzknecht (145) beschreibt die von ihm
getroffene Einrichtung und deren Verwendung. Belot (27) setzt seine fran-
zösische Methode auseinander. Köhler (171) erfand eine Röntgenröhre mit
therapeutischer Dosierung, die Dessauer (69) als wissenschaftlich nicht
Pertz, Röntgenologie. 1289
verwertbar hinstellt. Mit demselben Gegenstand beschäftigt sich Wich-
mann (319), ebenso Henrard (128), Schmidt (274), Leonard (191) und
Freand (93). Diese meistens technischen Einzelheiten können hier nicht aus-
einandergesetzt werden, es genüge, dass sämtliche Therapeuten es wie bisher
für notwendig erklären, die Umgebung gut zu schützen. Die Art der An-
wendung geschieht noch sehr verschieden: entweder die nötige Dosis gleich
in der ersten Sitzung oder refraktäre Dosen in mehreren Sitzungen. Die
Gefahren, welche den von Röntgenstrahlen zu intensiv Betroffenen drohen,
zeigen zahlreiche Veröffentlichungen. Springer (289) beschreibt eine schwere
chronische Dermatitis an den Fingern, die durch tiefe Kauterisation geheilt
werden konnte. Quadrone (242) sah eine exsudative Pleuritis sich aus-
bilden nach Bestrahlungen, die sehr häufig und intensiv \vegen Pseudoleuk-
ämie in zwei Fällen vorgenommen wurden. Er gibt auch eine Erklärung für
das Auftreten dieser Erkrankung, die er als Folgezustand der Bestrahlungen
auffasst. Renvers (248) hatte ein Obergutachten über den Zusammenhang
zwischen einem Extremitätenkrebs und einer Röntgenverbrennung abzugeben.
Das Krebsleiden hatte sich allmählich aus einem Röntgengeschwür entwickelt.
Er bejahte einen ursächlichen Zusammenhang. In Verfolgung der früheren
Versuche von Albers-Schönberg stellte Halberstaedter (117) über
die Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Ovarien der Kaninchen Experi-
mente an, die eine Schädigung dieser Organe erwiesen. Am Kaninchenhöden
erzielte Busch ka (47) ähnliche Folgeerscheinungen. Bei weissen Mäusen
wurde durch RöntgenbestrahluEg nach Untersuchungen von Burckhard (46)
eine Befruchtung entweder ganz verhütet oder aber die Entwickelung des
Schwangerschaftsproduktes verlangsamt. Eine ausgedehnte Untersuchung über
die Azoospermie nach Röntgenbestrahlung nahmen Brown und Osgood (43)
vor. 18 Arbeiter eines Röntgenlaboratoriums zeigten im frisch untersuchten
Sperma wenige oder keine Spermatozoen, trotzdem es starke Männer in den
besten Jahren waren. Von den verheirateten hatte keiner seit seiner Be-
schäftigung im Labaratorium Familienzuwachs erhalten. Heineke (124) stellte
experimentelle Untersuchungen über die Einwirkung der Röntgenstrahlen auf
innere Organe an. Die blutbereitenden Gewebe werden besonders betroffen,
indem die lymphoiden Gewebe vernichtet und die Zellen des Knochenmarkes
und der Milzpulpa zugrunde gehen. Die Arbeit, deren Hauptergebnis hier
nur kurz zitiert wurde, ist für die ganze Frage der Einwirkung der Strahlen
bei Blutkrankheiten von grösster Tragweite. Quadrone (241) konnte bei
bestrahlten Individuen eine vermehrte Harn- und Phosphorsäureausscheidung
durch die Nieren konstatieren, die er als Ausdruck vom Zerfall lymphatischer
Gewebe ansieht. Bei schwächlichen oder jugendlichen Kranken soll man daher
mit den Bestrahlungen vorsichtig sein, weil sonst durch die Zerfallsprodukte
eine Intoxikation und Kachexie erzeugt werden kann.
Morton (2 17a) schreibt: Bei den gegenwärtig zahlreichen Versuchen, den
therapeutischen Wert des Sonnenlichtes, der elektrischen Entladungen, der ultra-
violetten Strahlen, der Röntgen- und Becquerelstrahlen zu erforschen, liegt die
Frage nahe, ob die Wirksamkeit obiger Strahlen nicht auf ihrer Fähigkeit beruht,
Fluoreszenz und Phosphoreszenz zu erzeugen. Fluoreszenz und Phosphoreszenz
sind natürliche Eigenschaften des lebenden tierischen Gewebes. Wenn man den
menschlichen Körper mit fluoreszierenden Flüssigkeiten imprägniert, so kann
man mit Hilfe von X-Strahlen, Radium etc. die Fluoreszenz sichtbar machen.
Zu diesen Versuchen eignen sich besonders Chinin, Uranin, Fraxin, Eskulin
1290 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
und andere. Dabei hat sich herausgestellt, dass nach Yerabfolgong obiger
Substanzen die Radiographien sehr viel deutlicher werden. Bei der Behand-
lung von Lupus, Lungentuberkulose, Karzinom, Hodgkins Disease, Ekzem,
Psoriasis sind sehr zufriedenstellende Resultate erzielt worden. Als Beispiel
vieler anderer werden zwei desperate Fälle von Brustkrebsrezidiven mit
Ausgang in Heilung mitgeteilt. Morton gibt Chinin, bisulf. 5 — 15 g täglich
oder von einer wässerigen Fluoreszinlösung 1 : 30 von 6 bis 20 Tropfen dreimal
täglich, oder 5 — 15 g Eskulin täglich. Wo die X-Strahlen sich schlecht appli-
zieren lassen, werden Aluminiumröhren mit 20 mg Badiumbromid von 1000000
Radioaktivität für eine Stunde täglich auf die Haut gelegt.
Maass (New-York).
Zusammenfassende Arbeiten, die die einzelnen Erfolge resp. Misserfolge
aufzählen, sind mehrere publiziert. Es handelt sich meistens um mehr oder
weniger geschickte statistische Angaben. Es ist nur auffallend, dass Schild
(267) in einem solchen Vortrage sagt, die Röntgenstrahlen halte er für ein
souveränes Mittel bei Hypertrichose, während gerade vor der Anwendung bei
diesem Leiden von anderen Seiten entschieden gewarnt wird, da ein Erfolg
nur unter Geschwürsbildung der Haut zu erzielen sei. Bunch (45) erzielte
bei Herpes tonsurans gute Resultate, behauptet aber, dass die Pilze ungleich
widerstandsfähig seien, während Batten (17) nur die Epilation als Erfolg
der Bestrahlung ansieht und die Pilze durch antiparasitäre Waschungen getötet
wissen will. Bei Keloiden sah Morris (217) gute Erfolge.
Es handelt sich um ein acht Monate altes Kind, bei dem die telangi-
ektasische Geschwulst die ganze Unterlippe, das Kinn und einen grossen Teil
der Unterkinngegend einnahm. Das dichte Netz zusammenfliessender Gefässe
mit erhobenen Rändern war von ausgedehnten Ulzerationen ergriffen, welche
ein blutiges Serum ausschwitzten. Die vor der Behandlung aufgenommene
Photographie zeigt ziemlich gut die von dem Hämangiom eingenommene Aus-
dehnung. Am 11. Oktober 1904 wurde das Kind der Röntgentherapie unter-
zogen, wozu man sich bald einer Induktionsmaschine, bald eines grossen Kon-
duktors von 40 cm Funkenlänge bediente. Zur Zeit, wo Fochessati (84a)
es vorstellt, ist die Haut des Kinnes fast wieder normal geworden; die Unter-
lippe, die zuerst geschrumpft und zusammengerollt war, so dass das Sangen
am Mutterbusen erschwert wurde, hat sich ausgestreckt und ist zu ihrer
physiologischen Physiognomie zurückgekehrt Das Hämangiom beschränkt
sich jetzt auf eine kleine Partie der Unterkinngegend, ist jedoch glatt, ohne
Spur von Ulzeration und nur gebildet durch einen braun-violetten Fleck, der
von dem Kapillarnetz herrührt. An der rechten Lippenkommissur sieht man
im Innern der Schleimhaut ein kleines Päckchen von telangiektasischen Ge-
fässen, aus denen wahrscheinlich die Neubildung ihren Ursprung nahm.
Obschon der Erfolg nicht die vollkommene Heilung gewesen ist, hebt
er die erzielte Besserung hervor, auch im Hinblick auf die Schwere des
Falles und wegen des Alters des jungen Patienten, da sicherlich kein besseres
Resultat mit den übrigen Behandlungsmitteln zu erhoffen war. Die Gesamt-
zahl der Sitzungen seit Beginn bis heute beläuft sich auf 34. Er hofft, durch
Fortsetzung der Behandlung vollkommene Heilung erzielen zu können.
R. Giani.
Hauptinteresse beansprucht die Röntgentherapie maligner Tumoren.
Lassar (183) berichtet von günstigen Erfolgen bei flachen Hautkrebsen
ohne Operation. Bei tiefer greifenden Krebsen können nach der Operation
Pertz, Röntgenologie. 1291
die Röntgenstrahlen sehr zweckmässig sein, eine noch vorhandene Operations-
wunde zur Überhäutang zu bringen und eventuell auch Rezidive zu verhüten.
Sjögren (283) bespricht dasselbe Kapitel. Er lenkt die Aufmerksamkeit
auf die Vorteile, die eine präventive Röntgenbehandlung bietet, wo es gilt,.
Rezidiven bei Patienten vorzubeugen, die kurz vorher wegen bösartiger Tumoren
operiert worden sind. Auf diese Weise würden möglicherweise übrig gebliebene
pathologische Zellreste zerstört werden. Hj. von Bonsdorf f.
Prio und Comas (237) kommen zu folgenden Schlüssen. Bei Neubil-
dungen der Haut und bei inoperablen Karzinomen sind Röntgenstrahlen an-
zuwenden. Desgleichen sind junge Rezidive bei operierten Fällen der Röntgen-
therapie zu unterziehen. Bei grossen Massen von Neubildungen, wie auch
bei internen Geschwüren soll der Chirurg die erkrankten Gewebe entfernen.
Sehr günstiges sah Wohlgemuth (325) bei einem tiefen Mammakarzinom.
Gl e im er (102) verabreicht immer die nötige Dosis in einer Sitzung unter
Kontrolle mit dem Holzkn echt sehen Chromoradiometer. Hautkarzinome
und inoperable Tumoren bieten ihm geeignete Fälle. Glimm (103) hat unter
10 Fällen acht vollständige Heilungen, ein Lippenkarzinom heilte erst nach
Exzision eines Mittelstückes, ein Schulterkarzinom weist nur lokale Heilung
auf. Köhler und Herxheimer (172) belichteten ein ulzeriertes Mamma-
karzinomrezidiv mit geringem Erfolg. Die histologische Untersuchung konnte
angeschlossen werden und ergab nur eine Tiefenwirkung von etwa 5 mm,
weiter konnten Zerfallserscheinungen in den Karzinomzellen nicht nachge-
wiesen werden. Sie halten daher nur flache Hautkarzinome ohne Drüsen-
metastasen für geeignet. Wills (321) sah bei allerdings schweren und ver-
alteten Fällen keine günstigen Resultate. Vose-Howe (308) schliesst aus
seinem Material von 130 Fällen, dass nur oberflächliche Krebse zu beban-
deln sind.
Oberflächenkarzinome können mit grösster Regelmässigkeit durch X-
Strahlen zerstört und durch gesundes Narbengewebe ersetzt werden. Dasselbe
Resultat wurde vonPusey (239) auch in zwei Fällen von inoperablem Brust-
karzinom erzielt, bei denen die Operation gesundes Bindegewebe ergab. Die
deckenden Gewebe waren durch die Behandlung nicht zerstört. Gewöhnlich
versagen die X-Strahlen bei tieferliegendem Tumoren und auch bei Drüsen-
infektion ausser Oberflächenkarzinom. Mit Ausnahme bei Epitheliomen ist die
Operation der Bestrahlung vorzuziehen. Maas (New York).
Severeanu (280) erprobte die Radiotherapie in 12 Krebsfällen. Er fügt
dieser Behandlung noch die Histofluoreszenz nach Morton bei und injiziert
täglich dem Kranken intramuskulär nicht nur Chininum wie Morton,
sonder Chininum bichloricum 0,40, Natrium arsenicosum 0,01 und 1 g Wasser.
Nach seinen Beobachtungen vermehrten diese Injektionen das Zurückgehen der
mit Röntgenstrahlen behandelten Geschwülste. Alle 12 Fälle waren Krebse der
Gesichtsteile, in 7 Fällen Genesung, in 2 Besserung, ein Misserfolg bei einem
Zungenkrebs. Sitzung jede 1—2 — 3 Tage zu 10'— 15' bis 3—4 H, täglich
Injektionen wie erwähnt. Besserung auch in einem Falle von Lymphosarkomen
des Halses und Megalosplenia. S toi an off (Varna).
Bagge (12) konstatiert die auch von anderen gemachte Beobachtung,
dass bei Röntgenbehandlung des oberflächlichen Hautkrebses gute Resultate
zu erzielen sind. Aber auch bei Behandlung oberflächlich gelegener Karzi-
nome (Lupuskarzinome, Mammakarzinom-Rezidive usw.) haben die Röntgen-
1292 Jahresbericht für Chirar^e. II. Teil.
strahlen einen günstigen Einfluss ausgeübt, nicht dagegen in Fällen von
Karzinomen der inneren Organe. Hj. von Bonsdorf f.
Sehr beachtenswert ist eine Mitteilung aus der Bergmann sehen
Klinik von Unger (305). Bei Brustkrebsen sind folgende Wirkungen kurz
zusammengefasst beobachtet worden:
1. Die Schmerzen sowohl in den Tumoren selbst wie in den Narben
nach Mammaamputation lassen sich bisweilen günstig beeinflussen.
2. Defekte der Haut — granulierend oder durch Ulzeration bedingt —
verkleinem sich oft, vernarben bisweilen.
3. Oberflächliche Hautmetastasen verkleinem sich, ihr Wachstum in die
Tiefe wird nicht gehemmt.
4. Die Strahlen wirken auf das Karzinom bis etwa 5 mm in die Tiefe,
karzinomatöse Drüsen werden nicht beeinflusst, ebensowenig Metastasen im
Knochen, Intensive Wirkung bis zur Erzeugung grösserer Nekrosen schützt
nicht vor Rezidiv. Beim Brustkrebs sind die Strahlen nicht indiziert, solange
noch eine Operation Aussicht auf Erfolg bietet.
Löser (208) kommt zu ganz ähnlichen Schlüssen. Bei Hautkarzinomen
erhielt er unter 16 Fällen nur 3 Heilungen, 5 Bessemngen und 8 Misser-
folge! Bei einem sehr desolaten Mammakarzinom bestrahlte Freund (90)
intensiv. Er erreichte fast völlige Überhäutung. Exulzerierte Tumoren eignen
sich besser, wie noch überhäutete. Tuffier und Haret (304) halten bei
nicht ulzerierten Brustkrebsen nur eine Verkleinerung für möglich und lassen
sie operieren.
Wendel (311) bestrahlte einen 35 cm hinter der Zahnreihe sitzenden
Osophaguskrebs mit Röntgenstrahlen durch das Osophagoskop und erzielte
eine bedeutende Besserung. Ein Karzinom des Uterushalses besserte Haret
(120) durch Köntgenisierung.
Sjögren (282) berichtet über 3 Fälle von Sarkom, bei denen vollstän-
dige Heilung erzielt wurde. Eine grosse Sammelforschung hat Kienböck
(164) über denselben Gegenstand veranstaltet. Es soll darüber aber erst noch
eine vollständigere Arbeit in den ^jFortschritten*' erscheinen. Albers-
Schönberg (4) brachte eine grosse sarkomatöse Geschwulst der Kopfhaut
zur Heilung. Stembo (293) berichtet ebenfalls über günstige Erfolge. Clo-
patt (53) gelang es in 83 Sitzungen, ein Mediastinalsarkom vollständig zum
Verschwinden zu bringen.
Bei 176 mit Röntgenstrahlen behandelten Krebskranken erzielte Coley
(58) folgende Endresultate, unter 68 Fällen von Sarkom wurden die Tumoren
5 mal zu vollständigem Verschwinden gebracht, führten jedoch immer zu Re-
zidiv innerhalb weniger Monate. Von drei melanotischen Sarkomen schien
bei einem Kranken, welcher zwei Jahre lang behandelt wurde, eine deutliche
Verlangsamung des Wachstums einzutreten, während bei zwei anderen keine
Wirkung zu verspüren war. Bei allen tief sitzenden Karzinomen wurde nur
einmal ein Verschwinden des Tumors beobachtet. Alle Brustkrebse führten
nach der Operation trotz und unter der prophylaktischen Bestrahlung in
wenigen Monaten zu Rezidiven. Unter 44 Fällen von Epitheliomen an Hais
und Kopf brachte die Bestrahlung nur 4 mal vollständiges Verschwinden des
Tumors zu stände, überall, wo es sich um Beteiligung der Halsdrüsen handelte,
war nicht die geringste Besserung zu verzeichnen. Ebenso ganz erfolglos war
die Behandlung von Darm-, einschliesslich Rektumkarzinomen, sowie Kehlkopf-
Pertz, Röntgenologie. 1293
und Ösophaguskarzinomen. Unter drei Lupuskranken trat zweimal vollständiges
Verschwinden, einmal deutliche Besserung der Erkrankung ein.
Maass (New- York).
Die Veröffentlichungen, welche sich mit der Anwendung der Röntgen-
strahlen bei Leukämie beschäftigen, sind sehr gross. Man ist darin
einig, dass eine wesentliche Besserung zu erzielen ist: Kleinerwerden der
Milz, Sinken der Leukozytenzahl, Steigen des Hämoglobingehaltes. Ob eine
definitive Heilung möglich ist, erscheint noch recht zweifelhaft, neben gün-
stigen Erfolgen finden sich auch ganz ungünstige. Da aber die durch Rönt-
genstrahlen gesetzten Schädigungen sich hier sicher vermeiden lassen, so ist
jedenfalls die Röntgenisierung als Therapia symptomatica anzuwenden. Die
einzelnen Autoren sind: Arnet (7), B6clere und Beaujard (26), Boz-
zolo (41), Cohn (54), Gramer (62), Curschmann und Gaupp (64),
Dock (75), Franke (87), Gerber (101), Goldscheider (106), Heinecke
(125), Herz (129), Hirschfeld (135), Hoffmann (139), Holding und
Warren (142), Holzknecht (147), Hynck (148), Krause (175), Krehl
(178), Ledingham und Mc Kerron (186), Lenzmann (189), v. Leube
(196), Levack (197), Lichtheim (202), Lommel (205), Lossen (209),
Meyer und Eisenreich (214), Müller (220), Quincke (244), Rodhe
(258), Rosenbach (259), Rosenberger (260), Schief f er (266), Schleip
und Hildebrandt (270), Schütze (277), Schweinburg (278), Wendel
(310), Werner und Lichtenberg (317), Winkler (323).
Bei Drüsenerkrankungen tuberkulöser Natur sind auch häufiger die
Röntgenstrahlen angewandt, so berichten darüber Foveau de Courmelles
(85), Hayes (119), Buschke und Schmidt (48), Holzknecht (146),
Newcomet (223), Kraus (177), Hendrix (126) und Ferrand und
Krouchkoll (83).
Bei Lupus vulgaris wird im allgemeinen von einer Röntgenisierung ab-
gesehen. Doch sind auch Heilerfolge zu berichten von Birkett (31), Barjou
ll4), Schamberg (263), Rankin (245) und Pois (236). Über Heilerfolg
bei tuberkulöser Synovitis schreibt Gregor (115), bei Larynxtuberkulose
Winkler (324), bei tiefer sitzender Tuberkulose Pancoast (227) und
Beck (22).
Hörl (107) sah unter Bestrahlung mit Rönbgenlicht Strumen zurück-
gehen; dasselbe Resultat erzielte Stegmann (292). Beck (23) exzidierte
bei Morbus Basedowii einen Teil des Kropfes, bestrahlte dann und sah eine
Besserung des Exophthalmus und der Tachykardie.
Bei Prostatahypertrophien sahen Moszkowicz und Stegmann (219)
ein Weicherwerden der Prostata nach Bestrahlung in 6 Fällen, Carabelli
(50) konstatierte ähnliches. Neuralgien wurden von Leonard (193), Epi-
lepsien von M anders (213) behandelt.
Die über Radium- und sonstige Lichtwirkungen erschienene Literatur ist
vorn im Verzeichnis aufgeführt, aber nicht referiert worden.
1294 Jahresbericht Ittr Chirargie. IL Teil.
XXVI.
Die Lehre von den Instrumenten, Apparaten und
Prothesen-
Referent: 0. Hildebrand, Berlin.
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Krönigs (55) Aufsatz über elektrisch-heizbare Operationstische be-
gründet zunächst das Bedürfnis nach heizbaren Operationstischen mit der
Tatsache, dass Patienten und beim Experimente Tiere stark sich abkühlen, wenn
eine Operation lange dauert und der Bauch dabei eröfifnet wird, femer mit der
weiteren Tatsache, die durch Experimente (Fr. Müller-Nebelthau,
He nie) erhärtet ist, dass infolge der Abkühlung eine Reihe von Verände-
rungen an der Lunge und anderen inneren Organen zu beobachten sind.
Daraus erklärt sich das Auftreten von Pneumonien nach solchen Opera-
tionen. Ein heizbarer Operationstisch kann die Abkühlung verhüten. Der
elektrisch-heizbare, mit Glühlampen versehene ist der beste.
Antonellis (10) Modifikation des F an tino sehen Operationstisches
hat Ähnlichkeit mit dem Tisch von Trendelenburg.
Küttners (58) Operationsbesteck mit Einrichtung zur Sterilisation
von Instrumenten und Verbandstoffen macht den Eindruck grosser Zweck-
mässigkeit.
Balacescu (15) stellt der Bukarester chirurgischen Gesellschaft den
Apparat von Calic vor, der eine Modifikation desjenigen nach Catani ist.
Die Modifikation entsteht in Beifügung eines dritten Rohres, durch welches
man während der Injektionen neues Serum hineingiessen kann.
Stoianoff (Vama).
Klaubers (54) neue Nadel zur Knochennaht ist nach dem Prinzip der
Spicknadel konstruiert, mit hohlem, mehrfach gespaltenen Ende zur Aufnahme
des Metalldrahtes.
Vulpius (93a) zeigt, dass in der orthopädischen Therapie Apparat
und Operation nicht für sich allein und unabhängig voneinander eine aas-
schliessliche absolute Behandlungsmethode bilden dürfen. Der Besitz beider
Methoden und ihre rationelle Anwendung mit einer angemessenen Wahl und
Kombination bilden den Fortschritt der modernen orthopädischen Therapie.
R. Giani.
Seyd«l, Kriegsehirargie. 1297
xxvn.
Kriegschirurgie.
Referent: K. Seydel, Münclien.
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Deutsche roilitärärztl. ZeiUchr. 1905. Heft 1. p. 78.
Fischers (11) Leitfaden der kriegschirurgischen Operations- und Ver-
bandstechnik zeigt in seiner 2. Auflage erhebliche Verbesserungen. Der Text
ist knapp und präzise und dabei doch inhaltsreich, die beigegebenen Figuren,
bis auf wenige, deutlich und klar.
Seydel (44). Die neue (zweite) Auflage dieses Werkes hat sich alle
neuen Ergebnisse der kriegschirurgischen Wissenschaft, wie sie die mannig-
fachen Feldzüge der letzten zehn Jahre gezeitigt haben, zu nutz zu machen
gestrebt. Auch die Hieb- und Stichwunden sowie die Verletzungen durch
grobes Geschoss haben Berücksichtigung gefunden. Das für den Feldant
geschriebene Werk weiss, trotz seiner knappen Form, doch das praktisch
Wichtige ausführlich hervorzuheben, so im Kapitel über Wundbehandlung und
Wundkrankheiten, im Abschnitt über Verwundetentransport. — Im speziellen
Teile haben auch die Unterbindungen und typischen Operationen ausführliche
Schilderung gefunden. — Viele gute Abbildungen erleichtem das Verständnis.
Schäfer (38) hatte den Gesamteindruck, dass die Verwundungen auf
russischer Seite in grösster Mehrzahl leicht waren, und zwar waren die Ver-
letzungen durch Gewehrprojektile in der Front besonders gutartig; schwerer
waren die Verletzungen durch grobes Geschütz. Auffallend häufig war die
Verwundung durch mehrfache Schüsse, daneben auch Verletzungen mehrerer
Körperteile durch ein und dieselbe Kugel. Die Tätigkeit der Ärzte auf den
Truppen- und Verbandplätzen musste sich im wesentlichen auf das Anlegen
von Schutz- und Stützverbänden beschränken. Sehr beliebt war es, die frische
Wunde samt Umgebung mit Jodtinktur zu betupfen, da oft die Zeit nicht
reichte, die Wundumgebung zu reinigen. Zu operativen Eingriflfen kam es
nur sehr selten auf den Verbandplätzen. Der Lehre v. Bergmanns entr
Seydell, Eriegaehirargie. 1299
sprechend, wurde schweren Weichteilverletzangen und auch die Schussbrtiche
der langen Röhrenknochen konservativ behandelt, so dass es nur sehr selten zu
Amputationen kam. Bei Schussverletzungen des Schädels hält Verf. es für
ratsam, schon bei dem Verdacht, dass Knochensplitter im Gehirn sein könnten,
sobald wie möglich den Schädel aufzumeisseln und die Splitter zu entfernen.
Für die primäre Laparotomie konnten sich die wenigsten Chirurgen begeistern.
Mehrfach wurde die Laminektomie bei Rückenmarksschüssen ausgeführt, doch
verliefen solche auch bei zuwartendem Verfahren oft recht günstig. Während
die ihre Gestalt bewahrende, nicht zertrümmerte Gewehr- und Schrapnelkugel
das Gewebe meist nicht infiziert, geschieht dies sehr oft durch Granatsplitter.
Die durch letztere gesetzten Verletzungen sind meist zerissen und stark be-
schmutzt. Dabei kam es sehr häufig zur Entwickelung von Gasphlegmonen,
die meist letal verliefen. Wundstarrkrampf kam häufig zur Beobachtung und
verlief fast stets tödlich. Das Antitoxin war ohne Wirkung. Das Tragen
von Schafspelzen war öfters die Ursache von Milzbrandinfektion. Von den
akuten Infektionskrankheiten spielten Ruhr und Unterleibstyphus die Haupt-
rolle. Dass der allgemeine Gesundheitszustand ein sehr guter war, lag sowohl
an dem günstigen Klima der Mandschurei, als auch besonders an der guten
Ernährung und Bekleidung der Mannschaften. Seydel.
Köhler (21). Im 1. Teile behandelt die Abhandlung das Militärsanitäts-
wesen und die Kriegsheilkunde von der Landsknechtszeit bis zur Zeit Friedrichs
des Grossen. Die von Maximilian I. ins Leben gerufenen Einrichtungen der
wohlorganisierten Landsknechtsheere sind auch grundlegend gewesen für die
Weiterentwickelung des Militärsanitätswesens. Der ^Obrist-Feldartzet^ be-
gleitete die höchste Charge und war persönlich dem Kommandeur zugeteilt;
ihm unterstellt waren Feldscheerer und Ärzte, die innere und äussere Krank-
heiten kurierten. Auffallend ist, dass das ärztliche Personal damals bei der
Auswahl und Annahme der Mannschaften gar nicht mitwirkte. Die Anfänge einer
Weiterentwickelung geordneter Zustände im Kriegssanitätswesen finden sich
erst bei der brandenburgisch-preussischen Armee, mit der Schöpfung eines
feststehenden Heeres. 1713 kam es zur Gründung des Theatrum anatomicum,
der ersten Werkstätte für eine wissenschaftliche Chirurgie in ganz Deutsch-
land. Auf des Generalchirurgus Holtzendorffs Vorschlag wurde dann 1724
das CoUegium medico-chirurgicum ins Leben gerufen, das durch Vereinigung
der Medizin und Chirurgie einen Aufschwung der ganzen ärztlichen Kunst
und Wissenschaft bedeutete. In das Jahr 1726 fällt die Gründung der Charit^,
die damals gleichzeitig als Garnisonslazarett für Berlin galt.
Der 2. Teil der Abhandlung reicht von der Zeit Friedrich d. Gr. bis
zum Ende des 19. Jahrhunderts und beginnt mit einem Lobe auf die Für-
sorge, die dieser grosse König dem Militärsanitätswesen angedeihen Hess.
Unter seine Regierung fällt auch die Gründung des Invalidenhauses. Die
von Friedrich d. Gr. noch geplanten Reformen gelangten unter seinem Nach-
folger bald zur Durchführung. Köhler kommt dann auf die aufopfernde
Tätigkeit der Militärärzte in den Befreiungskriegen zu sprechen. In den fol-
genden Jahrzehnten entwickelte sich das Militärsanitätswesen immer mehr.
Im Jahre 1868 erfolgte die Verordnung über die Organisation des Sanitäis-
korps und fünf Jahre später eine zweite Verordnung mit der Schaflfung eines
Sanitätsoffizierkorps und den noch heute gültigen Rangverhältnissen. Im
Jahre 1878 wurde die Kriegssanitätsordnung eingeführt und im Jahre 1891
die Friedenssanitätsordnung. Die Güte des deutschen Militärsanitätswesens
82*
1300 Jahresbericht fttr Ohirargk. IL Teil.
bewälirte sich yoMändig in den letzten Kriegen, besonders 1870/71. Es
folgen nun die Besprechung der Geschichte des Verbandpädcchens, die Ent*
Wickelung der Blutstillung bei Verletzungen und Operationen, die Fortschritte
in der Wundbehandlung, insbesondere die Vermeidung der Wundinfektion,
die Bedeutung der künstlichen Blutleere und vor allen Dingen der An&sthesie.
Für den Krieg räumt Verf. dem Chloroform die erste Stelle ein; die medul-
läre Anästhesie ist wegen ihrer Unsicherheit vorläufig kriegschirurgisch noch
nicht in Betracht zu ziehen. Von nicht zu unterschätzendem Werte für die
Militärgesundheitspflege ist auch die Prophylaxis der Pocken durch die Vac-
cination. Ein anschauliches Bild entrollt Köhler dann noch über die Ent-
Wickelung des Transportes und die Unterkunft von Verwundeten und Krankeu,
wobei er die grosse Wichtigkeit des ersten Verbandes und des ersten Trans-
portes für den weiteren Verlauf jeder Verletzung betont. Verf. kommt dann
zu dem Schlüsse, dass das Militärsanitätswesen heute auf der Höhe der Zeit
steht und dem Kriegszweck sowohl als auch dem allgemeinen Stand der ärzt-
lichen Wissenschaft entsprechend ausgebildet ist. Seydel.
Die Schilderungen der Wirkung der modernen Geschosse sind aufgebaut
auf den Erfahrungen, welche Hildebrand (17) während seiner Tätigkeit
im Burenkriege und der Expedition nach China gesammelt hat. Den Haupt-
teil ninmit selbstverständlich die Beschreibung der Verletzungen durch die klein-
kalibrigen Geschosse ein.
Eine grosse Anzahl von gut gelungenen Photographien und Zeichnungen
erläutern die interessanten Schilderungen. Das Werk kann jedem Militär-
ärzte bestens empfohlen werden. Seydel
Placzek (35) hat in sehr verdienstvoller Weise die Traggurten der Feld-
träger der österreichischen Armee zu Transportimprovisationen verwendet
und durch mehrere Abbildungen veranschaulicht, wie durch passende Ver-
wendung dieser Gurten das Tragen eines Verwundeten durch einen Mann
und durch zwei Mann wesentlich erleichtert wird. Seydel.
Wie V. Haselberg 1893 über 37 Schussverletzungen, die auf der chirur-
gischen Abteilung des städtischen Krankenhauses am Urban zu Berlin be-
handelt wurden, berichtet hat, so führt uns nunmehr Kroner (23) 150 Schuss-
verletzungen vor Augen, welche in den letzten zehn Jahren behandelt wurden.
Von den 150 Fällen betrafen 127 Männer, 14 Frauen, 9 Kinder. 90 mal
waren es Selbstmordversuche, in der Mehrzahl der Fälle waren es Schussver-
letzungen mit Revolverkugeln.
27 Patienten starben, 123 genasen. Die einzelnen aufgeführten Krank-
heitsberichte bieten manches interessante und verweise ich diesbezüglich auf
das Original. Seydel.
Die Untersuchungen von Muschold, Loesener und Bischoff haben
ergeben, dass in den Fliesspappepfropfen der Militärplatzpatronen virulente
Tetanusbazillen enthalten sind. Schmidt (39) hat nun ähnliche Nachfor-
schungen auch bei Schrotschussverletzungen angestellt. Nach seiner Ansicht
schrumpft die Zahl der Schrotschussverletzungen, bei welchen der Verdacht
auf Tetanusinfektion die Frage der Entfernung des Patronenpfropfes, bezw.
der prophylaktischen Tetanusantitoxin-Einspritzung nahelegt, sehr zusammen.
Immerhin darf die Kenntnis dieser Gefahr nicht gering geachtet werden, wo
Menschenleben und auch die Verantwortlichkeit des behandelnden Arztes auf
dem Spiele stehen. Schmidt empfiehlt Freilegung des Wundkanals, grund-
Seydel, Kriegschiraigie. 1301
liclie Tiefendesinfektion, offene Tamponade, endlich prophylaktische Antitoxin-
einepritzang. S e y d e 1.
Lönnqvist (25), Oberarzt des Finnländischen Roten Krenzes in Ost-
asien führt aus, dass die Wirkungen des kleinkaiiberigen Gewehres ziemlich
human gewesen sind. Durch Schrapnells und Granaten hervorgerufene Wunden
waren aber meistens infiziert. Die Lungenschüsse nahmen im allgemeinen
einen günstigen Verlauf. Auch was die Bauchhöhle betrifft, hatten manche
einen guten Verlauf; in fast 50 ^/o der Fälle trat Heilung ein. In vier Fällen
wurde eine Laparotomie wegen Peritonitis ausgeführt. Ein Fall genas.
Hj. von Bonsdorff.
Taddei (47). Das Buch zerfällt in einen allgemeinen Teil über die
Wirkung der modernen Schiessgewehre auf leblose Ziele und in einen spe-
ziellen Teil, der die in den verschiedenen Geweben und Organen des mensch*
liehen Körpers erzeugten Verletzungen untersucht.
Im ersten Teil werden die physikalischen Modifikationen der Geschosse
(Deformation, Zersplitterung, Erhitzung) und ihr Einfluss auf die Qualität und
die Schwere der Wunden studiert; er gibt dann eine Darlegung der an mannig-
fachen leblosen Zielen von der verschiedenartigsten physikalischen Konstitution
angestellten Untersuchungen und zieht aus diesen wichtige Schlüsse auf die
Pathogenese der Wunden.
Im zweiten Teil werden die Menschlichkeit der modernen Projektile,
die Ursachen der Asepsis vieler Wunden usw. untersucht.
Es werden alsdann entwickelt: die pathologische Anatomie, die Patho-
genese, Symptomatologie, Diagnose, Prognose und die Behandlung der Wunden
der Weichteile, der Knochen, Gelenke, des Schädels, der Wirbelsäule, der
Brust und des Bauches.
Einige Betrachtungen verdienen erwähnt zu werden: die geringe Be-
deutung der Drehbewegung des Geschosses für die Wirkungen in dem Ziel;
das als ein höchster Grad der Entfaltung seitlicher Wirkungen betrachtete
Wesen der Explosivfakta, die Erklärung dieser Tatsachen durch die plötz-
liche und schnelle Inbew^ungsetzung der angestossenen Moleküle, begleitet
von den Schwingungen, welche die Bewegung auf die Ferne fortpflanzen ; die
nur durch wenige Gewebe und Organe und durch die erheblichen Entfernungen
des Schusses begrenzte Menschlichkeit der modernen Geschosse, die Zweck-
mässigkeit der Antisepsis im Kriege; die Wichtigkeit der anatomischen Ver-
hältnisse der Wunden für den spontanen aseptischen Verlauf; die Bedeutung
der aponeurotischen Diaphragmen zur Verhinderung äusserer Blutungen und
Begünstigung der aneurysmatischen Hämatome, die bei den modernen Waffen
infoige von Gefässverletzungen so häufig sind; die Notwendigkeit der chirur-
gischen Einschränkung und Enthaltung bei vielen Wunden (bei Schädel nur
wegen endokranieller Blutung, bei dem Abdomen nur in den ersten 12 Stunden
und wenn die günstigsten Bedingungen bestehen usw. R. Giani.
Die Tatsache, dass trotz antiseptischer Wundbehandlung noch viele Ver-
wundete auf dem Schlachtfelde an eiteriger Infektion zugrunde gehen, ver-
anlasste Stock um (46), sein Verfahren für die Wundbehandlung im Kriege
ganz besonders zu empfehlen. Dasselbe besteht darin, dass ohne Reinigung
der Wunde oder ihrer Umgebung eine grosse Menge Perubalsam in die Wunde
eingegossen wird. Ein einfacher Druckverband schliesst das Ganze ; der Ver-
band bleibt drei Wochen liegen. Eine angefügte Statistik lässt erkennen, dass
von 90 auf diese Weise behandelten offenen Knochenbrüchen 95,5 ^/o ohne
1302 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Eiterung glatt zur Heilung kamen. Die Vorzüge dieser Wundbehandlung
bestehen nach Stock um in folgendem: Der Verletzte braucht nicht gereinigt
zu werden, die Hände des Chirurgen müssen nicht desinfiziert sein, der Ver-
band braucht nicht steril zu sein, er muss nur gut aufsaugen; dabei kann
er 20 Tage liegen bleiben, ohne gewechselt zu werden. Komplizierte Frak-
turen mit kleiner Hautwunde, sowie Schusswunden mit kleiner Einschuss- und
Ausschussöffnung sollen mit Einspritzungen von Perubalsam behandelt werden,
die dazu zu benützende Spritze soll aber sterilisiert sein. Seydel.
Das therapeutisch wichtigste Symptom der Schusswunde ist die Blutung,
die Küttner (24) in primäre äussere und primäre innere einteilt. Er
bespricht die direkte Blutstillung bei äusserer Blutung und empfiehlt bei
bedrohlicher Anämie die schleunige Verabfolgung einer ausgiebigen Kochsalz-
infusion. Viel gefährlicher ist die innere Blutung bei Schusswunden der
grossen Körperhöhlen, wo sehr ungünstige Bedingungen für die Blutstillung
bestehen. Besonders gefahrdrohend ist auch die Nachblutung, die sich mit
Vorliebe bei Knieschüssen, oder bei durch phlegmonöse Prozesse arrodierten
Gelassen einzustellen pflegt. Als die Hauptaufgabe des Arztes betrachtet
Verf. die Verhütung der Infektion. Die frische Schusswunde soll als rein
angesehen, daher nicht ausgewaschen, vor allen Dingen nicht sondiert werden.
Einfache primäre Okklusion der Schussverletzung ist das Beste, die mit
sterilem oder antiseptischem aufsaugungsfahigem Verbandstoff — am besten
Gaze — zu geschehen hat. Bei Schusswunden der Knochen und Gelenke
ist Fixation die erste Grundbedingung. Im Anschluss an den allgemeinen
Teil bespricht Verf. noch die Verletzungen der einzelnen Organe : des Schädels,
des Gesichts, des Halses, der grossen Gefässe, des Herzens und Herzbeutels,
der Lungen, ihre Symptome und Therapie. Bei jeder Bauchschussverletzung,
die auch nur den Verdacht einer Eröffnung der Bauchhöhle aufkommen lässt
soll baldmöglichst laparatomiert werden. Vor der Laparotomie soll man dem
Bauchverletzten nichts geben, vor allen Dingen kein Opium, das nur die
Schwere des Krankheitsbildes verschleiere. Wie die Bauchschüsse sollen auch
die Blasenschüsse baldmöglichst operiert werden. Die Schussverletzungen der
Wirbelsäule sollen wegen ihrer häufigen Komplikationen nur im Krankenbans
behandelt werden. Seydel.
Pezold (33). Diese kleine interessante Abhandlung bespricht an erster
Stelle den Bildungsgang der japanischen Ärzte, dem der Deutsche zum Vor-
bild dient. Obwohl die Zahl der japanischen Ärzte 40000 beträgt, so besitzen
zurzeit doch nur etwa 600 davon eine akademische Bildung. Die Organi-
sation des Militär-Sanitätsdienstes ist eine Kopie der preussischen. Besondere
Erwähnung findet auch die segensreiche Tätigkeit des roten Kreuzes in Japan.
Die von den japanischen Ärzten ausgeübte chirurgische Behandlung ist eine
sehr konservative, besonders kamen die Gipsverbände während des Krieges
in ausgedehnter Weise zur Anwendung. Die Abhandlung schliesst mit einem
Lob der japanischen Ärzte, die bei einer ausgezeichneten Organisation streng
sachgemäss ihre Aufgaben lösen und von einem humanen Geiste beseelt sind.
Seydel.
Die Beobachtungen Brentanos (8) stützen sich auf 28 Fälle, von
denen 12 infiziert waren. 16 nicht infizierte entfielen auf verschiedene Ge-
lenke. Letztere waren alle durch Fernschüsse hervorgerufen und haben kleine
Ein- und Ausschussöfinungen, ohne dass die Knochen zersplittert waren. Alle
kamen unter aseptischen fixierenden Verbänden rasch zur Heilung. Zur Be-
Seydel, Kriegschirurgie. 1303
bandlungder infizierten Gelenkschüsse empfiehlt Brentano breite Inzisionen
und Anlegung eines grossen gefensterten, fixierenden Gipsverbandes. Primäre
Amputationen sind vorzunehmen, wenn gleichzeitig schwere Weichteil- und
Knochenverletzungen vorliegen, sekundäre, wenn osteomyelitische Prozesse sich
in den verletzten Knochen entwickeln, oder fortschreitende Phlegmonen auch
durch Inzisionen nicht zum Stillstand gebracht werden können. Seydel.
Schwalm (40) stellt es sich zur Aufgabe, die gewaltige Umwandlung
in der Bedeutung der Knieschüsse in ihren Ursachen zu beleuchten. Er
bespricht zuerst die Art der durch die verschiedensten Handfeuerwaffen
gesetzten Verletzungen, beginnend mit dem primitiven aus dem 30jährigen
Kriege stammenden Steinschlossgewehr. Mit der Vervollkommnung der Hand-
feuerwaffen ist auch der Charakter der Kniegelenkschusswunden ein bedeutend
gutartigerer geworden. Im Anschlüsse an die Art der Verletzungen führt
Schwalm die verschiedenen Behandlungsmethoden der Knieschüsse an, wie
sie von Sarrey, Hennen, Gutrie, Bilguer, später von Pirogoff,
Langenbeck, Lister und anderen ausgeübt wurden, bis auf die heutige
Therapie derselben, die nach den allgemeinen modern chirurgischen Grund-
sätzen zu geschehen hat. Seydel.
Hildebrandt (15) machte eine Seihe von Versuchen, um eine völlige
Klärung der Frage zu erhalten,- in welcher Weise die explosionsartigen Er-
scheinungen, die sich beim Beschüsse von wasserreichem Gewebe mit modernen
Gewehrprojektilen ergeben , sich abspielen; zu diesem Zwecke benützte er
Blöcke aus Bildhauerton, von abwechselnder Stärke und in verschiedener
Lage von verschiedener Färbung, die auch nach Durchtritt des Projektils
ein getreues Bild des Schusskanals darstellen. Die Abhandlung ist durch
verschiedene sehr instruktive Bilder erläutert. Verf. kommt zu dem Schlüsse,
dass die Teile eines flüssigen oder feuchten Körpers, welche von dem Pro-
jektil getroffen werden, dem geringsten Widerstand entsprechend sich nach
dem dünneren Medium der Luft hinbewegen — also nach dem Schützen —
aber in entgegengesetzter Richtung, je tiefer das Geschoss eindringt, wenn
von allen Seiten ein annähernd gleicher Widerstand ausgeübt wird. Die Ex-
plosionswirkung erklärt er so, dass durch das einschlagende Projektil das
Medium in toto verschoben wird, wobei die einzelnen Teile desselben, wie
durch die verschiedene Färbung des Tones zu erkennen war, ihre Lage zu-
einander nicht veränderten. In das entstehende Vakuum strömt die Luft
von aussen her mit grosser Gewalt ein. Je länger der Schusskanal, desto
höher ist auch die Luftsäule, welche in ihn eindringt, desto ausgeprägter
ihre Wirkuog, welche sich in sekundären Einstülpungen an den Rändern der
Ein- und Ausschussöffnung des Projektils äussert und die primären Pressungs-
erscheinungen modifiziert. Seydel.
Pfahl (34). Das Reglement von 1904 fordert, dass während des Ge-
fechtes die erste Hilfe grundsätzlich vom Sanitätspersonal der Truppen selbst
geleistet wird, das während des Kampfes im Verbände der Gefechtsgruppe
zur Verfügung des Kommandanten steht. Dieses Personal stellt den Hilfsplatz
auf und folgt beim Angriff solange als eben möglich, wobei es den Getroffenen
an Ort und Stelle die erste Hilfe bringt.
Neben diesem Hilfsplatz ist jeder Infanterietruppendivision eine Divi-
sionssanitätsanstalt zugeteilt, die folgendes aufstellt: Den Verbandplatz als
Zentrale der sanitären Organisation, die Ambulanz, als temporäre Unterkunft
für die am Verbandplatz besorgten und die ihr direkt zugeschobenen Unrett-
1904 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
baren, daneben die Leichtverwundetenstation und die Sanitätsmaterialresenre
— alles in zwei teilbar — ; ausserdem stehen der Divisionssanitatsanstalt
noch Helfplatzwagen zur Verifügung, femer Blessiertenwagen und die Kolonne
des Deutschen Ritterordens. Im Gebirgskriege sind Verbandplatz und Ma-
terialreserve in vier teilbar. Die Sanitätsanstalt einer Kavalleriedivision be-
steht nur aus dem Verbandplatz und dem Blessiertenwagen. Auf dem Hilfs-
platz werden schon meist definitive Verbände angelegt, so dass der Verband-
platz sich mehr grösseren Operationen und Verbänden widmen kann. Den
Sanitätsanstalten der zweiten Linie, dem Feldspital und Lazaret ist das
weitere ärztliche Handeln überlassen. Pfahl hebt besonders den hohen
moralischen Effekt hervor, den die erste schnelle Hilfe dem Verwundeten
bietet, und betont daneben die grosse Wichtigkeit des ersten Verbandes und
vor allen Dingen des ersten Transportes. Nach dem neuen Reglement von
1904 ist der Arzt in Österreich zugleich Kommandant des Hifsplatzes, der
Divisions- und Brigadesanitätsanstalt und des Feldspitals, eine Stellung, die
auch von den Ärzten die Aneignung spezifisch militärischer Fähigkeiten in
hohem Grade erfordert. Seydel.
Im ersten Briefe bezeichnet W reden (50) die japanische Flinte als
eine durchaus humane Waffe. Die Kugeln haben eine sehr dicke Hülle, die
niemals zerreisst. Selbstverständlich ist die Entfernung von grösster Be-
deutung für die Schwere der Verletzung. Bis 200 Schritt ist eine Schädel-
verletzung tödlich, andere Organe werden arg zugerichtet In einer Entfer-
nung von 400^800 Schritten ist die Sprengkraft der Kugel bedeutend
abgeschwächt, und nur ein Durchdringen der Kugel ist zu beobachten. In-
folgedessen verlaufen die dahin gehörenden Verwundungen sehr günstig. Bei
einer Entfernung von 800 — 1000 Schritten sind Eingangs- und Ausgangs-
öffnungen grösser; daher ist durch mitgerissene Kleiderfetzen eine Infektion
viel leichter möglich. Bei über 1000 Schritten Entfernung bleiben die Kugeln
stecken. Im Gegensatz zu diesen Verletzungen sind die durch Artilleriegeschosse
hervorgerufenen prognostisch viel schlechter; sie verlaufen als echte Riss-
wQnden fast alle unter Eiterung, die durch die Geschossstücke selbst, durch
Kleiderfetzen, Erd- und Sandpartikelchen hervorgerufen wird.
In einem zweiten Briefe hebt Wre den die Brauchbarkeit des Verband-
packetes hervor, das jeder Soldat mit ins Gefecht nimmt.
Das Material ist antiseptisch, was ihm nebenbei den Vorzug gewährt,
dass sich wenigstens auf 24 Stunden bei der grossen Hitze und der un-
zähligen Masse Fliegen keine Larven entwickeln können. Als Nachteil er-
wähnt W reden, dass durch die Sublimatgaze leicht Ekzeme hervorgerufen
würden, und er empfiehlt, Sublimat durch Kreosot zu ersetzen. Ein Mangel
herrschte auch an blutstillenden Pinzetten, sowie an Apparaten zur Verab-
reichung von Kochsalzinfusionen. Sehr praktisch erwiesen sich die Spiritus-
glühlampen, da im Hauptverbandplatze bei Loajan Ta^ und Nacht gearbeitet
werden musste. Zum Schlüsse erwähnt er noch die kolossale verheerende
Wirkung der Artilleriegeschosse. Seydel.
Goebel (14) bespricht an erster Stelle die modernen En^ungenschaften
in der Ätiologie der chirurgischen Erkrankungen; er erwähnt List ers Wund-
behandlung, die Pasteursche Lehre von den Mikroorganismen, die Kontakt-
infektion, die schon von Semmelweiss betont worden war, und deren
Nachweis wir Robert Koch verdanken. Als ferneres Produkt der bakterio-
logischen Forschung ist neben der Asepsis und Antisepsis besonders die
Giani, Italieniscko Litoi-atnr vod 1905. 1305
Semmtherapie anzasehen, sowie die prophylaktische Einspritzung des Tetanus-
antitozins bei jeder Verwundung, die nur den Verdacht auf Eindringen der
Tetanusbazillen zulässt. Von grösster Wichtigkeit war die Verbindung der
Bakteriologie und der pathologischen Anatomie für die Chirurgie, besonders
bei Erforschung der Osteomyelitis und der Gelenktuberkulose.
Goebel erwähnt ferner die Bedeutung des Nachweises der Rachitis
für die Lehre Yon den Knochenerkrankungen und der Syphilis für eine Reihe
von Knochenanomalien. Sehr wichtige Ergebnisse lieferte auch die ätio-
logische Forschung über die Funktion der Schilddrüse, ihre Beziehungen zum
Kretinismus und zur Tetani.
Von nicht geringer Bedeutung sind die Resultate, welche die Operatio-
nen des erkrankten Wurmfortsatzes zutage förderten.
Für die Zukunft der Chirui^ie verspricht sich Goebel besondere Ein-
wirkungen aus der Weiterbildung der Geschwulstlehre.
Zum Schlüsse erwähnt er die erfreuliche Wechselwirkung zwischen
chirurgischem Handeln und ätiologischer Forschung, wie einerseits die Bak-
teriologie und pathologische Anatomie die exakte Indikationsstellung zur
Operation ermöglichen und umgekehrt die ätiologische Forschung von der
chirurgischen Einsicht in den erkrankten Körper manche Anregung und Be-
reicherung erfährt. Seydel.
|X XVIII.
Italienische Literatur von 1905. Nachtrag.
Referent: R. Giani, Turin.
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Seziooe chirurgiea 1905. Fase. 1, 2, 3.
Die Pinze D'Ajutolos (1) endigt mit zwei sichelförmigen Messerchen,
deren Spitzen dadurch, dass sie sich untereinander begegnen, die Wandungen
eines Abszesses oder einer Zyste zuerst zwicken und dann inzidieren können.
Im Falle eines akuten retropharyngealen Abszesses wird man eben suchen,
zuerst seine Wandung gegen seinen medialen Pol zu zwicken und wird dann,
nachdem man den Kopf des Patienten hat nach vorn neigen lassen, inzidieren.
Auf diese Weise wird jede Gefahr, wichtige Organe zu verletzen, sowie auch
die von Erstickungsan^Uen infolge des raschen Ergusses des Eiters in den
Larynx beseitigt. D'Ajutolo glaubt, dass die Pinze bei vielen weiteren
Gelegenheiten wirksam verwendet werden könne, das heisst zum Inzidieren
von Tonsillenabszessen, des Mundbodens, oder anderer nach aussen kommuni-
zierender Höhlen, sowie für die Diszission der Tonsillen, beim Ödem des
Zäpfchens usw. Er bemerkt noch, dass Prof. Egidi zu Rom dieselbe für
vorzüglich erklärt, nachdem er sie in einem Falle von akutem retropharyn-
gealem Abszess erprobt hat.
R. Alessandri (2) berichtet über einen Fall von solitärem Tuberkel
der linken Roland sehen Zone bei einem mit tuberkulöser Arthrosynovitis
des linken Knies behafteten Individuum. Es handelt sich um einen 31 jähr.
Mann, der seit 7 Monaten an Krampfanfällen von deutlich Jacks onsdiem
Typus litt, unter Vorausgang von Empfindungsaura. Dieselben ergriffen —
bei intaktem Bewusstsein — teilweise oder gänzlich den rechten Arm und
erstreckten sich zuweilen auch auf den rechten Facialis inf., selten auf den
ganzen Körper, begleitet von Bewusstlosifjkeit. Gleichzeitig bestand dauernde
Parese des rechten Armes, besonders der Hand und leichte Parese des rechten
Qiani, ItalMiiiaeba Literatur Ton 1905. 1309
Facialis inferior. In der linken Regio parieto-teraporalis bestand ein Areal
mit gedämpftem Schall und Schmerzhaftigkeit bei Druck. Es war demnach
eine organische Verletzung zu Lasten des mittleren Teiles der linken Roland-
schen Zone (Zentrum der oberen Extremität) gewiss.
Wegen des langsamen, stationären Verlaufs der Krampferscheinungen
und der Parese, wegen der scharfen Begrenzung der Pareseerscheinungen und
der Konvulsionen, wegen des Fehlens von Symptomen intrakranieller Druck-
erhöhung wurde die neoplastische Natur der Läsion ausgeschlossen. Da der
Versuch einer Antisyphilisbehandlung, gestützt auf Famiiienpräzedenzien und
die Existenz einer floriden tuberkulösen Läsion mit linkem Knie, fruchtlos
gewesen war, wurde die Diagnose auf wahrscheinliche Himhauttuberkulose
gestellt. Beim Operationsakt fand sich eine knotenartige, in der Rinde ange-
setzte und mit der weichen Hirnhaut verwachsene Bildung in der Roland-
schen Zone, aber bedeutend höber als der mittlere Teil derselben, in der
Nähe des Sinus longitudinalis. Dieselbe wurde exstirpiert; die zurückblei-
bende Höhle wurde tamponiert und der Tampon nach drei Tagen entfernt.
Heilung per primam.
Bemerkenswert war die Erscheinung, dass Patient nach der Operation
mit Parese des rechten Armes und des Facialis inferior ebenfalls rechterseits
behaftet blieb, zu der vollständige motorische Aphasie, leichte akustische
Aphasie verbale Blindheit trat. Diese Erscheinungen verschwanden allmählich
und nach sechs Monaten bestand nur noch eine leichte Parese des Armes.
Die makroskopische und mikroskopische Untersuchung des exstirpierten
Stückes zeigte, dass es sich um ein charakterisches, in seiner oberflächlichsten
Zone scharf durch eine Faserproduktion abgegrenztes und sich allmählich
gegen die Tiefe in der gesunden Hornsubstanz verlierendes tuberkulöses Granu-
lom handelte.
Verf. streift kurz die von den Chirurgen, die Fälle von Gehirntumoren
verschiedener Natur operierten, mitgeteilten Statistiken und die von denselben
über die Zweckmässigkeit des Eingriffes in derartigen Fällen zum Ausdruck
gebrachten Anschauungen. Auch wenn die tuberkulöse Natur der Läsion
vermutet wird, hält er den Eingriff in all denjenigen Fällen für indiziert, bei
denen die Symptomatologie so scharf ist, dass sie die Diagnosestellung auf
eine organische in einem bestimmten Punkt der Gehirnhemisphäre lokalisierte
Läsion ermöglicht.
Er ist der Ansicht, dass die Anwesenheit einer chronisch bei Druck
schmerzhaften und bei der Perkussion einen Dämpfungsschall gebenden Zone
eine ausschlaggebende Bedeutung besitze, sobald sie mit der Gesamtheit der
durch die Anatomie und Physiologie bei der Lokalisation einer Himläsion
gelieferten Daten in Einklang steht.
Als genaueste Methoden für die Bestimmung der Rolandschen Zone
werden die von Poirier und D^Antona angeführt und das Verfahren
von Durantes für die Bildung des osteoplastischen Lappens gerühmt, mit
dem in seinem Falle ein neuer vorzüglicher Erfolg erzielt wurde. Im Gegen-
satz zu der Ansicht Chipaul ts und anderer hält Verf. es für zweckmässig,
die Kraniektomie und die Entfernung der Geschwulst anstatt zweizeitig in
einem einzigen Operationsakt zu vollführen.
Zum Schlüsse folgen einige Betrachtungen über die histologische Unter-
suchung der entfernten Neubildung, wobei darauf hingewiesen wird, dass die
Bildung von Fasergewebe um das Granulom eine Tendenz zur Heilung des-
1310 Jahresbericht für Chirurgie, tl. Teil.
selben andeute. Es wird ein ähnlicher Fall von Prof. Roneali angefahrt,
bei dem die Neigung zur Heilung durch Fasergewebe dargestellt war, das
sich, anstatt an der Peripherie, im Zentrum des Granuloms selbst gebildet
hatte. Schliesslich nimmt Verf. an, dass infolge des pathologischen Prozesses
eine Verschiebung eingetreten sei, welche die relative Lage der Zentren ver-
ändert hatte. Auf diese Weise erklärt er die Tatsache, dass er das Zentrum
der oberen Extremität in bedeutend höherem Sitz als normalerweise fand und
die weitere (noch bemerkenswertere) Erscheinung einer motorischen Aphasie
nach einer fem von der Stelle, wo sich gewöhnlich der anatomische Sitz des
Sprachzentrums befindet, ausgeführten Operation.
G. Anzilotti (3) teilt einen klinischen Fall eines 20jährigen Indivi-
duums mit, das die Zeichen einer schweren allgemeinen Anämie mit Hypo-
thermie bot und mit schwerer ulzeröser Stomatitis, auf den ganzen Mund
verbreitet, behaftet war. Nach kurzem Aufenthalt im Spital hatte Pat.
wiederholtes Nasenbluten, Zahnfleischblutungen, erhebliche Hyperthermie (bis
40 ^ C) und starb am 13. Erankheitstag mit zahlreichen punktförmigen Haut-
hämorrhagien, besonders an den unteren Extremitäten und den Bindehäuten.
Eiweiss und Zylinder im Harn. Die Untersuchung des Blutes ergab eine
erhebliche Verminderung der roten Blutkörperchen und des Hämoglobinge-
haltes. Es wurde während des Lebens die bakteriologische Untersuchung
des Blutes und des Urins angestellt und die Anwesenheit des Staphylococcas
pyogenes albus konstatiert. Nach dem Tode wurden Isolierungsplatten mit
Verdünnungen von Blut aus dem Herzen und der Milzpulpa gemacht. Aus
letzteren Untersuchungen konnte in Reinkultur erhalten werden der Staphylo-
coccus pyogenes, aureus, albus und citreus, alle drei ausgestattet mit hoher
Virulenz und die bekannten biologischen und kulturellen Differentialmerkmale
zeigend. Die Obduktion demonstrierte ausgeprägte degenerative Alterationen
der inneren Organe, seröse Ödeme und punktförmige Hämorrhagien, im Pen-
kardium, in der Pleura, in der Leber, den Nieren.
Verf. schliesst einige Betrachtungen über seinen Fall an und berichtet
über die jüngsten Beobachtungen und Untersuchungen über die Ätiologie der
Septikämie unter Darlegung der Beziehungen, die zwischen den hämorrhagi-
schen Infektionen und den septikämischen bestehen, bei denen die Gefäss-
erscheinungen nichts weiter sind als einfache Wacherscheinungen. Das Sta-
dium dieses klinischen Falles ist auch interessant wegen des Nachweises des
Umstandes, dass der Staphylococcus pyogenes albus und ganz besonders der
citreus, namentlich in Symbiose, schwere septikämische Erscheinungen hervor-
rufen können.
Betagh (6) hat in zwei Fällen von menschlicher Aktinomykose einen
Mikroorganismus in Form vom Streptotrix isoliert, der sich langsam und
spärlich in den Kulturböden und bei der Temperatur von 37^ entwickelt,
während er bei Zimmertemperatur nicht fortkommt; der sich besser anae-
robisch, im Glykoseagar als aerobisch entwickelt; der in Bouillon nur auf
dem Boden des Beagensgläschens Entwickelung gibt, der im Agar kleine
weissliche, nicht sehr zusammenäiessende Kolonien gibt; kurz, der, sei es
durch diese kulturellen Eigenschaften, sei es durch die Morphologie der von
Wolff und Israel und neuerdings von Wright gefundenen Form gleicht.
Die Fäden dieser Mikroorganismusvarietät sind kurz, besitzen echte
Verästelungen und leicht geschwollene Endigungen.
Giani, ItalieniAohe Literatur Ton 1905. 1311
In alten Kulturen finden sich noch kürzere Fäden mit kömigem Aus-
sehen in den mit Gramm gefärbten Präparaten und überdies Fragmente in
Bazillen- und Kokkenform.
Dieser Mikroorganismus ist unbeweglich im hängenden Tropfen und
nicht säureresistent. Eingeimpft in Tiere, sowohl in Meerschweinchen und
Kaninchen als beim Kalb gedeiht er nicht und die Tiere gehen vom 10. — 24.
Tage an kachektischen Erscheinungen zugrunde.
Nur in einem Falle eines Kaninchens, dem in die Peritonealhöhle viele
Kolonien des Mikroorganismus enthaltende Agarmassen eingeimpft worden
waren, trat Knötchenbildung ein, die sich durch Einkapselung der Agar-
massen von Seiten des Bindegewebes gebildet zeigten, ohne ein eigentliches
Gedeihen des Parasiten, der vielmehr degeneriert und zum Teil durch die
Immigrationsleukozyten eingeschlossen wird,
Red. glaubt demnach, es mit einer Varietät zu tun zu haben, welche
kein pathogenes Vermögen für Tiere zeigt, ohne damit anzunehmen, dass
man es in allen Fällen von menschlicher Aktinomykose mit der nämlichen
Varietät des Parasiten zu tun habe.
Biagi (7) hat das hämolytische Vermögen, das Agglutinationsvermögen,
das bakterizide Vermögen des Blutserums bei entmilzten Hunden, sowie die
Resistenz der roten Blutkörperchen untersucht und gesehen, dass nach der
Entmilzung
a) das hämolytische Vermögen keinerlei Veränderung erfährt;
b) die Resistenz der roten Blutkörperchen unverändert bleibt;
c) das Agglutinationsvermögen sich nicht ändert;
d) das bakterizide Vermögen nach der Entmilzung bis zum Schwinden
abnimmt, um dann wieder zu erstarken und zur Norm zurückzukehren und
auch stärker;
e) keinerlei Beziehung zwischen Agglutinationsvermögen und bakteri-
zidem Vermögen besteht.
An einer weiteren Reihe von Versuchen hat er die Resistenz gegen die
Injektion eines spezifisch hämolytischen Serums in die entmilzten Tiere studiert
und gesehen:
a) dass die Wirkung des spezifisch hämolytischen Serums sich in gleicher
Weise durch den Tod des Tieres an akuter Anämie und Ikterus kund gibt;
b) dass manchmal der Tod ein rascherer war als bei den normalen
Kontrollen.
c) dass anatomisch - pathologisch die Erscheinung bei den entmilzten
und gesunden Tieren sich mit gleicher Intensität abwickelt;
d) die Zerstörung der roten Blutkörperchen sowohl in dem Zirkulations-
strom wie in den Organen stattfindet; in dem Zirkulationsstrom ist sie vor-
wiegend intrazellulär (grosse Mononukleierte), in den Organen wiegt die extra-
zelluläre vor;
e) die Milz demnach zu der hämolytischen Erscheinung bei experimen-
tellen Anämien beitragen würde, jedoch in gleichem Massstabe wie die anderen
Organe.
Biagi (8) nimmt die schon früher von ihm im Jahre 1898 in einer
Arbeit behandelte Frage wieder auf. Damals hatte er geschlossen, dass die
Integrität der Nerven für die normale Knochenentwickelung des Gallus
unumgänglich ist, da bei nephrektomisierten Gliedern das Ausbleiben der
Wiederherstellung in den gebrochenen Knochen infolge fibröser Metamorphose
1312 Jahretberioht ffir Chimrgte. IL Teil.
des jungen, häufig exuberanten Bindegewebscallus, der die beiden Stümpfe
vereinigt, zu beobachten sei. Er präft die nach seiner ersten Mitteilung er-
schienenen Arbeiten, die sich mit demselben Gegenstand beschäftigten and
dabei zu differenten Resultaten gelangten, und betrachtet ganz besonders die
von Muscatello, der, zu ganz entgegengesetzten Schlüssen gelangt, die
Schuld an der Verschiedenheit der von Biagi erzielten Resultate einem De-
fekt in der Technik zuschreibt; in dem Sinne, dass die ausgebliebene Pro-
duktion der Knochenkontinuität auf einer übermässigen Beweglichkeit der
Stücke des nevrektomisierten Gliedes beruhen solle. Zur Vermeidung dieses
möglichen Fehlers hat Biagi bei seiner neuen Versuchsreihe an überwin-
ternden Tieren in der Lethargieperiode und an Gänsen operiert, die er in
Metallkästen still hielt. Die Versuche waren acht, und zwar sechs Murmel-
tiere, denen er nach vorausgehender Nephrectomia iscbiadico-cmralis die
Hinterbeine brach, und zwei Gänse, bei denen er nach Durchsuchung des
Plexus brachialis den Radius und die Ulna in ihrer Kontinuität unterbrach.
Um eine sichere Kontrolle zu erhalten, machte er die Fraktur an beiden
Gliedern, die Nephrektomie dagegen nur auf einer Seite.
Aus der mikroskopischen Untersuchung ergab sich konstant die Tat-
sache, dass an den Gliedern, an denen das Nervensystem intakt war, einerlei,
welches die Lage der Stücke war, einerlei, welcher Art die Frakturen, ob
einfach oder splitterig, stets vollkommene Konsolidation durch normalen
Knochencallus eintrat. Bei den nephrektomisierten Gliedern ist trotz der
exuberanten Produktion des Callus längs der Bruchstümpfe die Kontinuität
nicht wiederhergestellt, sondern man beobachtet entsprechend dem Herd ein
aus dem Periost und Parost kommendes fibrozellulares Gewebe mit Neigung
zu fibröser Sklerose. Nur bei einigen Versuchen sieht man inmitten des
Herdes Anzeichen von Verknöcherung, gleich als ob die knochenerzeugende
Fähigkeit des Callus erhalten wäre, jedoch träge und langsam. Längs der
Oberfläche der Bruchstümpfe, wo der präexistierende Knochen seine anregende
und bildende Wirkung ausübt, beobachtet man eine tätige Knochenbildnng,
die sich zuweilen direkt vollzieht, häufiger jedoch durch eine Knorpelpbase
hindurchgeht. Die sorgfältige Untersuchung der zum Zwecke der Kontrolle
mit Integrität des Nervensystems gemachten Frakturen, bei denen trotz er-
heblicher Verschiebung und Drehung der Stücke, trotz der Anwesenheit reich-
licher Blutergüsse in den Herd usw. die Konsolidation vollkommen eingetreten
war, führt den Verf. dazu, mit aller Bestimmtheit die Möglichkeit anszü-
schliessen, dass die Unzulänglichkeit der chondrogenen und osteogenen Tätig-
keit auf der nephrektomisierten Seite der übermässigen Beweglichkeit der Stücke
zuzuschreiben sei.
Biagi schliesst sonach, dass die Litegrität des Nervensystems bei der
Heilung der Frakturen einen sehr grossen Wert hat ; doch misst er der Vor-
stellung von diesem Einfluss eine etwas weniger weite und ausschliessende
Bedeutung bei als in der früheren Mitteilung, in dem Sinne, dass er annimmt
dass unabhängig von dem Typus der Fraktur und den übrigen von Musca-
tello und anderen angegebenen Ursachen in den verschiedenen Individuen
derartige Verhältnisse bestehen, durch die die modifizierende Wirkung der
Nervendurchschneidung sich entweder gar nicht äussert, oder höchstens durch
histologische Abweichungen wie das Vorwiegen der Knorpelphase, oder durch
Entwickelungsänderungen von geringem Wert zum Ausdruck kommt.
Giani, ItalieniBche Literatur yon 1905. 1313
Ausgehend von der bekannten Beobachtung, dass die eitrigen Ansamm-
lungen bakterischen Ursprungs bei der mikroskopischen und bakteriologischen
Untersuchung nach einer gewissen Zeit frei von Keimen erscheinen können,
hat Binaghi (9) eine Reihe von experimentellen Untersuchungen angestellt,
die darauf gerichtet waren, zu untersuchen, durch welchen Mechanis-
mus der Eiter seine bakterizide Wirkung auf die Keime, mit
denen er mehr oder weniger lange in Kontakt bleibt, ent-
wickelt.
Bei seinen Untersuchungen hat er sich ausschliesslich mit dem Milz-
brandbazillus beschäftigt, an dem er die Wirkung eines aseptisch aus einem
beim Hund und Kaninchen mittelst subkutaner Injektion von in sterilem
Wasser suspendiertem Stärkepulver hervorgerufenen Abszess gewonnenen
Eiters studierte.
In einer ersten Versuchsreihe setzte er den entleerten und in sterilen
Röhren gesammelten Eiter 30 Minuten lang einer Temperatur von 56^ C
aus. Aus dem Kulturversuch und der biologischen Probe (Kaninchen) konnte
er ersehen, dass der bei 56^ behandelte, das heisst seines Komple-
ments beraubte Eiter gänzlich seine bakterizide Wirkung ein-
gebüsst hatte. Durch eine zweite Versuchsreihe hat Verf. dargetan, dass,
wenn dem bei 56^ inaktivierten und den virulenten Milzbrand-
bazillns enthaltenden Eiter neuer, das heisst komplement-
reicher Eiter zugesetzt wird, derselbe reaktiviert wird, das
heisst die bakterizide Wirkung wieder gewinnt, welche der
Eiter in natura besitzt.
Die bakterizide Wirkung des Eiters wird auch durch das
durch Immunisation der Tiere mittelst des auf 56^ erwärmten
Eiters gewonnene Antiserum neutralisiert und durch Zusatz
von Eiter von 56^ im Überschuss wieder hergestellt. Eine der-
artige Wirkung wäre demnach nach dem Verf. auf die Anwesenheit von
Substanzen zurückzuführen, die sich wie die gewöhnlichen Hämolysine der Sera
verhalten (d. h. von enzymatischer Natur sind).
Zuletzt hat Binaghi beobachtet, dass der Milzbrandbazillus mit der
Zeit auch in bei 56^ inaktiviertem Eiter zerstört wird: dies jedoch beruht
nicht auf der Wirkung von bakteriziden Substanzen des koktostabilen
Typus oder vom Typus der Bakteriolysine, sondern auf einer echten Autolyse
der Bakterienzelle.
Verf. zieht schliesslich den Schluss, dass die Sterilität der ge-
schlossenen Abszesse logischerweise sowohl derWirkung bak-
terizider Alexine wie der Autolyse der Bakterien selbst zu-
geschrieben werden könne.
Aus den Resultaten einer Reihe von experimentellen Untersuchungen
hat Binaghi (10) feststellen können, dass der Eiter chemischer Abszesse
sowohl in vitro als in vivo mit ausgeprägtem bakteriziden Vermögen aus-
gestattet ist. Der Wirkungsmechanismus desselben beruht nach dem Verf.
auf der Anwesenheit einer Substanz in dem Eiter, welche sich wie die in
den bakteriziden Sera überhaupt vorhandene und wie die Hämolysine im
besonderen verhält. Inaktiviert man in der Tat den Eiter durch halbstün-
diges Erwärmen auf 56^, so verliert derselbe vollständig sein bakterizides
Vermögen, das hingegen durch den Zusatz von neuem Eiter wieder hergestellt
wird. An einer anderen Reihe von Untersuchungen hat Verf. beobachten
JthrMUricht für Ghirarffie 1905. 88
1314 JahreBberidit fflr Gfairargie. U. Teil.
können, dass in demselben Eiter der gesäte Keim nach einer gewissen, mehr
oder weniger langen Zeit (im Mittel zwischen 30 nnd 40 Tagen) ^nzlich aas
dem Eiter verschwindet. Diese Erscheinung ist nach dem Redner als da>
Ergebnis eines Prozesses der Autolyse zu deuten, auf die Weise, wie man
bei alten Kulturmitteln beobachten kann. Aus diesen Resultaten könnt«
nach dem Redner die bisher nicht gegebene Erklärung für die Erscheinung
gezogen werden, die man in der chirurgischen Praxis beobachtet, nämlich,
dass viele eiterige Ansammlungen bakterischen Ursprungs von nicht jungem
Datum bei den mikroskopischen und bakteriologischen Untersuchungen ab-
solut keimfrei gefunden werden. Und eine derartige Sterilität beruht zum
Teil auf der Wirkung von in dem Eiter vorhandenen bakteriziden Sub-
stanzen, zum Teil auf einem Autolyseprozess des Keimes, der zu dem Abszess
geführt hatte.
Nach summarischer Besprechung der neuesten Anschauungen über die
Makroglossie illustrieren Bindi e Baldi(ll) einen ihnen vorgekommenen
klinischen Fall unter eingehender Schilderung des mikroskopischen Befundes
des abgetragenen Stückes. Es handelte sich um eine gemischte Form von
Lymphangiom und Angiom in Verbindung mit Hypertrophie des Bindegewebes
und ausgesprochener Usur des Muskelements, die den vorderen ZungenteiJ
gänzlich in Mitleidenschaft zog, bei einem 12 jährigen Mädchen, bei dem sich
die Krankheit im Alter von 5 Jahren kundgegeben hatte.
Bindi eSantucci (12) haben das Verhalten der elastischen Fasern
im Narbengewebe in Hinsicht auf verschiedenes Nähmaterial studiert. Sie
operierten an Kaninchen, indem sie die Durchschneidung der Oberschenkel-
muskel vornahmen, die sie dann auf der einen Seite mit Catgut, auf der
anderen mit Seide vernähten. Die Dauer der Versuche schwankte von 16 bis
160 Tagen. Die Verff. gelangen zu folgenden Schlüssen:
1. Dass die elastische Regeneration in den Muskelnarben des Kanin-
chens unabhängig von dem für die Naht verwandten Material (Catgut oder
Seide) geschieht.
2. Dass keine Unterschiede in bezug auf die Quantität und Qualität des
neugebildeten elastischen Elements in d^n Muskelnarben nach Catgut und Seide
bestehen.
3. Dass die elastische Regeneration in den Muskeln des Kaninchens
ziemlich schnell geschieht derart, dass man sie am 16. Tage bereits sowohl
in den narbigen Infiltrationszonen als in den fibrillären Narbenzonen antrifft,
obschon in zarten Proportionen, so dass sie unkonstant ist und in einigen
Präparaten fehlt.
4. Die elastische Regeneration um die Seiden- und Catgutblöcke herum
gibt sich erst nach 30 Tagen kund und nur in den am meisten peripherie-
wärts gelegenen Zonen. Nach 160 Tagen wird das elastische Gewebe auch
in der mit dem Nähmaterial in Kontakt stehenden Zone angetroffen.
5. Die neugebildeten elastischen Fasern sind zart, dünn, leicht gewunden,
jedoch ohne anastomotische Kollateralverzweigungen.
Biondi (13) stallt einen Operierten vor, bei dem vor vier Jahren die
teilweise endorale Resektion des Oberkiefers wegen Osteosarkoms gemacht
und zur Verschliessung der Kommunikation zwischen Mund und Nase nach
der Methode der Urano- und Meloplastik des Redners ein Muskelschleimhaut-
lappen aus der Zunge genommen wurde. Bemerkenswert ist, dass nach vier
Jahren der Lappen, der diaphragmaähnlich den Mund von den Nasenhöhlen
Giaoi, Itali«niache Literatur von 1905. 1316
trennt» zum Teil die morphologischen und physiologischen Merkmale der
Zungeoschleimhaut verloren hat, da die Papillen teilweise verschwanden er-
scheinen und Bitteres, Saures, Salziges nicht empfunden werden, w^rend die
taktile Sensibilität erhalten ist.
Die übrige Zunge bewahrt unverändert ihre Funktion, die taktile Sen-
sibilität und das spezifische Geschmacksvermögen; und in normalerweise ge-
horcht sie der Mastikation und der Phonation.
Verf. weist noch auf zwei Beobachtungen von mit dem gleichen Zungen-
lappen gemachten Meloplastiken hin und schliesst:
Betradiitet man die Übelstände des bei den verschiedenen Methoden,
besonders in Phallen der Uranoplastik, verwandten Hautlappens, seine Hetero-
genität gegenüber der anatomischen Affinität des zweiten mit den umliegenden
Geweben, so sieht man ohne weiteres, dass die Summe der mit diesem Ver-
fahren erzielten Vorteile es berechtigt, so oft es indiziert ist, den übrigen
zu substituieren.
Die erwähnten Vorzüge lassen sich in drei Hauptordnungen zusammen-
fassen :
1. Die Funktionsfähigkeit wird in dem verletzten Teil, auf den man
den Lappen bringt, in der besten Weise wiederhergestellt, und zwar, ohne
dass sie in dem Organ, aus dem derselbe entnommen wird, erheblich beein-
trächtigt werde.
Vornehmlich bei Läsionen des Gaumens wird ein solides Gewölbe, fähig,
erheblichen Druck auszuhalten, rekonstruiert.
2. Die Mundhöhle ist durch ein dem zerstörten anatomisch ähnliches
Gewebe ausgekleidet.
3. Die Alterationen der Kosmese sind auf den geringsten Grad re-
duziert.
Boari (14) hat das Glück, den ersten klinischen Beitrag zu der Theorie
zu bringen, die Prof. C e c i auf dem französischen Chirurgenkongress vertrat.
In wohl überlegter Absicht Hess er in einem ihm vorgekommenen Falle, bei
dem er gezwungen war, die Carotis interna zu unterbinden, die Ligatur der
Jugularis folgen in der Absicht, das Gleichgewicht der Gehirnzirkulation zu
erhalten und so leichter Zirkulationsstörungen zu vermeiden. Die Ligatur
der Carotis primitiva und noch mehr die Ligatur der Carotis interna wird
als ein schwerer Operationsakt betrachtet, zwar nicht an sich, sondern wegen
der zerebralen Störungen, zu denen sie Veranlassung geben kann — Störuugen,
die, wie die Statistiken beweisen, auch heute, in dem antiseptischen Zeitalter,
häufig sind. Die Theorie Cecis ist genial und gründet sich auf anatomische
und physiologische Vorstellungen. Das so reich durch das Blut benetzte Hirn
empfängt und sendet die Elemente seiner Ernährung zurück durch weite Zu-
fluss- und Abtlussbahnen. Zuflussbahnen sind die Arteriae carotides und verte-
brales ; als Abflussbahn ist die Jugularis interna die Hauptkopf vene, welche
das Blut des Hirnes und den grössten Teil von dem des Gesichts nach dem
Herzen zurückführt und ihren Ursprung nimmt aus dem Querblutleiter, wel-
cher den Zusammenfluss der Sinus, der Dura mater und der Hirnvenen bildet.
Wenn in Anbetracht dieser anatomischen Anordnung durch die Unterbindung
der Carotis primitiva oder interna ein Lappen des Hirns teilweise anämisch
wird infolge der Entziehung der zuströmenden Welle, so wird durch die
gleichzeitige Ligatur der Jugularis interna dem Blut, in proportionierter
Weise, die Hauptabflussbahn abgeschnitten, wodurch den Nervenelementen
83*
1316 Jahresbericht fttr Ghirargie. II. Teil.
jene Nährflüssigkeit verbleibt, welche ihre Lebensfähigkeit während der Zeit
sichert, die nötig ist, damit die koUaterale Zirkulation in hinreichender Weise
wieder hergestellt werde: und auch wenn pathologische Verhältnisse in den
Gefassen oder ein Entwickelungsfebler der anastomotischen Bahnen Torhanden
sein sollten, ist es auf diese Weise den in dem Gebiete der okklndierten
Arterie enthaltenen Organen gegeben, länger zu widerstehen. Wird so theo-
retisch die Notwendigkeit der Proportion zwischen Eintritt und Ausgang zur
Erhaltung des Gleichgewichts in der Zirkulationsbilanz des Hirns gedeutet,
so begreift man, wie die Unterbindung der Arterie und der Vene praktiscli
weniger gefährlich sein kann als die isolierte Unterbindung der Arterie.
Bonomo (15) schickt die Schädel-Gesichts-Topographie des Ganglion
voraus, welches er zwischen dem oberen Rand des Jochbeinbogens und einer
Horizontalen einen Zentimeter darüber abgrenzt. Dies ist das Areal des
Ganglion, durch welches man es am direktesten mit dem geringsten Zerebral-
traumatismus erreicht.
Operation: Hautinzision von der äusseren Orbitalapophyse zum Angulus
orbito-zytomaticus und von dieser Stelle, dem unteren Rande des Jochbein-
bogens folgend, bis auf einen Zentimeter vor dem Tragus : nach Durchschnei-
dung der Wangen- und Jochbeininsertion der Schläfenaponeurose hebt er den
Hautaponeuroselappen empor. Schnitt des Jochbeinbogens nach vom auf
dem Angulus orbito-zygomaticus und hinten 2 cm vor dem Ohr: Rezision der
Sehnenschicht des Schlaf muskels; danach vorhergehende Ligatur der tiefen
in der tiefen Muskelschicht verlaufenden Schläfenarterien. Vollständige Re-
zision des Muskels oberhalb der Ligatur. Mit einem Abrasor entblösst er
den unteren Teil der Schläfengrube und das Sphenotemporalgewölbe bis zum
Flügelfortsatz des Keilbeines.
Mit dem Meissel trägt er die blossgelegte Schädelwand in kleinen
Splittern von oben her ab; die obere Grenze der Schädelbresche erstreckt
sich nicht über 2 cm oberhalb der Crista spheno-temporalis hinaus. Der
Boden der mittleren Schädelgrube wird mittelst eines Kraniotoms mit ge-
bogenen und abgestumpften Schenkeln bis zur Erreichung der Foramina
magnum rotundum und ovale abgetragen. Diese Löcher liegen im Mittel von
dem oberen Rand des Jochbeinbogens 40 — 45 mm entfernt. Mit einem breiten,
biegbaren Spatel hebt er den Schläfenlappen empor. Nach Blosslegung des
2. und 3. Schenkels des Trigeminus und unter Leitung des 2. gelangt er za
dem Ganglion Gasseri und legt es bloss.
Rezision des 2. und 3. mittelst Häckchen emporgehobenen Schenkels an
ihrem Eintritt in die Schädellöcher.
Mit einem Klemmer erfasst er die zentralen Stümpfe der beiden abge-
schnittenen Schenkel und durchschneidet mit einem kleinen Bistouri mit
stumpfer Spitze die Wulstwurzel des Ganglions.
Er rezidiert den ersten Schenkel, indem er das an seiner Austrittsstelle
vollkommen freie Ganglion herauszieht.
Durch Konservierung des. kavernösen Abschnittes des 1. Schenkels
bleibt das Sympathikusfädchen, das von dem Plexus carotideus nach dem
ophthalmischen Schenkel zieht, intakt und das mit Vorteil für den Trophismus
des Auges. Die oberen Felsenbeinnerven bleiben intakt, wenn man sorgfaltig
die Felsenbeinfläche des Ganglions von der unteren fibrösen Wand der Höhle
von Meckel trennt.
Oi»ni, Italienische Literatnr Ton 1905. 1317
Er hält es für anatomisch möglich, die motorischen Wurzeln des Tri-
geminus intakt zu erhalten.
Red. drückt die Überzeugung aus, dass auf dem spheno-temporalen
Wege das Ganglion am leichtesten und sichersten blosgelegt wird; und man
kann ihn gänzlich in den besten anatomischen Verhältnissen exstirpieren, ohne
den Sinus cayernosus und die Sinus spheno-parietalis und petrosus sup. zu
eröffnen und ohne Gefahr zu laufen, die Karotis zu verletzen, oder einen
der Nervi oculo-motorii mit dem ophthalmischen Schenkel zu verwechseln,
wodurch der Schläfenlappen gar nicht oder wenig traumatisiert wird.
Bossi (16) hat die Art und Weise der experimentellen Erzielung einer
Neoarthrose an einer Elektionsstelle einer Diaphyse studiert, geleitet von
dem theoretischen Interesse in bezug auf die Beziehungen, welche zwischen
Funktion und Form laufen und durch das praktische Interesse für das,
was sich auf die Behandlung der Ankylosen bezieht, welches derartige
Untersuchungen haben können. Er erwähnt, dass analoge Studien von Pfendel
und Clumsky unternommen worden sind, aber mit nach seiner Ansicht
nicht korrekten Versuchskriterien: so dass er, sei es darum, wie infolge des
Umstandes, dass die histologische Untersuchung in den Arbeiten der ange-
führten Autoren gänzlich ausser acht gelassen wurde, glaubt, dass dieselben
das Problem sowohl nach der theoretischen, als nach der praktischen Seite
hin ungelöst gelassen haben. Das Studium wurde vom Verf. in dem von
Prof. Morpurgo geleiteten Laboratorium der allgemeinen Pathologie wieder
aufgenommen, unter Anstellung einer Reihe von Versuchen, die zum Zwecke
hatten, festzustellen, welche Änderungen an den durch lineare Querteilung
einer Diaphyse entstandenen Stümpfen vor sich gehen, falls dieselben ge-
zwungen werden, sich aufeinander zu bewegen und beständig durch einen
glatten, nicht absorbierbaren Körper getrennt bleiben. Zur Lösung der ersten
Frage, das heisst zur Erlangung zweier zu fortgesetzter Bewegung aufeinander
gezwungener Knochenstümpfe griff man, wie bereits Dr. Giani getan hatte,
um, in dem gleichen Institut, den Einfluss der Bewegung bei der Erzeugung
des Knorpelkallus zu studieren, zu den Rippen, die genötigt sind, sich bei den
Atmungsbewegungen zu verschieben. Als Zwischenlagerungsmaterial wurde
Zelloidin verwandt, da dasselbe leicht in die gewünschte Form zu bringen,
elastisch, glatt, leicht sterilisierbar und geeignet ist, in die Einbettungen für
die mikroskopische Untersuchung gefasst zu werden.
Die Technik der Versuche hat allmählich Änderungen und Verbesserungen
erfahren. Während zuerst ein jeder der Stümpfe mit einer isolierten Zelloidin-
kappe bekleidet wurde, fasste man später den Gedanken, zur Verhinderung der
Übereinanderschiebung die beiden Stümpfe in eine Zelloidinröhre zu stecken,
die in der Mitte durch eine ebenfalls aus Zelloidin bestehende Scheidewand
getrennt war. Die zu überwindenden Schwierigkeiten waren viele: oft ging
einer der Stümpfe aus der Kappe heraus, zuweilen auch beide, derart, dass
ein vollständiges Resultat bisher nur wenige Male erhalten worden ist. Doch
ergeben sich auch aus den weniger gut gelungenen Versuchen Tatsachen, die
vom allgemeinen und theoretischen Gesichtspunkt aus ebenso ausdrucksvoll
sind, wie diejenigen, die sich bei Versuchen mit komplettem Ausgang hätten
kundgeben können.
Dieser ersten Versuchsreihe wurde eine andere gegenübergestellt, die
darauf gerichtet war, isoliert die Wirkung des zwischen zwei frisch im Zu-
sammenhang unterbrochene, aber in bezug aufeinander unbewegliche Knochen-
1318 Jahresberidit ffir Chirurgie. IL Teil.
flächen eingeschalteten Fremdkörpers za studieren. Dieser Zweck wurde da-
durch erreicht, dass man in den Tibiae von Kaninchen bis oder fast bis anf
das Mark gehende Einkerbungen angebracht und in dieselben ein doppelter
Zelloidinbogen eingeschoben wurde, der dnrch eine die Tibiadiayphyse um-
windende Seidenschnur an Ort und Stelle gehalten wurde.
Als Versuchstiere wurden die Kaninchen gewählt, welche nach 10 bis
60 Tagen schwankenden Zwischenräumen getötet wurden. Die Stücke wurden
in Zenk erscher Lösung fixiert, mit Pikrin-Salzsäuremischung entkalkt, mit
Zelloidin eingebettet und mit Hämatoxylin und Eosin gefärbt.
Die Versuche sind noch jetzt im Gange und Verf. gedenkt ihre Gesamt-
zahl zusammen mit den Endresultaten und den spätesten Zeitpunkten in der
definitiven Arbeit mitzuteilen; hier beschränkt er sich auf das, was er an
den aus Tieren, die von einem Minimum von 10 Tagen bis zu einem Maximum
von 60 Tagen überlebten, gewonnenen Präparaten hat antreffen können.
Bei den Versuchen an den Rippen wurde beobachtet, dass das
Zelloidin als Fremdkörper indifferent bei Berührung mit dem Knochen
bleibt und deshalb imstande ist, auch nach einem recht langen Zeitraum die
Vereinigung der Stümpfe zu verhindern. Bei denjenigen Versuchen, bei
denen die Stümpfe in den Zelloidinkappen geblieben waren, obschon nicht
Yollkommen gegenüber liegend, sondern übereinandergeschoben und sich auf
einer gewissen Strecke mit den Seitenflächen berührend, sah man, dass an
der Stelle, wo die Stümpfe sich gegeneinander bewegten und dnrch das
Zelloidin getrennt waren, sich aus dem proliferierten Periost ein Knorpel-
gewebe produziert und gebildet hatte mit kleinen ovalen Zellen, mit der
grösseren Achse parallel zur Oberfläche und getrennt durch eine azidophile
Grundsubstanz, also mit den Eigenschaften der obersten Partien der Gelenk-
knorpel. Der Rest des Stumpfendes zeigte, obwohl eingehüllt durch Zelloidin
und denen des mit Knorpel bekleideten Teiles analogen Verschiebungen unter-
worfen, nicht aber der Reibung gegen die resistente Oberfläche des anderen
Stumpfes, niemals Knorpelentwickelung, sondern zeigte sich, je nach der seit
der Operation verflossenen Zeit, bald mit verdicktem Periost und osteoiden
Trabekeln bekleidet, bald durch kompakte Knochenlamellen abgeschlossen.
Ein diesem ganz ähnliches Verhalten machte sich auf der ganzen Aus-
dehnung der beiden Stumpfenden in den Fällen bemerkbar, in denen infolge
Herausgleitens des einen der Stümpfe oder beider aus den Kappen ihre
Vereinigung vermittelst Kallusmassen erfolgte. Unter solchen Umständen
hatte die Bewegung eine temporäre Dauer, und wenn wirklich, wie es wahr-
scheinlich ist, die Knorpelbildung erfolgte, so verschwand resp. verknöchert«
dieser, als die Reibung der Stümpfe ausblieb.
In einem Falle, in dem die beiden aus den Kappen herausgeschlüpften
Stümpfe durch eine kräftige fibröse Narbe zusammenwuchsen, fand Verf.
50 Tage nach der Operation ein Knorpelknötchen, das jedoch der Struktur
nach von den in den ersten Fällen gefundenen recht verschieden war; mit
kugeligen, in Mutterkapseln zusammengeschlossenen und in einer basophilen
Grundsubstanz versenkten Zellen, einen solchen also, wie wir ihn in jedwedem
Kern von hyalinem Knorpel bei den Frakturencalli zu finden gewohnt sind.
Die Versuchsreihe mit Einschaltung von Zelloidinblättchen in Knocben-
substanzverluste, deren Ränder feststehend und voneinander entfernt waren, hat
vollauf die Anschauung bestätigt, dass der Bewegung auf einer resistenten
und glatten Oberfläche die Bildung von Knorpel, ähnlich dem Gelenkknorpel,
Giani, Italimflohe Literatur tob 1905. 1319
an den Fraktorenstümpfen zuzuschreiben sei ; denn bei sämtlichen Versuchen
dieser Reibe fehlte, sowohl nach einem Zeitraum von wenigen Tagen, als zwei
Monate nach der Operation, die Bildung von Knorpel an den Stümpfen, ob-
schon das proliferierte Periost zwischen das Zelloidin und die Ränder des
Substanzverlustes eingedrungen war. Bei den von der Operation entfernter
liegenden Stadien erschienen diese Ränder tiberzogen durch eine neugebildete
kompakte Knochenlamelle in unmittelbarer Berührung mit dem Zelloidin.
Aus der Summe der bisher erzielten Resultate lässt sich der Schluss
ziehen, dass unter dem Einfluss einer fortgesetzten Reibung gegen eine glatte
und resistente Oberfläche das an dem Ende der Bruchstümpfe langer Knochen
neugebildete Gewebe sich in einen Knorpelzustand konkretieren kann, der
keine Tendenz zur Yerknöcherung hat und der in ähnlicher Weise gebildet
ist wie der, welcher die Gelenkenden bekleidet. Die praktische Anwendung
dieses Prinzips kann nicht ausbleiben, sobald mit einer zweckmässigen Technik
die Grundbedingungen des Verfahrens verwirklicht sind.
Bozzi(17) berichtet über einige Untersuchungen, die er in fünf Fällen
von Osteomyelitis angestellt hat ; vier akute und einer mit Wiederholung. Bei
all diesen fand er den Streptococcus im Zustande der Reinkultur im Eiter.
In vier Staphylococcus aureus, in einem, dem mit Wiederholung, aureus
und albus. In keinem fand er das von Hencke isolierte und von ihm
für spezifisch bei der Osteomyelitis gehaltene Coccobakterium. Die zu dem
Zwecke angestellten Untersuchungen, den Krankheitsprozess bei jungen Tieren
infolge von endovenösen Injektionen und besonderen Traumen zu wiederholen,
verliefen vollständig negativ. Im Hinblick darauf glaubt Verf. nicht, dass man
ihnen jene grosse Bedeutung beilegen dürfe, die man ihnen gegenwärtig als
prädisponierender Ursache beimisst.
Galamida (19). Eine klinische und anatomisch-pathologische Unter-
suchung über sieben Fälle von traumatischer Myosites ossificans.
Verf. teilt die histologische Untersuchung der entfernten Stücke mit,
unter denen die des zweiten Falles besonders interessant ist, bei dem die
Läsion sich in der Anfangsperiode der Verknöcherung zeigte. Nach einer
summarischen Erwähnung der hauptsächlichen Theorien über die Pathogenese
der traumatischen Myosites ossificans schliesst er sodann, dass traumatische
Muskelverknöcherungen periostischen Ursprungs vorkommen können : dieselben
sind jedoch höchst selten und auf die Fälle beschränkt, in denen wirklich
eine Läsion dieses Gewebes erfolgt, fast stets begleitet von schweren Läsionen
der Knochen und Gelenke.
In allen übrigen traumatischen Muskelveränderungen, die fast die Totalität
der Fälle darstellen, liegt ihr Ursprung stets im intramuskulären Binde-
gewebe, welches einen Prozess der Hyperplasie und darauffolgender knorpeliger
knöchener Metaplasie erleidet, ohne eine primäre und wesentliche Beteiligung
des Periosts. Nimmt dieses an dem Prozess teil, so geschieht es in sekun-
därer Weise und als blosse interkurrierende Erscheinung.
Was die Bedeutung derartiger Läsionen angeht, so ist er der Ansicht,
dass die Muskelverknöcherungen, obschun sie vorwiegend die Eigenschaften
eines reaktiven chronischen Entzündungsprozesses besitzen, Bildungen seien,
die auf der Grenze stehen zwischen den phlogistischen Prozessen und den
Neoplasien.
Caminiti (20). Bei den Todesfällen durch Chloroform erwies sich ein
gewisser Prozentsatz als auf einer speziellen Konstitution des Organismus
1320 Jahreaberieht fttr Chirurgie. 11. Teil.
beruhend, die durch Hypertrophie der Lymphdrüsen verschiedener Regionen
und anderer lymphatischer Organe wie der Tonsillen, der Follikeln der Kehle
und des Darmes und der Pey er sehen Plättchen, Hyperplasie der Milzkör-
perchen, häufig Hypertrophie der Schilddrüse, zuweilen Aplasie der Aorta und
vor allem Hyperplasie und Hypertrophie des Thymus charakterisiert ist
Diesen Symptomkomplex bezeichnete R. Paltauf als chlorotisch-lym-
phatische Konstitution, Lange als adenoiden Habitus und andere
als thymischen Zustand. In dem in Rede stehenden Falle waren zu
bemerken Hypertrophie der Halsdrüsen auf beiden Seiten, Hypertrophie des
Thymus, ausgeprägte angeborene Lappung der Nieren, dreieckige Form der
Milz, Hypertrophie der Eierstöcke, und die mikroskopische Untersuchung
zeigte Hyperplasie der Malpighischen Körperchen in der Milz, starke Hyper-
plasie des Thymus, indem überdies erhebliche Alterationen der Hassa Ischen
Körperchen anzutreffen waren.
U. Garpie (21) hat eine weitgehende Untersuchung über die Variationen
der hämatologischen Formel ausgeführt, wobei er seine Beobachtungen auf
122 die verschiedenartigsten chirurgischen Affektionen umfassende Fälle aus-
gedehnt hat. Nach Hinweis auf die einschlägige Literatur und eingehender
Darlegung der angewandten Technik beschäftigt sich Carpi in drei ver-
schiedenen Kapiteln seiner Arbeit:
1. Mit den Änderungen, welche die hämo-leukozytäre Formel in physio-
logischen Verhältnissen oder infolge von Einflüssen zeigen kann, die in keiner
Beziehung mit besonderen Nervenzuständen stehen.
2. Mit dem klinischen Wert der Eosinophilie und der Jodreaktion der
Leukozyten.
3. Mit der methodischen Untersuchung der hämoleukozitären Formel in
den verschiedenen chirurgischen Leiden.
Die Schlussfolgerungen Carpis sind die folgenden:
1. Die Untersuchung der hämatologischen Formel in den chirurgischen
Affektionen hat einen wirklichen semeiologischen Wert, sobald sie sich nicht
auf partielle Beobachtungen beschränkt, sondern in umfassender Weise die
qualitativen und quantitativen Verhältnisse sämtlicher das Blut zusammen-
setzender Elemente widerspiegelt. (Hämometrische und zytometrische Bestim-
mung; leukozytametrische Bestimmung; morphologischer Befund der roten
und weissen Körperchen und eventuell die Jodreaktion der Leukozyten.) Nur
bei einigen Affektionen kann ein einzelnes der Elemente der hämatologischen
Formel charakteristische Modifikationen zeigen, die für sich allein einen
ausschliessenden Wert gewinnen, so die Hyperleukozytose bei den entzünd-
lichen Vorgängen.
2. Die hämatologische Formel an und für sich ist niemals ein absolutes
Datum, auf das ausschliesslich sich ein diagnostisches Urteil gründen könnte.
Ihre Bedeutung ist stets relativ auf das Studium der gesamten klinischen
Symptomatologie einer Krankheitsform. Jedenfalls haben beweisenden Wert
für die praktische Bedeutung der hämatologischen Untersuchung nur die posi-
tiven Befunde.
3. Das Studium der hämatologischen Formel besitzt eine grosse Bedeu-
tung für die Diagnose zahlreicher Affektionen. So liefert bei den akuten
Entzündungsprozessen die hämoleukozytäre Formel wertvolle Elemente, die
geeignet sind, einen einfachen oder eiterigen Entzündungsvorgang scharf von
einer tuberkulösen oder neoplastischen Affektion zu unterscheiden. Handelt
Gianir Italieoiaohe Literator Yon 1905. 1321
es sich bei den tuberkulösen Affektionen um lokalisierte Prozesse und ist der
Einfluss krankhafter Begleiterscheinungen, die geeignet sind, die Zusammen-
setzung des Blutes zu modifizieren, auszuschliessen, dann bietet der hämato*
logische Befund bei denselben einen besonderen und charakteristischen Typus
dieser Formen (Chloranämie, schwache Leukozytose oder Leukopenie, Hypo-
polynukleose, Lymphozytose, spärliche Eosinophilie). Bei den neoplastischen
Prozessen kläxt die hämatologische Formel die Differentialdiagnose zwischen
gutartigen und bösartigen Tumoren. Bei den Karzinomen hätte man den
Befund einer starken Anämie von chlorotischem Typus in Verbindung mit
ziemlich hochgradiger Hyperleukozytose und mit einem morphologischen Be-
fund von Lymphozytose in den Anfangsformen, von Polynukleose in den vor-
gerückten Formen. Beim Sarkom hätte man einen normalen oder wenig
unter der Norm bleibenden chromozytometrischen Befund in Verbindung mit
einer polynukleären Hyperleukozytose und Eosinophilie.
4. Das Studium der hämoleukozitären Formel kann wichtige Fingerzeige
geben, sei es für die Prognose, sei es für die Indikation des operativen Ein-
griffs. So sind z. B. bei einem Krebskranken die Anwesenheit einer pro-
gressiv wachsenden polynukleären Hyperleukozytose und die progressive Ab-
nahme des chromo-zytometrischen Befundes ungünstige Zeichen und der Dif-
fussion des neoplastischen Prozesses zuzuschreiben. So zeugt auch eine starke
und progressiv wachsende leukozytäre Reaktion für einen Eiterungsvorgang,
der sich zu verallgemeinem neigt und einen schleunigen Eingriff erfordert.
5. Für den postoperativen Verlauf nimmt die hämatologische Untersuchung
einen präzisen Wert an, bei den aseptischen Eingriffen, so oft man eine Eite-
rungskomplikation der Operationswunde befürchtet durch Anomalien des post-
operativen Verlaufs, die nach der gewöhnlichen Periode der Hyperleukozytose,
welche unmittelbar auf die chirurgischen Eingriffe folgt, auftreten.
Cassanello (22) macht auf die Varietät der Lipome periostalen Ur-
sprungs aufmerksam. Er hat deren zwei Fälle beobachtet: Der eine von
Prof. Ceci vor drei Jahren bei einem 30jährigen Individuum operierte war
aus den Darmfortsätzen der vier letzten Halswirbel und der ersten drei
Rückenwirbel hervorgegangen, und einen von ihm operierten angeborenen Fall
bei einem 22jährigen Mädchen, der seinen Ursprung aus dem Periost des
Olekranon, des Epikondyls und der Epitrochlea der rechten Seite herleitete.
Ihr periostaler Ursprung und der tiefe Sitz drücken ihnen eine klinische
Objektivität auf, die dazu geeignet ist, ihre Natur vermuten zu lassen und
andererseits ist ihre genaue Kenntnis von Wichtigkeit, um Verwechselungen
mit recht verschiedenen Tumoren, wie den periostalen Sarkomen zu vermeiden.
Bei der Therapie dieser Geschwulste ist es notwendig, eine vollständige Ex-
stirpation ihrer periostalen Ansatzbasis vorzunehmen, um Rezide zu vermeiden,
die in der Vergangenheit in mehreren diesen ähnlichen Fällen von Lipom
beobachtet worden sind.
Nach Darlegung einiger klinischer Beobachtungen über das Thema
bemerkt Gecca (23), er habe sich vorgenommen, experimentell und in
erschöpfender Weise den Einfluss gewisser Infektionskrankheiten auf die Ver-
heilnng der Operationswunden zu untersuchen, und in der vorliegenden Schrift,
der ersten der Art, hält er sich an die Infektion durch ikteroiden Bazillus.
Nach Andeutung der eingehaltenen Ordnung, des verwandten Materials, der
Operationsmethoden und der histologischen und bakteriologischen Technik
schliesst er: dass die operativen EingriiFe bei der Infektion durch ikteroiden
1322 Jfthresberielit fflr Chirurgie. 11. TeiL
Bazillus ohne Komplikation verlaufen, ja mit rascherer Vemarbung, auch
wenn sie wenige Stunden vor Eintritt der Infektion, wie auch drei Tage nach
Beginn derselben ausgeführt wurden; dass die Komplikation nur eintritt, wenn
der Operationsakt am 4. und 5. Tage bei Kaninchen und am 6. und 7. bei
Meerschweinchen geschiebt; dass auch die schweren Operationsakte (Laparo-
tomien) keinerlei Einfluss auf den kritischen typischen Verlauf der Infektion
haben, und schliesslich, dass in der Zeit der Rekonvaleszenz einzig und allein
eine Verlangsamung des Verheilungsprozesses der Gewebe auftritt.
Der Zusatz von Sauerstoff zum Chloroform zwecks Verminderung der
Gefahren ist etwas Altes.
Ceci (25) erwähnt, dass er schon im Jahre 1880 im Ausland zu dem
Zweck gebaute Apparate beobachtet hatte. Gegenwärtig haben sich die
Apparate vervielfältigt und es gibt deren recht kostspielige und komplizierte.
Seit dem Jahre 1904 wandte Ref. eine Methode der Sauerstoffchloroform-
narkose an, welche darin bestand, dass er den Sauerstoff direkt aus dem
Reservoir in die Chloroformflasche des gemeinen Junker sehen Apparates
einleitete. Vor Einführung dieses Verfahrens wollte er sich vergewissern«
dass das Chloroform durch die Berührung mit dem Sauerstoff keine schäd-
lichen Veränderungen erleide. In der Tat ist es bekannt, dass das Chloro-
form in längerem Kontakt mit Sauerstoff zu HCl führt und irritierende Eigen-
schaften annimmt. Die von Prof. Paderi ausgeführten experimentellen
Untersuchungen aber taten dar, dass das rasche Einströmen des Sauerstoffs
das Chloroform unverändert lässt.
Seit 11 Monaten hat er die Methode der Sauerstoffchloroformnarkose
mit hervorragend günstigen Resultaten eingeführt. Die, besonders bei Trinkern,
so schädliche Aufregungsperiode ist erheblich abgekürzt und gebessert ; regel-
mässig der anästhetische Schlaf, rascher das Aufwachsen. Es ist selbstver-
ständlich, dass, um ein derartiges Urteil abzugeben, ein beträchtliches klini-
sches Material in Prüfung gezogen werden musste ; nun geschieht es auch auf
Grund von Hunderten von Beobachtungen, dass Ref. dieses Urteil ausspricht.
Die Methode hat den Vorzug, sämtlichen Ärzten zugänglich zu sein, da
sich heutzutage überall die Sanerstoffdruckbehälter finden.
Cernezzi (26). Eugoformio ist ein aus der Verbindung von Guajakol
mit Formaldehyd resultierendes Pulver ; es wetteifert mit dem Jodoform, dem
gegenüber es bedeutend weniger toxisch ist^ so dass es jene alarmierenden
Erscheinungen nicht gibt, die beim Jodoform leicht zu beobachten sind; es
hat keine Wirkung auf die Nieren, da die Reaktion der Phenole in dem Harn
nie positiv gefunden wurde, ebensowenig sah man in demselben jemals Eiweis?.
Zylinder oder Nierenelemente.
In verschiedener Form (Pulver, Salbe usw.) geprüft, heilte es schnell
lupöse Geschwüre, ein chronisches Ekzem; bei Gelenkresektionen zeigte es
stimulierende Eigenschaften, ebenso bei anderen Leiden.
Nach Hinweis auf die histologischen Anschauungen der verschiedenen
Autoren über diese Tumoren berichtet A. Cimoroni (29) über seine an 11
Ovarialkystomen unternommenen Untersuchungen, wobei er einerseits deren
histopathologische Eigenschaften, auf der anderen Seite die physiologischen
im Auge hatte.
Von jenen Tumoren waren einige von papillärer Struktur, andere von
drüsenartiger Struktur, uni- oder multilokular; mit serösem oder pseudo-
muzinösem Inhalt.
Giani, lUlieiiiMho Litmitiir tos 1905. 1323
Von den histologischen Befanden erwähnt Verf. die folgenden: In einem
Falle, einem papillären Zystokarzinom resp. Papilloma cysticum infectans,
zeigte die Zystenwand in einigen Abschnitten derartige Charaktere, dass sie
an eine Darmwand erinnerte : Die Schnitte zeigten das Zylinder- nnd Becken«
epithel nach Art von Lieberkühnschen Drüsen in das darunter liegende
Bindegewebe versenkt, dann darunter eine Schicht von dünnen glatten Muskel-
fasern, nach Art der Mnscolaris mucosae und noch weiter nach unten Binde-
gewebe und freie Muskelfasern mit Quer- und Längsverlauf.
In einem zweiten Falle — einem drüsenartigen Cystoma — gingen von
den aus Bindegewebe und glatten Muskelfasern gebildeten Zystenwänden mit
Zylinder- und Becherepithel bekleidete Bindegewebssepten mit freiem £nde
ab, die an Darmzotten erinnerten.
In einem dritten Falle beobachtete er zwischen den Resten des poly-
zystischen Eierstocks Fragmente von einem Gewebe, das dem der Rinden-
partie einer Nebenniere glich.
In einem vierten Kystom hatten die Wände einiger Zystenhohlräume
komplexe Struktur wegen der Anwesenheit von myxcmatösem, myxosarko-
matösem und epithelialem Gewebe.
In sämtlichen Fällen beobachtete er die Anwesenheit von glatten Muskel-
fasern ; in fast allen die Anwesenheit von ein- oder mehrschichtigem Zylinder-
oder Becherepithel.
Die komplexe Struktur dieser Geschwülste führt auf den Gedanken,
dass dieselben nicht angesehen werden können als einfache fibro-epitbeliale
Formen, gebildet aus zwei Geweben, die sich übereinstimmend mit mehr oder
weniger ausgesprochenen Zeichen der Atypie entwickeln und einen ausge-
wachsenen oder reifen Drüsentypus reproduzieren.
Es erscheint daher als gerechtfertigt, dass Ribber t, sei es wegen der
Struktur als wegen der Histogenese die Kystome aus der Kategorie der
fibro-epithelialen Tumore ausgeschlossen und sie unter die Mischgeschwülste
gestellt hat.
Die in sämtlichen Kystomen fast konstante Anwesenheit des Zylinder-
und Becherepithels, die Anwesenheit von glatten Muskelfasern, die Ähnlich-
keit einiger Zystenwände mit der Darmwand, lassen die Annahme für rationell
halten, dass die Kystome, wenigstens vorwiegend, ihre Histogenese versprengten
Keimen des Darmblattes schulden.
Dem Verf. erschien es demnach von Interesse, zu untersuchen, ob der
morphologischen Ähnlichheit eine physiologische Ähnlichkeit entspräche, das
heisst, ob der Inhalt der Kystome die charakteristischen Eigenschaften des
Darmsekretes besässe.
Deshalb stellte er Untersuchungen über das Verdauungsvermögen der
in drei Kystomen enthaltenen Flüssigkeit an. Bei dem ersten waren die Proben
direkte und gerichtet auf koaguliertes Eiweiss, neutrales Öl und Stärke-
kleister, jedoch zeigte jene Zystenflüssigkeit keine proteolytische und steapsi-
nische Wirkung, sondern nur eine äusserst schwache amylolytische Fähigkeit,
derart, dass sie die Bildung von Dextrin aus Stärke bewirkte.
Er untersuchte alsdann, ob jene Flüssigkeiten die Fähigkeit besässen,
die Wirkung des Pankreassaftes auf die Proteinsubstanzen anzuregen, in
anderen Worten, ob sie ein der Enterokynese des Darmsaftes ähnliches aktives
Prinzip enthielten.
1324 Jahresbericht ftlr Chirurgie. IL Teil.
Reinen Pankreassaft verschaffte er sich mittelst der temporären Fistel des
Wirsungschen Ganges grosser Hunde und anstatt des Ei weisses bedient«
er sich als Proteinsubstanz der nach der Formel von Fermi zubereiteten
Gelatine.
Bei zwei Drüsenkystomen erzielte er positive Resultate, da ihr Inhalt
imstande war, die proteolytische Wirkung des reinen Pankreassaftes anzuregen.
Verf. glaubt so schliessen zu dürfen, dass, wenn die histologischen Be-
funde für die komplexe Struktur eines grossen Teiles der Ovarialkystome
sprechen und sie mit der ganzen anatomisch-pathologischen und histogene-
tischen Lehre über die Mischgeschwülste von Wilms in Verbindung bringen,
wir auch die physiologischen Versuche sich zu ihren Gunsten anschliessen sehen.
In den Dermoidzysten herrschen die aus dem äusseren Blatt derivie-
renden Elemente vor und sind die physiologischen Wirkungen derselben mit
der Erzeugung von Haaren und Talgsubstanz erhalten.
Bei den Ovarialkystomen wiegen die aus dem Endoderm herzuleitenden
Elemente vor, ebenfalls fähig, die von den Zellen, aus denen sie herrührten,
ererbten physiologischen Attributionen zu bewahren.
Diese physiologischen Eigenschaften, die die Untersuchungen des Verf.
in zwei Fällen als positiv nachwiesen, bekräftigen also die histologischen
Resultate und gestatten nach Aussage Cimoronis, die Ovarialkystome in
die grosse Kategorie der Mischgeschwülste einzureihen.
Codi vi IIa (30). Eine auf dem ersten Kongress der internationalen
Gesellschaft der Chirurgie (Bruxelles 1905) vorgelegte Relation. Dieselbe be-
handelt die demolitive und konservative Behandlung der Gelenktuberkulose
und untersucht die in den verschiedenen Stadien der pathologischen Läsion
zu befolgenden therapeutischen Indikationen, wobei vor allem auf den besten
funktionellen Erfolg des kranken Gelenks Rücksicht genommen wird.
Comisso (31) hat experimentell die Alterationen untersucht, denen
die verkürzten Muskeln entgegengehen, mit dem praktischen Ziel, zu be-
stimmen, bis zu welchem Punkt von der Muskulatur einer Extremität ein
zur Korrektion einer erworbenen Deformität applizierter Zug ertragen werden
könne.
Er hat an Kaninchen mittlerer Grösse (in einer Anzahl von 10) ope-
riert, bei denen er die Sehne des Triceps brachii durchschnitt, wobei er sich
als Kontrolle für die nachfolgenden Versuche des M. triceps der entgegen-
gesetzten intakt gelassenen Seite bedient.
Aus den Beobachtungen des Verf. geht hervor, was folgt:
Sofort nach der Tenotomie verkürzt sich der Muskel bis zur Erreichung
seiner natürlichen Länge, sodann verkürzt er sich noch weiter infolge der
Kontraktionskraft. Nach Aufhören der Kontraktion verlängert sich der
Muskel von neuem durch die Druckelastizität, die sich in dem Muskel kraft
derselben entwickelt hat, ohne jedoch wieder seine natürliche Länge za er-
reichen. Dieser Zustand der Verkürzung bleibt nicht unverändert, sondern
ninunt in den nächsten Tagen zu — , zuerst rascher, dann langsamer. Verf.
bringt diese Verkürzung in Zusammenhang mit den Entartungserscheinungen,
die sich zu Lasten der Muskelfasern kund geben. Die entarteten Fasern
stellen einen Elastizitätsverlust des Muskels dar und steigern die innere
Reibung dermassen, dass der Muskel selbst nach Aufhören der Kontraktion
sich nicht mehr so ausdehnen kann, wie als seine Fasern intakt waren. Die
Regenerationserscheinungen, welche später auftreten, reichen nicht hin, die
Giani, Italienisohe Literatur von 1905. 1325
schon vorgeschrittene Atrophie des Muskels auszugleichen. Jedoch kann Verf.
im Hinblick auf die ungenügende Dauer seiner Versuche (24 Tage) nicht
sagen, ob es einen Moment gibt, in dem die Verkürzung stationär bleibt.
Der zur Zerreissung des Muskels notwendige Zug ist geringer beim ver-
kürzten Muskel als beim gesunden. Diese grössere Leichtigkeit der Zer-
reissung nimmt immer mehr in den darauffolgenden Tagen zu und steht im
Verhältnis zu dem geringeren Kohäsionsindex, in dem durch Atrophie ver-
dünnten und zum grossen Teil seiner Fasern entarteten Muskel. Der Elasti-
zitätsmodulus in dem verkürzten Muskel ist stets niedriger als der des nor-
malen Muskels, das hcisst auf einen gleich starken Zug reagiert ein verkürzter
Muskel mit einer grösseren Verlängerung als ein normaler Muskel. Dieser
Unterschied wird umso grösser, je mehr Zeit seit der Tenotomie verflossen
ist, und steht im Verhältniss zu der verringerten Resistenz, welche der ver-
kürzte Muskel durch die Alteration seiner Fasern zeigt. £s scheint jedoch,
dass in den letzten Zeitabschnitten (24 Tage) der Elastizitätsmodulus des
verkürzten Muskels infolge der partiellen regenerativen Erscheinungen, die
sich in ihm vollziehen^ strebe, wieder dem des normalen Muskels gleich zu
werden, ohne ihn jedoch zu erreichen.
Comisso (32) berichtet über vier Fälle von Knochentuberkulose, die
mit der Jodoformplombierungsmethode von Mos et ig behandelt wurden und
in denen er einen durchaus befriedigenden Erfolg erzielte. Interessant ist
vor allem der vierte Fall, bei dem sich ausgedehnte Herde in dem unteren
Ende der Tibia, im Calcaneus, Astragalus, Scaphoides, Cuboides, Guneiformis
vorfanden. Nach gänzlicher Abtragung des Calcaneus und Astragalus, Aus-
schabung der verbleibenden Knochenherde und Abtragung der lädierten
Weichteile wurde die Plombierung vorgenommen. Nach zwei Monaten hatte
sich die Wunde vollkommen geschlossen, und der Patient konnte sich des
Fusses beim Gehen bedienen. Die radiographische UntersuchuTig zeigte in
diesem Zeitpunkt noch das Vorhandensein einiger Jodoformreste und Herde
von Knochenneubildung.
Comisso (33) behandelt kurz die Technik und die Krankheitsprozesse,
in denen dieses Verfahren seine Indikation findet. Er erklärt sodann die
provisorische Funktion der Plombierung und wie ihr langsamer Ersatz durch
gesundes Knochengewebe erfolgt. Redner demonstriert mehrere Radiogramme,
die während des Heilungsprozesses an vier von ihm mit bestem Erfolg ope-
rierten Fällen aufgenommen wurden.
Delfino (34). Es handelt sich um ein 36 Jahre altes Individuum,
welches längs der Interparietalnaht eine grosse mit raschem Verlauf (1 Jahr)
entstandene Geschwulst zeigte, die die klinischen Eigenschaften eines Sarkoms
bot und durch pulsatorische Bewegungen belebt war. Infolge ihres Verlaufs
wurde die Diagnose auf wahrscheinlich von dem Diploe der Parietalknochen
ausgegangenes Sarkom gestellt: diese Diagnose wurde am Operationstisch be-
stätigt. Zwei Monate nach der Operation traten Schmerzen längs des dor-
salen Abschnittes der Wirbelsäule auf: es entwickelte sich daraufhin Blasen-
lähmung, Paralyse des Rektums und vollständige Paraplegie mit Abwesenheit
der Patellarreflexe.
Der Patient ging vier Monate nach dem Operationsakt mit breiten
Decubiti und Pyelonephritis zugrunde. Es wurde keine Sektion vorgenommen.
Verf. beschreibt eingehend die mikroskopischen Präparate des Tumors;
es handelte sich um ein aus vorwiegend polyedrischen Zellen mit Zonen von
1326 Jahresberioht für Oinigie. n. Teil.
alyeolärer Stmktur bestehendes Sarkom mit perivaiskttfoer Entwickeltmg. In
den peripherischen Teilen worden einige neugebildete yon einer Osteoblasten-
schicht nmgebene Knochenspäne gefunden.
Verf. betont die klinischen und anatomischen Befunde, welche zu der
Diagnose eines primären Sarkoms des Diploe führten und bespricht eingebend
die auf den Operationsakt gefolgten Medullarerscheinungen. Er ist der An-
sicht, dass die Erscheinungen nicht die Folge einer primären, auf einen
metastatischen Knoten zurückzuführenden Läsion des Markes seien, sondern
hält es für logisch richtiger, dass es sich um sekundäre, auf den durch den
Tumor auf die Meningenlymph- und Blutgefässe ausgeübten Druck zurückzu-
führende Zirkulationsstörungen handle. Auf die Anämie, venöse und lympha-
tische Stase der unteren Abschnitte des Markes wäre die Erweichung und
Degeneration desselben gefolgt. Zuletzt weist er auf das P'ehlen der Patellar-
reflexe bei paralytischen Beinen hin, wobei er an die jüngsten zur Erklärung
dieser Erscheinung aufgestellten Theorien erinnert.
Eugenio Delfino (35) gibt die Beschreibung von sechs klinischen
Beobachtungen von Geschwülsten, die sich zu Lasten der Nervenstämme
entwickelt hatten; bei drei derselben waren die Patienten mit der Reckling-
haus enschen Krankheit behaftet.
Er streift kurz die ähnlichen in der Literatur mitgeteilten Fälle und
beschreibt ausführlich den histologischen Befund der abgetragenen Geschwülste,
vorwiegend Fibrome und Fibrosarkome der Nerven der oberen Extremitäten
(Medianus, Radialis und Cubitalis). Nur eine der beobachteten Neubildungen
war zu Lasten des N. ischiadicus major; es handelte sich in diesem Falle
um ein Sarkom.
Nach Hinweis darauf, dass der vorwiegende Sitz der Tumore in den
Nerven der oberen Extremität (Medianus) übereinstimmend von den Autoren
angenonunen wird, stellt Delfino einige Betrachtungen über die Sympto-
matologie und Diagnose der Nervengeschwülste an. Es ist von ihm beob-
achtet worden, dass die Schmerzsymptome eher dem Sitz der Nenbildnng
und den Beziehungen, welche dieselbe zu den Nervenfasern eingeht, als der
Raschheit in der Entwickelung der Neubildung und selbst ihrer histologischen
Struktur untergeordnet sind. Mit Smith, der die Schmerzhaftigkeit der
Nervengeschwülste als zu dem Kapillarenreichtum derselben in Beziehung
stehend ansieht, stimmt er nicht überein, da er bei seinen mikroskopischen
Präparaten einen völlig diiferenten Befund gehabt hat.
Li den beobachteten Fällen hat er keine bedeutenden Alterationen in
den verschiedenen Formen der Sensibilität angetro£fen, ^ensowenig in der
Motalität längs der durch die Nervenstänmie , auf denen sich der Tumor
entwickelt hatte, innervierten Zonen; er führt diese Tatsache als Beweis an
gegen die Hypothese derer, die da annehmen, dass die Neuralgien, die man
bei Nervengeschwülsten beobachtet, auf echte Neuritiden zurückzuführen
seien. In einem Falle von Fibrosarkom des Radialis fand er eine beträcbt-
liche Temperaturerhöhung (l^/io Grad) in dem peripherischen Innervations-
gebiet des Radialis: eine derartige Erscheinung wurde in der Literatur noch
nicht mitgeteilt.
Alsdann geht Verf. über zur Betrachtung der Schwierigkeit der Dia-
gnose sowohl des Sitzes wie der Natur, der man oftmals bei derartigen Tu-
moren begegnet und zwar deshalb, weil die Sarkome der Nerven sich im
Giani, ItalMoiacl» literatiir von 1905. 13S^
Beginn wohl begrenzt erhalten und anfangs einen schleichend langsamen Ver-
lauf haben können.
Bei der mikroskopischen Untersuchung der abgetragenen Neubildungen
hat Verf. gefunden, dass bei drei derselben der Tumor in der Dicke des
Nerves aus dem Endonervium entsprungen war (interfibrilläre Varietät von
Lebert); bei zwei anderen (Sarkom des Ischiadicus und Fibrom des Ra-
dialis) hatte sich der Tumor peripher zu den Fasern aus dem Perinervium
entwickelt. In keinem Falle drangen die neoplastischen Elemente zwischen
die einzelnen Fibrillen noch zwischen die Faserbündelchen ein; ebensowenig
wurde in irgend einem Falle in dem neoplastischen Gewebe eine Spur von
Nervenelementen angetroffen. Charakteristisch war in einigen Fällen (Sarkom
des Radialis) die Anordnung der neoplastischen Elemente um die Gefässe
hemm, die der den Peritheliomen eigenen höchst ähnlich ist.
Zum Schlüsse schliesst Verf. einige Betrachtungen an über die Therapie
und macht an der Hand von Beispielen aus der Literatur darauf aufmerk-
sam, dass, in Anbetracht der verhältnismässigen Gutartigkeit der Nerven-
geschwülste und der Beziehungen derselben zum Nervenelement, die Aus-
schälung grosse Aussicht auf dauernden Erfolg habe und bei den meisten
Fällen vorgezogen werden müsse, unter Reservierung der Resektion für die
Fälle, in denen der Nerv geringe funktionelle Bedeutung besitzt oder die
sofortige Wiedervereinigung der Resektionsstümpfe möglich ist, oder endlich,
wenn das rasche Wachstum und die während des Operationsaktes festge-
stellten engen Verwachsungen der Geschwulst für die absolute Bösartigkeit
derselben sprechen.
Fabris (36) hat das Verhalten der autoplastischen und heteroplasti-
schen Knochenplastiken studiert, indem er als Versuchstiere Hunde,
Kaninchen und Tauben verwandte. Bei seinen Versuchen hatte er die gewissen-
hafte Erhaltung des Periosts über der an verschiedenen Knochen des Skeletts
(Schädel, Schienbein) vorgenommenen Plastik im Auge und legte vor allem
auf die sorgfaltigste Antisepsis Gewicht.
Er schliesst:
dass die autoplastischen Pfropfungen vollkommen einwachsen können,
sowohl wenn sie in die Stelle, von der sie entfernt wurden, zurückversetzt
werden, als auch, wenn sie in verschiedene Örtlichkeiten übertragen werden;
dass auch die heteroplastischen Knochenplastiken (Hund und Kaninchen
— Hund und Taube) mit dem nahen Knochen zusammenheilen und ihre
Vitalität fortsetzen können;
dass diese Einbeilung bedeutend leichter eintritt bei jungen Tieren
(namentlich bei den Hunden);
dass die Vitalität der Plastik der gewissenhaftesten Asepsis der Region
des Skeletts, an der der Operationsakt vorgenommen wurde, untergeordnet ist.
Fasoli (37) hat experimentell den Heilungsvorgang der Knorpelwunden
studiert. In einer ersten Versuchsreihe erzeugte er Schnittwunden in den
Inkmstationsknorpeln der Schenkelkondyle bei Kaninchen. In einer zweiten
Serie operierte er am Oberknorpel. Die operierten Kaninchen wurden durch
einen von 7 — 215 Tagen schwankenden Zeitraum am Leben erhalten. Wäh-
rend der Operation beobachtete man strengste Asepsis und der aseptische
Verlauf der Vernarbung wurde durch die Kulturprobe kontrolliert. Die
Schlüsse, zu denen der Verf. kommt, sind die folgenden :
1328 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL TeiL
Bei den Gelenkknorpeln treten stets infolge der Verletzung im Anfang
Erscheinungen von Nekrobiose längs der Wundränder auf. Den regressiven
Erscheinungen folgt die Proliferation der präexistierenden Knorpelzellen und
die vollständige Restitutio ad integrum der Läsion nach. Ein Teil
der proliferierten Enorpelzellen ist zu verschwinden bestimmt, um zur Bildnng
der neuen Grundsubstanz Veranlassung zu geben. Ist die Verletzung eine
sehr ausgedehnte gewesen und sind die Ränder derselben weit voneinander
entfernt, so ist die Wiederherstellung niemals eine vollständige, sondern es
bleiben durch eine zarte Bindegewebsschicht bedeckte Vertiefungen zurück.
Fällt der Schnitt in die Nähe der Insertionen, der Bänder oder der Sino-
vialisgewebe, so rücken die von diesen herkommenden Bindegewebe gegen
die Wunde vor und füllen sie vollkommen aus. Das die Wunde anfallende
Bindegewebe erfährt dann die Umwandlung in Knorpel, während die prä-
existierenden Knorpelzellen in diesem Falle keinerlei Rolle bei dem Vorgang
spielen.
Bei dem elastischen Knorpel wird die Läsion stets vollständig durch
ein junges aus den parachondralen Bindegeweben stammendes Bindegewebe
ersetzt. Das Perichondrium der in unmittelbarer Nähe der Wunde gelegenen
Teile proliferiert ebenfalls und bildet neue Knorpelschichten. Später gegen
den 20.—30. Tag erfährt das junge die Wunde ausfüllende Bindegewebe die
Knorpelmetaplasie und die perichondrale Neubildung verschmilzt mit ihr.
Ist der Substanzverlust ein ausgedehnter, so findet die Knorpelwiederher-
stellung nicht statt und an ihrer Stelle findet sich ein schlaffes retikuläres
Bindegewebe. In diesen Fällen bedingt eine aktive Knorpelneubildung peri-
chondralen Ursprungs eine erhebliche Verdickung der Ränder. Während der
Winterjahreszeit gehen die Proliferationsprozesse mit übermässiger Langsam-
keit vor sich und das Perichondrium spielt bei der Ausbesserung der Ver-
letzungen eine weniger aktive Rolle. Bei den jüngeren Tieren sind die Er-
satzvorgänge etwas aktiver. Die Fasern des präexistierenden Knorpels gehen
keinerlei, weder regressivem noch progressivem Prozess entgegen. In dem
neugebildeten Bindegewebscallus treten, sobald er die Knorpeleigenschaften
anzunehmen beginnt, die ersten Spuren elastischer Substanzen um die jungen
neugebildeten Knorpelkapseln herum und inmitten der Grundsubstanz auf.
Ihre Entstehung erfolgt wahrscheinlich durch Differenzierung der kollagenen
Fasern des Bindegewebes.
Fedele (38). Die eingeschlagene Methode ist die von Frattini vor-
geschlagene und besteht in Applikationen von elastischem Sublimatkollodium
(im Verhältnis 6 : 100) auf das Angiom. Die behandelten Kinder zeigten das
eine ein Angiom auf der Stirn, das andere auf der Vulva, und zwar in
der rechtsseitigen grossen Lippe. Die Kollodiumapplikationen wurden alle
drei Tage gemacht. Nach einer gewissen Zeit beobachtet man den Abfall
des Schorfes, der sich gebildet hat und an der Stelle des Tumors bleibt eine
blutende Wunde, welche rasch verheilt, eine kaum erkennbare, glatte, ebene
Narbe zurücklassend.
Was den Wert der von Federici (39) geprüften Antiseptika angeht,
so schliesst er unter Berücksichtigung der verschiedenen Modalitäten der
ausgeführten Versuche:
1. Sowohl bei der Desinfektion der Hände, als bei der des Operations-
feldes hat sich das Sublimat am wirksamsten und konstantesten in der Wii^
kung gezeigt.
Qiani, Italienische Literahtr von 1905. 1329
2. Wenig oder nichts tragen za dieser Wirksamkeit die Manöver bei,
die man gemeinhin seiner Anwendung vorausschickt, wie Waschen in Seife,
Alkohol, Alkohol und Äther usw.
3. Für die Desinfektion der Hände kommen in zweiter Linie Karbol-
saare, jedoch in konzentrierter Lösung (3 ^/o) und Kaliumpermanganat, sei es
allein, sei es verbunden mit HCl.
4. Die Salpetersäure hat sich wirksamer erwiesen als Salzsäure, Schwefel-
und Oxalsäure, von allen am wenigsten die Essigsäure. Es scheint jedoch,
dass, um ihre Einwirkung wirksam zu gestalten, dieselbe durch mehrere
Stunden lang ausgedehnt werden müsse.
5. Der Alkohol hat an und für sich keine ausgeprägte antiseptische
Wirkung und trägt vielleicht nur dazu bei, die antiseptische Wirkung in
einigen Mischungen zu erhöhen.
Ferrarini (40) hat sich vorgenommen, möglichst eingehend in ihrem
innersten Wesen all jene Modifikationen anatomischer und funktioneller Art,
der chemischen Zusammensetzung usw. zu studieren, welche in den Muskeln
der Extremitäten hervorgerufen werden, die zu chirurgischen Zwecken für
eine mehr oder weniger lange Zeit immobilisiert gehalten werden. Mit der
vorliegenden Mitteilung beschäftigt er sich mit der chemischen Zusammen-
setzung, indem er vorläufig nur das Wasser und die Salze in Berücksich-
tigung zieht.
Die Untersuchung wurde an Kaninchen gemacht, bei denen mittelst
zweckmässigen Verbandes eines der Hinterbeine für einen Zeitraum bis zu
drei Monaten immobilisiert wurde.
Verf. hat konstatiert, dass infolge der Immobilisation eines Gliedes in
der chemischen Zusammensetzung der Muskeln desselben die folgenden Modi-
fikationen erfolgen:
1. Zunahme an Wasser (im Mittel 0,70 °/o).
2. Abnahme an Salzen (im Mittel 0,05 ^/o).
Da Verf. konstatierte, dass die Zunahme an Wasser nicht der Dauer
der Immobilisation proportional ist, sondern rasch eine gewisse Grenze er-
reicht, auf der sie sich dann nahezu konstant hält, misst er dieselbe einer
Stase und einem Ödem bei, die durch den Verband in dem operierten Glied
verursacht werden. Da er hingegen gefunden hat, dass die Abnahme der
Salze einen progressiven Verlauf einhält, proportional der Dauer der Im-
mobilisation, misst er dieselbe (zum Teil) einer wirklichen chemischen Modi-
fikation des Muskelfleisches bei, über deren Natur er keine Annahmen aufstellt.
Francini (43) beschreibt einen klinischen Fall einer im Unterhautzell-
gewebe des Perineum sitzenden Geschwulst bei einem 54jährigen Manne,
deren histologische Untersuchung dartat, dass es sich um ein Sarkom peri-
thelialen Ursprungs handelte.
De Gaetano (44) berichtet, mehrere Fälle von Gasgangrän bakterio-
logisch untersucht zu haben. In einem Falle fand er den gekapselten Diplo-
bacillus aerogenes von Welch-Fränkel in Gemeinschaft mit einem Strepto-
coccus; in einem zweiten den Bacillus septicus aerobicus von Legros und
Lecene in Gemeinschaft mit Staphylococcus pyogenes aureus und Strepto-
coccus; in einem dritten Falle traf er einen aerobischen Mikroorganismus,
der anderweits noch nicht beschrieben worden ist und den er nach seinen
morphologischen und biologischen Eigenschaften als Streptobacillus gaso-
genes aerobicus zu bezeichnen vorschlägt.
JahrMberi«ht fflr Chirurgie 1905. 84
1330 JahreBbericht fbr Ghinirgie. II. Teil.
Er geht rasch alle Mikroorganismen durch, die bisher als zur Hervor-
rufung der Gasgangrän beim Menschen befähigte Agentien angetroffen worden
sind, um darzutun, dass der von ihm isolierte Streptobacillus gase-
genes aerobicus keinem derselben gleichgestellt werden kann.
Unter Vorlegung von Präparaten und Kulturen legt er die morpho-
logischen Eigenschaften, die Färbbarkeit, die Virulenz und sämtliche kultu-
rellen Eigenschaften des besagten Mikroorganismus dar.
Er berichtet, auch einen besonderen Apparat zum Auffangen der sich
in den Kulturmitteln entwickelnden Gase gebaut zu haben und hat sie in
das subkutane Bindegewebe und Abdomen der Versuchstiere eingeimpft: die
injizierten Gase bedingen keinerlei Störung bei den Tieren und bestätigen so
die bei dem Patienten, von dem der Mikroorganismus herrührte, wahi^enom-
mene klinische Erscheinung. In der Tat heilte der Kranke, trotzdem er ein
Emphysem hatte, das von der Hinterbacke bis über den Nabel, zum Ober-
schenkel und zum Skrotum ging, vollständig nach weiter Inzision der Herdes
der Gasgangrän, die sich in dem rechten Hinterbacken entwickelt hatte.
Gibelli (45) untersucht, ob die Berechnung der weissen Blutkörperchen
und ihre morphologische Untersuchung hinreichend und genau genug seien, um
eine Diagnose bei den akuten und toxischen Infektionskrankheiten aufzustellen.
Er macht darauf aufmerksam, dass die unrichtigen Resultate bei der
Berechnung von dem Thoma-Zeiss sehen Apparat selbst und von der ver-
schiedenen bei Anstellung der Gesamtberechnung der Leukozyten befolgten
Methode herrühren können.
Er kommt zur Betrachtung der Vorteile, die sich aus der morphologi-
Untersuchung ziehen lassen und wie auf Grund derselben zahlreiche Theorien
über den Ursprung und die Funktion der weissen Blutkörperchen aufgestellt
worden seien.
Er verweilt bei den Schwierigkeiten, eine Klassifikation aufzustellen,
und legt die Ursachen dar, durch die es heutzutage noch nicht möglich ge-
wesen ist, eine endgültige zu geben.
Wie auf Grund der Daten der Form und Färbung in vielen Fällen die
pathologischen Formen nicht von den normalen unterschieden werden können.
Wie daher die Hämatologen sich eher auf die Änderungen im Verhältnis ge-
stützt hätten, die zwischen den verschiedenen Leukozytenarten bestehen.
Er hebt die Bedeutung der neutrophilen Zellen in den akuten und
toxischen Lifektionsformen hervor und verweilt deshalb ausführlich bei den
Arbeiten von Arneth, mit dessen Resultaten er die eigenen vergleicht.
Nach Erörterung der einschlägigen Anschauungen berichtet Giuliano
(46) über zwei Fälle von Holzphlegmone, die geheilt wurden, der erste
nach Elimination eines Seidenfadens, der zweite, ohne dass man sichere An-
haltspunkte tür die Ursache der Phlegmone bekommen hätte. Die Ätiologie
ist das Eindringen von abgeschwächten pyogenen Keimen in die Gewebe ; die
Prognose ist eine gute; die Behandlung besteht in Ruhe und feuchtwarmen
Packungen.
Guerrini (47) hat die Funktion der Muskeln in verschiedenen Sta-
dien der Fettentartung studiert, und zwar sowohl in bezug auf die Physio-
pathologie als in bezug auf den innersten Mechanismus der Kontraktion.
Seine Versuche hat er an essbaren Fröschen in verschiedenen Zeiträumen
des Jahres angestellt, indem er die Degeneration durch Einträufeln von
Ph.-Lösungen in Mandelöl in den Dorsalsack hervorrief.
Giani, Italieniflehe Literainr Ton 1905. 1331
Seine Versuche erstreckten sich auf den M. gastrognemius, indem er
als Reiz die elektrische Exzitation und einen normalen isotonischen Hebel
verwandte. Er wandte direkte und indirekte Stimulation an und studierte
den Tetanus, die Anstrengung, die Schwelle der latenten Exzitation und
die Skala.
Verfasser hat Alterationen der Reizbarkeit und Leitungsfahigkeit des
Muskels beobachtet, welche sich durch eine differente und sprunghafte Ant-
wort auf gleichartige elektrische Reize, durch die ausbleibende Summierung
nahe gerückter Reize kundgeben; durch den Umstand, dass der Tetanus
nicht sofort maximal ist; durch die Verlängerung der latenten Exzitations-
zeit. Das heisst, es bestehen nach der Nomenklatur Engelmanns Ände-
rungen in den dromotropen und badmotropen Eigenschaften.
Doch auch die inotropen Eigenschaften, das heisst jene der Kontrak-
tionsfabigkeit des Muskels inhärenten, zeigen tiefgehende Alterationen. Der
in Felldegeneration begriffene Muskel ist in der Tat einer mechanischen
Arbeit fähig, die weit hinter derjenigen zurückbleibt, deren ein normaler
Muskel fähig ist.
Eine weitere von dem Verf. beobachtete Tatsache ist die grosse Leichtig-
keit, mit der der degenerierte Muskel in einen Zustand der Kontraktur ein-
tritt. Der in Kontraktur befindliche Muskel yerliert jedoch seine Reizbarkeit
nicht. Er antwortet, wenn auch nur mit äusserst geringen Zuckungen auf
jede einzelne Stimulation.
Dies steht nach dem Verf. in Einklang mit den neuesten Anschauungen
über den Mechanismus der Kontraktion. Diese nehmen bekaimtlich zwischen
Fibrillen und Sarkoplasmen ein funktionell verschiedenes Verhalten an. Jene
sollen die raschen Kontraktionen bedingen, dieses hingegen den Tonus.
Sonach könnte man annehmen, dass bei den degenerierten Muskeln die
Funktionsfahigkeit der Fibrillen stärker als die des Sarkoplasma alteriert sei,
so dass die tonotropen Eigenschaften des letzteren im Übergewicht bleiben
würden.
Jacobelli (48) berichtet über das Ergebnis seiner Untersuchungen
über Leukozytose, die an 38 mit verschiedenen Ejrankheiten behafteten Pa-
tienten der Klinik von Neapel, zwecks Wertung der Bedeutung dieses Sym-
ptoms in der chirurgischen Klinik ausgeführt wurden.
Die Schlüsse, zu denen er gelangt, sind die folgenden:
Eine über 12000 hinausgehende Zahl von Leukozyten berechtigt von
Leukozytose zu sprechen.
Bei den nicht durch Bakterien hervorgerufenen chirurgischen Krank-
heiten, z. B. bei den Tumoren, tritt keine Leukozytose auf.
Ist Leukozytose vorhanden, so besteht Lifektion: jedoch muss dieselbe
persistent sein, niobt vorübergehend. Die Kurve ist mehr oder weniger hoch;
dies zeigt aber den Grad der Reaktion des Organismus an, da das blosse
persistente Hinausgehen über 12000 genügt, um eine bestehende Eiterung
anzuzeigen. Der Sitz der Eiterung wirkt in dem Sinne, dass die intraperi-
toneale eine höhere Kurve gibt.
Bei Eröffnung der eiterigen Ansammlung ist der Herabgang in 24 Stun-
den ein rascher.
Auf jeden chirurgischen Eingriff folgt Leukozytose von 16000—20000,
welche 48 Stunden dauert. Bei den intraperitonealen Eingriffen und bei
84*
1832 Jahresbericht für Ghiniigie. II. Teil.
denen, die die Knochenepiphysen interessieren, geht die postoperative Leako-
zytose über 20000 hinaus, dauert aber ebenfalls 48 Stunden.
Ist das Fallen der leukozytären Kurve kein rasches, oder aber folgt ihm
ein erneutes Ansteigen, so besagt das, dass ein Infektionsprozess (Eiterung)
beginnt. In diesem Falle schwankt die Leukozytose zwischen 15000 und
25000, so lange man nicht für die Bekämpfung der Infektion sorgt. In den
zweifelhaften Fällen von tiefliegender Eiterung hat die Blntuntersucbung
positive Resultate geliefert (Leberabszesse).
In den Fällen von Störungen der Darmkanalisation tritt Leukozytose
auf, wenn Peritonitis besteht (eingeklemmter Bruch, innere Einklemmungen,
Ileus infolge Peritonitis) ; die Leukozytose fehlt bei reinem paralytischem Heus.
In bezug auf die Qualität der Leukozyten hat Verf. stets Vermehrnng
der Polynukleierten (70—80 auf Hundert) gefunden, doch hält er es nicht
für möglich, aus einer blossen Untersuchung der blossen Qualität der Leuko-
zyten auf die Existenz einer zweifelhaften Eiterung zu schliessen.
Er schliesst dahin, dass die Leukozytose ein höchst wichtiges und emp-
findliches Symptom in der chirurgischen Klinik ist und stets untersucht und
gewertet werden muss.
Maragliano (51) hat aus der klinischen Beobachtung den Eindruck
gewonnen, dass die Vereinigung des Adrenalins mit Kokain zwecks lokaler
Anästhesie schädlich werden kann, wenn es sich um entzündete Gewebe
handelt.
Durch eine Reihe von experimentellen Untersuchungen ist zu er folgenden
Schlüssen gekommen:
1. Die Adrenalinanämie verschlimmert den Verlauf einer schon floriden
Infektion.
2. Gestaltet eine experimentelle Infektion bedeutend schwerer.
3. Mikroorganismen, die an und für sich nicht virulent sind, werden
es, wenn gleichzeitig mit ihnen eine Adrenalinlösung injiziert wird.
4. Die Adrenalinanämie verschlimmert erheblich den Verlauf einer lokalen,
schon floriden Infektion, wenn an dem Infektionsherd benachbarter Stellen
die Injektion gemacht wird.
Ohne die erhaltenen Resultate direkt auf die menschliche Pathologie
übertragen zu wollen, glaubt Verf. immerhin, dass auf Grund derselben und
der klinischen Beobachtung die lokale Kokainadrenalinanästhesie zu vermeiden
sei, sobald man sich Infektionsprozessen gegenüber befände.
G. Marcarini (52) illustriert zwei Fälle von Neurofibrom, bei denen
er hat feststellen können, dass die Hyperplasie auf das Bindegewebe anstatt
auf die Nervenfaser zurückzuführen ist. Dies war möglich besonders in einem
FaUe, wo er einen Nerven studierte, der ungefähr zur Hälfte seines Verlanfes
normal und auf dem übrigen Teil alteriert war. Verf. hat in diesem Falle
konstatieren können, dass, während in dem normalen Teil die Nervenfasern
einander genähert waren, dieselben in der alterierten Portion durch Zwischen-
lagerung von fibrillärem und zum Teil degeneriertem Bindegewebe abgerückt
waren.
0. Margarucci (55) stellt einen 14 jährigen Landknaben (aus Percile,
Rom) vor, der wegen sprungweise in den Regionen des Gesichts, der Schläfe
und Unterkiefergegend der linken Seite ausgedehnter aktinomykotischer In-
filtration operiert worden war. Der Beginn der Krankheit ging (in bezug auf
den Zeitpunkt der Beobachtung) auf 2^/s Monate zurück und hatte sich durch
Giani, Italienuehe Literatur von 1905. 1333
heftige untere Zabnnenralgie kund gegeben. Sofort bildete sich eine An-
schwellung der ganzen dem horizontalen und aufsteigenden Schenkel des
Unterkiefers entsprechenden Region. In der Folge wurde die Anschwellung
in umschriebenen sukzessiven Herden weich. Hier schwärte die Haut, um
einen grauen, an gelblichen kreisförmigen Kömchen reichen Eiter austreten
zu lassen, welche mikroskopisch untersucht, sich durch den charakteristischen
strahlenförmigen Pilz gebildet zeigten.
Die Kieferklemme, die die Anschwellung von ihrem Beginn an begleitet
hatte, hat sich nach der Behandlung, welche in Inzisionen, Ausschabungen
und Kauterisation mit Jodtinktur sowie in reichlicher Verabfolgung von JK
3 g pro die) für innerlichen Gebrauch bestanden hat, allmählich gelöst.
Es wurde keine entblösste Knochenstelle an dem Unterkiefer angetroffen;
dagegen war die Jochbeinbrücke vollständig vom Periost entblösst und vom
Eiter eingehüllt.
Die Heilung ist im Begriff, eine vollkommene zu werden.
Verf. streift kurz die Gründe, die ihn zu der dann durch den mikro-
skopischen Befund bestätigten Diagnose auf aktinomykotische Infiltration
führten, eine Krankheit, die in unseren Dörfern ziemlich selten ist.
G. Mariotti (56) hat topographisch 73 Schädel des anatomischen Mu-
seums zu Parma studiert, um die Beziehungen zwischen Sinus sigmoideus und
Prozessus mastoideus zu bestimmen. Die Resultate, zu denen Verf. gelangt,
gehen vollkommen auf die von Oka da zum Ausdruck gebrachten Anschau-
ungen hinaus. Er hat in der Tat beobachtet: 1. dass die Lage des Sinus
lateralis in bezug auf den Processus mastoideus ganz und gar aus der anthro-
pologischen Form des Schädels zu bestimmen ist. 2. Dass der sigmaförmige
Abschnitt des Sinus bei kleinen Processi mastoidei, bei Frauen und bei Kindern
unter 13 Jahren dem äusseren Gehörloch auf der rechten Kopfseite näher
liegt. Weiter hat er gesehen, dass diese gefährliche Nähe konstant ist für
diejenigen Mastoide, welche auf der Seite sitzen, auf der die Regio occipitalis
eine abnorme Abplattung zeigt, besonders wenn diese Seite die rechte ist.
D. Mori (60) hat klinisch und experimentell an Hunden die Michel-
schen Klammem für die Hautnaht bei chirurgischen Wunden studiert. Er
weist darauf hin, dass dieselben von leichter und sehr rascher Anwendbarkeit
sind und dass mittelst dieser Klammern die Einführung von Keimen in die
tiefen Hautschichten vermieden werde. Mit einer gewissen Übung gelingt es
auch noch, die auf ihren Druck zurückzuführenden punktförmigen Dekubiti
zu vermeiden; bei übermässiger Dicke der Integumente jedoch oder über-
mässiger Spannung der Wundränder ist ihre Anwendung kontraindiziert.
Niosi (62) hat eine bei einer Frau in der chirurgischen Klinik zu Pisa
von Prof. Ceci exstirpierte Mesenterialzyste studiert.
Diese Zyste, interessant vom klinischen Gesichtspunkt und noch interes-
santer vom anatomisch-pathologischen und embriologischen Gesichtspunkt,
hatte ein Bindegewebsstroma ohne eine Spur von glatten Muskelfasern, war
mit kubisch-zylindrischem Epithel bekleidet, welches an verschiedenen Stellen
zu Papillen von verschiedener Form und Dimensionen und zu zysto-adeno-
matösen Schläuchen Veranlassung gab, und enthielt in einer gegebenen Zone
in der Dicke der Wand Epithelbildungen, welche gestatteten, die Pathogenese
der Zyste in ziemlich sicherer Weise festzustellen. Nach einem kurzen Hin-
weis auf die wichtigsten dieser Bildungen (Epithelschläuche mit den Eigen-
schaften der Mesonephrumschläuche, Knötchen von Bindensubstanz der Neben-
1334 Jahresberichi fttr Chirargie. IL Teil.
nierendrüse) bemerkt Verf., dass die Zyste nach ihm ihren Ursprung in den W ol f f-
schen Körpern habe. In einer demnächst zu veröffentlichenden Arbeit, welche
die erste vollständige Monographie über die Mesenterialzysten embryonalen
Ursprungs bilden wird, wird der Fall, der seines gleichen in der Literatur
besitzt, ausführlich erläutert werden.
Es bestand nun in der Wand der Zyste ein kleines Knötchen in einer
Dimension von 1 X 0,5 cm, welches die Struktur des Chorioepithelioms, aty-
pische Varietät von Marchand besass und in dem die Zellenelemente (sp-
zytielle Massen und isolierte den Langhans sehen Zellen analoge Elemente]
sich aus dem Bekleidungsepithel der Zyste und seinen papillären und tubu-
lären Fortsetzungen herleiteten.
Verf. erwähnt dann eine Ovarialgeschwulst, über die er auf dem letzten
vom 11. — 15. Oktober letzten Jahres in Rom gehaltenen Kongress der italie-
nischen Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie berichtet hat, eine
Geschwulst, die die Struktur des Chorioepithelioms besass und ans Schläuchen
und Zysten der Ovarialrinde ihren Ursprung nahm. Da Verf. bei diesem
Tumor und dem Mesenterialknötchen die Genese der chorioepitheliomatösen
Proliferation aus lokalen Elementen hat nachweisen können, verneint er, dass
es sich um eine Proliferation handeln könne, die aus während des Laufes
einer Schwangerschaft in die Blasenwand und den Eierstock verschleppten
Ghorialzotten herzuleiten sei. Er geht sodann zur Betrachtung der chorio-
epitheliomatösen Bildungen der Teratome über, auf die im Jahre 1902
Schlagenhaufer zuerst aufmerksam gemacht hat, und legt kurz die den-
selben von der Allgemeinheit der Autoren zugeschriebene Literpretation dar.
Da die Teratome nach dieser Deutung Embryome sind, das heisst ans Blasto-
meren eines befruchteten Eies stammende Produktionen (Theorie von Wilms-
Bonnet-Marchand), leiten sich die chorioepitheliomatösen Bildungen aas
Eielementen her (aus dem Eiektoderm), genau so wie das Choriaepitheliom;
dieses bildet sich, wie bekannt, von dem Epithel der Choriolzotten ab, welches
seinerzeits nach der grossen Mehrheit der Autoren sich aus dem Eiektoderm
herleitet.
Dieser Deutung stellt der Verf. entgegen:
1. Dass die Theorie von Wilms-Bonnet-Marchand, so genial sie
auch sein mag, nichts weiter ist als eine Hypothese, nicht eine positiv be-
wiesene Tatsache.
2. Dass die bisher beschriebenen Teratome mit chorioepitheliomatösen
Bildungen streng genommen nicht die von Wilms für die Diagnose auf Embryom
geforderten Requisiten (Anwesenheit von Elementen der drei Blastodermblätter)
enthalten.
3. Dass die zur Erklärung des Verschwindens vieler Gewebe in einem
Embryom angeführten Argumente der Kritik nicht Stand halten.
4. Dass Fälle von reinen Chorioepitheliomen bekannt sind, die gänzlich
von teratomatösen Elementen frei sind.
5. Dass der von dem Verf. auf dem Kongress zu Rom mitgeteilte
Ovarialtumor und das Knötchen der Mesenterialzyste nicht als Teratome
gedeutet werden können, um so weniger als Embryome.
Aus all diesen Gründen schliesst er, dass das Chorioepitheliom wegen
seiner besonderen Struktur und wegen seiner besonderen Verbreitungsweise
unter den Epitheliomen einen besonderen Platz verdient, aber kein spezi-
fischer Tumor ist, das heisst der allein aus Eielementen sich herleiten könne.
Giani, Italienische Literatur von 1905. 1335
Wie sich das Chorioepitheliom der Schwangerschaft herleitet ans dem Epithel
der Chorialzotten (sei es okulären Ursprungs, wie die meisten fordern, sei es
mütterlichen Ursprungs, wie Sfameni meint), so können aus anderen Epi-
thelen, aus dem Epithel einer Mesenteriaizyste, aus dem Epithel von Schläu-
chen und Zysten der Ovarialrinde usw. sich Bildungen herleiten, die die
Struktur und das klinische Verhalten des Chorioepithelioms besitzen.
Onorato (63) berichtet über einen Fall einer 32jährigen mit Milzbrand-
infektion behafteten und mit Sclavoschem Serum behandelten Frau, welche
20 Tage nach Auftreten der malignen Pustel yon Paraplegie und Lähmung
der Blase und des Rektum getroffen wurde. Die Lähmungserscheinungen
heilten in dem Zeitraum von ungefähr einem Monat nach einer neuerlichen Be-
handlung mit dem Sclavoschen Serum gegen Milzbrand.
Verf. fügt einige Betrachtungen hinzu und tut dar, dass diese Lähmung
auf den schon von Sclavo hervorgehobenen toxischen Produkten des Milz-
brandes beruhe, welche eine lähmende Nachwirkung auf das Nervensystem
haben. Er schliesst mit der Empfehlung, bei den Antitoxininjektionen ergiebig
zu verfahren, sei es weil dasselbe unschädlich ist, sei es weil dasselbe, wie
in dem mitgeteilten Falle, auch gegen die Lähmungen nach Milzbrand, die
nachträglich sich bemerkbar machen können, immunisierend wirkt.
Onorato (64) injizierte in die bei Hunden, Kaninchen und Meer-
schweinchen erzeugten Frakturherde Blut in toto, entfibriniertes Blut, Blut-
serum und physiologische Kochsalzlösung, welche, anstatt die Bildung des
Kallus zu begünstigen, sie verzögerten.
Onorato (65) berichtet, lokalisierte Tuberkuloseherde bei Hunden und
Kaninchen hervorgebracht zu haben, denen er verschiedene Zeit lang wässe-
riges Tuberkulin, sei es vor Vornahme der Injektion lebender Bazillen, sei es
nachher, injiziert hatte. Bei den dieser Behandlung unterzogenen Tieren
hatte der tuberkulöse Herd eine schwerere und raschere Entwickelung als
bei den Kontrolltieren.
Onorato (66) hat den Urin der in der chirurgischen Klinik zu Genua
Operierten vor und nach der Ghloroformnarkose untersucht und kommt zu
den folgenden Schlüssen:
1. Das als allgemeines Anästhetikum verwandte Chloroform ist keine
Ursache von Albuminurie.
2. Es verschlimmert sie nicht in den Fällen, wo sie in leichtem Grade
vor der Chloroformnarkose bestand.
3. Die Fälle von postoperativer Albuminurie sind nicht der Wirkung
des Chloroforms, sondern Infektionsprozessen zuzuschreiben.
Nach ausführlicher Darlegung der Literatur gibt De Paoli (67) ein
sorgfältiges Studium über die Pathogenese, pathologische Anatomie und Sym-
ptomatologie der Tuberkulose der Speicheldrüsen, wobei er zahlreiche persön-
liche Beobachtungen anführt und die von anderen Autoren mitgeteilten Beob-
achtungen einer eingehenden kritischen Untersuchung unterzieht.
De Paoli (68). Eine sorgfältige Untersuchung über die Bedeutung
des durch die Perkussion bei den traumatischen Verletzungen und den patho-
logischen Alterationen des Schädels und seines Inhalts gewonnenen Befundes,
unter Anführung zahlreicher persönlichen klinischen Beobachtungen und solcher
aus der Literatur.
Puglisi-Allegra (69). In den beiden ersten Fällen handelte es sich
um Tumore mit vorwiegend angiomatöser Struktur, bei denen man um die
1336 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
Blutlakonen herum eine Neoproduktion mit der epithelialen ähnlichen Eigen-
schaften antrifft, in engster Beziehung mit dem Endothel, welches sie
begrenzt.
Auch längs der Lymphräume des Bindegewebes hat er Proliferation der
Endothele angetroffen, in Form von denselben aufgelegten Zellenzügen oder
als in verschiedener Richtung in dem Bindegewebe verlaufende Stränge.
Unter Stellung der Diagnose auf Endotheliom wegen des Umstandes,
dass einige Höhlungen der Geschwulst durch Bindegewebe getrennt sind und
dass sich stufenweise die Entwickelung der Neubildung verfolgen lässt, ist
er der Ansicht, dass es sich ursprünglich um einfache Angiome handelte
und dass in der Folge, vielleicht in dem Moment^ als sie schmerzhaft wurden,
die endotheliale Neoproduktion einsetzte. Die Vielfältigkeit der Endothel-
kategorien, aus denen die Anschwellung entspringt, bestätigt die Anschauung,
die man heutzutage allgemein inbezug auf die Endotheliome hat.
In dem dritten Falle handelte es sich um ein Myom, in dem vierten um
ein versprengtes Lymphknötchen, welche die Symptomatologie der schmerz-
haften subkutanen Tuberkel geboten hatten.
Pusateri (70) hat sich zur Aufgabe gesetzt, beim Hunde den Heilungs-
prozess der Nasenwunden zu studieren, die alle Schichten von der Haut bis
zur Schleimhaut der Nasenhöhle in Mitleidenschaft ziehen. Zu diesem Zwecke
machte er mit einem Bistouri auf dem Nasenrücken des Tieres zu Seiten der
Knorpelscheidewand in der Nähe des Knochenskeletts ohne irgend welche
Reinigung der Haut eine penetrierende in vertikalem Sinne von oben nach
unten gerichtete 2—3 cm lange Wunde. Durch Tötung der Tiere vom 2. bis
26. Tage hat er beobachten können:
1. Dass infolge des Schnittes der längere Abschnitt der beiden Stümpfe
des durchschnittenen Nasenknorpels mit seinem verwundeten Ende sich in
die Nasenhöhle vertieft und die Schleimhautschicht des anderen Stumpfes
folglich auf dem Niveau der normalerweise über der Knorpelschicht gelegenen
Muskelschicht bleibt. Durch diese Verschiebung der Stücke wird die Wunde
aus einer vertikalen zu einer schrägen und ein ziemlicher Blulerguss bildet
sich zwischen dem Knorpel und der Muskelschicht; mit der Resorption dieses
Gerinnsels jedoch und dem sukzessiven Einsetzen des Narbengewebes nähern
sich die beiden Knorpelstiimpfe einander allmählich, bis sie sich fast auf
das gleiche Niveau bringen und durch eine neugebildete Bindegewebsschicht
zusammenwachsen.
2. Die beiden Enden der Epithelwunde der Nasenschleimhaut erscheinen
von dem 6. Tage ab unter einander verlötet.
3. Das BekleiduDgsepithel der verwundeten Cutis zeigt sich in der ganzen
Länge derselben erst am 25. Tage zugeheilt.
4. Die Heilung der Wunde erfolgt per primam intentionem und eine
geringe entzündliche Reaktion tritt an den Rändern derselben ein; die fibro-
blastische Neubildung beginnt von dem 5. Tage ab und zieht sich wegen des
Blutergusses oberhalb des Knorpels sehr in die Länge und erst am 26. Tage
hat man eine vollständige und kompakte Bindegewebsnarbe.
Putti (71) berichtet über einen Patienten, bei dem das in den Gastro-
cnemii der rechten Seite lokalisierte Neoplasma eine schwere Spitzfussstellung
hervorgerufen hatte; bei einem zweiten Patienten umfasste die Läsion den
Glutaeus maximus, die beiden Gemelli und einen kleinen Teil der dorsalen
Muskeln des linken Fusses; es bestand eine Rotation der ganzen Extremität
Giani, Italienische Literatur von 1905. 1337
nach aussen und ein starker Equinismus des Fusses. Durch die vorgenom-
menen Operationen gelang es, den Tumor auf die radikalste Weise zu ezstir-
pieren. Beim ersten Patienten erreichte man diesen Zweck auf einmal, beim
zweiten musste wegen des reichlichen Blutverlustes in zwei Zeiten eingegriffen
werden. In beiden Fällen handelte es sich um kavernöses Muskelangiom.
Die mit der Methode UnnaTänzar gefärbten elastischen Fasern sieht
man die dichtesten Bindegewebslakunen verstärken, dieselben bekleiden auch
die Wand der unilokulären Blutlakunen mittleren Kalibers, während sie fast
gänzlich an der Peripherie der grösseren und multilokularen Kavernen fehlen.
Putti (72). Ein vollständiges Studium der Deformitäten des Skeletts
nach Syringomyelia und Tabes dorsalis unter dem Gesichtspunkt der patho-
logischen Anatomie, der Symptomatologie, der Diagnose und der therapeuti-
schen Indikationen. Verf. schliesst daran ausserdem persönliche klinische
Beobachtungen.
Nach einem kurzen Überblick über die einschlägige Literatur und die
Anschauungen verschiedener Autoren über das Argument berichtet R i c c i (73)
die Krankengeschichte und die eingehende mikroskopische Untersuchung von
drei von ihm beobachteten Fällen von Dermoidzysten des Eierstockes und
zieht daraus die folgenden Schlüsse:
1. Es kann keine Unterscheidung zwischen den einfachen Dermoid-
zysten und den Teratomen des Eierstockes nach den ätiologischen Momenten
aufgestellt werden, sondern bloss nach ihrer Morphologie, indem sie zwei
Phasen eines und desselben pathologischen Prozesses darstellen.
2. Die Dermoide und die Teratome des Eierstockes sind Tumore, für
die ein neoplastischer Reiz anzunehmen ist.
3. Dieselben zeigen organische Produktionen, deren Ursprung auf alle
drei Blastodermblätter zurückzuführen ist, und dass die Repräsentanten des
inneren weniger häufig und zahlreich sind.
4. Die Morphologie und Aggregation dieser neoplastischen Produktionen
geben, zufällige teilweise Abweichungen ausgenommen, die Morphologie und
Aggregation der Organe des Embryo wieder.
5. Dieselben sind embryonale Tumore und es ist ihnen als Ursprungs-
element das Ei zuzuerkennen.
6. Die ätiologischen Momente müssen auf das Eielement einwirken, um
in ihm jene besonderen Modifikationen zu bestimmen, die für die Produktion
von Dermoiden, von den einfachsten bis zu den komplettesten unerlässlich
sind, mit Anlagen von ganzen Embryonen und mit allen klinischen Eigen-
schaften des Neoplasma.
Rizzo (74) berichtet über einen Fall von doppeltem mukoidem Papiilar-
zystom des Eierstockes, das in das Peritoneum durchgebrochen war, und von
darauffolgender Bildung jener Alteration, die unter dem Namen Pseudomyxoma
peritonei verstanden wird.
Verf. stellt fest, dass vor allem der Zusammenhang zwischen der pri-
mären Erkrankung des Eierstockes und der sekundären des Peritoneums an-
erkannt wird und macht darauf aufmerksam, dass man hingegen nicht einig
ist über die Weise, das eigentliche Wesen der peritonealen Läsion zu deuten.
Im Gegensatz zu der Anschauung Polaccos ist er der Meinung, dass das
Pseudomyxom des Peritoneums auf einer Bindegewebsneubildung von Seiten
des Peritoneums in Form von dünnen Lamellen beruhe, welche die pseudo-
muzinösen Massen auf dem Peritoneum fixieren.
1338 Jahresbericht für Chirargie. II. Teil.
Die Pat. starb nach einem Jahr, während dessen sie fortgesetzt psendo-
muzinöse Massen ans dem Rektum, dem Magen und den Hamwegen ausge-
schieden hatte. Verfasser ist der Ansicht, dass diese Elimination mittelst
eines Prozesses erfolge, der dem analog sei, durch welchen die Elimination
der Fremdkörper bedingt wird, die zufällig in die Peritonealhöhle geraten
können.
Rolando (75) berichtet über einen Fall von Wolfsrachen mit Hervor-
stehen des Intermaxillaris, bei dem er derart eingriff, dass er in derselben
Sitzung die Retropulsion des Intermaxillaris mit dem Verfahren von Barde-
leben und die Kur der Hasenscharte nach dem Verfahren von Mirault
vornahm.
Beim Akt der Diszission des Pflugscharbeins trat eine äusserst schwere
Blutung ein. Für die Reduktion des Intermaxillaris, glaubt er, sei den
Methoden der Vorzug zu geben, welche die Nasengaumenarterienstämme
schützen.
Ruggi (76) legt seinen Prostataniederzieher vor.
Sodann berichtet er über einige an seinem Verfahren der Nephropexie
angebrachte Modifikationen. Verf. erinnert daran, wie er bei verschiedenen
Gelegenheiten sein Verfahren zur Kenntns gebracht habe, das in der Los-
lösung der eigentlichen Nierenkapsel, in der Bildung zweier Stiele, der eine
auf der Vorderfläche und der andere auf der hinteren besteht, mit denen er
die Niere an der Rippe befestigt. Da er nun in zwei Fällen fand, dass an
dem konvexen Rand ein fibröser Ansatz, Andenken einer fötalen Disposition
bestand, benutzte er dieselbe, um daran einen der Fäden, und zwar den
vorderen, zu befestigen. Für den hinteren löste er die Kapsel wie gewöhnlich
ab und bildete den Stiel.
Weiter berichtet er über eine im Leistenkanal gefundene Lymphdrüse.
Bei einem anderen Patienten bestand ausgedehnte Zerstörung des Ge-
sichtes infolge von Noma, welche die rechte Hälfte von Überlippe, die ent-
sprechende Wange und die ganze Unterlippe zerstört hatte. Mit einem sub-
mentalen Schnitt mit der Konvexität nach unten löste Verf. einen Lappen
aus der Übergangsbeingegend mit der Basis nach oben ab, der, in die
Höhe gehoben, derart gegen die Mundhöhle gebracht wurde, dass die Hant-
oberfläche nach der Höhlung derselben hin zu liegen kam. Diesen Lappen
bedeckte er dann wieder mit einem weiteren, den er aus der rechten Seite
des Halses entnahm, in einer Breite von 4 Fingern und in der Länge von
der Kinnlade bis zum Schlüsselbein. Für die Oberlippe machte er einen
Gleitungslappen von links nach rechts, den er an einen weiteren der rechten
Jochbeingegend entnommenen Lappen ansetzte. Er vervollständigte alsdann
die Operation, indem er einen bestehenden Pfropf entfernte, was ihm den
unmittelbaren Verschluss der breiten Kontinuitätelösung der Halsregion er-
leichterte.
Sodann teilt er eine Methode zur Verhütung der Bauchhernien mit:
Ausgehend von dem Grundgedanken, dass die postlaparotomischen Hernien
durch Verschiebung des unten der hinteren Aponeurose und der Sehnen-
intersektionen, die ihn an die Aponeurose befestigen könnten, entbehrenden
geraden Bauchmuskels nach aussen eintreten, schlägt er die Einhalfternng
der beiden Muskel unten mittelst eines Lappens vor, der jeder Seite der
die Vorderfläche der Recti bedeckenden Aponeurose entnommen und hinter
diesen durchgeführt wird, um auf der Mittellinie mit der Aponeurose der
Gianiy Italienische Literatur von 1905. 1339
entgegengesetzten Seite verbunden zu werden. Überzeugt jedoch, dass bei
der Laparotomie nur eines der Recti blossgelegt und denmach von den Apo-
nearosen, die ihn normalerweise fixieren, losgelöst werde, übt und empfiehlt
er die Einhalfterung mittelst nur eines Aponeuroselappens , der auf der
linken Seite gemacht, unter dem entsprechenden Muskel durchgezogen und
auf die Aponeurose, die den Musculus rectus der entgegengesetzten Seite
bekleidet, aufgenäht wird.
Santucci (78) berichtet über die Blutuntersuchung von 6 Fällen, die
von ihm studiert und dann wegen Echinokokkenblasen operiert wurden (zwei
in der Leber, einer in der Niere, zwei im Netz, einer in der Lunge). Die
vor dem Operationsakt stets ausgeprägte Eosinophilie (bis 39*^/o) verschwand
nach dem Operationsakt oder nach dem Absterben des Parasiten. Dies be-
stätigt die diagnostische Wichtigkeit der Eosinophilie bei Zysten mit lebendem
Echinococcus. Verf. knüpft daran eine Besprechung des Ursprunges und der
Bedeutung der eosinophilen Zellen.
Schifone (79) hat eine Reihe von experimentellen Untersuchungen an-
gestellt in der Absicht, festzustellen:
1. Ob nach einer ausgedehnten Schädel- und Duraresektion die Adhä-
renzen zwischen den perikranischen Weichteilen und der Hirnrinde konstant
beobachtet werden; durch welchen innersten Prozess sie entstehen und zu
welchen anatomischen und funktionellen Veränderungen der Hirnrinde sie
Veranlassung geben.
2. Ob wegen des blossen Fehlens der Knochen- und DurahüUe konstant
Gehirnvorfall zu beobachten ist.
Zu diesem Zwecke operierte er an 37 Hunden (in verschiedenen Regi-
onen der Hirnschale) eine grosse Resektion der Schädelknochen und der
darunter liegenden Dura mater : der gebildete Substanzverlust war bei einigen
Versuchen so gross, dass Vs der Oberfläche einer Hirnhemisphäre blossge-
legt waren.
Verf. beschreibt eingehend die Operationstechnik, die üntersuchungs-
methoden für die funktionelle Untersuchung des Nervensystems und schliess-
lich die histologische Technik und vor allem die Boccardische Färbung
für das Studium der innersten Struktur der Nervenzellen. 25 Versuche hatten
positiven Ausgang: Die Lebensdauer der Versuchstiere schwankte von zwei
Tagen bis neun Monaten nach der Operation.
Die Schlüsse, zu denen der Verfasser kommt, sind folgende:
1. Jeder ausgedehnte Substanzverlust der Scbädelknochen und der Dura
mater wird nie von einer Knochenneubildimg ausgefüllt, sondern nur durch
eine Produktion von neuem Knochen, der sich an den Rändern der ange-
brachten Bresche bildet, eingeengt. Der von seinen Decken entblösste und
in direkte Berührung mit den perikranischen Weichteilen gebrachte Teil der
Himoberfläche verwächst fest mit der Schädelhaut und zwar durch ein dickes
und resistentes sehniges Fasergewebe. Dieses Fasergewebe leitet sich her
aus der narbigen Schrumpfung eines jungen, an Gefässen und Elementen
reichen Bindegewebes, an dessen Bildung die Wanderelemente, die der weichen
Hirnhaut eigenen, die Neurogliazellen der Unterhirnhautscliicht und die Binde-
gewebselemente des Sarkolemma aller degenerierten und zerstörten Muskel-
bündel, welche die Schädelbresche bedeckten, teilnehmen.
2. Diese fibrösen Verwachsungen verursachen in der Hirnrinde eine
Reihe von Läsionen, welche alle die Rinde selbst begründenden Elemente
1340 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. TeiJ.
treffen. Diese Alterationen sind am diffusesten in den oberflächlichea
Schichten, in denen sie einen derartigen Grad erreichen, dass sie an einigen
Stellen zur vollständigen Zerstörung des Nervenelementes führen.
3. Trotz der Anwesenheit dieser verwachsenen Narben und der durch
dieselben bedingten Läsionen der Nervenelemente beobachtete man auch nach
einem langen Zeitraum (9 Monate) keine Störungen an Sensibilität und Mo-
tilität, noch distrophische Prozesse bei den operierten Tieren, bei denen die
Heilung vollkommen aseptisch verlief.
4. Bravacs-Jacksonsche Epilepsieanfalle wurden nur in ganz be-
stimmten pathologischen Verhältnissen (grosses, die Hirnsubstanz kompri-
mierendes Hämatom — eitrige Meningoencephalitis usw.) beobachtet. Treten
epileptische Anfälle ein, so geshieht dies bei organisch und erblich veran-
lagten Individuen und in einem solchen Falle neigen die Anfälle von Anfang
an zur Verallgemeinerung.
5. Wegen der blossen ausgedehntenKontinuitätstrennung
in Knochen und Dura wird, wenn keine sonstigen mechanischen und
entzündlichen Ursachen eingreifen (wie die Erhöhung des intrakraniellen
Druckes und Meningoencephalitis) kein Hirnvorfall beobachtet.
6. Die mit Exzision der harten Hirnhaut verbundene Schädelresektion
ist also, wie ausgedehnt sie auch vorgenommen werden möge, keine gefähr-
liche Operation, weder in ihren unmittelbaren noch in ihren späteren Wir-
kungen. Auch eine ausgedehnte Knocbenbresche kann ohne gefahrliche
Folgen für das darunter liegende Nervengewebe von einer Wand von Weich-
teilen bedeckt bleiben, wofern nur die Operation unter den strengsten asep-
tischen Vorsichtsmassregeln durchgeführt wird.
Mit Hinsicht darauf, dass trotz der strengsten Massnahmen der Asepsis
der Prozentsatz der Eiterungserscheinungen bei den aseptischen Operationen
noch immer ein recht hoher ist (viele Chirurgen, wie Mickulicz und Prutz,
geben als ein Minimum 6^/o an), vertritt Sgambati (80) die Ansicht, dass
es Pflicht eines jeden Operateurs sei, sich an eine gemischte Methode zu
halten, unter Wählung eines Antiseptikums, das zu gleicher Zeit energisch ist
und das Resistenz- und Regenerationsvermögen der Gewebe anregt. Unter
diesem zweifachen Gesichtspunkt geht er alle bekannten Antiseptika durch
und zeigt, dass das Jod in wässeriger Lösung am besten den erwähnten An-
forderungen entspricht.
Überdies wird das Jod, indem es lange auch in Berührung mit alka-
lischen Flüssigkeiten unverändert bleibt, die Albuminoide nicht koaguliert,
sondern sich an sie instaponiert, ohne deren physiologische Eigenschaften und
chemische Zusammensetzung zu ändern, als solches von den Lymphräumen
und den Gefässen absorbiert und entfaltet so seine antiseptische Wirkung auch
in einer gewissen Tiefe in den blutigen Geweben, wie Ref. experimentell
nachweisen zu können glaubt.
Seit über einem Jahre verwendet Ref. methodisch die Auswaschung der
Operationswunden mit gesättigter Jodlösung in warmem Wasser (55—60°),
die im Moment des Gebrauches hergestellt wird.
In ein kleines sterilisiertes, wenig recht heisses Wasser enthaltendes
Becken lässt er eine zur Erlangung einer Mahagonifärbung hinreichende Menge
gesättigter alkoholischer Jodtinktur giessen.
Sofort saugt er mit einem dicken Gazetampon die so bereitete Flüssig-
keit auf und befeuchtet damit reichlich die Wunde.
Giani, Italienische Literatar von 1905. 1341
Der Titer an metallischem, gelöst in dem Wasser bei dieser Tempe-
ratur enthaltenem Jod beträgt ungefähr 6V>^/oo, eine mehr als hinreichende
Proportion, um rasch jedweden Keim zu zerstören. Ist die Flüssigkeit trüb,
so zeigt dies an, dass ein Überschuss an Jod vorhanden ist, der sich übrigens
sofort absetzt.
Diese Auswaschung kann mehrmals während des Operationsaktes wieder-
holt werden, bis zu dem Augenblicke der Vereinigung der Hautwunde. Man
kann ohne Gefahr eine auch grosse Menge der verwandten Flüssigkeit in der
Tiefe der Gewebe belassen, ohne irgendwelche Unannehmlichkeit befürchten
zu müssen.
Auch in der serösen Höhlung hat die Verwendung des Jodwassers dem
Ref. keinerlei toxische Wirkung gegeben.
Er verwendet die nämliche Lösung zu Injektionen und Ausspülungen
bei Abszesshöhlen, dort, wo man aus Gründen der Ästhetik oder sonstigen
Bedenken nicht zur Inzision schreiten will.
In diesen Fällen wird nach Entleerung des Abszesses mittelst einer
Punktion in eine Kalomelspritze oder in eine solche von grösseren Dimen-
sionen eine ganz kleine Menge Jodtinktur aspiriert und dann der Rest mit
recht heissem Wasser angefüllt.
Das freie Jod verbleibt so in dem Apparat und geht direkt in die Höhle
über, deren Ausspülung man macht. Die Heilung erfolgt in wenigen Tagen,
besonders wenn die Ausspülungen öfters wiederholt werden.
Alle zufalligen Wunden, auch die nicht ganz frischen, werden von dem
Ref. vor ihrer Vemähung oder sonstigem Eingriff ausschliesslich durch etwas
länger fortgesetzte Anwendung von Jodwasser desinfiziert. Bei diesem System
tritt Eiterung nur absolut ausnahmsweise ein und der Vemarbungsprozess
erfolgt bedeutend rascher.
Wie viel Untersuchungen Ref. auch an den Sekretionen und Exkre-
tionen der so behandelten Individuen vorgenommen hat, so ist es ihm nie
gelungen, die Jodreaktion in ausgeprägter Weise zu erhalten; ebensowenig
hatten die Patienten je über irgend welche Erscheinung von Jodismus zu
klagen.
Während vor Anwendung dieses Verfahrens die Zahl der begrenzten
oder diffusen Eiterungen bei den in den Spitälern Roms (wo häufig die Be-
schaffenheit des Raumes, die viele Arbeit und die Promiscuität der Krank-
heiten jede aseptische Vorsichtsmassregel eitel machen) ausgeführten asepti-
schen Operationen 15 und 20% erreichte, ist jetzt dieser Prozentsatz auf
252 aseptische Operationen, bei denen Ref. das geschilderte Verfahren ange-
wandt, auf 1,5 ®/o heruntergegangen, obschon alle übrigen Verhältnisse unver-
ändert geblieben sind.
Ahnliche Resultate sind von anderen erhalten worden, die dieses System
eingeführt haben.
Gegenstand des Studiums von Sisto (81) war die Reaktion der Synovial-
membramen auf die nach Natur und Stärke mannigfaltigsten irritierenden
Agentien. Zu diesem Zwecke führte Verf. in die Kapsel der grossen Gelenke
des Kaninchens ein: Lösungen von chemischen Substanzen (Sugolsche Lösung,
Jodtinktur, Terpentinessenz, Silbernitrat), feinkörnige Substanzen (Bärlapp-
samen, Karmin), bald suspendiert in physiologischem Lösungsmittel, bald in
den vorerwähnten irritierenden Lösungen, Fremdkörper verschiedenailiger Natur
(Schwamm, Hollunder), parenchymatöse Organe von Tieren derselben und an-
1342 Jahresbericht für Chirurgie. 11. Teil.
derer Arten (Hund, Meerschweinschen, Batte), Lösungen von Extrakten paren-
chymatöser Organe verschiedenartiger Tiere.
Die Ergebnisse seiner Versuche lassen sich also kurz zusammenfassen:
1. Die stark irritierenden chemischen Agentien rufen eine Entzündnng
von höchst akutem Verlauf und nekrotisch-hämorrhagischem Typus hervor.
2. Die stark verdünnten chemischen Agentien geben primär zu enormer
Anhäufung von weissen Körperchen Veranlassung, dann zur Emeuemng mit
Neubildungsbindegewebe, fast ohne Eingreifen plasmazellulärer Elemente.
3. Die feinkörnigen Substanzen (Karmin) werden von den Leukozyten
und von Bindegewebszellen, die sich aktiv durch Kariokynese erneuem, ein-
gekapselt, um die eine Anhäufung (acht Tage) von typischen Plasmazellen
eintritt, analog dem, was man bei der Milz mit Ablagerung von Melanin-
pigment oder von Kohle beobachtet.
4. Die grösseren Kömer (Bärlappsamen) werden von Fibroblasten und
vielkemigen, sichelförmigen Riesenzellen mit spärlicher Plasmazellenbeteiligung
umgeben und isoliert.
5. Die kömigen mit irritierenden chemischen Agentien getränkten Sub-
stanzen rufen einen seiner Natur nach identischen entzündlichen Prozess
hervor, jedoch ist derselbe bedeutend intensiver und in seinem Verlauf rascher.
6. Die porösen Stoffe werden durch die Elemente der entzündlichen
Neubildung invadiert, die einen vollständig (Schwamm), die anderen nur an
der Peripherie (Holländer). In den Trabekeln des Fremdkörpers und in dem
darunter liegenden Gewebe, mit dem dieser verwachsen ist, beobachtet man
zuerst die weissen Körperchen, dann die Fibroblasten und Plasmazelien in
ziemlicher Menge.
7. Die homoplastischen Pfropfungen heilen ein und die eingepfropften
Organe bewahren, eingehüllt von einer Bindegewebskapsel, durch die die Er-
nährungsgefässe hindurchgehen, auf lange Zeit ihre Lebensfähigkeit, obschon
sie in manchen Teilen von weissen Körperchen invadiert werden.
8. Die heteroplastischen Pfropfungen heilen nicht ein, ihr Gewebe ver-
fällt in Nekrose und verbleibt in der Gelenkhöhle in dem Zustand eines
freien Körpers, dabei unter dem Einäuss der Bewegungen und des Druckes,
dem es unterworfen ist, eine abgeplattete, ovaläre Form annehmend. Die
Synovialmembran reagiert intensiv auf dieselben und zeigt dies besonders,
dass, während die verschiedenen Momente des entzündlichen Prozesses, Leuko-
zyteninfiltration, Bildung von Fibroblasten, Lymphozyteninfiltration an Inten-
sität gemässigt sind, hingegen die Plasmazellenerzeugung den Höhepunkt
erreicht, die, von den Gefässwänden aus vorschreitend, zur Bildung eines
echten Plasmoms Veranlassung gibt.
9. Die Lösungen von Extrakten heteroplastischer parenchymatöser Organe
geben hingegen recht spärliche plasmazelluläre Reaktion, während sie zu
höchst intensiver Leukozyteninfiltration und Fibroblastenbildung Veranlassung
geben.
In gleicher Weise verhalten sich mit diesen Substanzen getränkte Fremd-
körper (Bärlappsamen), wodurch nach seiner Ansicht dargetan wird, dass die
höchst intensive plasmazelluläre Reaktion nicht an eine passive Wirkung der
eingepfropften Körper gebunden ist, sondern auf die chemischen Substanzen
zurückzuführen ist, die durch die Autolyse dieser Organe frei werden.
Bei seinen Untersuchungen an Kaninchen injizierte Torri (82) alle zwei
Tage in die Randader des Ohres drei Tropfen einer 1^/ooigen Adrenalin-
Qiani, Italienische Literatur von 1905. 1343
lösung, verdünnt in 1 ccm physiologischer Kochsalzlösung. Er machte acht
Injektionen, wodurch jedes Kaninchen im ganzen 24 Tropfen einer 1^/ooigen
Adrenalinlösung in den Kreislauf erhielt, und tötete die Tiere 10 Tage nach
der letzten Injektion.
Bei der Obduktion wurden die interessantesten Erscheinungen vorzugs-
weise in dem Aortenbogen und zuweilen in der Brustaorta angetroffen:
Dieselben waren dargestellt durch nicht sehr ausgedehnte, ungefähr ^/s cm
lange Platten von zumeist eiförmiger Gestalt, denen entsprechend der Teil
des Gefasses infolge der Ablagerung von Kalksalzen das Aussehen und die
Konsistenz von Pergament angenommen hatte.
Diesen Platten entsprechend zeigte sich die Arterienwandung wie ver-
dünnt und leicht ausgestülpt, gleichsam als ob sie an jener Stelle die Elasti-
zität verloren hätte. Manchmal fanden sich, anstatt nur einer einzigen aus-
gedehnten Platte, deren verschiedene, ziemlich kleine und untereinander zu-
sammenfliessend , wodurch die Arterienwandung fast das Aussehen eines
Wespennestes gewann, infolge des Abwechseins von Erhöhungen und Ver-
tiefungen. Ausser diesen mehr oder weniger umfangreichen Verkalkungsplatten
bemerkte man hier und da isoliert und durch die ganze Aorta verstreut kleine
Plättchen, am häufigsten vertieft, zuweilen über der Arterienwandung erhaben,
von der Grösse eines kleinen Stecknadelkopfes. Makroskopisch war die Ab-
grenzung zwischen gesunder und lädierter Wand der Blutgefässe stets eine
recht scharfe.
In einem P'alle war das Aussehen ein anderes, da sich an Stelle der
Platten eine starke Erweiterung der Aorta durch Erschlaffung und Verdün-
nung der Wände mit reichlicher Ablagerung von Kalksalzen und Herzhyper-
trophie vorfand. Sonst hat Torri keine weitere Läsion in den übriger Or-
ganen angetroffen.
Bei der histologischen Untersuchung der Aortawand entsprechend den
lädierten Stellen zeigen sich die grössten Alterationen auf seiten der Media.
Es finden sich in der Tat mehr oder weniger ausgedehnte Degeneration»- und
später Xekroseherde der Muskelfaserzellen, auf denen alsbald Kalkablagerungen
erfolgen. Die elastischen Fasern, die bei den anfanglichen Läsionen starr
werden, indem sie ihre charakteristische Wellung einbüsseu, verdünnen sich
mit Fortschreiten des Prozesses, zerstückeln und verschwinden. Es ist ausser-
dem zu beachten, dass auch histologisch kein langsamer und allmählicher
Übergang aus den gesunden Teilen der Aortawand in die lädierten stattfindet,
sondern der Übergang ist ein plötzlicher. Diese Läsionen der Media sind
zumeist auf den mittleren Teil derselben umschrieben, an einigen Stellen
kann jedoch die Media in ihrer Totalität lädiert sein. Und da, wo diese
Alterationen der Media zu beobachten sind, erscheint die Wand des Gefasses
stark verdünnt und deformiert. Die Intima zeigt niemals an irgend einer
Stelle bemerkenswerte Veränderungen, ebensowenig die in der Adventitia ver-
laufenden Gefässe und die Adventitia selbst. Die Lungenarterie ist stets
makroskopisch und mikroskopisch gesimd, ebenso die Lunge, die Niere, die
Leber, das Herz und ihre Gefässe. In dem Falle von beträchtlicher Ektasie
des Aortenbogens und der Brustaorta waren die geschilderten Veränderungen
der Media bedeutend ausgeprägter: die Verkalkung war eine so starke, dass
sich, um die Präparate herrichten zu können, die Entkalkung nötig machte.
Die Wände sind stark verdünnt und in der Media sind, neben dem Bestehen
eines mehr oder weniger breiten Streifens in ihrem mittleren Teile, in dem
1344 Jahresbericlit fttr Chirargie. IL Teil.
die gleichzeitige Alteration der elastischen Fasern und der Moskelfaserzellen
vorliegt, alle elastischen Fasern, auch die der anscheinend gesunden Partien
lädiert, insofern sie sich starr und gradlinig zeigen. Auch hier finden sich
keine Veränderungen, weder in der Intima, noch in der Adventitia, noch in
den übrigen Organen und ihren Gefässen.
Kurz zusammengefasst sieht man demnach, dass die intravenösen Ad-
renalininjektionen bei Kaninchen schwere Alterationen in den Wandungen
der Aorta, besonders zu Lasten der Media herbeiführen, mit Degeneration
und Nekrose der Muskelfaserzellen, Verkalkung der nekrotischen Herde nnd
Zerstörung der elastischen Fasern. Durch diese Zerstörung der elastischen
Fasern verliert die Gefässwand an den Stellen, wo die Läsion besteht, ihre
Elastizität und die Wandung stülpt sich daher infolge des Blutdruckes diesen
Stellen entsprechend aus, wovon der Fall von allgemeiner Ektasie des Aorten-
bogens und der Brustaorta ein Beweis ist. Diese Alterationen lokalisieren
sich ausschliesslich in der Aorta, wenigstens ist es Torri niemals gelungen,
die geringste Alteration in den übrigen Gefässen grossen Kalibers und ebenso-
wenig in den Kapillaren des Myokardiums, der Lunge, Leber und Niere auf-
zufinden.
Tusini (83). Infolge der Dehnung des Nervus ischiadicus treten in
kleinen Fasergruppen des Nerven Alterationen auf. welche sich wenig über
die gestreckte Stelle hinaus ausdehnen. Es finden sich schwere Alterationen
in den grossen Zellen der Spinalganglien und der vorderen Hörner des Rücken-
marks auf der operierten Seite. Seltener finden sich äusserst geringe Alte-
rationen in den feinsten Endausbreitungen der Zylinderachse in den Endungen
selbst. Der Umstand, dass er gefunden hat, dass infolge der Dehnung die
frühzeitigen, konstanten und verschieden starken, obwohl noch nicht in ihren
klinischen Einzelheiten präzisierbaren Alterationen sich in den Elementen der
Grundsubstanz entfalten, bestärkt die Idee, dass ein noch peripherischeres
System von Mark- und amyelinischen Fasern bestehe, die aus der sogenannten
Endung heraustreten, nachdem sie, dort eingedrungen, sich in dieser ver-
zweigt und in Beziehung mit den Elementen der Grundsubstanz gesetzt haben,
derart, dass die sogenannten Endungen als ebenso viele kleine peripherische
Ganglien betrachtet werden können.
Wie man annimmt, dass die Modifikationen in den Ganglienzellen nnd
dem Rückenmark auf verändertem Trophismus, unabhängig von der Diskonti-
nuität der zu ihnen gelangenden Fasern, beruhen, so könnte man in iden-
* tischen Verhältnissen die Alterationen in den Elementen der Grundsubstanz
der Nervenendungen erklären, wo, wie alles zu glauben drängt, die komplexen
Modifikationserscheinungen der Eindrücke, die bei ihnen ankommen und von
ihnen wieder ausgehen, vor sich gehen.
Valerie (84) beschreibt einen neuen von ihm erfundenen Sterilisations-
apparat für aseptisches Verbandsmaterial und gibt eine Abbildung desselben.
Hauptvorzüge des neuen Apparats sind seine Einfachheit und der geringe
Preis, seine Verwendbarkeit für jedwede Wärmequelle und die absolute Sicher-
heit der Sterilisation in kürzester Zeit.
Eine vorläufige Mitteilung, in der Valerie (85) die Resultate experi-
menteller Untersuchungen über die Entwicklung des Thrombus in normalen
und tuberkulösen Kaninchen darlegt. Er hat die Unterscheidung der Karotis
zuerst bei normalen Kaninchen vorgenommen. In einer zweiten Reihe unter-
band er die Karotis einige Tage, nachdem er die Tiere tuberkulös gemacht
Giani, Italienische Literatur Ton 1905. 1345
hatte unter Befolgung des venösen, subkutanen und artikularen Wegs. In
einer dritten und vierten Versuchsreihe wurde die Bazillenpfropfung (immer
auf venösem^ subkutanem oder artikularem Weg) in der gleichen Sitzung aus-
geführt, in der die Karotis unterbunden wurde.
Nach den vom Verf. erzielten Resultaten hat die physiologische £nt-
wickelung des Thrombus ihre Basis in der progressiven Substitution des
Koagulums von Seiten eines Neubildungsgewebes, das von den endothelialen
Elementen der Gefässintima herkommt. Bei den tuberkulös gemachten Tieren
unterliegt dieser Organisationsprozess Änderungen, die nach Eigenschaft und
Grad je nach der von dem tuberkulösen Prozess angenommenen Entität und
demnach der der Penetration des Virus gebotenen Bahn verschieden sind.
Eine konstante Modifikation betrifft die grössere Dauer der Organisations-
phase des Thrombus. Diese Verzögerung zeigt sich als eine höchste bei den
auf venösem Wege inokulierten Kaninchen, geringer bei den auf subkutanem
Weg inokulierten, minimal bei den Kaninchen, die einer intraartikulären Ein-
impfung unterzogen wurden.
Diese Verzögerung bezieht sich vor allem auf die Anfangsphase der
Organisation und scheint in einer grösseren Toleranz von Seiten des Endo-
thels der Intima gegen den durch das Koagulum ausgeübten Reiz zu liegen.
Neben diesen Modifikationen, in denen der endotheliale Ursprung der organi-
sierenden Neubildung stets erhalten ist, bemerkt man als weniger häufige
Abweichungen die Beteiligung der Bindegewebselemente der Gefasswand an
dem Organisationsvorgang, die mehr oder weniger reichliche Infiltration der
Arterientunicae durch leukozytäre Elemente; die vollständige Nekrose der
zwischen den Schnüren einbegriffenen Gefasspartie.
Auf Grund der Untersuchung von vier Fällen von Exostosis bursata des
Skeletts und dem mikroskopischen Studium wuchernder Gebilde der Wände
der Bursae selbst kommt DallaVedova (87) zur Ansicht, dass die knorpeligen
Exostosen, verknöchernde aus der Proliferation des Übergangsknorpels her-
rührende Enchondrosen, seien dieselben nun multiple oder solitäre, mit einem
Syuovialsack bekleidet sein können, welcher die Bedeutung eines gemeinen
Gleitungsbeutels besitzt. In der Tat hat er in einem Gebilde, das nach Art
eines isolierten Strängchens von der Sackwand abging, die Anwesenheit von
gestreiften Muskelfasern nachweisen können. Er ist der Ansicht, dass die
Annahme, der Gelenkknorpel könne zu nach Form und Struktur den voraus-
gehenden ähnlichen Enchondrosen Veranlassung geben, nicht nur nicht
bewiesen ist, sondern auch keine Stütze auf streng interpretierten Tatsachen
findet, und um so weniger, dass ihre eventuelle Synovialauskleidung eine Aus-
stülpung der Gelenkkapsel darstelle (Rindfleisch) oder die Vervollständi-
gung der Entwickelung eines abgesprengten Gelenkkeimes.
JahrMb«rieht fQr Chirargi« 1905. 85
III. Teil.
Historisches; Lehrbücher; Berichte.
Aufsätze allgemeinen Inhalts.
85*
I.
Geschichte der Chirurgie
Referent: 0. Hildebrand, Berlin.
Die mit * verBehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Anschfltz.Y. Mikulicz. Berliner klin. Wochenschr. 1905. Nr. S6.
2. Czerny, J. y. Mikolicz-Radecki f- Deatsche med. Wochenechr. 1905. Nr. 26.
8. ▼. Eiseisberg, J. ▼. Mikulicz-Radecki f. Wien n. Leipzig. Wilh. Braumüller 1905.
4. Erhard t, Dr. Laurenzius Wilde und die Auffinge der med. Wissenschaft in Preussen
Breslau 1905. Kerns Verlag.
5. Ledderhose, Fritz Fischer. Zeitschr. f. Ghir. Bd. 79.
6. Miles, Surgery. Edinburgh Med. Joum. Jan. 1905.
7. Reclus, Le^on d'ouverture etc. Presse möd. 1905. Nr. 8.
Der Tod v. Mikuliczs hat eine klaffende Lücke in der Chirurgie
gelassen. Die Nekrologe Czernys, y. Eiseisbergs, Anschütz' (1) schildern
uns mit warmen Worten den genialen, nimmermüden, lebhaften Mann, der so
viel schon geleistet und noch so viel versprach.
Ledderhose (5) gibt in seinem Nachruf auf F. Fischer ein Bild
von dem ernsten, arbeitssamen Mann, dem es nach langem Ringen kaum
gelungen war, sich einen eigenen grösseren Wirkungskreis zu verschaffen, als
ein hartes Schicksal, gegen das er mannhaft ankämpfte, ihm das Messer aus
der Hand nahm. Fischers treffliche, gewissenhafte Arbeiten finden eine
gerechte Würdigung. Auch der Jahresbericht verlor in ihm einen treuen,
langjährigen Mitarbeiter.
In seiner Antrittsvorlesung als Professor der Chirurgie an der Charit^
zu Paris gibt Reclus (7) in frischer, lebendiger Form ein Lebensbild seines
Vorgängers Paul Tillaux.
Ehrhardt (4) hat in einem interessanten Aufsatz die Anfänge der
medizinischen Wissenschaft in Preussen, die mit der Anstellung wissenschaft-
lich gebildeter Ärzte durch Herzog Albrecht einsetzen, an der Hand der
Lebensgeschichte des Dr. Laurentius Wilde, Leibarzt des Herzogs
AI brecht, geschildert. Chirurgische Fragen werden darin nicht berührt.
1350 JakreBbericht für Chirurgie, m. Teil.
In einem Aufsatz, der zur Feier des 100jährigen Bestehens des Edin-
burgh medical Journal geschrieben ist, gibt Miles (6) eine interessante Über-
sicht der Entwickelung der Chirurgie an der Hand der Artikel, die im Laufe
der 100 Jahre in dem genannten Journal über chirurgische Gegenstände yer-
ö£fentlicht wurden.
II.
Lehrbücher der chirurgischen Diagnostik, der allge-
meinen, speziellen und der orthopädischen Chirurgie,
der Heilgymnastik und Massage, der Verbandlehre
und der chirurgischen Anatomie.
Referent: 0. Hildebrand, Berlin.
Die mit * yersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. *Berger-Banzet, Clumrgie orthop^iqae. Paris 1904. Steinheil.
2. *Berry, A mannal of Snrgical diagnosis. London 1904, J. and A. Chorchill.
3. *Brooa, Lebens cliniqaee, de Chirurgie infantile. Paris. Masson et Cie.
4. Helferich, Tranmatische Frakturen und Luxationen. 7. Aufl. Lehmanns Verlag.
München 1906.
5. *Hennequin-Loew7, Los fractnres des os longs etc. Paris 1904.
6. Hildebrand, Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie 1905.
7. *Hoffa, Atlas und Grundriss der Verbandlehre für Studierende und Arzte. 3. Aufl.
Mflnchen 1904. J. F. Lehmann.
8. *— Technik der Massage. 4 Aufl. Stuttgart 1908. Ferd. Enke.
9. Jankau, Taschenbuch fQr Chirurgen und Orthopäden 1905.
10. Kiliani, Surgical Diagnosis. New York 1905. Wood a. Comp.
11. Krause, W., Handbuch der Anatomie des Menschen 1905.
12. Lezer, Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie 1905.
18. Marwedel, Grundriss und Atlas der allgemeinen Chirurgie. München 1906. Lehmanns
Verlag.
18a. *Morelli, P. C, Besoconto statistico di 65 operazioni praticate nel trimestre luglio-
settembre 1904. Gli Incurabili 1905. Fase. 8--4.
14. ^Mummery, The After -treatment of Operations. 2. Aufl. 1904. London. Bailii^re,
Tindall and Cox.
15. Rotter, £., Typische Operationen. 7. Aufl. München 1905. Lehmanns Verlag.
16. Sobotta, Grundriss der deskriptiven Anatomie 1905.
16a. '''Tacchetti, S., Resooonto statistico clinico della diyisione chimrgica dell' oapedale
del 8^ dipartimento marittimo dal 1® gennaio 1908 al 81 dicembre 1904. Annali di
medidna navale 1905. Fase. IX. V. 2.
17. ''Testut-Jacob, Traitö d'anat. topographique usw. Tome 1» chez 0. Dein. Paris.
18. *ThomBon-Miles,A manual of Surgery. Edinburgh and London : Toung J. Pentland.
2 Yolumes.
19. *Waring, A manual of operative Surgery. Edinburgh 1904. Toung J. Pentland.
20. Zuckerkandl, Atlas und Giimdriss der chirurg. Operationslehre. Mischen. 4. Aafl.
J. F. Lehmann 1905.
Hildebrand, Lehrbftcher der ehimrg. Diagnosisik etc. 1351
Das Handbuch der Anatomie des Menschen von W. Krause (11) ist auf
Grundlage der neuen Baseler anatomischen Nomenklatur bearbeitet. Durch den
Hinweis auf den Handatlas der Anatomie von Spalteholz hat das Handbuch
auch das Anschauungsmaterial gewonnen, das für die Lernenden so wichtig ist.
Der Grundriss der deskriptiven Anatomie des Menschen, den Sobotta
(16) als Ergänzung zu seinem Atlas geschrieben hat, gibt eine klare, genaue
Darstellnng der anatomischen Verhältnisse.
Königs allgemeine Chirurgie wurde von Hildebrand (6) neu bearbeitet
und mit einer grossen Zahl makro- und mikroskopischer Abbildungen versehen.
Die Einteilung in Verletzungen und Krankheiten ist dieselbe geblieben, nur
dass die Geschwülste mit unter der allgemeinen Besprechung der verschiedenen
chirargischen Krankheiten des menschlichen Körpers abgehandelt werden. Der
zweite Teil bespricht die Pathologie der einzelnen Gewebssysteme. Die allge-
meinen Grundsätze der Therapie werden bei allen Kapiteln erörtert.
Lexers (12) allgemeine Chirurgie bespricht zunächst die Wunde, ihre
Behandlung und Heilung, dann die Wundinfektionen und chirurgischen In-
fektionskrankheiten, dann die Nekrose. Als vierter Abschnitt folgen die Ver-
letzungen der Weichteile, Knochen und Gelenke und ihre Behandlung; der
fünfte Abschnitt behandelt die chirurgisch wichtigen Erkrankungen mit Aus-
schluss von Infektionen und Tumoren ; der sechste die Geschwülste, der siebente
die Zysten (ohne die zystischen Tumoren). Eine grosse Reihe makro- und
mikroskopischer Abbildungen erläutern den Text.
Marwe]dels (13) Grundriss und Atlas der allgemeinen Chirurgie, ist,
soweit eine Darstellung des Stoffes in dieser Foim möglich ist, gelungen. Es
ergibt sich von selbst, dass vieles sehr kurz gehalten sein muss. Während
die meisten Abbildungen nach Photographien und Zeichnungen gut sind, kann
ich eine Kritik der farbigen Tafeln nicht unterdrücken: Sie sind viel zu derb
und unnatürlich in den Farben.
Kilianis (10). ;,Surgical Diagnosis^ ist ein Buch, für den Praktiker
bestimmt. Die allgemeine Lehre der chirurgischen Diagnose, die Diagnose
der speziellen chirurgischen Leiden sind in klaren, knappen Worten abge-
handelt, von sehr guten Abbildungen unterstützt Das Buch wird seinen
Zweck ausgezeichnet erfüllen.
Helf erichs (4) Atlas und Grundriss der traumatischen Frakturen und
Luxationen zeigt in seiner 7. Auflage wieder eine [beträchtliche Vermehrung
der Abbildungen; aber auch am Text ist mancherlei verbessert und hinzu-
gefügt worden.
Zuckerkandis (20) Atlas und Grundriss der chirurgischen Operations-
lehre zeigt auch in der neuen Auflage, wie der Verfasser alle Fortschritte
der chirurgischen Operationstechnik berücksichtigt, um das Buch entsprechend
dem jeweiligen Stand unseres Könnens zu halten.
E. Rotters (lö) typische Operationen sind in 7. Auflage erschienen.
Neu ist darin die Darstellung der Appendizitisoperationen. Aber auch im
übrigen ist mancherlei hinzugefügt, um das Buch entsprechend dem augen-
blicklichen Stand der Chirurgie zu gestalten.
Jankaus (9) Taschenbuch für Chirurgen und Orthopäden enthält eine
Anzahl wichtiger und unwichtiger Tatsachen aus den verschiedensten Gebieten
der Medizin, die zum Teil nur eine sehr entfernte Beziehung zur Chirurgie
haben. Ein grosser Teil dieser Tatsachen müsste aber bei einem, der Chi-
rurgie treiben will, als bekannt vorausgesetzt werden.
1352 Jahresbericht fttr Chirurgie^ III. Teil.
III.
Jahresberichte von Krankenhäusern etc.
Referent: 0. Hildebrand, Berlin.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Becker, £., Bericht des städtischen Krankenhauses zu Hildesheim 1905.
2. Burghele, N., lUsumä des wissenschaftlichen Rapportes des Spitales zu Vidra-Patna
fflr das Jahr 1904. Spitalul. Nr. 6. Supplement p. 3 (rumänisch).
8. Czerny-VOlcker, Jahresbericht der Heidelberger Chirurg. Klinik. Er uns Beitr.
46. Bd.
4. Dollinger, J., Jahrbuch der I. chirurg. Klinik der kgl. ung. Universität zu Budapest
Ober das Studienjahr 1904/1905. IV. Bd. VIII. Jahrg. 515 Seiten. Herausgegeben von
der I. Chirurg. Klinik — Direktor Prof. Julius DoUinger — zu Budapest 1905.
(ungarisch.)
4a. Froelich, Etudes de Chirurgie infantile. Paris 1905. A. Maloine.
5. Hagen bach, 41. und 42. Bericht über das Kinderspital in Basel 1903 u. 1904. BaaeL
Werner-Riehm 1904 u. 1905.
6. *J. h. 3., 25 jähriges Jubiläum der Sanitätsorganisation und der medizinischen Literatur
Bulgariens. Letopissi na lekarskiia sajuz v. Balgaria. Nr. 12. p. 661 (bulgarisch).
7. Klauber, Bericht des Landkrankenhauses Gotha (Prof. Dr. Meusel). Weimar 1906.
Wagner u. Sohn.
8. *Krecke, Zwei Jahre chirurg. Tätigkeit 1901 und 1902. Münch. med. Woohenschr. 1905.
Nr. 1. (Bericht Aber 800 Operationen und zirka 4000 Krankheitsfälle).
9. *La clinique de Chirurgie orthop^dique de Reims. Rev. prov. de Chir. 1905. Nr. 7.
10. Le Bihan, L'h6pital Sadiki. Presse m^d. 1905. 17 Juin.
11. *Legrand, Statistique . . . Arch. prov. de Chir. 1905. Sept.
12. Müller, Chirurgische Klinik Rostock 1904 05 (Professor W. Müller). Rostock i. M.
Boldtsche Hof-Buchdruckerei 1905.
13. Nedelcoff, AI., Die erste Medizinalausstellung in Bulgarien. Letopissi na lekarskiia
sajuz V. Balgaria. Nr. 9, 10, 11. p. 483 (bulgarisch).
14. Riese, Bericht über das Kreiskrankenhaus Britz 1904 und 1905.
15. *Twen<y-second Annual report of the Kensington hospital for women. Philadelphia 1905.
Oct.
In gewohnter Weise ist wieder der Bericht aus der Heidelberger Klinik
von Czerny (3) bekannt gegeben worden. Die reiche Fülle des Materiales
ist nicht in Kürze wiederzugeben. Es ist in gleicher Weise gründlich durch-
gearbeitet wie in den früheren Jahren.
Dollinger (4). . Das Jahrbuch der Dollingerschen Klinik behielt
auch in diesem Jahre seine stattliche Grösse durch die ausgiebige Verarbei-
tung des klinischen Materiales bei. Darin waren dem Verf. 12 seiner Schüler
behilflich (6. v. Illyes, K. Zimmermann, £. Holzwarth, £. Gergö,
E. V. Mihälkovics, D. v. Navratil, V. Paleta, E. Remenär, P.
Steiner, P. v. Szily, E. Gell6rt, G, v. Lobmayer).
Im allgemeinen Teile des Buches finden sich folgende grössere Abhand-
lungen: Dollinger: Die Behandlung der tuberkulösen Knochen- und Gelenk-
entzündungen. Dollinger: Die Dauererfolge der operativen Behandlung
Hildebrand, Jahresberichte von Erankenhftuaem eto. 1353
des Krebses in der chirurg. Universitätsklinik Nr. I zu Budapest. Steiner:
Beiträge zur Statistik des Krebses, mit besonderer Rücksicht der Dauererfolge
durch die operative Behandlung an der chirurg. Universitätsklinik Nr. I zu
Budapest. Remenär: Über den Gebrauch der Paragummihandschuhe. Gel-
iert: Über die Oxygen-Chloroformnarkose mit dem Roth- Dräger sehen
Apparat. Dollinger: Künstliche Hand mit Fixation an den Kondylen des
Oberarmes. — Die Arbeiten wurden zum Teil in den entsprechenden Ab-
schnitten dieses Jahresberichtes einer besonderen Besprechung unterzogen.
Der spezielle Abschnitt des Dollinger sehen Jahrbuches wieder bildet
ein getreues Spiegelbild des so reichlichen kasuistischen Materiales der Klinik.
In topographischer Ordnung folgen die sorgfaltig angefertigten Auszüge der
Krankenprotokolle, wobei in jedem Abschnitte eine lehrreiche, kritische Zu-
sammenfassung des entsprechenden klinischen Materiales vorliegt.
Statistische Ausweise über die vier Ambulanzen der Klinik schliessen
das Jahrbuch. Als neue Kranke kamen auf der chirurgischen Ambulanz 5436,
auf der orthopädischen 3158, auf der urologischen 509 und auf der rhino-
laryngologischen Ambulanz 350 Patienten in Behandlung.
Zu einer Wiedergabe so mancher, im Jahrbuche publizierten, bemerkens-
werten Beobachtung ist ein kurzes Referat nicht geeignet.
Gergö (Budapest).
In Hagenbachs (5) Jahresbericht über das Baseler Kinder-
spital interessieren uns eine Reihe chirurgischer Fälle: 19 Empyemata
metapneumonica, 1 Meckelsches Divertikel, 3 Fälle von eiteriger, nicht peri-
typhlitischer Peritonitis, 10 Perityphlitis- Fälle, 21 Herniotomien, 1 angeborene
Strictura urethrae, mehrere Sehnenplastiken bei Muskelparalysen nach primärer
Kinderlähmung, 1 Teratom der Schilddrüse mit Gehirngewebe, 1 kongeni-
taler, partieller Fibuladefekt, 2 operierte und geheilte Meningocelen und eine
Reihe von Gelenktuberkulosen.
In Hagenbachs 42. Jahresbericht finden wir ausser einer Reihe von
Fällen, die den oben genannten analog waren, noch bemerkenswert: 1 Testis
incarceratus, 1 Spina bifida occulta.
Müllers (12) chirurgische Klinik Rostocks gibt wieder eine Übersicht
über die klinischen Vorstellungen des Wintersemesters 1904/05.
Beckers (1) Jahresbericht ist eine statistische Mitteilung über das
Material des Hildesheimer Krankenhauses: 1617 Fälle, von denen 686 ope-
riert wurden.
Das Krankenhaus Britz hatte im Jahre 1904 1030 chirurgische Kranke,
von denen der grösste Teil von Riese (14) operiert wurden. Das Material
schliesst das ganze Gebiet der Chirurgie ein. Es wird aber nur eine statistische
Übersicht gegeben, keine Kasuistik mitgeteilt.
Der Bericht Klaub ers (7) über die chirurgische Abteilung Meusels
in Gotha bringt Mitteilungen über eine Anzahl von interessanten Fällen, auf
die wir hier aber nicht im einzelnen eingehen können.
Burghele (2) berichtet über 104 Operationen mit 88 Heilungen und
4 Sterbefällen ; 33 unter Chloroformanästhesie, 25 unter Kokainlokalanäthesie,
46 ohne Anästhesie. Stoianoff (Varna).
Nedelcoff (13) beschreibt alle Präparate, Instrumente, Diagramme etc.,
die während des 4. Kongresses der bulgarischen Ärzteschaft in Tirnowo im
September 1905 stattfand. Es ist das Material der grössten Spitäler Bul-
gariens und man trifft manche Seltenheiten. Stoianoff (Varna).
1354 JahrMberieht fttr Chirurgie. III. Teil.
Brnnswig-LeBihan (10) macht in seinem Aufsatz Mitteilung über
das Hospital Sadiki in Tunis, in der er zugleich die Schwierigkeiten der ärzt-
lichen Betätigung in Tunis hervorhebt, die er aber durch Verwendung eines
Gebäudes im Stile der Eingeborenen und Heranziehung der Eingeborenen zum
Dienst und zur Hilfe beobachtet.
In seinen Studien teilt Fr oe lieh (4a) interessante Fälle mit, nm aus
ihnen allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen. Seine Behandlung der En-
cephalocele, die sich ihm in zwei Fällen vollauf bewährt hat, besteht in
elastischer Abschnürung der Geschwulst, nachdem die Haut mit zwei Lappen
abpräpariert worden war. Nicht uninteressant sind seine Beobachtungen über
bindegewebige Veränderungen, die der Inhalt der Encephalocele durchmacht.
Ebenso behandelt er die Spina bifida, nur dass er hier eine einfache Unter-
bindung macht. Die Indikation zur Operation stellt er nur für die Fälle,
wo keine Lähmung der unteren Extremitäten, der Blieise und des Mastdarms
vorhanden ist.
Des weiteren macht Verf. Mitteilung über einen Fall von Oesophago-
tomia externa, von operiertem und geheiltem M eck eischen Divertikel, über
sechs Fälle eingeklemmter Hernie bei kleinen Kindern, über einen Fall von
Torsion des Mesenteriums mit Dens.
Vom Urogenitalsystem berichtet er über eine traumatische Hydronephrose
und ein Prostatasarkom.
Auffallend gross ist die Zahl seiner Beobachtungen über hämophile
Gelenke, es sind vier Fälle. Dabei fand er eine akute, subakute und chro-
nische Form.
IV.
Aufsätze allgemeiiien chirurgfischen Inhalts.
Referent: 0. Hildebrand, Berlin.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Beneke, Physiologisches und pathologisches Wachatam. Berliner med. Wochenachr.
Nr. 36, 37.
2. Bier, A., Hyperämie ala Heilmittel 1905.
2a. Bologneai, G., Sulla introduzione di paraffina fusa nell' organiamo animale. La
clinica chirurgica 1905.
3. *Braumüller, Arbeiten aus dem Gebiete der klin. Chirurgie. Wiener klin. Rund-
schau 1903. Nr. 32. (Festschrift zu Gussenbauers 60. Geburtstag, die nach dem
Tode Grs. erschien.)
4. Charrin, Les interventions chirurgicales en face des nonvelles donn^es de la phyaio-
logie et de la pathologie gön^rale. Sem. m6d. 1905. Nr. 6.
5. Depage, Ortiz de la Torrs, Sonnenburg, Keen, Valeur de Tezamen du sang
en Chirurgie. Premier congrte de la soc. internst, de Chirurgie. Brüssel 1905.
6. *Eschweiler, Histologisches Verhalten des Paraffins zum lebenden Gewebe des
Menschen. Arch. f. Laryng. 17, 1.
Hildebrand, Aufeätse allgemeinen chirargiBchen Inhalte. 1356
7. Fieker, M., Über die Aufnahme von Bakterien durch den Respirationsapparat ArchiT
fEbr E^giene. Bd. 58.
8. * — Ober den Einflnss des Hangers anf die Bakteriendnrchlässigkeit des Intestinal-
traktas. Archiv für Hygiene. Bd. 54.
9. — Zur Rotzdiagnostik. Hyg. Rondschaa 1905. Nr. 13.
9a. Frank, £., Die intravenöse Injektion etc. Zeitschr. f. &rztl. Forbildnng 1905. Nr. 22.
9b.Franklin,
10. *Grttnhagen, Ans der chinesischen Medizin. Deutsche militfträrztl. Zeitschr. 1905.
Heft 1.
10a. Halst ed, W. St, The training of the sorgeon. John Hopkins Hospital Bulletin 1905.
Nr. 162.
11. Heile, Autolyse. Zentralbl. f. Ghir. Nr. 30.
12. Hilgermann,R., Die Bakteriendnrchlässigkeit der normalen Magendarmschleimhaut
im Sftugliugsalter. Archiv f. Hygiene. Bd. 54.
12a. Ho eben egg, Antrittsrede anlftsslich der Übernahme der II. chirurgischen Klinik.
Wien 1904.
13. Hovorka, Grenzen und Wechselbeziehungen zwischen der Orthopädie und Orthopäd.
Chirurgie. Wiener med. Wochenschr. 1905. Nr. 42, 43, 44.
14. *Hartado, Arquitectura del es^ueletto. Madrid 1904.
15. Karewski, Über Wechselwirkungen zwischen Diabetes und Chirurg. Eingriffen. Berliner
klin. Wochenschr. 1905. Nr. 10.
16. Kirschner, Über Paraffin-Injektionen. Virchows Arch. 182. Bd.
17. Klaussner, F., Über das psychische Yerhalten des Arztes und Patienten vor, bei und
nach der Operation. Wiesbaden, Bergmann 1895.
18. Krause, Beziehungen der Balneologie zur Chirurgie. Berliner klin. Wochenschr. 1905.
Nr. 13.
19. Krau SS, Vier Leitsätze fttr die Gymnastik. AUgem. med. Zentral-Ztg. 1905. Nr. 51.
20. *Krlin, Beitrag zur Beseitigung der techn. Schwierigkeiten bei subkutanen Paraffin-
prothesen. Ein neuer kompletter Apparat usw. Zentralbl. f. Chir. 1904. Nr. 27.
21. Lamberger, Über lokale Heissluftbehandlung. Wiener med. Presse 1905. Nr. 1.
22. Malcolm, Remarks ohn Shock. Brit. med. journ. 9. XII. 1905.
23. Marsh, Chips from surgical works hop. The Lancet 11. XL 1905.
24. Martins, F., Krankheitsanlage und Vererbung. Leipzig 1905.
25. *Matton, Abdominal surgery. Brit. med. Journ. 1905. Aug. 19.
26. Muir, The defensive powers of the body in disease. Glasgow Med. Journ. 1905. Jan.
27. *Richartz, Über ein perkutan anwendbares Jodpräparat (Jothion). Manchener med.
Wochenschr. 1905. Nr. 49. (Ersatz fQr Jodkali bei Syphilis.)
28. Rosenbach, Fr., Zur patholog. Anatomie der Gicht Virchows Archiv. Bd. 179.
29. ^Schlesinger, Die Indikationen zu chirurg. Eingriffen bei inneren Erkrankungen.
Jena 1904. Gust. Fischer.
30. *Shields, To render surg. Operations lawfnl. Ann. of Surg. 1905. Nov.
Sl. Stein, Albert E., Paraffin-Injektionen etc. Stuttgart 1904. Ferd. Enke.
31a. Stokes, Hutton,
32. *Tubby-Jones, Modem methods in the Surgery of Paralysis. London: Macmillan
and Co.
38. *yillard-Cavaillon, Nouveaux proc^dte de pansements etc. Bull, de la Soc. de
Chir. de Lyon 1904. Nov. Ref. in Gaz. des Höp. 1905. Nr. 3. p. 38. (Empfehlung des
Leukoplasten etc.)
Auf dem ersten Kongress der internationalen Gesellschaft für Chirurgie
bildete ein Hauptthema ;,die Bedeutung der Blutuntersuchung in
der Chirurgie^. Das Referat war Depage, Ortiz de la Torre, Son-
nenberg und Keen (5) anvertraut.
Depage gibt in seiner äusserst gründlichen Arbeit eine Darstellung
unserer gesamten Kenntnisse vom Blut, indem er die Frage nicht nur mit
Rücksicht auf die Chirurgie, sondern die Medizin überhaupt behandelt. Sein
Bericht teilt sich in vier Teile.
Im ersten Teil bespricht er die Untersuchung des gesamten Blutes
nach verschiedenen Gesichtspunkten : a) Masse des gesamten Blutes ; b) physi-
1356 Jahresbericht für Chirurgie, m. Teil.
kaiische Eigenschaften des gesamten Blutes (Geruch, Farbe, Flüssigkeit, Ge-
rinnungsfähigkeit und ihre Ursachen, Dichtigkeit) ; c) chemische Eigenschaften
des gesamten Blutes (Reaktion, Konzentration, Rückstände bei der Ver-
aschung.
Der zweite Teil studiert das Blutserum: a) Die physikalischen
Eigenschaften des Blutserums (Farbe, Dichtigkeit, Gefrierpunkt [Kryoskopie]);
b) die chemischen Eigenschaften des Serums (Albumine, Mineralsalze, Pep-
tone, Harnstoff und Harnsäure, Glykose, Fett, Azetone, Farbstoffe, Bilirubin,
Hämatoidin, chemische Analyse des Serums bei einigen Krankheiten, wie
Blutungen, Infektionskrankheiten, Krebs, Sarkom); c) biologische Eigenschaften
des Serums (Giftigkeit, Hämolyse, Prezipitine, Agglutinine, Serodiagnostik bei
Typhus, Tuberkulose, Pneumonie).
Der dritte Teil hat die Blutkörperchen zum Gegenstand: a) Die
Menge der totalen Blutkörperchenmasse ^yHematokriste'^ ; b) die physikalisch-
chemische Untersuchung der Blutkörperchen (Hämoglobin, Plasmolyse) ; c) die
mikroskopische Untersuchung der Blutkörperchen; d) die Untersuchung
der roten Blutkörperchen; 1. allgemeine Charaktere derselben (Form, Volumen,
Elastizität, Viskosität, Beweglichkeit, Farbe, Struktur) ; 2. die Zahl der roten
Blutkörperchen (Hyperglobulie, Hypoglobulie.
e) Die Untersuchung der weissen Blutkörperchen. 1. Allgemeine Cha-
raktere der weissen Blutkörperchen (Form, Volumen, Beweglichkeit, Struktur,
verschiedene Arten derselben, Degeneration, experimentelle Veränderungen.
2. Allgemeine Bemerkungen über die Physiologie der weissen Blutkörperchen
(Phagozytose). 3. Zahl der weissen Blutkörperchen. 4. Veränderungen der
Leukozytenzahl (Leukozytose oder Polynukleose , pathologische Leukozytose
bei Trauma, Entzündung, Vergiftung, Kachexie und experimentelle Leukopenie
oder Hyperleukozytose, Lymphozytose, Eosinophilie, Basophilie, Myelämie).
4. Leukozytenverhältnis bei einigen pathologischen Prozessen, Verletzungen,
Vergiftungen, Infektionen (akuten Eiterungen, nicht eiterigen Lifektionen,
chronischen Infektionen, Tumoren). 5. Resum^ über die Modifikationen der
Leukozytenverhältnisse. 6. Blutplättchen.
Im vierten Teil werden die anormalen körperlichen Bestandteile des
Blutes abgehandelt. Neozytämie, Parasiten, Bakteriämie. Aus diesem Lihaits-
verzeichnis geht schon hervor, wie reich an Gesichtspunkten und an Tatsachen
die Arbeit ist. Im einzelnen auf sie einzugehen erscheint uns aber hier
unmöglich. Gegenüber diesem alles umfassenden Referat treten die drei anderen
schon aus dem Grunde zurück, weil sie sich auf das Thema, die Bedeutung
der Blutuntersuchung für die Chirurgie beschränkt haben.
Ortiz de la Torre beschränkt sich auf die Masse des Hämoglo-
binsuixd dieZahl und die Qualität der weissen Blutkörperchen,
weil diese Kenntnis allein Bedeutung für die Chirurgie habe und Sonnen-
burg bespricht nur die Leukozytose, die Vermehrung der Leukozyten bei
bestimmten Krankheiten, besonders bei Appendizitis und die bakteriolo-
gische Blutuntersuchung. Keen ergänzt noch das Vorhergehende durch
eine Besprechung der Gerinnungszeit des Blutes (Hematopexis) und
den innerlichen Gebrauch von Schilddrsüenextrakt bei Hämophilie der Jodo-
philie und Eosinophilie, indem er dabei auch die Kryoskopie, den Hämo-
globingehalt , kurz die Leukozytose ausführlicher abhandelt. Den Schluss
seines Referates bildet eine Besprechung der Appendizitis, des Typhoidfiebers,
Hildebrand, Aufsätze allgemeinen cbirurgischen Inhalts. 1357
der Darmobstniktion , des Karzinoms mit Rücksicht auf die vorgenannten
Punkte.
Die vier Referate haben unsere chirurgische Literatur um ein vortreff-
liches, alles Bekannte zusammenfassendes Werk bereichert, das überdies noch
eine Fülle eigener Beobachtungen und eigener Ansichten der vier Referenten
bringt.
Krankheitsanlage und Vererbung ist der Titel eines recht interessanten
Aufsatzes von Martins (24). Scharfe Scheidung des Begriffs angeboren und
ererbt verlangt der Autor. .,Angeboren ist alles, was bereits zur Zeit der
Gebnrt in und an dem Individuum vorhanden ist. Ererbt kann nur etwas
sein, was durch die Keimstoffe dem Nachkommen zu teil wurde. Intrauterine
Erwerbungen sind post partum als angeboren zu bezeichnen, nicht als ererbt^.
Es gibt nur eine kongenitale, keine hereditäre Syphilis oder Tuberkulose, es
gibt im Sinne der wissenschaftlichen Biologie wohl angeborene aber keine
hereditären Krankheiten. Krankheitsdispositionen können ererbt werden,
können aber auch individuell erworben werden. Ob diese letzteren aber auf
die Deszendenz weiter übertragen werden können, ist sehr zweifelhaft, ebenso
ob bei ursprünglich fehlender oder wenigstens sehr geringfügiger Veranlagung
der individuelle Neuerwerb einer Krankheit zu einer Steigerung der Disposition
für dieselbe Krankheit bei der Deszendenz oder gar zur Schaffung von neuen
Krankheitsdeterminanten führen kann oder muss.
Eine Vererbung erworbener Eigenschaften gibt es nicht, ebensowenig
eine Vererbung von Krankheiten. Auch die Hämophilie beweist nichts da-
gegen, da sie zwar hereditär ist, aber keine Krankeit darstellt, höchstens eine
Missbildnng im weitesten Sinne.
Ein interessanter Vortrag stammt aus der Feder R. Muirs (26) in
Glasgow über die Abwehrkräfte des Körpers bei Krankheitszuständen. Die
Zelltätigkeit, wie sie sich in der Phagozytosis ausspricht, die Leukozytose,
die Chemotaxis finden zunächst ihre Besprechung, während Verf. später
dann auf die ganze Serumfrage eingeht und die Immunisierung, die Anti-
toxine, Agglutinine und Präcipitine bespricht Wenn auch keine neuen Tat-
sachen gebracht werden, so liest sich der Vortrag doch mit Interesse.
Heiles (11) Vortrag beschäftigt sich mit der Autolyse als Heilfaktor
in der Chirurgie. Ich gebe das Autoreferat nach dem Zentralblatt für Chi-
rurgie :
Vortragender erinnert an seine Untersuchungen, die zuerst den direkten
Beweis erbrachten, dass intrazelluläre Enzyme bei dem Ablauf gewisser
pathologischer Zustände sicher auch intravital eine grosse Rolle spielen. So
sah Verf. bei der Rückbildung der tuberkulösen Abszesse direkt während
der Beobachtung Enzymwirkungen auftreten, von denen er nachweisen
konnte, dass sie aus zugrunde gegangenen Zellen (Leukozyten) stammen
mussten. Auch in der Röntgenwirkung sah Verf. die Auslösung der intra-
zellulären Enzyme durch die Gesamtschädigung des Zellprotoplasmas und
damit durch das Freiwerden der intrazellulären Fermente. Verf. sieht in
der Gesamtschädigung der Zelle und in dem gewissermassen Aktiviertwerden
der Enzyme das Wesentliche der Röntgenwirkung, während er sich nicht
der Ansicht anderer Autoren anschliessen kann, die in gewissen Zersetzungs-
produkten (Lecithin usw.) das Wirksame sehen. Verf. ging jetzt von dem
Gedanken aus, diese besonders in den Leukozyten aufgespeicherten Enzym-
wirkungen für den Ablauf pathologischer Zustände während des Lebens aus-
1358 Jahresbericht fOr Chirurgie, m. Teil.
zunntzen. Es handelte sich dämm, Leukozyten anzusammeln durch leoko-
taktische Mittel, sie zum Zerfall zu bringen durch Röntgenstrahlen uui
dadurch die natürlichen Heilkräfte des Körpers zu vermehren. War die An-
sammlung der Leukozyten eine mehr lokale, so entstand nach genügend
starker Röntgenbestrahlung lokal ein Röntgenulcus, das bei der gleichen Be-
strahlung an einem anderen Tiere fehlte, auch wenn man die Gewebe lobl
durch nicht leukotaktische, indifferente Mittel geschädigt hatte. Es gelang
dem Verf. durch Konzentrierung der Leukozytose auf Peritoneum beim Ka-
ninchen eine experimentelle Leukozytose zu heilen, wenn die Leukozyten
durch Röntgenstrahlen zum Zerfall gebracht waren. Im Gegensatz hierza
gingen die Kontrolltiere mit der gleich grossen Leukozytose und der gleich
grossen Infektion an der Peritonitis zugrunde, anscheinend deshalb, weil hier
die an die Leukozyten gebundenen Fermente nicht genügend auf die Bakterien
einwirken konnten.
Entsprechend der lokalen Beeinflussung der Leukozyten durch die Rönt-
genstrahlen konnte Verf. auch die allgenieine Leukozytose im zirkuUerenden
Blute durch allgemeine Röntgenbestrahlung aufs stärkste beeinflussen. AU-
gemeine Leukozytosen über 40000 im Kubikzentimeter Blut gingen nach ein-
maliger starker Bestrahlung zurück auf weniger als 1000 im Kubikzentimeter.
Dementsprechend sank die Körpertemperatur, während die Gerinnbarkeit des
Blutes zunahm. Die Tiere überwanden aber durchweg das einmalige Sinken
der Leukozytenzahl, die nach etlichen Tagen wieder normal wurde. Wieder-
holte energische Bestrahlungen lösten allerdings unter erneutem Abfall der
Leukozytenzahl und der Temperatur den Tod der Tiere aus.
In dieser Beeinflussung der Zellen, insbeßondere der Leukozyten, in
dem Freiwerden der intrazellulären Enzyme und deren Wirksamkeit erklärte
Verf. auch die Wirkungen der Bier sehen Stauung. Das Anlegen der Gummi-
binde an den vier Extremitäten hatte z. B. nach den Untersuchungen des
Verf. eine sehr lebhafte Vermehrung des Zerfalls zur Folge, die, wie der
Verf. nachwies, an der Vermehrung der Gesamtstickstoffausscheidung, sowie
an der vergrösserten Ausfuhr Yon Harnsäure und Purinbasen im Harn nach-
zuweisen war. Mit dem Zugrundegehen dieser zahlreichen Zellen müssen
aber auch sehr verstärkte intrazelluläre Enzymwirkxmgen ausgelöst sein.
Wenn Verf. auch glaubt, dass die intrazellulären Enzyme in den Leukozyten
besonders stark angehäuft sind und andererseits in den Leukozyten von uns
besonders gut dienstbar gemacht werden können, so wies Verf. andererseits
darauf hin, dass die Wirkung intrazellulärer Fermente auch bei den yer-
schiedensten Operationen, bei denen durch zahlreiche Unterbindungen, 6e-
websquetschungen usw. Gelegenheit genug gegeben ist zum Zugrundegehen
von Gewebszellen, dass hierbei nicht nur die intrazellulären Fermente der
Leukozyten, sondern besonders auch der fixen Gewebszellen für den normalen
Wundverlauf von Wichtigkeit sind. So konnte Verf. besonders bei subkutanen
Frakturen mit Gewebsquetschung und nach Strumaresektionen mit normalem,
nicht infiziertem Wundverlauf an der Vermehrung der Gesamtstickstoff-,
Purin- und Harnsäureausscheidung das Zugrundegehen vieler Zellen und da-
mit die Auslösung zahlreicher autolytischer Vorgänge nachweisen.
Verf. betont zum Schluss, dass das wesentlichste für den Praktiker
darin liegt, dass es ihm ermöglicht wird, die Wirkung der Röntgenstrahlen
am Orte der Wahl zu verstärken, und dass er durch die mit Bier scher
Stauung oder Röntgenbestrahlung ausgelösten Einwirkungen die Zellkonsti-
Hildebrand, Anfeätze allgemeineii ohimrgischeii Inhalts. 1359
tution, besonders die der Leukozyten, derart umstellen kann, dass die nur
sehr beschränkt wirksamen intrazellulären Enzyme sehr ausgiebig den Ablauf
pathologischer Zustände beeinflussen können.
Biers (2) Buch über Hyperämie als Heilmittel zerfallt in einen allge-
meinen und einen speziellen Teil. Im allgemeinen Teil werden die verschie-
denen Methoden, aktive und passive Hyperämie zu erzeugen, wie die allge-
meinen Wirkungen derselben besprochen.
Alle diese Methoden fanden zwar schon früher [in der chirurgischen
Therapie Verwendung, so die Schröpfköpfe bei Entzündungen und Eiterungen
(direkt zum Aussaugen des Eiters), der Junodsche Schröpfstiefel, die chemi-
schen Derivantien, der Heissluftapparat (Clado zur Behandlung tuberkulöser
Gelenke), die Stauungsbinde (Dumreicher, Helferich bei Frakturen, bei
Pseudarthrosen). Einige wurden angewendet in der klaren Absicht, Hyperämie
direkt als Heilmittel zu verwenden (Stauungsbinde), andere, um durch die
infolge der erzeugten Hyperämie an anderen Stellen auftretende Anämie
heilende Wirkungen zu erzielen. Aber auch bei diesen nimmt Bier eine
Wirkung durch Hyperämie an, da nach Biers Ansicht die Hyperämie auch
in die Tiefe geht, also dort keine Anämie entsteht; er gibt damit diesen
Mitteln eine andere Deutung. So gelangt er zu dem Schlüsse, dass das wirk-
same Prinzip aller dieser Mittel die Hyperämie ist. Durch eine Reihe von
Experimenten, theoretische Erörterungen und literarische Studien sucht Bier
dieser seiner Anschauung eine Stütze zu geben.
In einem weiteren Abschnitte werden die allgemeinen Wirkungen der
Hyperämie besprochen, 1. die schmerzstillende, 2. die bakterientötende oder
abschwächende Wirkung, 3. die resorbierende Wirkung, schliesslich 4. die
gewebeauflösende und 5. die ernährende Wirkung.
Der spezieUe Teil ist ausgefüllt durch verschiedene Abschnitte über die
Behandlung lokaler Infektionskrankheiten, wie Tuberkulose, und akuter Ent-
zündungen an den verschiedenen Körperteilen, ferner einer Reihe von nicht
durch Infektion verursachte Krankheiten, ferner von chronischen Gelenk-
krankheiten, wie Gelenkrheumatismus, Arthritis deformans, Gelenkversteifung,
in dem dabei die spezielle Indikation und Tecknik besprochen wird.
Das Buch zeigt eine ausgedehnte Verwendung physiologischer Literatur
und enthält ausser einer Zahl eigener experimenteller Untersuchungen eine
Reihe origineller Gedanken und Gesichtspunkte, durch die manche Tatsache
ein neues Licht erhält, zweifellos aber auch eine Reihe unbewiesener Hypo-
thesen, die auf einseitiger Auffassung der Dinge beruhen, und manche un-
richtige Darstellung pathologisch anatomischer Dinge. In den der Therapie
gewidmeten Teilen finden wir eine starke Unterschätzung der chirurgischen
Therapie und eine allzu optimistische Auffassung der eigenen Behandlungs-
resultate. Gerade die letzteren werden nur durch einzelne Fälle demonstriert,
ohne dass eine Gesamtübersicht gegeben würde, die einen Vergleich mit an-
deren Behandlungsmethoden zuliessen. Wenn es anderen Autoren möglich
war, in grösseren Statistiken ihre Resultate klarzulegen (König, Bruns,
Mikulicz z. B. bei Gelenktuberkulose), so sollte das auch hier möglich
sein. Dadurch würde das Buch eventuell an Überzeugungskraft erheblich
gewinnen, denn schliesslich entscheiden in diesen Dingen nicht theoretische
Deduktionen, experimentelle Untersuchungen, sondern das praktische Resultat
am Menschen.
1360 Jahresbericht fOr Ghiraigie. in. TeU.
W. St. Hals ted (10a) gibt zunächst in grossen Zügen eine Entwicke-
lung der Chirurgie. Den Hauptinhalt des interessanten Aufsatzes aber bildet
ein Vergleich zwischen der deutschen Chirurgie, wie sie an den Universitäten
getrieben und gelehrt wird, und der amerikanischen, und eine Klarlegung
der Bedingungen, durch welche die deutsche Chirurgie eine so hervorragende
Stellung einnimmt. Die wissenschaftliche Durchbildung, auf die das Haupt-
gewicht gelegt wird, ist der Grund, während in Amerika die praktische Aus-
bildung das Hauptinteresse in Anspruch nimmt. Eine Reihe von weiteren
Umständen, auf die hier einzugehen zu weit führen würde, ist es noch,
die eine ensprechende sehr wünschenswerte Entwickelung in Amerika ver-
hindern.
Der Aufsatz v. Hovorkas (13) beschäftigt sich mit den Grenzen und
Wechselbeziehungen zwischen der mechanischen Orthopädie und orthopädi-
schen Chirurgie.
Jede bleibende Abweichung der Form, Richtung, Stellung und Lage,
sowie eine jede dauernde Funktionshemmung der einzelnen lokomotorischen
Teile des menschlichen Körpers — mit Ausnahme des Kopfes — wird nach
ihm in der Orthopädie zur Difformität gerechnet. Die Orthopädie selbst
wird in eine mechanische Orthopädie und in eine chirurgische Orthopädie
eingeteilt Unter der mechanischen Orthopädie versteht man die Massage,
Gymnastik und die orthopädische Mechanik. Dieser gegenüber steht die ope-
rative Orthopädie. Die historische Entwickelung der einzelnen Massnahmen,
ihr Verhältnis zur Orthopädie wird ausführlich dargetan. Wir können hier
aber nicht auf Einzelheiten eingehen, um so weniger, als etwas Neues sich
nicht darin findet.
Die chirurgischen Eingrifi'e mit Rücksicht auf die neuen Errungen-
schaften der Physiologie und allgemeinen Pathologie, so lautet der Titel eines
Aufsatzes, den Charnier (4) in der Semaine medicale publiziert, dessen
Inhalt, wie aus dem Titel ersichtlich, sich nicht für ein Referat eignet.
In seinem Aufsatze ;,Über das psychische Verhalten des Arztes und
Patienten vor, bei und nach der Operation" sucht Klau ssner (17) eine Reihe
psychischer Momente zu fixieren, die in dem Verhältnisse des Operateurs zu
seinem Patienten und umgekehrt von besonderer Bedeutung sind. Die Arbeit
ist den jungen Kollegen gewidmet, sie wird ihnen helfen, über manchen der
fraglichen Punkte klar zu werden.
JohnFranklin (9 a) beschäftigt sich in seinem Au£satz mit der Frage
über die Einwilligung unerwachsener und erwachsener Patienten zu Opera-
tionen, einerseits für Operationen, die ratsam, und andererseits für solche.
die notwendig sind. Die juristischen Betrachtungen des Artikels lassen sich
nicht mit wenigen Worten wiedergeben. Die Schlussfolgerungen ergeben sieb
für jeden wohl von selbst.
Die Wechselwirkungen zwischen Diabetes und chirui^schen Eingriffen
ist das Thema einer Arbeit Kare wskis (15). Bei seiner Betrachtung kommt
er zu dem Schluss, dass sich beim Diabetiker nach blutigen Eingriffen
keinerlei eigenartige Symptome einstellen. Was auch immer sich ereignen
mag, derselbe Zwischenfall kann auch ohne absichtliche Zufugung einer \er-
letzung auftreten.
Je höher beim Menschen der Grad der Glykosurie ist, je resistent-:
gegen die Herabsetzung durch geeignete Ernährung, um so mehr besteh: die
Möglichkeit der Infektion. Immerhin spielt aber dabei doch der Alkeniem-
Hildebrand, Aufsätze allgemeinen chirargischen Inhalts. 1361
zustand eine grosse Rolle, so dass ein Kranker, dessen Urin hohen Zucker-
gehalt aufweist, besser gegen die Wundinfektion geschützt sein kann, weil er
sich in gutem Allgemeinzustand befindet, als ein anderer mit massigem
Zuckergehalt, aber von schlechter Konstitution.
Des weiteren kommt aber noch die Tatsache in Betracht, dass chirur-
gische Eingriffe bei manchen Leuten die Glykosurie steigern, ja, dass ein
scheinbar geheilter Diabetes, der lange Zeit keine Erscheinungen machte,
plötzlich nach Yollzogener Operation wieder auftritt; während andererseits
die Absetzung brandiger Glieder bei Personen mit den schwersten Symptomen
der Zuckerkrankheit mit einem Schlage alle Zeichen der Konstitutionsanomalie
verschwinden lässt, wenn die Beseitigung der abgestorbenen Teile Asepsis
herbeiführte. Was aber von diesen Dingen eintreten wird, das vorherzusagen,
ist sehr schwer. Es fehlt an einem Anhaltspunkt, um zu beurteilen, ob Koma
eintritt oder nicht. Immerhin ist die typische, dyspnoische Form des Koma
nach chirurgischen Interventionen fast ausnahmslos an das Auftreten von
Acetonurie und Aceturie gebunden. Danach ist auch die Verwendung der
Inhalationsnarkose zu beurteilen, die bei Diabetikern Acetonurie etc. verur-
sachen kann, wenn auch freilich sicher feststeht, dass ihre Vermeidung diese
Komplikation nicht mit Sicherheit verhindert.
Melliturie verbietet unter allen Umständen jede überflüssige oder ver-
meidbare Operation. Alle nicht dringlichen Encheiresen müssen so lange auf-
geschoben werden, bis durch eine diätetische Kur der Grad der Glykosurie
herabgesetzt und die allgemeine Konstitution verbessert ist. Selbstverständ-
lich muss dabei aber die Bedeutung des Hauptleidens berücksichtigt werden.
Vor und nach der Operation sollen grosse Quantitäten Alkalien zugeführt
werden, ebenso bedeutende Mengen Flüssigkeiten, eventuell Infusion. Die
Inhalationsnarkose soll so viel wie möglich vermieden werden. Einfache
Wundverhältnisse müssen geschaffen werden. Der Rest des Vortrages be-
schäftigt sich mit der Bedeutung der Diabetes für die Indikationsstellung bei
einer Reihe von chirurgischen Krankheiten.
Malcolm (22) beschäftigt sich in seinem Vortrag mit dem Shock.
Die Veränderungen im Nervensystem, der Einfluss der Bewusstlosigkeit auf
die Gewebe, die Veränderungen im Gefässsystem und die Wirkung der venösen
Kochsalzinfusionen, das sind die vier Teile, in welchen Verf. sein Thema be-
spricht. Eine Reihe ähnlicher Zustände, wie der Schlaf, der empfindungslose
Zustand am Ende und nach grossen Operationen, die Wirkung intensiver
Kälte auf den ganzen Körper^ Tod in hohem Alter werden bei der Erörte-
rung zum Vergleich herangezogen. Nicht Gefässlähmung ist die Ursache
des Shocks, sondern Kontraktion der Arterien.
Seine Ansicht stützt sich auf die wohlbekannte physiologische Tatsache,
dass Reiz eines sensiblen Nerven Kontraktion der Arterien hervorruft, wäh-
rend die Ansicht, dass eine allgemeine Arterienlähmung durch eine Ver-
letzung verursacht werden könnte, nicht ebenso fundiert ist. Diese Theorie
erklärt überdies, wenn man die Erschöpfung des Gehirns durch die Über-
reizung der Nerven und die Verhungerung der Hirnsubstanz hinzunimmt, die
damit erklärt werden mag, dass die Gefässkontraktion im Verhältnis zu der
Intensität des Reizes steht, alle die Fälle von plötzlichem Tod, in welchen
zwar die Verletzung schwer, aber kein lebenswichtiges Organ verletzt war.
Sicher kann eine genügend plötzliche Kontraktion der Arterien die Herzkraft
überwinden und den Tod an Herzschwäche herbeiführen.
Jahresbericht für Chirurgie 1905. 86
1362 Jahresbericht für Chirurgie. III. Teil.
Fiele er (7) wies experimentell nach, dass bei Kaninchen, Hunden,
Katzen, Mäusen und Ratten durch Inanition sowohl für verfütterte sapro-
phy tische Keime» als auch für im Darm heimische Bakterien Bedingungen
für das Eindringen in die Lymph- und Blutbahn sowie in die Organe ge-
schaffen werden.
Des weiteren hat F ick er sich auch mit der Aufnahme von Bakterien
durch den Respirationsapparat experimentell beschäftigt und kommt zu dem
Schluss, dass auch der infantile Respirationstraktus Bakteriendurch-
lässigkeit besitzt.
Hilgermann (12) hat durch mikroskopische Untersuchung feststellen
können, dass die normale Magendarmschleimhaut von Tieren im Säuglings-
alter für gewisse Bakterien durchlässig ist, dass der verfütterte Blindschleichen-
tuberkelbazillus durch die Schleimhaut selbst durchtritt.
Beziehungen der Balneologie zur Chirurgie betitelt sich ein Vortrag,
den Fedor Krause (18) auf dem vorjährigen Balneologenkongress hielt
in dem er den Wert der Badekuren bei verschiedenen chirurgischen Affek-
tionen bespricht.
Beneke (1) äussert sich in einem sehr interessanten Aufsatz über
physiologisches und pathologisches Wachstum, bei dem besonders die Be-
ziehung der Geschwülste zur normalen Zellproduktion eine Besprechung er-
fahren. Der Vortrag eignet sich nicht zur abgekürzten Wiedergabe.
Ficker (9) hat zur Diagnostik des Rotzes die Serumdiagnostik ver-
wendet. Er stellte eine sterile Rotzbazillensuspension nach Art desTyphus-
diagnostikums her, auf die er dann die Sera von normalen und rotzkranken
und rotz verdächtigen Tieren einwirken Hess.
Rosenbachs (28) Untersuchungen zur pathologischen Anatomie der
Gicht haben zunächst das Resultat ergeben, dass die Hamsäurekristalle
sich im gesunden Gewebe bilden können, ohne dass eine Nekrose des Ge-
webes zustande kommt. Die Behauptung Schreibers, dass die im gesunden
Gewebe gefundenen Kristalle als agonale oder postmortale Bildungen anzu-
sehen seien, wird durch das Vorhandensein von Riesenzellen und Lympho-
zyten an den Krsitallen hinfällig. Es bleibt aber eine innigere Beziehung
zwischen Kristall und Nekrose besteben und zwar ist die Kristallisation
der primäre Vorgang und die Nekrose als das Endresultat einer schädigenden
Wirkung anzusehen. Des weiteren wies Rosenbach nach, dass im Knochen-
mark und im Knochen dieselben Veränderungen bei der Gicht sich finden,
wie wir sie an den anderen Organen finden: Ablagerung von Uratkristallen
in den Knochenkörperchen und in der Knochensubstanz und Ablagerungen
im Knochenmark mit starker Nekrosebildung.
Fr. Krause (19) gibt vier Leitsätze für die Gymnastik. Übe mit
recht geringer Belastung bezw. recht geringem Widerstand und steigere diese
höchstens allmählich.
Übe systematisch und harmonisch alle Muskelgruppen des Körpers und
lege besonderes Gewicht auf die Übung der im täglichen Leben vernachlässigten
also der des Rumpfes.
Übe stets rhythmisch, d. h. mache stets teils durch zweckmässige Ab-
wechslung, teils durch völliges Aussetzen der Übungen die nötigen relativen
und absoluten Kunstpausen und übe nie zu lange fortgesetzt in einer Tour;
höre auf, so lange du noch weiter zu machen imstande bist.
Hildebrand, AafsAtxe allgemeinen chirargiacben Inhalts. 1363
Beginne jede Übung aus der Ruhe ganz langsam und mit dem stetigen
beständig wachsenden Gefühl der Anspannung und beendige sie ebenso mit
dem nach und nach abnehmenden der Wiederabspannung.
In seinem Aufsatz über die intravenöse Injektion bespricht E. Frank (9a)
die Verwendung derselben zur Einverleibung der verschiedensten Mittel, wie
Hetol, Chinin, Fibrolysin, Digalen, Eisenarsen etc. Die Arbeit orientiert zu-
gleich über das betreffende Gebiet.
Bolognesi (2a) hat das Verhalten der Injektionen von geschmol-
zenem Paraffin in die verschiedenen Gewebe und Organe (Niere, Leber,
Milz, Nebenniere, Peritonealhöhle, Unterhaut- und Unterschleimhautgewebe,
gestreifte und glatte Muskeln, Gehimsubstanz , Subduralräume und Seiten-
ventrikel) studiert. Als Versuchstiere bediente er sich der Kaninchen.
Er kommt zu dem Schluss:
1. Dass das in verschiedene Gewebe und Organe injizierte geschmolzene
Paraffin bei enigen derselben zu einem raschen Übergang der injizierten und
noch flüssig gebliebenen Substanz in die venösen Wege des Organs führt. Das
in den Kreislauf übergegangene Paraffin bidet bei seiner Festwerdung in
Gefassen von grösserem Kaliber feste Embolien. Zur Bildung derartiger Em-
boli trägt die Gefässanordnung des Organs, der niedere Schmelzpunkt des
Paraffins und die grosse Menge der injizierten Substanz bei.
2. Das in die Organe injizierte Paraffin bildet feste Anhäufungen, die
wie Fremdkörper von neugebildetem Bindegewebe eingekapselt werden. Von
diesen Bindegewebskapseln gehen Septen ab, welche die Injektionsmasse durch-
ziehen, indem sie dieselbe sekundär in kleinere Abschnitte teilen.
3. Phagozytoseerscheinungen zu Lasten der in die verschiedenen Organe
injizierten Paraffinmassen werden nicht beobachtet.
4. Das Paraffin übt keinerlei chemische Lokalwirkung, aus noch besitzt
es toxische Allgemeinwirkung auf den Organismus. R. Giani.
Hocheneggs (12a) Antrittsrede ist zunächst eine Gedächtnisrede auf
Gussenbauer, in der er auch Billroths und Alberts gedenkt. Dann
folgt ein klinischer Vortrag über die Notwendigkeit prophylaktischer Mass-
nahmen bei erwiesener Karzinomdisposition, die er auf eine Reihe klinischer
Erfahrungen gründet. Die in manchen Fällen, wie es scheint, ererbte Dispo-
sition, die in manchen Fällen erworbene Dispotition zwingt dann für solche
Disponierte die Lebensbedingungen zu ändern. Mit diesem Gedanken be-
schäftigt sich der Rest des Vortrages.
Stokes Hutton (31a) gibt einen Überblick über die Entwickelung
der Abdominalchirurgie während der letzten 25 Jahre, wie sie sich am
North -Staffordshire Hospital darstellte. Die Wundbehandlung vor List er,
die Antisepsis, die Ovariotomie und Hysterektomie, die Milzexstirpation, die
Appendizitis etc., kurz alle Abdominal Operationen und ihre Resultate werden
kurz besprochen und Schlüsse daraus gezogen. Eine kurze Erörterung der
Asepsis, der Gefahren bei Bauchoperationen und der Zukunft der Abdominal-
operationen bildet den Schluss.
Die Mitteilungen Howard Marshs (23) beziehen sich auf Beseitigung
des Druckes der Knochen gegeneinander bei Krankheiten im Knie und Hüft-
gelenk, auf verschiedene Punkte der Lehre der Tuberkulose wie z. B. Dia-
gnose der Gelenktuberkulose, auf die zirkumskripten tuberkulösen Geschwülste
in einem Gelenkende oder in der Synovialis, auf knöcherner Ankylose bei
86*
1364 Jahresbericht fUr Chirurgie. III. Teil.
tuberkulöser Arthritis, auf den Gebrauch von Schienen und auf die Gelenk-
tuberkulöse im Greisenalter.
Lamberger (21) gibt zunächst einige kurze historische Bemerkungen
über die lokale Heissluf tbehandlung , bespricht die verschiedenen Apparate
und kommt bezüglich der Erfolge zu dem Schlüsse, dass mangelhafte Kon-
struktion der Apparate in erster Linie und die durch die Neuheit des Ver-
fahrens begründete mangelhafte Technik die Ursache der vielseitig konsta-
tierten Mängel und Übelstände ist. Im zweiten Teile weist er die verschie-
denen Fehler der vorhandenen Apparate nach.
Steins (31) Paraffin-Injektionen sucht eine zusammenfassende Dar-
stellung ihrer Verwendung in allen Spezialfächern der Medizin zu geben. Der
allgemeine Teil behandelt die Geschichte, die Chemie, Pharmakologie und
Toxikologie der Paraffine, bespricht die Emboliegefahr bei Paraffininjektionen,
das anatomische Verhalten des injizierten Paraffins, die Technik der Injektion,
die Unterschiede bei Verwendung von Hart- und Weich-Paraffin, den Heilungs-
verlauf und die Indikation. Im speziellen Teile folgt die Verwendung der
Paraffininjektionen in den verschiedenen Zweigen der Medizin.
Kirschner (16) kommt in seiner histologischen Studie über Paraffininjek-
tionen zu dem Schlüsse, dass weder das weiche, noch das harte Paraffin, sub-
kutan dem Organismus beigebracht, einheilen, in dem Sinne, dass sich um sie
eine Kapsel bildet, welche sie vom übrigen Gewebe abschliesst. Es bleibt nicht
unverändert an Ausdehnung und Konsistenz. Ja die bindegewebige Orga-
nisation macht nicht in irgend einem gegebenen Moment Halt, sondern geht
unaufhaltsam weiter, sie hat die vollständige Resorption des eingebrachten
Fremdkörpers zur Folge. An manchen Stellen werden beide Paraffinarten
überhaupt nicht auf die Dauer vertragen, weil sie schwere örtliche Gewebs-
störungen hervorrufen, welche zu ihrer vorzeitigen Entfernung Anlass geben.
Die zwei Fälle von Paraffininjektionen, über die Wallis berichtet,
beweisen wie unsicher dies Verfahren ist. In dem einen Falle war ein Pro-
lapsus uteri, im anderen ein Prolapsus ani resp. recti der Grund für die
Paraffininjektionen gewesen. In beiden kam es nachträglich zu mehr oder
weniger ausgedehnter Eiterung, die eine operative Entfernung nötig machte.
Auto ren-Regis t er.
A.
Abadie 426, 874, 880, 1137.
Abb« 451, 1265.
Abbe-Caviechia 1261.
Abbot 416.
Abel 213, 444, 718.
V. Aberle 277.
Abrahams 296, 300.
AbrikosofF 141.
Acconi 974.
Achalme 311.
Achard 158, 300, 603.
Ackermann 668.
Adamkiewicz 81.
Adamson 126.
Addario 368.
Addinsell 905.
Adenot 1033.
Adjaroff 821.
Adler 501, 849, 860, 882, 994.
Adolph 314, 901.
Adrian 994.
Aeschbacher 468.
Aguerre 488.
Agaillar 1047.
Abiberg 211.
Ahlefelder 994.
Ahlfeld 317, 318, 319.
Aievoli 1112.
Aisenstein 1003.
d'Ajutolo 527, 1308.
Akkins 695.
Albarran 951. 952, 962, 977,
981, 1013, 1033, 1084, 1092.
Albers-Schönebenr 958, 1015,
1186, 1278, 1289.
Albert 512. 1363.
Albertin 663, 696, 767.
— Qod Tavernier 1144, 1146.
Albrecht 581, 974, 1032.
Albu 805, 908.
Alcavde 1131.
V. Aldor 620, 714, 898.
Alessandri 204, 414, 451,454,
527,712.^85,915,1034.1140,
1150, 1197,1260.1261,1308.
Alexander 301, 364, 368, 484,
641, 1075, 1128.
Alexandre 1060.
Alglave 935, 939.
Allaire 866.
Allan 226, 555.
Allen 165, 317, 462, 1038.
Allison 815, 939.
Alqaier 247.
Alt 364.
Altmann 1181, 1265.
Amato and lüacri 621.
Amberger 813.
Ambialet 368.
Amblard 526.
Ambos 702.
Ameuille 598.
Ammann 1251.
y. Amons 1153.
Ampbell 196.
Ancel 1054.
Anchö 311.
Anders 335
Andersen 1068.
Anderson 186, 600, 621.
Andrö 194. 405, 1091.
Andrews 187, 321, 1106, 1138,
1297.
Andry'l97, 682.
Angelini 875.
Angelucci 389.
Anger 238.
Angioni 180.
Anglade 102.
Anneau 732.
Anou 900.
Aoschütz 633, 1349.
Antipas 567, 675.
Antoine 1217.
Anton 406.
d'Antona 766.
ADtonelli 368, 765, 938, 1068,
1135, 1169, 1294, 1296.
Antonin 343, 345.
Antony 621.
Anzilotti 120S, 1310.
Aozoletti 1196.
Apatby 96.
Apolant 74.
Apostolesca 740.
Aradie 462.
Arbadio 451.
Arbnthnot Lane 262.
Area 666.
Arcoleo 981.
Arenheim 245.
Argutinsky 481.
Arloing 129, 150, 154, 156,
932.
— Courmont 484.
Armand 20.
Armitage 1044.
Armoar 657, 664.
Amaud 754.
Arneth 1293, 1330.
Arnold 1006.
Amosan 431.
Arusperger 85, 277, 346, 796.
Aronbeim 328, 875.
Aronson 312.
Arron 200.
Arthaad 137.
Arullani 981.
Asahara 661.
Aschoff 74, 80, 782, 797, 930.
Aspelin 892.
Arrtzabalaga 1194.
Athanasescn 1170, 1228.
Atkins 768.
Atlee 939.
Atzberger 634.
Aubert 459.
Aubertin 773.
Audral 930.
Aadry 102, 232.
Auffret 282.
Aufrecht 132, 183, 134, 135.
Aulhom 1147, 1182.
Aasset 285.
Aasten 1297.
Autefage und Aa bertin 1054.
Auvray 610, 884, 920.
Ayiragnet 112.
Axenfeld 346, 379, 388, 397.
Axhausen 334.
Axisa 901.
Axmann 1266.
Axtell 957.
Aymard 314.
Ayree 368, 946, 981.
1366
Jahresbericht für Chirurgie.
Bäärnhjelm 1139.
Babte 63, 189, 935.
Babinski 401.
Baccarani 621.
Baccelli 338, 566, 989.
Bach 368.
Bacilieri 1162.
Backer-GrOndahl 22.
Bade 1283.
Baer 1211.
Balskow 826.
Bagge 1291.
Bail 143, 144, 145, 146, 147.
Bailev 671.
Bain 906.
Bainbridge 1008.
Bakaleinik 517.
Bakay 886.
Bakes 654, 685, 905.
Balacesco-Cohn 518.
Balacescu 506, 621, 939, 1294.
Balduzzi 309.
Baldy-Schubmann 949.
Ball 859, 1103.
Ballance 227, 248, 401, 810.
Ballenger 1068, 1121.
Balliano 1305.
Balloch 1218.
Balthayard 967, 989.
Balzer 103.
Bamberger 439, 585.
Bang 944, 999, 1077.
Bftnsch 1259.
Banti 816, 925, 928.
Baudler 195.
y. Baracz 441, 582, 865, 882,
1198.
Baradulin 847.
Barancy 3.
Baratynski 876.
Barbier-Bouvet 177.
Bard 706.
Bardelli 368.
BardeDheuer 246, 252, 257,
263, 863, 1175, 1180.
Bardescu 181, 245.
Bardy 880.
Bargeton 181.
Barbam 868.
Barjan 1266, 1293.
Bari^ 222.
Barker 722, 964, 1103, 1179,
1211, 1215.
Barling 227.
Barlow 285.
Barmestier 1287.
Barnard 368, 947.
Barnsby 791, 1027.
Bären 887.
Barregi 444.
Barret 537.
Barrie 367, 455.
Barriere 1202.
Barrow 514.
Bartel 139, 141, 147, 205.
Bartenstein 285, 640.
Barth 555, 841, 945, 967.
Barthölemy 103.
Barthelmö 541.
Bartholdy 291.
Bartieri 875.
Bartkiewicz 981.
Bartlett 320.
Bartow 1236.
Bar well 530.
Bary 900.
Bashford 71, 74.
Basile 185, 764, 836.
Bass 272.
Bassano 175.
Bassenge 1283.
Bassewitz 1^8.
Bassini 572, 874, 875, 876,
879, 881, 1057, 1058.
Bastianelli 974.
Batten 1290.
Battle 282, 768.
Bauby 960.
Baucel 340.
Baudi 194.
Bauer 588, 768, 799.
Bauermeister 1051.
Baumann 186, 947.
Baumbach 1150.
V. Baumgarten 136, 164, 405,
1060.
Bäumler 222, 560, 584, 1247.
Bayer 203, 422, 551, 887, 1165,
1168, 1187.
Bayerthal 351.
Bayly 757.
Bazin 1193.
Bazy 260, 760, 951, 963, 999,
1101, 1124, 1125.
Beard 69, 71.
Beardley 682.
Beatson 73.
Beattie 19.
Beaujard 1293.
Beaulieu 289.
Beauvy 808.
Becar 833.
Bechhold 197.
Bechterew 1233.
Beck 141, 152, 221, 242, 473,
484, 495, 608, 620, 676,
741, 884, 957, 967, 1029,
1057, 1125, 1127, 1127,
1145, 1253, 1279, 1282,
1293.
Becker 91, 126, 528. 1353.
Beckmann 321, 940, 966.
B^clöre 958, 1293.
Bedart 228.
Beddnell 1035, 1297.
Beduarski 368.
Beeckmann 820.
Beefield 1091, 1109.
Beer 547, 728, 905.
BegouDin 81, 844, 1163.
V. Behring 130. 139, 152, 159,
160, 161, 162, 165, 171, 836,
337, 765.
Bejan 740.
Beitzke 94, 139, 141.
BeU 187.
Bellamy Gardner 11, 13, 14.
Bellegrini 204.
Bellin 366.
Belot 1288.
Belt 368.
B^nard 432.
Benda 793, 797, 930.
Bendersky 646.
Bendikt 434.
Bendix 481.
Benedikt 805.
Beneke 930, 1362.
BeniBarde 813.
Benjamin 488.
Bennet 23, 262, 538, 635, 1176.
1180, 1218, 1282.
Benoit du Martooret 1075.
Bensaude 103.
Benson 391.
Benson-Nooney 368.
Bevan 957.
B^raneck 132, 176, 177.
Börard 364, 404, 472, 501, 518.
521,660,760,767,821.1127,
1175.
Börard et Patel 752.
Berduschi 1261.
Berg, 491, 1032, 1051.
Bergell r«!66.
Berger 16, 247, 260, 283, 368.
375, 404, 459, 1124, 1139.
1140, 1151.
Berger-Banzet 1350.
Bergh 580, 1040.
Bergholm 884.
y. Bergmann 83, 117, 1178.
1182, 1210, 1298.
Bergoni^ 237.
Berkeley 462, 487.
Berlin 331, 376, 384.
Berliner 179.
Bernabeo 1228.
Bemard 926, 979, 982, 1003.
Bemard and Bigot 1003.
Bemard und Salomon 951.
Bernasconi und Golombino 994.
Bemays 806.
I Bernhard 87, 251, 316.
' Bemheim 444.
Bernot 666.
1 Berry 422, 1350.
Bertarelli 339.
I Berthezeune 1007.
I Bertier 20, 971.
Besan9on 129.
Best 395.
Betagh 20, 21, 994, 1310.
Bethe 247, 248.
' Bett 326.
, Betti 1112, 1137.
de Beule 1057.
{ de Beurmann 109. 434, 435,
1136, 1196, 1266.
Beuthner 814.
, Bentter 1141.
I Beyacqua 115.
Beyan 64, 182.
Bezelius 990.
, Beyer 401.
Autoren-Register.
1367
Bezold 401.
Bialyk 157.
Bibergeil 581, 829.
Bibrowicz 360.
Bichler 566.
Bickel 636.
Bickham 262, 1229.
Biden 1297.
Bidwell 631, 846.
Bielefeldt 131.
Bier 39, 40, 43, 93, 162. 207,
208, 214, 215, 268, 278, 280,
292, 297. 327, 328, 447, 864,
1082, 135&
Bierhoff 963.
Biland 314.
Bilfinger 854.
Bilgner 1303.
BiUon 971.
Billroth 441, 470, 634, 651,
653, 659, 710, 726, 916,
1030, 1363.
Binaghi 1313.
Binder 368.
Bindi 80. 915, 1200, 1314.
BiDdi e Baldi 1314.
Bing 646.
Bingbam 1069.
Biondi 817, 900, 916, 940, 1261,
1264, 1314.
Birch- Hirschfeld 382, 390,
584.
Bircher 672.
Birkett 1293.
Bimbaam 887.
Biros 462.
Bischoff 1300.
Bisser^ 1266.
Bisset 699.
Bittorf 246.
Bizzozero 429.
Blake 637, 714, 775.
Blaker 505.
Blanc 957.
Blanco 369.
Blandin 438.
Bland-Satton 902, 957, 1036.
BUok 1035.
Blaschek 369.
Blascbko 106, 1266.
Blaskoyics 369.
Blaael 1266.
Blarland 684.
Blecher 270, 291, 516.
Bleibtrea 286.
Blenke 1164, 1167, 1199.
Blik 418.
Bloch 688.
Block 1128.
BloebAum 404.
Blohm 377.
Blondeau 3.
Blondel 1131.
Blagger 323.
Blum 73, 528, 642, 667, 940,
957.
Y. Blumenfeld 722.
Blumenthal 276. 1288.
Boari 216, 1315.
Boas 513, 642, 646, 742, 804,
866.
Bobbio 228, 547, 851, 868.
Bobone 407.
Bobrow 916.
Boocardi 1339.
Bocchi 390.
Bochdalek 426, 498.
Bockenheimer 3, 1178.
Bodo 783, 1207.
Bodin 189.
Bödtker 1104.
Boeck 103.
Boeckel 244.
Boenninger 100.
Boerhaave 488.
Boesch 402.
Bofinger 152.
Bogdanik 863, 1059.
Böget 1235.
Bogolybow 1116.
Boidin 286.
ßoinet 565, 981.
du Bois-Revmond 1142.
de Bois 811.
Boix 189, 606.
V. Bokay 566, 842.
Bokorny 65.
Boldt 394.
Bolewski 935.
BoUe 285.
Bolognesi 1363.
Bolton 102.
Bonachi 48, 619.
Bonanome 1069, 1113.
Bond 427.
Bondet 206.
Bondy 364.
Bonboff 189, 194.
Bonfruti-Gaponago 876.
Bonnal 91.
Bonnet 244, 1228.
Bonnette 1297.
Bönninghaus 448.
Bonomo 1316.
V. Bonsdorff 21, 22. 44, 287,
365, 366, 367, 491, 513, 540,
609, 691, 730, 732, 745, 799,
803, 820, 874. 880, 887, 904,
910, 982, 1089, 1104, 1139,
1210. 1217, 1^.91.
Bonte 369.
Borchard 126. 181, 126, 1170.
Borchardt 321, 345, 363, 542,
615, 736.
Borchgrevink 21.
Borde 405.
Bordier 1266.
Bordoni 1133.
Borelius 732, 910, 1021.
Borle 292.
Bormann 116.
Bomhaopt 182. 216.
Borrmann 76, 77, 118.
Borsz^ky 668.
Bosse 595. 778, 785, 842, 1161.
Bossi 1202. 1317.
Bossuet 465, 567.
Boston 845.
Bostroem 998.
Bfltticher 526, 538, 547, 554.
BoHini 1082, 1085.
Bottomley 777.
Boocart-Cauben 998.
Bonchacourt-Haret 1266.
Bouchard 129.
Bouch« 310.
Boucher 1219.
Bouin 1054.
Beulet 868.
Bourcy-Laignel-Lavastine 247.
Bouret 1209.
Bourgeois 268.
Bouveret 673, 896.
Bourrough 606.
Boaveyron 1121.
Bouvier 350.
Bouvrier- Carlos 549.
Bouygnes 181.
Bovin 246, 887.
BoTis 210.
Bowe 430.
Bowlby 187.
Boxer 306.
Boyd 685, 982.
Boyle 517.
Boysen 402-
Bozzi 917, 945, 1319.
Bozzolo 1293.
Braatz 321, 552.
Bradburne 671.
Bradford 163, 298.
Brady 256.
Bramwell 698, 1006.
Branca 1053.
Branco 744, 1182.
Brandenberg 284.
Brandenstein und Ghajes 1008.
Brandweiner 126, 195, 197.
Brat 3, 63.
Brauer 295, 543, 563, 608, 620.
Brault 75, 84. 247.
Braumflller 1354.
Braan 33, 34. 35, 44, 60, 222,
250, 419, 576, 658, 661, 665,
819.
Brauner 622, 624, 1286.
BrauDschweig 381.
Brannstein 369.
Braus 243.
Bravacs- Jackson 359, 1340.
Breckle 375.
Brebm 768, 887.
Brebmer 314.
Brelet 685, 751.
Brenner 696, 876.
Brentano 567, 1302.
Breton 483.
Brewer 19, 102, 535, 627, 768,
957, 999.
Bräzard et Morel 616.
Brich 860.
Brieger 67, 634.
Bright 990.
Brimacombe 108.
Brin 724, 887.
Brindel 512.
Briquet 1635.
1368
Jahresbericht für Chirurgie.
Brissaud 491.
Brix 868.
Brofldbent 555.
Broc 567.
Broca 61, 162, 163. 260, 277,
280, 297, 357, 421, 433, 437,
517, 538, 567, 1041, 1061,
1063, 1127, 1142, 1216, 1350.
Brooq 434.
Brod 1046.
Brodnitz 1254.
Broese 184.
Broesike 884.
Brondio 755, 863.
Brongersma 947, 1099.
Bronner 408.
Brook 711, 735.
Brophy 424.
Bross 402, 627.
Brouardel 33, 1049.
Bronsse 110.
Brown 860, 411, 421, 423,
687, 937, 951, 957, 963, 994,
1289.
Browning 237.
Brownkelly 450.
Brown-S^quard 1053, 1229,
1259.
Bmandet-Hnmbert 244.
Broc 100.
BruceBays 902.
Broce-Ciarke 964.
Brugsch 533.
Brühl 864, 400.
Brnmiche 862.
Brnneau 281.
Bnmcher 935.
Brüning 203, 710, 762.
▼. Brunn 281, 330, 378, 431,
772, 852. 1019, 1062, 1160,
1213.
Branner 306, 882, 388, 348,
659, 726.
Bruno 369.
y. Brnns 369, 434, 440, 536.
Brunswig-Le Bihan 1354.
Brunton 800, 618.
Braschettini 338.
Bryan 930, 949.
Bryand Holmes 910.
Bryant 398, 863.
Buchanan 480.
Bucknall 546.
Büdinger 271, 890.
Budzynski 1154.
Büffet • Delmaset Beauchant
860.
Bujwid 55.
Büiau 561.
Bölow-Hansen 1171.
Bum 292.
Bamm 814, 1282.
Bunch 1290.
Bunge 61, 736, 897, 1188.
V. BQngner 248.
de Burat 335.
Burci 1262.
Burekhardt 67, 96, 97, 129,
284, 310, 647, 1289.
V. Buren Knott 841.
Burford- Johnstone 213.
Burgand 47.
Bürger 831.
Burgess 869.
Burghele 831, 1353.
Burr 1236.
Burrell 1227.
Burwinkel 301.
Busch 1124.
Buscbka 1289.
Buschke 193, 844, 1064, 1298.
Bushneil 705.
Busse 206, 678.
Bussen 832.
Butera Sillitti 222.
Butlin 494.
Byfold 815.
C.
Cabaness 869.
Cabannes-Tenliöres 246.
Cabot 648, 1008, 1044.
V. Gackoyi^ 758.
Cahen 251, 914, 974.
Cahn 858.
Caill^ 979.
Cajozzi 1150.
Caird 968, 1012.
Calabrese 840.
Calamida 1819.
Galdwell 299, 957.
Galic 1296.
Calinescu 835.
Calmette 131.
Galori 902.
Galot 494, 1154, 1172, 1287,
1238.
Galvini 903.
Galyocoretti 990.
Gametti 875.
Gaminiti 248, 287, 357, 1073,
1319.
de la Camp 567, 599.
Campbell 424, 567, 755, 867,
1007.
Campiche 71, 754.
Gampuano 238.
Ganfield 449.
Gange 286.
Cannon 637, 688, 1267.
Canon 307,
Gantacuzino 832.
Cantalupo 1182.
Gantas 347.
Gantle 901.
Cappa 735.
Garabelli 1081, 1293.
Garbone 847.
de Cardenal et Ducos 622.
Garey und Laird 1078.
V. Carkovic 604.
Garl^ 442.
Carlos 4, 805, 547, 684, 691.
Carli 994.
Carlier 1088, 1195.
— und Gurtis 951.
Carmelo 548.
Carnot 893.
Gavo 469.
Garpi 1320.
Carr 428.
Carri^re 960.
Carrion 213, 484.
Carsha 905.
Carstens 622.
Cartolari 722.
Casanova 1002.
Casper 952, 968, 964, 999, 1019.
Cassanello 984, 1321.
Gastaigne 926, 964.
Castex 526.
Catalano 287.
Catani 1296.
Cathala 947.
Cathelin 964, 995, 1015, 1106,
1128.
Cattani 338.
Catterina 766.
Gaubet 410, 489.
Caus^ 869.
Causeret 1047.
Gaussade-Mihlit 896.
Causse 24.
Gauthier 1177.
Gauzard 446
Cavaillon 247, 462, 731, 743,
982.
Cayatorti 1163.
Ca wardine 940.
Gazin 852.
Gealic 506.
Gecca 851, 1048, 1113, 1206,
1321.
Geccherelli 538, 917, 1806.
Ceci 1315, 1321, 1338.
Gedercreutz 319.
Geredamni 782.
Ceri 216.
Cernezzi 37, 245. 349, 865, 917,
1020, 1201, 1322.
Gesari 982.
Cbabannes 1267.
Ghabaud 14.
Ghailloos 335.
Ghalier 757.
Cbalmers 187.
Chambard-Hönon 1027.
Ghaput 744, 802, 937, 995,
1139, 1220.
— Eschbach 558.
Charcot 253.
Ghamier 1360.
Cbarrier 480, 502.
Gharri^re 995.
Charrin 284. 925.
Cbartier 597.
Chateaubourg 991.
Chattot 459.
Chauffard 925, 926, 952, 1008.
— Laedericb 555.
Chaussö 181.
Chauveau 437.
Chavamaz 714.
Chayannaz 674, 813.
CheaÜe 121, 482.
Autoren-Register.
1360
Cheever 506.
Cheinisse 129, 426, 714.
Cheney 647.
Chenieux 668.
Chenoweth 811.
Chernbach 845.
Chetwood 1078, 1129.
Chevallier 1027.
Chevasau 1065, 1183.
Chevrier 289, 849, 718, 1186,
1189,
Chiari 241, 408, 448, 449, 504,
1178.
Chidichimo 1806.
Chiene 70.
Childe 932.
Chilino 1186.
Chipault 1265, 1309,
Chiri^ 808.
Ghlumski 823.
Chompret 451.
Chopart 1183, 1188.
Choupin 982.
Christens 462.
Christian 1069.
Christiani 462, 482, 909.
Chronia 869.
Chronshitzky 406.
ChndoYsky 454, 1147.
Charchman 1121.
Chatro 1143.
Ciampolini 1806.
Ciechanowski 1074, 1076,
Cignozzi 703, 895, 910.
Cimoroni 1822, 1324.
Ciofii 1003.
Cipoliina 197.
Citren 808.
Civiale 886.
Clado 1859.
Clairmont 357, 650, 699, 908,
960.
— and Haberer 886.
— and Ranzi 887, 842.
Claisse 592.
Ciarand 911.
Ciaret 755, 830.
Clark 226, 952, 1195.
Ciarke 363, 434, 630, 632, 6S7,
1157.
Clarkson 761, 815.
Claude 967, 982, 989, 990.
Claudias 320.
Clayton-Greene 549.
Clejat 113, 859, 1136.
— Espinasse 547.
Cleland 238.
Clement 214, 239, 822.
Clementi 726.
Clemm 758, 768, 830, 908.
Clerc 241.
— Dandoy 957.
Cloetta 604, 605.
Clogg 685. 756, 757.
Clopatt 545, 1292,
Cloquet 886.
Clover 22.
Clabbe 824.
Clamsky 1817.
Coakley 36.
Cobb 592.
Cobt 1150.
Codet-Bossie 744.
CodiviUa 261, 298, 1165, 1189,
1824.
Codmann 1144.
Coenen 4, 81, 118, 414, 1169,
1284.
Co£fey 622.
Cohen 4.
Cohn 70, 304, 322, 395, 545,
964,967, 995, 1051,1193,1293.
Cohnheim 1055.
Coldwell 356.
Cole 957.
Coley 87, 546, 1207, 1292.
Collet 237, 437, 611.
Collier 512.
Collin 317, 388, 457, 462, 987.
— Vemeuil 517.
Collis u. Hewetson 971.
Colmers 78.
Colombani 46, 728.
Comberoale 67.
Comby 424.
Comisso 1324,
Concetti 768.
Conder 108.
Conforti 1047.
Connell 402, 622.
O'Connell 188.
Conradi 309, 715.
Constantinescu 622, 1170, 1228.
del Conte 869.
Le Conte 814.
Conteaud 898.
Cook 385.
Cooks 853.
Coombs 914.
Cooper 448, 449, 525, 1039.
Corby 1038.
Cordero 82.
Cordes 448.
Cordier 232.
Corroon 1239.
Corneloup 225, 290.
Corner 821, 847.
— and Sargent 823.
Comet 132, 140, 141, 142, 147, 1
159.
Cornil 75, 81, 305, 478, 549,
1066, 1220.
- und Bender 1132.
— P^raire 549.
--Petit 547, 549, 552. *
Corrigan 1069.
Cosmettatos 369.
Costa 827.
Coste 1258.
Cotte 183, 325. 710, 835, 1138,
1139, 1196, 1211.
Cotton 1267.
Coudrain 322.
Coudray 81, 805.
Coarant 1040.
Courmont 129, 181, 154, 156,
388
Courtade 1121.
Courtellemont 187.
Courtney 763.
Coartin-Bossnet 831.
Courtois-Suffit 130, 276, 303,
842, 1195.
Courvoisier 657.
— Terrier 904.
Cousin 436, 505.
Coutanz 838.
Coutelas 299.
Coutt 608.
Couv^ 964.
Cowl 959, 1286.
Cowper 1125.
Craig and EUis 48.
Crainer 1188.
Cramer 74. 246, 400, 1293.
Crato 285.
Crawford 188.
Creite 1044.
Crile 52, 58, 290.
Cristou 968.
Cristidte 282.
Croce 349, 700, 1228, 1283.
Cropper 1023.
Crosbie 769.
Cross 869.
Crosti 415, 880.
Cruchet 831.
Cruyeilhier 1054.
Y. Cube 193.
Caoiston 281, 885, 937.
Cun^o 405, 773, 1064.
Cunning 514.
Cunningham 977, 1079.
Currie 228.
Curl 86, 823. 883.
Curling 1055.
Curschmsnn 254, 285, 286,
292, 529, 608, 619, 898, 1298.
Curtis 486.
Cushing 362, 420.
Custodis 440.
Cutler 492, 685.
Czaplewsky 194.
Czermak 344, 890, 450.
Czerny 42, 58, 74, 357, 394,
571.575,783,818,1022,1041,
1085, 1349, 1352.
Czyhlarz 1018.
D.
Dahlgren 365, 731, 841.
Dalimier 1009.
Dallest 935.
Dalimann 898.
Dalous 1064.
Daly 178.
Damany 1154.
Damaye 1254.
Damianos 876.
Darnach 888.
Dana 488.
Dangel 216, 502.
Daniell 4.
Danielsen 88, 331.
Danlos 1267.
1370
Jahresbericht für Chirurgie.
Dardanelli 869.
Darier 120, 434, 1267.
— et Walter 102,
Dariing 1033, 1051.
Darqaier 551.
Daser 282.
Dastre 32.
Davidsohn 192.
Davidson 487.
Davis 605, 932, 957, 1257.
Dawborn 317, 414, 1168, 1201,
1220.
Dawson 51, 644, 645.
Deanesly 631, 995.
Debout d'Estr^s of Contrezä-
ville 429.
Debove 236.
— and Brahl 924.
Deetz 1023, 1259.
Defontaine 28, 29.
Dehl 721.
Däjardin 27, 28.
Delag^niöre 271, 568, 856, 886.
Delamare 206.
Delaanay 954, 1051.
Delbet 16, 76, 245, 260, 265,
437, 442, 675. 732. 769, 900,
916, 952, 995, 1013, 1058,
1140, 1150, 1175. 1201.
Delfino 204, 415, 1325.
Delberm et Laguerriöre 866.
Delios 457.
Delkeskamp 883.
Delore 54, 660, 663, 706, 710,
757
— et Cotte 1100.
Dölorme 11, 544, 615.
Delval 610.
Demaillasson 253.
Demaria 369.
Demicheri 369.
Demmler 222.
D^mostböne 1083.
Demoulin 743, 754.
Denig 379.
Denis 964, 1012.
Le Dentu 228, 501, 860, 1195.
Denuce 20.
Depage 410, 718, 754, 1355.
Derjoshinski 555.
Deraginsky 538.
Derveau 875.
Deschamp 389, 1081, 1124.
Deschmann 1231.
Desfosses 282, 320.
Deshages 431.
Desnos 952, 1090.
Dessaner 1277, 1288.
Destot 283, 405, 1139, 1144,
1282.
Detre-Seller 332.
Dentscb 424.
Deutschländer 259, 280, 1155,
1161, 1232, 1242.
Devic-Cbalier 555.
Devis 673.
Devon 278.
Deycke Pascha 282.
— Reschad 188.
Diakonow 532.
Dick 27.
Dicos 1036.
Dieffenbach 1125.
Diehl 396, 982.
Dienst 481.
Dieterich 67, 551.
Dietlen 600.
Dieudonn^ 152.
Dieulafoy 773, 812, 1002.
Diez 20, 470, 635.
Dillmann 1065.
Dimitriu 1088.
Dimora-Anglade 410.
Dineur 769.
Dinkler 124, 347, 676.
Dirk 26.
Diyac 1050.
DoDeraner 1177.
Döbert 605.
Dobson 883.
Dock 711, 1293.
Doerfler 560.
Dolega 1252.
DoUinger 85, 88, 163, 298, 319,
346, 438. 512, 670, 816, 886,
1030, 1068, 1148, 1352.
Domela 764.
— Nieuwenhuis 387.
Dominiei 720.
Dömeny 730.
Dominer 1180.
Donati 412, 687, 691, 877, 902.
Dönitz 40, 41.
Donnö 194.
Donovan 441, 443.
Dopfer 66.
Dopter 101, 430.
Dor 319
Doran 910.
Dörfler 798.
Döring 67. 267.
Dörr 910.
Douard 732.
Douglas 708, 783, 863.
Doumer-Maes 463.
Douqae 188.
Dourtbe 1201.
Doutrelepont 106, 124.
Dowd 493, 799, 945, 1012,
1058, 1059, 1254.
Dowuie 408, 480, 529, 534.
Doyle 1049.
Doyen 50, 70, 75, 76, 83, 553.
639, 653, 658, 727.
Drage 88.
Draudt 1220.
Drehmann 293, 1163, 1198.
Dreesmann 84.
Dreuw 104.
Ureydorff 551.
Driessen 769.
Drosdorflf 301.
Drummond 590.
Drüner 1281.
Drury '22.
Dryer 105.
Dubar 478.
Dubbera 379.
Dubois 12.
Dubreoilh 238.
Duchastelet 949.
Duchenne 491.
Duchesne 432.
Duclaux 1218.
Ducros 238.
Ducnrtil 1058.
Dudgeon 282. 546.
— Sargent 889.
Duffand 436.
Dufonr 922.
Dujarier 261.
Duigou 885.
Dumas 479.
Dumont 26.
Dumreicher 1359.
Düms 1182.
Dun 791, 877.
Dnnham 421.
Dunlap 63.
Dünn 226.
Dunning 87.
Duplay 1021, 1041, 1126.
Dupont 12, 14, 16, 769, 1277.
Dupony 1023.
Dapraz 1003.
Dupuy 1185.
Dupuytren 1138.
Durand 200, 350, 505, 555, 769,
910 945.
Darante 180, 279, 343, 351.
359, 426, 527, 657, 886, 1034,
1117.
Duranton 110.
Duret 132, 732, 1189.
Durin 1287.
Duroux 84, 290, 360, 538, 1 145.
Durrieuz 1075, 1121.
Duteil 54.
Duval 982, 1137, 1197.
Duvergey 347.
Duvemay 769.
van Dnyse 369, 378.
Dyde 938.
Dyer 188.
Dzime 999.
B.
Eads 1047,
Eastmann 1069.
Ebbel 284.
Eberth 720.
Ebner 877.
V. Ebner 433.
Ebstein 912.
Eccot 517.
I Ecker 63.
Eckstein 1158.
tcot 1146.
Edehohls 981, 988, 990, 991.
Edenhofer 1286.
Edens 753.
Edhem 154.
Edington 555, 1297.
Edmunds 402, 407.
Edsoll 853.
Autoren-Register.
1371
Effendi 676.
Ehlers 188.
Ehret 906.
Ehrhardt 184, 478, 489, 610.
982, 1282, 1349.
Ehrich 205, 871.
Ehrlich 67, 74, 209, 239, 522.
Ehrmann 192, 421.
Eicfaler 640, 911
van Eijkmann 809.
Einhorn 506, 523, 1268.
V. Eiseisberg 887. 345, 617,
632, 650, 653, 678, 696, 702,
721, 837, 842,854,868,888,
1021, 1022, 1849.
Eisendraht 412, 1052, 1066.
Ekehorn 287, 672, 822, 977,
982, 1182.
Elbe 63.
Ellboger 898.
Eller 974.
Ellermann 306, 444.
Elliot 4, 820, 988.
Elsaesser 728.
Eisberg 287.
Elsemann 947.
Eisner 644, 748.
Elter 390.
Eltester 896.
Eloy 223.
Ely 1142, 1214.
Emanuel 735, 1065.
d'Emery-Desbrousses 335.
^mile-Weil 211, 241.
und Clerc 923.
Enderton 928.
Engel 153.
Engelken 9.
Engelmann 1331.
Engels 317.
English 703, 1028, 1029,
1133.
Engstier 344.
Enz 348.
Epstein 1247.
Erb 491, 1066.
Erbslöh 1184.
Erdbeim 364, 474.
Erdmann 1090.
Ernst 81, 944.
Ertzbischoff 952.
Esau 922.
Escat 223. 356, 977, 1129.
Eschweiler 91, 99, 406, 1854.
Esmarch 212, 414, 864.
Esmonet 763, 971, 1052, 1060
d'Este 493, 911, 1188.
Estländer 458.
Estor 62.
Etcbeverry 971.
Etienne 223.
Etterlen 322.
Eulenburg 484.
Eustis 822.
Evans 472.
— und Fowler 1023.
Eve 630, 655.
Eyerhardt 1210.
Eversbusch 385.
Ewald 598, 641, 748, 829, 855,
905, 1154, 1173.
Ewart 213.
Exner 523, 1268.
Eynard 1131.
F.
Fabrini 1116.
Fabris 1327.
del Fabro 947.
Fagge 825.
Fairlie-Glarke 1150.
Faisant 479, 811, 1210.
Falcone 454.
Falta 402.
Faltz 935.
Fantino 634, 1296.
Farabeuf 205, 1037.
Farlow 424.
Farmer 73.
— Moore 81.
Faroy 609.
Fasano 728.
Fasoli 294. 1327.
Fasquell 1229.
Faure 15, 200, 228, 408, 437,
457, 501, 757, 769.
Favre 110, 194, 340.
Faysse 862.
Fedele 871, 1328.
Federmann 807, 921, 1229.
Fedoroff 4, 19.
Fehre 304, 827.
Feilke 369.
Fein 408, 441, 444, 491, 516.
Feinberg 73.
Feindel 491.
Feiss 1233, 1247, 1283.
Feldmann 310.
Felix 444.
F^lizet 265.
Fenwick 957. 964.
F6r6 8«8, 1039.
— und Perrin 1135. *
Fergusson 441, 623.
Fermi 1324.
Fernet 559.
Ferran 168.
Ferrand 1293.
Ferranini 156, 203, 982, 984,
988, 1329.
Ferraton 1214.
Ferrier 276.
Fertig 669.
Fessler 251.
F6vrier 740,
Fichera 1039.
Ficbtner 810.
Ficker 623, 765, 1362.
Filhouleau 278.
Filliatre 43, 1061, 1064.
— et Cornil 550.
Finder 4, 527.
Finger 1122.
Fink 908, 912, 930, 1192.
Finner 725.
Finney 638, 654, 656, 657, 658,
676, 691, 694.
Finsterer 1030.
Finsen 93, 104, 105.
Fioravanti 1307.
Fiore 995.
Fiorentini 322.
FioreUi 983.
Fiori 206, 1118, 1307.
Fisch 160.
Fischer 35, 223, 310, 370, 510,
577, 587, 704, 1006, 1007,
1199, 1298, 1349.
— Defoy 1108.
Fischl 488.
Fitz 1250.
v. Fizeren 687,
Flaissier 894.
FlaUu 246, 360, 832.
Fleiner 688.
Fleischauer 1206.
Fieischhut 587.
Fleischl 968.
Flesch 337.
Fleizner 193.
Flick 835, 1023, 1179.
Flint 1216, 1217.
Flagel 858.
Flügge 159.
Fochessati 1224, 1290.
Foederl 320, 1024.
Foesterling 803.
FoUy 830.
Fontoynont 920, 1200.
Forbes-Ross 78, 304, 747.
Forcart 723, 730, 735, 739,
740, 743, 745, 747, 749, 756,
757. 761, 821, 823, 824, 825,
826.
de Forest Willard 1238
Ford 65.
Fordyce 104.
Forgue 850, 668.
Forselles 366, 406.
Forssner 223 .
Försteriing 425.
Fortescue-Brickdale 935.
Förtner 269.
Foulerton 1066.
Fourneau 39.
Foveau de Gourmelles 1293.
Fowler 658, 841, 1100, 1230.
Fox 1297.
Fraikin 1250.
Frao^ais 115, 1031.
Francini 685, 1329.
Kranck 213, 1129.
Frank 200, 395, 516, 523, 599,
603, 666, 891, 952, 967, 1086,
1103, 1222, 1255. 1363.
Franke 58, 113,311,573, 1293.
Fränkel 86, 193, 194, 203, 292,
310, 359, 411, 412, 582, 603,
606, 658. 1113, 1187.
— Weichselbaum 1214.
Frankenberger 472. 532.
Frankenburger 858.
Fraeklm 1268, 1860.
Franquö 671, 1192.
1372
Jahresbericht für Chirurgie.
Franze 601, 1268.
Frascella 514.
Frattin 428.
Frattini 1328.
FraubaDS 668.
Frauen thal äOl.
Frederic 87.
Frederici 398, 555.
Fredet 769.
Freer 408.
Fremmert 431.
Frendenberg 1083.
Freudenthal 355.
Freund 35, 189, 314, 623, 859,
866, 1289, 1292.
Frey 364, 1009.
Freyer 1082, 1086, 1091, 1093,
1095, 1106, 1119.
Freymuth 172.
Friedberger-Oettinger 322.
Friedenwald 623.
Friedheim 265, 782.
Friedinger 975.
Friedländer 217, 443, 555.
Fridon 1171.
Friedheim 1249.
Friedlein 486.
Friedmann 136, 152, 504.
Friedrich 51, 52, 59, 310, 326,
358. 362, 447, 448, 575, 721,
840, 842, 949.
Friolet 995.
V. Frisch 1039.
Frischauer 246.
Fritech 1129.
Froelich 304, 1175, 1354.
Fröhlich 938.
Froia 562.
Fromm 482.
Fuchs 375, 703, 941, 1285.
Fuchsig 759.
Fujet 459.
Fuld 85, 642.
Füller 296. 745, 958, 1088,
1093, 1109.
Funccius 975.
Funkenstein 746.
Le For 952, 1074, 1109, 1129.
FOrbringer 65, 317, 319, 990.
Füret 249.
Fürst 753.
Fürth 326, 1047.
Füster 45.
Fuster u. GoUewski 900.
Futcher 955.
Füth 183.
Futterer 431.
G.
Gabourd 484, 1138, 1170.
Gackowski 1004.
de Gaetano 217, 1199, 1329.
Gage 558.
Gager 1268.
Gaigaerot 861.
Gaillard 557, 1222.
Galeazzt 1191.
Galeotti 248, 475, 476, 500.
Galesescu und Gradinescu 824,
931.
Galezowski 370.
Galian 601, 1045, 1150.
Galliro 735.
GaUiValerio 189, 193, 322.
Gailois 76, 561.
Galzin 1211.
Gangitano 539, 558, 819.
Gangolphe 281, 458, 760, 1175.
Gapuano 1215, 1225.
Gardini 623, 1030, 1114.
Gardner 4, 441, 977.
Garel 512, 517.
Gargar 964.
de Garmo 880.
Garnier 354, 469, 610.
Garrö 163, 212, 214, 298, 330,
363, 490, 569, 631, 814, 877,
909, 1220.
Garrod 968.
Gärtner 598.
Gasparini 1193.
Gassmann 238.
Gaston 127, 189, 1052.
Gatti 983, 984, 1066. 1114.
Gaucher 111. 424, 925, 1268.
— et Millian 1136.
Gaudiani 940, 984.
Gaudier 400, 1161, 1173, 1209.
Gaugeie 304, 1218.
Gaugerot 567.
Gauiejac 232.
Gaultier 310, 717, 853, 975.
Gaupp 1293.
Gauss 30.
Gaussel 350, 760.
Gauthier 299, 405, 659, 697,
858, 899, 1201.
Gayalas 1009.
Gavani 1186, 1150.
Gayard 490.
Gayet 215, 283. 427, 659, 767.
Gebele 257, 258, 265.
Gefe 995.
Geich 11163.
Geigel 1268.
Geipel 995, 1268.
Gelmsky 1187, 1280.
Geliert 1352.
Gelpke 298, 660, 938, 984.
Gemuseus 36.
Genevois 114.
Genewein 975.
Gensoui 441.
Gentil 984.
Gentzen 985.
Göraud 1122.
Gerber 99, 245, 273, 408, 454,
1293
Gergö 319, 346, 407, 827, 842,
985, 1352.
Gergö 76, 89, 90, 183, 331,
356, 434, 449, 454, 495. 512.
521, 537, 544, 668, 670, 699,
745, 787, 816. 881, 887, 896,
975, 976, 1029, 1030, 1068,
1073, 1142, 1148, 1252.
I Gerhardt 577.
Gerson 1150.
I Gersuny 544, 854, 865, 1021.
I 1056, 1057.
' Gervais 131, 419.
! Gerwin 800.
de G^ry 562.
Gessner 226, 578, 1189, 1194.
Gesualdo Costa 891.
Getzowa 481.
Ghedini 127, 727, 880.
Ghillini 1142. 1161, 1175.
Ghiulamila 1170, 1215.
Ghon und Sachs 841.
Giacomelli 685, 851.
Giani, R. 20, 24, 30, 34, 37,
96, 115, 116, 180, 185, 204,
206, 216, 217, 221, 222, 228,
238, 240, 294, 299, 349, 354,
359, 365, 413, 415, 416, 42»,
454, 470, 471, 472. 477, 494,
497, 500, 514, 518, 527, 539.
540, 548, 549, 552, 554, 610,
635, 672, 688, 693, 709, 7 IS.
720, 722, 727, 733, 734, 737,
752. 764, 766, 791, 796, 798,
816, 817, 818, 820, 822. 827.
836, 851, 852, 868, 869, 871.
876, 877, 879, 880, 882, 886,
891, 896, 900, 902, 903, 904,
911, 915, 929, 931, 940, 943,
952, 958. 969, 972, 974. 978.
979, 981. 983, 984, 986, 987,
990. 992, 994, 998. 1018,
1019, 1026, 1035, 1051. 1080,
1112, 1124, 1132, 1138, 1140.
1151,1157,1165, 1167,1172.
1191, 1197, 1198, 1201, 1202,
1206, 1208, 1224, 1225, 1260.
1288, 1290, 1296, 1801, 1305.
1317, 1345.
Giannettasio 941.
Gibbon 808, 1194.
GibelU 470. 1380.
Gibson 229, 647, 953, 1009,
1109.
Giemsa 192, 193.
Gierke 1004, 1U25.
Giese 953.
Giesel 396.
van Gieson 433.
Gigli 389, 1192.
Gilbert 567, 895.
— und Foumier 924, 926.
— et Lereboullet 865, 923, 925.
Giles 1297.
Gilg 606.
Giliespice 911.
Gilruth 186.
Ginsberg 370, 877.
Giordano 766, 962, 988, 1084.
Girard 623.
Girgolaw 555.
Giulaceo 932.
Giuliani 663, 975, 1330.
Glas 433, 441.
Glaser 908, 964.
Glässner 642, 715.
Gleimer 1291.
Aatoren-Register.
1373
Gl^nard 718, 766, 941.
Glimm 121, 288, 1291.
Glisson 773.
Glack 249, 357, 581, 686.
Glflck 189.
Glflcksmann 507, 1268.
Glyarzshtein 1047.
Glynn 362.
Gmelin 568.
Göbell 529.
Gocht 1154, 1168.
— Lossen 1157.
Godlee 431, 555.
Godlewski nnd Martin 830.
Goebel 35, 43, 77, 78, 479,
1304.
Goelet 943.
Goerdeler 133.
Goff 129.
Golaz 605.
Goldflam 567, 1010, 1285.
Goldmann 198, 217, 355.
Goldner 871.
Goldscheider 332, 1293.
Goldscbmidt 632, 684, 715.
Goldstein 469.
Goldwaith 1237.
Goldzieber 378.
Göllner 482, 1177.
Golowin 384.
GolU 855.
GOmöry 899.
GondescQ 1006.
Gonzalez Tanago 949.
Good 590, 592.
Goodall 466.
Gordan und Wright 914.
Gordon 310, 664.
- Buk 1225.
GOrls 473.
Gösch 972.
GöBchel 844.
Gösset 802.
Gottheil 1268.
Gottstein 505, 531.
Gotzel 967.
Gougerot 109, 445, 522.
Goulej 1090.
Gould 623.
GouUiond 663, 732, 862.
Gourdet 882.
Gourdon 1134, 1159.
GouHet 1254.
Gouteaud 1218, 1220.
Graanboom 763.
Grad 20.
Graefe 382, 391, 516.
— Saemisch 383.
Graf 921.
V. Graff 218.
Graham 107.
Gram 194, 746.
Gramegena 253, 1268.
Granchamp 110.
Grandcl^ment 370, 1141.
Qrandjean 964.
Granger 354.
Graser 316. 667.
Grashey 1278, 1281, 1282.
Grassei 1214.
Grässner 258.
Gratia 150.
Gratschoff 878.
Graupner 233, 604.
Grawitz 1000.
dell Greco 1171.
Greeff 344, 383, 388, 396, 1269.
Greene-Cumston 88iB.
Gregor 1222, 1293.
Grögoire 975.
Gregory 402.
Greig 538.
Grenet 338.
Grenier de Cardenal 452, 975.
Gross 1258.
Griffith 229.
Griffon 78, 558, 1036.
Grinka 247.
Grinker 360.
Grisel 858, 1143, 1254.
Gritti 62.
Gronauer 1164.
Gröndahl 1009.
Gross 18, 238, 279, 444, 733.
Grosse 321, 1257.
Grossmann 365, 646.
Gronssin 1054.
Groves 441, 972.
Gruber 389, 611.
Qrflnbanm 202, 306.
Grünberger 335.
Grüneisen 843.
GrQnenwald 472.
Grunert 266, 864, 392, 620.
Grünfeld 370, 1124.
Grünhagen 1355.
Grunmach 959.
Grttnwald 448.
Grützner 427, 623.
Gubler 552.
Gu^pin 1079.
Guerin 1009.
Gu^viteaa 896.
Guevrini 360, 1330.
Guiard 1009, 1013.
Guibal 616, 880, 899, 960.
Guib^ 424.
Guibert 896.
Guidi 797.
Guillain 812.
Guillaume- Louis 1197.
Guinard 19, 187, 229, 290, 419,
785, 900, 995.
— Koslowski 46.
Guisez 537.
Guissez 354.
Guitera 990, 1020, 1093.
Guizet 521.
Guizetti 1115.
Gullan 65, 86.
Gulland 466.
Gullstrand 898.
Gumprecht 333, 598.
Gundersen 1089.
Gunn 969.
V. Gurbski 1257.
Gurlt 257.
Gurwitsch 385.
Gussenbauer 264, 441, 1030,
1256, 1363.
Gaterbock 1024.
Guthrie 10, 11, 1803.
Gütig 238.
Gutowski 182.
Guttmann 395.
Gutzmann 504.
Guyan 184, 941, 958, 1011,
1028, 1034. 1093.
Guyond 1002.
Guyot 813, 843.
Haag 611.
Haas 390, 849.
Hab 330.
Haberer 288, 495, 628, 712,
726, 798, 802, 883, 892, 1029.
Habs 441, 915, 938, 1161.
Hackenbruch 84, 249.
V. Hacker 514, 653, 657, 662,
666, 1041, 1127, 1223.
— Luecke 666.
Haegler 315.
Haenel 38.
d'Haenens 999, 1027, 1080,
1049, 1050.
Hagen 782, 1158, 1255.
Hagenbach 284, 714, 871, 1353.
HagenThom 370.
Haggard 623.
Haglund 1210.
Hahn 212, 317, 504, 802, 849,
I 869, 1288.
' Hajek 448, 449.
Haim 541, 580, 668, 702, 776.
Hain 229, 811.
Haines 1104.
Halasz 356, 407, 513, 530.
Haibeistadter 106, 1289.
Halbhuber 1081.
Halbron 229, 233.
— und Siegel 821.
Halimbourgh 370.
Hall 283, 535, 753, 1269.
Hall« 842.
Hallion 213, 484, 533.
Hallopeau 101, 110, 189, 1036.
Halsted 5, 89, 657, 879, 1180,
1360.
— und Clark 1048.
Hamburger 209.
Hamdi 647, 888.
Hamilton 1134, 1177.
Hammar 500.
Hammerschlag 935.
Hammock 1237.
Hammond 893.
Hammonic 1041, 1052, 1126.
Hampeln 544, 545.
Hanau 429.
Handley 550.
Hanf 583.
Hanot 587, 895.
— Charcot 926.
1374
Jabresbericlit fQr Chirargie.
Y. Hftnsemann 71, 80, 264, 483,
1025.
Hansen 188, 871.
HansY 658.
O'Hara 1098.
Harbitz 147.
Harbordt 309.
Harbarn 246.
Hardouin 242.
Dare 212, 610.
Haret 1281.
Uaris 985, 999.
Harlan 370.
Hariand 590.
Harmer 522.
Harmon 403.
Harms 1191.
Harper 683.
Harrington 850, 922.
Harris 958, 1103.
Harrison 988, 990, 1075, 1082.
Harston 900.
y. Hart 1042.
Harte 763, 808, 1021, 1255.
HArting 1104, 1156, 1160.
Hartley 463, 485.
Hartmann 370, 448, 449, 629,
668, 675, 704, 732, 745, 857,
963, 999, 1013, 1048, 1083,
1100, IUI.
— Lecdne 761.
Hartwell 739, 857.
Harvey 63.
y. Haselberg 1300.
Hassal 1320.
Hasslaaer 400.
Hastings 354, 1150.
--Hiller 427.
Hatfield 63.
Hathaway 349.
Haudek 1238.
Haag 400.
Haughton 315.
Hanry 11.
Hansmann 803.
Hauser 1017.
Haasson 904.
Hay 409, 1293.
Hayem 705, 711, 926.
— Grause 587.
— und Leyy 924.
Hayne 1062.
Head 121.
Heaton 809.
Hubert 285, 463, 1135.
Hecbt 446, 908.
Hedlund 623.
Hedonin 980.
Hödon 178.
Hegar 732.
Heger 846.
Hegetschweiler 446.
Hegler 164.
Heidenhain 648, 841, 889, 941.
Heile 293, 325, 717, 1269, 1357.
Heim 581.
Heimann 398.
Hein 444.
Heine201,331,384,397,401,1020.
Heineke 37, 1289, 1293.
Heinemann 707.
Heinicke 638.
Heinlein 769, 1004.
Heinricius 310.
Heisrath 394.
Helber 749, 1063.
Helbing 490, 1162, 1163, 1237,
1253.
Helbom 344, 346, 387.
Helferich 334, 436, 506, 854,
904, 1351, 1359.
Heller 339, 915.
Hellin 556.
Helly 239, 636.
Helmbold 278.
Helmholtz 623, 1281.
Uemraeter 636.
Hempel 484.
Henderson 338.
Hendric-Lloyd 332.
Hendrix 1293.
Henke 60, 74, 575, 1319.
— Miodowski 78.
Henle 58, 403, 573, 657, 1256,
1296.
Hennen 1303.
Hennequin 259, 260.
— Loewy 1350.
Hennig 256.
Henrard 1281, 1289.
Henrici 865.
Henriksen 691.
Häraud 202.
Herbert 995.
Herbet 425.
Herbinet 280.
Herbst 935.
y. Herczel 786, 975.
H^resco 48.
-- et Daniölopolu 1043, 1129.
Herescn 48, 950, 956, 958.
yon Herff 5, 81, 319.
Herhold 964.
Hering 450.
Hermann 93, 1056.
Hermes 42, 1023.
Hern 443.
Herou 606.
üerrenschmidt 434.
Herringham und Griffith 985.
Herron 441, 445.
Hertle 738.
Hertzka 905.
Herxheimer 189, 194.
Herz 889, 1293.
Hesekiel 1269.
Hess 386, 444, 889, 975, 1247.
Hess-Dorset 20.
Hesse 614, 1174, 1213, 1283.
Hesserth 182, 947.
Hessing 1193.
Hessmann 1137.
Heubner 295, 607.
Heuser 1138.
Heuss 152.
Heus8ner59, 61, 277, 492, 574,
576, 847, 1070, 1159.
Hevesi 1167.
Hewelke 593.
Heymann 159, 901.
Hichens 182.
G. St-fiilaire 84.
Hildebrand 203, 250, 533, 728.
1098, 1269, 1294, 1300, 1349.
— , Scholz, Wieüng 206.
Hildebrandt 34, 47, 199, 889.
1006, 1148, 1303.
— und Hess 1285.
Hilgermann 1862.
Hill 445, 647, 937.
Hilliard 5.
Hind 705.
Hindman 671.
Hinsberg 366.
Hinterstoisser 685.
Hippel 429, 796.
Hirsch 276, 801, 889, 1144.
1164, 1282, 1288.
Hirschberg 85, 370, 377. 770.
Hirschel 357, 548.
Hirschfeld 289, 246, 1293.
Hirschkron 860.
Hirschler 118.
Hirschsprung 761, 762, 763, 824.
Hirst 465.
Hirt 1025.
Hnätek 334.
Hobritz 1087.
Hocbenegg 474, 519. 531, 843,
854, 1^, 1368.
Hochhaus 492, 905.
Hochheim 394.
Hochsinger 189, 196.
Hock 975.
Hocke 145, 146.
Hodgkin 239, 1290.
Hodgson 76, 928.
Hödlmoser 530, 613.
Hoeftmann 872.
y. Hoen 1297.
Hoennicke 480.
Hoetz 189.
Hofbauer 927.
Hoffa 203, 255, 257, 296, 298,
304, 1159, 1169, 1212, 1217.
1227, 1252, 1279, 1280, 1350.
Hoffmann 80, 183, 191, 192,
193, 194, 195, 196, 224, 535.
563, 606, 635, 1010, 1040,
1198, 1293.
— La Roche 605.
Hofmann 164, 854, 855, 864,
1018, 1226.
Hofmeister 279, 696.
Hogge 1122.
Hohlfeld 280.
Höhne 609.
Holdheim 172.
Holding 1269, 1293.
Holger-Trautne 303.
Holland 1284.
Holunder 49, 98, 105, 212.
891 1193.
Holmes 306*, 596, 1070.
Holobut 206.
Holst 1004.
Holth 392.
Auioren-Re^ster.
1375
Holtzendorff 1299.
Holz 382, 439.
Holzapfel 321.
Holzknechi 624, 1281, 1288,
1293
Holzwartb 1852.
H5nck 247.
Honl 723.
Honneth 406.
HoDsell 370.
van Hook 5, 1104.
HopmanD 196, 580.
Hoppe 624.
Horand 84, 242, 279, 347, 459,
935, 1146.
Horcocks 885.
Home 580.
Homstein 375.
Horaley 359.
Uosemann 74.
Hotya 322.
Hotz 391.
HoughtoD 664.
Houzel 218, 972.
Hovoch 539.
V. HoTorka 276, 1139, 1250,
1252, 1360.
Howard 290, 1297.
— F. HanBell 371.
Howland 546.
Hnbbard 1016.
Hubert 602.
Habscher 1187.
Huchard 19, 1009.
Hack 985.
Hiiet 247.
Haeter 271. 360, 945.
Huggard 179.
Hugier 1146.
Hugaier 441.
Halst 488.
Uumbert and Balzer 1067.
— -Reh 567.
Hampbry 486.
Hunkin 263.
Hanter 280.
Hantington 263, 287, 1187.
Happ 49.
Hartado 1163, 1855.
Hatan 295.
Hatchins 5.
Hatcbinson 196, 254, 459, 749,
902, 927.
Hantinghton and Ebright 763.
Hatoehe 487.
Hynck 1293.
I.
Ibrahim 300, 682, 762.
IdeUohn 1200.
Igelsrad 44.
Ilka 396.
V. lUy^s 985, 996, 1141, 1352.
Imbert 15, 17, 21, 1009, 1058,
1108.
Imbofer 441.
Immelmann 1212, 1280, 1288,
1288.
Iropens 38.
Ingals 538, 582.
Inge 800, 801.
Ingianni 1156, 1198.
Isaja 323, 324.
lachreyt 871, 377.
Isoh-Wall 71.
Isnardi 62, 97.
Israel 27, 71, 72, 80, 207. 229,
309, 780, 825, 945, 948, 963,
964, 966, 988, 1000, 1004, 1 195.
— Hahn 415.
lesakowitsch 152.
Ito 661, 1173.
Ivens 505.
J.
Jaboalay 73, 363, 405. 552,
657, 659, 661, 697, 710, 728,
781, 748, 842, 896, 911.
Agrafe de Jaccoel 1209.
y. Jacksch 1270.
Jackson 527, 1070, 1308.
Jacob 75, 1122.
Jacobelli 1831.
Jacobitz 814.
Jacobson 323, 977.
Jacobstbal 218.
Jacoby 1015.
Jacquin 102.
Jaerbini 1807.
Jaff6 827, 1084, 1088.
J&ger 661, 1239.
Jähningen 668.
Jahr 658.
Jakowsky 593.
Jaksch-Luzet 925.
Jancke 195.
Janet 1074.
Jankaa 1851.
Jansen 332, 448, 1046.
Janvier 419.
Jardini 1261.
Jarre 419.
Jarecky 481.
Javal 1009.
Jaworski 817.
Jeanbran 1140.
— Riebe 1150.
Jeaane 697, 1052.
Jeannel 863.
Jeanseime 1036.
Jedlicka 690.
Jehle 812.
Jellinek 483, 1202.
Jenkel 953.
Jenner 152.
Jensen 74
Jesionek 105, 120. 195.
Jiann 218, 219, 589.
Joacbimsthal 1116, 1156, 1164,
1 34, 1270, 1288.
Jochmann 306, 598, 594.
Jocqs 371.
JoflFroy 354.
Johann 985.
Johnston 116, 370, 871, 850,
1210.
Jomier 568, 610.
Jones 275. 286, 296, 427, 558,
609, 740, 770,
de Jong 150.
Jonnescu 48, 867, 482, 624,
646, 655, 672, 678, 699, 782,
821, 880, 881, 927, 989, 941,
999.
Jooss 1040.
Jopson 763, 812, 1180.
Jordan 947, 1009.
Jores 94.
Joseph 214, 405, 965.
Josias 814.
Jouffray 501.
Jonen 1135, 1171.
Jourdran 1200.
Jonsset 139.
Jndson 1164.
Jugak 441.
Juliani 668.
Julinsberg 108, 104.
Juliidn 1122.
Janker 1822.
Jürgens 171.
Juyara 670.
Juy 948.
Kabel 975.
Eablukotr 185.
Kader 40, 635.
Kaeppelin 1216.
Kaiser 200, 384.
Kahler 1270.
Kaisin 1251.
Kftlble 139.
Kalk 568.
Kallenberger 229, 233.
Kallionzi 1125.
Kalt 371.
Kalienbach 122.
Kammeyer 866, 867.
Kanayel 1150, 1287.
Kanitz 434.
Kantock 499.
Kaposi 412.
Kappeier 658, 664, 691.
Kapsammer 963, 965, 966, 968,
978, 1032.
y. Karas 46.
Karewski 31, 55, 365, 532, 583,
780, 786, 1206, 1207, 1211,
1360.
Kartulis 770.
Kashimura 238.
Kassabian 256, 1284.
Käst 277.
Katholicky 1283.
Katzenstein 5. 207, 208, 219,
598, 1056, 1057, 1125, 1258,
Kaa£fmann 371.
Kaufmann 502, 596, 624, 700,
867. 1017, 1125.
1376
JahreBbericht fllr Ghinu^e.
Rausch 58, 59. 573, 678.
KaveczW 1109.
Keen 198. 847, 408, 1138, 1355.
Eeetley 85, 98, 1057.-
Eeferstein 63.
Kehr 724, 899, 902, 909, 912,
914, 919.
Eehrer 627.
Eeimer 538.
Keith 601.
Eelen 965.
Kelling 57, 59, 61. 83. 570,
573, 574, 576, 581, 633, 634,
676, 829.
Eelly 64, 450, 641. 858, 948.
958, 955, 1018. 1080, 1227.
Eendig 860.
Eendirdjy 47.
Eennedy 98. 247, 294, 350,
866, 865, 945.
Eenyeres 1270.
Eeppler 844, 401.
Eermogant 1045.
Eerner 810.
Eetch 1236.
Eeydel 965.
Eeyes 1129.
Ehan 1062.
▼. Ehautz 1180.
Eiefer 252.
Eienböck 1270, 1292.
Eieseritzky 182.
Eijewski 578, 583.
Eiiiani 1351.
Eillian 355, 407, 488, 448, 586,
577
Eilma 196.
Eilmer 828.
EilviDgton 244.
Eime 805.
Elnaman 58.
Eindt 830.
Eingbom 157.
Eiomenoglon-Y. Gabe 189, 198,
195.
V. Eirchbaner 123.
Eirchmayr 421.
Eirchner 78, 896, 1182, 1188.
Eirmisson 289, 517, 868, 889,
1199, 1222, 1286, 1258.
Eirsch 209.
Eirscbbaum 682.
Eirechner 1864.
Eirstein 445.
Eisch 1038.
Eitasato 159.
Elapp 270. 292, 829, 1084,
1157, 1248, 1249, 1283.
Elar 1168.
Elauber 728, 1295, 1296, 1358.
Elaussner 1148, 1860.
Elein 812, 574.
Eleinknecht 667.
Elemm 311, 773, 777, 846.
Elemperer 165, 899.
Elinger 1059.
ElingmüUer 106, 1270.
Elotz 965.
Elumpke 1229.
Enaggs 884.
Enapp 361, 379, 888, 639.
Enienem 1139.
Enight 492.
EnOdler 219.
Enox 1148.
Eob 529, 1178.
Eobert 63.
Eöbner 122.
Eoch 131. 152, 162, 167, 168,
169, 170, 171, 176, 177, 321,
718, 1122, 1187, 1304.
Eocher 89, 163. 184, 858, 424.
441, 466, 470, 483, 484, 491,
493, 553, 631, 684, 649, 654.
657, 662, 872, 876, 913, 1148,
1162, 1172.
Eochmann 81.
Eock 965, 1086.
Eockel 965.
Eoder 5.
Eohl 256. 1281.
Eöhl 881.
Eobler 406.
Eöhler 157, 1186, 1207, 1288,
1299.
— und Herxheimer 1291.
Eoiucbaroff 347, 842, 910.
Eokoris 748.
Eolb 71.
Eoliscber 965, 1122.
EOlliker 243, 293, 803, 1161.
Eönig 59, 163, 263, 278, 805,
843, 348. 426, 441, 570, 574,
627, 800, 898, 1124, 1351.
Eöllner 5.
Eönigstein 18.
Eonrädi 888.
E5per 270.
Eopits 1251.
EOppen 844.
Eoranyi 940, 967.
Eorff 26.
Eörner 122, 399. 409.
Eornfeld 406, 1009.
Eörte 581. 582, 653, 772, 780,
784, 791, 792, 793, 829, 830,
1176.
Eosinski 578.
Eossei 149, 150, 152.
Eostanecki 495, 501.
Eöster 886.
Eottmann 605.
Eowalewski 371.
Eowalk 1297.
Eraemer 168.
Eraft 799, 1276.
— Wiesner 1276.
Eramer 518, 910.
Eranepabl 309.
V. Erannhals 891.
Erantz 189, 611.
Eraske 60. 575, 855.
Erasser 588.
Eraus 5. 192, 195, 202, 395, 1293.
— Ereissl 838.
Erause 251, 343, 348, 358, 860,
420, 448, 868, 917. 1233,
1293, 1351, 1362.
Erauss 1862.
Eraat 192.
Erawkoff 19.
Erecke 1852.
Erefting 197.
Krehi 1298.
Erems 522.
Eress et Ockynczie 741.
Eretley 630.
Eretscbmann 399, 447.
Ereuter 680, 734.
Erlin 1855.
Eroeroer 30.
Erogius 845. 797, 799. 841,
971.
Erohne 612.
Eroiss 429.
Eromayer 125.
Eronacher 321.
Eronecker 617.
Eronenberg- 532.
Eroner 1176, 1256.
Erönig 1295, 1296.
Erönlein 60, 250, 846, 883, 887,
576, 652, 975.
Erotosczyner 1086, 1070.
Eroacbkoll 1298.
Erougiline 21, 22.
Erfiger 288.
Kmmbholz 65.
Erumm 489, 883, 884.
Euhlenkamp 516.
Eubn 110, 529, 886.
EQhn 640.
EQbne 980.
Eahnel 239.
Eubnt 856, 886, 894.
Euknchi 144, 145, 146.
Ealbs 1006.
Eammell 26, 58, 351, 402. 486,
572, 574, 781, 958. 962, 964.
965. 1084, 1108, 1233, 1279.
Eammer 482, 502, 1004.
Eonwald 530.
Eunze 871.
Earpjaweit 309.
Earzmann 5.
Enrzwelly 43.
Euss 624, 1094, 1099, 1100,
1108.
Eüss 828, 850.
Enssmaul 673.
Eflsier 336, 887, 388. 422, 448,
727, 792, 966, 1015, 1086.
1139.
Eatscher 152, 159.
Euttner 804.
EOttner 125, 202, 480, 574, 588,
645, 770, 823, 848, 885, 1279,
1295, 1296, 1802.
Euzmik 976.
Eynoch 905.
Labarre 401.
Labb^ 732.
Labeyrie 281.
Antoren-Begister.
1377
Laborde 112.
Laeapöre 424.
Lacasse 935.
Ladenbarger 60.
Lacombe 178.
Ladkin 247.
Landolt 871.
Laffitte 189.
Laffont 176.
Laffraiiehi 672.
Lafon 877.
LafoDd 94&
Lafon^VillamonU 344, 896.
Lagleyse 371.
Li^ranga 387.
Laignel-Layastina 886.
Lallemand 177.
Lamberger 1364
Lambert 600.
Lamer 985.
Lamoaroaz 1179.
Lampe 941, 1038.
Lancereaox 2dl, 624.
Undan 31, 88, 878, 900, 1060.
Landaner 88.
Landerer 218*
Landeaberg 529.
Landmann 888.
Landolfi 843.
Landoozy 186.
Landow 282, 421.
Landowsky 114.
Landstettiar 1026.
Lane 17, 197.
Lang 120, 215, 548, 1040.
Langdow 418.
Lange 198, 246, 552, 1197,
1249, 1280.
Langemak 429.
T. Langenbeck 441, 865, 1808.
Langendorff 17.
Langer 122, 512.
Langbaos 1884.
Laanelongne 158, 281, 300,
502, 818. 122i.
Lannoia 866.
-'•CUment 5.
Lang470, 484, 1055, 1180, 1282.
de Laperaonna 891.
Lapeyre 729.
LapiDtky 244, 833, 882.
Laplace 865.
Laqaear 98, 801.
Larrab^ 941.
Lasarew 380.
Laaaar 1290.
Lasaoear 189, 193.
Latoucfae 740.
Latour 227.
Latroache 480, 502, 1168.
Laaenstein 212, 1164.
Launois 598.
Lauper 764.
Laurana 587.
Laaschmann 1049.
Lautenschläger 321.
Lavaux 1009.
Laiven 87, 945.
Lawraaon Brown 178
Jahresbericht fOr Chlmrgie 1905.
Lawrenea 441, 848, 1047.
LawBon 178.
Lawson Dodd 459.
Lawson-Täit 865.
Lazaronin 1181.
Lazams
Leadericb 925.
Leber 885.
Lebert 1327.
Leblond 871.
Lebrain 220, 441.
Lebmton 1076, 1111, 1125,
1128, 1131.
Lebmn 298, 1256.
Lecdne 501, 503, 953, 999,
1065, 1132.
Leelere 611.
Ledderhoae 159, 233, 1349.
Lederer 382.
Ledermann 101, 898.
Ledingham 1293.
Ledo 1195.
Leedham-Qreen 317, 848.
Legal 1170. 1192, 1250.
Legg 523, 666.
Legge 186.
Legoud 729.
Legrand 901, 1852.
Legros 82. 1271.
— und Lec^ne 1329.
Legnen 16, 671, 675, 755, 968,
1014, 1059, 1083, 1104, 1110.
— et Chiri^ 1011.
— Pillet 1106.
Lehmann 786.
Lejara 296, 810, 327, 542, 568,
615, 729, 746, 841, 885.
Leiter 654.
Lemaire 972.
Lambert 524, 579, 952, 997,
1018.
Lemoine 561.
Lemon 908.
Lemonnier 432.
Lempp 729.
Lenez 832.
Leniclet 434.
Lenhartz 60, 808, 575, 598, 620.
~ and Kisslmg 1285.
Lennander 691, 840.
Lennan 770.
Lenoble 507.
Lenormant 289, 347, 457, 616,
832
Lenzi*474, 495, 497.
Lenzmann 339, 492, 712, 770,
1293.
Leod 670.
Leenditi 193.
Leonhardt 256, 609, 958, 1271,
1286, 1288, 1293.
Lepage 279.
Läpine 966.
— Porot 247.
Leprince 213.
Lepski 284.
Leray 160.
Lerda 97, 822, 978.
Leredde 188.
Leriche 154, 299, 502, 518, 521,
660, 706, 710.
Lermovez 366, 406.
Leroi des Barrea 282.
Leroj 1000.
Leroux 891.
Leachreff 471.
Leser 881.
Lesicar 479.
Ussenet 985.
Lesser 105. 128, 196. 1154.
Lessing 486, 721, 985, 1124.
Lett 554.
Letalle 75, 180, 568, 728, 806.
Letzterich 104.
▼. Leube 698, 985, 990, 1298.
Lensman 1122.
Levack 1293.
Levan-Barret 1286.
Levassort 872, 882.
Levi 248, 289, 1254.
Levin 371.
Levi-Sirage 925.
LaTT 289, 436.
— Dom 105, 959, 1281, 1286.
Lewandowsky 298.
Lewin 20. 87, 175.
Lewis 406.
Lewtas 1048.
Lexer 250, 357, 1108, 1351.
V. Leiden 73. 523, 587, 74a
— QrSning 54.
Lichtenauer 49, 996.
Lichtenberg 1015, 1041, 1298.
Lichtenstern und Katz 966.
Lichtheim 368, 1298.
Lieber 1271.
Lieberg 605.
LieberkOhn 734, 869, 1323.
van Lier 250.
Lignidre 129, 150.
Lijcklama ä Nijcholt 1146.
Lilienfeld 738, 1149, 1182.
Lilienthal 280, 4U0. 633. 647,
959, 976, 978, 1097, 1207.
Lindemann 185, 900, 1122.
Lindner 618, 847, 926.
- - Schmidt 620.
Lindqviat 513.
Li&dsay Steven 927.
LindstrOm 540, 799.
Linhart 441*
Lininger 878, 1175.
Link 584.
Linser 502.
Lippmann 893.
Lipschatz 192.
Lisfranc 863, 1188.
Lissauer 224, 281.
Lister 307. 326, 1308, 1304,
1368.
Listen 424, 458.
Litlewood 247.
Littaner 1006.
Litten 587, 608.
LitÜe 1159.
Löbker 996.
Löbl 65.
V. Lobmayer 1352.
87
1378
Jahresbericht für Chirurgie.
Lockwood 187, 689.
Loeb 74. »99, 987.
Loeper 156.
Loeeener 1800.
Loeviosohn 806.
Loewe 322.
Laffler 84.
van Loghera 1017, 1088.
Lohnstein 1076.
Loison 247, 618, 1271.
Lombardi 1088.
Lomer 484.
Lommel 1298.
Londau 1271.
Long 492, 1010.
LoDgard 1058.
Longo 726.
Longuet 821.
Longyear 941.
Ldnnqvist 1801.
Looser 279.
Lop 24, 1149.
Loränd 565.
Lorenz 277, 293, 918, 1143,
1157, 1212, 1287.
Lorenzoni 298.
Lorten-Genond 106.
Lortet 275.
Laser 194, 1292.
LoBsen 250, 419, 1298.
Lotheisen 511, 580, 776,
880.
Lotze 848.
Loumaigne 948, 996.
Lonmeau 1092.
Loye-Leitsch 556.
Low 885.
Low 1068.
Löwe 407, 527.
Löwenhardt 945.
Lowett 1236. 1287, 1242.
Lo^rson 1017.
Loze 494.
Lubarsch 141, 239, 509.
Labowaki 312.
Luc 447.
Lucas 959, 1202.
— Championiöre 12, 13, 14,
15, 61, 66, 226. 257, 260,
414, 778. 878, 1141.
LucCaldwell 448, 450.
Luck 945.
Lücke 658, 889, 1020.
Ludloff 863. 864, 921, 1186,
1250, 1283.
Lner 46, 1260.
Lnff 229.
Luke 8, 9.
Lukis 371.
Lumiöre 710.
Lund 690.
Lundblad 874. .
Lundborg 487, 488.
Lusena 471, 487, 1116, 1183.
Lusenis 1068.
Lustig 476.
Lutaud 70.
Lutki 467.
Luvs 964. 963, 965, 995, 1012,
1014, 1028, 1128.
Luzzani 339.
Maass 6, 63, 65, 214, 287, 288,
337, 340, 382,420,486,682,
691, 721, 723, 724, 726, 728,
844. 961. 1021, 1029, 1032,
1091,1103,1158,1171,1228,
1238, 1255, 1290, 1291.
Maberly 836.
Mabit 184.
Macaggi 1807.
Mao Bumey 202, 781, 786. 802,
948.
Mac Callum 487.
Mac Garty 974.
Macconkey 189.
Macdonald 699.
Mac^ 444.
Mac Ewen 1224.
Macewen 398. 786.
Mao Fadyen 139.
Mac Gillavry 462.
Mac Gowan 99.
Mac Graw 655.
Maohol 638.
Mackay 699.
Mac Kee 120.
Mackenrodt 996.
Mackenzie 601.
Mac Kernen 492.
Mac Lennan 1192, 1216.
Mac Leod 93.
Macnaughton 1132.
— Jones 829.
Macri 621.
Madelung 765, 829.
Maeder 1024.
Maerz 372.
Maffei 71.
Maffucci 136.
Magno 546. 113&
Magnus 1162.
Magrassi 878, 1047, 1124.
Mah^ 460.
Mahne 66.
Majenski 818.
Maillard 296.
Maio 1227.
Maisooneuve 441, 1131.
Maixner 898.
Makara 495.
Makins 1209.
Makner 591.
Malafosse 65.
Malapert 1188.
Malcolm 54, 97, 770, 842, 1361.
- Morris 97, 106.
Maläcot 1131.
Malgaigne 414.
Malherhe 24, 81, 210.
Malouvier 948.
Malloizel 431.
Malpighi 928.
Manasse 364.
Manby 119.
Mandel 730.
Manders 1293.
Mangelsdorf 116.
Manges 711.
Manicatide-Gslacheeco 188.
Manley 1172.
Mann 100.
Manne 441.
Manninger 183, 831, 544.
Manson 1218.
von Manteuffel 616.
Maragliano 180, 709, 722. 1271.
1882.
Marassini 1118.
Marburg 1018.
Marc Andrä 405.
Marcarini 1382.
Marchaifl 284.
Marchand 74, 80. 350, 860, 863.
929, 1256, 1384.
— Bonnet 80.
Marchesi 1138.
Marchetti 686, 1907.
Marcond^s 181.
Maroon 812, 1297.
Marcrae 842.
Marcus 122, 201, 608.
Marcuse 125, 809.
Marcy 842.
Maröchal 155.
Maresch 889.
Marfan 444, 768, 922, 925.
Margarucci 714, 1882.
Mariani 132.
Mane 82, 105, 258. 289, 333,
436, 611, 1010, 1017, 1022,
1078, 1261.
Marinel 1249.
Marion 1058.
Mariotti 472. 1333.
Markley 1271.
Markwald 109, 742.
Marmorek 180, 162, 174, 175.
Marsh 804, 487, 1218, 1263.
Marshall 196. 886. 945. 1297.
Martin 25, 33, 64, 219, 263.
404, 447, 458, 845, 905.
Martina 568, 1042.
Martinet 66, 505, 896.
Martini 250. 972, 985, 1307.
Marütts 1357.
Marwedel 666, 1351.
Massa 1288.
Massabuan 350.
Massimi 549.
Massobrio 1271.
Massel 319.
Mastrosimone 942.
Matas 452. 1194.
Mathieu 446, 747.
--Boux 747, 766.
Matinian 281.
Matouoka 705, 1054, 1211.
Matthew 53, 556.
Matti 649, 650.
Mattoli 658, 896.
— Fowler 657.
Matten 1355.
Atttoren-Regiflier.
1379
Mauclaire 845, 1067, 1147,
1168.
Mauges 763.
Maunsell 1010.
Mauran 82.
Maury 665, 725.
Maat« et Daniel 1048.
Maximow 1039.
May 392, 398, 394.
Maydl 1020.
Mayer 310, 504, 592, 624, 718.
Mayet 75, 308.
Maygrier 6.
Maylord 724. 914.
Mayo 658. 690. 720, 724, 725,
756, 844, 888, 913.
— - BobBon 667, 687, 918.
MayoD 872.
Mayrhofer 287.
Mazet 372.
Mc Ardle 664.
Mc Arthur 844, 904, 1048,
1103.
Mc Bamey 655, 688.
Mc Cardie 23.
Mc Caal 1297.
Mc Gay-Thuraton 860.
Mc Gomac 736.
Mc Gosb 841.
Mc GalJagh 398.
Mo GiU 1091, 1096, 1100.
Mc Graw 659, 725.
Mc Kenzie 484.
Mc Kerron 1298.
Mckie 538.
Mc Einnon 1097.
Mc Martry 828.
Mc Neil 403.
Mc Swoeny 283.
Mc Weeney 191.
Meckel 419, 734, 1816.
Medow 397.
Meibom 394.
Meinert 481.
Meinbard Pfaundler 332.
Meisel 60, 575, 793.
— Branner 122.
Meistring 904.
Meixner 474.
Meiler 872.
Mellin 98.
Meltzer 382.
Memmi 900, 916.
Mendel 98, 177, 295, 604.
Mendes 230.
Mön^trier u. Aubertin 901.
Meniöre 401.
Menn 764.
Menne 290.
Menzel 446.
Menzer 128.
Meriggio 180«
Mercier 854.
Merck 27, 46, 52, 98, 111, 112,
180, 195, 605.
Merg 401.
Merge 491.
Merkel 239, 492, 634, 701.
Merminga 359, 389.
van Merris 390.
Mertens 348, 858.
M^ry 289, 598.
Merzbach 1129.
Merzbacher 244.
Messiter 1209.
Metayer 289.
Metcalf n. Safford 996.
MetchnikoffBoux 190.
Metschnikoff 76, 192, 193, 195.
Metzger 770.
Metzlar 576.
Mensel 1853.
Meyer 36, 65. 198, 271, 812,
825, 832, 333, 336, 348. 368,
387, 514, 585, 536. 730, 783,
858, 860, 874, 1087, 1206,
1256.
— Albert 1248
— u. Eisenreich 1298.
— Westfeld 620.
y. Meyer 843, 1203, 1241.
Meyerhof 64.
Meyerowitz 490, 1252.
Mibelli 110, 118.
Michaelis 1025.
V. Michälkovics 670, 1352.
Michauz 260, 457, 995.
Michel 1010.
Micheli 948.
Michels 554.
— und Weber 224.
Michniewicz 1187.
Michon 914, 1026.
Middlesex 550.
Middleton 860.
Mielicki 496.
Mieck 451.
Mielecki 501.
Mignon 201, 280, 857, 890,
1139.
V. Mikulicz 285, 288, 807, 878,
448, 508, 511, 524, 573, 638.
652, 665, 754, 807, 838, 889,
840. 865, 868, 869, 915, 1279,
1840, 1849.
Mildan 533.
Miles 6, 1350.
Milian 1193.
Miikö 699, 896.
Miller 444, 568, 858, 1284.
Milligan 355.
Mills 360.
Milne 80.
Milner 208, 548, 564, 715, 720,
1258.
Milward 914.
Mineryini 94, 1015.
Minelli 860.
Minkowsky 802, 831, 892, 949.
Minor 246, 351.
Mintz 19, 405.
Mirabeau 958.
Minorescn 638, 1006.
Mitchell 186, 681, 686, 699.
Mixa 625.
Miyake 307.
Möbius 239, 439, 482, 484.
Mocquot 539.
Moffais 272.
Mohr 280, 804, 567, 815, 881,
890, 1035.
Mohrmann 676, 784.
Molas 1081.
Moldowan 87.
Molinie 1200.
Möller 131, 142, 150, 152.
Mombarg 1184.
Mondri 727, 766.
Moncany 954, 1038.
BOnckeberg 708, 852.
Monhard9 1194, 1307.
Moniä 1043, 1129.
Monks 720.
Monnier 812, 861, 1153.
Monod 29, 770, 886, 936.
Monro 258, 278, 366.
Monsarrat 996, 1174.
Mont^li 596.
Montenovesi 514, 984, 1118,
1260.
Montgomery 441.
Montprofit 17, 659, 725.
Montserrat 79.
Monnssen 602.
Monzardo 114, 554, 672.
Moore 78, 275, 641.
— Walker 78.
Moorhead '289, 314, 588, 904.
Moosbrugger 806.
Morath 32.
Morau 379.
Moreax 100, 856, 410, 1195.
Morel 6, 849, 602, 616, 813,
1199.
Morelli 1071, 1350.
Morel-Raymond 1028.
Moresco 986.
Morestin 107, 280, 845, 417,
418. 434, 452, 550, 832, 1044,
1137, 1149, 1150, 1198, 1194,
1199.
Moretti 372.
Morgagni 499.
Morgour 990.
Mori 1043, 1333.
Morian 489.
Morickau-Beauchant 1188.
Morison 49, 50, 680, 656, 906,
1150.
Moritz 408, 599, 600.
MorLind 179.
Momac 838.
Moro 557.
Morpurgo 1317.
Morreau 528.
Morris 97, 598, 610, 675, 948,
946, 959, 1290.
Mort 245.
Mortier 1078.
Morton 39, 770, 791, 1201, 1289,
1291.
V. Moschcowitz 820. 383.
Moser 271, 293, 311, 621.
Moses 210.
y. Mosetig 42, 286, 293, 730,
1325.
Mosheim 561.
87*
138Q
Jahresberiebt fttr Chirargie.
Most 208, 492, 1210.
Moukowics 1080, 1898.
Motaia 886, 390.
Motchane 181, 410.
Motj 230, 568, 675, 1211.
Motz 952.
— u. Pereanaas 1077.
Moucany et Delaony 885.
Mouche 704.
Moochet 433, 758, 1161.
Mougend de Sain-Äird 1188.
Monllin 653, 690, 697, 1071.
Monisaet o. Rome 972.
— u. Vallas 892.
Moulin 630. 1179.
Moanier 5'^.
Monre 408, 486, 505, 521, 533.
Mooriqaand 231, 243, 281, 611.
Montier 904.
Moyer 286.
Moyiie 788.
Moynihan 629, 687, 693, 725,
756, 906, 918, 1091.
MoTBsei 936.
Mozoarelli 1046.
Modd 1088.
Mahsam 59, 573.
Muir 240, 1857.
Males 386.
Mflller 8, 11, 25, 83, 35, 52, 212,
249, 273, 315, 325, 327, 843,
348, 385, 390, 400, 444, 548,
549, 570, 691, 718, 721, 726,
729, 781, 734, 747, 748, 750,
752, 753, 760, 761, 762, 805,
819, 820, 822, 827, 829, 880,
846. 906, 920, 1006, 1065,
1071,1157,1167,1234,1251,
1293, 1353.
— König 365.
— Nebelthaa 1296.
— Seidelmann 831.
Malzer 190.
Mamford 1187.
Mammerj 853, 868, 1850.
Manch 418.
Manro 656, 808, 1229.
Monteanu 620, 833.
Marphy 287, 490, 568, 773, 801,
978, 1253, 1284.
Murray 24, 74, 881, 484, 485,
597.
Murrel 66, 190, 568, 597.
Muscatello 752, 856, 1021, 1 172,
1202, 1312.
Mflsch 1277.
Moschold 1300.
Maskat 1167.
Masset 4»3.
Masumecc 615.
Maszkat 534, 589.
Matterer 606.
Mya 625, 763.
Myers 1210, 1227.
Myles 592.
Mynlieff 986.
n.
Naegeli 182, 184.
Nagel 399.
Nakayama 527.
Napefhoff 863.
Narath 652, 897.
Narbut 361.
Nardi 930.
Nason Dann 614.
Nassaaer 960.
Nathan 280, 1286.
Nattan-Larrier 295.
Naa 892.
Nannyn 605, 767, 907.
▼. Navratil 407, 511, 581, 1352.
Neck 582, 673, 921, 1133.
Nedelooft 1353.
Negri 340, 1307.
Negroni 539, 1048, 1142, 1213.
Neild 683.
Neisser 104, 363.
N^Iaton 238, 440, 458, 912,
1030, 1142, 1155.
Nemenoff 1137.
Nenberg 79.
Neuberger 1048.
Neaenbom 6.
Neafeld 152.
Neagebaner 42, 387, 771, 884,
854 882
Neahaas 6i6, 669, 1043, 1053.
Neuhäoser 976.
Nenkirch 182.
Neamann 94, 194, 866, 899,
615, 976, 1131, 1200.
Nenmeister 568.
Nearath 1284.
Newcomet 1293.
Newmann 943, 1131.
Nicholson 850.
Niclot nnd Heayer 986.
Nicol 597, 845.
Nicoladoni 1168.
Nioolan 109, 847.
Nicolas 110, 194, 339, 840,
611, 617.
Nicolic 898.
Nicolich 959, 967, 986, 1017,
1086, 1096, 1272.
Nicolini 1174.
Nicolle 357, 366, 602, 879.
Nicolson 343.
y. Niederbäasem 26.
Niedner 1298.
Niemack 655.
Niessen 195.
Nikolski 759.
Nimier 1150.
Niosi 1833.
Nittis 818.
Nitze 993, 1031.
Nizzoli 1010.
Nobe 1164.
Noble 87.
Noeggeratb 193, 575.
Noesske 861.
Noetzel 7a4, 785, 888, 839.
Noeyer 644.
Nogias 491.
Nognös 952.
Nolot 1214.
Nonne 361.
Nordmann 708, 780, 798.
Nordstrom 298.
Norris 6.
Notes 751.
y. Notthaffl 1073.
Noy^oBserand 242, 880.
Nowaok 240, 399.
Nylander 197, 97a
Oberländer 1079.
Obemdorfer 88, 427.
Oberst 35, 38, 711.
Oberti 1116.
Öchsner 582, 800.
Odier 244.
Oehlecker 1176.
Oebler 155.
Oertel 902.
Oestreich 932.
Oestreicber 1131.
Oettinger 643.
Otterfeld 729, 1010.
Ogstou 1163, 1164.
— Lac 355.
Ohm 544.
Okada 248. 1338.
(Okaniewski 1021.
Oliyer 184, 488.
Ollier 441, 606, 977.
d'ÖUsnitz 517.
Ombredonne 912.
Onodi 356, 448.
Onorato 471, 987, 1885.
Openshaw 277, 1198.
Opitz 948.
Oppel 938.
Oppenheim 156, 198, 861, 1068,
1188, 1200.
Oppler 642, 643, 1885.
Oraison 959.
Orlowski 948.
Ormsby 188.
Orth 71, 78, 80, 135, 848, 936.
Osgood 1289.
Osler 231.
Ossig 1281.
Ostertag 941.
Oswald 482.
Otis 1014.
Otto 757, 930.
Oalmont and Ramont 924.
Owen 85, 231, 862, 428, 1820.
Pacha 349.
Pachino 863.
Paci 1214.
Packard 568.
Paderi 1822.
Padala 1262.
AatoraS'Ragiater.
1381
Paetsold 1228.
Pagensteoher 68, 66, 67, 69,
828, 891, 1022.
Paget 288, 484, 1212.
Painter 296.
Paisseaa 608.
Palacioa 1045.
Pal-Ebstein 927.
Palermo 29.
▼. Paleta 1852.
Pallard 851.
Palma 917.
Paltaiif 192, 472, 610, 1022,
1820.
Pancoast 1298.
Pantaloni 780.
PanÜDff 849.
de Paoii 851, 1262, 1835.
Papanicol 821.
Papi 864.
Pappenheim 924.
Paramore 212.
Park 287.
Paraacondolo 67.
Pardini 875.
Pardoe 954.
Parinaud 890.
Park 860.
Parke 605.
Parker 771.
Parkinson 899.
Parkiason 858.
Parken 469.
Parmentier 810.
Parona 1201.
Parron-Papinian 296.
Parry 1010, 1159.
Paraona 411.
Partach 410, 441.
Paacheflf 872.
Paael 758.
Paaqnier le Fort 1189.
Paaaaggi 827.
Paaaayant 320.
Paasier 782.
Pasaini 809, 716.
PAaaler 482, 488.
Pasaow 855, 399, 716.
Pasteau 821.
Pastear 76, 428, 606, 1804.
Patel 154, 456, 527, 750. 771,
896, 911, 978.
Patel et Daroox 864.
Patella 154.
Pater 481, 568, 902.
Patemo 828.
Pateraon 861.
Paton 973.
Patorki U53.
Patry 1151.
Paachat 819, 782, 742, 748,
987, 1098 1096.
Panl 877, 528.
Paunz 587.
Paase 872.
Paatrier 188, 484, 435.
Pawlow 686.
Payenneville 432.
Payr 60, 881, 400, 441, 568,
575, 696, 712, 759, 761, 767,
774. 1128.
Payr und Martina 892.
Peacocke 240.
Pdan 1022.
Pearaon 817.
P^chäre 954.
Peck 850, 901.
Pederaen 6,. 1180.
Pegler 408.
Pegram
P4bn 202.
— und Gennet 221. 224.
Peiper 876.
Peiser 88, 84, 889, 1066.
Pel 2tiB.
Pelagati 110.
Pellanda 456.
Pellegrini 497, 787.
Pela-Leuaden 112, 278, 954,
1120.
Pentot 741.
Penzo 1067.
Pensoldt 561.
Pepere 902.
P^raire 589, 1148, 1201.
Perard 959.
Peraaai 240, 1179.
Perdrizet 1188.
Peres 786, 787, 980.
P^riganlt 1008.
Perman 212.
Peronne 431, 812.
Perroncito 248.
Perry 286.
Perthes 210, 251, 288, 458, 562,
739, 762, 1139, 1147, 1168,
1272.
Pertz 1265.
Perugia 1272.
Perutz 1080.
Peachel 384.
Peter 409, 1021.
Petersen 78, 79, 633, 705.
Petersen 6, 485.
Petges 1136.
Petit 856, 872, 501, 550, 559,
604, b68.
-, M. G. d'Alfort 741.
PeMn 291.
Petrenz 976.
Petresco 198.
Petroff 1008.
Petmschkv 170, 171, 593.
Pettera 64.
Petry 788.
Peuckert 976.
Peyer 708.
Pezold 1302.
Pfahl 1304.
Pfaler 1272.
Pfalz 872.
Pfann 881.
Pfaundler 684.
Pfeiffer 68. 586, 1285.
Pfltzner 1136.
Pflanz 101.
Pflaamar 249.
Ph4Up 1079.
Philip 180.
Philipowicz 822.
Philipps 1054, 1272.
Philipeon 112.
Phiepa 1186, 1164, 1165.
Piazza 418.
Piccinino 1272.
Pic et Rome 602.
Pichler 431, 1087.
Pick 78, 79, 479, 580, 648,
1038.
Pickardt 645.
Picker 1078.
Picot 814.
Picqn^ 490, 861, 894, 948, 996,
1049, 1066.
Pieper 948.
Plerantoui 959.
Pieria 788.
Piöiy 206, 611.
Pietkiewioz 486, 459.
Pietzner 118.
Pihl 384, 889.
Pilcher 1077, 1092.
Pillicke 198.
PUt 707.
Pilz 217.
Pinatelle 661.
— et RiYiöre 781.
Pinchart 754.
Pineles 470.
Pinkas 240.
Piollet 863.
Piper 246.
Piqnantin 432.
Piquö 61, 854, 1146.
Pirogoff 21, 1189, 1808.
Pirone 719, 846.
Y. Pirquet 145, 146, 147.
Pitrea 490.
Pitt 707.
Placzek 1800.
Plagemann 128a
Plant 443.
— n. Steele 1006.
— Vincent 488, 442. 504.
le Play 284.
Plehn 479.
Plenk 882.
Pletzer 22.
Plitt 878.
Ploeger 194.
Plowriglit 65.
Plummer 518, 748.
Pluyette 281.
Podhoretzky 828.
Poehl-Tarchanoff 1272.
▼an der Peel 1029.
Poenaru 541, 1148.
— Caplescu 87, 48.
Pohlmann 986, 937.
Poiner 201, 245, 414, 419, 486,
755, 998.
— u. d'Antona 1309.
Pois 1298.
Poissonier 849, 518.
Poiacco 1887.
PoU 1015.
1382
Jahresbericht fQr Chinirgie.
Pollack 289, 876.
PoUandt 64, 195.
Pollnow 394.
Pollosson 815.
Pölya 775, 849. 879, 881, 883.
Poncet 75, 154, 183, 200, 201,
297, 299, 582, 609, 625, 663,
781, 1196, 1201, 1211, 1282.
— Lenche 296.
Ponfick 639, 938.
Pons 482, 1175, 1202.
Pooler 65.
Popoff 288.
Poppi 816.
Porri 831.
Port 185. 412.
Porto 766.
Porter 968.
Posadaa 916.
Poener 1000, 1016, 1031, 1042,
1054, 1088.
— a. Rapoport 1074.
Postempski 884.
Potoin 565.
Potel-Dabar-Montennis 64.
Pothörat 201, 250, 251, 348,
850, 419, 420, 760, 844, 846.
Potin 588.
Poad 689.
Poulalion 590.
Poolt 478.
Poapart 874.
Ponsson 954, 988, 990, 1098,
1100, 1108,
Powell 568.
Power 682, 931.
Poynton 804, 856.
Pozzi 746.
Pozzolo 490.
Praetorins 108.
Pravaz 478, 1155.
Preindlsberger 42, 48, 46, 1103.
Preleitner ä.
de Prenderville 7.
Prentschaft 192.
Preiswerk-Cbampret 452.
Presnel 1047.
Preysing 884.
Price 771.
Prieur 748.
Princeteaa 1041, 1185, 1143,
1150, 1165, 1182, 1206.
Pringle 62, 556, 1010.
Priö o. Comas 1286, 1291.
Pritchard 190.
Proust 1089, 1097, 1118.
Provera 117L
Pmtz 1840.
Prym 442, 492.
PugUsi-Allegra 1835.
Pnjat 1087.
Pulley 987.
Pnlvermacher 88.
Pnpovac 1256.
Parpora 625. 1018.
Partscher 875.
Pasateri 416, 1336.
Pascha ig 32.
Pasey-Caldwell 1272.
Patti 1336.
Payhaabert 240, 946, 1146,
1182.
Pnzey 88, 431, 1291.
Pynchon 592.
Qaadrone 1289. .
Qaeirolo 761.
Qa^nu 61, 260, 847, 350, 675,
724, 728, 856, 862, 918, 1197.
Qaercioli 1268.
de Qaervain 168, 466, 469,
619.
Qaeyrat 1045.
Quincke 1285, 1293.
Qaintin 7.
Quinten 214.
Qaodbach 220.
Rabaad 84.
Rabe 950.
Rabino witsch 152.
Rabl 496.
Racoviceana 48, 215.
Raehlmann 372.
Rafin 954, 1015.
Rahmdohr 930.
Rainer 765. 927.
Ramend 115, 858.
Ramsay 385.
Randone 1298.
V. Ranke 584.
Rankin 1298.
Ransohoff 987.
Ransom 882, 833, 386.
Ranson 308.
Ranzi 845, 1188.
Rasch 372.
Rathery 937.
Ran 822.
Rauch 899.
Rauchfnss 1246.
Raachwerser 483.
Raaenbnsch 1280.
Rausch 185.
Rautenbere 361.
Ranenbaech 1088.
Ravant et Darr« 1037.
Ravasini 1096, 1119.
Raye 896.
Raw 150, 810.
Ray 826, 1207.
Raymond 247, 861, 812.
Raynaud 110, 1287.
Razzaboni 1119.
Rebentisch 814, 1098.
Reber 717, 718, 728, 724, 728,
780, 733, 738, 740, 743, 744.
745, 748, 754, 756, 758, 828,
826.
Reboul 289, 741, 948, 1028.
V. Recklingbausen 114, 1242.
Reclas 95, 260, 485, 452, 459,
736, 771, 1049, 1150, 1849.
V. lUcrey 745.
Räczey 668.
Redard 179, 1150.
— Zentler 539.
Redon 1047.
Reerink 1011.
Regnaalt 565.
R^er 771.
Rehn 59, 61, 570, 574, 576.
783, 784, 864, 1082.
Rehns et Salmon 373, 1273.
Reich 209, 243.
Reiche 488.
Reichel 478, 806, 1125, 1163.
Reichelt 689.
Reichmann 361, 377, 625, 645.
Reid 1287.
Reiner 445, 1225, 1241.
Reinfelder 936.
Reinhard 535.
Reis 385.
Keisser 760.
Reitter 224, 847, 954, 973.
Reizenstein 513, 518, 1038.
Remenir 819, 1852.
Remlinger 340.
Remonchamp 980.
Renaalt 1129.
Renant 981, 982, 1009.
Rengghi 930.
Renner 807, 1037.
Ränon 19.
Renton 1100.
— u. Teacher 1211.
Renvers 1289.
Reqae 978.
Respinger 311.
Rethi 448, 528.
Retterer 275, 719.
Reuter 6a
ReuteiskiOld 730, 744, 1176.
Revenstorf 220.
Reverdin 319, 438, 470, 675.
1039, 1068.
Rev 1128.
Reyher 1280.
Reymond 234. 617.
Reyn 98. 106.
Reynier 12, 14, 15, 281, 533.
668, 675, 771. 805.
Reynolds 955.
Rhein 492.
Rheiner 190.
Rhia Barton 1225.
Ribabeau-Domas 982.
Ribas y Ribas 987.
Ribberi; 70, 73, 74, 80. 148,
195, 225, 510, 548, 609, 1007.
1323.
Ricard 12, 16. 28, 713. 1188.
— -Cbevrier 725.
Richards 87, 190, 419, 591,
976.
Richardson 486, 927, 1072.
Richartz 507, 1355.
Richaud 321.
Riche 477, 615, 1141.
Richter 87, 156, 966. 1076.
Ricker 233.
Autoren-Register.
1383
Ricon 1042.
Riedel 218, 473, 661, 689, 732,
801, 848, 915, 1022, 1086,
1150, 1171, 1220.
Rieder 159, 639, 1285, 1288.
Riedinger 540, 1157, 1242,
1284.
Riedl 1288.
Rieffei 244, 1139.
Rie^ner 1033.
Riehl 109.
Riea 7, 452, 859.
Riese 830, 909, 1000, 1353.
Rieseofeld 1273.
Riga 433.
Rigby 885.
Rille 194.
Rimann 1186.
▼. Rindfleisch 270, 708, 1345.
Rindone 1048.
Ringleb 1015.
Risa 613
Risel 901.
RisaxnaDn 996.
Ritachl 3, 48, 63.
Ritter 79, 80, 240, 330, 550,
568, 1283.
Riva Rocci 53, 598.
Rivet 103. 850.
Rivingston 541.
Rizzo 1387.
Rizzoli 414.
Roaf 641.
Robbins 108.
Roberg 431.
Robert 104, 922, 1044, 1143.
Robertson 73, 683.
Robin 129, 234, 602, 861.
Robinsohn 1284.
Robson 86, 627, 771.
Rocaz 767.
Roch 1197.
Rochard 764, 879.
Rocher 299,. 427, 724, 1045,
1058, 1159.
— - Billet 188.
Röchet 996, 1065, 1104. 1105,
1131.
Rodari 626, 722.
Roder 946, 1000.
Rodet 617.
Rodhe 1293.
Rodmann 686, 691, 698.
Roegner 846.
Roger 17, 337, 469.
Roget 355.
Rohmann 322.
Rohmer 373.
Rohrbach 502.
Rohrer 112.
R^ihricht 22.
Roith 26.
Rolaod 1225, 1309.
Rolando 852, 997, 1338.
Rolleston 1139.
— und Attlee 987.
- — Whipham 515.
Rollin 976.
Romann 920.
Romberg 608.
Roma 602.
— et Bombes de Villiers 225.
Römer 7, 1149.
Rommer 70, 80, 145, 210, 319,
385, 771, 1230.
Röna 310, 1125.
Roneali 351, 352, 353, 359,
1310.
Roncayrol 1134.
Röntgen 1288.
ROper 1139.
Röpke 70.
Roque 225, 300.
Rosansky 523.
Röscher 193.
Rose 424, 437, 457, 898.
Rosenbach 88, 303, 412, 976,
1293, 1362.
Rosenberg 7, 626, 731.
Rosen berger 1293.
Rosenfeld 643.
Rosenheim 749, 908.
Rosenkranz 1134.
Rosenstein 955.
Roser 229, 886.
Roskoschny 305, 1169.
Rossi 197, 539, 1191.
Rossiwall 311.
y. Rosthorn 326, 1038.
Rotch 609.
Roth 7, 436, 1149.
— Dräger 13, 15, 21.
Rother 700.
Rothfuchs 21, 894.
Röthlisberger 966.
Rothschild 1074, 1076.
Rottenstein 338, 1139, 1236.
Rotter 27, 60, 183, 220, 575,
778, 792, 863, 1851.
Rouffart 718.
Roughton 360.
Rousseau-Saint-Philippe 284.
Roussy 361.
Rontier 232, 434, 442, 754,
755, 846.
Rouville 757, 813.
— et Martin 686.
Rouvillois 1298.
Ronz 24, 62, 192, 193, 195,
282, 441, 656. 657, 659. 662,
686, 731, 747, 754, 1099.
— de Brignoles 62.
— de Mezimienz 460.
RoTighi 987, 988. 989, 990.
Rovsing 271, 292, 963, 965,
966, 967, 988, 1063, 1082,
1089.
Rowland 608, 1139.
Le Roy des Barres 1195.
Ruault 444.
Rubesch 551.
Rubinato 904.
Rubner 295,
Rubritius 736.
Rückel 373.
Ruckert 267.
Rudauz 906, 1018.
Rnediger 310.
Ruff 56, 57.
Ruffer 990.
Rüge 611, 704.
Ruggi 832, 833, 880, 943, 967,
1051, 1265, 1338.
Ruggle 1091.
Rnmpel 967, 1273.
Rumpf 226.
Rumszewicz-Kieff 373.
Runge 115, 1128.
Rupp 185, 815.
Roppauer 502.
Ruppel 312
Ruprecht 527.
Ruschhaupt 608.
Russ 1143.
Russell 568, 868.
Ruth 49.
Rutberfurd 815, 946.
Rutkowski 664.
Le Rny 307.
Rydygier 46, 1082, 1084.
von Saar 344.
Sabanejeff 1191.
Sabouraud 434.
— Pignot-NoirÄ 1273.
Sachs 192, 386.
Sachsalber 373.
Sadjer 336.
Sahli 210, 640, 717.
SaiUard 431.
SaintJacques 1072.
Salaghi 1234.
Salamon 988.
Salge 718.
Salinari 818, 851, 1308.
Salmon 195.
Salomon 444.
Salus 144.
Salzer-Navaro 880.
Salzwedel 323.
Sampson 997.
Samelson-Eliwansky 556.
Samter 869.
Sandberg 626, 820, 990, 1090.
Sanderson 485.
Sänger 568.
Saniter 828.
Santoro 771.
Santncci 184, 885, 1339.
Sarbach 467.
Saigent 815.
Sarvey 1303.
Sartorari 34.
Sarvonat 682, 683.
Sai-wev 136, 318.
Sasaki 636.
Sassi 186.
Sato 973.
Sattler 380.
Sauer 1179.
Sauerbruch 503, 511, 514, 523,
524, 669.
Savage 445.
ia84
Jahresberielit lllr Ohümrgie.
SaTariAd 231, 241, 668, 698,
741, 748, 890.
Sarvire 161.
a«yy 912.
Sawtchenko 182.
Scadato 1116.
Scagliosi 186, 285.
Scarpa 236.
Scbachner 1072.
Schaefer 1026, 1056.
Schaeffer 817, 361.
Schäfer 399, 1298.
Schaflfer 483, 508.
Schaltock 416.
Scbamberg 118, 1298.
Schaoz 1197, 1248, 1248.
Scbaposchnikoff 608.
Scharogorodsky 936.
Schatz 365, 407.
Schatzky 1273.
Schaudinn 191, 192, 198, 194.
Scheben 090.
Schede 257.
— -Eacbbaain 1190.
Sche£f 460.
Soheidemantel 1007.
Schein 114, 1040, 1273.
ScheinmaDn 449.
Schemel 264.
Scheuermann 269.
Schiaaai 896, 929.
Schick 145, 147. 311.
Schieffer 53, 1293.
Schiele 214, 1150.
Schiff 86, 86.
Schiffer 782.
Schifferdecker 732.
Schiffmann 339.
SchifoDe 23, 1047, 1117, 1889.
Schilling 1015.
Schimmelbuach 821.
Schinzinger 554.
Schirmer 395, 396.
Schjeming 1279.
Schkarin 86.
Schlacht 865.
Schlagenhaufer 1384.
Scblagintweit 846, 1284.
Schlange 583, 803.
Sehlatter 1180, 1210.
Schlee 212, 1252.
Schleich 9, 31, 34, 478, 585,
654, 978.
Schleip u. Hildebrandt 1298.
Schlesinger 284, 285. 1099,
1160, 1355.
Scblie 514.
Schliffer 696.
Schlit8ky.532.
Schloffer 58» 323, 572, 760.
▼. Schmarda 851.
Schmey 617.
Schmid 976.
Schmidlecbner 123.
Schmidt 88, 78, 84, 568, 619,
640, 642, 643, 680, 701. 716,
763, 080, 945, 946, 990, 1074,
1130, 1245, 1273, 128d, 1298,
1300.
Schmieden 269, 966, 1081.
Scbmiegelow 367.
Schmincke 82, 128.
Schmitt 788.
Schmitz 944.
Schmorl 284, 908, 1020, 1025.
Schnabel 1241.
Schneider 518.
Schneiderlin 1195.
SchniUler 723, 843, 908.
Schniz 515.
Schoemann 844.
Scholtz 322, 449.
Scholz 357, 876, 549.
Schönbom 285.
Schönebeck 490.
SchöQberr 878.
Schopf 9.
Schottmaller 310.
Schreiber 522, 990, 1862.
Schreyer 504.
Scbridde 209, 510.
Schröder 558, 845.
V. Schroen 152.
Schroeter 1132.
V. Schrötter 241, 406, 522, 580,
537, 608.
Schnchardt 279.
Schahmacber 946.
Schaller 78, 158, 300, 848, 955,
969, 1277, 1285.
Scbulthess 1244, 1850.
Schultz 229.
Schnitze 243, 662, 716. 1148,
1152, 1164.
Schulz 270, 555, 1010, 1269.
Schulze 190.
Schahmann 1284.
Sohnmborg 907.
Scbaaslor 632.
Schutz 749, 766.
Schatze 1298.
Scbwalbaoh 860.
Schwalbe 227, 508.
Schwalm 1808.
Schwartz 289, 414, 478, 1143,
1174, 1181.
Schwarz 235, 822, 558, 626,
635, 1194.
Schwanbach 874.
Schwarzenbach 813.
Schwarzkopf 800.
Schwedenberg 241.
Schweinburg 1298.
Schwyzer 604.
Sciallero 173.
Scimeni 878.
Sclavo 187, 1885.
Scott Garmichael 19.
Scudder 662, 681.
Seaman 1298.
Sears 686.
Sebileau 290. 355, 360, 485,
436, 442, 452, 457.
Secrötan 100.
Sedgwick 688.
Sedille 944.
S^dillot 1189.
Seeihorst 1181.
Seelig 28.
Seeligsobn 89.
Seggel 298.
Sellbeim 997.
Senator 106.
Segard 885.
Segond 250, 419.
Sefart 465.
Seidel 440.
Seitz 818, 1210.
Seldowitsch 1298.
Selenkoff 421.
Seilei 1123.
Sellenings 879.
Sellheim 1182, 1241.
Semon 528.
Semmelweiss 1804.
Senator 885, 1288.
Sanoert 18, 279, 521.
Sender 1179.
S^nöchal 284.
Senn 452, 456, 568, 669, 1143,
1178, 1207.
Senni 795, 917.
Serda 470.
Seranin 910.
Sergent 158.
Serralach 1022.
Settegast 1282.
Setd 552.
Settcert 733.
Severeanu 348, 786, 827, 8SS.
1291.
Severino 1200.
Sevestre 279.
Seydel 848, 1297, 12d8, 1800.
1802, 1804.
Seyffert 446.
Sfameni 1835.
Sharpless 268.
Shattock 486.
Shattuck 1128.
Shaw 1047.
— Maokenzie 74.
Sheen 232. 879.
Sheild 558.
Sheldon 671, 672.
Sherman 268, 1021, 1158. 1171.
Sherrili 886, 955.
Sherrington 11, 17.
Shevin^ton 826.
Shiba 879.
Shielda 1355.
Shoemaker 87.
Sharly 592.
Sicurd 480, 771.
Sick 114, 245, 880. 771. 95».
Sicuriani 976, 1015.
Siebenmann 401, 449, 512.
Sieber 307, 973.
Siebert 549.
Siebs 1282.
Siegel 191, 195, 241,610,813.
— -DeTal et Marie 610.
Siegenbeck van Henkelom 784.
Siegert 284.
Siegfried 52.
Siffre 25.
Siglio 716.
Antorra-Ragi&ter.
1389
Sikeneyer 84.
Sikora 8S2.
Silbergleit 148.
Silbermark 42, 686, 780.
SilbenteiD 545, 1214.
Silez 895.
Sill 481.
Similew 997.
Simmonda 187, 861, 584, 552,
928.
Simon 684, 720, 767, 818, 819,
997, 1172.
Simonelli 191, 194.
Simpson 758.
Sim Wallace 406.
Sinclair 87.
— White 168.
Sinding-Larsen 1217.
Singer 748, 804, 908.
Sjövau 609.
Sipber 704.
Sippel 948.
Siato 1841.
Sittmann 593.
Sjögren 1291, 1292.
Skoda 556.
Slade 907.
Slajmer 875.
Slatineanu 107, 981.
Sliwinski 64.
Small 858.
Smart 959.
Smith 408, 465, 474, 485, 771,
861, 914. 1326.
Smnrtbwaite 401, 408.
Sn^aereff 782.
Snellen 890, 394.
Snvder 873.
Sobemheim 194.
Socin 472.
— Bnrckhardt 1081.
Söderbaum 815, 803.
Sofer 160.
Sokolow 181.
Sollen 969.
Solinary 885.
Solia-Cohen 591.
Sommer 578.
Sommerville 1198.
Sondaz 246.
Sondermann 400, 406.
Sondern 1000.
Sonnenberg 1855.
Sonnenbarg 47, 68, 219, 227,
780, 785, 1038, 1288.
Sorel 991.
Sorgente 1026.
Sorgo 580, 581.
Sorrentino 110.
Sosainka 246.
Sotiriadte 839.
Sonbbotine 810.
Sonli^ 184, 235, 847, 932.
Sonligouz 868, 1059.
— n. Goaget 978.
Sourdilles 859.
Soatham 818.
Sowinaki 191.
Sowoboda 110
Sowton 11, 17.
Spadacci 948.
Spadaro 247, 818.
Spalteholz 1351.
Spandri 1058.
Speck 159.
Spieffler 882.
Spieler 142.
Spitzer 192, 197, 1125.
Spitzky 1188.
SpitzmfiUer 254.
Spitzy 249, 1154, 1245.
Spivac 679.
Sprailing 860.
Sprengel 794, 1146, 1164.
Springer 899, 442, 1289.
Spronk 1187.
Sqaier 1098.
Srdinko 1015.
SBawin 524.
V. Stabel 1064.
Stochelin 198.
V. Stacker 692.
Stackes 865.
Stadler 209.
Stainforth 100.
Stanley-Parkinson 157.
Stanton 1010.
Starck 600.
Stark 511. 519, 520.
Stanbli 814.
Stedroann 373.
Steele 556.
Steensma 967.
Stegmann 98, 418, 478, 485,
1080, 1293.
Stein 484, 1364.
Steinbachel 54, 55, 948.
Steiner 88, 976, 1298, 1852.
Steinhaaa 861.
Steinbeiroer 901.
y. Steinbachel 80.
Steinmann 1058, 1280.
Steinsberg 226.
Steinthal 553, 659, 696, 726,
938
Stellwag 382.
Stembo 1292.
Steubeck 960, 1274.
Stenger 348, 505.
Stenner 191.
Stephanie 174.
Stephenson 186.
Stern 199, 583, 588, 606, 945,
949, 991, 1099.
Sternberg 50, 51, 81, 584, 1065.
Stendel 1203.
Steven 568, 704, 928.
Stewart 178, 248, 848, 944, 990,
1063. 1209.
Steyrer 968.
Stich 214, 215, 830, 1212, 1226.
Sticker 83.
Stieda 275, 348, 909, 958,
1041, 1186, 1280, 1V'81.
Stiffler 545.
Still 680, 684.
Stiller 908.
Stinelli 556, 569.
Stinson 1123.
Stintzing 108, 383.
Stockam 1801.
Stimimann 763.
Stoeckel 1024.
StoeclLlin 444.
Stoeltzner 274.
Stoerk 1025.
Stolanoff 87, 48, 107, 126, 181,
218, 219, 283, 845, 862, 367,
541, 601, 619, 620, 646, 655,
670, 881, 842, 881, 910, 927.
981. 940, 991, 1045, 1151,
1170,1174,1181,1228,1291.
Stokes 424, 441. 848.
— Hutton 1868.
Stöltzner 991.
Stolz 45.
Stone 556.
Stoney 888, 816, 910.
Stoos 444.
Storbeck 991.
Stordeor-Verhelat 1018.
Stori 745.
Stotzer 38.
Strandgaard 1068.
Strasser 465, 552.
Str&ter 890, 959, 991, 1285,
1286.
Strauss 199, 748, 750, 967,
1000, 1026, 1032, 1046, 1198,
1207.
Strebel 105.
Stretton 187.
Strichland 928.
Strominger 48, 862, 1088.
Stmbell 448.
▼. Strflmpell 598, 924.
— Pierre-Marie 1288.
y. Stubenrauch 718,
Stuertz 566, 567.
Saarez de Mendosa 517.
Subbotitch 808.
Saess 701.
Saeve 97.
Sagden 66.
Sultan 348, 1238.
Summers 749.
Sttoer 1011.
Sflpfle 191, 194.
Surmont 626.
Sutcliffe 493.
Suter 828, 884, 988, 1184.
Satter 242.
Swain 906.
Swan 968.
Swoboda 87.
Syme 465, 1189.
Symonds 813.
Syms HOL
y. Sziiy 1852.
Szimanowaky 880, 886.
T.
V. Tabora 626. 705.
Taddei 96, 997. 1801.
Tagliakozii 391.
1386
Jahresbericht fOr Chirurgie.
Talke 92, 578.
Talma 847.
Tanasesco 206, 411.
Tandler 734.
Tannen 1195.
Tanten 247.
V. Tappeiner 120, 1200.
Tarda 539.
Tamier 517.
Tamowsky 540.
Tatsajiro Sato 948.
Taaber 344, 345.
Taubert 1060.
Tavel 315.
TawastBtjema 668, 737.
Taylor 361, 373, 664, 815, 862,
874, 1236.
Teacher 187, 480.
Tedenat 1129.
Tedeschi 88.
Teich 373.
Teiilaia 483.
Teissier 85, 156, 300.
Tellier 455.
Tendeloo 955.
Teoon 380, 387.
Terranova 1000.
Terrier 8. 27, 28, 501, 617,
728, 732, 773, 913. -
Terre .906.
Teske 1186.
Tentschländer 1110.
Thaler 1274.
Thalmann 123.
Thanisch 531.
Th^bault 868.
Thädenat 900.
Thelemann 738.
Thellung 421.
Thenen 18.
ThenvcDy 1257.
Theaing 194, 195.
lliöveDot 609, 1175, 1201.
Thiebierge 110, 195.
Thiem 1178.
Thienger 484.
Thiers 490.
Thiersch 35. 62, 69, 97, 98,
287,348,391,392,1139,1192.
Thies 1274.
Thimann 1007.
Thöle 894.
Tboma-Zeias 1330.
Thomas 50, 187, 316, 772, 1096,
1143.
Thomescn und Nestor 824.
Thömmessen 186.
Thompson 10, 65, 585, 1011,
1214.
Thoms 606.
Thomson 22. 76, 356, 439, 443,
465, 527, 535, 1222.
— Miles 1350.
Thomdike 960, 1080, 1237.
Thomwaldt 449.
Thost 537.
Thumin 936.
Thure-Brandt 854, 863.
Thumeyssen 14, 15.
Thurston 226, 362.
Tiberti 333.
Tibbles 1011.
Tichow 1253.
Tiegel 543, 563, 579.
Tietze 427, 722.
Tiflfany, Flavel 373.
Tillaux 1049, 1349.
Tilley 409.
Tiliier 663.
Tillmanns 215, 784.
Tilmann 47.
Tilton 861. 894.
Tinker 1091.
Tischer 80.
Tissot 13.
Titow 611.
Tixier 458. 756, 767, 1127.
Tizzoni 248, 333.
Tockel 680.
Le Tohir 235.
Tollemer 618.
Tollkahn 311.
Tomaszewski 194, 197, 1058.
Tomellini 845.
Tooth 253, 356.
Torkel 734.
de la Torre 1855.
Toni 1842.
Toubert 16.
Toujan 1007.
Toupet-Lebret 186.
Tonrnades 1118.
Tourneault 750.
Tourtoulio Bev 188.
Toussaint 1198.
Traube 610.
Trautmaun 183.
Trelat 438.
Tr^molieres 597, 626, 741.
Trendelenburg 58, 60, 1 17, 284,
236, 314, 572. 575, 576, 619,
629, 738, 1013. 1156, 1178,
1195, 1238. 1296.
Trenwith 1123.
Tren 383.
Trevelyan 863.
Treves 809, 810. 944.
Trevisan 220.
Tricomi 766, 895.
Tridon 373. 1134.
Trinci 1138.
Troiani 882.
Trommer 978.
TrouUienr 437.
Tronsseau 394, 707.
TrouvÄ 1028.
Trudeau 168.
Truffi 110.
Trunezek 83.
Tsakyroglous 404.
Tschistjakow 373.
Tschmarke 1172.
Tschudy 723.
Tsutsuroi 249.
Tubby 202, 1168, 1232.
— Jones 1855.
Tuffier 8, 15, 16, 31, 32, 44,
84, 261, 343^ 413, 414, 492,
675, 697. 852, 857, 913, 939.
988, 1013, 1104, 1281.
— und Haret 1292.
Turban 129, 158.
Turck 67K
Turinis 62.
Türk 607.
Turner 200, 355. 356, 406, 656.
; 755, 1162, 1187, 1192.
Tasioi 1050. 1344.
Tweedy 317.
Twichell 153.
Tyrmann 899.
Tyson 772.
U.
überth 974.
Uchermann 365.
Uffenheimer 439, 843.
l3£Fenorde 399.
Uhthoff 374, 382, 404.
UUmanu 1011, 1061.
Dmachigi 832.
Umher 608. 620, 635, 928.
Unger 1038.
Unna 73, 102. 108, 404.
— Tänzer 1387.
Unterberger 221, 844.
Urban 1229.
Urbantschitsch 365.
d'Urso 918.
Uteau 936, 1011, 1012.
V.
Vaccari 518.
Vaciori 1007,
Vagedes 152.
Vaie 1014.
Valenti 340, 1136.
Valerio 1344.
Yallar 697.
Vallas 498, 662, 668, 772. 923.
— Leriche 846.
Vannucci 890.
Vaquez 236.
Variol 197.
Vasilin 1151.
Yassale 471, 477.
Vater 724.
Yatter 833.
Vaudin 732.
Vaughan 998.
Vanghu 723.
Vauvert 772.
de Vecchi 903, 976, 978.
della Vedova 687, 968, 1845.
van der Veer 1002.
Vegas 185.
van de Velde 1192.
Venot 1194.
Verdelet-Pareau 900.
V. Vereb^ly 745.
Vergely 1184.
Verhoogen 296, 1084, 1089.
Verneuil 163.
Antoren-Register.
1387
Yernon Harconrt 12.
Teaal 1187.
del Vesco 882.
Veter 762.
Veyrassat 95, 827, 1200.
Yianney 236.
Vidal 104, 274. 286, 991.
Vid^ky 878.
Yigliani 852.
Vigliardi 875.
Yignard 248. 281, 1144.
Yigonroaz 287.
Viiiar 83, 343, 1081, 1124, 1185,
1196.
YUlard 657, 662, 861, 886, 898,
910.
— Garaillon 1855.
— Ledere 865.
Yillaret 598.
Yillemio 478.
Viüette 18, 19.
Yillier 188, 335.
Ymcent 288, 835, 345, 350. 404,
439, 443, 444, 504, 523, 1045.
Yineberg 955.
YioUe 177.
YJollet 568.
Yirchow 123, 171. 1186.
YirDichis 1265.
Yischer 456.
Yitanoff 344, 991.
Yogel 968, 1016, 1128, 1158.
Yohsen 450.
Yolbard 556.
Yolk 192, 215.
YOlcker 45, 898, 965, 967, 968,
1015.
Yoelckernnd Lichtenberg 1287.
Yolkmann 69, 289, 1148, 1174.
Yoltolini 450.
YormaoD 1284.
Yoltz 246.
Yflrner 212.
Yorpahl 993.
Yoischatz 1180.
Vose-Howe 1291.
Yo88 865.
Yosflins 470.
Yoewinckel 714, 768.
Yotniba 625.
Yred^n« 865.
Yuillemin 1222.
Yaliiet 1042.
Ynlpius 1154, 1248 1296.
W.
Wachenbeim 680.
Wächter 989.
Wade 78.
Waelech 122.
Wagener 752, 753.
Wagner 1002, 1021, 1022.
Wainwrigbt 53.
Weite 1275.
Walb 355. 449.
Waldeyer 639, 864.
Waldyogel 66, 126.
Walker 73, 906, 955, 968, 979,
1027, 1058, 1095.
Walko 322.
WaUace 1086.
Wellenberg 1137.
Waller 248.
Wallis 304. 630, 858, 861, 1364.
Walthard 311.
Waltber 28, 29, 48, 163, 290,
298, 813, 848, 865, 1143, 1222.
Walzberg 909.
Ware 858, 1092, 1175.
Warnecke 241.
Warren 1293.
Warrington 362.
Warscbaaer 1073.
Wassermann 141, 308.
Wathen 654.
Watson 123, 302, 465, 1032,
1090.
Watts 412.
Weber 152, 434, 863.
Weeks 378.
Wegele 672.
Wegelin 904.
Wehsarg 1163.
Weichselbanm 139, 147.
Weidenfeld 68, 69.
Weidlich 8.
Wejeth 1143.
Weigel 587.
Weigert 148, 765, 843, 991.
Weil 39, 144, 926.
— Hallö 187, 285.
Weül-Pöhn 912.
Weinbers 71, 607, 814.
— - Amal 1037.
Weinberger 344.
Weinhardt 386.
Weinrich 1015, 1081.
Weisbach 669.
Weiss 387, 481.
Weissmann 322.
Weisz 246, 1073.
Welch 955.
Welch-Fränkel 1329.
Wellcome 606.
Weltz 404.
Wenckebach 322.
Wendel 523, 545, 991, 1181,
1292. 1293.
Wentscher 96.
Wenzel 354, 855, 1195.
Werlhoff 104.
Wermel 908.
Wem 472.
Wemdorff 1241, 1284.
Werner 83. 84, 383, 1275, 1293.
V. Wesel 374.
West 556.
, Westerveld 626.
' Westpbal 110.
Wette 1165.
Weyer 1181.
Wharton 1181.
Wheeler 898.
Whitaker Allen 949.
White 626, 748.
Whitchead 408, 865.
Whitemann 490, 1134.
Whiteside 1012.
Wbiting 1045.
Whitney 850, 927.
Wiart 299.
Wichmann 1076, 1275, 1289.
Widal 169.
— und Boidin 1015.
Wiener 327, 746, 1094.
Wieney 195.
Wiesel 1015.
Wiesinger 855, 914, 1169.
Wiesner 88, 405, 605, 1277.
Wieting 676, 752.
Wight 349.
V. Wild 535. 911.
WUdbolz 955.
Wilde 1349.
Wilder 374.
Wilkens 1259.
Wilkinson 1180.
Willcox 641.
Willst 8.
Willems 163, 297, 556.
Williams 1275.
Willis 1153.
Wills 1291.
Wülson 960, 961.
Wilmanns 760.
WUms 187, 288, 522, 665, 820,
822, 1324.
— Bonnet^Marchand 1334.
Wilmsen 374.
Wüson 211. 815.
Windler 889.
Winkelhausen 254.
Winckler 407, 602, 647, 933,
1293.
V. Wini warter 117.
Winselmann 755.
Winslow 542, 1179, 1210.
Winter 17, 18, 55.
Wintemitz 301, 521. 634, 826,
842, 976. laSO.
Wintrich 577.
Witharre 1185.
Witte 222.
Wittek 1180, 1223.
Witzel 22, 32, 447, 460, 666,
729, 774, 855, 1046, 1056.
Wladiroiroff-Mikulicz 1188.
Wobbach 126.
Wohlgemuth 8, 1291.
Wolff 246, 848, 374. 375, 899,
730, 1003, 1115, 1133, 1145,
1164.
Wolffenstein 322.
Wolffhflgel 938.
WGlfler 249, 331, 420, 572,
653, 657, 998.
Wolkowitsch 1182.
WoUcombe 421.
Wollenberg 995, 1159, 1167,
1170.
Wollenburg 201.
Wolownik 35.
Wood 442, 556, 883, 1275.
Wossidlo 1002.
Wreden 1304.
1888
Jahresbericht für Ghirorgie.
Wright 166, 178, 180, 212, 448,
1810.
— und Boss 937.
Wulff 1022, 1287.
Wflrdemann 874.
Wntzer 441.
Wyder 1015.
Wyeth 1065.
WyUys 724.
Wynn 818.
Wyssokowitsch 65.
Y.
Toshimasa Tutaro M9.
Young 250, 849, 1078, 1091,
1102, 1107, 1169.
Zaaijer 992.
Zabladowski 801.
Zacharias 1277.
Zade 677, 820.
Zadok u. Deshayes 960.
Zahn 510.
Zaholass 886.
Zahradnicky 29, 44.
Zak 885.
Zalachas 808.
Zambilovicis 125.
Zambooi 988.
Zanellini 969.
Zange 200.
Zangemeister 985.
Zarniko 447.
Zeiss 1281.
Zeitner 488.
Zeliony 65.
Zeller 304.
Zemb 1212.
Zenker 115, 510.
Zesas 1184, 1147, 1159, 1168,
1202, 1252.
Ziegan 84.
Ziegelmann 949.
Ziegler 71, 80.
Zieler 98, 122, 128.
Zieffler 100, 984. 1007.
Ziehe 897.
Ziehen 861.
Ziehl 746.
Ziesch^ 968.
Ziffer 80, 81.
Zimmermann 76, 898. 1352.
Zimmern 866.
Zipkin 479.
Zirkelhach 185, 900.
Zironi 687, 984, 998.
Zoege Y. Mantenffel 669.
ZolUkofer 209.
Zondeck 784, 944, 998, 1883.
Zoppi 1048.
▼. Zschock 264.
Zuckerkandl 447. 955, 968, 969,
1101, 1104, 1851.
Zuco 1260.
Zuelzer 246, 1288.
Zupnick 188. 838.
Znppinger 277.
▼an Zwalenburg 776.
Zwillinger 486.
Zwintz 183.
Saeh-Register.
Ks ffind hieriii nur die referierten Arbeiten ber&cksichtigt, nicht die Titel der Literatur-
Veraeichnisse.
A.
Abwehrkräfte 1857.
Achillessahne 1187, 1197.
Aciditftt 641.
Addisonsche Krankheit
86, 102, 108, 1004, 1006,
1009.
Adenoide Vegetationen
382, 411, 489, 442, 448, 505.
Adeitolymphoeele 288.
Adrenalin 33, 34, 52, 64,
99, 210, 211, 212, 222, 223,
224, 1005, 1049, 1832, 1342.
Athernarko8e21,1009,1010.
Äthersanerstoffnarkose
25.
Athylohlorid 23, 114.
Affensypbilia 196.
Agglutinin 171.
Aggresaine 143, 145.
Aketonnrie 11, 64.
Akromegalie 285.
Aktinomykose 182, 492,
582, 1000, 1010, 1193, 1810,
1332.
A 1 b e r 8 acher Beckenfleek
1281.
Albnminurie 990.
Alexine 1313.
Alkohol 53, 309. 436, 466,
467.
A]oinprobe 641.
Alypin 35, 38, 407.
Ammoniumchromat 983.
Amnion 84.
Amniotiache AbsebnÜ-
rungen 276, 1164, 1169.
Ampntatio interacapalo-
thoracica 1151.
Amputation 56, 61, 62.
1221.
Ampntationastfimpfe
1188.
Ampntatio penis 1046.
Anftsthetika 3, 395.
Anastomoae 1114.
Anearyama 226, 230, 413,
492, 601, 611,618,619,915,
933, 1194, 1288.
Angina 438, 448, 504.
Angiome 87, 242, 278, 345,
362, 1328, 1337.
Angiotripsie 212.
Antihidrotica 179.
Ankyloae 287, 299, 1141»
1261, 1317.
Ankylostomiasia 1074.
Anthrax 186.
Antiphlogose 329.
Antipyrin 1081.
Antiseptik 822 1328.
Antitoxin 835.
Antrumoperationen 447.
Annrie 960.
Anua praeternatoralia
720, 728, 730, 854, 869.
Aortenaneury8ma227,228,
229, 381, 611.
Aortenentxflndang 225.
A orten ruptnr 220, 601,608.
Aortenanterbin dang 219.
Aortitis 225.
Apparate 1294.
Appendicea epiploicae
Af^pendicitis 480, 442, 631,
676, 768, 844, 887.
Appendicitiaoperationen
779. 781, 786, 789, 796, 799,
801, 807.
Appendikoatomie 729.
Argentam colioidale822,
Aronsonschea Seram312.
Araenikbehandlnng 118.
Arterienerkrankungen
221.
Arteriensystem 206.
Arteriitis 224.
Arteriosklerose 222, 225,
226.
Arthrektomie 1221.
Arthritis 300, 801, 1218,
1232.
Arthrodese 202.
Arthropathie 299, 804.
Askaria 832.
Aspermie 1067.
Asphyxie 542, 591.
Aszites 845, 897.
Atlasluxation 1230.
Atropin 819, 820.
Attritin 295.
Angenaffektionen 368.
AagenmnakelTerlet-
zangen 375.
Aageny erletz nngen 375.
Autoinokulation 84.
Antolyse 1318, 1357.
Antospermatophagie
1054.
Bacterium coli 814, 642,
728, 785, 1026.
Bänderabriss 1282.
Bakterienkultaren 309.
Bakterizid 1313.
Balanitis 1045.
Bambergersche Krank-
heit 585.
Bantische Krankheit892,
898, 925, 928.
Barlowsohe Krankheit
284.
Basedowsche Krankheit
239.
Baaohfelltnberkaloae
843.
Bauchgeschwulst 747,
845.
Bauchhernie 881, 1888.
1390
Jabresbericht fOr Chinirgie.
BaachkontusioD 788.
Bauchspannang 737, 792,
794.
Baachtamor 848.
BauchverletzuDgen 736,
833.
Bauchwand 828, 831.
Bazinsche Krankheit
1193.
Bechterewsche Krankheit
1233.
Becken 1206.
Becken bodenplastik 864.
— bruch 1042, 1170.
— eiterang 787.
—fleck 1186.
— hochlagerang 60, 571, 575,
629, 821, 1014.
— ^luxationen 1170.
— niere 936.
—stütze 1192.
Beckmannscher Gefrier-
apparat 966.
Becksche Methode 1042,
1126.
B^ran.eck8 Tuberkulin
177.
Bestrahlung 1290.
Biersche Stauung 162.
Bilharziakrankheit 77.
Bio so n 52.
Blasen Chirurgie 1012.
—defekt 1132
— dilatation 1017.
— divertikel 1021.
— ektopie 998, 1021.
-fistef 1015, 1016, 1020.
— fremdkörper 1028.
— seschwalste 1030.
-hemie 889. 1020.
— katarrh 1016.
— krankheiten 1010.
— läfamung 1018.
— nenrose 1016.
— ruptur 1023.
— scbeidenfistel 1132.
—Schleimhaut 1124.
—Sphinkter 1068.
—steine 1028:
—tuberkulöse 953. 1027.
— tumor 77.
— Verletzungen 1022.
Blastomereu 80.
Blastomykose 126.
Blepharoplastik 391.
Blutbaktenologie 307.
—druck 52, 206, 209, 598.
— einspritzungen 268, 278,
1335.
— gefässnaht 218.
—leere 62.
—körperchen 1330.
—Stillung 212.
—Untersuchungen 51, 173, 210,
593, 1355.
Bluter 210.
— gelenk 304.
Boassche Obstipations-
diftt 866.
Bochdalekscher Gang
426.
Borsalbe 66.
Botr^omykose 125, 181.
Bottinische Operation
1083, 1088.
Bovovaccin 161.
Brauch ial fisteln 495,534.
Branchiogene Tumoren
495, 501.
Erandwunden 68.
Bronchialkolik 534.
Bronchien 533.
Broncholithiasis 534.
Bronchoskopie 512, 529,
536, 577.
Bronchus -Galle ngangs-
fistel 911.
Brown-S^quardsche Halb-
seitenlftsion 1229, 1259.
Brucheinklemmung 870.
—Operationen 876, 878, 881.
— sackdivertikel 871.
Brnnnsche Nester 997,
1019.
Brustbein 540.
— drOse 547.
—krebs 553.
—schösse 587.
Bubonen 238.
Balausche Heberdrai-
nage 561.
BulbuBwunden 395.
Bunge-Stumpf 61.
Bursitis 1198, 1216.
C.
Gaissonkrankheit 206.
Canalis Nuokii 1048.
Oantharidinum 988.
Carotiskompression 381.
—Unterbindung 216, 217, 220,
1315.
Gatgut 320.
Ghaude pisse 1025.
Gheiloplastik 417.
Ghinin 335, 340.
GhloraUthyl 23.
Ghloralhydrat 991.
Ghloroform 11, 18, 635,
978, 1009. 1010, 1319, 1335.
— sauerstoffnarkose 13, 23, 25,
1322.
Ghlorzink 298, 1222.
Ghlorom 81.
Ghoane 406, 409.
Gholagen 908.
Gholangitis 902.
Gholecystektomie 910.
Gholeystenterostomie
917.
Gholecystitis 907.
Gholedochus Operationen
914.
—steine 724, 907, 912.
Gholesteatom 345, 401.
Gholesterinstein 907.
Ghondritis 282.
Ghondrodystrophie 279.
Ghorionepitheliom 1065.
1334.
Ghromoradiometer 1291.
Ghromozystoskopie 965.
Chylorrhagie 502.
Ghylnszyste 745.
Girculus ▼itiosas680,664,
665.
Glinodaktylie 1136.
Gökostomie 730.
GOkumblfthung 721.
— karzinom 743.
— erkrankongen 721, 754, 823.
Goffein 987.
Golitis 303, 730, 748.
Goncretio pericardii606.
Gowpersche Drfisen 1075.
1111.
Goxa yalga 293, 1161.
— Tara 1159, 1173, 1282.
Goxitis 293 1214, 1215.
Gystitis 1019.
Gystocele 886, 890.
— oruralis 880.
Gystoskop 1013, 1031, 1079.
Gytophilin 176.
Gytorrbyctes 195.
D.
Dakryocystitis 879:
Dakryops 378.
Darmanomalie 823.
— ansschaltung 726.
— blutung 758.
-divertikel 765.
— drainage 731.
— durchgftngigkeit 765.
— einklemmung 869.
— erkrankungen 723.
— funktion 716.
—gtLngrSja 869.
— geschwfllste 740.
— geschwQr 755.
— infarkt 758.
— invi^ination 824.
— knicKung 820.
— kompression 820.
— krampf 766.
—krebs 78, 705.
— lähmung 731.
—länge 720.
— missbildungen 733.
— nekrose 739, 761.
— neurose 805.
-Okklusion 735, 819, 822.
— paralyse 840.
— Perforation 763.
-resektion 727. 732, 819.
— resorption 717.
—ruptur 736.
—Stenose 759, 806.
—tuberkulöse 750, 755, 760.
—Verletzungen 735, 740, 816.
—verschluss 818.
— Verwachsungen 767, 830.
Sach-Register.
1391
Darmvorfall 765.
Daaerheilong 90.
Daumenlaxation 1147.
Defektbildongen 1168.
Dekapsnlation 981, 985.
Dekortikation 981.
Delirium tremens 61.
Demineralisation 87.
Dörangement interne
1219.
Dermatitis 101.
Dermoidzysten 845, 884,
425, 610, 1045, 1337.
Desinfektion 317, 321.
Desmoidreaktion 640.
Detorsionstisch 1251.
Diabetes 51, 55, 1078, 1360.
Diarrhöen 633.
Dickdarmstenose 761.
— tumoren 742.
Digalen 214.
Digitalisprftparate 604.
Diphtherietoxin 988.
Dispensarien 180, 131, 161,
180.
Disposition 135.
Distantia sterno-cricoi-
dea 1229.
Diverticulnm Nackii
876.
Doyensche Methode 553.
Drainage 316, 875.
Drüsen Infektion 427.
— Syphilis 196.
— taberkalose 241.
Ductus choledoehus 911.
— hepaticus 911.
— Stenonianns 428, 430.
— tboracicus 218, 221, 241,
502, 540, 546.
— thyreoglossns 474, 496, 498.
— Whartonianns 431.
Duodenalnäht 660, 726.
—Stenose 682, 676, 760.
—Ulcus 628, 655, 688, 690,
756, 898.
Duodenotomie 912.
Dupuytrensche Kontrak-
tur 1139.
Duraresektion 1339.
Dyspepsie 644.
E.
£chinococcusl83.346,383,
478, 495, 565. 832, 899, 916,
917, 972, 1109, 1839.
Eierstock 1337.
Eingeweidevorfall 829.
Eiter 1313.
Eiweisspräparat 52.
Eklampsie 986.
Ektopische Inguinal-
Ehernien 877.
Ektropium 386, 390.
Elastische Fasern 80, 96,
1314.
Elefantiasis 86, 110, 188,
1043.
Elektrolyse 413, 440, 1131.
Ellenbogenluxationll47.
Embolie 57, 58, 222, 225,
374.
Embryom 80, 1065.
Empyem 446, 484, 544, 558,
563, 576.
Enchondrom 75, 289, 1207.
Endarteriitis 222.
Endokarditis 603, 606.
Endoskopie 1014.
Endotheliom 74, 116, 118.
290, 1140, 1336.
Enophthalmus 382.
Enterektomie 722.
Enteritis 748.
Enteroanastomose 727,
869.
Bnterostomie 729, 841.
Entzflndung 93.
Enukleation 386.
Eosinophilie 900, 916,
1839
Epidi'dymitis 1063.
Epilation 125.
Epilepsie 357.
Epiphysenlösung 277,
1175, 1282.
Epispadie 1125.
Epistaxis 484.
Epithelzysten 113.
Epitheliom 118.
Epulis 459.
Equinusstellung 1164.
Erbrechen 9, 20, 635, 678.
Erbsche Lähmung 253.
Ernährung 51, 718, 853.
Erysipel 120, 311. 528.
Esmarchsohe Blutleere
212.
Etappen behandlung 1164.
Eukain 36.
Eukalyptol 177, 179.
Euphthalmin 1006.
Eventration 764.
Eviszeration 818.
Exophthalmus 380, 886,
439.
Exostose 289, 345, 1198.
1207,1210,1211,1283,1345.
Exostosis bursata 270.
Exsudat 557, 565, 620.
Extensionsverband 258,
263, 265, 277.
Extremität, obere 1133.
— untere 1152.
Extremitätentumoren 1199.
-Verlängerung 1189.
F.
Eacialis 418.
Fäzes 643, 717.
Falscher Weg 1075.
Feminismus 1038.
Fensterresektion 407.
Fettgeschwulst 304, 1218.
Fettgewebe 1217.
Fibrinurie 1(;09.
Fibrolipom 289.
Fibrolysin 98, 213, 214.
Fibromyxom 1141.
Fieber 593.
Filaria 1050.
Fingeranomalien 1136.
— luxationen 1149.
— Zysten 113.
Finnevsche Operation
664.^ ^
Finsenlicht 93, 105.
Fissur a ani 858, 866.
Fistelbildung 660.
Fistelverlauf 1287.
Fistula ani 858.
Fluoreszin 1290.
Flnornatrium 987.
Formaldehyd 313.
Frakturen 255, 257, 277,
1142. 1312,
Fremdkörper233,396, 515,
536, 537, 548, 566 604, 619,
668, 670, 735, 739, 767, 830,
1027, 1133, 1220, 1281.
Freyersche Operation
1082, 1095, 1119.
Frflhoperation 784, 797,
803.
Fungus 1226.
Furunkel 122, 947.
Fussexartikulation 1188.
—gelenk 1225.
— ffeschwulst 1183.
— kloous 1197.
—luxationen 1181.
— resektion 1211.
Gabianol 177.
Qalaktocele 551.
Galeotti-Färbung 500.
Gallenblase 724.
— blasenaffektionen 891.
— blasenfistel 911.
— blasentumoren 904.
— gangstnmoren 903.
—steine 906.
— Steinoperationen 909, 913,
918.
Ganglion Gasseri 420,
1316.
Qanglionresektion 251.
Gangrän ^25, 1202.
Gasphlegmone 309, 1046,
1329.
Gastrodiaphanie 632, 639.
— duodenostomie 650, 654.
—enteroanastomose 627, 631,
651, 657, 664, 671, 693, 725.
— enteroplegie 722.
— lysis 631.
— plikatio 628.
— ptor 652.
— ptose 628, 671.
1302
Jabreebericlit für Chirurgie.
Gastrostomie 523, 648,
666.
— sukkorrhde 645.
— tomie 628.
— triptor 654.
Gaszyste 745.
Gaumen defekt 504.
— erkrankaDgen 436.
-plasük 422.
— apalt 438.
— tamoren 440.
Gef&ssgeschwfllste 242.
—naht 215.
— ruptur 1187.
—schösse 216.
—System 201.
— tuberkolose 148, 149, 223.
— yeräDdernngen 601, 612.
— verletzaug 215.
Gefrierpanktsbestim-
mang 964.
GehörgangsgesehwOlate
400.
— Terletzungen 899.
Gehrerband 258, 259. 277.
Gelatine 228, 229,280, 231,
1016, 1195.
Gelen kentzQndangen 294.
— ankylose 1225.
—eiterung 1216.
— erkrankangen 291, 808, 1170.
— ezzision 294.
— k6rper 271, 805.
—maus 1218.
— rhenmatismus 295.
-Steifigkeit 271, 298.
—tuberkulöse 162, 297, 588,
1824.
—Verletzungen 255.
Genitalaplasie 1115.
—Organe 469.
— tuberkulöse 1110.
Genitalien 1085.
Genn recurvatum 1161, 1222.
— valgum 805, 1161, 1169,
1228.
Geschoss Wirkungen 1801.
Geschwalste 81, 546.
Geschwulstlehre 69.
Gesichtsdifformität 411.
— erkrankungen 410.
— furuiikel 412.
—missbildungen 421.
—nerven 418.
^neuralgie 419.
—plaAtik 414.
— tumoren 413.
—Verbrennung 411, 418.
— Verletzung 412.
Gewichtsextension 261.
Gicht 276, 302, 428, 465.
1362.
Giemsalösung 192.
Giglische Säge 846.
Gipskorsett 1237.
Gipsverband 265.
Glandula carotica 502.
Gliom 1005.
Glykogenreaktion 209.
Glykose 488.
Glykosurie 56, 966.
Gonitis 1225.
Gonokokken 313, 561, 1078,
1110.
Gonorrhöe 1109,1128,1142,
1201, 1211, 1222.
Gonosan 1009, 1128.
Grawitzscher Tumor975,
1000.
Gritti-Amputation 62,
1191.
Guajakol 955.
Gummianzug 58.
Haare 125.
Haargeschwulst 670.
Uackenbrnchsches Ver-
fahren 84.
Hämatemesis 628, 698.
Hftmatocele 1049.
Hämatologische Formel
1820.
H ä m a t o m 210, 2:»^, 349, 405,
562, 1259.
HAmaturie 968, 991.
Hämoglobinolyse 568.
Hämoperikard 617.
HAmophilie 210.
Hämoptoe 212, 612.
Hämorrhagische Dia-
these 211.
Hämorrhoiden 865.
Hämostatioa 211.
Hämothorsx 539, 558.
Hallnx vaUus 1168, 1211.
Halsdrflsen 498.
—fistel 495.
—Organe 489.
-rippe 490, 1258.
— tumoren 502.
— Verletzung 491.
— zyste 477, 495, 501, 582.
Hauche en ressort 1214.
Händedesinfektion 818.
—schütz 815, 819.
Handgelenksbr0chell44.
Handwurzel 1282.
Harnblase 1011.
— bissenbrflche 886.
— desinflzienz 1016.
—Infiltration 1124.
— leiter 934, 992.
— leiterhernien 994.
— purine 929.
— röhren bougie 1129.
— röhrendislozierung 1125.
— röhrendivertikel 1124.
— rOhrenplastik 1105.
— röhrenstriktur 1074, 1079,
1125.
—röhren Verdoppelung 1125.
— röhren Verletzungen 1180.
—scheider 964.
— stoffbestimmnng 967.
Hasenscharte 422.
Haut 91.
— diphtherie 102.
— emphysem 98.
— gefriernng 104.
-gan^rän 128.
— geschwfllste 112.
— hypertrophie 107.
-krebs 76, 116.
— myome 114.
— tripper 102.
— Verletzung 98.
— Verbrennung 67.
Headsehe Nervenpnakte
121.
Hedonal 19.
Hefe 128, 179.
— nnkleinsänre 807.
—zollen 1010.
Heft pflasterstreck ver-
band 258.
Heissluftbrenner 212.
Heissluftkasten 1249.
Helmitol 1081.
Hemiplegia alternans
superior 861.
Henneqninsoher Streck*
apparat 260.
HermaphroditismualOSS.
Hernia diaphragmaiica 889.
— ischiadica 888.
— uteri inguinalia 887.
Hernien 867, 888.
Herpes tonsurans 126.
Herz 595.
— beutel 595, 606, 606.
— beateldrainage 615.
— beutelpunktion 617, 619.
— Chirurgie 616.
— dilatation 599.
—geschwfllste 609.
— hemmung 591.
—klappen 608.
— massage 11, 18, 620.
— muskelaffektion 608.
—naht 615, 619.
— ruptur 602.
— schuss 616.
—schwäche 59&
-tod 602.
-Verletzung 548, 614, 618.
Highmorshöhle 44G, 448.
Hilfe, erste 257.
Hinken, intermittierendes
1202.
Hirnabszess 350. 866, 1285.
—tumoren 360, 1809.
— zysten 360.
Hirschsprungsche Krank-
heit 761.
Histosporidien 78.
Hoden 1051.
— anastomose 1114.
— ektopie 1054.
— gefässe 1058.
-geschwfllste 1065.
-hflllen 1047.
— protbese 1066.
Hodgkinsohe Krankheit
289, 241.
Sach-Register.
1393
HohlfusB 1163.
Holzphlegmone 100, 128,
310, 492, 1380.
Hornhautruptaren 875.
— tuberkalose 378.
Hafeisenniere 985.
Hüftgelenk 1212, 1214,
1278.
Haftluxation 1152, 1171,
1288.
Harne ras fraktoren 251.
— gesch Wülste 1140.
Handswut 389.
Hutchinsonsche Trias
196.
Hydatide 610.
— nzyste 845.
Hydrocele 1048—1112.
Hydrocephalus 357, 862.
— dilaUtor 517.
— nepbrose 937, 944, 994.
— tberapie 634.
— thorax 560.
Hydrops 297, 804, 1218.
HyperaziditAt 632, 678.
— ämie 214, 830, 1359.
— chlorhydrie 646.
— leakozytose 206, 307.
— nephrom 902, 974, 1008.
— ostose 845.
Hypertrichose 1258, 1290.
Hypo glosaas 421,
— physe 285, 1089.
— spadie 1041, 1126.
Hysterie 741.
I (J).
ackaonsche Epilepsie 859.
chthalbin 753.
chthyol 813.
chthyosis 109.
diotismus 481.
ejanostomie 682, 729.
ejanamgesohwflr 758.
kterus 892.
leocökaltamor 721, 744,
754, 788, 804, 816, 880.
leus 722,732,807,818,821,
827, 914.
mmobilisation 1329.
mmunisierang 167, 720.
mmonidät 308.
mplantation 845.
naktivitätsatrophie259.
ndigokarminreaktion
968.
nfantilismus 286.
n f e k t i o n 309, 315, 326, 467,
469.
nfektionskrankheiten
50.
n filtration sanft sthesie
387.
nflaenza 781.
nfraktionen 257.
nfra Orbitalneuralgie
254.
Jahresbericht IQr Chirurgie 1905.
Infusion 218.
Inguinalbernien 874.
Inbalierpfeife 531.
Inhalationsnarkose 9.
Injektion 213, 1287.
Insolation 816.
Instrumente 1294.
Insufflation 589.
Interkostalhernie 890.
Interstitielle Zellen
1053.
Intervalloperation 793.
Intestinalkarzinom 742.
inte stin alt uberkul ose
751.
Intoxikation 467, 470.
Intratracheale Injektion
177.
Intubation 529, 584.
Intussuszeption 824.
Invagination 824, 854.
Jod 466, 468, 469, 473.
Jodcatgut 320.
Jodgelatine 180.
Jedipin 188, 1076.
Jodoform 66. 395, 1222.
— glyzerin 844.
— plombe 286, 1325.
Jodothyrin 482.
Jodreaxtion 1841.
Irrigation 95, 327.
Ischias 1107, 1196.
Isosafrol 66.
Isotachiol 323.
Jugularisunterbindung
216.
KAltewirkung 228.
Kahnbein 1183.
Kalkgehalt 276.
Kalkficbt 590.
Kallas 1311.
Kalziumchlorid 212.
Kapsolektoroie 982.
Karbolsaure 838.
—Wasser 825.
Karbunkel 122, 948.
KardiadrOsen 509.
— resektion 649.
— lyse 608, 620.
— pathien 609.
— rraphie 618.
—Spasmus 522, 665.
Karlsbader Kur 908.
K a r z i n o m 377, 405, 418, 434,
445, 522, 550. 610, 742.
Kastraten V!79.
Kastratton 1039,1055,1063.
Katarakt 470.
Katheterismus 514, 1064.
Katzenst ein sehe Operation
1057.
Kauschsche Sonde 59.
Kauterisation 865.
Kavernensymptome 577.
Kehlkopf 526.
Kehlkofanomalie 529»
582, 584.
— katheterismus 177.
-krebs 531.
Keilbeinhöhle 856, 409.
Keimzentren 238.
Keloid 96, 97, 108, 546.
Kieferbrfiche 461.
— erkrankungen 451, 460.
— fistel 454.
-gesch Wülste 367, 451, 502.
-hohle 408, 446, 450.
—klemme 414, 454, 461.
— Zysten 455.
Kiemenbogen 495.
— fistel 501.
Killi ansehe submukOse
Fensterresektion 407.
Klein hirngeschwulst 363.
— zyste 363.
Klemmpinzetten 994.
Elumpfuss 1163.
—band 1135.
K 1 u m p k e sehe Lfthmung 1229.
Knickfuss 1168.
Knie 1175.
— gelenk 1215.
— gelenksartbrodesen 1192.
— gelenksinxation 1162.
— gelenksrezesBUS 1185.
— geleokstuberkulose 1220.
—gelenks Verkrümmung 1223.
—Scheibenbruch 1177.
—Schüsse 1303.
Knochenbildung 289, 278.
279.
— atrophie 1211.
— brüche 259.
—brüchigkeit 266.
— erkrankungen 271.
— geschwülste 288.
— gewebe 275.
— karzinose 291.
—mark 275.
—naht 262, 264.
— Operationen 278.
-plastik 1327.
— plombierung 286.
—Sarkom 291.
—Syphilis 196.
— transplantation 262.
—tuberkulöse 281, 588.
— Verdichtungen 275.
—zyste 201, 288, 407, 1206.
Knorpelneubildung 298,
294.
Knorpelwunden 1327.
Kochsalzinfusion54, 218,
982.
Kohlenoxyd 65, 68.
Kokain 258, 254, 592.
Kolibakterien 314.
Kollargol 214, 822, 1015.
Kollateralkreislaaf207,
218, 219,
Kolloid 468.
Kolonbakterien 777.
Kolonkarzinom 744.
Kolonspasmus 766.
88
im
Jahresbericht für Chirurgie.
Edlopexie 721, 863.
Eolostomie 730.
Koma diabeticnm 55.
Komplement 1813.
EtftnpresBiotistiiyelitis
1236.
Kosdylome 114. 1040.
Konstipation 761.
Kontaktinfektion 187.
Kotinenz 854.
Kontraktaren 1184. 1162.
Kopfmfltze 316.
Kopftetanns 334.
Koriumkarzinom 77. 118.
Kotstein 793.
Kottnmor 746.
Kraniektomie 332, 354,
359.
Kritze 188.
Krankenhftnsef 1352.
Krebs behandlong 1290, 1292.
— forscbnne 7l.
—heilmittel 83.
— k^rperehen 73.
— Operationen 85.
— Parasiten 72.
— Prophylaxe 85.
—reiidiT 89.
— semm 75, 84, 85.
— spontanheilang 87.
— stAtistik 88, 88.
— fibertragnng 74.
Kretinismas 278, 481.
Kriechmethode 1248.
Kriegsehirnrgie 1279,
1297.
K r ö n 1 e i n sehe Operation 250,
346, 383, 387.
Kropf 184, 468.
Krnralhernien 879.
Krjoskopie 962.
Kryptorchistnns 1054.
K fl m m e 1 sehe Krankheit 1229.
Kystome 1822.
Kystoskopie 648, 1019.
Labyrintheiternng 401.
Lähmungen 269.
Lamina pnbo-transver-
salis 877.
Laminektomie 1229, 1288,
1260.
Laparotomien 570,829,851.
Lappenplastik 98.
Laryngektomie 527.
Laryngof ission 531.
Laryn^oplastik 529.
Laryngotomie 436, 527.
Larynxexstirpation 531.
— geschwül Bte 527.
-^ taberkalose 528. 530.
Leber abszess 90L
— aifektionen 891, 924.
— echinokokkus 185.
— entettndung 901.
- gefftsse 892.
Lebergeschwülsie 898, 902,
916.
— raptur 894.
—Senkung 896.
— verletzangen 894.
—Zirrhose 885< 897, 917.
Lehrb&cher 1350.
Leistenhoden 1054.
Leitüngsanftsthesie 34.
Leontiasis dssea 456.
Lepra 188, 282.
Leuchtgas 65.
Lenkftmie 109,237,289,241,
277, 924, 927, 1293.
Leukozyten 51, 240, 794,
852.
Leukozytose 922, 1881,
1358.
Leukoplast 327.
Lezithin 1074.
Liohttherapie 181.
Lidlähmung 8^.
— nekrose 374.
— tumor 394, 396.
Ligamentum latnm 83.
Liga ment Ter knö ehe-
rn ng 204.
Ligaturmaterial 815.
Limbustumoreü 377.
Lingua plicata 432.
Lipom 289, 304, 1321.
Lipomatose 109, 1098.
Lippen krebs 434.
— muskulatur 411.
Lithotriütor 1030.
Littresche Drüsen 1075.
Lokalanästhesie 83, 56,
553, 1332.
L u d 1 o ff scher Epiphy senfleck
Luftembolie 54.
—röhre 533.
— rOhrengeschwfllste 585.
Lumbal anästheaieO, 84,1064.
— pnnktion 350, 868. 401, 960.
Lunge 567.
Lungen Operationen 10.
— erabolie 572.
— gangrän 578, 582, 586.
— hernien 586, 1285.
— komplikationen fö9.
— kontosion 592.
—naht 569, 579.
— stein 590.
—tuberkulöse 560, 587.
-Verletzungen 569, 578, 583,
588.
— zyste 565.
Lupus 104, 132.
Luxationen 1146.1171, 118L
Lymphangiom 242.
— angitis 240.
— drüsen 534, 551.
— dra8enerkrankungen236.241.
— drüsentuberkulose 141, 237.
— gefässapparat 208.
— gefässerkrankungen 236.
—netz 405, 492, 576.
Ly m p h o z y t en 205, 207, 309.
Lymphome 241, 498.
Lym^kosarkaffl 417. 545.
744.
Lyral^hoBythimi« 209.
Lyssa 340.
Mac Burneyscher Ptiakt
786. 808, 948.
Madelungsche Deformi-
tät 1148.
Madarafnss 190O.
Magen 62L
— affektionen 681.
— anomalie 646. 647, 672.
— blntungen 680, 684, 678, 668,
698. 782.
— dann Operationen 794.
-dilatati«« 672
— durchleuchtuBg 1385.
— fnnktion 637.
— gesehwfllste 704, 710.
— geschwttr 687.
— karzinom 78, 647, 652, 705,
729.
—Operationen 650, 653. 656,
659, 661, 666. 678, 694, 709.
—Perforation 628. 631, 694.
—Phlegmone 701.
— aaft 635, 640, 642, 646.
—Sarkom 711.
— schleimhaatinseln 508.
—schmerz 689.
—Spülung 681, 684.
—steifung 705.
—Stellung 689.
—Stenose 627, 669, 759.
-Syphilis 711.
—tuberkulöse 712.
—Verletzungen 668.
Magnesium 917, 997.
—plattennaht 893.
Makroeheilie 412.
M4krogIossie 415. 1814.
Malakoplakie 1025.
Malaria 895, 927, 932, 1218.
Malnm snboccipitale 1285.
Maramage schwülste 549,
1292.
Mammaria interna 542,
548.
Mammazysten 547.
Mandelabszesse 443.
— affektionen 441.
— Operationen 444.
— tumoren 445.
Marmoreksehes Serum
132, 162, 174.
Massage 258, 292, 590.
Mastdarm exstirpation 8«S6.
—fisteln 1104.
—Operationen 855. 862.
Mastitis 548.
Mastoiditis 381, 844, S65,
400.
Matthewsche Lösung 5S.
Bach-Rsgiflier.
1396
Maydlsehe Operation
1021.
Mayo8chesyerfahreB882.
Meckelsches Divertikel
728, IM, 827.
Mediasiino Perikarditis
619.
MediaBtinnm524, 545,610.
Medullaranftsthesie 38,
43.
Meerwasser 214.
Melanomata 116.
Melanosarkom 904, 1198.
Melioform 323.
Meloplaetik 454, 1814.
MeniBgooele 1256.
Meniörescher Sjmpto-
menkomplex 401.
Meoingitis 351, 857.
MeniscuslaxatioD 1219.
Menthol-Ricinas 179.
MesenterialdrOsen 847.
— gefäese 775, 820.
— zyaten 849, 1833.
Mesenterium 828, 846.
Metallklammern 261.
Metastase 479, 845.
Metatarsalgie 1201.
Metatarsus varas 1168.
Methylalkohol 66.
Methylenhlau 943, 962.
Michel sehe Klammem 1838.
Mikrocephale 481.
— coccos neoformans 75.
— melie 279.
Mikalicstamponade 838.
—sehe Krankheit 378, 431.
Milchiofektion 151.
— sAarehazillus 642.
Miliartuherkulose 148.
Milz 719, 740, 1311.
— abszess 921.
— affektionen 920.
-brand 186, 1318.
— echinokokkas 185.
— hämatom 930.
— hyperplasie 923.
—kapsei 932.
— steine 922.
— tnberknlose 932.
—Verletzungen 920.
— zyste 929.
Mischnarkose 25.
Missbildung 276. 399. 404,
510, 597, 1168, 1254, 1262.
Mittelfuss 1182.
—handbrQcfae 1145.
— ohrentzttndung 400, 419.
Mobilisation 258.
Monzolismus 482.
Morbus Basedowii 462,
482.
Morton sehe Operstion 1201.
Mnkocele 356.
Multiblizität von Tumoren
88.
Mundschleimhaut 424.
Murphyknopf 659, 725,
728.
Maschelresektion 406.
Musculus rectus 882.
Mnskelangiom 204, 242.
1337.
— atrophie 201^ 203, 258.
—defekt 545.
— degeneration 65, 1330.
— echinokokkus 184, 185.
— funktion 203.
— gumma 103.
— faypertrophie 200.
— Ifthmnng 208, 546.
— Paresen 254.
-plastik 199, 832, 854.
— ruptur 201.
— Schwiele 544.
—tuberkulöse 200, 1188.
-—tumor 804.
— verknöcherung 199.
Muskeln 198.
Mussetsohes Symptom
483.
Mycosis fungoides 110.
Myelom 290.
Myelomeningooele 1257.
Mvodegeneratio cordis
Myokarditis 600, 609.
Myositis 199, 200, 1198.
1207, 1819.
Myxochondrom 501.
Myxödem 285, 286, 476, 481.
Myxofibrom 856.
Myxom 290, 609, 812, 1142.
Myxosarkom 1005
M.
Nachbehandlung 264.
Nackenfisteln 495.
Nävus 413, 1193.
Nagel 1137, 1193.
—affektionen 481.
Naphthol 494.
Narben 1039, 1314.
— bildung 94.
— striktur 760.
Narkose 3, 8, 529, 572.
~ bei Kindern 24.
— napparat 14, 17, 21, 22.
— ntod 10.
Nasen affektionen 402.
— bluten 223.
— fraktur 404.
— Operationen 407, 441.
— poIyp 408.
— rachentumoren 440, 505.
— wunden 1386.
Natriumtaurocholat720.
Nebenhoden 1051, 1062,
1117.
Nebenhöhlen 408.
— bakterien 406.
-Eiterung 409, 449.
Nebennieren 1003.
— extrakt 321.
— Präparate 35.
Nebenschilddrüse 470,
487.
Nekrose 79.
Nephrektomie 951, 954,
965, 960, 977 1312.
Nephritis 646.
Nephrokapsulektomie
981.
Nephrolithiasis 955.
Nephrolyse 983.
Nephropexie 939,977, 1338.
Nephroptose 896, 941.
Nephropyeltis 946.
Nephrostomie 958.
Nephrotomie 954, 987.
Nervenanasioihose 249.
—degeneration 248.
— erkrankungen 248.
— geschwttlste 1326.
—Implantation 247, 249.
— lähmnng 251.
— lösung 250.
— luzatten 249.
—naht 249.
—Pfropfung 249.
— regeneration 248.
— resektien 250.
Nervus ischiadico8l844.
Nervus 8ympathions806.
Netz 719, 788, 846, 897.
— hautzerreissung 377.
— torsion 767.
— tuiiior 848.
Neuralgien 253.
Neuritis 812.
Neurofibromatose 415,
1332.
Neurome 254.
Neuropsychose 351.
Neurotripsie 1201.
Nidoladoni-Plastik 1167.
Nico 11 sehe Operation 879.
Nieren 984.
" abszess 946.
— anatomte 936.
— anomalien 985, 978.
— beckenspfllung 981.
— blntung 968, 981.
-diagnostik 961, 1001.
— entkapselung 942, 989.
— entzündung 979.
— fistel 995.
—funktion 967, 983, 1000.
— gefässe 986, 992.
— geschwfliste 974.
— kapselgeschwulst 974.
— konturen 1286.
— nerven 978.
— neurose 1001.
—Operationen 977, 999.
—Physiologie 936.
— Sekretion 1001.
—steine 957, 1286.
—Syphilis 1007.
—tuberkulöse 949.
—Verletzungen 937.
—Wassersucht 1008.
—Zysten 935, 971.
Nivelliertrapez 1250.
88*
1396
JahreBbericht fOr Chirurgie.
Nitroglyzerin 223.
Noduli Arantii 598.
Noma 181.
Nornialkot 717.
Nosokomialgangrän 195.
Novokain 86, 37.
Nyland ersehe Probe 197.
Oberkieferbrach 457.
— resektion 441, 457.
Oberschenkel 1278.
Oberschenkel fr akturen
259, 260, 1174.
Odontom 1284.
Oedem 99, 546.
Ösophagogastrostomie
524.
Ösophagoskopie 511, 517,
. 519, 521.
Ösophagotomie 514, 518,
.524.
Ösophagotracheal-
fisteln 511.
Ösophagus 506, 512.
— divertikel 514.
— geschwOlste 522, 525.
~ resektion 524.
— Stenose 686.
— striktur 513.
Ogstons Methode 1164.
Ohraffektionen 364, 399.
— muschel 400.
— verkleioerung 400.
Olivenöl 634, 667.
Omentopexie 895.
Oophorektomie 554.
Operationslehre 48.
Operationstisch 1296.
Opotherapie 481, 1009.
Opsonischer Index 178.
Orbitalphlegmone 384.
— tumoren 383, 384.
Orbitaverletzungen 377,
382
Orchitis 1063.
Orthopädie 1279, 1360.
Os lunatum 1148.
Ostealgie 544.
Osteoarthropathie 282,
585.
Osteochondritis 305.
Osteogenesis imper-
fecta 280.
Osteoklasie 277.
Osteom 200, 202, 384, 451,
456.
Osteomalacie 283, 480.
Osteomyelitis 280, 282,
1206, 1213, 1216, 1231, 1283,
1319.
Osteoplastik 286,343, 348.
1189.
Osteoporose 283.
Osteopsathyrose267,279,
280.
Osteotomie 261, 277, 1160.
Ostitis 280, 281, 282, 1160,
1213.
Os Vesalianum 1187, 1280.
Ovarien 1289, 1322.
Oxalsfture 66.
Ozaena 407.
P.
Pagetkrebs 549.
Pagets Krankheit 283.
Palatoplastik 437.
Pankreatitis 913.
Panophthalmie 386.
Papillom 435, 436, 1031.
Paraffin 91.
-injektion 374, 404, 407, 418,
1363.
Paralyse 86.
Paralysis agitans 488.
Paranephrin 1006.
Paranephritis 949.
Parasiteneier 723.
Parathyreoidea 476, 477,
486.
Parathyroidektomie471.
Paranrethralgang 1041,
1125.
Parese 1199.
iParisol 325.
Parotitis 429, 430.
Patella 1176, 1186, 1207.
Pawlo wache Operation 636.
PemphiRUB 424.
Penis 1035, 1040.
— geechwülste 1043.
— träumen 1042.
Perforationsperitonitis
700.
Perikarditis 608.
Perinealfistel 1132.
—hernie 886.
Perinephritis 949.
—Ostitis 282.
— theliom 243, 290.
— tenonium 201.
— tomie 1195.
-toneum 828, 837.
— tonitis 737, 764, 779, 791,
794, 798, 814. 829, 885, 843,
851.
— tonitisbehandlung 838.
— typhlitis 786, 792.
—Zystitis 1024.
Periostitis 1210.
PerirOntgenographen
1281.
Perkussion 639.
Perlsucht 843.
Perubalsam 323.
Pfählungs Verletzung
835.
Phagozytose 307.
Pharynxtumoren 506.
Phenolkampfer 323.
Phlebektasien 235.
Phlebitis 232.
Phlebolithen 958.
Phlegmasia 236.
Phloridzin 23, 962.
Phosgen 20.
Phosphaturie 51.
Phosphor 46a
Photographie 1250.
Phthise 185, 152.
Physiotherapie 1251.
Physostigmin 722.
Piazza sehe Fl&saigkeit 419.
Pigment 466, 483.
Pilze 65.
Plattfuss 1163, 1201, 1201
Pleura 555.
— Verletzungen 556.
Pleuritis 483, 559, 584.
Pleurotomie 565.
Plexuslfthmung 252.
Pneumaturie 1017, 1033.
Pneumokokkus 295, 335,
428, 565, 777, 811.
Pneumonie 22, 57, 570. 576,
581.
Pneumorrhaphie 540.
Pneumothorax 544, 557,
560, 584.
Pneumotomie 578.
Pollakiurie 951, 963.
Polyarthrits 300.
Polymyositis 196.
Polyposis 746.
Poplitealaneurysma 228.
Präputialstein 1045.
Präputium 1112.
Prätuberkulose 154.
Priapismus 1048.
Probeexzision 54.
— frahstack 633, 642, 963.
— laparotomie 722.
Processus mastoidens 1333.
Prostata 1078, 1086, 1119.
— abszess 1075.
— behandlung 1080.
— geschwalste 1106, 1120.
— hypertrophie 1074, 1076,
1113.
—Operationen 1082, 1106.
Prostatektomie 1012,1080,
1082, 1089. 1093. 1100, 1106,
1114, 1119, 1131.
Prostatitis 1073. 1076.
Protargol 999, 1128.
Prothese 460, 532, 1294.
Prurigo 238.
Pruritus ani 859.
Pseudarthrose 264, 268.
P s e u d 0 hermaphroditismus
1038.
— leukämie 109, 238, 925.
— tumoren 201, 741.
Psoriasis 108.
Psychose 475.
Ptosis 390, 718.
Pubisfraktnr 1170.
Pulver 1322.
Purpura 103, 210, 505.
Pustula maligna 187.
Pyämie 814, 911.
Sach-Register.
1397
PylephUbitis 778.
Pylorektomie 660.
Pyloroplastik 680, 658,
656, eSs.
PyloroBpasmus 682, 678,
682.
Pyloruskarzinom 706.
— resektion 649.
—Stenose 682, 648, 646, 658,
679.
— tnberkulose 712.
Pyonephrose 987, 946.
Quadrizepssehne 1197.
aecksilber 66, 197.
aerschnittanästhesie
84.
Qoetschmethode 654, 667.
B.
s
Rachenaffektionen 503.
— mandel 882, 444.
Rachischisis 1256.
Raehistovainisation 87.
Rachitis 276,284,289,1246.
Radialislähmung 251.
Radioaktivität 1081.
—skopie 600.
^tberapie 896, 484, 1291.
Radinm 119, 1290.
Radiasdefekt 1185.
Ranula 425, 429.
Raachfasssche Schwebe
1246.
Raynaudsche Krankheit
110.
Reklina tionsgipsbett
1287.
Recklinghausen sehe
Krankheit 114, 1826.
Red res sionsapparat 1250.
Regeneration 94.
ReiskOrper 1207.
Rektalfistel 860.
— geschwülste 861.
— gonorrhöe 858.
— narkose 21.
— striktnr 859.
Rektoenterostomie 728.
Rektamaffektionen 858.
— dilatator 858.
— exstirpation 862.
— Perforation 858.
—Prolaps 721, 868.
Reknrrenslähmnng 228,
544.
RenantsoheMethode 981.
Reposition 268.
Resektion 1221.
Resorption 568.
Retroperitonales Ge-
webe 850.
Retropharyngealab-
szess 506.
Retrobulbäre Tumoren
888.
Retrograde Dilatation
522.
Rheumatismus 276, 299.
Rhinitis 407.
Rhinometrie 406.
— phyma 404.
— plastik 405.
— sklerom 406.
Ricinus 65.
Riesenwuchs 286.
— zeUen 92.
Rigasche Krankheit488.
Rindertuberkulose 129,
149, 152.
Ringworm 126.
Rippenresektion 561.
— tumoren 570.
Röntgenbild 586, 566.
— bestrahlnng 1210, 1222.
— diagnostik 129, 256.
— isierung 1298.
— kongress 1276.
— ologie 1265.
—platte 1280.
-strahlen 271, 298, 1010, 1054,
1080.
— therapie 896, 434, 484, 519,
528, 545. 546, 1288.
—Untersuchung 957, 962, 1015,
1029, 1186.
—▼erfahren 618, 687, 689.
Roland sehe Zone 1808.
Roth*Draegerscher Ap-
parat 21.
Rotz 181, 1862.
Rubefazientien 54.
Rückenmark 1227, 1268.
Rflckenmarksanästhesie
39, 58.
Rtlckenmarkstumoren
1254.
Ruhr 809.
Rumpf 542.
Säureintoxikation 10,68.
S a h 1 i sehe Desmoidreaktion
640, 717.
Sakralgeschwulst 1255.
Salizyl 1009.
— Präparate 214, 295.
Salzsäure 641.
Salzwasserinfusionen
52.
Samenbläschen 1109.
— blasentuberkulose 187.
—Strang 1049, 1051, 1059.
Sanatorien 161, 178, 180.
Sanduhrmagen 629, 679,
684, 694. 702.
Santheose 1009.
Sarcine 642.
Sarkom 81, 86,87,115,457,
1150,1207,1292, 1825,1829.
Sattelnase 404.
Sau e r bruchschesVerfahren
511, 514, 524, 543.
Sauerstoff 1284.
Saugapparate 270, 292.
Saugtherapie 164.
Schädeldefekte 848, 848,
859.
— basis 1277.
— frakturen 348.
— Perkussion 1835.
—resektion 1889.
— trauma 849, 350.
— tumoren 845.
Schanker 1186.
Scharlachserum 811.
Scheidenstreptokokken
811.
Schenkelhalsfraktur 268,
270, 1161, 1172, 1282.
— bmch 1282.
Schenkelkanal 881.
Schilddrflse 462, 468, 474,
497.
Schiiddrilsenkrebs 79.
— tumoren 478.
Schi mmelbuschsche Büch-
sen 821.
Schläfenlappen 861.
-Schüsse 876.
Schlangengift 65, 67.
Schleien sehe Methode 558.
Schulter blattgeschwOlste
1189.
— blatthochstand 1184.
—knarren 1151.
-luxation 1187, 1147.
Schussverletzung 786,
788, 1230, 1800.
Schutzimpfung 889.
Schwammgift 65.
Schwangerschaft 808,
809, 947.
Schwefel wasserst off 65.
Sehweissdrüsen 92.
Schwellkörper 1043.
Schweinsnieren 981, 982,
1010.
Scirrhns 708,
Seborrhoea 108.
Sektio alta 1080, 1082.
Seewasser 91.
S e g o n d sches Verfahren 419.
Sehnennaht 198.
—scheiden 198.
— scheidengeschwfllste 1188.
— soheidenhämatom 202.
— transplantation 200, 202, 208,
1197.
— zerreissung 203.
Sehnerventurooren 384.
Sensibiltät 97, 292.
Sella turcica 1281.
Sepsis 808.
Septumdeviation 408.
Sequester 1209.
Sequestrotomie 1192.
Serratuslähmung 1137.
Serum Arloing-Gourmont 484.
- MObius 484.
-therapie 84, 85, 785.
1996
Jahresberieht ffir Chirurgie.
Sesamoidknochen 958.
Shock 52, 53,54,1189,1861.
Siebbeinnekrose 884.
Siedegemisch 9.
3igmoiditi8 749.
Sigmoidoskop 854.
Silberpräparate 322,327.
Silbersalbe 822.
Silkworra 320.
Sinus frontalis-Eiterung 355.
— praecervicalia 406.
— thrombose 350, 365, 899.
Sinus sigmoidens 1333.
Skalpierung 848.
8 k U V 0 sches Serum 186, 187,
1335.
Skleroderma 110, 485.
Skoliose 12S9, 1249, 1262.
— nkorsett 1251.
Skopolamin 20, 22.
— Morphin-Narkose 26, 575.
Skoroptesmilbe 188.
Skrofulöse 188, 157.
Skrotum 1085, 1045.
Solitftrtuberkel 1808.
Sondermannsche Methode
406.
Sonnenlicht 580.
Spfttrachitis 285.
Speicheldrüsen 426, 429.
—steine 429, 431.
Speiseröhrene rkran-
Kungen 511.
Spermatozoon 1116, 1289.
Sphinkter ani 856.
Sphygmomanometer 598.
Spina bifida 1254, 1258.
Spinalanalgesie 42, 854.
Spinallftsion 1268.
Qpinaltumoren 1255.
Spiritusverbftnde 328.
Spirochaeten 80, 191, 193.
Splenektomie 740, 925,
929.
Splenomegalie 924.
Splenopexie 895.
Spondylitis 281, 1288, 1235.
Spondylose rhisom^-
liqae 1232, 1261.
Spontanamputation 226,
276.
Spontanfraktur 265, 285,
804, 1141.
Spontanxertrümmernng
1029.
Sprepgelscher Handgriff
1164.
Sprungbein 1281.
Sputum 153.
Starkstromverletaung
1202.
Staphylokokken 310, 814,
777, 1810.
Stanungsblntung208,594.
Stauungshyperfimie 162,
214, 264, 280, 292, 297, 301,
827, 344, 401. 442, 447, 467,
492, 1061.
Steinniere 985, 959.
Steinachnitt 1030.
Sterokystophotographie
1015.
Sterilisation 315, 321,
1344.
Steriiitftt 1313.
Stichverletzung 738.
Stills Krankheit 300.
Stimmbänder 530, 582.
Stirnhirn 862.
Stirnhöhle 355.
Stoffwechselkrankheiten
50.
Stomatitis 1045.
Stovain 85, 36.
Strahlenpilz 182.
Strangulation 820.
Streptokokken 310, 598,
611, 777.
—serum 312.
Streptotrichosis 512,
1310.
Striae 122.
Strikturen 1048.
Ströme, hochfrequente 120.
Struma 465, 471, 535.
Strumektomie 478.
Strychnin 52, 65.
Styptol 1017.
SubKutangewebe 91.
Sublamin 317.
Sublimat 65, 66, 197.
—Yorgiftung 1008.
Sublingoaldrase 429.
Submaxillardrflse 430,
481.
Subphrenischer Abssess
482.
Suprarenin 17, 34, 39, 86,
212, 1006.
Symblepharon 392.
Sympathikus 733.
-resektion 360, 397, 485, 486,
492.
Symphysenruptur 1170.
Sym-physeotomie 1192.
Syndaktvlie 1135.
SynoYiaimemembran
1341.
Syphilis 189, 585,611,895,
022, 927.
— hereditaria 196.
— serum 197.
— und Trauma 197.
— und Tuberkulose 158.
Syringomyelie 304, 1147,
1259, 1387.
Tabes 1265, 1387.
Talma sehe Operation 897,
917.
Talusezstirpation 1212.
Tamponade 405.
Tarsalexzision 394.
Tarsalgie 1201.
Tarsoplastik 890.
Taucherkrankheit 206.
Taxis 868.
Ta vi ersehe Operation 874.
Teleangiektasie 1290.
Tendinitis 1197.
Tendovaginitis 1207.
Tenotomie 1824.
Teratom 478, 1065.
Tetanie 470, 471. 481, 487,
632, 672, 699.
Tetanus 826, 382, 1299, ISOO.
Thierschsche L&ppchen 68.
391, 392.
Thiosinamip 98, 513.
Thorakoplastik 561.
-tomie 561, 569.
— zentese 557.
Thorax 538, 1247.
—defekt 545.
— kompression 542.
—Verletzungen 541, 580.
Thrombose 224, 232, 235,
574, 604, 612, 774, 793. 1344.
Thymus 483, 485, 488, 501,
546, 610.
Thyreoidea 465, 469, 499.
Thyreoidektoinie470.486.
Thyreoidin 478, 481, 484.
Thyreoidismus 485.
Thyreoidprftparate 276.
Tiertuberkulose 180, 152,
165.
Tonometer 598.
Tonsillen 505.
— tumoren 416, 442.
Tonsillotom 446, 1808.
Torticollis 490.
Trachealstenose 584-
Tracheoskopie 535.
—tomie 584.
Trachom 895.
Traktionsdivertikel 510.
TrftnendrOsen 378.
—sack 379, 395, 409.
Transplantation 62, 95, 90,
287, 482, 1187, 1196.
— ^sudate 557.
Trauma 158, 858, 583, 587,
588, 601, 608, 612, 668, 736,
868, 871, 873, 1076. 1218,
1258, 1268.
Treitzsche Hernie 818, 883.
T re n d e 1 e n b u rg sches Sym-
ptom 788.
— Operation 236.
Trepanation 849, 862.
Trigeminusneuralgie
254, 357, 415.
Tripperrhenmatiamus
103.
Trimus 338.
Tropakokain 48.
Tropfmethode 18.
Trypanrot 84.
Tuberf
kelbazillusl53,166:
Tuberkulide 103.
Tuberkulin 131, 132, 167,
170, 177, 954.
Sach-Regisier.
1399
Tuberkalose 126, 154, 168,
467, 468, 588, 587, 588, 609,
712, 788, 808, 1110, 1141.
— ansteckaDg 160.
— impfong 140. IW, 168, 178.
— Infektion 182, 14).
— seram 129, 155, 156, 173.
—Statistik 159.
— flbertragnng 186.
Taberositas tibiae 1209.
Tamor albus 1222.
Tamoren, multiple 116,
1211.
Tnnica vaginalis 1048,
1113.
Tarmschädel 882.
Tjphas 809, 768, 808, 812,
8*^, 922, 1074.
U.
Überanstrengung 599.
Überdruck 5^, 548, 568.
Oberdruckverfabren 9.
Ulcus crosis 1195.
— Malgache 1800.
— moUe 1040.
— pepticum 700.
—Perforation 682, 700.
— rodens 119, 128.
— ventriculi 627, 644, 651, 654,
655, 658, 661, 668, 687, 690,
729.
Umbilikalhernien 882.
Unterbindung 215.
Unter druckrerfahren 594.
Unterkieferbruch 452.
— resektion 458, 461.
— zyste 458.
Unterschenkel 1179.
— brüche 260, 265.
Uraohusfistel 1021.
Urämie 960, 982, 1002.
Uranoplastik 422, 1814.
Ureterendivertikel 995.
— einpflanznng 994, 1021.
— geschwulst 994.
— katherismus 962, 996, 1015.
—stein 996 1286.
— striktur 996.
— topographie 998.
— Unterbindung 995.
Ureteritis 1078.
UreterozYstanastomose
997.
Ureter stein 957.
— otomie 995.
Ureterverdoppelung985.
Urethra 1120.
Urethralsteine 1075, 1182.
-striktur 1129.
—zyste 1182,
Uretbraruptur 1017.
Urethritis 1076.
Urethroton»ie 1129, 1131.
Urinsekretion 10.
— Separator 963.
UrogenitalgefBsse 1037.
— tub^rkulose 1060.
Uro tropin 1009, 1010.
Uteruskrebs 707.
Uvula 487, 504.
V.
Vagusresektion 250, 687.
Valgusstellung 1202.
Varicen 282.
Varikozele 1049, 1117.
Vas deferens 1061, 1066,
1116, 1118.
Vasektomie 1082.
Vaseline 98, 271.
Vaselininjektionen 418.
Venaeseotio 218.
Vena saphena 284.
Venen erkrankungen224, 282.
— riss 218.
- Unterbindung 217, 880, 502.
Verätzung 580.
Verbrennung 67, 97.
Verbrahung 97.
Vergiftung 68.
Verhornung 121.
Verweilkutheter 1181.
Vesiculotomie 1109.
Vesipyrin 1018.
Viskosität 218.
Volvulus 679, 821.
Vorderfnss 1182.
Vorhauterkrankungen
1045.
W.
Wachsdegeneration 475.
Wanderroilz 982.
— niere 938, 994.
Wangenkarsinom 417.
Warzen 118.
— fortsatzeiterung 899.
Wasserstoffsuperoxyd
179, 1128.
We r 1 h o ff sehe Krankheit 104.
Whiteheadsehe Operation
865.
Wiederbelebung 18.
Wirbelfraktur I^It, 1288.
— kanalbkitu^geQ 1259.
— luxation 1230.
—Säule 1227.
— säulendeformität 1245.
— sAulenmecbanik 1241.
— säalenversteifung 1232.
-^tuberkulöse 1238, 1262.
— tumoren 511, 1254.
I Wismut 66, 1286.
I Wolfsrachen 1888.
'Wundbehandlung 814, 826,
I 1801.
— heilung 806.
—Irrigation 815.
Wurmfortsatz 480, 778.
-divertikel 772.
Wurmkrankheit 728.
Wut 888.
Xanthom 115.
Z.
Zahnaffektionen 451.
— anomalie 406, 459.
— fistel 459.
— fraktur 460.
Zelluloid 827, 848, 859, 452.
Zervikalsysten 497.
Zinkstearat 97.
Zuckergussleber 898.
Zungenabszess 488.
— affektionen 432.
—fistel 426.
— traktionen 12.
—tumoren 488, 486, 474, 494.
— zange 11.
Zwangs Versicherung
131.
Zwerchfell 589, 542.
— hernie 648, 888.
— Verletzung 884.
Zwergwuchs 278,
Zyklodialyse 897.
Zysteni|iere 971.
Zystitis 994, 1024.
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