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JAHRESBERICHT
ÜBER DIE
FORTSCHRITTE
AUF DEM GEBIETE DEB
CHIRUR GIE.
JAHRESBERICHT
ÜBER DFE
FORTSCHRITTE
AUF DEM GEBIETE DER
CHIRURGIE.
UNTER MITWIRKUNG VON
Dr. Bahtholdt (Wiesbaden), Dr. Becker (Hildesheim), Prof. Bennegkb (Berlin), Prof. von
BoRSDORFF (Helsingfors), Dr. Borchard (Posen), Dr. Bötticher (Giessen), Dr. Brentano
(Berlin), Dr. Brunner (Münsterlingen), Prof. Dollinger (Budapest), Dr. Fertig (Kassel), Prof.
Fischer (Stbassbüro), Dr. Giani (Turin), Dr. (Soedhuis (Deventer), Prof. Goldmanh (Freibdrg),
Prof. Hildebrand (Berlin), Prof. Hoffa (Berlin), Prof. Hofiäeister (Stuttgart), Dr.
HoHLBEGK (St. Petersburg), Dr. Hueter (Altona), Dr. Eammeter (Berlin), Dr. Kargher
(Basel), Dr. Kirchhoff (Berlin), Prof. Kölliker (Leipzig), Dr. Maass (New York), Dr. Mac
GfLiAVRT (Amsterdam), Prof. San Martin (Madrid), Dr. Mertens (Bremerhaven), Dr. Meter
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(Wiesbaden), Prof. Partsch (Breslau), Prof. Pels-Leusden (Berlin), Dr. Pertz (Frriburg),
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REDIGIERT UND HERAUSGEGEBEN
VON
PROF. DR. HILDEBRAND
IN BERLIN.
IX. JAHRGANG.
BERICHT ÜBER DAS JAHR 1903.
WIESBADEN.
VERLAG VON J. F. BERGMANN.
1904.
k^"
V
Nachdnick verboten.
Übersetzungen, auch ins Ungarische, vorbehalten.
Dniok der Kgi UniTersitatidrackerel Ton H.Stflrtzin W&rzbarK.
Inhalt.
I. Allgemeine Chirurgie.
Seite
Narkose, Narkotika, Aoaesthetika. Ref. Prof. Dr. A. Rltschl, Freiburg . . 3 — Z%
Angemeines fiber Narkose 6 — 10
Chloroform- und Chloroform-Sauerstoff-Narkose 11 — 13
Äthemarkose 13 — 16
Äther und Chloroform * .... 16 — 17
Äthylchlorid und Somnoform-Narkose 17 — 19
Lachgasnarkose 19 — 20
Schleichsches Narkosengemisch 20
Brom&thylnarkose 20
Narkotil 20 — 21
Morphium-Skopolaminnarkose 21 — 23
Lokale und region&re Anftsthesie . 23 — 31
Rückenmarks- AnAsthesie 31 — 33
Allgeaeifle Operatiooslehre. Ref. Prof. Dr. A. Ritschi, Freiburg 33 — 35
Waadbeilnaf , Stömofea der Waodheilanf , Wnodiafektiooserreger (Entzäodanf ,
Eiteninr, Erysipel, pyoseoe Allgemeioerkraokoofen, Toxämie, Seplitliäinie).
WnodbeliaadIao£, Aseptik, Aotiseptik, Antiseptika. Ref. Cliefarzt Dr.
K. Bmaoer, Mansterlingen 35 — 58
1. WandheiluDg, Störungen der Wundheilnng 35 — 45
a) Allgemeines. Experiraentaluntersuchungen, Bakteriologisches Aber
Wundinfektion- und Eitererreger 35 — 38
b) Phlegmone, Gangrftn, Noma 38 — 40
c) Streptokokkeninfektion. Erysipelas. Antistreptokokkenserum . 40 — 42
d) Pyogene AUgemeinerkrankungen. Toxämie, Sephihämie . . . 42 — 45
2. Wundbehandlung 46 — 58
a) Aseptische Wundbehandlung. Geschichtliches. Bedingungen der
Aseptik. Allgemeines 46—48
b) Desinfektion der Hände und des Operationsfeldes 48 — 50
c) Sterilisation des Naht- und Unterbindungsmateriales 50 — 52
d) Sterilisation des Verbandmaterials, der Instrumente, Schwämme 52
e) Antiseptik. Antiseptika 52 — 56
f) Behandlung von Verletzungen und infizierten Wunden . . . . 56 — 58
Tetanos. Ref. Cliefarzt Dr. K. Bmiuer, Münsterlingen 59 — 68
I. Pathogenese, Wirkung des Tetanusgiftes. Symptomatologie. Kopftetanus 59 — 65
II. Therapie 65—68
VI Inhalt.
Seite
Wut. Ref. Chefarzt Dr. K. Bmnoer, Munsterlingen 68 — 69
Ver£iftaiij[eo. Ref. Oberarzt Dr. Brost Pafeostecfaer, Wiesbaden . . . . 69
Toberknlose, Syphilis, Lepra, Aktlnomykose, Milzbrand , Maal- nod Klaneo-
senche, Bchioococcos. Ref. Priv.-Doz. Dr. R. WaldvogfeK Göttingen
und Medizioalrat Dr. A. Borchard, Posen 70 —113
Tuberkulose. Ref. PrIv.-Doz. Dr. R. Waldvogfel, Göttiagen . . 70 —101
Syphilis, Aktinomykose, Botryomykose, Rhinosklerom,
Noma, Milzbrand, Echinococcus, Lepra, Pellagra. Ref.
Medizioalrat Dr. A. Borchard, Posen 101—113
Aktinomykose und Botryomykose 104—108
Lepra, Rbinosklerom, Milzbrand, Rotz, Blastomykose, Pellagra
Mycosis fungoides 119—112
Echinococcus 113
Verbreoooogeo ood Brfrleraogeo. Ref. Oberarzt Dr. E. ^agfeostecher, Wies-
baden 114-115
A. Verbrennungen 114
B. Erfrierungen 115
Verletzoofeo ood chlrorgische Kraokhelteo der Haot ood des Sabkotaoge-
gewehes. Ref. Kgl Kreisarzt Dr. E. Becker, Hildesheim 115—141
Allgemeines 115—117
Spezielles.« s 117—441
I. Verletzungen 117 — 120
1. Frische Verletzungen —
2. Transplantation und Narben behandlung 117—120
If. Chirurgische Krankheiten 120 — 141
1. Zirkulationsstörungen 120—122
2. Entzündungen —
3. Spezifische Entzündungen 122—131
4. Progressive Ernährungsstörungen 131 — 136
a) Hypertrophie 131—132
b) Geschwülste 133—136
5. Regressive Ernährungsstörungen 137—138
6. Epitheliale Anhangsgebilde der Haut 139
7. Seltene, durch Parasiten erzeugte Hautkrankheiten .... 140—141
Erkraoknogeo der Sehoeo, Sehoeoscheideo ood Moskelo. Ref. Prof. Dr. E.
Ooldmaofl, Freiburg 141-154
Verletzuofeo ood chimriische Kraokhelteo der Blotifefässe, der Lymphifefässe
ood Lymphdrfiseo. Ref. Prof. Dr. F. Fischer, Strassburg ]54-.i7i
Hämostatika und Hämostase 154—155
Infusionen von Kochsalz und anderen Lösungen 155—158
Haemophilie 158
Gefässnaht 158—164
Aneurysmen 164—166
Gefässerkrankung mit nachfolgender Gangrän i^ß
Gefässgeschwülste 166—168
Lnfteintritt in Venen und Unterbindung der Venen 168—169
Retrograder Transport im Venensystem 169
Phlebitis und Varicen 169—170
Lymphdrüsen- und Lymphgefässerkrankungen 170—171
Verletzttogeo ood chirurfische Erkraokoojfeo der peripherlscheo Nerveo. Ref.
Prof. Dr. Th. Kölllker, Leipzig 171-182
Inhalt. VII
Seite
Nervenregeneration
Nervendurchschneidung
Nervenverletzungen
Nervenlnxation
Nervennaht
Nervenpfropfung
Nervenresektion
Nervendehnung } 171—174
Nervenlösung
Intrakranielle Trigeminusresektion
SympathicuBresektion
Neuralgie
Neuritis
Periphere Paralyse
Nervengeschwtllste
Allgemehieg ober Fraktoren aod Verleiznogeo der Gelenke. Ref. Qeli. Med.-Rat
Prof. Dr. A. Hoffa, Berlin 183-184
Die Erkraokonfea der Kaochen. Ref. Prosektor Dr. C. Hneter, Altona . . 195-211
Allgemeines 198-2(0
Knochenatrophie 200 — 201
Störungen des Knochenwachstums 201—202
Osteomyelitis 202-203
Typhus, Tuberkulose, Aktinomykose 203—204
Osteomalacie 204
Akromegalie 204
Rhachitis 204—205
Koochenneubildung, Knochenplombierung und Enochenersatz .... 205—208
Tumoren 209—211
Brkraokaofeo der Qeleoke. Ref. Dr. K. Bartholdy, Wiesbaden 212-222
Allgemeines 212—213
Erkrankungen der Gelenke bei akuten Infektionen 213—214
Chronische Gelenkerkrankungen 214—218
Sonstige Erkrankungen . 218-222
Erkraiknngen der Schleimbeatel. Ref. Dr. K. Bartholdy, Wiesbaden . . . 223-224
AUcemeine Qeschwnlstlehre. Ref. Dr. R. Volkmaon, Dessau 224-253
Statistik und Ätiologie der Geschwülste 224-230
Histologie der Geschwülste ! . . 230—232
Klinik der Geschwülste. Karzinom-Behandlung 202—286
A. Karzinombehandlung durch X-Strahlen 236—246
B. Behandlung der Karzinome mit anderen Methoden 246—248
C. Kasuistisches und Klinisches 248-253
II. Spezielle Chirurgie.
I. Kopf.
Die Verletzonfen nod ciilnir|[i8cheo Krankheiten des Schädels und Gehirns.
Ref. Dr. E. von Meyer, Frankfurt a/M 257—287
Allgemeines über Hirnchirurgie und Trepanation 257—259
Erkrankungen und Tumoren des knöchernen Schädels und der Weich teile 259-262
Verletzungen des Schädels und Gehirns durch Schuss und andere Ge-
walten. Traumatische Meningitis und Himabszesse 262- 269
Erkrankungen der Stirn- und Keilbeinhöhlen 269
Hydrocephalus, Meningocelen, Encephalocelen, Meningitis 269—271
VIII Inhalt.
Seite
Tri gern inusneuralgie 271—272
Epilepsie 272—277
Tumoren und Cysten 277—280
Abszesse. Pyämie. Thrombose. Otitische Erkrankungen 281 — 287
Verletzaogeo nod chiinrifische Krankheiten de« äusseren Auges, des äusseren
Ohres nud der Nase. Ref. Dr. Q. Zimmennann, Dresden und Dr. W.
L. Meyer, Dresden 287—328
A. Verletzungen und chirurg. Krankheiten des äusseren
Auges. Ref. Dr. W. L. Meyer, Dresden 287—310
B. Verletzungen und chirurg. Krankheiten des äusseren
Ohres und der Nase. Ref. Dr. Q. Zimmermann, Dresden. . 311—328
1. Ohr 311—321
2. Nase 321—328
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten des Gesichts, der Speichel-
driisen, des Mundes, der Zunge, des Gaumens, der Gesichtsnerven, der
Mandeln, der Kiefer und der Zähne. Ref. Prof. Dr. C. Partsch, Breslau 328—401
Erkrankungen des Gesichts 328—336
Erkrankungen der Gesichtanerven 336—343
Angeborene Missbildungen 343—346
Erkrankungen der Mundschleimhaut 346—352
Erkrankungen der Speicheldrüsen 352 — 359
Erkrankungen der Zunge 359—371
Erkrankungen des Gaumens 371—374
Erkrankungen der Mandel 373—379
Erkrankungen der Kieferhöhle 379-382
Erkrankungen der Kiefer und Zähne 382—401
U. Hals«
Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Halses und der Schilddruse.
Ref. Dr. D. Mac Gillavry, Amsterdam 402-420
Struma. Morbus Basedowii. Thymus 4u2 — 410
Andere Halsorgane 410—420
Chirurgische Erkrankungen des Rachens und der Speiseröhre. Ref. Dr. C.
Ritter, Greifswald 421—445
Rachen 421—426
Ösophagus 426 — 445
Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien. Ref. Priv.-Doz. Dr. C. Bötticher, Giessen . 446—459
A. Kehlkopf 446—453
B. Luftröhre und Bronchien 453 — 459
m. Brust.
Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Thorax. Ref. Priv.-Doz. Dr.
C. Bötticher, Giessen 460-467
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der Brustdriise. Ref. Priv -
Doz. Dr. G. Bötticher, Giessen 467—474
Angeboi-ene und entzündliche Störungen der Brustdrüse 467 — 469
Geschwülste der Brustdrüse 469—474
Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Pleura und Lunge. Ref. Ober^
arzt Dr. J. Schulz, Barmen 475-497
Pleura 475-482
Lunge 482—497
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten des Herzens und Herzbeutels,
derOefässe der Brusthöhle, des Mediastinums. Ref. Prof. Dr. B. Bennecke,
Berlin (siehe am Schluss).
Inhalt. IX
Seite
IV. Banch.
Verietzno^ea nod cfairnixische Krankhelteo der Bauchwand und des Peritooeuin.
Ref. Oberarzt Dr. Enist Pageostecher, Wiesbaden 497—536
Baach. Allgemeines 497—504
Erkrankungen der Banchwand 504—509
Erkrankungen des Nabels 509—512
Yerletsungen des Bauches . . . ^ 512—515
Akute Peritonitis 515—522
Tuberkulöse Peritonitis 522—527
Aktinomykose 528
Ascites 528—530
Geschwülste 580—532
Krankheiten des Mesenteriums und Netzes 532 — 535
Krankheiten des retroperitonealen Qewebes 535 — 536
Die Verletznogeo nod chimrflscfaeo Krankheiten des Darmes. Ref. Dr. Karcher,
Basel, Oberarzt Dr. A. Brentano, Berlin und Dr. E. Velllon, Rieben
(Basel) 537—636
Allgemeines. Technik. Ref. Dr. Kar eher und Dr. Y eil Ion . . . 537—545
Kongenitale Störungen. Ref. Dr. Karcher und Dr. V ei Hon . . . 545—548
Verletzungen. Fremdkörper. Ref. Dr. Karcher und Dr. Veillon. 548—550
Tumoren. Ref. Dr. Karcher und Dr. Veillon 550—555
Entzflndungen, Geschwüre, Strikturen, Divertikel, Perforation. Ref. Dr.
Karcher und Dr. Veillon 555—570
Appendicitis. Ref. Oberarzt Dr. A. Brentano 570 — 609
Darmverschluss. Ref. Dr. Karcher und Dr. Veillon 609—628
Nachtrag zum Abschnitte : Die chirurgischen F^rkrankungen des Darmes.
Ref. Dr. Karcher und Dr. Veillon 628—636
Vo-Ietznttf en nnd chirurgische Erkrankungen des Magens. Ref. Dr. J. Fertig,
Kassel 637 691
A. Allgemeines 637—655
B. Spezielles 655—691
a) Verletzungen, Ulcus yentriculi traumaticum und Fremdkörper . 655—658
b) Gastroptose. Magendilatation. Postoperative Magenblutung . . 659—660
c) Volvulus des Magens 660
d) Kongenitale Pylorusstenose 661 — 662
e) Entzündungen, Geschware und deren Folgeerscheinungen . . . 662 — 680
f) Geschwülste, Lues, Tuberkulose 680—691
Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Rektums. Ref. Dr. Fr. /Hertens,
Bremerhaven 691—704
A. Allgemeines 691—698
B. Spezielles 698
a) Kongenitale Störungen 698
b) Entzündungen, Geschwüre, Strikturen 698—700
c) Verletzungen. Fremdkörper 700
d) Geschwülste, Prolapse, Hämorrhoiden 700—704
Die Hernien. Ref. Dr. E. Kammey er, Berlin 704—736
Allgemeines . 704—717
Inguinalhemien 718—724
Krnralhemien 724—726
ümbilikalhernien 726—728
Innere Hernien . 728—729
Seltene Hernien 729—736
X Inhalt
Seite
Verletzangen and chirurgische Krankheiten der Leber und Gallenblase. Ref.
Oberarzt Dr. Ernst Pagenstecher, Wiesbaden 736-773
Allgemeines 7S6— 741
Verletzungen der Leber und G allen wege 751—743
Schnflrleber, Wanderleber, Lebercirrhose, Tuberkulose, Syphilis, Aktino-
mykose 743—748
Echinococcus der Leber und subphrenischer Abezess 749—751
Leberabszess ' 751—753
Tumoren der Leber, Gallenblase und Gallengänge . 753—756
Erkrankungen der Gallenblase, des Ductus cysticus und hepaticus
(ausschliesslich Tumoren) 756—767
Erkrankungen des Choledochus (ausschliesslich Tumoren) 767—773
Gallensteinileus 773
Die Verletzungen nnd chirurgischen Krankheiten der Milz. Ref. Prof. Dr. F.
Hofmeister, Stuttgart (siehe am Schluss).
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten des Pankreas. Ref. Dr. A.
Schönstadt, Berlin (siehe am Schluss).
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der Nieren und Harnleiter.
Ref. Priv.-Doz. Dr. P. Ziegler, München 773-847
Angeborene Missbildungen 773—777
Anatomie und Physiologie 776—780
Nierenverletzungen 780—782
Wandernieren 783—788
Hydronephrose 788—790
Akute Pyelitis, Pyouephrose, Nieren abszesse 790—791
Puranephritis. Perinephritis 792
Tuberkulose der Nieren 792—796
Nephrolithiasis 796-800
Anurie 80ü— 802
Funktionelle Nierendisgnostik 802—815
Nierenblutung 815-816
Geschwülste und Cysten der Nieie 816—823
Operationen 823—824
Akute und chronische Entzündung der Niere 825 — 833
Kasuistik nnd Lehibücher 833—836
Chirurgie der Nebenniere 836—838
Chirurgie der Harnleiter 838-842
Adrenalin 842-845
Nierensyphilis 845—846
Varia 846-847
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der Blase. Ref. Prof. Dr. Q.
Sultan, Rixdorf-Berlin 848—876
Anatomie und Physiologie der Blase 848—849
Allgemeines über Blascnchirurgie 849—860
Ektopie, Missbildungen, Divertikel der Blase 860- 863
Verletzungen der Blase 863—866
Cystitis 867
Fremdkörper der Harnblase 867—868
Tuberkulose der Harnblase 868—869
Blasensteine 869-873
Blasengeschwülste 873—876
Inhalt. XI
Seite
Die Verletzaogen and chirargischen Kraokheiten der männücheii Genitalien.
Ref. Dr. E. Kirchhoff, Berlin 876-897
Allgemeines. Penis. Skrotum 876—878
HfiUen des Hodens nnd Samenstranges 878— 879
Hoden, Nebenhoden, Samenstrang 879— 881
Cowpersche Drösen, Samenblase, Prostata 881—887
Nachtrag. Aaslftndiscbe Referate 887— 897
Verletznnsen und chinirfische Kranl^helten der Uretlira. Ref. Prof. Dr. F.
Pels-Lensden, Berlin (siehe am Schluss).
Yerletznnfen and chimri^ische Krankheiten der oberen Extremität. Ref. Dr.
C. Neck, Chemnitz 897— 933
Angeborene Krankheiten, Mi8sbildangen,Entwickelung8})emmun gen etc. 897 — 903
Krankheiten der Haot 903— 904
Erkrankungen der Lymphgefftsse und LjmphdrQsen 904
Erkrankungen und Verletzungen der Gefässe 904— 907
Erkrankungen und Verletzungen der Nerven 907— 912
Erkrankungen und Verletzungen der Muskeln, Sehnen, Sehnenscheiden
nnd Fascien 912— 915
Erkrankungen der Knochen und Gelenke 915— 920
Frakturen 920- 925
Luxationen 925— 931
Verschiedenes 931— 933
DieVerletzani^en and chirarfischen Krankheiten der anteren Extremität. Ref.:
Oberarat Dr. F. Schnitze, Duisburg, Medizinalrat Dr. A. Borchard,
Posen, Dr. F. Sater, Basel 933—1025
Angeborene Missbildungen und Difformitäten der unteren
Extremität Ref. Oberarzt Dr. F. Schnitze, Duisburg . . . 933— 950
Kongenitale Luxation der Hüfte 933— 938
Coxa vara 938—940
Genu valgum 940— 941
Genu recurvatum 941— 942
Angeborene Verrenkung des Fussgelenks 942
Plattfuss 942- 945
Klumpfuss, Hohlfnss, Spitzfuss 945-948
Halux valgus , 948- 949
Rachitische Deformitüten 949
KongeniUle Defekte 949-950
Essentielle Paralyse (Sehnenplastiken) 950
Verletzungen der Knochen und Gelenke der unteren Ex-
tremität. Ref. Medizinalrat Dr. A. Borchard, Posen .... 951- 973
Allgemeines über Frakturen und Luxationen der unteren Extremität 951 — 952
Frakturen und Luxationen im Bereich des Beckens 953
Luxationen im Hüftgelenk 953— 954
Frakturen des Schenkelhalses 954— 956
Frakturen des Oberschenkels 956—- 958
Verletzungen des Knies 958— 959
Luxation der Patella 960
Verletzungen des Streckapparat-es des Knies 960 — 965
Verletzungen der Semilnnarknorpel, Kreuzbänder etc 965— 966
Frakturen des Unterschenkels 966— 969
Luxationen im Bereich des Fusses 960— 971
Frakturen im Bereich des Talus und Calcaneus 971
Frakturen im Bereich des Mittel- und Vorderfusses 971— 973
XIl Inhalt
Seite
DieErkrankungen der unteren Extremität mit Ausschluss
der angeborenen Missbildungen, der Difformitäten,
Frakturen und Luxationen. Ref. Dr. F. Sater, Basel . . 974-1025
Lehrbücher. Anatomie. Allgemeines. Operationsmethoden. Apparate 974— 984
Erkrankungen und Verletzungen der Weichteile 984—1003
Der Haut und Anhangsgebilde 984— 985
Der Blutgefässe 685— 992
Der Nerven 992— 993
Der Sehnen, Sehnenscheiden, Fascien, Muskeln, Schleimbeutel,
Lymphgefässe und Lymphdrüsen 993— 999
Varia 999—1003
Erkrankungen der Knochen 1003 — 1011
Des Beckens 1003—1004
Des Oberschenkels 1004-1007
Des Unterschenkels 1007—1009
Der Knochen des Fusses 1009—1011
Erkrankungen der Gelenke 1011—1025
Des Hüftgelenkes 1011—1015
Des Kniegelenkes 1015—1025
Des Fussgelenkes . 1025
Die Verletzaofen und chimrgischen Krankheiten der Wirbelsäule und des
Rückenmarks. Ref. Geh. Med.-Rat Prof. Dr. A. Hoffa, Berlin . . . 1025-1065
Frakturen, Luxationen und sonstige Verletzungen der Wirbelsäule . 1025—1028
Osteomyelitis, traumatische Erkrankungen u. chronische Entzündungen
der Wirbelsäule 1028—1034
Spondylitis tuberculosa 1034—1039
Skoliose 1039—1055
Tumoren der Wirbelsäule, des Bückenmarks und seiner Häute. Spina
bifida. Missbildungen 1055—1059
Traumatische Rückenmarkaerkrankungen 1060—1063
Anhang: Italienische Literatur 1063—1065
Die Verletzungen und chirurj^lschen Krankheiten des Pankreas. Ref. Dr. A.
Schönstadt, Berlin 1065-1076
Die Verletzungen und chirurf ischen Krankheiten des Herzens und Herzbeutels,
der Qefässe der Brusthöhle, des Mediastinums. Ref. Prof. Dr. E.
Bennecke, Berlin 1077—1080
Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Urethra. Ref. Prof. Dr.
F. Pels-Leusden, Berlin 1081-1091
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der Milz. Ref. Prof. Dr. P.
Hofmeister, Stuttgart 1092-1099
Anatomie 1092
Verletzungen 1092—1093
Milzabszess 1093-1094
Wandermilz 1094-1095
Hypertrophie, Tumoren. Cysten 1095—1097
Milzexstirpation 1097—1099
Die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Chirurgie. Ref. Dr. A. Pertz,
Freiburg i. Br 1099-1127
Die Lehre von den Instrumenten, Apparaten und Prothesen. Ref. Prof. Dr. 0.
Hildebrand, Basel . 1128-1129
Inhalt. XIII
Seite
ICripKBchinirfie. Ref. Generalarzt Prof. Dr. K. Seydel, Mttnohen . . . . 1129-1135
Nadrtrai^: Aaalftndische Referate . 1135— 1142
111.
Historiacbes; Lehrbacher; Berichte. Aufsätze allfemelnea Inhalts. Ref. Prof.
Dr. 0. Hildebrand, Basel 1143-^1159
Geschichte der Chirurgie 1145
Lehrbücher 1146—1150
Jahresberichte von Krankenhäusern etc 1150 — 1152
Aufsätze allgemeinen chirurgischen Inhalts 1152—1159
Aotoren-Refister 1160-1177
Sach-Resister 1178
Die Redaktion des von Prof. Dr. O. Hildebrand (Berlin) heraus-
gegebenen Jahresberichtes richtet an die Herren Fachgenossen und
Forscher, welche in dessen Gebiete Gehöriges und Verwandtes
publizieren, die ergebene Bitte, sie durch rasche Übersendung von
Separat-Abdrücken ihrer Veröffentlichungen sowie durch einschlagende
Mitteilungen baldigst und ausgiebigst unterstützen zu wollen.
Zusendungen wolle man an Herrn Professor Dr. O. Hildebrand,
Berlin N.W., Kronprinzen Ufer 61., richten.
I. Teil.
Allgemeine Chirurgie.
J»hrMbericht fDr Chirnrgie 1903.
I.
Narkose, Narkotika, Anaesthetika.
Referent: A. Ritschl, Freiburg.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
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wirkungen lokalanästhesierender Mittel und über die Bedeatung des Adrenalins für die
Lokalanästhesie, v. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 69. Heft 1 u. 2. v. Esmarchs
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12. — Ober Adrenalin. Deutsche zahnfirztliche Wochenschrift 1903. Nr. 45.
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6 Jahresbericht für Cbirargie. I. Teil.
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Wochenschrift 1903. Nr. 9.
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Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 22.
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Wochenschrift 1903. Nr. 1.
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für Chirurgie 1903. Nr. 22.
I. Allgemeines fiber Narkose.
David Lamb (24) hält die Korabination von Chloroform und Äther für
das beste Narkotisierungsmittel. Für die Quantität des einen oder anderen
der Komponenten der Mischung sind die besonderen Verhältnisse des Falles
massgebend. Unter 4000 Narkosen erlebte er zwei Todesfälle, die mit der
Narkose in Zusammenhang gebracht werden konnten, beide bei schwer kranken,
an Ileus leidenden Patienten.
Boyd empfiehlt als Narkotisierungsmittel für kurzdauernde EingrifiFe die
Lachgasnarkose, am besten in Verbindung mit Sauerstoff oder Luft.
Gray verbreitet sich in einer sehr oberflächlichen Weise über die lokale
Anästhesie, der er nur insofern eine Berechtigung zuerkennt, als es noch kein
absolut ungefährliches Mittel zur allgemeinen Anästhesie gibt. Bezeichnend
Ritsohl, Narkose, Narkotika, Anaesthetika. 7
für seine Erfahrungen auf dem Gebiete der allgemeinen Anästhesie ist, dass
er nicht finden konnte, dass die Vereinigung des Kokains mit Adrenalin den
Grad der Anästhesie in nennenswertem Grade verstärkt.
Brown Kelly, der die Bromäthyhiarkose in 1300 Fällen ohne üblen
Zufall benutzt hat, tritt für diese Narkosenart warm ein, wenn es sich um
kurzdauernde Eingriffe handelt, und schildert die Technik dieser Narkose und
ihre Erscheinungen.
Reid macht zum Schluss noch einige Bemerkungen über die Anwendung
des Chloroforms während des Geburtsaktes.
Blumfelds (6) Arbeit bringt ein kurzes Sammelreferat über die wich-
tigsten Arbeiten des letzten Jahres, welche von der Vorbereitung des Patienten
zur Narkose handeln.
Hof mann (49) macht darauf aufmerksam, dass man bei jeder Inhala-
tionsnarkose, sei es mit Äther, Chloroform oder einer Mischung ein Stadium
beobachten könne, welches bei teilweiser Erhaltung des Bewusstseins durch
die Aufhebung des Schmerzgefühls charakterisiert sei (Ätherrausch Sudecks,
minimale Chloroformnarkose Riedels). Dieses Stadium, welches Hofmann
Frühnarkose nennt im Gegensatz zur späteren Dauernarkose, tritt sehr bald
nach dem Beginn der Narkotisiernng und lange vor dem Exzitationsstadium
auf. Man erkennt seinen Eintritt daran, dass der Patient ruhig wird und
eyent. falsch zählt, femer daran, dass er Kneifen an der Innenseite der Ober-
schenkel erträgt. Dieses Stadium dauert höchstens wenige Minuten, geht zu-
weilen auch fast momentan vorüber. Es ist zur Ausführung kurzdauernder
chirurgischer Eingriffe sehr geeignet. An das mit voller Schmerzempfindung
einhergehende Exzitationsstadium, welches sich durch langsam tropfenweise
Darreichung des Narkotisierungsmittels vermindern lässt, schliesst sich das
Stadium der sog. Halbnarkose, welches schliesslich in die volle Anästhesie der
Dauemarkose übergeht. Frühnarkose und Halbnarkose gehen zuweilen un-
bemerkt ineinander über, woraus man den fehlerhaften Schluss gezogen hat,
dass die Frühnarkose sich verlängern lasse. Hofmann empfiehlt sehr, die
Frühnarkose auch zu Voroperationen bei grösseren Eingriffen auszunützen.
Er bediente sich zu ihrer Hervorrufung gewöhnlich der Äthertropfmethode
mit oder ohne vorausgeschickte Morphiuminjektion.
Hewitt (48) beschäftigt sich in einem längeren Vortrage mit der Be-
täubung solcher Personen, die sich aus dem einen oder anderen Grunde
weniger für die Narkotisierung eignen. Bezüglich des Zustandes des Herzens
fuhrt er aus, dass sich im allgemeinen Personen mit schwacher Herzaktion
der Narkose gegenüber besser verhalten als solche mit normalem, kräftigen
Herzen. Bei letzteren besteht gewöhnlich in Übereinstimmung mit der Herz-
kraft eine kräftige Körpermuskulatur, die Muskelspannung und Atemstörungen
während der Narkose Vorschub leistet. Am besten eignen sich daher etwas
schwächliche Frauen mittleren Alters für die Narkose. Von besonderer Be-
deutung ist, dass Personen, die keinen Tag ihres Lebens krank waren, durch-
aus nicht zu den günstigen Objekten für die Narkose gehören. Bei muskel-
starken Individuen empfiehlt Hewitt, die Narkose mit Äther oder Lach-
gas zu beginnen und eventuell nach der Einschläferung mit Chloroform fort-
zufahren. Hier besteht wegen der Muskelspasmen die Gefahr der Überdosie-
mng, die besonders bei Gebrauch des Chloroforms verhängnisvoll werden kann.
Besteht ii^end ein mechanisches Hindernis für die freie Atmung, so empfiehlt
es sich am meisten, durch Einschiebung eines Mundsperrers (Pfropf) die
8 Jahresbericht fttr Ghirargie. I. Teil.
Atmung durch den Mund zu erleichtern, weil diese Hewitts Erfahrungen
nach während der Narkose einen entschiedenen Vorzug vor der Nasenatmung
verdient. Bei starknackigen, fettleibigen Personen (John Bull-Typus) empfiehlt
Hewitt den Gebrauch einer Äther- (3 T.) -Chloroform- (2 T.) -Mischung oder
Einleitung der Narkose mit dieser Mischung, bis das Exzitationsstadium be-
ginnt, dann Äther und nach der Einschläferung reines Chloroform. Bei
solchen kräftigen Leuten sollte man die Operation nie, ehe volle Anästhesie
eingetreten ist, beginnen, da hier sehr leicht reflektorischer Atemstillstand
eintreten kann. Besonders bei der Rektalchirurgie sollte das beherzigt
werden.
Hewitt bespricht sodann die Narkose von Patienten, bei denen die
freie Luftzufuhr zu den Lungen in irgend einer Weise Not gelitten. Hier
sind alle asphyxierenden Methoden der Narkose zu vermeiden. Als Narkoti-
sierungsmittel haben Mischungen von Chloroform und Äther mit reichlicher
Beimischung von Luft oder reinem Sauerstoff den Vorzug. Bei der Lagerung
der zu Operierenden ist vor allem darauf zu achten, dass die Atmung keine
weitere Erschwerung finde.
Weiter führt Hewitt aus, dass die Narkose bei chronischen Krank-
heiten im allgemeinen weniger Schwierigkeiten biete als bei akuten Krank-
heiten. Herzkranke sind keine schlechten Objekte für die Narkose, wenn
man das richtige Narkotisierungsmittel wählt. Während Lachgas hier leicht
verhängnisvoll werden kann, hat Hewitt mit Cbloroform-Äthermischungen
oder Alkohol-Äther-Chloroformmixtur günstige Resultate gehabt.
Für sehr nervöse Personen empfiehlt Hewitt die Einschläferung mit
Lachgas und nachfolgende Ätherdarreichung, .während Chloroform besonders
zur Einleitung der Narkose vermieden werden sollte.
Besondere Schwierigkeiten für die Narkose erwachsen nicht nur bei
Trinkern, sondern auch bei starken Rauchern. Bei letzteren bedarf es nicht
nur bedeutender Mengen des Narkotisierungsmittels, sondern es stören hier
häufig Spasmen in der Kiefermuskulatur, die durch die Tätigkeit beim Rauchen
hypertrophieren.
Die Schwierigkeiten steigern sich noch, wenn verschiedene erschwerende
Momente sich kombinieren, z. B. athletische Muskulatur, beschränkte Nasal-
atmung, übermässiger Tabak- oder Alkoholgenuss etc. Für solche Fälle
empfiehlt Hewitt die Narkose mit Chloroform-Äthermischung einzuleiten und
mit Äther bezw. Chloroform zu unterhalten. Dabei sollte durch einen Mund-
sperrer die Mundatmung aufrecht erhalten werden.
Zum Schluss erwähnt Hewitt noch die glücklicherweise seltenen Fälle,
wo der gestörte Verlauf einer Narkose nur auf eine angebprene Idiosynkrasie
gegen das Narkotisierungsmittel zurückgeführt werden kann.
Snel (99) untersuchte experimentell, ob die bakteriziden Eigenschaften
der Lunge durch Äther- und Chloroforminhalationen oder durch Chloralhydrat-
und Morphiuminjektionen beeinträchtigt bezw. aufgehoben würden. Zu Ver-
suchstieren wählte er Meerschweinchen, denen er durch eine in die Trachea
eingebrachte Kanüle Milzbrandbazillen in die Lunge spritzte. Es zeigte sich
nun, dass die Narkose die Immunität aufhebt. Dieser Umstand erklärt die
Häufigkeit von Pneumonien nach Operationen, die weiterhin noch dadurch
begünstigt werden, dass durch Aspiration sowie das Hinabfliessen von Mund-
speichel in die Trachea die Gelegenheit zur Aufnahme von Bakterien in die
Lungen noch wächst. Snel macht es daher den Chirurgen zur Pflicht, vor
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anaestbetica. 9
einer Narkose die Mund- und Rachenhöhle gründlich zu desinfizieren und auf
möglichst reine Atmosphäre im Operationsraum bedacht zu sein.
Schäfer (96) empfiehlt besonders für Ertrunkene eine Art der künst-
lichen Atmung, bei der der Kranke mit ausgestreckten Armen auf dem Bauche
liegt. Unter den unteren Teil der Brust wird ein zusammengefaltetes Klei-
dungsstück gelegt. Der Arzt lässt sich neben dem Kopf des Kranken auf
ein Knie herunter und übt mit seinen auf den Seiten des Brustkorbes ruhenden
Händen, indem er die Schwere seines Körpers wirken lässt, einen regelmässigen,
sich in der Minute 12 — 15 mal wiederholenden Druck aus. Die Lage des
Körpers hat besonders für Ertrunkene den Vorteil, dass das aus den Lungen
ausgepresste Wasser ungehindert abfliessen kann. Aber auch für andere
Zwecke (Narkosenasphyxie) empfiehlt sie sich, weil die Zunge nicht zurück-
fallen kann und Mundflüssigkeit und Schleim nicht aspiriert werden können.
Ausserdem ist die Ausübung dieser Form der künstlichen Atmung für den
Arzt nicht anstrengend.
Boncart (8) hat an Hunden die Ausführbarkeit einer wirkungsvollen
Herzmassage durch das Zwerchfell hindurch bewiesen. Er chloroformierte die
Tiere bis zum Stillstand der Atmung und Herztätigkeit, leitete sodann ent-
weder nach der Tracheotomie durch eine eingesetzte Trachealkanüle oder nach
der Intubation künstliche Atmung ein und massierte das Herz von einer
Laparotomiewunde aus, die ihm gestattete, mit mehreren Fingern oder der
ganzen Hand durch das erschlafite Zwerchfell hindurch rhythmische Druck-
wirkungen auf das Herz auszuüben. Den Erfolg auf die Zirkulation registrierte
Boncart durch einen in die A. cruralis eingebundenen Sphygmographen.
Der Erfolg war ein im allgemeinen sehr bemerkenswerter; wenn auch nur
eines der sieben Versuchstiere den Eingriff dauernd überlebte, so gelang es
doch in den meisten Fällen, eine regelmässige spontane Herzaktion wieder-
anzuregen. Bei der Ausführung der Herzmassage hat man- sich vor einer
Kompression der Koronararterien und der Bronchien zu hüten. Drei Hunde,
die durch starke elektrische Ströme getötet waren, konnten durch Herzmassage
nicht wieder zum Leben gebracht werden.
Zesas (115) stellt die bisherigen Publikationen über die Massage des
freigelegten Herzens bei Chloroformkollaps zusammen und fügt den bekannt
gewordenen Fällen einen weiteren hinzu, den er als Assistent von Prof. Nie-
haus ün Liselspitale zu Bern zu beobachten Gelegenheit hatte. Das Verfahren
Uess hier, trotzdem es sich um einen durchaus gesunden Mann handelte, völlig
im Stich. Zesas sucht die Misserfolge der bisherigen klinischen Bestrebungen
auf diesem Gebiet zu erklären durch die Schwierigkeit bezw. Unmöglichkeit
ein durch Chloroformintoxikation gelähmtes Herz mechanisch wiederzubeleben.
Er rät daher bei Chloroformkollaps die Massage des freigelegten Herzens
nicht in übereilter Weise einzuleiten, sondern die bisher üblichen Mittel, wie
die künstliche Atmung und Zungentraktionen anzuwenden, da die gemachten
Erfahrungen bewiesen, dass die Massage des Herzens kaum besseres leiste
als die sonst gebräuchlichen Belebungsmethoden.
Gärtner (33 — 36) führt aus, dass Sinken des Blutdrucks die häufigste
Todesursache während der Chloroformierung darstellt. Die Pulskontrolle sei
zur Überwachung der Zirkulation unzuverlässig, sofern es schnell zur Ermüdung
des fühlenden Fingers komme, das Gefühl in den Fingerspitzen erlösche und
schliessHch vom Narkotiseur der Puls in der eigenen Fingerbeere gefühlt werde.
Eine stetige, zuverlässige Überwachung des Pulses während einer länger
10 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
dauernden Operation sei aus diesen Gründen selbst dann illusorisch, wenn för
die Pnlsüberwachung ein besonderer Assistent angestellt werde. Um diesem
Übelstande abzuhelfen, hat Gärtner einen Apparat konstruiert, welcher die
Kontrolle des Pulses mit dem Auge ermöglicht. Derselbe besteht aus einer
rund geformten Dose, in welcher sich der Hebelmechanismus befindet, der die
Pulsationen auf einen über einem in 18 Teile geteilten Zififerblatt rotierenden
Zeiger überträgt. Dieser Apparat wird mit Hilfe eines schraubentragenden
Stativs am Vorderarm, unter Umständen auch am Bein des Patienten ober-
halb des Sprunggelenks befestigt. Der Apparat zeigt noch Druckschwankungen
an, die mit dem Tastgefühl nicht mehr wahrgenommen werden können und
gibt unmittelbare Auskunft über alle Pulsqualitäten.
Madelung (75) demonstriert im unterelsässischen Ärzteverein die
Unzulänglichkeit des Gärtner sehen Pulskontrolleurs für die Narkose. Die
Kontrollnadel macht schon bei geringfügigen Hand- und Armbewegungen nn-
rythmische Bewegungen und steht bei stärkeren sogar ganz still. Im Exzitations-
stadium, wo die Pulskontrolle am wichtigsten ist, lässt das Instrument daher
YÖlIig im Stich. In der Diskussion stimmt Fehling, der stets die Puls-
kontrolle während der Narkose einem besonderen Assistenten überträgt, dem
Urteil Madelungs durchaus bei.
Kuhn (63) verbreitet sich in einem Vortrage ausführlich über die Vor-
züge des von ihm als pulmonale Narkose bezeichneten Verfahrens (siehe vor.
Jahrgang p. 42). Die mit Hilfe der peroralen oder pemasalen Tubage vor-
genommene Narkotisierung kommt etwa der durch eine Tracheotomiewunde
bez. Kanüle gleich. Das Narkotikum gelangt unmittelbar in die Lunge. In-
folgedessen ist der Verbrauch an Chloroform auffallend gering, die Unter-
haltung der Narkose erleichtert. Die Reflexe von seiten der Nase und oberen
Luftwege fallen fort, desgleichen das Würgen und Erbrechen während der
Narkose. Die oberen Luftwege bleiben immer frei, so dass Asphyxien durch
mechanische Verlegung der Atemwege ausgeschlossen sind, was besonders bei
Operationen an Mund und Nase von nicht zu unterschätzendem Vorteil ist.
Tritt eine Asphyxie ein, so gewährleistet das Tubagerohr einen ungehinderten
Zufluss von Luft zur Lunge und unterstützt somit ausserordentlich die Wirkung
künstlicher Atmung.
Kuhn (64) führt aus, wie durch das Narkotisieren mit Hilfe der per-
oralen oder pernasalen Tubage die Unterdrückung des Brechaktes erleichtert
werde. Es komme das zur Vertiefung der Narkose zugeführte Chloroform
schneller zur Wirkung, ferner hindere die durch das Tubagerohr offen ge-
haltene Glottis den Brechakt, endlich gestatte die Tubage eine wirksame
Tamponade des Rachens bezw. des oberen Endes des Ösophagus, so dass in
den Ösophagus entleerter Mageninhalt nicht zur Ausstossung gelangen könne.
Äther und Chloroform wirken, wie Turk (108) ausführt, unmittelbar
schädlich auch auf die vasomotorischen Zentren und üben eine langdauemde
Nachwirkung auf die splanchnische Zirkulation aus. Sie verursachen Bildung
von Toxinen in den Zellen und verhindern die Ausscheidung von Toxinen ans
dem Blut. Die Widerstandskraft des Blutserums gegen Toxine und Bakterien-
entwickelung wird verringert. Die Ausscheidung von Äther und Chloroform
in den Magen wirkt reizend auf letzteren. Die Atonie des Magens führt zu
Toxinbildung und Gasentwickelung in demselben. Maass (New-York).
Bitschi, Narkose, Narkotika, Anaesthetika. 11
II. Cliloroforiii- und Chloroform-Sauerstoff-Narkose.
Stein (102) bespricht einige wichtigere Punkte der Chloroformierung,
wobei er seine an mehr als 3000 Narkosen gewonnenen Erfahrungen einflicht.
Der Aufsatz, welcher mancherlei beherzigenswerte Winke erteilt, enthält jedoch
nichts, was dem geübten Narkotiseur nicht bereits geläufig wäre.
Waller (109) verbreitet sich in einem akademischen Vortrage unter
Vorführung von Experimenten an Katzen über die Dosierung des Chloroforms
zur Einleitung und Unterhaltung der Narkose. Er zeigt, dass ein 2^/o über-
steigendes Chloroformluftgemisch unter Umständen schnellen Herzstillstand
hervorruft und schliesst mit dem Endergebnis, dass eine 1 — 2 ®/o Chloroform-
luft sowohl für den. Menschen wie für die höheren Tiere die geeignete und
imgefahrliche Konzentration darstelle. Diese Konzentration liefere unter
anderen Methoden vor allem die sehr empfehlenswerte Chloroformtropfmethode.
Harcourt (44) hat einen neuen Apparat konstruiert, der es ermöglicht,
dem Patienten ein Chloroformdampf-Luftgemisch von bestimmter Konzentration
zuzuführen. Das Prinzip ist das, dass nach den Versuchen Harcourts ein
über eine Mischung von 8 Gewichtsteilen Alkohol und 20 Gewichtsteilen
Chloroform hinstreichender Luftstrom sich mit 2 ®/o Chloroformdampf beladet,
eine Konzentration, die als Maximum zur Erzeugung allgemeiner Anästhesie
anzusehen ist. Dieses Gemisch wird durch die Einrichtungen des Apparates,
dessen Konstruktion im Original mitgeteilt wird, je nach Bedürfnis verdünnt.
Harcourt (45) demonstriert seinen Apparat in der Gesellschaft der
Anästhetisten in London. Es entspinnt sich im Anschluss an den Vortrag
Harcourts eine lebhafte Debatte über die Konzentration der Chloroform-
Luft für verschiedene Narkotisierungszwecke.
Caro (16) plaidiert für eine bessere theoretische und praktische Aus-
bildung der jungen Mediziner in der Handhabung der Narkose und würde es
für erfreulich halten, wenn sich wie in anderen Ländern Spezialärzte für die
Narkose auch in Deutschland etablieren würden. Er selbst hat an der Klinik
Israels in 5 Jahren 1500 Chloroformnarkosen geleitet, worüber er kurz
berichtet. Seiner Erfahrung nach ist das Chloroform bei richtiger Anwendung
kaum gefährlicher als der Äther, Unglücksfälle aber meist Folge von Kunst-
fehlem.
Racoviceanu-Pitesti (89). Sterbefall durch Chloroform betrifft
einen Studenten mit Abscessus prostatae, welcher bei der Operation nach
5 g Chloroform plötzlich starb. In der Diskussion dieser Frage vor dem
Bakarester Chirurgen -Verein erwähnt Stefanescu 2 ähnliche Fälle: Bei
emem 2^/2 jährigen Kinde mit Extrophia vesicae und bei einer Epididymek-
tomie wegen Tuberkulose. Niculescu erwähnte andere drei: bei einem
Juden, bei einer Frau, bei welcher man die Salpingektomie machte und*bei
einer anderen Frau, bei welcher man wegen Colica hepatica operierte. Beide
letzteren starben nach dem Erwachen plötzlich. Niculescu meint, die
Furcht vor der Operation spiele bei solchen unglücklichen Fällen eine grosse
Bolle. St Ol an off (Plevna).
Reissigs (92) Chloroformnasenmaske besteht aus einem mit Stoff über-
zogenen, die Form der Nase wiedergebenden Drahtgestell, welches an einer
Stimbinde beweglich befestigt ist. Sie soll sich besonders bei Zahnextraktionen
als nützlich erwiesen haben zur Unterhaltung der Narkose, nachdem die
12 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Chloroformierung mit einer gewöhnlichen, Mund und Nase deckenden Maske
eingeleitet war.
Feilchenfeld (28) konstatiert mit Genugtuung, dass sein Vorschlag,
erregte Patienten mit Tinct. Strophanti auf die Narkose vorzubereiten, von
verschiedenen Seiten Anerkennung gefunden habe. Ist die vorbereitende Be-
handlung bei kräftigen Leuten unnötig, so erfordert eine nervöse Erregbar-
keit des Herzens, die sich durch matte und ein wenig klappende Herztöne,
sowie undeutlichen und etwas diffusen Spitzenstoss, kleinen und sehr beschleu-
nigten Puls zu erkennen gibt, eine mehrtägige Vorbereitungskur mit kleinen
Dosen Tinct. Strophanti, eventuell mit Tinct. digitalis vermischt, und zwar
so lange bis der Puls auf höchstens 80 Schläge heruntergebracht ist. Bei
Herzmuskelerkrankungen, von den leichten Formen der Muskelschwäche an
bis zu den schweren Formen der Myocarditis, reicht die oben erwähnte Be-
handlung gewöhnlich nicht aus. Vielmehr ist hier die Verordnung eines
Digitalisinfuses, warmer und kohlensaurer Bäder am Platze sowie von Strych-
nininjektiouen ; auch ist bei diesen Patienten die Äthernarkose anstatt der
Chloroformnarkose anzuwenden. Bei Hypertrophie des Herzmuskels ist eine
vorbereitende Behandlung gleichfalls wünschenswert. Solche Kranke sollten
nicht tief narkotisiert werden und eine Morphiuminjektion erhalten.
Auf Grund von Tierversuchen (Hunde) und Beobachtungen an Menschen
(in der Klinik von Fedoroff) empfiehlt Kr awkow (57) die Hedonal-Chloro-
formnarkose. Eine Stunde vor Beginn der Operation bekommt der Patient
bis 3,0 Hedonal, wonach er gewöhnlich ruhig einschläft, eine Stunde danach
fängt man mit dem Chloroformieren an. Die Vorzüge der Methode sollen
sein: Abkürzung, eventuell Ausfall des Exzitationsstadiums, Verbrauch sehr
geringer Chloroformmengen. Dank der im Hedonal enthaltenen Amido-Gruppe
sinkt der Blutdruck während der Narkose nicht. Die Nachwirkungen der
Narkose sind weniger stürmisch. Hohlbeck (St. Petersburg).
Windrath (113) führt aus, dass sich die Vervollkommnung der
Chloroformnarkose in zwei Richtungen vollziehe: 1. in der Herabsetzung der
Dosis, 2. in der Beifügung von chemischen Agentien, welche die Schädlichkeit
des Chloroforms zu vermindern geeignet seien. Dem Sauerstoff komme als
solchem eine hohe Bedeutung zu. Unter den Apparaten zur Sauerstoff-Chloro-
formnarkose habe der Wohlgemuthsche Mängel, der Roth- Dräger sehe
jedoch sei sehr empfehlenswert. Die Narkosen, welche Windrath mit Hilfe
dieses Apparates leitete, 100 an der Zahl, verliefen so günstig, dass Wind-
rath dieser Art der Narkose unbedingt den Vorzug vor allen anderen Methoden
des Chloroformierens gibt.
Hahn (41) hat Rot h-Drägers Apparat bei 77 Sauerstoff-Chloroform-
narkosen angewendet und rühmt diese Methode sehr vor der Tropfmethode.
Als besonderen Vorteil der Methode erwähnt der Verfasser die leichte
Anwendbarkeit derselben, dass die Narkose ruhig ist ohne oder mit ganz
geringer Exzitation, selbst in Fällen, wo man eine solche erwarten könnte
(Alkoholisnius). Der Chloroformverbrauch ist gering, durchschnittlich */2 g
in der Minute, bei langwierigen Narkosen nur V*— V» g. Die Patienten sollen
sich in der Regel nach der Narkose besser befinden, als nach anderen
Methoden, obwohl das Erbrechen nicht geringer ist.
Schaldemose (Kopenhagen).
L a 11 e n 3 1 e i n (67) hat den Roth-Dräger sehen Chloroform-Sauerstoff'-
Apparat bei 120 Narkosen als recht brauchbar gefunden, den Gebrauch des-
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anaestketika. 18
selben jedoch nach der Arbeit von Michaelis (siehe Jahrg. 1902, p. 58)
wieder eingestellt, da er sich verpflichtet fühlt, die Kranken auch nur vor
mc^Iichem Schaden zu bewahren.
Roth (94 — 95) hat, um die Angriffe, welche dem von ihm konstruierten
und empfohlenen Chloroform-Sauerstoffapparat von verschiedenen Seiten (siehe
vorigen Jahrgang) gemacht wurden, zu entkräften, eine Anzahl Chemiker ver-
anlasst, etwaige Veränderungen des Chloroforms, welches in seinem Apparat
benutzt wurde, festzustellen. Drei unabhängig voneinander prüfende Herren
fanden übereinstimmend, dass das Chloroform im Roth-Dräger sehen Apparat
eine Zersetzung nicht erleidet. Auch Roth, welcher häufige chemische
Prüfungen mit den dem Apparat entnommenen Chloroformresten vornahm,
konnte niemals eine positive Reaktion bei Anstellung der Silbemitrat- und
Schwefelsäureprobe erzielen, desgleichen konnte niemals Phosgen im Chloro-
form nachgewiesen werden. Dementsprechend hat selbst das ältere Modell
des Roth -Drag ersehen Apparates sich in der Praxis hundertfältig vor*
zügUch bewährt.
Fratti (31) spricht sich gegen die Bedeutung aus, die Rönne au
(Journal des practiciens 1903, Nr. 16) dem Zeichen des Aufhörens der Nacken-
nraskelkontrakturen bei der Chloroformnarkose beilegt, teils weil sich dieses
Symptom nicht leicht erkennen lässt, teils weil der Zustand der Tonizität
bei diesen Muskeln, wenn er eintritt, uns keine Gewähr für die Aufhebung
der Sensibilität und Muskelkontraktion bietet. R. Giani.
III. Athernarkose.
Hof mann (49) versteht unter modemer Äthemarkose die Gesamtheit
von Methoden, die bei reichlichem Zutritt von Luft den Ätherverbrauch mög-
lichst zu reduzieren bestrebt sind. Er verweist auf das Widersinnige der
ursprünglichen Juli iard sehen Methode, die durch geflissentliche Überdosierung
des Äthers unter Luftabschluss charakterisiert sei. Die Reizwirkungen des
Äthers entstehen nur durch eine zu starke Konzentration des Ätherdampf-
Lnftgemisches. Unter den üblichen Methoden, den Äther mit Luft gemischt
in möglichst geringer Konzentration zu verabreichen, steht was Einfachheit
anbelangt, die Ätherisierung nachWitzel obenan. Die gleichzeitige Anwen-
dimg von Morphium und Chloroform je nach den Bedürfnissen des Falles,
sind nur als Unterstützung der Atherwirkung anzusehen und berechtigen
nichts von einer Mischnarkose zu sprechen. Die moderne Äthernarkose ist
nach Hofmann berufen die Chloroformnarkose aus ihrer dominierenden
Stellung zu verdrängen und zur Narkose der Zukunft zu werden.'
Pfannenstiel (86) tritt auf Grund seiner an weit über 2000 Narkosen
gewonnenen Erfahrungen warm für die Äthemarkose ein. Bei richtiger
Handhabung dieser, fallen die meisten derjenigen Nachteile fort, die der all-
gemeinen Verbreitung der Äthernarkose hinderlich gewesen sind. Zu einer
Schädigung der Respirationsorgane komme es bei richtiger Technik nicht.
Pfannenstiel bat nicht eine Patientin an Pneumonie verloren und auch
leichte Lungenerkrankungen (Bronchitiden, zirkumskripte Pneumonien) nicht
mehr gesehen, seitdem er die Patienten vor der Operation mehrfach den
Mnnd mit desinfizierenden Lösungen ausspülen und gurgeln lässt, sowie eine
Abkühlung derselben während oder nach der Operation ängstlich vermeidet.
Bezüglich der Technik führt Pfannenstiel aus, dass es darauf ankomme,
14 Jahresbericht fflr Ghimrgie. I. Teil
die Atherdämpfe in angemessener Verdünnung zu verwenden. Es sei die
Schimmelbuschsche und vor allem die Julliardsche Maske durchaas
ungeeignet für die Narkose, sehr empfehlenswert dagegen die Grossmannsche
Modifikation der W an seh ersehen Beutelmaske. Jedoch sei es ein grosser
Fehler den Gummibeutel, welcher den Äther enthält, zu schütteln. Dadurch
werden nicht nur unnütz konzentrierte Dämpfe entwickelt, sondern der Äther in
feinste Tröpfchen zersprengt, die der Athemluft beigemengt die Schleimhäute
der oberen Luftwege stark reizen. Die Injektion von 0,01 Morphin zehn
Minuten vor Beginn der Narkose empfiehlt sich. Während zu Beginn der
Narkose der Kranke möglichst verdünnte Ätherdämpfe bekommen soll, ist es
für das Zustandekommen voller Betäubung erwünscht, dass ein gewisser Grad
von Kohlensäureintoxikation eintritt und dementsprechend soll die Maske fest
angedrückt werden. Zur Unterhaltung der Narkose hat man auf die Zufuhr
ganz schwacher Ätherdämpfe bedacht zu sein^ wobei die Maske öfters, um
atmosphärische Luft zuzuführen, zu lüften ist. In der Regel kam Pfannen-
stiel mit 100 ccm Äther selbst bei langdauemden Narkosen aus. Als Gegen-
anzeige lässt Pfannenstiel nur die akute Bronchitis und Pneumonie gelten,
chronische Lungenerkrankungen jedoch nicht. Die Ausscheidung des Äthers
nach der Narkose sollte durch Anregung der Transpiration (Ausscheidung
durch den Schweiss) befördert werden (Heissluftapparate) und zugleich per os,
auch per anum dem Körper Flüssigkeit zugeführt werden, selbst auf die Ge-
fahr hin, dass dadurch etwaiges Erbrechen vorübergehend gesteigert wird.
Da der Äther den Körper, zumal unter den genannten Massregeln schnell
verlässt, sind Schädigungen der Niere, Leber, der Magen-Darmschleimhaut
sowie der nervösen Zentralorgane wie beim Chloroform nicht zu befürchten.
Für die ärztliche Praxis muss dem Äther auch deshalb der Vorzug vor dem
Chloroform zuerkannt werden, weil man selbst einen Laien ohne Gefahr mit
der Ausführung der Äthemarkose betrauen kann.
Kroemer (58) schildert die an der Giessener Frauenklinik geübte
Äthemarkose mit Hilfe der Wanscher-Grossmannschen Maske, über
deren Vorzüge Pfannenstiel in vorstehend referiertem Aufsatz bereits
eingehend berichtet hatte.
Wie Fuchs (32) ausführt, ist die Wahl des Narkotisierungsmittels für den
Gynäkologen von besonderer Bedeutung. Früher diente an der Kieler üniversitäts-
Frauenklinik für kürzere Operationen meist die Chlorofonnnarkose, für längere
die Koch er sehe Chloroform-Äthernarkose. Zwei in den letzten fünf Jahren
(3000 Narkosen) sich ereignende Chloroformtodesfälle veranlassten, dass wieder
mehr der Äther, in der Wagner-Longardschen Maske verabreicht, benützt
wurde. Fuchs rügt einige Missstände dieser sonst im Prinzip gut ersonnenen
Vorrichtung. Der Artikel Witz eis „Wie sollen yrir narkotisieren" führte
dazu, dass die Äthernarkose nach Witzeis Vorschrift probiert und für
zweckmässig befunden wurde. Bei Frauen genügt meist eine Injektion von
0,01 Morphin eine halbe Stunde vor Narkosebeginn, in besonderen Fällen
wurden auch 0,02 verabreicht. Da bei Laparotomierten das Morphium mehr-
fach gröbere Störungen der Peristaltik verursachte, so wurde statt dessen
mit gutem Erfolg das Codeinum phosphoric. in der Dosis von 0,15 vor der
Narkose gegeben. Die Witze Ischen Vorschriften, welche in 300 Fällen be-
folgt wurden, haben sich gerade für die Zwecke der gynäkologischen Praxis
bestens bewährt, so dass Fuchs der Witz eischen Ätherisierung gerade für
dieses Feld der ärztlichen Tätigkeit die weiteste Verbreitung wünscht.
Ritsohl, Narkose, Narkotika, Anaeathetika. 15
Longard (71) hat bei 2700 Äthemarkosen, die mit Hilfe der von ihm
und Wagner konstruierten, reichlichen Luftzutritt gestattenden Maske aus-
geführt waren, so gute Ergebnisse gehabt, dass er den Äther bei richtiger
Anwendung für das ungefährlichste und beste Narkotikum hält. Die üblen
Folgeerscheinungen der Äthemarkose führt er auf die fehlerhafte Darreichung
ui geschlossenen, die Luftzufuhr hemmenden Apparaten zurück. Nach seinen
Erfahrungen gibt es gegen den Äther keine Kontraindikationen, selbst akute
und chronische Lungenkatarrhe werden durch den Äther an sich nicht un-
günstig beeinflusst.
Mc Cardie (77) legte bei der Vorbereitung seiner Patienten zu einer
Narkose das Hauptgevdcht auf die Behandlung des Magens, und zwar einmal
um die Ausscheidung des Äthers zu beschleunigen, sodann um einer reizenden
Wirkung desselben auf die Magenschleimhaut zu begegnen. Dadurch sucht
er zu bewirken, dass er den Patienten viel Wasser gemessen lässt, dass
Nieren, Lungen, der Magen und die Schleimhäute das Gift schnell ausscheiden.
Da Äther sich zu 1 Teil in 10 Teilen Wasser löst, lässt Mc Cardie unmittel-
bar vor der Narkose Wasser trinken, um dadurch die Konzentration des
im Magen ausgeschiedenen Äthers möglichst herabzusetzen. Unter sieben der-
artig behandelten Fällen trat nur einmal Erbrechen ein, welches dem Umstand
zugeschrieben wird, dass der Kranke feste Nahrung vor der Operation ge-
nommen hatte. Bei schwachen Patienten empfiehlt Mc Cardie einmal täglich
Salzwasserklystiere, subkutane Injektion von Glukose oder Nährklystiere. An
Husten leidende Patienten tun gut, vor der Narkose die anästhesierenden
Wirkungen von Pfefferminzöl oder Menthol sich zunutze zu machen.
An der Frauenklinik Landaus in Berlin hat man, wie Hartog (46)
berichtet mit der Äthemarkose wesentlich bessere Erfahrungen gemacht, seit-
dem man ihr eine Injektion von ^/2 mg Skopolamin und 1 cgm Morphimn
V«— 1 Stunde vorausgehen lässt. Die Injektion bewirkt, dass die Narkose
ruhiger verläuft, es fällt das Erbrechen während der Narkose fort, die Patienten
erwachen ohne Exzitation und werden von Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen
nicht belästigt. Erbrechen kam nur ausnahmsweise einige Stunden nach
dem Aufwachen vor. Stärkere Salivation wurde fast nie beobachtet.
Pech eil (85) untersuchte den Einfluss der Äther isation auf die Stick-
stofifausscheidung. Er stellte fest, dass diese am Tage nach der Narkose er-
heblich sinkt, so dass sie wenig mehr als die Hälfte beträgt, als am Tage
Tor der Operation. An den folgenden Tagen steigt sie beträchtlich und be-
trägt am vierten Tage etwa das Doppelte der Norm. Der Aufsatz Pech ells
enthält ausserdem noch Aufzeichnungen über den Einfluss der Ätherisation
auf Hammenge, Ausscheidung der Harnsäure und der Xanthinkörper.
Sud eck s (106) Maske zur Äthemarkose ist aus Metall gefertigt und
anskochbar. Sie besteht aus einem Mundstück, welches dem für den Roth-
Dräger sehen Sauerstoff-Chloroformapparat konstruierten nachgebildet und klein
genug ist, um die Beobachtung des Gesichtes nicht zu verhindern. Ein von
diesem Mundstück durch einen mit Einatmungsventil versehenen Boden ge-
treimter Becher dient zur Aufnahme eines Stückes Mull, auf den der Äther
aufgegossen wird. Seitliche Löcher an diesem gestatten auch in Seitenlage
zu narkotisieren. Die Ausatmungsluft entweicht durch ein seitlich am Mund-
stück angebrachtes Ventil. Bezugsquelle: Leonhard Schmitt & Co. Hamburg,
Neuer Wall.
16 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
Landström (66) teilt seine Erfahrungen in bezug auf „Ätherrauscli"
mit. Er wendet die schwedische Äthermaske an. Dosis 10—20 ccm; für
Potatoren 30—50 ccm, mit Morphium kombiniert. Als die wichtigsten Vor-
teile der Methode hebt er hervor, Gefahrlosigkeit, Freiheit von unangenehmen
Nachwirkungen, sowie die Schnelligkeit, mit der die Analgesie eintritt. Gegen-
über Riedel betont Verf., dass das Chloroform für minimale Narkosen un-
geeignet ist. Hj. von Bonsdorf f (Helsingfors).
IV. Äther und Chloroform.
Die Arbeit Webers (111) über die Verwendbarkeit des Braunschen
Apparates zur Chloroform-Äther-Narkose stützt sich auf 300 in der Strassburger
Universitäts 'Frauenklinik ausgeführte Narkosen. Der Apparat erwies sich
besonders für längerdauemde Operationen wegen des geringen Verbrauchs an
Chloroform und Äther, der günstigen Wirkung des letzteren auf das Herz
als sehr zweckdienlich. Die Narkosen zeichneten sich femer dadurch vorteil-
haft aus, dass sie nicht von Erbrechen unterbrochen und von gleichmässiger
Tiefe waren. Dass einige Herzkomplikationen, die mit Kampfer bekämpft
werden mussten, auch einige Male Asphyxien, endlich auch 2 mal Bronchitis
und Imal eine postoperative Pneumonie vorkamen, kann dem Wert der
Methode keinen Abbruch tun.
Kuhn (63) berichtet über 200 Narkosen mit dem Braunschen Äther-
Chloroformgemisch aus der Privat-Frauenklinik von Menge und Krönig
in Leipzig. Die Methode lieferte recht günstige Ergebnisse. Vor allem blieben
gefahrdrohende Störungen von Seiten der Atmung und Herztätigkeit ganz
aus, auch kamen üble Nachwirkungen, wie Pneumonien, nicht vor.
Krönig (59) rühmt die Vorzüge des Braunschen Verfahrens zur Ein-
leitung von Äther -Chloroformmischnarkosen. Als einzigen Nachteil hat
Krön ig, der auf ca. 1000 derartige Narkosen zurückblicken kann, empfunden,
dass bis zum Eintritt des Toleranzstadiums oft 15—30 Minuten vergingen.
Um diesen Übelstand zu beseitigen konnte Krönig sich nicht entschliessen
im Beginn der Narkose reine Chloroformdämpfe zu geben, wie ihm von
Braun auf eine Anfrage hin geraten war. Krönig hat nun das Lachgas
herangezogen, um schnell Toleranz herbeizuführen, und die Narkose mit dem
Braunschen Gemisch fortgesetzt. Zu diesem Zweck hat er den in Amerika
zur Lachgasnarkose meist benutzten Bennets Inhalor mit dem Braunschen
Apparat kombiniert. Die Konstruktion des Apparates ist im Original nach-
zusehen. Bei 500 derartigen Mischnarkosen hat sich der Apparat bestens
bewährt. Nach 40—60 Sekunden sind die Kranken soweit eingeschlafen,
dass der Braunsche Apparat eingeschaltet werden kann und nach 4 — 6
Minuten kann mit der Operation begonnen werden.
Berndt (4) ist schon nach den ersten Versuchen ein begeisterter An-
hänger der nach den Vorschriften Witzeis ausgeführten Äther-Chloroform-
narkose geworden. Seine an 120 Fällen gewonnenen Erfahrungen teilt er
mit. Der Verbrauch an Chloroform, welcher in der ersten Zeit ein relativ
grosser war, sank durch die gewonnene Übung auf ein Minimum, so dass in
den letzten 60 Fällen höchstens 3 gm Chloroform neben dem Äther zur Anwen-
dung kamen. In einer Reihe älterer Bronchitisfälle wirkte die durch die Narkose
verursachte, gesteigerte Schleimsekretion auffallend gut auf den weiteren
Verlauf der Affektion. Auch bei der Operation eines akuten Lungenabszesses
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anaesthetika. 17
uDd einer ausgedehnten Lungengangrän blieben die Atmungsorgane frei yon
jeder üblen Nachwirkung der Narkose.
Braun (11) stellt fest, dass die Bestrebungen Witzeis und Hofm9.nn8
Äther tropfenweise auf einer gewöhnlichen Chloroformmaske zu geben und
nach Bedarf Chloroform hinzuzufügen im Prinzip mit seinem Verfahren der
Äther-Chloroform-Mischnarkose (siehe Jahrg. 1901 p. 46) übereinstimmen.
Braun, der über seine sehr günstigen Resultate der letzten Jahre mit dem
in Frage stehenden Narkotisierungsverfahren kurz berichtet, hebt vor allem
die ausserordentliche Ersparnis an Material hervor, die die Anwendung seines
Gebläseapparates gegenüber der Verwendung einer Maske ermöglicht. Im
Gegensatz zu Witzel gibt Braun Morphium nur bei kräftigen Männern.
y. Äthylchlorid und Somnoform-Narkose.
Lotheisen (72) nimmt Veranlassung die in der Literatur sich mehrenden
Fälle von Tod durch die Äthylchloridnarkose auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Er
kommt zn dem Resultat, dass nur ein Todesfall durch Äthylchlorid einwands-
frei sei. In allen übrigen Fällen sei es zum mindesten unwahrscheinlich,
dass dem Äthylchlorid der Tod zur Last zu legen sei. Demnach ergibt sich
eine Mortalität von 1 : 17000. Lotheisen hält die von verschiedenen Seiten
ei^angenen Warnungen vor der Äthylchloridnarkose daher für unbegründet
und empfiehlt sie sehr zur Vornahme kleinerer Operationen sowie zur Ein-
leitung der Äther- oder Chloroformnarkose, da man dadurch Zeit gewinne
und das gefahrliche Exzitationsstadium umgehe.
McCardie (78) schildert die Äthylchloridnarkose, ihre Geschichte,
die Eigenschaften des Äthylchlorids, seine physiologischen Wirkungen, den
Ablauf der Äthylchloridnarkose und ihre Folgezustände. Wie er bereits in
einer früheren Publikation mitgeteilt (siehe Jahrgang 1901) hat McCardie
den Breuerseben Korb, weil er einen zu reichlichen Luftzutritt gestattet,
Terlassen und sich eines Ormsby sehen Apparates in nunmehr 350 Fällen
mit bestem Erfolge bedient , um störenden Muskelspasmen zu begegnen , deren
er mit wenigen Ausnahmen Herr wurde. Dieser Apparat wird zweckmässiger
Weise, um das Gefrieren zu verhindern, nach dem Vorgange Hewitts mit
einer mit heissem Wasser gefüllten Wasserkammer versehen. Im Vergleich
znm Lachgas erzielt man nach McCardies Erfahrungen mit Äthylchlorid
in kurzer Zeit eine nicht unerheblich länger anhaltende Narkose, die sich
durch Nachgiessen von 2 — 3 ccm des Mittels alle 2—3 Minuten noch ver-
läugem lässt. Nach kurzdauernden Narkosen besteht bei wiedergekehrtem
Bewusstsein noch ein analgetischer Zustand von der Dauer einer ^U — Vs
Minute. Unangenehme Folgezustände (Kopfschmerz, Erbrechen) sind bei
Gebrauch von Äthylchlorid keine Seltenheit. Besonders das Erbrechen ist
wenn auch seltener als nach Chloroformnarkosen doch entschieden häufiger
als nach Lachgasnarkoseu. Gefährliche Zustände wie Herzsynkope oder Respi*
rationsstillstand hat McCardie nie erlebt.
In dem Somnoform, w^elches McCardie 11 mal versuchte, erblickt
er keinen Fortschritt gegenüber dem Äthylchlorid allein, im Gegenteil belästigt
der Geruch des ßromäthyls während der Operation und verursacht noch
mehrere Tage dem Patienten einen unangenehmen Geschmack.
Nach Mc Cardie eignet sich die Äthylchloridnarkose, die er in einem
Fall auf 26 Minuten ausdehnte, für kürzere Eingriffe bis etwa von der Dauer
Jahresberieht für Chinirgi« 1903. 2
18 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
von 15—20 Minuten vortrefflich. Die einzige Kontraindikation bieten Ver-
engerungen des Larynx , während Herz , Lungen und Nierenkranke die Narkose
gut vertragen. Ganz besonders günstig ist die Äthylchloridnarkose für kurz-
dauernde Eingriffe bei Kindern. Auch zur Einleitung der Äthemarkose
bewährte sich die Anwendung des Äthylchlorids.
Nov6-Jo88erand (84) welcher die Erscheinungen der Äthylchlorid-
narkose schildert, spricht seine Meinung dahin aus, dass das Äthylchlorid
ein wenig gefährliches Narkotisierungsmittel darstellt, zumal vor dem Herz-
stillstand die Atmung aufhöre. Unter 2000 Äthylchloridnarkosen hatte N o v 6 -
Josserand nur einmal einen üblen Zufall. Es handelte sich um eine
plötzlich auftretende Zyanose bei einem Kinde, die jedoch schnell vorüberging.
Nove-Josserand zieht die Darreichung des Äthylchlorids auf einer von
der Hand gedeckten Kompresse derjenigen vermittelst einer Maske vor.
Während man bei Verwendung einer Maske durchschnittlich 10 ccm Chloräthyl
zur Einschläferung gebraucht, genügen bei Anwendung der Kompresse 2 — ^3
ccm. Längere Narkosen sind mit Chloräthyl nicht gut zu unterhalten. Hier-
für empfiehlt es sich nach der Einschläferung zum Äther überzugehen. Diese
kombinierte Äthylchlorid- Äthemarkose hat grosse Vorteile, da man die An-
ästhesie ohne störendes Exzitationsstadium schnell herbeiführt und der Äther-
verbrauch zur Unterhaltung der Anästhesie sehr gering ist.
In der Diskussion äussert sichVillard dahin, dass seinen nunmehr
5 jährigen Erfahrungen nach die Äthylcbloridnarkose mancherlei ünvollkommen-
heiten habe. So die kurze Dauer und ihre Unzuverlässigkeit bei einem Teil
der Patienten. Wegen mangelnder Muskelerschlaffung sei die Äthylchlorid-
narkose für die Reduktion von Luxationen und Frakturen nicht zu gebrauchen.
Ihr Anwendungsgebiet sei daher begrenzt und beschränkt auf kurzdauernde
Operationen, für die Erschlaffung der Muskeln nicht erforderlich sei.
Auf die Frage Rivieres, der die Chloräthylnarkose für Operationen
an den Tonsillen empfiehlt, ob nicht die Blutung durch die Anwendung des
Chloräthyls begünstigt werde, antwortete Nove-Josserand verneinend.
Hamm es (42) bedient sich einer nach dem Modell der Julliard sehen
angefertigten Maske. Die in einem Messzylinder abgemessene Dosis wird
auf einmal aufgegossen.
Meistens tritt nach 40 — 50 Sekimden Narkose ein, bisweilen schon
nach 15 Sekunden; in einem Falle erst nach 2 Minuten 16 Sekunden. Ex-
zitation trat fast niemals ein. Die Dosis wechselt je nach dem Alter von
2 — 10 ccm; sie bezieht sich auf das von Henning in den Handel gebrachte
Äthylchlorid. Die Muskelspannung dauert während der Narkose meistens fort.
Für kurzdauernde Operationen ist das Äthylchlorid dem Ätherrausch vorzu-
ziehen, weil die Narkose viel rascher eintritt, ruhiger ist und weniger
gefahrlich. Handelt es sich darum den Patienten längere Zeit in Narkose
zu halten, so wird die Hälfte der ersten Dosis gegeben. Dauerte die Narkose
länger als 15 — 20 Minuten, so wurde sie mit Äther fortgesetzt. Erbrechen
nach der Narkose fehlte fast vollständig. Auf Grund seiner Erfahrungen, die
sich auf 200 Narkosen . beziehen, empfiehlt Hamm es sehr warm diese
Narkoseart. Goedhuis (Deventer).
G a u d i a n i (39) veröffentlicht einen kurzen Bericht über 35 mit
Chloräthyl erzeugte Allgemeinnarkosen; die längste, mit 80 ccm Chloräthyl
bewirkte, dauerte 35 Minuten, manche waren sehr schwer und an Indivi-
duen vorgenommen worden, die Chloroform und Äther nicht ertragen haben
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anaesthetika. 19
würden. Albumin wurde, selbst nach lajigen Narkosen, nie im Harn ange-
troffen. Verf. meint, dass Chloräthyl, wenn mit den erforderlichen Vorsichts-
massregeln angewendet, absolut unschädlich sei; bei kleineren oder nur kurz
dauernden Operationen könne die allgemeine Ghloräthylnarkose, da sie fast
augenblicklich wirkt, ein schnelles Erwachen zulässt, unschädlich ist und keine
Nachwirkungen hat, die Chloroform- und Äthemarkose mit Nutzen ersetzen.
Unter strengen Vorsichtsmassregeln lasse sie sich auch bei nicht lange
dauernden Bauchoperationen anwenden, namentlich wenn andere anästhetische
Mittel nicht gewählt werden können. Auch eigne sie sich zur Einleitung der
Chloroform- und Äthemarkose. R. Giani.
Luke (73) bedient sich eines im Original an einer Abbildung erläuterten,
modifizierten Cloy er sehen Apparates zur Einleitung der Chloräthylnarkose,
die er für kurze Operationen sehr empfiehlt, bei längerdauemden Operationen
aber zur Einleitung der Äthemarkose benutzt. Die Wirkung der unter den
Namen Soninoform, Narkotile (Mischung von Methyl- und Ätbylchbrid),
Kelen etc. empfohlenen Substanzen beruht in erster Linie auf der Anwesen-
heit des Chloräthyls. Das Somnoform aber ist seines Gehaltes an Bromäthyl
wegen nicht einwandsfrei.
Cole (18), der über die Wirkungen des Bromäthyls als Narkotikum
referierend berichtet, hat die unter dem Namen Somnoform besonders in
Frankreich gebrauchte Mischung (Äthylchlorid 65 T., Methylchlorid 30 T.,
Bromäthyl 5 T.) zum Gegenstand experimenteller Untersuchungen gemacht.
Er studierte die Wirkung des Somnoforms an 20 Versuchstieren und fand,
dass die Hauptgefahr dieses Mittels in einer Lähmung der Respiration besteht.
Daher müssen vor allem die Atembewegungen sorgfältig überwacht werden.
Herzstillstand vor Aufhören der Atmung ist nicht zu befürchten. Es ist
daher leicht die Tiere, bei denen die Atmung zum Stillstand gekommen ist,
durch künstliche Atmung wieder zu beleben. Für besonders beachtenswert
hält Cole die lähmende Wirkung, die vom Bromäthyl auf die Vagusfasem
(inhibitorische Fasern) ausgeübt werde. Da Chloroform durch Reizung dieser
Fasern zuweilen tödlich wirkt, so verspricht sich Cole besondere Vorteile
von einer Narkose, die mit Bromäthyl eingeleitet und mit Chloroform unter-
halten werde.
Kirkpatrick (53) berichtet über günstige Erfahrungen mit einer von
Rolland und Robinson empfohlenen Mischung „Somnoform^ genannt.
Dieses besteht aus Äthylchlorid 60 T., Methyldichlorid 35 T., Bromäthyl 5 T.
Letzteres soll die Narkose, die entsprechend der Flüchtigkeit der übrigen
Komponenten schnell verschwindet, verzögern. Wie beim Äthylchlorid, so tritt
auch beim Somnoform die Narkose in weniger als 1 Minute (durchschnittlich
in 54,9) Sekunden ein, um durchschnittlich 65,1 Sekunden (im Minimum
15 Sekunden, im Maximum 2 Minuten) anzudauern. Kirkpatrick bediente
sich der Somnofommarkose, die er mittels eines modifizierten Ormsby sehen
Apparates einleitete, in 207 Fällen von Zahnextraktionen bei in keiner Weise
vorbereiteten Patienten. Zu Erbrechen nach der Narkose kam es nur in
Ausnahmefällen.
VL Lachgasnarkose.
Hammes (42) verbreitet sich ausführlich über die Vorteile der Lach-
gas- und Lachgassauerstoffnarkose für kurze Operationen.
20 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
Für die NgO—O-Narkose wird der Apparat von Hewitt angewendet
Mit diesem Apparat ist das Mittel ganz ungefährlich, nur bei dyspnoischen
Zuständen ist es kontraindiziert (Kompensationsstörungen des Herzens, bei
Struma u. s. w.). Goedhuis (Deventer).
YII. Sehleiohsches Narkosengemisch«
V. Winkel (114) berichtet zunächst über den ersten Chloroform todes-
fall an seiner Klinik, der auf eine nicht erkannte, embolische Lungenerkrankung
zurückgeführt werden musste und an sich jede Narkose kontraindiziert hätte.
Durch die günstigen Berichte über Narkosen mit dem Schi eich sehen Siede-
gemisch veranlasst, führte v. Winkel diese Narkosenart an seiner Klinik
ein und Hess die Ergebnisse jedes einzelnen Falles genau aufzeichnen. Es
wurde, da Fiebernde nicht zur Operation kamen, nur das Narkosengemisch I
in 101 Fällen angewandt. Zugleich wurde des Vergleichs wegen in 60 Fällen
die reine Äthernarkose und in 15 die Äther-Morphiumnarkose eingeleitet.
Die Ergebnisse, welche im einzelnen mitgeteilt werden, waren derart, dass
das Narkosengemisch I von Schleich vor dem reinen Äther keine wesent-
lichen Vorzüge hat, ja dass bei Gebrauch des ersteren bedrohliche Zustände
sogar noch häufiger eintreten, trotzdem Zeit und Quantum des Verbrauches
geringer waren als beim Äther.
Meyer (79) empfiehlt unter dem Namen Anesthol ein neues Mittel für
die Narkose, welches aus 17 ^lo Äthylchlorid, 35,89^/0 Chloroform und 47,10 ®/o
Äther besteht. Der Siedepunkt dieser chemischen Kombination ist 40 ^ Celsius.
Bei Verdampfung bei 40® bleibt bis zuletzt dieselbe Mischung und nicht wie
bei Schleichs Mischung ein Rückstand von Chloroform. Um diese Narkose zu
erzeugen, ist Morphium nötig. Maass (New-York).
Till. BromSthylnarkose.
Huggard (52) hatte in Wien und bei Kocher in Bern die Bromäthyl-
narkose, bei letzterem als Einleitung der Äthernarkose, kennen gelernt und
sieht jetzt auf eine 4jiihrige Erfahrung mit ihr zurück. Er rühmt besonders
den schnellen Eintritt der Narkose — weniger als eine Minute — , die beson-
ders bei Verwendung eines chemisch reinen Präparates, wie es die Firma
Duncan and Flockhart liefere, keine besonderen Gefahren habe, wenn
man ganz kleine Kinder, sehr schwache und anämische Personen, mit Morbus
Brightii und fettiger oder sonstiger Degeneration des Herzens Behaftete,
endlich Alkoholisten ausschliesse.
Taptas (107), der für kurzdauernde Operationen an Nase, Rachen
und Ohren die Bromäthylnarkose deshalb vorzieht, weil sie am sitzenden
Patienten vollzogen werden kann, hat, um den Kranken sicher zu immobilisieren,
einen Sessel konstruiert, auf dem die Oberschenkel festgeschnallt werden,
während Kopf und Hände von einer Hilfsperson von rückwärts gehalten
werden.
IX. Narkotil.
Eastham (27) schildert seine Erfahrungen mit einem neuen Narkoti-
sierungsmittel ^Narkotil"* genannt. Man gewinnt es, wenn man eine Mischung
von Äthyl- und Methylalkohol mit Salzsäure behandelt und destilliert. Die
entstehenden Dämpfe werden unter Druck kondensiert und gereinigt. Es bildet
Ritsch 1, Narkose, Narkotika, Anaesthetika. 21
das Narkotil ein konstantes, vom Licht nicht beeinfiassbares , gut haltbares
Produkt von grosser Flüchtigkeit und angenehmem Geruch. Gleich dem Äther
ist es leicht entzündbar. Zum Narkotisieren benutzte Eastham einen von
Lobjois konstruierten Gebläseapparat mit einer mit Expirationsventil ver-
sehenen , eng anschliessenden Celluloidmaske. Die Wirkungen des Narkotils
gleichen am meisten dem des Äthers, vor allem kommt es zu einer Erregung
der Herzaktion, während eine Steigerung der Schleimhautsekretionen nicht
beobachtet wurde. Die Muskulatur ist in voller Narkose erschlafft, die Pu-
pillen anfangs erweitert, später verengert. Die Narkose tritt schnell ein,
ebenso das Erwachen. Gewöhnlich fehlen nach diesem Kopfschmerzen und
andere unangenehme Erscheinungen. Hat Eastham auch noch keine be^
drohlichen Zufälle erlebt, so ist er doch überzeugt, dass durch Überdosierung
solche entstehen können. Bei der grossen Flüchtigkeit des Mittels glaubt er
jedoch, dass künstliche Respiration zur rechten Zeit günstig wirken muss.
20 Narkosen, über die Eastham kurze Notizen mitteilt, verliefen günstig.
W^en der bedeutenden Kälte, welche mit der schnellen Verdampfung des
Narkotils verbunden ist, erwies es sich Eastham als vorteilhaft, die
Flasche des Gebläseapparates in ein mit warmem Wasser gefülltes Gefäss
zu stellen. Die Narkotilnarkose eignet sich sowohl für grosse Operationen,
wie für kurzdauernde Eingriffe.
X. Morphium-Skopolaminnarkose«
Schneiderlin (97) gibt weitere Erfahrungen und eine Reihe systema-
tischer Untersuchungen über die Skopolamin-Morphium-Narkose bekannt.
Hatte er Zeit abzuwarten, so wurde der Einfluss des Mittels tags zuvor
durch eine Injektion von ®/io — 1 mg Skopolamin und 2 cg Morphin ausprobiert.
Je nach Ausfall dieser Prüfung wurden am Operationstage ®/io — IV* mg Skopol-
amin und 2—3 cg Morphin IV« Stunden vor der Opef'ation injiziert und bei
ungenügender Wirkung noch ^'4 Stunde vor Beginn der Operation 2 — 4 dmg
Skopolamin und Vs—l cg Morphin hinzugefügt. In dringenden Fällen wurden
1 — IV2 mg Skopolamin mit 2 — 2^/« cg Morphin gegeben, unter Umständen
noch eine zweite Dosis von 2—4 dmg Skopolamin und V« — 1 cg Morphin.
Durch eine Anzahl von Versuchen wurde ferner festgestellt, dass An-
ästhesie nur durch die Kombination von Skopolamin und Morphin, nicht aber
durch eines der beiden Mittel allein selbst in grossen Dosen erzielt wird.
Als Nachteile des Verfahrens bezeichnet Schneiderlin, dass die Wir-
kung auf den Patienten ausprobiert und bis zum Erwachen die Atmung über-
wacht werden muss (Zurücksinken der Zunge — Asphyxie). Demgegenüber
hat es jedoch den Vorteil, dass es bei richtigem Ausprobieren gefahrlos ist,
der Narkotiseur fortfllllt und die Gefahr psychischen Shocks ausgeschlossen
ist. Misserfolge lassen sich vermeiden durch zuvoriges Ausprobieren der Wir-
kung, durch Vermeidung zu grosser Dosen und dadurch, dass man nicht vor
Eintritt voller Narkose mit der Operation beginnt.
Die sich mehrenden Todesfälle bei Anwendung der reinen Skopolamin-
Morphin-Betäubung haben Kor ff (55) veranlasst, die Dosis zu vermindern
und den Ausfall an narkotischer Wirkung durch nachträgliche Äther- oder
Chloroforminhalation zu decken. Die Dosis beträgt im ganzen 0,0001 Skopol-
amin und 0,025 Morphin. Es werden von einer Lösung, die folgendermassen
zusammengesetzt ist,
22 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Skopolamin hydrobrom. 0,001
Morphin mur. 0,25
Aq. dest. coct. 10,0
Vs Pravaz 2^2 Stunden, Vs Pravaz VI2 Stunden und die gleiche Quantität
nochmals V2 Stunde vor der Operation gegeben. Je nach Alter, Allgemein-
befinden, Herztätigkeit und nervöser Veranlagung des Patienten kann diese
Dosis eventuell nach oben oder unten etwas modifiziert werden. In 50 nicht
ausgesuchten Operationsfällen hatte Kor ff bei Befolgung obiger Vorschriften
durchaus zufriedenstellende Resultate.
Stolz (104) stellt die in der Literatur niedergelegten Erfahrungen, denen
er sechs eigene Beobachtungen hinzufügt, zusammen. Er beleuchtet kritisch
die Vor- und Nachteile des neuen Verfahrens und kommt zu dem Schluss,
dass der Skopolamin-Morphin-Narkose viele Nachteile anhaften, insbesondere
Unzuverlässigkeit und Gefährlichkeit. Von insgesamt 465 Patienten konnten
ungefähr 309 durch die Injektionen allein anästhesiert werden, alle anderen
bedurften noch der Inhalationsnarkose. Von 465 starben drei infolge der In-
jektionen = 0,6 ®/o Mortalität; einer zeigte eine ausserordentlich tiefe, neun
leichtere Asphyxien, oft wurde Herzschwäche wahrgenommen. Gegenüber der
Inhalationsnarkose mit vorausgehender Morphin- bezw. Morphin -Atropin- In-
jektion (Äther) sieht Stolz in der Skopolamin-Morphinnarkose keinerlei Vor-
teil, im Gegenteil vielerlei Nachteile.
Wild (112) berichtet über Versuche, welche auf die Blossche Arbeit
hin mit der Skopolamin-Morphium-Narkose im Altonaer Krankenhause an-
gestellt wurden. Man hörte nach dem achten Falle jedoch mit den Versuchen
wieder auf, weil die betreffende 18jährige Patientin im Anschluss an die Ope-
ration, zu deren Ausführung noch eine Darreichung von Äther notwendig war,
in einen schweren, beinahe tödlich endenden Zustand von Morphiumvergiftung
verfiel. Der Grund dieses Misserfolges wird gesucht in der Unzuverlässigkeit
des Skopolamins, welches die zur Verwendung gelangte hohe Dosis von 9 cg
Morphin nicht zu paralysieren vermochte. Wenn auch eine Anzahl der Ver-
suche befriedigten, so liegt in den Erfahrungen des letzten Falles eine dring-
liche Warnung, mit dem neuen Verfahren, zumal der Bios sehen Dosierung,
vorsichtig zu sein.
Grevsen (40) berichtet über 69, im allgemeinen günstige Erfahrungen
mit der Morphium-Skopolaminnarkose. Trotz der sich mehrenden, vor der
neuen Narkose warnenden Stimmen möchte er als Landarzt die den üblichen
Narkosearten gegenüber bedeutende Vorteile bietende Morphium-Skopolamin-
narkose nicht mehr missen, ist jedoch der Ansicht, dass namentlich in bezug
auf die Dosierung das Verfahren noch vervollkommnet werden sollte.
Fla tau (29) berichtet über Erfahrungen, die er mit Morphium-Skopol-
amin an einem Material von 47 Fällen in der gynäkologischen Praxis ge-
wonnen hat. In 17 Fällen versuchte er durch Injektion von 0,03 Morphin
und 0,0012 Skopolamin vor der Operation die Menge des zu verwendenden
Äthers odt^T^ Chloroforms herabzusetzen. In dieser Hinsicht war jedoch die
Wirkung keine derartige, dass daraus ein wesentlicher Vorteil abgeleitet
werden komite. In 30 Fällen verwandte Flatau dann die eigentliche Mor-
phin m-Skopolaminnarkose. Es wurden in Pausen von 1 — 2 Stunden dreimal
die oben genannte Dosis Morphin und Skopolamin injiziert. Während in 22
dieser Fälle die Narkose befriedigte, musste in zwei Fällen mit Chloroform
naehgeholfen werden. In fünf Fällen konnte, trotzdem die Narkose nicht ganz
Ritsohl, Narkose, Narkotika, Anaeaihetika. 23
genügte, der Eingriff Tollzogen werden. Ein Todesfall, dessen Geschichte aus-
fahrlich mitgeteilt wird, brachte Flatau wieder von der Verwendung der
neuen Narkoseart ab. Der Todesfall war um so alarmierender, als es sich
um eine sonst gesunde, keineswegs besonders blutarme Frau (Myom der Ge-
bärmutter) handelte, die 4^/t Stunden nach wohlgelungener Operation in ruhiger
Narkose Zeichen von fortschreitender Herzschwäche darbot und trotz aller
Bemühungen nach l^/t Stunden zu gründe ging. Flatau hält daher mit
Witzel die Methode noch für unfertig und daher gefährlich und warnt Tor
der Verallgemeinerung ihrer Anwendung.
Wie Steffel aar (101) berichtet, wurde auf der chirurgischen Klinik von
Prof. Korteweg die von Schneiderlin eingeführte Skopolamin-Morphium-
Narkose an 25 Fällen erprobt. In sechs Fällen gelang die Betäubung voll-
kommen. Für die Probeinjektion wurde 0,00025 Skopolamin und 0,005 Mor-
phin gegeben. Eine Patientin, ein 15jähriges nervöses Mädchen, vertrug die
Probedosis schlecht; die Injektionsnarkose genügte hier nicht, es musste fort-
während nebenher Chloroform gegeben werden.
Für die eigentliche Narkose wurde, mit Ausnahme von vier Fällen,
0,0075 Skopolamin und 0,03 Morphium gereicht; eine zweite Einspritzung
wurde nie gemacht. In vier Fällen wurde 1 mg Skopolamin und 37,5 — 45 mg
Morphimn gereicht.
Bei ungenügender Anästhesie waren kleine Dosen Chloroform hinreichend,
um volle Betäubung zu erlangen (bei einer Operationsdauer von 2 — 2'/4 Stunden
15 — 20 cc Chloroform).
In einem Fall von Besektion des Oberkiefers wegen Karzinom mit vor-
hergehender Exstirpatio bulbi und Unterbindung der Carotis externa genügte
die Injektionsnarkose vollkommen.
Bei fünf Kranken trat eine ziemlich starke Zyanose auf. Bisweilen wurde
nach dem Erwachen starke Exzitation beobachtet, die einige Stunden anhielt.
Auffallend war die post-operative Amnesie.
Laut brieflicher Mitteilung wurden die Versuche mit dieser Narkoseart
fortgesetzt; sie gaben durchweg gute Resultate.
(Ref. hat die Methode auch in einigen Fällen versucht; bei einer schwäch-
lichen Frau mit Carcinoma mammae erlebte er nach Iiijektion obengenannter
Dosis bei ungenügender Anästhesie drohende Atemlähmung. Tiefe Inspirationen
wechselten ab mit ^/4 — ^/s Minute dauernden Respirationspausen. Seitdem
hat er keinen weiteren Versuch gemacht.) Goedhuis (Deventer).
XI. Lokale und regionäre Anästhesie.
L Kokain bzw. Eakain allein oder mit Adrenalin. 2. Anästhesin. 3. Akoin.
4. Tohimbin.
Spiegel (100) hat zur Infiltrationsanästhesie eine selbsttätige Injektions-
spritze konstruiert. Sie fasst 30 ccm Flüssigkeit und enthält eine starke
Spiralfeder, welche den Spritzenkolben der gefüllten Spritze mit einem Druck
von 3 m Flüssigkeitsstrahl gegen die AusflussöiFnung hindrängt. Durch
einen am Ausflussteil angebrachten Hahn wird die Spritze nach Belieben und
zwar mit Hilfe eines Fingers geschlossen oder mehr oder weniger geöffnet,
so dass eine Hand genügt, um die Spritze zu bedienen. In der v. Mosetig-
schen Klinik hat sich die Spritze bei zahlreichen Operationen bestens bewährt.
Sie ist auch für Seruminjektionen und Kochsalzinfusionen gut zu gebrauchen.
24 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Eine kleinere 7 ccm fassende Spritze nach ähnlichem Prinzip gebaut, dient
Spiegel für kleinere Operationen.
Beclus (91) beklagt sich in der Akademie de mSd^cine, dass die von
ihm ausgebildete und so oft empfohlene Kokainanalgesie so wenig von anderer
Seite angewendet werde. Er macht den Zahnärzten den Vorwarf, dass sie
durch zu hohe Konzentration ihrer Lösungen und Ausserachtlassung allge-
meiner Vorsichtsmassregeln das Kokain in Misskredit gebracht hätten. Die
Technik, die allerdings erlernt sein wolle, könne, da sie besondere Schwierig-
keiten nicht in sich schliesse, nicht als Hinderungsgrund für eine allgemeinere
Verbreitung der Methode gelten. Reclus beschreibt nun die Art und Weise,
wie er die Anästhesie zur Inzision eines Panaritiums herbeiführt. Er bedient
sich hierbei der regionären Anästhesie ohne vorherige Abschnürung des Fingers.
In der Diskussion warnt Gallippe vor dem Gebrauch des Kokains
bei Operationen in der Mundhöhle, bei denen die horizontale Lage, die Reclus
fordere, oft störend sei. Ausserdem seien selbst bei Verwendung minimaler
Kokaindosen üble Zufälle vorgekommen.
La bor de schliesst sich den Ausführungen Galippes an und erinnert
an einen Fall schwerer Kokainvergiftung bei einem angesehenen Kollegen,
der 5 mg Kokain für eine Zahnoperation erhalten hatte.
Auch Lucas-Championniäre und Duplay schätzen die Gefabreu
des Kokains höher als seine Vorteile.
Javal hat bei der Anästhesierung der Konjunktiva mit 2^/o Kokainlösung
nie üble Wirkungen beobachtet.
Berger hält das Chloroform für die Behandlung von Panaritien und
Abszessen dem Kokain für weit überlegen, obwohl er im übrigen vom Kokain
gern nach der von Reclus ausgebildeten Methode Gebrauch macht.
Reclus verteidigt im Schlusswort die Kokainanästhesie gegen die
gemachten Angriffe, indem er ausführt, dass er 7000 Operationen unter
Kokainanästhesie gemacht habe, ohne einen einzigen Todesfall.
Richelot (93) schildert begeistert, wie er von einem Panaritium be-
haftet von Reclus unter Kokainanästhesie operiert wurde, ohne den geringsten
Schmerz zu empfinden. Auch ein von den Achselhöhlendrüsen ausgehender
Abszess, der sich nach Abheilung des Panaritiums ausbildete, wurde von
Reclus unter Kokainanästhesie zuRichelots grösster Zufriedenheit geöffnet.
Richelot nimmt daher Gelegenheit die Methode von Reclus, die in der
Sitzung der Akademie de m6decine am 10. Februar von verschiedenen Seiten
angegriffen wurde, warm zu verteidigen und zu empfehlen.
Auf Grund einer Reihe von Operationen unter lokaler Kokainanästhesie
kommt Krymow (61) zu folgenden Schlüssen: Die beste Methode um Kokain-
lösung keimfrei zu machen, ohne deren anästhesierende Wirkung zu schwächen,
ist das Pasteurisieren derselben bei 60^ während drei Stunden. Gekochte
Kokainlösung bewahrt die anästhesierende Wirkung, jedoch tritt die Anästhesie
später ein und hält kürzere Zeit vor. Hohlbeck (St. Petersburg).
Einem 35 jährigen und 50 jährigen Patienten extrahierte Niculescu (83)
mehrere Zahnwiurzeln unter Kokainanästhesie. Nach ein paar Tagen klagton
die Patienten, dass die Schnurrbarthaare auszufallen begonnen, wie bei der
Pelade. Als Ursache nimmt Niculescu dieselben Umstände wie bei der
Peladetheorie nach Jacquet an.
In 3 — 4 anderen Fällen bemerkte Niculescu kleine Escharen am In-
jektionsplatze. S 1 0 i a n 0 f f (Plevna).
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anaesthetika. 25
Im ersten Kapitel seiner für die Theorie und Praxis der Lokalanästhesie
bedeutsamen Arbeit weist Brann (10) nach, dass die örtliche Kokainwirkung
(Anästhesie) die Folge einer örtlichen Vergiftung ist, bei der das Kokain mit
dem Protoplasma eine wenn auch flüchtige Verbindung eingeht, wodurch die
Funktion der betreflfenden Gewebe eine Unterbrechung erfährt. Werden diese
abnormen Verbindungen durch den sich in den Geweben abspielenden Lebens-
prozess wieder zerlegt, so kehrt die Funktion der Gewebe allmählich wieder.
Da nun die Intensität der Lebensvorgänge vor allem von der Blutzufuhr ab-
hängt, so ergibt sich, dass Anämie oder Oligämie die Intensität, Ausbreitung
und Dauer der Kokainanästhesie günstig beeinflussen müssen. Andererseits
kann, je mehr Kokain chemisch lokal gebunden ist, umsoweniger davon in
den Kreislauf gelangen; mithin wird die Gefahr einer allgemeinen Vergiftung
um so geringer, je intensiver die örtliche Vergiftung ist. Die örtliche Ver-
giftung kann nun durch alle solche Mittel gesteigert werden, die geeignet sind
die Lebensvorgänge in den Geweben abzuschwächen. Als solche kommen
praktisch in Betracht: 1. die Unterbrechung der Blutzufuhr, 2. In-
tensive Abkühlung, 3. örtliche Anwendung von Nebennieren-
präparaten. Dass die Unterbrechung der Blutzufuhr durch Abschnürung
der Extremitäten die Wirkung, Ausdehnung und Dauer einer Kokainanästhesie
steigert, zugleich aber die allgemeine Vergiftungsgefahr vermindert, ist längst
bekannt und wird praktisch viel verwertet. — Intensive Kälte ist an sich
imstande durch Wärmeentziehung die Funktion der sensiblen Nerven zu
unterbrechen. Sofern sie aber auch die vitalen Funktionen herabsetzt, ver-
stärkt sie die lokale Wirkung von ArzneistofFen. Durch Beimischung von
1 — 5°/o Kokain kann die Wirkung des Ghloräthylstrahls erheblich verstärkt
werden. Nach dem Verdunsten des aufgesprayten Chloräthyls bedeckt die
behandelte Schleimhaut eine feine Schicht von ausgefälltem Kokain, welches
nach dem Auftauen eine ungewöhnlich lange und tiefreichende Anästhesie
verursacht. Das Gleiche kann man erreichen, wenn man die Schleimhaut
zunächst mit Kokainlösung bepinselt und nun gefrieren lässt. Die Wirkung
wird noch mehr erhöht, wenn man nach dem Eintritt voller Kokainwirkung
die behandelte Stelle nochmals zum Gefrieren bringt. Die Abkühlung kann
man auch zur Steigerung der Wirkung anwenden, wenn man Anästhesie durch
Injektion von anästhesierenden Lösungen erzeugt. Andererseits lässt sich das
inästhesiemngsvermögen verdünnter Lösungen durch gleichzeitige Kälteanwen-
dung steigern. Ganz besonderen Nutzen sah Braun von der Kombination des
Chloräthylsprays mit der Injektion eines lokal anästhesierenden Mittels bei
Zahnextraktionen sowie bei mehr oberflächlichen Operationen. Wie Braun
durch eine Reihe von Versuchen feststellte, kann man die Allgemeinwirkung
von Giften, so auch des Kokains durch Abkühlung der die Injektionsstelle
umgebenden Gewebe aufhalten, bezw. abschwächen. In gleicher Weise wie
mechanische Zirkulationsunterbrechung und Kälte wirken das Adrenalin sowie
die adrenalinhaltigen Nebennierenextrakte. Braun konnte an Quaddeln die
anämisierende Wirkung des Adrenalins noch in äusserst verdünnten Lösungen
nachweisen. Durch Adrenalinzusatz lässt sich die anästhesierende Wirkung
des Kokains erheblich steigern, die toxischen Allgemeinwirkungen zugleich
aber vermindern. Auch beim Eukain B tritt der Adrenalinzusatz als Vorteil
hervor, während Tropakokain die gefässverengernde Wirkung des Adrenalins
aufhebt. Die praktischen Erfahrungen Brauns mit Kokain-Adrenalinlösungen
waren ausserordentlich günstige. Da die Konzentration der Adrenalinlösung
26 Jahresbericht für Ghinirgie. I. Teil.
etwa 1 : 10000 betrug, die Dosis von 1 mg nicht überschritten wurde, so
waren üble Folgen von vornherein auszuschliessen. Bei Verwendung l®/oiger
Kokainlösung wurden pro ccm 3 Tropfen (= 1 : 10000) einer durch Kochen
sterilisierten l^/oo Adrenalinlösung kurz vor dem Gebrauch zugesetzt. Zur
Ödemisierung nach Schleich bestimmte Kokainlösungen geringerer Konzen-
tration (0,1 — 0,5 °/o) wurden pro 5—10 ccm auch nur mit 3 Tropfen Adreoalin-
stammlösung versetzt, während 50 ccm dünner Kokainlösung gewöhnlich mittelst
Pravazspritze ^/s ccm Adrenalinlösung zugesetzt wurde. Auch in dieser Ver-
dünnung (1 : 100000) wirkt die Adrenalinlösung noch recht intensiv anämi-
sierend. Die Wirkung des Kokains hält infolge des Adrenalinzusatzes gewöhn-
lich stundenlang an. Für Zahnextraktionen erwies sich 1 ccm l^/^iger
Kokainlösung mit 3 Tropfen Adrenalinlösung versetzt als ausserordentlich
wirkungsvoll, selbst wenn der Zahn pulpitisch oder periostitisch erkrankt war.
Gewöhnlich blieb jegliche Blutung, auch Nachblutung aus. Mit der gleichen
Lösung gelang auch vortrefflich selbst ohne vorherige Abschnürung der Ex-
tremität die Erzeugung peripherer Anästhesie durch Kokainisierung der grösseren
Nervenstämme. Abgesehen von seinem günstigen Einfluss auf die Kokainwir-
kung empfiehlt Braun den Adrenalinzusatz wegen seiner gefässverschliessenden
Wirkung; die dem Chirurgen vielfach die besten Dienste leiste.
Die von verschiedenen Seiten gemeldeten üblen Zufälle nach dem Ge-
brauch von Adrenalin als Zusatz zu anästhesierenden Lösungen veranlassen
Braun (13) festzustellen, dass nach seiner vielfaltigen Erfahrung der Zusatz
von 3 Tropfen der l^loo Adrenalinlösung zu 1 ccm Flüssigkeit, eine Dosis,
die er sogar häufig überschritten, niemals zu üblen Folgen geführt habe.
Wenn Enderlen (Chirurgenkongress 1903) bei Verwendung dieser Dosis
schlechte Erfahrungen gemacht habe, so könne das nur auf einer Minder-
wertigkeit der Adrenalinlösung beruhen. Braun empfiehlt die Adrenalin-
stammlösung nach einer im Original mitgeteilten Vorschrift vom Apotheker
anfertigen zu lassen. Die Gefahr einer Nachblutung bestehe nur dann, wenn
man zu viel Adrenalin gebrauche. Dann werden auch die kleineren Arterien
zur Kontraktion gebracht und können nicht erkannt und unterbunden werden.
Die Gefahr einer Nachblutung besteht nicht, wenn man zur Infiltrations-
anästhesie 100 ccm einer 0,1% Kokain oder Eukain B-lösung mit zwei
bis höchstens fünf Tropfen Adrenalinlösung 1 : 1000 (= 0,00007—0,00017 »/o
Adrenalin) versetzt. Diese Lösung macht genügend blutleer, ohne die kleineren
Arterien mit zu beeinflussen. Dass dem Verschwinden der Adrenalinwirkung
eine Gefässerschlafi'ung wie der Extremitätenabschnürung folge, leugnet Braun.
Bedarf es einer intensiveren, lokal umschriebenen Wirkung wie z. B. bei
Zahnextraktionen oder der Anästhesierung von Nervenstämmen, so setzt
Braun 1 ccm einer l^/o Kokain- oder Eukainlösung gewöhnlich 2, höchstens
5 Tropfen der l^/oo Adrenalinlösung zu.
Braun (12) tritt in einem kleinen Artikel der deutschen zahnärztlichen
Wochenschrift einer in Nr. 32, 1902 des gleichen Blattes erschienenen Warnung
Thiesings vor dem Gebrauch des Adrenalins entgegen und stellt fest, dass
nach seinen, an sich selbst vorgenommenen Versuchen die Maximaldosis des
Adrenalins für die 1 : 1000 Lösung etwa bei V» mgr (= ^/2 ccm) liegt, während
sie in Lösungen von 1 : 10000 bei 1 g (= 10 ccm) noch nicht erreicht ist.
Braun schildert sodann, wie er durch Kokain-Adrenalinlösung eine Zahn-
extraktion schmerzlos macht.
Stolz (103) lobt auf Grund von ca. 70 maliger Anwendung in der chir.
Ritaohl, Narkose, Narkotika, AnaeBthetika. 27
Klinik zu Strassburg den Gebrauch des Kokains mit Adrenalin zur lokalen
Anästhesie. Es wnrden die Braun sehen Vorschriften befolgt. Besonders
bewährte sich die Methode bei Operationen in der Mundhöhle.
Honigmann (51) lobt die Wirkung des Adrenalins als Zusatz zu
schmerzaufhebenden Lösungen und berichtet über seine bei 40 maliger An-
wendung gewonnenen Erfahrungen.
Foisy (30) empfiehlt zur Anästhesie bei akut entzündlichen Prozessen
eine Mischung von Kokain und Adrenalin. Gewöhnlich setzte er zu 10 ccm
einer ^/a^/o Kokainlösung 10 Tropfen einer l^/oo Lösung von Adrenalin
hydrochloric. Diese Lösung kann sterilisiert und je nach Bedarf ganz
oder zum Teil verwandt werden. Bei ausgedehnteren Eingriffen (Exstirpation
eines Anthrax, von nekrotisiertem Gewebe, Entfernung vereiterter Lymph-
drüsen) kann folgende Lösung in ihrer gesamten Menge Verwendung finden:
Sol. cocaini 1 : 200 . . . 20—25 ccm, Sol. Adrenal 1 : 1000 . . . 13—15 Gtt. Bei
Panaritien und Furunkeln gebraucht Foisy 1 ccm einer Kokainlösung von
1:100 mit 4—5 Tropfen einer Adrenalinlösung von 1:1000 versetzt. Die
zu durchtrennenden Gewebsschichten werden nacheinander durch zur Haut-
oberfläche parallel verlaufende Injektionen unempfindlich gemacht. Bei aus-
gedehnteren Eingriffen ist auf die Unterbindung der durchschnittenen Gefässe
besonderes Gewicht zu legen, da die Operation infolge der Adrenalinwirkung
so gut wie blutlos ist. Die Kranken werden etwaigen Schwindels, Synkope
wegen in horizontaler Lagerung operiert und in dieser Lage noch für einige
Stunden belassen.
Bark er (1) hat angeregt durch die Arbeit Brauns zur Lokalanästhesie
neben dem weniger giftigen /9-Eukain Adrenalin mitbenutzt. Die von ihm
gebrauchte Lösung bestand aus 100 g Wasser, Chlomatrium 0,8, /9-Eukain
0,2, Adrenalinchlorid 0,001. Den Einfluss des Adrenalins, welches die
Anästhesie erheblich verlängert, schildert Barker an der Hand einer Bruch-
operation, für die er das neue Verfahren besonders bei alten Leuten sehr
schätzen gelernt hat. Hier hat das Adrenalin noch den weiteren Vorteil, dass
es ein Herzstimulans ist, sofern es durch Verengerung der Kapillaren und
kleinen Gefässe den Blutdruck steigert. Eine Vermehrung der Nachblutung
hat Barker bei der Anwendung obiger Lösung nie beobachtet. Bark er
erwägt zum Schluss seines Vortrages die Möglichkeit, die 3 festen Substanzen
der Lösung in Tabletten zu vereinigen, um die Herstellung zu erleichtern.
Indessen ist noch nicht sichergestellt, ob das Adrenalin die Mischung mit den
anderen Substanzen dauernd verträgt.
Neugebauer (81) erlebte bei Anwendung von Adrenalin (3 Tropfen
des Extraktes auf 1 ccm einer ^/2°/oigen Kokain — Eukainlösung) 3 mal
flautgangrän, und zwar einmal nach einer Phimosenoperation bei einem
28jährigen, kräftigen Manne, sodann bei 2 Frauen von 66 bezw. 67 Jahren
nach Exstirpationen von Kankroiden des Gesichts. Ein etwa durch den
Nebennierenextrakt verursachter Diabetes bestand in keinem der Fälle, so
dass die Gangrän lediglich der Lokalwirkung des Adrenalins zugeschrieben
werden muss. Daher Vorsicht mit dem Adrenalin besonders bei alten Leuten!
Gangitano (37) veröffentlicht eine Statistik von 100 unter Kokain-
Adrenalin-Analgesie ausgeführten Operationen. Er wendete 1 ccm einer l°/ooigen
Adrenalin- und 9 ccm einer 0,5 ^/o igen Kokainlösung an. Der Zusatz von
Adrenalin hat den Vorteil, dass zum Keclus sehen Analgesieverfahren eine
geringere Dose Kokain verwendet werden kann, ausserdem gestattet das
28 Jahresbericht ffir Chirurgie. I. Teil.
Adrenalin durch seine gefässzusammenziehende Eigenschaft die Operation aaf
vollständig weissem Felde auszuführen. Infolge der Ischämie, die das Adrenalin
an der betreffenden Körperstelie hervorruft, wird das Kokain langsamer resor-
biert und hält dessen Wirkung länger an. Verf. beobachtete nie Intoleranz;
die Analgesie wird von hochbejahrten, mit Arteriosklerose behafteten und
auch herzkranken Individuen gut ertragen. R. Giani.
In einer ausführlichen Arbeit hat Braun (9) die Ergebnisse seiner sehr
eingehenden Studien über die Erzeugung von Anästhesie durch Unterbrechung
der Nervenleitung fern vom Operationsgebiet (Leitungsanästhesie, regionäre
Anästhesie) niedergelegt. Für diesen Zweck eignet sich wegen der damit
verbundenen heftigen Schmerzen weder die Anwendung der Kälte {Ätherspray,
Äthylchloridspray), noch die Injektion quellend wirkender Flüssigkeiten (Wasser,
stark verdünnte Lösungen). Mit Kokainlösungen kann man die Leitung in
einem sensiblen Nerven unterbrechen 1. durch Injektion in den Nervenstamm
selbst (endoneurale Injektion), 2. durch Injektion in die Umgebung des Nerven-
stammes (perineurale Injektion), 3. durch Injektion in den Duralsack des
Rückenmarks.
Braun beschäftigt sich im grössten Teil seiner Arbeit mit den peri-
neuralen Injektionen. Er schildert die seitherigen Bestrebungen und Leistungen
auf diesem Gebiet und stellt den Wert derselben für die Praxis auf Grund
seiner reichen eigenen Erfahrung fest. Wie für die Lokalanästhesie, so ist
auch für die Leitungsanästhesie das Adrenalin ausserordentlich wertvoll. Es
gewährt, wie Braun festgestellt hat, der Zusatz von 1 Teil Adrenalin auf
10000 Teile Kokainlösung einen vollkommenen Ersatz für die vielfach be-
lästigende Abschnürung der Extremitäten. Wird Kokainlösung unter Adrenalin-
zusatz (1 — 2 Tropfen 1 ^/oo Adrenalinlösung auf 1 com anästhesierende Lösung)
gebraucht, so kommt die Abschnürung nur zur Blutsparung unmittelbar vor
der Operation zur Anwendung. Unter den Ersatzmitteln des Kokains haben
nach Braun nur das Eukain B und das Tropakokain Bedeutung, wobei
jedoch zu berücksichtigen ist, dass das letztere die gefässverengenden Eigen-
schaften des Adrenalins beeinträchtigt. Sehr eingehend wird die Technik
der Anästhesierung an Hand und Fingern, Fuss und Unterschenkel besprochen
und festgestellt, in welchem Umfange überhaupt bei Operationen an den
Extremitäten von der Leitungsanästhesie Gebrauch gemacht werden kann.
Auch am Penis, dem behaarten Kopf und der Stirn, der Vorderseite des
Halses, dem Kehlkopf (Leitungsunterbrechung im N. laryngeus sup.) kann man
sich der Methode bedienen.
Im n. kürzeren Hauptteil der Arbeit wird die endoneurale Injektion,
von der übrigens im I. Teil öfter, sofern es sich um oberflächlich liegende,
d. h. von aussen mit der Injektionskanäle leicht erreichbare Nervenstämme
handelte, die ßede war, besprochen. Dieses Verfahren erfordert bei tief-
liegenden Nervenstämmen eine Voroperation, nämlich die Freilegung des Nerven
unter Lokalanästhesie. Injiziert man unter die Nervenscheide eine l^/o Kokain-
oder Eukainlösung, die bei Abschnürung oder Adrenalinzusatz noch verdünnt
werden könnte, so kommt es zu einer fast sofortigen Leitungsunterbrechung,
die, wie amerikanische Chirurgen berichten, die Ausführung grosser Extremi-
tätenoperationen, wie Amputationen des Unterschenkels, des Oberarmes etc.
ermöglicht. Ist die zur Freilegung des Nerven oder der Nerven notwendige
Voroperation als eine nicht unwesentliche Komplikation anzusehen, die im
allgemeinen nur dann berechtigt sein dürfte, wenn zwingende Gründe eine
Ritschi, Narkose, Narkotika, Anaesthetika. 29
Narkose verbieten, so eröffnet sicli für die endoneuralen Injektionen ein
wichtiges Anwendungsgebiet, wenn es möglich ist von dem znr Ausführung
der Operation nötigen Schnitt aus gleichzeitig die sensible Leitung der Haupt-
neryenstämme zu unterbrechen (Bruchoperationen, Exstirpation von Yaricen,
Operationen an der Vorderseite des Halses).
Zum Schluss warnt Braun davor, die Anwendung der Leitungsanästhesie
ebenso wie die Lokalanästhesie allzuweit auszudehnen. Im gegebenen Fall sei
abzuwägen, ob der Kranke bei erhaltenem Bewusstsein unter einem lokal-
anästhesierenden Verfahren operiert werden kann, oder ob die Narkose un-
vermeidlich ist.
Krogius (60) beklagt sich, dass in den neueren Arbeiten, wenn von
der regionären Anästhesie die Rede sei, sein Name neben Corning und
Oberst entweder gar nicht, oder wie kürzlich in dem Handbuch der allge-
meinen und lokalen Anästhesie von Dumont, geringschätzig erwähnt werde.
Er stellt demgegenüber fest, dass er es gewesen, der die Beobachtung zuerst
praktisch verwertet habe, dass eine in die Nähe eines Nervenstammes in-
jizierte 2^/0 Kokainlösung eine oft sehr umfangreiche analgetische Zone im
Innervationsgebiet des betreffenden Nerven hervorruft. Im besonderen stelle
das von Pernice zuerst beschriebene Oberstsche Verfahren keine reine
Kokainisierung der Nervenstämme, sondern zugleich eine Art Infiltrations-
anästhesie dar, weil ausdrücklich von Oberst gefordert wird, dass die Spitze
der Injektionsnadel nach der Fingerkuppe hin gerichtet werde.
Strnthers (105) beschreibt im Edinburgh med. Journal die Oberstsche
Methode der regionären Anästhesie, die er in Aachen kennen gelernt hatte,
zugleich auf Grund von 50 eigenen Beobachtungen.
von Lier (68) teilt die Resultate seiner Untersuchungen über Nerven-
degeneration infolge der von Pernice eingeführten regionären Anästhesie mit.
In einer Reihe von Experimenten spritzte er die Lösung ins Perineurium des
N. ischiadicus, in einer zweiten Reihe in das umgebende Bindegewebe. Die
folgenden Lösungen wurden zur Injektion benutzt:
a) l^/o Eukain in destilliertem Wasser,
b) 1> Eukain in 0,6^/0 NaCl-Lösung,
c) 0,7<>/o NaCl-Lösung,
Der N. ischiadicus der anderen Seite wurde jedesmal intakt gelassen.
Von beiden Nerven wurden gleiche Teile untersucht. Aus den Schluss-
folgerungen seien folgende Punkte hervorgehoben. Nach Injektion ins Peri-
neurium zeigt eine grosse Zahl der Nervenfasern fettige Entartung; die Er-
gebnisse sind bei jeder der genannten Lösungen annähernd dieselben. Nach
Injektion in das umgebende Bindegewebe bleibt die Nervendegeneration aus.
Man darf folglich nicht in den Nervenstamm selbst injizieren.
Die 1 ^/o Lösung von Eukain in Aqua destillata hat den Vorzug, weil die
Anästhesie rascher eintritt.
Unter dieser regionären Anästhesie wurden nicht nur Herniotomien fast
schmerzlos ausgeführt, sondern auch Amputationen (Vorderarm, Finger) ohne
zurückbleibende Störungen in der Sensibilität und Motilität.
Goedhuis (Deventer).
Courtade (21), der in einem Artikel über das Anästhesin in der
cbinirgisch-laryngologischen Praxis zunächst über die geringe Löslichkeit des
Mittels in verschiedenen Flüssigkeiten klagt, hat sich desselben mit gutem
Erfolg in Pulverform bedient teils bei schmerzhaften Affektionen im Rachen
30 Jsbresbericht für Chirurgie. I. Teil.
und Larynx, teils nm lokale Anästhesie znr Ausführung von Operationen
herbeizu^bren. Es wurde das Pulver entweder eingeblasen oder y ermittel st
eines Wattebausches aufgetragen. Die Unempfindlichkeit hielt stundenlang
an. Irgend ein Nachteil wurde bei dieser Art der Anwendung des Anästhe-
sins nicht beobachtet.
Becker (3) berichtet über Versuche, die an der chirurgischen Abteilung
des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. mit dem Subkutin Rit-
serts (paraphenolsulfosaurer Paraamidobenzoesäureäthylester) , das sich in
kaltem Wasser zu l**/o, bei Körpertemperatur zu 2,5 ®/o löst, angestellt wurden.
Es zeigte sich, dass die selbst in grösseren Dosen bei Tieren ungiftige Sub-
stanz in ^/2--l^/o Lösung die Konjunktiva des Kaninchenauges völlig anästhe-
tisch machte. Konnte bei Verwendung 1 ®/o Lösung eine wenn auch flüchtige,
geringe Trübung der Kornea konstatiert werden, so fehlte solche ganz bei
Verwendung von 0,5 — 0,8% Lösungen. Für die Verwendung in der ärztlichen
Praxis diente eine isotonische Lösung folgender Zusammensetzung: Subcutin
1,0 — 0,8, Natr. chlorat. 0,7, Aq. dest. 100,0. Diese Lösung bewährte sich
bestens als Ersatz von Kokainlösung zur Anästhesie nach Schleich wie zur
regionären Anästhesie nach Oberst. Das Subkutin hat zudem antiseptische
Eigenschaften. Becker möchte es seiner Ungiftigkeit wegen besonders für
die Blasenchirurgie empfehlen an Stelle des hier so gefährlichen Kokains.
Dunbars (26) Mitteilung betrifft die Dosierung des von ihm in die
Praxis eingeführten Anästhesins (siehe vorigen Jahrgang pag. 76). Er emp-
fiehlt neuerdings besonders für die oberflächlichen Gewebsschichten eine 0,2 ^/o
Kochsalzlösung, der 0,05 ^/o Anaesthesin, hjdrochlor. zugesetzt ist. Für tiefere
Gewebslagen hat Dunbar die ursprüngliche Dosierung (Anaesthesin, hydro-
chloricum 0,25, NaCl 0,15, Aq. dest. 100,0), jedoch ohne Morphinzusatz bei-
behalten.
Daconto (23) benutzte zur Infiltrationsanästhesie nach Schleich mit
gutem Erfolg eine l^/o Lösung von Akoin mit Zusatz von 0,8**/o Chlornatrium.
Die zur Aufbewahrung der Lösung zu verwendende, dunkelblaue Glasflasche
muss zunächst mit Salpetersäure gründlich gereinigt und mit destilliertem
Wasser nachgespült werden, weil die geringsten Mengen alkalischer — selbst
der sich aus dem Glase lösenden — Substanzen mit Akoin opaleszierende
Niederschläge bilden. Seine Erfahrungen fasst Daconto in folgenden Sätzen
zusammen :
1. Akoin ist ein Lokalanästhetikum von sehr hohem Wert und äusserst
geringer toxischer Wirkung. Bis 20 ccm P/o Lösung wurden ohne jeden
Schaden ertragen.
2. Die Wirkung ist prompt und stets positiv.
3. Die Wirkung ist andauernder und länger bemerkbar in der Tiefe der
Gewebe als auf der Oberfläche.
4. Ein starkes Durchsickern des Blutes aus der Wunde schwächt die
zuerst erzielte Anästhesie stark ab.
5. In solchen Fällen zeigen sich Kompressen mit Akoinlösung ausser-
ordentUch nützlich.
6. Man hat keine Nekrose an der Einstichstelle zu fürchten, wenn die
Lösung nicht stärker ist als 1 — 2 ^/o.
7. Ebenso sind, wenn die Lösung steril (kalt) bereitet ist, keine sep-
tischen Herde zu befürchten.
RitBchl, Narkose, Narkotika, Anaesthetika. 31
8. Der Gebrauch von Akoin stört in keiner Weise den Vernarbungs-
Sorgfältig aufbewahrte Akoinlösung hält sich länger als drei Monate.
Für operative Eingriffe am Auge und in seiner Umgebung empfiehlt
Kran SS (52) eine Kombination von Akoin und Kokain in folgender Zusammen-
setzung :
Akoin 0,025,
Kokain 0,05,
Sol. Natr. chlor. 0,75 «/o ad 5,0.
Zur Blutstillung werden dieser Lösung pro Pravazspritze eventuell noch
2— 3 Tropfen einer l^/co Adrenalinlösung zugesetzt. Die Lösung zersetzt sich
leicht und muss daher alle 3 — 4 Tage frisch bereitet werden. Krauss be-
spricht noch die Technik der Injektionen bei verschiedenen augenäxztlichen
Eingriffen, und zwar der Enucleatio bulbi, den Schieloperationen, den Lid-
operationen, Operationen am Thränenapparat.
Magnani (76) hat die anästhesierende Wirkung des Yohimbins sowohl
an der Conjunctiva wie an Quaddehi, die er an sich selbst durch intrakutane
Injektion von l®/o Lösung erzeugte, geprüft. Die Wirkung Hess nichts zu
wünschen übrig, ja sie hielt bei der Injektion sogar auffallend lange —
l'/4 Stunden — an. In den zur Verwendung kommenden Dosen erwies sich
die Substanz als völlig ungiftig.
Loewy und Müller (70) studierten die Einwirkung des aus der Yohimbehe-
rinde gewonnenen Alkaloids Yohimbin (Spiegel) auf die peripheren Nerven
an Tieren, nachdem Magnani (Turin) festgestellt hatte, dass ^/s — 1 ^/o Lösungen
dieser Stubstanz imstande sind, eine Anästhesie der Konjunktiva und Kornea
hervorznrufen. Das Ergebnis ihrer Untersuchungen am freigelegten Ischiadicus
und Vagus von Tieren war, dass Yohimbin die Erregbarkeit wie das Leitungs-
vermögen motorischer und sensibler Nerven bei direkter Applikation herab-
zusetzen bezw. ganz aufzuheben, ferner, auf die Schleimhäute appliziert, lokale
Anästhesie zu erzeugen vermag.
XII. Bfickenmarks-AnSsthesie.
Neugebauer (81) tritt auf Grund seiner an 170 Fällen gewonnenen
Erfahrungen für die praktische Anwendbarkeit der Medullaranästhesie ein,
wenn man statt des Kokains oder Eukains das weniger giftige Tropakokain
verwende. Seine Erfolge haben sich wesentlich gebessert, seit Neugebauer
folgende Massnahmen streng befolgt: 1. Rücksichtsloses Auskochen der Tropa-
kokainlösung in sterilisierter Eprouvette, 2. äusserste Sauberkeit, insbesondere
Verwendung trockenen, sterilen Instrumentariums, um zu vermeiden, dass
Soda- oder antiseptische Lösungen in den Medullarkanal gebracht werden.
3. Beschränkung der Analgesie auf untere Extremitäten, Becken- und Unter-
bauchgegend. Die Dosis kann demgemäss auf 0,04 — 0,06 herabgesetzt
werden, wodurch die Folgeerscheinungen auf ein Minimum sinken. Solche
waren in 33 von 100 Fällen überhaupt nicht vorhanden. Am häufigsten
litten die Kranken an Kopfschmerz (48 Fälle), welcher sich gewöhnlich auf
den Nachmittag des Operationstages beschränkte. Nur in 12 Fällen kam es
zu TemperatursteigeruDgen infolge der Injektion, die 39° jedoch nicht über-
stiegen. Erbrechen erfolgte nur in drei Fällen. Ein Todesfall bei einem
delirierenden Säufer, dem wegen schwerer Sepsis die Oberschenkelamputation
32 Jahresbericht fflr Chirurgie. I. Teil.
gemacht werden musste (komplizierte Unterschenkelfraktur), sechs Stunden
nach der Operation, konnte ebensowenig der Tropakokainwirkung zugeschoben
werden, wie ein schwerer Kollaps bei einer ausserordentlich heruntergekom-
menen Kranken, die in der Ghloroformnarkose höchstwahrscheinlich zugrunde
gegangen wäre. Bezüglich der Ausbreitungsweise der Analgesie konnte Neuge-
bauer feststellen, dass die Rückenmarkssegmente bezw. deren Wurzeln in
dem Masse, als sie der Injektionsstelle näher liegen, das Gift mehr auf sich
einwirken lassen. Da in erster Linie die vom IV. Sakralsegmente yersorgten
Körperteile am Damm und den äusseren Genitalien der Wirkung des inji-
zierten Anästhetikums ausgesetzt sind, so kommt man bei Operationen an
diesen Stellen mit einer geringeren Dosis (0,03 — 0,04) aus, als z. B. bei
Operationen an der vom I. und 11. Lumbaisegment versorgten Inguinalgegend
oder dem Hypogastrium. Neugebauer hält die Rückenmarksanästhesie mit
den von ihm empfohlenen Kautelen für ein Verfahren, welches zumal bei
Operationen an den unteren Extremitäten mit anderen Methoden der Anästhesie
wohl in Konkurrenz treten könne, vor der Allgemeinanästhesie unter Um-
ständen sogar nicht zu unterschätzende Vorteile biete.
Preindlsberger (87) hat die Rückenmarksanästhesie mit Tropakokain
nach den Neugebau ersehen Vorschriften in 45 Fällen mit befriedigendem
Erfolge versucht. Zweimal missglückte die Anästhesie. In den übrigbleiben-
den 43 Fällen kamen 36 mal keine üblen Folgeerscheinungen vor. Sonst
waren die Folgen gering bis auf einen Fall, in dem die Neugebau ersehe
Maximaldosis (0,06) um 2 cg überschritten wurde und zwei weiteren Fällen,
in denen es sich um eine sehr heruntergekommene Kranke handelte. Hier
wurden einmal leichte Kollapserscheinungen am Operationstage beobachtet,
bei Wiederholung der Anästhesie einige Wochen später kam es zu häufigem
Erbrechen. Preindlsberger hat einen sehr günstigen Eindruck von der
Methode erhalten und erkennt ihr insbesondere für den auf sich allein
angewiesenen Landarzt bei dringenden Eingriffen nach schweren Verletzungen
eine besondere Bedeutung zu.
Henricsson (47) berichtet über fünf Operationen, bei denen eine
medulläre Tropakokain -Analgesie angewendet wurde. Die injizierte Menge
des Tropakokains betrug 4—5 cg; die Analgesie dauerte in einem Fall
etwa 40 Minuten, in den übrigen IV4 bis 1 ^'2 Stunden. Im allgemeinen
fehlten üble Nachwirkungen. Nach der Injektion wurde die erhobene Becken-
lage nicht angewendet. Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Dönitz (25) berichtet über Tierversuche, die er unter Biers Leitung
mit der Kokainisierung des Rückenmarkes unter gleichzeitiger Verwendung
von Adrenalin anstellte. Es zeigte sich, dass das Adrenalin berufen zu sein
scheint, die bisher für die praktische Verwendung noch nicht reife lumbale
Anästhesie dem Ziele der Ungefäbrlichkeit ein gutes Stück näher zu bringen.
Wie die an Katzen angestellten Versuche ergaben, wird entsprechend den
Untersuchungsergebnissen Brauns durch Adrenalinzusatz, die Giftigkeit des
Kokains herabgesetzt, seine Wirkung aber gesteigert, zumal wenn das Kokain
erst dann zur Anwendung gelangt, wenn das Adrenalin bereits seine volle
Wirkung entfaltet hat. Demgemäss wurde die Giftigkeit des Kokains bei
gleichzeitigem Adrenalingebrauch auf V»? bei vorherigem auf Vs herabgedrückt.
Die durch das Adrenalin erzeugte Anämie erwies sich für das Zentralnerven-
system als nicht schädlich, obwohl die Katzen 1 ccm einer Voo Adrenalinlösung
subdural erhielten. Dass die von Braun angegebene Maximaldosis von
Ritsch]» Allgemeine Operstionslehre. 33
0^ ccm der l^/oo Adrenalinlösimg ohne Lebensgefahr beträchtlich über-
schritten werden darf, zeigte ein Versuch von Dönitz an sich selbst. Er
injizierte sich die 3 fache Quantität unter die Haut des Vorderarmes und
hatte nur unter leichten Erscheinungen für ^/z — ^U Stunde zu leiden (harter,
beschleunigter Puls, Blässe des Gesichtes, Zittern der Extremitäten).
Versuche am Menschen hatten verheissungsvoUen Erfolg. Es wurde mit
0,0075—0,015 Kokain gute Anästhesie erzeugt, wenn 0,5 ccm einer l^/o.»
Adrenalinlösxmg mit gleichen Teilen Wassers gemischt zuvor eingespritzt
waren. Unangenehme Nebenerscheinungen fehlten meist gänzlich oder waren
Ton geringer Bedeutung.
Bogdanovici (7) erwähnt einen Sterbefall nach Injektion einer ge-
wöhnlichen Dosis Kokain in den Rückenmarkskanal, um eine Bauchoperation
auszuführen. Tod am zweiten Tage. Bei der Autopsie Blutcoagula zwischen
Pia mater und Arachnoidea des Rückenmarkes. Bogdanovici meint, dass
man beim Versuch eine Vene angestochen habe und so eine Hämorrhagie und
Kompression der MeduUa verursacht wurde.
Stoianoff (Plevna).
IL
Allgemeine Operationslehre.
Referent: A. Ritschl, Freiburg.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Bovis, Ictöres b^nina post-op^rsioires. La semaine mödioale 1903. Nr. 36.
2. ^Canac-Marqnis, A few practical points in the technic of heroiotomy and neph-
Torrhaphy. The joorn. of the Amer. Med. Abb. 1903. April 4.
3. Gasati, T., Snl trattamento dei monooni nelle amputazioni. Atti dell' Accademia di
8c. med. e natorali di Napoli 1903. Fase. 1.
4. ^Fischer, The ganze-bearing tape and the gravity päd in pelvic and abdominal sur-
gery; improvements in teohniqae. AnnalB of sorgery 1903. December.
b. GroBBkopf, Ein unangenehmes Vorkommnis bei einer Operation mittelst Elektro-
motor. Mtbichener med. Wochenschrift 1903. Nr. 41.
6. Milton, A form of removeable deep sutnre. The Lancet 1903. June 6.
7. Petersen, Postoperative pulmonary complioations. The Journal of the Amer. med.
ass. 1903, April 11.
3. Tereschenkow, Zur Frage Aber die Bedeutung des Organismus des Kranken beim
Znstandekommen operativer und postoperativer Komplikationen. Russisches Archiv für
Chirurgie 1903. Heft 3.
9. *Thomp8onStratton, The gradual surgical occlusion of large arteries: its relativ
advantages together with an experimental inquiry as to its feasibility. Annais of
surgery 1903. August.
10. Weyert, Über Narkosenl&hmungen. Diss. Berlin 1903.
Tereschenkow (8) teilt zwei Fälle von chronischer Appendicitis mit,
bei denen, nach einer unter Lokalanästhesie ausgeführten Operation, Ikterus
JahrMbexieht fttr Chirurgie 1903. 3
34 Jahresbericht für Cbimrgie. I. Teil.
auftrat. Bei beiden Patienten waren die der Operation vorangegangenen
Anfälle mit Iktems verlaufen. Tereschenkow meint, es handele sich in
den beiden Fällen um toxischen Ikterus (Dieulafoy). — Unter 1447 Chloro-
formnarkosen der Bobrowschen Klinik wurde nur 10 mal ein sogenannter
postoperativer Ikterus beobachtet. In drei Fällen konnte das Chloroform
als ursächliches Moment ausgeschlossen werden. In sieben Fällen konnte
man dem Chloroform die Schuld beimessen, jedoch handelte es sich in diesen
Fällen stets um Leute, deren Leber nicht normal war. Eine genaue Berück-
sichtigung des Zustandes der Leber, des Darmtraktus u. s. w. vor der Ope-
ration ermöglicht das Zustandekommen eines postoperativen Ikterus auf ein
Minimum zu verringern. Hohlbeck (St. Petersburg).
Bovis (1) beobachtete 2 mal im Anschluss an operative Eingriffe — im
ersten Fall handelte es sich um eine Bruchoperation von etwa ^/2 Stunde
Dauer, im zweiten um einen geburtshilflichen Eingriff von kurzer Dauer —
einen gutartigen Ikterus. An der Hand der Literatur bespricht Bovis die
Ätiologie dieser Erscheinung. Seiner Meinung nach kommt für die Erklärung
der von ihm beobachteten Fälle in erster Linie in Betracht eine auf reflek-
torischem Wege durch Reizung des Peritoneums entstandene, spastische
Betention von Galle.
Petersen (7) glaubt, dass die typische kroupöse Pneumonie keine so
seltene Erscheinung nach Operationen ist, wie es Prescott auf Grund der
Berichte der Bostoner Hospitäler behauptet hat. Er hat in der eigenen
Praxis (Gynäkologie) vier Fälle in zwei Jahren gehabt. Die Ursache sind
meist schon vor der Operation bestehende Katarrhe. Pleuritische Erscheinungen
sind bei Operationen wegen septischer Prozesse in den Bauchorganen ziemlich
häufig und werden oft übersehen. Maas (New- York).
Weyerts (10) Dissertation über Narkosenlähmungen enthält eine Zn-
sammenstellung der dieses Thema betreffenden Publikationen. Er bespricht
zunächst die peripheren, sodann die zentralen Lähmungen, endlich funktionelle
(hysterische) Lähmungen, die sich nach Operationen zeigten.
Casati (3) bedient sich der Bunge sehen Methode, die er nur inso-
fern modifiziert hat, als er den Knochen 2 mm unterhalb der Stelle der
Periostlostrennung durchsägt, damit keine Periostfetzen zurückbleiben, die
Anlass zu schmerzhaften Vegetationen geben könnten. R. Giani.
Mi 1 ton (6) empfiehlt zur Anlegung einer versenkten, entfernbaren, fort-
laufenden Naht folgendes Verfahren: Soll z. B. das Peritoneum einer Laparo-
tomiewunde genäht werden, so wird eine Nadel mit nahe der Spitze gelegenem
Öhr mit einem langen, gedoppelten Faden (Silk) versehen. Die Nadel wird
durch die Wundränder des Peritoneums hindurchgestossen, worauf mit der
Spitze der Nadel eine Schlinge des Fadens zum Vorschein kommt. Durch
diese Schlinge wird vom Assistenten ein starker, nicht knickbarer Faden von
Silkworm-gut hindurchgezogen. Die zurückgezogene Nadel wird nun an der
nächsten Nahtstelle von neuem eingestochen, die Schlinge wiederum vom
Assistenten durch den parallel zur Wunde verlaufenden Silkworm-gut-Faden
festgehalten u. s. w. Nachdem die Wunde geschlossen, überzeugt man sich,
ob der Silkworm-gut-Faden sich in den Schlingen des Nahtfadens frei bewegen
lässt und leitet die Enden der Fäden an den Wundwinkeln nach der Ober-
fläche, woselbst sie gekürzt und befestigt werden. Beim Entfernen der Naht
zieht man zunächst den Silkworm-gut-Faden heraus, worauf die eigentliche
Naht, die jetzt ihren Halt verloren, gleichfalls leicht entfernt werden kann.
Brunn er, Wondheilnng, Störungen der Wnndheilang etc. 35
Grosskopf (6) erhielt, als er mit einem durch Elektromotor getriebenen
Bohrer die Kieferhöhle anbohren wollte und das Instrument bereits dem Munde
genähert hatte, durch einen Fehler in der Isolierung des Apparates einen
heftigen elektrischen Schlag, so dass der den Bohrer haltende Arm heftig zur
Seite geschleudert wurde. Um Unglück bei Operationen mit Hilfe eines
Elektromotors zu verhüten, rät Gross köpf nach dieser Erfahrung, dass einmal
der Elektromotor regelmässig einer Isolationsprüfung unterworfen werde, ferner
dass der Arzt einen isolierten Standpunkt auf einer trockenen Linoleumunter-
lage oder einer Gummimatte einnehme.
m.
Wundheilung, Störungen der Wundheilung, Wund-
Infektionserreger (Entzündung, Eiterung, Erysipel,
pyogene Allgemeinerkrankungen, Toxämie, Sephth-
ämieXWundbehandlung, Aseptik, Antiseptik, Antiseptika.
Referent: Konrad Brunner, Münsterlingen.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Wundheilung, Störungen der Wundheilung.
a) Allgemeines. Experimentalantersuchungen, Bakteriologisches
über Wundinfektion- und Eitererreger.
1. Capaldi, A., SoI passagio attraverso 11 tessuto di granolazione di sostanze baoteriche
appartenenti al gruppo delle immunizzanti. Memoire chirargische pubbl. in onore di
T. Bottini. Palermo 1908.
2. deGraag,La moelle ossense et ses Clements dans Tinfection stapbylococcique chroni-
qne. Presse mödicale. 8 Aoüt.
3. ^Libman, Notes on systemic infectioas by the staphylococcas aureus. Medical News
1903. AprU 18.
4. Meyer, Ober die pyogene Wirkung des Pneumococcus. Mitteilungen aus den Grenz-
gebieten. Bd. 11. Heft 1.
5k B. Simon, Untersuchungen ttber die Gifte der Streptokokken. Zentralblatt f. Bakterio-
logie. XXXV. Bd. Heft 1.
6. Taddei, B., Le iibre elastiche nel tessuto di cicatrice. Conununicazione all' Acca-
demia delle scienze mediche e natnrali in Ferrara. Ferrara 1908.
7. G. Zamfirescu, Mehrere seltene Lokalisationen des Pneumococcus. Spitalul 1903.
Nr. 3. p. 103. (Rumänisch.)
Nachdem Taddei (6) die Anschauungen der verschiedenen Autoren
über den Gegenstand dargelegt hat, berichtet er über die Untersuchungen,
die er an einer grossen Anzahl von sowohl per primam als per secundam
36 Jahreabericht für Chirurgie. I. Teil.
intentionem aufgetretenen, verschiedenalterigen Narben ausgeführt hat. Die-
selben hatte er teils aus der Klinik, teils von Experimenten an Kaninchen
erlangt. Zur Kontrolle studierte er die Genese der elastischen Fasern an
der Aorta von sieben in verschiedenen Fötalperioden stehenden Schafembryonen.
Verf. erforschte: 1. den Sitz und den Zeitpunkt des Auftretens der
ersten Regenerationsfibrillen, 2. die Merkmale und den Entstehungsmechanismus
der ersten Regenerationsfibrillen, 3. den Entwickelungsmechanismus der neu-
gebildeten elastischen Fasern und das Schicksal der elastogenen Zellen, 4. die
Zahl, die Merkmale und die Anordnung der regenerierten elastischen Fasern
in den ältesten Narben, 5. die Veränderungen der ausgewachsenen elastischen
Fasern in der dem traumatischen Herde benachbarten Haut.
Verf. gelangte zur Anschauung, dass sich betreffs des Auftretens und
der Entwickelung der regenerierten elastischen Fasern keine allgemeinen
Schlüsse ziehen lassen. Er fand folgendes:
1. Die Regeneration der elastischen Fasern beginnt ungefähr ein Monat
nach erfolgtem Trauma. 2. Die elastischen Fibrillen treten gewöhnlich an
den oberflächlichen Teilen und an der Peripherie des Narbengewebes auf.
3. Die jüngsten elastischen Fibrillen, sowohl die Regenerations- als die
embryonalen Neubildungsfibrillen, erscheinen als ganz dünne, an den Enden
zugespitzte, nicht verzweigte, homogene Fäserchen, die nicht länger sind als
die ausgewachsenen Bindegewebselemente. 4. Die elastischen Fibrillen sind
ein Produkt der ausgewachsenen Bindegewebszellen und auch der Endothel-
zellen. 5. Die elastischen Fibrillen besitzen die aktive Eigenschaft, in Länge
und Dicke zu w^achsen, nur in beschränktem Masse. 6. Die Evolution des
elastischen Tramas in Hautnarben geht langsam von statten und ist grossen
Variationen unterworfen. 7. Die der Elastogenese günstigen Verhältnisse
lassen sich schwer feststellen. 8. Die Anordnung der elastischen Fasern in
Narben reproduziert nicht vollständig das Bild ihrer Anordnung im Derma.
9. Alte elastische Fasern können im Narbengewebe eingeschlossen werden
und hier lange w^eiterbestehen, um dann zusammenzuschrumpfen, sich zu ver-
schmelzen und zu zerstückeln.
Bei den in Narben eingeschlossenen ausgewachsenen elastischen Fasern
hat Verf. nie die Umbildung des Elastins in Elacin beobachtet. R. Giani.
Vom Durchtritt der zur Gruppe der immunisierenden Sub-
stanzen gehörenden bakteriellen Stoffe durch das Granula-
tionsgewebe handelnd, bemerkt Capaldi (1), dass durch die Granu-
lationen hindurch der Bacillus pyocyaneus nicht bis zur Blutbahn sich Bahn
breche, denn im Blute der Tiere, an denen dieses Experiment vorgenommen
wurde, konnte er nie angetroflen werden. Dagegen erlangte bei Verbleiben
des Bacillus pyocyaneus auf granulierenden Flächen das Blut resp. das Blut-
serum der Tiere das Vermögen, den Bacillus pyocyaneus in einer Verdünnung
von 1:50, 1:400 zu agglutinieren, während vor dem Hinaufbringen des
Bacillus auf die Granulationen das Blutserum der Tiere ihn nicht zu agglu-
tinieren vermochte. — Das Agglutinisierungsvermögen des Saftes der Granula-
tionen, sagt Verf., darf nicht von dem im Blutserum konstatierten getrennt
werden, denn ohne Zweifel steht es mit diesem in Zusammenhang, aber der
Umstand, dass es direkt konstatiert wurde, tut dar, dass sich an der Gra-
nulationsfläche alle Modifikationen, die das Blut erfährt, wenn auch in
weniger hervortretendem Masse, wiederspiegeln. Und Jürgeliinas be-
Branner, Wundheilnng, Stdrangen der Wundheil ang etc. 37
obachtete, dass das bakterienschädigende Vermögen der Granulationen bei
immunisierten Tieren sich deutlicher offenbart. Doch gehe, meint Capaldi,
aas seinen Experimenten hervor, dass sowohl die allgemeinen Modifikationen
des Blutes als die lokalen der Granulationen mit dem Verbleiben der Bak-
terien auf den Granulationen in Beziehung stehen; also finde infolge Durch-
tritts von immunisierenden Substanzen eine Art Vaccination statt. Und so
liesse sich vielleicht auch die Erklärung dafür finden, warum eine bestimmte
Bakterienart von der Granulationsfläche verschwindet, ohne dass die äusseren
Verhältnisse dieser letzteren irgendwie verändert sind. R. Giani.
Graag (21) hat Versuche angestellt über das Verhalten des Knochen-
marks bei Infektion mit Staphylokokken. Er injizierte Kaninchen
Bazillenkultnren von Staphylococcus aureus und konstatierte oft ausgesprochene
Hyperämie des Knochenmarkes und veränderte Konsistenz. Mikroskopisch
hess sich Verschwinden der Fettbläschen konstatieren ; gleichzeitig Vermehrung
der „pseudo-eosinophilen Zellen", besonders der Myelocyten; ebenso fanden
sich die polynukleären Leukocyten in bedeutender Zahl. Diese Reaktion
wird als eine „providentielle'' aufgefasst, als Abwehr gegen die Kokken-
invasion.
Simon (5) referiert in seiner Arbeit über die Gifte der Strepto-
kokken zuerst die Literatur und berichtet dann über eigene Unter-
suchungen, deren Resultat folgendes ist:
1. In den Leibern der Streptokokken sind intrazelluläre Gifte nach-
weisbar, deren Wirkung jedoch relativ schwach und unbeständig ist, so dass
die Krankheitserscheinungen und der rapide tödliche Verlauf der akuten
Streptokokkeninfektion unmöglich auf diese Gifte zurückgeführt werden können.
2. Die Giftigkeit der Streptokokkenleiber ist nicht immer proportional
der Virulenz des Streptokokkenstammes.
3. Die Streptokokken scheiden Toxine aus, deren Giftwirkung bedeutend
starker ist als die der intrazellulären Gifte.
4. Die Toxinausscheidung der Streptokokken ist unabhängig von dem
Gehalt der Kokkenleiber an intrazellulären Giften.
5. Die Streptokokken sind keine permanenten Toxinbildner wie die Er-
reger der Diphterie und des Tetanus, sondern sie bedürfen eines bestimmten
äusseren Reizes, nämlich der Einwirkung der bakteriziden Säfte des Tier-
körpers, damit die Toxinproduktion bei ihnen ausgelöst wird. Die Be-
dingungen für die Toxinausscheidung der Streptokokken sind dort gegeben,
wo die Vermehrung dieses Mikroben durch die antibakteriellen Substanzen
des Tierkörpers bis zu einem gewissen Grade beeinträchtigt wird.
6. Das Toxin und das Hämolysin der Streptokokken sind zwei ver-
schiedene Körper, die offenbar nicht unter den gleichen Bedingungen ent-
stehen. Vielmehr ist es sehr wahrscheinlich, dass die Streptokokken nur
dami Hämolysin bilden, wenn sie kein Toxin mehr ausscheiden, d. h. wenn
sie die wacbstumhemmenden Widerstände des Tierkörpers überwunden haben.
In seiner Arbeit über die „pyogene Wirkung des Pneumo-
coccus" beschreibt E. Meyer (4) zunächst zwei Fälle von Pneumokokken-
Stmmitis aus der Madelungschen Klinik, dann einen Fall von Drüsen-
eiterung durch Pneumokokken. Fälle von Parulis, Knocheneiterung, Arthritis,
sekundäre und primäre Pneumokokken-Peritonitis und endlich von Pneumo-
38 Jahresbericht für Ghii'orgie. I. Teil.
kokken-Sepsis. Den eigenen Beobachtungen steht ein ausführliches Literatur-
verzeichnis zur Seite.
Zamfirescu (7) beschreibt folgende Fälle von Lokalisation des
Pneumococcus:
1. Phlebitis pneumonica bei einem 57 jährigen Arbeiter mit linker
Pneumonie. Zwei Tage nach der Deferveszenz Schmerzen und Ödem des
linken Ober- und Unterschenkels, die Venen stark dilatiert, Hydrops des
Kniegelenkes, Arthritis pneumonica. Im Sputum und Blute inkapsulierte
Diplokokken. Genesung nach 25 Tagen ohne Temperatursteigerungen.
2. Arthritis und Myositis pneumonica bei einem 29jährigen Orgel-
spieler, der seit 10 Tagen an Pneumonie der linken Lungenspitze litt. Nach
zwei Tagen Pericarditis, im Sputum Diplokokken. Nach sechs Tagen durch
Paracentesis des Perikardiums entleerte man ca. 500 g seröse Flüssig-
keit. Nach zwei Tagen Abszess der Axilla mit eitriger grüner Flüssigkeit,
in den beiden Flüssigkeiten Diplokokken. Tod nach sechs Tagen. Die
Autopsie zeigte Pericarditis, Myositis des Serratus magnus, Gonitis duplex,
typische Diplokokken. 3. Myositis pneumonica bei einem 50jährigen
Manne, der in der Konvaleszenz der Pneumonie in. den beiden Waden eine
Infiltration zeigte, aus welcher bei der Inzision grüner Eiter heraus kam.
Im Eiter viele Pneumokokken. Stoi'anoff (Plevna).
b) Phlegmone, Gangrän, Noma.
1. Bindi, F., Sa di an caso di gangrena carbolica. Clioica moderna. N. del 4Marzo 1903.
2. ^Dansaner, Beitrag zur Kenntnis der Gasgangrän. Münchener med. Wochenschrift
1903. Nr. 36.
8. Goald, A case of mahgnant oedema. Annais of surgery 1908. October.
4. *Henn, Beitrag zur Lehre der Gasphlegmone des Menschen. Diss. Strassbarg 1903.
5. R. Kr opak, Ein Beitrag zur weiteren Differenzierung der Gangrtee fondroyante.
Archiv für klin. Chirurgie. Bd. 72. Heft 4.
6. Y. Ranke, Altes und Neues zar pathoL Anatomie des nomatOsen Brandes. MQnchener
med. Wochenschrift 1903. Nr. 1.
7. Reale, G., ün caso di noma in adulto. II Policlinico. Sez. pratica 1903. Fase. 45.
8. R^gnault, Grangrdnes et phlegmons gazeuz sans vibrion septique. Revue de Chir.
1903. Nr. 7.
9. *Schmorl, Über Noma. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde Dresden. Mfinchener
Wochenschrift 1903. Nr. 20.
10. *Schroeder, Über Kai'bolgangrAn und lokalen Earbolismus. Diss. Königsberg 1903.
11. Tasso, G., Le iniezioni endovenose di sublimato corrosivo nelia cura del flemmone
diffuse. II Policlinico 1908. Sez. pratica. Fase. 89.
12. *Tilliss, Ein Fall von Noma nach Typhus. Diss. Leipzig 1903.
13. Yaleriani, V., Caso di flemmone primitive da diplococco di Fraenkel. Contribato
alle studio delle localizzazioni extrapolmonari deir infezione pneumonica. ü Policlinico.
Sez. pratica 1908. Fase. 45.
Kropak (5) referiert eingangs über die mit der Gangrene fon-
droyante sich befassende Literatur, berichtet sodann über eine eigene
Beobachtung :
Ein 42jähr. Mann erhielt einen Schrotechuss in den Fuss. Furibunde Infektion
Subkutanes Emphysem bis zum Oberschenkel. Gangrän mit rascher Progredienz. Ampu-
tation. Tod an Sepsis.
Umfassende bakteriologische Untersuchung ergab, dass es sich um eine
einzige Form der anaeroben Bakterien handelte, um den Gasbacillus Fraenkel.
Verf. schlägt vor, jede durch diesen Gasmikroben bedingte Gasnekrose als
B rann er, Wundheilnng, Störungen der Wandbeilung etc. 39
^Necrosis emphysematosa FraenkeP zn bezeichnen und zwar aus folgenden
Gründen :
1. Sie unterscheidet sich von allen Gasphlegmonen sowohl durch das
klinische Bild (Nekrose, Zerfall, mächtige Gasentwickelung, keine Entzündung,
kein Eiter) als auch durch den pathologisch-histologischen Befund.
2. Auf experimentellem Wege können wir jederzeit bei Tieren (Meer-
schweinchen, weisse Maus) mit frischen Kulturen des Fraenkelschen Gas-
bacillus dasselbe Bild der Gasnekrose wie beim Menschen hervorrufen.
3. Keine andere der bis jetzt bekannten Mikrobenarten (B. oedem.
maligni; B. coli, B. proteus) ist imstande dasselbe Bild hervorzurufen, als
gerade der B. emphysematosus Fraenkel.
Aus diesen Gründen schlägt Verf. folgende Einteilung der Gasphlegmonen
und -Nekrosen vor:
I. Gangrene foudroyante Fraenkel s. Necrosis emphysematosa Fraenkel.
Sie ist eine Infektionskrankheit, welche durch Infektion einer Wunde durch
einen spezifischen Mikroorganismus, den B. emphysematosus Fraenkel, ent-
steht und welche charakterisiert ist durch die primäre Entwicklung von Gas
mit fortschreitender Nekrose, welche oft in Gangrän übergeht, aber ohne alle
Entzündungserscheinungen verläuft.
II. Phlegmone emphysematosa. Hierher gehören die eigentlichen Phleg-
monen, wo es durch gemischte Infektion (B. coli, B. proteus, Staphylo-
Streptocoecus) gewöhnlich nach einem Trauma (komplizierte Frakturen) unter
deutlichen Symptomen einer akuten Entzündung zunächst zur Entwickelung
von Eiter und später auch von Gas kommt; oft gesellt sich zu diesen Formen
auch Gangrän. Für die Fälle schlägt er den Titel vor : Gangrene foudroyante
s. Phlegmone emphysematosa gangraenosa.
m. Oedema malignum. Dieses muss aus dem Bahmen der gasbildenden
Aifektionen gänzlich ausgeschaltet und als selbständige AfiTektion, Infektions-
krankheit, bei welcher Ödem und hämorrhagische Infiltration überwiegen,
hingestellt werden; die Gasentwickelung tritt nur als ein nebensächliches und
nicht konstantes Symptom auf ^).
Regnault (8) berichtet über einen Fall von Gasphlegmone, die
nach einer Verletzung des Unterschenkels auftrat. Unter Drainage und
Desinfektion mit SubUmat und Wasserstoffsuperoxyd rasche Besserung.
Bakteriologisch wurden Diplokokken und Stäbchen bei aerober und
anaerober Züchtung nachgewiesen. Die Abwesenheit des ;,Vibrion septique*'
genügt nach Ansicht des Verf., um die Prognose besser zu stellen. Die ge-
fundene Stäbchenart wird als Bac. perfringens bezeichnet.
G 0 a 1 d (3). Ein 49jähr. Erdarbeiter verletzt sich an der rechten Ferse. Rasch sich
ausbreitende Infiltration und ödem. Ampatation. Bakteriologische Untersuchang ergibt
Bazillen des malignen Ödems.
1) Eigentflrolioh mntet den Referenten stellenweise die Literatorkenntnis des Verf. an.
p. 131 schreibt er: „Wenn wir in der Literatur nachsuchen, in welchem Yerh<nis die
Schusayerletzungen zur Wundinfektion überhaupt stehen, so stossen wir in erster Linie auf
die Experimente von Brunn er und Conrad (I), welche die Infektion von Schnss wunden
auf künstlichem Wege in der Weise erzielten, dass sie das Tier mit einem infizierten Tuche
bedeckten u. s. w. — Es ist dem Referenten nicht erklärlich, wie Yerf. zu diesem Märchen
kommt. Im Literaturyerzeichnis wird richtig mein Aufsatz „Ober die Infektion der Schuss-
▼unden darch mitgerissene Eleiderfetzen' (Eorrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1896)
zitiert
40 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
Der von Tasso (11) beschriebene Fall von difiiiser nekrotischer Phlegmone der
rechten Hand und des Vorderarmes, in welchem sich die Infektion verallgemeinert hatte,
wurde durch endovenöse Ätzsublimatinjektionen (in ansteigenden Dosen: 1, 4, 12 mg) zur
Heilung gebracht. R. Giani.
In dem von Valerani (13) mitgeteilten Falle hatte sich ohne erkenn-
bare Ursache eine schwere Phlegmone am linken Oberschenkel entwickelt.
Ans dem Eiter erhielt er den Franke Ischen Diplococcus in Reinkultur.
6 Tage nach Eröffnung der Phlegmone, als das Fieber schon gesunken war,
trat eine bilaterale Croupalpnemnonitis auf und Patient, ein 47 jähriger Mann^
starb dann unter Meningeal- und Endocarditis-Erscheinungen.
Solche primäre durch den Diplococcus hervorgerufene Phlegmone seien
nach Verf. selten und beginnen stets mit sehr hohem Fieber und schweren
Allgemeinerscheinungen; sie geben einen zähen grünlichen Eiter. Vielleicht
handle es sich, wie Banti behauptet, um eine primäre hämatogene Infektion.
R. Giani.
y. Ranke (6) hat wiederholt Beobachtungen YonNoma publiziert, die
in früheren Jahrgängen dieses Berichtes referiert worden sind. Im vor-
liegenden gibt er Abbildungen der bei Noma von ihm beobachteten Kern-
Veränderungen, berichtet über die in der Literatur weiter niedergelegten
Beobachtungen und hebt dabei hervor, dass die gegen das gesunde Gewebe
auswuchernden Fäden, die zuerst von Perthes beschrieben wurden, bei
Noma eine konstante Erscheinung zu sein scheinen.
Nach Reale (7) seien bis jetzt nur zwei Fälle von Noma bei Er-
wachsenen in der Literatur verzeichnet; er teilt einen dritten Fall mit, der
eine 60jährige mit Darmkatarrh behaftete Frau betrifft. An der Innenseite
der rechten Wange trat ein Knoten mit einem weissen Punkt im Zentrum
auf, der sich in wenigen Stunden in ein Geschwür verwandelte ; dieses breitete
sich rasch aus und wurde gangränös, einen weinroten Hof rund herum auf-
weisend. Die Ausschneidung des gangränösen Teiles verhinderte nicht das
Fortschreiten des Leidens; die Wange wurde steinhart und bald verbreitete
sich die Gangrän auf die Lippe, das Zahnfleisch u. s. w. Diarrhoe, septi-
kämische Erscheinungen; am 29. Tage starb Patientin. R. Giani.
Bei einem Individuum, das ein Nagelgeschwür an einem Finger mit
5^/oiger Karbolsäurelösung behandelt hatte, beobachtete Bindi (1) eine
Karbolgangrän. Die ersten Symptome traten nach 24 Stunden auf;
Verf. musste die Exartikulation des Fingers vornehmen. Er meint, dass bei
manchen Individuen eine besondere Prädisposition zu solchen Gewebe-
veränderungen bestehe und hält die Körtthumsche Theorie, nach welcher
die Karbolgangrän durch Neuroparalysis bedingt ist, in Verbindung mit der
Frankenburg ersehen, die diese Krankheit auf Veränderungen der morpho-
logischen Blutelemente und des Gefässendothels zurückführt, als ausreichend
zur Erklärung solcher Fälle. Bei dieser Affektion ist der histologische Be-
fund: Gefässthrombose , Zerfall des Endothels, hämorrhagische Herde, phlo-
gistische Reaktionserscheinungen rund herum und vollständige Abwesenheit
des elastischen Gewebes in dem von der Gangrän befallenen Körperteile.
R. Giani.
c) Streptokokkeninfektion. Erysipelas. Antistreptokokkenserum.
1. Maldarescn^DieErysipelbehandlnng. Spitalul 1903. Nr. 22—28. p. 809. (Rumänisch.)
2. Meyer, Fritz, Über Antistreptokokkenserum. Zeitschiift für klin. Medizin 1903.
Bd. 50. Heft 1 u. 2.
Brniiiier, Wnndheilung, Störangen der Wandheilung etc. 41
3. HenEer, Das AntisfereptokokkeDserum und seine Anwendung beim Menschen. Mttnch.
med. Wochenschrift 1903. Nr. 26.
4. Pollats.chek, Über Zylindnrie nnd Albuminarie beim Erysipel. Zentralblatt ffir innere
Medizin 1908. Nr. 20.
5. Sommerfeld, Vergleichende üntersnchongen üb. Antistreptokokkensera, nebsteinigen
Bemerkungen über die Kultur und Virulenz der Streptokokken. Zentralbl. f. Bakterio-
logie 1903. Bd. 38. Nr. 9.
6. Tavel, Experimentelles nnd Klinisches Aber das polyvalente Antistreptokokkenserum.
Deutsche med. Wochenschrift 190B. Nr. 50.
Pollatschek (4). Bei 50 Fällen von Erysipelas wurde lOmal nur
Albuminurie, bei 6 FäUen Albuminurie und Zylindurie gefunden, 3 mal allein
Zylindurie.
In der therapeutischen Sektion beschreibt Maldarescu (1) eine eigene Behandlung
des Erysipels, die er auf dem Moskauer Kongresse veröffentlichte. Sie besteht im Ein-
reiben mit Kampher solviert im Oleum olivarum sterib'satnm in Proportion 8^/o, dann Bäder^
Fyramidon, Diuretika. Stolanoff (Plevna).
In seiner Arbeit über ^Das Antistreptokokkenserum und sein»
Anwendung beim Menschen^ gelangt Menz er (3) zu folgenden Schluss-
Sätzen:
1. Das Antistreptokokkenserum wirkt, wie im Tierversuch, so auch
beim Menschen, durch Anregung der Phagocytose ; dem menschlichen Organis-
mus fällt daher im Kampfe mit den Streptokokken die Hauptleistung zu.
Kann er diese Kraftleistung nicht mehr erfüllen, so ist die Anwendung des
Streptokokkenserums nutzlos.
2. Abgesehen von der Vernichtung der eingedrungenen Krankheits-
erreger fallt dem Organismus die Aufgabe der späteren Resorption der zu-
grunde gegangenen Bakterien und Zellen zu. In den Fällen, in welchen es
zu abgeschlossenen Eiteransammlungen kommt, ist ohne chirurgischen Ein-
griff das Streptokokkenserum kontraindiziert, da es die Resorption der giftigen
Eiterstoffe steigert.
3. Das Streptokokkenserum wird in den Fällen beginnender akuter
Streptokokkämie in hoher Dosierung die besten Erfolge herbeiführen können,
besonders aussichtsvoll ist, in der nach dem einzelnen Fall zu bemessenden
Dosierung, seine Anwendung bei chronischen Streptokokkeninfektionen.
4. In der Therapie menschlicher Streptokokkeninfektionen sind nur
' Streptokokkensera, welche mit frisch vom Menschen gezüchteten Streptokokken
hergestellt sind, wirksam. Bei der Arteinheit aller Streptokokken kann ein
solches Serum bei allen Streptokokkeninfektionen, falls der Einzelfall es zu-
läßst, angewendet werden«
5. Die bisher vorgeschlagene Prüfung des Streptokokkenserums im Tier-
versuch gibt keinen Anhalt für die Beurteilung der Heilkraft beim Menschen.
Vorläufig muss in Ermangelung eines besseren Prüfungsmodus die Einwirkung
auf den Menschen das einzig gültige Mass bleiben.
Tavel (6). Während die Heilwirkung des Diphtherieserums gar nicht
mehr in Frage gestellt werden kann, wird das Streptokokkenserum immer
noch nicht als ein therapeutisch sicher wirksames Mittel betrachtet. Es liegt
dies nicht in der Unmöglichkeit, die spezifische Antiwirkung erzielen zu
können, sondern darin, dass einerseits die Streptokokken eine Gruppe von
sehr verschiedenen und sehr differenzierten Unterarten bilden, und dass
andererseits die Virulenz einer und derselben Varietät bei den verschiedenen
42 Jahresbericht für Chirurgie. L Teil.
Tierspezies und auch bei den verschiedenen Individuen einer Spezies sehr
. variabel sein kann.
/ Experimente von Piassetzka bezweckten folgende Verhältnisse bei
homologen und heterologen Seris aufzuklären: 1. die Agglutination, 2. die
Bakterizidie in vitro, 3. die Bakterizidie in vivo. Es ergab sich dabei, dass
die polyvalenten Sera unter allen Umständen den monovalenten vorzuziehen
waren, es habe deshalb keinen Zweck, verschiedene monovalente Sera her-
zustellen.
An einigen klinischen Fällen sucht Verf. dann den Nachweis des Vor-
teils einer Frühbehandlung gegenüber einer Spätbehandlung und die Wirk-
samkeit der Serums überhaupt darzutun. Experimentell und klinisch glaubt
Verf. nachgewiesen zu haben, dass das Streptokokkenserum, wenn es poly-
valent und ohne Tierpassage dargestellt ist, als ein Spezifikum gegen dlie
Streptokokkeninfektionen betrachtet werden kann.
Sommerfeld (5) hat Untersuchungen angestellt über die ;,Wertig-
keit^ der Antistreptokokkensera Aronson, Tavel, Roux, Moser-
Paltauf. Als Versuchstiere dienten weisse Mäuse. Das Serum wurde intra-
abdominal injiziert, ebenso die Streptokokkenkultur. Gegen hochvirulente
Stämme schützten die Sera von Roux und Tavel ;, überhaupt nicht^. Etwas
besser ist die Wirkung des Serum Moser-Paltau f. Im Gegensatz zu
diesen drei Seris schützte dasjenige von Aronson selbst auch in Mengen
von 0,0002 gegen die 100 fache tödliche minimale Dosis. Serum Roux
und Serum Tavel besitzen ^gegen die Infektion mit Strepto-
kokken, seien dieselben wenig- oder hochvirulent, im Tier-
versuch keine Schutzwirkung^. Das Serum Aronson war auch
in den Tierversuchen mit wenigvirulenten Streptokokken
dem Wiener Serum weit überlegen.
d) Pyogene Allgemeinerkrankungen, Toxämie, Sephthämie.
1. Arkwright, Acute rhenmatism and sepsis. British medical Journal 1903. May 9.
2. Heaney, A case of septicaemia. The Lancet 1903. Ang. 8. ,
S. H rasch, Über einen seltenen Fall von Pyämie. Wiener med. Wochenschrift 1903.
Nr. 28.
4. Lenhartz, Die septischen Erkrankungen. (Spezielle Pathologie von Nothnagel.)
Wien 1903.
5. Müller, Bakteriämie und Sepsis. Grenzgehiete der Medizin 1903. Bd. 12. Heft 4.
6. Perez, 6., Staiilococcemia a tipo piemico senza metastasi. Gontrihuto clinico alla
dottrina della setticemia e piemia e allo studio delle emolisine. 11 Policlinico 1903.
Vol. X— C. Fase. 6 -9.
7. *Sainsbnry, A case of pyaemia (septicaemie) simulating acute rheumatism. The
Lancet 1903. Dec. 12.
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dentaire. Lyon medical 1903. Nr. 7.
9. Turner, General septic infection of nasal origin. Edinburgh medical Journal 1908.
March.
10. *Wernitz, Ein Vorschlag und Versuch zur Heilung der akuten Sepsis, v. Volk-
mann sehe Vortr&ge 1903. Nr. 352.
Das wichtigste im Jahre 1903 produzierte Erzeugnis auf diesem Gebiete
ist das Werk von Lenhartz (4) ^Die septischen Erkrankungen^.
Ist dasselbe auch vom inneren Mediziner und vom Standpunkt der inneren
Medizin aus abgefasst, so greift es doch ebenso tief in die Sphäre des Chirur-
gen hinein und bedeutet einen grossen Fortschritt auf einem Gebiete, an
Branner, Wundheilung, Störungen der Wandheilung etc. 43
dessen Aafklänmg Vertreter ans allen Hauptzweigen der Heilkunde, die Bak-
teriologen vom Fach und vor allem die chirurgischen Bakteriologen mit-
geholfen haben. Die Art der Krankheitsvorgänge, sagt Verf., mit deren Dar-
stellung wir es hier zu tun haben, erklärt ohne weiteres die Tatsache^ dass
die Vertreter der inneren Medizin erst in neuester Zeit an der Aufklärung
der septischen Krankheitszustände erfolgreich mitgearbeitet haben. An den
Chirurgen und Geburtshelfer trat von jeher fast täglich die Notwendigkeit
heran, die Beziehungen zu ergründen, die zwischen den schweren Erkran-
kungen und vorausgegangenen Verletzungen oder Geburten bestehen mussten.
Das Interesse der inneren Ärzte wandte sich den septischen Erkrankungen
in steigendem Grade erst seit dem Ausgange der siebziger Jahre zu und es
knüpfen sich ihre Forschungen hauptsächlich an die Namen Wunderlich,
Leube, Wagner, Jürgensen, Dennig.
Das Werk zerfällt in 4 Hauptabschnitte: 1. Geschichtlicher und theore-
tischer Teil. 2. Allgemeine Klinik der septischen Erkrankungen. 3. Ätiolo-
gische Darstellung der septischen Erkrankungen. 4. Spezielle Klinik verschie-
dener septischer Erkrankungen.
Im theoretischen Teil des 1. Abschnittes gibt Verf. zunächst in einem
der Ätiologie gewidmetisn Kapitel eine Beschreibung der verschiedenen Bak-
terien, deren Teilnahme an der Erzeugung der septischen Erkrankungen fest-
gestellt ist. Er bespricht die Bedingungen der bakteritischen Infektion und
die Abwehrvorgänge im Organismus, unser gegenwärtiges Wissen über Immu-
nität, über Bakteriengifte und die antitoxischen Kräfte präzisierend.
Der 2. Hauptabschnitt, der uns in die allgemeine Klinik der septischen
Erkrankungen einführt, ist von besonderer Wichtigkeit und erregt unser inten-
sivstes Interesse gerade zu Anfang bei der kritischen Besprechung der bis-
herigen Darstellung des KrankheitsbegrifiFes und Beantwortung der Frage:
„Welche Bezeichnung ist zweckmässig?"
Es wird zu Anfang die Definition der Begriffe Pyämie und Sepht-
hämie gegeben, wie sie Gussenbauer 1882 in seinem bekannten Werke
formulierte, dann werden die verschiedenen Auffassungen und Modifikationen
dieser Definitionen referiert, wie sie in den Spezialarbeiten und Lehrbüchern
vertreten sind. Indem Verf. auf die seinem Werke kurz vorangegangenen
Monographien von Kocher und Tavel, sowie von K. Brunner zu sprechen
kommt, bemerkt er in bezug auf die Vorschläge zur Klassifikation der in Frage
stehenden Allgemeininfektionen. „Es unterliegt für mich keinem Zweifel, dass
die Bestrebungen der letztgenannten drei Autoren grosse Beachtung verdienen
und ich würde gerne bereit sein, auch an dieser Stelle für die Vorschläge ein-
zutreten, wenn ich die Überzeugung hätte, dass diese auf exakter bakterio-
logischer Grundlage fussenden Bezeichnungen Allgemeingut der Ärzte werden
konnten.*^ Aus praktischen Gründen glaubt er sich genötigt, folgende
Benennungen einzuführen: Er lässt die Worte Septikämie und Pyämie ganz
fallen und fasst unter Sepsis, diesen Begriff jeder Beziehung zu fauliger Zer-
setzung entkleidend, alle durch die Eiterkokken und andere gleichwertige
Bakterien bedingten Allgemeinerkrankungen zusammen. Die Bezeichnung ;,meta-
stasierende Sepsis^ soll die bisher sogenannte Pyämie ersetzen. Saprämie
umfasst alle durch Fäulnisbakterien bedingten Erkrankungen in sich^).^
1) Auf eine eingehende Kritik dieser Vorschl&ge kann ich mich hier nicht einlassen.
Ich glaabe nicht, dass die Chirurgen sie adoptieren werden. Lex er nennt in seinem eben
44 Jahresbericht für Chinirgie. I. TeiL
Derselbe Hauptabschnitt beschäftigt sich weiter mit den Ergebnissen
der bakteriologischen Blutuntersuchnngen, den Eintrittspforten der Krankheits-
erreger, dem Schicksal der Bakterien im Blute, der Ausscheidung durch die
Sekrete. In letzterer Beziehung heisst es: „Die Annahme einer physio-
logischen Ausscheidung der Infektionskeime bei septischen Erkrankungen
ist keineswegs einwandfrei erwiesen ; treten die spezifischen Krankheitserreger
in den Se- und Exkreten des menschlichen Körpers auf, so darf man im
Gegenteile annehmen, dass sie aus Krankheitsherden kommen, die durch die
gehäuftere Ansiedelung der Keime in den verschiedenen Organen erzeugt
worden sind.^)"
Eine mächtige Fülle von Einzelbeobachtungen, zum grösseren Teil aus-
eigener Erfahrung und eigenem Studium zeichnen die beiden letzten Ab-
schnitte des Werkes aus und verleihen demselben einen Hauptwert. In der
;,SpezieUen Klinik^ findet sich eine meisterhafte Schilderung, verbunden mit
genauem umfassenden bakteriologischen Studium, vor allem der ^Septischen
Endocarditis. Eine grosse Zahl von Kurven und trefflichen Abbildungen
zeichnen das äusserst wertvolle Buch ferner aus.
Müller (5) hält sich in seiner Arbeit „Bakteriämie und Sepsis^
in der Auffassung dieser Begriffe im ganzen an die Definitionen von Canon.
In einer grossen Reihe hoch fieberhafter Krankheiten, sagt er, ja bei klinisch
wohlcharakterisierten „Sepsen^ bleibt mehrfache Untersuchung des Blutes
auf Bakterien negativ. Es befinden sich entweder keine Bakterien in der
Blutbahn, es handelt sich also um eine reine Toxämie oder die Bakterien
sind an Zahl äusserst gering. Es kann sich auch um eine Pyämie bandeln^
wo man die Bakterien dann in dem Eiter der Metastasen findet u. s. w.
Verf. bringt sodann eine Reihe von Fällen zur Besprechung, so einen
Fall von ^Pneumokokkenbakteriämie^, dann die Krankengeschichte
einer ;,Septikämie^, verursacht durch einen den Loefflerbazillen nahe-
stehenden Mikroben. Weiter Fälle von ^puerperaler Streptokokken-
sepsis^, von ;,Staphylokokkenbakteriämie^. Am Schlüsse werden
Untersuchungen über Bakterienbefunde bei Scharlach mitgeteilt nebst Er*
fahrungen über Antistreptokokkenserum. Mit dem Aronsonschen Serum
wurden ;,in die Augen springende^ Misserfolge erzielt, während das Moser sehe
Serum viel bessere Resultate ergab.
Arkwright (1) macht in einer kurzen Mitteilung mit vollem Recht auf-
merksam auf die engen Beziehungen zwischen dem, was man ^Akuten
Rheumatismus^ und ^Sepsis" nennt. Eine gewöhnliche follikuläre
herausgegebenen Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie den Vorschlag, der Sepsis die orsprfing-
liche und eigentliche Bedeutung vollkommen zu nehmen, für , verwerflich ' ; er hat die Be-
zeichnungen des Referenten „Pyogene Allgemeininfektion mit und ohne Metastasen*' aufge-
nommen, ersetzt aber den Begriff Sephthämie mit putrider Infektion. Auch T i 1 1 m a n n s
hat in den neuesten Auflagen seines Lehrbuches meine Bezeichnung akzeptirt Referent»
1) Was ist physiologische Ausscheidung? Die Literatur ist hier ein-
seitig berücksichtigt. Dem obigen Resumö widersprechen viele Experimente durchaus»
Ich verweise auf die vollständige kritische Zusammenstellung der einschlägigen Literatur
in meinem Aufsatze: „Eine Beobachtung von akuter Staphylokokken- Allgemeininfektion von
Varizellen — Zur Ausscheidung der Mikrobien durch die Sekrete* (Deutsche Medizinal-
Zeitung 1896. Nr. 1—3), worin die Gründe Unnas gegen die Ausscheidung durch den
Schweiss widerlegt werden. Ich zitiere aus dieser Arbeit hier den Satz: «Welch minimale
Veränderungen des Epithelfilters notwendig sind, bis die Mikrobien durchschlüpfen können,
wird sich histologisch wohl ebensowenig feststellen lassen, wie der optische Nachweis der
zur Passage der Gefftsse erforderlichen Alteration*. Referent.
Branner, Wundheilnng, StOruDgen der Wundbeilaog etc. 45
Angina kann der Ausgangspunkt von Krankeitserscheinungen sein, die bald
in den Rahmen des einen, bald in den des anderen Krankheitsbildes passen.
Vier mitgeteilte Krankengeschichten sollen die besprochene Verwandtschaft
illustrieren.
Hrasch (3). Bei einer mit Chrysarobin behandelten Psoriasis entwickelten sich
schwere pyftmische Erscheinungen, zahlreiche subkutane, submuskuläre und sub-
periostale Abszesse unter hoher Temperatur und Schüttelfrösten. Im Eiter fanden sich
Staphylo- und Streptokokken. Genesung.
Streng üeaney (2). Allgemeininfektion mit Staphylokokken und Diplo-
kokken, ausgehend von einer Verletzung der grossen Zehe. Vesikulöses und skarlatinöses
Exanthem, Erythems nodosum. Behandlung mit Antistreptokokkensernm. Genesung.
Der klinische Beitrag zur Lehre der Septikämie und Pyämie,
den Perez (6) jetzt veröflFentlicht, wurde vom Verf. schon auf dem in dem
Jahre 1902 abgehaltenen sizilianischen Ärztekongress bekannt gegeben und
in diesem Jahresbericht besprochen. Verf. teilt nun den klinischen Fall und
die bakteriologischen Untersuchungen, zu denen er Anlass gab, ausführ-
lich mit.
Es handelte sich um eine Frau, die seit anscheinend 6 Monaten mit Echinococcus
im rechten LeberflUgel behaftet war. Es wurde die Laparotomie vorgenommen und die
Bydatideucyste mit einem P aquo linschen Messer gespalten und, nach Enukleation der
Zjstenmembran, die die Zyste umgebende Bindegewebsschioht an die Eutis geheftet. Die
Wunde nahm bei der darauffolgenden Behandlung eine graue Färbung an und gleichzeitig
stieg die Temperatur, die den klassischen Typus des pyftmischen Fiebers annahm. Dieser
Zustand hielt trotz der Behandlung und der angewendeten energischen antiseptischen Mittel
länger als IV« Monate an; da wurde unerwarteterweise eine alte, im Zustande vorgeschrit-
tener Ffiulnis befindliche und an gewissen Stellen verkalkte Echinokokken membran durch
die Wunde ausgestossen (die Ausstossung erfolgte während einer reichlichen Ausspülung)
und sofort besserte sich der lokale und Allgemeinzustand der Patientin bedeutend. Patientin
eiholte sich nun rasch und konnte (3 Monate nach der Operation) fast vollständig geheilt
das Hospital verlassen.
Die bakteriologischen Untersuchungen, die Verf. während der ganzen Dauer des
Infektionszustandes und nachher unermüdlich vornahm, und zwar sowohl am Wundsekret
als am Blute und auch am Harne, gaben als Befund konstant den Staph. pyog. albus
in wirklich ausserordentlicher Menge. Gleichzeitig konstatierte er starke Verminderung in
der 2^hl der roten (460000 pro mm'} und weissen (312 pro mm') Blutkörperchen. Die
sorgfältig ausgeführte Untersuchung der inneren Organe bezeugte, dass kein metastatischer
Herd bestand.
Verf. hat die Diagnose Bacteriaemia staphylococcica oder
Staphylococcaemia pyaemica gestellt. Er spricht sich über die Ein-
trittspforte des abgeschwächten Krankheitserregers aus, ohne dieselbe jedoch
genau angeben zu können (war der Keim in der Zyste vorhanden? wurde die
Wunde zufällig infiziert ?) und verbreitet sich dann des längeren über die vom
Infektionsprozess angenommene klinische Form, die ausserordentliche Entwick*
long der Keime im Blute und die starke Deglobulation. Zum Schlüsse er-
wähnt er die herrschenden Anschaungen über das klinische und pathologisch-
anatomische Bild, mit welchem sich die Infektionen und bakterischen Intoxi-
kationen offenbaren, sowie die verschiedenen für diese vorgeschlagenen Klassi-
kationen. R. Giani.
Turner (9). Zwei kurze Krankengeschichten Ober septische Infektion mit
nasalem Ursprung. Keine bakteriologische Untersuchung.
Nach Julien et Tellier (Ö) kann man im Qefolge von Läsionen der Mundhöhle
alle Varietäten von Generalinfeiction der «Septikämiegruppe* beobachten. Die Prognose sei
immer eine schwere. Sehr selten sind die anAlveolar-Pyorrhoe sich anschliessenden
Infektionen. Mitteilung von acht Krankengeschichten.
46 Jahresbericht ffir Chirurgie. I. Teil.
; 2. Wundbehandlung.
a) Aseptische Wundbehandlung. Geschichtliches. Bedingungen
der Aseptik. Allgemeines.
1. Broea, Les ponaridres des salles d'op^rations. BnlL et m^m. de la soc de Chir. 1903.
Nr. 13.
2. Champiooni^re, Die Aniisepns Listers in der Gegenwart und in der ZukonfL
Allgem. Wiener med. Zeitnng 1908. Nr. 2.
3. Lacas-Championni^re, Sar les glomes dans Fair dea salles d'op^ration. BnlL et
m^m. de la soc. de Chir. 1908. Nr. 9.
4. *Cheyne, Od aseptic and antiseptic snrgery. The Lancet 1908. Febr. 7.
5. *Clarke, A new form of sterilised swabs for sorgical Operations. Medical Press 1903.
Aug. 12.
6. *6riffith, The OTolntion of antiseptic snrgery and its inflnence on the progress and
advancement of bacteriology and therapentics. British medical Journal 1908. Aug. 1.
The Lancet 1903. Aug. 1.
7. Ihrig, Wundbehandlung nach biologischem Prinzipe. v. Brunssche Beitr&ge 1908.
Bd. 40. Heft 1.
8. Iwanoff, Ein Apparat zur Gewinnung und Ausnutzung sterilen Wassers. Zentral-
blatt far Gynäkologie 1903. Nr. 32.
9. N e u h e r , Erfolge der aseptischen Wundbehandlung, y. Langenbecks Archiv 1903.
Bd. 71. Heft 3.
10. *Robb, Aseptic surgical technique, with especial reference to gynaecol. Operations.
London 1903. Lippiencott.
11. Tnffier, A propos des glomes de Tair des salles d'op^ration. Bull, et möm. de la
soc. de Chir. 1903. Nr. 12.
12. H. Wagner, Die Behandlung granulierender Wunden. Zentralbl. für Chirurgie 1908.
Nr. 50.
18. *Walnewens, Das aseptische und das antiseptische Verfahren. Journal m6d. de
Bmxelles 1903. Oct. 2.
In seinem historischen Bückblick zeigt Neu her (9) wie die aseptische
Wundbehandlung in seinen Händen im Anschluss und als Abschluss seiner
Arbeiten über den antiseptischen Dauerverband ^^mit festem Zielpunkt in
logischer Entwickelung^ entstanden sei. Nicht im bakteriologischen Labora-
torium sei derselbe geboren, sondern als Grund sorgsamster Beobachtung und
allmählich fortschreitender Prüfung im Operations- und Krankenzimmer ^als
ein Produkt unserer doch im wesentlichen praktischen Wissenschaft.^ Es
liegt dem Verf. fem, die grosse Bedeutung der K ochschen Arbeiten über
die Desinfektion zu bestreiten, aber als nächster und unmittelbarer Einfluss
dieser Arbeiten war für die Chirurgie nicht etwa eine Bewegung in der
Bichtung auf die moderne Asepsis, sondern eine Steigerung der Antisepsis
durch Einführung des Sublimats in die Wundbehandlung zu verzeichnen.
Gerade in diese Periode allgemein verschärfter Antisepsis fiel der Beginn der
aseptischen Wundbehandlung, mit der es Neu her unternehmen wollte, die
direkte Wundantisepsis aufzugeben, oder doch wesentlich einzuschränken.
Verf. gibt sodann einen Vergleich der Besultate aus dieser Übergangs-^
Periode mit denen der jetzigen voll ausgebildeten Asepsis und hebt daran
anschliessend einige Punkte der jetzt von ihm geübten Technik hervor, daraus
sei hier entnommen : Gummihandschuhe werden als Schutz für die Hände nur
bei Operationen in schwer infizierten Geweben getragen. Kopfkappen, Schutz-
vorrichtungen für den Mund sind nicht erforderlich, ;,wer sprechen will oder
muss, mag es mit abgewendetem Gesicht tun^.
Ein Nachtrag bringt , Geschichtliches" über die versenkte Naht.
Branner, Wnndheilung, Störungen der Wandheilung etc. 47
Für die Geschichte der Asepsis, speziell im Hinblick auf den Ne üb er-
sehen Vortrag vrichtig und interessant ist die folgende Äusserung dea
Bakteriologen Louis Pastenr aus dem Jahre 1878 (!), welche Tuff ier
(11) zitiert (ich gebe dieses Dokument im Originaltext. Ref.):
„Sifavais Vhonneur cCetre Chirurgien^ penStre commeje le suis des dangers^
auquds exposent Us germes des microhes ripandus ä la surface de ious les
objects, particuUerement dans les höpitaux, non seulement je ne me servirm»
que d'instruments d'une propreti parfaite, mais, aprds avoir nettoyi mes mains
avee le plus grand soin et les avoir soumises ä un flamhage rapide, ce que
n'eaipose pas ä plus d'inconv^nients que n'en eprouve le fumeur qui fait passer
un eharhon ardent d'une main ä Vautre, je nemploierais que de la charpie^
des bandelettes , des Monges prealablement exposees dans un air porU ä la
temperature de 130 ä 150 degr&s, je n'emploierais jamais qu'une eau qui aurait
stibi ä la temp&rature de HO ä 120 degr6s, Tout cela est tres pratique. De
eette maniere, je n'aurais ä craindre que les germes en Suspension dans Vair
autour du lit du malade; mais V Observation nous monire chaque jour que le
nombre des ces germes est pour ainsi dire insignifiant ä cdti de ceux qui soua
repandus dausles poussOres, ä la surface des objects ou dans les eaux communes
lesfius limpides.^ — (Neuber scheint den Impuls der Bakteriologie doch etwas
za gering anzuschlagen. Referent.)
Lucas Championniere (2). Der Aufsatz ist ein Extrakt aus der
im Jahresbericht 1902 (S. 102) referierten Festnummer in Brit. med. Journ.
zu Ehren Listers. ;,Lister ist nicht verschwunden; die Technik mag ganz
geändert sein, die Antiseptika und die Stärke in der sie verwendet werden,
mögen verschieden sein — die Theorie bleibt immer dieselbe.^
Bei seiner ^^Wundbehandlung nach biologischem Prinzipe^
huldigt Ihrig (7) der reinen Asepsis. Es ist seine Überzeugung, dass in der
Heilung von Infektionen von Seiten der Behandlung ausschliesslich physikalische
Faktoren zur Geltung kommen ^ durch Änderung von Druck- und Kreislaufs-
verhältnissen der Gewebe." Der Chemismus könne nur nachteilig wirken,
sobald er von dem des Blutes abweiche. Die Heilung vollziehe die Biologie
der Zellen ;,nach dem Verhältnisse des Energieumsatzes*' ohne unser Zutun.
Die antibakterielle Eigenschaft von Desinfizientien möge da berechtigt
sein, wo sie nicht das interne Zellleben des Organismus berühre, also auf der
Hantoberfläche, an abgegrenzten Granulationen, auf Schleimhäuten, eventuell
an serösen Flächen etc.
Dem Blute stehe sowohl im Chemismus wie in osmotischer Konzentration
die von Locke modifizierte Ring ersehe Lösung. Verf. benützt diese mit
Weglassung von KCl und Dextrose:
CaCla 0,030/0
NaHCOa 0,04 «/o
NaCl 0,90/0
Am Schlüsse der Arbeit entwirft Verf. das Wundbehandlungsverfahren,
welches er auf dem chirurgischen Ambulatorium der Budapester Maschinen-
iabriken befolgt und gibt einen Überblick über 739 Fälle, die er nach
,biologischem Prinzipe" behandelt hat.
Wagner (12) behandelt seit 5 Jahren in der Privatpraxis sowohl wie
auf der Krankenhausabteilung alle rein granulierenden Wunden, falls nicht
durch Transplantation schnellere Heilung erzielt werden kann, offen. Nachts
48 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
werden die Wunden trocken verbanden unter Anwendung eines antiseptischen
Streupulvers. Am Morgen wird der Verband abgenommen, die Umgebung
gereinigt und dafür gesorgt, dass keine Kleidungsstücke die Wunde berühren.
Verf. glaubt, ^dass der Zustand der Epidermis an der Luft ein der Norm
näher liegender und für die Heilung günstigerer^ sei, dass ferner die Luft
einen gewissen Reiz auf das Epithel ausübe^). Durch Austrocknung werde
auch das Bakterienwachstum ungünstig beeinflusst. Der Infektionsgefahr seien
die granulierenden Wunden überhaupt wenig ausgesetzt; er habe nie eine
Schädigung durch Infektion gesehen.
Lucas Championnifere (3), Broca, Walther, Bazy benutzen die
Diskussion über die Mitteilungen von Quönu über Luftdesinfektion
mit Wasserstoffsuperoxyd (vergl. Jahresbericht 1902 p. 104). Der
erstgenannte Autor, als zäher Verteidiger der Antiseptik gegenüber der Aseptik
sieht in der durch Anwendung dieses Antiseptikums erzielten guten Resultate
eine Bestätigung seiner Ansichten, dass allein die antiseptische Methode vor
den zufälligen Infektionen schützen könne, (^le retour aux pratiques de la
m6thode antiseptique, qui seule vous assure contre les germes imprövus, est
chose fatale et n6cessaire.^)
Iwanoff (8) hat sich die Aufgabe gestellt, einen Apparat zu konstruieren,
welcher keimfreies Wasser ohne Verstösse gegen die Regeln der Aseptik
liefern kann. Dabei besteht die Hauptbesonderheit in der Abflussvorrichtung.
Beschreibung muss im Original unter Besichtigung der Zeichnungen gelesen
werden.
b) Desinfektion der Hände und des Operationsfeldes.
1. Füth, DemoDstrationen zur Händedesinfektion. Med. (xesellschaft Leipzig. MttDchener
med. Wochenschrift 1903. Nr. 3&
2. Goepel, Oher die Verbindung von Gummi und Zwimhandschuhen. Zentralblatt f&r
Chirurgie 1903. Nr. 42.
3. Hammesfahr, Die Gummihandschuhe bei aseptischen Operationen. Münchener med.
Wochenschrift 1903. Nr. 29.
4. Heller, Über die Bedeutung von Seifenzusatz zu Desinfektionsmitteln. Archiv fOr
Hygiene 1903. Bd. 47. Heft ^3.
5. Purves, On band desinfection. Edinburgh med. Journal 1903. April.
6. Schumburg, Bemerkungen zu der Wirkung des Seifenspiritus als Desinficiens med.
Instrumente. Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 23.
7. Wandel und Höhne, Über die mechanische Sterilisierung der Gummihandschnhe und
ihre Verwertung in der Praxis. MOnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 9.
8. *Wildiero, Le pouvoir antiseptique du snblimö corrosif et du sulfate de mercure
^thyldne diamin^ dans la desinfection des mains. Ann. et bull, de la soc. de möd.
d'Anvers.
Heller (4) zieht aus seinen höchst eingehenden Untersuchungen „Über
die Bedeutung von Seifenzusatz zu Desinfektionsmitteln*'
folgende Schlüsse:
1. Sapokalinus (Pharm. Germ.) besitzt nur eine geringe desinfizierende
Kraft.
2. Mit Acid. carb. crist. pur. bildet er bis zu einem Verhältnis von 1 : 3
schon bei gewöhnlicher Temperatur ohne jeden weiteren Zusatz eine Lösung.
1) Vor Wagner schon hat Bernhard in Samaden granulierende Wunden konse-
q^uent durch Insolation behandelt. Er berichtet darüber im Eorrespondenzblatt f. Schweizer
Ärzte 1902, Nr. 16 bei Publikation einer Milz Verletzung, femer in den Jahresberichten Ober
sein Krankenhaus 1901/1902. Referent.
Branner» Wondheilang, Störungen der Wundheilang etc. 40
3. Die Desinfektionskraft des Acid. carb. crist. pur. wird durch den
Zusatz dieses Sapokalinus, welcher kein freies Alkali besitzt, gesteigert.
Die Steigerung ist am grössten beim Verhältnis von 1:1. Während
Typhusbazillen in 20 Minuten von Acid. carb. crist. pur. erst durch eine
Sproz. Lösung vernichtet werden, werden sie in der gleichen Zeit bei An-
wendung einer Mischung von gleichen Teilen Acid. carb. crist. und Sapokalinus
durch eine 4proz. Lösung abgetötet: man erreicht also den gleichen Erfolg
mit weniger als der Hälfte Acid. carb. crist.
4. Überträgt man diese Erfahrungen mit Phenol und Seife auf die in
Wasser unlöslichen Kresole, so kann man den Schluss ziehen, dass die Ver-
wendung von Seife bei der Herstellung von kresolhaltigen Desinfektionsmitteln
nicht nur die Lösung der Kresole in Wasser ermöglicht in einer zur Des-
infektion erforderlichen Konzentration, sondern dass die Desinfektionskraft
einer Kresolseifenlösung durch den Seifenzusatz erheblich gesteigert wird.
Entweder ist die Erhöhung der Desinfektionskraft durch die an sich
wenig wirksame Seife darauf zurückzuführen, dass die Desinfektionsobjekte
der wirksamen Substanz, d. h. dem Kresol zugänglicher gemacht werden oder
es kann sich aus Phenol resp. Kresol und Seife ein neuer kompliziert zu-
sammengesetzter Körper von höherer Desinfektionskraft gebildet haben oder
schliesslich die Lösung des Desinfiziens (Phenol resp. Kresol) erfahrt durch
den Zusatz von Seife eine Steigerung des Dissoziationsgrades und damit eine
höhere Wirksamkeit.
Dieser Punkt ist zur Zeit noch Gegenstand weiterer Untersuchung.
Schumburg (6) kontrolliert die Versuche von Gerson über Desin-
fektion chirurgischer Instrumente mit Seifenspiritus und
kommt zu dem Resultate, dass derselbe selbst bei Stägiger Einwirkung nicht
imstande sei, Eitererreger an chirurgischen Instrumenten mit Sicherheit
abzutöten.
Füth (1) weist in seinem Vortrage auf die Unzulänglichkeit der Ahl-
feldschen Heisswasser- Alkoholdesinfektion hin, hält für viel wirksamer die
Anwendung der Quecksilbersalze, wie Versuche von Krön ig und ihm be-
weisen. Das Tragen von Handschuhen wird auf das angelegentlichste emp-
fohlen, vor allem um die Hände vor der Berührung mit infektiösem Material
zu schützen.
Den Ausführungen Hammesfahrs (3) ist zu entnehmen, dass bei
septischen Operationen der Operateur, bei aseptischen Assistent und
Schwester Handschuhe tragen. Es werden besondere Handschuhe für septische,
besondere für aseptische Operationen gehalten. Vor aseptischen Operationen
werden die in sterilen Kompressen aufbewahrten Handschuhe über die nach
der üblichen Methode" desinfizierten Hände gezogen, 10 Minuten in fliessendem
Heisswasser abgeseift und dann noch je 3 Minuten lang in Alkohol und
Sublimat gebürstet.
Purves (5). Kritisches Referat über die verschiedenen Methoden der
Handereinigung.
Wandel und Höhne (7) kommen zu dem Schlüsse, dass eine Steri-
lisierung der Gummihandschuhe auf rein mechanischem Wege durch
Waschen mit Seife und Wasser, auch ohne Anwendung der Bürste, in wenigen
Minuten möglich ist. Nach dem Gebrauche sind die Handschuhe an der
Hand sofort mit Wasser und Seife zu reinigen, abzuziehen unter Umstülpung
und an der jetzt nach aussen gekehrten Innenseite zu säubern.
JabrMberiehi fOr Chirurgie 1908. a
50 Jahresbericht fOr Chirargie. I. Teil.
Goepel (2). Die Nachteile, welche den Gummihandschuhen in-
folge ihrer leichten Zerreisslichkeit und den Zwimhandschuhen infolge ihrer
Durchlässigkeit anhaften, will Verf. dadurch heben, dass er die Zwimhand-
schuhe über die Gummihandschuhe anzieht. Die zahlreichen Vorteile, welche
dadurch bedingt sein sollen, wiD Verf. „zahlenmässig*' aufführen. — Referent
muss auf eine Wiedergabe der unter sieben Ziflfem angegebenen Gründe ver-
zichten; er kann niemals zugeben, dass dadurch ^der Operationsbetrieb
erleichtert und beschleunigt werde^ ; verteuert wird er jedenfalls.
c) Sterilisation des Naht- und Unterbindungsmateriales.
1. Claudias, Erfahmogen über Jodcatgut Deutsche Zeitschrift fQr Chirurgie 1903^
Bd, 69. Heft 5—6.
2. D a IIa Rosa, C, Del catgut sterilizzato con soluzione jodo-jodurato. Gazzetta degli
ospedali 1908. Nr. 143.
8. V. Hippel, Zur Frage der Catgutsterilisation. Wiener med. Presse 1908. Nr. 40.
4. Martina, Die Eatgutsterilisation nach M. Claudius. Deutsche Zeitschrift fOr Chi-
rurgie 1908. Bd. 70. Heft 1 und 2.
5. Mariani, C, Kisultati clinici suU' uso di un catgut preparate in modo semplicissimo.
Gazzetta degli ospedali 1908. Nr. 65.
6. — Risultati clinici sopra Y uso di un catgut preparato in nn modo estremamente sem-
plice. II Policlinico. Sez. pratica 1908. Fase. 27.
7. Peroz, G., Sulla sterilizzazione del catgut Nuovo metodo di sterilizzazione merc^ O
fluoruro d' argento (tachiole). II Policlinico 1908. Vol. X-C. Fase 2—8.
8. Senn, Jodized catgut. The journ. of the American Med. Association 1908. March 28.
9. Whiteford, The huried anabsorbable ligature and its sequelae. British medical
Journal 1908. July 25.
Martinas (4) Nachprüfung der Jodpräparation des Catgut
nach Claudius, über welche im Jahrgang 1902 referiert wurde (p. 109)^
ist eine sehr eingehende experimentelle und klinische. In bezug auf ,,absolute
Sterilisation" sei die Methode „über jeden Zweifel" erhaben und dürfe man
ihr volles Vertrauen entgegenbringen. Es leuchtet a priori ein, dass von
Seiten des Jod wohl Intoxikationserscheinungen nicht zu befürchten sind.
Im weiteren glaubt Verf. annehmen zu dürfen, dass das Jod mit den Pto-
mainen eine w^enn auch labile chemische Verbindung eingehe und die das
Gewebe schädigende Wirkung derselben aufhebe^). Eine wertvolle Eigen-
schaft, die jeder anderen Sterilisationsmethode vorenthalten geblieben sei, ist
die Erhöhung der Zugfestigkeit; ebenso sei dieses Catgut puncto rascher
Resorbirbarkeit überlegen und entfalte eine ;, bedeutende chemotaktische
Wirkung.^
Klinisch ist das Material bei 75 Fällen erprobt worden. Dass dasselbe
„in den sorgsam ausgewählten Fällen hinter den Erwartungen, die man auf
Grund der vorausgegangenen bakteriologischen Untersuchungen hegen könnte,
nicht zurückstand, gehe aus den sehr guten Resultaten bei den Bruch-
operationen hervor."
Claudius (1) bringt in seinem Vortrage zunächst Urteile dänischer
Chirurgen über sein Jodcatgut. Er habe bei seinen Anfragen „gar nichts
Unvorteilhaftes" vernommen. Die Resultate der praktischen Versuche werden
zum Schlüsse folgendermasssen resümiert:
„Die Methode, welche möglichst einfach ist und daher Irrtümer bei der
Präparierung ausschliesst, garantiert eine absolute Sterilität; der Faden ist
1) Wer hat denn diese Ptom Einwirkung bewiesen? Referent,
Brunn er, Wundheilang, Störungen der Wandheilung etc. 51
ausserdem stark antiseptisch, ohne jedoch im allergeringsten das Gewebe zu
irritieren, und er ist stark, stärker als gewöhnliches Catgut. Die einzelnen
Falle, wo er sich spröde erwiesen hat, werden vielleicht teilweise darauf
beruhen, dass er zu lange, länger als Vs Jahr, in der Jodlösung gelegen sei,
und diesem muss man entgehen; oft ist die Ursache nur, wie es sicher kon-
statiert worden ist, eine ursprüngliche partielle Schwäche des Catguts, welche
ein bekanntes Phänomen ist.'^
Senn (8) empfiehlt auf Grund von mehrwöchentlichen Versuchen bei
seinen Operationen, das Claudius sehe in Jod- Jodkalium l^/o sterilisierte
Catgut. Maas (New- York.)
Dalla Rosa (2) hat nach der Claudius sehen Methode sterilisiertes Catgut veiv
wendet und ist mit dem Resultat sehr zufrieden. R. Giani.
Mariani (5) hat in 30 Fällen ein Catgut verwendet, das nach der
Ton Claudius angegebenen Weise sterilisiert war und in allen einen Ver-
lauf per primam intentionen erhalten. Die Präparation geschieht in der
Weise, dass man das Catgut auf acht Tage in eine Jod-Jodlösung legt und
es vor seinem Gebrauch in eine sterile oder Karbolsäurelösung taucht, um
es von dem Überschuss an Jod zu befreien. Das so präparierte Catgut hat
ausser dem geringen Kostenpreis den Vorzug, dass es 4—5 Tage länger als
gewöhnlich der Resorption widersteht. R. Giani.
Mariani (6) teilt die klinischen Resultate mit, die er beim Gebrauche
eines nach den Vorschriften von Claudius (D. Zeitöchr. f. Chir. Bd. LXIV,
p. 489) bereiteten Catguts erhielt, eines Catguts, das nach den Unter-
suchungen dieses Autoren sich als absolut steril erweist und auch antisep-
tische Eigenschaften besitzt. Dieses ganz einfach durch achttägiges Liegen-
lassen in einer Jodjodlösung präparierte Catgut wird in 12 — 16 Tagen resor-
biert. In den 30 Fällen, in denen Verf. es angewendet hatte, war der Erfolg
ein vollständiger, da alle Patienten per primam intentionem heilten. Verf.
empfiehlt zu den mehr gegen die Oberfläche gelassenen Knoten ganz dünne
Fäden zu verwenden, damit deren Resorption sich leichter vollziehe. Das
Catgut wird, auf Doppelspulen gewickelt, in weiten, niedrigen, mit ge-
schmergeltem Stöpsel versehenen Glasgefässen aufbewahrt und im Augen-
blicke der Operation in Karbolsäurewasser gelegt. — Da es wenig kostet,
sich äusserst leicht präparieren und aufbewahren lässt, so ist es, nach Verf.,
sehr empfehlenswert. R. Giani.
V. Hippel (3) hat seit */* Jahren das nach Claudius präparierte
Catgut in Gebrauch. Die bakteriologische Untersuchung ergab, dass das
Catgut bereits nach */« stündigem Verweilen in der Jodjodkaliumlösung regel-
mässig keimfrei war. Bei künstlicher Infektion mit Milzbrandsporen dauert
es V/i Stunden bis eine gleich sichere Keimfähigkeit erzielt wird. Auf Grund
der klinischen Erfahrungen glaubt er, „dass die Methode von Claudius
vermöge ihrer Einfachheit, Billigkeit, Sicherheit und Schnelligkeit der Her-
stellung berufen sei, an die Stelle der seither geübten, ausnahmslos umstand-
lieberen und kostspieligen Methoden zu treten.^
Nachdem Peroz (7) die verschiedenen zur Sterilisierung des
Catguts bisher angewendeten chemischen, physikalischen auch physiko-
chemischen Methoden besprochen, teilt er die Resultate der zur Catgut-
sterilisierung mittelst Silberfluorur (Tachiol) von ihm vorgenommenen
Versuche mit. Eine vollkommene Sterilisation lässt sich auf folgende Weise
erzielen: Man wäscht das auf Gazeröllchen gewickelte Katgut mit Seifen-
4*
52 Jahresbericht für Cbirargie. L Teil.
Wasser, legt es auf 24 — 48 Stunden in Äther, wäscht es hierauf wieder mit
sterilisiertem, destilliertem Wasser und legt es dann auf 24—48 Stunden in
eine l^oige Silberfluorurlösung. Die Lösung wird während der ersten zwei-
bis dreimal und dann noch einmal erneuert. Hierauf lässt man die Röllchen
1 — 2 Tage in gewöhnlichem Alkohol und bewahrt sie dann in 96^ Alkohol,
in hellen geschmergelten Glasgefässen, in denen die Fäden bald schwarz
werden.
Das so behandelte Catgut hat sich bei allen Kulturversuchen als steril
erwiesen; ja das Antiseptikum, womit auch kleine (1 — 2 cm lange) Stücke
Faden imprägniert bleiben, vermag in einem Bouillonröhrchen das Wachstum
der Mikroorganismen zu verhindern. Das Katgut ist sehr resi^nt, die
Resorbierbarkeit erfährt keine Veränderung. Bei seinen klinischen Experi-
menten hat das Katgut nie zu Eiterungen Anlass gegeben; Verf. meint des-
halb, dass durch seine Methode solche konstant und mit Sicherheit vermieden
werden, was sich durch andere Sterilisierungsverfahren, die ebenfalls ein
bakteriologisch aseptisches Catgut gaben, nicht erzielen lasse ^). R. Giani.
Whiteford (9) macht in kurzer Mitteilung darauf aufmerksam, dass
bei der späteren Ausstossung nicht resorbierbarer, versenkter, glatt eingeheilter
Ligaturen (silk) die Muskelbewegungen eine Rolle spielen.
d) Sterilisation des Verbandsmaterials, der Instrumente,
Schwämme.
1. Beckmann, Zar Frage über die Zulftssigkeit von Yorwftrmeyorriehtangen in Dampf-
sterilisatoren. Dentache med. Wochenschrift 1903. Nr. 17.
2. *H aasmann, Universalsterilisator mit Überdiiick. Ärztliche Polytechnik 1903. Januar.
3. *G rosse, Über Ejitbetersterilisation. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 24.
4. *Eonopka, Experimentelle Beiträge zur Dampfdesinfektion. Diss. Königsberg 1903.
5. *Simon, Die desinfektorische Kraft erwärmter Sodalösnngen. Diss. Leipzig 1903.
In Anerkennung der Vorzüge, die das weniger feuchte Verbandmaterial
dem nasseren gegenüber besitzt, hält sich Beckmann (1) für befugt, im
Gegensatz zu Braatz, gestützt auf Kontrollversuche zu betonen, dass der
Vorwärmemodus der Lauten seh lag er sehen Apparate keine Dampf über-
hitzung involviert. Damit soll allerdings nicht gesagt sein, dass die Lauten-
schlägerschen Apparate allen anderen überlegen sind; an ihnen könne z.B.
ausgesetzt werden, dass sie die Möglichkeit einer Überhitzung des Wasser-
dampfes schon im Dampfraume nicht völlig ausschliessen , wofür der Schutz-
mantel, der die Brenngase längs der Eesselwandung nach oben dirigiere,
verantwortlich zu machen sei. Das Prinzip der Vorwärmung des
Verbandmaterials dagegen sei in ihnen einwandsfrei.
e) Antiseptik. Antiseptika.
1. *Andrewes, Lessons in desinfection and Sterilisation. Chnrchill 1903.
2. Bamberg, Sanoform als Ei-satzroittel des Jodoform. Berliner klin. Wochenschrift 1903.
Nr. 38.
3. Bamberger, Gollargol Credä. Berliner klin. Wochenschrift 1903. Nr. 34.
4. *Beale, Lysoform in snrgical practice. Medical Press 1903. April 15.
5. Bong, Zar Kasuistik der Eollargolanwendang. Therapeutische Monatshefte 1903.
Heft 10.
1) ? Brunner.
Brunn er, Wundbeüung, Störungen der Wundheilang etc. 53
6. *Bodey Ein Beitrag zur experimentellen ErforscfauDg der Wirkung einiger Silberprä-
parate, besonders des kolloidalen Silbers. Diss. Rostock 1903.
7. Busk, EJnosol som Antiseptikum, ügeskrift for Laeger 1903. p. 415. Eopenbagen.
8. ^Luoas-Championniöre, La m^thode antiseptique et ses d^viations. Gazette des
höpitaux 1903. Nr. 149.
9. *Colin, Über den antiseptischen Wert des Argentum colloidale Gredö und seine
Wirknng bei Infektion. Diss. Königsberg 1903.
10. Cred6, Die Behandlung septischer Erkrankungen mit intravenösen EoUargol- (arg.
coll.)-Iojektionen. v. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 69. Heft 1 u. 2. v. Es mar eh
Festschrift.
11. *Denck8, Zur Statistik der Jodoformin tozikationen in ihren Allgemeinerscheinungen.
Diss. Eönigsberff 1903.
12. ^Fornet, Über Earboldermatitis. Diss. Berlin 1903.
13. A. Dworezky, Weitere Beobachtungen über die Wirkung der löslichen Silbersalze.
Russki Wratsch 1908. Nr. 4 und 7.
H. *Forbe8cae-Brickdale, Collargol: A review of some of its clinical applications,
with experiments on its antiseptic action. Bristol med. chir. Journal 1903. December.
15. *Frie8er, Septoforma, ein neues Antiseptikum und Desinficienb. Med. Blätter 1903.
Nr. 45.
16. ^Guörin, Le Collargol. Journal de m^d. de Bordeaux 1903. Nr. 52.
17. Galli-Yalerio, Etwas über Lysoform. Therapeutische Monatshefte 1903. Heft 9.
18. Heile, Über die antiseptische Wirkung des Jodoform, v. Langenbecks Archiv 1903.
Bd. 71. Heft 3.
19. Jaenicke, Zur Kasuistik der intravenösen Kollargolbehandlung septischer Prozesse.
Deutsche med. Wochenschrift 1908. Nr. 6.
20. *Muir, A case of iodoform poisoning. The Lancet 1908. April 4.
2L Netter et Salomon. L^argent colloldal (collargol) et ses applications thörapeutiques.
La Presse m^dicale 1903. Nr. 12.
22. Peyton, Lvsoform in surgical practice. Medical Press 1903. April 15.
23. Rössler, tfber Kollargol. Wiener med. Wochenschrift 1903. Nr. 19.
24. Schmidt, Über die Wirkung intravenöser KoUargolinjektionen bei septischen Er-
krankungen. Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 15 und 16.
25. Sinding-Larsen, Jodoform bei chirurgischer Tuberkulose I. Die Gefahren des Jodo-
forms. (Aus dem Kflsten-Hospital zu Fredriksvcem [Norwegen]). Norsk Magazin for
Lsgevidenskaben 1903. Heft 7. p. 593.
26. Seren in. Einiges zur Jodoformknochenplombe nach Mosetig-Moorhof. Zentral-
blatt ffir Chirurgie 1903. Nr. 45.
27. *8haw, Untersuchungen Ober den Nutzen der intravaskulären Einspritzungen anti-
septischer Lösungen. Journal of Hygiene 1903. Nr. IL
Durch die sehr interessanten Untersuchungen Heiles (18) scheint end-
lich die klinisch längst festgestellte , aber bislang noch unaufgeklärte anti-
septische Kraft des Jodoforms ergründet zu sein. Die Arbeit zerfällt in
vier Abschnitte.
Eingangs werden die bisherigen Kenntnisse von der Art der Jodoform-
wirkung resümiert. Der Titel des zweiten Abschnittes enthält bereits das
Fazit der gemachten Entdeckung: ;,Jodoform wird durch die in den
Organen enthaltenen reduzierenden Substanzen zu einem
wahren Antiseptikum." Durch Versuche, deren Technik im Original
gelesen werden muss, gelangt Verf. zu der ^Tatsache", dass fakultativ anaerobe
Bakterien (Staphylokokken, Streptokokken) bei Luftabschluss in einem Gemisch
von Organbrei, speziell Leberbrei und Jodoform, getötet werden. Da diese
Jodoformversuche unter den gegebenen Bedingungen ein Oxydationsvorgang
nicht sein können, sondern nur eine Reduktionswirkung, so haben wir nach
Verf. hier einen Parallelismus beider Wirkungen, der ein neuer Beweis für
die Vorstellung ist, dass die sauerstoffaktiyierende Wirkung der Gewebe
bedingt ist durch reduzierende Substanzen.
54 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Über die bei der Zersetzung des Jodoforms entstehenden Produkte gibt
ein dritter Abschnitt Aufschluss. Die bakterizide Wirkung wird zurückgeführt
auf Bildung von Dijodacetyliden, welches nach Low „eine äusserst
energische Giftwirkung'' entfaltet und auch der Urheber der Jodoformver-
giftung ist.
Am Schlüsse werden die Beziehungen der experimentellen
Tatsachen zur klinischen Beobachtung besprochen. Nach den
beschriebenen experimentellen Ergebnissen wird Jodoform auf oberflächlichen
Hautwunden sich fast gar nicht zersetzen, mithin auch nicht bakterizid
wirken können. Die Mehrzahl der Chirurgen werde darin wohl zustimmen,
dass Jodoform seine Verbreitung nicht durch Behandlung von oberflächlichen
Wunden, sondern von Höhlenwunden gefunden hat. Bei der Nachbehandlung
von Mund-, Rachen- und Mastdarmerkrankungen haben wir mit lebendem
Gewebe ausgekleidete Höhlen, zu denen der Zutritt von Luft durch Tam-
ponade erschwert ist; hier hat das Jodoform reichlich Gelegenheit sich zu
zersetzen. Von den lebenden Geweben müssen wir annehmen, dass sie ähn-
lich wirken, wie die zerriebenen Organe in den Versuchen. Es zeige sich
bei Bedingungen, welche die Zersetzung des Jodoforms ähnlich dem Reagenz-
glasversuch besonders stark begünstigen — Leber-, Nieren wunden — , dass
das Jodoform so kräftig zersetzt werden kann, dass es nicht nur die Bakterien
tötet, sondern auch direkt das Gewebe ätzt.
Ebenso erklärend seien die Experimente für die Auffassung der Jodo-
formwirkung bei Behandlung von Tuberkuloseherden. In abgeschlossenen
Gelenkhöhlen finde sich reichlich Gelegenheit zu Zersetzung durch Einwirken
der tuberkulösen Granulationen, Synovia auf das Jodoform, während dies
weniger zutreffe bei kalten Abszessen, wo die Berührung mit den lebenden
Geweben fehle.
Sinding-Larsen (25) hat während über 10 Jahren bei der Behand-
lung von ca. 300 Kindern zwischen 3 — 18 Jahren mit tuberkulösen Affektionen
Jodoform angewandt und zwar teils in der Form von Jodoformglyzerin-
injektionen (10 ^/o) 537 mal, teils von Jodoformeinpuderungen und Jodoform-
tampons ca. 400 mal, sowie bei Verbandwechsel, zusammen in ca. 1400 Appli-
kationen. Verf. beschäftigt sich hauptsächlich mit der Frage nach der
Gefährlichkeit des Jodoforms. In fünf Fällen hat er Vergiftungserscheinungen
gesehen, worunter einer leicht, zwei mittelschwer, einer sehr schwer und einer
mit tödlichem Ausgang unter Sjrmptomen von Dilirien, Konvulsionen und
Herzschwäche. Verf. wendet bei der Lijektion Jodoform in Dosen von
0,5 — 1 — 1,5 g, niemals über 2 g in Intervallen von 2 — 3 Wochen an. Die
Notwendigkeit von Harnuntersuchungen auf Jod wird betont, um, wo sich
Missverhältnisse zwischen den angewandten Jodoformmengen und der Jod-
reaktion im Harn zeigen, auf der Hut sein zu können.
Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Seren in (26). Kurze Notiz über Anwendung der Mos etig sehen Jodoform-
knochenplombe mit guten Erfolgen.
Crede (10) hat bei der Anwendung seines Kollargols bis jetzt keinerlei
Nachteile erlebt und es haben sich insbesondere die intravenösen Injektionen
als 7,ganz gefahrlos^ erwiesen. Die Anwendung des „Unguentum Cred6"
werde indessen durch die intravenöse Injektion nicht überflüssig, im Gegen-
teil führe dieselbe in der grossen Mehrzahl der Fälle zum Ziele, sei leichter
B rann er, Wandheilang, Störungen der Wundheilang etc. 55
auszuführen und finde beim Kranken weniger Widerstand. Es gebe aber
viele Fälle, wo die Salbe nicht anwendbar sei, weil die Haut sich nicht als
aafsaugungsfahig zeige u. s. w. ; in allen diesen Fällen sei die intravenöse In-
jektion angezeigt, von der man allerdings auch nicht erwarten könne, dass
^Sterbende wieder gesund werden". Rechtzeitig angewandt, d.h. noch bevor
Gehirn und Herz ihre Widerstandskraft verloren haben und ehe Metastasen
da sind, wird das lösliche Silber schon wenige Stunden nach seiner Einführung
in das Blut eine deutlich bemerkbare günstige Wirkung äussern. Was das
Präparat betrifiFt, so ist dasselbe in letzter Zeit wesentlich verbessert worden.
Es löst sich fast vollkommen und bleibt dauernd in Lösung (Heydensche
Fabrik). Subkutan eingespritzte KoUargoUösung hat so gut wie keine Wirkung.
Infolge der guten Löslichkeit vdrd es jetzt meist in 2 ^/o- Lösung benutzt;
statt 4 — 20 ccm werden jetzt meist nur 2 — 10 genommen.
Die intravenös behandelten FäUe betreffen: 1. Schwere Phlegmonen,
2. allgemeine Sepsis, 3. Puerperalfieber, 4. Pyämie, 5. septische Osteomyelitis,
€. Polyarthritis septica, 7. ulzeröse Endocarditis, 8. schwere Erysipele, 9. Peri-
tonitis, 10. Erythema nodosum, 11. Milzbrand, 12. hoffnungslose Phthise. Bei
letzteren „besserten sich Temperatur, Puls und namentlich das Allgemein-
befinden für einige Wochen ganz ausgesprochen^.
H. Schmidt (24) hält sich nach vielfachen mit Kollargol selbst
gemachten Erfahrungen und nach dem Urteil anderer Autoren für berechtigt
zu der Behauptung, dass wir in demselben ein ausserordentlich wertvolles
Hilfsmittel in der Bekämpfung der verschiedensten infektiösen Krankheiten
gewonnen haben, ;,da8 einen hervorragenden Platz in der Therapie wohl
für inmier behaupten dürfte^. Was die Art der Wirkung betrifft, so glaubt
er daran festhalten zu müssen, dass dieselbe eine rein bakterizide ist, ähn-
lich wie die der Antiseptika in toten Flüssigkeiten; vor allem ist die hem-
mende Wirksamkeit eine grosse.
Zur Illustration des Gesagten werden die Krankengeschichten und
Kuren zahlreicher, verschiedenartiger Fälle vorgelegt, Osteomyelitis, Appen-
dicitis, Polyarthritis etc. Bei oft „geradezu verblüffender" Besserung des All-
gemeinbefindens machte sich Abfall der Temperatur und des Pulses be-
merkbar.
Bamberger (3) untersucht in seinem Aufsatze, in welcher Weise
man sich die Heilwirkung des Kollargols vorstellen soU. Um der
Entscheidung der Frage näher zu kommen, welches Verhalten die Leukocyten
beim Menschen nach einer KoUargol-Applikation zeigen, hat er sich selber
mit Kollargolsalbe eingerieben und zu verschiedenen Zeiten das numerische
Verhalten der weissen Blutkörperchen bestimmt. Die letzte Blutzählung wurde
ca. 5 Stunden nach der Einreibung vorgenommen.
Es zeigte sich ein Ab- und Anstieg der Leukocytenzahl.
Theoretisch scheint Verf. nur ein Fall vorzukommen, wo man, wie Crede
will, eine direkte Silberwirkung annehmen könnte, nämlich in Fällen von
Eiteransanunlung. Hier ist zu erwarten, dass unter den infolge der Entzün-
dung auswandernden Leukocyten sich auch selbst mit Silber beladene finden.
Denn selbst metallisches Silber hat die Eigenschaft, das Bakterienwachstum
in seiner unmittelbaren Umgebung auf Plattenkuren zu verhindern. Die Er-
scheinung beruhe darauf, dass es mit den Stoffwechselprodukten der Spalt-
pilze antiseptisch wirkende Silbersalze bildet.
56 Jahresbericht für Chirurgie« I. Teil.
Netter und Salomon (21) geben ein umfassendes Referat über die
mit KoUargol gemachten Erfahrungen, über seine Wirkungs- und Anwen-
dungsweise und berichten dabei über zahlreiche eigene, bei den verschieden-
sten Infektionen gemachte Beobachtungen. Sie sind überzeugt von der ;,glück-
lichen Wirkung*^ des Mittels. Die Wirkung manifestiere sich bei gewissen
Fällen durch rapiden Abfall der Temperatur, bei anderen durch lytischen
Abfall. Parallel gehe eine Besserung des Allgemeinbefindens. Das Mittel
wirkt nach ihrer Ansicht nicht exklusiv antibakteriell, sondern es komme eine
katalytische Kraft, ähnlich der von Fermenten in Betracht. Bei einigen
Fällen wurde eine rapide Verminderung der Bakterien im Blute beobachtet.
Bö sei er (23) berichtet Ober günstige £rfahnuigen bei Anwendung vonEollargol
in der Aagenheilkunde, besonders bei Trachom.
Bong (5) hat die intraventoe Anwendung von KoUargol mit Erfolg bei puerperaler
Sepsis ausgefahrt.
Jaenike (19). Septische Farameiritis mit KoUargol intravenOs behandelt Erfolg
, geradezu frappant*. Die Tatsache stehe fest, «dass ein ganz desolater Fall binnen 36 Stunden
entfiebert war und dass ein kindskopfgrosses Exsudat binnen 4 Vi Tagen y5llig ver^
sohwunden war.
Dworezky (18) tritt für Anwendung des Ung. Cred^ bei den verschiedensten
Affektionen: Phlegmone, Mastitis, Erisypel, Bubonen, ein. Er will in allen Fällen eine
prompte und «milde* Wirkungsweise beobachtet haben. Hohlbeck (St. Petersburg).
Bamberg (2). Von der grossen Reihe der als Ezsatzmittel des Jodo-
forms angepriesenen Arzneimittel soll nach der Meinung des Verf. bisher
keines sich die bleibende Gunst weiter ärztlicher Kreise zu erringen vermocht
haben; er hofft, dass dies beim Sanoform der Fall sein werde. Es ist ein
Dijodsalizylsäuremethylester, welcher im lebenden Gewebe langsam
sich löse, wobei Jod und Salizylsäure frei werden und ein entwickelungs-
hemmender Einfluss auf die Bakterien ausgeübt werde.
Galli-Valerio (17) hat Untersuchungen angestellt über die antisep-
tische Wirkung des Lysoform. In vitro ergaben sich gute Resultate gegen
B. coli, während M. pyogenes aureus sehr widerstandsfähig war. Verf. glaubt,
dass das Mittel, wenn es auch kein starkes Antiseptikum sei, so doch wegen
seiner Ungiftigkeit und seiner desodorisierenden Kraft zu empfehlen sei.
Busk (7) hat die vernichtende Wirkung des Ghinosols auf Bac.
prodigiosus und Bact. typhi erprobt und gelangt durch eine Reihe von Ver-
suchen (illustriert durch Tabellen) zu dem Resultat, dass die bakterizide
Wirkung des Stoffes schwach ist und dass eine Lösung von unter l^/o als
Desinficiens ganz ohne Wirkung ist. (Schaldemose).
Peyton (22). Kurze Notizen fiber Anwendung von Lysoform während 4 Monaten
mit befriedigeuden Erfolgen.
f) Behandlung von Verletzungen und infizierten Wunden.
1. Gerota, Beitrag zum Studium der Behandlung der Bauchwunden. Bevista de Chi-
rurgie 1903. Nr. 3. p. 455 (Rumänisch).
2. Gontermann, Experimentelle Untersuchungen über die Ab- oder Zunahme der Keime
in einer akzidentellen Wunde unter rein aseptischer trockener und aseptischer feuchter
Behandln^, v. Langenbecks Archiv 1908. Bd. 70. Heft 2.
3. Lex er, über die Örtliche Behandluug der chirurg. wichtigsten Infektionen. Therapie
der Gegenwart 1903. Nr. 1.
4. Noetzel, Experimentelle Studie zum antiseptischen Wundverband. v. Langenbecks
Archiv 1903. Bd. 71. Heft 1.
5. Reinking, Über den Einfluss der Alkohol verbände auf den Verlauf entzündlicher
Prozesse. Dissert Kiel.
Branner, Wnndheilaog, StöruDgen der Wandheilimg etc. 57
Lexer (3) bespricht in seinem Vortrage ;,Über die örtliche Be-
bandlung der chirurgisch wichtigen Infektionen^ zwei Infektions-
gmppen. Bei der ersten handelt es sich nm eine bestimmte, durch die
hifektion eingebrachte Giftmenge, welche im Körper nicht weiter ver-
mehniDgsfähig ist (Schlangenbiss). In der zweiten lassen sich diejenigen
Bakterien-Infektionen zusammenfassen, welche zu einer schweren Allgemein-
erkrankung führen können, ohne dass dies die unbedingten Folgen dieser
Infektion sind (Milzbrand, dxurch Eiter- und Fäulniserreger erzeugte Wund-
infektionen). Beim äusseren Milzbrand befürwortet Verf. die konservative
Behandlung. Bei jeder Operation in entzündeten Geweben und auch noch
bei der Nachbehandlung wird die allergrösste Schonung verlangt. Aus einem
harmlosen, durch Quetschen und Stochern maltraitierten Oberlippenfurunkel
kann Thrombophlebitis und Meningitis hervorgehen. Eine dritte Gruppe ver-
einigt diejenigen Infektionen, deren Folge stets eine allgemeine Gift- oder
Bakterien-Verbreitung im Körper ist (Tetanus, Lyssa). Die Hoffnung, durch
desinfizierende Mittel die im Gewebe liegenden Bakterien zu vernichten, habe
der Chirurg schon lange aufgegeben. Für kleine Wunden sei die Exzision
am besten. Bei Tetanus nach grossen mit Strassenschmutz infizierten Zer-
trümmerungsherden sei die Amputation wo es möglich ist, auszuführen neben
Serumbehandlung.
Gontermann (2) stellt Untersuchungen an über den Einfluss
aseptischer trockener und antiseptischer feuchter Verbände
auf den Keimgehalt akzidenteller Wunden. Die Arbeit berücksichtigt in
durchaus ungenügender Weise die einschlägige Literatur, d. h. sie geht auf
Untersuchungen, welche vorher mit diesem Thema sich befassten, nur ganz
flüchtig ein. — Es wurden untersucht: Nicht eiternde Wunden, welche mit
trockener aseptischer Gaze verbunden wurden. Eiternde Wunden, welche
mit trockener aseptischer Gaze verbunden wurden. Nicht eiternde und eiternde
Wanden, welche mit Jodoformgaze verbunden wurden. Nicht eiternde und
eiternde Wunden, welche mit 0,5 ^/o feuchter Sublimatgaze und Guttapercha
verbunden wurden^). Nicht eiternde und eiternde Wunden, welche mit 3®/o
feuchter Earbolgaze und Guttapercha verbunden wurden. Verfasser kommt
dabei zu folgenden Schlüssen:
1. Eine bakterienhemmende Nachwirkung der Antiseptica in Wunden
ist nicht zu konstatieren. 2. Der Keimgehalt nicht eitriger akzidenteller
Wunden wird bei antiseptisch -feuchten impemeablen Verbänden mehr ge-
steigert als bei trockenen. 3. Bei akzidentellen Wunden ist der Jodoform-
gaze der Vorzug zu geben, da sie mit den klinisch wichtigen Eigenschaften
der Aufnahme der Wundsekrete und Blutstillung durch Festsaugen noch eine
entschiedene Einwirkung auf die Mikroorganismen verbindet. 4. Feuchte
Verbände mach&i leicht Ekzeme und Haarbalgabszesse in der Umgebung der
Wunde, begünstigt durch Mazeration der Haut. 5. Die feuchten Verbände
sind kein sicheres Mittel gegen Vereiterung accidenteller Wunden. 6. Bei
eitrigen Wunden bewirken die trockenen Verbände eine schnellere Abnahme
der Keime als die feuchten. 7. Bei phlegmonösen Entzündungen wirken die
1) Daas feuchte Karbol- und Sublimatkompressen anter Guttapercha wegen
EkxembQdimg durchaus unzweckmftssig sind, ist den Praktikern längst bekannt. Anders
steht es mit essigsaurer Tonerde, oder einer Mischang derselben mit Bleiwasser, wie sie
Beferent empfohlen hat. Dass trockene Verbände bei infizierten eiternden Wunden Sekret-
retention machen und deshalb nicht zu empfehlen sind, steht fest. Referent
58 JahreBbericbt für Ohirargie. I. Teil.
trockenen Verbände (aseptische Gaze und Jodoformgaze) günstig auf den
Abfall der Keimzahl. 8. Viele akzidentelle Wunden heilen trotz grossen
Keimgehaltes ohne klinische Zeichen von Entzündung.
Noetzel (4) glaubt der feuchten Gaze wegen der besseren kapillären
Drainage eine intensivere Fernwirkung zuerkennen zu müssen als der
trockenen. Er hat dabei speziell diejenigen sezernierenden Wunden im Auge,
welche man nicht mehr tamponieren will, um sie zum Schlüsse zu bringen
und die bei einfach aufgelegtem trockenem Verbände immer wieder Retentionen
verursachen. In solchen Fällen wirkt feuchte Gaze im eigentlichen Sinne als
„austrocknender Verband^, in dem sie besser von der Tiefe her aus-
trockne. Gewissermassen den Typus eines solchen Verbandes stelle der zuerst
Ton Neubert publizierte Schwammverband dar, welchen Rehn seit Jahren
bei den blutigen Repositionen und Knochennähten von Frakturen mit Vorteil
anwandte.
Verf. suchte sodann auf dem Wege des Experimentes zu entscheiden,
ob die ;,absaugende Wirkung^ der feuchten Gaze oder der trockenen die
bessere sei. Diese Versuche demonstrieren wohl in deutlicher Weise die
Wirkung eines saugkräftigen Verbandes, lassen aber die erstere Frage un-
entschieden.
Reinking (5). In der Kieler chirurg. Poliklinik wurden Versuche ndt
Alkoholverbänden gemacht unter Verwendung eines besonderen 70 ^/o
Alkohol enthaltenden Präparates, Alkoholallit genannt. Auf eine mehrfache
Lage Mull wird mit einem Spatel das die Konsistenz einer erstarrten, etwa 5°/o
Gelatinelösung besitzende Präparat in 3 — 4 mm dicker Schicht aufgetragen.
Der so vorbereitete Mull wird auf die vorher gereinigte Haut gelegt, dann
mit Guttaperchapapier oder einem anderen impermeablen Stoff so bedeckt,
dass dieser den Mull etwas überragt und das Ganze mit Binden befestigt.
Dieser Verband wird hauptsächlich bei leichteren ambulant behandelten Ent-
zündungen empfohlen; bei schwereren Fällen gebühre dem hochprozentigen
Alkohol der Vorzug.
Gerota (1) studiert die Frage der Bauch wiindenbehandlung und gibt 12 verschiedene
Fälle solcher penetrierenden oder oberflächlichen Bauchwunden, die durch Operation be-
handelt wurden. Stolanoff (Plevna).
Branner, Tetanus.
IV.
Tetanus.
Referent: Konrad Bninner, Münsterlingen.
L Pathogenese, Wirkung des Tetanusgiftes. Symptomatologie. Kopf-
tetanus.
1. *Ghaaffard, Sar an memoire de MM. Lop et Murat conoemant le t^tanoB conaö-
catif ä Temploi de la g^latine comme h^mostatiqae ; discassion. Bull, de racad^mie
de m^. 1903. Nr. U.
2. Diealafoy, Un caa de t^tanos consöcutif a ane injection de s^ram g^latinö; dis-
cuaaion. BolL de Tacad^mie de m^d. 1908. Nr. 19.
3. Els&Bser, BeitrAge zur Kenntnis des Tetanus traumaticos. Deutsche Zeitschrift fttr
Chirorgie 1903. Bd. 69. Heft 2—4.
4. Farland, Tetanus Prophylaxis and suspected woands. The journ. of the Amer. Med.
Ass. 1903. July 4.
5. Friedel, Die Lehre vom Kopf-Tetanus. Biss. Berlin 1903.
6. Hohlbeck, Ein Beitrag zum Vorkommen des Tetanusbacillus ausserhalb des Be-
reiches der Infektionsstelle beim Menschen. Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 10.
7. Kap per» Ein Fall von erfolgreicher Serumbehandlung bei Tetanus. Wiener med.
Wochenschrift 1903. Nr. 9 und 10.
8. Meyer und Bansom, Untersuchungen fiber den Tetanus. Archiv fQr experimentelle
Pathologie etc. 1903. Bd. 49. Heft 6.
9. Morax et Marie, Untersuchungen über Resorption des Tetanusgiftes. Annales de
l'institat Pasteur 1903. Mai.
10. Neumann, Kopftetanus als Abortivtetanus. Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1903.
Nr. 10.
11. Racine und Bruns, Zur Ätiologie des sog. rheumatischen Tetanus. Deutsche med.
Wochenschrift 1903. Nr. 43.
12. Rain, Blank-cartridge wound Inflected by tetanus bacilli; prompt excision; no tetanus.
Annals of surgery 1903. March.
13. Remedi, Süll' azione della tiroide nel tetano. Bicerche sperimentali 1903.
14. Schfitze, Über einen Fall von Kopf tetanus mit seltener Ätiologie. Deutsche med.
Wochenschrift 1903. Nr. 28.
Die wichtigen ^Untersuchungen über den Tetanus" von Meyer
und Ransom (8) befassen sich in einem 1. Abschnitte mit dem lokalen
Starrkrampf. In bezug auf die erste und wichtigste Vorfrage, wo das
Tetanusgift den Angriffspunkt seiner verderblichen Wirkung habe, ob im
Zentralnervensystem oder in der Peripherie oder in beiden, wird eingangs
hervorgehoben, dass es das unbestreitbare Verdienst von Gumprecht sei,
mit einer an Evidenz grenzenden Wahrscheinlichkeit gezeigt zu haben, dass
allein das Zentralnervensystem, insbesondere das Rückenmark, von dem Gift
krankhaft verändert werde und dass alle funktionellen Erscheinungen der
Vergiftung, sowie die gesteigerte Reflexerregbarkeit, wie die tonische Starre
der Muskeln von dieser Rückenmarksvergiftung bedingt seien.
Die in den Jahren 1892 — 1894 in den Beiträgen zur klin. Chirurgie^)
0 Ausgegeben in den Jahren 1892, 1893 und 1894 in Bd. IX- XII.
60 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
erschienenen experimentellen Untersuchungen des Referenten, welche zum Teil
vor Gumprecht diese Tatsachen festgestellt haben, werden hier in keiner
Weise berücksichtigt. Indem die Verfif. auf den Transport des Tetanus-
giftes auf dem Wege der Nerven zu sprechen kommen, erwähnen sie
nur, „Brunner nahm auf Grund seiner Experimente über Kopftetanus ein
Wandern des Giftes zentralwärts im N. facialis an, Hess die Hypothese aber
als zu wenig plausibel wieder fallen" etc. ^)
In bezug auf die Nervenleitung ist es den Verfif. gelungen, bei Meer-
schweinchen nach Injektion des Giftes unter die Haut eines Hinterbeines in
allen Fällen das Tetanustoxin ausser im Blute in dem der Impfseite ent-
sprechenden, iu einem Falle ausserdem auch in dem anderen n. ischiadicos
nachzuweisen. Diese Resultate seien von Marie und Morax durch Experi-
mente im Roux sehen Laboratorium bestätigt worden.
Femer ist es den Verfif. gelungen, nach intravenöser tödlicher Vergiftung
durch die Antitoxinsperrung der beiden Hauptnerven der Hinterbeine das
ihnen entsprechende Muskelgebiet von der Vergiftung frei zu halten. Sie
schliessen daraus, dass das Tetanusgift zu dem Zentralnerven-
system nicht direkt durch Blut- und Lymphbahnen, sondern
nur auf dem Wege der Nerven hin kommen.
Weitere Versuche sollen darlegen, dass das Aufwärtssteigen des Giftes
im Rückenmark durch Durchschneidung des Rückenmarkes gehenmit werde.
Femer wird experimentell gezeigt, dass der grösste Teil der Inku-
bationszeit beim Tetanus für die intraneurale Giftwanderung
bis zu den giftempfindlichen Rückenmarkszentren verbraucht
werde, sowie, dass nicht nur die Reflexsteigerung, sondern
gerade auch die für die Tetanusvergiftung charakteristische
tonische Muskelkontraktion, der lokale Tetanus, allein durck
zentrale Wirkung mit Ausschluss jeder peripheren Affektion
entstehe.
Weitere Experimente bringen Aufschluss über den sog. Tetanus dolo-
rosus, über die Reflexsteigerung und die Muskelkontraktur und
auf diesen Versuchen baut sich die folgende hier in extenso wiedergegebene
Theorie des experimentellen Tetanus auf:
;,Aus den von mir mitgeteilten Tatsachen glauben wir den Gang der
experimentellen Tetanusvergiftung in folgender Weise deuten zu können. An
der geimpften Stelle wird das Gift aus den Lymphspalten zum grössten Teil
von den motorischen Nerven — wahrscheinlich in ihren marklosen Endi-
gungen — aufgesaugt und gelangt durch sie zu den motorischen Rücken-
marksganglien. Diese werden zunächst allein in einen Zustand der Über-
erregbarkeit versetzt, so dass sie durch die von den sensiblen Neuronen dauernd
zufliessenden, sonst unterschwelligen, latent bleibenden Reize wirksam erregt
und zu ununterbrochener Energieentladung gezwungen werden. Genauer aus-
gedrückt sind die kontinuierlichen sensiblen (Labyrinth-) Reize auch in der
Norm nicht unterschwellig und bleiben nicht latent, sondern sind die aus-
lösende Ursache aller der kleinen, ununterbrochenen motorischen Entladungen,
deren integrale Wirkung wir als Muskeltonus kennen. Diese Entladungen
sind bei der Tetanusvergiftung abnorm verstärkt; es muss aber sogleich be-
1) Nach dem Aufsatz in Deutsch, med. Wocheuschrift 1894. Nr. 5. Referent konsta-
tiert hier nur das Faktum dieser mangelhaften Literaturberücksichtigung ; auf weiteren
Prioritätsstreit und inhaltliche Kontroverse sich einzulassen, ist hier nicht der Ort.
Branner, Tetanus. 61
merkt werden, dass sie nun keineswegs maximale sind. Das erkrankte Glied
wird nicht gleich in die Endstellung (Hyperextension) gezwungen, sondern
Extensoren und Flexoren spannen sich langsam an. Dabei überwiegen an
den hinteren Extremitäten die ersteren und bringen das Glied allmählich
mehr und mehr in Extensionsstellung ; ist nur erst etwa Mittelstellung erreicht,
so kann jeder Willensimpuls oder Reflexstoss die Streckung vorübergehend
steigern, sich also zu den schon wirkenden Tonusentladungen addieren. Man
kann es daher auch kurz so formulieren : Der lokale Starrkrampf ist der Aus-
druck, die Folge des abnorm und wachsend verstärkten, alle intrazentralen
Hemmungen überwindenden Muskeltonus an dem befallenen Glied.
Nur insofern, als nach Herings bekanntem Versuch jeder motorische
Impuls überhaupt ;,peripherogen^ ist, ist auch die tetanische Muskelkonstruktur
von sensiblen Erregungen bedingt und ;,reflektorisch^^; zugrunde liegt ihr aber
ausschliesslich eine primäre pathologische Änderung des motorischen Appa-
rates im Rückenmark, die darum auch in ihrer Wirkung zunächst streng loka-
lisiert ist.
In den Fasern des Rückenmarks wird das überschüssige Gift weiter-
geführt und zwar zuerst — durch die direkten Verbindungsbahnen der vor-
deren Kommissur — zu den motorischen Apparaten der anderen Seite: Starr-
krampf des korrespondierenden Gliedes. Erst nach einiger Zeit und bei ge-
nügender Zufuhr erfasst das Tetanustoxin die vermutlich nächst verbundenen
taktilen Apparate des Reflexbogens im Rückenmark: es kommt zur allgemei-
uen Steigerung der Reflexe auf Reizung des erkrankten Gliedes oder seines
Nervenstammes; von allen anderen Stellen des Körpers aber werden nur nor-
male Reflexe ausgelöst, der eine Punkt des sensiblen Reflexapparates allein
ist übererregbar, aber jede seiner abnorm heftigen Explosionen kann sich auf
die mittelst auf- und absteigender Kollateralen ihm verbundenen Reflexappa-
rate des ganzen Rückenmarks übertragen und umgekehrt wird ein anderer
sensibler Neuron erregt, so löst die fortgleitende Erregungswelle wiederum
nur an jener übererregten Stelle einen Reflexstoss aus. — Schreitet die Ver-
giftung fort, so verbreitet sich sowohl der motorische Tonus, wie die Steige-
rung der Reflexerregbarkeit und es erfolgt dann „Starre" fast aller quer-
gestreiften Muskeln und allgemeiner ^ Reflextetanus ^.
Beim tetanuskranken Warmblüter handelt es sich also um zwei, zeitlich
und örtlich geschiedene Prozesse im Rückenmark : der erste ist örtlich moto-
rische Vergiftung: lokale Muskelstarre; der andere sekundäre ist örtlich sen-
sible Vergiftung : vom vergifteten Neuron auslösbar verbreiterter Reflextetanus.
Hat die Vergiftung von der Blutbahn aus stattgefundeu, so tritt das Gift zu
allen motorischen Nervenendigungen und die Erkrankung ist selbstverständ-
lich nicht an einer Rückenmarkstelle lokalisiert, sondern diffus. Dass dann
an gewissen Prädilektionsstellen der Tetanus zuerst ausbrechen kann, lehren
sowohl Tierversuche — bei Katzen z. B. werden die Beuger der Vorderpfoten
zuerst befallen — wie auch die Pathologie des menschlichen Tetanus.
Als letzte Folge ist die bleibende Verkürzung und die Atrophie der
retrahierten und unbeweglichen Muskeln zu betrachten. Bei dem tetanus-
empfindlichen Warmfrosch kommt nach unseren Beobachtungen die rein moto-
rische, lokale Muskelkontraktur nicht vor; hier scheint das Gift sogleich in
die sensiblen Teile des Reflexapparates überzugehen^).
1) Wer sich für die Entwicklung der Tetanuslehre interessiert, lese in meinen
zitieTten Arbeiten die von mir 10 Jahre früher, d. h. 1892 publizierten, 1894 weiter
62 Jahresbericht für Chirurgie. I. Tei].
Nach den neuesten Untersuchungen von Morax und Marie (9) sind die
drei Typen peripherer Neurose, die motorischen, sensitiven und sympathischen
gleichmässig fähig, das Tetanusgift zu absorbieren. Die spezifische
Lokalisation des Giftes aber finde wahrscheinlich nicht im peripheren
Neuron statt, sondern in den zerebralen; die peripheren Neurone würden
nach dieser ^Hypothese^ nur die Kanäle darstellen, durch welche das Gift
den zerebralen zugeführt werde.
Seine in Injektion von Tetanustoxin in die Schilddrüse be-
stehenden Experimente, über die er schon früher (Lo Sperimentale 1902,
fasc. 4) berichtete, hat Remedi (13) fortgesetzt. Er experimentierte dies-
mal an acht Hunden, von denen drei zur Eontrolle dienten; die Injektionen
machte er ins Schilddrüsenparenchym. Die von ihm erhaltenen Resultate
sind folgende: Der Kontakt des Tetanustoxins mit den Schilddrüsenzellen
ruft Erscheinungen von Hypersekretion hervor, die auftreten, sowohl wenn
das Tetanustoxin in mittelmässiger Menge in das Schilddrüsenparenchym in-
jiziert wird, als auch wenn es, in Fällen von Allgemeininfektion, auf der
Blutbahn in dasselbe gelangt; wird dagegen das Tetanustoxin in bedeutender
Menge ins Schilddrüsenparenchym injiziert, dann herrschen nekrotische Er-
scheinungen vor. Verf. hält es für nicht unwahrscheinlich, dass nach Auf-
hören dieser Hypersekretionsperiode eine Wucherung von neuen Elementen
stattfindet, zwecks Wiederersatzes der Zellenelemente, die durch die Hyper-
sekretion erschöpft werden. Besonders hervorzuheben ist, dass bei zwei
Hunden, bei denen das injizierte Toxin das ganze Schüddrüsenparenchym
durchdrang, keine weiteren Tetanuserscheinungen auftraten, was annehmen
lässt, dass das Toxin in der Schilddrüse die Verhältnisse zu einer voll-
ständigen Neutralisation gefunden habe. Die Schilddrüse übe, vermittelst der
Zellenelemente die sie enthält, eine ähnliche Wirkung aus, wie das künstliche
Antitoxin, und zwar könne dies, nach Verf., entweder dadurch erfolgen, dass
das Tetanustoxin sich an der Zelle fortsetzt oder dadurch, dass die Sekretion
der Epithelelemente das Toxin neutralisiert. R. Giani.
Angeregt durch Versuche von Prof. Calmette in Lille hat M. Farland (4)
Versuche an Meerschweinchen gemacht, um die Wirkung getrockneten
Tetanusantitoxins auf infizierte Wunden zu prüfen. Die Resultate
waren sehr zufriedenstellend. Das Antitoxin wurde mit Chloroform gemischt,
auf die Wunden gestreut und diese mit Watte und Kollodium geschlossen.
Das getrocknete Antitoxin ist unbeschränkt haltbar, macht in die Wunde
gebildete Tetanustoxine unschädlich und wird resorbiert, um im Blute zu
zirkulieren bis es von etwa in den Kreislauf gelangten Toxinen in Anspruch
genommen wird. Maas (New- York).
Der von Racine und Bruns (11) mitgeteilte Fall zeigt wieder, dass
der Satz zu recht besteht „ohne Tetanusbacillus kein Tetanus^' und
dass der Begriff ;,rheumatischer Tetanus" Fälle von kryptogenetischen Tetanus
umfasst.
Ein 20jähriger Bergmann erkrankte an ausgesprochenen Erscheinungen
von Tetanus. Eine äussere Wunde fand sich nicht, wohl aber eitrige Otitis
ausgefahrten Hypothesen, von denen die 1. aaf der Leitung des Giftes Iftngs den
Nervenbahnen, die 2. auf einer Doppelwirkung sich aufbaut und vergleiche diese
meine, den Verfassern offenbar nicht bekannte Darstellung (Der Tetanus, eine toxische
Neurose) mit der hier von ihnen vorgebrachten Theorie. Referent.
Brunner, Tetanus. 63
media. Die Anamnese ergab, dass Patient mit kleinen Reisern den
äussern Gehörgang gereinigt habe. Genesung unter Antitoxin-
behandlnng.
Das Sekret der Otitra media wurde bakteriologisch untersucht und es
gelang Tetanusbazillen daraus zu züchten, und es war damit der Beweis er-
bracht, dass die Tetanusinfektion vom rechten Ohr ausgegangen war.
Elsässer (3) verarbeitet das in Kochers Klinik 1877--1902 be-
obachtete Material von Tetanusfällen unter Beigabe sämtlicher ausführlicher
Krankengeschichten. Von den 24 Fällen sind die Mehrzahl männlichen Ge-
schlechtes. Die Hauptzahl kommt auf Leute, die sich mit Landarbeit be-
schäftigten ; meist handelt es sich um geringfügige Verletzungen. Bei ^/s hat
ärztliche Behandlung vor Spitaleintritt nicht stattgefunden; sieben Wunden
waren mit Gartenerde verunreinigt. 11 Patienten sind am Kopf verletzt;
leider findet gerade bei diesen die interessante Symptomatologie zu wenig
Würdigung. Es heisst von der Facialislähmung nur, es seien zu wenig
Fälle mit solcher aufgetreten (16 7o) ;,um näher darauf einzutreten^^ Von
einem Patienten am Nasenrücken ist bemerkt, dass er „höchst intensive
Krämpfe*' hatte.
Bei fünf Fallen wurden sicher Tetanusbazillen gefunden.
Therapie: Lokal am meisten Jod und Karbolsäure, auch Jodtri-
chlorid undArgentum nitricum; bei schweren Fällen Thermokauter
Imierlich Chloralhydrat und Morphium subkutan, bei heutigen Anfallen
Chloroform narkose.
13 Patienten erhielten neben anderen Medikamenten Bemer-Serum, bei
acht Fällen intrazerebrale Injektion, einmal gleichzeitig intravenös, einmal
gleichzeitig subkutan, bei zwei Patienten nur intrazerebral. Einer bekam
5 ccm intracerebral und 50 com durch Lumbalpunktion.
Von den 13 mit Serum behandelten Fällen sind sechs geheilt.
Fünf Fälle sind mit Karbolsäure nach Baccelli behandelt worden, mit
zwei Todesfallen.
Im ganzen sind von den 24 Fällen 10 geheilt = 58 ^/o Mortalität.
Dieulafoy (2). Tetanus nach Gelatineinjektion bei einer Phti-
sikerin. Bei starker Hämoptoe wurde unter alten Kautelen eine Injektion
von Gelatine am linken Oberschenkel gemacht. Die Lösung war in der
Apotheke bereitet worden und war ^/2 Stunde aufgekocht worden. Nach
10 Tagen Ausbruch der tetanischen Erscheinungen. Alsbald Injektion von
Antitoxin, Chloral per Klysma. Furibunder Verlauf.
An der Stelle, wo die Gelatine injiziert worden, hatte sich ein kleiner
Abszess gebildet. Aus diesem Eiter wurden Tetanusbazillen gezüchtet.
In einer Übersicht über die Literatur erwähnt Verf., dass Chauffard
der Akademie über 18 Fälle von Tetanus nach Gelatineinjektion Mitteilung
gemacht habe.
Der von Kapper (7) beschriebene Tetanusfall ist nach Ansicht des
Verf. von folgenden Gesichtspunkten aus interessant:
1. Das klinische Büd war mit Rücksicht auf die Intensität und Lokali-
sation der Krämpfe (Schlundkrämpfe, Zungenbisse, Mitbeteiligung der Atmungs-
muskulatur) als ein schweres zu bezeichnen.
2. Das wiederholt beschriebene Verschwinden der gesteigerten Schweiss-
sekretion bald nach Beginn der Serumtherapie hat sich hier nicht nach-
64 Jahresbericht für Chirargie. I. Teil.
weisen lassen, und es dürfte dieser Umstand wohl auf die deutliche Über-
erregbarkeit der Vasomotoren, den stark ausgebildeten Dermographismus
zurückzuführen sein.
3. Verlauf ohne Temperatursteigerung, welcher ungezwungen durch die
reichliche Schweissproduktion erklärt wird, was jedoch bei einer mit tetani-
sehen Muskelkontraktionen einhergehenden Infektionskrankheit nicht gerade
von vornherein zu erwarten ist.
4. Das eigentümliche Verhalten des Kremasterreflexes.
Baxter Bain (12) züchtet aus einer Wunde der Hand Tetanusbazillen.
Exzision der Wunde und Ausbleiben von Tetanussymptomen ^).
Friedel (5). Eine aus v. Leydens Klinik hervorgegangene vorzüg-
liche Dissertation, betitelt ;,Die Lehre vom Kopftetanus^, enthält zu
Anfang eine historische Übersicht über die Entwickelung der Anschauungen
über das Wesen des Kopftetanus seit Roses erster Beschreibung. Unter
kritischer Würdigung der klinischen und experimentellen auf diesem Gebiete
gemachten Errungenschaften bringt er interessante Gedanken zur Abklärung
der verschiedenen hier stets noch obschwebenden Streitfragen. Als Beitrag
zur Kasuistik des Kopftetanus wird ein Fall beschrieben, bei dem an eine
Verletzung an der Nasenwurzel sich das „gewöhnliche Bild^ des Wundstarr-
krampfes anschloss, ;,ohne deutliche Lähmungserscheinungen im Facialis-
bereiche*^. Als einen „Kernpunkt'' der Streitfragen behandelt Verf. jene
Erscheinung, die zu vielen Kontroversen (Brunner-Klemm) geführt hatte
und die als „spastische Lähmung'^ oder „paralytische Kontraktur" geschildert
wurde. Der Muskel kann starr sein ohne Verkürzung. Die durch Palpation
wahrnehmbare Starre ist nicht der Ausdruck seiner Kontraktion, sondern nur
seiner Spannung. Es handle sich hier um den Zustand, den Fick in der
Physiologie als „isometrischen Muskelakt" bezeichnet habe, d. h. als eine
Aktion des Muskels, bei der es zwar zu einem Starrwerden, einer Anisotonie,
nicht aber zu einer Verkürzung käme, weil das mechanische System, welches
Ursprungs- und Insertionspunkt verbinde, einen im mechanischen Sinne zu
starren Widerstand bilde. Darauf ist „ein Teil" der Erscheinungen zurück-
zuführen, einen anderen Teil denkt er sich „durch eine krankhafte Ver-
schiebung in der Willensbahnung" (Goldscheide r) entstanden. In beiden
Fällen reiche die AuflEassung des Toxins als eines die motorischen Neurone
lediglich in Überregbarkeit versetzenden Stoffes aus. — Im weiteren zieht
Verf. hinsichtlich der Pathogenese des Kopftetanus folgende Schlüsse:
1. Alle bisher beobachteten, durch das Tetanusgift hervorgerufenen
krankhaften Erscheinungen von Seiten der Muskulatur lassen sich durch die
Annahme erklären, dass das Gift die Reizschwelle der motorischen Nerven-
zellen herabsetzt.
2. Die von dem gewöhnlichen Wundstarrkrampf des Menschen ab-
weichenden Tetanusformen, die als Kopftetanus, primäre lokale Kontraktur
u. dergl. beschrieben sind, kommen nur zustande, wenn das Gift am Orte
seiner Entstehung im Körper mit Muskeln bezw. motorischen Nervenendigungen
in Berührung kommt.
3. Die Annahme, dass Achsenzylinder oder deren Hüllen imstande seien,
das Gift selber fortzuleiten, ist unwahrscheinlich und unnötig.
1) Der Nachweis von Tetanusbazilien in akzidentellen Wunden ohne Tetanus findet
sich schon in der Arbeit von Riggenbach. Vgl. Jahresbericht 1897. p. 72. Referent.
Branner, Tetanus. 65
4. Die Ausbreitung der Reizbarkeitssteigerung über die motorischen
Nervenzellen erfolgt, nachdem das Gift in einer Zellgruppe in Wirkung tretend
bier einen Reizzustand geschaffen hat, der sich kontinuierlich auf weitere
Zellgruppen fortpflanzt und deren Angreifbarkeit für das Gift erhöht; es
erkrankt also diejenige Zellgruppe zuerst, die von Natur am angreifbarsten
ist, die grösste Giftaffinität hat (Portio minor trigemini) oder diejenige, welche
zuerst — direkt an der Peripherie — mit dem Gifte in Berührung kam;
in letzterem Falle ist dabei vorausgesetzt , dass der reizleitende Neurit eine
gewisse Länge nicht überschreite, anderenfalls auch hier zuerst Trismus auf-
tritt und sogar bei sehr erheblicher Länge des Achsenzylinders (Extremitäten)
die spät eintretende ;,primär lokale^ Kontraktur durch das inzwischen sich
entwickelnde Bild des gewöhnlichen Wundstarrkrampfes unkenntlich ge-
macht wird.
Bei dem von Schutze (14) bescbriebenen Fall von ^Kopftetanus mit seltener
Ätiologie' handelt es sich nm eine 58jähr. Fran, welche von einem Pfauhahn in die Stirne
gebissen wurde; zugleich erhielt sie in der Scheitelgegend von den Krallen herrührende
Haatftbachürfnngen. 3—4 Tage nachher habe die ganze linke Gesichtshälfte angefangen
za erschlaffen. 8 Tage spftter stellten sich Krämpfe der Kiefermuskeln ein. Dazu traten
Schlingbeschwerden. Im weiteren Kontraktur der Nackenmnskeln, geringer Opisthotonus.
Der Yogelbiss war etwas links von der MittelUnie gelegen und enthielt die abge-
brochene Schnabelspitze des Pfauen. Die Wunde wurde ausgebrannt und mit Jodoformgaze
tamponiert. — Die Schnabelspitze wurde einer Maus unter die ROckenhaut verpflanzt und
anengte typischen Tetanus. Im Wundeiter wurden Tetanusbazillen und Strepto-
kokken nachgewiesen. — Im weiteren subkutane Seruminjektion. Heilung.
Hohlbecks (6) Beobachtung „über das Vorkommen des Tetanus-
bazillus ausserhalb des Bereiches der Infektionsstelle'' bezieht
sich auf einen Fall von Kopftetanus:
Auf der rechten Seite der Nase eine Schorfung durch einen Holzstab. «Links ausge-
sprochene Furchen um Nase und Mund; die rechte Gesichtshälfte glatt." Tonische Kr&mpfe
im Bereiche der Rumpf-, Hals- und Gesichtsmuskulatur. Extremitäten frei. Behandlung
mit Chloralhydrat. f*
Aus dem Blnte konnten Tetannsbazillen gezflchtet werden, allerdiugs nicht in
Reinkultur.
2. Therapie.
1. Y. Behring, Zur antitoxischen Tetannstherapie. Deutsche med. Wochenschrift 1903.
Nr. 35.
la.Berlizheimer und Meyer, Zwei Fälle von Tetanus acutus. Deutsche med. Wochen-
schrift 1903. Nr. 42.
2. Carti, E., Tetano ed accido fenico. II Policlinico. Sez. pratica 1903, Fase. 49.
3. *Cook, Oase of traumatio tetanus; recovery. The Lancet 1903. Oct. 17.
4. Corte, P. A., Dne osservazioni di tetano curato e guarito ed metodo Baccelli. U
Policlinico. Sez. pratica 1903. Fase. 26. (Zwei Fälle mit Ausgang in Heilung.)
5. ^Ebstein, Zur Lehre von der Behandlung des Tetanus traumaticus mit dem Behring-
schen Serum. Diss. Glossen 1903.
6. Elwortly, A case of traumatic tetanus treated with antitoxin. The Lancet 1903.
Aug. 15.
7. Frotscher, Zur Behandlung des Tetanus traumaticus mit Behrings Tetanusantitoxin.
Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 10.
8. Glaser, Zur Kasuistik der Antitoxinbehandlung des Tetauus. Deutsche med. Wochen-
schrift 1903. Nr. 44.
9. Gerber, Ein Fall von Tetanus, erfolgreich mit Behrings Antitoxin behandelt.
Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 26.
10. Herrmann, Ein schwerer Fall von Tetanus traumaticus. Münchener med. Wochen-
schrift 1904. Nr. 10.
11. Holub, Zur Antitoxinbehandlung des Tetanus. Wiener klin. Wochenschrift 1903.
Nr. 31.
Jahresberieht für Chirargie 1903. 5
66 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
12. Luckett, The rational treatment of tetaous a report of sacceafnl treatment by Spina
sabarachnoid injections of antit^tanic serum. Medical News 1903. April 18.
13. Leone, 6., Tetano e metodo Baccelli. II Policlinico. Sez. pratica 1903. Fase 18.
14. Luciani, L., La resistenza dell' organismo all' acido fenico in un tetanico all' ospedale
Cousolazione di Roma. II Policlinico. Sez. pratica 1908. Fase. 26.
15. Mowat, Note on a case of tetanus; injections of antitetanic serum; recovery. The
Lancet 1903. Not. 14.
16. *Matyen, Ein Beitrag zur Kasuistik des Tetanus. Diss. Kiel 1903.
17. Sannders, A case of acute Tetanus with certain points of interest. The Lancet 1903.
March 7.
18. V. Schuckmann, Zur Frage der Antitozinbehandlung bei Tetanus. Deutsche med.
Wochenschrift 1903. Nr. 10.
19. ^Schumann, 10 Fälle von Tetanus traumaticoa aus der chirurg. Klinik in Freiburg.
Diss. Freiburg 1903.
20. Tessier, Un cas de gu^rison de t^tanos aigu avec ötrangiement hemiaire. Archives
g^nörales 1903. Nr. 40.
21. W a 1 1 h e r , T^tanos traumatique trait^ par des injections lombaires intra-arachnoidiennea
de s^rum antit^tanique. Quörison. Bull, et m6m. de la soc. de Ghir. 1908. Nr. 29.
22. L. Wirsaladze, ,Die Behandlung des Tetanus mit Injektionen von Himemulaion
gesunder Tiere". Russki Wratsch 1903. Nr. 81.
y. Behring (1) erörtert in vorliegender Abhandlung zunächst die
theoretische Seite der Tetanusfrage insoweit, als dies zum Verständnis seiner
Ratschläge für eine rationelle Heilserumbehandlung des Tetanus erforderlich
sei. Er referiert daher über die neueren Forschungsergebnisse, welche Ein-
blick verschaffen in den Mechanismus des Zustandekommens der Vergiftung
und Entgiftung beim Tetanus. Es kommen dabei hauptsächlich die Ergeb-
nisse der Arbeit von Hans Meyer und Ransom zur Sprache, die hier
besonders referiert sind.
Welche Teile in den giftempfindlichen Zellen es sind, welche vom
Tetanusgiftmolekül angegriffen werden, entziehe sich vorläufig unserer Kenntnis.
V. Behring glaubt genügenden Grund zu der Annahme zu haben, dass diese
Teile nicht im Kern, sondern im Cytoplasma zu suchen sind. Nach der mit
grossem Beifall in der Gelehrtenwelt aufgenommenen Konzeption Ehrlichs
werden die sich vermehrenden Substrate des Tetanusangriffes als antitoxisch
wirkende Bestandteile in das Blut abgestossen, wo sie in der Blutflüssigkeit
gelöst, also extrazellulär zirkulieren und bei der Blutgerinnung in das Serum
übertreten.
Im weiteren entstehe die Frage, ob die das Tetanusgift attrahierenden
Zellbestandteile noch in anderen Zellen als bloss in den Ganglienzellen oder
gar bloss in motorischen Ganglienzellen existieren. Ganz ausser Frage ge-
stellt sei ihre Existenz in sensiblen Ganglienzellen des Rückenmarks,
auch sympathische Ganglienzellen werden angegriffen. Indem Verf. auf
das Antitoxin zu sprechen kommt, bemerkt er, dass ihn unablässig fort-
gesetzte Studien zu einer Auffassung geführt haben, welche die Inaktiviemng
des Tetanusgiftes durch das Heilserum den fermentativen Umwandlungen der
Proteine an die Seite stelle. Nach dieser Auffassimg müsse noch ein dritter
Körper hinzukommen, welcher den Kontakt herstelle. Der letzte Teil der Arbeit
bringt die aus diesen bezüglichen Versuchsergebnissen hervorgehenden
Konsequenzen für die therapeutische Praxis, wobei eröffnet wird, dass Verf.
die Produktion seiner Tetanusheilsera ganz nach Marburg verlegt habe.
Holub (11). Eine 41jährige Frau ritzt sich mit Holz am linken
Mittelfinger. 3 Tage darauf Beginn des akuten Tetanus. Behandlung mit
Serum s üb dural, daneben Morphium, f.
Branner, Tetanus. 67
Impfangen von Mäusen mit der Punktionsfltissigkeit erfolglos. Statistisch
soll dies der 26. Fall der mit Duralinfusion behandelten Kranken sein. Von
diesen verliefen 18 tödlich, also Mortalität 69,2 ^/o.
Ein post mortem aus dem verletzten Finger extrahierter Holzsplitter
wurde in Bouillon gebracht. Mit dieser geimpfte Mäuse erkrankten an
Tetanus.
Luekett (12) berichtet Aber drei Fälle von Tetanus. Der erste betrifft einen 12jähr<
KiiAben mit PistoieDSchusswonde der linken Hand. Behandlung mit Brom und Chloral«
hydrat. f* Beim zweiten ebenfalls Schasswunde der linken Hand. Behandlung mit sab*
arschnoider Injektion von Serum. Heilung. Beim dritten Fall Wunde am Hals.
Behandlung wie bei 2. Heilung. (Antitoxin aus Board of Health of New York.)
Elworthy (6). Ujfthr. Knabe. Verletzung am linken Foss, welche eiterte. Tetanus.
Das Antitoxin hatte nicht mehr Effekt als Ghloral und Brom, und die Injektion in den
Spioalkanal nicht mehr als die subkutane, f.
Saun d er s (17). 38jähr. Mann wird am linken Knie verwundet. Tetanus. Behandlung
mit Antitoxin, Chloralhydrat. Antitoxin ohne Effekt, f.
Walther (21). 22jähr. Mann. Bisa durch einen Hund am linken Bein. Intra-
araehnoide Injektion von Serum. Chloral- und Ohloroforminbalation. Heilung.
Gerber (9). Tetanusfall bei einem lOjfthr. Kinde. Verletzung nicht nachweisbar«
Behandlung mit Serum. » Auffallende Besserung direkt im Anachluss an die 2. Injektion"^,
Verfasser ist von der Heilwirkung des Serums , felsenfest" Überzeugt.
Frotscher (7). 40jähr. Landwirt mit Kopfwunde, links auf dem Scheitelbein.
Infektion der Wunde. Inkubation 18 Tage. Entwicklung der tetanischen Symptome „lang»-
Mm*. Im ganzen aber «recht schweres" Krankheitsbild. Behandlung mit Serum, Ghloral
hydrat und Morphium. Genesung. Verf. hält es für wahrscheinlich, ,dass das noch recht-
leitig angewandte Serum den Verlauf der Krankheit günstig beeinflusst hat*.
Tessier (20). Ein 56jfthr. Gärtner erkrankt an akutem Tetanus nach Schürfungen
der Hand. Behandlung mit Antitoxin. Genesung. Interkurrent eine eingeklemmte Ing.-
Hernie, welche durch Däbridement des Schnürringes behandelt wird.
Schuckmann (18) gibt zunächst die Krankengeschichte eines eigenen
Falles.
26jfthr. Mann. Verletzung am Fusse. Inkubation unbestimmt. Akuter Tetanus.
.Patient starb 48 Stunden nach Auftreten der ersten Tetanussymptome . . .'
Anschliessend gibt Verf. eine Statistik von in den Jahren 189d und
mit 1901 in zwei Zeitschriften (Deutsch, med. und Berl. klin. Wochenschrift)
publizierten Tetanusfallen, darunter 76 mit Serum behandelte. Er kommt
bei der Sichtung dieser Fälle zu dem Schlüsse: ;,dass das Tetanusantitoxin
in seiner jetzigen Form auch bei Innehaltung der von Behring neuerdings
aufgestellten Vorschriften, nicht geeignet ist, einen nennenswerten thera-
peutischen Erfolg zu erzielen.
Herr mann (10). IQjfthr. Knabe. Verletzung mit Holz am Fuss. Schwerer Tetanus.
Behandlung mit Ghloral, Morphium, Brom, Antitoxin, f. Verf. bemerkt hinsichtlich des
Semms: .Abgebehen von der Schwierigkeit, dasselbe zu beschaffen — es war selbst in
renommierten Berliner Apotheken nicht einmal dem Namen nach bekannt, geschweige denn
Torrfttig — ist der Preis desselben ein so abnorm hoher, dass der Anwendung schon aus
diesem Grunde grösseren Schwierigkeiten in der gewöhnlichen Pi-axis begegnen werden.*
Glaser (8). 50j&hr. Landwirt. Verletzung mit Nagel am rechten Fuss. Nach In-
bbation yon 8 Tagen Tetanus. Antitoxinbehandlung (Behring). Tod 8 Tage nach Beginn
der Erscheinungen.
Berlizheimer nnd J.Meyer (la). 1. Fall. Krankenpflegerin ohne Wunde. Allge-
meiner Tetanus mit Chloralhydrat, Morphium und Serum subkutan behandelt (Höchst) und
Injektionen zu je 50 g. Morbillenartiges Exanthem. Genesung.
2. Fall. ISjfthr. Knabe wurde von der Strassenbahn überfahren. Amputation nach
Lief ran c. Akuter Tetanus. Subkutane Injektion von Serum, Morphium nnd Ghloral, dann
nbarachnoide Infusion, t-
Mowat (15). 40 jähr. Frau. Verletzung der grossen Zehe durch einen Nagel.
Rapider Tetanns 86 Stunden nach dem Trftuma. 9 mal Injektion yon 10 ccm' Serum.
OeneeuDg.
5*
68 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Wirsaladze (22) behandelte sieben Fälle von Tetanus mitinjektionen
von Hirnemulsion gesunder Tiere. Drei Patienten starben. Bei den ge-
nesenen Patienten sah Wirsaladze nie eine Beeinflussung der Krankheits-
symptome durch die Injektionen. Hohlbeck (St. Petersburg).
Bezugnehmend auf eine Arbeit Cavazzeranis (Rivista veneta di sc.
med. 1901), der auf Grund von 6 trotz der Karbolsäurebehandlung in Tod
ausgegangenen Fällen dem Phenol antitetanische Eigenschaften abspricht,
veröffentlicht Leone (13) einen sehr schweren Fall von traumatischem Tetanus
bei einem 11jährigen Knaben, in welchem er ausschliesslich durch Karbol-
säureinjektionen Heilung erhielt. Die Injektionen verursachten Schmerzen,
aber nach 10 — 20 Minuten trat stets Erleichterung ein; in 21 Tagen wurden
6,90 g Phenol injiziert. Die Anfangsdose war 1 cg pro Kilo Individuum.
Die Injektionen hatten keinerlei Störung hervorgerufen. R. Giani.
Die beiden von Luciani (14) durch Karbolsäureinjektionen ge-
heilten Fälle von Tetanus tun dar, dass sich die Heilung nur mittelst starker
Dosen erzielen lässt und dass bei Tetanuskranken die Widerstandsfähigkeit
des Organismus gegen die Karbolsäure eine ausserordentlich grosse ist. Denn
einem der Patienten, einem 31jährigen Manne wurden in 43 Tagen 45 g
Karbolsäure und dem anderen, einem 9 jährigen Knaben, nicht viel geringere
Dosen injiziert. Nach Verf. zeigen Tetanuskranke, wie auch mit Rheumatismus
Behaftete wirklich eine besondere Widerstandsfähigkeit gegen Karbolsäure.
R. Giani.
Gurti (2) berichtet über einen Fall von traumatischem Tetanus bei
einem 11jährigen Knaben, der mittelst Karbolsäureinjektionen (3,90g
in 9 Tagen) behandelt wurde und einen letalen Ausgang hatte. Verf. schreibt
den unglücklichen Ausgang der Intensität der Infektion zu ; das Inkubations-
stadium war nur ein ganz kurzes (kaum 6 Tage). Zum Schlüsse gibt Verf.
eine vollständige Statistik der bisher mit Phenol behandelten Fälle, eine
Statistik, die 126 Tetanusfälle mit nur 25 Todesfallen umfasst.
R. Giani.
V.
Wut
Referent; Konrad Brunner, Münsterlingen.
Die mit * verfiehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. *Gabot, Best methods to prevent Hydrophobia. Medical News 1903. August 15.
2. *Gill, Rabies. Medical News 1903. August 15.
3. '''Kirchner, über die Biss Verletzungen von Menschen durch tolle oder der Tollwut
yerdächtige Tiere in Preussen 1900 und 1901. Jena. G. Fischer 1902.
4. ^Pritchard. Hydrophobia: Symptoms and diagnosis. Medical News 1903. August 15.
5. Negri, Zur Ätiologie der Tollwut Zeitschrift fQr Hygiene 1903. Bd. 44. Heft 3.
Pagenstecher, Vergiftungen. 69
Negri (5) hat in einer früheren Publikation mitgeteilt, dass er im
Nervensystem wutkranker Tiere einen Mikroorganismus vorgefunden habe,
der zu den Protozoen gehöre. Diesen Mikroben vermisse man bei nicht
wntkranken Tieren und derselbe müsse ;,als ein spezifisches Vorkommnis der
Wntinfektion^ angesehen werden. Diese Befunde haben in Untersuchungen
Daddis (Florenz) eine Bestätigung gefunden. Merkwürdig, ja unerklärlich
sei, dass dieser merkwürdige Parasit, dessen genaue Beschreibung schon
früher gegeben wurde, mit Vorliebe in den Nervenzellen des Ammons-
hornes sich einniste. Sowohl beim Hunde als beim Kaninchen werde gleich-
zeitig mit den ersten Symptomen auch das Auftreten von deutlich erkenn-
baren endozellulären Parasitärformen bemerkbar.
Verf. betont weiter die grosse Bedeutung des Nachweises dieser Para-
siten für die Diagnose. Bei 72 von 88 verdächtigen Hunden konnten die
beschriebenen Mikrobien in den Zellen des Ammonshomes nachgewiesen
werden und es wird die Einführung dieses Untersuchungsverfahrens in die
Praxis empfohlen.
VI.
Vergiftungen-
Referent: E. Pagenstecher, Wiesbaden.
1. Boinet, Immunii^ contre le venin des vip^res. Bulletin de l'acad^mie de medecine
1903. Nr. 7.
Boinet (1) berichtet über einen Mann, welcher für das Calmettesche
Institut Kreuzottern fing und infolge häufiger Bisse durch die Schlangen
allmählich eine hohe Immunität dagegen erlangte. Der erste Biss im 25. Jahr
war von schweren Erscheinungen gefolgt. Spätere Bisse wirkten schwächer.
Wenn er länger nicht mehr gebissen war, z. B. zu Beginn einer Jagdsaison,
traten stets stärkere Erscheinungen auf als am Ende derselben.
70 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
vn.
Tuberkulose, Syphilis. Lepra, Aktinomykose, Milzbrand,
Maul- und Klauenseuche, Eehinoeoeeus.
Referenten: R. Waldvogel, Göttingen und A. Borchard, Posen.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Taberknlose.
Referent: R. Waldvogel, Göttingen.
1. Adler, B., Therapentische und diagnostische Verwendung des Tuberkulins. Prager
med. Wochenschrift 1903. Nr. 3—11.
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3. "'Asch, Über das Schicksal der in die Nierenarterien eingebrachten Tuberkelbazillen.
Zentralbl. fQr die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane 1908. Bd. XIV. Heft 4.
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kulose und Heilstftttenwesen 1908. Bd. 4. Heft 6.
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Wiener med. Wochenschrift Nr. 11, 12. Berliner klin. Wochenschrift Nr. 11.
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Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 20.
J. 0 r t h (52). Dass Leichentuberkel viel öfter bei Menschen vor-
kommen, welche sich mit menschlichen Leichen als bei solchen, welche sich
mit Tierleichen beschäftigen, erklärt sich daraus, dass die Tuberkulose unter
Menschen bei weitem häufiger ist und dass die Gelegenheit zu septischer In-
fektion bei Menschenleichen grösser ist. Die aus Menschen erworbenen
Waldvogel, Taberkulose. 73
Leichentuberkel sind nicht bösartiger als die ans Tieren. Auch beim Menschen
gibt es der Infektionskrankheit Tuberkulose zugehörige diffuse Granulations-
gewebsbildungen mit oder ohne Tuberkel, aber nicht ohne Tuberkelbazillen,
makroskopische und mikroskopische Unterschiede berechtigen nicht zur Auf-
stellung einer ätiologischen Verschiedenheit zwischen Menschen- und Tiertuber-
kolose. Können Tuberkelbazillen aus einem schwer tuberkulösen Menschen
stammend auch beim Vieh tukerkulöse Veränderungen erzeugen, so muss ent-
weder die genuine Menschentuberkulose auf Tiere übertragbar sein oder wenn
bestritten wird, dass die Tuberkulose des Menschen eine genuine ist, die
Tiertuberkulose beim Menschen als allgemeine schwere Form vorkommen. Von
den fünf durch Orth mit vom Rind stammenden tuberkulösen Massen infi-
zierten Kälbern erkrankten zwei an ausgedehnter Tuberkulose. Die Infektion
gelingt auch bei direkter Übertragung. Auch die vom Reichsgesundheitsamt
angestellten Experimente haben vollauf die seitherigen Erfahrungen bestä-
tigt, 28 ^/o der Stämme haben sich bei subkutaner Einführung als virulent für
Kälber erwiesen. Auch von Kälbern stammende Bazillen können für Kälber
avirulent sein.
Die galoppierende Phthise und die in 6 — 8 Wochen zum Tode führende
Peribronchitis, welche Form Schottelius (71) als Inhalationstuberkulose auf-
fasst, sind eigentlich fast vollständig verschwunden. Verf. erwähnt einen
Fall von Liaboratoriumstuberkulose : ein kerngesunder Diener erkrankte, als
er in einem Raum beschäftigt war, in dem grosse Mengen tuberkulösen
Sputums verstäubt wurden, nach 6 Wochen und starb nach wenigen Wochen
an galoppierender Schwindsucht. Die Verbreitung der richtigen Erkenntnis
der Krankheit ist auch in den Heilstätten das günstig Wirksame. Rassen-
imterschiede der Bazillen lassen sich morphologisch und physiologisch noch
nicht erkennen, zur Identifizierung dient vorläufig die klinische, anatomische
und experimentelle Beobachtung. An zwei Kühen und drei Kälbern wurden
Fütterungsversuche angestellt; es sollten mit der Versuchsanordnung natür-
liche Vorgänge nachgeahmt werden; von der Tuberkulinisierung wurde Ab-
stand genommen. Die Tiere stammten aus einer Gegend, in der Tuberkulose
nicht vorkommt; eine Kuh und ein Kalb wurden als Kontrolltiere nach
4 Monaten geschlachtet. Die beiden Kälber bekamen das Sputum in aufge-
kochter und abgekühlter Milch, der Kuh wurde das Sputum auf das Grün-
fatter verspritzt. Alle drei Tiere erkankten, wie die Sektion ergab, an
Fütterungstuberkulose. Bei den Kälbern war der Weg, den die Infektion
genommen hatte, deutlich; bei ihnen fanden sich Tuberkulose der um den
Isthmus fancium gelegenen Drüsen, Erosionen und Geschwüre des Darmes,
tuberkulöse Mesenterialdrüsen. Abstrichpräparate ergaben Bazillen. Mit dem
Material geimpfte Meerschweinchen gingen an Tuberkulose ein. Die weitaus
grösste Zahl der Fälle von Rindertuberkulose entsteht durch direkte Infektion
mit menschlichem Sputum. Die Übertragung der Rindertuberkulose auf den
Menschen durch Wundinfektion kommt nur sehr selten vor, wie überhaupt
die tierische Tuberkulose für die Verbreitung der menschlichen Schwindsucht
tmd der menschlichen Tuberkulose ohne Bedeutung ist.
Aus den Literaturangaben entnimmt Price Jones (59), dass primäre
Tuberkulose der Bronchialdrüsen und alle anderen weniger einfachen Varie-
täten der Lungentuberkulose verursacht sind durch infizierte Luft und dass
der BaziDus des Menschen sie erregt, dass die primäre Mesenterialdrüsen-
taberkulose, die alimentäre Tuberkulose in ihrer einfachsten Form, verursacht
74 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
wird von den verschluckten Massen, die durch den Yerdaunngstrakt gehen,
dass sie von allen Varietäten des Tuberkelbacillus erregt wird. Man findet
bei Kindern sehr selten Fälle von reiner Lungentuberkulose, sie neigen zu
allgemeiner Tuberkulose und der Ursprung dieser kann mit Sicherheit nicht
festgestellt werden. Wegen der engen Umgrenzung des Begriffs ,, primäre
Intestinaltuberkulose^ sind Kochs Angaben über deren Häufigkeit wahr-
scheinlich zu niedrig. Eine Zusammenstellung der Statistiken über das Ver-
hältnis der alimentären Tuberkulose zu den anderen Formen hat einen
geringen Wert für die Lösung der Frage. Es scheint nicht sehr wahrschein-
lich, dass Kuhmilch bei Kindern, die abgewöhnt sind, häufig Tuberkulose
verursacht. Verf. betont, dass die Quelle der Krankheit verunreinigte Luft
ist und nicht die Nahrung; er bringt 21 Fälle von durch die Autopsie
festgesteDten Tuberkulosen bei Kindern, unter ihnen sind 6 nur zweifelhaft
alimentären Ursprungs. Die bakteriologische Untersuchung dieser 6 Fälle ist
noch nicht abgeschlossen; sie soll feststellen, ob immer derselbe Bacillus ge-
funden wird, ob er mit dem der Phthise identisch ist, in welcher Beziehung
er zum Tuberkelbacillus, der aus der Milch einer Kuh mit tuberkulösem Euter
gewonnen ist, und zu den andern Varietäten steht.
Schanz (65). Da fast alle Menschen an Tuberkulose erkranken, so
kann es keine besondere Erkrankungsdisposition für Tuberkulose geben. Das
zur Erklärung des so verschiedenen Verlaufs der Infektionen mit Tuberkel-
bazillen notwendige y Pettenkofers macht die Tuberkulose erst gefährlich,
dies ist zu suchen in vorausgehenden Gewebsveränderungen. Der Tuberkel-
bacillus ist nach Schanz Nosoparasit. Mit der Identität von Rinder- und
Menschenbazillen ist infolge des Faktors y nicht die Identität der Krankheiten
erwiesen.
Unter 3404 die Sprechstunde besuchenden Kranken waren 221 mit
tuberkulösen Affektionen ; unter diesen waren nur 25, bei denen 0 eh 1er (51)
einen annehmbaren Infektionsweg erfragen konnte. Von den 221 Patienten
waren 37 unter fünf Jahren; bei diesen konnte in 12 Fällen eine Infektions-
quelle nachgewiesen werden. Bei Erwachsenen war also die Infektionsquelle
in ll^/o, bei Kindern in 32®/o aufzudecken. Das Zusammenleben mit Schwind-
süchtigen ist eine grosse Gefahr. Gerade die langsam und schleichend ver-
laufenden Tuberkulosen älterer Erwachsener (der Grosseltem) geben oft die
Infektionsquelle für Kinder ab, die leichten ambulanten Fälle verschleppen
die Krankheitskeime.
Burkhardt (11). Pleuraverwachsungen und Indurationen der Lungen-
spitzen, wenn sonst keine Zeichen von Tuberkulose vorhanden waren, wurden
nicht als Tuberkulose gezählt. Unter den 190 Kinderleichen waren 40°/o von
Tuberkulose befallen, von ihnen sind ca. 50°/o an letaler Tuberkulose zu-
grunde gegangen. Im Alter von 6 Wochen bis 12 Monaten wurde bereits
7 mal letale Tuberkulose beobachtet. Von den Erwachsenen waren 91 ^,o von
Tuberkulose befallen; von diesen endeten 41°/o letal und es entfallen 35®/o
auf das Alter von 18 — 30 Jahren, 27°/o auf das von 30 — 40, 17°/o auf das
von 40 — 50. Latente aktive Tuberkulose wurde unter den 1149 Tuberkulösen
289 mal konstatiert; diese Formen steigen im Alter an von 12°/o in den
Jahren 18 — 30 bis auf 22°/o zwischen 80 — 90 Jahren. Ebenso verhält sich
die latente inaktive Tuberkulose, sie fand sich in 474 Fällen.
An der Hand eines umfangreichen statistischen Materials, aus Nord-Baden
und der bayerischen Pfalz gesammelt, nach einschlägigen lokalen Studien und
Waldvogel, Tuberkulose. 75
mit Zurückweisung aller in Betracht kommenden Einwände kommt Brauer (10)
zu dem Ergebnis, dass den schwer disponierenden und infizierenden Schäd-
lichkeiten, denen in den Familien mit an Tuberkulose verstorbenen Ange-
hörigen die Mitglieder ausgesetzt sind, der Beruf einen weiteren, vielfach
entscheidenden Faktor hinzubringt, dass die Tuberkulose unter den Zigarren-
arbeitem der untersuchten Distrikte nicht nur häufiger vorkommt, sondern
dass auch mit der Zunahme der Zigarrenfabrikation die Tuberkulosemortalität
im allgemeinen steigt, dass die Zigarrenarbeiter besonders häufig an zu
Atrophie führenden Rachen- und Kehlkopfkatarrhen, an chronischen trockenen
Bronchialkatarrhen leiden, welche bei der Möglichkeit mit Bazillen beladenes
Material zu inhalieren zur Tuberkulose führen. Für die in der Heidelberger
KUnik aufgenommenen Zigarrenarbeiter ergibt sich an tuberkulösen Erkran-
kungen ein Prozentsatz von 25,5, für die anderen Berufe 13,1; statt dass
nach Cornet auf 85 — 109 Erwachsene ein Tuberkulöser kommt, fanden sich
unter den betreffenden Kassenmitgliedem 3,7 Vo. Verf. gibt am Schluss die
Wege an, auf denen der Verbreitung der Tuberkulose unter den Zigarren-
arbeitem entgegengetreten werden kann. In erster Linie soll man die
Zigarrenindustrie nicht als ein Gewerbe ansehen, das in dieser Beziehung
indifferent ist, dann müssten Leute mit tuberkulösen Lungenleiden soweit wie
möglich aus dem Fabrikbetrieb eliminiert werden.
Weber (80) beschäftigt sich mit der angeborenen Empfänglichkeit,
welche der Mehrzahl der Tuberkulosen den Weg öffnet. In gewissen tuber-
kulösen Familien treten gewisse Affektionen des Kindesalters mit erstaun-
licher Häufigkeit auf, ihnen folgen die Drüsenschwellungen; die Karies der
Knochen, die kalten Abszesse haben später die Tendenz tuberkulös zu werden.
Die Skrofulöse ist sehr häufig erblich; sie ist nicht einfach eine Form der
Tuberkulose, sie stellt die angeborene Empfänglichkeit für Tuberkulose dar.
Die Skrofulöse wird häufig von Eltern auf Kindern übertragen da, wo es
bekanntermassen niemals offene Tuberkulose gab ; es wird eine Belastung der
Zellen vererbt. In den Lymphdrüsen, den Fungositäten besteht ursprünglich
eine nicht tuberkulöse Affektion, welche die Gewebe für die Ansiedelung der
Tuberkulose geeignet macht. Der K o c h sehe Bacillus vererbt sich nicht. Die
Statistik muss also erweisen, dass da, wo viel skrofulöse Kinder sind, man
auch viel Phthisiker findet; freilich ist nicht jede Skrofulöse bestimmt zur
Tuberkulose zu werden. Des Verfs. Zahlen aus zwei kleineren Orten bestä-
tigen seine Ansicht: nur in bestimmten Familien entwickelte sich Tuberkulose,
in ihnen war auch Skrofulöse häufig. Die Tuberkulose haftet nicht an den
Wohnungen, sie zieht mit den Menschen. Das Terrain der Ansiedelung
nrnss unsere vorbeugenden Massregeln herausfordern, wir müssen nicht allein
den Bacillus töten, sondern den Tuberkulösen am Leben erhalten.
Cl. Allbut (2). Es scheint der allgemeine Faktor der Disposition zur
Tuberkulose im Leben des Einzelnen nach Perioden von Jahren, Monaten,
Wochen so zu schwanken, dass er in Rasse und Familie nicht tief ein-
gewurzelt sein kann, man muss also nach einem spezielleren suchen, dieser
kann bestehen in einem angeborenen und wahrscheinlich lokalen Zuge und der
kann liegen in einem Defekt des lymphatischen Systems oder in einer kranken
Stelle der Lunge, einer geringeren Elastizität, einer Neigung zu Kollaps in
einem Bronchus. Turban stellte ja fest, dass bei verschiedenen Familien-
mitgliedern die Krankheit in derselben Spitze begann. Tuberkel finden sich
in den Tonsillen bei einem Drittel ungefähr der Autopsieen tuberkulöser Kinder,
76 Jahresbericht für Ghirargie. I. Teil.
Wenn man nach einem Zeichen der Disposition allgemeinster Natur, alle
Gewebe umfassend, sucht, kann man es Tielleicht in der Reaktion auf Tuber-
kulin, in der Agglutinationsreaktion finden, doch ist hier noch vieles unklar.
Wir hoffen, dass y. Behrings Untersuchungen vom gegenwärtigen Stand-
punkt aus nur akademischen Wert haben, dass wir nicht eher zufrieden sind,
als wenn der Bacillus völlig ausgerottet ist. Kein Fall von Tuberkulose ohne
einen vorhergehenden, so muss der erste bei einem Tier gesucht werden,
aber die grosse Masse der PhthisisfäDe nach der Kindheit leitet sich von
Menschen her. Die Statistiken von Arbeitsstätten und Asylen sprechen mehr
für eine Infektion als für ein Wiederaufflackem von Überresten kindlicher
Tuberkulose; oft lässt sich ein Phthisiker als der Ausgangspxmkt lokaler
Ausbrüche der Tuberkulose finden. Allbut bespricht dann kurz die jetzigen
Ansichten über Infektion, Erblichkeit, Konstitution, über Darminfektion,
Mischinfektion. Ein Mittel allein kann nicht helfen, unsere Heilmittel müssen
vielseitig sein, wir müssen eine Heileinrichtung schaffen, die sich jeder Stimde,
jeder Funktion, jeder Notwendigkeit anpasst.
J. de Haan (25). Die an Tuberkulose leidenden Tiere verdanken ihre
Krankheit dem Menschen, alle Tiere, die mit dem Menschen in Gemeinschaft
leben, können tuberkulös werden. Um festzustellen, dass die Abwesenheit
der Tuberkulose bei den Rindern Ostindiens nicht die Folge von Rassen-
immunität und dass das Tuberkulosevirus unitär sei, infizierte de Haan
eine javanische Ziege, ein kräftiges Rind gemischter Rasse mit viel europäischem
Blut, ein javanisches Lamm, einen Affen subkutan, ein Pferd, ein javanisches
Rind intravenös, zwei Affen durch Fütterung mit Tuberkelbazillen aus mensch-
lichem Sputum, welche zur Erzielung eines saprophytischen Wachstums
während 4 Monate 5 mal auf Glyzerinkartoffeln übergeimpft waren. Er
kommt zu folgenden Schlüssen: Während das gesunde Schaf und Rind in
Java dem tuberkulösen Material Widerstand leistet, kann man in ihren Ge-
weben bei weniger günstiger Gesundheit pathologisch-anatomische Verände-
rungen hervorrufen, die makroskopisch und mikroskopisch mit denen über-
einstimmen, welche in Europa bei auf natürlichem Wege infizierten Tieren an-
getroffen werden. Das Leben in frischer Luft und die noch sehr geringe Frequenz
der Tuberkulose unter den Eingeborenen schützt die Rinder vor Tuberkulose.
Der Affe ist der Infektion mit Menschenbazillen leicht zugänghch. Die Ver-
wendung tuberkelbazillenhaltigen Futters kann zum Auftreten einer Tuber-
kulose der Lungen und der bronchialen Lymphdrüsen führen a) mit Tuber-
kulose der mesenterialen Lymphdrüsen ohne wahrnehmbare Abweichungen
des Darms, b) ohne irgend eine andere Lokalisation des tuberkulösen Prozesses.
Die Lungen sind die Prädilektionsstellen für das Auftreten der Tuberkulose.
E. V. Behring (7). Wenn bei Ähnlichkeit des mikroskopischen und
kulturellen Bildes die krankmachende Leistung zweier Bazillen verschieden
ausfällt, so folgt daraus nicht, dass sie nicht miteinander verwandt sind;
morphologische und funktionelle Transformationen werden namentlich durch
den Einfluss der Tierpassage bedingt. Die bei tuberkulösen Hühnern ge-
fundenen säurefesten Bazillen zeigten nicht unwesentliche Verschiedenheiten
von den Säugetiertuberkelbazillen, als nun auf einem Waldgut 40 Hühner,
nachdem sie von einem ausgeschlachteten tuberkulösen Rind die Eingeweide
gefressen hatten, starben, zeigten die aus zwei von ihnen gewonnenen Rein-
kulturen alle morphologischen und kulturellen Charaktere der Hühnertuberkulose-
bazillen, waren aber für Meerschweinchen, Kaninchen und Rinder so infektiös
Waldvogel, Taberkulose. 77
wie Rillderbazillen. So besteht eine phylogenetische Zusammengehörigkeit
zwischen den Hühnerbazillen und denen des Rindes, das wird auch bewiesen
dadurch, dass die von y. Behring gegen Rinderbazillen immun gemachten
Sinder auch gegen die Hühnerbazillen giftfest waren, sie besteht trotz aller
Verschiedenheit der Kulturen, trotz Verschiedenheit der Krankheitsprodukte.
Hühner können auch durch menschliches Sputum tuberkulös werden. Alle
Aigomente für die Unschädlichkeit der Rindertuberkulose für den Menschen
stehen auf schwachen Füssen, im allgemeinen repräsentieren die Rinderbazillen
eine höhere Virulenzstufe der Tuberkelbazillen, manche von Menschen her-
stammenden Kulturstämme sind mehr für Rinder, andere weniger als Rinder-
bazUlen virulent. Die Beschaffenheit der Schleimhaut des Verdauungstraktus
spielt für die Aufnahme des Virus, der antitoxischen Eiweisskörper eine be-
deutsame Rolle. Neugeborene und ganz junge Individuen sind wegen der
fehlenden Schleimschicht der Infektionsgefahr mit bazillenhaltiger Milch in
hohem Grade ausgesetzt, additionelle Infektionen führen leichter zu Er-
krankungen der mediastinalen und bronchialen Lymphdrüsen und schliesslich
ZOT Lungentuberkulose bei jugendlich infizierten Rindern als bei nicht infizierten.
Die Tuberkuloseübertragung durch das von tuberkulösen Rindern stammende
Fleisch und bazillenhaltende Butter hat keine grosse Bedeutung, das sind
Nahrungsmittel für erwachsene Menschen. Die Forderungen zu erfüllen,
welche zum Nachweis der Infektion mit bazillenhaltiger Milch aufgestellt sind,
ist nicht möglich. Man kann Rinder tuberkuloseimmun machen. Die Er-
gebnisse Thomassens beweisen ebenfalls, dass schon durch die einmalige
Vorbehandlung mit menschlichen Tuberkelbazillen der Organismus sämtlicher
Kalber die Fähigkeit verloren hatte, auf den Import von solchen Quantitäten
eines Rindertuberkulosevirus mit Tuberkelbildung zu reagieren, welche bei
Eontrollrindern den Tod an Miliartuberkulose herbeiführen. Es kann sich
höchstens noch darum handeln festzustellen, ob die Form der vom Verf.
jetzt angewandten Schutzimpfung, so wie sie jetzt ist, dauernd bestehen
bleiben kann.
F. Schanz (67). Die Bazillen können identisch, die Krankheiten aber
verschieden sein. Die Bazillen der Perlsucht können beim Menschen keine
gemeinhin als solche bezeichnete Tuberkulose erzeugen. Wenn auch bei der
Tuberculosis verrucosa cutis Riesenzellen nachgewiesen sind, ist der Schluss
noch nicht berechtigt, dass hier eine tuberkulöse Erkrankung vorliegt; dass
die von Rinder- und Menschenbazillen hervorgerufenen Krankheiten nicht
identisch sind, lehrt eben der klinische Verlauf. Mit dem Nachweis der
Identität der Bazillen ist nicht die Identität der Erkrankungen erwiesen.
Derselbe unbekannte Faktor y Pettenkofers, ohne den durch Einbringen
von Tuberkelbazillen aus dem Sputum in die Haut der Hände, wie es bei
Schreinern stattfindet, kein Lupus nur Tuberculosis verrucosa cutis entsteht,
kann in beiden Prozessen, Perlsucht und menschlicher Lungentuberkulose,
verschieden sein, der in beiden vorhandene Koch sehe Bacillus bewirkt die
Gleichheit derselben in vielen Punkten.
Westenhoeffer (81). Von einem Kinde mit wahrscheinlich primärer
Darmtuberkulose wurden Stücke einer verkästen und einer fibrös entarteten
Mesenterialdrüse einem auf Tuberkulin nicht reagierenden Kalb unter die
Haut gebracht, ebenso zwei Meerschweinchen, einem Kaninchen; letzteres starb
nach acht Tagen mit verkästen Drüsen, die Meerschweinchen nach sieben
bis acht Wochen an allgemeiner Tuberkulose. Das Kalb blieb fieberfrei,
78 JahreBbericht fQr Ghirargie. L Teil.
reagierte aber zweimal heftig auf Tuberkulin. Die Schlachtung nach 223 Tagen
ergab allgemeine Drüsentuberkulose, in der Milz 10 — 12 hanfkom- bis erbsen*
grosse graugelbe verkalkte Knoten, in der Leber drei, in der Niere mehrere
miliare Knötchen, Tuberkelbazillen enthaltend, auch in der verkästen Lymph-
drüse fanden sich spärliche Bazillen. Die histologische Untersuchung ergab
in klassischer Weise das Bild der Perlsucht. Menschliche imd Rindertnber-
kulose stellen ätiologisch, wie Westenhoeffer annimmt, eine und dieselbe
Krankheit dar, die Übertragung vom Menschen auf das Rind gelingt selbst
bei subkutaner Implantation. Mit dem Material aus dem infizierten Kalbe
sind geimpft ein Kalb subkutan, eins intraperitoneal, sechs Meerschweinchen
subkutan, zwei Kaninchen subkutan. Ausführliche Mitteilungen werden in
Aussicht gestellt.
Kos sei (34). Es sollte die Frage entschieden werden, ob die aus ver-
schiedenartigen Tuberkulosen des Menschen gezüchteten Bazillen in bezug auf
krankmachende Wirkung sich dem Rinde gegenüber anders verhalten, als die
aus tuberkulösen Veränderungen beim Rind und Schwein gewonnenen Stämme.
Es wurde reines Material unter die Haut der Rinder gespritzt. Das tuber-
kulöse Leichenmaterial passierte den Meerschweinkörper, es wurde auf
Serum, dann in Bouillon übertragen, verimpft wurden jedesmal 5 cg Bazillen.
Kos sei schildert zunächst eingehend die pathologischen Veränderungen,
welche auftreten, wenn dem Rinde Bazillen aus Perlsucht oder Schweine-
tuberkulose injiziert werden. Von den sieben geprüften Kulturen aus Rindern
und Schweinen töteten zwei Stämme die Rinder akut nach 8—9 Wochen,
vier riefen ebenfalls eine allgemeine Tuberkulose hervor, eine erzeugte nur
Tuberkulose an der Impfstelle und in Drüsen. Menschenbazillen wurden ge-
züchtet aus 19 Fällen von schwerer Lungentuberkulose, teils aus Sputum,
teils aus den Organen, aber es wurden mit diesen ganz andere Ergebnisse
erzielt als mit den Rindertuberkelbazillen. Fieber bleibt meist vollkommen
aus, man findet kleinere Geschwülste an der Lnpfstelle und in der Bugdrüse,
welche zurückgehen, bei der Tötung nach vier Wochen sieht man noch lebende
Reste der Bazillen in abgekapselten Abszesshöhlen, im übrigen aber lässt sich
verhältnismässig wenig nachweisen. In einer kleinen Anzahl von Fällen
finden sich vier Monate nach der Injektion noch käsige Herde von Erbsen-
grösse in der Bugdrüse mit Bindegewebe in der Umgebung oder auch ohne
letzteres, aber eine derartige Ausbreitung des tuberkulösen Prozesses auf die
inneren Organe wie bei Schweine- und Rinderbazillen fehlte stets. Von den
vier Kulturen aus Knochentuberkulose brachte nur eine käsige Herde in der
Bugdrüse hervor, von den zwei aus Halsdrüsentuberkulose wurde Erkrankung
der Bugdrüse erzeugt, etwas bedeutender als bei den meisten Fällen von
Lungentuberkulose, es kam zu keiner allgemeinen Erkrankung des Rindes;
ähnlich verhielt sich eine Kultur aus Urogenitaltuberkulose; sechs Kulturen
stammten aus Miliartuberkulosen, von diesen erzeugten zwei eine allgemeine
Tuberkulose, es entstanden Bilder, wie sie von Perlsuchtmaterial hervorge-
rufen werden bei chronischerem Verlauf. Aus Fällen von primärer Darm-
tuberkulose Hessen sich Kulturen züchten, welche nicht die Eigenschaften
der Rinderbazillen besitzen, in zwei von den sieben Fällen aber bestand ein
stärkeres pathogenes Vermögen für Rinder. Von den 39 frischgezüchteten
Kulturen aus menschlichen Erkrankungen riefen 19 nicht die geringsten Er-
scheinungen beim Rind hervor, vier verursachten allgemeine Tuberkulose;
neun Rinder zeigten nach vier Monaten minimale Herde in den Bugdrüsen,
Waldvogel, Tuberkulose. 79
«eben etwas stärkere Drüsenerkrankung. Nur in zwei von den vier Fällen
mit for Rinder virulenten Bazillen war der Tod durch die Tuberkulose hervor-
gerufen. Augenscheinlich ist ein grosser Teil der primären Darmtuberkulose
nicht auf Infektion vom Rinde her zurückzuführen; rufen, wie Koch glaubt,
nur Perlsuchtbazillen beim Rind fortschreitende Tuberkulose hervor, so sind
zwei Kinder an Perlsucht zugrunde gegangen. Es ist unsere Aufgabe, nach
weiteren Unterscheidungsmerkmalen zwischen Menschen- und Perlsuchtbazillen
zü suchen.
Die nach Koch bestehende Lücke, dass in der gesamten Literatur
kein einziger Fall vorliegt, in dem nach einer lokalen Infektion mit
Rinderbazillen eine regionäre Lymphdrüsentuberkulose aufgetreten ist, hat
Troje (77) durch eine Beobachtung ausgefüllt, die auch Koch als entscheidend
für die in Betracht kommende Frage angesehen hat. Ein durchaus gesunder
blühender junger Mann bekam, nachdem er bei einer tuberkulösen Kuh die
Pleura entfernt und sich dabei eine Wunde zugezogen hatte, Pusteln, Lupus-
knötchen am Unterarm und Drüsenschwellung. Die vorgenommene Unter-
suchung der exstirpierten Haut und der Lymphknoten bestätigte die Dia-
gnose. Nach einem Jahr fand Troje an der Operationsstelle einen Abszess,
dessen Wandungen mitexstirpiert wurden, das Granulationsgewebe enthielt
reichlich typische Tuberkel, später wurden aus der linken Achselhöhle und
der linken Infraklavikulargrube ganze Pakete tuberkulöser Drüsen entfernt.
Eine andere Infektionsmöglichkeit als durch die Rindertuberkulose lag nicht
vor. Die von Beneke vorgenommene eingehende mikroskopische Unter-
suchung liess Unterschiede zwischen der Haut und Lymphdrüsentuberkulose
dieses Falles, wie sie durch Rinderbazillen hervorgerufen war, und gewöhn-
lichem Lupus mit Drüsenbeteiligung nicht erkennen, das ist ein weiterer Bq*
weis für die Weseneinheit der beiden Bazülenarten.
E. Schindler (68). Ein völlig gesunder Notschlächter bekommt zwei-
mal nach einer Verletzung und nachfolgender Beschäftigung mit perlsüchtigem
Fleisch am rechten Handrücken und an der Radialseite des Mittelfingers der
linken Hand Veränderungen, welche der Tuberculosis verrucosa cutis zuge-
schrieben werden, in beiden Ellenbeugen sind die Drüsen vergrössert. Nach
einer Einspritzung von 5 mg alten Tuberkulins entstand an beiden Herden
eine starke lokale Reaktion, eine geringe allgemeine. Die exstirpierten Drüsen
enthielten zahlreiche charakteristische Riesenzellentuberkel, Tuberkelbazülen
fehlten. Es ist höchst wahrscheinlich, dass in diesem Fall die Tuberkulose
durch Überimpfung perlsüchtigen Materials hervorgerufen ist und zu einer
Erkrankung der regionären Drüsen geführt hat. Die Ärzte auf dem Lande
werden solche Fälle häufiger sehen.
N. Raw (60). Phthisiker haben wenig andere Komplikationen, Patienten
mit grossen Drüsen, Gelenkerkrankungen und solchen der Wirbelsäule be-
kommen selten echte Phthise. Die Erscheinungen, unter denen Rinder an
Tuberkulose eingehen, werden von Kindern mit Tabes mesaraica und Bauch-
tuberknlose nachgeahmt, letztere Affektionen und andere der serösen Häute
smd wahrscheinlich Rindertuberkulose durch Milch eingeführt. Tabes mese-
raica ist häufiger als angenommen wird und eine milde Infektion kann aus-
heüen. Die Bauchtuberkulose und die Tuberkulose des Rindviehs haben in
gleichem Masse zugenommen, bei jedem von Raw beobachteten Fall von
Bauchtuberkulose Uess sich Fütterung mit Kuhmilch nachweisen, nur ein Kind
Ton 34 hatte phthisische Eltern; bei Erwachsenen, ausser wenn sie an sekun-
80 Jahreebericht für Chirurgie. I. Teil.
därer Danntuberkulose leiden, ist die Affektion der Mesenterialdrüsen unge-
wöhnlich. Klinische Beobachtung lässt erkennen, dass die Lungen bei Tabes
meseraica erst sekundär affiziert werden, in neun Fällen wurden sie über-
haupt nicht ergriffen. Bei Kindern sind Rinderbazillen virulenter als die von
Menschen. Bei über 2000 Fällen von Phthise hat Raw nur dreimal ver-
grösserte Halsdrüsen gesehen. Die skrofulösen Drüsen im Nacken entstehen
durch Milchinfektion, bringt man sie Kälbern bei, so erzeugen sie aDgemeine
Tuberkulose, das beweist ihre Abstammung vom Rind. Auch Gelenk- und
Knochenerkrankungen sind bovinen Ursprungs, Lungentuberkulose besteht
selten neben ihnen. Bei Meningitis hat Verf. in mehreren Fällen keine
andere tuberkulöse Affektion im Körper gefunden. Durch Rinderbazillen ver-
ursacht sind vermutlich auch adenoide Wucherungen, Peritonitis tuberkulosa,
Miliartuberkulose. Tuberkulose im Kindesalter und bei Erwachsenen sind
vermutlich Antagonisten. Es muss durch gesetzgeberische Massregeln für
einwandsfreie billige Milch gesorgt werden. Menschen- und Rindertuber-
kulose sind verschiedene Krankheiten, der Mensch kann beide erwerben, im
jugendlichen Alter am meisten letztere. Rindertuberkulose macht vielleicht
immun gegen menschliche.
Macfadyen (39). Resultate am Affen gewonnen können für die
menschliche Pathologie verwandt werden. Jungen Affen wurde das infektiöse
Material per os beigebracht und zwar direkt tuberkulöses Rindergewebe und
Phthisikersputum, ausserdem impfte Macfadyen Rinderbazillen ein. 18 Affen
wurden verwandt, zur Kontrolle wurden Affen aus derselben Quelle desselben
Alters beobachtet. Der Affe erwies sich als empfänglich für die Lnpfong
mit Rindertuberkulosebazillen, die entweder direkt in dem Material enthalten
waren oder vorher den Meerschweinchenkörper passiert hatten. Eine gewisse
Anzahl der Tiere starb in 2 oder 10 Tagen nach der Fütterung von Rinder-
und Menschenmaterial; hier scheint eine Art Litoxikation vorzuliegen. Für
beide Arten erwiesen sich junge Affen in gleicher Weise empfänglich, es kam
zu allgemeiner Tuberkulose. Darmerkrankung fand sich bei jedem Affen, der
mit Sputum gefüttert war ; von den mit Perlsuchtfleisch per os infizierten bekam
keiner ein Darmgeschwür. Bei jungen Affen gibt es also eine Fütterungs-
tuberkulose, aber nur die Perlsuchtbazillen passieren den Darm, ohne ihn zu
alterieren.
CipoUina (12). Ein nicht auf Tuberkulin reagierender Affe wurde
IVa Monate jeden zweiten Tag mit Milch gefüttert, der eine homogene Auf-
schwenmiung von Rinderbazillen beigemischt war, die so erhalten wurde, dass
tuberkulöses Rindermaterial unter die Haut von Meerschweinchen gebracht,
aus den Drüsen der Tiere Kultur auf Glyzerinblutserum angelegt und von
einer Kulturöse auf Glyzerinagar eine Aufschwemmung gemacht wurde.
Nach 3 Monaten starb der Affe an allgemeiner Tuberkulose; der Dann war
frei, der Affe hatte also allgemeine Tuberkulose auf dem Nahrungswege ak-
quiriert, der Rinderbacillus kann den Affendarm passieren ohne Verletzungen
zu machen. Ein 1 Monat altes Kalb bekam zweimal eine Aufschwemmung
von Menschenbazillen intraperitoneal und blieb nach 2 Monaten völlig frei
von Tuberkulose. Der Rinderbacillus ist für den Menschen virulenter als der
menschliche.
Raw (61). Die Sterblichkeitsziffer an Lungentuberkulose nimmt ab, es
sterben mehr Menschen an Tabes mesaraica als früher, die Tuberkulose unter
dem Rindvieh wächst, die meisten Kinder sterben zwischen 3 und 6 Monaten
Waldvogel, Tuberkulose. 81
in der Zeit des grössten Milchkonsums. Aus einer Mesenterialdrüse und
einem Kniegelenk konnte Raw typisch wachsende, sich in Wachstum von
den aus Phthisikersputum gewonnenen unterscheidende Rinderbazillen züchten^
Infolge dieser Resultate und klinischer Erfahrung glaubt Verf., dass der
Mensch an menschlicher und Rindertuberkulose leiden kann. Menschen- und
Rindertuberkulose sind verschieden, letztere ^zeugt besonders bei Kindern
Tabes mesaraica, wahrscheinlich auch vergrösserte Lymphdrüsen, Gelenk*
tuberkulösen und Lupus. Echte Menschentufoerkulose wird immer von Mensch
za Mensch übertragen, im allgemeinen von vorgeschrittenen Phthisikem.
Rindertuberkulose ist auszurotten; Milch muss gekocht werden.
Hamilton (26). Den Einwänden gegen Hamiltons Behauptung, dass
menschliche Tuberkulose auf Rinder übertragbar ist, begegnet er, indem er
zuerst hervorhebt, dass alle 15 mit Menschenbazillen geimpften Kälber bei
Anwendung aller diagnostischen Hilfsmittel Tuberkulose aufwiesen. Ein Fall,
von dem Verf. vermutete, dass in der vergrösserten Lymphdrüse der Tuberkel-
bacillus so zerstreut war, dass man ihn mikroskopisch und durch Impfung
nicht nachweisen konnte, ist mit Recht als negativ ausgefallen angesehen.
Hamilton hatte sechs seiner Kälber nicht mit Tuberkulin vorbehandelt, um
dem Einwände zu begegnen, dass bei eventuell negativem Ausfall der Ver-
sache das Tuberkulin die Lifektion verhütet habe; das Alter der Tiere, die
Ausbreitung der Tuberkulose liess eine schon vor der Übertragung bestehende
Tuberkulose ausschliessen. Der Nachweis der Tuberkulose bei den Kälbern
ist strikte erbracht, die Aufführung aller einzelnen Details des Nachweises
ist auch andern Untersuchen! überflüssig erschienen. Die Bazillen der
Menschen- und der Rindertuberkulose scheinen die gleichen zu sein. Die
Zunahme der Virulenz bei Übertragung des vom Menschen stammenden
Bacillus von einem Kalb auf das andere ist nicht auf eine grössere Empfäng-
lichkeit der zu zweit geimpften Kälber zurückzuführen. Auch die deutsche
Tuberkulose-Kommission hat die Überimpfbarkeit der Menschenbazillen auf
Rinder festgestellt, sie scheint also sicher bewiesen.
Raw (62). Die Experimente sprechen für Kochs Behauptung, dass
Menschen- und Rindertuberkulose verschieden sind und dass es fast unmög-
lich ist, beim Rind durch Bazillen aus Sputum allgemeine Tuberkulose zu
erzeugen. Raw glaubt, dass die Tabes mesaraica durch Rinderbazillen in
der Milch verursacht ist, dass akute MiUartuberkulose, besonders die typhoide
Form, in Wirklichkeit eine Rindertuberkulose ist, dass der menschliche Körper
für beide Bazillenarten empfänglich ist. Die beiden Krankheiten, Rinder-
und Menschentuberkulose, sind beim Menschen so selten zusammen gesehen,
dass man einen Antagonismus zwischen ihnen annehmen und dass Rinder-
tuberkulose vielleicht Immunität gegen Menschentuberkulose verleihen kann.
Die Viehbesitzer und Gesundheitskommissionen müssen für sterile Milch sorgen.
Wiener (82). Zur Nachprüfung Nocard scher Versuche spritzte
Wiener nach negativer Tuberkulinprobe zwei Hähnen subkutan 0,01 g
Kulturmasse einer Pferdetuberkulosekultur unter die Haut nnd brachte die
gleiche Menge zwei anderen mit Tuberkulin geprüften Hähnen in Kollodium-
säckchen, welche etwas haltbarer waren als die Nocar d sehen, in die Bauch-
höhle. Die subkutan infizierten Hähne magerten stark ab, bei ihrem Tode
nach 75 bezw. 90 Tagen fanden sich durchscheinende Knötchen in der Lunge,
Ausstrichpräparate aus Lunge, Nieren und Leber ergaben Tuberkelbazillen,
welche aber mehr wie Vogeltuberkulose wuchsen. Aus den anderen beiden
Jahresbericht für Chirurgie 1903. 6
82 Jahresbericht fQr Ghimrgie. I. Teil.
gut entwickelten Hähnen wnrden die Kollodinmsäckchen nach 75 bezw. 85
Tagen entnommen; die Bazillen in denselben wuchsen auf GlyzerinkartoflFeln
wie die aus den subkutan infizierten Hähnen. Zwei Kaninchen erhielten
nach negativer Tuberkulinprobe 0,02 g Vogeltuberkulosekultur unter die
Bauchhaut, zwei die gleiche Menge in Säckchen aus Seidenpapier mit Kol-
lodium bestrichen in die Bauchhöhle. Alle Tiere blieben gesund. Aus den
nach 75 bezw. 88 Tagen nach Beginn der Versuche entnommenen Säckchen
wuchsen nach 6 — 8 Wochen Bazillen, welche mit dem Ausgangsmaterial nnr
mehr geringe Ähnlichkeit zeigten. Es kann also durch Anpassung an den
Organismus des Huhns Säugetiertuberkulose auf dasselbe übertragen werden^
sofern eine Anpassung noch nötig ist. Die Vogeltuberkulose ändert kulturell
ihre Eigenschaften im Kaninchenkörper derart, dass sie in dieser Richtung
der Säugetiertuberkulose ähnlich wird. Die Vogeltuberkulose Hess sich ent-
gegen Nocard nicht auf Kaninchen übertragen, bei Wieners Versuchen
erfolgte die Infektion der Hühner mit Säugetiertuberkulose schon, ohne dass
es wie bei Nocard nötig war, sie durch mehrfache Passage in Säckchen
dem Körper des Huhns anzupassen.
Plicque (56). Alle Arten von Tuberkelbazillen sind nur Varietäten
einer Rasse von verschiedener Virulenz, welche ihr Maximum beim Rinder-
bacillus erreicht. Fleisch, Milch, Butter können daher nicht als ungefährlich
angesehen werden. Für die Infektion durch den Verdauungstrakt sind die
durch tuberkulöse Produkte verunreinigten Trinkwässer, die roh genossenen
Gemüse aus Rieselfeldern ebenso gefahrlich wie suspektes Fleisch und Milch.
Wenn der Bacillus sich in den Abwässern auch nicht vermehrt, so bleibt er
doch mehrere Monate darin lebend und virulent. In Frankreich wird ver-
dächtiges Fleisch vernichtet, in Deutschland zum Kochen von der Freibank
verkauft ohne nachweisbare Nachteile. Das dänische Verfahren der Milch-
pasteurisation wird für Frankreich empfohlen. Beim Tuberkulösen müssen
alle auf die Femhaltung der Infektion mit Tuberkelbazillen gerichteten Vor-
sichtsmassregeln noch mehr beachtet werden, seine Krankheit erscheint oft
als eine Reihenfolge neuer Infektionen, er ist dem Bacillus gegenüber macht-
loser. Als rohes Fleisch soll nur das des Hammels oder des Pferdes genossen
werden, so verhütet man auch die Tänien ; trocken sterilisiertes Fleischpulver
leistet dieselben, oft bessere Dienste. Ziegenmilch ist nahrhaft, reich an
Phosphaten und die Ziege leidet sehr selten an Tuberkulose. Die in der
Butter liegende Gefahr ist viel geringer; in Deutschlands Sanatorien wird oft
das leicht verdauliche Gänsefett verwandt, zumal die Gans immun ist gegen
Tuberkulose.
Deetz (17). Die Tuberkulose ist bei den Schweinen wie bei den
Rindern im Steigen; sie ist wesentlich Fütterungstuberkulose, Veränderungen
des Verdauungsapparates beherrschen das Bild, die Milz ist von sekundären
Veränderungen bevorzugt, das Fleisch ist meist frei davon. Serosentuberkulose
ist ebenfalls selten, häufiger Serosentuberkulose mit generalisierten Tuberku-
losen kombiniert. Schweine- und Rindertuberkulose stehen sich ausserordent-
lich nahe. Der Zentrifugenschlamm vernichtet ganze Schweinefamilien und
Zuchten. Deetz injizierte einem von zwei Ferkeln, die durch Tuberkulin-
probe als frei von Tuberkulose erkannt waren, eine Bouillonaufschwemmung
von tuberkulöser Meerschweinchenlunge intraperitoneal; dies wurde zugleich
mit dem Kontrolltier nach 6 Monaten geschlachtet. Während das Kontroll-
tier völlig gesund war, zeigte sich beim anderen eine ausgebreitete Tuber-
Waldvogel, Tnberkolose. 83
knloee aller Lymphdrüsen, vereinzelte Tuberkel in der Leber. Derselbe
YersQch wnrde mit zwei Kälbern angestellt; sie hatten auf Tuberkulin nicht
reagiert; das eine bekam eine Aufschwemmimg von Tuberkeln der Milz eines
mit Sputum geimpften Meerschweinchens intrapleural und intraperitoneal.
Nach 4 Monaten hatte das geimpfte Kalb ausgedehnte Tuberkulose der
Mediastinal- und Kniekehlendrüsen, sowie Reste einer Pleuritis an der Impf-
stelle. Man scheint bei Schweinen stets positive Resultate zu bekommen,
wenn man die MenschenbaziDen erst durch ein geeignetes Zyrischentier schickt.
Mit einer Ausrottung der Rindertuberkuiose wird die der Schweine von selbst
erlöschen.
E. Deetz (16). In Norddeutschland herrscht mehr Schweinetuberkulose
als in Süddeutschland, die Tuberkulose der Rinder und Schweine ist im steten
Steigen begriffen, ob die Frequenzziffem über Menschen« und Tiertuberkulose
parallel gehen, ist zur Zeit schwer zu beantworten. Beetz gibt dann eine
tabellarische Übersicht über die wichtigsten Untersuchungen betreffend den Ge-
halt von Milch und Molkereiprodukten an Bazillen. Bei Rindern kommt echte
Fütterongstuberkulose selten vor. Verf. bringt die wichtigsten Versuche,
welche entscheiden sollen, ob die Menschentuberkulose auf Schweine und
Rinder und umgekehrt übertragbar sei. Eine Übertragung von Schweine-
taberkulose auf den Menschen ist nirgends erwähnt, unter den Versuchen
Menschentuberkulose auf Schweine zu übertragen, sind nur die Gerlachs,
Kayenels, Tjadens und Orths als gelungen anzusehen, dazu gibt Verf.
seine im vorigen Referat bereits besprochenen Versuche. Die nächste Tabelle
enthält eine Übersicht über die Übertragungsversuche vom Menschen auf das
Rind, die folgende die sicher bewiesenen Fälle von Übertragung der Rinder-
tuberkulöse auf den Menschen mit Ausnahme der Milchinfektionen, von
denen am beweisendsten der durch Priester mitgeteilte Fall Hellers ist.
Es spricht manches für die Möglichkeit, dass bei Tabes mesaraica die Milch
eine Rolle spielt, ein positiver Beweis fehlt. Wir dürfen aber vorläufig von
der Ansicht, dass tuberkulöse Rinder und Schweine für den Menschen nicht
ungefährlich sind, nicht abgehen. Absolut ausznschliessen vom freien Verkehr
ist das Fleisch der akuten Miliartuberkulose, bei lokaler Tuberkulose sonst
gesunder wohlgenährter Tiere kann das Fleisch nach Entfernung der erkrankten
Organe dem Verkehr überlassen werden. Mit der Einführung der besonders
diesem Zweck angepassten Fleischschau lässt sich eine allgemeine Anzeige-
pflicht für Viehtuberkulose durchführen. Für die Tiere in Sanitätsmolkereien
oder Milchkuranstalten möchte Verf. die Tuberkulinimpfung eingeführt wissen,
ebenso für alles Vieh, das über die Grenze kommt und nicht sofort ge-
schlachtet wird.
V. Hansemann (27). Menschliche Tuberkulose ist auf Rinder über-
tragbar ebenso wie Rindertuberkulose auf Menschen. Koch hat deshalb keine
Fälle von Fütterungstuberkulose erhalten, weil seine Forderungen unerfüllbar
waren, weil man niemals eine andere Infektionsmöglichkeit ausschliessen kann.
Typhus und Tuberkulose lassen sich nicht vergleichen, zu Epidemien von
letzterer durch Genuss der Milch perlsüchtiger Kühe kann es nicht kommen.
Die Fütterungstuberkulose ist etwas seltenes, die verschiedene Deutung des
Begriffes erzeugte die grossen Unterschiede in den Angaben über die Häufig-
keit derselben, v. Hansemann hat in 7 Jahren *2ö Fälle von Fütterungs-
tuberkulöse gesammelt^ 5 zeigten nur Geschwüre im Darm, in 12 war die
Tuberkulose von einem Darmgeschwür zu den Mesenterialdrüsen vorgeschritten,
6*
84 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
bei 4 verbreitete sie sich über das Gebiet der Bauchhöhle hinaus, in weiteren 4
muss erst eine Deutung Platz greifen, aber sie halten strenger Kritik stand.
Ein Teil dieser Fälle wäre zur Ausheilung gekommen, geringfügige Tuberkulose
im Darm ist häufiger als sie anatomisch gefunden wird, in anderen selteneren
Fällen tritt der Tod ein, aber eine Lungenschwindsucht entsteht nicht vom
Darm aus. In 5 Fällen von primärer ßauchfeDtuberkulose kann nur der
Darmtraktus als Infektionsort aufgefasst werden. Irgendwie kranke, entzündete
oder ulzerierte Schleimhäute können Bazillen hindurchlassen, ohne dass sie
an der Eingangspforte haften. Primäre Mundschleimhauttuberkulose ist
häufiger als gemeinhin angenommen wird, sie wird an der Zunge manchmal
als Karzinom aufgefasst, auch im Kachenring können Tuberkelbazillen ein-
dringen. Von 40 Kindern mit offener Lungentuberkulose hatten nur 16
Darmtuberkulose, obwohl sie virulentes Sputum verschlucken, auch bei dis-
ponierten Individuen besitzt der Darm noch Schutzmassregeln genug, um sich
der Bazillen zu erwehren. Die Wichtigkeit der Disposition ergibt sich auch
daraus, dass von 200 mit Sektionen beschäftigten Menschen im Laboratorium
v^ Hansemanns höchstens 10 Leichentuberkel bekamen. Vorzugsweise ge-
schwächte Menschen erwerben primäre Darmtuberkulose; die primäre Fütterungs-
tuberkulose vom Darm aus ist eine seltene Krankheit.
Disse (19). Im Anschluss an die Beobachtungen Römers, der gefunden
hatte, dass Tetanus- Antitoxin bei Pferden in den ersten Lebenstagen resorbiert
wird, nach 3 Wochen dagegen nicht mehr, hat Disse genaue Untersuchungen
über den Bau des Magendarmkanals bei Neugeborenen angestellt, er gibt am
Schluss sein dabei benutztes Färbungsverfahren an. Die freie Oberfläche des
Epithels beim älteren Fötus wird nicht durch eine zusammenhängende Schleim-
schicht gebildet, sondern es steht in der Mitte jeder Zelle ein Schleimpfropf.
Diese Verhältnisse kurz vor der Geburt bestehend erhalten sich für längere
Zeit, die einzelnen Schleimteile sind also durch Protoplasma voneinander ge-
trennt. Nach der Geburt wird infolge des Reizes der Ingesta neues Schleim-
material von unten her angelagert, dazu sind mehrere Tage erforderlich; wir
dürfen wohl annehmen, dass bei grösseren Tieren die normale Dicke der
Schleimlage später erreicht wird als bei kleineren.
Sorger (74) hat einem Fachs wochenlang grosse Mengen tuberkulösen
Sputums verfüttert, ohne eine Infektion zu erzeugen; wie er das früher für
die Korviden dargetan hat, scheint ihm auch der Fuchs so gut wie immun
gegen menschliche Tuberkulose zu sein, wenigstens wenn sie vom Darm aus
eindringt. Vielleicht beruht auf ähnlichen Erfahrungen die Verwendung der
Fuchslunge als Volksheilmittel gegen menschliche Lungenschwindsucht.
Nachdem Nebelt hau (50) eine Übersicht über die in der Literatur
vorliegenden Fütterungsversuche mit Tuberkelbazillen gegeben und festgestellt
hat, dass in geringer Zahl Experimente angestellt sind, Tiere mit tuber-
kulösem menschlichen Material vom Verdauungstraktus aus zu infizieren, gibt
er das Verfahren an, dessen er sich bediente um festzustellen, ob und in-
wieweit sich eine Änderung der Virulenz der Bazillen infolge Verweilens im
Dünndarm von Hunden, Ziegen und Kälbern nachweisen liess. Wie Verf.
vorging um ein Darmstück auszuschalten, wie er die Bazillen aus Sputum
einbrachte, muss im Original nachgelesen werden. Es ergab sich zunächst,
dass die eingebrachten Tuberkelbazillen auf die Darmschleimhaut besonders
bei jungen Kälbern einen Reiz ausüben, der zu Eiterabsonderung, zu fibrinöser
Jlxsudation führen kann, dass noch nach 2 — 4 Tagen sich virulente Bazillen
Waldvogel, Tuberknlose. 85
im Darm finden, dass zweifelsohne auch bei grösseren Tieren die Bazillen
durch die intakte Darm wand gelangen nnd zu einer Entwickelung tuberkulöser
Produkte Veranlassung geben. Die Veränderungen bei der Ziege sind, wenn
die Bazillen in den Darm gebracht werden, weit ausgesprochener als beim
Bünde, vielleicht spielt dabei die Darmwand eine Rolle. Um ein Urteil ge-
winnen zu helfen darüber, ob auch beim Menschen der Infektionsmodus vom
Dann aus in Betracht kommt, gibt Nebelthau zu den Fällen aus der
Literatur eine Übersicht über die Sektionen von 26 tuberkulösen Kindern
im Alter von 3 Monaten bis 5 Jahren und findet unter diesen, dass die
Infektion vom Verdauungskanal aus in 19,2, vom Respirationstraktus aus in
34,6, von beiden aus in 46,1 ®/o wahrscheinlich erfolgt ist. Bei allen Kindern
im Alter von 3 Monaten bis 1 Jahr 6 Monate liess sich die Ansteckung auf
den Menschen zurückführen.
Lassar (37). Ein gesunder junger Veterinärpathologe beschäftigt sich
eingehend mit dem Rachenschleim perlsüchtiger Rinder und bekommt Tuber-
culosis verrucosa cutis; ein Stallarbeiter in einer Molkerei wies eine mächtige
Tuberkel-Infiltration am Unterarm auf. Unter den Stemplern und Schlächtern
des Berliner Schlachthofes zeigten eine Reihe sonst gesunder Männer Er-
scheinungen an den Händen, welche der Leichentuberkulose der Mediziner
gleich sind. Bei einem Schlachthofbeamten hat sich unterhalb des linken
Auges Scrophuloderma gebildet dadurch, dass infolge des Mikroskopierens
eine Gewebsschädigung stattgefunden und Patient sich die Stelle mit unge-
waschenen Fingern gerieben hatte; ihm liegt ausser der Trichinenschau die
Bearbeitung namentlich tuberkulösen Materials von Schwein und Rind ob.
Diese toxine Hauttuberkulose kann auch multipel auftreten, als Beispiel dafür
stellt Lassar einen Patienten vor, der sich vor 10 Jahren 3 Jahre lang mit
tuberkulösem Rindfleisch beschäftigte. Er bekam zuerst einen roten Fleck
am Nabel, dann einen ebensolchen an verschiedenen Stellen des Körpers,
etwa gleichzeitig mit der Eruption am Nabel entwickelten sich Warzen am
Mittelfinger, Patient kratzte und verbreitete so die lupusartigen, scrophulo-
dermatischen Herde. Mikroskopisch zeigten • sich tuberkulöse Granulationen.
Perlsüchtiges Fleisch hat für die menschliche Haut eine pathologische
Haftbarkeit.
Schütz (76). Viele Leiter tierärztlicher Institute, Assistenten und
Diener gehen mit perlsüchtigem Material intim um, ohne sich zu infizieren,
während Menschen, die an den anatomischen Instituten der Universität be-
schäftigt sind, sehr gewöhnlich Leichentuberkel hatten, die menschliche Tuber-
kulose und die Perlsucht des Rindviehs sind verschiedene Krankheiten, in
Lassars Fällen ist die Tuberkulose nicht immer wissenschaftlich festgestellt.
Schütz hat den Finger eines Arbeiters untersucht, bei dem sich in einer
Schnittwunde, die er sich bei der Sektion einer perlsüchtigen Kuh zuzog,
warzige Massen bildeten. Diese Massen enthielten einen bindegewebigen
Grundstock, keine Riesenzellen; Knoten auf der Sehnenscheide enthielten viele
sehr grosse Riesenzellen mit wandständigen Kernen, das Gewebe stimmte mit
dem überein, was man im Beginn des perlsüchtigen Prozesses an verschiedenen
Organen sieht, beim Rinde überwiegt die Bildung von Granulationsgewebe*
Die Reinkulturen aus der Tuberculosis verrucosa cutis erzeugten beim Kalb
Perlsucht. Kein Fall von Tuberculosis verrucosa cutis, durch Sektionen perl-
suchtiger Kadaver hervorgerufen, hat zur Allgemeininfektion geführt, der
Mensch besitzt einen gewissen Schutz gegen die Perlsucht, gerade dies spricht
86 Jahresbericht far Chirurgie. I. Teil.
gegen eine Identität beider Tuberkulosearten, denn es sind Fälle von Lupus
bekannt, denen Menschen erlegen sind.
Meyer (46) hat versucht, experimentell zu prüfen, ob die Mischinfektion
die Entstehung der von Rindern herrührenden Hauttuberkulose begünstigt oder
nicht. Er rieb in die Bauchhaut von Meerschweinchen tuberkulöses Sputum
mit Mischinfektion und käsiges Material aus Mesenterialdrüsen, im ersten
Fall traten nach 20 Tagen viele Knötchen auf, im anderen nach längerer
Zeit spärliche. Verf. glaubt, dass demnach die Begünstigung der Entstehung
von Hauttuberkulose durch Mischinfektion bevriesen ist. Durch Injektion von
menschlichen Bazillen in die Bauchhöhle eines Meerschweinchens konnten
echte Perlsuchtknoten erzeugt werden neben den für Menschenbazillen typisch
sein sollenden Veränderungen.
F. Schanz (66). Das Resultat der G ar na ult sehen Impfungen mit
Rinderbazillen an sich lehrt, dass die Perlsuchtbazillen beim Menschen haften,
es kam zu keiner Generalisation. So ist es in vielen Fällen von unabsicht-
lieber Impfung mit Rinderbazillen gegangen. Es ist nach Schanz bewiesen,
dass durch die Übertragungen der Bazillen von der Perlsucht und der Lungen-
schwindsucht die gleichen Formen der Impftuberkulose bei Mensch und Tier
zu erzeugen sind, aber die eine Affektion lässt sich nicht in die andere über-
führen, auch der menschliche Bacillus erzeugt bei Impfungen auf Menschen
nur Tuberculosis verrucosa cutis. Zum Zustandekommen der Perlsucht beim
Rind, der Lungenschwindsucht beim Menschen gehört mehr als eine Ver-
impfung, ein Unbekanntes, das sich bis jetzt der Forschung entzieht. Gar-
naults Versuche bestätigen, dass Tuberculosis verrucosa cutis eine Infektion
mit perlsüchtigem Material darstellt.
Seige (73). Nach der Literatur, nach physiologischen Erwägungen
muss die hereditäre Infektion der Frucht durch den Vater etwas enorm
seltenes sein. Die ziemlich zahlreichen Experimentatoren haben die Er-
zeugung der Tuberkulose der Frucht durch dem Sperma beigemischte Bazillen
nicht einwandfrei erreicht, auch die Friedmannschen Versuche in neuer An-
ordnung sind in dieser Richtung nicht beweisend. Seige hat die Versuchs-
anordnung Friedmanns befolgt, die Muttertiere sollten aber austragen und
die Jungen zum Teil am Leben bleiben, es wurden zur Einspritzung Bazillen
verschiedener Virulenz von Mensch und Rind verwandt^ die Organteile der
getöteten Jungen an Meerschweinchen subkutan verimpft, teils geschnitten
und gefärbt. Die Jungen erwiesen sich als frei von Tuberkulose und waren
normal entwickelt, die Bazillen, soweit sie nicht ins Ei dringen, sterben ent-
gegen Friedmanns Angabe nicht ab. Aber die Kaninchen, welche später
tuberkulöse Veränderungen aufwiesen, blieben unfruchtbar. Der Ausfall der
Versuche spricht nicht für die Möglichkeit einer Übertragung der Tuber-
kulose auf die Nachkommenschaft durch den Samen.
Die ererbte Disposition zur Tuberkulose äussert sich nach Hub er (30)
in einer starken nutritären Störung, sie kann sich rein funktionell dokumen-
tieren. Die direkte Übertragung der Bazillen ist selten. Alles was im Moment
der Zeugung ungünstig auf den elterlichen Organismus einwirkt, prädisponiert
auch zur Tuberkulose. Gewebe, deren Zirkulation leidet infolge von Ver-
letzungen, vasomotorischen Einflüssen, funktionellen oder anderen Störungen,
werden tuberkulöse Herde. Der Platz der Bazillenablagerung ist nicht not-
wendig der Ort des Eintritts der Bazillen, die Lungenspitzen dehnen sich
weniger aus, sie werden ungenügend gelüftet und durchblutet. Der Ver-
Waldvogel, Tuberkulose. 87
daünngstrakt spielt besonders bei Kindern eine grosse Kolle in der Tuber-
kuloseinfektion. Sajous Ansichten über den Einfluss der Drüsen ohne Ans-
fiihningsgang, besonders der Nebennieren auf die Entstehung der Tuber-
kulose werden wiedergegeben, die Insuffizienz dieser Drüsen kann nach
Sajous fast alles Krankhafte verursachen. Chlorose und Alkoholismus, Armut,
ungesunde Lebensweise stehen mit der Tuberkulose in kausalem Zusammen-
hang. Leute mit Tuberkulose in Asylen bekommen diese Krankheit in diesen
Instituten. Verletzungen erzeugen Tuberkulose oft durch Auslösung vöijl..
Kenrenreaktionen, der Einfluss des Gemütes auf den Körper bei Entstehung
der Tuberkulose darf nicht unterschätzt werden. Skrofulöse und Tuberkulose
sind nicht identisch. Kochs Bazillenentdeckung hat bislang praktisch nur
den Nutzen gehabt, dass wir gegen die Tuberkulose mit denselben sanitären
Massregeln vorgehen, wie bei anderen Infektionskrankheiten. Die immuni-
sierenden Sera werden nie den Wert von frischer Luft, Sonne, Reinlichkeit,
Bädern, gesunder Wohnung und Nahrung erreichen.
J. Mitulescu (47). Die von Tuberkulösen benutzten Gegenstände
können auf verschiedene Weise mit Sputum infiziert und anderen Menschen
gefahrlich werden. Mitulescu hat nun 97 Bücher und Zeitschriften mit
Bomanen und Märchen auf Tuberkelbazillen untersucht, indem er die
schmutzigsten Stellen auslaugte, die trübe Flüssigkeit zentrifugierte, die über-
stehende Flüssigkeit abgoss, den Niederschlag mikroskopisch untersuchte, aber-
mals in Kochsalzlösung löste und von dieser Lösung 5 ccm Meerschweinchen —
es wurden 177 Tiere verwandt — einspritzte. Bei allen mikroskopischen Unter-
suchungen Hessen sich direkt keine Bazillen nachweisen, die Giftigkeit konnte
nach dem langsamen Verlauf der Tierinfektion keine grosse sein, aber von den
Büchern, die 3 — 6 Jahre im Gebrauch waren, erwies sich mehr als ein Drittel
als bazillenhaltig, während in denen, welche bis zu zwei Jahren im Gebrauch
waren, nach allen Einspritzungen keine Bazillen zu finden waren. Die
Bücher der ungefährlichen Reihe waren weit weniger eingeschmutzt, die der
gefährlichen boten den Bazillen eine bessere Unterlage. Es wäre voreilig,
alle Bücher, welche nicht länger als zwei Jahre im Gebrauch waren, unge-
fährlich zu nennen, die Bazillen können in der Zwischenzeit bis zur Unter-
suchung abgestorben gewesen sein. Verf. empfiehlt längere Einwirkung von
Formalindämpfen, rechtzeitiges Ausmerzen beschmutzter Bücher, Belehrung
des Volkes über die Schädlichkeit des Fingerbenetzens beim Umwenden, über
den Nutzen des Händewaschens nach der Benutzung jedes geliehenen Buches.
Zu den zur chirurgischen Tuberkulose prädisponierenden Ursachen zählt
Perassi (54) den allgemeinen physiologischen Schwächezustand, der in der
Periode des stärksten Körperwachstums auftritt. Ein anderes Substrat zur
Einnistung des Tuberkelbacillus sei die nach Verstauchung oder Gelenkbruch
auftretende traumatische Ärthrosynovitis, wenn sie nicht gehörig bis zur
Bestitutio ad integrum, behandelt wird. R. Giani.
Voss (79). Unter 577 Fällen von Knochen-Gelenk- und Hodentuberkulose
wurden 21,6 ^/o gefunden, bei denen nach Angabe der Erkrankten ein Trauma
die Ursache sein sollte; die Krankengeschichten sind mitgeteilt. Die Traumen
bestanden fast ausschliesslich in Kontusionen und Distorsionen , nur einmal
in Fraktur. Nur bei ca. 7 ^/o wird mit grosser Wahrscheinlichkeit ein ur-
sächlicher Zusammenhang zwischen Trauma und Tuberkulose angenommen.
Schlüter (69) teilt einen Fall von Miliartuberkulose mit, bei dem alle
klinischen Zeichen dafür sprachen, dass es sich während der weitaus längeren
88 Jahresbericht für Cbirnrgie. I. Teil.
Zeit der Krankheit um eine gewöhnliche Sepsis handelte, so der atypische
Fieberverlauf, die Hämorrhagien , der Befund von Staphylokokken bei der
Milzpunktion, die eklatante Salizylwirkung. Es erscheint ihm wahrscheinlich,
dass die Miliartuberkulose, deren alleinige Gegenwart und deren Ausgang
von verkästen mediastinalen Drüsen pathologisch-anatomisch sichergestellt ist,
zu der Sepsis hinzugetreten ist. Der eigenartige Fall zeigt, wie oft die
Differentialdiagnose zwischen Miliartuberkulose, Sepsis und Mischinfektion
unmöglich ist und wie auch der Obduktionsbefund die Verhältnisse nicht
klären kann.
, Ito (31) hat an 104 Kinderleichen bis zu 13 Jahren den Zungengrund,
Gaumen- und Rachentonsillen genau mikroskopisch untersucht, um die Fragen
zu beantworten, ob die Follikel der Valleculae epiglotticae nicht primär
tuberkulös erkranken können und wie häufig die Tuberkulose der Ganmen-
und Rachentonsille mit der der lymphatischen Apparate des Zungengrundes
zusammenfällt. Er hat 5 mal sektmdäre Tuberkulose der Gaumentonsille'und
keinen primären Fall gefunden, von 10 untersuchten Rachentonsillen wiesen
2 sekundäre Tuberkulose auf, von Zungentgusillentuberkulose fand sich nichts,
an den Valleculae epiglotticae wurde einmal, ebenso einmal an den Schleim-
drüsen des Zungengrundes Tuberkulose festgestellt. In einem Fall waren
Gaumentonsillen, Rachentonsille und Valleculae gleichzeitig erkrankt, in einem
anderen bestanden nebeneinander Rachentonsillen- und Schleimdrüsentuber-
kulose.
Bei den auseinandergehenden Ansichten über die Beziehung der Gefass-
tuberkulöse zur Miliartuberkulose teilt Rosenbach (63) einen für die
Weigert sehe Auffassung typischen Fall mit, bei dem sich ausserdem eine
ausgedehnte sekundäre Tuberkulose der kleinsten Pfortaderäste imd ein
anämisch-nekrotischer Infarkt in der Leber vorfanden. Bei einem 4 ^/>i Monate
alten Kinde fand sich im rechten Oberlappen eine Kaverne, wahrscheinlich
aerogen entstanden, die Bazillen traten von hier aus ins Blut, riefen zahl-
reiche Tuberkel hervor; von ihnen ging eine sekundäre Erkrankung der
grösseren Lungenvenen aus, welche zu Durchbruchsherden führte, Intima-
tuberkel fanden sich nicht. Es fehlten die elastischen Fasern. Der anämisch-
nekrotische Infarkt ist durch Verschluss von Pfortader und Leberarterien
durch tuberkulöses Granulationsgewebe hervorgerufen.
Der Fall Run g es (64) unterscheidet sich von denen der früheren Autoren
dadurch, dass sich tuberkulöse Veränderungen auch in der Decidua basalis
fanden; nur Lehmann hatte schon einen Rundzellenherd ohtie Bazillen in
seinem ersten Falle festgestellt. Äusserst spärlich fanden sich in Runges^
Fall Zottentuberkel. Typische Epitheloid- oder Langhanssche Riesenzellen
fanden sich in den Herden der Decidua nicht, die Decidua vera war völlig
normal. 2 Haufen von 8—10 Bazillen lagen im noch völlig normalem Decidua-
gewebe. Die tuberkulösen Herde stossen meist direkt an die Gefasswand,
die Intima proliferiert, Blutungen und Thrombose entstehen. Dass die Tuberkel
in der Decidua keine Epitheloid- und Riesenzellen besitzen, erklärt sich aus
der geringen Proliferationsfähigkeit der Decidua; dass die Herde so schnell
nekrotisch zerfallen, wohl hauptsächlich aus der Hinfälligkeit der Decidua.
Die infolge der Tuberkelentwickelung aufgetretenen Blutungen hatten wohl
bei der an Miliartuberkulose verstorbenen Frau zum Abort geführt. Der
Fötus ist nicht untersucht. Dass bislang in der Decidua keine tuberkulösen
Veränderungen gefunden sind, erklärt sich Runge daraus, dass die bisher
Waldvogel, Taberkalose. 89
untersachten Placenten ans späteren Monaten stammten. Lokalisiert waren
die Herde in unmittelbarer Umgebung des Ni tabue hschen Fibrinstreifens,
in der Drüsenschicbt und einer in einem decidualen Fortsatz, der sich zwischen
die Chorionzotten hinein erstreckte. Neben den für Tuberkulose spezifischen
Veränderungen fanden sich als nicht spezifisch anzusehende Infarkte und Rund-
zellenherde in den Haftzotten.
Forssell (21) sedimentiert 1 Ltr. Harn in einem Zylinder, der sich
nach unten plötzlich verjüngt und an der Verjüngung den Ablasshahn für
das in 24 Stunden angesanunelte Sediment hat. Dies wird in 2 Zentrifugen*
gläschen abgelassen und diese 15—20 Minuten — 8000 Umdrehungen in der
Hinate — geschleudert. Immer sind die Tuberkelbazillen in unvergleichlich
grosster Menge in dem zuerst abgefüllten Zentrifugenröhrchen. Ist aber der
Bodensatz schleimig, so bildet sich ein peripheres Schleimlager an der ab-
schüssigen Wand und dieses, die Bazillen enthaltend, löst sich nicht beim
Ablassen. Verf. ist dann so vorgegangen, dass er nach 24 stündiger Sedi-
mentierung den Harn abpipettierte, den Schleim durch Zusatz der mehrfachen
Menge einer 12 ^/o igen Borsäureboraxlösung oder 5 ^/o igen Sodalösung löste
und in dem hängenden Zylinder wieder 24 Stunden sedimentieren Hess. Mit
dieser Methode sind die besten Resultate erzielt, indem er in jedem Fall
3 oder 4 Untersuchungen in längeren oder kürzeren Zwischenräumen anstellte,
hl keinem von 12 Fällen mit vorgeschrittener Lungentuberkulose Hessen sich
im Harn Bazillen finden, die Aussichten bei tuberkulösen Individuen mit
extraurogenitalem Herd Bazillen im Harn zu finden sind sehr gering. Mit
seiner Methode fand Forssell im katheterisierten Harn niemals Smegma-
baziUen, im direkt gelassenen in sämtlichen Hamproben von Frauen, in
wenigen von Männern. Nach Färbung mit Karbolfuchsin und Behandlung
mit 25Voiger Salpetersäure und Einwirkung von Acetonalkohol während
3 Minuten waren sämtliche Smegmabazillen entfärbt, die Tuberkelbazillen
behielten die Farbe auch nach 5 Minuten langer Einwirkung von Aceton-
alkohol. Noch nach 3 Wochen sind die Smegmabazillen im Harn morphologisch
und tinktoriell unverändert. Es existiert ein deutlicher und konstanter morpho-
logischer Unterschied zwischen Tuberkel- und Smegmabazillen im Harn. Die
ersteren sind am häufigsten zu 2 — 3 parallelliegend zusammengeklebt. In
einem vom Verf. beobachteten Fall von Nierentuberkulose waren in den letzten
Jahren die Bazillen verschwunden, in einem anderen zeigten sie Degenerations-
formen. Ob sich kulturell Smegma- und Tuberkelbazillen trennen lassen, ist
bislang unentschieden.
Da sich Tuberkulose in der Mamma schnell entwickelt und Bazillen
sehr firüh in der Milch erscheinen, hat Nathan-Larrier (49) auf Bazillen
verdächtige Flüssigkeiten in die in voller Laktation begriffene Kaninchen-
drüse eingespritzt und die Bazillen in der Milch gefärbt. Man kann 3 ccm
einspritzen, 1 ccm genügt meist, nur nicht bei serofibrinösen Pleuraergüssen.
Vom 5. — 12. Tage muss man die Mamma ausdrücken und bekommt leicht
einen Tropfen. Die meisten Resultate waren am 10. Tage positiv. Die
Methode empfiehlt sich durch ihre Schnelligkeit, man findet die Bazillen in
der Milch leicht mit Fuchsinfärbung und Entfärbung mit 25®/ oiger Säure, ehe
das Tier geopfert wird.
Massel in (44). Die Übertragung tuberkuloseverdächtigen Materials
a^of Kaninchen . liefert erst in 3 — 4 Wochen Resultate, das ist der einzige
dieser Methode zu machende Vorwurf. Von allen Verfahren, die das Ziel
W Jahrdsbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
verfolgen, durch künstliche Verdauung die organischen Elemente ausser den
Bazillen zu verflüssigen, ist das inoskopische von Jousset das beste. Aber
in manchen Fällen deckt die Kaninchenimpfung Bazillen auf, in denen die
Inoskopie sie nicht fand. Masselin führt dafür 3 Beispiele an und weist
den Einwand zurück, dass die geimpften Kaninchen in diesen Fällen schon
tuberkulös waren. Man soll also bei negativem Resultat der Inoskopie noch
Kaninchen impfen.
Betonend, dass für den Nachweis einer latenten Tuberkulose jedes Hilfs-
mittel heranzuziehen sei, gibt Hobbs (29) ausführlich die Krankengeschichte
«ines Falles, in dem zunächst eine rheumatische Gelenkaffektion, welche weder
durch den gewöhnlichen akuten Gelenkrheumatismus hervorgebracht war, noch
mit irgend einem der infektiösen Pseudorheumatismen zusammenhing, auf
eine Allgemeininfektion mit Tuberkulose hinwies. Das Auftreten derselben
in dem gleichen Gelenk, das Fehlen des Fiebers, die Abmagerung wiesen auf
tuberkulösen Rheumatismus hin. In dem Gelenk war weder Flüssigkeit, noch
Krachen, noch Schwellung, nur eine leichte Kontraktion der periartikulären
Muskeln nachzuweisen. Ferner wurde die Diagnose gestützt durch das Fehlen
eosinophiler Zellen in dem Inhalt einer Vesikatorblase. Bei Zunahme der
Prostration schwanden über der Lunge die kurz vorher deutlichen, mit dem
Stethoskop nachweisbaren Zeichen einer Lungenerkrankung.
Die Ansichten über die Pathologie der Hodentuberkulose haben sich in
den letzten Jahren sehr geändert und Jordan (32) kann jetzt die Sätze
aufstellen, dass sie vielleicht in der Mehrzahl der Fälle eine primäre hämato-
gene, sich aszendierend weiterverbreitende ist, während der deszendierende
Infektionsmodus zweifelhaft bleibt, da das Vorkommen desselben nicht einwands-
frei erwiesen ist, dass bei gleichzeitiger oder in Pausen erfolgender Infektion
beider Hoden dieselbe höchstwahrscheinlich auf dem Blutwege erfolgt. Er
betont, dass das vorliegende Material noch nicht alle strittigen Punkte ent-
scheidet, dass neue Fragen entstanden sind; jedenfalls sind wir auch thera-
peutisch vor neue Aufgaben gestellt. Die Kastration hat ihren hohen Wert
erwiesen, auch die Entfernung beider Hoden übt keinen ungünstigen EinSuss
auf das Gesamtbefinden aus. Über die Leistungen der konservativen Methoden
lässt sich noch nichts aussagen; theoretisch ist es gut denkbar, da wir es
mit einer primären Lokalerkrankung zu tun haben, dass wir durch konser-
vative Behandlung oder durch Resektionen Heilung erreichen können. Die
Exstirpation des kranken Hodens hat keinen Einfluss auf das Schicksal des
zweiten. Spielt die Erhaltung des Hodens keine Rolle, so ist die Kastration
die zuverlässigste Methode. Bei jüngeren Männern kommt die Anwendung
einer energischen Allgemeinbehandlung in Frage, wenn Neigung zu Schrump-
fung vorhanden ist; Inzision, Exkochleation und Jodoformgazetamponade, wenn
ein isolierter Knoten erweicht ist; Resektion im Gesunden und Mitnehmen
des Vas deferens, wenn der ganze Nebenhoden ausgedehnt infiltriert und
stellenweise abszediert ist.
Maillaud (40). Der primäre tuberkulöse Gelenkrheumatismus als erstes
Zeichen der bazillären Infektion verdient unsere Aufmerksamkeit. Bei einem
infektiösen Rheumatismus, dessen Ursache unbekannt ist, soll man immer an
Tuberkulose denken; die Anamnese soll Anhaltspunkte liefern; die Punktions-
flüssigkeit soll mit allen Hilfsmitteln untersucht, die Serumreaktion und die
Tuberkulinprüfung sollen angestellt werden. Der primäre tuberkulöse Rheu-
matismus ist oligoartikulär, er ist weniger beweglich als der echte Rheuma-
Waldvogel. Tuberkulose. 91
tismus, Fieber ist wenig ausgesprochen, Abmagerung ist fast die Regel; die
Äffektion weicht der Salizylsäure nicht. Man muss in der Praxis jeden
Tnberkulosekandidaten als schwer erkrankt ansehen, wenn er einen Gelenk-
rhemnatisinas bekommt, dessen bazilläre Natur man argwöhnt. Der primäre
tuberkulöse Rheumatismus dauert oft nur wenige Tage, in anderen Fällen
Wochen und Monate ; dann ist das Ende desselben folgendes: 1. Nach kurzem
Bestehen desselben treten Krankheitszeichen in einem Organ, in den serösen
Häuten auf, trotz Besserung der Gelenksymptome bestehen Fieber und Ab-
magerung fort. 2. Der Rheumatismus wird zu einem Fungus, Knie und Hüfte
sind oft betroflfen. 3. Eine tuberkulöse Umwandlung findet nicht statt, der
Rbeumatismas wird chronisch deformierend, er führt in den kleinen Gelenken
der Hand und des Fusses zu Fixationen in schlechter Stellung. In den
grossen Gelenken ähneln die Veränderungen denen der trockenen Arthritis
oder der ankylosierenden plastischen Form. Schliesslich kann sich alles auf
einen Erguss einfacher Art oder selbst auf einfache leicht heilbare entzünd-
liche Erscheinimgen beschränken. Diese Typen sind nicht rein.
Mouriquand (48) gibt ausführlich die Krankengeschichte eines Mannes,
der im 12. Lebensjahre heftige Neuralgien bekam, die Verf. als erstes Zeichen
einer bazillären Intoxikation ansieht; er machte mit 21 und 23 Jahren
Anginen durch und bekam im 14. einen akuten Gelenkrheumatismus, bei dem
nach seiner Aussage Salizyl nichts nützte ; während der nächsten Jahre hatte
er einige leichte Attacken eines subakuten Gelenkrheumatismus zu bestehen,
er hatte Schmerzen, Steifheit und Krachen in verschiedenen Gelenken, in
den Sehnenscheiden der Hände. Im 30. Jahre wurde Tuberkulose der Luft-
wege bei ihm festgestellt, während deren Verlauf akute Gelenk- und Sehnen-
scheidenentzündungen auftraten, die auch bei der Vorstellung vorhanden
waren. Diese sind tuberkulöser Natur, weil zwischen akutem gewöhnlichen
Gelenkrheumatismus und Tuberkulose ein Antagonismus besteht, weil auch
die Gonorrhoe Gelenkmetastasen macht, weil die Bakteriologen seine Existenz
experimentell festgestellt haben. Auch die Tuberkulose der Pleuren, der
Langen und anderer Organe zeigt die Eigentümlichkeit des Springens, des
schnellen Auftauchens und Verschwindens. Der tuberkulöse Rheumatismus
muss alle Gewebe, Organe, Apparate ergreifen können. Das Salizyl hilft
nicht, Verf. empfiehlt Cryogenin und lokale Massnahmen, Immobilisierung
XL 8. w.
Dolore (18). Tuberkulöse Prozesse können sich auch unter dem Bilde
einfacher Entzündung darbieten, je nach Virulenz und Gewebswiderstand ent-
wickeln sich alle Reaktionen von völliger Toleranz bis zu ganz akuten Läsionen,
in normalen Organen sind Bazillen gefunden. Der Koch sehe Bacillus
ruft in Lymphdrüsen neoplastische, sogar hypertrophische Zustände her-
vor. Derselbe Polymorphismus wie in den Gelenken findet sich auch am
Knochen. Die serösen Häute reagieren auch auf entfernt produzierte Toxine.
Der tuberkulöse Gelenkrheumatismus findet sich besonders bei langsam ver-
laufenden Tuberkulosen, wenn die Virulenz der Bazillen abnimmt und das
Gewebe durch eine Art Impfung immun geworden ist. Klinik und Labora-
torinm haben die Existenz des tuberkulösen Gelenkrheumatismus bestätigt.
Ebenso wie beim Tripperkranken jede Gelenkafifektion auf Rechnung des
Trippers gesetzt wird, muss auch jede Arthritis eines Tuberkulösen auf
Tuberkulose bezogen werden ; der tuberkulöse Gelenkrheumatismus ist häufig.
Meist findet man wie an anderen serösen Häuten keine Bazillen, letztere
92 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
wirken durch ihre Toxine, welche Gelenke und Nervensubstanz ungünstig:
beeinflussen ; bei chronischen Arthritiden geschieht die Giftwirkung durch
entfernt liegende Bazillen.
Poncet (57) will eine bemerkenswerte Mitteilung von einem Falle
machen, bei dem die Reihenfolge, die Entstehung der tuberkulösen Gelenk-
affektionen, trotz der Verschiedenheit der Effekte dazu zwingen an das tuber-
kulöse Virus als einzige Ursache zu denken. Ein jetzt 33 jähriger Mann
bekam mit 15^/2 Jahren einen schweren infektiösen Zustand ohne bemerkbare
Ursache, 3 Wochen später einen akuten polyartikulären Rheumatismus, einige
Wochen dauernd, renitent gegen Salizyl, in der Rekonvaleszenz trat am
rechten Ellbogen eine Ostitis mit kaltem Abszess auf, einige Monate darauf
ein Malum Pottii, eine Koxalgie. Diese verschiedenen Ereignisse folgten sich
im Verlauf von 3 Jahren, in den nächsten 4 Jahren war die Gesundheit
relativ gut, dann bekam der Kranke eine neue Attacke von akutem Gelenk-
rheumatismus, Ostitiden an verschiedenen Knochen, eitrig, bazillär und
Lungentuberkulose. In den letzten 2 Jahren haben sich multiple subkutane
kalte Abszesse gebildet; jetzt bestehen narbige Schrumpfungen an allen von
Tuberkulose affizierten Stellen mit Ausnahme der Haut. Poncet nimmt an,,
dass die Gelenktuberkulose bei diesem Kranken in drei verschiedenen Formen
auftrat, zuerst in der septikämischen, dann in der des einfachen rheumatischen
und dann in der spezifischen oder klassischen. Arloing hat auch bei Tieren
durch Inokulation homogener Kulturen tuberkulöse Septikämie erzeugt, ohne
Tuberkel, ohne anatomische Läsionen.
Nach Wiedergabe der Ansichten und Einteilung Poncets bringt
Bentz (8) drei Fälle als Beispiele, von denen die ersten beiden arthral-
gischer Form sind. Beide Kinder (15^/2 und 15 Jahre) hatten ein Malum
Pottii und bekamen im Verlauf desselben Gelenkschmerzen, welche einen
akuten Gelenkrheumatismus vortäuschten, aber der Salizylbehandlung nicht
wichen. Der dritte Fall gehört zur Form der chronischen Arthritis ohne
Charakter des Tumor albus in Heilung übergehend. Ein 14Va jähriges Mädchen,
sonst stets gesund, bekommt plötzlich eine schmerzhafte Affektion des rechten
Kniegelenks und des linken Unterschenkels, nachdem kurz vorher eine in
14 Tagen verschwindende schmerzhafte Hüfterkrankung eingetreten war. Es
wird am linken Unterschenkel eine Knochenausschabung vorgenommen. Drei
Jahre lang besteht eine eitrige Fistel. Am rechten Knie findet sich eine
mit wechselnder Schwellung einhergehende tuberkulöse Erkrankung ohne
Knochenaffektion, Später wird das vorher gesunde linke Kniegelenk schmerz-
los dick, die Kapsel erscheint verdickt, es besteht Erguss. Nach einem Jahre
ist das Aussehen beider Kniee normal. Verf. weist Osteomyelitis als Ur-
sache dieser Gelenkaffektionen zurück, auch im linken Kniegelenk bestand
nach ihm Tuberkulose.
Die Kranken Bouveyrons (9) husteten meist viel oder wenig, so dass
die bei ihnen festgestellten Gelenkaffektionen nicht notwendig als Komplika-
tion der Hauttuberkulose aufzufassen sind, aber die letztere stand im Vorder-
grunde der Erscheinungen. Bei Kindern unter 13 Jahren, die meist an
leichteren Lupuserkrankimgen leiden, scheint der tuberkulöse Rheumatismus
selten zu sein. Bei den schweren verstümmelnden klinisch behandelten Lupus-
formen ist er häufig (12 auf 30). Die häufigste Form des tuberkulösen
Gelenkrheumatismus ist die arthralgische. Die „hyperostotische'* Form,
welche noch wenig bekannt ist, kommt der Häufigkeit nach gleich hinter der
Waldvogel, Tuberkulose. 93
arthralgischen, sie findet sich nur bei Frauen (6 auf 9), verläuft kaum ohne
Knochenschwellung. In drei von 12 Lupusfällen fand sich Erguss. Auch
Tuberkulide können mit rheumatischen Affektionen kompliziert sein. Die
Krankengeschichten von 13 Fällen sind wiedergegeben, es verteilen sich fünf
Fälle auf 12 Männer mit schwerem Lupus, 7 auf 18 mehr oder weniger
schwer an Lupus erkrankte Frauen; ein Fall von Polyarthritis ist unter
ihnen. Alle diese Schmerzen machte der Kochsche Bazillus.
Poncet (58) Die Tuberkulose muss in drei Kategorien geteilt werden,
in die mit Tuberkeln, Granulationen, Verkäsung, in die mit gewöhnlicher ent-
zündlicher Reaktion und in die septikämische ohne sichtbare anatomische Ver-
änderungen. Die Möglichkeit der letzteren Form wird gestützt durch die An-
nahme ähnlicher Verhältnisse von Seiten anderer Autoren, der Typho-Bacillose
(Landouzy), des fievre pr6granulique (Cuffer), des akuten tuberkulösen
Fiebers (Jeannel), der abortiven Tuberkulose (Bill et), der Bacillemie
(Debove) und durch experimentelle Untersuchungen Arloings. Und sind
nicht vielleicht viele schlech definierte infektiöse Zustände nur durch un-
deutliche Granulationen hervorgerufen? Als Beispiel dafür, dass bei einem
Menschen die Tuberkulose in ihrer anatomischen und klinischen Trilogie,
mit wiederholten Schüben auftreten kann, gibt Poncet dann eingehend die
Krankengeschichte, wie sie im Kef. Nr. 57 kurz wiedergegeben ist. Die
Tuberkulose der Gelenke mit Tuberkeln, ebenso wie die einfache auf Tuber-
kulose beruhende Granulation können den einfachen Gelenkrheumatismus yor-
täoschen. Die Läsionen rein entzündlicher Natur werden durch wenig virulente
Bazillen hervorgebracht, können von einer lokalen Toxämie bedingt sein
oder bei ausgesprochener Verteidigungsreaktion des Körpers entstehen.
Maly (41) gibt die Krankengeschichte, den mikroskopischen Befund
der exstirpierten Teile und das Sektionsprotokoll eines Falles, in dem die
Tuberkulose aus dem Schultergelenk, in dem der Prozess nahezu ausgeheilt
war, in die Muskulatur übergehend, zur Bildung einer von Schwarten um-
schlossenen, mehrkammerigen Cyste mit klarem Inhalt geführt hatte. In der
Cyste war kein Granulationsgewebe, keine Knötchenbildung, kein Eiter nach-
weisbar. Fetzige Cystenwand, Muskulatur und Lymphdrüsen enthielten
massenhaft Tuberkelknötchen. Die Höhle war mit dem Gelenk durch einen
Kanal verbunden, in diesem und längs desselben fanden sich merkwürdige
Formen von hyalinen und doch festen, schalig geschichteten Blättern reinen
Fibrins. Durch die tuberkulöse Infektion sämtlicher Lymphdrüsen und
-bahnen, die dadurch bewirkte Verlegung der Abflusswege könnten die eigen-
tümlichen cystischen Bildungen erklärt werden.
J. Steinhaus (75). Bei einem 14jährigen Knaben entwickelte sich
unter Husten und nächtlichen Schweissen ein Mediastinaltumor mit Lymph-
drüsenmetastasen, welcher starke Verdrängungserscheinungen machte. Bei der
Autopsie waren Thymus und Lymphdrüsen in grosse Geschwülste umge-
wandelt, in Leber und Milz bestanden sekundäre Knoten. Ein Sarkom war
makroskopisch und mikroskopisch auszuschliessen, der also entzündliche
Prozess sich ausschliesslich im lymphatischen Gewebe ausbreitend war durch
das Vorhandensein von Tuberkeln und Bazillen als tuberkulös charakterisiert.
Es können also unter dem Bilde der Pseudoleukämie oder Lymphosarkomatose
auf Tuberkulose mit Wahrscheinlichkeit zu beziehende Prozesse verborgen
sem. Wodurch der eigentümliche Verlauf und das eigenartige mikroskopische
Bild zustande kommt, ist bis jetzt nicht zu beantworten. Steinhaus bofi*t.
94 Jahresbericht für Ghirargie. I. Teil.
dass man Sicherheit über die Natur des Prozesses und durch Frühdiagnose
tiefere Einsicht in das Warum der Eigenartigkeit dieser Form der Tuber-
kulose — wenn überhaupt Tuberkulose — gewinnen kann.
Es wird noch lange Zeit vergehen, ehe v. Behring (6) an die Behand-
lung tuberkulöser Menschen herangeht, eher würde er seine bei der Rinder-
immunisierung gemachten Erfahrungen für die Erprobung eines Schutzmittels
im Säuglingsalter verwerten. Die Institutsexperimente zum Studium der
Impfung von Rindern sind abgeschlossen. Bei Impfungen mit dem v. Behring-
sehen Impfstoff zeigten die Tiere eine mehr ausgesprochene Neigung zu
Fieberreaktion, bei denen Grund zur Annahme einer Tuberkuloseinfektion
vorlag. Tiere, die älter als ein Jahr sind, reagieren auf die Einspritzung
zu grosser Dosen des Impfstoffes mit einer völlig rückgängig werdenden
Pleuropneumonie, v. Behring hält es für sehr wahrscheinlich, dass die
drei Phänomene, die Bazillenagglutination des Blutes, die Überempfindlichkeit
gegenüber eingespritzten Bazillen und die Tuberkulinüberempfindlichkeit in
einem kausalen Zusammenhang stehen. Nach eigenen Experimenten lasst
sich die Behauptung nicht verallgemeinem, dass Agglutinationsgrad und
Krankheitsprognose zueinander in regelmässigem Verhältnis stehen. Die
Schutzimpfung von Rindern, die älter als ein Jahr sind, wird wegen der
Überempfindlichkeit widerraten, Kälber unter 3 Monaten werden zur Schutz-
impfung empfohlen, v. Behring hat an die Möglichkeit einer Immunisierung
durch Antikörper gedacht, die freilich nur kurze Zeit anhält. Die Haupt-
gefahr ist die infantile Infektion. Auch die Antikörper gehen während der
ersten Lebenswochen unverändert durch den Darm, man könnte also mit der
Milch tuberkuloseimmun gemachter Kühe die gefährlichste Periode beein-
flussen. Verf. will zunächst prüfen, ob auf diesem Wege bei Kälbern eine
Tuberkuloseimmunität zu erzeugen ist. In der landwirtschaftlichen Praxis
wird schon in der 3. Woche mit der Schutzimpfung begonnen ; ein definitiver
Beweis dafür, dass diese Methode ausreicht, kann erst durch jahrelange Praxis
erbracht werden. Von den immunisierten Institutsrindem sind mehrere 1^'»
Jahre nach der experimentellen Infektion mit Rindertuberkelbazillen, während
welcher Zeit sie epizootischer Infektion stark ausgesetzt waren, getötet, ohne
dass bei der Sektion Herderkrankungen gefunden wurden. Sektionsberichte
immunisierter Rinder aus der Praxis weisen keine Tuberkulose auf. Die Tuber-
kulinprüfung bei drei ursprünglich tuberkulosefreien Rindern ein Jahr nach
der Immunisierung ergab ein negatives Resultat, während alle im selben Stall
stehenden Rinder unzweideutig reagierten. Auch infizierte Kälber können
im jugendlichen Alter mit vollem Erfolg geeimpft werden. Die Versuche
Thomassens, der nachwies, dass durch einmalige Vorbehandlung mit
menschlichen Bazillen der Organismus der Kälber die Fähigkeit verloren
hatte, auf für Kontrollrinder tödliche Dosen eines Rindertuberkulosevirus mit
Tuberkelbildung zu reagieren, bestätigen v. Behrings Immunisierungs-
experimente glänzend. Eine Übersicht über die Heilstättenbewegung gebend
glaubt Verf., dass sie die Zahl der tuberkulösen Infektionen in der Gesamt-
masse der Bevölkerung wohl kaum vermindern. Im Interesse eines Anlaufs
zur Tuberkulosetilgung sind die Begründungen besonderer Asyle oder Heim-
stätten für Menschen mit offener Tuberkulose der allgemeinen Beachtung
wert. Die Wohnung kann noch so gut sein, wenn nicht der hustende
Phthisiker entfernt wird, kann die Infektion der Neugeborenen nicht aus-
bleiben. Zwischen der Säuglingsinfektion und einer klinisch manifesten
Waldvogel, Tuberkulose. 95
Tuberkalose können beim Rind Jahre liegen. So wird es auch beim Menschen
sein. Dass die epidemiologische Sänglingsinfektion kaum jemals zn primärer
Darmtaberkulose führt, ist nicht verwunderlich. Wo die Bazillen später
Erscheinungen machen, ist von zu vielen Umständen abhängig.
Maragliano (42). Viele Menschen besitzen natürliche Immunität
gegen Tuberkulose. Damit sich der Organismus erfolgreich gegen den
Tuberkelbazillus verteidigen kann, muss er die tuberkulösen Gifte neutralisieren,
die Vermehrung der Bazillen verhüten und die Bazillen zerstören können,
welche bereits in den Oiiganismus eingedrungen sind. Nach Herstellung einer
konstanten Gifttestlösung wollte Maragliano feststellen, ob das Serum von
Menschen und Tieren irgend welche neutralisierende Wirkung beim Meer^
schweinchen ausübt. Serum gesunder Individuen, am meisten von Menschen,,
dem tuberkulösen Gift zugesetzt, zeigt an ti toxische Wirkung; das Serum dieser
Gesunden besitzt in gleicher Weise agglutinierende Eigenschaften, dies ist der
Ausdruck des Immunisierungsprozesses. Ausser diesen gewöhnlich vorhandenen
Hilfskräften besitzt der Organismus solche, welche erst herbeigeführt werden
durch die Gegenwart der Bazillen, nämlich die Produktion von Antitoxinen,
Bakteriolysinen und Agglutininen. Bestimmt man die antitoxische Kraft des
Blutes und impft man das Tier mit kleinen Mengen des tuberkulösen Giftes
methodisch, so sieht man die antitoxische Kraft nach einer bestimmten Zeit
beträchtlich zunehmen. Bei Pferden, die mit 100 — 200 antitoxischen Ein-^
heiten begannen, stieg die antitoxische Kraft auf 8000. Die Sera aller mit
verschiedenem tuberkulösen Material behandelten Tiere besitzen in ver-
schiedenem Grade einen abtötenden Einfluss auf die Bazillen. Durch Zu-
sammenbringen virulenter Bazillen mit dem Serum kann bei Meerschweinchen
die sonst sichere Infektion verhindert werden. Bei gleichzeitiger Einspritzung
von virulenten Kulturen imd Serum in die Venen von Kaninchen wurden
baktericide und agglutinierende Substanzen erzeugt. Von allen Tieren geht
beim Hunde die Zerstörung eingespritzter Bazillen am schnellsten vor sich,
schon nach 5 Tagen sind sie grösstenteils durch Leukocyten verzehrt, im Zu-
stande vollkommener Bakteriolyse. Durch vorhergehende Krankheit, durch
Hunger, starke Ermüdung kann man ein Serum erzielen, das in seiner neu-
traHsierenden Tätigkeit gegenüber den Giften und in seiner Wirkung gegen-
über den Bazillen nicht vollwertig ist. Spritzt man 1 g virulente Bazillen
in die Venen, so entstehen in einem Monat vollständig wieder verschwindende
Lungenherde, spritzt man dieselbe Menge ins Peritoneum, so findet man nach
einem Monat tuberkulöse Peritonitis, das soll zeigen, wie nicht alle Gewebe
sich gegenüber den Bazillen gleich verhalten. Alkohol vermehrt die Wider-
standskräfte, Sanatorien werden die Tuberkuloseaussaat nicht vermindern.
Schon 8 Jahre vor Ke bring hat Maragliano die Möglichkeit Tiere zu
immunisieren nachgewiesen. Bei Menschen, denen durch Einspritzung von
Serum immuner Tiere passive Immunität verliehen war, steigt die antitoxische
und agglutinierende Kraft, auch der Umstand, dass so behandelte Menschen
keine neue Infektion akquirierten, ist ein Beweis für die Wirkung des Serums.
Bei Einverleibung von Schutzstoflfen in den Magen gehen die immunisierenden
Substanzen xmverändert in die Zirkulation, da sie, wie Maragliano schon
früher feststellte, auch in die Milch immunisierter Kühe übergehen, können
die immunisierenden Substanzen so in den menschlichen Körper gelangen,
heilt ein tuberkulöser Lungenherd aus, so ist der betreffende Mensch im all-
gemeinen unempfänglich für Tuberkulose. Aktive Immunisierung lässt sich
96 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
auch auf anderem Wege als durch die Einspritzung lebender Kulturen er-
zielen. Verf. hat eine Masse präpariert, welche unter die ELaut gebracht ohne
Gefahr der Infektion eine tuberkulöse Phlegmone hervorruft; auch beim
Menschen liess sich dadurch eine starke Leukocytose und Agglutinationskraft
erzeugen, nach 2 — 3 Tagen Fieber ist alles vorüber. Maragliano hofft
Menschen immunisieren zu können.
Friedmann (24). Dass die Durchführung des Prinzips, durch ein
abgeschwächtes Virus, durch die für sie wenig virulenten Menschenbazillen,
Tuberkuloseimmunität bei Haustieren zu erzeugen möglich ist, ist erwiesen,
einen Menschen mit Binderbazillen zu behandeln geht nicht an. Ein von
Friedmann aus einer an spontaner Lungentuberkulose zugrunde gegangenen
Schildkröte gezüchteter Schildkrötentuberkelbazillenstamm schien für Im-
munisierungszwecke besonders geeignet, zumal er den Säugetierbazillen be-
sonders nahe steht. Es entstand bei Behandlung kleiner Säugetiere mit diesen
Bazillen ein spezifisch tuberkulöser Erkrankungsherd, der in vollkommene
Heilung übergeht. Bei den mit Schildkrötenbazillen vorbehandelten Meer-
schweinchen entsteht, wenn sie mit menschlichen Tuberkelbazillen infiziert
sind, an der Infektionsstelle ein weich bleibendes völlig verschwindendes
Infiltrat, die Temperatur bleibt abgesehen von mehrtägigem geringen Fieber
normal, die Tiere zeigen das beste Wohlbefinden. Bei der Tötung nach drei
Monaten findet man nur Anhäufungen von Bundzellen mit einzelnen Biesen-
zellen, keine Bazillen; die destruierende Wirkung war den Tuberkelbazillen
durch die Immunisierung genommen. Es gelingt ebenfalls, Versuchsschildkröten
durch Vorbehandlung mit lebenden Säugetierbazillen gegen eine sonst tötende
Dosis Schildkrötenbazillen zu schützen. Immunisierungsversuche an Ziegen
gegen Perlsuchtbazillen sind im Gange.
Adler (1). Der Wert der gegenwärtigen Anstaltsbehandlung für die
Bekämpfung der Tuberkulose als Volkskrankheit ist weit überschätzt, das
Tuberkulin wird trotz guter Besultate noch lange in der Ungunst der Ärzte
bleiben. Adler hat 20 Fälle mit Tuberkulininjektionen behandelt, seine
Erfahrungen bestätigen die in der Literatur vorliegenden Angaben, die
Tuberkulinkur bei gewisser Erfahrung ist fast stets ohne Gefahren durchzu-
führen, sie bewirkt symptomatische Besserung, Heilung der lokalen Ver-
änderungen. Wegen der Kürze der Zeit kann Verf. nicht über Dauerheilungen
berichten, er gibt ausführlich seine Methode an, verwendet altes TuberkuUn,
steigt bis zu 1 g, das solange gegeben wird, bis es reaktionslos vertragen ist.
Nur Fälle mit bereits fixierter Mischinfektion sind auszuschliessen, strenge
Individualisierung wird verlangt, es ist verschieden rasch mit den Dosen zu
steigen, ein- höchstens zweimal in der Woche wird injiziert, eine Reaktion
in bescheidenen Grenzen wird angestrebt. Alle Ärzte müssen die Methode
beherrschen. Die Tuberkulininjektion ist zur frühen Erkennung der Tuber-
kulose heranzuziehen, bei Graviden sei man vorsichtig damit. Die moderne
Behandlung mit dem alten Koch sehen Tuberkulin ist die wirksamste Methode
der Bekämpfung der Tuberkulose.
Kl in gm Uli er (33). Wiederholt ist festgestellt, dass bei erneuter In-
jektion von Tuberkulin an der früheren Einspritzungsstelle eine Reaktion ein-
tritt, doch hat man bislang keine Erklärung dafür" geben können. Kling-
müller hat nun mikroskopisch solche Injektionsstellen untersucht, er fand
zahlreiche kleinere und grössere Herde lupoiden Charakters mit zentralen
massenhaften epitheloiden Zellen und Langhansschen Riesenzellen mit peri-
Waldvogel, Tuberkulose. 97
pheren Infiltrationszellen und einmal einen alkohol- und säurefesten Bacillus,
wiederholt Reste solcher. In Alt-Tuberkulinen, besonders lange aufgehobenen,
fanden sich ausserordentlich zahlreiche Bazillen, die erst nach Filtration durch
ToDzellen verschwanden. Diese Bazillen des Alt-Tuberkulins erwiesen sich
dnrch Tierversuche als abgetötet, aber virulent, durch sie wurden die von
E lin g m ü 1 1 e r gefundenen histologischen Veränderungen hervorgerufen. Diese
Tatsache wurde durch Tierexperimente bestätigt. An weissen oder hellen
Tieren wurden durch möglichst intraepidermoidale Injektion abgetöteter
Bazillen Nekrosen und käsige Abszesse erzeugt, spritzt man nun Tuberkulin
ein, so kann man schon früh die Stadien der örtlichen Tuberkulinreaktion
verfolgen. Da nun die wenigen Bazillenreste nicht fiir die lokalen Ver-
änderungen allein verantwortlich gemacht werden können, und festgestellt
war, dass auch das sicher bazillenfreie T.-R. ebenfalls örtliche Reaktionen an
den Injektionsstellen macht, so wurde durch Tierversuche auf die eben ge-
schilderte Weise und an mehreren Patienten der Beweis erbracht, dass auch
die Toxine tuberkuloseähnliche Veränderungen im Gewebe erzeugen. Trotz
dieser Tatsachen rät Verf., alles reagierende Gewebe zu entfernen. So ist
auch vielleicht der Lupus, bei dem man ja so wenig Bazillen findet, auf
toxische Stoffe zurückzuführen. Für diese Auffassung ist von Wichtigkeit,
dass bei einer mit einem sicher nur tote Bazillen enthaltenden Tuberkulin-
Präparat Lupuskranken lokal Veränderungen entstanden, welche klinisch und
histologisch nicht von echtem Lupus vulgaris zu unterscheiden waren und
spontan abheilten. Im Anschluss an Alt-Tuberkulininjektionen ist dergleichen
nie gesehen.
Czerny (14) will zeigen, was sich durch häusliche Behandlung im Palast
des Reichen und in der Hütte des Armen bei Behandlung der chirurgischen
und inneren Tuberkulose erreichen lässt. Glückliche Erfolge auch bei schweren
Formen lassen sich durch zielbewusstes Ineinandergreifen der allgemeinen Be-
handlung mit einer chirurgischen Lokalbehandlung erzielen, es muss eine
fortgesetzte häusliche Behandlung die zeitweise notwendige Anstaltsbehandlung
ergänzen. Wichtig ist die allgemeine Anregung der Hauttätigkeit, methodische
Seifeneinreibungen mit nachfolgendem lauen Bad oder Übergiessung. Leider
lassen sich die mannigfachen praktischen Ratschläge und Erfahrungen nicht
alle im Rahmen des Referats wiedergeben. Bei geschlossenen nicht eiternden
Gelenktuberkulosen massigen Grades lässt Czerny gern eine Mischung von
Ung. kat. jodat. mit Sapo viridis in Form einer leichten Effleurage zwei bis
fünf Minuten täglich einreiben. Wenn das gut vertragen wird, kann man
die Sitzungen etwas länger ausdehnen, manchmal auch leicht massieren, ein
Bad von 10 Minuten Dauer mit Zusatz von etwas Pottasche oder Soda geht
voraus, Lagerung auf einer Schiene nach Umwickelung mit Trikotbinde oder
Anlegen eines Pries snitz sehen Umschlages bei erhöhter Lokaltemperatur
fo^. Bei stärkerer Rötung, Temperatursteigerung und lokalen Schmerzen
ist die ambulante Behandlung aufzugeben. Jodoformölinjektionen während
hauslicher Behandlung sah Verf. nur nützlich bei kalten Abszessen. Bei
tuberkulöser Spondylitis wird man die horizontale Lage mit Immobilisienmg
and Distraktion solange festhalten, bis Schmerzen, Eiterbildung und Fieber
▼ergangen sind. Von der gewaltsamen Streckung nach Calot ist man zurück-
gekommen. Drüsen soll man, wenn sie nach 2 — 3 monatlicher Behandlung
nicht zurückgehen oder wenn Zeichen der Erweichung vorliegen oder die
Kranken fiebern, möglichst radikal operieren. Die Schmierseifenbehandlung
Jahresberieht für Ghirargie 1908. 7
98 Jahresbericht fOr Chirurgie. L Teil.
ist von Kappesser erfnnden, nachdem schon 1846 Bichter tägliche
Schmierseifeneinreibnng bei skrofulösen Erkrankungen empfohlen hatte.
E. Deanesly (15). Die Tendenz der Heilung ist bei chirurgischen
Tuberkulosen grösser als bei der Lungentuberkulose, sie wird unterstützt durch
reine Luft, reichliche Nahrung und absolute Ruhe. Letztere gilt auch für die
Hüft- und Kniekranken. Deanesly geht auf jeden Käseherd ein, vermeidet
aber das Ausschneiden von Gelenken; grosse Tonsillen und adenoide Wuche-
rungen werden entfernt. Ein Zelt im Garten kann es dem Kranken ermög-
lichen, dass er 8—9 Stunden in der Luft zubringt, ein sauberes kahles
Zimmer mit offenem Fenster tut auch seine Dienste, auch in dichtbevölkerten
Lidustriestädten, denn das Gefährliche der Stadtwohnungen liegt in der
Lebensweise seiner Bewohner, der chemische Unterschied zwischen Stadt- und
Landluft ist nicht so bedeutend und auf dem Lande gemessen die ärmeren
Klassen wegen ihrer Lebensweise den Vorzug der Landluft nicht. Der Bau
von Krankenhäusern für tuberkulöse Gelenkkranke an der See ist nicht zu
empfehlen, man soll für die aus den Londoner Spitälern entlassenen Kranken
durch Überwachung ihrer Lebensweise, durch Verschaffen reichUcher Nah-
rung sorgen, die Seehospize kommen nur wenigen Kranken zugut. Jedes
Krankenhaus sollte Gelegenheit haben, in freier Luft die Patienten zu be-
handeln, Balkone und Plattformen müssen bei jedem neuen Hospital gebaut
werden.
Tubby (78) vergleicht Behandlung und Resultate chirurgischer Tuber-
kulosen in vier Hospitälern Londons mit denen eines ländlichen, sich der in
den Verhältnissen liegenden Unterschiede wohl bewusst. Das durchschnittliche
Alter der Kinder betrug in den städtischen Hospitälern wie im ländlichen
sechs Monate, unter den 218 Patienten der städtischen waren 115 weiblich,
103 männlich, der durchschnittliche Aufenthalt betrug sechs Wochen, 415
Operationen wurden an 218 Patienten vorgenommen. 31,2*^/0 wurden geheilt,
58,6 gebessert, in 13 Fällen war das Resultat zweifelhaft, neun Patienten
starben im Hospital. Im ländlichen Hospital wurden 42 Kinder an chirurgischer
Tuberkulose behandelt. Der durchschnittliche Aufenthalt betrug 10 ^/s Monat,
operiert wurde 36 mal weniger als in der Stadt, geheilt wurden von den
42 14, gebessert 24, 3 wurden als unheilbar entlassen, 1 Kind starb. Bei
der Behandlung in städtischen Hospitälern treten mehr Rezidive ein, die
Resultate in den ländlichen wurden durch Aufnahme solcher Kranken un-
günstig beeinflusst, welche in London ohne Nutzen operiert waren. Die
Zahl der Operationen in den städtischen Krankenhäusern bedeutet einen be-
denklichen Zustand. Eigene Hospitäler sollten für tuberkulöse Kinder auf
dem Lande, an der See gebaut werden auch für chirurgische Kranke, hier
sollten sie bis zu einem definitiven Resultat bleiben; eigene Abteilung für
Unheilbare müsste eingerichtet werden. Eine Zentralkommission müsste die
Aufnahme regeln, treten Rückfälle ein, wird der Kranke in dasselbe Kranken-
haus gesandt, das ihn vorher behandelt. Die Hospitäler sollten Zweig-
krankenanstalten auftun, an einem Rekonvaleszentenheim könnten sich mehrere
beteiligen.
Baradat (7) will versuchen, einige Ideen über die Wahl des Klimas
bei Behandlung der Tuberkulose zusammenzufassen. Li den meisten Fällen
ist das französische Küstenklima wirksam, bei gewissen Formen kann es
schaden. Das Land, die Ebene, die Höhe haben alle ihre Kranken, die
speziell ihrer bedürfen; jede Krankheitsform, jedes physische Temperament
Waldvogel, Tuberkulose. 99
yerlangt sein Klima, seinen Himmelsstrich, man muss zu einem weisen
Eklektismos seine. Zuflucht nehmen.
Lac as -Championniere (38). Kann man bei einem grösseren Abszess,
den Knochen in Angriff nehmend, nicht alles Kranke entfernen, so richtet
man Schaden an, man verbreitet den Prozess. Die Heilung beruht in einer
langsam modifizierenden Einwirkung; nachdem die flüssigen Massen ent-
fernt sind, muss man an Ort und Stelle den von der Natur vorgenom-
menen Heilungsprozess nachahmen. Zur Entleerung dient ein grosser
Troikart; nachdem man die Haut mit einem Bistouri punktiert hat,
ist seine Einführung schmerzloser, die Tiefe, bis zu der er drang, besser
abschätzbar. Die Einstichstelle liege in einer normalen Hautpartie, nicht
da, wo sie durch den Abszess verändert ist, selbst wenn es der tiefste und
bequemste Punkt wäre. Aspiration, Auswaschen der Höhle, Injektion von
Sauerstoffwasser können den Abfluss erleichtem, es ist nicht nötig alles völlig
zu entleeren. Als therapeutisch am besten den tuberkulösen Prozess beein-
flussende Substanz schätzt Lucas-Championniere das Jodoform, langsam
Jod abgebend, er suspendiert es in flüssiger Vaseline (10 ^/o). So lange wie
mögUch soll diie Flüssigkeit im Abszess bleiben, sieht man jedoch, dass die
Spannung zu gross wird, so punktiert man von neuem und injiziert wieder.
Die Injektion wird gut vertragen. Verf. setzt kurze Zeit nach derselben das
sonst verabreichte Jodkalium aus. Wenn eine Beihe von Punktionen nötig
ist, so bessert sich das Aussehen der Flüssigkeit deutlich. Die Resultate sind
oft zufriedenstellend, Verf. erwähnt mehrere Heilungen. Tritt sie nicht ein,
so erzielt man doch immer eine wesentliche Besserung, die Höhle wird kleiner,
es bleibt eine enge Fistel. Der Aufenthalt am Meer vollendet die Heilung.
Innerüch wird Jod und Arsen gegeben. Fleisch schadet Kindern mit chirur-
gischer Tuberkulose, bei gesalzener Milch befinden sie sich gut. Vom Kampher-
naphtol hat Verf. zwei schwere Zufälle gesehen, Guajakolöl wirkt antiseptisch auf
die Bazillen, Chlorzink ist zu schmerzhaft und ätzend. Dem Jodoform ist
keine Substanz vorzuziehen.
Connon (13) teilt zwei Fälle von Gelenktuberkulose mit, in denen Jodo-
forminjektionen gute Dienste leisteten. Bald nach dem Beginn der Injek-
tionen in die Fisteln wurde das Fistelsekret eitrig und weniger, der All-
gemeinzustand und das Körpergewicht hoben sich. Da die Jodoforminjek-
tionen zuerst schmerzhaft waren, wurde das Jodoform mit dünner Karbol-
lösong ausgewaschen. Auch zwei Drüsenfisteln am Halse heilten bald nach
Jodoforminjektionen. Selbst bei vorgeschrittenen Fällen können durch das
Jodoform gute Resultate erzielt werden.
W. Heitzmann (28). Von einem die Tuberkulose heilenden Mittel
müssen wir tonische aufbauende Eigenschaften, wie sie die Kakodylate, Leber-
tran u. s. w. darbieten und an ti toxische, wie sie der Fleischsaft besitzt, er-
warten, keines der heutigen Mittel besitzt beide. Alle Sera sind kraftzeugend
^d den Allgemeinzustand hebend, wie z. B. die künstlichen Sera. Die
Heilung liegt in einem Serum^ das die Kräfte hebt und die Bazillen tötet,
neben diesem muss die Hygiene des Klimas die Heilung fördern. Heitz-
mann tritt für Heimsanatorien ein. Bei Drüsentuberkulose gibt Arsen gute
Resultate.
Die von Mas tri (45) an Kaninchen vorgenommenen Experimente be-
standen in intramuskulären Injektionen von Jodöl. Auf Grund der erhal-
tenen Resultate behauptet er, dass das Jodöl ein besseres therapeutisches
100 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Mittel sei, als die Durantsche Jod- Jodlösung ; es rufe nur ganz unbedeu-
tende Reaktionserscheinungen hervor, werde gut vertragen und durch das-
selbe gelangt eine grössere Menge Jod in den Kreislauf. In 85 Fällen von
Adenitis, Peritonitis, Arthrosynovitis, Osteoperiostitis, tuberkulöser Epididy-
mitis gab die Behandlung mit Jodöl Besserung nur, wenn die Läsionen sich
im Initialstadium befanden; bei vorgeschrittener Aflfektion lasse sich nach
seiner Meinung Heilung nur durch chirurgische Behandlung erzielen.
R. Giani.
J. Craemer (35) erachtet die Lehre von der individuellen Disposition
zur Tuberkulose, ebenso wie die der Inhalationsinfektion zum mindesten für
unbewiesen und unverträglich mit der Pathologie der Tuberkulose. Der Erfolg
der klimatisch-hygienisch-diätetischen Behandlung hat dazu geführt, das Wort
Heilung nicht mehr zu gebrauchen, die Heilstättenpfleglinge zeigen noch eine
positive Tuberkulinreaktion, die dispositionelle Therapie hat damit versagt.
Die Therapie muss dann das einzige Bestreben haben, die Bazillen aus dem
menschlichen Körper fortzuschaflfen oder sie abzutöten. Das Tuberkulin ist
für die Beurteilung einer Heilung von fundamentaler Bedeutung. Dass der
grösste Teil der Menschen tuberkulös ist, hält Verf. für ausgeschlossen. Die
spezifische Behandlung der Tuberkulose ist mit der Tuberkulintherapie kein^-
wegs identisch, die klimatisch-diätetische entspricht einer Komplementtherapie.
Zwischen der Lungentuberkulose und den anderen Organaffektionen besteht
bezüglich der Ätiologie und der spezifischen Therapie kein Unterschied. Die
Bevorzugung der Hochgebirgskur ist nicht mehr haltbar. Die symptomatische
Therapie, besonders die chirurgische, darf nicht vernachlässigt werden. Die
prinzipielle Frage, ob die Tuberkulose dauernd heilbar sei, ist als im positiven
Sinne gelöst zu betrachten.
Freudenthal (23). Durch die Einwirkung des elektrischen Lichtes
wird der Stoffwechsel der Haut bedeutend gesteigert und indirekt auch der der
tiefer liegenden Organe, ein keimtötender Einfluss auf die Tuberkelbazillen der
Lunge kommt ihm nicht zu. Das elektrische Licht wird bei subnormalen
Morgentemperaturen günstig sein. Freudenthal teilt einen Fall mit, bei
dem die Morgentemperatur sich bei Lichtbehandlung hob, jedes Sanatorium
für Tuberkulöse muss also mit einem Apparat für Lichttherapie ausgestat-
sein. Das elektrische Licht wirkt auch schmerzstillend. Bei Kehlkopftuber-
kulose benutzt Freudenthal auch den Hochspannfunken und den induzierten
Strom; die Funken wirken durch ihren Reichtum an violetten und ultra-
violetten Strahlen, durch eine Art Vibrationsmassage und kaustisch und riefen
narkotische Effekte, Vernarbung hervor. Die Elektrode wird ohne Spiegel
in den Larj-nx eingeführt.
Martell (43) bespricht zunächst die diagnostischen Hilfsmittel. Druck-
punkte der Nerven können als untrügliches pathognomonisches Zeichen der
Frühtuberkulose gelten, sie geben einen Hinweis auf die Lokalität derselben.
Das tuberkulöse Virus hat eine elektive Beziehung zu den Drüsen, letztere
gewähren einen Rückschluss auf den Gang des tuberkulösen Prozesses. Wenn
wir also das zugehörige Bronchialdrüsengebiet einer Digitaluntersuchung unter-
ziehen und konzentrieren den Druck auf die Bronchialdrüsengegend plötzlich,
so haben wir in dem Zusammenzucken des Patienten einen Fingerzeig auf die
Erkrankung der Drüsen. Diese Verhältnisse sind von Bedeutung für die The-
rapie. Der Merkur steigert den Biochemismiis der von den Parasiten betrof-
fenen Zellterritorien und versetzt sie in erhöhte Leistungsfähigkeit. Die In-
Borchard, Syphilis, AktinomykoBe, Botryomykose, Rhinosklerom, Noma etc. 101
dikationen für die Therapie mit Kalomei bestehen in der Beseitigung der
Vasomotorenlähmung^ in der Bindung der giftigen Stoffwechselprodukte, in
der Verflüssigung der Zerfallsmassen. Verf. gibt genaue Anweisung über den
Gebrauch desselben, über die Kalomelseifenbehandlung. Chirurgische Eingriffe
bei Drüsentuberkulose sind nur nach Einschmelzung gestattet.
B. Syphilis, Aktinomykose, Botryomykose, Rhinosklerom, Noma, Mibs-
brand, Rotz, Eehinocoecns, Lepra, Pellagra.
Referent: A. Borchard, Posen.
Die mit * bezeichoeten Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. ^Buschke, Pathologie und Therapie der hereditären Syphilis. Berliner Klinik 1908.
Nr. 179.
2. Y. Dflring, Einige Fragen aus der Lehre von der Vererbung der Syphilis. Münohener
med. Wochenschrift 1903. Nr. 81.
3. Finger, Über die Vererbung der Syphilis. Wiener med. Presse 1908. Nr. 14.
4. Y. Hippel, Über die Häufigkeit der hereditär syphilitischen Gelenkerkrankungen.
MQnchener med. Wochenschrift 1908. Nr. 31.
5. Jordan, Beiträge zur hereditären Spätsypbilis. MQnchener med. Wochenschrift 1908.
Nr. 31.
6. Eattowitz, Vererbung der Syphilis und placentare Übertragung der Variola. Wiener
med. Wochenschrift 1908. Nr. 88.
6a.*Lapar, Über Impf versuche mit Syphilis an anthropoiden A£fen. Berl. klin. Wochen-
schrift 1903. Nr. 52.
7. Marcnse, Über erweichte Bubonen der Frühlues. MUnchener med. Wochenschr. 1903.
Nr. 26.
8. Matzenaner, Die Vererbung der Syphilis (Diskussion). Allgem. Wiener med. Zeitg.
1903. Nr. 10. 11, 12, 18.
9. — . Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 8.
10. — . Wien. H. Braumüller 1903.
11. — nehst der Erwiderung von Finger. Wiener med. Presse 1908. Nr. 17.
IIa. Über Mnskelsyphilis im FrQhsladium. Monatshefte für prakt. Dermatologie. Bd. 85.
Nr. 10 und 11.
Ub.Metschnikoff und Koux, Über experimentelle Syphilis. Deutsche med. Wochen-
schrift 1903. Nr. 50.
12. Morrow, Syphilis and the medical secret. The journ. of cutaneous diseases 1908.
Jone.
13. Mracek, Die Syphilis der Mutter und Neugeborenen. Wiener klin. Wochenschr. 1903.
Nr. 18.
14. Neu mann, Über tertiäre Syphilis. Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 29—38.
15. *v. Niessen, Bemerkungen zu den , vermutlichen ** Syphilisbazillen von Joseph und
Piostkowski. Wiener med. Wochenschrift 1903. Nr. 14.
16. N. Weljaminow, Syphilis in der Chirurgie. Russ. Archiv für Chirurgie 1903.
Heft 4.
Matzenauer (8) nimmt in der Vererbung der Syphilis einen der
herrschenden Lehre entgegengesetzten Standpunkt ein. Er glaubt, da es eine
Vererbung einer dauernden Immunität nicht gibt, andererseits jede auch
anscheinend gesunde Mutter eines hereditär syphilitischen Kindes ausnahms-
102 Jahresbericht für Ghinu'gie. I. Teil.
los dauernd immun ist, sondern dass auch jede anscheinend gesunde, aber
immune Mutter latent syphilitisch sein muss. Es gibt also keine hereditäre
Syphilis ohne Syphilis der Mutter. Man kann deshalb in jedem Falle eine
Vererbung der Syphilis von einer syphilitischen Mutter ableiten und braucht
die Hypothese einer paternen Vererbung nicht anzunehmen. Praktisch zieht
er die Konsequenzen daraus, die Mutter eines syphilitischen Kindes, auch
wenn sie keine Symptome zeigt, mit Quecksilber zu behandeln. Die Mutter
eines syphilitischen Kindes kann entsprechend dem Coli esschen Gesetz un-
gescheut ihr Kind selbst stillen. Die syphilitischen Eltern eines gesunden
Kindes können möglicherweise ihr Kind infizieren. Ein syphilitischer Mann
soll, um die Infektion seiner Frau zu vermeiden, nicht vor Ablauf mehrerer
Jahre seit seiner Infektion und nicht ohne mehrfach wiederholte Quecksilber-
behandlung in die Ehe treten.
Diesen Ansichten begegnete ein lebhafter Widerspruch besonders von
Finger (3), der vor allen Dingen darauf hinwies, dass durch die Aus-
führungen Matzenauers doch nicht erwiesen sei, wieso es käme, dass
nach Behandlung des syphilitischen Vaters gesunde Kinder erzeugt würden.
Femer führt er ein Beispiel an, nach dem die Mutter durch ihr syphilitisches
Kind beim Säugen infiziert wurde (Primäraffekt an der Brustwarze). Mit
aller Entschiedenheit tritt er den Ausführungen Matzenauers, sowie den
daraus gezogenen Konsequenzen entgegen. Ihm schliessen sich nahezu alle
Eedner der ziemlich erregten Debatte an , wenn auch einige scheinbar zu-
stimmende Belege für die Ansicht Matzenauers erbracht werden. Die
dann sich anschliessende Polemik Matzenauers und Fingers bietet ein
wenig erfreuliches Bild und geringes sachliches Interesse.
V. D ü r i n g (2) bespricht in seinem Vortrage ebenfalls die Arbeit
Matzenauers. Wenn er auch die Berechtigung einzelner Einwände
Matzenauers gegen die bestehende Lehre anerkennt, so kann er doch
nicht umhin zu sagen, dass Matzenauer es sich zu leicht mit den ent-
gegenstehenden klinischen Beobachtungen gemacht habe.
Kattowitz (6) lässt die Exemplifikation der Variola für die Über-
tragung der Syphilis nicht gelten. Er hält an einer paternen Vererbung der
Syphilis fest.
Mracek (13) berichtet auf Grund pathologisch-anatomischer Unter-
suchungen an zur Sektion gekommenen syphilitischen Neugeborenen über die
Syphilis der Mütter und der Neugeborenen. Bei der Hälfte der Fälle, bei
Placentarsyphilis und den durch sie bedingten Veränderungen kann der intra-
uterine Tod erfolgen. Bei der anderen Hälfte ohne nachweisbare Lokalisation
des Virus in der Placenta, mit den meisten lebend geborenen Kindern lässt er
sich durch folgende Verhältnisse erklären. Entweder bestimmt frühere oder
spätere Infektion des Fötus den Tod oder die schwere Erkrankung desselben,
oder die Infektion der Frucht tötet dieselbe durch die Wirkung des syphi-
litischen Virus ohne nachweisbare Erscheinungen, oder der Tod kann durch
schwere Organerkrankung bei geringer oder fehlender Placentarerkrankung
bedingt sein. Bei nicht erwiesener Syphilis der Mutter fand er in II Fällen
9 mal Placentarerkrankung.
Neu mann (14) glaubt, dass die Erscheinungsformen der sogenannten
tertiären Syphilis nicht durch eine Toxinwirkung bedingt sei, sondern dass
auch sie durch das, wenn auch abgeschwächte Virus der Syphilis hervor-
gerufen würde. Er hat sehr interessante Zusammenstellungen gemacht, aus
Borchard, Syphilis, Aktinomykose, Botryomykose, Rhinosklerom, Noma etc. 103
denen hervorgeht, dass die Tertiärerscheinungen am häufigsten bei den im
Initialstadium wenig oder gar nicht behandelten Fällen vorkomme. Ausser-
dem weist er auf dem Einfluss des Alters, einiger konstitutionellen Erkran-
kungen des Traumas auf das Auftreten dieser Tertiärerscheinungen hin.
Marcuse (7) teilt eine Reihe von Fällen mit, in denen schon im
Frühstadium der Syphilis, wo es sich also nicht um die Erweichung einer
gummösen Bildung handelt, Erweichung der geschwollenen Drüsen vorkommt,
die aber unter spezifischer Behandlung völlig zurückgeht. Irgend welche
operative Massnahme ist zu vermeiden. Eine Mischinfektion liegt nach ge-
nauer bakteriologischer Untersuchung nicht vor.
v. Hippel (4) weist auf die Häufigkeit hereditär syphilitischer Gelenk-
erkrankuDgen hin. Er sah unter 55 Fällen 43 Gelenkerkrankungen, d. i.
IQ 56°/o. Von grosser Wichtigkeit ist die Tatsache, dass diese Gelenk-
erkrankungen fast immer der Keratitis vorausgingen. Er glaubt, dass diese
GelenkafFektionen gerade in den späteren Stadien der hereditären Lues häufig
sind und dass das Vorkommen von Gelenkleiden ein gewisser Hinweis auf
die Diagnose Syphilis sein kann.
Unter Syphilis hereditaria tarda, deren Vorkommen jetzt einwandsfrei
erwiesen ist, versteht man im engeren Sinne das erste Auftreten hereditär-
syphilitischer Erscheinungen nach dem 4. Lebensjahre, im weiteren Sinne
das Auftreten derartiger Symptome nach einer Reihe von Jahren, wenn in
den frühsten Lebenstagen Zeichen hereditärer Syphilis vorhanden waren.
Für beide Tatsachen bringt Jordan (5) einen äusserst interessanten Fall.
Im ersten war das syphilitische Kniegelenksleiden als erstes Symptom heredi-
tärer Syphilis im 22. Lebensjahre aufgetreten, im zweiten, der in den ersten
Lebenstagen an Geschwüren auf dem Kopf gelitten hatte, kamen die luetischen
Kniegelenkserkrankungen nach fast 5 jähriger Latenzzeit. Beidemal Heilung
durch spezifische Behandlung.
Metschnikoff und Roux (IIb) ist es gelungen, durch Impfung
Syphilis bei anthropoiden Affen zu erzeugen. Nach einer Inkubationszeit von
25 Tagen trat ein typischer Schanker an der Impfstelle mit Anschwellung
der benachbarten Drüsen ein und einen Monat später bildeten sich an den
verschiedenen Körperteilen 15 squamöse Papeln. Auch die Überimpfung von
einem Tiere auf das andere gelang.
Unter 49445 chirurgischen Kranken sah Prof. Weljaminow (16) 185
mit syphilitischen Gelenkaffektionen. Bei 19 ^/o der Fälle handelte es sich
um hereditäre Lues, bei den anderen um akquirierte. Das Kniegelenk war
in 46 ^/o der Fälle, das Ellbogengelenk in 18°/o, das Sprunggelenk in 16®/o
und das Schultergelenk in 10 ^/o affiziert. Bei der Differentialdiagnose legt
Weljaminow besonderes Gewicht auf die Dolores nocturni und die Inkon-
gruenz der Gelenkveränderung mit der Erhaltung der Funktion. — In zwei
Fällen beobachtete Weljaminow eine gummöse Ostitis der Patella, welche
um 3 — 4 mal vergrössert war. — Zweimal handelte es sich um luetische
Zmigenaffektionen. Bei einem Mann von 19 Jahren, ohne anderweitige
luetische Symptome, bestand eine Vergrösserung der linken Hälfte der Zunge.
Letztere war höckerig, die Oberfläche glänzend, die Papillen verstrichen.
Im anderen Fall war die Zunge etwas vergrössert, von Himbeerfarbe und
mit langen Zotten, die den hypertrophischen Papillen entsprachen, dicht
besät. In beiden Fällen halfen grosse Jodkaliumdosen (Fournier). — Bei
einem Patienten, welchen Weljaminow vor Jahren wegen eines luetischen
104 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
Unterschenkelgeschwürs behandelt hatte, traten plötzlich gastrische Symptome :
Erbrechen, starke Schmerzen besonders nach dem Essen, auf. Die behan-
delnden Arzte diagnostizierten zuerst Ulcus rotundum, später Karzinom.
Weljaminow nahm auf Grund der Anamnese ein luetisches Geschwür des
Magens an. Eine antiluetische Kur bestätigte die Annahme. — Ein 45-
jähriger Patient kam wegen Blutharnens in Behandlung. Anamnestisch lässt
sich eine syphilitische Infektion nicht feststellen. Patient ist aber wegen
verschiedener Beschwerden mehrfach mit Erfolg antiluetisch behandelt worden.
Vor ca. einem Jahre traten Anfälle auf, die mit Verlust der Besinnung,
schwerer Atmung und allgemeinen Krämpfen verliefen. Bald darauf bemerkte
Patient zum erstenmal Blut im Harn. Weljaminow konstatierte eine ver-
grösserte linke Niere und einen fingerdicken Strang, der dem linken Ureter
entsprach. Der Urin enthielt etwas Eiweiss und rote Blutkörper, Am Abend
nach der Untersuchung, die in Narkose ausgeführt worden war, bekam Patient
einen epileptiformen Anfall, nach welchem Aphasie nachblieb. Eine ener-
gische Jodkaliumkur, bis 8 g pro die, hob alle Beschwerden.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Aktinomykose und Botryomykose.
1. V. Baracz, Report of sixty cases of actinomycosis. AnnalB of sarg. 1903. March.
DiscuseioD.
la. Doepke, Weitere Mitteilungen über die Erreger der menschlichen Aktinomykose.
Manchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 51.
2. Dor, Actinomycose. Recherche du Champignon rayonn^. Ces caracteres morphologi-
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3. *Dreyfu8, Beitrag zar primftren Hautaktinomykose des Menschen. Dissert. Heidel-
berg 1903.
4. *H einzelmann, Über Endresultate bei der BehandluDg der Aktinomykose. Dissert.
Tübingen 1903.
5. Maas, The method of infection of actinomycosis in man. Anuals of surgery 1903.
August.
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6. Poncet et Th^venot, De Tactinomycose humaine en Frances et ä T^trangers dan»
les cinq dernieres ann^s; discussion. Bull, de l'acad^mie de möd. 1903. Nr. 23.
7. Th^venot, De Tactinomycose humaine en France et ä Tätrangers. Gazette des höpi-
taux 1903. Nr. 67.
8. — Actinomycose clavico-faciale de forme courante. Gazette des höpitaux 1903. Nr. 76.
9. BosgetAbadie, T-a-til une botryomykome? La Presse m^dicale 1908. Nr. 45.
10. Picquä, Botryomykose. Bull, et m^m. de la soc. de Chir. 1903. Nr. 8.
11. — Note sur deux tuineurs pr^entent l'apparencc de la botryomycose humaine. Bull.
et m^m. de la soc. de Chir. 1903. Nr. 7.
12. Soubeyran, Note sur une tumeur pr^sentant Tapparence de la botryomycose humaine.
Bull, et m^m. de la Sockte anatomique de Paris 1903. Nr. 4.
13. Terrier, A propos de la botryomykose. Bull, et mäm. de la soc. de Chir. 1903. Nr. 9.
Dor (2) gibt in seinem Vortrage nicht eine allgemeine Übersicht über
den gegenwärtigen Stand der Lehre von der Aktinomykose, sondern teilt,
gestützt auf die Kenntnis der hauptsächlichsten Arbeiten der letzten Jahre,
seine persönlichen Vorstellungen und Erfahrungen über diese Erkrankung mit.
Der erste Teil der Arbeit ist der makroskopischen und mikroskopischen
Diagnose der Aktinomykose am Krankenbett gewidmet und es ist interessant,
zu sehen, dass die Franzosen in ausgedehntem Masse die verschiedensten
Färbemethoden zur Diagnose der Aktinomykose benutzen, so in erster Linie
Pikrokarmin, dann Orcein, Türkischrot, Hämatoxylin, Saffranin, Lackmus in
Borchard, Syphilis, Akiinomjkose, Botryomykose, Rhinosklerom, Noma eic. 105
wässeriger Lösung. Die im 60. Bande von Vir chows Archiv veröffentlichte
neuere Arbeit von van Niessen und die von Neukirch in Mühlhausen er-
fahren in dem nun folgenden Teile des Vortrages eine gebührende Würdigung,
trotzdem van Niessen zu dem Schluss gekommen ist, dass alle diejenigen,
welchen eine Züchtung der Aktinomykose gelungen sein will, keine echten
Kulturen gehabt haben.
Trotz der sich gegenüberstehenden Ansichten lässt sich ein Weg finden,
der von beiden Parteien beschritten werden kann, nämlich, wenn man das
eine Mal die Aktinomykose für eine Flechte hielte und zum andern die An-
oahme machte, dass der Aktinomyces ein Pilz ist, der in zwei Formen auf-
tritt, in Mycelform und in Keulenform und dass diese beiden Formen im
Kömchenstadium zusammentreffen. Die erste Hypothese hat für den Vor-
tragenden mehr Wahrscheinlichkeit.
Der Schluss des Vortrages ist der pathologischen Anatomie des Aktino-
myces gewidmet. Differentialdiagnostisch fallen die tinktoriellen Verschieden-
heiten der sog. Unnaschen Zellen und der Epithelioidzellen der Tuberkulose
sehr ins Gewicht. Die näheren Einzelheiten darüber müssen im Original, das
auch einige recht instruktive Abbildungen bringt, nachgelesen werden.
Baracz (1) hat 60 Fälle von Aktinomycosis behandelt. Bei den
letzten neun Kranken hat er keine chirurgischen Eingriffe mehr gemacht,
sondern durch Injektionen von 20 Vo Silbemitrat in die Umgebung des Herdes
Bindegewebswälle erzeugt und so Heilung erzielt. Bei Lungenaktinomykose
ist dies Verfahren jedoch nicht anwendbar und hat Baracz Versuche mit
intravenösen Injektionen von Kollargol gemacht, die ihm viel versprechend
scheinen. Genauere Angaben über dieses letztere Verfahren behielt sich
Baracz für eine spätere Mitteilung vor. Maas (New-York.)
Nach einer kurzen Einleitung über das Auftreten der Aktinomykose
in Frankreich führt Thevenot (8) die Krankengeschichten von drei typischen
Fällen von Aktinomykose des Halses und des Gesichtes an.
Abgesehen von dem Beginne mit heftigen Zahnschmerzen, die im zweiten
Falle 14 Tage lang anhielten, bietet nur der erste Fall dadurch klinisches
Interesse, dass sich in der Mundhölile, am Alveolarfortsatz der rechten Seite
eine starke Schwellung und Ulzeration des Zahnfleisches zeigt und dass aus-
gesprochener Trismus besteht, der nur eine geringe Beweglichkeit der Kiefer
gestattet. Die beigefügten Abbildungen der beschriebenen Fälle veranschau-
lichen recht gut die makroskopischen Veränderungen.
Eingehend schildert Verf. alsdann die klinischen Eigentümlichkeiten der
Aktinomykose und hebt als besonders bezeichnend die brettharte Infiltration
des Gewebes, den subakuten Verlauf, die vielfache Fistelbildung hervor,
welche schon zur Genüge den Unterschied von einer vom Zahn ausgehenden
Phl^mone zum Ausdruck bringt. In allen Fällen rät Verf. zur mikroskopi-
schen Sicherstellung der Diagnose.
Maas (5) berichtet über fünf Fälle von Aktinomycosis. Bei keinem
Kranken Hess sieh Berührung mit erkrankten Tieren nachweisen. Zwei
Patienten hatten auf einem im Lake Erie gestrandeten Getreidedampfer
rohen Weizen gegessen. Bei den übrigen Kranken liess sich die Infektion
nicht auf die gewöhnlichen Ursachen Getreide-, Stroh-Rauten etc. zurück-
fuhren. Ein Patient erkrankte im Anschluss an Typhus, einer nach Ablauf
TOD Appendicitis. Es fragt sich, ob Fungus hier, ohne an verletzenden Par-
tikelchen zu haften, durch die ulzerierte Schleimhaut eindrang. Experimentell
106 Jahresbericht ffir Chirargie. I. Teil.
scheint bisher nicht durch Fütterung, sondern nur durch direkte Inokulation
Aktinomykose erzeugt zu sein. Maas (New- York.)
5 Jahre nach ihrer ersten Abhandlung über Aktinomykose haben Poncet
und Th6venot (6) diejenigen Fälle zusammengestellt, welche seitdem in
Frankreich und im Auslande veröffentlicht sind. Aus dieser Zusammenstellung
kann man über die Häufigkeit der Erkrankung, den Sitz derselben und die
Frühdiagnose bestimmte Schlüsse ziehen. Auf einen kurzen Bericht der von
den Verf. selbst seit 1902 beobachteten 11 Fälle, folgt die Statistik der im
Auslande beobachteten Strahlenpilzerkrankungen, die im ganzen 497 Fälle
umfasst. Wenn diese Statistik auch wegen der Verschiedenheit der Forschungen
in den einzelnen Ländern naturgemäss Lücken hat, so berechtigt sie doch zn
folgenden Schlüssen: Die Verbreitung der Aktinomykose ist ebenso häufig in
Frankreich wie in Deutschland, Russland, Österreich und Nordamerika; da-
gegen kommt sie erfahrungsgemäss in England, Italien, HoUand, Rumänien
und in der Schweiz seltener vor. In Griechenland, Spanien und in der
Türkei wird sie wahrscheinlich infolge mangelhafter Diagnose sehr selten
beobachtet. Die Übertragbarkeit vom Tier auf den Menschen ist unzweifel-
haft, wie die Verf. schon früher bewiesen haben. Bevorzugt werden besonders
tiefliegende Landstriche, z. B. Flussläufe gegenüber höher gelegenen. Häufig
ist ihr Auftreten in Norddeutschland ^ was sich aus den schlechten sozialen
Verhältnissen der dortigen Landbevölkerung erklärt. Sie erscheint wie die
Tuberkulose als eine Krankheit des Elends, wie man es besonders in Russ-
land sieht. Wenn auch die Aktinomykose in Gegenden, wo intensiv Vieh-
zucht getrieben wird, relativ häufig vorkommt, so tritt die Viehzucht ds
Infektionsgefahr doch zurück hinter den hygienischen Bedingungen, unter denen
die Menschen leben. Die Schwere der Erkrankung richtet sich in erster
Linie nach der Lokalisation. Bei weitem am häufigsten ist die Aktinomykose
des Halses und Gesichtes, die eine relativ günstige Prognose gibt, da auf
16 Heilungen nur 1 Todesfall kommt. Bei Infektion des Thorax und Abdomens
verschlechtert sich die Prognose, und zwar kommt 1 Todesfall auf 4 Heilungen.
Sind die Bauchorgane infiziert, so halten sich Heilungen und Todesfälle das
Gleichgewicht. Prognostisch am ungünstigsten ist die Infektion der Lunge
und Pleura; auf 71 Fälle kamen nur 4 Heilungen, 25 Todesfälle und 42 un-
bekannte Resultate. Die Aktinomykose tritt häufiger bei der Landbevölkerung
als bei der Stadtbevölkerung auf, wenn auch kein Stand davon verschont ist
Besonders häufig ist sie in Ländern, die viel Ackerbau treiben; sumpfige,
feuchte Gegenden, Anschwemmungsgebiete scheinen für den Strahlenpilz ein
üppiges Kulturfeld zu sein. Was die Behandlung anbetrifft, so kann man am
Hals und im Gesicht besonders bei oberflächlichen Fällen durch Auskratzen,
Brennen, Pinseln mit Jodtinktur Heilung erreichen. Am Thorax und Ab-
domen tritt dieselbe Behandlung ein, doch sind die Fälle prognostisch im-
günstiger wegen der häufig gleichzeitigen Infektion der Eingeweide. Zum
Schluss heben die Verf. noch besonders hervor, dass die Aktinomykose überall
mehr oder weniger vertreten ist, und dass das scheinbare Fehlen in einzelnen
Ländern auf eine mangelhafte Diagnose zurückzuführen ist. In zweifelhaften
Fällen möge man stets an Aktinomykose denken.
Nocard (6) berichtet, dass viele Fälle, die als Aktinomykose angesprochen
werden, zu der von Lignieres und Spitz beschriebenen Aktinobazillose
gehören; diese Erkrankung bietet klinisch und mikroskopisch ein der Aktino-
mykose ähnliches Bild; doch während bei letzterer sich die Fäden mit Aus-
Borchard, Syphilis, Akiinomykose, Botrjomykose, Rhinosklerom, Noma eto. 107
nähme der kolbigen Anschwellungen nach Gram färben, ist dies bei Aktino-
baziUose nicht der Fall; die Fäden erweisen sich als Haufen von Bazillen,
die sich in Reinkultur züchten lassen und beim Tierversuch die sog. Pseudo-
Aktinomykose hervorrufen.
Poncet (6) erwidert, dass ihm diese Krankheit sehr wohl bekannt ist;
bei den von ihm veröffentlichten Fällen hat er die Diagnose immer durch die
Gram sehe Färbung erhärtet.
Sabrazes (10) hat im Arch. g6n6r. m6dec. seine Untersuchungsergeb-
nisse über Botryomykose niedergelegt. Er zeigt, dass die Botryomykose keine
spezifische Erkrankung ist, dass femer der Botryomyces nicht ein niederer
Pilz, sondern ein Mikrococcus ist, der identisch ist mit dem Staphylococcus
aureus und dass der Staphylococcus in gewöhnlichen Eiterherden in Form
Ton Haufen auftreten kann, welche mit dem Botryomyces identisch sind.
Es werden von Bosg und Abadie (9) vier selbst beobachtete Fälle
sog. Botryomykose mitgeteilt, einer kleinen Geschwulst, die zuerst von Pon-
cet und Dor im Jahre 1897 als Adenofibroma sudoriparum beschrieben und
nach dem angeblichen Vorhandensein eines dem Botryomyces ähnlichen Keimes
benannt wurde. Die beschriebenen, etwa haselnussgrossen Tumore, von denen
einer an der Fusssohle, drei an der Hand sassen, erwiesen sich histologisch
als sehr gefassreiche Fibropapillome; die Gefässe, in der Tiefe sehr zahl-
reich und erweitert, werden in den oberen Schichten zu einem dichten Netz
von Kapillaren. Das Bindegewebe, welches am Stiel der Geschwulst dicht
und fest ist, wird in den oberen Partien locker bis zur schleimigen Ent-
artung. Der Tumor ist von einer Wucherung der Malpighischen Schicht um-
geben, die nach oben zu dünner wird und schliesslich verschwindet. In drei
Fällen fand sich keine Spur von Schweissdrüsen und nur bei einem Tumor
waren solche vorhanden, jedoch unterhalb der eigentlichen Wucherung, aber
in hypertrophischen Zustande. Kokken, die sich in nichts von Staphylo-
kokken unterscheiden, fanden sich nur bei 2 Fällen und zwar in den ober-
flächlichen nlzerierten Schichten, jedoch nicht im Innern der Wucherung.
DieVerff. ziehen den Schluss, dass man z. Z. die besprochenen Tumoren als
Fibropapillome auffassen müsse, die erst sekundär mit Staphylokokken infi-
ziert werden; das Vorhandensein eines spezifischen pathogenen Keimes sei
noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen.
Im Jahre 1897 wurde die Botryomykose, die man bisher nur beim
Pferd gekannt hatte, zum erstenmal als Affektion beim Menschen beschrieben
und zwar als kleine gestielte, besonders an unbedeckten Stellen gelegene,
Geschwulst mit ausgesprochener Neigung zu Blutungen. Als Erreger dieser
Geschwulst wurde ein Mikroorganismus, der Botryococcus, angenommen, der
in die Schweissdrüse eindringen sollte. Unter seinem Einfluss tritt eine
Hyperplasie der Schweissdrüsen ein und es bildet sich ein Tumor von dem
Charakter eines Fibroadenoms. — Diese Ansicht ist später vielfach angegriffen
worden, besonders die Existenz eines spezifischen Mikrococcus. Nach neueren
Forschungen soll die Botryomykose auf den Staphylococcus aureus zurück-
zufahren sein, der in einer bestimmten Variation die Eigenschaft hat, eine
fleischige gestielte Geschwulst zu bilden, die in ihrem anatomischen Bau den
Eigentümlichkeiten des Gewebes, wo sie sich entwickelt, entspricht. Piqu6 (11)
hat selbst zwei Fälle beobachtet und kommt auf Grund derselben, namentlich
Tom bakteriologischen Standpunkte aus auch zu der letzteren Ansicht. Es
gelang ihm einen Mikrococcus zu isolieren, der sich in eigenartiger Weise dem
108 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Staphylococcus aureus nähert. Pathologisch -anatomisch stellt die Botryo-
mykose eine gefässreiche Geschwulst dar, die man als Angiom in einzelnen
als Glioadenom bezeichnen könnte. Einige Autoren gehen so weit, dass sie
sagen, es gebe keinen klinischen unterschied zwischen der typischen Botryo-
mykose und dem eigentlichen gewöhnlichen Tumor; indes sind die Stielung
und die Neigung zu Blutungen doch zu charakteristisch, um diesen extremen
Standpunkt zu vertreten. Verf. lässt dann die Beschreibung der beiden beob-
achteten Fälle folgen. Im ersten Fall handelt es sich um eine 44jährige
Frau. Die Infektion war vier Wochen alt ohne vorhergehendes Trauma. Der
Tumor sass am Grossdaumenballen; anfangs stecknadelkopfgross trat später
stärkeres Wachstum ein mit dauernder Neigung zu starken Blutungen. Der
für die Untersuchung vorhandene gestielte Tumor hat die Gestalt eines Cham-
pignons und ist von fester Konsistenz. Die Oberfläche ist rotbraun mit star-
ker Neigung zu Blutungen; auf Druck besteht geringe Schmerzhaftigkeit.
Durch einen eliptischen Schnitt wird der Tumor mit seiner Basis entfernt;
Heilung per primam. Der zweite Fall betrifft eine 53jährige Patientin mit
einem gestielten ovalen Tumor an der Unterlippe ; derselbe fühlt sich fleisch-
artig an. Anamnese wegen Aufregung der Patientin nicht zu eruieren; auch
dieser Tumor wird operativ entfernt. Aus der ersten Geschwulst hat Verf.
zwei Mikroorganismen isoliert, ein Stäbchen und einen Coccus. Das Stäbchen
färbt sich nach Gram, wächst in Bouillon und auf Gelatine, auf letzterer
jedoch nur an der Oberfläche, ohne dieselbe zu verflüssigen. Der Coccus
färbt sich auch nach Gram, verflüssigt jedoch Gelatine. Impfversuche fielen,
was Neubildung der spezifischen Geschwulst anbelangt, negativ aus, führten
jedoch in einzelnen Fällen zur Abszessbildung. Im zweiten Fall ist aus der
Geschwulst auch ein Coccus isoliert worden, der bakteriologisch sich nicht
vom Staphylococcus aureus unterschied. Pathologisch anatomisch bestand
jede Geschwulst aus zwei deutlich voneinander getrennten Zonen, einer zen-
tralen und einer peripheren. Die zentrale Zone hatte die Struktur eines
Angioms, die periphere bot das Bild einer Nekrose mit vielen Kokken^
namentlich an der Oberfläche. Sodann erzählt nochTerrier von den ersten
Beobachtungen derartiger Geschwulste, die man beim Pferd gemacht hat.
Bei der Kastration von Hengsten hat man in früherer Zeit öfters an der
Kastrationsstelle das Auftreten von fleischigen Geschwülsten von Faustgrösse
beobachtet, die man zuerst als Botryomykose bezeichnet hat. Mit dem Fort-
schritt der Veterinär-Chirurgie hat man immer seltener Gelegenheit, derartige
Geschwulste zu beobachten, auch kommen sie jetzt kaum noch in der
Grösse vor.
Soubeyran (12) berichtet über einen Fall von Botryomykose, in
welchem die Geschwulst in der Hohlhand am Mekukaryophalangealgelenk
des Zeigefingers sah. Mikroskopisch bot die Geschwulst das Bild eines Fibro-
papilloms mit zahlreichen Gefässen, die zum Teil gewuchert waren. Einzelne
Partien waren mukös degeneriert. Bakteriologisch fanden sich Staphylokokken.
Terrier (13) gibt den mikroskopischen Bericht eines botryomyko tischen
Tumors der Unterlippe. Nach demselben handelt es sich um einen einfachen
Granulationspfropf. Bakteriologisch fanden sich Staphylokokken. Er spricht
sich gegen die Spezifität der Erkrankung aus.
Borchard, Syphilis, Aktinomykose, Botryomykose, Rhinosklerom, Noma etc. ICD
Lepia, Rhinosklerom, Milzbrand, Rotz, Blastomykose, Pellagra, Mycosis
fimgoldes.
1. ^Contra, C, Edemizzazioni al sublimato corrosivo nella pustola maligna e nella
erisipela. II Poliolinico. Sez. pratioa 1903. Fase. 39.
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l^pre. Annales de Dermatol. 1903. Nr. 11.
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^. ^Brahann, £in Beitrag znr Kasuistik und Arsenbehandlung der Mycosis fungoides.
Dissert. Halle 1903.
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7. Glflck, Zur Kenntnis der Verbreitnngsweise der Lepra. Wiener med. Wochenschrift
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11. Federschmidt, Zur Kasuistik und Therapie des äusseren Milzbrandes des Menschen.
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12. Graef, Zur Behandlung des äusseren Milzbrandes. Wiener klin. Rundschau 1903.
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14. ^Risel, Ein Beitrag zur Pathologie des Milzbrandes beim Menschen. Zeitschrift für
Hygiene und Infektionskrankheiten 1903. Bd. 42. Heft 3.
15. ^Über chronischen Rotz beim Menschen. Zeitschrift fdr Hygiene und Infektionskrank-
heiten 1903. Bd. 45. Heft 2.
16. Gosma, Über die subkutanen Injektionen mit Serum Truneczek bei Neurasthenie und
bei verschiedenen nervösen Zuständen, die manche Krankheiten, wie Pellagra, Anämie
n. s. w. begleiten. Spitalul 1903. Nr. 4—5 (Rumänisch).
17. Maria Grigorescu und P. Galasescu, Die Hämatologie der Pellagra. Spitalul 1903.
Nr. 19 (Rumänisch).
18. Proca, Untersuchungen Über die Pellagra. Spitalul 1903. Nr. 19 (Rumänisch).
Die Frage nach einer Kultur des Leprabacillus muss trotz vielfacher
Versuche als eine noch ungelöste betrachtet werden. Karlin ski (8) ist der
Ansicht, dass die aus den Lepraknoten stammenden säurefesten Bazillen eine
verschiedenartige individuelle Lebensenergie besitzen, wodurch sich die Wider-
sprüche in den Angaben einzelner Forscher erklären. Ein ganz analoges
Verhalten zeigen auch die Tuberkelbazillen. Die Züchtung eines exquisit
säure- und alkoholfesten Bacillus aus Lepraknoten wurde vom Verf. in fol-
gender Weise ausgeführt: Nach sorgfältigster Desinfektion wurde bei einem
leprösen Kranken allseits von den Knoten an einzelnen Oberarmstellen Stücke
von frisch bereitetem Empl. euphorb. cantharid. aufgelegt, und als sich ei-
grosse Blasen gebildet hatten, der klare Inhalt steril aufgefangen. In dem
so gewonnenen Serum waren auch bei mikroskopischer Untersuchung keine
Leprabazillen nachweisbar. Sodann wurde unter antiseptischen Kautelen
em Lepraknoten ausgeschnitten , in sterilem Mörser zerdrückt und einzelne
mohngrosse Stücke in das vorhin beschriebene Serum hineingelegt. In dem
zerdrückten Knoten waren massenhaft Leprabazillen nachweisbar. Nach 6
bis 8 Tagen zeigte sich bei 38^ G. um das hineingelegte Knotenstückchen
ein schwacher weisslicher Bodensatz ; nach 14 Tagen waren kompakte schollige
110 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Massen im Bodensatz sichtbar. Einzelne Stückchen dieses Bodensatzes, in
frisches Serum desselben leprösen Patienten hineingelegt, vergrösserten sich
langsam ; das Serum selbst wurde nicht trübe. Mikroskopisch war eine Rein-
kultur eines dünnen säure- und alkoholfesten Bacillus mit kolbigen Anschwel-
lungen und gekörntem Aussehen vorhanden. An keinem anderen Nährboden,
nicht einmal am erstarrten Serum des leprösen Kranken, war irgend ein
Wachstum nachweisbar. Tierversuche an Katzen und Kaninchen blieben er-
folglos. Unterhalb der Temperatur von 38^ C. blieb das Wachstum aus,
ebenso bei Anlegung von Kulturen bei Sauerstoff-Abschluss. Der Bacillus ist
absolut unbeweglich. Die Frage, ob dieser Bacillus, der nur im Serum des-
selben leprösen Kranken zur Auskeimung und Vermehrung gelangt, als echter
Leprabacillus anzusehen ist, lässt Verf. noch unentschieden, da die Anzahl
seiner Untersuchungsfalle (2) noch zu gering ist.
Glück (7). Es gibt augenblicklich wohl nur wenige Leprakenner, die
an der Übertragbarkeit des Aussatzes zweifeln. Die überaus mangelhafte
Kenntnis der Infektionswege der Lepra, ihr gewöhnlich jahrzehntelanger Ver-
lauf und der anerkannt geringe Grad der Infektiosität einerseits, sowie die
Tatsache andererseits, dass die Krankheit scheinbar den Charakter einer im
Sinne der Heredität zu deutenden Familienkrankheit hat, * bringen es mit sich,
dass manche Leprologen das Leiden überhaupt als nicht ansteckend betrachten.
Hierher gehören besonders jene Arzte, welche die Lepra nur vom Spital her
kennen. . Der Krankenhausarzt wird jedoch kaum eine Übertragung der
Krankheit im Spitale beobachten, denn eine solche kann nur unter derartigen
ungünstigen hygienischen Umständen vorkommen, wie sie in unserer Zeit in
keinem unter ärztlicher Aufsicht stehenden Krankenhause vorzufinden sind.
Wer sich über die Verbreitungsweise der Lepra informieren will, muss die
Kranken in ihrer Behausung aufsuchen, ihre Verhältnisse und Lebensweise
an Ort und Stelle studieren. Allerdings hat die Lösung dieser Aufgabe ihre
Schwierigkeiten, wenn man bedenkt, dass man es meistens mit einer auf
einer niedrigen Kulturstufe stehenden indolenten Bevölkerung zu tun hat,
welche oft gar keine anamnestischen Angaben machen kann und der ausser-
dem auch der gute Wille fehlt, dem Arzt Auskunft zu geben. In solchen
Verhältnissen kann man nur durch wiederholte, in verschiedenen Intervallen
unternommene ärztliche Untersuchungen der Hausgenossen des Kranken
sich über die Ätiologie der Erkrankung Klarheit verschaffen. Nach dieser
Einleitung berichtet Glück ausführlich über sechs Familien, die er auf Lepra
hin behandelt hat, und weist in jedem einzelnen Falle durch die Familien-
geschichte in absolut einwandsfreier Weise nach, dass sich die Lepra immer
im Wege des Kontagiums verbeitet und dass dieselbe demnach nicht als
Familienkrankheit im Sinne der Vererbung, sondern der Hausgenossenschaft
aufzufassen ist. Der Mangel jeder Isolierung der Kranken von den Gesunden
in den meisten Familien in Lepraländem bildet neben dem gewöhnlich engen
Zusammenleben in schlecht ventilierten, schmutzigen und lichtarmen Woh-
nungen, sowie dem Mangel der Peinlichkeit des Körpers und der Kleidung
die wichtigsten Gelegenheitsursachen für die Übertragung der Lepra von
einem Familienmitgliede auf das andere. Das Freibleiben mancher Mitglieder
einer Familie bei gleicher Infektionsgefahr kann nach dem heutigen Stande
unseres Wissens nur durch die Annahme einer fehlenden individuellen Dis-
position, welche möglicherweise auf einer besonderen angeborenen biochemischen,
die Widerstandskraft erhöhenden Eigenschaft der Zellen beruht, erklärt werden.
Borchard, Syphilis, AktinomykoBe, Botryomjkose, Rhinosklerom, Noma etc. 111
In der Einleitmig seiner Arbeit schildert Hölscher (13) eingehend
Symptome und typischen Verlauf der Pustula maligna, wie ihn Koranyi
im 5. Band von Nothnagels spezieller Pathologie und Therapie gibt. Eine
Erklärung für das in manchen Bezirken Deutschlands, den sog. Milzbrand-
distrikten, noch recht häufige Auftreten von Erkrankungen an Milzbrand
findet Verf. darin, dass in diesen Industriebezirken tierische Produkte, Häute,
Haare und Borsten, besonders von ausländischem Vieh verarbeitet werden.
Verf. konnte innerhalb kurzer Zeit sieben Fälle von Milzbrand beobachten;
den Krankengeschichten nebst den Ergebnissen der histologischen und bak-
teriologischen Untersuchung ist bei dem allgemeinen Interesse, das der Gegen-
stand bietet, ein breiter Kaum gewährt. Klinisch hervorzuheben ist aus ihnen
Fall 7, weil neben der typischen Hauterkrankung eine ähnliche Afifektion
(Bildung von Blasen, angefüllt mit blutig gefärbtem Serum) am Zungengrunde
mid seitlicher Pharynxwand nachgewiesen werden konnte , welche in Ver-
bindung mit dem starken Ödem der Umgebung zu einer erheblichen Ein-
engung des Kehlkopfeinganges geführt hatte und zu einer Inzision sämtlicher
Blasen zwang. Vom Standpunkt des Bakteriologen verdienen Fall 5 und 6
besondere Beachtung. Beide Fälle Hessen klinisch wie pathologisch-anatomisch
kein charakteristisches Milzbrandzeichen vermissen, während der bakterio-
skopische Befund gewöhnliche, allerdings sehr grosse gelbe Staphylokokken
ergab. Danach hält Verf. mit anderen Autoren die Möglichkeit für gegeben,
dass schwere, mit zentralem schwarzen Brand einsetzende Infektionen der
Haut durch Staphylokokken verursacht sein können. In sozialer Hinsicht ist
es daher von Wichtigkeit, nur nach gelungenem Nachweise der Milzbrand-
bazillen eine Meldung an die Medizinalbehörde abzugeben.
Federschmidt (11) tritt in seiner Arbeit, welche die Krankheits-
geschichten von zehn Milzbrandfällen der Haut enthält, mit Wärme für di&
möglichst baldige Exzision des Karbunkels ein. Die drei Fälle, die von ihm
selbst behandelt wurden und bei denen er sofort nach der Aufnahme in seine
Behandlung die Exzision vornahm, zeigten schon nach 1 — 3 Tagen völlig
normales Befinden, während von den weiter mitgeteilten sieben Fällen, die
konservativ mit desinfizierenden Umschlägen bezw. innerlicher Darreichung
Ton Desinfizientien behandelt wurden, zwei letal endigten. Den Einwand der
Gegner der chirurgischen Behandlung, dass bei dem operativen Eingriffe
Krankheitskeime in die Blutbahn gelangen könnten, hält er nicht für stich-
haltig, da seiner Meinung nach der in den eröffneten kleinen Hautvenen
herrschende Druck positiv ist und femer die Erfahrung bisher diese Befürch-
tung nicht bestätigt hat. Andererseits hält er den Schutz, den die Lymph-
drüsen dem Körper vor Allgemeininfektion gewähren, für nicht sehr gross.
Da Cosma (16) einen wahren Einfluss des Serum Truneczek bei den
nerrösen Symptomen der Arteriosklerose: Palpitationen, Insomnie etc. kon-
statierte, kam er zur Idee, diese Eigenschaften bei anderen ähnlichen Zu-
standen auszunützen. Er machte 10 tägliche Injektionen zu 1 cbcm. Serum
Truneczek. Von den behandelten 46 Kranken, 25 waren reine Neurastheniker
imd 21 Pellagrakranken, anämische, neurasthenisierte. 42 verliessen nach
20—30 Tagen das Spital (zu Plviesti), beinahe ganz genesen.
Stoianoff (Plevna.)
Proca (18), der die neueröffnete Pellagroserie von Doljesti (Bezirk
Boman] dirigierte, fand in einer Enquete bei 68 Familien mit 335 Mit-
gliedern (von denen 196 Kindern), in 73,6 ^/o der Familien nur ein Mitglied an
112 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
Pellagra krank, der Rest von 26,4% gab zwei oder mehrere Kranken in der-
selben Zeit. Relativ der Frequenz. Proca resümiert 17027 Observationen
der Statistik der Bezirke Braila, Covurlin, Roman und fand bei 1000 Fällen
desselben Alters
Braila
Covnrlin
Roman
von 0—20 Jabren
12
14
10
von 20—40 Jahren
23
32
35
über 41 Jahren
48
52
63
Für Doljesti (Roman) bei 124 Pellaprösen fand er dieselbe Propostion,
46 Männer und 78 Frauen.
Nach dem Alter und Geschlecht bei 1000 Einwohner der drei oben ge-
nannten Bezirke
Männer Frauen
von 20—40 Jahren 43 146
über 41 Jahren 138 185
Proca meint, dass wahrscheinlich, weil bei diesem Alter eine gewisse
Atonie der Gedärme und bei Frauen die Geburten, eine Ursache der Schwäche
des Körpers sei.
Von 978 Kranken der Pellagroserie von Pancesti-Dragomiresti von
1896 — 1900 kamen nur 170 d. h. 17,47o ins Asyl wegen Rezidiv zurück.
Im Braila war die Zahl der Pellagrakranken 3978 im Jahre 1900, nach einem
Jahre 741, in 1902 nur 251. Das zeigt nach Proca, dass die Pellagra
keine konstante chronische Krankheit ist.
Proca konstatierte im März und April eine grössere Frequenz der
Pellagrafälle und sieht die Ursache in der Abnahme der Mais Provisionen
der vorigen Revolte in diesen Monaten. Weil der Mais frisch und mehr
feucht ist im Anfang des Winters, meint Proca, dass der Winter eine vor-
bereitende Epoche der Pellagra ist. Stoianoff (Plevna.)
Nach der genauen Untersuchung des Blutes bei 26 Kranken kamen
Maria Grigorescu und P. Galasescu (17) zu der Konklusion:
1. leichte Anämie und Zunahme der Leukocyten, Abnahme des Hämo-
globins, charakteristische Mononukleose,
2. der mononukleare Typus unverändert,
3. nach diesen Charakteren ist die Pellagra leicht von den anderen
Erythemen zu unterscheiden. Stoianoff (Plevna.)
Gebele (6) teilt einen Fall von Mycosis fungoides bei einem 53jährigen
Mann mit, der nach einer Krankheitsdauer von ca 8 Jahren zum Exitus führte.
Der Prozess lokalisierte sich in grossen ulzerierten Tumoren am Rücken, der
Ober- und Unterlippe. Die histologische Untersuchung ergab keinen spezifischen
Befund. Jedoch glaubt Gebele das Erhaltensein der elastischen Fasern in
dem Sinne deuten zu können, dass er gegen eine Auffassung der Krankheit
als Sarkom spricht. Die bakteriologische Untersuchung ergab ein negatives
Resultat. Die multiple Schwellung der Lymphdrüssen, die Oligochromämie
die schwere Alteration des Allgemeinbefindens, speziel die hochgradige Kachexie
weisen nach Gebeies Auffassung darauf hin, die Mycosis fungoides nicht als
Haut-, sondern als Allgemeinerkrankung anzusehen. Dabei liegt die Deutung
als infektiöse, chronische Erkrankung nahe.
Borehard, Syphilis, Aktinomykose, BotryomykoBe, RhiDosklerom, Noma etc. 113
Echmococcus.
1. *G6raDd, ]^tade aar quelques localisations pen fr^uentes des cystes hydatiques.
Lyon mödical 1903. Nr. 39.
2. Goellner, Zur Verbreitung der Eddookokkenkraukheit in EIsass-Lothriogen. Dissert
Strassburg 1908.
8. — Mitteilungen aus den Grenzgebieten 1908. Bd. 11.
4. Madelung, Über postoperative Pfropfung von Echinokokkenzysten. 75. Naturforscher-
Versammlung. Mflnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 39.
5. Wiesinger, Tntrakranielle Echinokokkenerkrankung. Ärztl. Verein Hamburg. Mflnch.
med. Wochenschrift 1903. Nr. 27.
Gelegentlich einer Sitzung des Ärztlichen Vereins in Hamburg stellte
Wiesinger (5) eine Patientin vor, die wegen intrakranieller Echinokokken-
erkrankung mit Erfolg operiert worden war. Klinisch wurde die Wahr-
scheinlichkeitsdiagnose eines Tumors in der hinteren Schädelgrube gestellt,
da alle motorischen oder sensiblen Störungen fehlten, aber eine abnorm starke
Stauungspapille bestand. In der Nackengegend hatte Patientin ausserdem eine
uDempfindliche, nicht fluktuierende Geschwulst, die sich bei der Operation
als ein in Vereiterung begriffener Echinococcus erwies.
Die Geschwulst, welche dem Hinterhauptsbein fest aufsass, kommunizierte
nicht mit dem Schädelinnern, so dass der ostitisch veränderte Knochen weg-
gemeisselt werden musste. Es fand sich dann die mit Granulationen bedeckte
Dura mit Echinokokkenblasen übersät. Der gesunde Knochen musste in
grosser Ausdehnung abgetragen werden^ um alles Kranke zu entfernen. Der
Erfolg der Operation war ein vollkommener. Die Sehstörungen gingen unter
Rückbildung der Stauungspapille völlig zurück und Patient fühlt sich völlig wohl.
Madelung (4) beobachtete die Bildung einer Echinococcuszyste in der
Baachnarbe nach Entleerung eines Leberechinococcus. Er glaubt, dass unsere
moderne aseptische Wundbehandlung mit dem Erfordern möglichst rascher
Heilung an solchen Vorkommnissen schuld ist.
Die Arbeit Goellner (2 und 3) füllt eine Lücke in unserer Literatur
insofern aus, als sie dank der Anregung Madelungs zum erstenmal die
Häufigkeit der Echinokokkenerkrankung für Elsass-Lothringen zu prüfen
sucht. Durch Umfragen in den verschiedensten Orten konnte festgestellt
werden, dass seit dem Jahre 1873 Echinokokkenkrankheit 54 mal in El^ass-
Lothringen und ausserdem Imal in einem Nachbarlande bei einem aus dem
Elsass kommenden Menschen beobachtet wurde. Von diesen konnte in ca.
37 Fällen sichergestellt werden, dass die Krankheit in Elsass-Lothringen er-
worben war. Goellner kommt zu dem Schluss, dass die Erkrankung bei
den Bewohnern Elsass-Lothringens selten vorkommt, anscheinend aber doch
häufiger als in den direkt angrenzenden Ländern. Die Zahl der Hunde in
Elsass-Lothringen ist eine sehr grosse, sie ist verhältnismässig grösser als in
Mecklenburg und Vorpommern. Elsass-Lothringen ist im ganzen sehr viel
ärmer an Haustieren als die Gebiete Deutschlands, in denen Echinokokken
kaufig vorkommen, besonders gilt das von der Zahl der Schafe. Das Blasen-
Wmleiden scheint auch unter den Haustieren Elsass-Lothringens nicht in
besonderem Masse verbreitet zu sein.
JakrMb«rieht lllr Ohirorgie 190S.
114 Jahresbericht fflr Chirurgie. I. Teil.
VIII.
Verbrennungen und Erfrierungen.
Referent: E. Pagenstecher, Wiesbaden.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Yerbrennungen.
1. Dieterichs, M., .Gedanken über die Ursachen der Erscheinangen nach aasgedehnteo
Verbrennungen des tierischen Organismus und ihre Behandlung*. Russisches Archiv
für Chirurgie 1903. Heft 5.
2. Goldmann, Hugo, Über die Behandlung der Brandwunden mit Ichthyol. Separat-
Abdruk 1903.
3. *Rudolph, Kasuistischer Beitrag zur Würdigung und Methodik plastischer Operationen
bei Narbenkontrakturen durch Verbrennung. Diss. Kiel 1903.
4. Sattler, Zur Behandlung der Verbrennungen mit Trockenverbänden. Wiener med.
Presse 1903. Nr. 48.
5. Sczjpiorski, Cure rapide des brülures par fils mätalliques incondescents. Gazette
des höpitaux 1903. Nr. 94.
6. — Traitement des brülures par fils incondescents. Bull, et m^m. de la soc. de Cbir.
1903. Nr. 26.
Dieterichs (1) vertritt die Meinung, dass bei den Verbrennungen im
Blut sich cytotoxische Vorgänge abspielen, welche die Hämoglobinämie, die
Gerinnungen u. s. w. erklären. Er experimentierte an Meerschweinchen und
Kaninchen und konnte im Blut der Tiere, denen ausgedehnte Verbrennungen
beigebracht waren, die Substanzen nachweisen. Am reichlichsten waren die-
selben in den ersten 5—10 Stunden nachweisbar. Die Agglutinine treten
dazwischen später auf als die Lysine.
Die Therapie bei ausgedehnten Verbrennungen soll namentlich drei
Momente berücksichtigen: 1. soll der Blutdruck gehoben werden durch Koch-
salzinfusionen, 2. soll der Sauerstoff hunger durch direkte Einatmung von
Sauerstoff gemindert werden, 3. soll der Wärmeverlust verhindert werden
(fette Salben). Hohlbeck (St. Petersburg).
Goldmann- Bromberg (2) empfiehlt 5^/o Ichthyolvaselinverbände bei
Brandwunden des 3. Grades.
Sattler (4) berichtet über die seit fünf Jahren im Spital von Serajewo
durchgeführte Trockenbehandlung von Verbrennungen. Uneröflfnete Blasen
werden abgetragen, die Umgebung gereinigt, dann die Wunde dick mit Xero-
form und Puder bestreut, mit Gaze und steriler Watte bedeckt. Verband
bleibt 4—6 Tage liegen, wird im Bade gewechselt.
Bei Metallarbeitern und Elektrikern kommen tiefe strichförmige
Verbrennungen durch glühende Fäden vor, welche sehr langsam heilen.
Sczypiorski (5, 6) empfiehlt die verbrannten Ränder zu exzidieren und
die Wunde exakt in Etagen zu nähen.
Becker, Verletzungen und chirargische Krankheiten der Haat etc. 115
B. Erfrierung^en.
1. *Hann8a, Ober die Behandlung lokaler Erfrierungen mit passiver und aktiver Hyper-
ftmie. Diss. Greifswald 1903.
2. *M aller, Walther, Ober schwere Gangrän der Bauchdecken infolge lokaler Eis*
applücationen and das Zastandekoromen derartiger Veränderungen im Tierversach.
Diss. Halle 1903.
3. V. Statzer, Die Behandlung von Erfrierungen mit flberhitzter trockener Luft. Wiener
klin. Rundschau 1908. Nr. 49.
4. Stoenesco, Ober den Erfrierungstod. Aligem. Wiener med. Zeitung 1908. Nr. 24, 25.
5. — Sur la mort par le froid. Journal de m^d. de Paris 1908. Nr. 2.
V. Statzer (3) berichtet über vortreflfliche Resultate bei Behandlung der
Pernionen mit heisser Luft. 1 Tag bis 3 Monate nach der Erfrierung begann
die Behandlung. Bei leichten Formen genügte 2 — Stägige Behandlung, bei
schweren dauerte es länger, nie mehr als 10 Tage, täglich 1 Stunde oder
zweimal */« — ^4 Stunde lang.
Stoenesco (4, 5) bestätigt als charakteristisch für den Erfrierungstod
das Auftreten von kleinen Hämorrhagien (nach Wichniewschi).
IX.
Verletzung^en und chirurgische Krankheiten der Haut
und des Subkutangewebes.
Referent: E. Becker, Hildeslieim.
Allgemeines.
1. Giacomelli, G., Gontribato allo studio delle lesioni dlstroficlie d' origine nearo-vas-
colare. Clinica moderna. N. del 12 Agosto 1903.
2. Perthes, Ober den Einflnss der RöDtgenstrablen auf epitheliale Gebilde, inabesondere
aaf das Karzinom. Chirurgenkongress-Verhandlungen 1903.
3. — Zentraiblatt f&r Ghirurgie 1903, Nr. 86. Beilage, p. 80.
4. — Desgl. Nr. 47. p. 1303.
5. H. E. Schmidt, Die Radiotherapie der Hautkrankheiten. Zeitschrift für diätetische
und physikalische Therapie. Bd. 7. Heft 4.
6. — Ein Kryptoskiaskop mit Hand- und Gesichtsschutz. Fortschritte auf dem Gebiete
der Röntgenstrahlen. Bd. 7.
7. Scholz, Über die Behandlang von Hautkrankheiten mit Röntgenstrahlen und konzen-
triertem Licht. Deutsche med. Wochenschrift 1908. Nr. 33 und 34.
Perthes (2 — 4) trug auf dem Chirurgenkongress und der Naturforscher-
Tersammlnng seine interessanten Beobachtungen über die Einwirkung der
Röntgenstrahlen auf epitheliale Gewebe, insbesondere auf das Karzinom vor.
Er hat in keinem Falle einen deutlichen Einflnss im Sinne der Heilung aus-
116 Jahresbericht fOr Chirurgie. L Teil.
bleiben sehen. Geheilt wurden von acht Fällen von Hautkarzinom des Ge-
sichtes vier, die übrigen waren noch in Behandlung. Von sechs Fällen von
Carcinoma mammae wurde keiner völlig geheilt. Im günstigsten Falle, wo
lokale Heilung des Rezidives erzielt schien, bildete sich eine Wirbelmetastase
aus. Von zwei Fällen von Lippenkarzinom legt er Photographien vor, welche
zeigen, wie das in beiden Fällen mehr als die Hälfte der Unterlippe ein-
nehmende Karzinom nach einmaliger intensiver Bestrahlung (40 Minuten,
10 — 16 Einheiten des Holzknechtschen Chromoradiometers) unter Hinterlassung
einer flachen, solide vernarbten Vertiefung der Unterlippe völlig geschwunden
ist. Mikroskopische Untersuchung von Probeexzisionen bestrahlter Karzinome
in verschiedenen Stadien ergab Degeneration der Krebsepithelien als Folge
der Bestrahlung und starke Leukocytenanhäufung um und zwischen den
Epithelzellen, welche dann der Resorption verfallen. Die Gesamtdauer der
Bestrahlung in dem einzelnen Falle betrug 30 — 60 Minuten bei 10 cm ßöhren-
abstand, 2 Ampfere Stromstärke 60 cm Funkeninduktor, 1300 Unterbrechungen.
H. E. Schmidt (5) gibt einen kurzen Überblick über die Erfahrungen
der Berliner Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten mit der Radio-
therapie der Hautkrankheiten. Von 108 behandelten Patienten wurden geheilt
29 (darunter drei seit mehr als 1^/2 Jahren rezidivfrei, 19 erst kurze Zeit
aus der Behandlung entlassen resp. nicht wieder vorgestellt, 6 Rezidive), fast
geheilt (bis auf unbedeutende Reste der Krankheit) 20, gebessert 57, nicht
zufriedenstellendes Resultat 2 ; zur Zeit noch in Behandlung 68. Nimmt man
diese Zahlen genau, so sind von 108 Personen also nur drei geheilt, ein
Resultat, welches sich demjenigen anderer Autoren nicht an die Seite stellen
kann. Die besten Resultate gab beim Lupus vulgaris die Finsentherapie ; sie
ist sicher, ungefährlich, schmerzlos und gibt die besten kosmetischen Resultate;
allerdings ist sie kostspielig und langdauernd. Die Methode ist in doppelter
Hinsicht von grosser Bedeutung : Erstens sind die Chancen, auch die tiefsten
Lupusknötchen zu beseitigen günstiger als bei anderen Methoden, da keine
derbe Narbe die Tiefenwirkung des Lichtes beeinträchtigt. Und selbst wenn
es zu Rezidiven kommt, sind es nie totale, sondern stets partielle Rezidive.
Zweitens ist auch die Beseitigung der Rezidive viel leichter als bei den in
starres Narbengewebe eingebetteten Lupusknötchen (wie nach operativen Ein-
griffen und Ätzmethoden). Gute Abbildungen nach Photogrammen bestätigen
die Ausführungen.
Scholz (7) erklärt auf Grund klinischer Beobachtungen und histologischer
Untersuchungen die Wirkung der Röntgenstrahlen und des Finsenlichtes in
der bekannten Weise ohne genauere Angaben über die Dosierung zu geben ;
er beginnt stets mit einigen kräftigen Bestrahlungen, um sie in späteren
Sitzungen abzuschwächen und bevorzugt weiche Röhren wegen ihrer Tiefen-
wirkung. Beim Lupus kombiniert er die Röntgenbestrahlungen mit chirur-
gischer Behandlung, Ätzpasten und zumal Pyrogallussalbe. In zwei Fällen
von Hautkarzinomen hat er Erfolge erzielt, welche allerdings nicht als Hei-
lungen angesprochen werden können. Als Enthaarungsmittel leistet das Ver-
fahren vorzügliche Dienste, bedenklich ist die Verwendung bei Akne wegen
der reaktiven Entzündung, meist nutzlos bei Psoriasis. Bei der Behandlung
mit konzentriertem Lichte ist zu unterscheiden zwischen der Tiefenwirkung
des Kohlenlichtes (nach Finsen) und der nur oberflächlichen Wirkung der
Eisenelektroden (Dermolampe). Dementsprechend ist die Behandlung bei
den verschiedenen Hautkrankheiten zu regulieren und auch der Erfolg ver^
Becker. Verletzungen und chirargische Krankheiten der Haut etc. 117
schieden. Aucli dieses Verfahren hat er mit anderen Methoden kombiniert
angewandt.
Zur Prüfung des Härtegrades der Röntgenröhren hat H. E. Schmidt (6)
einen Apparat angegeben, welchen eralsKryptoskioskop bezeichnet, d.h.
einen lichtdichten Kasten mit zwei gegenüber hegenden Ausschnitten, von
welchen der eine durch den Fluorescenzschirm ausgefüllt wird, während der
andere dem Gesicht des Untersuchenden fest anliegen muss. Als Tastobjekt
dient ein Handskelett. Erscheinen die Knochen tiefschwarz, so ist die Röhre
^weich^, grauschwarz, so ist sie „mittelweich*' und hellgrau, so ist sie „hart^.
Lieferant: Reiniger, Geppert und Schall in Erlangen.
In dem von Giacomelli (1) beschriebenen Falle handelte es sich um
Ulzerationen, die seit 12 Jahren an einem Unterschenkel bestanden und jeder
Behandlung trotzten; der Unterschenkel musste amputiert wertien. — Bei der
mikroskopischen Untersuchung gewahrte er an den Unterschenkelarterien eine
Verdickung der Intima, die durch Neubildung von Bindegewebe unterhalb des
Endothels bedingt war, die T. media wies korop^iktes, die Muskelelemente
substituierendes Bindegewebe auf; die elastischen Membranen waren ge-
schwunden, die verdickte Adventitia hatte fast obliterierte Ernährungsgefässe.
Was die Nerven anbelangt, wies eine geringe Anzahl von Nervenfasern Schwund
des Marks auf, auch fehlte die Segmentation derselben; die verschiedenen
Faserbündel waren durch Fettzellengewebe voneinander getrennt, von den
Achsenzylindem hatte die Mehrzahl sich nicht gefärbt, das Lumen der vasa
nervorum war stark reduziert.
Verf. meint deshalb, dass die schwere Dystrophie des Gliedes in Be-
ziehung stand mit schweren Gefäss- und Nervenveränderungen des ganzen
Organismus, dass die Gerässveränderungen durch chronische Alkoholvergiftung,
die Nervenveränderungen durch Alterationen der vasa nervorum hervorgerufen
worden waren. R. Giani.
Spezielles.
I. Verletzungen.
1. Frisehe VeTletziuigeii.
2. Transplantation und Narbenbehandlung.
1. Braun, Dauerheilang nach Überpflanzung ungestielter Hautlappen, v. Br uns sehe
Beitrage 1903. Bd. 37. Heft 1 u. 2. v. Esmarch Festschrift p. 421.
2. Dnbreuilh et Morin, Transplantation cutan^e. Soc. d'Anatomie et de Physiologie.
Joamal de m^d. de Bordeaux 1908. Nr. 38.
3. Karg, Vorstellung eines Falles von SkalpieruDg der ganzen Kopfhaut Chirurgen-
Kongress-Yerhandlungen 1908.
i KSnig, Arthur, Zur Kenntnis der Dauerresultate naeh'Hauttransplantation. Dissert.
Kiel 1908.
5. *Maximow, Weiteres über Entstehung, Struktur und Veränderungen des Narben-
gewebes. Zieglers Beiträge zur patholog. Anatomie 1903. Bd. XXXIV. Heft 2.
6. Narath, Huidplastieken. Ned. Vereenig. voor Heelkunde. Ned. Tydschr. voor Genees-
künde I. p. 658.
7 Riese, Fall von Skalpierung. Berliner klin. Wochenschrift p. 789.
118 Jahresbericht far Ghirargie. I. Teil.
8. Wagner, Die Behandlung von granulierenden Hautwunden. Zentralblatt f. Chirurgie
1903. Nr. 50.
9. — Die Behandlung von granulierenden Hautwunden. Allgem. med. Zentral-Zeitg. 1903.
Nr. 50.
10. W entscher, Ein weiterer Beitrag zur Cberlebensffthigkeit der menschlichen Epidermis-
Zellen. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1908. Bd. 70. Heft 1 u. 2.
Wentscher (10) kommt auf seine früheren Versuche (vergl. Bd. in
p. 155 und Bd. IV p. 148 dieses Jahresberichtes), eingetrocknete Epidermis-
läppchen zu Transplantationszwecken zu verwenden, zurück, da Marchand
und Enderlen gegen seine früheren Versuche Bedenken geäussert hatten
dahin, dass 1. möglicherweise von den im Boden von Hautdefekten stehen-
gebliebenen Epithelresten oder 2. vom Rande des Defektes her das Epithel
sich herüberschieben könnte; es bleibe also fraglich, ob tatsächlich die ein-
getrockneten Epithelstückchen angeheilt seien. Verf. machte daher an zwei
Personen vier neue Versuche, indem er auf Muskelbäuche sein Epithel ver-
pflanzte und dadurch obige beiden Fehlerquellen sicher ausschaltete. Die
Konservierungsdauer der Läppchen betrug in einem Falle 7, in den drei
anderen Versuchen 14 Tage. Die Resultate werden durch zwei Tafeln Ab-
bildungen erläutert. Nur ein Versuch fiel negativ aus. Indessen kann man
mit einiger Sicherheit auf ein Anwachsen der Läppchen nur dann noch
rechnen, wenn sie nicht länger als 24 oder 48 Stunden konserviert sind. Die
Konservierung geschieht in sterilen Reagenzröhrchen auf einem mit steriler
Kochsalzlösung angefeuchteten Gazestückchen. Das älteste zur Anheilung
gebrachte Stück war (in früheren Versuchen) 22 Tage alt. Diese letzteren
Versucht? haben natürlich nur ein biologisches, kein klinisches Interesse.
Vorzüglich sind die Dauererfolge der Krauseschen Lappenplastik, über
welche Wilhelm Braun (1) aus dem Altonaer Krankenhause berichtet. Eis
werden 20 Einzelbeobachtungen von IV« — 9 jährigem Dauerbestande mitgeteilt
und durch Abbildungen nach Photographien erläutert. Verf. stellt nach
ausführlicher Mitteilung der Krankengeschichten folgende Betrachtungen an:
Wo ungestielte Hautlappen einmal einwandsfrei aufgeheilt sind, ist der Dauer-
erfolg sicher. Die Erfolge sind besonders günstig bei jugendlichen Individuen
mit gutem frischen Geschwürsuntergrunde. Selbst trotz Lues, Nephritis,
Diabetes und Varicen waren die Heilungen von Bestand. Allerdings gehört
sorgfältige Hautpflege dazu. Wenn nachträglich in oder am Lappen Ulzera-
tionen auftraten (in zwei Fällen), so waren es stets genau diejenigen Punkte,
an denen von vornherein Lappenteile nekrotisch geworden waren. Also nicht
Lappen- sondern Narbengewebe wurde insuffiziert. Was das Verhalten der
Lappenhaut im einzelnen betriflft, so hatte bei allen Nachrevisionen die Ober-
haut genau das Aussehen der übrigen Haut, ist nicht rissig, borkig, trocken
und schilfert nicht ab. Ferse und Hohlhand neigen nicht zur Verhornung
und Schwielenbildung. Die Funktion der Hautdrüsen bleibt meist unsicher;
eine Reihe von Lappen schwitzten. Der etwas stärkere Segmentgehalt des
Lappens nimmt in der Regel nach Jahren ab; mitunter bleibt er bestehen.
Mitüberpflanzte Haare wachsen häufig weiter; in einem Pralle wurde aus der
Kopfhaut eine Augenbraue gemacht, die noch nach SV« Jahren von Bestand
war. Das eigentliche Corium erleidet keine nachträglichen Schrumpfungen,
ist weich, elastisch, verschieblich, von normaler Temperatur, kurz völlig
normal. Einige Lappen behielten noch nach Jahren eine gewisse Starrheit
infolge ödematöser Durcbtränkung und venöser Stase; diese verschwindet
Becker, Verletzungen and chirurgische Krankheiten der Haut etc. 119
aUmählicb. Eine Wulstung bleibt leicht zurück, wenn der Lappen bei der
Operation nicht ordentlich ausgebreitet werden konnte oder ein Hämatom
entstand. Je fester die ganze Wundfläche sofort mit dem Untergrunde ver-
klebt, um so schneller etabliert sich eine leistungsfähige Zirkulation. 6e-
wulstete Lappen erscheinen anfangs noch cyanotisch, später übermässig
pigmentiert. Im allgemeinen behält der Lappen aber seine alten Charak-
teristika, so dass Oberschenkelhaut nie der Wangen- oder Lippenhaut ähnlich
wird, was besonders bei Gesichtsplastiken aus kosmetischen Rücksichten zu
beachten ist. Die Temperaturverhältnisse im Lappen sind normal. Die
Verschieblichkeit ist sehr verschieden. Ein wirkliches Wachstum des Lappens
konnte unzweifelhaft nur in einem Falle festgestellt werden ; meistens handelt
es sich wohl nur um Dehnung. Auch die Sensibilität ist sehr verschieden,
meistens herabgesetzt; wo sie ganz fehlt, treten leicht Verletzungen ein. Je
flacher und inniger der Lappen dem Untergrunde aufliegt, desto besser ist
die Sensibilität. In einer Reihe von Fällen war die Sensibilität völlig normal ;
nie bestand Hyperästhesie. Empfohlen wird von Krause die Methode nur
da, wo die Thierschsche Transplantation nicht hinreichend solide Dauer-
heilung garantiert. Es gelingt durch diese Methode oft, arbeits- und existenz-
mifahige Individuen der menschlichen Gesellschaft dauernd zurückzugeben,
wobei noch besonders tröstlich ist, dass anfängliche Schönheitsfehler (Wulstung,
Pigmentierung) sich im Laufe der Jahre verlieren, dass also die Lappen im
Laufe der Zeit eher schöner als hässlicher werden. Die drei kardinalen
Forderungen Krauses sind: völlige Asepsis, vollkommen trockenes Operieren
and geeignete Vorbereitung des Defektbodens. Wer hiervon abweicht, erlebt
Hisserfolge. Nekrosen treten um so leichter auf, je mehr der Lappen (z. B.
durch nachträgliche Entfernung des subkutanen Fettes) verletzt wurde. Die
grösste Schwierigkeit machen alte verschmierte Unterschenkelgeschwüre ;
der oft mehr als zentimeterdicke Geschwürsgrund muss wie ein Tumor bis ins
Gesunde exstirpiert werden, nämlich bis auf völlig gesunde Faszien, Sehnen,
Muskeln und Knochen ; letztere sind eventuell abzumeisseln. Die (im übrigen
bekannten) Einzelheiten der Technik müssen im Original nachgelesen werden.
DenSchluss der Arbeit bildet eine kurze Fortsetzung seines mit Marchand-
Enderlen seit Jahren geführten Streites darüber, ob bezw. inwieweit die
ungestielten Lappen absterben oder sich erhalten, worauf hier des näheren
nicht wieder eingegangen werden soll (siehe frühere Jahresberichte).
Dubreuilh und Morin (2) zeigten in der Societö d'anatomie et de
Physiologie zu Bordeaux einen Kranken, dem sie mit Kokainanästhesie ein
Epitheliom des Handrückens entfernt und den Defekt nach Krauses Methode
— natürlich ohne dieses zu erwähnen — mit einem ungestielten Lappen aus
dem Arme gedeckt hatten. Der Lappen heilte an. Der Fall erregte das
höchste Erstaunen der Mitglieder!
Narath (6) demonstriert einige Fälle von Lappenplastik zur Beseitigung
von Verbrennungsnarben. Er bedeckt zuerst die granulierenden Flächen mit
Thiersch sehen Läppchen. Nachher wird ausgedehnte Lappenplastik ange-
wendet; die Bauchhaut ist für grosse Lappen am besten geeignet. Bei
Fingerverbrennung wurde zuerst Syndaktylie hergestellt, die Wundfläche mit
einem Hautlappen gedeckt und später die plastische Operation der Syndaktylie
ausgeführt. Die Methode gab ein vorzügliches kosmetisches und funktionelles
Besultat; die Hand war auch für feinere Arbeit vollkommen brauchbar.
Goedbuis (Deventer).
120 Jfthresbericlit fttr Chirurgie. I. Teil.
Koenig (4) beschreibt in seiner Dissertation aus der Kieler Klinik vier
Fälle von T hier seh scher Transplantation bei drei ausgedehnten Verbren-
nungen und einer Faszien phlegmone. Die Arbeit bringt nichts Neues.
Riese (7) hat einem jungen Manne, der eine Skalpierung der Haut
fast des ganzen linken Ober- und Unterschenkels erlitten hatte, den Defekt
nach Thiersch mit mehrmaliger Benutzung des Entnahmegebietes gedeckt.
Einen gleichfalls mit gutem Erfolge operierten Fall stellte Karg (3)
auf dem Chirurgen-Kongresse vor : junges Mädchen, dem die ganze Kopfhaut,
als sie mit dem Haar in eine Maschine geriet, abgerissen war.
Wagner (8, 9) hat seit Jahren granulierende Wunden, welche sich
aus bestimmten Gründen nicht transplantieren lassen oder bei denen die
Transplantation missglückt ist, tagsüber der Einwirkung der Luft ausgesetzt
und ganz ohne Verbände liegen lassen ; nachher wurden austrocknende Pulver-
verbände gemacht. Man bemerkt dabei, dass die Sekretion sofort erheblich
abnimmt. Die Granulationen schrumpfen unter der austrocknenden Wirkung
der Luft, die ganze Wunde verkleinert sich sichtlich durch den Schrumpfungs-
prozess der Granulationen. Es ist ihm vielfach gelungen, handtellergrosse
Granulationswunden in 8 — 10 Tagen zur Epidermisierung zu bringen; nicht
ein einziges Mal hat er eine Schädigung durch Lifektion beobachtet.
n. Chirurgische Krankheiten.
1. Zirkulationsstörungen.
1. Borchard, Über traumatisches ödem des Handrückens. Monatsschrift; für Unfall-
heilkuDde nnd Inyalidenwesen 1903. Nr. 2.
2. *Dj4mil-Pacha, Un cas de myzoedtoe opöratoire sonrenu h la siiite de Textir-
pation des deux mamelles hypertroph^es chez un homme. Archives internationales
1903. Vol. I. Fase 1.
3. Grflnbaum, Über das „harte traumatische ödem* des Handrückens. Deutsche med.
Wochenschrift Nr. 51, 52.
4. Mc. Arthur, Bemoval of birtb-marks. Chicago surgioal society. Annais of surgery
1908. June.
5. Sack, Ein Fall yon allgemeiner Lymphstanung der EUint (StauungsGdem) nach Ver-
eiterung des grGssten Teils der regionären Lymphdrüsen. Münchener med. Wochen-
schrift 1908. Nr. 37.
6. Secrätan, Oedöme d'un traumatique. Revue m^dicale de la Suisse romande 1908.
Nr. 4. p. 240.
Secretan (6) hat bereits in einer früheren Arbeit (Revue medicale
de la Suisse romande 1901 Juli 20) den Begriff des „harten traumatischen
Ödems" in die Wissenschaft eingeführt auf Grund von 11 Beobachtungen.
In dieser neuen Arbeit beruft er sich auf weitere 22 Fälle. Er unterscheidet
zwei Grade von Kontusionen : 1. solche, bei denen sich nur Ecchymosen ohne
eigentliche Schwellungen der Gewebe bilden und die wegen ihres schnellen
Yerschwindens bedeutungslos sind und 2. solche, wo sich eine ausgedehnte
Infiltration der Haut und der darunter liegenden Gewebe bildet, die sich
durch eine auffällige Schwellung verrät. Die letztere ist anfangs weich und
elastisch, später aber sehr hart und verteilt sich nur äusserst langsam. Die
letztere schwerere Form bezeichnet Secretan als das „harte traumatische
Ödem". Lieblingssitze sind Hand- weniger Fussrücken. Fingereindrücke
bleiben nicht bestehen, ebenso bleibt die Volarseite stets frei. Secretan
vergleicht die Schwellung mit einem elastischen Kissen (Coussinet ölastique).
Becker, Verletzimgen und chirurgische Krankheiten der Haat etc. 121
Die Abgrenzung gegen Vorderarm und Finger ist nicht scharf; aber doch
ziemlich deutlich. Die Haut lässt sich nicht in Falten ziehen und zeigt ver-
schiedene Zeichen der Atrophie (trocken, spröde, abschilfernd), die Sensibilität
ist ungestört, oft fühlt man Krepitation. Charakteristisch ist der äusserst
langwierige Verlauf (^U — ^li Jahr), obwohl das Leiden stets gutartig ist.
Frakturen der Metakarpen sind nie dabei, wie das Röntgenbild stets erweist.
Secrätan hält es für eine durch chronische Bindegewebsneubildung bedingtes
Leiden, ohne dessen letzte Ursache zu kennen.
Grünbaum (3) hat ebenfalls ähnliche Fälle gesehen und macht dabei
anf die auch schon von Borchard (1) gefundene, im Röntgenbilde er-
kennbare, Rarefikation des Knochens aufmerksam, welche schon vier Wochen
nach der Verletzung nachweisbar war. Er hält sie für eine akute sekundäre
Atrophie, beruhend wahrscheinlich auf Zirkulationsstörungen. Geringfügige
Überanstrengungen, unbedeutende Traumen rufen sofort Verschlimmerungen
des Leidens hervor. Nach einer ihm gewordenen persönlichen Mitteilung
berechnet Secrötan bei einer jährlichen Frequenz von 1000 Unfällen seines
Institutes die Häufigkeit dieser Äffektion auf 1 ^/o, was sehr unwahrscheinlich
ist, da im übrigen nur sehr wenige anderweitige Beobachtungen vorliegen.
Grün bäum selbst hat unter 1500 Unfallskranken nur drei Falle gesehen.
Histologische Untersuchungen sind bislang nicht gemacht. Er nimmt an,
dass das ursprüngliche Exsudat aus irgend welchen unbekannten Ursachen
(zu lange Ruhigstellung durch Schienen, Eisblasenbehandlung u. dergl.) nicht
rechtzeitig resorbiert ist, sondern sich organisiert. Alle Autoren sind einig
darin, dass Massagebehandlung sehr schädlich ist. Lokale Heissluftbäder von
50—80° Celsius sollen nicht unwirksam gewesen sein. Verf. hat in einem
Falle einen zweifellosen Erfolg von dreimal wöchentlichen Injektionen einer
15°/oigen alkoholischen Lösung von Tbiosinamin (eine Pravazsche Spritze
voll) gesehen. Nach 32 Injektionen war das Narbengewebe zur Quellung und
Zürn Verschwinden gebracht. Er gedenkt die Behandlung künftig mit Heiss-
luftbädem und passiven Bewegungen zu kombinieren.
Borchard (1) behandelte einen 41jährigen Ziegler, welcher sieben
Jahre vorher auf die rechte Hand gefallen war. Es entstand sofort eine
heftige Schwellung, die durch Massage und Gebrauch der Hand nur ver-
schlechtert wurde. Das Leiden kam niemals völlig zur Heilung. Durch
Böntgenbilder konnten Enochenbrüche mit Sicherheit ausgeschlossen werden.
Indessen fiel eine grössere Transparenz sämtlicher Handknochen auf. Er
dentet letztere als bedingt durch die von Sndeck als akute entzündliche
Knochenatrophie bezeichnete Erkrankung und nimmt an, dass es sich um ein
entzündliches (nicht Stauungs-) Ödem des lockeren Bindegewebes handele.
So erkläre sich die ungünstige Wirkung von Massage und Gebrauch am
zwanglosesten. In letzter Linie handele es sich um eine Alteration der
kleineren Blut- und Lymphgefässe mit Austritt von Flüssigkeit und Behinde-
rung der Zirkulation. Daher die starke Schädigung infolge behinderter Re-
sorption. Massage ist ganz zu verwerfen ; am besten nützen heisse Luftbäder
von 50—60^, Schienenverbände und Ruhigstellung. Die Prognose ist sehr
vorsichtig zu stellen, wie dieser Fall ganz besonders lehrt. Die Erkrankung
ist wichtig für die Unfallsheilkunde.
Sack (5) beschreibt die Leidensgeschichte eines 31jährigen Zigarren-
arbeiters, welcher seit dem sechsten Lebensjahre an tuberkulösen Lymph-
drüsen litt, die nach und nach am Halse, Achselhöhle, Leistenbeuge u. s. w.
122 Jabresbericbt für Chirurgie. I. Teil.
vereiterten, zu Fistelbildungen und schliesslich infolge allgemeiner Behinderung
der Lymphabfuhr aus den oberflächlichen Lyniphgefässen zu einem allgemeinen
Stauungsödem des ganzen Körpers führten. Wiederholt auftretende Erysipele
verschlimmerten den Zustand noch obendrein.
McArthur (4) hat bei einer jungen Dame ein Feuermal an Stirn.
Augenlid und Wange in folgender Weise entfernt. Er machte einen Flach-
schnitt in der Dicke der Kutis und traf dadurch alle in die Höhe steigenden
Kapillarschlingen. Nach Stillung der Blutung wurden Thierschsche Läpp-
chen aufgelegt und dadurch die Kapillaren zur Obliteration gebracht. Das
Resultat war vorzüglich.
2. Entzündungen.
3. Spezifische Entzündungen.
1. Böhm, Primäre Aktioomykosis cutis am Hinterhaapte. Archiv für Dermatologie und
Syphilis. 59. Bd. Heft 3.
2. Bowker, Tbe successful treatment of a few cases of lupus. TheLancet 1903. Nov. 14.
3. Breiger, Die Verwendung des Kisenlichtes in der Lichttherapie. Die medizin. Woche.
IV. Jahrgang. Nr. 29.
4. Credo, Zur Lupushehandlung. Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde Dresden. MOnch.
med. Wochenschrift 1908. Nr. 4.
5. '''Dr eis 1er, Über die Einwirkung des Tuberkulin R. auf Lupus. Diss. Jena 1908.
6. Dreuw, Behandlung des Lupus. Monatsherte für praktische Dermatologie. Bd. 37.
Nr. 5.
7. Dreyfus, Ein Fall prim&rer Hau taktinomy kose. Mfinchener med. Wochenschrift 1903.
Nr. 52.
8. Duroux, Traitement du lupus par la möthode combin^e de cautörisations ign^es et
d'applications d'acide picrique. Soc. nat. de mödecine de Lyon. Lyon mäd. 1903. Nr. 46.
9. Fi nsen, Die Resultate der Phototherapie und die Technik ihrer Applikation beim Lupus.
Neue Therapie. L Jahrgang. Nr. 4.
10. — Remarks on the red-light treatment of small pox. British medical Journal 1903.
June 6.
11. Fox, A case of lupus under z-ray treatment. New York dermatoL soc. Journal of
cut. diseases 1908. April.
12. Gamlen, Treatment of lupus by x-rays and ultra-violet rays. British medical Journal
1903. June 6.
13. Gilchrist and S tokos, The presence of peculiar caicified bodies in lupus-like tissne.
Jonmal of cut diseases 1908. October.
14. Hoffmann, Über Quecksilberdermatitis und die ihr zugrunde liegenden histologischen
Veränderungen nebst Bemerkungen über die dabei beobachtete lokale und Bluteosino-
philie. Berliner klin. Wochenschrift 1902. Nr. 39 und 40.
15. *— Über strangförmige Phlebitis im Frühstadium der Syphilis. Dermatologische Zeit-
schrift. 10. Bd. 5. Heft.
16. * — und Salkowski, Über Nephritis syphilitica acuta praecox mit enormer Albumi-
nurie. Berliner klin. Wochenschrift 1902. Nr. 6, 8 und 9.
17. ^Isidori, E., Contributo alla cura del carbonchilo colle iniezioni endovenose di Su-
blimate corrosivo. II Policlinico. Sez. pratica 1903. Fase. 37. (Schwerer Fall von Milz-
brandkarbunkel mit Allgemeininfektion, den Verf. durch endovenose Injektion von 1 ccm
einer l°/oigen Sublimatlösung zur Heilung brachte.)
18. KazumaEaku, Über die therapeutische Bedeutung der Exzision des syphilitischen
Primäraffektes. Inaug.-Dissert. Rostock 1903.
19. '''Lesser, Die Behandlung der Syphilis mit Kalomelinjektionen. Therapie der Gegen-
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20. Meyer, Julius, Über experimentelle Hauttuberkulose. Berliner klin. Wochenschrift.
Becker, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Haut etc. 123
21. Morris and Dore, The Light- treatment io Lupus and other diseases of the Skin.
The Practitioner. April 1903.
22. The x-rays in the treatment of lupus, rodent ulcer and other skin diseases.
British medical Journal 1903. June 6.
23. *Neamann, Klinische Bemerkungen Über die Tuberkulose der Haut. Wiener klin.
Rnndschau 1903. Nr. 1.
24. O'Brien, Experiences of a years trial of the light treatment for lupus. Medical Press
1903. July 1.
25. Philippson, Die Pathogenese des Lupus und ihre Bedeutung fQr die Behandlung des-
selben. Archiv für Dermatologie und Syphilis. Bd. 67.
26. Rieder, Die bisherigen Erfolge der Lichttherapie. Neue Therapie. L Jahrgang. Nr. 7.
27. Schmidt und Markuse, Über die histologischen Veränderungen lupöser Haut nach
F i n s e n bestrablung. Archiv fQr Dermatologie und Syphilis. 64. Bd. 3. Heft.
28. Schfller, Der augenblickliche Stand der Phototherapie. Monatsschrift für Orthopäd.
Chirurgie und physikalische Heilmethoden. Bd. III. Nr. 3.
29. Tappeiner und Jesionek, Therapeutische Versuche mit fluoreszierenden Stoffen.
Münchener med. Wochenschrift. Nr. 47.
30. Tokajiro Suzuki, Über Syphilis im Altertums speziell in China und Japan. Disser-
tation Rostock.
31. ^Werner, Die Behandlung der Syphilis mit Kalomelinjektionen. Diss. Berlin 1903.
32. Werther, Über die Lichtbehandlung des Lupus mit der Finsen-Reyn sehen Lampe
und die verwandten physikalischen Methoden. Münchener med. Wochenschrift. Nr. 47.
33. Wiils, Some remarks upon the Finsen light treatment of lupus. Bristol med.-chir.
Journal 1903. June.
Das Berichtsjahr hat eine Hochflut von Arbeiten aus dem Gebiete der
Phototherapie gebracht, insbesondere in Hinblick auf die Lupusbehandlung.
Es ist nicht gut möglich, alle Arbeiten eingehend zu besprechen, da sie im
übrigen auch vielfach in Form von Sammelreferaten geschrieben sind. An
die Spitze möchte ich daher Finsens (9) Mitteilung an die Pariser Akademie
der Wissenschaften in der Sitzung vom 22. Juni 1903 stellen „Die Resultate
der Phototherapie und die Technik ihrer Applikation beim Lupus". Die im
Kopenhagener Institute aufgestellte Statistik vom November 1895 bis Januar
1902 betrifft 804 Fälle ; alle Lupuskranke, die im Institute Aufnahme fanden,
sind in die Statistik einbezogen (mit Ausnahme zweier oder dreier Kranken,
welche an Schleimbautaffektionen litten):
1. Geheilt 412
a) ohne Rezidiv nach 2 — 6 Jahren 124
b) Beobachtungszeit geringer als 2 Jahre 288
2. Fast vollständige Heilung mit geringen Residuen der Erkrankung 192
3. Noch in Behandlung 117
a) Manifeste Besserung oder partielle Heilung 91
b) Unbedeutende oder vorübergehende Besserung 26
4. Die Behandlung wurde unterbrochen:
a) Weil die Resultate nicht zufriedenstellende waren .... 16
b) Weil die Kranken starben (31) oder an einer sonstigen schweren
Krankheit litten (13) 44
c) Aus äusseren Gründen 23
Bei Abrechnung der Gruppen 4b) und 4c) bleiben 737 Fälle, d. i.
94 Prozent, welche von der Phototherapie günstig beeinflusst wurden. Nicht
alle Fälle kamen bis zur vollständigen und definitiven Heilung. Dahin gehört
eine Anzahl Fälle der Gruppe 3 a). Es ist hinzuzufügen, dass diese Statistik
auch die schlimmsten Fälle mit einbegreift und sind unter den Geheilten
Kranke, welche schon seit 30 — 50 Jahren an Lupus litten. Beim rezenten
124 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Lupus sind die Resultate derart, dass man von einer vollständigen Heilung
sprechen kann. Die chronischen Fälle verschwinden allmählich aus Dänemark,
indem alle Fälle von Lupus gegenwärtig sehr rasch diagnostiziert and zur
Heilung gebracht werden.
Die Technik der Phototherapie ist von ausserordentlicher Wichtigkeit,
und man kann keine Resultate erzielen, wenn man derselben nicht die volle
Aufmerksamkeit zuwendet. Die Behandlung wurde früher im Institut Finsen
mit einer Bogenlampe von 40 Amperes ausgeführt; seit man aber Lampen
von 60 bis 80 Ampferes verwendet, stieg die Raschheit der Heilung fast auf
das Dreifache. Mit anderen Worten soll betont werden, dass mit schwachem
Lichte behandelte Fälle gegenüber den mit starkem Licht behandelten unter
denselben Bedingungen weniger rasch zur Heilung gelangen, mit Rücksicht
auf das Pigment, welches die chemischen Stralilen aufhält. Aus ähnlichen
Gründen ist es notwendig, in allen Fällen lange Sitzungen anzuwenden.
Ein sehr wichtiger Punkt ist die Notwendigkeit, eine grosse Anzahl von
Strahlen zu haben, welche möglichst tief in das Gewebe eindringen. Solche
Apparate, bei denen diese Konzentration des Lichtes nicht zustande kommt,
erzeugen keine genügende Quantität von penetrierenden Strahlen.
Finsen hat vergleichende Versuche angestellt, indem er durch photo*
therapeutische Apparate erzeugte Strahlen auf die Ohren von Kaninchen auf-
fallen Hess, wobei er eine Seite derselben mit einer Lage von Chlorsilberpapier
belegte. Die hochampferigen Apparate ermöglichten den Durchtritt der Strahlen
in 20—25 Sekunden, während bei den besten der anderen Apparate 4 — 5 Mi-
nuten nötig waren. Die Apparate, bei welchen Eisenelektroden ange-
wendet werden, und welche eine grosse Zahl von ultravioletten Strahlen liefern,
erzeugen keine penetrierenden Strahlen und können auch bei der Therapie
des Lupus nicht in Betracht kommen.
Werther (32) gibt eingangs seines interessanten Vortrages zunächst
eine Schilderung vom Finsen Institute in Kopenhagen, in dem täglich etwa
150 Kranke, alle ambulant mit Licht behandelt werden. Es ist erwähnens-
wert, dass der Staat Dänemark (2^2 Millionen Einwohner!) 240000 Kronen
zinslos dargeliehen und 25000 Kronen jährlich für die Behandlung armer
Lupuskranker bewilligt hat. Gleichzeitig wurde ein Gesetz angenommen, nach
welchem bestimmt wurde, dass die Ausgabe der Kommune zur Behandlung
gewisser Krankheiten, darunter Lupus, nicht als Armenunterstützung betrachtet
werden sollen! ~ Sodann bespricht er genau die von Finsen mit seinem
Assistenten Dr. Reyn konstruierte kleine Lampe, welche bereits mit 17 Am-
pere brennt und welche das Kohlenlicht konzentriert und gekühlt in einer
Entfernung von etwa 30 cm vom Lichtbogen zu applizieren gestattet Diese
Finsen-Reynsche Lampe ist im Betriebe erheblich billiger, sie verwendet
das Kohlenbogenlicht, welches erwiesenermassen tief genug in die Haut wirkt,
in konzentriertem Zustande und vermeidet grössere Lichtverluste infolge ihrer
engen Konstruktion. Das Licht kann genau auf die zu behandelnde Stelle
lokalisiert werden und die Kühlung erlaubt beliebige Dauer der Anwendung.
Der Effekt der Belichtung, das Produkt aus Intensität und Dauer der Strah-
lung, kommt der ursprünglichen Finsenlampe mit 60 Ampfere gleich. Die
Sitzungen dauern pro Fall und Tag ^/i Stunden. Die Reaktion besteht meist
in einer Blasenbildung, soweit klinisch ersichtlich, manchmal nur in einer
Rötung, selten in Geschwürsbildung. Sie tritt nicht sofort nach der Bestrah-
lung, sondern erst am 1. oder 2. Tage auf. Sie heilt in etwa 8 Tagen ab
Becker, Verletzangen und chirurgische Krankheiten der Haut etc. 125
und hinterlässt in verschiedenem Grade Pigmentation. Über die Erfolge wird
eingehend berichtet.
Breiger (3), leitender Arzt der medizinischen Lichtheilanstalt Berlin,
bekennt sich im Gegensatz zu Finsen als ein Anhänger derjenigen Licht-
apparate, welche die Eisenelektroden des Dänen Kjeldsen statt des Kohlen-
lichtes Finsens benutzen. Das Eisenlicht wird erhalten, indem man an
Stelle der Kohlenelektroden hohle Eisenelektroden in einen elektrischen Strom-
kreis einschaltet. Durch diese lässt man konstant einen Strom kalten Wassers
zirkulieren, um einmal das zu rasche Schmelzen der Elektroden zu verhindern,
sodann aber auch um ein möglichst kaltes Licht zu erlangen. Nach diesem
Prinzip sind Lampen und Scheinwerfer konstruiert, deren Hauptunterschied
darin besteht, dass sie mit mehr oder weniger Ampere arbeiten, demnach
mehr oder weniger intensives Licht liefern. ;,Da nun die Lichtintensität im
Quadrat der Entfernung abnimmt, so geht daraus hervor, dass man mit einer
geringeren Amp^rezahl beim Eisenlicht dasselbe erreichen kann, wie mit dem
Kohlenlicht bei einer grösseren Ampferezahl, vorausgesetzt, dass auch sonst
das Eisenlicht dem Kohlenlicht gleichwertig ist.^ Auf die Einzelheiten der
Methode kann hier nicht näher eingegangen werden. Bemerkt soll nur
werden, dass Verf. Furunkel, die höchstens 24 Stunden alt sind, durch eine
einmalige Belichtung mit konzentriertem Eisenlicht von 1—2^/2 Minuten Dauer
zumeist mit Erfolg zur Rückbildung bringt. Kommt es aber nicht dazu, so
entwickelt sich jetzt eine so rapide Entzündung, dass der Furunkel in 6—24
Standen inzidiert werden muss.
Nach Schüler (28) bestehen die Vorteile der Behandlung mittelst Eisen-
lichtstrahlen darin, dass man nur mit 8—10 Ampere zu arbeiten braucht, die
Sitzung nur 10 Minuten dauert und die ganze Einrichtung bedeutend billiger
ist. Er empfiehlt die Dermolampe der elektrischen Gesellschaft Sanitas in
BerUn. Sicher ist, dass man bei oberflächlicher Hautentzündung im Eisen-
lichte eine äusserst gute und billige Behandlungsart besitzt, dass aber, wo
es sich um tiefere Gewebewirkungen handelt, wie beim Lupus vulgaris, nur
mit Finsens Apparaten etwas zu erreichen ist. Wegen der technischen
Einzelheiten verweise ich auf das Orginal.
Rieder (26) urteilt über die Finsen sehe Methode, dass sie jeder
anderen bisherigen Therapie überlegen sei, nicht bloss deshalb, weil sie
schmerzlos und unschädlich für den Organismus ist, sondern auch, weil durch
sie nur das kranke Gewebe zerstört, das gesunde aber erhalten bleibt. Das
kosmetische Resultat ist zudem ein sehr gutes, da eine glatte, weisse Narbe
zurückbleibt, welche von der umgebenden gesunden Haut kaum zu unter-
scheiden ist. Manche Fälle hartnäckiger tuberkulöser Erkrankungen wider-
stehen der Röntgenbestrahlung, während die Behandlung mit Finsenlicht fast
in allen Fällen zum Ziele führt. Auch Hautkrebse sind der eigentlichen
Lichtbehandlung, noch mehr aber der Röntgentherapie zugänglich und selbst
tief ersitzende, bösartige Neubildungen wurden mit Erfolg durch die Radio-
therapie bekämpft (? Ref.).
Will8(33) gibt zunächst eine historische Darstellung der Fin senschen
Entdeckung und geht dann im besonderen auf die Lupusbehandlung ein. Die
Borken sind anfangs zu entfernen, eventuell mit Pyrogallol oder Karbolsäure.
Stellen, welche man mit dem Kompressionsglase nicht anämisieren kann, wie
z* B. das Naseninnere, müssen mit Röntgenstrahlen behandelt werden. Beson-
ders dicke und infiltrierte Lupuspartien behandelt man zweckmässig mit Pyro-
126 Jahresbericht fflr Chirargte. I. Teil.
gallol und innerlicher Darreichung von Schilddrüsenextrakten. Auch hoch-
gespannte Teslaströme sollen mit Erfolg benutzt sein; Verf. hat darüber keine
eigenen Erfahrungen. Viele Fälle von Lupus widerstehen dem Finsenlicht;
am häufigsten beeinflusst werden Fälle, die erst kurze Zeit bestanden haben
und noch in keiner Weise chirurgisch angegriffen sind. Es ist, wenn auch
noch nicht erwiesen, so doch wahrscheinlich, dass, je kürzer die Wellenlänge
der Lichtstrahlen ist, desto wirksamer sie sind und je länger, desto mehr sie
in die Tiefe dringen. Sodann bespricht er die verschiedenen Lampensysteme,
insbesondere auch die mit Eisenelektroden und beschreibt genauer unter Bei-
fügung von Photogrammen eine von ihm erfundene mit Kohlen- und Eisen-
elektroden. Die Beschreibung lässt sich im Referate nicht kurz wiedergeben.
Obwohl er erst wenige Experimente damit gemacht hat, spricht er sich doch
hoffnungsvoll darüber aus.
Schmidt und M a r k u s e (27) berichten eingehend über die histologischen
Veränderungen lupöser Haut nach Finsenbestrahlung, welche sie bei drei
Patienten feststellen konnten. Im wesentlichen handelt es sich um Entzün-
dungs- und Degenerationsprozesse. Die mononukleären Rundzellen sind von
den Elementen des Lupusknötchens am meisten widerstandsfähig. Dagegen
gehen die Epitheloidzellen in oberflächlichen Knötchen zum Teil schon nacb
einmaliger Bestrahlung zugrunde. Zugleich sieht man eine diffuse Entzün-
dung der Haut mit Erweiterung der Gefässe und Auswanderung von poly-
nukleären Leukocyten, die einerseits in die Epidermis, andererseits in die
Lymphknötchen eindringen und sich gerade in diesen und in ihrer Umgebung
in besonders grosser Menge finden. Riesenzellen wurden selbst nach mehr-
facher Bestrahlung intakt angetroffen ; Verff. halten sie für sehr widerstands-
fähig. Stratum corneum und Stratum granulosum werden nur wenig, das
Stratum papilläre nie angegriffen. Es ist das für das kosmetische Resultat
wichtig. Drei Tafeln vorzüglicher mehrfarbiger Abbildungen erläutern die
Arbeit.
O'Brien (24) hält auf Grund einer einjährigen Beobachtungszeit die
Finsensche Lichtmethode bei der Lupusbehandlung für die bei weitem beste
von allen modernen Methoden, die eine viel allgemeinere Verbreitung ver-
diente, trotz ihrer Schattenseiten (Kostspieligkeit, kleine Bezirke nur angreif-
bar, daher zeitraubend). Er benutzt die französische Lampe nach Lortet-
Genoud, welche er genauer schildert. Vier Krankengeschichten mit Photo-
graphien der Kranken vor und nach der Behandlung veranschaulichen treffend
die Resultate.
Crede (4) stellte in der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu
Dresden einen 22 jährigen Arbeiter mit Lupus des Gesichtes vor, den er mit
einer von ihm konstruierten Art elektrischen Scheinwerfer wesentlich ge-
bessert, aber nicht geheilt hatte. Sein Apparat besitzt so ziemlich keine
Eigenschaft, die Finsen für nötig hält: er arbeitet nur mit 10 statt mit 70
bis 80 Ampere und verwendet die eigentlichen chemischen Strahlen statt der
ultravioletten, er macht nicht blutleer und komprimiert nicht; endlich wird
eine reaktionäre Entzündung nicht erzeugt. In der Diskussion, auf welche
verwiesen werden muss, wurde Crede heftig von Dermatologen angegriffen,
welche den Apparat für einen bedenklichen Rückschritt gegenüber dem F in sen-
schen erklärten, weil er keinerlei Tiefenwirkung entfalte, was beim Lupus
die Hauptsache sei.
Becker, Verletzaogen nnd chirurgische Krankheiten der Haot etc. 127
Eine yorzügliche kritische Arbeit über die Lichtbehandlung des Lupus
und anderer Hantkrankheiten haben Morris und Dore (21) geliefert, welche
jedem, der sich genauer auf diesem Gebiete orientieren will, zum lesen em-
pfohlen werden muss, da ein Referat mit der wünschenswerten Ausführlich-
keit nicht die Einzelheiten wiedergeben kann. Nach einer historischen Ein-
leitung besprechen die Verff. ihre eigenen Resultate, welche, da es sich meistens
um sehr ausgedehnte und bereits seit langer Zeit bestehende Erkrankungen
handelte, nicht sehr brillant zu nennen sind. Von 65 Fällen von Lupus
vulgaris blieben elf während eines Zeitraumes von V« — 2 Jahren rezidivfrei
(alles leichte Fälle). In 15 Fällen blieben kleine Stellen zurück, ans denen
sich leichte Rezidive entwickelten und noch in Behandlung sind. 14 Fälle
waren nicht völlig geheilt; in zwei von ihnen treten besonders Geschwürs-
fläclien in die Erscheinung, welche ihrerseits unter Röntgenbestrahlung sogleich
zur Vemarbung gebracht wurden. Insbesondere lieferte letztere Methode überall
dort gute Resultate, wo es sich um Lupus der Schleimhäute handelte, weil
hier die F in senschen Kompressionslinsen nicht angelegt werden konnten.
Von elf Fällen von Lupus erythematodes wurden sieben wesentlich
gebessert (einer völlig geheilt; sechs unterbrachen noch nicht völlig geheilt
die Behandlung). Bei den übrigen war die Behandlung teils unwirksam, teils
noch nicht abgeschlossen. Röntgenbehandlung wurde in keinem Falle ver-
sucht, Unter 27 Fällen von Ulcus rodens wurden mit der kombinierten
Finsen-Röntgenmethode günstige Erfolge 12 mal erzielt, wenn auch meistens
kleine, leicht zu entfernende Rezidive auftraten. In neun von diesen 27 Fällen
bestand keine Ulzeration und das Leiden hatte nur eine geringe Ausdehnung.
In einzelnen Fällen trat unter X-Strahlen eine sehr heltige Dermatitis auf,
unter der das Geschwür heilte. In elf Fällen wurde die Behandlung nicht zu
Ende geführt, drei sind noch in Behandlung. — Verff. kommen sodann auf
das Verhältnis der Finsen- zur Röntgenmethode zu sprechen und konsta-
tieren, dass es Fälle gibt, die mittelst der einen geheilt werden können, wäb-
rend die andere versagt und umgekehrt. Der Grund für dieses differente Ver-
halten ist nicht ersichtlich. Sodann besprechen sie genauer die verschiedenen
Lampen und fassen dann kurz das Ergebnis zusammen. Nachteile: Lange
Dauer der Behandlung oft bis zu drei Jahren, bei täglich einer Stunde Dauer,
Schmerzhaftigkeit der Behandlung, Gefahren der Dermatitis und die Kosten.
Vorteile: Ausgezeichnete kosmetische Resultate, gute Narben, Behandlung
ohne Narkose und Zuverlässigkeit derselben. Ungünstige Vorbedingungen
sind: 1. Alle Momente, welche das Durchdringen der Lichtstrahlen verhindern,
(Pigmentation, brünetter Teint, dicke Haut, grosse Tiefe und Entzündung der
Haut, Narben früherer Behandlung und Blutfülle) ; 2. grosse Ausdehnung der
Erkrankung ; 3. unerreichbare Körperteile (Schleimhäute); 4. allgemeine Fak-
toren, wie a) Alter (je älter, desto ungünstiger), b) Geschlecht (Männer haben
zu wenig Zeit zur Behandlung wegen ihres Berufes), c) Prädisposition (Skrofu-
löse, Tuberkulose in der Familie und beim Kranken selbst), d) ungünstige
Wohnungsverhältnisse (Schmutz, Armut). Hinsichtlich der Frage der Rezidive
stehen die Verff. auf dem Standpunkte, dass man die Kranken zwei, drei und
mehr Jahre unter Aufsicht haben muss, um jedes Rezidivknötchen, sobald es
iö die Erscheinung tritt, zu behandeln. Zum Schluss folgen sechs Kranken-
geschichten mit photographischen Bildern vor und nach der Behandlung,
welche allerdings in vorzüglicher Weise den Wert der Methode illustrieren.
In einer ergänzenden zweiten Arbeit (22) besprechen dieselben Autoren
128 Jafaresbericht für Chirurgie. I. Teil.
im besonderen die Behandlung mit Röntgenstrahlen, deren günstigen Einfluss
sie bei Lupus, Ulcus rodens und Karzinom beobachten konnten. Beim Kar-
zinom allerdings drücken sie sich sehr vorsichtig aus. Sie glauben, dass die
reaktive Entzündung das wirksame ist. An ausgeschnittenen Tumorstücken
konnten sie mikroskopisch den Untergang der Epithelzellen feststellen; das
Bindegewebe scheint nicht beeinflusst zu werden. In einem Falle konnten sie
in 50 Sitzungen bis zu '/* Stunde Dauer einen Knoten auf die Hälfte redu-
zieren. Bei der Lupusbehandlung halten sie die unterstützende Wirkung von
Medikamenten für sehr wichtig. Rezidive müssen, sobald sie bemerkt werden,
sofort wieder in AngriflF genommen werden.
Tappeiner und Jesionek (29) treten in einer kurzen Mitteilung auf
Grund nur weniger Beobachtungen, welche sich überdies nur auf einen Zeit-
raum von zwei Monaten erstrecken, mit der Behauptung auf, dass man Hant-
karzinome, tuberkulöse, lupöse und syphilitische Hauterkrankungen günstig
beeinflussen könne, wenn man sie mit fünfprozentiger wässeriger Eosinlösnng
bepinsele und solange als irgend möglich unter ständiger Bepinselung dem
Sonnenlicht aussetze. In einigen Fällen haben sie auch die Flüssigkeit in das
gesunde Nachbargewebe injiziert. Aus den mitgeteilten wenigen Kranken-
geschichten kann man höchstens eine günstige Beeinflussung, keine einzige
Heilung bislang ersehen, sodass man wohl zunächst die in Aussicht gestellte
ausführliche Publikation abwarten muss.
Ausgehend von der verschiedenen Beurteilung, welche die modernen
phototherapeutischen Methoden finden, verlangt Philippson (25) eine präzi-
sere Unterscheidung der einzelnen Krankheitsbilder des Lupus; in die eine
Gruppe gehören jene Fälle, bei welchen die Krankheit durch äussere Infektion
entstanden ist, in eine zweite jene, bei denen es sich um eine Infektion der
Haut seitens eines tuberkulösen Herdes im Innern des Organismus handelt;
er unterscheidet also einen primären von einem sekundären Lupus. Der
sekundäre Lupus beginnt bereits in der Kindheit und begleitet den
Kranken zeitlebens, ihm das Leben verleidend. Ihren Ursprung nimmt die
Hautkrankheit auf metastatischem Wege seitens tuberkulöser Herde in benach-
barten Organen (Knochen, Gelenke, Lymphdrüsen, Nasenschleimhaut), wobei
zu beachten ist, dass der Lupus erst nach Abheilung dieser Affektionen zum
Ausbruch kommen kann. Aber auch aus entfernteren Organen kann das Gift,
das irgendwo an der Hautdecke seine Wirkung entfaltet, herstammen, z. B.
aus tuberkulösen Mesenterial- und Bronchialdrüsen, insbesondere spielen hier
^jSkrofulöse*' Zustände eine Rolle im Kindesalter. Der primäre Lupus
dagegen ist nichts anderes als eine lokale Infektion eines bis dahin gesunden
Menschen. Unter Berücksichtigung seines gutartigen Charakters schlägt Verf.
die Bezeichnung „tuberkulöses Granulom" vor, um die Unterscheidung vom
sekundären Lupus dadurch zu erleichtem.
Diese, seine Auffassung, dass der Lupus keine einheitliche Kranheit sei,
dass unter diesem Namen zwei gänzlich verschiedene Krankheiten zusammen-
gefasst werden, glaubt Verf. durch das Verhalten der verschiedenen Fälle
gegenüber der Therapie bestätigt zu finden. Die Behandlung muss auf die
Entstehung des Leidens Rücksicht nehmen, genau individualisieren und unter-
scheiden, ob der Krankheitsherd einer Dermotherapie zugänglich sei oder ob
chirurgische Behandlung erforderlich ist.
Gamlen (12) hat 12 Fälle von Lupus mit Röntgen- und Finsenlicht
abwechselnd behandelt und im allgemeinen gute Resultate erzielt. Die
Becker, Verletzungen und chimrgiscfae Krankheiten der Haut etc. 129
Röntgenbestrahlung macht er so, dass er zwei bis drei Sitzungen wöchentlich
mit weichen Röhren bei 6 — 8 Ampere und 40 Volt etwa 3 — 5 Minuten lang
Tomimmt. Dadurch erzielt er eine leichte reaktive Entzündung. Will er
Tiefenwirkung erzielen, so benutzt er harte Röhren. Er betont besonders,
dass die Apparate vom Arzte, nicht vom Wartepersonal überwacht werden
müssen. 11 Krankengeschichten mit guten photographischen Abbildungen
Tor nnd nach der Behandlung erläutern das Gesagte.
Bowker (2) teilt ausführlich die Krankengeschichten von sieben
Lnpaakranken mit, die er auf die verschiedenartigste Weise mit Erfolg be-
handelt hat: die Hauptbehandlung besteht in Einspritzungen von Tuberkulinum
Kochii und innerlicher Verabreichung von Arsenik, femer in Exstirpation der
«rkrankten Gewebe und Deckung mit Thierschschen Läppchen.
Fox (11) Vorführung eines mit Röntgenstrahlen behandelten Lupus-
falles, ohne Besonderheiten. In der Diskussion wird auch Ätzung mit Karbol-
saure empfohlen.
Dreuw (6) schildert die an Unnas Poliklinik übliche Lupusbehandlung
folgendermassen: Die lupösen Herde werden durch Äthylchloridspray voll-
standig vereist und während sie noch vollständig mit Eismassen bedeckt sind
mit einem Wattebausch, der um die Spitze eines Holzstäbchens gewickelt
and dann in Acidum hydrochloricum crudum (auf letztere wird besonderes
Gewicht gelegt) getaucht ist, fest unter Druck eingerieben solange, bis Schmerz-
haftigkeit eintritt. Es bildet sich dann namentlich dort, wo die Knötchen
sitzen, eine weisslichgraue Verfärbung. In dem Momente, wo der Patient
über brennenden Schmerz klagt, wird wieder vereist und dann tüchtig einge-
rieben, solange bis die zu behandelnde Stelle grauweiss erscheint. Der rohen
Salzsäure wird, nach den mikroskopischen Präparaten zu urteilen, eine elek-
tive Wirkung auf die Lupusknötchen zugeschrieben, während das gesunde
Gewebe angeblich verhältnismässig weniger angegriffen werden soll. Der beim
Einreiben verwendete Druck muss so st^rk sein, als es der Patient irgend
ertragen kann. Nacheinander werden etwa talergrosse Bezirke in Angriff
genommen. Es bilden sich nach 2—4 Tagen Borken, die nach 8 — 14 Tagen
mit den Lupusknötchen abfallen und binnen vier Wochen mit glatter Narbe
yerheilen. Das Verfahren ist billig und gut. Tuberkulöse Ulzera und Granu-
lationen sollen besonders günstig beeintlusst werden.
Duroux (8) hat in der inneren Klinik zu Lyon unter Professor
Gailletons Leitung den Lupus mit rotglühendem Eisen alle fünf Tage ge-
stichelt und in der Zwischenzeit Kompressen mit Pikrinsäure (1:50 bis 1:100)
auflegen lassen. Das letztere Mittel soll den Kautherisationsschmerz lindem
imd die Vemarbung beschleunigen. Die Erfolge sollen gut sein und noch
besser als nach Finsens Methode.
Gilchrist und Stokes (13) beobachteten bei einem 16jährigen Neger-
mädchen eine eigentümliche Erkrankung. Bei dem aus gesunder Familie
stammenden Mädchen entwickelten sich am inneren Augenwinkel beiderseits
eigentümliche Eruptionen, die immer grösser wurden und schliesslich Nasen*
flügel und Wange einnahmen. Später schwollen auch die Kieferdrüsen an.
Die Uvula war fast zerstört, im Rachen und Kehlkopfe fanden sich Narben.
Die Hauteruptionen stellten sich als mit Borken bedeckte dunkelrote Ge-
schwäre von dem Charakter des Lupus dar. Später fanden sich an der
Oberlippe und am linken Nasenloche stecknadelkopfgrosse gelbe Knötchen —
keine Tuberkel. In mikroskopischen Schnitten sah man tuberkulöses Gewebe
Ja]tfe8Urielit fflr Ghirnrgie 1908. 9
130 Jahresbericht f&r Chirurgie. I. Teil.
mit Biesenzellen, in denen runde und ovale, doppelt konturierte Körperchen
lagen, welche bei Salzsäurezusatz Eohlensäurebläschen entwickelten; es waren
mithin Körperchen von kohlensaurem Kalk. Tuberkelbazillen wurden nie ge-
funden. Das Mädchen wurde im Laufe mehrerer Jahre mehrfach aufge-
nommen wegen Rezidiven; der histologische Befund war stets der gleiche.
Kulturen mit den yerschiedenartigsten Nährböden gelangen nie, wohl aber
Tierversuche (Hund, Kaninchen, Meerschweinchen), indem stets dieselben
Körper in den Bauchorganen der Tiere gefunden wurden. Über die Natur
dieser Körper konnten Verff. ein Urteil nicht abgeben. In der Diskussion
wurde bestritten, dass es sich um Lupusveränderungen handele, wohl aber
zugegeben, dass es derartige Körper gebe.
Im Anschluss an eine Demonstration Lassars über bovine Impf tuber*
kulose in der Berliner medizinischen Gesellschaft hatte eine bedeutsame Dis-
knssion zwischen Orth und Schütz stattgefunden über die Frage, „welche
Bedeutung der Mischinfektion für das Entstehen von Hauttuberkulose beizu-
messen sei.'' Während nach Orth und anderen Autoren die den Tuberkel-
bazillen beigemengten Mikroorganismen das Auftreten von Tuberkulose in der
Haut begünstigen, ist Schütz entgegengesetzter Meinung. Er meint, dass
das reintuberkulöse Material am leichtesten Hauttuberkulose hervorruft und
dass, wenn durch Infektion mit Mischmaterial der Mensch sich an der Haut
mit Tuberkulose infiziert^ die Infektion nicht infolge, sondern trotz der Sepsis
auftritt. Von Julius Meyer (20) an einigen Meerschweinchen angestellte
Experimente sprechen für die Richtigkeit der Orthschen Ansicht.
Böhm (1) beobachtete bei einem 26jährigen Fleischer eine primäre
Hautaktinomykose. Die Haut war massig gerötet, infiltriert und mit hasel-
nuss- und erbsengrossen Abszessen durchsetzt. Der Abszesseiter enthielt
typische Drusen. Wahrscheinlich ist die Infektion so erfolgt, dass der Patient
das Fleisch aktinomykotischer Rinder zur Bearbeitung bekam und sich mit
den schmutzigen Fingern hinten im Nackhaar gekratzt hat.
Eine weitere Beobachtung stammt von Dreyfus (7), der bei einem
10jährigen Knaben primäre Hautaktinomykose feststellte. Ätiologie unsicher.
Die Fälle sind bislang noch sehr selten.
In seiner unter Wolters (Rostock) Ägide entstandenen Dissertation
behandelt mit staunenswertem Fleisse der Japaner Kazuma Kaku (18) die
Frage der Exzision des syphilitischen Primäraflfektes. Aus der Literatur stellt
er 1403 und aus eigener Praxis in Japan 13 Fälle zusammen. Nach gründ-
licher Desinfektion reinigt er das Operationsgebiet erst mit 4^/o dann mit
ö^/o Karbollösung, exzidiert weit im Gesunden und vernäht. Mit Rücksicht
darauf, dass das syphilitische Gift, sobald die Initialsklerose auftritt, bereits
seit Wochen den ganzen Körper durchseucht hat, kann von einer Abortiv-
methode der Syphilis natürlich keine Rede sein. Er hält auch die wenigen
in der Literatur verstreuten positiven Fälle — er selbst hat nur negative —
für unzuverlässig und führt die Operation bei günstigem Sitz der Sklerose
aus, leitet gleichzeitig aber die Allgemeinbehandlung ein, um Sekundär- und
Tertiärerscheinungen zu verhüten. Die vorzügliche Arbeit kann gar nicht genug
zum Studium empfohlen werden.
Eine zweite bei demselben Lehrer entstandene Arbeit des Japaners
Tokujiro Suzuki (30) behandelt eingehend die Geschichte der Syphilis im
Altertume speziell in China und Japan, kann aber in diesem Jahresberichte
nicht eingehend besprochen werden; hochinteressant ist sie.
Becker, Verletrangen und chinirgische Krankbieiten der Haut etc. 181
Bei zwei unter dem Bilde eines weit verbreiteten Ekzems oder einer
universellen Dermatitis exfoliativa verlaufenden Fällen von Quecksilberderma-
titis fand Hoffmann (14) erhebliche histologische Veränderungen, welche
.sowohl die Epidermis, als auch das Eorium betrafen und mit einer Veränderung
der Zusammensetzung des Blutes einhergingen. Hochgradige Wucherung der
Stachelschicht, kenntlich durch zahlreiche Karyokinesen , Verlängerung der
Retezapfen, starke Verdickung der meist unter Mangel einer Körnerschicht
gebildeten lamellösen oft kernhaltigen und von eiweissreichem Exsudat durch-
setzten Hornschicht zeigte die Epidermis, während die Kutis sehr hoch-
gradige Schwellung der Papillen, äusserst starke Erweiterung der papillären
und subpapillären Gefässe mit Schwellung und Teilung der Endothelien und
ein reichliches perivaskuläres Rundzelleninfiltrat mit auffallend zahlreichen
eosinophilen Zellen erkennen Hess. Neben anderen Leukocyten fanden sich
in sehr grosser Zahl eosinophile Zellen sowohl in Gefässdurchschnitten der
oberen Koriumschichten (meist wandständig) als auch auf der Wanderung in
den interspinalen Räumen des Rete und oft besonders stark angehäuft in
dem eiweissreichen Exsudat der verdickten Hornschicht. Entsprechend dieser
lokalen Eosinophilie zeigte das Blut eine geringe oder massige Leukocytose
mit hochgradiger Vermehrung der eosinophilen Zellen, welche bis zu 49 ^/o
aller weissen Blutkörperchen ausmachten« Auch bei schnell vorübergehenden
Hg-Erythemen war neben geringfügigen histologischen Veränderungen lokale
und Bluteosinophilie geringen Grades nachweisbar.
Finsens (10) Abhandlung über die Behandlung der Blattern mit rotem
Lichte hat für Chirurgen kein besonderes Interesse.
4. Progressire ErnShmngsstömiigeii.
a) Hypertrophie.
-1. Baginsky, Schwelltug der ganzen KOrperhant. Berliner med. Gesellschaft Deutsche
med. Wochenschrift 1908. Vereinsbeilage p. 117.
% *Brexendorff, Über Haataffeküonen bei Pseudolenkftmie. Diss. Jena 1903.
3. *6eerling, £in Fall von Sclerodermia diffusa. Diss. Manchen 1903.
4 B. Gerschuny, Über die operative Behandlung der Elephantiasis. Russisches Archiv
für Chirurgie 1903. Heft 3.
5. Guth und Rosenfeld, Sklerodermie und Myosklerose. Prager med. Wochenschrift
1903. Nr. 31.
6. Harm, £inFall von Sclerodermia diffusa et circumscripta mit Sklerodaktylie bei einem
neunjährigen Mftdchen. Dissertation Rostock.
7. ^Hoffmann, Über Retention von Talgdrflsensekret mit Erhaltung des zelligen Cha-
rakters innerhalb der Hornschicht Archiv für Dermatol. u. Syphilis. 64. Bd. 2. Heft.
3. D'Hdtel et Guelliot, Volumineuz molluscnm ^löphantiasique (Dermatolysis). Le
Progrto mädical 1903. Nr. 16.
9. ^Paulus, Elephantiasis arabuni. Diss. Bonn 1903.
10. ^Stanischew, Zur Kasuistik der Sklerodermie. Diss. Berlin 1902.
11. Stoney, A case of elephantiasis : Operation under difficulties in Uganda. British
medical Journal 1903. Aug. 15.
12. *Tittel, Über Elephantiasis, insbesondere in ihrer ätiologischen Beziehung zum Trauma.
Diss. Leipzig 1903.
11 *W sichert. Über einen Fall von Fibroma moUuscum mit Hautatrophie. Dissertat.
Leipzig 1903.
Ralf Stoney (11) in Uganda erhielt vom König von Ankole den
ehrenvollen Auftrag, einem Mhimahäuptlinge den elephantiastischen Hoden*
sack, welcher grösser als ein Fassball war and den Mann am Gehen hinderte,
9*
132 Jahresbericht fOr Ohirargie. I. Teü.
zu entfernen. Das Leiden bestand schon zehn Jahre und war durch Epilepsie
kompliziert. Die Operation ging auf einem improvisierten Operationstisch
ans Bambusstäben vor sich. Das Chloroform war schon alt und wirkte nicht
recht. Als Maske diente ein Zinntopf, dessen Boden durchrostet war, an-
gefüllt mit einigen Lappen; dieser wurde von einem eingeborenen Polizisten
dem Opfer über Mund und Nase gestülpt. Um Blutleere zu erzeugen, wurde
ein Turniket um den Tumor geschnürt, über dem Bauche gekreuzt und in
der Nierengegend wieder zurück auf den Rücken geführt und dort geknotet.
Mit einer Schere wurde zunächst von der Vorhaut bis zur Wurzel der ganz
atrophische Penis aus der Masse befreit, sodann die beiden an dünnen Samen-
strängen hängenden haselnussgrossen Hoden isoliert und dann der gesamte
elephantiastische Tumor abgeschnitten. Nach mehreren Unterbindungen
wurden die Testikel auf den Damm disloziert und durch Hautlappen bedeckt.
Ein Chloroformkollaps wurde mit Strychnin und Brandy bekämpft. Drei
Wochen später soll bei normalem Wundverlaufe der Penis erfreulicherweise
wieder eine ,, völlig normale Gestalt^ gehabt haben. (Das gleiche wird leider
von den Testikeln nicht beriditet.) Die Masse wog 12 Pfund.
Gerschuny (4) beschreibt einen Fall von Elephantiasis des linken
Oberschenkels, des Skrotums und des Präputiums bei einem 22jährigen
Manne. Durch Exzision grösserer Segmente aus der Haut und dem subkutanen
Gewebe wurde eine bedeutende Besserung der Beschwerden erzielt.
Hohl b eck (St. Petersburg).
Harm (6) gibt in seiner Rostocker Dissertation einen guten Überblick
über die Frage der Sklerodermie und belegt durch Mitteilung eines gut
beschriebenen Falles die Ansicht seines Lehrers Wolters, dass kein ana-
tomischer Unterschied zwischen der diflfusen und zirkumskripten Form besteht.
Die Behandlung des Falles war erfolglos. Ein interkurrentes Erysipel, sowie
Thiosinamin-Injektionen schienen einen geringen Einfluss zu haben.
Guth und Rosenfeld (5) teilen zwei Fälle von Sklerodermie mit,
deren einer mit Myosklerose vergesellschaftet war, während der andere den
Symptomenkomplex der Raynaud sehen Krankheit darbot. Beide Fälle
liefern nach ihrer ganzen Pathogenese der Anschauung eine Stütze: die
Sklerodermie sei eine vasomotorisch trophische Neurose.
D'Hötel und Guelliot (8) beschreiben ein kolossales Molluscum
elephantiasticum oder Dermatolysis bei einem Manne in dem besten
Alter. Aus einem angeborenen Naevus pigmentosus der rechten Schulter
hatte sich innerhalb eines Zeitraumes von 33 Jahren ein kolossaler Tumor
'gebildet, der wie ein weiter Ärmel eines Priestermantels von der rechten
Schulter bis zum Ellenbogen herabhing. Die Haut war verdickt, rissig und
faltig, das Unterhautzellgewebe ödematös, am tiefsten Punkte trat Hautgan-
grän ein. Der Tumor wurde exstirpiert und die meistens 2 cm dicke Haut
durch Nähte vereinigt. Die Haut erwies sich als hypertrophiert und ödematös.
Es erfolgte Heilung.
Baginsky (1) stellte in der Berliner medizinischen Gesellschaft ein
Kind vor mit eigentümlicher Schwellung der ganzen Körperhaut, die sich wie
derbes Gummi anfühlt; das ganze Unterhautzellgewebe ist ergriffen. Kein
Myxödem, kein Skleroderma, wie ein zum Vergleich vorgeführtes Kind zeigt.
Er hält die Affektion für ein noch nicht beschriebenes Leiden und nennt sie
Staitinoderma. Lassar hält sie für eine Art von Sklerom, die er häufiger
gesehen habe.
Becker, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Haut etc. 13B
b) Geschwülste.
1. *Adenot et Th^yenot, Note aar denx cas de fibromyomes de la peau. Archives
provinciales 1908. Nr. 10.
i. Beck (New -York), Durch Operation geheilter Fall von Angioma racemosum. New-
Yorker med. Monatsachrifb 1903. Dezember.
t, Ton Beck, Lymphangiom. Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
1903. Teil I. p. 126.
4. Ton Bramann, Lymphangiom. Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft fQr Chi-
rurgie 1908. Teil L p. 125.
5. ^Christian, Über das gutartige Epitheliom der Haut. Diss. Berlin 1903.
6. Delbanco, Diffuses Lymphangiom der tieferen Schichten der Haut Ärztlicher Verein
Hamburg. Münchener med. Wochenschrift 1908. Nr. 27.
7. ^Frank, Naevi pigmentosi disseroinati bei hochgradigem, stetig zunehmenden Hydro-
kephalns eines neugeborenen Kindes. Diss. München 1903.
3. Johnston, Fibrosarcoma cutis. Journal of cutaneous diseases 1903. January.
9. K at h o li c k i , Ein Fall von Lymphangiom des Vorderarmes. Verhandlungen d. Deutsch.
Gesellschaft für Chirurgie 1903. Teil I. p. 61.
10. *Laignel Lavastine, Corne cutan^e. Bull, et möm. de la soc. anat. de Paris 1903.
11. Morestin, Tumeur maligne d'origine cutanöe sur les limites de la r^on mammaire
et de Taisselle. Bull, et mäm. de la soci^t^ anatomique de Paris 1908. Nr. 4.
12. Payr, Lymphangiom. Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chii-urgie 1908.
Teil L p. 125.
13. Pelagatti, Die Hautsarkomatose. Monatshefte f. prakt. Dermatologie 1903. Bd. XXXV.
Nr. 6.
14. Bavenn», Beitrag zur Histogenese der melanotischen Hautgeschwülste. Virchows
Archiv. Bd. 171.
15. Sequeira, Further observations upon the treatment of rodent ulcer by the x rays.
British medical Journal 1908. June 6.
IS. Stangl, Zur Kenntnis der perjthelialen Blutgefässtumoren der Haut. Zeitschrift für
Heflkunde 1903. Bd. XXIV. Heft 6.
17. Taylor, Die Behandlung der Hautkrebse mit Röntgenstrahlen. Liverpool Medice-
Chirurgie Journal 1902. October.
18. Wende, Sarcomatosis cutis. The Journal of cut. diseases 1903. July.
19. Williams, The use of the x rays in the treatment of diseases of the skin, certain
forma of Cancer, of the glandulär System and of other diseases, and as a means of
relieving pain. Medical News 1908. Oct. 3.
Unvergesslich wird den Besachem des Chirurgenkongresses 1903 der
«chöne von Katholicki (Brunn) (9) vorgestellte Fall von Lymphangiom des
Vorderarmes mit anschliessender Diskussion bleiben. Es war ein 14jähriger,
seit 4 Jahren vom Verf. beobachteter Knabe, mit den allerschwersten Ver-
änderungen am linken Vorderarme. Das Lymphangiom betraf anfangs nur
den Daumen, der zu einem kurzen, dicken, weichen, kompressiblen Stumpfe
verändert war. Vom Daumen breitete sich die Krankheit auf Handrücken,
Hohlhand und Vorderarm aus, um an der Ellenbeuge Halt zu machen. Jeg-
liche Behandlung war erfolglos. Bei der Vorführung des Kranken sah man,
dass die linke Hand und Finger stark geschwollen und gedunsen waren. Der
Vorderarm ist verkürzt, verdickt, schmutzig-rotbraun gefärbt, die Haut sehr
prall gespannt, glatt. Hand und Finger sind durchscheinend. Man kann
überall die weich und polsterartig sich anfühlende Haut leicht und tief ein-
drücken. Beim Nachlass des Druckes füllt sich die Grube sofort wieder aus
nnd man hat das Gefühl eines mit Flüssigkeit gefüllten Sackes unter dem
betastenden Finger. Man kann sogar, wenn auch unter Erzeugung von
Schmerz, Finger und Hand durch langsame Kompression von ihrem Inhalte
befreien und die Flüssigkeit bis gegen das Ellbogengelenk hinauf verdrängen.
Dann bleibt nur noch ein leerer Sack von Haut zurück, in dem man die
134 Jahresbericht für Chinirgie. I. Teil.
Reste von PhalaDgen als kleine, dänne Enochenstückchen deutlich hindurch-
fühlen kann. Auch der Vorderarm fühlt sich weich und teigig an und zeigt
schwappendes Gefühl bis zum Ellbogengelenk hinauf. Kadius und Ulna lassen
sich durchtasten. An Röntgenbildern erkennt man, dass die Knochen der
Finger und Hand nur noch in Resten vorhanden sind; die Handgelenksepi-
physen sind gelöst; die Ulna zeigt in der Mitte eine Fraktur und ist im
unteren Drittel defekt durch Usurierung. Das Capituluni radü ist luxiert,
Olekranon und Trochlea arrodiert. Der Arm kann nur auf einer Schiene
getragen werden. Reste von Muskeln und Sehnen sind noch vorhanden. Die
einzig mögliche Therapie ist Amputation. Payr (12) hat erfolgreich einen
mannsfaustgrossen Tumor in der Wange eines 17 jährigen Jungens durch
Einführung von 42 Magnesiumpfeilen in sechs Sitzungen innerhalb acht Mo-
naten behandelt. Er verfügt über 8 oder 9 derartig behandelte Fälle, von
Bramann (4) behandelte einen Fall von Lymphangiom am Vorderarme aber
ohne Knochenatrophie mit Punktionen und Injektionen von Jodoformglyzerin.
Als einige Besserung erzielt war, entzog sich die Patientin der Behandlung.
Endlich hat von Beck (3) einen ähnlichen Fall gesehen.
Delbanco (6) demonstrierte im Hamburger ärztlichen Vereine ein
11 jähriges Mädchen mit einem angeborenen diffusen Lymphangiom der tieferen
Schichten der Haut am linken Oberschenkel. Das Gewebe war derb anzu-
fühlen und enthielt zahlreiche auf Druck nicht verschwindende, über die
Oberfläche hervorragende Bläschen von Erbsen- bis Tautropfengrösse. Der
Inhalt ist hellserös oder infolge von Blutungen blau gefärbt. Nach der mi-
kroskopischen Untersuchung sind die Bläschen der Ausdruck einer Lymph-
stauung im oberen Teile der Haut; die weiten Maschenräume entbehren des
Endothels. Ein weiteres Literesse beansprucht der Fall durch eine Musku-
latur und Knochen (Röntgenbild) umfassende Hypoplasie des Unterschenkels
und des Fusses — eine Entwickelungsstörung infolge des Lymphangioms.
Trömner schliesst sich auf Grund der neurologischen Untersuchung des
Falles dem Vorredner an.
Sequeira (15) hat seit 1901 etwa hundert Fälle von Ulcus rodens mit
Röntgenbestrahlungen behandelt. Er nimmt auf Grund mikroskopischer Bilder
an, dass die Zellkerne zerstört werden und die Zellleiber fettig degenerieren;
gleichzeitig entsteht eine kleinzellige Infiltration. Neben der Degeneration
der Epithelzellen besteht eine Wucherung des Bindegewebes. Kleine Herde
werden natürlich mit dem Messer exstirpiert. Dagegen eignen sich für die
Röntgentherapie sehr ausgedehnte Erkrankungen und solche am inneren Lid-
winkel und überhaupt in der Nähe der Augenlider, weil hier die kosmetischen
Resultate aller Plastiken nicht so ideal ausfallen. In zwei sehr rebellischen
Fällen hat er keine Heilung erzielt. Viele seiner ältesten Fälle sind rezidiv-
frei, darunter ein sehr ausgedehntes Ulcus rodens von ISjähriger Dauer nach
3 monatlicher Behandlung seit 2^^ Jahren geheilt. Viele Fälle länger als
ein Jahr rezidivfrei. In etwa der Hälfte der Fälle traten leichte Rezidive
auf, welche unter erneuter Behandlung endgültig heilten. Kleine Herde heiles
nach etwa einem Dutzend Bestrahlungen, grössere Höhlen erst nach Monaten.
Gewöhnlich wird ein um den andern Tag, bei sehr ausgedehnten Ulzerationen
auch wohl täglich bestrahlt. Eine Verbrennung zu erzeugen, ist nicht nötig.
Die umgebende gesunde Haut wird durch Bleimasken geschützt. Er hält
nach seinen Erfahrungen die Röntgentherapie in allen denjenigen Fällen far
Becker, Verletzangen and chirurgische Krankheiten der Haut etc. 135
ein gates Heilmittel, wo operative Entfernung nicht ausführbar ist. Zwei
Fälle sind durch Photogramme vor und nach der Behandlung illustriert.
Taylor (17) gibt Beschreibungen und Abbildungen von vier Fällen von
Hautkankroiden des Gesichts, welche durch Röntgenstrahlen geheilt (drei)
bezw. wesentlich gebessert (einer) wurden. Man muss stets genügend be-
strahlen, um einen gehörigen Ätzschorf zu erzielen. Hat die Neubildung
bereits den Knochen ergriffen, so ist wohl wesentliche Besserung, aber kaum
völlige Heilung zu erzielen. Auffällig ist das rasche Verschwinden der Schmerzen
and die Verringerung der Eiterung selbst in sehr schweren Fällen.
In dermatologischen Zeitschriften findet man immer noch zahlreiche Be-
schreibungen von Hautsarkomen, welche dem chirurgischen Begriffe des Sar-
koms nicht entsprechen. Es werden darunter Fälle von sehr chronischem
Verlaufe beschrieben, die fast nie Metastasen und keine Kachexie machen
und nur durch ihre Ausdehnung dem Träger lästig fallen. Derart ist auch
ein von Johnston (8) beschriebener Fall von Spindelzellensarkom. Das
mikroskopische Bild rechtfertigt wohl die Diagnose, nicht aber das klinische.
Es wäre zu wünschen, dass eine Einigung zwischen den beiden Spezialwissen-
schaiten herbeigeführt würde.
Pelagatti (13) versucht auf Grund von sieben Fällen das Gebiet der
Hautsarkomatose zu klären und ordnet die beiden Hauptgruppen der jy^eLV-
kome** und „Sarkoide^ in verschiedene Untergruppen. Die Chirurgie hat nie
mit dieser dermatologischen Auffassung sympathisiert. Wen es interessiert, der
lese das Original.
Wende (18) stellt im Anschluss an einen von ihm beobachteten tödlich
verlaufenden Fall von Hautsarkomatose (Kaposi), dessen genaue klinische und
mikroskopisch-pathologische Beschreibung lesenswert ist, folgende Leitsätze auf:
1. Die Hautsarkomatosis (Kaposi) ist eine klinisch gut charakterisierte
Krankheit.
2. Sie befällt hauptsächlich Erwachsene. Sie beginnt in Form kleiner
tief in der Haut gelegener Papeln, welche allmählich eine bestimmte Grösse
erreichen, aufbrechen^ eitern und wuchernde Granulationsflächen zurücklassen.
3. Histologisch bestehen sie aus Rundzelleninfiltrationen in den tieferen
Schichten der Haut in der Umgebung der Blutgefässe, Haarfollikel, Schweiss-
drosen und Lymphspalten. Die Ätiologie ist noch dunkel; offenbar handelt
es sich um eine Infektionskrankheit.
4. Mikroskopisch besteht zwar eine grosse Ähnlichkeit mit der Mycosis
fangoides, klinisch ist aber das Auftreten so abweichend davon, dass die
beiden Erkrankungen leicht von einander zu scheiden sind. Ebenso ist eine
Verschmelzung mit Syphilis, Lymphoderma, Blastomycosis und Carcinomatosis
kaum möglich.
In der Diskussion über diesen auf der Jahresversammlung amerikani-
scher Dermatologen (Mai 1903) in Washington gehaltenen Vortrag wurde u. a.
festgestellt, dass unter Hautsarkomatose Dermatologen und Chirurgen ganz
verschiedenartige Erkrankungen verständen : chirurgische Sarkome ziehen sich
nicht über Jahre in die Länge; man solle solche Fälle lieber als Granu-
lome bezeichnen.
Beck (New-York) (2) behandelte einen 32 jährigen Patienten, bei welchem
sich vor 17 Jahren im Anschluss an einen Steinwurf eine langsam wachsende
Wutreiche Geschwulst entvnckelt hatte, die schliesslich sich über die ganze
behaarte Kopfhaut, die Schläfen-, Augen- und Nasengegend ausdehnte. Die
136 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
Geschwulst pulsierte; Karotiskompression hatte nur einen geringfügigen Ein-
fluss. Schwindelanfalle und Blutungen durch Arrosion. Er unterband erst
beide Schläfenarterien, dann die Art. frontales und angulares, aber ohne
Erfolg. Sodann wurde bei präliminarer unterbrochener Naht und Digital-
kompression die Totalexstirpation vorgenommen, wobei es zu einer profusen
Blutung kam. Heilung. Die mikroskopische Untersuchung des Tumors Hess
es zweifelhaft, ob ein Angiokavernom oder Angiosarkom vorlag.
Williams (19) in Boston bespricht in einer kurzen Arbeit den thera-
peutischen Wert der Röntgenstrahlen auf die Erkrankungen der Haut, gewisse
Formen von Krebs und auf das Lymphdrüsensystem. In letzterer Hinsicht
ist besonders Fall Nr. 78 interessant. Auf der Photographie des zwölfjährigen
Mädchens, welches angeblich zuerst wegen „Lymphosarkom", später wegen
„Rundzellensarkom^ — nach mikroskopisch bestätigter Diagnose ! — operiert
wurde, erkennt man einen kolossalen Tumor unter dem rechten Unterkiefer
und einen kleineren unter dem linken Ohre. Auf der zweiten Photographie
ist es unter Röntgenbestrahlung ein kaum wieder zu erkennendes bildschönes
Fräulein geworden!
Ravenna (14) beschreibt ausführlich den Sektionsbefund eines hasel-
nussgrossen, melanotischen Tumors am After, welcher Metastasen in den
sakralen utid inguinalen Lymphdrüsen und in der Leber gemacht hatte. Sie
durchsetzten infiltrierend das gesamte Leberparenchym, so dass nur noch sehr
kleine Inseln normalen Lebergewebes vorhanden waren. Das Ganglion
coeliacum, welches bei Menschen, die an Lebercirrhose gestorben sind, Atrophie
und Schwund der nervösen Elemente und Hyperplasie der Bindesubstanzen
in der Regel aufweist, war auch in diesem Falle in hohem Grade sklerosiert.
Es handelte sich nach dem mikroskopischen Bilde um ein Melanosarkom.
Morestin (11) entfernte einer 66jährigen Frau einen malignen Tumor,
der mit breitem Stiele der Gegend des Pektoralisrandes aufsass und in
6 Monaten die Grösse einer kleinen Orange erreicht hatte. In der Achsel-
höhle lag ein Paket steinharter Lymphdrüsen. Der Tumor hing weder mit
dem Pektoralismuskel noch der Milchdrüse zusammen, wenngleich mit dem
unteren Pektoralisrande scheinbar eine geringfügige Verwachsung bestand.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass es sich um ein Epithelioma
der Haut mit hohen Zylinderzellen handelte, welches anscheinend seinen Aus^
gang von dem interpapillären Gewebe der Kutis genommen hatte. Die Lymph-
drüsen zeigten die gleichen Veränderungen.
S tan gl (16) beschreibt zwei gutartige kleine Hautgeschwülstchen, welche
er zwei jungen Mädchen exstirpierte und gibt auf einer Tafel gute Ab-
bildungen des mikroskopischen Befundes. Es handelt sich um zellreiche
Neoplasmen, welche in innigem Konnex zu den Gefässen stehen. Man sieht
Zellen mit mittelgrossem polygonalen oder rundlichem, hellem Protoplasma-
leib, rundem, chromatinreichem Kerne und deutlicher Zellgrenze. Die Zellen
liegen unmittelbar nebeneinander und zeigen keine Interzellularsubstanz. Das
Stroma wird ausschliesslich von Gefässen gebildet. Die Geschwulstzellen sitzen
den Kapillaren unmittelbar auf, so zwar, dass auf die Endothelschicht eine
Reihe von regelmässig angeordneten kubischen Tumorzellen folgt. In dem
zweiten Falle zeigen die Gefässe hochgradige hyaline Degeneration ihrer
Wandungen. Obwohl Perithelien nur bei den Blutgefässen weniger Organe,
nicht aber der Haut, vorkommen, so hält sich Verf. doch für berechtigt, die
beiden beschriebenen Tumoren für Peritheliome anzusprechen.
Becker, Verletzangen und chirargische Krankheiten der Haut etc. 137
5. Regressive Eni&hrungsstönuigen,
1. Bettmann, Hysterische Selbstheschadigang unter dem Bilde der neurotischen Hant-
gangrftn. Mflnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 41.
2. deBeurmann etßamond. Abc^s sous-cutan^ multiples d'origine mycosique.
Annales de Dermatologie 1903. Nr. 819.
3. Brouson, A case of symmetrical gangrene. Journal of cutan. diseases 1903. October.
4. Bruhns, Idiopathische Hautatrophie. Berliner klin. Wochenschrift 1903. p. 38.
h, Gohn, Einige Bemerkungen zur Behandlung der Purunkulosis. Monatshefte für prakt.
Dermatologie 1903. Bd. 36. Heft 4.
6. Dreuw, Ober eine umschriebene, bisher unbekannte Degeneration der Kutis. ZugIeio|i
ein Beispiel von Simulation einer Hautkrankheit. Äjrztl. SachverstAndigen-Zeitg. 1903.
Nr. 9.
7. * Ober eine bisher unbekannte zirkumskripte Degeneration der Haut. Offizielles
Protokoll des ärztl. Vereins Hamburg. Münchener med. Wochenschrift 1903. p. 1987.
8. A GrroBS, Ober artifizielJe Hautgangrän. Deutsches Archiv für klin. Medizin. Bd. 75.
Heft 1 u. 2.
9. Hauffe, Ober die Behandlung des Karbunkels mit KoUodium-Umpinselung. Allgem.
med. Zentral-Zeitung 1903. Nr. 16.
10. Jesionek, Atrophie der Haut Offizielles Protokoll des ftrztlichen Vereins München.
Mflnchener med. Wochenschrift 1903. p. 272.
11. *Kis Singer, Ober Hautgangrftn nach Karbol- und Ljsolwasserumschlftgen. Monats-
schrift für Unfallheilkunde 1903. Nr. 10.
12. ^Krans, Ober entzündliche Knotenbildung in der Haut mit umschriebener Atrophie
des Fettgewebes. Archiv für Dermatologie und Syphilis. Bd. 66.
13. Most, Ober Schmierseifenverfttzung. Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 8.
14. H. £. Schmidt, Ein Fall von Hautatrophie nach Röntgenbestrahlung. Archiv für
Dennatologie und Syphilis. Bd. 64. Heft 1.
Cohn (5) hat am eigenen Leibe die Erfahrung gemacht, dass man bei
•allgemeiner Furunkulose durch Inzisionen nicht immer schnell zum Ziele
kommt, und zieht die Behandlung mit 10^/oiger Ichthargansalbe und Ichthyol-
badem vor. Übrigens hat bei ihm auch diese Methode sich über viele
Monate hingezogen. Die Arbeit hat wohl mehr für den Dermatologen
Interesse.
Hauffe (9) hat in einigen Fällen den Karbunkel in weiter Umgebung
mit Kollodium umpinselt und, da schon vorher meistens ein siebförmiger
Darchbmch stattgefunden hatte, die Heilung beschleunigt, wie er glaubt,
infolge des ständigen gleichmässigen Druckes der Kollodiumdecke. Er emp-
fiehlt die Methode selbstverständlich nur dann, wenn vom Patienten ein
Einschnitt verweigert wird.
Auffallend ist ein von H. E. Schmidt (14) beobachteter Fall von
Hantatrophie nach einmaliger Röntgenbestrahlung — allerdings von halb-
stündiger Dauer. Zwei bis drei Wochen später beobachtete der sonst gesunde
Mann eine Rötung der bestrahlten Haut, die nicht wieder schwand. Aller-
dings nahm das ursprüngliche Hellrot allmählich eine dunklere Nuance an
und wurde nach Jahresfrist sogar blaurot. Die Haut wurde dünn, nässte
über nicht. Die Affektion besteht jetzt vier oder fünf Jahre unverändert.
An den Fingerknochen entwickeln sich Verdickungen. Die Haut ist livide,
«tark verdünnt und gefaltet wie ;,zerknittertes Zigare ttenpapier^. Ein gutes
Photogramm ist beigegeben.
Bruhns (4) stellte in der Gesellschaft der Charit^- Ärzte einen
57jährigen Steinsetzer mit idiopathischer Hautatrophie zumal an den unteren
Oliedmassen, Kreuz und Rücken vor, die nach der Angabe des Kranken
138 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
Folge der Kriegsstrapazen 1870/71 sein sollen. Die Diagnose wnrde dnrcb
mikroskopische Untersuchung eines exzidierten Hautstückchens bestätigt. Im
übrigen muss auf das Original verwiesen werden.
Jesionek (10) stellte im Münchener ärztlichen Verein einen 62jährigen
Kranken vor, bei dem sich seit etwa '/« Jahren eine allgemeine Atrophie der
Haut entwickelt hat, und verbreitete sich eingehend über den histologischen
Befund bei dem sehr seltenen Falle. Ausführlich soll über den Fall im
Jahresberichte des Vereins berichtet werden.
Dreuw (6) hat sich grosse Mühe gegeben, bei einem ganz raffinierten
ünfallskranken eine eigentümliche Hauterkrankung (Anästhesie , vergesell-
schaftet mit periodisch auftretender Koötchenbildung) klar zu legen und den
Simulanten zu entlarven. Es ist ihm gelungen und das Reichsversichemngs-
amt hat sich seinen Ausführungen angeschlossen. Die Einzelheiten müssen
im Originale nachgelesen werden.
Gross (8) beschreibt einen Fall von multipler Nekrosenbildung auf der
äusseren Haut eines psychisch nicht ganz normalen 19 jährigen Mädchens^
deren rätselhafte Entstehung zuerst an neurotische Hautgangrän denken
Hess; später stellten sie sich als durch Salzsäure vorsätzUch erzeugte Arte^
fakte heraus.
Eingehender behandelt Bettmann (1) unter Hinweis auf seine frühere-
(Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde, 17. Bd.) und Cassierers (Die
vasomotorisch-trophischen Neurosen, Berlin 1901, und Zentralbl. f. d. Grenz-
gebiete der Medizin und Chirurgie 1900, Bd. 3) ausführliche Publikation die
"Frage der hysterischen Selbstbeschädigung unter dem Bilde der multiplen
neurotischen Hautgangrän. Er hält die Haut mancher Hysterischen für ganz,
besonders empfindlich gegenüber äusseren Reizen und empfiehlt daher beson-
dere Vorsicht bei der Verordnung diflferenter Substanzen.
Brouson (3) beschreibt einen Fall von symmetrischer Gangrän bei
einem jungen Mädchen unter Reproduktion einer guten Photographie. Es^
muss auf das Original verwiesen werden.
Most (13) beobachtete bei einer 61jährigen Frau tiefe, durch Ein-
reibung von gewöhnlicher Schmierseife hervorgerufene Gangrän an beiden
Vorderarmen. Die Frau hatte sich ihr durch Läuse hervorgerufenes Ekzem
durch Schmierseife heilen wollen. Kontrollversuche ergaben, dass Schmierseife
die gesunde unverletzte Oberhaut nicht angreift, wohl aber dann, wenn Kratz-
effekte, Messerstichelungen u. s. w. vorher gemacht wurden. Das in der Seif»
vorhandene überschüssige Ätzkali wird beschuldigt.
de Beuermann und Ramend (2) behandelten einen 37jährigen
Weinreisenden mit multiplen cystenartigen Gebilden im Subkutangewebe,
welche zuerst den Eindruck von Cysticerken machten. Beim Einschnitte
zeigte es sich, dass es dickwandige Abszesse mit krümeligem, geruchlosem
Eiter waren und an tuberkulöse Abszesse erinnerten. Indessen wurden
Tuberkelbazillen nicht gefunden. Durch Züchtung liess sich dagegen aus
mehreren Abszessen immer der gleiche Pilz isolieren, welcher für Kaninchen
und Meerschweinchen nicht pathogen war. Es erfolgte vollkommene Heilung
durch innerliche Darreichung von Jodkalium. Wegen der Einzelheiten muss
auf das Original verwiesen werden.
Becker» Yerletsangen nnd chirurgische Krankheiten der Ilaut etc. 139
6. Epitheliale Anhangsgebilde der Haut.
1. Alexandre, Snr an cas d*onychogr3rphoai8. Revae de Chimrgie 1903. Bd. 3. p. 317
2. Roth, Snbnngnale Sarkome. Inaüg.-I)i86ert. Rostock 1908.
Alexandre (1) teilt einen Fall von hochgradiger Onychogryphosis an
beiden Füssen einer 81jährigen Greisin mit und bespricht die Erkrankung
rom klinischen Standpunkte. Zur Behandlung hat man Salizylsäurepflaster
and Exstirpation des Nagels samt dem Nagelbette empfohlen. Vor Rezidiven
schützt aber selbst die Radikaloperation nicht. In ätiologischer Hinsicht
kommt Stiefeldruck und Unsauberkeit in Betracht.
Wer sich über subunguale Tumoren, insbesondere Sarkome, unterrichten
will, muss die sehr ausführliche und fleissige Dissertation von Rothe (2)
lesen. Nach einer kurzen Darstellung aller bekannten subungalen Geschwulst-
formen (Clavus, Verruca, Comu, Karzinom, Kankroid, Exostose, Chondrom,
Fibrom, Papillom, Leiomyom, Telangiektasie) bespricht er eingehend die sub-
ungualen Sarkome, deren er in der Literatur vier vorfand. Dazu kommt die
eigene Beobachtung, welche einen 63 jährigen Holzarbeiter betraf, welcher seit
zwei Jahren unter dem Nagel des linken vierten Fingers eine „Warze" trug,
welche bei allen, auch geringfügigen, Traumen blutete. Nach Entfernung der
als Hyperkeratose angesehenen Epithelmassen stellte sich heraus, dass der
Tumor wuchs und den Nagel abhob. Es wurde deshalb das Endglied ab-
gesetzt. Von den in der Literatur bekannten zehn Fällen maligner sub-
ungualer Tumoren sind sechs Rund- oder Spindelzellentumoren und vier Melano-
sarkome; ihr Ausgangspunkt ist meist das Periost. Auf die sehr genaue mikro-
skopische Untersuchung kann hier nicht näher eingegangen werden. Aus dem
gewonnenen Gesamtmaterial zieht Verf. folgende Schlussfolgerungen. Es gibt
bösartige und gutartige subunguale Tumoren: die ersteren erweisen sich
meistens als periostale Rund- oder Spindelzellensarkome, auch Melanosar-
kome, während die letzteren fast stets Endotheliome sind. Die Sarkome
finden sich nur bei Leuten über 50 Jahren, die benignen nur bei jüngeren
Personen bis zu 42 Jahren. Unter elf ausführlich mitgeteilten Fällen findet
sich viermal eine Verletzung als Ursache angegeben. Der klinische Verlauf
ist charakteristisch durch die Abstossung des Nagels, die Ulzeration oder
sonstigen entzündlichen Erscheinungen und durch Metastasen-Bildung. Meistens
bestehen heftige Schmerzen. Die Prognose ist wie bei allen Sarkomen —
mit Ausnahme der Angiosarkome — schlecht. Die Diagnose macht in den
frühen Entwickelungsstadien grosse Schwierigkeiten; sobald erst ein richtiger
,Tumor" da ist, dürfte sie leicht sein. Sieht man bei einem mehr oder
weniger entzündeten Nagel Wucherungen vorn unter dem Nagel oder an dem
seitlichen Nagelfalz hervorwachsen, so sollte man sie nicht ohne weiteres für
einfaches Granulationsgewebe halten. Die Diagnose der Angio- und Melano-
sarkome macht keine Schwierigkeiten. Im grossen und ganzen genügt die
Diagnose subungualer Tumor, um die chirurgische Therapie, welche nur in
einer mehr oder weniger weitgehenden Exartikulation bestehen kann, in ihr
Recht treten zu lassen. Das Studium dieser unter Wolters Leitung aus
der Rostocker Poliklinik für Hautkrankheiten hervorgegangenen Dissertation
kann gar nicht dringend genug empfohlen werden.
140 Jahresbericht fflr Ghimrgie. I. Teil.
7. Seltene, durch Parasiten erzeugte Hautkrankheiten.
1. Buschke, Blastomykose. Die Deutsche Klinik am Eingange des zwanzigsten Jahr-
hunderts. Berlin 1903.
2. Gangitano, Gontributo allo studio delle infezioni blastomicetiche della cnte. Clinica
chirnrgica 1903. N. 8—9.
3. ^Seqneira, Über Blastomykosis der Haut. Brit. joum. of dermatology 1903. ApriL
Buschke (1) hat die Blastomykose zum Gegenstand einer akade-
mischen Vorlesung gemacht. Nach einer historischen Einleitung und einem
kurzen Abriss über die Bedeutung der Hefepilze in der Tierpathologie bespricht
er sehr eingehend und lehrreich die menschliche Blastomykose. Er imter-
scheidet zwei grosse Gruppen: die Saccharomykosis und die Oidium-
mykosis. Die erstere ist eine im wesentlichen primär in der Haut, viel-
leicht aber auch gelegentlich in inneren Organen lokalisierte Affektion, bei
der es im weiteren Verlaufe zu Metastasenbildung, Wachstum der Parasiten
im Blute und in den meisten inneren Organen kommt. Histologisch handelt
es sich um ein regelloses Wachsen der Hefen im Gewebe, teils mit sehr hoch-
gradigen entzündlichen Reaktionserscheinungen, hin und wieder mit Riesen-
zellenbildungen im Gewebe, teils mit minimaler Gewebsreaktion, um eine ein-
fache Mykose. Diese Krankheitsgruppe stellt eine Rarität dar, welche für
die menschliche Pathologie keine grosse Bedeutung hat; nur wenige Fälle sind
hislang bekannt. Im Gegensatz hierzu handelt es sich bei der Oidiam-
mykose um eine chronische Infektionskrankheit, welche meist über Monate
und Jahre verläuft, wenn auch während der Dauer der Krankheit akute
Schübe und Verschlimmerungen sich entwickeln können. Das primäre Loka-
lisationsorgan ist die Haut. In einer Anzahl von Affektionen bleibt die
Krankheit entweder ganz oder doch sehr lange hier lokalisiert, in anderen
dagegen pflanzt sie sich auf benachbarte Schleimhaut, Knochen, Testikel,
kurzum der Haut benachbarte Organe fort und pflegt, bei Tieren anscheinend
nur selten, bei Menschen mit geringen Ausnahmen fast regelmässig Metastasen
in die inneren Organe zu machen, in die Lungen, Nieren, Milz, Samenblasen,
Periost, Zentralnervensystem. In der grössten Zahl führt die Verallgemeine-
rung zum Tode. Allgemeinerscheinungen, welche die Krankheit macht, haben
nichts typisches. Streng lokalisierte Hautherde können — oft unter günstiger
Beeinflussung von innerer Jodkalidarreichung — ausheilen. Die speziellen
Untersuchungen, welche besondere Arten der Hefepilze diese Erkrankungen
machen, sind bislang noch nicht zu einem einwandsfreien Ei^ebnisse ge-
kommen. In einer kurzen Schlussbetrachtung kommt Verf. zum Schlüsse,
dass bislang nicht der geringste Beweis dafür erbracht ist, dass Blastomyceten
Erreger maligner Geschwülste, insbesondere der Karzinome und Sarkome sein
könnten. Anhangsweise bespricht er noch die blastomycetische Septikämie
und die Hefetherapie einiger neuerer Gynäkologen. — Wer sich über die
Frage der Blastomykose unterrichten will, wird mit Vergnügen die lichtvolle
Darstellung studieren.
Bei einem 54jährigen Manne, der am linken Unterschenkel und Fusse
ein pigmentiertes Hautsarkom aufwies, musste Gangitano (2) das Glied
amputieren. Er unterwarf die Geschwulst einer histologischen und bakterio-
logischen Untersuchung und führte mit den aus den Kulturen isolierten Blasto-
myceten Experimente an Meerschweinchen, Hunden, Kaninchen, Tauben und
Hühnern aus. Die Schlüsse, zu denen er gelangte, sind folgende:
Goldmann, Erkrankungen der Sehnen, Sehnenscheiden and Muskeln. 141
1. Es gibt durch Blastomyceten hervorgemfene Formen von Hautkrank-
heiten, die klinisch mit verschiedenartig anderen (Madurafuss, tuberkulöses
Sfphüoderma, Lepra nodosa, idiopathisches, multiples Pigmentsarkom, Mycosis
fongoides) verwechselt werden können.
2. Die Blastomyceten können beim Menschen knotenförmige Krankheits-
prozesse hervorrufen, die histologisch den Fleischgeschwülsten gleichen.
3. In die Gruppe der Sarkoiden Geschwülste kann man eine Varietät
einreihen, die sich als neue bezeichnen lässt, insofern als man deren Erreger
kennt.
4. Die aus Blastomykosen der Haut beim Menschen stammenden Blasto«
myceten erweisen sich för die Experimenttiere als pathogen. R. Giani.
Erkrankungen der Sehnen, Sehnenscheiden und
MuskehL
Referent: E- Goldmann, Freiburg.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Abbamondi , L., Due casi di anatoma ossifico. Annali di medicina navale 1908. Vol. II,.
pa& 526,
2. Adolph, Ein Fall von Mnskel&bszess. Deutsche med. Wochenschrift 1908. Nr. 18.
Z. Agricola, Ober traumatische Myositis ossificans. Diss. Freibarg 1903.
i fi arg. Über muskolöse Rücken Versteifung (Bigiditas dorsalis myopathica Senator) mit.
besonderer Berücksichtigung des traumatischen Ursprungs. Diss. Berlin 1903.
^ Becker, Beitrag zur traumatischen, nicht komplizierten Luxation der Extensorensehnen«
der Finger. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 12.
6. Bing, Ober angeborene Muskeldefekte. Inaug.-Diss. Basel 1902.
7. Binnie, On myositis ossificans ti-aumatica. Annais of suryeng 1903. September.
8. Borchard, Beitrag zur Myositis ossificans. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1903^
Bd. 68. Heft 1 u. 2.
9. Borst, Über die HeilungsYorg&nge nach Sehnenplastik. Zieglers Beiträge 1908..
Bd. XXXIV. Heft 1.
10. Ghaquet, Gase of myositis ossificans. Medical Press 1903. April 1.
11- Ferra ton, Myosite ossifiante progressive. Revue d'Orthopödie. Nr. 4. 1. Juli 1903.
12. Flesch, Durch Glutealmnskelparese bedingte Gehstürung. Med. Blätter 1903. Nr. 28.
13. Fordyce, Myositis Syphilitica. Journal of cut. diseases. April 1903.
1^ Fritz, Die Heilungsvorgänge nach Sehnenplastik. Diss. Würzburg 1903.
Id. (xrüneberg, Sehnentransplantation. Altonaer ärztlicher Verein. Münchener med.
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17. Hoffa, Beiträge zur Sehnenplastik. Freie chir. Vereinigung. Zentral- Blatt für Chirur-
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18. Ito nnd Sinnaka, Zur Kenntnis der Myositis iufectiosa in Japan. Deutsche Zeit-
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142 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
19. Itzerott, Myositis ossificans. Diss. Leipzig 1903.
20. Kienböck, Zur radiographischen Anatomie und Klinik des traumatischen intramusku-
lären Osteoms. Wiener klin. Bundschau 1903. Nr. 47 u. 49.
21. Lange, Die Sehnenverpflanzung. Zeitschrift für orthopftdische Chirurgie 1904. Bd. 12.
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22. Langemaak, Die Entstehung der Hygrome. Archiv fOr klin. Chirurgie 1903. Bd. 10.
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23. Lauen stein, Demonstration einer Muskeldislokation. 32. Chirurgen -Kongress 1903.
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26. Maether, Die Resultate der Sehnennaht. Diss. Kiel 1903.
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28. Michelsohn, £in Fall von Myositis ossificans progressiva. Zeitschrift für Ortho>
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29. Noethe, Resultate der Sehnentransplantation bei peripheren Lähmungen. Dissertation
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30. Pöraire, Anastomose musculaire ä trois ötages pour paralysi infantile. BolL et
m4m. de la soc. anat. 1903. Nr. 6.
31. Reichard, Über Sehnenverpflanzung. Medizmische Gesellschaft Magdeburg. MOn-
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32. — Sechzig Sehnenverflanzungen. Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 25.
83. Reiner, Die Tenodese eine Form partieller Arthrodese. Wiener med. Wochenachrift
1903. Nr. 26.
34. — Die Tenodese eine Form partieller Arthrodese. Zeitschrift für Orthopädie 1903.
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35. Riedinger, Über Sehnenrupturen. Physikal. med. Gesellschaft zu WOrzburg. Mflncbe-
ner med. Wochenschrift 1903. Nr. 34.
36. Rostowski, MuskelverknOcherung nach Traumen und Entzündungen bei Sjringo-
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37. Saltzkow, Über EntztLndung der quergestreiften Muskeln. Virchows Archivs 1903.
Bd. 171. Heft 1.
38. Samberger, Muskelerkrankung infolge von gonorrhoischer Infektion. Wiener med.
Wochenschrift 1903. Nr. 38 und 39.
39. Schanz, Erfahrungen mit Sehnen- und Muskeltransplantation. Zeitschrift für Ortho-
pädie 1903. Bd. 12. Heft 1 und 2.
40. Spitzig, Reposition einer Sehnenluxation durch Sehnenbindung. Archiv für Ortho-
pädie 1903. Bd. 1. Heft 3.
41. Springer, Zur Technik der Sehnenverlängerung bei Sehnenflberpflanzung. Archiv ffir
Orthopädie 1903. Bd. 1. Heft 3.
42. Stern, Über die Ätiologie und Lokalisation der Sehnenscheidentuberkulose. Dkbb.
Freiburg 1903.
43. Taylor, Myositis ossificans. Annales of surger. June 1903.
44. Tilmann, Die Elastizität der Muskeln und ihre chirurgische Bedeutung, v. Langen-
becks Archiv 1903. Bd. 69. Heft 1 und 2. v. Esmarch Festschrift.
45. *Vulpiu8, Der heutige Stand der Sehnenplastik. Wiener Klinik 1903. Heft 12.
46. — Der heutige Stand der Sehnenplastik. Zeitschrift für orthopädische Chirurgie 1904.
Bd. XII. Heft 1 und 2.
47. Zeller, Über primäre Tuberkulose der quergestreiften Muskeln, v. Braun'sche Bei-
träge 1903. Bd. 39. Heft 3.
Abbamondi (1) berichtet über zwei Fälle von Mnskelhämatom, in
welchen dieser in der Folge eine Verkalkung erfuhr.
In einem Falle war das Hämatom nach unvollständiger Ellbogenluxation
entstanden, im anderen infolge einer Kontusion am M. brachii biceps. Durch
Massage und innere Jodbehandlung wurden die Tumoren zum Schwund ge-
bracht. B. Giani.
Goldmaun, Erkrankungen der Sehnen, Sehnenscheiden and Moskeln. 143
Bing (6). In einem Falle von angeborenem Defekt des Pectoralis
major (Stemalportion) und Pectoralis minor einer Seite, zeigte sich eine Beihe
Yon Muskeln der gleichen und auch der anderen Seite pathologisch ver-
ändert. Diinnheit der Fasern, Hypertrophie von solchen, Vermehrung der
Huskelkeme des interstitiellen Bindegewebes und des Fettgewebes waren die
pathologisch-chemischen.
In den betreffenden Muskeln waren klinisch zum Teil myoklonische
Znckongen beobachtet worden. Dieser Fall dient dem Verf. zur Erörterung
der zuerst von Erb aufgestellten Lehre von dem Zusammenhange der ;, an-
geborenen Muskeldefekte^ mit der Dystrophia musculorum progressiva. Unter
sorgfaltiger Benutzung der Literatur gelangte er zu demSchluss: ;,Die kon-
genitalen Muskeldefekte betreffen am häufigsten einige der-
jenigen Muskeln, die häufig« und frühzeitig bei Dystrophia
mnsculorum progressiva zu Grunde zu gehen pflegen.^
Auch bei der Betrachtung von Fällen, in denen angeborene Defekte
ganzer Mnskelgruppen vorlagen, ist eine ähnliche, noch auffallen-
dere Übereinstimmung bemerkbar.
Hiergegen liess sich zwar geltend machen das überaus häufige Vor-
kommen von Missbildungen bei kongenitalen Muskeldefekten (Syndaktylie,
Pflnghautbildung, Aplasie des Armes, Thoraxdefekte etc.). Zweifelhaft muss
die Deutung derjenigen ;,Missbildung^ sein, die Brustmuskeldefekte stets be-
gleitet (Atrophie der Haut, geringe Behaarung, kleine auch fehlende pigment-
arme Mamilla, Hochstand derselben).
Verf. sucht die Antithese zwischen Krankheit und Miss-
bildung zu mildem. Einerseits liesse sich die Dystrophie im Sinne Gowers
als eine ;,angeborene Eeimanlage der Muskeln im perversen Wachstum^ deuten,
andererseits macht die Dystrophie nicht selten einen Stillstand, nachdem nur
verdnzelte Muskeln betroffen waren und endlich sind einseitige Muskeldefekte
mit pathologischen Veränderungen der entsprechenden Muskel auf der anderen
Seite wiederholt beobachtet worden.
In dem beschriebenen Falle ist eine Veränderung im Zentralnerven-
system nicht gefunden worden.
Nur durch sorgfältigste ausgiebige mikroskopische Untersuchungen
dürften nach der Ansicht des Verf. die zahlreichen interessanten Fragen nach
der Endursache der angeborenen Muskeldefekte sich beantworten lassen. Das
Stadium der Arbeit muss jedem, der sich mit diesen Fragen beschäftigt, auf
das wärmste empfohlen werden.
An Hunden und Katzen hat Borst (9) die verschiedensten Formen der
Sehnentransplantation , der Sehnenplastik (Verkürzung, Verlängerung) , der
Sehnenapposition durch Naht, vorgenommen und durch fortlaufende mikro-
skopische Untersuchungen (vom 14 — 242 Versuchstage) an lebenswarm ent-
nommenen Seimen die feineren Gewebsveränderungen verfolgt. Seine Schluss-
folgerungen sind folgende:
Die nach den verschiedenen Operationen sich bildende Narbe entstammt
dem Sehnengewebe sowohl als dem die Sehne umgebenden und durchsetzenden
Bindegewebe. Wenn auch die Vernarbungsvorgänge durch ein Einwandern
Ton polymorphkernigen Leukocyten eingeleitet werden, so ist die Sehnen-
regeneration schon am vierten Tage an der Proliferation von Sehnenzellen
za erkennen.
144 Jahresbericht fflr Chirnrgie. I. Teil.
Die besondere Art der Operation und die hierbei wirkenden mecha-
nischen, chemischen und bakteriellen Reizwirkungen bestimmen zeitlich die
Reihenfolge der einzelnen GewebsproUferationen. Je glatter die Wnndverhalt^
nisse, um so prompter erfolgt die Regeneration, um so geringer sind die
ImmigrationsYorgänge vonseiten der Leukocyten. Die eigentliche Sehnenrege-
neration geht von den Sehnenzellen aus, eine metaplastische Umbildung
von gewöhnlichem, gewucherten Bindegewebe bestreitet der Verf. Die ein-
fache Yemähung von Sehnen kann schon in 14 Tagen zur Heilung fuhren;
am längsten lässt diese auf sich warten bei den Verkürzungen durch Fal-
tung (4 — 6 Wochen).
Den alten Perlmutterglanz erlangt der neugebildete Sehnenabschnitt
nach 243 Tagen, selbst nach 3 Jahren nicht; diese Erscheinung hangt nach
Ansicht des Verf. mit der morphologischen Anordnung der neugebildeten
Fibrillen zusammen.
Die Wucherungsvorgänge geschehen am langsamsten an Seiden faden
und auch bei ihnen ist die Reaktion eine verschiedene, je nach dem der
Seidenfaden im Binde- oder Sehnengewebe liegt. Im Bindegewebe ist beson-;
ders die zur Durchwachsung des Seidenfadens führende Reaktion eine ener-
gische. Abgesehen von der Gefässarmut der Sehne selbst spielt hierbei
sicher eine Rolle die Tatsache, dass an den Nahtstellen die Sehne mehr oder
weniger nekrotisiert. Je straffer die Naht angezogen wird, desto inten-
siver ist die Gewebsschädigung der Sehne. Die Einheihing der Seidenfaden
dauert sehr lange; sie kann nach 242 Tagen noch nicht beendet sein.
Auf die feineren histologischen Einzelheiten, die bei den verschiedenen
Sehnenoperationen beobachtet wurden, kann hier nicht eingegangen werden.
Sehr bemerkenswert ist die Angabe des Verf., dass bei sorgfaltigstem Studium
der verschiedenen Zellteilungsformen die Mitose der Sehnenzelle sich unter-
scheiden lässt von der der umgebenden Bindegewebs- und EndothelzeUe.
Dies trifft auch für die verschiedenen Tierspezies zu. Bei Beachtung dieser
Verhältnisse ist die Provenienz wuchernder Zellenarten mit einiger Sicher-
heit zu bestimmen. Besonders häufig wurden Mitosen im wuchernden Sehnen-
gewebe, seltener in GefässendotheUen und nur äusserst spärlich in Binde-
gewebszellen gefunden. Ob die Karyokinese hier rascher abläuft, oder ob
eine direkte Kernteilung erfolgt, lässt der Verf. unentschieden. In dem
Sehnengewebe selbst werden die Mitosen häufig in dem gefasshaltigen inter-
stitiellen Gewebe angetroffen.
Bezüglich der Herkunft und Bedeutung der Granulationseleraente sowie
der im Sehnenkallus auftretenden Riesenzellen und deren histiogene Bedeu-
tung, sowie bezüglich der Bildung der fibrillären Substanz muss auf das Ori-
ginal verwiesen werden. Die Arbeit ist mit ausgezeichneten farbigen Bildern
ausgestattet.
Aus der Literatur hat Noethe (29) 275 Sehnentransplantationen zu-
sammengestellt. In 265 Fällen wurde durch die Operation eine Besserung
erreicht. Nur zehnmal blieb der Erfolg ganz aus. In keinem Fall wird eine
Verschlechterung oder gar der Tod als Folge der Operation verzeichnet.
Itzerott (19) teilt folgende interessante Beobachtung mit. Bei einer
25 jährigen, sonst gesunden Frau trat ohne äusserlichen Anlass, mit Fieber
einhergehend, eine entzündliche Affektion am. M. brachialis internus ein,
4V2 Jahre später eine unter den gleichen Erscheinungen auftretende am
M. levator scapulae.
Goldmaniiy Erkrankungen der Sehnen, Sehnenscheiden und Muskeln. 145
An dem durch Operation gewonnenen Material wies der Verf. eine
bindegewebige Induration der in Atrophie begriffenen Muskelmasse und zu-
gleich eine Ossifikation derselben nach. Nach Ablauf der Entzündung
schwand auch der Muskelknochen und esverbUeb lediglich eine dem Muskel*
ansatz entsprechender knöcherner Vorsprung am Knochen, von einer periosti-
tischen Reizung herrührend.
Nach dem Ergebnis der klinischen Beobachtung und der mikroskopischen
Untersuchung erblickt der Verf. die Erkrankung in seinem Falle als eine
primäre, hämatogen entstandene infektiöse Myositis mit sekundärer Beteili-
gong des Periostes.
Auffallend ist die während der Entzündung beobachtete Ossifikation
im Muskel und der Schwund des neugebildeten Knochens nach dem Aufhören
der Entzündung.
Muskeluntersuchungen an lebenden Menschen, deren Resultate auf gra-
phischem Wege zur Veranschaulichung gebracht wurden, haben Tilman (44)
bezägUch der Muskelelastizität folgende Ergebnisse geliefert: ;,Bei geringer
Dehnung eines Muskels bleibt der Muskel nach Aufhören der dehnenden Be-
lastung auf lange Zeit verlängert. Die Dehnung bleibt so lange
wie die Belastung gedauert hat. Erst durch langsam ein-
tretende kleine Zuckungen verkürzt sich der Muskel wieder.*^
^Der Verkürzungsrückstand in dem einen Muskel und der
Dehnungsrückstand (Nachdehnung) in dem anderen ergänzen
sich und rufen die Wirkung hervor.^
^Die Eontraktionsmöglichkeit des Muskels hindert, dass
aus diesen Störungen des Gleichgewichts dauernde Schädi-
gungen sich entwickeln können.
Bei allen Gleichgewichtsstörungen der Muskeln, die noch
nicht zu dauernden pathologischen Veränderungen einerGruppe
geführt haben, ist also eine Restitution durch aktive Kon-
traktion der gedehnten Gruppe möglich.^
Unter pathologischen Verhältnissen ergibt sich, dass die dauernde
Verkürzung eines Muskels keine Ernährungsstörungen setzt, dagegen
haben lang dauernde Dehnungen derselben schwere Atrophien in ihrem
Gefolge, Atrophien, welche zur unheilbaren Bindegewebsentartung der Musku-
latur führten.
Diese Tatsachen verwendet der Verf. um eine Anzahl von Diformitäten,
bei denen Knochenveränderungen noch nicht oder überhaupt nicht vorhanden
sind, aus Gleichgewichtsstörungen im Muskelantagonismus zu erklären.
Sehr interessant sind seine Ausführungen über die habituelle Sko-
liose, über den Hallux-valgus, die Hammerzehen, das Genu valgum,
den Pes varus und valgus und endlich über die isolierte Atrophie
des Quadriceps bei Ergüssen im Kniegelenk. Eine entscheidende Rolle und
zwar eine primäre soll die nutritive Störung in dem dauernd gedehnten
Muskel spielen. Für therapeutische Zwecke legt der Verf. grosses
Gewicht auf die Herstellung normaler Kontraktionsverhältnisse in
dem gedehnten und eine entsprechende Dehnung in den verkürzten Muskel-
Stern (42) teilt einen Fall von Fungus der Strecksehnen am Hand-
rücken mit, bei dem die klinische Diagnose einer Reiskörperchenerkrankung
JabrMbwieht Ar (^aiirargle 1908. 10
146 Jahresbericht fttr Chinirgie. L Teü.
gestellt Würde. Das Knirschen wurde aber durch fungöse, zum Teil los-
gerissene Granulationsmassen hervorgerufen.
Mendelsson (27). Bei einem 2jährigen Knaben wurde im M. triceps
ein Kavemom, das klinisch als solches sich kaum zu erkennen gab, durch
Operation beseitigt. Die mikroskopische Untersuchung ergab nichts Besonderes.
An der Hand dieses Falles erörtert der Verf. die heutige Ansicht der Patho-
logen über die Genese der Kavemome und führt aus der Literatur einige
seinem Falle gleichende an.
Agricola (3). Nach einer Kontusion entwickelte sich innerhalb von
Tier Wochen bei einem 18jährigen Manne eine mit dem Knochen zusammen-
hängende Knochengeschwulst an der Aussenseite des Oberschenkels. Die
Operation ergab einen Zusammenhang derselben mit der Oberschenkelmusku-
latur einerseits, mit dem Oberschenkelperiost andererseits. Die mikroskopische
Untersuchung erwies einen markhaltigen Knochen, der sehr wahrscheinlich
aus einer metaplastischen Umwandlung des intermuskulären Bindegewebes
hervorgegangen war. Zur Deutung einer solchen Metaplasie greift der Verl
zurück auf die Weismannsche ;,Determinantenlehre^ und betrachtet die Knorpel-
bildung in derartigen metaplastischen Prozessen als das Resultat einer Zu-
sammenwirkung von Druck und Bewegung, die Knochenbildung von Zug und
Druck. Dieselben Reize sollen unter gewissen Umständen, die nicht näher
zu bestimmen sind, analoge Gewebsmetaplasien im Muskel hervorrufen.
Reichard (32) berichtet über 60 Fälle von Sehnenverpflanzungen, die
er wegen spinaler, cerebraler Lähmung, Littlescher Erkrankung, angeborener
und erworbener Diformitäten vorgenommen hat. Besonders günstig sind seine
Erfolge bei der cerebralen Kinderlähmung.
In einem Falle von Meningomyelitis cerebrospinalis diffusa chronica
luetica hat Fl e seh (12) eine Gangart beobachtet, die derjenigen der konge-
nitalen Luxation ähnlich war und die er auf eine Parese der Glutealmuskulatur
zurückführt.
Als eine gonorrhoische bezeichnet S am berger (38) eine nach Erkran-
kung der Articulatio sterno-clavicularis eingetretene parartikuläre Muskel-
atrophie, indem er annimmt, dass Toxine des Gonococcus die trophischen
Zentren der betreffenden Muskeln schädigen.
Zur Vermeidung der der Arthrodese anhaftenden Übelstände empfiehlt
Renier(33) die ^Tenodese^, ein Verfahren, das darin besteht, dass man die
peripheren Sehnenenden von paralytischen Muskeln zu Ligamenten umwandelt.
Während der distale Ansatzpunkt der betreffenden Sehne intakt bleibt, wird
eine proximale Stelle mit einem Knochenvorsprung zur Vereinigung gebracht
Die mechanische Zugkraft der Sehne wird durch einen in die Sehne verflochtenen
Seidenfaden verstärkt. Die Einzelheiten der Anwendung des neuen Verfahrens,
besonders bei paralytischen Fussdeformitäten, muss im Original nachgesehen
werden. Eigene Erfahrungen besitzt der Verf. nur für den paralytischen
Klumpfuss, bei dem die peripheren Abschnitte der Peronealsehnen in der
angedeuteten Weise mit dem distalen Fibulaende verbunden werden.
Peraire (30). Technische Verbesserung der Anfrischung und Naht bei
der Transplantion von Sehnen, welche durch mehrfache Etagennaht eine
Sicherung der Anastomose bewerkstelligt.
Adolph (2) beschreibt einen chronisch verlaufenden, anscheinend idio-
pathisch entstandenen Muskelabszess der Adduktoren des Oberschenkels. Li
dem Eiter des Abszesses fanden sich Staphylokokken. Sehr wahrscheinlich
Gold mann, £rkrankimgen der Sehnen, Sehnenscheiden und Muskeln. 147
lag nacli Ansicht des Verf. eine sekundäre Vereiterung eines Muskelhäma-
toms vor.
Für a ton (11). Typischer Fall v^on Myositis ossificans, die im dritten
Lebensjahr des 18jährigen Patienten begonnen hat. Rücken, Schulter und
Bnistmuskulatur zeigten sich neben der Kaumuskulatur ergriffen. Zur Hebung
der Kiefersperre wurde eine Ablösung der retrahierten, partiell verknöcherten
Muskel mit nur vorübergehendem Erfolg vorgenommen. Ätiologie dunkel.
Missbildungen bot der Patient nicht; nur war eine Elongation des zweiten
Metatarsalkelknochens der einen Seite nach einer subkutanen Fraktur des-
selben eingetreten.
In 2 Jahren beobachteten 1 1 o und S i n n a k a (18) 10 Fälle der
Myositis infectiosa, wobei in 7 der Muskeleiterung eine Haut- oder ander-"
weitige lokale Eiterung vorausging. Immer Hessen sich Staphylokokken in
dem Muskeleiter nadiweisen. In einem Falle, in dem eine Infektion mit
Staphylococcus pyogenes albus vorlag, hat die Muskelentzündung sich verteilt,
ohne dass eine Eiterung eingetreten wäre. Derartige Muskeleiterungen be-
trachten die Verff. als bakteriämische und leiten ihren besonderen Charakter
(solitarer Maskelabszess) aus der Art des Krankheitserregers (Staphylococcus
pyogenes aureus) ab. — Ob in der Tat die Myositis infectiosa in Japan
häufiger als anderwärts vorkommt, muss auch als eine offene Frage gelten.
Wenige Wochen nach einem Trauma hat Borchard (8) im Masseter
imd Vastns internus eine Knochenbildung beobachten können, die völlig un-
abhängig Tom Periost oder einer Periostverletzung entstanden war. Die
sorgfaltige mikroskopische Untersuchung (N a u w e r c k) des exstirpierten
Knochens wies seine entzündliche und muskuläre Genese nach. Sowohl auf
direktem als auf indirektem, enchondralem Wege hatte der neue Knochen
sich gebildet. Der Verf. setzt seine Beobachtungen in Parallele zu den in
der Literatur yerzeichneten und betont die Möglichkeit einer echten Myositis
ossificans. Er leugnet nicht, dass eine Muskelverknöcherung auch vom
Periost ausgehen kann. In beiden Fällen können knöcherne Verbindungen
zwischen Knochen und Muskel zustande kommen, ohne dass man aus der
Verbindung allein auf die Genese des Knochens einen Bückschluss machen kann.
Infolge einer fortschreitenden Muskelatrophie an Händen und Füssen
stellte sich bei dem Pat. Spitz igs (40) eine ulnare Luxation der langen
Strecksehne des Daumens beiderseits ein, die zu schweren Funktionsstörungen
des Daumens führte (Abduktion und Opposition aufgehoben; bei Versuch der
Extension, Flexion und Adduktion des Daumens).
Ein gutes funktionelles Resultat erhielt der Verf. durch Angliederung
der Sehne des Extensor longus an die des brevis und durch Bildung eines
neuen Retinakulums für die vereinigten Sehnen aus der fibrösen Bekleidung
des ersten Metakarpophalangealgelenkes.
Springer (41) tritt für die ursprünglich von Bayer angegebene Plastik
an der Achillessehne zur Verlängerung derselben ein und zieht sie den neuer-
dings angegebenen Modifikationen, besonders der von Prioleau vor, da mit
Hilfe der Bayer sehen Plastik sehr bequem sich eine Sehnenüberpflanzung
vereinigen lässt, indem die transplantierten Sehnenstümpfe an die wunde
Fläche der Achillessehne vernäht werden. Zur Erläuterung seiner Ausfüh-
nmgen führt der Verf. einen Fall von Pes equino varus paralyticus an, in
dem er nach plastischer Verlängerung der Achillessehne die Peroneussehne an
die wund gemachte Achillessehne mit Erfolg annähte.
10*
148 Jahresbericht fOr Ghimrgie. L Teil.
Taylor (43) beschreibt zwei Fälle von Myositis ossificans, einen trauma-
tisch, einen nicht traumatisch, beide erfolgreich operiert. Der zweite, nicht
traumatische Fall betraf eine 40 Jahre alte Patientin, bei der sich schon im
achten Lebensjahr die Erkrankung gezeigt zu haben scheint. Es wurden mul-
tiple Platten aus den Wadenmuskeln zugleich mit einem stark verdickten Nerv
entfernt. Die Entfernung der Nerven führte zu keinen nervösen Störungen.
Aus dem eingehenden mikroskopischen Bericht ist hervorzuheben, dass sich
in den harten Rissen nur wenig Enochenherde fanden. Die stemartigeb
Knochenzellen hatten zahlreiche Ausläufer und schienen somit relativ junge
Gebilde zu sein. Der Prozess macht den Eindruck einer Myositis fibrosa im
Begriff in eine Myositis ossificans überzugehen. Der Nerv zeigte starke De-
generation der Fasern und reichlich Bindegewebswucherung zwischen den-
selben.
Aus jeder der beiden Brüste der Kranken wurde je ein peri- und intra-
kanalikuläres Fibrom entfernt. Maass, New-York.
Chaput (10). Im Anschluss an eine Oberschenkelamputation, die infolge
einer schweren Verletzung notwendig wurde und erst nach Reamputation des
vereiterten Stumpfes ausheilte, entwickelte sich eine völlige Verknöchenmg
der Muskelstumpfe. Die 120 g wiegende, neugebildete Knochenmasse war
sowohl von der bedeckenden Haut, wie von dem Oberschenkelstumpf durch
normales Bindegewebe getrennt.
Dieselbe war innerhalb fünf Wochen nach der Reamputation unter hoch-
gradigen Schmerzen entstanden.
Binnie (7). Nach einer Verletzung trat bei einem Patienten ein zylin-
drisches, mit Knochenmarkshöhle versehenes Osteom im Brachialis internus
auf. Die mikroskopische Untersuchung des operativ entfernten Tumors ergab
eine fibröse zum Teil kartilaginäre Ossifikation, die von dem intermuskularen
Bindegewebe ihren Ausgang nahm. Eine primäre Beteiligung des Periostea
schliesst der Verf. in seinem Fall aus. Der Arbeit ist eine Tabelle von ähn-
lichen Fällen beigefügt, die der Verf. aus der Literatur und aus Umfragen
bei Fachgenossen gesammelt hat.
Bei einem Kranken, der klinisch die Erscheinungen einer Syringomyelie
darbot, entwickelte sich eine ausgedehnte Verknöcherung der Vorderarm-
muskulatur, nachdem am gleichen Arm eine schwere, komplizierte Fraktur
und multiple Hautentzündungen vorausgegangen waren. Roskowski (36)
neigt zu der Auffassung, dass ähnlich wie in den von Schlesinger beschrie-
benen Fällen die Syringomyelie die Muskelverknöcherung unterstützt hat.
Saltykow (37). Die Arbeit enthält nur histologische Einzelheiten über
Muskelveränderungen, die an Muskeln angetroffen werden, in die KalomeIöl>
Terpentinöl- und Pyococcus-Injektionen vorgenommen waren. Abgesehen von
den bekannten Degenerationst'ormen der quer gestreiften Substanz (hyaline
Entartung, fibrilläre, discoide Zerklüftung) beschreibt der Verf. Veränderungen
an den gewucherten Muskelkemen und dem Sarkoplasma der Muskelzellen,
die andere Autoren als Degenerationserscheinungen deuten. Ähnliche Vor-
gänge im Bindegewebe und an den Gefässendothelien werden erwähnt, die
alle von dem Entzündungsreiz veranlasst sein sollen. Verf. hält sogar es für
erwiesen, dass ein Teil der Eiterzellen Derivate der Muskelzellen sind und
dass auch sie wie die herdweise auftretenden Nekrosen Folgen der Muskel-
entzündung sind.
GoldmanD, Erkrankangen der Sehnen, Sehnenscheiden und Mnskeln. 149
Maether (26). Die Arbeit enthält einen klinischen Bericht über 52
Fälle von Sehnenverletzung, die zwischen 1899 und 1902 in der Kieler
Klinik nach den üblichen Prinzipien und mit dem üblichen Erfolge behandelt
Würden.
Hartmann (17). Die Resultate dieser physiologischen Experimental-
ontersuchung werden am besten in den Worten des Verfs. wiedergegeben:
1. Der Muskel erreicht eine um so höhere Spannung, je grösser von
Anfang an der Widerstand ist, gegen den der Muskel ankämpfen muss.
2. Beim frischen normalen Muskel gut genährter Tiere erreicht der
Muskel ein nnd dieselbe maximale Endspannung, gleichgültig ob die Anfangs-
spammng — natürlich innerhalb gewisser Grenzen — um einen grösseren
oder kleineren Betrag vermehrt wird, wenn gleichzeitig durch eine kurze
und starke Feder für einen genügend grossen, der Verkürzung sich entgegen-
stellenden Widerstand gesorgt wird.
Der ermüdete oder nicht ganz frische Muskel zeigt dieses erste Span-
nungsmaximnm nicht ; denn, abgesehen von den absolut niedrigeren Spannung^-
werten, bewirkt bei ihm Vermehrung der Anfangsspannung eine kontinuier-
liche Zunahme der Endspannungen.
3. Es ist mit grösster Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass eine Ver-
stärkung der tetanisierenden Reize ein Glatterwerden des Tetanus zur Folge
hat, wobei zugegeben wird, dass unter sehr vielen Bedingungen (geringfügige
Ermüdung) stärkere Reize weniger glatte Tetanie zur Folge haben können.
Barg (4) teilt einen Fall von Rückensteifigkeit myogenen Ursprunges
mit, die sich nach einem Trauma allmählich entwickelte. Die Diagnose
wurde, abgesehen von dem negativen Röntgenbefund, durch die Unter-
suchung in Chloroformnarkose festgestellt, wobei die gespannte Muskulatur
sich erschlaffte und die Wirbelsäule beweglich wurde. Die Narkose hatte
auch therapeutisch einen heilsamen Einfluss. Differentialdiagnostisch wurde
die Erscheinung verwertet, dass eine Kyphose des Brustabschnittes der Wirbel-
säule wie bei der ankylosierenden Entzündung der Wirbelsäule fehlte. Die
Bedeutung des Traumas für die myogene Rückensteifigkeit erklärt der Verf.
aus einer snbarachnoidalen Blutung, obwohl in seinem Falle (6 Monate post
Trauma) die Lendenpunktion negativ ausfiel.
Fordyce (13) beschreibt drei Fälle von syphilitischer Erkrankung des
Muse, stemo-cleido mastoideus, von denen zwei zum fistulösen Aufbruche
fahrten. In allen war durch eine spezifische Behandlung eine Besserung
bezw. Heilung erzielt wurden.
Riedinger (35) hat zwei Fälle von Sehnenrupturen beobachtet. In
dem einen handelte es sich um eine Abreissung der Sehne des Biceps femoris
am Fibulaköpfchen, im anderen um eine Abreissung des Biceps brachii an
der Tuberositas radii. In diesem Falle bestand auch eine Ektasie des Ellen-
bogengelenks mit freien Körperchen, bestehend aus verkalktem, zum Teil ver-
knöchertem Bindegewebe.
Grüneberg (15) verwendet mit Vorliebe die von Lange angegebene
periostale Methode und hat in zahlreichen Fällen bei den mannigfachsten
Erkrankungen damit günstige Erfolge erzielt.
Fritz (14). Die Ergebnisse dieser experimentellen, an Warm- und
Kaltblütern gemachten Arbeit, welche im übrigen mit denen von Borst sich
decken, sind folgende:
150 Jahresbericht für Chirargie. J. Teil.
1. Durch einen Bluterguss wird die Heilung von Sehnenwnnden ver-
zögert.
2. Die primäre Narbe wird von Abkömmlingen des Peritenomium ex-
temum und iuternum gebildet. Die Sehne beteiligt sich am vierten Tage
nach der Verletzung am Regenerationsvorgang.
Der Zeitpunkt, an dem die Rückbildung des kern- und gefässreichen
Keimgewebes erfolgt, ist von der Art der Operation, von der mechanischen,
chemischen und bakteriellen Reizung des Gewebes abhängig. Wahrscheinlich
wird die Fibrillenbildung durch eine Abspaltung der oberflächlichen Proto-
plasmaschicht bewerkstelligt.
3. Die völlige Regeneration der Sehne dauert ausserordentlich lange.
Selbst 242 Tage nach der Operation hat die Sehne ihren Glanz nicht wieder
erreicht.
4. Auch bei Überpflanzungen werden die Regenerationsvorgänge von
Proliferationen des Peritenomium extemum und intemum eingeleitet. Das
junge Sehnengewebe wächst sowohl proximal- als auch distalwärts in
die verpflanzte Sehne hinein.
5. Die Verkürzungen der Sehne gehen zumeist mit stärkerer Nekrose
einher; dementsprechend beteiligt sich das Bindegewebe in weiterer Entfer-
nung von der Operationsstelle an den Wucherungsvorgängen.
6. Die Proliferationsvorgänge sind von den Spannungsverhältnissen der
Sehne abhängig. Daher bieten auch die unversorgten Sehnenstümpfe
jene ungeordnete Erscheinungen der Gewebsneubildung dar.
7. Gegen Ätzungen zeigen sich die Sehnen von Warmblütern sehr emp-
findlich, die von Kaltblütern nicht.
8. Die Mitosen der Sehnen und Bindegewebszellen sind so verschieden,
dass sie mikroskopisch von einander zu unterscheiden sind.
In verhältnismässig kurzer Zeit hat Becker (5) Gelegenheit gehabt,
dreimal eine traumatische, unkomplizierte Luxation der Strecksehne d^
Mittelfingers zu beobachten. Dieselbe gab sich als eine schmerz-
hafte, unter hörbarem Rucke verlaufende Verschiebung der
Strecksehne ulnar- oder radialwärts bei der Flexion der
Finger zu erkennen. Die Kraft der Extension war herabgesetzt; eine
paradoxe Wirkung kam allerdings in den beobachteten Fällen nicht zustande
(Flexion bei Extensionsbewegung 1).
In einem Falle wurde ein operativer EingriflF vorgenommen. Hierbei
stellte man fest, dass die sehnige Verbindung zwischen Zeige- nnd
Mittelfinger gesprengt war. Die Verbindung zwischen Mittel- und
viertem Finger wurde exstirpiert, um ihre überwiegende Wirkung aufzuheben.
Nach Reposition der Sehne wurde eine neue Sehnenscheide durch Naht der
faltenförmig emporgehobenen , umgebenden Bindegewebsmassen mit gutem
funktionellen Erfolge gebildet. Verf. macht besonders auf die Bedeutung des
;,Fasciculi communicantes tendinum^ bei dem Zustandekommen dieser Luxa-
tionen aufmerksam.
Reichard (31) teilt seine ausgedehnten Erfahrungen mit der Sehnen-
verpflanzung bei Li ttl escher Krankheit mit. Er hat das Verfahren auch
bei Fussdeformitäten nach Spondylitis, cerebraler Kinderlähmung und Spina
bifida mit Erfolg angewandt.
Mäckel (25) führt zwei Beobachtungen aus der Leipziger Poliklinik an,
aus denen nach seiner Ansicht hervorgeht, dass ein Trauma die unmittelbare
Goldmann, Erkrankungen der Seimen, Sehnenscheiden und Moskeln. 151
Ursache für die Bildung von Ganglien abgeben kann. Er Tertritt die Ansicht,
dass durch die dem Trauma folgende serös-blutige Durchtränkung des Binde-
gewebes, besonders bei schwächlichen Individuen, der Anlass zu entzündlich
degenerativen Veränderungen im Bindegewebe, zur Bildung von Ganglien
gegeben wird.
Nach Besprechung der mannigfachen Theorien über die Entstehung der
intramuskulären Osteome teilt Kienböck (20) acht neue Fälle mit und
bespricht die radiographische Diagnostik derselben. In der Regel stellen sie
sich als längliche, parallel der Diaphyse verlaufende Schattenbilder dar, welche
gar nicht oder nur ganz umgrenzt mit dem Knochen zusammenhängen. Ähn^
lieh wie beim Callus fällt das Schattenbild verschieden aus, je nach dem
Entwickelungstadium des Osteoms. Das Schattenbild, das immer mit einer
weichen Röhre genommen werden sollte, ist selten von homogener Be-
schaffenheit. Entsprechend dem Osteom, das isolierte Yerknöcherungsherde,
Hohlräume, ja geradezu Cystenbildungen enthalten kann, sieht man das
Schattenbild nicht selten, wie bei ;,der Perspektive einer Hügellandschaft*,
von helleren und dunkleren Partien durchsetzt. Ein anderes Mal hat es ein
gestricheltes Aussehen. Immer hebt sich der Schatten scharf von den unver-
änderten Kontouren des Diaphysenschattens ab. Sehr charakteristisch sind
jene Schatten, bei denen vereinigte, gabelförmige Fortsätze vorhanden sind,
nnd endlich solche, bei denen das Osteom wie eine Knochenschale den
Knochen umgibt.
Verf. bespricht genauer die radiographische DiflFerentialdiagnose des
intramuskulären Osteoms, der einfachen intratendinösen Ossifikation, der
progressiven Myositis ossificans, multipler kartilaginärer Exostosen und endlich
der bei spinalen Erkrankungen vorkommenden Verknöcherungen am Knochen-
Gelenkapparat und am Bindegewebe.
Für die Pathogenese der intramuskulären Osteome ist der Verf. geneigt,
auf Grund der Ho Izkne cht sehen Theorie dieselben als funktionelle An-
passungen des Muskelbindegewebes aufzufassen.
Michelsohn (28). Der mitgeteilte Fall betraf ein ITjähriges Mädchen,
bei dem die ersten Erscheinungen im siebenten Lebensjahre ohne besondere
Ursache auftraten. Ganz allmählich ist es zu einer Verknöcherung der tiefer
liegenden Hals-, der Schulter-, Brust- und der breiten Rückenmuskulatur
gekommen. Durch schöne Skiagramme wurden die einschlägigen Verhältnisse
illustriert. Auch in diesem Falle lag eine symmetrische Mikrodaktylie am
Daumen und der grossen Zehe vor mit teilweiser Verknöcherung der be-
treffenden Gelenke.
Bei totaler Paralyse der ünterschenkelmuskulatur ersetzt Reiner (33)
die Arthrodese durch ein Verfahren, das, zuerst von Tilanus beschrieben,
darin besteht, dass die peripheren Sehnenabschnitte zu Ligamenten umgewandelt
werden, indem man sie von ihrem Muskel abtrennt und ihr proximales Ende
an Knochenvorsprüngen verankert. So hat der Verf. einen pes equino-varus
paralyt. so operiert, dass er die Peronei und den Ext. digitorum communis an
dem Muskel-Sehnenübergange durchschnitt, die Sehnen mit Seide nach dem
Verfahren von Lange durchflocht und die durchflochtenen Sehnen subperiosteal
an der V. und H. Fibulaseite befestigte, nachdem ihre Enden durch ein
sagittal verlaufendes Bohrloch der Fibula durchgezogen waren. Der Verf.
macht darauf aufmerksam, dass „künstliche Sehnen^ (Lange) mit Seide bei
152 Jahredbericht für Chirargie. I. Teil.
jugendlichen Individuen nicht indiziert sind, da sie bei dem Wachstum der
Patienten zu Verkürzungen führen.
Das erwähnte Verfahren gedenkt der Verf. auf den pes planus paralyt.
und auf den pes calcaneus paralyt. auszudehnen und beschreibt die einzelnen
Punkte des Knochens, an welche die zu Ligamenten gewordenen Sehnen ihre
Befestigung finden sollen.
Vulpius gibt ein ausführliches Beferat über die Technik der Sehnen-
verlängerung, der Sehnenverkürzung, der Überpflanzung und des Defekt-
verschlusses von Sehnen.
Neben der Tenotomie empfiehlt er für die Sehnenverlängerung besonders
den frontalen Treppenschnitt, oder die quere Durchtrennung der Sehne im
Gebiete des Muskelbauches.
Bei der Sehnenverkürzung bevorzugt der Verf. seine Methode der Falten-
bildung und Naht, da bei der Raffnaht nach Lange ausgedehntere Degeneration
der Sehnen vorkommt. Für die Sehnenüberpflanzung empfiehlt er die totale
oder partielle absteigende Transplantation von funktionell verwandten
Sehnen. Wo solche nicht vorhanden, wird die etappenweise Übertragung zur
Anwendung gelangen müssen. Die alte Methode scheint dem Verf. zweck-
mässiger zu sein wie die periosteale Methode von Dubnik-Lange.
Bezüglich der Nachbehandlung und der Indikationsstellung für die
Sehnenverpflanzung wiederholt der Verf. die schon anderwärts zum Ausdruck
gebrachten Ansichten. Das Gebiet der Sehnentransplantation wird in neuerer
Zeit ausgedehnt auf arthrogene Kontrakturen, angeborenen Klumpfnss, auf
den Platt- und Knickfuss.
Endlich erwähnt der Verf. bei Besprechung des Defektverschlusses nur
die bekannten Methoden der Homo- und Ueteroplastik.
Die Erfahrungen von Schanz (39) beruhen auf 75 bis 100 Operationen.
Er tritt warm für einfache Operationspläne ein. Er benützt lange
Inzisionen, flicht die Sehne des Kraftspenders in die des Kraftnehmers und
näht mit Aluminiumbronzedraht. Er vermeidet die Durchtrennung des Kraft-
nehmers und vernäht auch bei totaler Überpflanzung das periphere Sehnen-
ende des Kraftspenders mit einer angrenzenden Sehne.
Den gelähmten Quadriceps ersetzt der Verf. durch den Sartorius oder
Biceps. Ähnlich verfährt er bei Kniescheibenbruch mit weiter Diastase
der Fragmente. Bemerkenswert ist die Angabe des Verf., dass er bei Klump-
fussoperationen die Luxation der Peronealsehnen und Verkürzung derselben
vorteilhaft findet. Die Equino-Stellung wird von ihm erst in einer späteren
Periode der Behandlung berücksichtigt.
Als den obersten Grundsatz bei der Sehnenverpflanzung betrachtet
Lange (21) den, die funktionelle Selbständigkeit des verpflanzten
Muskels zu erzielen. Dieses erreicht er durch die totale Überpflanzung
von funktionsverwandten Muskeln, vor allem aber dadurch, dass er ohne
künstliche Trennung von solchen Muskeln möglichst einfache Operationspläne
entwirft. So zeigt er, wie von den neun langen Fussmuskeln drei entbehrlich
sind und sich zur Herstellung von selbständiger Funktion eignen. Es sind
dies die Beuger und Strecker der Zehen. In erster Linie ist bei Lähmungen
am Fusse nach Ansicht des Verfs. für die einfachsten Funktionen desselben
zu sorgen. Diese (Plantar-Dorsalflexion, Pronation und Supination) sind selbst
bei Lähmungen von 5 — 7 Muskeln noch zu erreichen, wenn man die 5 vom
Verf. angegebenen Insertionspunkte der überpflanzten Sehnen am Fusse be-
Gold mann, Erkrankungen der Sehnen, Sehneoacheiden nnd Moakeln. 153
rncksichtigt (Fersenhöcker, erstes Keilbein, Kuboid, die Insertionsstellen des
Tib. posticns und des Peroneus brevis).
In welcher Weise bei den verschiedenen Formen von Lähmungen zu
Terfahren ist, muss im Original nachgesehen werden.
An Stelle der Vernahnng von Sehne und Sehne tritt der Verf. warm
für seine periostale Methode mit Verwendung von Seidensehnen ein. Am
Lebenden und an der Leiche hat er entgegen Vulpius bewiesen, dass die
Zuverlässigkeit der periostalen Vernähung die der Sehnen
untereinander um das lOOfache übertrifft. Er bringt neue ana-
tomische Belege für die Neubildung der Sehne um den Seidenfaden und zeigt,
dass die Neubildung von dem umgebenden Bindegewebe und nicht von der
Sehne selbst ausgeht.
Zur Vermeidung des Decubitus wird volles Redressement des
gelähmten Fusses vor der Naht vorgenommen. Der Knoten wird höher an
der Sehne, nicht am Lisertionspunkt gelegt. Fadeneiterung vermeidet
der Verf. durch temporäre (48 Stunden) Drainage mit feuchter Subli-
matgaze.
Zum Schluss ergeht sich der Verf. in eine nähere Beschreibung seiner
Methode zum Ersätze des Quadriceps. Auch hier verwendet er die periostale
Vernähung an der Tuberositas Tibiae bei möglichster Spannung der
überpflanzten Muskeln.
Die alten Methoden nach Vulpius und Nicoladoni benützt der Verf.
nur for leichtere Fälle von Lähmungen.
Die bemerkenswerte Arbeit, die sich auf 200 Operationen stützt, ist
durch zahlreiche Photographien illustriert.
Hoffa (17) gibt einen Überblick über 100 Fälle, die er durch Sehnen-
plastik operiert hat. Er näht mit l^/oo Sublimatseide, vermeidet Blutungen,
beobachtet strengste Asepsis und näht unter genügender Spannung der Muskeln.
Zuweilen bevorzugt er die periostale Fixation nach Lange.
Lauenstein (23). Bei einer schwereren, durch Torsion entstandenen
komplizierten Fraktur des Unterschenkels fanden sich in der Knöchelgegend
Schwellungen, die bei der Autopsie des amputierten Gliedes sich als Muskel-
bäuche erwiesen, welche so aufgerollt waren, dass die durchtrennten Muskel-
«nden peripherwärts disloziert waren.
Zell er (47) bereichert die spärliche Kasuistik durch die Mitteilung von
2 neuen Fällen, in denen die Tuberkulose an der Extremitätenmuskulatur in
Form von tuberkulösen Abszessen auftrat. Die mikroskopische Untersuchung
hat die klinische Diagnose bestätigt. Die einschlägige Literatur wird heran-
gezogen, um die Pathogenese, die Erscheinungsweise, Diagnose und Therapie,^
der Muskeltuberknlose zu erläutern. Verf. hält das Auftreten eines Knotens
im Muskel als die erste Äusserung der Erkrankung. Das Gift wird auf dem
Blutwege in die Muskulatur verschleppt. Von den Gefassen aus und zwar
im interstitiellen Bindegewebe verbreitet sich die Erkrankung in das Gebiet
der Muskulatur selbst und bringt die Fasern zum Schwund.
Anknüpfend an die Entwickelung der Gelenkhöhlen und den Gelenk-
Sckleimbeutel, bei der bekanntlich die betreffenden Spalten durch eine Ver-
flüssigung des Bindegewebes entstehen, hat Langemak (22) die Entstehung
der »Gleitbeutel^ und der daraus hervorgehenden ;,Hygrome^ einem er-
neuten Studium durch vervollkommnete histologische Methoden unterzogen.
154 Jahresbericht fttr Chirargie. I. Teil.
In Übereinstimmting mit früheren Autoren gelangt er zu folgenden
Schlussfolgerungen. Unter dem Einflüsse einer mechanischen Reizung bildet
sich im subkutanen Bindegewebe ein Schwund des Fettgewebes aus. Zunächst
kommt es neben einer beträchtlichen Hyperämie zu einer vermehrten Binde-
gewebsneubildung. In diesem Bindegewebe lagert sich Kollagen in grösserer
Menge ab. Das Kollagen unterliegt einer Verflüssigung, wobei als Zwischen-
produkt eine ^^fibrinoide^ Substanz sich bildet. Der Verflüssigungsprozess
vollzieht sich ungleichmässig. Somit kann die Höhle eines solchen Gleitbeutels
eine sehr unregelmässige Beschaffenheit darbieten. Neben derben Strängen
in mannigfacher Yerlaufsrichtung finden sich in Verflüssigung, jedenfalls in
Degeneration begriffene Höcker, die nicht selten als ^freie Körperchen^ in
der Höhle des Gleitbeutels angetroffen werden. Der ;, Gleitbeutel ^ ist somit
nur eine Spalte im Bindegewebe. Er erkrankt niemals für sich allein, sondern
in Gemeinschaft mit dem umgebenden subkutanen Gewebe.
;,H7grom und Ganglion sind dem Wesen nach übereinstim-
mende Produkte der Verflüssigung vermehrten Bindegewebes'''
und sind genetisch den Gelenken und Schleimbeuteln verwandt.
Die Arbeit ist durch vorzügliche histologische und makroskopische Bilder
von Hygromen illustriert.
XI.
Verletzungen und ehirurgisehe Krankheiten der Blut-
gefässe, der Lymphgeßlsse und Lymphdrüsen.
Referent: F. Fischer, Strassburg.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
HSmostatika und U&mostase.
1. Berger, Gelatine als Hämostatikam and bei Bebandlang von Anenrysmen. Wiener
med. Wochenschrift 1908. Nr. 11, 12, 13.
2. Gley, De Taction des injections intraveneases de Gelatine sur la coagubilit^ da saog.
Soc. de biologie. 4. April 1903.
3' Moll, Die blatstillende Wirkung der Grelatine. Wiener klin. Wochenschrift 1903.
Nr. 44 und Verein deutscher Ärzte in Prag. Mflnchener med. Wochenschrift. Nr. 46.
4. *Niedhammer, Weiterer Bericht über die Erfahrungen mit Gelatineinjektionen bei
Blatangen. Inaug.-Diss. München 1903.
5. ^Simonis, Über ein neues Hämostatikum. Allgemeine med. Zeitung 1903. Nr. 39.
6. Tavel, Anwendung der Gelatine zur Yerbütung postoperativer Hämatome. Kone-
spondenzblatt für Schweizer Ärzte 1903. Nr. 12.
Berger (1) berichtet über nenn in der Lemberger medizinischen Klinik
beobachteten Fälle, in welchen wegen Blutung (bei Endometritis haemorrha-
Fischer, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blutgefässe etc. 155
gica, Purpura rheumatica, 2 mal bei Morbus maculosus Werlholfii, Nephritis
haemorrhagica, Haematuria intermittens und dreimal bei Haemoptoe auf tuber-
kulöser Grundlage) Gelatine per os gegeben, resp. subkutan injiziert und meist
ein Erfolg erzielt wurde; ferner über drei Fälle von Aorta aneurysma, bei
den zuletzt genannten Fällen war zweimal eine Besserung der Beschwerden
na€h der Injektion zu konstatieren. Berg er kommt zu dem Schlüsse, dass
das Verfahren den Organismus nicht gefährdet, oft von Erfolg begleitet ist,
deshalb in allen Fällen stärkerer Blutung angewendet, bei Aneurysmen versucht
werden sollte.
Wird die Gelatinelösung vor der Injektion völlig neutralisiert, so ist
nach den Versuchen von Gley (2) die koagulierende Eigenschaft des Mittels
nicht mehr vorhanden. Wurde aus der käuflichen Gelatine, die 2 — 57o Kai-
ciumchlorid enthält, dieses entfernt, so beobachtete er eine beträchtliche Ver-
minderung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes des Versuchstieres. Nach Gley
ist in der sauren Reaktion sowie in dem Kalkgehalte die koagulierende Eigen-
schaft der Gelatine zu suchen.
Die von Moll (3) angestellten Tierversuche ergaben, dass bei Kaninchen
und Hunden nach subkutaner und intravenöser Injektion von 10°/o Gelatine-
losong nicht aber nach Applikation per os, nach 12 — 24 Stunden der Fibri*
nogengehalt des Blutes um das mehrfache des Normalen gesteigert ist und
2—3 Tage lang gesteigert bleibt. Das Sterilisieren der Gelatinelösung war auf
die fibrinogenvermehrende Wirkung von keinem Einfluss. Ferner konstatierte
Moll, dass durch den Leim die roten Blutkörperchen agglutiniert werden,
dass ein Parallelismus zwischen Leukocytenzahl und Fibrinogen besteht. Nach
der Injektion reizender Stoffe, wie Terpentinöl, Argentum nitricum, nach
Heischfüttemng auf der Höhe der Verdauung tritt ebenfalls eine Vermehrung
der Leukocyten im Blute und eine Steigerung des Fibrinogengehaltes ein:
,Fnr die Praxis dürfte es sich vielleicht empfehlen, die Fibrinogenvermehrung
anf der Höhe der Verdauung zu benutzen und vor besonders blutigen Ein-
griffen und in Fällen, wo Narkose nicht nötig oder unmöglich ist, vier bis
sechs Stunden nach Fleischnahrung die Operation vorzunehmen.^ Nur nach
subkutaner oder intravenöser Injektion und frühestens nach 12 Stunden ist
die blutstillende Wirkung der Gelatine zu erwarten, sie wird daher vorzugs-
weise prophylaktisch wirken.
Tavel (6) hat zur Vermeidung der zur Infektion disponierenden und
die Wundheilung verlangsamenden Haematome, die er nach Operation häufig
beobachtete, vor Verschluss der Wunde dieselbe tropfenweise mit erwärmter
Gelatine berieselt 10—15 ccm. Besonders empfiehlt Verf. das Verfahren bei
Wunden, die durch Etagennaht geschlossen werden, so nach Hemiotomien,
Laparotomien. Seit Anwendung der Gelatine sind postoperative Hämatome
nicht mehr vorgekommen oder sie sind äusserst gering gewesen, nur bei
Knochenoperationen sind leichte Nachblutungen nicht ganz zu vermeiden»
Vor Verwendung der Gelatine muss diese durch Kultur- und Impfversuche
auf Tetanuskeime untersucht werden, um gegen die Gefahr dieser Infektion
geschützt zu sein.
Infusionen von Kochsalz und anderen Lösungen«
1. Braatz, Apparat zur Kochsalzwasaerinfasion. Deutsche med. Wochenschrift 1908.
Nr. 17.
2.*Corde8, Zar Lehre vom Aderlass und der Kochsalzinfasion. Inaug. -Diss. Göt-
1903.
156 Jahresbericht für Chirargie. I. Teil
3. Engelmann, Einiges Ober die sogenannte physiologische Eochsalzldsong. Deutsche
med. WocheDSchrift 1903. Nr. 4.
4. Herz, Ein Vorschlag zar Verhütung von Lufteintritt bei intravenösen Infusionen. Zen-
tralblatt für Chirurgie 1903. Nr. 46.
5. Küttner, Zur Frage des künstlichen Blutersatzes. 82. Chirurgenkongress 1903.
•6. — Experimentelle Untersuchungen zur Frage des künstlichen Blutersatzes, v. Bmnssche
Beiträge 1903. Bd. 40. Heft 3.
7. Kraft, Ludwig, Transfusion ved Bet»ndelse: PeritonsDum, experimentelle Undei^
segelses. Hospitalitidende. B. 46. ag. 65. Ejebenhavn 1903.
S, Tavel, Indications et contre-indications de la Solution sale^-iodique. Revue de Chi-
rurgie 1903. Nr. 4.
Der von Braatz (1) angegebene Apparat erfüllt folgende Grundbedin-
gungen: ;,Die Lösung ist schon sterilisiert und ist dieselbe schnell auf eine
bestimmte Temperatur zu erwärmen^. In einer starkwandigen Kochflasche
von einem Liter Inhalt wird die Kochsalzlösung steril aufbewahrt; in dem
Watteverschluss der Flasche steckt ein Thermometer. Beim Gebrauch wird die
Flasche durch Hineinstellen in heisses Wasser oder auf einem Drahtnetz über
der Gasflamme erwärmt. Hat die Temperatur 40^ erreicht, so wird das
Thermometer samt dem Watteverschluss herausgenommen und die Flasche
mit dem sterilisierten Schlauchapparat verbunden. Dieser Apparat besteht
aus einem abgestumpften Glashohikegel , der an dem dünnen Ende mit dem
Abflussschlauch, mit dem dicken Ende mit der Flasche durch ein Gummit'eil
Terbunden ist. Das Glasteil hat seitliche Öffnimg, durch welche ein Gummi-
schlauch bis auf den Boden der Flasche geht und die Luft zuführt. Die Flasche
wird^ nachdem der Apparat angebracht ist, umgestülpt und hochgehoben,
nachdem die Luft aus dem Abflussteil und der mit diesem verbundenen
Hohlnadel entfernt ist, wird die Nadel unter die Haut gestossen.
Herz (4) Um Lufteintritt bei intravenösen Infusionen, Gelenkspülungen
«tc. zu vermeiden, hat Habs eine Röhre herstellen lassen, die aus einem Glas-
rohr und einseitig aufsitzendem durch weite Öffnung mit demselben kommuni-
zierendem Hohlkegel besteht. Vor Beginn der Irrigation wird die Röhre samt
der Kugel mit Spülflüssigkeit gefüllt, indem man jene mit der Kugel nach
unten hält; nach Füllung der Röhre wird sie so gedreht, dass die Kugel
nach oben gerichtet ist. Alle im Schlauche vorhandenen Luftblasen sammeln
sich beim Durchtritt durch die Röhre in der Kugel an imd werden hier
zurückgehalten.
Engelmann (3) tritt dafür ein, dass nur durch die 0,9 ®/o Kochsalz-
lösung als sog. physiologische und die für den menschlichen Körper am
meisten indifferente Salzlösung anzusehen ist, denn nur diese ist mit dem
Säugetierserum isotonisch, d. h. nur in ihr behalten die roten Blutkörperchen
ihr Volum, in einer stärkeren Lösung schrumpfen dieselben, in einer schwäche-
ren quellen sie und werden schliesslich aufgelöst. Er hat das Verhalten des
Blutes mittelst des von Heddin und Koppe eingeführten Blutzentrifugier-
apparates, des Hämatokrits, nachgewiesen: denn zentrifugierte er frisch auf-
gefangenes Blut mit 0,6, 0,9 und 1,5 ^/o Kochsalzlösung, so fand er, dass nur
nach Zusatz von 0,9 ®/o Lösung die Blutkörperchensäule ebenso hoch steht,
wie in dem Röhrchen mit unvermischtem Blute, während in der schwachen
Salzlösung die Blutkörperchensäule höher, in der stärkeren niedriger stehen.
Es folgt aus diesen Versuchen, dass am Krankenbett als Infusionsflüssigkeit etc.
und im Laboratorium als Konservierungsflüssigkeit an Stelle der früher ge-
brauchten 0,5 — 0,75^/o Kochsalzlösung die 0,9 °/o zu treten hat.
FiBcher, Vorleizimgen und chirorgische Krankheiten der BlatgefUsse etc. 157
Küttner (5 n. 6). Weder durch die gebräuchliche subkutane resp.
intravenöse Infusion physiologischer Kochsalzlösung, noch durch die Trans-
fusion menschlichen Blutes, die schwer durchführbar und ihrer Gefahren
halber nicht anzuwenden ist, kann bei sehr hochgradigem Blutverlust das
Leben gerettet werden. Küttner hat versucht, die physiologische Kochsalz-
losimg durch andere Flüssigkeiten zu ersetzen, welche in ihrem Salzgehalte
demjenigen des Blutserum entsprechen. Die Tierezperimente aber ergaben
ein negatives Resultat; das Adrenalin ist wegen seines zuerst reizenden, dann
lähmenden Einflusses auf das Herz für die Verwendung beim Menschen nicht
geeignet. Dagegen konnte Verf. durch Sauerstoffinhalationen und reichliche
Erwärmung Kaninchen, die sonst einen Blutverlust von 3^/o des Körper-
gewichtes bei Kochsalzinfusionen nicht überleben, dauernd am Leben erhalten,
besonders wirksam war die Sauerstoffinhalation unter hohem Drucke; es ge-
kog also den kritischen Zeitpunkt nach der Hämorrhagie zu überwinden, das
Leben so lange hinzuhalten, bis die zur dauernden Rettung nötige Blut-
reaktion stattgefunden hatte. Die direkte Einführung des Sauerstoffes ins
Blnt ist wohl das rationellste ; von der Einleitung des Gases in die Venen
ist aber bei Hämorrhagie kein Nutzen zu erwarten.
;,Einen Vorteil aber kann in Fällen dringender Verblutungsgefahr die
Sanerstoffeinführung ins Blut dann bringen, wenn geringe Dosen des Gases
der zu infundierenden Kochsalzlösung als Reizmittel für das Herz beigemengt
werden, also wenn man die Kochsalzlösung mit Sauerstoff sättigt.^ — Um
dies auf einfachem Wege zu ermöglichen, hat Küttner einen sehr handlichen
Apparat konstruiert, mit dem es leicht gelingt, physiologische Kochsalzlösung
mit Sauerstoff zu sättigen und diesen direkt ins Blut zu bringen. Um her-
mitergekommene Kranke auf Laparotomien vorzubereiten, rät Verf. 2— 3 mal
mnerhalb 24 Stunden je 2 Liter der mit Sauerstoff gesättigten Kochsalz-
lösmig in die Vene einzuspritzen, um auf das Herz und die nervösen Zentren
günstig einzuwirken. Nach schwerem Blutverlust beim Menschen empfiehlt
es sich nach der intravenösen Lijektion der mit Sauerstoff gesättigten Koch-
salzlösung ^bei reichlicher Erwärmung des Körpers die Wirkung dieser In-
fusion durch stundenlang fortgesetzte Einatmung von Sauerstoff zu unter-
stützen**'
Tavel (8) wendet sich in sehr gereiztem Tone in dieser Abhandlung
gegen die von Küttner und Bai seh erhobenen Vorwürfe, dass seine Salz-
Sodalösung reizend und Gangrän verursachend wirke; er habe die Lösung
nur zur Lrigation und als Wunddesinficiens empfohlen, als solche sei sie
absolut unschädlich für den Organismus, durch die leicht reizende Wirkung
werde eine erwünschte Leuco- und Phagocytose bedingt.
Ludwig-Kraft (7) hat in einer langen Reihe von Tierversuchen an
Kaninchen verschiedene Verhältnisse bei Transfusion mit Salzwasser und Zucker-
lösong, teils unter normalen, teils unter entzündlichen Zuständen ausschliess-
lich mit Rücksicht auf die Anwendung von Transfusion bei Peritonitis xmter-
BQcht. Es ist unmöglich, die stark variierenden Versuche in einem kurzen
Referat wiederzugeben. Ich werde mich daher darauf beschränken, die Resul-
tate anzudeuten, die Verf. seiner Versuchsreihe entnimmt. Ob Salzlösung (0,4
oder l^lo) oder Zuckerlösung vorzuziehen ist, ist nicht entschieden. Die
Losong muss beim Eintritt in die Vene 38 ^ sein, eine niedrigere Temperatur
setzt die Vitalität des Tieres herab ; wird die Temperatur während der Trans-
158 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
fufiion gesteigert, so tritt sogleich eine Verminderung der Diurese ein und die
Temperatur des Tieres steigt.
Die grösste Diurese wird durch unterbrochene Transfusion oder dnrdi
langwierige Transfusion mit starkem Fall der Geschwindigkeit erzielt. Die
Transfusion hat keinen Einfluss auf die Absorption oder Transsudation des
gesunden Peritoneums. Transfusion ist kontraindiziert, wo das Herz oder die
Nieren stark leidend sind. Die Transfusion hat keine hindernde Wirkung
auf die Absorption vom Peritoneum bei beginnender Peritonealseptikämie.
Die Transfusion vermehrt die Exsudation bei den exsudativen Entzündungen
im Peritoneum, sie wird daher indiziert vor der Operation in Fällen von
universell exsudativen Peritonitiden, indem sie hier die Absorption hindert
oder verringert, während sie kontraindiziert ist vor der Operation von zirkum-
skripten oder migrierenden Peritonitiden, indem die vermehrte Exsudation
hier dazu beitragen kann, dass Verklebungen gelöst werden, so dass die Ent-
zündung weiter um sich greift. In gleicher Weise wird die Transfusion nadi
der Operation nur indiziert in den Fällen, wo man mit Mechen und Drains
über die Grenze der Entzündung hinausgekommen ist, so dass der gesunde
Teil vollständig von dem entzündeten Teil getrennt ist, bei den universellen
nur wo für hinreichenden und guten Abschluss Sorge getragen ist. Doch soll
man in diesen Fällen sehr vorsichtig mit dem transfundieren sein, indem da-
durch ein bedeutender Verlust von Serum und Albumen verursacht wird, der
verhängnisvoll für den Organismus sein kann.
Schal demose (Kopenhagen).
Haemophilie.
1. Parry, A case of haemophUia illaatrating the valae of calcium chloride as a local
stiptic. The Lancet 1908. Fehraar 21.
2. Rotgans, Haemophüie. G-eDootschap ter bevordering der Nataur-, (^enees- en Heel-
kande. Ned. Tydschr. v. Gtoneesk. I. pag.
Parry (1) erreichte in einem Falle von schwerer, tagelang andauernder
Blutung aus einer Zahnfleischwunde bei einem Bluter, nachdem andere Styp-
tica, eingeschlossen das Adrenalin, sich als wirkungslos erwiesen hatten, rasdi
Stillstand der Blutung nach lokaler Anwendung einer Calciumchloridlösung
von 2,0 auf 30,0.
Rot g ans (2) demonstriert einen vierjährigen Knaben mit einer hämo-
philen Arthropathie am linken Fuss. Das Leiden ist chronisch; es besteht
eine ausgesprochene Muskelatrophie; das Bild ähnelt vollkommen dem einer
tuberkulösen Gelenkerkrankung. Es gibt mehrere Fälle von Hämophilie in
seiner Familie. Als Therapie ist Immobilisation angewendet.
Goedhuis (Deventer).
GefSssnaht.
1. Araberg, Experimenteller Beitrag zur Frage der zirkulären Arteriennaht. Deatsche
Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 68. Heft 1 aud 2.
2. *Baum, Über die Blutgefässnaht. Inaag.-Diss. Freibarg 1903.
3. ^Bürgers, The present position of sutare of the blood vessels. Medical Chronicale.
May 1903.
4. Ezner, Einige Tierversuche über Vereinigung und Transplantation von Blutgefässeiu
Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 10.
5. De Gaetano, L., Sutnra della arterie. Richerche sperimentali sul processo di guari-
gione in rapporto alla rigenerazione della fibre elastiche. Giornale intemaz. di soe.
mediche 1903. fasc. 7.
Fischer, Yerletzangen und chirurgische Krankheiten der Bluigefitlsse etc. 159
6. Galloiset Pinatelli, ün cas d'anastoxnose art^rio-veinense longitudinale pour art4-
rite oblit^rante. Revue de Chirurgie 1903. Nr. 2.
7. Höpfner, Über Gefftssnaht, GefSsstransplantation und Replantation von amputierten
Extremitfiten. Inaug.-Diss. Berlin 1903. v. L an genbecks Archiv 1903. ßd. 70. Heft 2.
82. Ohirurgenkongress Berlin 1903.
3. Jensen, Über zirkuläre Gefftsssutur. v. Langenbeclcs Archiv 1903. Band 69.
Heft 4.
. 9. Lejars, Valeur pratique de la suture arterielle. La semaine mödicale 1903. Nr. 14.
10. Ghdrie-Ligni^r e, M., Contributo sperimentale alle studio della protesi dei vasi coi
metalli riassorbibill. Clinica chirnrgica 1903. Nr. 1.
11. Reinsholm, W., Die verschiedeuen Methoden für zirkuläre Vereinigung abgeschnit-
tener grösserer Arterien- und Yenenstämme. Nordishe medicinske Arkiv. Aid. L
Eirui^e 1902. H. 8 Nr. 16 und U. 4 Nr. 21 ; 1903 Heft 1 Nr. 3.
12. Payr, Zur Frage der zirkulären Vereinigung von Blutgefässen mit resorbierharen Pro-
thesen. V. Langen becks Archiv 1903. Bd. 72. Heft. 1.
13. Salomoni, A., Sulla sutura delle arterie. Gazetta degli ospedali 1903. Nr. 56.
14 Sassone, L*attua1e chirurgia integrante dei vasi sanguigni. Grincarabili 1903.
15. Schmitz, Die Arteriennaht. Deutsche Zeitschrift fOr Chirurgie 1903. Bd. 66. Heft 8
und 4.
16. T o m aselli , G., Esiti lontani della sutura col metocho deirafi&ontamento dell' endotelio.
Chnica chirnrgica 1903. Nr. 5.
Amberg (1) hat an Pferden nnd grossen Hunden Versuche der zirku-
lären Arteriennaht gemacht (an der A. carotis, femoralis und an der Bauch-
aorta). In sechs Fällen wurde die quere Vereinigung vorgenommen, an den
blossgelegten Gefässen die Scheide etwa daumenbreit frei präpariert, dann die
Arterie durchtrennt; die temporäre Blutstillung wurde durch Anlegen von
mit Gaze- resp. Gummidrains armierten Klemmen erreicht. Die beiden Gre-
fassstümpfe werden an gegenüberliegenden Stellen durch zwei oder mehrere
Längssclmitte 3 — 4 mm weit gespalten; dadurch wird es möglich, einen ent-
sprechend breiten Saum der Gefässwand um 90^ nach aussen umzukrempeln,
die Gefassstümpfe werden dann miteinander in Berührung gebracht; die
Naht wird so angelegt, dass die Intimastreifen der Gefassläppchen aufeinander
zu liegen kommen. ^^Das Vorgehen ist analog demjenigen bei Aneinander-
setzen von eisernen Röhren, wobei am umgekrempelten Rande der Röhre,
den sogenannten Flanschen, die Dichtung vorgenommen wird.'^ Wie die mit-
geteilten Untersuchungsprotokolle beweisen, sind die mit dieser Methode
erzielten Resultate nicht als gute zu bezeichnen, nur in drei Fällen blieb das
Lumen völlig erhalten, in einem trat wandständige, in zwei völlige Thrombose
ein; in diesen drei Fällen wurde Nachblutung beobachtet. Am Schluss der
Arbeit findet sich eine Kritik der Versuchsreihe und eine kurze Übersicht
der Literatur über Gefassnaht.
Exner (4) fand bei seinen Experimenten, dass nach der Implantation
von Arterien in Venen (Verf. benutzte die Payr sehe Methode mittelst
Magnesiumprothesen) die Blutader unter dem arteriellen Druck zu throm-
bosieren pflegt; dem Vorschlage, eine verlorengegangene Arterie durch eine
benachbarte Vene zu ersetzen, kommt also keine praktische Bedeutung zu. —
Aach der Versuch, die Gefässe zu transplantieren , ein gleichgrosses Stück
der A. carotis in den Defekt der anderen Seite zu implantieren , ebenso die
Implantation der V. jugularis externa der einen in die der anderen Seite war
negativ, stets trat Thrombose der überpflanzten Gefässe ein; die Ursache des
Misslingens der Transplantationsversuche ist in der fehlenden Ejnährung der
Gefasswandungen zu suchen.
160 Jahresbericht ffir Chirurgie. I. Teil.
De Gaetano (5) erprobte an Hunden ein neues Verfahren zur An*
legung der Quemaht an Arterien. Das Verfahren ist folgendes: Er fuhrt
einen kleinen spindelförmigen Eristalizylinder ins Arterienlumen ein, auf dem
sich die Naht bequem ausführen lässt; wenn die Naht beinahe beendigt ist,
zieht er den Faden nicht mehr an und schiebt den Zylinder mit einem seiner
Enden durch den noch nicht geschlossenen Raum hindurch nach aussen. Die
histologische Untersuchung, die er an nach vier Monaten angefertigten Serien-
Schnitten vornahm, tat folgendes dar: die Muscularis sowohl als die Intima
und Adventitia sind wiederhergestellt und die Adventitia ist durch periadven-
titiales Bindegewebe verstärkt; auch die longitudinalen elastischen Fasern
sind regeneriert. In der Nähe der angelegten Naht trifft man eine kompen-
satorische Hypertrophie der Muscularis an. — Aus seinen Untersuchungen
geht kurz und gut hervor, dass bei den Narben von Arterienwunden, mögen
diese longitudinal oder quer gerichtet gewesen sein, oder das ganze Gtetäss
in der Quere durchsetzt haben, alle elastischen Elemente vollständig rege-
neriert sind. R. Giani.
Höpfner (7). Nach einem kurzen geschichtlichen Überblick über die
zur Gefassnaht vorgeschlagenen Methoden und einer Zusammenstellung über
30 Fälle von Arteriennaht am Menschen teilt Höpfner die Ergebnisse seiner
an Hunden angestellten Experimente mit, die er zur Nachprüfung der Payr-
schen zirkulären Gefässnahtversuche mittelst Magnesiumprothese vorgenonamen
hat. Bei Gefässverletzungen , welche mehr als die Hälfte des Umfanges be-
treffen, macht man an Stelle der reinen Naht die zirkuläre Gefassvereinignng
mit Magnesiumprothesen ; dieses Verfahren ist an grösseren Gefassen technisch
nicht besonders schwierig; beträgt der Durchmesser der Arterie weniger wie
3 mm, so ist von der Gefässvereinigung Abstand zu nehmen, da an dieselbe
sich gewöhnlich Thrombose anschliesst infolge der Intimaverletzung. Nur bei
streng durchgeführter Asepsis ist auf Erfolg zu rechnen. Zum Schutze vor
Infektion und als Stütze ist die Naht des das Gefäss umgebenden Gewebes
zu empfehlen. Über die Resorptionsdauer der Prothesen lässt sich kein be-
stimmtes Gesetz aufstellen. Höpfner fand bei seinen Experimenten, dass
entgegengesetzt der sonst vertretenen Ansicht die Arterien ohne Schaden auf
weite Strecken von dem lockeren adventitiellen Gewebe entlöst werden können.
Er stellte ferner Versuche über Transplantation von Gefassstücken an. Hierzu
eignen sich für die Arterien die Schlagadern von demselben oder von einem
anderen Individuum der gleichen Art, so gelang die Besektion eines Arterien-
stückes und dessen umgekehrte Wiedereinheilung, ebenso die Transplantation
der Carotis in die Femoralis und umgekehrt, nicht nur bei demselben Hnnd,
sondern auch von einem Hunde auf den anderen. Die Grundbedingung für
das Gelingen dieser Versuche ist strenge Asepsis, dass der Lumenunterschied
zwischen den beiden Gefassen nicht zu gross ist und dass sich gesundes Ge-
webe zur Deckung der transplantierten Stücke vorfindet. Die Implantation
eines Venenstückes in einen Arteriendefekt bietet keine Aussicht auf Durch-
gängigbleiben der Gefässe, das betreffende Venenstück wurde zunächst er-
weitert, alsdann trat Thrombose ein. Die Gefässüberpflanzung von Tieren
anderer Spezies ist stets von Thrombose gefolgt gewesen, auch ist hervorzu-
heben, dass das implantierte Stück schnell resorbiert wird, die Gefahr der
Blutung also besteht. Schliesslich berichtet Höpfner noch über drei Ex-
perimente, die (gegründet auf die Möglichkeit einer zirkulären Gefässvereini-
gung) sich auf die Absetzung von Extremitäten mit darauffolgender Wieder-
Fischer, VerletzungeQ und chirurgiache Krankheiten der Blutgefässe etc. 161
Bereinigung beziehen. In zwei Fällen trat Gangrän ein, bei einem Tiere
blieb das Bein bei freibleibender Zirkulation bis zum 11. Tage erhalten, an
diesem Tage ging der Hund beim Verbinden in Chloroformnarkose ein. Der
Arbeit sind die Versuchsprotokolle und ein Literaturverzeichnis von 82 Num-
mern beigefügt.
Jensen (8) gibt in der vorliegenden Arbeit neben einer Darstellung
der bis jetzt in Anwendung gekommenen Methoden der Gefässsutur eine
Kritik über deren Ergebnisse. Er hat an Pferden und Ziegen experimentiert,
die verschiedenen Nahtmethoden, Prothesen von Knochen und die Payr sehe
Magnesiumprothese angewendet (meistens hat er die A. carotis communis und
die V. jugularis interna benutzt), um folgende Fragen zu lösen: 1. Warum
kommt es in so vielen Fällen zu Thrombenbildung? und 2. Inwiefern bietet
diese oder jene der beschriebenen Methoden von den übrigen eine bessere
Garantie für die Vermeidung der Thrombenbildungen? Jensen verwirft die
Prothesen für die Arterien- und die Venenvereinigung, da er nach deren
Anwendung eine Verengerung des Gefässlumens beobachtete. Die besten
Resultate erzielte er nach dem von ihm angegebenen Verfahren der U-formigen
Naht, durch welche eine grosse Intimafläche ohne Verengerung des Lumens
zur Berührung gebracht werde. (Das Nähere über die Technik ist in der
Arbeit selbst nachzusehen.) Als Nahtmaterial ist der Seide gegenüber dem
Katgnt der Vorzug zu geben. — Die Thrombenbildung nach zirkulären Nähten
von Arterien und Venen ist auf die Infektion des Gefässes mit pathogenen
Bakterien zurückzuführen. ^Nimmt man die Infektion als die einzige Ur-
sache der Thrombenbildung an, so bekommt man auch die beste Erklärung
fSr das Launenhafte in den Ergebnissen der Versuche. Hiermit stimmt auch
überein, dass die Methoden, wo die Naht nicht durch die Intima geführt
wurde, die grösste Wahrscheinlichkeit des Gelingens boten, da eine Infektion
des Gefässes, wenn die Naht ;,lege artis^ ausgeführt ist, in hohem Grade
erschwert wird. Ob die Infektion auch die Ursache der Thrombenbildung
nach Anwendung der Payr sehen Prothesen ist, kann Jensen nicht bestimmt
sagen. Sehr viel scheint ihm die Erklärung für sich zu haben, dass eine um
das Gefass angebrachte Prothese, namentlich wenn diese aus Metall ist, ein
so bedeutendes Irritament für die empfindliche Gefasswand abgibt, dass man
sich die Thrombose leicht als infolge der Ernährungsstörungen entstanden
denken kann, denen die Wand ausgesetzt ist.^
In der sehr lesenswerten Abhandlung bespricht Lejars (9) kurz und
präzis den Wert der Arteriennaht unter Berücksichtigung der Erfahrungen
beim Lebenden und der Technik der Naht. Nach seinen Auseinandersetzungen
ist die Naht empfehlenswert bei longitudinalen Rissen der grossen Gefässe,
vorausgesetzt den aseptischen Zustand der Wunde (A. carotis, subclavia,
femoralis etc.), die während der Exstirpation von Tumoren nicht zu vermeiden
sind, femer bei traumatischen, einfachen und arteriell-venösen Aneurysmen.
Ist mehr als die Hälfte des Umfanges eines Gefässes durchschnitten, so ist
die Ligatur vorzuziehen, da nach der Naht die Gefahr der Verengerung des
Gefässlumens, Nachblutung, nachträgliche Thrombose, auch eventuell periphere
Embolie zu befürchten ist.
Payr (12) wendet sich in sehr energischer Weise gegen diese Arbeiten
von Salinari und Virdia, Reinsholm, Jensen, welche die Methode
der zirkulären Vereinigung von Blutgefässen mit resorbierbaren Prothesen
sehr abfallig beurteilen. Die genannten Autoren haben negative Ergebnisse,
Jabresb«rieht fBr Ghirnrgie 1908. 11
162 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Thrombose an der Gefässvereinigung, bei ihren Experimenten erzielt, weil sie
nicht die von Payr angegebene Versuchsanordnung befolgten; das Verfahren
hat bei richtiger Ausführung sehr gute Resultate ergeben, wie dies vor allem
die Arbeit von Höpfner beweist. Die Methode ist einfach, sicher und
technisch ohne besondere Schwierigkeiten durchführbar.
Die Arbeit von Schmitz (15) soll, wie Verfasser selbst sagt, eine zu-
sammenfassende Studie über die Arteriennaht unter Berücksichtigung der in-
und ausländischen Literatur darstellen, sie ist also ein Sammelreferat; man
findet in ihr die wichtigsten Veröffentlichungen über die Arteriennaht bis zum
Jahre 1901 sehr gut zusammengestellt.
Auf eine von Lejars veröffentlichte Arbeit bezugnehmend, bemerkt
Salomoni (13), dass die von ihm ersonnene, schon 1900 von Tomaselli
erprobte Methode von den bisher befolgten differiert, und meint, es sei bei
der Arteriennaht von grösster Wichtigkeit, dass die Nadel durch alle drei
Tunicae hindurchgeht, damit die Endothelflächen umgestülpt und in weiter
Ausdehnung aneinander gebracht werden. Die von ihm vorgeschlagene Me-
thode ist folgende: 1. Freilegung und Isolierung des Gefässes, 2. provisorische
Blutstillung mittelst serres-plates, 3. Vemähung des Gefässes mit Enteror-
rhaphienadeln und ganz feiner Seide, wobei man eine Wundlefze von aussen
nach innen und die andere von innen nach aussen durchsticht, 4. definitive
Blutstillung, indem man die serres-plates entfernt und die Stellen, wo
die Nadel hindurchgezogen, komprimiert, 5. Synthese der Operations wände.
R. Giani.
Gallois und Pinatelli (6). Bei einem 47jährigen Manne mnsste
wegen trockener Gangrän des rechten Beines der Oberschenkel amputiert
werden ; noch während der Heilung des Stimipfes traten an dem linken Beine
die Zeichen der beginnenden Gangrän ein. Jaboulay entschloss sich zur
seitlichen arteriell-venösen Anastomose der Femoralgefasse in der Höhe des
Scar paschen Dreiecks, ohne den gewünschten Erfolg zu erreichen, die
Gangrän machte Fortschritte, der linke Oberschenkel musste ebenfalls ampu-
tiert werden; der Kranke starb unter Erscheinungen der Gehimembolie.
Gallois und Pinatelli besprechen die in der Literatur niedergelegten
Leichen- und Tierexperimente sowie die Operationstechnik, sie kommen zu
dem Resultate, dass von der arteriell-venösen Anastomose (der seitlichen odar
End zu End) bei Gangrän nach Arteriitis obliterans Abstand zu nehmen ist,
da durch die Klappen der Eintritt des arteriellen Blutes in die Venen Ter-
hindert wird.
Ch6rie-Ligniere (10) bespricht die verschiedenen Methoden der Ar-
teriennaht und meint, dass die einfache Gefässnaht nur bei Längswunden
ihren Zweck erreiche, nicht bei Querwunden. Nachdem er auch die bei Quer-
wunden der Gefässe angewendeten Invaginations- und Transplantationsmethoden
erwähnt hat, beschreibt er ausführlich das von Payr geübte Verfahren der
Prothese mittelst einer Magnesiumröhre und berichtet über Experimente, die
er mit dem Payr sehen Verfahren an 6 Tieren (Hunden und Eseln) angestellt
hat. Bei vier von diesen Experimenten erhielt er ein gutes Resultat; bei
zwei kam es 2u sekundären Hämorrhagien, und zwar bei einem wegen hinzu-
getretener Eiterung, bei dem anderen wegen Nekrose, infolge von Läsion
zahlreicher vasa vasorum. — Verf. konstatierte, dass die implantierte Stelle
wenigstens einem Druck zu widerstehen vermag, der so stark ist wie in der
Carotis eines Esels, dass die Verlötung der beiden in Kontakt miteinander
Fischer, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blutgefässe etc. 163
gebrachten Endothelflächen schon nach 12 Stunden sich vollzogen hat, dass
in der Mehrzahl der Fälle das Gefässlumen unverändert bleibt und einige,
keine Störungen verursachende, wandständige Thromben aufweist, dass der
Magnesiumzylinder in ungefähr 20 Tagen resorbiert wird, dass Nachblutungen
durch strenge Antisepsis und Isolierung einer kleinen Gefässstrecke verhütet
werden. R. Giani.
Nach einem kurzen Eingehen auf die Frage nach den Vorteilen, welche
eine einfache Ligatur oder eine Sutur resp. Resektion eines grösseren Blut-
gefässes darbietet, studiert Reinsholm (11) die verschiedenen Weisen, eine
Sator in der Gefässwand anzulegen, Wobei er betont, dass das Suturmaterial
Katgut sein müsse und dass die Naht nicht die Intima, aber doch einen
genügend festen Teil der Gefässwand fassen müsse. Ein eingehendes Studium
wird der Resektion grösserer Gefässe gewidmet. Diese könnte in der Praxis
bei Tumoren-Exstirpationen , ulzerösen Prozessen, Aneurysmen und Gefass-
kontusionen in Frage kommen. Die sämtlichen bisher bekannt gewordenen
Methoden der Ausführung einer Resektion werden in folgender Zusammen-
stellung mitgeteilt.
L Apposition gleichartiger Flächen
A. der Wundränder, a) durch Sutur, 1. durch Adventitia und Media —
ohne Prothese (Bougle), mit Prothese (Gluck), 2. durch alle Schichten
(Horoch, Murphy, Lieberberg), b) auch endovasale Prothese (Abbe,
Gluck, Payr);
B. der Intimaäachen, a) durch Sutur (Clermont, Brian und Jaboulay,
Salomoni), b) durch extravasale Prothese (Nitze, Payr).
n. Apposition ungleichartiger Flächen (Clermont, Murphy, Dörfler,
Bougle).
Nach einer kritischen Prüfung dieser verschiedenen Methoden versucht
Verf. eine Wertschätzung derselben; bei mehreren hat er Kontrollversuche
gemacht, um ihre Anwendbarkeit zu ermitteln, woneben die praktischen Re-
sultate, die mit ihnen erzielt werden, verzeichnet werden. Besonders in der
Diskussion der Invaginationsmethode liefert Verf. interessante Beiträge zur
Lösung der Frage. Er hat selbst die früher vorgeschlagenen Methoden in
der Weise modifiziert, dass nur ein durch das distale Ende gezogener Faden
verwendet wird, um diesen in das proximale Ende zu invaginieren, welcher,
nachdem die Gefässränder aneinander fixiert sind, entfernt wird. Da das
detailreiche und erschöpfende Werk sich zu einem kurzen Referat nicht eignet,
werden Interessenten auf die Originalarbeit selbst verwiesen.
Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
In seiner Dissertation führt Sassone (14) alles auf, was bezüglich der
Arterien- und Venennaht, sei es auf experimentellem, sei es auf klinischem
Gebiete, von den Chirurgen bisher geleistet worden ist. R. Giani.
Auf eine frühere Arbeit sich beziehend, behauptet Tomaselli (16), dass
das beste Angiorraphieverfahren das von Salomoni (Atti della R. Accademia
Peloritana 1900) empfohlene sei, das in der Vereinigung des Endothels besteht ;
dasselbe lasse sich leicht und rasch ausführen und habe stets befriedigende
Resultate gegeben. Verf. hat nun den histologischen Reparationsprozess bei
Qaerwunden studiert, um festzustellen, ob auch hier eine wirkliche Restitutio
ad integrum stattfinde, wie sie Burci bereits bei longitudinalen Wunden
beobachtete. Die mikroskopische Untersuchung tat dar: 1. die T. muscularis
ist vollständig regeneriert. 2. Auch die elastischen Fasern dieser Tunica sind
11*
164 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
regeneriert und sind viel zahlreicher an den Grenzen der Naht und in der
Nähe des Lumens, wo sie zwar nicht eine wirkliche innere elastische Platte
bilden, aber doch dieselbe so gut wie ersetzen und so das Zustandekommen
eines Aneurysmas verhindern. 3. Weder die innere elastische Platte noch
der elastische Apparat der Adventitia sind neugebildet, diese besteht aus
fibrösen Bindegewebsbündeln. 4. In der nächsten Umgebung der vernähten
Stelle konstatiert man vollständige Wiederherstellung der drei Tunicae, mit
Hypertrophie der Muskelfaserzellen und der elastischen Fasern.
R. aiani.
Aneurysmen.
1. V. Bergmann, Zur Kasuistik des arteriell-venösen Aneuiysma. v. Langenbecks
Archiv^ 1908. Bd. 69. Heft 1 und 2. v. Esmarchsche Festschrift.
2. *Hantleib, Über die Erfolge bei den verschiedenen Operationsmethoden des Aneu-
rysma popliteam. Inaug.-Diss. Bonn 1908.
8. Kr e atz. Über einen Fall von Rankenaneorysma der Arterie ophthahnica dextra. Wiener
med. Wochenschrift 1908. Nr. 37.
4. Matos; R., M. S., An Operation for the radicai eure of aneurism based upon arterior-
rhaphy. Annals of Sorgery, Febraary 1908.
5. Morris, R. F., M. S. Notes on case of fusiform aneurism treated by Matos method.
Annais of Sargery October 1908.
6. Rank in, The treatment of aneurysm by subcataneons injection of gelatin. Rojal
med. and. clin. soc. The Lancet 1908. Jani 27.
V.Bergmann (1). Drei Wochen nach einer im Burenkriege erlittenen
Verletzung durch ein Lee-Medfordgeschoss in die untere Hälfte des linken
Oberschenkels stellte sich bei dem 25jährigen Patienten ein fühlbares Schwirren
an der inneren Fläche des Knies und Oberschenkels ein; sechs Monate nach
der Verletzung waren die übrigen Zeichen des arteriell-venösen Aneurysma
an der Durchtrittsstelle der A. femoralis durch den Adduktorenkanal sehr
deutlich ausgebildet; der Kranke suchte bei v. Bergmann Hilfe. Unter
Esmarch scher Blutleere wurde am unteren Viertel des Oberschenkels in der
Fossa Joberti die Arterie und die um das dreifache ihres Volums ent-
wickelte Vene aus dem sie einscheidenden sehr lockeren Bindegewebe leicht
isoliert, ober- und unterhalb des Sackes unterbunden und das Aneurysma
samt den legierten Gefassen extirpiert; der etwa hühnereigrosse Varix lag
nach aussen und hinten von der Schlagader; die kreisrunde Kommunikations-
öflfnung zwischen Arterie und Vene hatte einen Umfang von 3 mm, zeigte
glatte und scharfe Ränder, an der Öflfnung in die Venenwand befand sich eine
halbmondförmige Klappe, deren freier Rand etwa bis zur Mitte der kreis-
runden Öffnung reichte. Beim Einströmen des Blutes in die Vene musste
diese Klappe gespannt und in pulsatorische Bewegung gesetzt werden; hierans
ist das ungemein stark fühlbare Schwirren an der Innenfläche des Knies und
Oberschenkels zu erklären. Für die Bildung des arteriell-venösen Aneurysma
(in der Literatur sind schon zehn Fälle von arteriell-venösem Aneurysma der
A. femoralis resp. der A. poplitea, die im südafrikanischen Kriege behandelt
wurden, niedergelegt) nimmt v. Bergmann an, dass bei den nach Schass-
verletzung entstandenen eine sofortige Kontimiitätstrennung der Gefasswände
statt hat, nicht dass eine Quetschung der Gefässe und nachfolgende Ent-
zündung an der Verletzungsstelle, wie dies Hodgson vermutet hatte, erst
nachträglich zur Kommunikation von Arterie und Vene führt. Für seine
Annahme spricht die primäre und sekundäre Blutung, sowie auch der Befand
Fisober, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blntgefftsae etc. 165
bei der Operation, dass das Bindegewebe um die Gefässe locker und weich
war, sich leicht vom Varix isolieren liess. v. Bergmann hat in noch zwei
anderen Fällen von arteriell-venösem Aneurysma der A. femoralis nach Schuss-
Terletznng in derselben Weise operiert. In dem einen Falle war die Ver-
bindungstelle zwischen Arterie und Vene sehr eng, so dass an dieser die
Unterbindung möglich gewesen wäre und dann die Exstirpation des Varix
nnr noch nötig war, ;, allerdings wäre an der Arterienwand eine Narbe, die
Ligaturstelle geblieben, von der es fraglich ist, ob sie nicht im Laufe der
Zeit eine Ausbuchtung und mit ihr eine Art Aneurysma verum veranlassen
könnte. Auch für die Arteriennaht wäre der Fall nicht ungeeignet gewesen*'.
In dem von Kreutz (3) beschriebenen Falle war der rechtsseitige
pulsierende Exophthalmus, der seit drei Jahren bei einer 28 jährigen Kranken
alhnählich und spontan zur Ausbildung gekommen war, nicht durch Eindringen
Ton arteriellem Blute in die Orbitalvenen, sondern durch Überfüllung der
krankhaft erweiterten Arterien der A. ophthalmica erzeugt, durch die ophthal-
moskopische Untersuchung war eine Rankenaneurysma der A. centralis retinae
nachzuweisen, gleichzeitig bestand vor dem Processus mastoideus derselben
Seite ein Rankenaneurysma der A. carotis externa. Nach Unterbindung der
A. carotis communis rechts hörte die Palsation in beiden Geschwülsten auf;
der Augenspiegelbefund blieb aber unverändert. Die Deduktionen, dass es sich
in dem betre£fenden Falle um ein Rankenaneurysma der A. ophthalmica
handelte, sind überzeugend; die eingehenden Auseinandersetzungen sind in
der Arbeit selbst nachzulesen.
Matos (ö) empfiehlt statt Exstirpation des Aneurysma den Sack in der
Weise in sich zu vernähen, dass die Zirkulation in dem Muttergefäss dadurch
nicht gestört wird. Nach vorausgehendem temporären Verschluss des zu-
führenden Astes ward das Aneurysma geöffnet und mit weichem Schwamm
alle Gerinnsel entfernt. Alle Offnungen der in den Sack mündenden Haupt-
und Seitengefasse werden mit fortlaufenden nach Art der Lembertdarmnaht
angelegten Chromcatgut-Nähten so geschlossen, dass der Strom im Hauptgefäss
nicht unterbrochen wird. Der Sack wird über diesen Nähten durch Etagen-
Nähte geschlossen. Die Operation ist dort indiziert, wo die Exstirpation
unmöglich oder Gefahr der Gangrän in sich schliesst. M. hat vier Kranke
nach seiner Methode mit Erfolg operiert. Die Art der Nahtanlegung ist
dnrch Abbildungen erläutert. Maass (New-York).
Morris (5) hat ein fusiformes Aneurysma der Ploplitea nach der von
Matos vorgeschlagenen Methode Intima auf Intima so vernäht, dass ein
Kanal für die Zirkulation offen blieb und ein vollständiger Erfolg damit
erzielt wurde. Maass (New-York).
Um den nach Gelatineinjektionen zu beobachtenden Tetanus zu vermeiden,
gibt Rank in (6) ausführliche Angaben zur Bereitung der Gelatine: an drei
aufeinander folgenden Tagen wird die Mischung, die aus 30 g Gelatine,
9 g Kochsalz, 1500 g sterilisiertem, destiliertem Wasser besteht, eine Stunde
lang im Autoklaven sterilisiert und unmittelbar vor dem Gebrauch nochmals
sterilisiert. Er injiziert 100 cbcm der Mischung an der Innenseite des Ober-
schenkels, die Einspritzung soll unter geringem Druck nur einmal in der
Woche vorgenommen werden; heben der Injektion ist Bettruhe, beschränkte
Kost und Jodkali zu empfehlen. Rankin berichtet über vier Fälle, je ein
Aneurysma des Aortenbogens und der Bauchaorta, zwei der Aorta ascendens.
Die Erfolge waren gut, die subjektiven Beschwerden wurden geringer, objektiv
166 Jahresbericht f&r Chirargie. I. Teil.
war Festwerden und Verkleinerung des Tumors zu konstatieren ; die weiteren
Beobachtungen (1 bis 2 Jahre) ergaben, dass die Besserung anhielt.
Gefiisserkrankung mit nachfolgender GangrSn.
1. v^. Brunn, Beitrag znr traumatischen Gangrftn durch Ruptur der inneren Arterien-
hftute. V. Brunsche Beitr&ge 1903. Bd. 41. Heft 1.
2. *D u n 1 0 p , On a case of arterial occlusion and gangrene. The Lancet 1903. May 23.
3. *Wahlmann, Zur Kasuistik der diabetischen Gangrftn nach den Erfahrungen in der
chirurgischen Klinik zu Kiel. Inaog.-Diss. Kiel 1908.
4. Weber and Michels: Two cases of obliterative arteritis in a young men leading to
gangrene in extremities British med. journ. 1903. Septembre 12.
V. Brunn (1). Bei einem 60jährigen Fuhrmann wurde einige Tage
nach dem Überfahren des rechten Beines (ohne dass Fraktur oder Luxation
nachzuweisen war, es bestand nur eine nicht penetrierende Wunde an der
Innenseite des Kniegelenkes) fortschreitende Gangrän des Unterschenkels beob-
achtet, die 14 Tage nach dem Unfälle die Amputatio femoris des septisch
eingelieferten Kranken nötig machte. Die Ursache des Brandes war ein
Thrombus in der A. poplitea, der durch quere Zerreissung der Intima und
Media in der Höhe des Gelenkspaltes bedingt war; die unmittelbar angren-
zenden Teile von der Adventitia waren abgehoben und etwas eingerollt. Die
Gefassinnenfläche ist oberhalb der Verschlussstelle von normaler gelber Farbe,
unterhalb hat sie einen deutlichen Stich ins Graue. AuflFallend ist, dass bei
der Sektion ausser Milzanschwellung und einer leichten Bronchitis keinerlei
Organveränderungen gefunden wurden ; (aber den Zustand der Arterien (Aorta
iliaca etc. Arteriosklerose) sind keine Bemerkungen gemacht. Ref.). Unter
Hinzuzählen dieses Falles ist unter 16 Fällen 13 mal die Ruptur der inneren
Häute der A. poplitea von einem Verlust des Beines, zweimal sogar vom Tode
gefolgt gewesen.
Die beiden von Weber und Michels (4) beobachteten Fälle betreffen
zwei Männer im Alter von 37 resp. 45 Jahren; die Krankheit begann mit
Parästhesie an den unteren Extremitäten, die zu Gangrän führte und die
Amputation der Unterschenkel nötig machte. Syphilis, Alkoholismus, Blei-
und Arsenikvergiftung waren mit Sicherheit auszuschliessen. Die Verfasser
glauben, dass in beiden Fällen die Gangrän auf nervöse Störungen zurück-
zuführen sei. Die mikroskopische Untersuchung (Abbildung) ergab Verdickung
der kleinen Arterien und Thrombose der Arterien.
GefSssgeschwttlste.
1. Arenzio, G., Guarigione rapida di angiomi otienuta con an procesao combinato di
elettrolisi ad alta frequenza. Annali di elettricita medica e terapia fisica 1903. Nr. 10.
2. Beck, Od a aggravated case of aneurisma racemosum. Annais of sorgery 1903.
October.
8. Gaylord, On the pathology of to calledbone anearism. Annais of surgery. June 1903.
4. Goering, Znr Behandlung des Angioma arteriale racemosum, besonders des Kopfes.
Inaug.-DisB. ^trassburg i. E. 1903.
5. SzendrO, Ein Beitrag zur Entstehung des Angioma racemosum. Wiener med. Wochen-
schrift 1903. Nr. 24.
6. Wyeth, John, A. M. S. The treatment vascular tumor by the injection of water
at high temperature. The journ. of the Amer. Med. Ass. 1903. June 27.
Der elektrische Strom in hoher Frequenz bewirkt nach Arenzio (1)
Gerinnung des zirkulierenden Blutes in den Gefässen, infolgedessen im Innern
Fischer, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blutgefässe etc. 167
der Kapillaren Atrophie und Bindegewebssklerose entstehen. Die Elektrolyse
trägt dadurch zur Heilung der Angiome bei, dass sie die molekulare Zerle-
gung der Gewebe, Bindegewebshyperplasie und rasche Gerinnung des Blutes
bewirkt. Beide Wirkungen nutzbar machend, lässt sich die Heilung auch
sehr voluminöser Angiome in kurzer Zeit erzielen. R. Giani.
Goering (4) beschreibt einen in der Strassburger chirurgischen Klinik
beobachteten Fall von ausgedehntem Angioma arteriale racemosum der rech-
ten Kopfbälfte und einem kleineren der linken Schläfenseite bei einem 27-
jährigen Manne, der seit der Geburt eine balbkugelförmige Geschwulst in der
rechten Schläfengegend hatte ; nach Verletzung (leichte Risswunde) vor 14 Jahren
wurde langsames, stetiges Wachstum der Geschwulst in die Breite, in den
zwei letzten Monaten schnellere Vergrösserung beobachtet. Nach Unterbindung
der A. carotis externa dextra und Ligatur der A. temporalis sinistra hörte
die Pulsation in dem Tumor nur zum Teil auf. Drei Wochen später wird ein
Teil des in der Karotisgegend gelegenen Tumors exzidiert, nach weiteren
14 Tagen die Exstirpation des Haupttumors nach vorausgegangener Um-
stechung mit Knopfnähten in der von Stierlin empfohlenen Weise vor-
genommen. Der grosse Defekt wird schliesslich durch T hier seh sehe Trans-
plantation gedeckt (gute Abbildungen vor und nach der Operation). — Verf.
stellt die seit 1893 veröffentlichten Fälle von Rankenangiom zusammen und
bespricht die Therapie; er kommt zu dem Resultate, dass die Exstirpation
die wichtigste und beste Behandlung ist; nur ausnahmsweise unter ganz be-
sonderen Verhältnissen tritt die Methode der Alkoholinjektionen in ihr Recht.
Szendrö (5) beobachtete bei einem 30jährigen Manne eine wallnuss-
grosse, elastische, von normaler Haut bedeckte, auf der Unterlage frei beweg-
liche Geschwulst in der linken Schläfengegend, die vor sieben Jahren nach
dem Stemmen von schweren Hanteln entstanden war, zuerst pulsiert haben
soll, im ersten Jahre an Grösse zunahm, dann aber stationär blieb. Die
Untersuchung der exstirpierten Geschwulst ergab ein abgekapseltes Angioma
cavernosum.
Gaylord (3) beschreibt eine aus dem Göttinger pathologischen Institut
stammende Knochencyste des Femur. Der Tumor wurde vor der Operation
far Sarkom gehalten. Nach der Amputation entleerte sich aus der fluktuieren-
den Geschwulst eine graugelbe Flüssigkeit. Durch die grosse Knochenhöhle zogen
zwei dicke intakte Arterien. Die Ruptur einer dieser Arterien würde sicher-
lich die fluktuierende Geschwulst zu einer pulsierenden, also einem sogen.
Enochenaneurysma gemacht haben. Trotz sehr genauer Untersuchung von
den verschiedensten Teilen der Wand gelingt es zunächst nicht, Stellen malig-
ner Natur zu finden. Schliesslich zeigten sich in einem sehr beschränkten
Gebiete spindelige und ovale Zellen so angeordnet, dass an dem sarkomatösen
Charakter derselben nicht gezweifelt werden konnte. Da keiner von den bis-
her veröfiFentlichten Fällen von Knochenaneurysma so eingehend untersucht
worden ist, wie dieser Fall, glaubt Verf., dass alle oder zum grössten Teil
medulläre Sarkome gewesen sind und vielleicht besser als pulsierende sarko-
matöse Hämatome bezeichnet werden. Maass (New-York).
Um ein Arteriengebiet zur Verödung zu bringen, benutzte Wyeth (6)
Injektionen von Paraffin, Alkohol und kochendem Wasser in die Arterien.
Nur mit kochendem Wasser wurde der Zweck vollständig erreicht. Nach dieser
Voruntersuchung injizierte Verf. inoperable Angiome mit kochendem Wasser
und brachte durch wiederholte Injektionen in Narkose Heilung zustande. Es
168 Jahresbericht far Chirurgie. I. Teil.
wird injiziert, bis die deckende Haut der Schleimhaut anämisch erscheint.
Zu Nekrose des Integuments kommt es nur bei zu praller Füllung. Verf.
beabsichtigt auch Versuche bei tuberkulösen Drüsen, Ranula, Lipomen, Ab-
szessen und Fisteln zu machen. Mass (New-York).
Beck (2) gibt die Krankengeschichte eines 32jährigen Mannes, der vor
17 Jahren eine pulsierende, die Zeichen des Angioma racemosnm darbietende
Geschwulst am Kopfe bemerkt hatte, die nach Steinwurf entstanden war und
sich allmählich über die ganze behaarte Kopfhaut, die Schläfen, Augen und
Nasengegend ausdehnte; die sie bedeckende Haut war verdünnt, zweimal war
beträchtliche Blutung beobachtet worden. Beck unterband die Schläfen-
arterie, die A. frontales und angulares, ohne dass die Pulsation und Grösse
des Tumors beeinflusst wurde. Bei der Exstirpation der Geschwulst war die
Blutung trotz der vorausgegangenen, unterbrochenen Naht, die um die nor-
malen Gewebe sich erstreckte, eine beträchtliche. Ausführlicher Bericht über
die mikroskopische Untersuchung. Der Arbeit sind vier sehr gut reprodu-
zierte Abbildungen der Geschwulst beigefügt.
Lufteintritt in Venen und Unterbindung der Yenen.
1. Delore, De Tentr^e de l'air daoB les veines pendant les opörations gyD^ologiqaes.
Revue de Chirurgie 1908. Nr. 10.
2. Honzel, De la Ligature des veines et en particolier de la veiue cave iDfdrieure.
Revue de Chirurgie 1903. Nr. 3 und 4.
Im Anschluss an den Bericht eines Falles von Luftembolie während der
Exstirpation eines Uterusfibrom bei einer sehr anämischen Kranken gibt
üelore (1) einen kurzen Überblick über die wenigen in der Literatur nieder-
gelegten Fälle, nachdem er vorher die Lehre der Luftembolie besprochen hat.
Er glaubt, dass die Luftembolie bei gynäkologischen Operationen begünstigt
wird 1. durch die oft beträchtliche Dilatation der Venen des Plexus pampini-
formis (speziell bei Uterusfibromen), 2. dass die in dem Ligamentum latnm
verlaufenden Venen nach dem Durchschneiden klaffen, da die hier vorhandenen
Muskelfasern die Gefässe an dem Zusammenfallen hindern, 3. dass die Gre-
rinnung des Blutes bei den hochgradig anämischen Kranken eine langsame
ist, und 4. sieht er in der Trendelenburgschen Lage ein prädisponierendes
Moment. Nur wenn eine sehr grosse Menge von Luft plötzlich aspiriert wird,
ist die Luftembolie mit Synkope verbunden; in solchen Fällen würde wohl
die Punktion und Aspiration des durch die eingedrungene Luft ausgedehnten
rechten Herzens nach Begouins Vorschlag erlaubt sein.
Houzel (2) bespricht in dieser Arbeit die im Laufe der Zeit vorge-
schlagenen Methoden bei Verletzungen von grossen Venenstämmen, die zirku-
läre, die seitliche Ligatur und die Naht. Weiter macht er darauf aufmerksam,
dass- die Vena cava inferior bei der Exstirpation sehr grosser Geschwülste
ohne Schaden für den Kranken unterbunden werden könne (Fall von Bottini
aus dem Jahre 1893 prävertebrales Lymphosarkom und ein eigener Fall,
Zerreissung der V. cava inferior während der Exstirpation einer lange be-
stehenden und grossen Pyonephrose; Houzel konnte sich nach zwei Jahren
von dem Wohlbefinden seines Patienten überzeugen. Die beiden Kranken-
geschichten werden in extenso mitgeteilt). Nach seiner Ansicht ist die Unter-
bindung der V. cava inferior in solchen Fällen erlaubt, da die langsam an
Volum zunehmenden Tumoren mit der Vene verwachsen, einen Druck auf sie
Fischer, Verletzangen and chinu^che KraDkheiien der Blatgefftsse etc. 169
ansüben; es wird daher ein Teil des Venenblates der nnteren Eörperhälfte
durch die vorhandenen erweiterten Eollateralen dem rechten Herzen zugeführt.
Honzel verwirft das von Schede eingeschlagene Vorgehen der seitlichen
Naht bei Verletzungen der V. cava inferior, da diese mit der Gefahr der
Thrombose und Embolie verknüpft ist.
Retrograder Transport im Yenensystem.
1. Boama, Über den retrogaden Transport im Yenensystem. Yirchows Archiv 1903.
Bd. 171. Heft 1.
Bouma (1) hat die Ribbertschen Versuche über den retrograden Trans-
port einer Nachprüfung unterzogen; er kommt auf Grund seiner Experimente
(das Nähere über die Versuchsanordnung ist im Original nachzulesen) zu dem
Schlüsse: ;,Der retrograde Transport von Tumorzellen, Embolie und Mikro-
organismen ohne eigene Bewegung kann verursacht werden durch die kom-
binierte Wirkung der periodischen Hemmung der venösen Blutabfuhr infolge
der Herzaktion und der rhythmischen Schwankungen des negativen Thorax-
dnickes bei den Respirationsbewegungen, wobei der letztere Faktor haupt-
sächlich als das motorische Moment zu betrachten ist.'^
Phlebis und Yarieen.
1 ^Altenbnrg, Ül>er die Behandlang der Yarieen. Inaug.-Diss. Bonn 1903.
^ Becker, Die operative Behandlang der Yarieen au den unteren Extremitäten. MQnche-
Der med. Wochenschrift 1908. Nr. 20. Rostocker Ärzteverein.
3. *v. Gosen, Beitrag zar Therapie der ülcera oraris bei varikösen Yenenerkrankangen.
lDaag.-Di88. Manchen 1903.
4. Gaibal, De la dilatation ampallaire des veines. Bevue de Ghirargie 1903. Nr. 6—8.
h, Hanneguin, Traitement de la phlöbalgie. L'^fflearage des veines. La Presse m^i-
cale 1903. Nr. 16.
6. *— Les suites de phl^bite. Lear traitement Archives g^nörales 1903. Nr. 20.
7. ^Kaiser, Ober die Behandlang der Yarieen. Inaug.-Diss. Jena 1903.
Becker (1) berichtet über die von Müller bei 138 Kranken wegen
Yarieen der unteren Extremität vorgenommenen Operation. Die einfache
Unterbindung und Durchschneidung des Saplienastammes nach Trendelenburg
wurde 38 mal, Kontinuitätsresektion aus dem Stamme oder dem peripherischen
Stromgebiete der Saphena 69 mal, die Totalexstirpation des Saphenastanmies
mit dem peripherischen Stromgebiete nach Madelung 40 mal, die Sehe de sehe
Operation einmal ausgeführt. Bei 52 Kranken konnte durch Nachunter-
snchimgen die Dauererfolge nach der Operation festgestellt werden: Das
Trendelenburgsche Verfahren ergab in 56®/o, das Madelungsche in
^°/o der Fälle ein gutes Resultat. Nach Beckers Ansicht kann durch die
einfache Ligatur bezw. Resektion des Saphenastammes in vielen Fällen ein
gutes Resultat erzielt werden, die subjektiven Beschwerden der an Yarieen
Leidenden werden beseitigt, oder doch wesentlich gebessert ; ein Dauererfolg
ist nur nach der totalen Exstirpation des Saphenastammes mit dem ganzen
peripherischen Stromgebiete am Ober- und Unterschenkel zu erwarten.
Guibal (4) gibt eine recht ausführliche Zusammenstellung der an den
grossen Venenstämmen (an der Eintrittsstelle der V. saphena, .der Vena femo-
ralis, der V. poplitea und der Venen des Halses) beschriebenen, ampullären und
sackförmigen Erweiterungen. Durch diese ist das Leben der Kranken nicht
170 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
bedroht, erst wenn sie grosse Dimensionen annimmt, besteht die Gefahr der
Berstung und nachfolgende, lebensgefahrliche Blutung nach vorhergegangener
Usur der Haut ; femer wenn Entzündung der Venenwand eintritt. Die Diag-
nose des Leidens ist im allgemeinen einfach zu stellen, so lange die Gefasse
mit flüssigem Blute gefüllt sind; durch Kompression zentralwärts sind sie zu
entleeren, sie füllen sich schnell bei Aufhören des Druckes. Schwierig ist die
di£ferentielle Diagnose zwischen sackförmiger Dilatation der Venen des Halses
und serösen, kongenitalen Zysten bei Kindern ; tritt Entzündung der erkrankten
Venen und damit Thrombose ein, so ist Verwechselung mit vereiterten
Lymphdrüsen und eingeklemmten Hernien nicht zu vermeiden. Die Exstir-
pation der erweiterten Gefassabschnitte nach vorausgegangener zentraler und
peripherer Unterbindung des Venenstammes ist angezeigt, falls eine fortgesetzte
Vergrösserung der sack- resp. ampullenförmigen Dilatation zu beobachten ist,
schwere Störungen durch dieselbe bedingt werden, und wenn Entzündung sich
einstellt.
Hanneguin(5) empfiehlt zur Beseitigung der nach dem akuten Stadium
der Phlebitis zurückbleibenden Schmerzen die Effleurage der befallenen Körper-
partie. Nachdem die Kranken 14 Tage bis 3 Wochen fieberfrei sind, beginnt
man mit leichtem Streichen, das möglichst schonend an der schmerzhaften
Stelle anfängt und proximalwärts fortgepflanzt wird, nach 15 bis 20 Minuten
lang dauernder Effleurage tritt an der massierten Stelle ein Gefühl von Wärme
auf, die Schmerzhaftigkeit nimmt ab. Mindestens sind 20 Sitzungen nötig.
Die Kur wird unterstützt durch Bäder von 35°, die höchstens eine halbe
Stunde dauern sollen.
Lymphdrüsen und Lymphgefftsserkrankungen.
1. Eorsch, Zur Behandlung der Lymphdrflsenentzflndung. Freie Chirurg. -YeTeinigong.
ZentralblaU für Chirurgie 1903. Nr. 31.
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Lymphdrfifientuberkulose. Wiener med. Wochenschrift 1903. Nr. ^.
4. *Steffen, Über einen Fall von erfolgreicher Arsenbehandlung bei Pseodoleukftmie.
Inang.-Diss. Leipzig 1903.
Nach den Erfahrungen Korschs (1, 2) ist die frühzeitige und voll-
ständige Ausräumung der akut geschwollenen und vereiterten Lymphdrüsen,
speziell der in der Achselhöhle und der Inguinalgegend gelegenen, besonders hei
Soldaten nicht ratsam, da keine schnelle Heilung und zuweilen ungünstige Narben-
verhältnisse zu erwarten sind. Verf. empfiehlt die Einschmelzung des er-
krankten Drüsengewebes abzuwarten, die nach Anlegen der Salzwed eischen
Spiritusverbände schnell eintritt. Der Drüsenabszess wird ;,mit spitzem Messer
so angestochen, dass die Öffnung an der Abszesshöhle etwas grösser ist als
die an der Hautoberfläche''. Nach Entleerung des Eiters wird die Höhle
nach dem Lang sehen Verfahren mit ca. 20 ccm einer l®/o Höllensteinlösung
gefüllt.
Schur (3) beobachtete bei einem 26jährigen Mädchen innerhalb zwei
Jahren eine allmählich auftretende Vergrösserung der Lymphdrüsen des Halses^
der Achselhöhle und der Schenkelbeuge, die unter hoch fieberhaften Erschei-
nungen und einer stets zunehmenden Leukocytose sich ausbildete. In den
letzten Lebensmonaten wurde Vergrösserung der Milz und der Leber konsta-
KöJliker, Verletznogen und Chirurg. Erkrankungen der peripher. Nerven. 171
tiert Die Sektion ergab chronische Tuberkulose aller peripheren Lymph-
drüsen, Amyloid der Leber, der Nieren und der Milz. Der histologische Be-
fand an den Lymphdrüsen wird ausführlich mitgeteilt. Schur konmit auf
Grand eingehender Literaturstudien zu folgendem Schlüsse: ;,Die durch
Paltauf und Sternberg anatomisch charakterisierte Erkrankung des
Lymphdrüsensystems lässt sich auch klinisch schon nach unseren jetzigen
Kenntnissen von der ihr am nächsten stehenden Krankheit der reinen Hyper-
plasie sehr häufig unterscheiden. Genaue Beobachtung oft kleinlicher Sym-
ptome im Verlaufe der Krankheit, sowie namentlich häufige Blutunter-
sachungen müssen zu dieser Differentialdiagnose die nötigen Merkmale liefern.
Da aber fast alle in Betracht kommenden Symptome nur quantitative Ver-
schiedenheiten bei den beiden Krankheiten aufweisen, ist die Differential-
diagnose in einzelnen Fällen, besonders bei nur einmaliger Untersuchung^
anmöglich.^
xn.
Verletzungfen und chirurgische Erkrankungen der
peripherischen Nerven.
Referent: Th. Kölliker, Leipzig.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
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172 Jahresbericht fflr Chirurgie. I. Teil. ~
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1902. Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 17.
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174 Jahresbericht fflr Chirurgie. I. Teil.
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69. *A. Whitefield, A case of cutaneous neuro-fibromatosis in which newly formed
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Henriksen (1) teilt unter den verschiedenen Ansichten über Regene-
ration der Nerven jene, nach der die Regeneration nicht ausschliesslich vom
zentralen Nervenstumpfe ausgeht, er lässt bei der Regeneration das distale
Nervenende die gleiche Rolle spielen wie das proximale. Er teilt 12 Krank-
KSlliker, Verletzungen nnd chirurg. Erkrankungen «der peripher. Nerven. 175
heitsfalle mit, in denen längere oder kürzere Zeit, nachdem ein spezifischer
Nerv abgeschnitten oder -gerissen worden war, eine Nervennaht angelegt wurde
und kommt auf Grund dieser klinischen Beobachtungen zum folgenden Schluss :
Wenn die Enden eines vor längerer Zeit abgerissenen Nerven durch sekun-
däre Sutur vereinigt werden und man als unmittelbare Folge davon die Rück-
kehr von Sensibilität erhält, kann dies nur durch die Annahme erklärt werden,
dass sich im peripherischen Stück leitungsfähige Fasern gebildet haben. Da
dieselben den Gefühlseindruck erst übertragen können, wenn sie mit dem
zentralen Stumpf in Verbindung gebracht werden, muss man annehmen, dass
sie entstanden sind, ohne dass eine Verbindung mit dem Zentralorgan da war.
Der experimentelle Teil ist in bezug auf Technik nach bekannten Mustern
ausgeführt. Neu ist allein die Zerreissung celloidin durchtränkter Schnitte
während der Aufhellung. Da aber Verf. zu einer von den heutigen Histo-
logen nicht geteilten Au£fassung des Baues der Nervenfaser kommt, welche
allein durch recht ungenügende Photograrame gestützt wird, müssen Inter-
essenten auf die Originalarbeit verwiesen werden, welche für eine ebenfalls
am peripheren Stumpfe beginnende Regeneration eintritt.
Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Nach Exstirpation von tuberkulösen Halsdrüsen entwickelte sich im
FaUe von Powers (4 a) Vagusreizung. Nach Entfernung eines Unterbindungs-
fadens ein Jahr nach der Operation verschwanden die Erscheinungen ; Druck
anf die Narbe löste jedoch Husten aus.
Warbasse (5) bespricht Symptome und Folgezustände der Nervendurch-
scbneidang. Zur Nervennaht empfiehlt er ausschliesslich resorbierbares Material
wie Chromcatgut nnd feinere Känguruhsehnen. Seidennähte werden binde-
gewebig umwachsen, was der Nervenregeneration hindernd in den Weg tritt.
Die Nahtstelle überdeckt Verf. mit einem Muskel- oder Fascienläppchen, um
einen toten Raum auszuschalten, der sich sonst mit Bindegewebe ausfüllt und
die Nervenr^eneration stört. Warbasse hat bei Vögeln und Kaninchen
Versuche über die primäre Nervennaht am Vagus angestellt und prima in-
tentio nervorum beobachtet. Die Beobachtungen am Menschen nach dieser
Richtung hin hält er für nicht einwandsfrei.
Kissinger (7) gelangt im ganzen zu den gleichen Schlüssen wieMom-
barg (s. Ref. 8). Bezüglich der Beurteilung der Ulnarisluxation als Unfall-
folge empfiehlt er mit Recht, Gewicht auf das Verhalten der Ulnaris am
anderen Arme zu legen. Immerhin wird das Leiden aber auch recht häufig
einseitig beobachtet, in Momburgs 23 Fällen z.B. 14mal. In einem Punkte
stimmt Kissinger nicht mit Momburg überein. Während letzterer die
Luxation, insbesondere die kongenitale, als häufig bezeichnet, nennt sie
Kissinger selten. Wir schliessen uns Momburgs Ansicht an. Die Luxation
wird selten beobachtet, weil sie sehr oft keine Erscheinungen macht und in
der Regel erst bei eintretender Neuritis die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt
wird. Wer methodisch nach Luxationen und Subluxationen des Ulnaris forscht,
wird sie häufig finden. (Ref.)
Momburg (8) gelangt durch seine Untersuchungen über die Luxation
des N. ulnaris zu folgenden Schlüssen:
1. Die Luxation des N. ulnaris ist häufig.
2. Dass die Luxation bisher so selten beobachtet worden ist, beruht auf
dem seltenen Auftreten einer Entzündung des Nerven, durch die die
Luxation erst beschwerlich wird.
176 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
3. Es gibt zwei Arten von Luxatio nervi ninaris, die kongenitale, die sehr
häufig, und die rein traumatische, die sehr selten ist.
4. Zwischen beiden stehen die Subluxationen, bei denen häufig durch eine
heftige Kontraktion des M. triceps eine Luxation entsteht.
5. Die Therapie richtet sich nach der Nervenentzündung. Die Luxation
an und für sich ist belanglos, erst die hinzutretende Entzündung des
Nerven macht eine Therapie notwendig.
Bezüglich des häufigen Auftretens der kongenitalen Luxation fand Mom-
bürg die Verrenkung bei 116 daraufhin untersuchten Soldaten 23 mal = 20 ^/o,
9 mal war sie doppelseitig, 9 mal linksseitig, 5 mal rechtsseitig. Keiner der
23 Mann hat eine Ahnung yon dem Bestehen der Luxation. Bedingt ist
die kongenitale Luxation in erster Linie durch die Kleinheit und Flachheit
des Epicondylus medialis sowie durch die mangelhafte Entwickelung und
Schwäche des fibrösen Gewebes, das der Nerv in seiner Lage im Sulcus ulnaris
erhalten soll.
Schwartz (9) befestigte bei einer habituellen Luxation des N. ulnaris
den Nerv in einen mit dem Meissel gebildeten Sulcus ulnaris. Der Inhalt
seiner zweiten Mitteilung (10) ist durch die Überschrift gegeben. Wir fügen
noch bei, dass es sich um eine traumatische, habituell gewordene Luxation
des Ulnaris handelte und dass der Nerv um das Doppelte der Norm ver-
dickt war.
Bardenheuer (11) legte mit Erfolg eine Nervennaht am Plexus bracbialis
an. Zwei Wurzeln des Plexus cervico-brachialis waren durch eine Stichyer-
letzung oberhalb des Schlüsselbeines durchtrennt worden. Radialis, Ulnaris,
Medianus, Axillaris waren gelähmt. Bardenheuer führte 14 Tage nach der
Verletzung die Operation aus. Schnitt oberhalb des Schlüsselbeines. Nach
2 Tagen sind leichte aktive Bewegungen der Finger, nach 8 Tagen des £11-
bogengelenkes , nach 12 Tagen der Schulter möglich. 4 Wochen nach der
Operation (letzte Beobachtung) können die Finger schwach und langsam ge-
beugt und gestreckt werden, der Arm wird 25^ vom Rumpfe ab- und adduziert.
Kennedy (13) schlägt bei intra partum akquirierten Lähmungen des
Plexus brachialis, bei denen die elektrische Untersuchung im zweiten Lebens-
monate ungünstig ausfällt, operative Behandlung vor, und zwar die Durch-
trennung des 5. und 6. Halsnerven oberhalb und unterhalb der narbig ver-
dickten Stelle im Plexus mit folgender Naht der zwei proximalen an die drei
distalen Nervenstümpfe. Verf. hat die Operation dreimal ausgeführt, einmal
mit vollem Erfolg bei einem zwei Monate alten Kinde, einmal erfolglos bei
einem Kinde von 14 Jahren, der dritte Fall ist erst kürzlich operiert und
noch nicht spruchreif.
C. A. Bailance, H. A. Ballance und Stewart (15) berichten über
7 Fälle von Nervenpfropfung. Sechsmal wurde der Facialis mit dem Acces-
sorius, einmal mit dem Glossopharyngeus vereinigt. Besonders empfohlen wird
die Vereinigung mit dem Glossopharyngeus, weil die Rindenzentren dieser
Nerven nahe beisammen liegen.
Cushing (16) beschreibt einen weiteren Fall von Vereinigung des ge-
lähmten Facialis mit dem Accessorius. Die Facialislähmung bildete sich im
Verlaufe von 287 Tagen zurück. Verf. hat in seinem Falle den Accessorius
durchschnitten, statt den Facialis zu implantieren und die Kontinuität des
Accessorius zu erhalten.
Kölliker, Verletzungen und chinu'g. Erkrankungen der peripher. Nerven. 177
Frazier (17) führte eine Nervenpfropfung bei einer traumatischen
Facialisparalyse aus, indem er den Facialis mit dem Hypoglossus vereinigte.
Er ist für möglichst frühzeitige Ausführung der Nervenpfropfung, weil sonst
der Erfolg der Operation durch die Muskelatrophie in Frage gestellt wird.
Als zuleitenden Nerven zieht er den Hypoglossus dem Accessorius vor. Ein-
mal liegt das Rindenzentrum für die Bewegungen der Zunge dem Rinden-
zentrnm der Facialis näher; Frazier ist der Ansicht, dass durch diesen
Umstand die Übertragung leichter erfolgen kann. Durch Benützung des
g&nzen zentralen Nervenstumpfes des Hypoglossus soll das Zentrum des
Hypoglossus leichter zum Facialiszentrum umgewandelt werden. Femer fäUt
dnrch Verwendung des Hypoglossus die Mitbewegung der Schulter bei Be-
wegungen der Gesichtsmuskeln fort. Spill er will auch bei Facialisparalyse
im Anschlüsse an Otitis media und bei über 6 Monate alten rheumatischen
Faciab'slähmungen die Nervenpfropfung ausgeführt wissen.
Hackenbruch (18) berichtet über eine fast 8 Jahre alte Facialis-
lähmung, bei der er mit Erfolg zwei Drittel des Accessorius in den vorher
gespaltenen Facialis implantierte. Er versuchte die Nervenpfropfung auch
bei Kinderlähmung, indem er ein Drittel des Tibialis in den gelähmten Pero-
naens pfropfte. In der Diskussion bemerkt Körte, dass zur Nervenpfropfung
bei Facialislähmung der Accessorius geeigneter ist als der Hypoglossus.
Delling er empfiehlt den Ast des Accessorius, der am hinteren Eopfnicker-
rande austritt, zur Implantation zu verwenden, indem man ihn möglichst
distal durchschneidet und nach oben zurückschlägt. Es wird dadurch die
entstellende Atrophie des Kopfnickers vermieden, während die Atrophie des
Trapezius weniger auffallend ist.
Bei einer ausgedehnten Knocheneiterung des Warzenfortsatzes musste
Körte (18) den N. facialis am Foramen stylomastoideum durchschneiden.
Er vernähte den distalen Stumpf des Facialis seitlich mit dem am hinteren
Rande des Biventer freigelegten und nach der Schädelbasis hin gelösten
N. hypoglossus. Ausser totaler Facialislähmung bestand nach der Operation
halbseitige Parese und Atrophie der Zunge. Die ersten Erscheinungen der
wiederhergestellten Leitung im Facialis zeigten sich nach 6 Monaten an den
Muskeln des Mundwinkels. Nach und nach besserte sich die Entartungs-
reaktion und auch der Orbicularis oculi funktionierte wieder. Bei Bewegungen
der Gesichtsmuskeln tritt Mitbewegung der linken Zungenhälfte ein.
In der Diskussion bemerkt Gluck, dass er mit gutem Erfolge den
distalen FaciaUsstumpf in den Accessorius implantiert habe.
Auf orbitalem Wege reseziert Cook (21) den N. infraorbitalis , indem
er ihn durch den Kanal und dann auf stumpfem Wege zum Foramen
rotundum verfolgt. Den distalen Nervenstumpf führt er vermittelst einer
Nadel durch das Foramen infraorbitale und sticht die Nadel an der Um-
schlagsstelle der Schleimhaut am Oberkiefer heraus. Die Operation hat
keinen Vorzug vor der einfacheren und eleganteren Neurexairese am Foramen
infraorbitale, bei der das proximale Nervenende ganz oder doch mindestens
in grosser Ausdehnung folgt und das distale voUkommen herausgedreht wird.
In einem Falle von Torticollis hat Derocque (22) zunächst den N. ac-
cessorius erfolglos durchschnitten. Er schritt dann zur Durschneidung des
Stammes des Accessorius und der hinteren Cervikaläste. Es erfolgte Heilung
ohne ernstere Störungen durch den Ausfall der betreffenden Muskeln.
Jaliresberieht fflr Chimrgi« 1903. 12
178 Jahresbericlit für Chirurgie. I. Teil.
D'Este (13) bringt Untersuchungen über das Tuberculum mazillare des
Keilbeines und empfiehlt dieses Tuberculum als Orientierungspunkt bei der
Resektion des zweiten Trigeminusastes am Foramen rotundum. Das Tuber-
cuhim maxillare (Potherat) liegt am vorderen Teile der Crista infratem-
poralis des grossen Eeilbeinfiügels. Es ist immer vorhanden, wenn auch
verschieden stark entwickelt.
Hildebrand (24) operiert mit einem doppelten Lappen, der vom
oberen Bande des Jochbogens nach unten und nach oben geklappt wird.
Auf diese Weise wird der Facialis, insbesondere die Äste zum Auge geschont
und der Temporaiis nach vom disloziert.
In der Diskussion zum T üb by sehen Vortrag (25a), die über Sehnen-
transplantationen handelt, erwähnt Wilf red Harris, dass er in zwei Fällen
von Erb scher Lähmung und bei einer Kinderlähmung Nervenanastomoseo
vorgenommen habe, indem er das distale Ende des fünften Cervikalnerven
in den sechsten oder siebten Cervikalnerven einpflanzte. In einem FaUe
wesentliche Besserung.
Ghipault (26) fasst seine in einer Anzahl zerstreuter Arbeiten (s. den
IV. und VI. Jahrgang dieses Jahresberichtes) niedergelegten Erfahrungen nun
monographisch zusammen und zwar auf Grundlage von 137 teils von ihm,
teils von anderen ausgeführten Nervendehnungen bei Mal perforant, varikösen
Unterschenkelgeschwüren, neurotischen Geschwüren und anderen Geschwürs-
bildungen mit geringer Heilungstendenz. Er bespricht die Theorie der Wir-
kungsweise der Nervendehnung in den erwähnten Leiden, die vorbereitende
Behandlung des Geschwüres und die Nachbehandlung im Anschlüsse an die
Nervendehnung und gibt genaue Anweisungen über die Operationstechnik bei
Dehnung der in Frage kommenden Nerven.
Consentino (27) untersuchte die Folgen der Nervendehnung. Am
Nerven selbst fand er die bekannten Veränderungen am Achsenzylinder und
der Scheide, sowie ihre Folgen. Diese Folgen sind an der gedehnten Steile
am ausgesprochensten, proximal sind die Veränderungen nur gering, dehnen
sich aber eine Strecke weit distalwärts aus. Weiterhin fand er die Ver-
änderungen des sensorischen Neurons bedeutender als die des motorischen,
immerhin sind sie aber so gering, dass ihnen keine besondere Bedeutung
beizumessen ist, und das um so mehr, als sie sich bald wieder ausgleichen.
Die Radialisverletzungen und ihre Behandlung bei Humerusfrakturen
besprechen Lannois und Lejars (28) an der Hand eines durch Nerven-
lösung erfolgreich behandelten Falles von Radialislähmung. Auf zwei Punkte
der Arbeit müssen wir besonders hinweisen. Einmal ermahnen die Verff.,
niemals auf Verletzung des Radialis bei Oberarmbrüchen die Untersuchung
zu unterlassen, und erinnern dabei an das Verfahren von Olli er, der durch
Reiben der Fragmente nach Einklemmung des Radialis forscht. Zweitens
warnen sie vor Exzision des narbig veränderten Nerven mit folgender Nerven-
naht, weil die Erfahrung lehrt, dass einmal der Nerv doch wieder funktions-
tüchtig werden kann oder doch wenigstens von den vom proximalen Nerven-
abschnitt auswachsenden Nervenfasern als Leitband benützt wird.
Reisinger (29) berichtet über zwei Fälle von Nervenlösung am Radialis
bei Oberarmfrakturen. Es handelte sich einmal um primäre, das andere Mal
um sekundäre Kompressionsparalyse des Nerven. Um ein Rezidiv zu ver-
hüten wurde in beiden Fällen eine Schicht des Triceps zwischen Callus und
Nerv eingelagert.
Kölliker, YerletznngeD und chirurg. Erkrankungen der peripher. Nerven. 179
Crawford Renton (30) fügt seinen im IV. Jahrgang dieses Jahres-
berichtes p. 206 referierten acht Fällen von Nervenlösung bei Ischias weitere
zehn Fälle an.
In seiner langen und dokumentierten Studie beschreibt Bardescu(31)
die verschiedenen Methoden der Resektion des G a s s e r sehen Ganglions
bei Trigeminusneuralgien. Er operierte nach seiner eigenen Methode zwei
Fälle: 1. Fall rezidivierender Trigeminusneuralgie, wo er im Jahre 1899 die
Polynevrektomie des Facialis par arrachement erfolglos anwandte. Bei dem-
selben 45jährigen Bauern im Juli 1903 führte er seine eigene Operations-
methode mit gutem Erfolg aus mit Ausnahme einer Hornhautulzeration.
2. Bei einem 50jährigen Sänger mit fünf Jahre alter Neuralgie des linken
Trigeminus machte er dieselbe Operation und der Kranke genas vollständig.
Bardescu beschreibt sehr genau seine Methode, die er durch neun
Figuren sehr verständlich macht. Die Methode Bardescus ist eine Resek-
tion des Os temporale und des Arcus zygomaticus; er öffiiete dann den
Schädel im Niveau der Crista temporo-sphenoidalis. Die Operation hat fünf
Tempi: 1. Ein Lappen konvex nach oben, der von der Apophysis orbitalis
externa anfängt, grenzt oben an eine horizontale Linie zwischen den Augen-
brauen und der Spitze des Ohrpavillons und endet einen Finger breit vor
dem äusseren Gehörgang. Anfang und Ende sind im Niveau einer horizon-
talen Linie zwischen der unteren Kante der Maxilla und des Arcus zygo-
maticus vor dem Condylus maxillae inferioris. Mit Raspatorium entblösst er
die Fossa temporo-sphenoidalis und klappt den Lappen nach unten. 2. Mit
Meissel und Hammer eine zentimetergrosse Öffnung des Schädels auf der
Satiu"a temporo-sphenoidalis, direkt über der Crista spheno-temporalis. Mit
dem Spatel Lösung der Dura mater vom Knochen, Vergrösserung der Öffnung
mittelst der Lu ersehen oder Hoffmannschen Zange bis 2^/8—3 cm im
Dmrchmesser unten im Niveau der Schädelbasis. 4. Freilegung des Gasser-
schen Ganglions; mit dem Finger löst man die Dura vorne und unter der
Menmgea media und mit einem Spatel hebt man die Dura mit dem Gehirn
nach oben; man sieht nun auf der Schädelbasis den Nervus maxillaris supe-
rior et inferior in der gleichen Höhe beinahe mit der Arteria meningea med.,
die Nerven leiten zum Ganglion Gasseri. 4. Befreiung, dann Resektion des
Ganglions aus dem Cavum Meckeli, mit Sonde und Schere löst man die Ver-
wachsmigen mit der Dura mater und reseziert die drei Wurzeln des Ganglions.
5. Naht der Wunde, Drainage. Stoianoff (Plevna).
V. Gebuchten (32) verwirft die Resektion des Ganglion Gasseri nach
Krause wegen ihrer Mortalität und ihren Komplikationen. Bevor man über-
haupt zu einem intrakraniellen Eingriff übergeht, soll zunächst die Neurexairese
der Trigeminusäste und zwar möglichst zentral und gewaltsam vorgenommen
werden. Der intrakranielle Eingriff selbst hat nicht in der gewöhnlich doch
nur unvollkommenen Resektion des Ganglion zu bestehen, sondern in der
Dorchschneidung der sensitiven Wurzel proximal vom Ganglion.
Cutler und Gibson (35) berichten über einen erfolgreichen Fall von
Sympathikusresektion bei Glaukom. Wir erwähnen noch, dass die Autoren
im Gegensatz zu Jonnescu einen Schnitt am vorderen Rande des Kopf-
lüekers empfehlen.
Jonnescu (35a) fügt noch zwei Fälle an seinen vier vorherigen bei. In
einem Falle von neurasthenischer Neuralgie genito-urinaria, nach lateraler
Sympathikusresektion, gute Besserung wie auch beim zweiten Falle von
12*
180 Jahresbericht für Ghirorgie. L Teil
rechtseitiger Ischias, wo er noch die Elongation des Ischiadicus hinzufügte.
Die Technik ist im Jahresbericht für 1902 angegeben pag. 257 Nr. 38.
J. stellt folgende Indikationen für die Operation auf: 1. bei Becken-
neuralgien und schmerzlichen Syndromen des Beckens, 2. bei Neuralgien,
bei trophischen und vasomotorischen Veränderungen der unteren Extremitäten.
Er studiert vielseitig die Frage und ihre Literatur sowie auch die Behandlung
und die Indikationen. Zum Schluss, in seinen pathologischen Deduktionen
erklärt J. die Neuralgie durch Irritation der Nervi-nervorum aller Nerven, die
vom Sympathikus stammen und darum ist es leicht erklärlich, weshalb die
Sympathikusresektionen eine Abnahme, sogar ein Ende dieser Neuralgien
veranlasst. Diese ist die neue sympathische Theorie der Genese der Neural-
gien, neue pathologische Konzeption, die auch J. annimmt.
Sto'ianoff (Plevna).
Terrile und Rolando (36) haben in zwei Fällen von genuiner
Epilepsie die doppelseitige Sympathikusresektion vorgenommen. Auf Grund
dieser beiden, sowie der in der Literatur niedergelegten Beobachtungen
sprechen sie der Operation jeden Wert bei der Behandlung der genuinen
Epilepsie ab.
Kahane (40) empfiehlt die Einspritzung von sterilisierter Luft als
einfach, schmerzlos und unschädlich bei Ischias. Auch veraltete Fälle sind
dieser Behandlung zugänglich, deren Wirksamkeit K. auf eine Art der Nerven-
dehnung und auf Druckentlastung des Nerven durch die schützende Lufthülle
zurückführt.
Hartmann (39) führt bei Ischias die unblutige Dehnung in der Weise
aus, dass der Operateur, der am Kopfende des Operationstisches steht, den
Oberkörper des Kranken gegen die fixierten unteren Extremitäten beugt. Der
Oberkörper wird dabei etwas gegen die erkrankte Seite hin geneigt. Die
Wirkung der Nervendehnung ist in der angegebenen Weise ausgiebiger als
bei Ausführung der unblutigen Dehnung auf gewöhnliche Art und zwar aus
dem Grunde, weil die Spannung der Muskulatur der unteren Extremität
wegfällt.
Die Roth -Bernhardt sehe Neuralgie betrifft denN. cutaneus femoris
lateralis und ist durch Anästhesien, Parästhesien und Schmerzen im Aus-
breitungsgebiet dieses Nerven gekennzeichnet, die die Eigentümlichkeit haben,
dass sie nur beim Gehen und Stehen, nicht aber bei Ruhelage vorhanden sind.
Neisser und Pollak (42) fanden bei der Operation eines Falles dieser Neuralgie
dass eine Kompression des N. femoralis am Poupartschen Bande vorlag,
indem der scharfe untere Band des Bandes sich über den Nerven spannte.
Die Durchscheidung des drückenden Bandes führte fast vollkommene Hebung
der Beschwerde nach sich. Wodurch die abnorme Spannung des Poupartschen
Bandes an der Lacuna musculorum hervorgerufen vrurde, dafür fehlt die
Erklärung.
Trendelenburg (43) beobachtete eine rechtsseitige Trigeminusneuralgie
mit Reflexkrampf des Facialis und starker Speichelabsonderung vom Charakter
des Chordaspeichels aus der rechten ünterkieferspeicheldrüse. Die Anfalle
von der Dauer von 10 bis 20 Sekunden wiederholten sich etwa alle 10 Minuten.
Am Schlüsse des Anfalles entleerte sich bei weit geöffnetem Munde Speichel
im Strahle. Heilung durch Resektion der Inframaxillaris am Foramen ovale.
Barth (44) beobachtete folgenden Fall:
Kölliker, YerletzuugeD und ehirnrg. Erkrankuogen der peripher. Nerven. 181
Ein 23jähr. Soldat zieht sich am 1. X. 1901 eine Quetschwunde am linken Unter-
schenkel zu. Wird zuerst im Revier behandelt, kommt am 28. X. ins Lazarett mit einem
nmden Geschwür, sechs cm im Durchmesser, mit dunkelroten, sehr empfindlichen Granu-
lationen. Trotz sorgfältiger Behandlung keine Heilungstendenz. Es bildet sich ein diphtherie-
artiger Belag, keine Temperaturerhöhung. Am 15. XI. werden Schmerzen an der inneren
Fliehe des Ober- und Unterschenkels verzeichnet, besonders schmerzhaft sind die Muskeln
dieser Gegenden. Es tritt ein Belag auf der Uvula auf, später (4. XII.) kamen dazu Beläge
auf den Tonsillen und der hinteren Rachenwand. Am 14. I. 1902 wird eine Umschneidung
des Geschwfirs ausgeffthrt, wonach sich die Geschwürsfläche verkleinert. Am 1. II. tritt
ein Herpes zoster im YI. Interkostalraum auf. 25. IL Trigeminusneoralgie. Am 15. IIL
hat sich der Zustand des Geschwürs wiederum so verschlechtert, dass eine Dehnung des
Nerv, ischiadicus beschlossen wird. 26. IIL Nervendehnung. Es wird konstatiert, dass der
Nerv gieichmäasig verdickt ist, starke Hyperämie der Gefässe der Nervenscheide. Den
18. 17. ist das Geschwür verheilt. Die Hyperästhesie an der inneren und hinteren Fläche
des Ober- und Unterschenkels noch vorhanden, die Muskulatur atrophisch, sonst keine Ver-
Inderungen seitens des Nervensystems.
Barth nimmt an, dass es sich in diesem Falle um eine aszendierende
Neuritis handelt. Hollbeck (St. Petersburg).
Steiner (46) hat zwei Fälle von Lähmungen des Medianus an der
Hand beobachtet, die durch professionelle Schädigungen entstanden waren.
Da beide Kranken ihre Tätigkeit in der gleichen Intensität seit Jahren aus-
übten und der Neuritis des Medianus eine Überanstrengung nicht voraus-
gegangen war, so suchte der Verf. nach einer weiteren Ursache, die bei der
Entstehung der Neuritis mitgewirkt hatte und fand sie in Alkoholmissbrauch.
Der Alkohohnissbrauch ebenete erst den Boden, auf dem professionelle Arbeit
Schaden anzurichten vermochte.
Über Lähmungen des Plexus brachialis bei Verletzungen und Wirbel-
Iniationen berichtet Galeazzi (50) und untersucht, bei welchen Formen von
Luxationen die Nervenwurzeln durch Zerrung oder Kompression gefährdet sind.
Bei Totalluxationen und Rotationsluxationen wurden stets die unteren Wurzeln
komprimiert ; bei Rotationsluxationen, namentlich auch bei Subluxationen tritt
Zerrung der oberen Nervenwurzeln ein und zwar auf der konvexen Seite.
Erfahrongsgemäss wird der N. peronaeus weit häufiger von Lähmungen
betroffen als der N. tibialis. Es erklärt sich das zum Teil einfach aus der
anatomischen Lage der beiden Nerven, der Peronaeus ist weit leichter Schäd-
lichkeiten ausgesetzt als der Tibialis. Auffallend dagegen bleibt es, dass bei
Schädigungen des Stammes des N. ischiadicus auch wieder der Peronaeus häu-
figer gelähmt wird als der Tibialis. Besonders häufig wird als Resultat der
Zerrungslähmung des N. ischiadicus bei der unblutigen Reposition die an-
geborene Hüftverrenkung Peronaeusparalyse beobachtet. Schede sagt hier-
über: ^Die Parese betrifft aus mir unbekannten Gründen häufiger das Pero-
naensgebiet, als das des Tibialis. Auf Anregung Nicoladonis, der die ver-
schiedene Gefassversorgung, also die Ernährungsverhältnisse der beiden Nerven
für die Ursache hielt, untersuchte Hof mann (51) die Gefässverhältnisse des
N. ischiadicus. Es fand sich nun, dass die arterielle Gefässverteilung in
beiden Nerven ungleich ist und zwar nicht nur bei hoher Teilung des Plexus
ischiadicus, sondern auch bei Teilung des Nerven an normaler Stelle in seine
beiden Hauptäste. Der schwächere N. peronaeus hat auch schwächere Ar-
terien mit zarteren und weniger Zuflüssen (nur die Hälfte) als der Tibialis.
Der N. ischiadicus ist überhaupt nur scheinbar ein einheitlicher Nerv, das
beweist die Häufigkeit hoher Teilung und die leichte Teilbarkeit in ungeteilten
Fällen. Bei gleicher Dehnung müssen die Arterien des Peronaeus leichter
geschädigt werden, als die des Tibialis. So wird die Verschiedenheit der Zir-
182 Jahresbericht fUr Ghirorgie. I. Teil.
kulationsverhältnisse in den beiden Nerven und ihre Unabhängigkeit ver-
ständlich.
Hofmanns Untersuchungen ergaben stets derartige Zirkulationsverhält-
nisse im Peronaeus, dass eine stärkere Beteiligung dieses Nerven an Dehnungs-
lähmungen durch Ischämie erklärlich ist. Dass bei Peronaeuslähmungen die
Sensibilität nicht oder doch nur in geringem Grade leidet, erklärt Hof mann
aus den zahlreichen Nervenanastomosen. Die Peronaeuslähmung nach schweren
Geburten führt Verf. auf teilweise oder vollständige Unterbrechung des Kreis-
laufes in Art. hypogastrica zurück, veranlasst durch den Druck des kindlichen
Schädels oder der Zange, wodurch die Ernährung des Peronaeus und damit
seine Leitungsfahigkeit leidet.
Der von Pfeiffer (52) beschriebene Fall von doppelseitiger kombinierter
Plexuslähmung (Erb) betrifft einen Mann, der sich zu erhängen versucht
hatte. Das Trauma (Strik) hatte am Supraklavikularpunkt eingewirkt. Läh-
mung der Mm. deltoides, Biceps, Brachialis internus, Supinator longus.
Nach einer Ätherinjektion sah Schulz (53) eine unvollkommene Läh-
mung des Radialis. Er hebt hervor, dass die meisten Radialislähmungen nach
Injektionen unvollkommene sind, weil sie unterhalb der Austrittsstelle des tiefen
Astes ausgeführt werden. Um sich vor Lähmungen zu schützen empfielt Verf.
die Verletzung der Fascie zu vermeiden.
Das plexiforme kongenitale Neurom wurde von Abbott und Shat-
tock (58) bei einem 4 Jahre alten Kinde beobachtet, es betraf die linke
Zungenhälfte, die linke Gesichts- und Halsseite. Das linke Ohr war ver-
grössert, der Gehörgang durch Geschwulstmassen ausgefüllt, unter der linken
Unterkieferseite waren strangförmige Geschwulstteile zu fühlen. Diese Stränge
und die linke Zungenhälfte wurden exstirpiert, wodurch wesentliche Besserung
erreicht wurde, insbesondere überragte die Zunge die Zahnreihen nicht mehr
und die Sprache wurde deutlicher, andererseits kam es aber durch die Operation
zu einer linksseitigen Facialisparese. An der Bildung des Neuroms waren der
Hypoglossus, Facialis, Äste des Trigeminus und die Cervicalnerven beteiligt.
Ehr ich (63) demonstriert 1. Ein Amputionsneurom des Plexus bra-
chialis. Die Neurome bilden ein Packet, in dem die Art. subclavia eingebettet
ist. Die bestehende Stmnpfneuralgie erklärt E brich nach Analogie eines
von Kölliker beschriebenen Falles von Verwachsung eines Neuroms des
N. ulnaris mit der Art. ulnaris, durch die Erschütterung des Nervenpackets
durch die pulsierende Arterie.
2. Drei Präparate von Stammneuromen.
3. Zwei Präparate von Rankenneuromen, das eine von der Ellbogen-,
das andere von der Nackengegend herrührend. Bei beiden Kranken fand
sich eine ausgedehnte Hautpigmentierung, im ersten Falle auch multiple weiche
Hautfibrome und zahlreiche, subkutane Neurofibrome entsprechend dem Ver-
lauf der Hautnerven.
Die von Nannoti (65) beschriebene, vom Medianus ausgehende Ge-
schwulst war ein Hämangioperitheliom. Der Tumor konnte nur unter Resek-
tion der Nerven exstirpiert werden. Da die primäre Nervennaht misslang,
wurde einen Monat nach der Nervenresektion die sekundäre Nervennaht in
der Weise ausgeführt, dass nach Anfrischung und Längsspaltung des Nerven-
stumpfes, der 7 cm lange Defekt durch Implantation des N. cutaneus medialis
ausgeglichen wurde. Die Nervenimplantation führte zur Wiederherstellung der
Funktion des Nerven.
Hoffa, Allgemeines über Frakturen und Verletzungen der Gelenke. 183
XIII.
Allgemeines über Frakturen und Verletzungen
der Gelenke.
Referent: A. Hoffa, Berlin.
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proximalen Knochenfragmente bei Frakturen. Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgen-
strahlen 1903. Nr. 4.
Sperling (38) hatte Gelegenheit, einen Fall von sogenannter intrauteriner
Fraktur an Schnitten und Röntgenbildern zu studieren und dadurch seine
schon früher geäusserte Ansicht zu befestigen, dass diese ^^Frakturen", wenn
sie solitär und anscheinend verheilt zur Beobachtung kommen, keine Frakturen
sind, sondern als Verbiegungen und Knickungen des nicht differenzierten
embryonalen Blastems durch direkten Einfluss ammniotischer Verwachsungen
aufzufassen sind. Für seine Auffassung spricht der Umstand, dass der Knochen
an der Knickungsstelle normale Struktur zeigt, es ist keine Spur einer Ver-
dickung oder kallösen Narbenbildung nachweisbar. Eine deutliche kleinzellige
ringförmige Umlagerung des Knochens an der Knickungsstelle ist nur ein
Zeichen einer durch längeren Druck eines ammniotischen Fadens entstandenen
Periostitis. Auch die Röntgenbilder gaben keinen Anhalt für eine kailöse
Verdickung, die bei einer indirekten dislozierten Fraktur sicher bedeutend sein
müsste. Die mikroskopische Untersuchung der narbenähnlichen Hauteinziehung
über der Knickungsstelle ergab in dem SperlingschenFalle nur Veränderungen
in den oberen Schichten. Eine Perforation der Haut hätte in allen Schichten
der Haut Narbengewebe zurücklassen müssen, zumal das von der Mutter ange-
gebene Trauma nur vier Wochen vor der Geburt stattgefunden hatte. Diese
oberflächlichen Veränderungen rührten sicher von Aumionfäden her, wie denn
auch in der Tat zwei amniotische Fäden an der fötalen Seite der Placenta ge-
funden wurden. Diese Fäden, die eine Knickung des Blastemstummels herbei-
führten, verursachten indirekt die in fast allen einschlägigen Fällen beobachteten
sonstigen Defektbildungen an den betroffenen Extremitäten und zwar durch
Hoffa, Allgemeines ttber Frakturen ond Verletzungen der Gelenke. 185
trophische Stömngen. Gegen die Annahme, dass der Defekt eines Knochen
z. B. der Fibnla die Widerstandsfähigkeit des anderen herabsetze, sprechen die
Belastungsversuche Sperlings, die eine geringe Differenz zeigten: Tibia und
Fibula 10,3, Tibia allein 9,5 kg. Femer gehört zur Frakturierung eines Knochens
des im Fruchtwasser suspendierten Fötus eine immense Gewalt. Auch hätte
die gewöhnlich angenommene Perforation auch wohl eine Verletzung der Ei-
häute und damit einen Abort herbeigeführt, während die Geburt stets erst
mehrere Wochen nach der Fraktur erfolgte. Aus diesen Gründen macht
Sperling den Vorschlag, die Bezeichnung intrauterine Fraktur für alle soli-
tären kongenitalen Knickungen von Extremitätenknochen fallen zu lassen.
Natürlich können wirkliche Frakturen bei allgemeinen Knochenerkrankungen:
Lues, Rhachitis etc. kongenital entstehen, es wird sich dann aber stets um
multiple, nicht verheilte Spontanfrakturen handeln.
Seichel (33) hat bei einer Pseudarthrose nach intrauteriner Fraktur
des Unterschenkels seine Zuflucht zur italienischen Plastik genommen, nach-
dem er schon dreimal vergeblich operiert hatte. Er implantierte einen Haut-
periostknochenlappen aus dem gesunden Unterschenkel in die vorher gesetzte
Hautperiostwunde des kranken, und zwar auf die Tibia. Die Pseudarthrose der
Fibula beseitigte er durch ein die Bruchstelle überbrückendes Elfenbein-
stabchen, das er zwischen Periost und Knochen legte. Gipsverband in ge-
kreuzter Stellung der Beine. Am 20. Tage Abtrennung des per primam
verheilten transplantierten Lappens von seiner Basis. Es trat völlige Heilung
der Pseudarthrose ein, die ein Jahr nach der Operation noch konstatiert
werden konnte. — Für die Ursache der stets ausbleibenden Konsolidation und
vielleicht auch der primären Missbildung hält Reichel nicht die sonst be-
schuldigte allgemeine Ernährungsstörung, sondern eine rein örtlich begrenzte
Störung, die wahrscheinlich in einem vollständigen Mangel der Knochen-
bildenden Substanz, der Osteoblastenschicht des Periostes an der Bruchstelle
und ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, zu suchen ist. Aus diesem Grunde ist
auch die einzige Methode, die zum Ziele führt, die Herbeischaffung knochen-
bUdender Substanz in genügender Menge an den Ort des Defektes, eine dauernd
lebensfähige Knochenbrücke, die mit beiden Knochenenden fest verwächst.
Dieser Forderung genügt nur ein Hautperiostknochenlappen. Indessen ist die
Müll er sehe Knochenplastik, die Verschiebung eines von einem der Fragmente
losgelösten Periostknocheniappens bei kongenitalen Frakturen zu gewagt, da
die äusserst gracilen Fragmente dadurch völlig ihre Tragfähigkeit einbüssen.
Dagegen erfüllt die italienische Plastik, die ausgenommen bei Oberschenkel-
brüchen, wo sie technisch nicht verwertbar ist, an allen Extremitätenknochen
ausführbar ist, völlig ihren Zweck. Erwähnt muss freilich werden, dass die
kleine Patientin Reich eis in dem Jahre nach der Operation zweimal den
gesunden Unterschenkel an der Stelle der Knochenentnahme gebrochen hat.
Diese Frakturen heilten freilich ganz normal.
Matsuoka (27) hat an Vögeln Untersuchungen über die Knorpel bildung
bei der Bruchheilung angestellt; er erzeugte zu diesem Zwecke subkutane
Frakturen der Ulna allein, beider Vorderarmknochen und der Tibia an 24
Versuchstieren und behandelte diese Brüche zum Teil mit fixierenden Gipsver-
bänden, zum Teil liess er sie ungeschient, und zwar letzteres besonders bei
den isoHerten Ulnafrakturen , bei denen der unverletzte Radius eine gute
Stütze abgab. Die histologische Untersuchung der Bruchstellen, die zwischen
dem 2. bis 22. Tage nach der Verletzung vorgenommen wurde, ergab, dass
186 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
die Knorpelbildung fast immer im Anfang der Frakturheilung eintrat; sie
zeigte sich immer im äusseren Periostcallus, aber nicht an bestimmten Stellen.
Fand eine Fixation durch Verbandanlegen statt, so verschwand das Knorpel-
gewebe früher. Gelang eine exakte Reposition und Retention der Fragmente,
so konnte die Callusbildung ohne Knorpelzone erzeugt werden. Freilich ist
die Bewegung der Bruchstücke selbst keine direkte Ursache der Knorpelneu-
bildung, denn in Fällen, wo beide Bruchenden durch neugebildetes Callusge-
webe oder durch den Verband fixiert waren, zeigten sich doch zuweilen reich-
liche Mengen von Knorpelbildungen.
Bayon (5) gibt eine genaue Übersicht der bisherigen Literatur und
kommt daraus, wie aus seinen eigenen experimentellen Versuchen zu dem
Schluss, dass die Thyreoidektomie eine Verlangsamung der Heilung von
Frakturen verursacht, dass bei thyreoidektomierten Kaninchen infolge Fütterung
von Schilddrüsensubstanz die Frakturheilung beschleunigt wird, im Gegensatz
zu nicht thyreoidektomierten, und dass ferner auch bei normalen Tieren die
Frakturheilung durch Darreichung von Schilddrüsenpräparaten beschleunigt
wird. Zwei Frakturen beim Menschen, die er mit Thyreoidinpräparaten be-
handelte, zeigten keinen Unterschied gegen einen gewöhnlichen Heilungsverlauf.
Die bisher veröffentlichten Fälle lassen sich nur schwer auf ihren Wert kon-
trollieren. Von einer Thyreoidinverabreichung lässt sich nur etwas sicher
erwarten, wenn ein Mangel der Thyreoideafunktion vorhanden ist, auch bei
anscheinend normalen und gesunden Menschen, die trotzdem eine mangelhafte
Thyreoidealfunktion haben können.
Perrolini (31) kommt auf Grund seiner Tierexperimente zu dem
Schluss, dass das Fehlen der Schilddrüsen keinen Einfluss auf den Knorpel
ausübt, sondern dass die verzögerte Heilung bei Frakturen auf die Störung
des Allgemeinbefindens zu rechnen ist, die nach Entfernung der Schilddrüse
auftritt.
Imbert und Gagniere (18) haben 3000 Röntgenplatten auf das
Vorhandensein der Sude ckschen Atrophie durchsucht und gefunden, dass sie
verhältnismässig selten nach Traumen vorkommt. Befallen werden wahr-
scheinlich häufiger die kurzen Knochen als die langen, doch lassen sich bestimmte
Folgerungen noch nicht aufstellen, für die noch weitere Untersuchungen nötig
sein werden.
Helfe rieh (16) hat von seinem vorzüglichen Atlas eine neue Auflage
herausgegeben, die durch eine Reihe neuer Röntgenbilder und anderer Abbil-
dungen bereichert ist. Schon der Umstand, dass die neue Auflage kaum
2 Jahre nach dem Erscheinen der vorhergehenden nötig war, zeigt den ge-
diegenen Wert des Buches.
Zum Beweis der Tatsache, dass des öfteren das Röntgenbild andere
Befunde darbietet, als wie der klinischen Untersuchung gemäss zu erwarten
gewesen wäre, führt Heinrich (15) einige Fälle aus der Greifswalder
chirurgischen Poliklinik an. In dieser Arbeit handelt es sich um ein 14 jähr.
Mädchen mit einer Metatarsalfraktur, die auf dem Röntgenbilde nicht in der
Gestalt von einer Kontinuitätstrennung zum Ausdruck kam, sondern sich nur
als zarter Schatten markierte. Im zweiten Falle handelte es sich um einen
4 jähr. Knaben, der auf den Arm gefallen war. Derselbe wurde in verschiedenen
Stellungen aufgenommen ; es war aber nichts von einer Brucblinie (Infraktion)
in dem äusserst deutlichen Bilde des dünnen Ärmchens zu erkennen. Nach
14 Tagen zeigte sich eine zweifingerbreite Verdickung des Radius, in dessen
Hoffa, Allgememes Ober Frakturen und Verletzungen der Gelenke. 187
mittleren Drittel und der ülna an der entsprechenden Stelle. Beide Gallusmassen
gingen im Spatinm interossenm ineinander über nnd beeinträchtigten die
Bewegung des Unterarms sehr.
Auch beim dritten Fall war von dem verletzten Fuss nichts auf der
Platte zu erkennen und erst später zeigte sich deutliche Gallusbildung am
Malleolus externus.
Verf. kommt zu dem Resume, dass es Läsionen des Knochens gibt, die mit
derart geringen direkten Veränderungen derselben einher gehen, dass diese
nicht nur nicht durch die untersuchende Hand, sondern nicht einmal mit
Hilfe der Röntgenstrahlen nachgewiesen werden können. Es empfiehlt sich
daher in allen zweifelhaften Fällen von Knochenverletzungen den weiteren
klinischen Verlauf zu beobachten, bevor ein endgültiges Urteil über den Zustand
des Knochens abgegeben wird.
Bei derartigen Verletzungen kommen natürlich nur jugendliche Individuen
in Frage, da ja die Elastizität des jungen Knochen der Hauptfaktor für das
Zustandekommen dieser Veränderungen ist.
WertheimSalomonson (40) hat bei Röntgenaufnahmen von Frakturen
kurzer Röhrenknochen vielfach die Beobachtung gemacht, dass das proximale
Enochenfragment dunkler, d. h. weniger durchlässig für die Röntgenstrahlen
erscheint, als das distale. Vergleichsbilder zeigten, dass es sich hierbei nicht
um ein Hellerwerden (Knochenatrophie) des distalen Fragments handelte. Eine
sichere Erklärung der Erscheinung gibt der Verfasser nicht. Er vermutet,
dass durch Läsion der Arteria nutritia ein Abschluss der arteriellen Blut-
Tersorgung eintritt. Die hierdurch entstehende venöse Hyperämie führt während
der ersten Zeit zu einer Kalkablagerung.
Plesch (32) will in der Perkussion und Auskultation eine neue und
schonende Methode zur Diagnostizierung von Frakturen gefunden haben. Er
stützt sich auf die Tatsache, dass der gesunde Knochen den Ton gleichmässig
fortleitet. Perkutiert man die eine Epiphyse oder den benachbarten Knochen
und auskultiert die andere Epiphyse, so werden die Schallwellen bei gesprungenen
Knochen unterbrochen, das Geräusch wird schwächer und bekommt einen
metallischen Beiklang. Bei gebrochenen Knochen wird der Ton überhaupt
nicht fortgeleitet, sondern man hört, wenn sich die Bruchenden berühren,
Krepitation, wenn nicht, überhaupt keinen Ton. Verf. glaubt, dass diese
Methode auch zur Diagnostizierung der Knochenerkrankungen ausgearbeitet
^werden könnte.
Hähnle (13) bespricht zunächst den Begriff des Kunstfehlers im allgemeinen
irnd schliesst sich hierbei den in dieser Frage aufgestellten Thesen des 15.
deutschen Ärztetages an, die ja wohl zur Genüge bekannt sein dürften.
Leichter ist es seiner Meinung nach, sich bei Frakturen und Luxationen ein
Urteil zu bilden, ob ein Kunstfehler vorliegt, als auf anderen Gebieten der
Heilkunde, z. B. der inneren Medizin. Er erörtert sodann die Fragen, welche
Frakturen als „schlecht geheilt" anzusehen seien und inwieweit dem betreffenden
Arzte eine Schuld daran zuzuschieben sei, und findet einen Kunstfehler des
Arztes in folgenden Handlungen oder Unterlassungen:
1. Verkennung einer Fraktur oder Luxation trotz heute noch bestehender
entsprechender Symptome, die nach der Art der Verletzung auch beim frischen
Fall so deutlich ausgeprägt sein mussten, dass sie bei der durch den Beruf
geforderten Aufmerksamkeit hätten erkannt werden können.
188 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
2. UnterlassTmg zweckmässiger Hilfeleistung bei erkannter Fraktur oder
Luxation oder entsprechender Beratung des Verletzten.
3. Anwendung und Liegenlassen eines Verbandes, der an sich die Ursache
auftretender Krankheitserscheinungen sein kann.
4. Anwendung eines Verbandes, der die Heilung einer Fraktur oder
Luxation in funktionell ungünstiger Stellung bedingen musste durch die ausser-
gewöhnliche, nicht durch die Verletzung selbst geforderte Art und Dauer
seiner Anwendung.
5. Unterlassung der zur Verhütung nachträglicher Infektion notwendigen
Asepsis und der zur Beschränkung schon vorhandener Infektion nötigen
Massregeln, soweit solche im gegebenen Fall mögtich waren.
Am Schluss seiner lesenswerten Arbeit bringt Hähnle noch einen Auszug
der gefimdenen Fälle von wegen Kunstfeblers erfolgten Klagen — 27 an der
Zahl — und ein 24 Nummern umfassendes Litteraturverzeichnis.
Bayer (4) fand unter 178 Oberarm- und 401 Vorderarmfrakturen, die
in der Zeit vom 1. Januar 1900 bis 31. März 1903 im Kölner Bürgerhospital
zur Behandlung kamen, je acht Spiralbrüche des Ober- und Unterarms; bei
den letzteren handelte es sich 5 mal um eine Fraktur des Radius und 3 mal
um eine solche der Ulna. Auch von den Spiralbrüchen an den Handknochen,
die doch immerhin infolge ihrer Kürze zu den Seltenheiten gehören, kamen
aliein im Laufe des Jahres 1902 4 Fälle zur Behandlung; einmal war eine
Fingerphalange betroffen xmd 3 mal Mittelhandknochen. Verf. gibt sämtliche
Krankengeschichten in Kürze wieder, bespricht die Entstehungsursachen der
einzelnen und hebt am Schlüsse seiner Arbeit hervor, dass mit der von Barden-
heuer angegebenen Extensionsbehandlung vollauf zufriedenstellende Resultate
erzielt wurden. Man bekam regelmässig feste Konsolidation mit fast immer
geringem Callus und guter Funktion.
Borchard (9) bespricht die Behandlung der Frakturen, besonders der
Unterschenkel-, Oberarm- und Unterarmfrakturen. Er legt die Fat. nach
möglichster Reposition in eine Schiene unter Ruhigstellung der benachbarten
Gelenke, und zwar am Bein auf eine Volkmann sehe Schiene, am Arm auf
eine Gipshanfschiene und beginnt am nächsten Tage mit Massage, zuerst zentral
von der Bruchstelle, und Gelenk bewegungen. Nach Abnahme der Schwellung
Immobilisation der Bruchenden in exakter Stellung, bis eine Konsolidation statt-
gefunden hat, dann wieder Massage und Gymnastik. Seine Behandlung hat
den Vorteil der Vermeidung der Gelenksteifigkeit, der Atrophie der Muskeln
und des späteren Ödems bei Wiederherstellung der normalen Gestalt des be-
treffenden Gliedes.
Bahr (2) benutzt mit gutem Erfolge als Verband bei Frakturen und
Pseudarthrosen eine Kombination des Bindenzügels, wie er bei den Barden-
heu ersehen Extensionsverbänden gebraucht wird, mit dem zirkulären Gips-
verband.
Sehe i dl (35 u. 36) hat zur genauen Dosierung der Extension bei Brüchen
des Unter- und Oberschenkels einen Extensionsaparat konstruiert, der infolge
seiner Einfachheit jede Assistenz unnötig macht, überall leicht hin zu trans-
portieren ist und die Sicherheit gewährt, dass die Stellung der Fragmente
auch so im Verband bleibt, wie sie bei der Einrichtung der Fraktur erzielt
werden konnte.
Der Apparat besteht im wesentlichen aus einer Stange, deren proximales
Ende sich an das Tuber ischii anstemmt und an deren distalem Ende eine
Hoffa, Allgemeines über Frakturen und Verletzungen der Gelenke. 189
ExtenssioiiBschranbe angebracht ist, die den Zug mittelst eines Fussrücken- Fersen-
zägels auf die Extremität überträgt. Nach Richtigstellung der Fragmente
wird die Stange mit eingegipst und nach Erhärten des Verbandes herausgezogen.
Der Verband wird nur mit einer einfachen Lage einer Mullbinde gepolstert,
danach Herausnahme der Stange genügend Raum geschaffen wird, für den
arteriellen Zufluss wie für den venösen Abfluss durch die Vena saphena parva,
in deren Verlaufsrichtung der Apparat gelegen hat.
Jordan (20 u. 21) empfiehlt nach den Erfahrungen, die er in 100
Fällen mit der Massagebehandlung bei Frakturen gemacht hat, diese bei allen
Frakturen der oberen Extremität anzuwenden und dieselbe mit dem fixierenden
Verband zu kombinieren. Bei Brüchen der unteren Extremität will er die
Massagebehandlung auf die Gelenkfrakturen beschränkt wissen, während er
dort bei Schaftfrakturen sie nur als vorbereitendes Verfahren empfiehlt und
nach Schwinden der Anschwellung — etwa nach acht Tagen — einen Gehverband
anl^. Die Erfolge konnten unter den 100 Fällen 73 mal festgestellt
werden. Von diesen 73 Patienten, von denen 27 über 40 Jahre alt waren,
wurden 67 wieder vollständig erwerbsfähig, während 2 um 50 ®/o, 2 um 40 ^/o
und 2 um 10 ^/o in ihrer Erwerbsfähigkeit beschränkt waren.
Bardenheuer (3) legt bei Gelenk- und juxtaartikulären Brüchen grossen
Wert auf die Extensionsbehandlung und möglichst frühzeitige Mobilisierungs-
Tersuche der Gelenke. Durch die Extension wird die Dislokation am besten be-
hoben, die Heilung schneller zustande gebracht als mittelst der Eontentivverbände
oder der blutigen Behandlung und andererseits wieder die Möglichkeit
gewährt, die orthopädische Nachbehandlung bald beginnen zu können. An
der Hand eines reichhaltigen grossen Materials zeigt er die guten Erfolge,
die er mit der frühzeitigen Aufnahme der gymnastischen Behandlung erzielt
hat. Verf. beginnt dieselbe beim Handgelenk am 4., beim Ellenbogengelenk
am 8., bei der Schulter vom 1. resp. 8. Tage, bei Hüfte und Knie von der
2. resp. 3. und beim Fussgelenk vom Beginn der 2. Woche nach der Verletzung.
Ritschel (34) empfiehlt als ausserordentlich praktisch zur Herstellung
abnehmbarer Gehverbände die Verstärkung des abnehmbar gemachten, völlig
getrockneten Gipsverbandes durch einen Brei von in Aceton gelöstem Zelluloid,
welches sich mit dem Gips aufs innigste verbindet und auch ein äusserst
brauchbares Klebemittel zur Anbringung von Verstärkungsschienen u. s. w. dar-
stellt. Näheres über die Technik dieser Verbände ist in der Originalarbeit
einzusehen. Für die Behandlung der Knöchel- und U^terschenkelbrüche hat
sich dem Verf. ein doppelter Verband sehr gut bewährt, bestehend in einem
mit ganz geringer Polsterung angelegten, die Bruchstelle nur wenig nach oben
nnd unten überragenden dünnen Gipsverbande, über dem nach Anlegung eines
Trikotschlauches der abnehmbare Gehverband hergestellt wird. Während der
Massage und den passiven Bewegungen garantiert dann der nicht abnehmbare
Gipsverband die gute Lage imd Fixation der Bruchstücke.
Johnsohn (19) legt nach der Reposition der Fragmente drei mit
Vaseline bestrichene Bindenzügel derartig an, dass einer auf die Frakturstelle,
einer dicht oberhalb derselben, und der letzte unterhalb derselben, z. B. bei
einer suprakondylären Oberarmfraktur am Vorderarm dicht unter dem Ellen-
bogen zu liegen kommt. Sie werden von Assistenten gehalten und mit einge-
gipst. Nach Erhärten des gut gepolsterten Verbandes werden sie herausge-
zogen, was, da sie mit Vaseline bestrichen sind, leicht möglich ist.
190 Jahreabericht für Ghirorgie. I. Teil.
Lejars (23) beschreibt einen von Saxtorphin Kopenhagen angegebenen
Verband für Knochenbrüche, speziell für diejenigen des Unterschenkels. Saxtorph
hat das traditionelle Prinzip, stets das benachbarte periphere und zentrale
Gelenk mit zu immobilisieren, verlassen. Der Verband wird hergestellt aas
dünnen Holzspänen, von ca. 2 — 3 mm Dicke, und Stärkebinden. Die
Technik für eine supramalleoläre Fraktur ist z. B. kurz folgende: Ein ca.
3 — 4 mm breiter Holzstreifen wird in Form eines Steigbügels gebogen und
an die Planta pedis an den Seitenflächen des Unterschenkels bis zum Fibula-
köpfchen resp. dem Tibiaknorren heraufgeführt unter entsprechender Polsterung
der prominenten Knochenpunkte. Ein zweiter Streifen kann den erst^
verstärken. Zur Befestigung dienen Stärkebinden, die im oberen Teile des
Unterschenkels einfach zirkulär angelegt werden. In der Höhe des Fussgelenks
angekommen, steigt man nicht weiter auf den Fussrücken nach vom abwärts,
sondern führt die Bindentouren auf jeder Seite schräg von oben nach unten
und von vom nach hinten um, indem man unter der Achillessehne und der
Ferse vorbeigeht und symmetrisch wieder aufsteigt, den Steigbügel und den
Malleolus gewissermassen einzurahmen. Man setzt die Touren fort, bis die
Schale um die Malleolen und unter der Ferse vollständig ist und wickelt auch
den unter der Sohle gelegenen queren Teil des Steigbügels ein. Das Bein steckt
so in einer festen Scheide, der Fuss ist seitlich gestützt, Fussrücken und
Fusssohle sind frei, Dorsal- und Plantarflexion vollkommen möglich.
Der Verband ist nach ca. 24 Stxmden trocken und dann sehr wider-
standsfähig.
Jacoel (17) berichtet unter Beifügung seiner Zeichnungen über eine
neue von ihm konstruierte Knochenklammer, die bei Frakturen dazu dienen
soll, die Fragmente zusammenzuhalten. Die damit von mehreren namhaften
Chirurgen erzielten Erfolge sollen günstig sein. Die Klammer besteht ans
einem transversalen, 3—5 cm langen, schneidenden Teil, an den sich recht-
winklig zwei mit nach oben divergierenden Zacken versehene Stücke an-
schliessen, die in den Knochen eingetrieben werden sollen. Die Zacken sind
ährenförmig angeordnet. Dadurch, dass das horizontale Stück schneidend
gestaltet ist, gräbt es sich in den Knochen ein und wirkt so ebenfalls einer
Deviation der Fragmente entgegen.
Die Anwendung der Klammem ist einfach. Sie sollen stets senkrecht zum
Verlauf der Bruchlinie angelegt werden.
Jouon (22) beschreibt drei Fälle von traumatischer Epiphysenlösung,
von denen die eine die obere Humerusepiphyse, die beiden anderen die untere
Radiusepiphyse betrafen. Er kommt zu dem Schluss, dass das Heilverfahren
bei dieser so häufig verkannten Kontinuitätstrennung der langen Röhren-
knochen nach exakter Reposition der Fragmente ev. in Narkose in einer
langen Fixation im Verbände (20—30 Tage) bestehen müsse und dass die
Massage und Mobilisation der Gelenke erst nach wirklich fester Vereinigung
zu beginnen sei.
Ducroquet und Besancon (11) bringen 4 Krankengeschichten patho-
logischer Hüf tgelenksluxationen , die in frühem Kindesalter im Anschluss
an eine eitrige Goxitis auftraten. Sie fassen die Erkrankung als eine be-
sondere Form der Osteomyelitis auf, bei der primär das Gelenk ei^riffen
wird und es frühzeitig zur Bildung eines Abszesses kommt. Infolge ausge*
dehnter Zerstörung des Schenkelkopfes und Halses stellt sich eine abnorme
Beweglichkeit ein, da das obere Ende des Femur auf dem Darmbein hin und
Hoffa, Allgemeines Aber Fraktoren und Verletzungen der Gelenke. 191
her gleiten kann und wegen des Verlustes des Gelenkkopfes eine Tendenz zur
Neabildong einer Pfanne nicht besteht.
Für die Erkennung dieser Form der pathologischen Luxation gegenüber
der kongenitalen Luxation kommt ausser der Anamnese differential-diagnostiscbb
in Betracht, dass sich vom Schenkelkopf und -Hals nirgends etwas wahr-
nehmen lässt und das Femur nach oben zu keulenförmig zu endigen scheint.
Im mittleren Teil der Glutäalfalte findet man meist eine kleine Narbe, von
der spontanen resp. operativen Öffnung des Abszesses herrührend. Wichtige-
Aofklärung ergibt die radiographische Untersuchung. Während bei kongeni-
taler Luxation die zur Bildung des Kopfes bestimmte Epiphyse atrophisch
üit, fehlt sie hier vollkommen. Vom Schenkelhals, der bei angeborener Ver^
renkimg bis etwa zum 6. Lebensjahre nur wenig (?) gegenüber dem gesunden
Terkürzt ist, sind hier nur schwer Andeutungen wahrzunehmen. Das Femur
wird nach oben gekrönt von einem kleinen Ossifikationspunkte , demjenigen
des Trochanter major.
Auf Grund der anatomischen Verhältnisse ist eine Reduktion unmöglich.
Meyer (28) führt nach einer ausführlichen Besprechung der Literatur
einen Fall von Aneurysma einer Art. intercostalis nach einem Rippenbruch
an, das wahrscheinlich durch Gefassverletzung durch den scharfen Bruchrand
der Rippe entstanden war. Die Behandlung bestand in Inzision, Tamponad»
und Druckverband.
C. und F. Martin (26) empfehlen als Methode bei ischämischer Muskel-
lahmung langsame und kontinuierliche Traktionen und Pressionen, mit denen
sie in zwei Fällen gute Resultate erhalten haben. Sie glauben, dass man
bei Anwendung von speziellen, jedem Falle besonders angepassten Apparaten
nicht nur die fehlerhafte Klauenstellung der Hand redressieren, sondern
sie auch zur Ausführung aller willkürlichen Bewegungen wieder tauglich
machen könne.
Schemel (37) gibt zunächst eine kurze Darstellung der Nachkrankheiten
verletzter Knochen und Gelenke, weist bei den einzelnen Krankheiten, Gallua.
loxorians, Pseudarthrose , Liaktivitätsatrophie , Versteifungen, Schlotter- und
Wackelgelenken, Ödemen etc. etc., sogleich mit wenigen Worten auf die Be-
handlung hin, wobei er auch auf die traumatische Neurose zu sprechen kommt,
ond beschäftigt sich dann im Anschluss hieran ausführlicher und eingehender
mit den verschiedenen Behandlungsmethoden. Die Massage , die Gymnastik,,
das mediko-mechanische Heilverfahren, die Behandlung mit Bierscher Hyper-
ämie, die Bäderbehandlung werden der Reihe nach durchgesprochen.
Wendel (39) veröffentlicht 3 Fälle von habitueller Luxation, von denen,
zwei das Schultergelenk, eine das obere Ende des Badius betreffen. In allen
FäUeo wurden Defekte am Knochen nachgewiesen, zweimal durch die Ope-^
lation, einmal nur durch das Röntgenbild, da die Operation verweigert wurde.
Ahnliche Befunde finden sich auch in zahlreichen Veröffentlichungen aus der
letzten Zeit, während man früher Weichteilveränderungen für die habituellen
Loxationen verantwortlich machte. Stets lässt sich ein vorangegangenes.
Trauma nachweisen, daher ist die habituelle Luxation den traumatischen zu-
zorechnen und zu trennen von den pathologischen sowie von den freiwilligen
Verrenkungen, die keine Erkrankung, sondern eine Kuriosität darstellen.
Blum (7) hat die in der Literatur veröffentlichten Fälle von Arthro-
tomie bei irreponiblen Luxationen in tabellarischer Übersicht zusammengestellt.
Es sind 64 Fälle. Das hauptsächlichste Hindernis bei der Reposition bietet
192 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
gewöhnlich die Gelenkkapsel. Nächst dieser hinderten Knochenfragmente die
Reposition, die natürlich von einer Fraktur herstammten, in gleicher Weise
wirkten auch Knochenwucherungen. Muskeln sind besonders bei den frischen
Luxationen Repositionshindernisse und zwar dadurch, dass sich abgeri^ene
Muskelstücke zwischen den Gelenken interponieren ; hauptsachlich ist dabei
der Brachialis internus beteiligt. Auch bei veralteten Luxationen spielen die
Muskeln insofern eine Rolle, als sich dieselben infolge der Inaktivität ver-
kürzen und teilweise mit der Kapsel Verwachsungen eingehen.
Eine Kontraindikation gegen die Arthrotomie gaben Frakturen des
Humerus, der Ulna und des Radius ab. Blum beschreibt dann die Ope-
ration, bespricht die Methoden und Modifikationen der einzelnen Forscher
bei dieser, von denen letztere namentlich nur den Hautschnitt betreffen, bei
dem ja immer das entscheidende Moment ist, dass von ihm aus ein aus-
reichender Einblick in das Gelenk ermöglicht wird und nichts verletzt wird,
was für die zu erreichende gute Funktion des Gelenks erforderlich ist. Verf.
hält den bekannten Kocher sehen Schnitt für den besten, da bei demselben
weder Nerven noch Muskeln verletzt werden und ein besserer Überblick über
das Gelenk erzielt wird als bei dem einfachen Lateralschnitt. Reicht dieser
nicht aus, dann kann man immer noch den medialen Schnitt hinzunehmen
unter Berücksichtigung der Gefahren, die er mit sich bringen kann.
Aus den Krankengeschichten ergibt sich, dass die Erfolge um so besser
sind, je früher mit Bewegungsübungen begonnen wird. Für am besten hielt
es Verfasser, wenn schon nach zwei bis drei Tagen mit ganz leichten passiven
Bewegungen begonnen wird. Eine primäre Resektion ist bei schweren Frak-
turen des Humerus, femer bei mehrfachen Frakturen der Gelenkenden am Platze.
Femer ist dieselbe zur Verhütung der Ankylose indiziert in allen den Fällen,
in denen Knochenneubildungen zu erwarten oder schon vorhanden sind.
Cnopf (10) berichtet über ein 14^/2 jähriges Mädchen, bei dem die
Mutter im 12. Lebensjahre am rechten Vorderarm einen Vorsprung bemerkte,
den sie für ein Überbein hielt. Als sich die Deformität immer mehr ver-
schlimmerte, wurde ärztliche Hilfe in Anspruch genommen. Es lag kein
Trauma vor; Patientin brauchte auch keine groben Arbeiten zu verrichten.
Es bestand deutliche Luxation auf der ulnaren Seite, auf der radialen da-
gegen höchstens eine Subluxation, die aber nicht mit Sicherheit konstatierbar
ist. Der Vorderarm zeigt eine ausgesprochene bogenförmige Krümmung mit
volarer Konkavität; am stärksten ausgeprägt in der unteren Hälfte und auf
der radialen Seite. Während die Ulna in ihrer Längsrichtung kaum ver-
ändert erscheint, ist der Radius in der unteren Hälfte volar-konkav gekrümmt.
Die Bewegungen der Hand zeigen im Verhältnis zu den schweren Verände-
rungen der Form nur massige Störungen. Die Verlagerung der Hand gegen
den Vorderarm ist durch Zug und Drack nicht ausgleichbar. Eine Röntgen-
aufnahme ist beigefügt und genau beschrieben.
Die Krankheit ist beinahe in allen Fällen, die Verf. in der Literatur
finden konnte, eine Störung des reiferen Kindes- oder Pubertätsalters. Be-
sondere Anstrengungen bei muskelschwachen, jugendlichen Individuen, Traumen
leichter Natur sollen oft die Ursache abgeben. Zuweilen macht sich der Be-
ginn durch Schmerzen bemerkbar, zuweilen fehlen die Schmerzen vollständig.
Die volle Entwickelung der Störung dauert sehr verschieden lange, oft 3 bis
4 Jahre, doch sind auch Fälle beschrieben, wo innerhalb 5 — 6 Monaten die
Vorbildung vollständig entwickelt war. Was die genaue Beschreibung der
Hoffa, Allgemeines über Frakturen und Verletzungen der Gelenke. 193
Fonnveränderungen angeht, so stimmen die Berichte weniger überein, als be*
zuglich der klinischen Erscheinungen. Verf. geht des näheren noch darauf
ein, besonders auf die Veränderungen am Vorderarm, und bespricht dann
noch mit wenigen Worten die in Frage kommende Therapie.
Abadie (1) hat einen Fall von progressiTer Luxation des linken Hand-
gdenkes bei einem jungen Manne beschrieben, der dem Bilde der von
Madelung ^^spontane Subluxation des Handgelenkes^ benannten Erkrankung
entspricht. Der betreffende Patient hatte freilich im achten oder neunten
Lebensjahre ein Trauma des linken Handgelenkes erlitten, ohne angeben zu
können, worin es bestanden hatte. Erst im vierzehnten Jahre, als er in die
Lehre kam, bemerkte er, dass sein linker Vorderarm, der kürzer wur als der
rechte, sich mehr und mehr nach der Bengeseite zu krümmte und dass die
Hand volarwärts luxierte. Irgend welche Beschwerden, funktionelle Behinde-
rungen oder Schmerzen bestanden nicht. Die Durchleuchtung zeigte eine
Exostose des Radius, die von seiner unteren Epiphysenfuge ausging. Wahr-
scheinlich war in diesem Falle durch das Trauma eine Verletzung dieser
Epiphfsenlinie erfolgt, die zu Wachsstumstörungen und der Exostosenbildung
fahrte. Die Verkrümmung des Radius erklärt Abadie aus dem Einfiuss der
Bengemuskeln. Da das Leiden keine Störungen verursacht haben soll, erübrigte
sich jede Behandlung.
Verf. hat alle ähnlichen Fälle aus der Literatur zusammengestellt und
tabellarisch geordnet. Er konstruierte darnach vier Formen: 1. Hyperostose
des Cubittts, stets doppelseitig, oft angeboren mit einfacher knöcherner Ver-
dickung des Handgelenkes oder progressiver Luxation desselben, die häufig
verkannt wird. 2. Einfache Subluxation des Radius in Hand- und Ellenbogen-
gelenk, doppelseitig, leicht einzurichten, häufig schmerzlos und ohne Ver-
änderungen der Knochen. 3. Schwer oder gar nicht reponible Luxation des
Handgelenkes mit fehlerhafter Stellung des Ellenbogengelenkes. 4. Dieselbe
Form mit Verbiegung des Radius, beide meist einseitig. — Die Entstehung
des Leidens führt Abadie auf Spätrachitis zurück, alle anderen diesbezüg*
liehen Theorien sind nicht einwandsfrei. Für die Therapie werden keine
neuen Vorschläge gemacht.
Müller (29) bespricht an der Hand einiger einschlägiger Fälle die
Ätiologie der Schulterversteifungen. Er teilt dieselben ein nach den Ver-
letzungen, die 1. das Gelenk weder direkt noch indirekt betrafen, 2. das
Gelenk ohne Beteiligung des Knochengerüstes und 3. die das Schulterskelett
direkt betrafen. Die Hauptursache liegt in der zu lange dauernden Fixation
der Schulter nach diesen Verletzungen und in dem Unterlassen frühzeitiger
Bewegung des Gelenks. Verf. bespricht dann zum Schluss die Therapie, die
in seiner Klinik angewandt wird, und die in den Hauptpunkten in Dampf-
nnd Lichtbad oder Dampfdusche, in Massage und Bewegungstherapie besteht.
Yarf. beschreibt noch zwei Apparate für die maschinelle Behandlung der
Schulterversteifung, die er konstruiert hat, und die den Vorzug einer besseren
Fixation des Schulterblattes haben sollen.
Nach einem kurzen geschichtlichen Überblick gibt Oertgen (30) in
semer Abhandlung das wieder, „was überhaupt die heutige Wissenschaft von
Gelenkmäusen weiss^, und wie dieselbe insbesondere die Einwirkung des
Traumas auf die Entstehung freier Gelenkkörper beurteilt. Er gibt die An-
sichten der einzelnen Autoren hierüber auszugsweise wieder, beschreibt die
Symptome der Erkrankung und im Anschluss hieran einen Fall aus der
Jahmbericht fllr Chirurgie 190S. 13
194 Jahresbenoht fdr Chirurgie. I. TeiL
chirurgischen Klinik zn Giessen, bei dem es sich seiner Ansicht nach um eine
Osteochondritis dissecans gehandelt hat, da kein Trauma vorlag und eine
Arthritis deformans während der langen Dauer der Krankheit sicherlich
sichtbare Veränderungen hervorgerufen hätte. Sodann berichtet Oertgen
über einen weiteren Fall, bei dem eine Oelenkmaus entfernt wurde, die
zweifellos sofort nach einem Trauma entstanden war ; auch die Ansicht, das»
es Fälle gibt, bei denen längere Zeit nach dem Trauma Gelenkmäuse entstehen,
bekräftigt er durch Mitteilung eines dritten Falles.
Born er (8) hat klinische und pathologisch-anatomische Studien über
Gelenkmäuse angestellt. Neunzehn Corpora mobilia wurden histologisch
untersucht und dabei folgendes festgestellt : Nur in den seltensten Fällen fand
sich normaler Gelenkknorpel; gewöhnlich wies er — selbst bei noch nicht
lange gelösten Gelenkkörpern — ausgesprochene Zeichen der Nekrose anf.
Diese regressiven Veränderungen standen aber nicht immer in richtigem
Verhältnis zu dem Alter der Gelenkkörper. Häufig verhindert ein gefäss-
führender Stiel die Nekrose des Knorpels. Histologisch nachweisbare Unter-
schiede zwischen traumatischen und angeblich nicht traumatischen Gelenk-
körpern wurden nicht gefunden, ebenso wenig Zeichen eines entzündlichen
Vorganges. Den zweiten Teil der Arbeit bildet die klinische Besprechung
des Materials. Hier konnte Born er feststellen, dass eine allmähliche Lösung
von Gelenkkörpern aus den artikulierenden Gelenkenden stattfinden kann.
Die schliessliche Lösung erklärt er durch rein mechanische Einwirkung. Für
irgend welche entzündliche Vorgänge bei der Entstehung freier Gelenkkörper,
die sogenannte Osteochondritis dissecans, hat Born er keine Anhaltspunkte
gefunden.
An der Hand von drei Fällen von Gelenkmäusen aus der chirurgischen
Poliklinik zu München, von denen Lorenz (24) zwei Krankengeschichten
wiedergibt, bespricht Verf. diese Affektion. Er stellt sich auf Voll brechts
Standpunkt, dessen Schlussfolgerungen er auch wörtlich in seiner Arbeit
anführt.
Haeter, Die Erkrankungen der Knochen. 195
XIV.
Die Erkrankungen der Knochen.
Referent: C. Hueter, Altena-
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
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13*
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Bd. 40. Heft 2.
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Abbildungen.)
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66. Villemin, Trois observations d'exostoses ost^og^niques multiples. Revue d'ortho-
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198 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
67. Vogel, Zur Therapie der Sarkome der langen Böhrenknochen. Deatsche Zeitschrift
für Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 1 und 2.
68. *Wurmb, Ein Fall von multiplen Exostosen. Dies. Kiel 1903.
I. Allgemeines.
Anzoletti (1) kritisiert eingehend die Hirschsche Arbeit über den-
selben Gegenstand und tut dar, dass, entgegen der Meinung von Hirsch, die
Muskeln einen Einfluss auf die Gestaltung der Knochen haben.
R. Giani.
Da nur wenige Arbeiten über diesen Gegenstand yeröffentlicht sind und
die Schlüsse, zu denen die verschiedenen Autoren gelangten, nur wenig mit-
einander übereinstimmen, haben Bure i und An zil Ott i (2a) das Studium der-
selben wieder aufgenommen und die Grenzen, innerhalb welcher sich die Tätig-
keit der früheren Forscher entfaltet hatte, zu erweitem gesucht. Sie experi-
mentierten deshalb an jungen Kaninchen, die aber die Wachstumperiode schon
überschritten hatten, in der Weise, dass sie an den Knorpeln, besonders an
den Rippenknorpeln, an dem Schild- und Schwertknorpel stufenweise Läsionen
von verschiedener Entität hervorriefen, wie kleine Stichwunden mit oder ohne
Einführung von verschiedenartigen und verschieden resistenten Fremdkörpern
{dabei Bedacht nehmend auf die Anlegung von Nähten zur Behandlung der
an den Knorpeln hervorgerufenen Kontinuitätstrennungen), Läsionen der
Knorpelhaut, partielle und totale Einschnitte und Resektionen, femer Kon-
sumptivläsionen und endlich Kauterisationen, über deren Ausgang jedoch die
Untersuchung noch nicht beendigt ist.
Sie nahmen im Ganzen 81 Experimente an 26 Kaninchen vor und
befolgten dabei die strengste Asepsis, den Einfluss irgend einer antiseptiscben
Substanz somit gänzlich ausschliessend.
Die Beobachtungen machten sie in verschieden langen, zwischen einem
Minimum von 6 und einem Maximum von 137 Tagen schwankenden Zeit-
räumen, also genügend lange Zeit um ein richtiges Urteil über die defini-
tiven Resultate abgeben zu können. Ihre Schlüsse sind folgende:
Jede traumatische Verletzung führt, je nach ihrem Grade oder der durch
sie bedingten Ernährungsstörung, zu verschiedenen Regressivveränderungen
in den verschiedenen Fällen und den verschiedenen Abschnitten eines und
desselben Knorpels.
Um die traumatisierte Zone herum entsteht ein Reaktionsprozess, durch
welchen der zuerst durch eine bindegewebige Narbe provisorisch kompensierte
Substanzverlust definitiv ersetzt wird durch eine Wucherung von eigenen Ele-
menten, d. h. durch eine Knorpelneubildung, die, bedingt durch lebhafte
Zellenbildung von Seiten der Knorpelhaut und Vervielfältigung der sowohl in
den jungen peripheren, als in den tieferen Schichten präexistierenden Knorpel-
zellen, die Gewebskontinuität wieder herstellt.
Der neugebildete Knorpel hat bald die Merkmale des Faserknorpels,
bald die des hyalinen Knorpels und die Verff. halten den stufenweisen Über-
gang einer Form in die andere, wie er von Barth, Fede u. A. behauptet
wird, durchaus nicht für die Regel. Auf Grund ihrer Experimente teilen sie
auch nicht die Anschauungen Peyrauds bezüglich der bei subperichondralen
Resektionen zur Knorpelregeneration erforderlichen Zeit, indem die Knorpel-
regeneration nach ihrer Meinung viel länger dauert, als man bisher glaubte.
Auch sind sie nicht der Meinung Schklarewskys, dass die Entstehung der
Hueter, Die Erkrankungen der Knochen. 199
Wanderzellen, die man im traumatischen Herde antriflft, der Vervielfältigung
der Enorpelzellen beizumessen sei, sondern glauben, dass die Wanderzellen aus
den Gefässen und dem Bindegewebe der Knorpelhaut und der benachbarten
Gewebe hervorgehen, d. h. dass sich selbst bewegende Elemente durch eine
primär erfolgte Kontinuitätstrennung des Knorpels oder durch die nachfolgenden
Veränderungen der Grundsubstanz in den Knorpel dringen.
Blutgefässe, Ossifikations- oder Kalcifikationszonen trafen sie bis über
4 Monate nach der Operation in den Abschnitten mit repariertem Knorpel-
gewebe nicht an, selbst nicht im Äugenblicke, wo dieses das benachbarte
Narbenbindegewebe substituiert.
Endlich erkennen die Yerff. auch nicht an, was Gier behauptet, dass
nämUch Knorpelneubildung nur bei Hinzutreten einer suppurativen Phlogose
stattfindet; sie sind vielmehr zur Annahme geneigt, dass Knorpelneubildung
regelmässig stattfindet und der Beparationsprozess durch einen aseptischen
Zustand gesichert wird. B. Giani.
Schoemaker (7) bespricht in diesem Vortrag die Theorie von Volk-
mann-Hueter und das Transformationsgesetz von Wolf f und äussert eine
Anschauung über die Entstehung von Knochendeformitäten, die vor ihm schon
Korteweg vorgebracht hat. Kurz zusammengefasst lautet die Theorie von
Korteweg wie folgt: Knochendeformitäten entstehen durch ein Missver-
hältnis zwischen der Last, die der Knochen zu tragen hat, und dem Ver-
mögen des Knochens Knochensubstanz zu bilden. Eine gehörige Funktion
steigert das Wachstum der Knochen, Hyperfunktion hält das Wachstum
hintan, bewirkt Erweichung des Knochens. Goedhuis (Deventer).
Preindlsberger (6) berichtet über einen letal verlaufenen Fall von
Fettembolie der Lungen bei einem 17jährigen Mädchen; Tod drei Tage nach
doppelseitigem Bedressement wegen Genu valgum.
Nachdem Fraenkel (3) durch frühere Untersuchungen nachgewiesen
hatte, dass bei Typhus abdominalis mit grosser Konstanz die spezifischen
Erreger im Knochenmark angetroffen werden, hat er durch weitere eingehende
Untersuchungen festgestellt, dass bei den meisten akuten Lifektionskrankheiten
die betreffenden das Grundleiden bedingenden Mikroorganismen im roten
Knochenmark durch Kultur nachgewiesen werden können (Diplococcus lanceo-
latus, Staphylococcus , Streptococcus). Nach Bachendiphtherie werden die
spezifischen Erreger nur ganz ausnahmsweise im Knochenmark gefunden, da-
gegen bei dieser Erkrankung, ebenso wie im Gefolge von Scarlatina, überaus
häufig Streptokokken.
Köhler (5) beschreibt eine Beihe typischer Fälle von Osteoarthritis
deformans. Er hält diese Erkrankung für eine Trophoneurose und erklärt
die Deformationen als die Folge eines grob mechanischen Drucks oder Zugs
auf nachgiebige Knochenmassen (Abscbleifung des Proc. styloid. ulnar.).
Anders liegen die Verhältnisse bei traumatischer Einwirkung auf gesunde
Knochen, wobei hyperplastische Prozesse zutage treten (Vergrösserung des
Capitul. radii).
Barth (la) berichtet über den histologischen Befund an Gelenkknorpel
und Knochen bei tabischer Arthropathie. Das Material, Talus aus einem
schwer deformierten Sprunggelenk, war durch Amputation von einem Tabiker
gewonnen worden. Der Talus war um die Hälfte seiner Höhe reduziert, in
zwei Stücke zerlegt, der Gelenkknorpel durch Bindegewebe ersetzt. Die
mikroskopische Untersuchung wues nach, dass es sich um einen ohne alle ent-
200 Jahresbericht fflr Chirurgie. L Teil
zündlichen Erscheinungen ablaufenden Schwund von Knochen und Knorpel
und Ersatz dieser Teile durch Bindegewebe handelte, zugleich zeigten sieb
Resorptionsprozesse der Knochensubstanz. Barth neigt dazu, den arthropathi-
sehen Prozess bei Tabes als eine durch diese bedingte Arthritis deformans
aufzufassen.
Schmieden (6a) beschreibt einen typischen Fall von Ostitis defonnans
bei einer 58 jährigen, der Lues keineswegs verdächtigen Frau.
Spontan einsetzende, sehr chronisch entstandene Verdickung der Tibia in allen
Dimensionen, die eine bogenförmige Krümmung zur Folge hatte und ausser heftigen Schmerzen
schwere funktionelle Beschwerden verursachte. Radiographisch zeigte sich eine eigentüm-
liche Architektur der Spongiosa, bestehend aus spitzbogenförmig angeordneten Balken. Eine
keilförmige Osteotomie, die gut heilte, brachte vorübergehend Besserung. Spftter nmaste
wegen Arthritis deformans im Kniegelenk die Resektion und bald darauf die Ampatotioa
ausgeführt werden. Es war nur die eine Tibia erkrankt und an dieser nur die obere £pi-
physe und die Diaphyse. Der Knochen zeigte sich sehr weich, mit dem Messer schneidbar,
die Corticalis völlig geschwunden. Mikroskopisch ergab sich das bekannte Bild der Osteo-
myelitis fibrosa.
Broca und Tridon (2) teilen den ersten in Frankreich beobachteten
Fall von Perlmutterosteomyelitis mit. Der 14jährige Kranke hatte schmerz-
hafte Anschwellungen im Gebiet der Metacarpi, die, im Röntgenbilde als
periostitische Auftreibungen deutlich sichtbar, aus Unkenntnis seiner Be-
schäftigung als Perlmutterdrechsler mehrfach inzidiert wurden. Die VerflF.
empfehlen als ausreichende therapeutische Massnahme ausser Unterbrechnng
der Tätigkeit lediglich Ruhigstellung der befallenen Teile, und weisen darauf
hin, dass die Seltenheit der Erkrankung in Frankreich offenbar durch gute
hygienische Verhältnisse der Perlmutterarbeiter bedingt ist.
n. Knochenatropliie.
Beck (10) beschreibt unter Anführung einiger Fälle die nach entzünd-
lichen Prozessen auftretende akute Knochenatrophie.
War bürg (14 a) bespricht gelegentlich der Vorstellung eines Kranken
die akute Knochenatrophie und ihre Pathogenese, wobei er auf die Wichtig-
keit dieser Erkrankung für die Unfallgesetzgebung aufmerksam macht.
Imbert und Gagniere (12) haben an einem grossen Material die
Knochenatrophie nach Trauma studiert und sind im wesentlichen zu den-
selben Resultaten gekonmien, wie Sud eck in seiner bekannten Arbeit über
diesen Gegenstand. In ätiologischer Hinsicht erheben sie, nach Ausschluss
der Inaktivität als Ursache der J^nochenatrophie , Einwände gegen die
Sud eck sehe Hypothese, die Knochenatrophie als eine reflektorische Tropho-
neurose anzusehen, und glauben, dass für ihre Genese mehrere Ursachen
gleichzeitig wirksam sein können.
Kienböck (13) bespricht nochmals eingehend die akute Knochen-
atrophie und betont besonders unter Mitteilung mehrerer Fälle ihr Vorkommen
bei gonorrhoischer Arthritis (Handgelenk). Die akute Knochenatrophie tritt
zuerst an den dem primären Entzündungsherd benachbarten Teilen des Ske-
letts auf. Bei den langen Röhrenknochen wird zuerst die Spongiosa und
zwar diejenige der Epiphysen befallen. Die Knochen werden leicht an Ge-
wicht, kalkarm, weich, leicht zusammendrückbar, das Mark ist hyperämisch,
lymphoid. Bei der mikroskopischen Untersuchung findet man Halisterese,
Rarefikation der Spongiosa und osteoides Gewebe (Stadium des floriden Um-
baus, malacisches Stadium). Falls nicht restitutio ad integrum eintritt.
Hueter, Die Erkrankungeii der Knochen. 201
schreitet der Prozess fort, auch die Corticalis erscheint im Radiogramm
ergriffen, sie wird aufgehellt, erscheint wie aufgefasert, der Bandapparat
erschlafft (Luxation), der Knochen deformiert, der Knorpel usuriert. Bei
schwer entzündlichen Prozessen (Gonorrhöe der Handwurzel) beginnt die Auf-
hellung der Spongiosa in der Nähe der Gelenkflächen, weiterhin wird der
Knorpel zerstört und es entstehen Synostosen. Heilt der Entzündungsprozess
aus, dann wird die Spongiosazeichnung wieder sichtbar, jedoch das Netz der
Bälkchen ist weitmaschiger, sie selbst sind anders gerichtet (Stadium der
stabilen Atrophie). Der Knochen ist hierbei brüchig, anämisch und enthält
Fettmark. Für die Therapie ergibt sich, abgesehen von der Ausheilung des
Gmndleidens, der Hinweis auf frühzeitige aktive und passive Bewegungen^
Massage, Bäder, Stauung.
Rose (14) beantwortet die Frage, ob die progressive totale Knochen-
atruphie heilbar sei, bejahend unter Mitteilung eines einschlägigen Falles.
Bei einem jungen Manne war im Anschluss an Sequestrotomie wegen aknter Osteo-
myelitis der Tibia bei fast vollendeter Heilung eine Pseudarthrose infolge sekundärer pro-
gressiver Knochenatrophie eingetreten, die sich Aber die ganze Extremität verbreitete. Um
den Kranken gehfähig zu machen, wurde ein 15 cm langer Elfenbeinstab in die Knochen-
enden der Pseudarthrose eingefügt, der reaktionslos einheilte. Pat. kann die Eztremiät
gehrauchen, es ist Knochenneubüdung deutlich nachweisbar, die nach Verf. durch den £lfen>
beinstift angeregt wurde.
m. Störungen des Knochenwachstums.
Regnault (18) beschreibt die Struktur der Tibia bei kongenitaler
Entwickelungshemmung der Fibula. Unter dem Einfluss der letzteren (an
Stelle der Fibula ist ein fibröser Strang vorhanden) hat sich die Tibia ge-
krümmt, doch ist die Corticalis auf der konvexen Seite nicht verdickt, wie
eine radiographische Aufnahme zeigt.
Michel (17) berichtet über einen Fall von Osteogenesis imperfecta bei
einem ausgetragenen, totgeborenen, mit abnorm kurzen, plumpen Extremitäten
behafteten Kind. Schädeldach noch häutig, an den sehr brüchigen Extremi-
täten multiple Knickungen und Frakturen. Die mikroskopische Untersuchung
ergab im wesentlichen eine diffus über das ganze Skelett ausgedehnte mangel-
luite Knochenbildung bei ungefähr normalem Verhalten der präparatorischen
Vorgänge am Knorpel. Besonders fehlte so gut wie ganz die enchondrale
Ossifikation. Die Knochen bestehen aus einem äusserst dünnen Mantel ver-
kalkter Knochenbälkchen, wodurch eine hochgradige Knochenbrüchigkeit sich
erklärt. ^
Fuchs (15) macht unter Mitteilung zweier Fälle statistische Angaben
ober das Vorkommen von Riesenwuchs bei Neugeborenen.
Linser (16) berichtet über einen 5^/2 jährigen Knaben, der durch seine
Grösse, seine ganze körperliche Entwickelung den Eindruck eines 15 — 18-
jährigen Jünglings machte und der an einem Tumor der Nebenniere (malignes
Adenom) starb. Verf. bespricht hieran anschliessend den Einfluss der Neben-
nieren auf das Körperwachstum und glaubt, dass diesen, ebenso wie Thyreoidea,
Thymus, Hypophysis und Geschlechtsdrüsen, eine Bedeutung für die körper-
liche Entwickelung zukommt.
Roos (19) teilt einen nur klinisch beobachteten Fall eines Kindes mit,
bei welchem er die Diagnose, ob kindliche Osteomalacie oder langdauemde
Rhachiüs, offen lässt.
202 Jahresbericht fflr Chirurgie. I. Teil.
Das schwächliche Mftdchen erlitt im Alter von 14 Monaten aos ganz geringfügiger
Ursache eine Oberschenkelfraktor, an welche sich im Lanf der nAcbsten Jahre zahlreiche
andere anschlössen. Weiterhin traten Yerkrümmangen der £xtremitftten und der Wirbel-
sftule auf. Rhachitische Epiphysenanftreibangen sollen nie vorhanden gewesen sein and
wurden aach bei Untersuehnng der 9 jfthngen Patientin vermisst. Die Extremit&tenknoch«B
waren etwas weich und biegsam. In letzter Zeit keine Fraktnren mehr, die Knochen sind
fester geworden. (Osteopaathyrosis? Ref.)
IT. Osteomyelitis.
Ausgehend von der Tatsache, dass experimentell durch Injektion her-
vorgerufene entzündliche Knochenherde mit dem Sitz der Entzündungsherde
beim Menschen häufig übereinstinmien , hat Lex er (24) den Verlauf der
Knochenarterien an Injektionspräparaten studiert und konnte nachweisen«,
dass die typischen Knochenherde bei Tuberkulose und Osteomyelitis meist
dem Verlauf der grösseren Gefässverzweigungen im Knochen entsprechen.
Die hinsichtlich der Häufigkeit der befallenen Knochen und Knochenbezirke
bestehenden Unterschiede erklärt Verf. dadurch , dass die tuberkulösen
Knochenherde häufiger, die eiterigen Entzündungsherde seltener auf emboli-
.schem Wege entstehen. Auch die tuberkulösen Diaphysenherde können em-
bolisch entstanden sein. Bei den kurzen Röhrenknochen ist die häufige
tuberkulöse Erkrankung der Diaphyse durch das anatomische Verhalten der
Art. nutr. erklärlich, die sich nach dem Eindringen in den Knochen schnell
in feine Äste verzweigt. Das Vorwiegen der Staphylokokken als Erreger bei
Osteomyelitis erklärt sich aus ihrer Eigentümlichkeit, in Haufen zu wachsen.
Für beide Erkrankungen ist der grosse Gefässreichtum des wachsenden
Knochens in der Nähe der Epiphysenfugen wichtig. Für die Beziehung eines
Traumas zu nachfolgender lokaler Erkrankung ist das Zersprengen eines alten
Knochenherdes von Bedeutung, abgesehen davon können sich im Blute krei-
sende Organismen an der Stelle der Knochenverletzung ablagern.
Auf seine im Jahre 1901 in Gemeinschaft mit Ligorio ausgeführten
klinischen Untersuchungen über den Gegenstand (Rivista eritica di clinica
med. 1901, Nr. 15 — 16) lässt Giani (21a) nun eine experimentelle Arbeit folgen.
Verf. rief bei ausgewachsenen Kaninchen mit dem Staph. pyog. aureus experi-
mentell die akute Osteomyelitis hervor, täglich verzeichnete er dann metho-
disch den Temperaturgrad, zählte die weissen Blutkörperchen und untersuchte
das auf Deckgläschen fixierte Blut.
In den Fällen, in denen die Osteomyelitis so schwer war, dass die Tiere
am 5. Tage erlagen, fand er Abwesenhenheit der eosinophilen Zellen und sehr
bedeutende* Vermehrung der Lymphocyten (66 — 75°/o). In den Fällen dagegen,
in denen die Tiere die Infektion überwanden, konstatierte er in den ersten
Tagen Vermehrung der Lymphocyten (47®/o), darauf schnelle Verminderung
derselben und plötzliches Steigen der eosinophilen Kurve bis 80— 87®/o. —
Verf. vergleicht diese Befunde mit den bei Infektionskrankheiten, bei toxischen
Krankheitsformen, bei Asthma, bei parasitären Affektionen gemachten und
gelangt dann zu folgenden Schlüssen:
Bei der akuten Osteomyelitis ist die Vermehrung der Lymphocyten das
Zeichen einer energischen Reaktion des Organismus gegen die Infektion, aber
sie bedeutet noch nicht, dass der Organismus sich verteidigt, noch weniger,
dass er den Sieg über die Keime davon getragen hat.
Die wirkliche Verteidigung von seiten des Organismus nnd dessen Sieg
über die Keime wird vielmehr dadurch angezeigt, dass das Knochenmark eine
Hu et er. Die Erknmkangen der Knochen. 208
aasserordentlich grosse Menge eosinophiler Zellen in den Kreislauf schleudert.
Daher ist bei der akuten Osteomyelitis die Eosinophilie von prognostischer
Bedeutung. R. Giani.
Im Falle Severeanus (27) verwundete bei einem 20jährigen Bauern
ein osteomyelitischer Sequester des Femur die Vena und Arteria poplitea,
die dadurch entstehende Septikämie nötigte den Chirurgen , eine Amputatio
coxae mit gutem Erfolg auszuführen. Stoüanoff (Plevna).
Roch er (26) teilt einen Fall von Osteomyelitis des Femur im frühesten
Kindesalter mit. Als Quelle der Infektion bei dem schlecht genährten Kinde
macht er die Impfung verantwortlich. Ein Abszess am Oberschenkel, ohne
Fieber entstanden, ¥nirde inzidiert. Bei der Autopsie fand sich ein knöcherner
Defekt am unteren Ende des Femur an der Grenze von Knochen und Knorpel,
kein eigentlicher Sequester.
Doberauer (21) beschreibt drei Fälle von Epiphysenosteomyelitis.
Der erste Fall, Osteomyelitis coxae, beweist, wie man ein befriedigendes
funktionelles Resultat durch die Resektion erzielen kann, sobald diese früh-
zeitig erfolgt. Die beiden anderen Fälle illustrieren die schweren Folge-
erscheinungen der Epiphysitis für das benachbarte Gelenk (Knie), wenn ihre
Behandlung verschleppt wird (Ankylose, Fisteln, Genu recurvatum).
Die Dissertation von Leonhardt (23) enthält eine Zusammenstellung
von 43 Fällen von Knochenabszess. Von diesen waren 32 Fälle sekundäre,
11 primäre Knochenabszesse. In zwei Fällen war das obere Femurende er-
krankt. In allen Fällen schien die Apophyse der Sitz des Knochenabszesses
gewesen zu sein. Die mitgeteilten Fälle ergaben eine Bestätigung der An-
schauung von Gross, nach der die durch Infektion in früher Jugend ent-
standenen Knochenabszesse eine erheblich längere Krankheitsdauer aufwiesen,
als die später, nach Abschluss des Knochenwachstums zustande gekommenen.
Gehler (25) berichtet über zwei Fälle von akuter Osteomyelitis der
Tibia, bei denen sich nach vor langer Zeit überstandenem akuten Stadium
Knochenabszesse entwickelt hatten. Zwischendurch waren mehrfach kleine
Hautabszesse mit Ausstossung von Sequestern aufgetreten. In dem einen
Fall entstand der Knochenabszess 40 Jahre nach dem akuten Einsetzen des
Prozesses.
T. Typhus, Tuberkulose, Aktinomykose.
Vage des (35) teilt einen Fall von periostitischem , im Verlauf eines
Typhus entstandenen Abszess am Unterschenkel mit, in dessen Eiter nur
Bazillen gefunden wurden, deren Identität mit Typhusbazillen durch die
spezifischen Reaktionen festgestellt wurde. Der Abszess entstand 6 Wochen
nach Ausbruch der Erkrankung und zwar nach einem fieberfreien Intervall
unter erneuertem Auftreten von Fieber.
Vier Fälle von nach Typhus aufgetretenen Eiterungen teilt Stori (34a)
mit: Im 1. Falle handelte es sich um eine Strumitis, im 2. um eine Arthritis
des linken Ileosakralgelenkes, im 3. um eine Periostitis der Rippen und im
4. um eine Osteoperiostitis des linken Schienbeines. Aus den bakteriologischen
Untersuchungen und den an Tieren gemachten Experimenten ging hervor,
dass der Eberthsche Bacillus der pyogene Erreger war. Als klinisches Sym-
ptom von höchster W^ichtigkeit bei diesen Eiterungen gibt Verf. die Erschöpfung
des Nervensystems an. R* Giani.
204 Jahresbericht fQr Chirurgie. L Teil.
Eine Mitteilung aus der Klinik Dieulafoys (32) beschäftigt sich mit
den verschiedenen Formen der typhösen Osteomyelitis (Abszess, Exostose),
erwähnt einige selteneren Lokalisationen (Trochanter, Wirbelsäule) und be-
spricht die Schwierigkeit der Diagnose in gewissen Fällen.
D o r (33) behandelt in Form einer klinischen Vorlesung besonders vom
chemischen Standpunkt aus die Knochentuberkulose und ihre Pathogenese.
Heile (34) hat fünf tuberkulöse Knocheninfarkte histologisch UHter*
sucht und konnte in diesen nichts von embolischen Prozessen der Gefasse
nachweisen. Es fand Ersatz der üefässe durch tuberkulöses Grunulations-
gewebe, Umwandlung des Fettmarks in tuberkulöses Gewebe mit Arrosion
der Knochenbälkchen. Alle diese Befunde sprechen gegen einen primären
embolischen Verschluss der Arterie des betreffenden Gebietes und zugunsten
der von Orth angenommenen tuberkulösen Endarteriitis.
V. Bergmann (31) stellte einen jungen Mann vor mit einem Abszess
am Oberschenkel, das ganze Krankheitsbild schien die Annahme einer Osteo-
myelitis zu rechtfertigen. Er diagnostizierte Aktinomykose, die Inzision
bestätigte diese Annahme (chronischer Verlauf, Beginn nach Trauma mit
äusserer Wunde).
TL Osteomalacie.
Aus der Dissertation Masügers (38) ist zu entnehmen, dass die
Osteomalacie nach Aussagen von schweizerischen und einigen anderen Ärzten
aus Osteomalaciegegenden wohl infolge besserer hygienischer Verhältnisse an
Häufigkeit abnimmt.
Tashiros (39) histologische Untersuchungen an osteomalacischen
Knochen haben ergeben, dass bei Osteomalacie neben Halisterese auch eine
Neubildung von osteoidem Gewebe vorkommt, die Verf. als eine wesentliche
Teilerscheinung dieser Krankheit ansieht (osteoplastische Peri- und Endostitis).
YIL Akromegalie.
Über Akromegalie liegen einige kasuistische Mitteilungen englischer
Ärzte vor. Der Fall von Stevens (44) ist bemerkenswert durch den
schnellen Verlauf und der Kombination der akromegalischen mit Himdruck-
Symptomen, Tumor der Hypophysis, durch Autopsie bestätigt (Sarkom). Im
Falle Snells (43) bestanden Sehstörungen (Abnahme der Sehschärfe, bitem-
porale Hemianopsie). Nach Darreichung von Thyreoidextrakt besserte sich
die Sehschärfe. Der Fall Cattles (40) mit chronischem Verlauf bietet wenig
Bemerkenswertes.
TIU. Rhachitis.
Pfaundler (49) hat die Kalkadsorption der animaien Gewebe zum
Gegenstande seiner Untersuchungen gemacht. Dabei ergab sich, dass ver-
gleichende Untersuchungen an normalen und künstlich kalkarm gemachten
tierischen Geweben eine höhere Kalkadsorption der letzteren erkennen liessen.
Weitere Experimente stellten fest, dass bei Vergleichung normaler und rhachi-
tischer Gewebe die Fähigkeit der Kalkadsorption bei den letzteren zum
mindesten nicht vermindert ist. Daraus geht hervor , dass die Annahme , es
könne ein der menschlichen Rhachitis analoges Krankheitsbild bei Tieren
durch kalkarme Fütterung erzeugt werden, unrichtig ist. Die Auseinander-
setzungen des Verf. über die Pathogenese der Rhachitis (ausbleibende Ver-
Hueter, Die Erkrankungen der Knochen. 205
kalknng des osteoiden Gewebes durch Hemmung hydrolytischer Fermente)
müssen im Original nachgelesen werden.
Nach Pacchioni (48) sitzt der fundamentale Krankheitsprozess bei der
Rhschitis nicht im Knochen, sondern im Knorpel. Infolge mangelhafter und
abnormer Stoffwechselenergie wird im Knorpel weniger Fhosphorsäure und
Kalk aufgespeichert, als in der Norm, die reihenförmige Anordnung der
Knorpelzellen ist unvollkommen, durch Fehlen der präparatorischen Ver-
kalkungszone kann das anstossende Knochengewebe in unregelmässiger Weise
gegen den Knorpel vordringen. Nicht erklärt werden, wie Verf. selbst zugibt,
durch diese Anschauung die Resorptionsprozesse des knöchernen Gewebes
sowie das Auftreten der rhachitischen Veränderungen in den Knochen binde-
gewebigen Ursprungs.
Ein von ihm behandelter klinischer Fall gibt d'Auria (44a) Gelegenheit,
aidi über die Ätiologie und Behandlung der rhachitischen Diaphysenkrüm-
mnngen zu verbreiten. R. Giani.
Concetti (46) tritt unter Mitteilung einiger Fälle warm für die Phos-
phor-Therapie der Rhachitis ein, besonders schnell werden dadurch die ner-
vösen Symptome der Rhachitis (Laryngospasmus, Tetanie) gebessert, auch in
solchen Fällen, in denen Symptome von Seiten des Knochensystemes wenig
hervortreten.
Silberstein (50) liefert einen Beitrag zu der Frage, ob Rhachitis an-
geboren vorkommt. Bei einem im Alter von 5 Wochen zuerst beobachteten,
6 Monate alt verstorbenen Kinde wurde die klinische Diagnose auf Osteo-
genesis imperfecta gestellt. Die mikroskopische Untersuchung von Skelett-
teilen ergab jedoch das Vorhandensein echter Rhachitis, die nach Verfs. An-
nahme wahrscheinlich schon intrauterin bestanden hat. Ausserdem sprachen
einige Befunde an der Knochenknorpelgrenze für Chondrodystrophia hyper-
plastica.
Boinet und Stephan (45) berichten über den gleichzeitigen Befund
von Rhachitis tarda und multiplen Enchondromen bei einem 35 jährigen
Mann. Sie fanden Verkürzungen, Verkrümmungen, epiphysäre Auftreibungen
nnd multiple Enchondrome besonders an einer oberen Extremität. Letztere
waren im Anschluss an ein Trauma entstanden. Von Interesse ist ferner der
Befand einer nach Malleolarfraktur entstandenen knorpeligen Infiltration des
Calcaneus, die Verff. für einen gutartigen Prozess ansehen. Das späte Auf-
treten der Rhachitis und die parallel gehende Entwickelung der Enchondrome
haben nach den Verff. ihre gemeinsame Ursache in einer Entwickelungsstörung
des Skeletts. Überdies war dem Auftreten der Knochenverkrümmungen und
der epiphysären Anschwellungen eine schwere Infektionskrankheit (Variola)
vorausgegangen. Eine ähnliche Beobachtung von Poncet wird zum Vergleich
herangezogen.
IX. Knochenneubildung, Knoehenplombierung und Knoehenersatz.
Donati und Martini (52a) führten Experimente an Kaninchen aus, um
festzustellen, ob die Anwesenheit von mazeriertem, sterilisierten Knochen in
durch Ligatur ihrer Getässe tief veränderten Nieren, auf die heteroplastische
Ossifikation, wie solche schon Sacerdotti und Frattini in drei Fällen
nach dauernder Unterbrechung des Nierenkreislaufes beobachtet hatten, einen
günstigen Einfluss zu entfalten vermag, mit Rücksicht auf die Tatsache, dass
206 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
ein solcher bei Implantation von totem Knochen in normale, osteogener Eigen-
schaften ermangelnde Gewebe (Morpurgo nnd Martini) nicht beobachtet
wurde. Bei einer Reihe von Versuchen implantierten sie — nachdem sie
zuvor die Nierengefässe unterbunden und zwischen zwei Ligaturen durch-
schnitten hatten — eine Knochenscheibe in den hinteren Pol einer Niere.
Von acht so behandelten Kaninchen gaben nur drei den positiven Befund
von Knochen und Mark in der Niere. — Sie sahen, dass sich auf diese Weise,
wegen der stattfindenden Verkleinerung und Deformation des Organs, die
Menge und die Lokalisation des neugebildeten Knochens auch annähernd nicht
leicht feststellen Hess und nahmen deshalb in der Folge ihre Untersuchungen
an homologen Nieren vor. Nachdem sie mittelst dorsalen Einschnittes eine
Niere freigelegt und die Ligatur und Rezision der Hilusgefasse bewerkstelligt
hatten, führten sie durch eine in die Kapsel gelegte Öffnung eine sterilisierte
Knochenplatte ins Parenchym ein. An anderen Kaninchen unterbanden und
durchschnitten sie nur die Hilusgefasse der homologen Niere. Diese Experi-
mente nahmen sie an acht Paar Kaninchen vor, die sie nach 50—194 Tagen
opferten. In allen Nieren, zwei vereiterte ausgenommen, trafen sie in ver-
schiedener Portion Knochen (und Mark) an, der in den Nieren, in welche
Knochen implantiert worden war, weder bezüglich der Menge, noch bezüglich
der Lokalisation mit der Knochenscheibe in Beziehung stand. Die Nieren
erschienen deformiert, verkleinert, von härterer, manchmal von steinharter
Konsistenz. Beim Schnitt waren sie resistent und gaben manchmal ein knir-
schendes Geräusch, besonders in den Kalk- oder Knochenablagerungen ber*
genden zentralen Teilen. Bei der mikroskopischen Untersuchung erschienen
die Nieren mehr oder weniger mortifiziert und hier und da mit Kalksalzen
infiltriert. Die Knochenneubildung kommt unterhalb des Epithels der Nieren-
beckenschleimhaut und der Papille zustande und scheint von den Kalkablage-
rungen in der Mark- und Rindensubstanz nicht beeinflusst zu werden. In
zwei Fällen wurden Kerne von hyalinem Knorpel beobachtet, der direkt in
Knochen überging, während er auf einer Seite manchmal einem Bindegewebe
mit homogener, hyaliner oder muköser Grundsubstanz angrenzte. — Das
Mark zeigt in verschiedenen Entwickelungsstadien Übergangsstufen vom em-
bryonal aussehenden zum gut konstituierten Mark.
Die Verff. gelangen zu folgenden Schlüssen :
1. Die Implantation von toten Knochen in Nieren von Kaninchen, in
denen durch Ligatur der Nierengefässe zuerst ein mehr oder weniger voll-
ständiger nekrotischer Prozess und Verkalkung, dann Bindegewebsneubildung
hervorgerufen wurden, begünstigt die Knochenneubildung nicht.
2. Die experimentelle heteroplastische Reproduktion von Knochen und
Mark kommt, wenn keine Eiterung hinzutritt, stets regelmässig zustande ; die
Knochenbildung erfolgt durch Metaplasie des Bindegewebes und Osteoblasten-
apposition, die Markbildung, wie es scheint, ebenfalls durch Bindegewebs-
metaplasie.
3. Die heteroplastische Ossifikation, die verhältnismässig bald (nach 50
Tagen) ihren Anfang nimmt und lange fortdauert (bis zu 194 Tagen), kommt
unterhalb des Epithels der Nierenbeckenschleimhaut oder in Zonen von, offen-
bar aus diesem letzteren gewuchertem, geschichteten Pflasterepithel zustande
und scheint von den Kalkablagerungen nicht beeinflusst zu werden.
R. Giani.
Hueter, Die ErkrankuDgen der Knochen. 207
Zoppi (55b) nahm seine Experimente in der Weise vor, dass er bei aus-
gewachsenen Kaninchen ins rechte Schienbein, dort wo die Narbe des inter-
epiphysären Knorpels besteht, von einem frisch getöteten jungen Kaninchen
entnommenen Knorpel implantierte. Er experimentierte in dieser Weise an
14 Tieren, die er nach verschieden langer Zeit (nach 10, 15, 20, 25, 30, 40
Tagen, resp. 3, 4, 5, 6 Monaten) tötete.
Die Stücke fixierte er in Müll er scher Flüssigkeit und entkalkte sie
dann in mit ö^/oiger^ HCl-Lösung versetzter gesättigter NaCl-Lösung. Die
mikroskopische Untersuchung tat dar, dass ein Anwachsen stattfindet, dass
aber der Knorpel allmählich durch Knochengewebe ersetzt wird und dass nach
einem Monat keine Spur mehr von ihm vorhanden ist. Diese Substitution
erfolgt durch Metaplasie. R. Giani.
Silbermark (55) teilt die Technik der an der Klinik v. Mosetigs
neuerdings geübten Plombierung von Knochenhöhlen mit. Die Plombenmasse
besteht aus Jodoform 60,0, Spermacet und Sesamöl ää 40,0. Zur Aufbe-
wahrung der sterilisierten Masse dient ein besonders konstruierter Behälter^
bestehend aus einem Doppelgefass mit übergreifendem Grlasdeckel. Durch
eine elektrisch betriebene Kreissäge wird in der Knochenhöhle gesunder Knochen
freigelegt. Von grosser Bedeutung ist peinlichste Austrocknung der Höhla
mit Heisslufttrockner. Die genaue Konstruktion der Apparate muss im Ori-
ginal nachgesehen werden.
Damianos (52) berichtet über die Technik der Knochenplombierung
mit der v. Mosetigschen Jodoformplombe und über ihre Anwendimg bei
nach akuter Osteomyelitis zurückbleibenden Knochenhöhlen. Nach Ausmeisse-
lang der Knochenhöhle im gesunden, Austrocknung derselben durch warmen
oder kalten Luftstrom, sodann exakte Blutstillung nötigenfalls durch Anwen-
dung einer Wasserstoffsuperoxyd- oder einer Adrenalinlösung, falls die Ope-
ration nicht unter Blutleere stattfinden kann, sodann Eingiessen der sterili-
sierten verflüssigten Plombenmasse (siehe Silber mark). Letztere kann in
einem Thermophor längere Zeit flüssig gehalten werden. Eine geringe Imbi-
bition der umgebenden Weichteile mit Plombenmasse schadet nicht. Schluss
der Weichteilwunde durch Nähte , eventuell mit Drainage , am besten unter
Anwendung eines Hautperiostlappens nach v. Mosetig, wobei die Nahtlinio
nicht direkt über die Plombe zu liegen kommt. Nach Verf. soll die Methode
schon in 150 Fällen ausgezeichnete Resultate gegeben haben, niemals trat
Sekretretention und Ausstossung der Plombe ein. Der Heilungsprozess, Sub-
stitution der Plombe durch Granulationsgewebe, lässt sich im Röntgenbilde
verfolgen. Die Einheilung der Plombe vollzieht sich auch dann, wenn ein
vollständiger Schluss der Weichteilwunde nicht möglich ist und ein Teil der
Plombe frei zutage liegt, die Sekretion der Wunde ist äusserst gering. Einige
Krankengeschichten illustrieren die Anwendung des Verfahrens bei der akuten
Osteomyelitis, das in gewissen Fällen sogar bei der frühzeitigen Radikal-
operation indiziert ist. Den Schluss bilden technische Bemerkungen über das
operative Verfahren bei Osteomyelitis am unteren Femurende und an der
Tibia, zugleich unter Mitteilung einiger Fälle, in denen mit gutem Erfolg die
Plombierung vorgenommen wurde.
Fantino und Valan (53) machen Mitteilung über die von ihnen geübte
Technik zur Ausfüllung von nach Operation zurückbleibenden Knochenhöhlen..
Anschüessend an die von Barth und Valan gewonnenen Resultate ihrer
Experimente mit Knochentransplantation benutzen sie kalzinierten Knochen,.
208 Jahresbericht f&r Chimrgie. I. Teil.
teils in Stücken, teils fein gepulvert und zu gleichen Teilen mit Thymol-Jodo-
form (1 : 2). Letztere Plombenmasse , bei 60 *^ erhärtend , wurde auch mit
kalzinierten Knochenstücken zugleich als Füllmaterial für knöcherne Hohl-
räume verwendet (mauerartige Kombination). Die Desinfektion der knöchernen
Wände geschieht durch Eingiessen von Jodoformglyzerin, das durch den
Thermokauter zum Sieden gebracht wird. Bei zweifelhafter Asepsis (Osteo-
myelitis) wird der Inhalt der Höhle bakteriologisch untersucht, nach Nekro-
tomie nicht vor dem vierten Tag, und die Desinfektion eventuell auf die an-
gegebene Weise erneuert. Dies Verfahren ist bei totalen und subperiostalen
Resektionen nicht anwendbar, hier empfehlen die Verff. Desinfektion mit
Sublimat oder Dampf (Atmokausis) , eventuell mit der Plombierung voraus-
gehender bakteriologischer Untersuchung. Naht der Weichteile nach der
Plombierung empfehlen die Verff. nur bei tadelloser Asepsis derselben. Das
Transplantationsgebiet, zum mindesten die Hälfte des Wandumfanges der zu
plombierenden Höhle, muss osteogene Eigenschaften haben. Epiphysäre Herde
bieten die günstigsten Bedingungen für die Einheilung der Plombe. Schlechte
Resultate erhielten die Verff. bei alten kachektischen Kranken und femer
bei Knochenhöhlen alter osteomyelitischer Herde mit sklerosierter, gefassarmer
Umgebung. Die Krankengeschichten mit günstigen und ungünstigen Operations-
resultaten sind kurz angegeben.
Nach kurzer Anführung der vielen seit Ol Her von verschiedenen For-
schem angeführten Experimente über die Knochenimplantation und der herr-
schenden Anschauungen über den Gegenstand und nach ausführlicher Beschrei-
bung der bei solchen Operationen zu befolgenden Technik und des zu ver-
wendenden Materials, teilen Val an undFantino (55a) die in 30 Fällen von
Osteomyelitis von ihnen erhaltenen (in 25 Fällen) günstigen und (in 5 Fällen)
ungünstigen Resultate mit. Sie gelangen zu folgenden Schlüssen:
1. Die Implantation von anorganischer Knochensubstanz in osteogenes
Gewebe ist von Knochenneubildung gefolgt, die, die Kalksalze sich zu nutze
ziehend, jeden Substanzverlust am Skelett repariert.
2. Das Terrain, auf welchem eine solche Implantation vorgenommen
wird, muss, wenigstens zum Teil, aus osteogenem Gewebe bestehen.
3. Kalzinierter Knochen ist das geeignetste Material zur Implantation.
4. Sonst bietet gute Dienste auch ein aus Knochenasche, unter Bei-
mischung von Thymol und Jodoform (1 : 2) bereitetes Material.
5. Die Tegumente sind zu vernähen, wenn gesund.
6. Vollkommen trockene Verbände.
7. Der Substitutionsprozess der implantierten Masse vollzieht sich, je
nach der zu deckenden Lücke, innerhalb 3 — 8 Monaten. R. Giani.
Foederl (54) empfiehlt als heteroplastischen Ersatz für Knochen- und
Knorpeldefekte Zelluloid in Form von siebförmig durchlöcherten Platten. Die
Fixierung der Platten soll durch Durchwachsung mit Bindegewebe gewähr-
leistet werden. Derartige Platten hat Verf. zum Ersatz des Nasengerüstes
bei Rhinoplastik, ferner zur Deckung von Trachealdefekten und als Prothesen
nach ünterkieferresektionen erfolgreich angewandt. Die Zelluloidplatten heilten
reaktionslos ein, wenn auch in dem einen Falle die zur Stütze des resezierten
Unterkiefers eingefügte Zelluloidprothese wegen Sarkomrezidiv nachträglich
wieder entfernt werden musste.
flaeter, Die Erkrankungen der Knochen. 209
X. Tumoren.
In der Diskussion zu dem Vortrage von Bergmanns (57) über die
Diagnose von Knochengeschwülsten durch Röntgenstrahlen wird von verschie-
denen Seiten auf die Schwierigkeit der Diagnose und der Unterscheidung
benigner und maligner Tumoren unter Mitteilung einschlägiger Fälle hinge-
wiesen. Auch die Differentialdiagnose zwischen Tuberkulose und Tumor kann
unter Umstanden im Röntgenbilde schwierig sein. Helbing betont besonders
die Schwierigkeit der Diagnose bei zentral gelegenen zystischen Bildungen der
Knochen und ihre Unterscheidung von malignen Tumoren. König weist auf
die Diagnose gewisser Knochengeschwülste mit infiltrativem Wachstum und
Erhaltung der Knochenarchitektur hin, die im Röntgenbilde schwer erkennbar
sind. Nach ihm überwiegen die zentralen Sarkome erheblich die peripheren.
Villemin (66). Kurze Mitteilung dreier Fälle von multiplen Exostosen
mit genauer Angabe des Sitzes.
Cramer (59) beschreibt einen Fall von multiplen kartilaginären Exo-
stosen bei einem 21jährigen Mann, in dessen Familie schon Knochenauswüchse
beobachtet waren. Es waren Wachstumsstörungen, Verkrümmungen und Be-
schränkung der Gelenk tunktionen aufgetreten. Die Befunde werden durch
die beigefügten Radiogramme gut illustriert. Cramer nimmt mit Hoffa
an, dass die multiple Exostosenbildung mit dem Verschwinden der Epiphjsen-
fugen Hand in Hand geht.
Grünfeld (60) und Kienböck (62) stellten in Wien je einen Fall
von multiplen kartilaginären Exostosen vor. Von beiden ist der Röntgen-
befdnd von Interesse. Im Falle Grünfelds erschienen die Epiphysenfugen
der langen Röhrenknochen abnorm gestaltet, sie verliefen zackig oder wellig,
an den Knochen der Hände fiel eine Rarefikation der Spongiosabälkchen auf.
Kienböck weist an der Hand seiner Radiogramme darauf hin, dass die
Exostosen im Röntgenbild meist kleiner erscheinen, als man nach dem palpa-
torischen Befund erwarten sollte. Als einen typischen Befund erwähnt er
femer kolbige Auftreibungen der vom proximalen Ende der Exostose distal
gelegenen Teile der langen Röhrenknochen, deren Spongiosa erheblich poro-
tisch verändert war. Eine bedeutende Poröse mit fast völligem Schwund der
Compacta fand Verf. überdies an den vollkommen von Exostosen frei ge-
bliebenen Fussknochen. Der 21 jährige Pat. hatte etwa 60— 80 Exostosen an
den verschiedensten Stellen des Körpers.
Kienböck (63) berichtet über neun Fälle mit multiplen kartilaginären
Exostosen, deren radiographische und klinische Befunde genau beschrieben
werden. Nach allgemeinen Mitteilungen über die Technik und die radio-
graphischen Befunde folgen Bemerkungen über die speziellen typischen LokaU-
sationen, sowie über die Verkrünunungen und Störungen des Längenwachstums.
Besonders bemerkenswert sind die Mitteilungen des Verf. über die diffusen
Knochenverdickungen an den mit Exostose behafteten Regionen, die nach
seinen Untersuchungen in der Regel mit Strukturveränderungen der Knochen
einhergehen, die Corticalis ist verdünnt, das Spongiosagerüst weitmaschiger
als in der Norm, an Stelle von Verdickungen des ganzen Querschnitts finden
sich zuweilen nur leistenförmige Ausbauchungen. Von Interesse sind ferner
die Befunde von Spongiosaverdichtungen, die in Form multipler dunkler
Schattenstreifen auftreten, die die Stellen der Epiphysenzonen zu verschiedenen
Zeitpunkten markieren und sich zugleich an den Knochen beider Extremitäten
J»lire8b«ridit Ar Chirurgie 1908. 14
210 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
vorfinden. Sie erklären sich durch Proliferationsstörungen des Knorpels, die
zu Hemmungen des Wachstums geführt haben. Seltener ist statt Auftreibung
der Knochen Verschmälerung des Querschnitts vorhanden. Auch der un-
regelmässige wellig-zackige Verlauf der Epiphysenlinien spricht zugunsten
von Wachstumsstörungen. Im Gegensatz zu Hoffa konnte sich Verf. von
einem frühzeitigen Abschluss der Ossifikation bei den mit Exostosen behafteten
Personen nicht überzeugen. Die Befunde des Verf. haben ihn veranlasst, bei
multiplen kartilaginären Exostosen eine schwere Wachstumsstörung des Skeletts^
eine chondrale Dysplasie anzunehmen, wofür er die Bezeichnung „Exostosen-
dysplasie^ vorschlägt. Weiterhin werden die Beziehungen der Exostosendysplasie
zu andern Knochenaffektionen besprochen (Ecchondrosen, Enchodrome, maligne
Tumoren, Myositis ossificans progressiva, partieller Riesenwuchs). Die bei
progressiver ossifizierender Myositis beobachteten knöchernen Auswüchse halt
Verf. für periostitische Neubildungen, die von den multiplen kartilaginären
Exostosen zu trennen sind. Mit letzterer Erkrankung haben femer Rhachitis,
hereditäre Lues und Tuberkulose nichts zu schaffen. Den Schluss der
sehr umfangreichen Abhandlung bilden Erörterungen über die Diagnose und
Differentialdiagnose.
Lippert (64) berichtet über sechs Fälle von multiplen kartilaginären
Exostosen, von denen fünf einer Familie entstammen, wobei er die in jedem
Fall vorhandenen Wachstumsstörungen genauer beschreibt. Für die typische
Deformität an den Unterarmen und Handgelenken ist die Verkürzung in erster
Linie massgebend, ausserdem kommen nach Verf. noch andere Momente hier-
für in Betracht, der elastische Zug der Muskeln und äussere Druckkräfte»
welche von der Hand auf den Arm übertragen werden. Lipp er ts Befund von
Exostosen und Verkürzung an Knochen, deren Epiphysenfugen noch knorpelig
sind, widerspricht der Anschauung Hoffas, welcher eine frühzeitige Ver-
knöcherung der Epiphysenknorpel für die Exostosenbildung verantwortlich
gemacht hat.
Riethus (65) teilt zwei Fälle von Exostosis bursata mit. In beiden
handelte es sich um die Bildung eines Schleimbeutels zwischen Exostose und
einem abgesprengten Fragment derselben. Ein 16jähriger, mit multiplen
Exostosen behafteter junger Mann hatte nach einem Trauma eine etwa
hühnereigrosse Anschwellung am Knie wahrgenommen, zwei Monate später
förderte die Inzision vier grössere und ca. 200 kleinere Knorpelkörper aus
einer um die Basis einer Exostose am medianen Condylus der Tiba sitzenden Zyste
zutage. Verf. erklärt die Pathogenese des Prozesses durch die Annahme, dass die
abgebrochene Exostose infolge fortwährender mechanischer Insulte nicht heilte^
es bildete sich eine Pseudarthrose und durch Wucherung des an der Brost-
fläche freiliegenden Knorpels entstanden Ecchondrome und eine bindegewebige
Kapsel mit serösem Inhalt. Er wendet sich besonders gegen die Auffassung,
als könne es sich in diesem Falle um eine versprengte Gelenkanlage oder
einen abgeschnürten Recessus des Kniegelenks handeln. Im zweiten Fall war
nach Annahme des Verf. ein Schleimbeutel zwischen Exostose und einem
abgesprengten Knorpelstück vorhanden.
Beck (56) beschreibt einen neuen Fall von einer nach Trauma ent-
standenen Knochenzyste im oberen Drittel der Tibia. Im Skiagramm ein
völlig durchscheinender, oval gestalteter, von kartenblattdicker Corticalis
scharf und regelmässig begrenzter Hohlraum zu sehen. Epiphysenlinien
normal. Die Operation bestätigte die Diagnose. Inhalt sanguinolent, die
Hneter, Die Erkrankungen der Knochen. 211
glatten Wände von Bindegewebe ausgekleidet. Die mikroskopische Unter-
sachung ergibt Umwandlung der Knochensubstanz in fibröses Gewebe. Ver-
kleinerung der Höhle durch Zusammenpressen der Wände, Heilung in drei
Monaten. Beck hält die Knochenzyste pathogenetisch für das Produkt einer
umschriebenen entzündlichen Knochenatrophie, die der Rhachitis nahe ver-
wandt ist. Deshalb findet sich die Knochenzyste meist in jugendlichem Alter.
In differentialdiagnostischer Hinsicht macht er anknüpfend an frühere Publika-
tionen über denselben Gegenstand darauf aufmerksam, dass absolute Transparenz
der Höhle, regelmässige und parallele Konturen der begrenzenden Corticalis
die echte Enochenzyste von andern zystischen Bildungen der Knochen, besonders
von Erweichungshöhlen maligner Tumoren unterscheiden.
Heineke (61) beschreibt einen Fall von multiplen Knochenzysten bei
einer 26jährigen Arbeiterin, die an heftigen rheumatischen Schmerzen litt
und bei der im Anschluss an eine Spontanfraktur des Oberschenkels eine
Zyste an der Bruchstelle und weiterhin noch eine grössere Anzahl von
Knochenzysten durch Röntgenuntersuchung festgestellt wurde (im andern
Femur, Hnmerus, Tibia, Beckenschaufel, Grundphalanx der grossen Zehe). Die
radiographischen Befunde werden genau mitgeteilt. Bei Inzision auf die
Frakturst^lle zeigte sich ein hühnereigrosser, glattwandiger Hohlraum mit
bräunlichem, klarem Inhalt, begrenzt von einer dünnen morschen Knochen-
schale. Die mikroskopische Untersuchung eines Stückes der letzteren ergab
eine dünne Schicht zarter, fast kalkloser Knochenbälkchen, zwischen denen
Züge kemarmen Bindegewebes verlaufen, die Knochenschicht wird beiderseits
Yon Schichten kernarmen Bindegewebes begrenzt, keine Spur von Knorpel.
Die Zysten waren durchaus unregelmässig lokalisiert (Mitte und Ende der
Diaphysen, Corticalis und Markraum), die Epiphysen waren frei. Die Zysten
enthaltenden Knochen zeigten keine Auftreibungen, das Knochengewebe war
nicht abnorm biegsam. Bemerkenswert ist schliesslich noch eine hochgradige
Atrophie aller, auch der zystenfreien Knochen. In ätiologischer Beziehung
kommt Verf. nach Ausschluss erweichter Enchondrome und Sarkome, sowie
TOn Osteomalacie, zu der Anschauung, dass der die Zystenbildung verursachende
Prozess wahrscheinlich der Ostitis deformans nahe steht.
Vogel (67) berichtet über einen durch Resektion geheilten FaD von
Randzellensarkom an der Schulter. Es handelt sich um ein Rezidiv bei einem
34jährigen Manne, bei dem vor zwei Jahren Clavicula, Scapula und das
Gelenkende des Humerus wegen Sarkom, ausgegangen von dem letzteren,
reseziert worden waren. Es wurden von neuem zugleich mit Exstirpation
der faustgrossen Geschwulst Scapula, Clavicula und der Humerus bis auf die
untersten 3 cm reseziert. Prompte Heilung, nach vier Jahren rezidivfrei,
keine Metastasierung. Vogel plädiert dafür, nach dem Vorschlag von
Mikulicz in geeignet erscheinenden Fällen, besonders bei Sitz der Geschwulst
nahe am Becken- und Schultergürtel, die Resektion an Stelle der Exartikulation
zu versuchen.
14*
212 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
XV.
Erkrankungen der Gelenke.
Referent: K. Baxtholdy, Wiesbaden
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
I. Allgemeines.
1. MalljetRichon, Gontribution ä Tötude du traitement des affectiona articolaires
traumatiques. Archives g^n^rales 1903. Nr. 39.
2. Maller, Zar funktionellen Anpassung mit Knochenplastik. Chirurgen-Kongress 19Q3.
Zentralblatt für Chirurgie 1903.
3 *Gluck, Über Arthroplastik. BerUn 1903.
4. Stolper, The more frequent diseases of the joints, theier etiologj and treatment^
with report of cases. Medical News 1903. Nr. 10.
5. Eing^Missing links in Joint disease. Bristol medico - chirurgical Journal 1903. Jone.
6. * Gossner, Über Geräusche von Gelenken nebst einigen therapeutischen Bemerkungeo.
Deutsche militärftrztl. Zeitschrift 190:^. Dez. 11.
Für die funktionellen Störungen nach traumatischen Erkrankungen der
(Grelenke empfehlen Mally und Richon (1) frühzeitige Mobilisation und
Massage der Gelenke, wie dies Lucas-Championniere früher schon be-
sonders dringend, aber ohne spezielle Indikationsstellung vorgeschlagen. Sie
weisen auf die bei jeder Gelenkerkrankung in Erscheinung tretende Betei-
ligung des dem Gelenke zugehörigen spinalen Abschnittes hin, die in der
reflektorischen Muskelatrophie in Erscheinung tritt. Bestehen keine spasti-
schen Erscheinungen als Zeichen der reflektorischen Erkrankung, wie erhöhte
mechanische Reizbarkeit der Muskeln, Erhöhung der Sehnenreflexe, schmerz-
hafte Kontraktionen, so ist Mobilisation und Massage der Gelenke indiziert,
sowie elektrische Behandlung der Muskeln. Besteht aber spastischer Zustand,
so ist Massage und Mobilisation kontraindiziert und statische Elektrizität
indiziert.
An einem 2V2 Jahre nach der Müll er sehen Operation der Knochen-
plastik bei Spina ventosa gewonnenen Präparat zeigt Müller (2) die gute
Einheilung des Ersatzstückes, die merkwürdige Umwandlung in der Form zu
der des Fingerknochens und die innige Verwachsung mit dem seinerzeit er-
jaaltenen Epiphysenknorpel. Die ersetzte Phalanx ist gut mitgewachsen.
H. S toi per (4) stellt eine Reihe Fragen zum Thema der Gelenk-
erkrankungen. In der Erörterung betont er zunächst den Satz, dass die
Gelenke als ein Teil des Allgemeinkörpers sich an allen allgemeinen Körper-
störungen beteiligen können. Er berichtet über eine Reihe von Pnenmo-
kokkeneiterungen in Gelenken, bei denen er gute Erfolge von Sublimatinjek-
tion sah, ebenso wie bei tuberkulösen Gelenken. Er stellt die allgemeine
Forderung, dass, wenn bei einem Gelenk nach 48 Stunden Ruhe nicht die
Infiltration zurückgeht, operativ vorgegangen werden muss, um Knorpelver-
änderungen vorzubeugen. Er hält seine der Phelpschen Methode nach-
Bartholdy, Erkfankungen der Gelenke. 213
gebildeten Injektionen mit Sublimat und nachherigem Auswaschen mit Alkohol
für besser als jene. Die Gelenkerkrankungen teilt er ein in I. traumatische,
n. solche mit falschen Ausscheidungen (Gicht etc.), III. solche mit Keim-
infektionen (Tuberkulose, Lues, Gonorrhöe, Pneumonie), IV. solche auf ner-
TÖser Basis.
Die bei der Einteilung der sogenannten rheumatischen Gelenkkrank*
heiten in allen Schemata zutage tretenden Lücken zwischen den einzelnen
Klassen will King (5) dadurch überbrücken, dass er für alle Klassen die
Einwirkung von spezifischen Organismen annimmt. Es existieren im er-
krankten Körper die verschiedensten Formen eines und desselben Organismus
— daher die verschiedenen bakteriellen Befunde — , der entsprechend den
yerschiedensten Nährböden im Körper sich verschieden entwickelt und ver-
schieden wirkt, so dass z. B. auch durch eine Einwirkung des Rheumatismus-
giftes auf Nerven und Gehirn eine Erklärung für die nervösen rheumatischen
Erkrankungen zu geben wäre.
IL Erkrankungen der Gelenke bei akuten Infektionen.
1. Tashiro, Beitrag zur Kenntnis der histologischen Verftnderangen bei eitriger Gelenk-
enUflndiing. Zieglere Beitr&ge 1903. Bd. 34. Heft 3.
2. Craik, Arthritis as a complication of meaales. The Lancet 1903. Jan. 24.
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Press 1903. March 18.
5. ^Robinson and Fletscher» Fiye case ofpuralent pneamococcic arthritis in children.
The Lancet 1903. Aug. 1.
6. ^Alexander, Über tranmatische kryptogene Infektion und traumatische eitrige Gon-
arthritis. Diss. Manchen 1903.
An drei Fällen von Streptokokkenarthritis stellte Tashiro (1) nach
mikroskopischen Untersuchungen fest, dass zunächst nach der Infektion eine
eitrige Entzündung entsteht, bei welcher sich die entzündete Synovialmembran
und die Zotten, sowie die Knorpelstücke mit Eiter bedecken. Die Bakterien
Terbreiten sich über die ganze Gelenkfläche (sie können sich monatelang hier
erhalten und vermehren). In der ersten Woche der Erkrankung erleidet der
Knorpel degenerative Veränderungen in seinen oberflächlichen Schichten; die
Zellen gehen zugrunde anscheinend durch Streptokokken und deren Gifte;
es tritt Auffaserung des Knorpels ein. Leukocyten dringen in die Tiefe in
diesen Knorpel, erst in Masse, dann mehr vereinzelt, bisweilen so tief, dass
sie in sonst normalen Knorpelhöhlen neben normalen Knorpelzellen zu finden
sind. Auch Streptokokken dringen soweit ein. Der Zerfaserung und Zer-
klüftung des Knorpels folgt Zerfall und Auflösung; es kann der ganze Knorpel
verloren gehen. Vor diesen Zerstörungen kann eine subchondrale fibröse
Wucherung auftreten vom Endost aus; dies Gewebe wächst in den Knorpel,
80 dass Markräume und Gefässe und fibrinöse Gewebe entstehen im Knorpel,
eventuell mit Knochenbildung. Geht der Knorpel des Gelenkes ganz verloren,
so bildet sich eine weit in den angrenzenden Knochen reichende, vom Endost
ausgehende fibröse Wucherung. Das dem Granulationsgewebe naheliegende
Bindegewebe hat besonders starke Fähigkeiten Knochen zu bilden. Aus diesem
Bindegewebe kann sich auch Knorpel durch Metaplasie entwickeln.
Craik (2) bringt den seltenen Fall einer Arthritis bei Masern.
Eine Yerletzong ging der Erkrankung, welche das Kniegelenk betraf, nicht vorans.
Secha Tage vor Ausbrach des Masernezanthems begann leichtes Hinken. Erst einen Tag
214 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
nach dem Exanthemaasbrach wurde über starke Beschwerden im Knie geklagt. Es bestaDd
hier nur geringer Erguss, wenig Schwellung. Der Erguss nahm dauernd zu. 13 Tage nach
dem Exanthem wurde das Gelenk eröffnet und viel Flüssigkeit, wenig eitrig, entleert. Uoter
Drainage heilte das Gelenk gut aus.
Murr eil (3) sah bei einem 43 jährigen Manne in einem schweren An-
falle von Influenza multiple rheumatische Erkrankung fast aller mittleren
Gelenke auftreten; besonders stark waren das Handgelenk und Fussgelenk
befallen. Die Gelenke waren heiss, gerötet, hatten aber wenig Erguss. Die
Gelenke reagierten gut auf Salizyl. Im Anschluss an den Fall kommt noch
eine Pneumokokkenarthritis (Schulter, Handgelenk, Kniegelenk) mit Pneumo-
kokkennachweis in der Punktionsflüssigkeit zur Sprache.
Mtimmery (4) weist darauf hin, dass oft ganz geringe Verletzungen
oder Infektionsherde die Quelle metastatischer septischer Gelenkerkrankungen
sein können. So ging in einem Falle einer schweren Arthritis des Fuss-
gelenkes, welche Inzision, schliesslich Amputation nötig machte, die Infektion
von einer leichten Entzündung an einem Finger aus. Der Gelenkerkrankung
gingen weder ein Trauma des Gelenkes, noch pyämische Erscheinungen voraus.
Mummery empfiehlt die frühe Eröffnung der Gelenke, auch bei gonorrhoischer
Erkrankung. Im Anschluss an diesen Fall empfiehlt O^Conor auch bei
akuten Gelenkrheumatismen die Arthrotomie. Er verwendet keine anti-
septische Spülflüssigkeit, sondern nur Drainage mit Gaze, nicht mit Drains.
Das Gelenk wird nicht geschient, um durch die leichten Bewegungen die
Drainage zu unterstützen. Patient soll seitlich oder abschüssig liegen.
in. Chronische Gelenkerkrankungen.
(Gfaron. Gelenkrheumatismus, Arthritis deformans, Tuberkulose, Lues, €h>norrhoe, Gicht.)
1. Spitzy, Zur chronischen Arthritis der Kinder. Zeitschr. f. orthop&dische Chirurgie 1903.
Bd. XL Heft 4.
2. Pfeiffer, Multiple chronische Gelenkentzündungen im Kindesalter. Freie YereiDignog
der Chirurgen Berlins. Zentralblatt für Chirurgie 1903. Nr. 9.
8. Kachel, Untersuchungen über Polyarthritis Adhaesiva. Zieglers Beitr&ge 1903.
Bd. XXXIII. Heft 1 u. 2.
4. Elter, Weitere Beiträge zur Behandlung der Arthritis deformans, insbesondere der
kleineren Gelenke. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 66. Heft 5 u. 6.
5. *Weber, A case of the form of chronic Joint disease in children discribed by Still.
British medical Journal 1903. March 28.
6. *Painter and Eroing, Chronic villous arthritis, with special reference to its etiology
and pathology. Medical News 1903. Nov. 28.
7. W i e si n ge r , Hydrops intermittens. Heilung durch Jodoformglycerininjektion. Deutsche
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8. Schablowski, Die Veränderungen des Ejiorpels bei tuberkulöser Gelenkentzündung.
Archiv für klm. Chirurgie 1903. Bd. 71. Heft 3.
9. Ludloff, Zur Diagnostik der Knochen- und Gelenktuberkulose. Arohiv fQ.r klin.
Chirurgie 1903. Bd. 71. Heft 3.
10. Dor, La tuberculose articulaire. Gazette des höpitaux 1903. Nr. 71.
11. Zesas, Über die Behandlung der Gelenktuberkulose. Wiener med. Presse 1903. Nr. 32.
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Revue mensuelle des maladies de Tenfance 1903. Juni.
13. *P o n c e t et M a i 1 1 a n d , Rhumatisme tuberculeux. (Pseudorhumatisme d'origine bacil-
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14. '^'Hoffa, Die Behandlung der Gelenktuberkulose im kindlichen Lebensalter. Würz-
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16. *Sermi, SuU' osteo-tuberculosi a decosso acuto. Gazzetta medico di Koma 1903.
Bartholdy, Erkrankungen der Gelenke. 215
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18. Kienböck, Ober Knochen Veränderungen bei gonnorhoischer Arthritis and akuter
Knochenatropbie überhaupt. Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 8.
19. Nobl, Über blenorrhoische Synovialmetastasen. Wiener Klinik 1903. Nr. 5.
20. *Bennett, Abnormal deposits in the joints. Dublin Journal 1903. March.
21. ▼. Rindfleisch, Bildung und Rückbildung der Tophi arthritici. Physik.-med. Gesell-
schaft Wflrzburg. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 4.
22. Janssen, Zur Kenntnis der Arthritis chronica ankylopoetica. Grenzgebiete der
Medizin 1903. Bd. 12. Heft 5.
Die seltene und wenig beschriebene Arthritis chronica im Kindesalter
bespricht Spitzy (1) an der Hand 17 eigener Fälle. Er beleuchtet zunächst
den Begriff der Arthritis chronica von den verschiedensten bisher festgelegten
Standpunkten und stellt die Fälle der Literatur zusammen. Er gruppiert sie
dabei in folgende Gruppen:
I. Chronische Arthritis als Folgeerscheinungen des akuten Gelenkrheuma-
tismus. (Sekundärer chronischer Gelenkrheumatismus nach Pribram.)
n. Chronische Arthritis als Folgeerscheinung verschiedener Infektions-
krankheiten. (Chronischer Pseudorheumatismus oder Rheumatoide
nach Pribram.)
in. Die primäre chronische Arthritis.
Der letzten Gruppe gehören alle Fälle an, die mehr schleichend, ohne
akuten ersten Anfall mit langsam zunehmender Schwellung ev. Schmerzhaftig-
keit in einem oder mehreren Gelenken ohne fieberhafte rezidivähnliche An-
fälle stetig fortschreitend verlaufen, in ihrem Endbilde aber den Bildern der
schliesslichen Veränderung nach den früher genannten sekundären Formen
gleichen. Pathologisch-anatomisch findet sich in den fortgeschrittenen Fällen
neben Veränderung der Kapsel Zerstörung des Knorpels der Gelenke, Über-
gang des hyalinen Knorpels in Bindegewebsknorpel und Fasergewebe oder
direkter Übergang des hyalinen Knorpels in Bindegewebe. Auch das Knochen-
gewebe beteiligt sich in schweren Fällen, es treten regressive Veränderungen
ein, andererseits wächst in die Knorpelhöhle, die durch Erweichung ent-
standen, neuer Knochen hinein. Es kann das Bild der Arthritis deformans
entstehen. Therapeutisch soll die SaUzylsäure immer versucht werden. Im
schmerzhaften Anfangsstadium soll Ruhe, bald aber, beim Nachlassen der
Schmerzen, leichte aktive und passive Bewegung verwandt werden. Beginnende
chronische Veränderungen erfordern Massage und Wärmebehandlung, auch
Bier sehe Stauung. Die perniziösen Fälle trotzen aller Therapie und enden
letal; hier kommt vor allem Hebung des Allgemeinbefindens in Frage.
Pfeiffer (2) demonstriert einen Fall von primärer Arthritis chronica
ancylopoetica der Kinder. Dieser primäre chronische Gelenkrheumatismus
der Kinder beginnt fieberlos und allmählich in den kleinen Gelenken der Ex-
tremitäten und führt zur Ankylose oft sämtlicher Gelenke.
Kachel (3) gibt den insbesondere mikroskopisch genauen Befund von
zwei Fällen von Polyarthritis chronica adhaesiva. Der Prozess ist auf die
der Gelenkhöhle angrenzenden Teile der Gelenkenden beschränkt (Synovialis,
Knorpel- und subchondrale Spongiosa). Makroskopisch besteht massige Wuche-
rung der Synovialis, es findet sich keine wesentliche Verdickung der Zotten
oder Vermehrung derselben. Der Knorpel ist aufgefasert, zerklüftet, zum
Teil geschwunden, in anderen Gelenken wieder durch Bindegewebe ersetzt.
Wucherungserscheinungen am Knorpel und Knochen treten in den Hinter-
216 Jahresbericht fOr Gbinirgie. I. Teil.
grund. Die mikroskopische Untersuchung ergibt für den Knorpel im wesent-
lichen substituierende und metaplasierende Prozesse. Der Knorpel wird von
einem zell- und gefässreichen Bindegewebe über-, unter- und durchwachsen.
Hyaliner Knorpel geht zum Teil direkt in Bindegewebe über. Die binde-
gewebige Substitution geht von der Synovialis durch Wucherung aus.
Elter (4) gibt einen Überblick über die bisher bekannten Fälle von
operativer Behandlung der Arthritis deformans durch Resektion. Er berichtet
dann über acht Fälle operativer Behandlung der Arthritis deformans kleinerer
Gelenke (M ü 1 1 e r - Rostock). Dabei findet sich ein Fall von Arthritis de-
formans des Kiefergelenkes; zwei Fälle von Resektion der Fussgelenke sind
die einzigen bisher bekannten. In allen Fällen guter Erfolg.
Wie Singer (7) hat einen Hydrops intermittens des Kniegelenkes, der
seit fünf Jahren alle zehn Tage auftrat und aller interner Therapie (Chinin,
Arsen, Jodkalium), Einreibungen etc. getrotzt hatte, auf einmalige Injektion
von 10 ccm Jodoformglyzerin prompt verschwinden sehen. Die Injektion
erfolgte während des Anfalles, was Wiesinger als wichtig für die Ein-
wirkung des Präparates hält. Die Heilung hat bisher über fünf Monate
standgehalten.
Schablowski (8) spricht zur Streitfrage, ob bei tuberkulösen Gelenk-
entzündungen die Knorpelveränderungen regressiver oder progressiver Natur
sind. Im Knorpel erkrankter Gelenke sind spindelförmige Zellen bekannt,
die bald als umgewandelte Knorpelzellen, bald als Abkömmlinge des an den
Knorpel angrenzenden Granulationsgewebes aufgefasst worden sind. Schab-
lowski fand in einigen Präparaten einzig und allein spindelförmige Zellen
in den erweiterten Knorpelhöhlen in Fällen, bei denen auf Serienschnitten
überhaupt keine Zelleinwanderung zu konstatieren war. Damit ist bewiesen,
dass die spindelförmigen Zellen nicht von Granulationsgewebe abstammen
können. Nach der Oberfläche zu werden die spindelförmigen Zellen grösser,
die Knorpelhöhlen wachsen, bis schliesslich eine direkte Kommunikation mit
dem darüber liegenden Granulationsgewebe eintritt. ^Von diesem Momente
aber erfolgt rapide Vermehrung der Zellen innerhalb der Knochenhöhlen;
Fibroblasten, Leukocyten und Rundzellen dringen ein, kurz, Zellformen, die
sich in nichts unterscheiden von den Zellen des Granulationsgewebes. ^ Dar-
nach nimmt Schablowski an, dass neben verschiedensten regressiven Ver-
änderungen auch progressive Veränderungen im Knorpel vorkommen.
Ludloff (9) knüpft an seine Untersuchungen der normalen Epiphysen-
verhältnisse der Kniegelenke der Kinder im Röntgenbilde an. Er erinnert
an den Befund einer bei seitlicher Durchleuchtung in der vorderen Hälfte
der Kondylen bis zum Epicondylus reichenden durchsichtigen Stelle (Epi-
physenfleck). Bei Durchstrahlung von vorn erscheinen im zweiten Lebens-
jahr an der medialen Knochenknorpelgrenze des Condyl. medialis, im vierten
Lebensjahr auch am Condylus extemus lange Protuberanzen (gewöhnlich vier
übereinander). Von 47* Jahren ab sind diese verschwunden und nun findet
das Wachstum der Kondylen mit glatten Grenzen statt. Die Aufnahme einer
Reihe tuberkulöser Kniegelenke in entsprechendem Alter ergab:
1. Verminderung resp. Vernichtung der Protuberanzen.
2. Zapfenförmige Knochenbildung an der Unterfläche der Kondylen.
3. Vergrösserung der knöchernen oder verknöcherten Teile der Kondylen,
Patella, der Tibia und des Fibulakopfes (wie aufgeblasen).
L
Bartholdy, Erkrankangen der Gelenke. 217
4. Vergrösserung des Epiphysenfleckes und grössere Durchlässigkeit des-
selben für Röntgenstrahlen.
Bedingt sind alle die Erscheinungen durch das wechselnde Spiel zweier
Prozesse bei Entwickelung der Tuberkulose, Knochenzerstörung und Knochen-
neubildung.
Dor (10) gibt eine Zusammenstellung der Formen der synovialen Ge-
lenktuberknlosen. Die Synoyialtuberkulosen teilt er in drei Gruppen. Zu
der ersten zählt er die Synovialzysten oder Ganglien, zur zweiten die Reis-
körperbildungen und das Lipoma arborescens, zur dritten Gruppe die Fungus-
bildungen. Sie alle sind Proliferationsprodukte der Synovialis.
Bei der Behandlung der synovialen Form der Knie- und Handgelenks-
tnberkulosen jugendlicher Individuen empfiehlt Zesas (11) leichte Massage
von sachkundiger Hand. Er bespricht dann die übrigen bekannten Methoden
der Tuberkulosebehandlung.
Nach V. H ippel (17) sind die hereditär syphilitischen Gelenkerkrankungen
häufige Erkrankungen, die besonders von den Augenärzten häufig mitbeob-
achtet werden bei der Behandlung der Keratitis parenchymatosa luetica. Von
77 Fällen von Keratitis parenchymatosa bei hereditärer Lues zeigten 43
(:^ 56 o/o) Gelenkerkrankungen. 41 mal war das Kniegelenk befallen, 6 mal
mit Beteiligung anderer Gelenke ; 1 mal war das Ellenbogengelenk allein er-
krankt. Am häufigsten betrofifen war das Alter von 6 — 10 Jahren. Fast
immer ging die Gelenkerkrankung der Keratitis voraus.
Kienböck (18) hat eine Reihe gonorrhöischer Arthriti den radiographisch
untersucht. Der Schatten der Knochen in der Nähe der entzündlichen Ge-
lenke ist aufgehellt und die Konturen und Spongiosastrukturstriche sind ver-
schwommen, bedingt durch intensive Kalkresorption. In einem Falle trat die
Knochenerweichung bereits 6 Wochen nach der Erkrankung im Bilde sichtbar
aaf. In zwei Fällen (Ellenbogengelenk, Hüftgelenk) bestand keine Aufhellung
der Knochen, doch waren hier die Gelenkpfannen wesentlich verändert (ver-
tieft). Die Erklärung für die Knochenveränderung ist nicht in einer In-
aktivitätsatrophie zu suchen, auch nicht in einer eigentlichen Ostitis, sondern
anf nervöse Einflüsse zurückzuführen. Kienböck glaubt, den radiologischen
Nachweis frühzeitiger Knochenschattenauf heUung prognostisch ungünstig deuten
zu dürfen und empfiehlt den Nachweis als diagnostisches Mittel bei Verdacht
anf gonorrhöische Erkrankung und zur Leitung der Therapie: Vermeidung
langer Fixation der Gelenke bei deutlicher Knochenaufhellung, dafür Stauungs-
hyperämie nach Dumreicher-Bier.
An der Hand von 23 eigenen schweren Fällen bespricht Nobl (19) die
Klinik und Pathologie der gonorrhöischen Synovialerkrankungen. Sie betrafen
18 männliche, 5 weibliche Individuen im Alter von 4 — 50 Jahren. Es be-
standen hier komplikatorisohe Gelenks-, Sehnenscheiden- und Schleimbeutel-
erkranknngen , von Genitalgonorrhöe ausgehend. Es waren befallen 14 mal
das Kniegelenk, 7 mal das Handgelenk, je 3 mal Zehen- oder Fingergelenke,
3 mal das Stemoklavikulargelenk , je Imal das Hüft-, Kiefer-, Wirbel- und
AÜanto-epistropheus-Gelenk. Von Sehnenscheiden waren 6 mal die Streck-
sehnen am Handrücken und Fingern, 5 mal die Scheide der Extensoren des
Fosses und des Extens. digit. comm. long, befallen. Von Schleimbeuteln wurde
5 mal die Bursa achillea und Imal die synoviale Duplikatur des langen Biceps-
kopfes in Mitleidenschaft gezogen, unter 10 bakteriologischen Untersuchungen
der Exsudate gelang 3 mal der Nachweis der Gonokokken, 2 mal von gewöhn-
218 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
liehen Eitererregern, 5 mal blieben die Nährmedien steril. Bei 3 Versuchen
gelang es 1 mal, aus dem strömenden Blute Gonokokken zu züchten. Zu er-
wähnen ist die Ophthalmoblenorrhöe der Neugeborenen als Eingangspforte für
metastatische Synovialerkrankungen, von denen in der Literatur 23 bekannt
sind. Als Weg der metastatischen Ansiedelung ist das Blut anzunehmen. Die
Lokalisation gonorrhöischer Gelenkerkrankungen ist ebenso häufig monarti-
kulär wie polyartikulär.
In einem exstirpierten Tophus fand v. Rindfleisch (21) ein Depot
von kristallinischer Harnsäure und Urate von bindegewebiger Neubildung
umwachsen und durchwachsen. Neben Nekrobiose des Bindegewebes im Innern
fanden sich RieseuÄellen, welche Harnsäurekristalle umwachsen und einschliessen
und so vertilgen. Es besteht also eine spezielle Wirkung der Risenzellen im
Sinne einer Rückbildung.
lY. Sonstige Erkrankungen.
(Arthropathien, Tumoren, Hämophilie, GelenkkOrper.)
1. Adrian, Über Arthropathia psoriatica. Mitteilungen ans den Grenzgebieten 1903.
Bd. X. Heft
2. Brissaud, Arthropathies Syringom jeliques. Archives gön^rales 1903, Nr. 52.
3. Schnitze, Über Knochen- nnd Grelenkveränderongen bei Syringomyelie. Dias. Frei-
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4. Grelck, Über Arthropathie bei Tabes. Diss. Kiel 1903.
5. Roger et Garnier, Osteoarthropathies mötatraumatiques. La presse m^dical 1903.
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June.
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12. Delbet, Corps ^tranger articulaire d'origine traumatique. Bulletins et mömoiree de
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13. Boerner, Klinische und pathologisch-anatomische Beiträge zur Lehre von den Gelenk-
mflusen. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 3 n. 4.
14. Müller, Zur Frage der Osteochondritis dissecans. Chirurgen- Kon gress Berlin 1903.
Zentrallblatt 1903.
15. *Oentgen, Über Gelenkmftuse. Diss. 1903.
Adrian (1) gibt eine ausführliche Arbeit über Gelenkerkrankungen bei
Psoriasis, welche bisher von den Chirurgen nicht berücksichtigt worden sind,
während sie den Dermatologen und inneren Klinikern schon lange bekannt
sind. Er berichtet folgenden Fall:
Vor 25 Jahren begannen bei dem Patienten Schmerzen in den Beinen aufzutreten. Die
Kniegelenke und ein Fussgelenk schwollen au. Die Schmerzen waren kontinuierlich; es
bestand kein Fieber. Schwellung und Schmerzhaftigkeit gingen nie ganz zurück. In den
nftchsten Jahren erkrankten auch die Fingergelenke und die übrigen Gelenke der oberen
Extremitäten. Seit 16 Jahren werden die Finger krümmer, sie schrumpfen zosammen;
auch die grosse Zehe wurde stummeiförmig. Unter Nachlassen der Schmerzen und der ent-
zündlichen Erscheinungen an den Gelenken trat vor 13 Jahren ausgedehnte Psoriasis auf.
Bartholdy, Erkrankangen der Gelenke. 219
Zugleich mit den Gelenkerscheinungen sollen nervöse Erscheinungen aufgetreten sein. Der
Befand ergab ausgedehnte Psoriasis (Kniee, Ellenbogen, Unterschenkel); keine Ödeme.
Patient, der wegen Blasenkarzinom in die chirurgische Klinik (Strassburg) kam, zeigte
keine anderen Erkrankungen mehr. Die Motilität (abgesehen von der der Finger- und
Zehengelenke), sowie die Sensibilität war normal, die Patellarreflexe lebhaft. Es bestehen
Dar an Händen und FOssen Gelenkveränderungen, alle flbrigen Gelenke sind frei. Die
Fingerglieder sind verstflmmelt und verkürzt; die Finger sind zum Teil seitlich verkrümmt
und stehen sämtlich in Hypereztension im Mittelgelenk und leicht flektiert im Grund- und
im Endgelenk. Die Muskeln beider Hypothenargegenden sind atrophisch. Beide. Hände
zeigen reiche Faltenbildung der Haut. Weder im Handgelenk, noch in Fingergelenken, mit
Ausnahme von zwei Metakarpo-phalangealgelenken , besteht Krepitation. In den Mittel-
gelenken der Finger (2— &) ist Subluxation eingetreten; hier ist die Bewegung beschränkt
Andere Gelenke sind zum Teil nur in Bewegung beschränkt, zum Teil ganz ankylotisch.
Ähnliche Erscheinungen bestehen an den Füssen; hier wiegen atrophische Prozesse vor,
▼ährend an der Hand hypertrophische und atrophische Prozesse nebeneinander bestehen.
{Röntgenbilder.)
Adrian fand in der Literatur nur 93 Fälle von Athropathia psoriatica.
Gelenkerkrankungen sollen nach Wolff in 2 bis 5®/o der Psoriasisfälle vor-
kommen. Meist tritt die Erkrankung der Gelenke erst nach jahrelangem
Verlaufe der Psoriasis auf, kann aber zu allen Zeiten eintreten, auch prodromal.
Das Alter von 41 bis 45 Jahren ist bevorzugt, im Geschlecht das männliche.
Neben den grossen Gelenken und den kleinen Extremitätengelenken können
anch Kiefergelenk und Sternoklavikulargelenk befallen werden. Das Freibleiben
der Daumengelenke ist häufig, wie auch im vorliegenden Falle nur geringe
Beteiligung der Daumengelenke zu finden war. Im chronischen Stadium der
Krankheit besteht grosse Ähnlichkeit mit der Arthritis deformans. Verf. neigt
der Ansicht zu, dass für die Athropathia psoriatica sowie für die Psoriasis
überhaupt, eine Erkrankung des Nervensystems anzunehmen ist. Es wird
dann noch ein Überblick über die differentialdiagnostisch wichtigen ähnlichen
Krankheiten gegeben. Die wenig vorhandenen pathologisch -anatomischen
Untersuchungen sprechen dafür, dass der Beginn der Krankheit von der
Gelenkkapsel ausgeht.
Brissaud (2) berichtet einen Fall ausgedehnter Erkrankung beider
Kniegelenke uud des linken Schultergelenkes bei Syringomyelie. Der linke
Femur steht luxiert, dabei empfindet Patient keine Schmerzen bei Benutzung
des Beines. Als Zeichen für Syringomyelie bestand sonst nur Fussklonus,
lokalisierter Schweiss, Polyurie und Testikelschmerz.
Schnitze (3) konnte eine Erkrankung des Fusses bei Syringomyelie
am amputierten Gliede genauer studieren. Die Erkrankung hat sich wahr-
scheinlich im Anschluss an ein Trauma der Wirbelsäule entwickelt. Die
mikroskopische Untersuchung ergab neben ausgedehnter Knochenresorption
eine reichliche Neubildung von Knochen und Knorpelgewebe in der Nähe
imd in weiterer Umgebung der Gelenke, von Periost und von Endost aus-
gehend. Das Knochenmark ist in fibröses Gewebe umgewandelt (Osteomyelitis
fibrosa), dabei besteht Knochenneubildung in ihm (Osteomyelitis ossificans).
In den Gelenkknorpeln finden sich atrophische und hypertrophische Ver-
ändeningen, die teilweise zu Ankylosen führten. Der Prozess wird gedeutet
^e von Sokoloff, als bedingt durch Ernährungsstörungen der Knochen mit
Bildung nekrotischer Herde, wie auf der Haut. Zugleich wird aber eine
Sekundärinfektion als, jedoch nur in geringem Grade, wirksam für das Fort-
schreiten des Zerstörungsprozesses angenommen.
Grelck (4) bringt einen Fall von Arthropathie bei Tabes ohne Be-
220 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
Sonderheiten. Er hebt nur die grosse Neigung der tabischen Spontanfrakturen
zu schneller Heilung hervor, exklusive der Gelenkfrakturen.
Roger und Garnier (5) berichten einen Fall von meta-traumatischer
Osteoarthropathie.
Im Anaehloss an eine Fraktor des Vorderarmes durch kein schweres Trauma, ent-
standen langsam zunehmende Yerftnderungen der ganzen Hand. Dieselbe wurde dicker, die
Finger wurden hypertrophisch, die Axen der Gelenke verschoben sich, es trat wesentliche
Bewegungsbeschränkung ein. Ätiologisch ist rheumatische Erkrankung auszusch Hessen; es
bestanden an keiner anderen Stelle des Körpers artbropathische Yerftoderungen.
Direkte nervöse Einflüsse (Druck durch Kallus auf Nerven) sind bei der
Ausdehnung der Veränderungen ebenso wie Gefässschädigungen auszuschliessen.
Die Verff. nehmen an, dass trophische Störungen hier eine Bolle spielen^
indem die Vorderarmknochen durch das Trauma und nachfolgende Knochen-
umbildung in ihren trophischen Bedingen verändert wurden und diese
veränderten Bedingungen auch auf die peripher gelegenen Teile weiter ge-
wirkt haben.
Eine pulmonare Osteoarthropathie beschreibt Curl (6).
Bei einem 26 Jahre a]ten Manne, welcher an einer Erkrankung der Lunge litt, die
verdächtig auf Tuberkulose war, begann vor zwei Jahren Handgeleok, Knöchel, Knie ohne
Schmerzen dicker zu werden. Die Spitzen der Finger und die Hftnde waren immer breit
gewesen. Finger und Daumen wurden in der ganzen Lftnge verdickt, die Nftgel breit, ihre
Wurzel leicht fOhlbar; sie wurden der Länge nach gerieft und abnorm brüchig. Die Be-
wegungen im Handgelenk waren beschränkt, die Fingergelenke dagegen frei. Ea bestanden
keine Ödeme. Das Schultergelenk war normal, aber bisweilen traten leichte Schmerzen in
Ihm auf. Die KnOchel, der Rücken der Füsse und das Tibiaende waren verdickt. Das Ende
der grossen Zehe war plump, die übrigen Zehen normal. Das Knie war sehr dick, aber die
Ränder der Knochen nicht wulstig, ausserdem kein starker Erguss. Nach den Röntgen-
bildern sind die Verdickungen bedingt durch Zunahme der Knochen an Grösse und Hyper-
trophie der Weichteile. Die Histologie der Erkrankung ist unbekannt
Eine milde Form der Tuberkulose der Knochen und Gelenke anzunehmen,
wie manche es wollen, ist man nicht berechtigt, da solche Erkrankungen
auch bei anderen Lungenbefunden (Tumor, Bronchiektasie) vorkommen.
Der Beweis osteoarthropathischer Veränderungen auf rein nervöser Basis
wird durch einen von Bereut (7) beschriebenen Fall erbracht. Es handelte
sich um ein Aneurysma der Arteria subclavia sinistra, welches durch Druck
auf den Plexus brachialis schwere Neuritis mit sekundärer Degeneration des
Plexus bedingte; im Anschluss an die Neuritis entwickelten sich artbropathische
Veränderungen an der entsprechenden Extremität, Trommelschlägelfinger,
Auftreibung der distalen Enden der Vorder- und der Oberarmknochen. Dabei
bestanden keine Stauungserscheinungen an der Extremität und keine Erkran-
kung der Lunge.
Eve (8) berichtet vier Fälle von Angiom der Synovialis und der
Muskeln.
Der erste Fall betraf ein junges Mädchen. Es bestand eine Schwellung an der äusseren
Seite des Oberschenkels kurz über dem Knie. Exstirpation ergab ein diffuses Angiom des
oberen Teiles der Gelenkmembran und des Muse. vast. ext.
Im zweiten Falle bestand bei dem Knaben eine die Bewegung hindernde Geschwulst
der linken Eniegegend in der Nähe des Lig. patellae. Es wurde ein abgegrenztes Agiom
der Synovialis exstirpiert.
Im dritten Falle bestand die schmerzhafte Geschwulst auf der Innenseite des Ellen-
bogengelenkes. Es handelte sich um ein Angiom der Synovialis zwischen Gondylus und
Oberarm.
Im vierten Falle lag auf der äusseren und hinteren Seite des Ellenbogengelenkes eine
Geschwulst und ein Lipoms; das bei der Operation fettig aussehende Gewächs wurde aus
dem Triceps und der Gelenkkapsel entfernt; es erwies sich als Angiom.
Bartholdy, Erkrankangen der Gelenke. 221
Von den Patienten klagten einige über Beschwerden, wie bei Tuberkulose
(leichte Schmerzen bei Bewegung, Beschränkung der Bewegung). In zwei
Fällen waren die Muskeln mitergriflfen. Die Geschwülste waren weich, elastisch,
ohne Pulsation und konnten nicht durch Druck entleert werden. In der
Diskussion kamen noch drei weitere Fälle zur Sprache (Muse, gracilis, Beuger
des Vorderarmes, Kniegelenkkapsel).
Riedel (9) operierte einen bereits einmal von anderer Seite operierten
Fall von Enchondromen des Handgelenkes. Sie lagen zum Teil frei und zum
Teil in der Kapsel als festansitzende Tumoren. Wegen Rezidives musste
nochmals operiert werden. Riedel nimmt keine eigentliche Neubildung an,
sondern mehr eine spezifische Gewebsleistung, in Parallele zu stellen mit
den Exostosen nach Per iostverletzungen ; auch hier war ein Trauma (Wäsche-
ringen) vorhanden in der Anamnese.
Langemak (10) fügt zu den drei in der Literatur bekannten Fällen
von Echondromatose der Gelenkkapsel (Reichel, Müller, Riedel [8])
einen neuen. Es bot sich insofern ein Unterschied zu den beschriebenen, als
hier das Gelenkende der Knochen nicht freiblieb, sondern zuerst der alleinige
Sitz der Geschwulst war und später auch die Gelenkkapsel ergriffen wurde.
Es handelte sich um ein Chondrom, welches von der vorderen Talusepiphyse
ausging; der Synovialis des Talonaviculargelenkes sassen isolierte Knoten
auf, die Langemak nicht als Metastasen auffasst, sondern als primäre
TumorQn. Es folgen noch zwei Fälle von Knochensarkomen am Kniegelenk,
die auf die Gelenkkapsel übergegangen waren.
Viana (11) berichtet über einen Fall von hämophilischer Gelenkaffek-
tion am rechten Knie, der einen 9jährigen Knaben betrifft; nach dem von
Bajardi beschriebenen ist dies der zweite in Italien beobachtete Fall von
solcher Affektion. Da die Diagnose nicht auf Hämophilie gestellt worden
war, nahm Verf. die Arthrektomie vor. Es fanden Blutungen statt, die nur
mit Mühe gestillt werden konnten; aber Verf. erzielte vollkommene Heilung
und was die Arthrektomie anbetrifft war das funktionelle Resultat ein aus-
gezeichnetes. Er beschreibt die in der Synovialis, im Knorpel und in den
Knochen angetroffenen Veränderungen. Die Synovialzotten wiesen Volum-
zunahme nnd eine bedeutende Anzahl von Gefässen auf; um diese herum
fand sich eine ausserordentliche Menge Pigment aufgehäuft, und zwar ent-
weder unter der Form von ganz kleinen Körnchen oder von Pigmenthaufen,
die im Protoplasma von Zellen, welche die Merkmale der globulipheren Zellen
besassen, eingeschlossen waren.
Im Knorpel konstatierte man neben Erscheinungen, die auf einen Neu-
hUdungsprozess hindeuteten , eine ausgedehnte Regressivveränderung. Die
unter dem Knorpel gelegene Knochenschicht wies nur eine Rarefaktion auf.
Was die Ätiologie anbetrifft, kann nach Verf. ein rheumatischer Prozess
mit den hämophilischen Gelenkaffektionen in Beziehung stehen ; ein wichtiger
Faktor könne auch das Hinzutreten eines Traumas oder eine übermässige
Anstrengung des Gelenkes sein.
Nach Besprechung der Symptome, die diese Affektion von den anderen
Gelenkaffektionen differenzieren können (eine etwas schwierige und unsichere
Diagnose), äussert Verf. sich dahin, dass bei der Behandlung von jedem
operativen Eingriff abzusehen sei. Wird mit der Behandlung frühzeitig be-
gonnen , dann können Eisbeutel und eine Mobilisation des Gelenkes guten
Erfolg haben. Bei später Behandlung kann ein Kompressivverband oder,
222 Jahresbericht fQr Chirargie. I. Teil.
wenn reichlicher Erguss stattgefunden, eine Punktur gute Dienste leisten;
Massage sei nicht ratsam. Lässt sich die Ankylose nicht vermeiden, so sorge
man dafür, dass sie in der günstigsten Stellung zustande kommt.
R. Giani.
Delbet (12) beobachtete die traumatische Entstehung eines Gelenk-
körpers im Kniegelenk bei einer heftigen Bewegung im Sinne einer Torsion
im Kniegelenk. Die Lösung des Stückes aus der Kontinuität erklärt Delbet
durch Druck, nicht durch Zug.
Auf Grund eines zufällig bei einer Leiche gefundenen Präparates eines
noch nicht vollkommen gelösten Körpers aus der Gelenkääche des Condylns
internus femoris [Präparat demonstriert von Müller (14)] besprichtB oerner(13)
zunächst ein grösseres Material von Gelenkkörpem. Von echten aus Knorpel
und Knochen bestehenden Körpern standen 28 zur Verfügung. Boerner
nimmt die Schmieden sehe Einteilung an:
L Gelenkkörper, welche mikroskopisch Teile der normalen Gelenkfläche
enthalten und nicht der Arthritis deformans zuzurechnen sind ;
U. Gelenkkörper, die mikroskopisch keine Teile der normalen Gelenk-
fläche enthalten, sondern Wucherungen in einem an Arthritis deformans
erkrankten Gelenk.
Die erste Gruppe wird noch geteilt in zwei Untergruppen: Fälle, in
denen ein Trauma bekannt resp. nicht bekannt ist.
Unter 19 Gelenkkörpem, die typisch Gelenkknorpel enthielten, befand
sich nur einer, in welchem sich keine Erscheinungen von Nekrose nachweisen
Hessen. Nach Tierexperimenten und Färbeversuchen schliesst Verf. aus (als
Gegner der Barth sehen Untersuchungen über Corpora mobilia), dass gute
Färbbarkeit der Kerne im Knorpel einen sicheren Schluss dahin machen
lässt, dass der Knorpel bei der Loslösung von der Knorpelfläche des Gelenkes
noch gelebt habe. Warum die Nekrose in den Gelenkkörpem einmal geringer,
einmal stärker entwickelt war, blieb unaufgeklärt; ein gefässführender Stiel
verhindert anscheinend Knorpelnekrose. Ein histologischer Unterschied zwischen
traumatischer und angeblich nicht traumatischen Gelenkkörpern bestand nicht.
Das genannte Leichenpräparat stammt von einem 46jährigen Manne, der
nie Knieschmerzen geklagt, nie seiner Umgebung ein Trauma (!) genannt hatte.
Die letzten Wochen vor seinem Tode lag er zu Bett. Am Condylus med.
femoris liegt ein ovales Stück der Gelenkfläche isoliert von der übrigen Ge-
lenkfläche durch einen tiefen Spalt, dessen Ränder beiderseits aufgefasert
sind. Das Stück ist beweglich, sitzt aber in der Tiefe noch fest. Als Zeichen
eines nicht alten Trauma (1) fand sich blutig-seröser Erguss und frische
Blutungen in der Gelenkkapsel. Es folgen drei weitere Fälle (Operations-
befunde) von ungelösten, aber beweglichen Gelenkkörpem. Für schnell sich
lösende Gelenkkörper nimmt Boerner die Ansicht Volk er s an, dass es sich
bei der Lösung um eine Stückfraktur (B.) der Gelenkflächen handle, bei der
eä zu keiner Einheilung der Fragmente kommt wegen der andauernden Be-
wegungen des Gelenkes und des dauernden Einpressens von Synovia in den
Brucbspalt (Schmieden), oder es liegt eine Rissfraktur der Fixationsbänder
von Andererseits lässt Boerner auch die Möglichkeit zu, dass auch ge-
ringere Traumen als ;,grosse Gewalteinwirkungen" imstande sind, ein Stück
Gelenk fläche sofort herauszusprengen, wie obiger Fall zeigt. Für die Koni g-
ache Annahme einer Osteochondritis dissecans fand Verf. keinen Anhalt.
Bartholdy, Erkrankungen der Schleimbeatel. 22^
XVL
Erkrankungen der Sehleimbeutel.
Referent: K. Bartholdy, Wiesbaden.
1. Langemak, Die Entatehnng der Hygrome. Arohiy für klin. Chirurgie 1903. Bd. 70.
(Nachtrag 1. c. Bd. 71.)
2. Adrian, tTber die yon Schleimbeuteln ausgehenden Neubildungen. Brunssche Bei^
trftge 1903. Bd. 88. Heft 2.
Langemak (1) bespricht die Entstehung der Hygrome und zwar der
Hygrome der Gleitbeutel , d. h. nicht der Gelenkschleimbeutel , sondern nur
derjenigen Schleimbeutel, die ohne Zusammenhang mit den Gelenken erst
postembryonal sich bilden. Sie haben keine epitheliale Auskleidung. Auf
Grund der mikroskopischen Untersuchungen von acht Fällen kommt Lange»
mak zu dem Schluss, dass die Hygrome durch Umwandlung von Geweb»
(Fettgewebe) in Bindegewebe unter Schwund des ersteren Gewebes und Hyper-
plasie des Bindegewebes ihre erste Anlage erhalten. Nachdem alles Fett ge-
schwunden, häuft sich unter der begleitenden Hyperämie immer mehr Kol-
lagen an, die protoplasmatischen Gewebsbestandteile , insbesondere auch der
Gefässe, schwinden. Es entsteht eine aus Kollagen bestehende, mit wenigen
Zellen durchsetzte Schwiele, die im Zentrum gefässlos ist. Hier setzt die
Hygrombildnng ein. Das Kollagen, ein ungelöstes Albumoid, geht in gelösten
Zustand über, es wird flüssig. Damach sind auch Hygrom und Ganglion dem
Wesen nach übereinstimmende Produkte der Verflüssigung vermehrten Binde-
gewebes. In einem Nachtrag zeigt Lange m'ak noch durch chemische Unter-
suchung, dass die aus muzinreichem Bindegewebe hervorgehende Gelenkschleim-
beutelflüssigkeit viel Muzin enthält im Gegensatz zu der aus postembryonalem^
an Muzin armen Bindegewebe hervorgehenden Gleitbeutelflüssigkeit.
Zur Besprechung der von den Schleimbeuteln ausgehenden Neubildungen
knüpft Adrian (2) an den Hinweis Rankes aus dem Jahre 1886 auf die
„armselige Kasuistik^ dieser Neubildungen an. Ranke konnte damals nur
7 Beobachtungen sammeln und in den weiteren 15 Jahren sind ebenfalls nur
wenig Fälle bekannt geworden. Nach Ausschluss aller Pseudoneubildungen,
d.h. entzündlicher Tumoren oder Tumoren in Narben nach Operationen an.
Schleimbeuteln, sind nach Ranke zwei Gruppen unterschieden worden.
I. Umwandlung der Wand der Schleimbeutel in eine der Bindegewebs-^
reihe einzureihende Wucherung (Chondrom, Sarkom, Myxom etc.).
U. Epitheliale Neubildungen, bis dahin nur beobachtet bei bestehenden
Fistehi, gleichzustellen den bekannten Karzinomen aus alten Ulze-
rationen und Fisteln.
Adrian schliesst die letzten Fälle ganz aus als Tumoren der Schleim-
beutel und erkennt nur die von der Wand der Schleimbeutel ausgehenden
Tumoren an. Adrian kann aus der Literatur darnach 17 Beobachtungen
224 Jahresbericht fQr Chirurgie. I. Teil.
echter primärer Tumoren sammeln und fügt noch zwei Beobachtungen an.
Es fand sich unter den Fällen:
Osteochondrom der Bursa infragennalis, Papillom der B. praepatellaris, Rund- und
Spindelzelleusarkom einer Schleimcyste der Kniekehle, Myxom der B. praepatellaria, Sarkom
der B. extensorum subcruralis, Geschwulst (Art?) der Bursa olecrani, Myxom der B. sub-
patellaris, Enchondrom der B. infragenuaiis, Myxom der Bursa semimembranosa, drei Sa^
kome derB. praepatellaris, Endotheliom mehrerer ScUeimbeutel bei demselben Individaum,
Endotheliom beider Bursae praepatellares, Endotheliom eines Schleimbeutels der Fuassohle,
Fibrosarkom der Bursa praepateilaris.
Die Fälle Adrians sind: Sarkom der Bursa praepateilaris, Sarkom der
Bursa subdeltoidea. Unter den 19 Fällen gehören die meisten Männern der
schwer arbeitenden Klasse an. Trauma scheint mehrfach von Einfluss ge-
wesen zu sein. Die Bursa praepateilaris ist der häufigste Sitz der Neo-
plasmen. Die Tumoren sind meist in der Einzahl vorhanden, können aber
multipel auftreten. Die Tumoren können in normalen Bursae sich entwickehi,
es braucht keine Bursitis vorausgegangen zu sein. Einzehie Tumoren haben
exquisit malignen Charakter, Rezidive nach Operation sind mehrfach beob-
achtet. Von den 14 Fällen endeten 2 Fälle letal.
xvn.
Allgemeine Geschwulstlehre.
Referent: R. Volkmann, Dessau.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
I. Statistik und Ätiologie der Geschwülste.
1. D'Anna, Sopra 1 blastomiceti nei tumori maligni. Glinica chimrgica. Nr. 1.
la. Alessandri, Bakteriologische Untersuchungen bösartiger Geschwülste. Zentralblatt
für Bakteriologie. Bd. 33. Nr. 9. .
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Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten 1903. Bd. 42. Heft 3.
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4. Bollinger, Über die Häufigkeit des Karzinoms in München. Münchener med. Wocheo-
scbrift 1903. Nr. 38.
5. Brand, The causation of Cancer. The Practitioner 1903. October.
6. *Brunne, Ein Fall von Hodensarkom auf traumatischer Basis. Beitrag zur Ätiologie
maligner Tumoren. Diss. Greifswald 1903.
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Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 45, 46.
Volkmann, Allgemeine GeschwnlBtleLre. 225
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14. Jaboulay, Recherches sur la pathog^nie des Cancers ^pith^liauz. Lyon m^dical 1908.
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15. Jensen, Experimentelle Untersuchungen über Krebs bei Mftnsen. Zentralblatt für
Bakteriologie 1903. Bd. 34. Nr. 2.
Id. *— Über die Entwickelung der durch subkutane Einimpfung von Saccharomyces neo-
formans (Sanfelice) hervorgerufenen Knötchen. Zeitschrift für Hygiene u. Infektions-
krankheitnn 1903. Bd. 45. Heft 2.
17. *lsrael. Zur Ätiologie und Biologie der Geschwülste. Yirchows Archiv. Bd. 172.
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19. KeJling, Über die Ätiologie der bösartigen GkschwOlste. Gesellschaft für Natur- und
Heilkunde Dresden. Münchener med. Wochenschrift 1908. Nr. 21.
20. — Zur Ätiologie der bösartigen Geschwülste. Wiener medizin. Wochenschrift 1908.
Nr. 30.
21. K D 1 e s c h a , G., Über einen neuen Parasiten aus einem Magensarkom. Russki Wratsch
1908. Nr. 18.
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Krebsforschung. Jena. G. Fischer 1902.
23. Loeb, Über den Krebs der Tiere. Archiv für klinische Chirurgie. Bd. 70. Heft 8.
1903.
24. — Über Transplantation von Tumoren. Yirchows Archiv. Bd. 172. Heft 8.
25. Luoksch, Ätiologie der Geschwülste. Prager med. Wochenschrift 1908. Nr. 46, 47.
2& Meyer, Geo., Über die Beziehungen des adenoiden Gewebes zu bösartigen Geschwülsten.
V. Volkmannsche Yorträge. 1903. Nr. 259.
27. Mousannat, The etiology of new growth*s. British medical Journal 1903. June 27.
28. Monnis, On Cancer and its origin. The Lancet 1903. Dec. 12. British medical Jour-
nal 1903. Dec 12.
29. Moser, Trauma und Karzinom. Ärztliche Saohverstftndigen-Zeitung 1903. Nr. 16.
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81. *Peching, Die Parasitentheorie der Geschwulstentstehung im Yergleich zu den tat-
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32. *Power, A fnrther contribution to the distribution of cancer. The Practitioner. May
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33. Prowazek, S., Erwiderung auf Feinberg: Über die Erreger der Krebsgeschwülste
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Heft 1 u. 2. V. Esmarch Festschrift.
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Beitrag zur Ätiologie der bösartigen Geschwülste. Zeitschrift für Hygiene 1903. Bd. 44.
Hefts.
40. Schul 1er, Parasitäre Krebsforschung und der Nachweis der Krebsparasiten an Leben-
den. Berlin 1003. Yogel & Kreienbrück.
41. Spin las. Über Yerdauungsvakuolen und ihre Beziehungen zu den Foa-F lim mor-
schen Krebsparasiten. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 19.
42. Sternberg, Über den dermaligen Stand der Ätiologie der Karzinome. Allgemeine
Wiener med.' Zeitung 1908. Nr. 17, 18, 19 u. 20.
43. Templemann, A contribution to the study of cancer montality. British medical
Journal 1908. Febr. 14.
Jahreibeiicht für Ghimrgle 1908. 15
226 Jahresbericht ffir Chirargie. L Teil.
Die Frage, ob die vielfach behauptete Zunahme der Zahl der Krebs-
erkraukungen in den letzten Jahren eine tatsächliche oder nur scheinbare ist,
ist noch nicht sicher aufgeklärt. Bollinger (4) bat das Material des
Münchener pathologischen Instituts der letzten 50 Jahre auf die Krebs-
erkrankungen hin prüfen lassen. Er kommt zu dem Schluss, dass dort das
Karzinom nicht nachweislich häufiger geworden ist. ;,Die scheinbare Zu-
nahme anderswo wird zusammenhängen mit der durchschnittlichen Verlängerung
der Lebensdauer, der Verbesserung der Diagnose und Zunahme der Sektionen,
wodurch eine grössere Anzahl klinisch latenter Krebsfälle aufgedeckt wird.^
Championniere (7) referiert im Journal de M6d. über zwei Arbeiten
von Arathorn und Drivon, die sich mit der Karzinomverbreitung im
Lyoner Gebiet befasst haben. Sie fanden beide, dass das Karzinom häufiger
geworden ist als früher, wissen aber die Ursachen dafür nicht anzugeben.
Die Krebsverbreitung in Schottland hat Robertson (36) untersucht.
Er gibt die Statistik der Krebsmortalität in den Jahren 1895 — 97. Irgend
welche ätiologischen Anhaltspunkte oder auffallende Resultate betrefifs der
lokalen Verbreitung, des Einflusses von Örtlichkeit, Boden, Wasserverhältnissen,
Berufsarten, der Infektionsgestalt und Heredität ergibt die Statistik nicht.
Nach Templemanns (43) Studie über die Krebsmortalität in Dundee
während der letzten 25 Jahre hat die Zahl der Krebserkrankungen sehr
zugenommen. Die Mortalität ist von 7,27 auf 16,92 (pro 10000 der Bevöl-
kerung über 20 Jahre) gestiegen. Das Wachstum der Zahl ist am grössten
jenseits des 45. Jahres; bei Weibern ist die Zunahme noch grösser als bei
Männern, doch haben Mamma- und üteruskarzinom nicht zugenommen. Die
Hauptzahl der Fälle betrifft den Digestionstraktus. T. nimmt an, dass,
obgleich in den letzten Jahren die Diagnose an Genauigkeit gewonnen hat,
dennoch an einer objektiven Zunahme der Krebserkrankungen in dem von ihm
untersuchten Ländergebiet nicht gezweifelt werden kann.
Im Anschluss an die grosse Arbeit von Sticker über das Karzinom
bei unsem Haustieren (s. vor. Jahrg.!) macht Loeb (23) die Bemerkung, dass
— entgegen den Beobachtungen Stickers, betreffend die grosse Seltenheit
der Hautkarzinome (speziell der Augengegend) beim Rinde — in Amerika
das Karzinom der AugODgegend beim Hausrind das allerhäufigste sei und
dass es dort sogar an einem Orte endemisch vorkomme.
Unter den Arbeiten über Ätiologie der Geschwülste ist zweifellos
diejenige von Georg Meyer (26) die originellste. Sein Versuch, eine voll-
ständig neue Erklärung der Entstehung der malignen Geschwülste zu geben,
wird zum mindesten das Interesse des Lesers erwecken, wenn auch nicht
jeden sofort überzeugen. M. geht von der Anschauung aus, dass es unhaltbar
sei, Sarkom und Karzinom als zwei ihrem Wesen nach verschiedene Krank-
heitsprozesse aufzufassen, sie gehen vielfach ineinander über und können
auch im histologischen Bilde nicht scharf getrennt werden. Alle bisherigen
Erklärungsversuche des Wesens der malignen Geschwülste sind ungenügend,
besonders auch die parasitäre Theorie, die keine Erklärung geben würde,
selbst wenn ein Krebserreger tatsächlich schon gefunden wäre, was M. bestreitet
M. sucht den Ausgangspunkt aller malignen Geschwülste im adenoiden Gewebe,
das ja überall im Körper verbreitet ist und auf Schädigung durch Bakterien
oder ihre Toxine durch eine unbegrenzte Proliferation reagiert, eine Zell-
vermehrung, die in gleichem Masse bei keinem anderen Gewebe möglich ist
Ein Teil der unter dem Reiz neugebildeten Zellen bleibt dem Körper als
YolkmaDD, Allgemeine Oeechwulstlehre. 227
Lymphknötchen erhalten, und M. unterscheidet die peripheren neugebildeten
Knötchen als „Neolymphome^ von den zentraler gelegenen grösseren Enötchen-
anhaufungen (den „Lymphdrüsen^) im Verlauf der Lymphbahnen. Das adenoide
Gewebe ist dasjenige, welches sich wie kein anderes schon physiologisch zur
Schnellzellulation eignet. Die in Verwilderung übergegangenen Neolymphome,
die nur noch die Nahrung vom Körper beziehen, sonst aber sich durch ihre
schrankenlose Wucherung selbständig gemacht haben, nennt er „Apolymphome^.
Ans diesen Apolymphomen entstehen die Karzinome und Sarkome. Zuerst
bespricht M. den allmählichen Übergang von hyperplastischen „Lymphdrüsen^
zu malignen Lymphomen, zum Lymphosarkom etc. Es gibt da keine Grenzen,
Sarkom ist überhaupt eine überstürzte Lymphknotenbildung, wobei das Binde-
gewebe in der Umgebung der in Wucherung geratenen adenoiden Zellgruppen
mitgerissen wird. — Die Krebszelle hält er ^analog der Sarkomzelle für
adenoiden Ursprungs und nur wo tatsächlich Drüsenschlauch zu erkennen ist,
nehme ich an^ dass ich mitgewuchertes Epithel vor mir habe. Ich nehme
also mit Ribbert eine primäre Wucherung im Bindegewebe an, die das
Epithel zum Wachsen bringt, bestreite aber, dass die fixe Bindegewebszelle
es ist, die den ersten Reiz empfangt, und weise ausserdem der Epithel*
Wucherung eine viel weniger wesentliche Rolle bei der ganzen Geschwulst-
büdung zu als die meisten anderen.'^ Also auch das Haut- und Drüsenkarzinom
ist für ihn eine Apolymphombildung. Im allgemeinen bestreitet er, dass die
ausgebildete Sarkomzelle von der Krebszelle zu unterscheiden sei. — Für die
Wucherung des adenoiden Gewebes geben die Traumen und die Invasion von
Bakterien die wichtigsten Ursachen ab. Die Schlusssätze lauten:
1. „Das Muttergewebe der bösartigen Geschwülste ist das adenoide Ge-
webe.
2. Krebs und Sarkom werden nicht durch einen bestimmten Fremd-
organismus hervorgerufen, sondern sind spätere Folgen von Mykosen
der verschiedensten Art.
3. Karzinome und Sarkome sind gleichartige Bildungen; jene sind peri-
pherere Apolymphome, diese Apolymphome der Lymphwege. Karzi-
nome sind nur durch Mitwuchem von Darmepithel (Drüsenschlauch-
Apolymphome) oder Hautepithel (Hautepithel -Apolymphome) ausge-
zeichnete Apolymphome.
Die bösartige Geschwulstbildung stellt sich also dar als eine Funktions-
störung eines den höheren Wirbeltieren eigentümlichen, im Kampfe mit
Fremdorganismen erworbenen spezifischen Gewebes, eine Funktionsstörung,
die mit zu starker Inanspruchnahme dieses Gewebes zusammenhängt.^
Eine ganze Anzahl Publikationen sind zusammenfassende, teils rein ob-
jektive, teils kritische Referate über den heutigen Stand der Frage nach der
Ätiologie der Geschwülste. Diese Arbeiten geben nur übersichtliche Zusammen-
stellungen der Literatur ohne eigene Zutat. Sehr gründlich und übersichtlich
und zur Orientierung auf diesem Gebiete wohl geeignet ist die ausführliche
Darstellung von Sternberg (42), femer die von Luksch(25) und der Vor-
trag de Quervains (34, 35). Der charakteristische Schlusssatz dieses kriti-
schen Referates lautet :
„Quclleque soit du reste la direction que prendront ces recherches, elles
devront etre instituöes avec un sens critique qui parait avoir fait defaut
jusqu^a present ä bien des ezp^rimentateurs , et dont Tabsence nous a valu
des döcouvertes de parasites aussi nombreuses qu'ephemeres.^'
15*
228 Jahresbericht fttr Chirurgie. I. Teil.
Die kurzen allgemeinen Bemerkungen über Ätiologie der Geschwülste
in der englischen Literatur (Blell, Bashford [3], Morris [28], Monsarrat
[27]) entbehren jedes Interesses und sind ganz unwesentlich.
Den Zusammenhang zwischen Earzinombildung und Trauma behandelt
Moser (29) im Hinblick auf die Unfallgesetzgebung. Er hat 15 Fälle ge-
sammelt, in denen der ursächliche Zusammenhang zwischen Trauma und
Erebsbildung behauptet resp. auch angenommen worden ist und dement-
sprechend eine Rente verweigert oder zugesprochen wurde. Ein Beweis
des ursächlichen Zusammenhangs war aber in keinem der Fälle erbracht.
Auch die Wahrscheinlichkeit ergab sich nur sehr selten.
Drei ungewöhnliche Fälle von Karzinombildung auf Grund langdauemder
eitrig- entzündlicher Prozesse bringt de Ruyter(38). Einmal hatte sich ein
Nasenschleimhautkarzinom auf dem Boden eines alten Empyems der High-
morshöhle, das andere Mal ein Gallertkrebs des Proc. vermiform. nach mehr-
facher eitriger Perityphlitis entwickelt und ein Mammakarzinom im Anschluss
an die chronische ^tzündung, die ein eingedrungener Fremdkörper (Nadel)
yerursacht hatte. Verf. meint, dass sich vielleicht aus genauerem Studium
der Mammakarzinomfälle, die auf dem Boden chronisch entzündlicher cystöser
Mastitis entstanden seien, etwas Näheres über den Zusammenhang zwischen
Entzündung und Karzinombildung werde lernen lassen.
Den Zusammenhang zwischen Alkoholismus und Krebsmortalität sucht
Newsholme (30) an der Hand des Materials nachzuweisen, das ihm von
der Leitung der Temperenzbewegung in England geliefert worden ist. Aus
diesem Material würde hervorgehen, dass die Krebsmortalität der Alkoholisten
sich zu der der Enthaltsamen wie 100 zu 72 verhält. Verf. glaubt nicht an
den schädigenden Einfluss einzelner Berufsarten, der vielfach angenommen
wird , sonst wäre es unverständlich , dass z. B. die unter Tage arbeitenden
Kohlenbergwerkarbeiter so selten und die am Tage arbeitenden Kohlenschipper
so häufig an Krebs erkranken. Es komme dabei nur der Alkoholismus in
Frage, der bei den unter Tage arbeitenden Bergleuten so viel seltener sei
als bei den Kohlenschippem. (? Ref.)
Jensen (15) berichtet über das Resultat seiner (schon früher erwähnten)
langdauemden Versuche betreffs Übertragung von Karzinom bei weissen Mäusen.
Es ist ihm gelungen, das Karzinom durch 19 Generationen fortzuzüchten.
Fast in der Hälfte aller Übertragungen war das Resultat positiv. Die Mäuse
sterben an den immer weiter wachsenden Tumoren unter dem Zeichen der
Kachexie, jedoch ohne Metastasenentwickelung. Einen Anhalt für die para-
sitäre Natur der Geschwulst hat Jensen nie gefunden und er glaubt nicht
daran.
Die folgenden Arbeiten haben den Krebsparasitismus zum Gegenstand.
Eigene Beobachtungen und Experimente (II Policlinico 1896 und SuppL
al Policlinico 1897) hatten D^Anna(l) schliessen lassen, dass die verschiedene
Art wie ein und derselbe Tumor sowohl bakteriologisch als histologisch reagiert,
je nachdem die Brachstücke der Luft ausgesetzt worden sind oder nicht,
dartue, dass im ersten Falle die Anwesenheit von Blastomyceten durch die
Luft bedingt ist. Neuerdings von ihm ausgeführte Experimente überzeugten
ihn, dass in nicht ulzerierten Tumoren Blastomyceten konstant fehlen und
dass frische oder vorgeschrittene ülzerationen die Parasiten aus der Luft
zu resorbieren vermögen. Deshalb, bemerkt er, sind bei malignen Tumoren
die Blastomyceten ein zufälliger Befund und eine pathogene Wirkung entfalten
Volkmann» Allgemeine Geschwulatlehre. 229
sie nicht. — Er bestreitet sodann die Behauptung Sanfelices, dass der
Pilz, wenn Tieren eingeimpft, echte Neoplasien hervorzurufen vermöge; der
rasche Verlauf der erhaltenen Krankheitsf ormen , die histologische Unter-
snchong und die ausbleibende Reproduktion des neugebildeten Gewebes bei
Droseninfektion lassen entschieden ausschliessen, dass der F. neoformans echte
maligne Tumoren bewirke. —
Zur Bekräftigung seiner Meinung führt er die bei 57 malignen Tumoren
von ihm gemachten Befunde an; nur in fünf von diesen Tumoren (alles Fälle
von ulzeriertem Krebs) gewahrte er, nach der Methode von Gram und San-
felice, Blastomyceten. Er machte auch Kulturversuche, selbst auf zucker-
haltigen Mitteln, und erhielt in 34 Fällen fast immer negatives Resultat; das
positive Resultat, das er in ganz wenigen Fällen erhielt, war durch zufällige
Verunreinigung bedingt. R. Giani.
Feinberg (10) verteidigt in einem stark polemischen, ziemlich uner-
quicklich zu lesenden, weil stark persönlich gefärbten Aufsatze sein Histo-
sporidium carcinomatorum gegen seine Gegner, besonders gegen Prowazek,
worauf letzterer (33) kurz und sachlich erwidert.
Jaboulay (14) beschreibt kurz einen neuen von ihm gefundenen
Parasiten, in dem er endlich den so lange gesuchten Krebserreger entdeckt
hat. Genaueres s. Original!
Alessandri (la) hat 23 Krebse und zahlreiche Sarkome auf Blasto-
myceten untersucht. Mikroskopisch wurden oft verdächtige sarcineähnliche
Gebilde gefunden, die Kulturversuche fielen aber alle negativ aus.
Spin las (41) hat im Göttinger pathologischen Institut experimentell
durch Injektion von den verschiedenartigsten Dingen (z. B. Krebszellen, Sper-
matozoen, Sarcine, Leberzellen, Kochsalz) in die Bauchhöhle die sogenannten
Foa-Plimmerschen Körperchen, die mit Feinbergs und Leydens ;,Krebs-
parasiten^ identisch sind, erzeugt. Es sind einfach ;,die von Lymphocyten
aufgenommenen und verdauten Leukocyten, oder besser Yerdauungsvakuolen,
in denen als Rest des Leukocyten ein intensiv färbbares Korn gelegen ist**.
Ebenso hat Honda (13) diese Dinge an Drüsenkarzinomen nachgeprüft,
und kommt zu dem Schluss, dass es sich nicht um Parasiten handelt.
Sc hüll er (40) hält an dem von ihm gefundenen ;, Krebserreger ^ fest;
er meint, dass alle Einwände, die ihm gemacht worden sind, hinfallig sind,
und hat die ^Krebsparasiten^ auch weiterhin in allen Fällen gefunden, ob-
gleich er die Möglichkeit der Verunreinigung seiner Präparate durch Kork-
zellen ausgeschlossen hat.
Kulescha (21) fand in einem durch Operation entfernten Rnndzellen-
sarkom des Magens einen eigentümlichen Parasiten, den er zu den Sporozoa
rechnet. Der Parasit fand sich überall da, wo Sarkomgewebe nachweis-
bar war. Hohlbeck (St. Petersburg).
Im Anschluss an die Untersuchung von vier Fällen von Kontaktkarzinom
erörtert Jonas '(18) den jetzigen Stand unserer Kenntnisse über Toxine und
Antitoxine, resp. über allgemeine und lokale Immunisierung gegen Krebs.
Er ist der Überzeugung, dass wir Aufschlüsse über die Natur des Karzinoms,
dessen parasitärer Erreger noch nicht gefunden sei, und über Immunisierung
gegen Karzinom auf chemischem Wege suchen müssen und dass auch
auf chemischem Gebiet die Zukunft der Therapie liege.
Brandt (5) ist Anhänger der parasitären Natur des Krebses, wenn er
auch den Parasiten noch nicht als gefunden annimmt. Er wendet sich theo-
230 Jahresbericht fQr Ghirargie. I. Teil.
retisch gegen einige allgemeine Einwände gegen die parasitäre Theorie nnd
wirft der englischen Regierung vor, dass sie von Staatswegen nicht gegen
Tuberkulose und Karzinom vorgehe.
Eine eigentümliche (wie Ref. meint, recht wenig beweiskräftige) Arbeit
über die Genese der maügnen Tumoren liefert Kell in g (19, 20). Er glaubt,
dass man per exclusionem zu dem Schluss kommen müsse, dass ;,die Ge-
schwulstzellen (der malignen Tumoren) überhaupt keine Zellen des Körpers
sind, sondern dass es Zellen sind, die auf den Körper transplantiert, dort
weiter wuchern.^ Er hat deshalb versucht festzustellen, ob auf den Körper
von Säugetieren verpflanzte Zellen niederer Tiere Geschwülste erzeugen können.
Er hat zahlreiche Experimente vorgenommen. Mazerierte Fliegen, Fliegen-
puppenlymphe, von Fliegeneiern abgelöste Zellen, Mückenlarvenmazerat, Blatt-
läuselymphe, Schnecken-, Mehlwürmer-, Regenwürmer- und Karpfenschleim
hat er auf Ratten, Mäuse, Hunde und Hühner übergeimpft. Die Resultate
waren, dass die Impfung auf gesunde Tiere immer vergeblich war. Bei
Impfung in die Umgebung vorher gesetzter Wunden hat er jedoch drei
;,positive^ Resultate gehabt, d. h. es entstanden Tumoren, die mikroskopisch
einen malignen Eindruck machten. Im ersten Fall entstand ein „Fibro-
sarkom^. Im zweiten Fall hatte sich bei einem Hund, der 7 Tage (!) nach
der Transplantation von Schneckenzellen starb, ein Knötchen entwickelt, das
^unbestreitbar den Charakter des Adenokarzinoms zeigte^ (!). Im dritten
Fall hatte sich bei einem Hund, der 28 Tage (!) nach der Injektion starb,
ein ;,gemischtzelliges Sarkom^ von Kleinkirschgrösse gebildet. (De Quervain
sagt iii seinem oben erwähnten Aufsatz über die ^positiven Resultate'^
Kellings: „Inutile d'ajouter que cette th6orie s'accorde fort mal avec les
donnöes de Tanatomie pathologique.^)
II, Histologie der Geschwfilste.
43. Andry, De Tad^nome e^bac^ circonscrit. ADnales de Dermatol. et de Syphil. 1903.
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Beziehungen zu den Geschwfllsten im allgemeinen. Jena. G. Fischer. 1903.
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Heft 8.
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66. *Stahr, Zur Ätiologie epithelialer Geschwülste. I. Epithelperlen in den Zungenpapillen
des Menschen. II. Eine experimentell erzeugte Geschwulst der Rattenvallata. Zentral-
blatt für allgem. Pathologie und pathologische Anatomie 1903. Bd. XYI. 1.
67. ^Yens^t ^i^ Histogenese der Schleimhautkarzinome. Dissert. Leipzig 1903.
68. Woolley, Ein primärer, karzinomatoider Tumor (Mesothelioms) der Nebennieren mit
sarkomatOsen Metastasen. Yirchows Archiv 1903. Bd. 172. Heft 2.
Heurtaux (58) bringt eine breite Studie über die Histologie und Klinik
der Kankroide, die nichts wesentlich Neues enthält.
Ha US er (57) der entgegen Ribbert behauptet, dass bei der Karzinom-
entwickelnng das Epithel primär, ohne vorherige Verlagerung ins Bindegewebe
oder dergl. wuchere, hat mehrere Fälle von Polyposis adenomatosa intestinalis
imtersucht und an diesem Material festgestellt, dass das Darmepithel
primär ohne Beihilfe oder vorherige Wucherung des Bindegewebes in Kar-
zinomgewebe übergeht.
Bruandet (48) hat Krebssaft und den Ausstrich normaler Magen-
schleimhaut in das ligierte Vas deferens von Hasen injiziert und dadurch
atypische, karzinomähnliche Epithelwucherungen in den Samenkanälchen des
Hodens erzengt. Diese Wucherungen drangen in das Binde-Gewebe vor. Wenn
er andere Fremdkörper oder Bakterien injizierte, entstanden immer nur Abszesse
ohne Epithelwucherung.
Bender (46) hat im Marchand sehen Institut die genaue ätiologische
Untersuchung zweier multipler Knochentumoren mit Kalkmetastasen vorge-
nommen. Der eine war ein periostales Sarkom, der andere ein echtes
Myelom. Die histologischen Details können hier nicht referiert werden.
Auf die Natur des Myeloms wird näher eingegangen. Bender will das
Myelom nicht zu den Sarkomen gezählt wissen. Seinen zweiten Tumor
definiert er als: ;,eine dem roten Knochenmark homologe Geschwulst, an
welcher lediglich die grossen Markzellen beteiligt sind und welche, vielleicht
auch multipel beginnend, in diffuser Weise im ganzen Skelett auftritt.^
Saltykow (64) beschreibt kurz einen Fall von multiplem echten Myelom
und gibt eine kurze Kritik der Literatur. Er hält seinen Tumor für ein
Analogen zu dem eben besprochenen zweiten Fall von Bender.
Darier (51) wendet sich sehr energisch gegen einen Artikel von
Gaucher, der die Leukoplakie immer und unbedingt als luetiscffer Natur
betrachtet wissen will. Er betont, dass sich unter diesem Krankheitsbild
232 Jahresbericht fOr Chirurgie. I. Teil.
zahlreiche KarziDome befinden, die als solche behandelt werden müssen und
weist auf die Wichtigkeit der histologischen Untersuchung hin.
Cavaillons (49) Mitteilung über einen Impfversuch (Implantation von
Earzinomgewebe auf einen Hund), der noch nicht abgeschlossen ist, ist
wertlos.
Von Andry (43) stammt eine sehr kurz und klar geschriebene kleine
Monographie über das Adenome sebac^ circonscrit. Er erkennt aus der
Literatur nur fünf Fälle an und beschreibt einen eigenen. Das Neoplasma
bleibt immer flach, wird nicht tnmorartig, ist 1 bis höchstens 8 cm gross,
braun oder rot, von regelmässiger Oberfläche. Die Haare fehlen darauf.
Es sitzt nur im Gesicht von Männern, schmerzt nie, wächst sehr langsam,
kann aber in jedem Lebensalter vorkommen. Histologisch besteht es aus
Schweissdrüsenknäueln; die Haut darüber ist normal, keine Gefäss Wucherungen;
keine Beziehung zu Nävis. Behandlung: Exstirpation.
Morestin (61) hat einen grossen fibrösen, als Sarkom angesehenen
Pseudotumor des Oberkiefers operiert, der sich um einen im Sturz abge-
sprengten Knochensplitter in der Highmorshöhle entwickelt hatte.
Wooley (68) beschreibt ein ^Mesothelioma malignum carcinomatodes^
der Nebenniere, einen seltenen Befund, für den er nur 21 Analogien in der
Literatur auffand. Er will die primären Nebennierentumoren nicht als
Karzinome oder Sarkome bezeichnet haben, sondern ihrer Genese entsprechend
^Mesothelioma malignum carcinomatodes^.
Ha US er (56) berichtet über ein Unikum, ein riesiges Haemangio endo-
thelioma intravasculare des Corpus uteri, das trotz seiner Grösse und des
nachweislich schon jahrelangen Bestehens und seines histologisch so malignen
Aussehens sowie der diffusen Verbreitung in der Uterusmuskulatur keine Meta*
stasen gemacht hatte.
Ehrich (53) beschreibt eine Anzahl der verschiedensten Tumoren, die
falsche Zysten (Erweichungs- und Degenerationszysten) enthielten und ver-
breitet sich über die Histogenese und den Bau der Zystenwandungen.
Gallina (54) hat ein multiples Endotheliom der Lymphdrusen beob-
achtet und Ravenna (85b) beschreibt detailliert ein eigentümliches melano-
tisches Sarkom. Der primäre Tumor war ein unscheinbares kleines Haut-
melanom der Analgegend. Von diesem war eine melanotisch sarkomatöse
diffuse Entartung der Leber ausgegangen. Das Ganglion coeliacum war
sklerosiert.
Bard (44) behauptet, dass die gewöhnlichen normalen Körpersäfte (mit
Ausnahme der Verdauungssäfte) keine hämolytische Wirkung ausüben und
dass entzündlich entstandene hämorrhagische Ergüsse kein gelöstes Hämoglobin
enthalten. Dagegen enthalten die krebsigen hämorrhagischen Ergüsse stets
gelöstes Hämoglobin. Auch auf entnommenes Körperblut sollen die Proben
von krebsighäraorrhagischen Ergüssen durch ein in ihnen enthaltenes Lysin
hämolytisch wirken; die nichtkrebsigen dagegen nicht. Die rein serösen
krebsigen Ergüsse enthalten das Lysin nicht. Bard behauptet, dass diese
Beobachtung diagnostisch wichtig sei.
III. Klinik der Geschwülste. Karzinom-Behandlung.
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DoBati und Michel i (95a) studierten das hämolytische Vermögen der
Extrakte aus malignen Tumoren und vergleichshalber auch das von Extrakten,
236 JahreBbericht für Chirargie. I. Teil.
die sie aus normalen Organen (Pankreas, Thymusdrüse) verschiedener Tia%
20gen. Die Extrakte bereiteten sie nach einem Verfahren, das dem toh
Korschun und Morgenroth angegebenen sehr ähnlich ist. Die Organe
entnahmen sie Kälbern, Hunden und Kaninchen ; was die Tumoren anbetrifft,
so untersuchten sie 15, nämlich: 6 Mammakarzinome, 1 Utemskarzinom,
1 Karzinom des Rektum, 1 Rachenkarzinom, 1 maligne Geschwulst des Epi-
ploon , 2 Fibrosarkome verschiedener Regionen , 2 Spindelzellensarkome,
1 Endotheliom. 3 von diesen Tumoren waren ulzeriert, die übrigen ver-
schlossen. 7 von den 15 Tumoren, darunter die 3 ulzerierten, hatten absolut
keine Wirkung auf die verschiedenen verwendeten roten Blutkörperchenarten,
weitere 5 wirkten mehr oder weniger stark hämolytisch auf alle angewendeten
Blutkörperchenarten, die übrigen 3 wirkten nur auf einige Blutkörperchen-
arten hämolytisch. — Von den hämolytischen Tumoren werden auch die Bhit-
körperchen des gleichen mit dem Neoplasma behafteten Individuums aufgelöst;
in allen Fällen verliert der Extrakt das hämolytische Vermögen, wenn er
^/2 Stunde lang bei 50-— 60*^ gehalten wird. Filtration durch den Chamber-
landfilter vermindert das hämolytische Vermögen oder hebt es ganz auf. Die
hämolytische Substanz löst sich nicht in Alkohol. Setzt man dem EIxtrakt
Blutserum zu, so hört das hämolytische Vermögen auf. Die Extrakte ans
Organen weisen die gleichen Eigenschaften auf, nur widerstehen sie der Hitze
und lösen sich in Alkohol und in Äther. Während jedoch der Pankrea«-
extrakt konstant hämolytisch wirkt, ist die hämolytische Wirkung des Thymns-
drüsenextrakts inkonstant. Die Verff. sind der Ansicht, dass hier ein Kom-
plex von hämolytischen Substanzen vorliege, die sich mit den Hämolysinen
der Sera nicht vergleichen lassen. Da die Extrakte aus Tumoren nicht, wie
die aus Organen, der Hitze widerstehen und sich nicht in Alkohol lösen,
während sie bezüglich der übrigen Eigenschaften sich wie diese verhalten,
kann man nicht sagen, ob sie substantiell verschiedene hämolytische Grund-
stoffe enthalten. R. Giani.
A. Karzinombehandlung durch X-Strahlen.
Perthes (134) hat ausführliche Studien über die Wirkung der X-
Strahlen auf lebende Gewebe und speziell auf die Karzinome gemacht. Zn-
erst bespricht er die Technik der Bestrahlung, dann die Einwirkung der
X-Strahlen auf Warzen und die dabei beobachteten histologischen Befunde.
Es folgt die Behandlung der Gesichtskankroide (4 Fälle, 3 geheilt, 1 noch in
Behandlung) und der rezidivierten Mammakarzinome (mehrere Besserungen,
aber keine Heilung). Es wurden dann Versuche gemacht, in wiefern die Be-
strahlungen überhaupt auf die Zellteilung und das Wachstum des Körpers
Einfluss haben. Bei jungen Hühnchen zeigte sich nach Bestrahlung nnr einer
Körperhälfte, dass diese im ganzen (nicht nur die Epidermoidalgebilde) stark
im Wachstum zurückblieb. In einem Anhang werden die genauen Kranken-
geschichten gegeben. Die behandelten Gesichtskankroide sind photographisch
wiedergegeben.
Sequeira (151) berichtet über seine Resultate der Röntgenbehandlung
bei Ulcus rodens unter Beigabe von Photogrammen. Er empfiehlt die X-
Strahlen für die Behandlung inoperabler Fälle, aber nicht für die exzidier-
baren. Zweimal hat er vollen Misserfolg gehabt; mehrere Fälle sind seit
einem, zwei oder drei Jahren rezidivfrei geblieben. Die Hälfte der Fälle
Volk mann, AUgemeine Geschwnlstlebre. 237
rezidiYierte , doch in leichter xmd leicht zu behandelnder Form. Kleinere
Kuikroide schwanden schon nach 10 — 12 maliger Bestrahlung, grössere wurden
monatelang alle zwei Tage behandelt.
Exner (98) hat in drei Fällen von inoperablem Mammakarzinom zeit*
weise Besserung der Jauchung und Abnahme der Tumoren gesehen, aber
keine Heilung erlebt. Auch in einem Fall von Melanosarkom war zeitweiliges
Verschwinden der Knochen zu beobachten, aber keine definitive Heilung.
Coley (90) hat 75 maligne Tumoren bestrahlt, davon 10 Epitheliome^
tiefe ünterleibskarzinome und zahlreiche Sarkome. Er hat keine Heilung,
oft aber Besserung gesehen. Mehrere Gesichtskankroide waren nach 7 — 10
Monaten fast verschwunden; 3 Zungenkarzinome gar nicht gebessert; 5 in-
operable Rundzellensarkome verschwanden zunächst ganz, dann kamen rasch
Eezidive und Metastasen. 9 Sarkome zeigten gar keine Einwirkung. Er will
das Yerüahren auf inoperable Tumoren beschränkt wissen.
Ridell (143) hat 8 Fälle von Ulcus rodens mit X-Strahlen behandelt,
3 davon geheilt und 5 (noch in Behandlung befindliche) gebessert. Diese
Bestrahlungen setzt er länger als ein Jahr fort.
Lassar (119) mahnt zur Vorsicht. Man soll nicht mehr als 2 Am-
pere anwenden und sie höchstens 15 Minuten in einer Sitzung wirken lassen.
Lokale Reaktion darf gar nicht in der umgebenden Haut eintreten. In der
Diskussion über seinen Vortrag spricht sich v. Bergmann sehr skeptisch
über die ganze Behandlungsmethode aus.
Bendix (79) bespricht die Verwendungsart der Röntgenstrahlen in der
Dermatologie und bei Karzinom, ohne Neues zu bringen.
Tuffier (158) resümiert seine eigenen Erfahrungen dahin, dass er
sagt: Gesichtskankroide können gebessert, eventuell auch geheilt werden ^pour
m temps qu'on ne peut preciser^. Die sekundären Tumoren können ver-
kleinert werden, ohne dass dabei der allgemeine Prozess aufgehalten oder
die Metastasenbildung verhindert würde. Auf die tiefsitzenden Karzinome ist
die Behandlung fast ohne Einfluss.
Chrysospathes (88) hat ein vergeblich operiertes Rundzellensarkom
des Bauches (Ovarium?) mit X-Strahlen behandelt und den kopfgrossen
Tumor ganz zum Verschwinden gebracht. Die Heilung wurde noch nach
einem Jahre konstatiert.
Aliens (73) Mitteilung eines noch nicht geheilten Falles von Gesichts-
kankroid ist unwesentlich, ebenso Debaut-Manoir (92).
Lewis (122) bespricht in der New-York Dermatol-Soc. einen Fall von
Angenwinkelkarzinom, wo die X-Strahlen versagt haben. In der darauffolgen-
den Diskussion führt Allen einen Fall von Röntgenulcus an, Johnston hat
gleichfalls durch X-Strahleneinwirkung Xeroderma, Keratosis und Kankroid-
bildnng gesehen, letzteres bei einem Arzt. Lewis betont, dass er noch
keinen wirklich durch X-Strahlen geheilten Fall gesehen habe.
Auch Sick (152) hat schon den zweiten Fall von Karzinom des Hand-
rückens bei Röntgenarbeitern beobachtet.
(91). In der New-York Surgic. Soc. fand im Anschluss an einen Vor-
trag Coleys eine Diskussion statt. Coley betonte, dass es unrecht sei,
operable Krebse zu bestrahlen. Dowbarn äussert sich ebenso. Er will die
X-Strahlen nach der Operation prophylaktisch verwendet sehen. Meyer
hat bei Gesichtskankroiden gute Resultate gehabt und will jedes operierte
Mammakarzinom bestrahlen. Mandelbaum hat ein mehrfach rezidiviertes
238 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
FezDnrsarkom, das vor 4 Jahren mit Colejs Streptococcns-Prodigiosussterili-
säten geheilt war und jetzt mit Spontanfraktur rezidiviert ist, photographiert.
Voigt spricht von einer Besserung (SchmerzHnderung) eines Pharynx
<^arcinosus bei einem 89jährigen Greise durch X-Strahlen.
Gocht beschreibt zwei Fälle von inoperablem rezidivierendem Mamma-
karzinom, bei denen wegen der Schmerzen und Solaminis causa die Bestrah-
lung mit dem damals neuen Agens vorgenommen wurden. An eine Besserung
des Leidens an und für sich haben wir damals dabei nicht geglaubt. Die
Schmerzen Hessen sehr schnell nach und die Patientin war sehr glücklich und
zufrieden über die anscheinende Wendimg zum Guten. Es wird leider nicht
mitgeteilt, wie lange und wie intensiv die Bestrahlung gedauert hat.
Sequeira demonstriert vier Fälle von Ulcus rodens, die er durch
Röntgen-Bestrahlung geheilt zu haben glaubt. Die erzielten Resultate sind,
wenn man die Photographien vor und nach der Behandlung vergleicht, wirk-
lich glänzende zu nennen. Die Beobachtungen sind aber noch zu jungen
Datums, um von Dauerheilung sprechen zu können.
Finsen behandelte schon 1897 ein Epitheliom in seinem Lichtinstitui
Positiver Erfolg seither dauernd. Bericht von 17 weiteren Fällen von in
gleicher Weise behandelten Fällen, wovon 8 allem Anschein nach vollkommen
geheilt, 1900 von ihm neuerdings berichtet.
Sjögren und Sederholm teilen 5 Fälle mit, die ganz ausgezeichnete
Erfolge aufweisen. Nur ist die Beobachtungsdauer nach Schluss der Behand-
lung sehr kurz, weshalb sich obige über den Wert der Methode noch sehr
rückhaltend äussern. Dazu darf folgende Äusserung nicht unerwähnt bleiben:
^Dass in Fällen, wo die Behandlung Reaktion mit nachfolgendem Nekroti-
sieren und Abstossung der Neubildung herbeiführt, Heilung hervorgebracht
werden kann, scheint erklärlich. Schwieriger bleibt es zu begreifen, wie die
X-Strahlen diese direkt heilende Einwirkung in denjenigen Fällen ausüben
können, wo keine Reaktion zustande kommt. ^
Johnson und Merril berichten über folgende 6 Fälle: Fall 1: Epi-
theliom des Gesichtes bei 46jährigem Manne. Diagnose durch Probeexzision
erhärtet. 50 Bestrahlungen einen um den anderen Tag. Heilung fast ohne
sichtbare Narbe nach ^/s Jahr. Fall 2: Ulzeriertes Epitheliom der Nase.
6 Minuten lange Bestrahlungen jeden zweiten Tag. Heilung kurz vor Ver-
öffentlichung der Arbeit kontrolliert. Fall 3 : Ulzeriertes Kankroid der Lippen.
Die Eiterung nahm ab. Der Tumor verschwand nicht. Fall 4: Brostkrebs-
rezidiv sehr ausgedehnt, sehr schmerzhaft. Keine Veränderung des Tumors
durch die Behandlung. Günstiger Einfluss auf die Schmerzen. Fall 5 und
6: Epitheliome der Nase nach 2 — 3 monatlicher Bestrahlung geheilt. Verff.
benutzen weiche Röhren, schützen die Umgebung durch Staniolmasken. Der
Zweck der Behandlung ist, eine leichte Entzündung des kranken Gewebes
hervorzubringen, diese gradatim bis zur Verbrennung zu steigern. Die künst-
liche Röntgenverbrennung heilt dann in 6 Monaten (?). Dann setzt man die
Behandlung aus und beginnt, wenn sich nach einem Monat die Heilung nicht
als vollkommen erweist, von neuem.
Sequeira berichtet über 12 Fälle von Ulcus rodens und Mal perforant,
die mit X-Strahlen behandelt sind. 5 Fälle sind geheilt, die übrigen sind
mehr oder weniger weit von der Heilung entfernt, aber jedenfalls nicht ver-
schlimmert. Von Dauerheilungen im strengen Sinne kann noch nicht ge-
sprochen werden. Doch ist die Methode in Fällen, wo chirurgisch ans
Yolkmann, Allgemeine GeschwuUtlehre. 239
irgend einem Gnmde nicht vorgegangen werden kann, jedenfalls einer Nach-
prüfung wert.
Chamber] ain berichtet über 13 Fälle, die er mit X-Strahlen behandelt
hat Behandlungsdaaer sehr verschieden. Die Röntgenstrahlen wirken nicht
durch Elektrolyse oder Verbrennung, sondern haben nach Meinung des Yerfs.
eine spezifisehe Wirkung auf die Gewebe. Man kann Epitheliome zur Yer-
narbnng bringen, so lange noch keine regionären Drüsenschwellungen vor-
handen sind. Im übrigen lindert man durch Röntgenbestrahlung die Schmerzen
mi beseitigt exorbitante Granulationen.
Clark. Der Erfolg einer Röntgenbehandlung eines Brustkrebses. Bei
einer 60jährigen Frau zeigte sich ein exulzeriertes Karzinom der rechten
Hanmia, welches, da die Operation abgelehnt wurde, 5 mal wöchentlich 15
Minuten lang, vom 17. März angefangen, der Einwirkung der Röntgenstrahlen
ausgesetzt wurde. Bis 7. Mai d. J. war eine bedeutende Verkleinerung des
Brusttumors, der Achseldrüsen sowie der geschwürigen Fläche zu beobachten.
Stenbeck und BoUaan publizieren 5 glänzend geheilte Fälle von Kan-
kroiden des Gesichtes, die mit Abbildungen wiedergegeben sind. Die Kan-
kroide sitzen an der Nase, Wange, unter dem Augenlid. Die Behandlung
dauerte 3 Monate im Durchschnitt. Nach den ersten 8 — 12 Sitzungen Hess
sich jedoch in jedem Falle eine Besserung konstatieren. Die Narbenbildung
ist ideal.
Schiff demonstriert einen Patienten, der wegen eines rezidivierenden
Epithelioms der Haut der Jochbeingegend mit bestem Erfolg mit Röntgen-
strahlen (27 Sitzungen) behandelt worden war. Es erfolgte vollständige Heilung.
Ebenso verheilte ein Ulcus rodens bei einem Mädchen, das 7 Jahre lang ver-
geblich mit allen möglichen Mitteln behandelt worden war.
Sjögren über Ulcus rodens und Epitheliom: „Selbst habe ich mit
Röntgenbestrahlung 8 Fälle von Kankroid mit folgender Lokalisation be-
handelt: 2 an der Nase, 1 am äusseren Ohre, 1 an der Stirn, 2 in der
Temporalgegend und die 2 übrigen am unteren Augenlid. Von diesen sind
5 mit, wie es scheint, vollständiger Heilung zu Ende geführt worden. Die
3 übrigen sind noch nicht fertig, sondern sollen fortgesetzter Behandlung
unterzogen werden. **
Pfähl er hat 4 Fälle nach dieser Methode behandelt und 3 vollstän-
dige Heilungen erzielt. Da, wo es nicht zur vollständigen Heilung kommt,
sieht man immerhin eine bedeutende Besserung, indem die Schmerzen und
der Umfang des Tumors abnimmt und das Allgemeinbefinden sich bessert.
Gossor stellt eine Röhre vor, die bestimmt ist zur Bestrahlung um-
schriebener Bezirke. Sie besteht aus Material, das für Röntgenstrahlen nicht
durchdringlich ist. Nur der Anode gegenüber liegt eine Stelle mit einem
Glase, das für Röntgenstrahlen durchdringlich ist. Diese Anordnung eignet
sich zur Bestrahlung von Mundhöhle, Rachen, Vagina etc.
Le jeune: Fall von Karzinom, Rezidiv der Mamma und Achselhöhle.
29 Sitzungen ä 12 Minuten. Röhrenabstand 15 cm. Guter Erfolg bezüglich
der Schmerzen, der Ödeme und der Konsistenz der Tumoren. Die Kranke
ging später an allgemeiner Karzinose zugrunde.
Pusey. Hautkarzinome, Mammakarzinome, tiefgreifende Karzinome
am Hals und Kopf, Unterleibskrebs, Sarkome, Hauttuberkulose, Granulations-
-geschwülste, Keloide, Pseudoleukämie und richtige Leukämie wurden der
Radiotherapie unterzogen. Es handelt sich oft um vielfach anderweitig be-
240 Jahresbericht fOr Chirurgie. L Teil.
handelte, aufgegebene Fälle, ein denkbar ungünstiges Material, trotzdem gute,
z. T. überraschende Resultate (Heilung bei inoperablen Brustkrebsen). Die
besten Resultate gab die Epitheliombehandlung. Der Heilungsvorgang beruht
auf einer Degeneration der Gewebe von geringerer Lebenskraft,
auf das die Röntgenstrahlen elektiy wirken. Das gesunde Gewebe wird
nicht durch die Strahlen angegriffen. Die Vorteile sind: 1. Schnerzlosigkeit,
2. nur krankes Gewebe wird zerstört, 3. ausgezeichnete Narbenbildang , da.
das gesunde Gewebe geschont wird, daher manchen deformierenden Opera-
tionen vorzuziehen, 4. bei inoperablen Fällen wird der weitere Zerfall anfge-
halten und 5. häufig geringere Schmerzhaftigkeit erzielt. Die Röntgenbehand-
lung soll keinesfalls die operative Behandlung ersetzen. Sie soll für inope-
rable, bösartige Neubildungen und zur Prophylaxe eines Rezidives nach ope-
rativer Behandlung verwandt werden. Nur bei Hautkarzinom könnte die
primäre Radiotherapie in Frage kommen.
Pugh. 4 Fälle von Ulcus rodens. Bei allen 4 Fällen wird der £rfolg
als befriedigend geschildert.
Beck. Fall von Adenocarcinoma mammae. Rezidiv, inoperabel. Nach
Röntgenbestrahlung mikroskopisch festgestellt Kolloiddegeneration und Ver-
schwinden des typischen Karzinombaues.
Schiff stellt einen mit Röntgenstrahlen geheilten Fall von Epitheliom
vor: Zehnpfennigstückgross , seit 26 Jahren bestehend, an der Nasenwurzel
Vorher Behandlung mit Pflastern, Ätzung, Auskratzung, Exstirpation mit
nachfolgender Transplantation, alles ohne Erfolg. 33 Bestrahlungen. Nun-
mehr seit zwei Monaten glatte weiche Narbe. Der erzielte Erfolg wird von
Rethi, der den Fall früher behandelte, gelobt.
Hall Ewards. Das Epitheliom hatte vor 7 Jahren am linken anteren
Augenlid begonnen, war nach chirurgischer Behandlung gewachsen nnd hatte
sich an der Nase entlang bis zur linken Nasolabialfalte ausgedehnt. Es
ulzerierte stark. Nach der achten Bestrahlung nahm die Sekretion ab. Nach
12 Sitzungen wurde die Behandlung drei Wochen lang unterbrochen. In-
zwischen war die Heilung bis auf einen kleinen Herd an der Nase erfolgt,
der nach 6 weiteren Bestrahlungen vernarbte.
Sequeira bespricht die Behandlung von Ulcus rodens mit Röntgen-
strahlen. Von 80 Fällen hat er 34 geheilt, der Rest wird noch behandelt.
Rezidive sind häufig. Doch sind sie durch weitere Bestrahlungen noch zu
beseitigen. Trotz guter Erfolge empfiehlt Vortragender alle zur Exzision ge-
eigneten Fälle chirurgisch zu behandeln. Wirkliche Epitheliome werden zu-
weilen günstig beeinflusst. Sind die Drüsen bereits infiltriert, so ist die
Behandlung wirkungslos. Rezidivknoten in der Haut nach Mammaampnta-
tionen weichen oft der Bestrahlung.
Eijkman. Auch in Holland ergibt ein Überblick über die Krebs-
statistik ein wesentliches Anwachsen der Krebsfälle. Verf. macht mit Recht
darauf aufmerksam, dass dank der genaueren Untersucbungsmetboden die
Diagnose heutzutage viel häufiger gestellt wird. Kasuistik: drei inoperable
Fälle, die durch Radiotherapie günstig beeinflusst worden sind, bezw. geheilt
wurden.
1. Brustkrebs, exulzeriert. Drüsen in Infraklavikulargrube und Achsel-
höhle, Schwellung des Armes. Beginn der Behandlung 20. Oktober 1901.
Ende Dezember die Geschwulst, Anfang Januar 1902 sämtUche Drüsen ge-
schwunden.
Volkmann, ADgemeiDe Geschwnlsilehre. 241
2. Bachenkrebs. Beschwerden seit August 1901. 18. November Beginn
der Behandlung. Neubildung am rechten vorderen Gaumenbogen, in die
Zungenwnrzel und bis zum Zäpfchen reichend, seitwärts sich auf die Innen-
fläche des Unterkiefers, nach vom auf den Mundboden und die Zunge fort-
setzend. Die nicht exulzeiierte Geschwulst ist von aussen unter dem Kiefer
SU fassen. Drüsen längs des Stemo-CIeidomastoideus. 22. Januar 1902 ver-
schwand die Schwellung im Munde bis auf eine kleine Verdickung, von der
der Patient keine Beschwerden hat. Ende Dezember ist die Geschwulst unter
dem Kiefer verschwunden.
3. Krebs der seitlichen Halsgegend, starb 6 Wochen nachher an innerer
Verblutung. (?) Mikroskopische Beweise der Diagnose fehlen. Ebenso nähere
Angaben bezüglich Technik.
Freund (Wien) teilt mit, dass er eine Vorrichtung ersonnen hat, welche
gestattet, die Röntgenstrahlen in den Mund zu applizieren.
Holzknecht (Wien). Die von Sjögren und Stenböck empfohlene
Röntgentherapie des Ulcus rodens kann bereits als einwandsfrei betrachtet
werden. Wohl gegen 100 histologisch sicher gestellte Fälle mit bis zwei-
jähriger Rezidivfreiheit sind bereits mitgeteilt oder demonstriert worden.
Ein Kunstgriff, wie der von Freund angegebene, auch intraorale Epithe-
liome der Röntgenbehandlung zugänglich zu machen, ist daher sehr erwünscht.
Ich möchte nun bei dieser Gelegenheit, ich tue es nicht als erster,
darauf hinweisen, dass in Fällen tiefgreifender Epitheliome zwar im Gegen-
satz zum Ulcus rodens an eine radikale Heilung nicht gedacht werden kann,
da die Tiefenwirkung auch der Röntgenstrahlen eine äusserst beschränkte
ist, dass jedoch eine sehr lästige und häufige Sekundärerscheinung solcher
Karzinome, wenn sie exulzerieren , die Jauchung, schon auf sehr schwache
Reaktion hin verschwindet. Dass dieses nicht wenig für die Unglücklichen
bedeutet, denen die im höchsten Grade dissoziale Jauchung den kümmerlich
bemessenen Lebensrest verdirbt, braucht nicht hervorgehoben zu werden.
Unter der sanierten Oberfläche nimmt freilich das Karzinom seinen Lauf.
Schiff stellt ein seit 22 Jahren bestehendes Epitheliom am Jochbogen
vor, das nach 73 Röntgensitzungen vollständig zur Ausheilung gebracht wird.
Tawson Turner. 45jährige Frau mit Skirrhus der Mamma. In den
letzten 2 Jahren viermal operiert. Nach 8 Sitzungen von je 5 Minuten war
der Tumor verschwunden.
Comas und Prio. 63jährige Frau. Marksttickgrosses , trotz aller
Therapie langsam wachsendes Epitheliom der Wange. Geheilt nach 16 Be-
strahlungen von ^/i stündlicher Dauer. Die ganze Behandlung bis zur völligen
Yernarbung dauerte ca. 2^/2 Monate.
Fittig demonstriert einige mit Röntgenstrahlen behandelte Fälle von
Karzinom, in denen bemerkenswerte Erfolge erzielt worden sind. Zwei Fälle
von Epitheliom der Nase, einen an den Augenlidern und einen am Ohr. In
aüen Fällen ist die Diagnose histologisch erhärtet, der Erfolg in kurzer Zeit
ein eklatanter. Behandlungsdauer zwischen 14 Tagen (10 Jahre vergebens
medizinisch behandeltes Ulcus rodens) und 2 Monate. Am wirksamsten weiche,
nicht zu alte Röhren.
Dawson Turner sieht den Erfolg der Strahlentherapie in ihrer
Wirksamkeit auf das weiche, neugebildete Gewebe. Demgemäss muss die
Behandlung je nach der Lage der Tumoren an der Oberfläche, unter der
normalen Haut oder in tiefen Organen verschieden sein in bezug auf die
Jakreftbeneht fOr OUrargie 1906. 16
242
JahreBbericht für Chirurgie. I. Teil.
Auswahl. Bei oberflächlichen Neubildungen sind Finsentherapie und weiche
Röntgenröhren angezeigt; bei tieferem Sitze muss man möglichst Strahlen
mit grosser Penetrationskraft verwenden. Die Phototherapie vermindert die
Schmerzen. Sie erweicht die Tumoren und verbessert dadurch die Möglich-
keit ihrer Ausschälung, zumal da sie auch imstande ist, Verwachsungen der
der Tumoren zu lockern (?). Von 18 inoperablen Krebsen konnten 15 gebessert
werden. Die besten Resultate geben Brustkrebse, die schlechtesten die der
Zunge. Rezidive bleiben nie aus. Radikalheilung trat ein; doch hat Vor-
tragender den Eindruck, dass er mit 2 — ^3 mal wöchentlich stattfindenden
Sitzungen ein Weiterschreiten der Tumoren verhindern konnte.
Hall Edwards. 63 jähriger Mann. Epitheliom der Unterlippe, ^/s der
Unterlippe erkrankt. Keine Drüseninfiltration. 2 Monate lang behandelt.
Anfangs täglich, dann in immer längeren Intervallen. Im ganzen 37 Sitzungen
' von 10 Minuten Dauer. Glatte Vernarbung,
Grubbe (Chicago):
Auge .
Zange
Vagina
Rachen
Nase and Wange
Lippen
Total
Gat
Negativ
8
5
1
13
7
4
5
5
—
20
6
8
22
10
5
21
10
4
Unbe-
deutend
Die Behandlung wurde durchwegs in späteren Stadien durchgefohri
Daher figurieren unter den negativen Resultaten Fälle, die kurze Zeit nachher
an allgemeiner Karzinose etc. starben. Auch solche Fälle, deren Schicksal
nicht eruierbar war, wurden merkwürdigerweise unter die negativen Falle
gerechnet.
;,Wir behaupten nicht, dass alle Fälle, über die wir günstig berichteten,
absolut geheilt sind; aber wir behaupten, dass kein Krankheitszeichen bei
allen diesen entlassenen Fällen zu finden war."
Von der Annahme ausgehend, dass in der Mehrzahl von chirurgischen
Rezidiven die Wiederkehr des Leidens auf einer Proliferation von Epitheliai-
zellen von der primär affizierten Stelle aus beruht, sollte jeder operierte
Fall ein bis drei Wochen nach der Operation der radiothera-
peutischen Behandlung unterworfen werden. Schon Beck (New-
York) misst 1901 den Röntgen-Strahlen einen therapeutischen Wert bei zur
Behandlung von inoperablen Tumoren, sowie zur Nachbehandlung nach
Exstirpation von solchen Geschwülsten.
In der Jahresversammlung der American Röntgen Ray-Association zu
Chicago, Dezember 1902, wird ebenfalls über die Karzinomfrage diskutiert,
wobei in der Diskussion einer der Redner es als seine Ansicht gibt, ;,dass
es unnötig sei, das gesunde Gewebe zu schützen, weil das Tumorgewebe zu-
sammenbreche (break down), ehe das gesunde Gewebe leide.*'
Vortrefflich schildert Lancashire den Reaktionsverlauf eines mit X-
Strahlen behandelten Ulcus rodens: Zuerst wird der harte Randwall des
Volkmann, Allgemeine Gesohwolstlehre. 243
Greschwüres weicher, die Umgebung wird erythematös, desgleichen macht die
wachsbleiche Färbung einem dunkleren Kolorit Platz, die Glätte verschwindet
und es erscheinen Granulationen an der Oberfläche, welche immer mehr an
Zahl zunehmen. Nach einiger Zeit liegt die Basis des Geschwüres in der
Höhe der umgebenden Haut, ja die Granulationen können so wuchern, dass sie
das Hantniveau überragen. Von den Rändern erfolgt dann die Überhäutung.
Ich behandle seit mehreren Wochen gemeinschaftlich mit Herrn Prof.
S. Ehr mann einen 60 jährigen Dienstmann, welcher ein talergrosses, 1 cm
tiefes, histologisch festgestelltes.Krebsgeschwür auf der Schleimhaut des weichen
Gaumens trägt. Die Ränder desselben waren hart, der Grund grobknollig
und leicht blutend. Der Mann klagte über Schmerzen. Die Behandlung er-
folgt in der Weise, dass der Mann ein mit Bleiblech ausgekleidetes Rohr so
in den Mnnd nimmt, dass dessen Mündung auf das Geschwür gerichtet ist.
Die äussere Mündung ist durch ein entsprechendes Loch einer Bleiplatte
gesteckt, welche das Gesicht vor der Bestrahlung schützt. Die harte Röhre
wird vor die äussere Mündung postiert und täglich 10 Minuten lang bestrahlt.
Seit der 7. Sitzung fühlt sich der Geschwürsrand merklich weicher an. Das
Geschwür hat sich auf Kreuzergrösse zentripetal verkleinert, ohne dass es bis
dahin zn einer sichtbaren Reaktion kam. Gleichzeitig war das Nachlassen
der Schmerzen und der Rückgang der Schwellung einer regionären Lymph-
drüse ganz auffallend.
Lowe führt an: 1. Knotiger, ballgrosser, langsam wachsender Karzinom-
tumor der linken Mamma mit starken Schmerzen. Litensive Einzelbestrah-
limgen in längeren Intervallen. Auffallend rasches Verschwinden der Schmerzen.
Rückgang des Tumors bis auf Normalgrösse. Keine Hautveränderung. Fall 2.
51 jähriger Mann. Karzinom des Sinus pjriformis und Larynxeinganges durch
Bestrahlung behandelt. Grosse Besserung der Schluckbeschwerden und Ver-
kleinerung, ja sogar partielle Vernarbung der Neubildung. Fall 3. Magen-
karzinom. Der fühlbare Tumor wird kleiner. Fall 4. Sarkom der Media-
stinaldrüsen mit Kompressionserscheinungen. Anfangs Besserung, die im
Aufhören der Schmerzen und in leichter Expektoration bestand.
Mikulicz und Fittig. Aus den Versuchen in der Breslauer chirur-
gischen Klinik geht hervor, dass die Röntgenstrahlen eine gewisse elektive
Wirkung auf das Krebsgewebe besitzen. Krankengeschichte eines 52jährigen
Mannes mit einem ausgedehnten, sehr frei liegenden Karzinom der Mamma
mit Metastasen in den beiderseitigen Achseldrüsen. Die Achselhöhlen wurden
ausgeräumt, das Karzinom mit weichen Röhren bestrahlt. Probeexzision.
Histologische Bestätigung als Carcinoma simplex. Nach ganz wenig Bestrah-
lungen auffallende Besserung. Probeexzision unmittelbar neben der ersten
Exzision: Nirgends mehr in den Schnitten Karzinomzellen. Ausser einer
geringen Rundzelleninfiltration des subkutanen Gewebes und einer Anzahl
von Riesenzellen, die frei im Bindegewebe liegen, keine besonderen Verände-
rongen zu bemerken. Sechs Sitzungen von nur kurzer Expositionszeit, ohne
dass eine stärkere Reaktion als\ massige Rötung aufgetreten war, genügten,
um den Tumor gänzlich zum Schwinden zu bringen und drei Monate nach
Beginn der Behandlung war völlige Heilung mit vorzüglicher Narbe ein-
getreten.
Im Anschluss an die Krebsbehandlung mögen noch folgende Fälle von
Sarkom angeführt werden, die wiederum ohne allen Kommentar angeführt
werden.
16*
244 Jahreeberieht fflr Chirurgie. I. Teil.
Es würde den Eahmen der voriiegenden Arbeit weit überschreit^it
wenn anf eine gründliche Kritik vorliegender Publikationen eingegangen würde.
Auffallend ist die mit jedem Jahre immer grösser werdende Bestimmtheit in
der Betonung von Erfolgen. Nachdem nun die Röntgenstrahlen bereits eine
Reihe von Jahren auf anderen Gebieten angewendet worden sind, ist e&
wiederum auffallend, dass bei einer Krankheit, wo man sonst oft in den Fall
kommt, Verordnungen zu treffen nach der Art ut aliquid fiat, nicht schon
mehr Erfahrungen gesammelt werden konnten. Ein Grund für diese Erschei*
nung mag in der wohlbegründeten Zurückhaltung gelegen haben, mit welcher
man bisher die in der Literatur noch dazu sehr zerstreut erschienenen Publi-
kationen aufgenommen hat; nicht zum mindesten deshalb, weil es sich um
eine Erkrankungsform handelte, bei der man nach bisherigen wohlbegründeten
Anschauungen die grösste Sicherheit nur in der möglichst frühzeitigen opera-
tiven Entfernung der Neubildung sah. Auch jetzt noch scheint die Sachlage
nicht wesentlich zuungunsten der Chirurgie verschoben zu sein, indem sich
die bisherigen Erfolge der Röntgenbestrahlung wesentlich auf solche Formen
beschränken, die möglichst wenig tief unter der Haut liegen oder sonst direkt
der Bestrahlung zugänglich gemacht werden können. Tiefer gelegene Formen
sind nur mit härteren Röntgenröhren erreichbar, und gerade dieses Moment
wird eine gewisse Schranke setzen, indem die Strahlen therapeutisch um so
unwirksamer werden, aus einer je härteren Röhre sie stammen. !Es bedarf
momentan jedenfalls noch sehr vieler Arbeit an inoperablen tiefen Fällen,
bis man entscheiden kann, ob man solche tief gelegene Formen auch mit
der gleichen Aussicht auf Erfolg von vornherein in Angriff nehmen darf wie
mit den bisherigen Methoden.
Bei inoperablen tiefen Formen (Darm etc.) wird es sich in erster Linie
darum bandeln, die Karzinome unter solche Bedingungen zu bringen, wo sie
keinen Reizen mechanischer etc. Natur ausgesetzt sind, d. h. Reizen der Art,
die ein Wachstum an sich befördern, eine Forderung, die aus anderen Gründen
schon jetzt meist erfüllt werden muss. Tief gelegene Formen, die operierbar
erscheinen, müssen einstweilen nach bisherigen Anschauungen behandelt werden.
Jedenfalls darf eine notwendig erscheinende Operation nicht hinausgeschoben
werden durch eine zu hoch gespannte Erwartung von den Röntgenstrahlen.
Dagegen scheint die Sicherheit der operativen Entfernung von malignen Ge-
schwülsten wesentlich zu gewinnen durch die Nachbehandlung durch
Röntgenbestrahlung, ein Punkt, der jedenfalls aller Beachtung wert ist.
Hervorgehoben muss auch werden die Möglichkeit der Beeinflussung von
Krebsgebilden ohne Beeinflussung der darüber liegenden Haut. Die prompte
Schmerzlinderung ist ebenfalls ein grosser Gewinn, da sie viel weniger teuer
bezahlt werden muss als durch Narkotika.
Alle oberflächlichen Krebsformen, auch solche der zugänglichen Schleim-
häute, ebenfalls der Brustdrüse, letztere zwei Arten unter gewissen Reserven,
dürfen also mit Röntgenstrahlen behandelt werden. Es ist das schon für die
zahlreichen Krebskranken ein erheblicher Gewinn, der in Anbetracht der
grossen Zahl derselben nicht gering anzuschlagen ist.
Die Krebskranken rangieren in der Zahl der ärztlich konstatierten
Todesfälle noch an hervorragender Stelle, und welche Bedeutung den Krebs-
erkrankungen in der Schweiz speziell zukommt, mag untenstehende Tabelle
zeigen, die nach der ;, Schweiz. Statistik", Heft 135, hergestellt ist und zu-
gleich einen Vergleich mit der Statistik der Lungenschwindsucht gestattet.
Volkmann, AUgemeine Gesehwolstlehre.
245
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6106
10,2
8951
6,6
5984
10,1
3990
6,1
5823
10.1
8986
6,9
6692
10,5
4112
6,4
6241
10,»
4095
6,8
®3 a
Ml
1867 I 6106 10,2 8951 6,6 2
1898 I 5984 10,1 3990 6,1 4
1899 I 5823 10.1 8986 6,9 3
1900
1901
Auffallend ist, wie gering der Prozentsatz ist von solchen, die Spital-
behandlang aufsuchen, also sich in die denkbar günstigsten Verhältnisse zu
einer eventuellen Heilung begeben, pro 1900 1346 und pro 1901 1362
(Sanit. demograph. Bulletin, 70 der hauptsächlichsten Spitäler). Es mag hier
nicht erörtert werden, wo diese Erscheinung herrührt. Nur mag hier der
Hoffnung Ausdruck gegeben werden, dass die Röntgenstrahlen berufen sein
werden, die Zahl wirklicher Heilungen zu vermehren, den armen Kranken
grössere Zuversicht zu geben und Uire Leiden, wenn auch nicht immer zu
heilen, so doch wesentlich zu mildem und im Laufe aufzuhalten.
Otto Schär (Bern).
Beck gibt die ausführliche durch Illustrationen erläuterte Kranken*
geschichte eines Falles von Melanosarkom des Unterschenkels, der aus einer
am Malleolus int. sitzender Warze in rapider Weise sich entwickelte. Radi-
kales chirurgisches Vorgehen lehnte der 36jähnge Patient ab. Der Tumor
imd die zugehörigen Lymphdrüsen wurden exstirpiert, rasch wieder auftretende
lokale und r^inäre Rezidive wurden mehrfach entfernt, ohne dass damit dem
Weiterschreiten der Melanosarkomatose Einhalten geschehen konnte. Es
wurde dann mit einer Röntgen-Bestrahlung zu terapeutischen Zwecken be-
gonnen, anfangs 10, dann 20, 30 und zuletzt 45 Minuten lang. Im ganzen
fanden 7 Sitzungen statt. Der Erfolg ist ein erstaunlicher. Eine Reihe
kleiner Sarkom knoten verschwanden vollkommen, während einzelne grössere
Knoten einschrumpften und entschieden Volumverminderung zeigten. Neue
Knoten entstanden nicht. Der Endeffekt, der sich neun Wochen nach der
letzten Bestrahlung konstatieren Hess, ist ein ganz vorzüglicher. Beck teilt
diesen Fall mit aller Reserve mit und wird über den weiteren Verlauf später
berichten.
Coley. Bei 14 Fällen von Sarkom wurde bestrahlt: 11 Fälle zeigten
Rondzellentypus, einer davon war eine Melanosarkom der Clandul, femoral
und iliacae. Zwei waren Spindelzellensarkome und einer ein rekurrierendes
Osteosarkom. Die Tumoren waren am Hals, (Lymphosarkom) in der Parotis,
am Oberkiefer, am Proc. mastoideus, in der Achselhöhle und am Oberschenkel
gelegen. Der Verf. kommt zu folgenden Schlüssen : Die Resultate in den bis
jetzt behandelten Fällen beweisen, dass die Röntgenstrahlen eine bemerkens-
werte, hemmende Wirkung auf das Wachstum aller Arten bösartiger Geschwülste,
speziell Sarkome ausüben.
246 Jabreabericfat für Chirurgie. I. Teil.
Diese Wirkung kann in vielen Fällen von sogar vorgeschrittener bös-
artiger Erkrankung das gänzliche Verschwinden der Geschwülste zur Folge
haben, oft ohne Zerstörung der Gewebe, da die Neubildung augenscheinlich
resorbiert wird.
Ob die Patientin geheilt oder die Krankheit nur aufgehalten wurde,
um zu einer späteren Zeit wieder zu erscheinen, ist eine Frage, die allein
die Zeit entscheiden kann.
Während augenblicklich kein Beweis vorhanden ist, dass tiefeitzende
Geschwülste im Unterleib und Becken durch die Röntgenstrahlen geheilt
oder gebessert werden können, so haben wir doch Grund zu hoffen, dass mit
verbesserten Apparaten oder bei vorgeschrittenem Wissen und Geschick-
lichkeit in der Handhabung des Apparates, selbst diesen Fällen geholfen
werden kann.
Die Röntgenstrahlen haben einen sehr merklichen Einfluss auf den
Schmerz bei fast allen Arten bösartiger Geschwülste, indem sie in den meisten
Fällen gänzliche Erleichterung gewähren. (Referent?)
B. Behandlung der Karzinome mit anderen Methoden.
Macintyre (124) spricht über die therapeutische Verwendbarkeit der
Radiumstrahlen. Er gibt zuerst eine physikalische orientierende Einleitung,
dann die Geschichte eines Ulcus rodens der Nase (mit zwei Photogrammen),
das in fünf Wochen nach 37 Bestrahlungen ;,fast gänzlich '^ geheilt wurde.
Ein inoperables Schlundkarzinom wurde gebessert. Die Verwendbarkeit des
Radiums ist, wenn sie überhaupt eine nennenswerte ist, sehr beschränkt, weil
der Bestrahlungskreis ein zu kleiner ist.
Die klinischen Vorträge von Lejars (120) über den Nutzen und die
Grenzen der Krebsbehandlung und von Mohr (127) über Prophylaxe gegen
Karzinom eignen sich nicht zum Referat und bringen nichts Neues.
Ein sehr lesenswertes Buch stammt von Lomer (123), ;,über die Heil-
barkeit des Karzinoms". Im ersten Teil spricht Verf. von der Tatsache, dass
zahlreiche Karzinome, die unvollständig operiert waren, doch dauernd heil
bleiben, dass also sicher spontane Abtötung von Krebskeimen im Körper
regelmässig vorkommt, und bespricht dann an der Hand der äusserst fleissig
herangezogenen Literatur die erstaunlich guten Resultate, welche die An-
wendung der Glühhitze auf inoperable Karzinome oft noch ausübt. Er beweist
in einer grossen Literaturzusammenstellung, dass Dauerheilung dabei oft vor-
kommt. Im zweiten Teile wird der Ursache dieser Erscheinungen nach-
gegangen. Die Krebszelle ist viel hinfälliger als die normale Epithelzelle,
besonders gegen Hitze weniger widerstandsfähig. Lomer schliesst daraus,
dass auch fieberhafter Verlauf nach Krebsoperationen prognostisch gunstig
sei, z. B. sind seiner Erfahrung nach die inoperablen üteruskarzinome, die
mit der Komplikation einer fieberhaften Beckeneiterung zur Beobachtung
kamen, durchschnittlich länger am Leben geblieben als die andern fieberlosen
Fälle. Ebenso verhält es sich mit den fieberhaft und fieberlos verlaufenen
„Radikaloperationen". Auch dies wird unter ausgiebiger Literaturbenutzung
dargelegt. Die Coleysche Toxinbehandlung wirkt nach Lomer wahrschein-
lich durch das dabei entstehende Fieber schädlich auf die Krebszellen. Das-
selbe ist es mit den Heilungen von Krebs nach echtem Erysipel. Überhaupt
scheinen „tiefe Alterationen des Blutes", wie sie auch durch grosse Blut-
YolkmaiiD, Allgemeine Geschwulstlehre. 247
Verluste herbeigeführt werden, auf das hinfällige Leben der Krebszellen
ungünstig einzuwirken. Ebenso sind schon vielen Seiten blutalterierende Gifte
(Arsen, chlorsaures Kali etc.) als Krebsheilmittel empfohlen worden. Danach
bestände theoretisch die Möglichkeit, durch ein hämolytisches Serum den
Krebs zu heilen. Lomer hat Versuche mit einem Epithelserum begonnen.
Endlich kommt er auf die sog. Zufallsheilungen zu sprechen und zitiert
eine grosse Anzahl solcher ;, Überraschungen". Er schliesst mit den ausführ-
lichen Krankengeschichten der mit Glühhitze behandelten Fälle und präzisiert
einige Fragen, denen weiter nachzugehen wäre, z. B. Verhalten der Leuko-
cyten bei Karzinom, Wirkung des Epithelserums, der Toxine, der Anwendung
allgemeiner Erhitzung etc.
Mohr (129) hat die Spontanheilung eines von ihm als Karzinom auf-
gefassten, mikroskopisch nicht untersuchten Tumors (in der v. Bergmann sehen
Klinik waren „Zweifel an der Natur des Tumors" [Karzinom oder Lues?]
geäussert worden!) beobachtet, der in der Backentasche seinen Sitz hatte.
Er bespricht im Anschluss an diesen Fall die Literatur über spontane Heil-
barkeit des Karzinoms.
Powell (138) beschreibt seine Methode der Formalinbehandlung des
Krebses. Mit IV2 bis 2°/oiger Formalinlösung (nicht stärker, weil sonst zu
schmerzhaft!) durchtränkter Mull wird auf den Tumor appliziert und sechs-
stündlich gewechselt. Es erfolgt Abstossung des kranken Gewebes und Ver-
narbung. Über seine Resultate berichtet er an dieser Stelle nicht.
Drage (96) ist ein wunderlicher Schwärmer für „Cinnamon-Solution'^.
Da man, wie er als bekannt voraussetzt, damit sehr leicht in zwei Monaten
die Lungentuberkulose heilen könne (in leichteren Fällen könne der Erfolg
in dieser Zeit ^garantierte werden), wandte er das Mittel auch auf Karzinome
an. (Weshalb das Tuberkuloseheilmittel auch auf Krebs wirken muss, wird
nicht gesagt.) Er behandelte mehrere Brustkrebse, ohne über das Resultat
za berichten. Seine Absicht ist dabei, Leukocytose und Narbenbildung anzu-
regen. Der Krebs erwies sich aber als schwerer angreifbar als selbst die
schwersten Fälle von Schwindsucht (!).
Breuss (83) empfiehlt Aspirin als schmerzstillendes Mittel bei Karzinom-
kranken, hauptsächlich in der Absicht, damit die später doch unvermeidliche
Anwendung von Morphium möglichst hinauszuschieben.
Belbeze (76) hat mit einer durch vier Monate angewandten Chinin-
applikation (Chin. mur. 1,0; Adeps suilli 20,2, zweimal täglich aufgetragen)
ein Nasenflügel- Wangenkankroid von 3 cm Durchmesser geheilt. Keine mikro-
skopische Untersuchung.
Mit einem eigentümlichen elektrischen Osmoseapparat, dessen Beschrei-
bimg im Original eingesehen werden muss, hat Wright (164) 23 Karzinomfälle
behandelt. Fünf davon sind angeblich geheilt.
In drei Fällen von Lungen- und Kehlkopfkarzinom hat Mahn (125)
Besserung der Schmerzen und Nachlassen der Blutungen nach Adrenalin-
spälungen gesehen.
Ein merkwürdiger Vorschlag stammt von Routh (146). Er hält das
Karzinom für erblich und abhängig vom Wasser. Da er in London lebt,
verlangt er, um die Krebskrankheit zu beseitigen, Drainage des ganzen Unter-
grunds von London und Sterilisation alles Gebrauchswassers.
Adamkiewiez (71, 72) empfiehlt in der Presse medicale und in den
therapeut. Monatsheften an der Hand nichts beweisender Fälle noch immer
248 Jahresbericht für Chirurgie. I. Teil.
sein Eankroin als Krebsheilmittel. U. a. führt er zum Beweis für die Heil-
kraft seines Mittels ein Oberkieferkarzinom an, das während der länger
dauernden Behandlung ;,ungeheuerlich^ gross wurde. Oberkiefer und Nase
waren fast völlig während der Behandlung zerstört worden. Der Patient
starb endlich. Nach Adamkiewicz ist dies nur ein ^^scheinbarer Misserfolg^,
denn der Krebs war ^ausgestossen^ und der Patient war nur ^zu schwack
geworden", um wieder gesund zu werden (!).
Hagenthorn (111) berichtet über zwei mit diesem „Krebsheiimittel^
behandelte Fälle. Beide Kranken verliessen im ;, Vollbesitze ihres Karzinoms^
die Klinik. In einem Falle war nach Hagenthorn ^^zeitweise eine Um*
Wandlung" des Krebsgewebes in Granulationsgewebe erfolgt (was bedentei
das? Ref.), was als Wirkung des Kankroins aufgefasst wird. (Das Karzinom
war aber ausserdem gleichzeitig mit Paquelin und scharfem Löffel bearbeitet
worden. Ref.)
G. Kasuistisches und Klinisches.
Korteweg (118) hat die Karzinomstatistiken der letzten Jahre, speziell
die des Magen- und Brustdrüsenkarzinoms, einer genauen kritischen Unter-
suchung unterworfen. Das Brustkarzinom eignet sich vor allem dazu, die
älteren Statistiken mit denen der letzten Zeit zu vergleichen. Und dann ist
es sehr auffallend, dass, während die Dauerheilungen bei den Brustkrebsen
ohne Drüsenmetastasen sich von Jahr zu Jahr gemehrt haben, die definitiyen
Heilungen bei denjenigen mit Metastasen in den regionären Drüsen onyer-
ändert geblieben oder selbst heruntergegangen sind, trotzdem der Zeitpunkt
der Operation zweifelsohne verfrüht ist.
Die Erklärung dieser Tatsache kann nur darin gesucht werden, dass
die bösartigen Krebse auch bei Frühoperation eine schlechte Prognose geben ;
dann aber haben diese Krebse auch schon bei frühzeitigem Operieren Drasen-
metastasen hervorgerufen. Die gutartigen Karzinome kamen früher öfter«
erst zur Operation, als sie schon zu Achseldrüsenmatastasen geführt hatten;
sie wurden dann gerechnet zu den Fällen mit Drüsenmetastasen, die zar
definitiven Heilung kamen.
Aus diesen Betrachtungen wird der Schluss gezogen, dass die Art des
Karzinoms ausschlaggebend ist für den operativen Erfolg, viel mehr als der
Zeitpunkt der Operation.
Während die mittlere Lebensdauer bei Frauen mit Brustkrebs, die
innerhalb der ersten Monate zur Operation kamen, nur 16 Monate beträgt,
beträgt sie bei Kranken, die erst nach zwei Jahren operiert wurden, bis 47
Monate. Nur das gutartige Karzinom können wir zur definitiven Heilung
bringen. Und wenn nun nicht so sehr der Zeitpunkt der Operation und das
Radikale und Eingreifende des Operationsverfahrens entscheidend sind für
das Schicksal der Kranken, sondern vielmehr der Charakter des Karzinoms,
dann dürfen vrir die Operationsprognose der Krebse innerer Organe derjenigen
der äusseren Karzinome ziemlich gleich stellen. Die gutartigen Krebse scheinen
bei Magen- und speziell Darmkarzinomen die Mehrzahl zu bilden.
Goedhuis (Deventer).
Einen Beitrag zur Frage von den Beziehungen zwischen Krebs und
Malaria liefert Betti (82), indem er über 5 eigene Beobachtungen berichtet.
In einem Falle von Krebs der Unterlippe brachte die Malaria keine Besse-
rung, und keinerlei wohltätige Wirkung entfalteten die Chininsalze in ö Fällen
Yolkmann, Allgemeine Geschwohtlelire. 249
TOD k&rzinomatösen Neoplasmen (1 Fall von Krebs der Unterlippe, 1 Magen*
Icrebs, 1 P jlomskrebs , 1 rezidivierter Krebs der Submaxillardrüse and 1
M&mmakrebs). R. Giani.
Solieri (153) teilt die klinische Geschichte eines 48 jährigen Individnnms
mit, das in die chirurgische Klinik in Siena kam, nm sich von einer hühner-
«grossen Geschwulst, die an der inneren Seite des Oberschenkels, 1 cm
unterhalb des Snlcus genito-cmralis ihren Sitz hatte, tief eingepflanzt und
von sehr harter Konsistenz war, befreien zu lassen, lifit dieser Geschwulst
war er seit seinem 12. Lebensjahre behaftet; anfangs war sie kirschengross,
dann nahm sie langsam an Grösse zu bis zu seinem 25. Jahre und seitdem
blieb sie stationär. Sie hatte ihren Sitz im Muse, rectus internus und war
Ton einer sehr dicken, ihr nur wenig anhaftenden fibrösen Kapsel umgeben,
die bei der Abtragung in situ gelassen wurde. Bei der histologischen Unter-
sndiung erwies sich die Geschwulst als ein Osteom.
Acht Monate nach der Operation nahm Patient in den Weichteilen
unter der Narbe ein weiches, bewegliches Tumörchen wahr, das langsam an-
wuchs. Infolge einer Anstrengung hatte die Geschwulst in wenigen Minuten
die doppelte Grösse erlangt und seitdem war sie schnell angewachsen, so dass
sie nach fünf Monaten Fötuskopfgrösse hatte. Bei der Abtragung konsta-
tierte man, dass die Geschwulst zwischen Fasern des Muse, rectus internus
sass, dort wo man die Kapsel des Osteoms zurückgelassen hatte, von welcher
keine Spur mehr bestand.
Bei der mikroskopischen Untersuchung erwies sich diese zweite Ge-
schwulst als ein Spindelzellensarkom mit zentraler myxomatöser Degeneration.
Die Untersuchung der Geschwulst auf Bakterien und Blastomyceten gab ein
negatives Resultat. Patient heilte von der Operationswunde, aber nach Ver-
lauf von vier Monaten erschien er wieder mit einem Rezidiv in situ; neue
Operation.
Verf. meint, dass das erste Osteom durch Metaplasie der fixen Binde-
gewebszellen seiner Kapsel in Knochengewebe entstanden war; in der bei
Abtragung des Osteoms in situ gelassenen Kapsel haben die nicht mehr
durch das Osteom komprimierten und schon metaplastisch tätigen fixen Ele-
mente diese ihre Tätigkeit noch gesteigert und zuerst sarkomatöse Zellen,
dann ein echtes Sarkom generiert. R. Giani.
Nicht um die Konstanz des Les ersehen Symptoms, nämlich die An-
wesenheit von Hautangiomen bei Krebskranken zu bestätigen, welches Sym-
ptom schon Gebele und Rosenbaum von bestreitbarem diagnostischen
Werte fanden, sondern als kasuistischen Beitrag veröffentlicht Tarantino
056) die klinische Geschichte von drei Krebskranken, bei denen zahlreiche
Hautangiome angetroffen wurden. — Bei nicht karzinomatösen Individuen war
der Beftind fast immer negativ. — In einem Falle von Karzinom des linken
Eierstocks mit Drüsenmetastasen bei einer 70jährigen Frau wurden 20 An-
giome und Pigmentmäler angetroffen; bei einem mit Leberkrebs behafteten
66jährigen Manne zählte man deren 50 und "20 bei einer mit Mamma-
Adenokarzinomen behafteten 56jährigen Frau. R. Giani.
Bei einem Manne trug Fracassini (103) ein Hautfibrom ab, das in
<ler Brustwarzengegend sass ; nach Beschreibung des Falles teilt er den histo-
logischen Befund mit. Das Fibrom bestand aus dicht zusammengedrängten
kompakten Bindegewebsbündeln mit spärlicher Grundsubstanz und vielen
dickwandigen Gefässen. Die Geschwulst, die drei Kilo wog, gehört zu den
250 Jahresbericht fflr Chirargie. I. Teil.
am seltensten beobachteten; histologisch war sie nicht wie die gewöhnlichen
Hautfibrome beschaffen. Verf. hält es für ratsam, solche Fibrome mit dem
Bistouri abzutragen, weil sich ihr Gewebe leicht in sarkomatoses amwaDdelt
G. Giani.
De Gaetano (106) beschreibt histologisch ein Sarkom, das am TU
Zwischenrippenraum auf der rechten dorsalen Seite aus einem Muttermal
entstanden war und dessen Zellenelemente die unteren Schichten der Mal-
pighi sehen Schleimschicht infiltrirt und die Lostrennung der Keimschicht
bewirkt hatten. An einem abgetragenen Muttermal machte er einen Befund,
der die Pathogenese solcher Tumoren zu erklären vermag: er fand nämlich
Vorhandensein von vielen atypischen, embryonalen, noch nicht differenzierten,
aus dem Mesoderm stammenden Zellenelementen. Dieser Befund verleiht der
Durant eschen Theorie, nach welcher die Tumoren embryonalen Ursprungs
sind, eine kräftige Stütze. E. Giani.
De Gaetano (107) berichtet über einen Fall, in welchem am linken
Stirnhöcker ein Epitheliom bestand, das nach Erysipelanfällen spontan heilte;
drei Jahre darauf rezidivierte es nach einem Trauma und trotz weiterer
Eryspelanfälle erfuhr die ülzerationsfläche keine Veränderung. Verf. trug
nun die Geschwulst ab und nahm die Autoplastik nach der italienischen
Methode vor; er erzielte ein gutes Resultat. — Er führt die Fälle an, in
denen maligne Tumoren nach Erysipelanfällen heilten, es sind nur wenige;
zahlreicher dagegen sind die Fälle, in denen nach solchen Anfällen die Ge-
schwulst auf kurze Zeit zu wachsen aufhörte. R. Giani.
V. Schaldemose (147). Über Gelenkaffektionen bei den Sarkomen
langer Röhrenknochen. Der Sachverhalt wird durch fünf Krankengeschichten
illustriert. Wenn bei Osteosarkomen Gelenkaffektionen auftreten, ist das
Gelenk vom Sarkom mitangegriffen. Das Knorpelgewebe besitzt grosse Wider-
standsfähigkeit gegen das Sarkom, es ist daher eine Ausnahme, dass das
Sarkom durch den Gelenkknorpel in das Gelenk hineinwächst, in der Regel
wächst es aussen heraus, indem es den Ligamenten und der Kapsel folgt..
Das Sarkom kann sich parartikulär halten oder in die Gelenkhöhle hindn-
wuchern; fast immer ist Exsudation im Gelenk vorhanden. In der R^d
werden neben den Gelenkaffektionen ausgesprochene Symptome von Osteo-
sarkom vorhanden sein ; mehr ab und zu, wie in den fünf mitgeteilten Fällen,
dominiert das Gelenkleiden das Krankheitsbild, so dass die Differentialdia-
gnose schwierig oder unmöglich werden kann. Meistens wird das Leiden
eine tuberkulöse Arthritis simulieren, seltener eine akute oder chronische
Synovitis. Als Momente, welche von Bedeutung, wenn auch nur von bedingtem
Werte bei der Differentialdiagnose sein können, werden hervorgehoben: der
Charakter der Schmerzen (spontan, neuralgisch), die Entwickelung der Ge-
schwulst (extraartikulär beginnend), ihre unregelmässige Form und ihre ver-
schiedene Konsistenz an verschiedenen Stellen, eine bisweilen auffallend freie
Beweglichkeit im Gelenk bei Sarkomen und der abnorme Verlauf bei der
Behandlung (keine Linderung bei Ruhe und Elevation, Verschlimmerung bei
komprimierenden Bandagen). (Schaldemose.)
Heinatz (110) stellt an der Hand des Krankenmaterials der Ratimor-
schen Klinik Nachforschungen über die Erblichkeit des Krebses an. Von
210 Krebskranken liess sich Karzinom in 3,8 7o der Fälle bei den Eltern und
in 8,6 7o bei den Verwandten nachweisen. Weiter fand Heinatz unter
166 Fällen gutartiger Geschwülste Krebserkrankungen bei den Eltern in 4,2 V
Volkmann, Allgemeine Geschwulstlehre. 251
und bei den Verwandten in 6,6^/0 der Fälle. He in atz meint, dass die
Erblichkeit des Krebses nicht erwiesen sei. Hohlbeck (St. Petersburg).
V. Brunn (83) behandelt an der Hand von 20 neuen Fällen der Bruns-
schen Klinik das Kapitel Extremitäten -Karzinom, indem er auf des Ref.
Arbeiten von 1890 fusst und zum Schluss ein Material von 368 Fällen
(223 Ton Yolkmann, 46 aus Bruns' Klinik, 99 aus der Literatur der letzten
Jahre) zur Besprechung heranzieht. Er teilt die Fälle wie Ref. in solche
ein, die 1. aus alten Narben, Fisteln etc., 2. aus Warzen und Malern, 3. aus
Torher normaler Haut entstanden sind, und kommt im wesentlichen zu dem-
selben Resultat wie Ref. Nur fand er die Prognose im ganzen nicht so
günstig wie Verf., er rechnet nicht 50 — 56, sondern 35 ^/o Dauerheilungen aus.
;,Für die Behandlung konkurrieren die verstümmelnden und konservativen
Methoden; bei letzteren treten zwar wesentlich häufiger Rezidive auf, doch
ist einschliesslich der erfolgreich operierten Rezidive die Heilungszahl bei
den beiden Behandlungsarten etwa gleich.^ Zum Schluss folgen kurz die
Krankengeschichten der 145 in des Ref. Arbeit noch nicht verwerteten Fälle.
Das eigene Material von 20 Fällen wird etwas genauer beschrieben.
Bender (77) gibt die genaue histologische Beschreibung zweier auch
klinisch eigentümlicher Tumoren.
1. Eine makroskopisch als malign gewordener Mischtumor gedeutete
Geschwulst der Mamma mit zahlreichen Cysten, die sich histologisch als ein
grosses solides Adenom mit Cystenbildung und schleimiger Entartung auswies.
Ausgang: ausschliesslich das Drüsenepithel. Die Schleimmassen sind, wie
Bender nachweist, von den pathologisch veränderten Epithelzellen selbst in
das Zwischengewebe abgesondert worden. Der gleichen Entartung unterlag
die Tunica propria.
2. Ein malign gewordenes, viermal rezidiviertes Lipomyxom der Achsel-
höhle. Der Tumor bestand aus einem Konglomerat von Beeren und Knollen
von Erbsen- bis Gänseeigrösse, die nur lose zusammenhingen. Histologisch
entsprachen diese meist vakuolären, teils mit Fett, teils von seröser Flüssigkeit
und hyalinem Einschluss erfüllten Zellen dem Typus der jugendlichen Fett-
zellen, doch weicht ihre Anordnung von den des physiologischen Fettgewebes
ab. Im Zentrum grösserer Knollen herrschte reines Schleimgewebe vor. „Die
vakuolären Zellen stellen offenbar eine embryonale Zellform dar, welche eine
Vorstufe sowohl für Fettgewebe wie für Schleimgewebe bildet, mag man die-
selben von einem versprengten Keime ableiten, oder als eine Rückbildung
des Fettgewebes zu embryonalen Formen bei krankhafter Geschwulstbildung
auffsösen."
Payr (133) empfiehlt zur bequemeren Anwendung seiner Behandlung
karvernöser Tumoren (durch Einlegen resorbierbarer Magnesiumpfeile) einen
Trokar, durch den Pfeile entsprechenden Kalibers perkutan eingeführt werden
können. Er hat mehrere Heilungen erzielt.
Müller (130) macht darauf aufmerksam, dass man meist die Kavernome,
Angiome und Lymphogiome fast ohne Blutverlust stumpf auslösen könne,
veno man sich aussen an die Kapsel hält, die solche Tumoren oft haben.
Es gelingt die Methode auch bei grossen Tumoren.
Brünet (84) teilt vier Fälle von branchiogenen Karzinomen mit, von
denen einer sich in der Wandung einer branchiogenen Cyste entwickelt hatte.
Die Entwickelungsgeschichte und Klinik dieser Geschwülste wird kurz referiert.
252 Jahresbaricht für Chirurgie. I. Teil
Segond (150) bespricht das gleichzeitige Vorkommen von Uterusfibro-
iden und Karzinomen der Adnexe (zwei eigene Beobachtungen) und die Mög-
lichkeit der diagnostischen Verwechselung entzündlicher Geschwülste im kleinen
JBecken mit Karzinom. Mehrere solche irrtümlich für inoperable Karzinome
erklärte Fälle sind geheilt worden. Guinard (109) erwidert darauf, dass
er 11 Fälle von Kombination dieser Geschwülste gesehen habe und hält sie
also nicht für so selten.
Auch Richelot .(142) behauptet, dass Multiplizität der Tumoren 3ehr
häufig sei und oft nur nicht beachtet werde, z. B. Uterus-Karzinom und
Fibrom. Er glaubt an eine hereditäre Entstehung der Geschwülste. Daraufhin
betont Quenu (139), dass er auf das dunkle Gebiet nicht folgen wolle, er
bestreitet aber, dass die Gleichzeitigkeit von Ovarialcysten und Uterusfibrom^
häufig sei und dass eine Beziehung zwischen beiden bestehe. Er selbst h»t
in vier Jahren bei 44 Neoplasmen des Ovariums nur viermal Fibroide
gefunden.
Vogel (160) berichtet über einen seit vier Jahren geheilt gebliebenes
Fall von Rundzellensarkomrezidiv des Humerus, den Schede mit Resektioa
des ganzen Humerus behandelt hatte. Unter Heranziehung der Literatnr
über konservative Behandlung maligner Sarkome der langen Köhrenknochen
empfiehlt er für geeignete Fälle die Resektion statt der Exartikulation.
Letztere gebe ebensowenig gute Resultate.
Devie und Gallavardin (95) besprechen an der Hand eines Falles
von zwei primären gleichartigen ZyUnderzellen-Krebsen des Darmtraktos
(Pyloruskarzinom und Rektumkarzinom) die multiplen primären Tumoren der
Literatur.
Viquard und Gallavardin (159) haben ein multiples Myelom mit
Albumosurie beobachtet. Sie betonen, dass die primären multiplen echten
Myelome der Knochen, die keine Eingeweidemetastasen machen, von den
anderen Arten der Knochensarkome prinzipiell zu trennen seien. Sie bleib»
oft lange latent, machen Fieber, rapide Kachexie und Koma und sind oft
verbunden mit Albumosurie.
Einen analogen Tumor (ohne Albumosurie?) hat Abrikosoff (69) be-
schrieben. Klinisch erschien er als Mediastinaltumor. Dasselbe Thema be-
handelt Weber (161), der bei einem primären multiplen Myelom des ganzen
Skeletts bei einem Luetiker die Bence-J au ersehe Albumoseausscheidung
15 g pro Tag erreichen sah.
D'Arcy-Power (74) glaubt gefunden zuhaben, dass die Krebspatienten,
die nach der Operation nicht in die gewohnten Verhältnisse ihrer früheren
Umgebung zurückkehren, keine Rezidive bekommen. Er gibt einige Beispiele.
Die kurzen Bemerkungen von White (163) über akute allgemeine Sar-
komatose der Haut, von Post (137) über unförmliche Angiombildung an des
Extremitäten, von Feldmann (100) über Narbenkarzinom am Kopfe auf
Brandwunde, von Scheidtmann (148) über einige Lipome seltenerer Lokali-
sation, von Reclus (140) über drei branchiogene Karzinome, von Faysse
(99) und Johnson (114) über einen diagnostisch unklaren Tumor, voi
Strümpell über multiples symmetrisches Lipom , das ein Jahr nach
einem Unfall entstanden war, und von Mohr (128) über ein Karzinom auf
einer alten Haarseilnarbe haben nur kasuistisches Interesse, ebenso die flüchtig
geschriebene Dissertation von Furlkröger (105) über ein kavernöses Angiom
der Fusssohle, der auf den Knochen übergriff und zur Amputation fährte.
Volk mann, Allgemeine GeBchwulstlehre. 253
Chalmers da Costa (87) hat zwei Karzinome auf dem Boden von
Ulcus croris entstehen sehen und empfiehlt als schmerz* und blutungstillendes
Mittel die X-Strahlen.
Rothmann (145) glaubt in vier Fällen von symmetrischem Lipom mit
schlechter Entwickelung der Schilddrüse von Tablettenbehandlung günstigen
Erfolg (Verkleinerung der Lipome) gesehen zu haben.
Unter 366 Fällen von Intestinalkarzinom hat Boas (80) 12 mal Diabetes
gefanden. Er ist trotz der zweifelhaften Prognose für die Karzinomoperation
auch bei bestehender Diabetes. Koma ist allerdings nicht selten, besonders
bei Acetonämie.
Dertinger (93) publiziert 12 tiefsitzende Lipome, die Beck -Karls-
ruhe operiert hat, und bespricht anschliessend an Plettners Arbeit die
Klinik dieser Geschwülste. Zum Schluss gibt er kurz die Krankengeschichten
der 137 bis jetzt publizierten Fälle, von denen Plettner schon 120 be-
arbeitet hat.
Oemsbys (132) Betrachtungen über die Nützlichkeit frühzeitiger Ope-
ration bei Krebserkrankung sind recht uninteressant, Kirks (117) Beob-
achtung von einigen Karzinomen bei Paraffinarbeitem bringen nichts Neues.
Recht bequem macht es sich Nash (131) mit der Ätiologie des Karzi-
noms. Er beweist die Infektiosität von Person zu Person durch folgende
eine(!) Beobachtung: In einem Dorf starben innerhalb 16 Tagen fünf Leute
an Karzinom, und zwar drei an Zungen-, zwei an Lippenkarzinom. Die
Patienten waren alle nahe verwandt oder befreundet gewesen und hatten oft
in demselben Grasthaus aus ein und demselben Bierglas getrunken!
IL Teil.
Spezielle Chirurgie.
Die Verletzungen und ehirurgisehen Krankheiten
des Schädels und Gehirns.
Referent: E. v. Meyer, Frankfurt a. M.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
Allgemeines fiber HiinchiTurgie und Trepanation.
1. Biagi, Bei processi di riparazione delle ossa craniche negli innesti di osso vivente o
calcinato o oarbonizzato depo V asportazione deUa dura e de periostio. II Policlinico
1903. Vol. XC. Fase. 12.
2. Bunge, Über die Bedeutung traumatischer Sch&deldefekte und deren Deckung.
▼. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 71. Heft 3.
3. *Gottam, Some phases of cranial snrgery. Medical News 1903. August 15.
4. ^Dennis, The indications for operative interference in intracranial tension. Medical
News 1903. March 21.
5. ^Funaioli, Yarietä anatomica rara del poligono arterioso di Willis. Qiornale medlco
del R. Esercito 1903. Vol. 51. Fase. 5.
6. V. Hacker, Ersatz von Schädeldefekten durch unter der Eopfsch warte verschobene
oder umgeklappte Periostknochenlappen beziehungsweise Periostlappen, v. Br uns sehe
Beitrage 1903. Bd. 37. Heft 1 und 2. v. Esmarch Festschrift.
7. *Howe, Anomalies in the circle of Willis. Annais of sorgery 1908. December.
8. Leonhardt, Experimente und Studien zur Himdruckfrage. Deutsche Zeitschrift fOr
Chirurgie 1903. Bd. 71. Heft 1 und 2.
9. *Pa Scale, La chirurgia del capo. Gazzetta internazionale di medioina 1903. Nr. 12*
(Statistik.)
10. Bansohoff, Fatal haemorrhage from trephining. Annais of surgerj 1903. October.
11. *Schaeffer, Instrument to protect the brain while doing craniotomj with Gigli slow»
Annais of surgery 1903. April.
12. *Seeger8, Ober Gehirnblutungen nach Fettembolie. Diss. Greifswald 1903.
13. *Trabold, Schftdelform und GaumenhOhe. Diss. Freiburg 1903.
14. ^Ziegler, Beitrag zur Anatomie des Plexus chorioideus. Deutsche Zeitschrift fflr
Cbimrgie 1908. Bd. 66. Heft 5 und 6.
Biagi (1) hat bereits früher Untersuchungen über den Gegenstand aus-
geführt (D. Zeitschr. f. Chir. 1902) und führt zunächst die Schlüsse an, zu
denen er damals gelangte. Die Untersuchungen, über die er in vorliegender
Arbeit berichtet, hatten den Zweck zu erforschen, welches Schicksal eine
Jabresbetieht Ar Chirurgie 1908. 17
258 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. Teil
Knochenscheibe erfährt, die, nachdem das Periost allein oder das Periost und
die Dura mater zusammen von ihr abgetragen oder nachdem ihr durch die
Verkalkung der organische Bestandteil entzogen worden, wieder eingepflanzt
wird. Er führte sie an Hunden und Kaninchen aus, die er 7—120 Tage
nach der Operation am Leben liess.
Aus seinen 15 Experimenten (jede der drei Reihen bestand aus fünf)
schliesst Verf., was folgt : Die duralen und periostalen Substanzverluste werden
rasch, und zwar fast ausschliesslich von Seiten der paraostealen Gewebe und
der weichen Hirnhäute, repariert. Der Resorptionsprozess hat in der wieder
eingepflanzten Knochenscheibe immer die Oberhand über das osteogene Ver-
mögen, ganz gleich, ob man nur das Periost oder das Periost und die Dura
mater zusammen entfernt hat. Bei Einpflanzung von kalziniertem Knochen
zeigen die fibrokonnektivalen Schichten, die genetisch an die die Lücke aus-
füllenden und die Scheibe umschliessenden paraostealen Gewebe und die
weichen Hirnhäute gebunden sind, selbst in den spätesten Perioden, keine
Neigung zur Bildung von neuem Knochengewebe. Es scheint eine Beziehung
zu bestehen zwischen dem Fehlen des Periosts und der osteogenen Tätigkeit
der Dura mater, die im Vergleich zu dem, was unter normalen Verhältnissen
geschieht, reduziert erscheint. — Daher ist bei Prothesen der Schädelknochen
ein Material erforderlich, dessen Resorption weder negativ ist, noch in über-
mässiger Weise erfolgt, sondern proportioniert und allmählich von statten geht
R. Giani.
Durch eine lange Reihe von Versuchen an Tauben und Kaninchen
studierte Leonhardt (8) die Himdruckfrage. Die Tiere wurden nach
Ewalds Methode von der Schädelkapsel befreit und, nachdem die Opera-
tionswunde geheilt und die Tiere wieder normal waren, wurde Kompression
auf das Hirn ausgeübt und zwar wiederholt immer an denselben Tieren. Die
Versuche werden genau in ihren Folgeerscheinungen beschrieben und lassen
den Verf. zu dem Schluss kommen, dass dadurch die Zweifel über die von
Adamkiewicz aufgestellte, der Bergmannschen entgegenstehende Lehre
beseitigt sind. Sie sollen beweisen, dass Raumbeschränkungen, momentan»
akut oder chronisch entstanden, nach ihrer Entwickelung keine Spannungs-
zunahme innerhalb der Schädelkapsel hervorrufen, also auch keinen Him-
druck erzeugen.
Die Hirndrucksymptome sind nicht die Folge intrakranieller Spannnngs-
zunahme, sondern der allgemeine Ausdruck der Reizung und der Lähmung
der irgendwie alterierten Gehimsubstanz.
Die ausführliche Bearbeitung seiner letztes Jahr bereits anderen Orts
'und hier referiei*ten Mitteilung über den Ersatz von Schädeldefekten ver-
öffentlicht V. Hacker (6).
Bunge (2) hat 22 Schädelverletzungen nachuntersucht, spez. mit Rück-
sicht auf die Mitteilung von Kocher und Berezowsky, dass offene De-
fekte den Trägern keinen Schaden bringen, während der Verschluss derselben,
besonders bei intrakranieller Drucksteigerung unzweckmässig ist und trauma-
tische Epilepsie begünstigt. An der Königsberger Klinik wurden alle Schädel-
defekte bei günstigen Wundverhältnissen primär gedeckt, auch wenn intra-
kranielle Drucksteigerung vorhanden war.
Nachuntersucht wurden: 13 offene Schädeldefekte, 5 primär gedeckte,
3 sekundär gedeckte Fälle, 1 sekundär spontan verknöcherter Defekt. Von
den offenen Defekten hatten 4 traumatische Epilepsie, 3 waren kurze Zeit
T. Mejer, Verletzungen und chirurg. Krankheiten des Schädels n. Gehirns. 259
nach der Verletzung noch vollständig frei von Beschwerden; die übrigen 6
zeigten alle Beschwerden, Schwindel, Kopfschmerz, Ohnmachtsanfälle etc.,
welche bei Vermehrung des intrakrani eilen Druckes zunahmen.
Die primär mit replantierten Splittern gedeckten zeigten nicht die ge-
ringsten Beschwerden. Bei 3 von diesen war beim Debridement intrakranielle
Druckst eigerung vorhanden, sie wurden trotzdem primär gedeckt und sind
beschwerdefrei. Ebenso verhielt sich der Kranke mit spontaner Verknöcherung
des Defektes. Von den sekundär gedeckten Fällen sind 2 vollständig be^
schwerdefrei, die bei o£Fenem Defekt Beschwerden hatten. Beim dritten Fall
war kein Einfluss auf die epileptische Insulte, da die Verletzung wahrschein-
lich schon infolge eines epileptischen Anfalles entstanden war. Bei 3 Knaben
mit offenen Defekten und traiunatischer Epilepsie wurde die Deckung ge-
macht; in 2 Fällen mit gleichzeitiger Hirnverletzung hatte sie keinen Erfolg.
Im dritten Fall (grosser Defekt über dem Sehzentrum, Hemianopsie, zentralem
Skotom des rechten Auges, traumatischer Epilepsie) sind die epileptischen
Anfalle weggeblieben und die Hemianopsie ist fast vollständig verschwunden.
Zur primären Deckung wurden die entfernten Vitreasplitter benutzt, die
knöchern einheilten; die später in granulierende Wunden gelegten ausge-
kochten Splitter wurden resorbiert. Einmal wurde ein ausgekochtes Knochen-
Stück eines Leichenschädels exakt eingepasst und heilte ein. Zur sekundären
Deckung wurde der modifizierte Müll er- König sehe Lappen genommen, nur
Periostknochenlappen, subaponeurotisch verschoben.
Nach Ransohoff (10) sind die Todesfälle infolge der Trepanation noch
zahlreich infolge von Shock und Blutungen. Wenn ein Tumor die Dura er-
griffen und den Knochen usuriert hat, tritt gefährliche Blutung ein, weil die
Venen der Diploe erweitert sind und schon beim Durchsägen bedenkliche
Blutung auftritt. Er verlor bei eine^* Trepanation wegen Jach so n scher
Epilepsie mittelst der Sudeck sehen Fraise einen Patienten durch Blutung
aus dem Knochen auf dem Operationstisch. Es fand sich bei der Sektion
eme Erweiterung der Furche des Sinus longitudinalis und in der Umgebung
grosse Foramina, durch welche die erweiterten Duralvenen mit der Diploe
kommunizierten. Die Diploevenen waren erweitert. Durch das schnelle
Wachsen des Tumors wurde wahrscheinlich der Blutstrom im Sinus longi-
tudinalis gehenmit und in Verbindung mit dem intrakraniellen Druck die Er*
Weiterung der Knochenvenen bedingt.
Erkrankungen und Tumoren des knöchernen Schädels und der Weichteile.
1. *Aabertin, Varicen des Schftdels bei Rhachitis. Revae roensuelle des maladies de
Feofance 1903. Mars.
2. *B arteis. Ein Fall von Aneurysma der Carotis interna dextra im Sinus cavernosus
mit doppelseitiger Stauungspapille. Dies. Erlangen 1908.
8. *de Bary, Über Pneumatocele cranii occipitalis. Archiv fUr Einderheilkunde 1903.
Bd. 37. Heft 1 und 2.
4. ^Bentler, Eine Dermoidcyste in der Gegend der kleinen Fontanelle. Dissertat. £]>
langen 1908.
5. *Biehl, Streng umschriebene Entzündungsherde im Schlftfenbein. Münchener med.
Wochenschrift 1908. Nr. 84.
6. '*Slauel, Beitrag zu den eztrakraniellen Aneurysmen der Carotis interna, v. Bruns-
sche Beitrftge 1908. Bd. 39. Heft 8.
7. Blecher, Über Cholesteatome (epidermoide) der Sch&del. Deutsche Zeitschrift ftlr
Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 8-4.
8. *Bö8bagen, Ein Fall von Hypertrophie der linken Eopfhftlfte. Diss. Bonn 1903.
17*
260 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil.
9. *Cavaillon, Gommes multiples des os da crane. Soc. des soiences in^d. Lyon
m^dical 1903. Nr. 10. (Jodkali, Schmierkur, Heilnng.)
10. Collet et Bentter, P^riostite mastoldienne syphilitique. Lyon m^dical 1903. Nr. 19.
11. *Delamare et Conor, Observation d'ostöite tnberculeuse de la youte cranienne.
Gazette des hftpitauz 1903. Nr. 21.
12. Dodd and Mc. Mallen, A case of congenital deformity of the skull associated with
ocular defects. The Lancet 1903. June 13.
13. *Häuter, Zwei Fälle von perforierender Tuberkolose an den platten Schädelknochen.
Diss. Erlangen 1903.
14. *Kappis, Die Aneurysmen der Arteria occipitalis. Diss. Tübingen 1903.
15. Erogius, Über einen mit Röntgen-Strahlen erfolgreich behandelten Fall von Schftdel-
sarkom. v. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 71. Heft 1 and Finska iäkareaftHskapee
Handlingen 1903. XLV. L. 8. p. 65.
16. Latz, Beobachtungen bei der klinischen Untersuchung und Operation eines Falles von
Sarcoma cerebri. Diss. Kiel 1903.
17. *Pasohen, Zur Kenntnis der primftren akuten Osteomyelitis des Schfidels. Disaert.
Rostock 1903.
18. Springer, Schädelnekrose durch Verbanddruck. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie
1903. Bd. 69. Heft 2-4.
19. *Stein, Die Dermocysten am Schftdel. Diss. Königsberg 1903.
20. Stolz, Ober die Kchinokokken des Schftdels. 32. Chirurgenkongress 1903.
21. Wiesinger, Geschwulst der Stimgegend. Biol. Abteilg. des ärztl. Vereins Hambaig.
Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 30.
22. Wieting und Effendi, Zur Tuberkulose der koöchemen Schädeldecke. Deataefae
Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 1 und 2.
Dodd und Mc. Müllen (12) beschreiben einen Fall von kongenitaler
Schädeldifformität mit okularem Defekt bei einem 7jährigen Jungen. Die
Entstehungsursache ist unklar, da die Difformität angeboren und sich nicht
wie die frühere Synostose in den ersten Lebensjahren entwickelt hat. Zeichen
von Kretinismus fehlen; eine Behandlung mit Thyreoidin war erfolglos.
Krogius (15) erzielte ein ausgezeichnetes Resultat bei der Behandlung
eines Sarkomes am Schädel mittelst Röntgenstrahlen, welches vorher zweimal
operiert worden, aber wieder rezidiviert war. Die Geschwulst erwies sich bei einer
mikroskopischen Untersuchung als ein Rundzellensarkom mit mittelgrossen polj-
morfen Zellen, darunter einige Riesenzellen, das stellenweise in die Diploe einge-
wachsen war. Jetzt fand sich im Nacken ein 14 cm langer, 8 cm breiter und 6 cm
hoher mit normaler Haut bedachter Tumor nebst kleinem Geschwülste in
seiner Umgebung vor. Zuerst wurden die kleineren Tumoren behandelt,
welche innerhalb 14 Tagen verschwanden. Nach IVa Monat war die grosse
Geschwulst beseitigt. Keine Spur von inflammatorischem Reiz wurde beob-
achtet. Vier Monate nach Beendigung der Behandlung war der Patient
rezidivfrei. Krogius meint, dass die Röntgenbehandlung bösartiger Geschwnlste
erst in Frage kommen dürfe, wenn sich eine operative Therapie machtlos
erweist, wie z. B. in einem Fall wie dem vorliegenden, bei Osteosarkomen in
den langen Knochen, wo die Amputation verweigert wird, sowie bei Geschwülsten
am Halse, die mit den grossen Gefässen verwachsen sind. Verf. hebt die günstige
Einwirkung hervor, die Thiolum liquidum bei der Behandlung des Röntgen-
ekzemes zeigt, und betont dessen Bedeutung als Schutz für die Haut in der
Umgebung der Partie, die bestrahlt werden soll. Hj. von Bonsdorff.
Bei einem nach Probekraniotomie tödlich verlaufenen Fall von Osteo-
sarkom der linken Schläfen und Scheitelbeingegend fand Latz (16) in diag-
nostischer Hinsicht bei der Perkussion das Geräusch des zersprungenen Topfes;
das Geräusch ist entweder durch die gelockerten Schädelnähte zustande
Y. Meyer, VerletzimgeD and chirarg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. 261
gekommen, oder durch das Anprallen der zum Teil elfenbeinharten Geschwulst
an die Schädelkapsel.
Stolz (20) beschreibt einen Fall von Echinococcus des Schädeldaches,
welcher die Dura weit vom Knochen abgedrängt und den Schädelknochen an
mehreren Stellen durchbrochen hatte, deren grösste Stelle 16 : 5 cm betrug.
Bemerkenswert ist der langsame Verlauf. Im 11. Lebensjahre traten Hirn-
dmckerscheinung, Sehnervenatrophie und abnormes Wachstum des Schädels
auf. 14 Jahre später epileptische Krämpfe, nach 10 Jahren distinkte Tumoren
d^ Schädels und im 38. Lebensjahre kam es infolge eines leichten Traumas
zur Vereiterung der Zysten, welche eine Operation erforderten. Spaltung der
Zjsten und Tamponade. Unter Fiebererscheinungen traten epileptische
Krämpfe und nach drei Wochen der Tod ein. Die Autopsie zeigte Hydrocephal.
intern, und eine nicht parasitäre Zyste im rechten Hirnlappen.
Wie sing er (21) beschreibt einen Fall von hühnereigrosser pulsierender
Geschwulst der Stimgegend, welche sich nach einer Schädelbasisfraktur ent-
wickelt hat. Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen pul-
sierenden Exophthalmus, der aus einem Aneurysma arterio-venosum infolge
Zerreissnng der Carotis im sinus cavernosus hervorgegangen ist. Therapeutisch
kam in Frage die Carotis zu unterbinden und später die erweiterten Venen
zu ezstirpieren.
Blecher (7) operierte bei einem 23jährigen Soldaten eine kleine,
angeblich nach einem Trauma im Kindesalter entstandene Geschwulst am linken
Scheitelbein, die beim Helmtragen Kopfschmerzen verursachte. Der Tumor war
eigross, fluktuierend, von einem Knochenwall umgeben, nicht pulsierend und nicht
kompressibel. Beim Ablösen des Periostlappens riss die Tumorwand ein, und
es fand sich ein Cholesteatom (Epidermoid). Die nach innen vorspringende
Knochenhöhle zeigte eine Pfennigstück grosse Lücke. Die auskleidende Haut
wurde ausgekratzt. Heilung mit flacher Knochendelle noch nach einem Jahr
konstatiert. Die Schädelknochenepidermoide sind gutartig, langsam wachsend.
Differenzial-diagnostisch kommen Encephalocelen, Meningocelen und bösartige
Tumoren in Betracht. Bei Vereiterung und Perforation kann Karies vor-
getäuscht werden. Bei grösseren Defekten kommt plastische Deckung des
Defektes in Betracht.
Nach den Beobachtungen von Wieting und Ef feudi (22) finden sich
Knochentuberkulose und Darmtuberkulose in der Türkei häufiger als Lungen-
tuberkulose. Von der sonst ziemlich seltenen Schädeltuberkulose kamen in
einem Jahre zehn Fälle, wovon sechs bei Kindern bis zehn Jahren, zur
Beobachtung. Sie geht meist von der Diploe aus, örtliche Nekrose, die
peripher weiterschreitet, Perforation nach innen oder aussen, Abszess- oder
Granulationsbildung treten dann weiter auf. Spontanheilungen kommen vor,
meist muss aber die Schädeltuberkulose gründlich operiert werden, Resektion
V> cm weit im Gesunden; das Periost ist möglichst zu schonen; tuberkulöse
Granulationen auf der Dura werden exzidiert. Der spontane knöcherne Ersatz
des Defektes bildet sich häufig, doch werden auch plastische Operationen
notwendig.
Coller und Beutter(lO) konnten bei einem Patienten eine Periostitis
des Proc. mastoides auf syphilitischer Basis feststellen, da an Tibia und femur
bereits solche Periostitiden aufgetreten waren, welche durch üngt. einer,
und Jodkali rasch heilten.
Eine ausgedehnte Weichteilnekrose mit Sequestrierung von Periost und
262 Jahresbericht für Ghinugie. 11. Teil.
Knochen am Hinterhaupt und Kinn beobachtete Springer (18) als Folge von
Verbanddrucks nach Exstirpation eines kleinen Hämangioms der Haut über
dem rechten Schädelbein. Die grossen Defekte heilten schliesslich nach
dreizehn Monaten. Transplantation wurde vergeblich versucht, da durch die
ungünstige Lage am Hinterkopfe das Plättchen abgehoben wurde. Kosmetisch
ist das Resultat gut. Begünstigend auf das Zustandekommen des Decubitus
hat nach Springers Meinung neben den festen Bindetouren auch die Er-
nährungsstörung infolge einer akuten Enteritis gewirkt.
Verletzungen des Schädels und Gehirns durch Schuss und andere
Gewalten. Traumatische Meningitis und Uimabszesse.
1. y. Angerer, Über die Extraktion von Kugeln aus der Schädelhöhle. MOnchener med.
Wochenschiift 1903. Nr. 1.
2. Aronheim, Gutachten über einen Fall von tödlich verlaufender Spfttblutung nach
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264 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
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58. *J. Zwillinger, Zwei Fälle von Infractio cranii durch partielle Kraniektomie genesen.
Spitalul 1903. Nr. 18. p. 636 (Bum&nisch).
Bei einem 19 jährigen Mädchen, welches durch eine Transmissionsver-
letzung total skalpiert wurde, von den Augenbrauen bis zum Tuber. oßs.
occipit., deckte K a r g (32) den granulierenden Defekt durch sehr aosgedehiite
Transplantationen nach Thierse h. Die Beweglichkeit ist gar nicht beein-
trächtigt, wohl aber das Tastgefühl.
Wennerströro (54) behandelte ein 20 jähriges M&dchen, welchem durch ein Maacfainen-
nnglflck die ganze Kopfhaut von der Nasenwurzel und den Augenbrauen bis tief in den
Nacken abgerissen wurde. Die Zirkulation der losgetrennten Haut war so schlecht, dass
der grOsste Teil vom ßrand ergriffen wurde, der Rest wurde mit Transplantation gedeckte
Der Versuch nach üodarus Methode Haar auf der transplantierten Haut hervorzubringen,
misslang. Hj. von Bonsdorff (Helsingsfors).
In der Zeit von 1896—1902 wurden an der Königschen Klinik 90
Schädelbasisbrüche beobachtet, über welche Graf (27) berichtet. 63 mal
handelte es sich um einen Fall aus grösserer oder geringerer Höhe. 21 starben
am 1. Tage infolge direkter Verletzungsfolgen, am 2. — 3. Tage 4, am 6. — 18.
Tage 3; diese an Meningitis. Am meisten fand sich Blutung aus Ohr, Nase,
Mund und zwar aus einem Ohr 64 mal, aus beiden 13 mal, aus Nase und
Mund 39 mal. Ausfluss von Cerebrospinalfiüssigkeit wurde aus dem Ohr 6 mal,
aus der Nase 1 mal beobachtet. Aussen Blutungen am Auge 2ömal, Exoph-
thalmus durch retrobulbären Bluterguss 2 mal, 24 mal fand sich Läsion des
Facialis, durch Kompression des Blutergusses; die Lähmung ist nur in 3
Fällen ungeheilt geblieben. Völliger Bewusstseinsverlust fand sich 74mal^
kürzer 28 mal, von mehrstündiger Dauer 40 mal, von welchen 21 tödlich
endeten. Pulsverlangsamung 16 mal, Aphasie 3 mal. Krämpfe 3 mal. 48 wurden
nachuntersucht; bei 34 fanden sich noch Kopfschmerzen, von welchen 16
durch ständigen Kopfschmerz arbeitsunfähig waren. 27 hatten Schwindel-
erscheinungen, 16 Ohrensausen, Gedächtnisschwäche 17. Demenz fand sich
2 mal, 11 mal Störung der Intelligenz. Auch Charakterveränderungen fanden
sich: 15 mal Reizbarkeit, 3 mal Depression. Von 39 Ohren zeigten 12 nor-
malen Befund, 4 Mittelohrkatarrh, nervöse Schwerhörigkeit 20.
470 Schädelverletzungen wurden 1881 — 1901 am Züricher Kantonspital
beobachtet; von diesen starben 165 im Anschluss an die Verletzung; bei 100
noch am Leben befindlichen machte Brun (8) Nachuntersuchungen. In 213
Fällen handelte es sich um oflFene Schädelbrüche, 275 mal war vorwiegend die
Basis beteiligt. Die Sterblichkeit betrug 31,5 ®/o. Das ganze Material wird
in einzelne Gruppen geordnet, die einzelnen Verletzungen, Komplikationen
etc. genau besprochen mit Anführung der Krankengeschichten und schemati-
schen Zeichnungen.
Viedenz (53) fand bei 1542 geisteskranken Männern 202 mal (13,1 Wo)
eine Kopfverletzung als Ursache, aber nur in 35 Fällen (2,2 Wo) als alleinige.
Daneben kommt erbliche Belastung, Lues, Alkohol etc. in Betracht. Nur in
1,03 ^/o war die Verletzung mit grösster Wahrscheinlichkeit Ursache der
psychischen Erkrankung. Vier einwandsfreie Krankengeschichten werden als
V. Meyer, Yerletziugeii and chirurg. EraDkheiten des Schftdels a. Gehirns. 265
Beweis mitgeteilt. Es handelt sich vornehmlich um primäre Demenz, hallu-
zinatorische Verwirrtheit, stuporöse Zustände, selten Paranoia. Es besteht
oft grosse Gleichheit zwischen den psychischen Störungen nach Verletzungen
nnd denen nach Alkoholreichung.
Felki (15) konstatierte bei einem Patienten, der nach einer geheilten
Commotio cerebri als Simulant wegen angeblicher Arbeitsunfähigkeit be-
zeichnet wurde, als Symptomenkomplex der psychischen Störungen nach
Schädeltrauma :
a) Transitorische Erscheinungen: Schwere, viele Stunden dauernde Be-
vusstlosigkeit ; Verworrenheit nach dem Wiedererwachen; klassische retro-
grade Amnesie.
b) Bleibende Erscheinungen: Umfangreicher, weit zurückgreifender Aus-
fall des Bewusstseinsinhaltes , dessen Lücken durch Erinnerungsfälschungen
mühsam ausgefüllt werden ; erschwerte Apperzeption. Hochgradig herabgesetzte
Merkfahigkeit (Unfähigkeit, neue Eindrücke aufzunehmen) ; daraus resultierend
grobe Störungen der Urteilskraft. Charakterverändenmg.
Der Patient wurde entmündigt und erhielt 100 '^/o Unfallrente. Felki
spricht sich tadebd darüber aus, dass die psychischen Veränderungen nach
Traumen in der Unfallpraxis bei der Begutachtung zu wenig berücksichtigt
und ungerechterweise viele Verletzten als Simulanten bezeichnet würden.
Borchard (6) führt seinen bereits letztes Jahr referierten Vortrag
über Auftreten von Glykosurie, Albuminurie, Zylindrurie nach schwerer
Schädelbasisfraktur näher aus und gibt die genauen Krankengeschichten der
Fälle wieder. Er hält die Zuckerausscheidung und die Eiweissausscheidung
für eine Folge gewisser, auf vasomotorischen Störungen beruhenden Nieren-
Veränderungen, das Auftreten von Hamzylindem und Blut möglicherweise
auch auf Fettembolie beruhend.
Fleming (18) hat in 12 Fällen von Schädelbasisfraktur die Augen und
den Nervus opticus untersucht und fand fünf Fälle, in welchen die sub-
arachnoidale Hämorrhagie vorwiegend unilateral war und sich Retinalhämor-
rhagien derselben Seite zeigten; in zwei Fällen waren subarachnoidale und
retinale Blutungen beiderseitig, in fünf Fällen waren keine retinalen Blutungen
nach dem Tode zu konstatieren und nur geringe subarachnoidale Blutung.
Aus der Praxis von Kaufmann teilt Krähenmann (34) zwei sichere
Falle von Accessoriuslähmung nach Schädelbasisbrüchen mit und fügt noch
drei weitere Fälle aus der Literatur hinzu. Die Basisfrakturen sind einwands-
frei diagnostiziert, ebenso die rein periphere Lähmung des Accessorius, so
dass es sich nur um eine Schädigung der Nerven im Bereich des For. jugulare
infolge einer Fissur handeln kann.
Der Accessorius tritt eng verflochten mit Glossopharyngeus und Vagus
dnrch das For. jugulare, woraus sich verschiedene Lähmungen ergeben. Vier-
mal bestand einseitige Lähmung des Kopfnickers und Cucularis. In allen
Fällen bestanden infolge halbseitiger Gaumenmuskellähmung Schluckbeschwer-
den. Stimm- und Sprachveränderungen durch einseitige Paralyse des Nervus
laryng. inf. waren ebenfalls konstant. Dreimal war halbseitige Sensibilitäts-
lähmung des Rachens und Kehlkopfes und zweimal waren Geschmacksstörungen
vorhanden.
Prognostisch ist die Verletzung günstig, da die Patienten trotz Stationär-
bleibens ihrer Lähmungen völlig erwerbsfähig werden können.
266 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
Kays er (33) hat in einem Falle von schwerem komplizierten Brach
des Scheitelbeins mit Zertrümmerung von Himsubstanz den Defekt durch
den grössten Splitter der Tabula interna derart gedeckt, dass er ihn im
queren Durchmesser in Diploe einfügte, indem er von der Tab. externa an
jeder Seite eine 1 cm lange Strecke entfernte. Unter lockerer Tamponade
heilte der Splitter gut ein, so dass Patient nach 35 Tagen geheilt als In-
valide entlassen werden konnte.
Unter Berücksichtigung der verschiedenen Methoden zur Deckung von
Defekten kommt er zu folgenden Sätzen:
1. Es ist in den meisten Fällen von traumatischen Schädeldefekten
nnter individueller Würdigung des Befundes der Versuch berechtigt, den De-
fekt durch Implantation der ausgebrochenen Knochensplitter zu schliessen.
2. Zur Deckung eignen sich in besonderer Weise die Bruchstücke der
Tab. interna, weil sie gross sind, sich durch entsprechende Drehung dem
Gebrauch leicht anpassen lassen und infolge ihrer glatten Innenfläche keine
Verwachsungen mit dem Gehirn begünstigen.
3. Die Bruchstücke sind durch Drehung in die Diploe zu verlagern.
Diese Fixierung schafft besonders günstige Einheilungsbedingungen ; sie ver-
meidet den durch lose liegende Splitter leicht ausgeübten Druck auf das
Gehirn und verhütet mit grosser Sicherheit einen Prolapsus cerebri.
4. Die Methode schafft keine Nachteile; die Ausführbarkeit sekundärer
Plastikversuche wird durch das Verfahren nicht beeinträchtigt.
5. Die Deckung des Defektes muss in unmittelbarem Anschluss an die
Verletzung erfolgen.
6. Die Methode bietet im Gegensatz zu anderen Plastikverfahren den
besonderen Vorteil, dass sie bisweilen bei weitgehender Zerstörung der Hirn-
häute und selbst bei einer Zertrümmerung des Gehirns eine sofortige Deckung
des Schädeldefektes gestattet.
Ein Kranker, bei welchem Bardescu (5) im Jahre 1889 wegen kom-
minutiver Fraktur des Os temporalis eine Trepanation von 5 cm im Dia-
meter ausführte und der damals genas, kam nach 13 Jahren (1901) wieder
ins Spital mit einer inoperablen Geschwulst des Cöcums und vorgeschrittener
Kachexie. Tod 14 Tage nach einer Enteroanastomosis lateralis. Bei der
Autopsie zeigte sich, dass die Trepanationslücke ganz mit Knochen gefüllt
war, ohne Demarkation; der Knochen war nur ein kleinwenig dünner, aber
sehr resistent. Bardescu nimmt die Regeneration des Knochens mittelst
der Diploe an. Es soll der fünfte Fall von solcher Regeneration in der
Literatur sein. Stoianoff (Plevna).
Co Hey (10) bespricht die posttraumatische Spätapoplexie und stellt
fest, dass die Diagnose nur dann mit Sicherheit zu stellen ist, wenn der
Patient frei von Gefässveränderungen war, wenn Lues, Alkoholismus, Herz-
krankheiten und Arteriosklerose auszuschliessen sind. Er beschreibt -dann
einen Fall von posttraumatischer Zentralerkrankung nach einer Schädel-
impression der Kreuznaht, die er in die Hauben- und Vierhügelgegend verlegt.
Einen letal verlaufenden Fall von traumatischer Spätapoplexie nach
einem Steinwurf gegen die Schläfe eines sechsjährigen Kindes teilt Aron-
heim (2) mit. Obduktion wurde nicht gemacht. Er schliesst sich der
Meinung Königs an, dass ein operativer Eingriff zur Stillung der Blutung
indiziert ist, auch wenn etwa die Verletzung mit einer solchen des Gehirns
kompliziert wäre.
V. Meyer, Verletzusgen and Chirurg. Eranklieiteo des Schädels u. Gehirns. 267
Jopson (30) trepanierte zwei Fälle wegen Ruptur der Mening. media
mit extraduralem Hämatom mit Ausgang in Heilung. In einem dritten Fall
fand sich kein Hämatom, es handelte sich wahrscheinlich um eine kortikale
Reizung durch eine kleine Blutung oder Zerreissung.
Finkeiste in (17). Operation am S.Tage nach der Verletzung wegen
zanehmender halbseitiger Krampfanfälle (rechter Facialis, Arm). Puls 48.
Aphasie. Ausräumung eines subduralen Hämatoms. Heilung.
Hohlbeck, St. Petersburg.
Mit Erfolg trepanierte Jowers (31) wegen eines extraduralen Blut-
ergusses bei Bruch der Schädelbasis.
Yillard (52) trepanierte einen Patienten, der 10 Tage nach einem
Schädeltrauma ins Hospital kam und nur die allgemeinen Symptome der
HirDkompression ohne irgend welche lokalen Symptome der motorischen Region
bot, auf Seite des Traumas und geriet dabei in einen Kontusionsherd ; infolge
einer Punktion blieb eine reichlich sezernierende Fistel, durch welche es zur
Infektion der Ventrikel und zum Tode kam. Bei der Sektion fand sich auf
der entgegengesetzten Seite ein ausgedehntes Hämatom.
Einen Fall von Fraktur des rechten Scheitelbeines bei einem öjährigen
Mädchen brachte Bracchi (7) durch seinen Eingriff zur Heilung; derselbe
gibt ihm Gelegenheit, sich über die Symptomatologie der Schädeldachfrakturen
und deren Behandlung zu verbreiten. R. Giani.
Fossatora (19) bemerkte, dass sich auf Grund eines einzelnen Sym-
ptoms das Bestehen einer Fraktur der Schädelbasis nicht behaupten lasse,
hierzu bedürfe es eines Symptomenkomplexes. Ein Traumatismus in der
Schläfen- und Scheitelgegend, gefolgt von längerer und starker Blutung aus
dem Ohr der gleichen Seite, mit Erhaltung des Gehörs und Paralyse des N.
facialis, lasse einen Längsbruch des Felsenbeines annehmen. Ein Schlag auf
das Hinterhaupt mit Otorrhöe und (manchmal) mit Austritt von Gehirnsub-
£tanz aus dem Gehörgang, Taubheit und Paralyse des N. facialis lasse einen
Vertikal- oder Schrägbruch des Felsenbeines annehmen. R. Giani.
Crosland (11) beobachtete bei einer Frau nach einem Fall mit starker
Kontusion der Sakralgegend vier Tage nachher die Geburt eines toten Kindes,
welches die Zeichen einer Schädelfraktur trug; es fand sich eine Trennung
des Unken Scheitelbeins und der Pars squamosa des Os temporale.
Ewart (14) extrahierte einen Glassplitter am inneren Augenwinkel von
3:1:1,75dm Durchmesser, welcher 26 Jahre in der Augenhöhle gelegen
hatte, ohne den Augapfel zu schädigen.
In zwei Fällen von Schädelbasisfraktur machte Paget (42) wegen der
Bewusstlosigkeit die Venesektion und erzielte Heilung.
V. An g er er (1) behandelt die frisch granulierenden Schussverletzungen
des Schädels wie v. Bergmann mit Desinfektion der Umgebung des Ein*
Schusses und Okklusiwerband ohne jegliche Sondierung. Ein primäres opera-
tives Vorgehen ist nur indiziert bei Blutung aus der Art. meningea mit Hirn-
druckerscheinungen oder lokalisierten Lähmungen der motorischen Region.
Nur schwere Folgeerscheinungen lassen die Entfernung des Geschosses not-
wendig erscheinen, wenn nicht die Extraktionsversuche für sich schon eine
Schädigung des Gehirns bedingen. Zwei Fälle operierte v. Angerer mit
Erfolg; in dem einen Fall sass die Kugel im Sinus frontalis, in dem anderen
auf dem Dach der Orbita.
Unter 61 Revolververletzungen fanden sich nach den Mitteilungen von
268 Jahresbericht für Ghirargie. II. Teil
Ossig (41) 36 mal Kopfschüsse, 18 mal mit, 12 mal ohne Eröffnnng der Schädel-
höhle, 3 Gesichtsschüsse und 3 Mundschüsse. Beim Schädelschuss ist ein
operatives Vorgehen stets indiziert. Dasselbe soll sich auf Spaltung und
Reinigung des Schusskanals bis zum Gehimeinschuss mit nachfolgender Tam-
ponade beschränken.
Wilms (57) beobachtete bei vier Fällen von Kopfschüssen am Hals
und Hinterkopf schmerzhafte Bezirke, die nicht peripheren Nervengebieten
entsprechen, sondern Zonen, die von Zervikalsegmenten versorgt werden. Die
obere Grenze bei allen Beobachtungen liegt an der Grenze der vom dritten
Trigeminusast versorgten Gebiete. Die Erklärung für die Reizung der s«i-
siblen Nerven und Nervenzentren ist bei zentralen intrakraniellen Läsionen
schwierig. Wilms erklärt sie sich als He ad sehe Zonen, erstens wegen des
symmetrischen Auftretens und zweitens, weil nur das Schmerzgefühl, nicht
der Tast- oder Temperatursinn etc. alteriert ist. Die Sympathicusreizung ist
nur so zu deuten, dass die intrakraniell gelegenen Sympathicusbahnen, deren
Hauptteil um den Sinus cavernosus und die Carotis gruppiert ist, getroffen
sein müssen, und durch Anastomosen, welches dieses Sympathicusgebiet mit
dem n., III., IV. Zervikalsegment nach Passieren des obersten Halsganglions
hat, der Reiz auf diese Zervikalsegmente fortgeleitet wird; hier wirkt er auf
Zentren sensibler Nerven und durch Projektion auf die Haut empfindet der
Pat. in den zu den Zervikalsegmenten gehörigen Hautzonen die Schmerzen.
In dem einen, letal verlaufenen Fall fand sich die Kugel am Sinus caver-
nosus; bei zwei anderen im unteren rechten Stimlappen. In den geheilten
Fällen schwand die Schmerzhaftigkeit vollständig nach 8 — 10 Tagen.
Wieding und Ef feudi (55) beobachteten bei einer Schussverletzung
in der linken Schläfengegend eine rechtsseitige Hemiplegie und lOtägige Be-
wusstlosigkeit. Die Lähmung ging nach vier Monaten zurück, es bUeb ein
geistiger Defekt und sensorische Aphasie. Im Röntgenbild zeigte sich die
Kugel am Foramen caroticum. Trepanation wie zur Resektion des GangUon
Gasseri, Eröffnung einer subduralen Zyste und Entfernung des Geschosses^
das in der untersten Temporalwindung des Gehirns am Felsenbein steckte.
Ungestörte Heilung und Schwinden der Symptome.
Nach einer Schusswunde an der Stirn in der Medianlinie waren bei
einem 26 jährigen Manne Bewusstlosigkeit und linksseitige Parese aufgetreten.
Die Blutung war so profus, dass an eine Verletzung des Sinus longitudinalis
gedacht wurde. Nach Entfernung der Fragmente durch Erdmann (13) kam
es zu neuer heftiger Blutung, so dass nur tamponiert werden konnte. Sym-
ptome unverändert. Bei zweimaligem Verbandwechsel wieder heftige Blutung;
beim dritten war sie geringer. 14 Tage nach der Verletzung wurde wegen
der Paralyse und Aphasie und Benommenheit die motorische Zone der rechten
Seite freigelegt. Dura stark gespannt, nicht pulsierend. Inzision derselben
und Entfernung eines grossen Blutkoagulums mit zertrümmerter Hirnmasse.
Naht der Dura und Drainage. Sofortiges Nachlassen der Symptome, es blieben
nur geringe motorische Störungen im linken Arm zurück.
Curtis(]2) gibt eine eingehende Beschreibung eines Falles von Schuss-
verletzung des Sinus longitudinalis. Auf Grund der hier gemachten Erfah-
rungen rät Curtis, wegen Blutungsgefahr bei Verdacht auf Sinusverletzung
Knochensplitter nicht eher zu entfernen, als bis das Schädelloch genügend
vergrössert ist, um Sinusblutung sicher kontrollieren zu können. Ferner soll
bei X-Strahlen -Photographien immer rechts und links auf der Platte be-
T. Meyer, Verletzangen und cbirarg. Krankheiten des Schftdela a. Gehirns. 269
zeichnet werden. Durch eine Yerwechslnng der Seiten misslang Gurtis das
Auffinden des Geschosses. Pat. zeigte zeitweise Zeichen von Neuritis, war
lange delirös und besinnungslos und erwachte schliesslich auffallend rasch aus
dem Koma. Er wurde vollständig hergestellt, abgesehen von beiderseits halber
Blindheit. Zu dem Suchen nach dem Geschoss wurde Curtis durch die
bedrohlichen Gehimerscheinungen veranlasst, die er mit Fl uhrers Aluminium-
sonde und Girdners telephonischem Instrument ausführte. Nach Fehl-
schlagen des Versuches wurde der Schusskanal drainiert. Einen Einfluss zum
Besseren oder Schlechteren scheinen diese Manipulationen nicht gehabt zu
haben. Maass, New-York.
In dem von Balao Ventura (4) mitgeteilten Falle hatte ein Indi-
viduum, zwecks Selbstmordes, sich eine Kugel gegen die linke Frontalregion
geschossen; der Schädel wies keine Fraktur auf, sondern nur Lostrennung
eines Stückes der äusseren Knochenlamelle. Das Projektil war von der Spitze
bis fast zur Mitte in zwei Hälften geteilt, welche das fehlende Knochenstück
umklammerten. R. Giani.
Nach einer Schädelschusswunde mit parietaler Einschuss* und okzipitaler
Aasschussöffnung fand Haman und Bradburne (28) bei einem Soldaten
eine rechtsseitige Paralyse und Hemianopsie. An Hand von Abbildungen
suchen sie den mutmasslichen Gang der Kugel aus den Ausfallserscheinungen
festzustellen.
Hotchkiss (29) operierte einen traumatischen Hirnabszess, der einige
Monate nach einer erfolgreichen primären Trepanation wegen Diminutiv-
fraktur des Schädels aufgetreten war. Der Abszess lag in der Nähe der
motorischen Zone, machte aber keine Ausfallserscheinungen, weil durch die
erste Trepanation die Druckerscheinungen aufgehoben waren. Heilung.
Erkrankungen der Stirn- und Keilbeinhöhlen.
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Petersen (6) hält für die Operation des Stirnhöhlenempyems die Kilian-
scbe Methode für die beste, da sie auch kosmetisch gute Resultate gibt.
um gute kosmetische Resultate nach Resektion der vorderen Sinuswand
wegen Stimhöhleneiterung zu erzielen, hat Hins borg (3) einmal die Höhle
mit der Mosettig sehen Plombenmasse gefüllt, die jedoch stellenweise wieder
herauseiterte, und ein anderes Mal die abgelöste Haut auf die hintere Sinus-
vand auf heilen lassen und die starke Einsenkung durch Paraffininjektionen
beseitigt. Letzterem Verfahren gibt er den Vorzug.
Hydrocephaliis, Meningocelen, Encephalocelen, Meningitis.
1. Catterina, Dne casi rari di chimrgia cerebrale. Memoire chirurgiche publ. in onore
di F. BottinL Palermo 1903.
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schrift 1903. Nr. 48.
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Kindes mit frischer Poliomyelitis anterior. Diss. Königsberg 1902.
Gatterina (1) teilt zwei seltene Fälle von Gehirnchirnrgie mit, in
denen es sich um Hydrocephalns handelte. Im ersten Falle war die Ursache
eine Geschwnlst, die primär aus dem rechten Sehhügel hervorgegangen war;
dieselbe hatte die hinteren zwei Drittel der gleichseitigen Hemisphäre ein-
genommen und durch Druck die Gehimsubstanz atrophisch gemacht, sich
dann auf den linken Sebhtigel verbreitet und, zugleich die Yenae Galeni
comprimierend, Hydrocephalns im linken Ventrikel hervorgerufen, der, ebenso
stark wie die Geschwulst anwachsend, eine symmetrische Ausdehnung des
Schädels bewirkt hatte. Im zweiten Falle hatte ein in der rechten Parietal-
region stattgehabtes Trauma durch Gegenschlag eine Ruptur der Substantia
perforata posterior und Blutträufeln in den dritten Ventrikel verursacht, mit
organisierender Reaktionsphlogose, die Thrombose der Gefässe derTela choroidea
und der Plexi chorioidei, der Venae Galeni und der Sinus, und dann Hydro-
cephalns hervorgerufen hatte ; dieser hatte die rechte postero-laterale Schädel-
hälfte asymmetrisch gemacht. A. Giani.
Bei der Operation eines Tumors an der Nasenwurzel zeigte es sich,
dass es sich um eine Encephalocele handelte Roch er (7). Die Enochenöffnung
lag zwischen linkem Nasenbein und aufsteigendem Ast des Oberkiefers. Ab-
tragung des Stils. Glatte Heilung.
V. Friedländer (3) operierte einen Fall von Cephalohydrocele traumatica,
der an eitriger Meningitis zugrunde ging. Genaue anatomische Untersuchung
des Präparates lassen ihn die Entstehung des Cepbalo hydrocele traumatica
in folgender Weise erklären:
Durch ein Trauma wird eine Schädelfraktur mit Einreissen der Dura
und Ablösung des Periosts vom Knochen erzeugt. Der ausfliessende Liquor
cerebro-spinalis erhält die Abhebung des Periosts vom Knochen, welcher,
durch die gleichzeitige Verletzung der Dura in seiner Ernährung gestört, der
Resorption, vornehmlich an seiner Aussenseite anheimfallt. Der dauernde
Ausfluss des Liquor wird durch Interposition eines Durallappens oder durch
primäres Klaffen der Fraktur ermöglicht. Der ursprünglich aus dem Periost
allein bestehende Zystensack verdichtet sich durch Bindegewebsneubildung
an seiner Innenfläche, welche Bildung wohl meist unter leichten Entzündungs-
erscheinungen abläuft, für deren Bestehen nach He noch der relativ hohe
Eiweissgehalt des im Sacke befindlichen Liquors spricht.
Aus der v. Eiselbergschen Klinik teilt Haberer (4) einen Fall von
Y. Meyer, Verlefczuogen and chinirg. Krankheiten des Schädels n. Gehirns. 271
eitriger Meningitis mit, der operativ behandelt wurde. Wie sich bei der
Sektion herausstellte, handelte es sich um eine jauchige Phlegmone des
Unterhautzellengewebes und der Muskulatur im Bereich des linken Schläfen-
beines, Periostitis und Ostitis des linken Schläfenbeins. Jauchige Septo-
meningitis an der Basis und Konvexität der ganzen linken Himhemisphäre. Der
letale Ausgang darf nach Haber er nicht als Beweis für die Ohnmacht chirur-»-
gischer Eingriffe bei diffuser eitriger Meningitis angesehen werden, weil bei
den mehrfachen Operationen jedesmal eine Besserung des Patienten auftrat;
Tielleichl würde eine noch ausgedehntere Eröffnung der Schädelkapsel einen
Erfolg gehabt haben.
Mehrere Fälle von eitriger Thrombophlebitis des Sinus cavemosi infolge
von Zahnkaries teilt Domianos (2) mit, und glaubt, dass bei der absolut
imgünstigen Prognose der Eiterung des Sinus cavernosus man berechtigt ist,
durch einen operativen Eingriff nach der Methode Voss-Lexer (zur Exstir-
pation des Ganglion Gasseri) den Versuch zu machen, den Krankheitsherd
günstig zu beeinflussen. Bei frühzeitig vorgenommener Operation ist es nicht
ansgeschlossen, dass ein Erfolg zn erhoffen ist.
Trigemurnsneuralgie.
1. Abbe, Sahdaral interposition of mbber tissne withont removsl of the gasserian gaaglion
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nearalgie. Diss. Leipzig 1908.
8. Ramend de, Exäröse da trijameaa. La Presse m^icale 1908. Nr. 91.
Die verschiedenen Methoden zur Exstirpation des Ganglion Gasseri
bespricht Jnvara (6) und beschreibt genau die Technik der Methode von
Quenu und Sedillat, die als spheno-temporale bezeichnet ist.
Zur Resektion des dritten Trigeminusastes am Foramen ovale empfiehlt
Hilde br and (5) eine Methode, die ein gutes kosmetisches Resultat gibt und
den Augenfacialis unberührt lässt. Schnitt am oberen Rand des Jochbogens,
nach hinten bis zur Wurzel des Jochbogens, vor dem Ohr ein senkrechter
Schnitt je 2 cm nach oben und unten reichend; vom vorderen Ende des
queren Schnittes geht ein 2 cm langer Schnitt schräg nach hinten in der
Richtung der zum Orbicul. oculi verlaufenden Facialisfasem. Dadurch wird
ein Lappen gebildet, um den durchgesägten Jochbogen nach unten und den
Muse, tempor. nach oben vor zu dislozieren. Der Bogen zwischen Proc. con-
dyloideus und coronoideus wird freigelegt und durch die Lu er sehe Zange
nm 1 cm vergrössert. Das Operationsfeld wird dadurch gut übersichtlich.
Ramonfede (8) beschreibt ein von ihm ausgebildetes Verfahren zur
Resektion des Trigeminus, welche er im Gegensatz zum temporalen als ocd-
pitales oder retromastoideales Verfahren bezeichnet. Die grossen Schwierig-
keiten, die durch Sinus lateralis, sowie den Acusticus und Facialis trochlearis,
272 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
oculomotorius und abducens entstehen, sind zwar ernst, aber zu vermeideiL
Der TrigeiiQinus wird vor seinem Eintritt ins Ganglion Gasseri durchtrennt
Abbe (1) hat bei Trigeminusneuralgie nicht das Ganglion Gasseri ex-
stirpiert, sondern nach Durchtrennung der aus demselben kommenden Nerren
dicht an den Foramina zwischen diese letzteren und das Ganglion ein Stüdc-
chen Gummipapier geschoben und eingeheilt. Fünf derartig operierte Kranke
sind dauernd frei von Schmerz geblieben. Die Beobachtungszeit schwankte
Yon 6 Monaten bis zu 6 Jahren. Die Freilegung geschieht durch einen auf
das Jochbein senkrecht einstechenden Längsschnitt, zur Seite Schieben der
MuscuL temporalis und Auftneisselung des Schädels. Die venöse Blutung,
wenn störend, wird durch temporäres Andrücken von Gummipapier an die
blutende Stelle leicht gestillt. Maass (New-York).
Gordon (4) exstirpierte mit Erfolg das Ganglion Gasseri nach der
Methode von Hartley-Krause. 8 Monate nach der Operation konnte er
noch vollständige Heilung konstatieren.
Gollins (2) musste bei einer Operation zur Entfernung des Ganglion
Gasseri das Heften ungewöhnlich stark nach der Mittellinie zu verdrängen,
weil er wegen der Nähe der mittleren Schädelgrube die Foramina ovale und
rotundum nur so erreichen konnte. Nach Durchtrennung der beiden hier
austretenden Nervenstämme wurde er durch Blutung an weiterer Isolierung
des Ganglion verhindert und musste sich begnügen, mit den beiden genannten
Wurzeln soweit als möglich herauszureissen. Die Foramina wurden mit
Guttaperchapapier bedeckt. Patient wurde von seiner Neuralgie yollständig
geheilt. Es bestanden für etwa vier Monate Paralyse des oberen Augenhdes
rechts und der durch den dritten, vierten und sechsten Gehimnerven ver-
sorgten Augenmuskeln und partielle Paralyse des linken Armes und Beines.
Die Paralyse verschwand schliesslich in all diesen Teilen, doch erlangte
Patient seine frühere Kraft nicht ganz wieder. Gollins glaubt, dass er den
Druck auf die Gehimmasse vielleicht hätte vermeiden können, wenn er die
von Abbe (Annais of surgery. Vol. 37, p. 7) vorgeschlagene Methode befolgt
hätte. Es könnte jedoch der skaphocephalische Schädel mit seiner steilen
mittleren Haube den Zugang zu sehr erschwert haben, und somit die Me-
thode von Hartley für den Fall die geeignetere sein.
Maass (New- York).
Epilepsie.
1. Donath, Eraniektomie bei Epilepsien verschiedenen Ursprungs. Wiener klin. Wochen- '
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Revista de Chirurgie 1903. Nr. 4. p. 131 (Rumänisch).
5. *Erause, Zur chirurg. Behandlung der nicht traumatischen Jacksonschen Epilepsie. '
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6. — Zur Chirurg. Behandlung der nicht traumatischen Jacksonschen Epilepsie mit Eranken- i
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7. Marion, Traitement cbirurgical de l'^pilepsie traumatique. Archives göndrales 1903.
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y. Meyer, VerletzuDgen uod ckirarg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. 273
10. 0. £. Olssen, Ein Fall yon Jacksonscher Epilepsie. Trepanation. Genesung. (Aus
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Glinica chiruigica 1908.
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1903. Nr. 8.
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becks Archiv 1903. Bd. 72. Heft 1.
14. J. Spisharny, Zur Frage der Trepanation bei traumatischer Epilepsie. Russisches
Archiv für Chirurgie 1908. Heft 2.
15. *A. Zawadzki, 8 Fälle von Exstirpation des Ganglion Gasseri wegen Trigeminus-
neuralgie. Medycyna 1903. Nr. 15. (Bericht über 8 Operationen nach Hartley-Krause.
Heilung seit 5, 3, resp. Vs Jahre.) Urbanik (Krakau).
Krause (6) operierte vier Fälle nicht traumatischer Jackson scher
Epilepsie.
1. 16 jähriges Mädchen, seit dem vierten Jahre Epilepsie, ausgehend
von der linken Gesichtshälfte; allgemeine Verblödung. Trepanation, Eröffnung
der Dura, faradische Bestimmung des Facialiszentrums. Es fand sich eine
grosse Zyste, die inzidiert und drainiert wurde. Heilung seit QV» Jahren,
nahezu normale geistige Entwickelung.
2. 14jähriges Mädchen. Seit dem fünften Jahre Krämpfe im linken
Facialis, linken Arm und Bein; Imbecillität. Bei der Operation fand sich
eine dicke weisse strahlige Narbe im Facialisgebiet; Exzision. Heilung auch
der Imbecillität seit IVs Jahren.
3. SOjähriger Mann. Im sechszehnten Jahr Nephritis, linsseitige Hemi-
plegia. Zehn Jahre später epileptische Anfälle vom linken Vorderarm aus-
gehend mit Bewusstseinsverlust. Bei der Operation ergab sich Leptomeningitis
chronica im Armzentrum. Exzision des Zentrums. Heilung.
4. 23jähriger Mann. Insolation im vierten Lebensmonat, einmalige
Krämpfe. Die rechtsseitigen Extremitäten blieben schwächer. Vom drei-
zehnten Jahre an epileptische Anfälle von der rechten Hand ausgehend mit
Bewusstseinsstörung. Bei der Operation fand sich eine suburachnoidale Zyste.
Heilung.
Das Zentrum muss zunächst grobanatomisch bestimmt und der Schädel
6 bis 7 cm im Quadrat eröffnet werden. Die Dura muss in Lappenform oder
kreuzweise getrennt werden. Bei normal aussehender und pulsierender Dura
darf man sich bei der einfachen Trepanation nicht begnügen, sondern man
muss die Gehirnoberfläche freilegen. Findet man keine anatomische Ver-
änderungen, so muss man mit dem faradischen Strom die sensomotorische
Region aufsuchen und die Ausgangsstelle genau umgrenzen. Auf dieser Stelle
soll man punktieren oder inzidieren, um einen subkortikalen Prozess zu
suchen, ist dies negativ, muss das Rindenzentrum exzidiert werden, und zwar
im Zusanunenhang mit den weichen Hirnhäuten bis zur weissen Substanz,
also ca. 5 mm. Die auftretenden Lähmungen gehen zurück. Nach seinen
Beobachtungen bedingt die Narbe keine Rezidive. Die Fälle, welche keine
anatomische Unterlage haben, sind prognostisch ungünstig. In der Diskussion
bemerkt Braun, dass man sich über Dauerheilungen täuschen kann. Sein
seit 1890 geheilter und nachkontrollierter Patient gab stets an, dass es ihm
gut gehe. Er ist seit 1902 schwer epileptisch und hat vorher wieder Anfälle
gehabt, die er verschwiegen hat.
Vier Fälle von Kraniektomie bei Epilepsie verschiedenen Ursprungs
teilt Donath (1) mit. Der erste betrifft eine sogenannte genuine Epilepsie,
Jaliresberieht fOr Chirnrgie 1903. 18
274 Jahresbericht für Chinirgie. IL Teil.
insofern dieselbe mit schweren Krämpfen, Bewnsstlosigkeit bezw. tiefer Störung
des Bewusstseins, Schäumen vor dem Mund, nachfolgender vollständiger
Amnesie und infolge der gehäuften Anfälle mit raschem Intelligenzverfall
einherging. Der vorwiegend Jackson sehe Typus dieser Anfälle drängte zur
Operation. Da im Gehirn nichts gefunden wurde, so liess man es bei der
Kraniektomie bewenden. Die Wirksamkeit der Operation zeigte sich unmittel-
bar nachher darin, dass nur noch zwei Krampfanfälle auftraten, hernach noch
eine Zeitlang petitmal und Absenzen sich zeigten. Die nach der Operation
eine kurze Zeit bestandenen aphatischen Störungen, Anisokorie und Parese des
rechten Mundfacialis mögen vielleicht auf Rechnung der Operation zu bringen
sein, worauf das Kind vollkommen frei von Anfällen blieb und sich bis jetzt
einem Jahr später der vollständigen körperlichen und geistigen Gesundheit
erfreut.
Im zweiten Falle handelte es sich um ein Schädeltrauma mit Depression
und Knochennekrose, wo aber erst vier Jahre später Epilepsie, linksseitige
Parese mit schweren psychischen Störungen und Intelligenzverfall auftraten.
Die Epilepsie ist also hier erst später durch die inzwischen entstandene
traumatischn Encephalitis, welche bei der Operation auch vorgefunden wurde,
hervorgerufen worden. Die Kraniektomie hat hier das Aufhören der Krämpfe
und wesentliche Besserung in den hemiplegischen Erscheinungen, Sprach-
störungen und im Intellekt bewirkt. Wie weit die Heilung noch fortschreiten
wird, ist noch nicht zu bestimmen; selbstverständlich kann das, was durch
encephalitischen Prozess gänzlich zerstört wurde, nicht regeneriert werden.
Daraus folgt, dass bei Schädeltraumen mit Knochendepression, Zertriimnie-
rungen oder wo überhaupt Herderscheinungen angenommen werden dürfen,
sofort tamponiert werden soll.
Im dritten Falle mit faustgrosser Encephalomalacie wurde der Status
epilepticus, 'die Hemiplegia durch Kraniektomie beseitigt und die Intelligenz
gehoben, so dass eine zweimonatliche Besserung vorhanden war, doch konnte
bei der Ausdehnung des Leidens der Exitus nicht aufgehalten werden.
Im vierten Falle handelte es sich wahrscheinlich um eine Neubildung
(Gumma oder Tumor), die bei der Operation nicht aufgefunden wurde, aber
auch bei der Sektion nicht gefunden wurde, da dieselbe offenbar durch
einen Prolaps nach aussen geraten und durch das Paquelinisieren zerstört
worden war. Für die Neubildungen sprachen die Herderscheinungen und der
nach der Kraniektomie aufgetretene Prolaps, als Ausdruck der gesteigerten
und nicht behobenen intrakraniellen Druckes.
Quercioli (11) erörtert zuerst die Ätiologie, Symptomatologie, patho-
logische Anatomie und Behandlung der Epilepsia Jacksoniana und beschreibt
dann acht von ihm beobachtete Fälle dieser Affektion, von denen sechs, von
Biondi operiert, heilten und zwei, weil nicht rechtzeitig eingegriffen werden
konnte, einen unglücklichen Ausgang hatten. Aus seinen Beobachtungen zieht
Verf. folgende Schlüsse: 1. Es ist zu unterscheiden zwischen einer typischen
Form von Epilepsia Jacksoniana und einer atypischen, die sich der Epilepsia
essentialis nähert. 2. Es gibt eine homolateral zur Schädelläsion auftretende
und eine bilaterale Form. 3. Nach Eröffnung des Schädels lässt sich die
vermeintliche Läsion nicht immer konstatieren, sie kann in der Tiefe oder
fern von der Rol and i sehen Zone sitzen, oder kann sich verloren haben oder
eine einseitige sein. 4. Nach Traumen des Kopfes entsteht oft eine Epilepsia
Jacksoniana, die man eher eine post-traumatische nennen könnte. 5. Spontan
y. Meyer, Yerletzangen und chirarg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. 275
oder infolge ärztlicher Behandlung findet selten Heilung statt. 6. Die Erani-
ektomie ist stets angezeigt und muss frühzeitig yorgenommen werden. 7. Eine
weite Öffnung ist yorzuziehen. 8. Die motorischen Zentren können ausge-
schnitten werden in Anbetracht der yikariierenden Funktion der benachbarten
gesunden Rinde. 9. Gehirnhernie ist nicht zu befürchten, wenn die Dura
mater nicht beeinträchtigt und gut yernäht und die Operation unter asep-
tischen Verhältnissen ausgeführt wurde. 10. Unter solchen Verhältnissen kann
eine mehr oder weniger yoUständige Reparation der Lücke erfolgen. 11. Von
den zur Deckung des Knochensubstanzyerlustes empfohlenen Methoden ist
keine ratsam, wenn notwendig, kann man Prothesis, Autoplastik oder Trans-
plantation anwenden. 12. Alle diese Mittel sind schädlich, weil sie die
Bildung yon Adhärenzen begünstigen. 13. Die Vorzüge der Eraniektomie
sind durch die gebesserten Kreislaufsyerhältnisse bedingt. 14. Durch Krani-
ektomie erhält man fast immer gute Resultate, Rezidiy der Krankheit
erfolgt oft. R. Giani.
Roneali (12) berichtet über einen Fall yon nach otitischen Abszessen
aufgetretener Bravais- Jackson scher sensorio-motorischer Epilepsie. Die Ur-
sache der Abszesse war ein Erysipel, das sich über das Gesicht und die
Kopfhaut verbreitet hatte, ein Monat nach der Erysipelinfektion traten
Schmerzen am rechten Warzenfortsatz auf, und gleich darauf Eiterabfluss
aus dem Ohre. Zwecks Entleerung von zwei Abszessen, die miteinander
kommunizierten, nahm Verf. zweimal die Kraniektomie vor. Patient starb
ungefähr ein Monat darauf. In symptomatologischer Hinsicht ist der Fall
interessant, denn trotz der Läsion des Lobus frontalis und des Lobus prae-
frontalis bestanden keine psychischen Störungen und die Epilepsieanfälle
waren zugleich sensorische und motorische und nur in den letzten Tagen
rein sensorische, mit Störungen des Geruchssinnes. Es handelte sich nach
Verf. um einen ausgeprägten Fall von Bravais- Jackson scher Epilepsie. Er
meint, es habe am Keilstrang, am Hippocampus und Gornu Ammonis, wo der
Geruchsinn seinen Sitz hat, eine Erweichung oder ein Abszess bestanden.
R. Giani.
Bei einem 14jährigen Kinde mit Epilepsie seit der Kindheit, erfolglos
medical behandelt, führte Jonnescu(4) eine Kraniektomie nach Berezsowskis
Methode aus. Bei dem Zuklappen des Knochenlambeau nahm Jonnescu
eine 1 cm breite Kante weg, so dass eine Lücke im Knochen blieb. Aus der
Dura schnitt er kleine , 1 cm grosse Quadrate , zwischen welche er kleine
Brücken der Dura intakt Hess. Diese Duralambeau klappte er heraus und
nahte sie mit dem Periostum externum, um eine Knochen-Regeneration zu
vermeiden. . Sto'ianoff (Plevna).
Drei Jahre nach einem Traama an der Stirn traten epileptische Anfälle mit Lähmung
des rechten Armes auf. Während des Status epilepticus wurde Trepanation durch Olssen (10)
ausgeffihrt aber dem Zentrum des Armes. Die Dura matei- wurde gespannt, keine patho-
logischen Veränderungen in der Hirnrinde sichtbar. Nach der Operation Aphasie. Die
Anfalle nahmen allmählich ab, die Lähmungen gingen zurück. Einige Monate nach der
Operation war Patient gesund und konnte seine Arbeit als Schmied wieder aufnehmen.
Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Spisharny (14) trepanierte zwei Patienten wegen Jacksonscher Epi-
lepsie. Im ersten Fall hatten die Anfälle 7, im zweiten 15 Jahre bestanden.
Beidemal wurde ein Wagner scher Lappen gebildet. Im ersten Fall wurde die
verdickte und mit den weichen Hirnhäuten verwachsene Dura exzidiert. Prima
intentio. Nach einem anfallsfreien Jahr traten die Krämpfe wieder auf. Im
18*
276 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil.
zweiten Fall wurde die Dura nur gespalten und unvemäht gelassen. 20 Monate
nach der Operation war Patientin anfallsfrei. — Spisharny glaubt auf
Grund von Tierexperimenten und klinischen Beobachtungen zur Ansicht ge-
langt zu sein, dass ein sog. Ventil und ein aseptischer Wundyerlauf nicht
vor einem Rezidiv der Anfälle schützen. Hohlbeck (St. Petersburg).
Eine Besserung von traumatischer Epilepsie erzielte McCoy (8) bei einem
11jährigen Jungen durch Exzision des derben Narbengewebes zwischen Hirn,
Dura, Knochen und Haut und Einlegen einer Zelluloidplatte auf den Defekt.
Die Platte musste einmal erneuert werden, da sie an einer Seite durch Ex-
sudat hervorgehoben war; dabei fand sich neues derbes Narbengewebe.
Mit Erfolg wurde nach einer Mitteilung von Minkowski (9) ein Fall
von Rindenepilepsie operiert, welche im Anschluss an einen Schlag auf den
Schädel ein halbes Jahr vorher aufgetreten war. Es fand sich bei der Tre-
panation eine abgebrochene Messerspitze^ nach deren Extraktion die Anfalle
ausblieben. Nach 1^/2 Jahr wurden nach einem neuen Trauma auf die Tre-
panationswunde die Anfälle von neuem ausgelöst, so dass eine neue Operation
nötig wird.
Über einige geheilte FäUe von Jacksonscher Epilepsie berichtet Schulze-
Berge (13).
1. Exstirpation des anatomisch bestimmten Zentrums der rechten EIx-
tremitäten ; komplette Lähmung von Arm, Hand und ßein, die nach 14 Tagen
zurückgeht. Paresen und Parästhesien in Arm und Bein sind zurückgeblieben.
Epileptische Anfalle sind seit 13 Jahren weggeblieben.
2. Bei der Operation fand sich eine gänseeigrosse porenzephalische
Zyste, in deren Tiefe der Boden des linken Seitenventrikels freilag. Nach
der Operation noch sechs Anfälle, seit acht Jahren geheilt; Parästhesien und
Schwindelgefühl bei tiefem Bücken noch vorhanden.
3. Exstirpation des elektrisch bestimmten Zentrums der linken Hand;
Lähmung der Hand geht nach 5 Tagen zurück. Heilung seit sechs Jahren.
Sensibilitätsstörung der Finger und Schwindelgefühl bei tiefem Bücken noch
vorhanden.
Ein vierter Fall blieb ungeheilt. Das Gehirn war durch die zerschnitt-ene
(Messerstich ins linke Hirn) Dura mit dem Schädeldach verwachsen. Exzision
der Narbe.
Schulze-Berge glaubt, dass ausser der Steigerung des Himdruckes^
wie sie Kocher als Ursache der Epilepsie annimmt, auch noch materielle
Veränderungen des Hirnes vorhanden sein müssen, und zwar degenerative
Prozesse der Hirnsubstanz. Beim Zustandekommen des epileptischen Anfalles
ist eine gegenseitige Einwirkung der materiellen Läsion der Gehimsabstanz
und der intrakraniellen Drucksteigerung anzunehmen. Die Koch er sehe
Ventilbildung zur Herabsetzung des Hirndruckes ist weniger gefahrvoll als
die Exstirpation des beiderseitigen Halssjmpathicus nach Jonnescu.
Marion (7) bespricht in einer längeren Arbeit das chirurgische Vor-
gehen bei der traumatischen Epilepsie unter Benutzung der bisherigen Arbeiten.
Neues bietet die Arbeit nicht.
Indemans (3) teilt folgende Fälle mit:
Bei einem 9 V2 jährigen Knaben entwickelte sich nach einem Schädel-
trauma unter partieller Nekrose des linken Wandbeines ein Abszess in den
benachbarten Himteilen. Nach Heilung des Abszesses war eine pulsierende
Encephalocele entstanden.
y. Meyer, Yerletzungeii uod chirarg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. 277
Das Kind blieb 4^/» Jahre ohne irgend welche Beschwerde, dann traten
epileptiforme Krämpfe auf, die sich sehr häuften und immer wieder in der
rechten Hand anfingen. Die Narbe war jetzt eingezogen und zeigte starke
S])annung. Trotz der Depression des Schädeldaches und der eitrigen Ence-
phalitis im Anfang, trotz des erhöhten intrakraniellen Druckes also, war da-
mals nicht die geringste Spur von Epilepsie vorhanden. Erst 4^/» Jahre später
traten epileptiforme Krämpfe auf, wahrscheinlich infolge des Wachstums des
Schädels, wobei die Narbe im Wachstum zurückblieb. Die Narbe war dabei
stärker gespannt und diese Spannung setzte sich fort auf den mit der Narbe
verwachsenen Kortex und war die Ursache der Reizerscheinungen. Bei Druck
auf der Narbe trat kein Anfall auf.
Vor jedem Anfall wurde das Kind blass und zog die Narbe sich stark
«in. Auch während der Operation konnte man keinen erhöhten Druck kon-
statieren: kein chronisches Hirnödem, keine Druckerhöhung im Liquor
cerebro-spinaJis , keine Zyste u. s. w. Bei der Operation wurde der Defekt
durch einen König- Müll ersehen Lappen zur Schliessung gebracht. Die
Anfälle blieben ungefähr 6 Monate nach der Operation aus; dann kehrten
sie zurück , jedoch in milder Form , wiewohl keine knöcherne Verwachsung
des Lappens zustande gekommen war.
Der zweite Fall betrifft ein 6 V« jähriges Kind mit Anfällen von Jack-
sonscher Epilepsie in der linken Körperhälfte und mit Ausfallssymptomen,
die in der letzten Zeit noch Monate nach dem Anfalle vorhanden sind.
Die Epilepsie ist vielleicht entstanden auf dem Boden einer akuten En-
cephalitis, woran das Kind in den ersten Lebenstagen gelitten hat.
Die vorgestellte Operation wurde abgelehnt. Goedhuis.
Tamoren und Cysten.
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V. Brunsche Beiträge zur klinischen Chirurgie. XXXVII. 3. Heft.
278 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
16. Krause, Zar Freilegung des Kleinhirns und der hinteren Felsenbeinfläche. Freie CSiir.-
Vereinigung. Zentralblatt für Chirurgie 1903. Nr. 2.
17. Lichtwitz, Ülierj einen Fall von Sarkom der Dura mater und über dessen Bezieh-
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Heft 2.
18. Lucas-Championnidre, Tumour de cerveau, love frontaL Epilepsie partielle. Ab»
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Nr. 13.
19. Mathio et Brouqueylo, Tumeur c^öbrale. Soc. d'anat. Journal de m^. de Bor-
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20. *Muthmann und Sauerbachs, Über eine Gliageschwulst des vierten Yentrikele
hiebst allgemeinen Bemerkungen Ober Gliome überhaupt Zieglers Beitrftge 1903.
Bd. XXXIV. Heft 8.
21. Oliver, History of a case of a cerebral tumour light and a half years after remo-
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22. ^Prof^, Über die bei operativer Behandlung von Hirntumoren auftretenden Him-
bernien. Diss. Strassburg 1908.
28. *Py6 Smith, Zwei durch Operation geheilte Fälle von Hirntumor. Quartherly med.
jonmal. August 1903.
24. Tuffier, Malade op^r^ d*un tubercule c^röbral. Bull, et m^m. de la soc. der Chir.
1903. Nr. 19.
25. *yorh astner, Beitrag zur Frage der Operabilität der Hirntumoren. Diss. Halle 1903.
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gory 1303. February.
27. — Sclerosis of the brain cortex. New-Tork surgical soc. Annais of snrgery 1903.
February.
Zur FreileguBg des Kleinhirns und der hinteren Felsenbeinfläche sind
andere Methoden notwendig, als zur Entleerung von otitischen Eiterungen,
welche vom v. Bergmannschen Schnitte aus zugängig gemacht werden.
Zur Freilegung von Geschwülsten im ganzen Bereich der hinteren Schädel-
grube ist das intradurale Vorgehen erforderlich. F. Krause (15) hat folgende
Methode ausgebildet: Es wird die Kleinhirnhemisphäre mittelst eines Haut-
Periost-Knochenlappens mit unterer Basis freigelegt und die Dura in gleicher
Weise lappenförmig nach unten geschlagen. Die Hemisphäre hebt sich, wenn
der Kopf der sitzenden Patienten nach der anderen Seite gebeugt wird,
durch die eigene Schwere vom Felsenbeine ab; leiser und vorsichtiger Zug
mit dem Hirnspatel legt die hintere Fläche vollends frei. Unterbindung einer
von Sin. petr. sup. kommenden Vene ; 3 cm vom Knochenrand entfernt sieht
man den Acusticus und Facialis in den Porus acusticus eintreten, reichlich
^J2 cm nach hinten und unten von ihnen den Glossopharyngeus , Vagus und
Accessorius von unten heraufziehen; die hintere Felsenbeinfläche ist nun zu-
gänglich. Wegen der Schwierigkeit, bei Kleinhimtumoren die Seite der
Erkrankung zu konstatieren, rät Krause beide Kleinhirnhemisphären frei-
zulegen. Ein grosser rechtwinkliger Lappen mit unterer Basis umfasst das
Hinterhaupt zwischen beiden Warzenfortsätzen und reicht nach oben hin
etwas oberhalb der Protuberantio occip. externa. Der Knochen wird bei nicht
besonders kräftigen Leuten am besten fortgenommen. Beide Sinus transversi
und sigmoidei freigelegt. Die Dura wird dicht unterhalb der S. transv. und
medianwärts der S. sigm. durchschnitten, der Sin. occipit. doppelt unter-
bunden und durchtrennt, dann die Bedeckung beider Kleinhirnhemisphären
als ein Lappen umgeschlagen. Die Sin. transv. und das Tentorium bleiben
unberührt. Wird letzteres mit dem Himspatel nach oben gehoben, so kann
man beide Hemisphären und den Oberwurm in grosser Tiefe übersehen, femer
kann man die Himteile abtasten und die Hemisphären anatomisch inzidieren.
y. Meyer, VerletzaDgen und chirorg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. 279
Die Operation hat er bei einem 18jährigen Mädchen mit Symptomen des
Eleinhimtnmors ausgeführt. Es fand sich kein solcher, aber eine sehr er-
hebliche Raumverengerung der hinteren Schädelgrube durch eine enorme
Kyphose des Schädelgrundes im Gebiete des hinteren Keilbeins und der Pars
basilaris des Occiput. Die Operation besserte die Symptome, später traten
jedoch von neuem Himdruckerscheinungen und Exitus auf. In analoger
Weise hat Krause noch einmal beide Kleinhirnhemisphären mit Erhaltung
des Knochens freigelegt.
Durch Untersuchungen über 209 Fälle von Hirntumoren sucht Brün-
niche (5) die Himgeschwülste, namentlich mit Rücksicht auf die Möglichkeit
ihrer operativen Behandlung, zu beleuchten. Eine operative Behandlung war
infolge des Sitzes, der Natur u. s. w. der Geschwülste in Vio der Fälle aus-
geschlossen. In den übrigen Fällen war eine sichere Lokaldiagnose in ^/s
der Fälle nicht zu stellen. Operative Behandlung ist in 14 Fällen instituiert,
in 10 von diesen Fällen wurde eine radikale Exstirpation angestrebt, ist aber
nur in 2 Fällen gelungen. 6 Patienten sind im Anschluss an die Operation
gestorben. (Schaldemose.)
Fischer (9) teilt zwei Krankengeschichten mit, resp. die Sektions-
protokolle von Cysticercus racemosus cerebri. Die Entwicklung des Cysti-
cercus war ganz symptomlos verlaufen, ohne jegliche Reiz- oder Ausfall-
erscheinungen. Ganz plötzlich kam Kopfschmerz, Erbrechen, Somnolenz,
Koma, Tod, das Bild des Himdruckes.
In dem von Battaglia (2) beschriebenen Falle bestand im rechten
Seitenventrikel eine vollständig freie Echinokokkencyste ; dieselbe hatte weder
Druck noch Verlagerung der Gehirnsubstanz bewirkt, sondern nur, wie ein
Fremdkörper, Reizerscheinungen hervorgerufen. Der osmotische Austausch
zwischen der Flüssigkeit der Zyste und der Cerebrospinalflüssigkeit hatte
Reizung des ganzen Ependyms bewirkt, infolgedessen dieses verdickt erschien.
R. Giani.
Boettiger (3) berichtet über einen operierten und einen sezierten
Hirntumor. Es waren beide Sarkome. Das Interessante an beiden Fällen
waren die isoliert auftretenden klonischen Zuckungen in den den rechtsseitig
gelähmten entsprechenden linksseitigen Körperteilen, im ersten Fall während
der Operation im linken Arm, im zweiten Fall anamnestisch im linken Arm
imd Gesicht. Diese Zuckungen können ihren Ausgang nur von der gleich-
seitigen Hemisphäre genommen haben.
Oliver (21) konnte einen geheilten Fall von Hirntumor beschreiben,
der vor 8^/2 Jahren exstirpiert worden war. Es handelte sich um ein Angiom
in der motorischen Region der linken Hemisphäre. Es besteht noch eine
beträchtliche Verminderung der Kraft in der rechten Hand und im Unterarm
und Flexionskontraktur der Finger, wie sie vor der Operation bestand ; zum
Teü beruhen diese Ausfallerscheinungen auf der deszendierenden Degeneration
durch den Tumor, zum Teil auch auf die Zerstörung der Rindenzentren bei
der Operation. Die Sprache ist nicht vollständig zurückgekehrt, ist jedoch
bedeutend gebessert.
Bei einer Patientin mit Hirntumor, der Blindheit und heftige Kopf-
schmerzen als alleinige Symptome aufwies, machte Gay et (12) den Versuch,
durch Lumbalpunktion das Gehirn zu entlasten, aber mit negativem Erfolg.
Patient starb drei Tage später im Koma. Die Sektion zeigte einen orange-
280 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
grossen Tnmor im rechten Okzipitallappen, der die ganze weisse Substanz
einnahm, aber die Rinde frei Hess.
Eine wesentliche Besserung einer Jacksonschen Epilepsie erreichte
Woolsey (27) durch Trepanation und Entfernung des trepanierten Knochens.
Als Ursache fand sich eine Sklerose auf Basis einer syphilitischen Arteriitis.
Mit vollem Erfolg exstirpierte Woolsey (26) ein zystisches Fibrom der
rechten motorischen Zone. Die Lähmung ging zurück, nur war die Kraft
der linken Hand etwas geringer als normal.
Lucas-Championniere (18) exstirpierte einen Hirntumor von der
Grösse einer Mandarine aus dem Lobus frontalis. Die partielle Epilepsie
deutete auf eine Aflfektion der motorischen Region; Lucas -Championniere
weist speziell darauf hin, dass Tumoren der Nachbarschaft genau dieselben
Symptome erzeugen können. Der Patient starb unmittelbar nach der Opera-
tion infolge des enormen Blutverlustes aus Haut und Knochen (Hämophilie).
Die mikroskopische Untersuchung des Tumors fehlt.
Im Falle Dragomiroffs (7) handelte es sich um ein nussgrosses
Glioma der Medulla oblongata im IV. Ventriculus cerebri bei einem 10jährigen
Kinde, das vor 30 Tagen von einem Esel auf den Boden fiel und sich links
den Schädel leicht kontusierte. Symptome: Titubatio, mehr nach vorne und
nach links. Gehen mit ausgebreiteten Füssen, Nystagmus, Hautsensibilität
erhalten, Schwund der Patellar- und anderer Reflexe. Dragomiroff stellte
die Diagnose Ataxia hereditaria Friedreich. Die Autopsie zeigte einen Tumor
der Medulla, der mikroskopisch als Glioma anerkannt wurde.
Stoianof f (Plevna).
Bei einer 36 jährigen sonst gesunden Frau trat nach einem Trauma des
Schädels Kopfschmerz auf, Mattigkeit, Vergesslichkeit, Schwindel, Neigung zu
Ohnmächten, Abmagerung und schliesslich Erblindung. Tod nach '/4 Jahren.
Bei der Sektion fand Lichtwitz (17) in der mittleren Schädelgrube ein
Spindelzellensarkom der Dura von 137 g Gewicht. Alles spricht für den
Zusammenhang des Traumas mit der Entwicklung der Geschwulst.
Einen Solitärtuberkel , der Jacksonsche Epilepsie, in der rechten
oberen Extremität beginnend, machte, operierte Tuffier (24) mit Erfolg.
Bei einem Knaben, der nur epileptische Krisen hatte und in den Inter-
vallen vollständig frei schien, fand sich (Mathio und Brouquere, 19) beider
Sektion des im Koma Verstorbenen ein altes Tuberkulom im dritten Ventrikel
An Hand eines Falles von Kleinhimgeschwulst , bei welchem er durch
Trepanation und Drainage eines Seitenventrikels eine erhebliche Besserung
des Allgemeinzustandes und Zurückgang der Stauungspapillen erzielte, bespricht
Her hold (13) die Schwierigkeit der Lokalisation von Gehimgeschwülsten
behufs operativen Eingriffs. Durch Palliativoperationen kann wesentlich
Nutzen geschaffen werden durch Beseitigung des intrakraniellen Druckes.
Es kommen in Betracht Lumbalpunktion, Trepanation mit Spaltung der
Dura, Trepanation mit Punktion der Seitenventrikel, Trepanation und Drainage
der Seitenventrikel. Von der Lumbalpunktion ist kein Nutzen zu erwarten,
von den anderen drei ist je nach dem vorliegenden Falle eines anwendbar.
Burnet (6) beschreibt zwei Fälle von Himabszess, die keine Symptome
machten, als eine enorme Abmagerung. Die Sektion konstatierte im ersten
Fall einen Abszess im Stirnlappen; im zweiten im Temporo-sphenoidallappen,
ohne nachweisbare Entzündung des Ohres oder Felsenbeins. Beide Fälle
führte er auf Infektion durch Influenzabazillen zurück.
y. Meyer, Verletzungen und chirurg. Krankheiten des Schftdels u. Gehirns. 281
Abszesse. Pyämie. Thrombose. Otitische Erkrankungen.
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282 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
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Heft 8.
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84. *-- Zwei Schlftfenlappenabszesse. Zeitschrift fflr Ohrenheilkunde 1903. Bd. XLIV.
Heft 2.
85. Zaalberg, Ein Fall von Entzündung der Mittelohrhühlen, endigend mit letaler Menin-
gitis, die von einem, bei Lebzeiten, nicht erkannten extraduralen Abszess verursacht
war. Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1903. Mai. Nr. 5.
Rudi off (23) hat Untersuchungen über den Verlauf des Sinus sig-
moideus am kindlichen Schläfenbeine angestellt und gefunden, dass der Sinus
sigmoideus beim Kinde an einer anderen Stelle zu suchen ist, als man es
beim Erwachsenen zu tun pflegt. Beim Neugeborenen ist die Furche im
Schläfenbeine für den Blutleiter so flach, dass sie kaum erkennbar ist. Sie
vertieft sich im Laufe der Jahre, um bei einem 7jährigen Kinde eine halb-
zylindrische Rinne zu bilden, während zugleich der Proc. mast. bei seiner
weiteren Ausbildung etwas nach hinten geht. Mit zunehmender Vertiefung
der Rinne rückt der Sinus nach vom, so dass seine vordere Grenze im
Laufe der Jahre die Mace wen sehe Linie allmählich erreicht und weiterhin
überschreitet.
Henrici und Kikuchi (10) beschreiben eine Anzahl Varianten der
okzipitalen Sinusverbindungen.
Auf Grund seiner Untersuchungen über den Verlauf der Facialis im
Felsenbein kommt Randall (22) zum Ergebnis, dass der absteigende Teil
des Nervus facialis bis zu seinem Austritt aus dem Foramen stylo-mastoideum
in allen untersuchten Fällen einen fast vertikalen Verlauf zeigt und die schiefe
Fläche des Trommelfells etwa 3 mm hinter der mittleren Partie des hinteren
Annulusrandes kreuzt.
In seiner Arbeit über die otitische Hirnsinusthrombose bespricht Stenger
(26) die Anatomie, die Ätiologie, die Komplikationen, Symptome und Diffe-
rentialdiagnose. Nach Mitteilung einer Anzahl Fälle kommt er speziell auf
die Therapie zu sprechen. Hier muss vor allem auch die Ätiologie berück-
sichtigt werden, weil die Sinusthrombose im Anschluss an akute Eiterung
sich in anderer Weise zeigt als bei chronischer Eiterung. Sie bietet in bezug
auf die Beurteilung des einzelnen Falles und die einzuschlagende Therapie
noch eines der schwierigsten Probleme. Es kommen namentlich drei Punkte
in Frage: 1. Wann soll der Sinus freigelegt werden, 2. wann und wie soll
er inzidiert werden, 3. wann soll die Jugularis unterbunden werden. Bisher
ist schlechtweg von einer Sinusthrombose ohne Berücksichtigung des sehr
verschiedenen Verlaufes gesprochen worden. Die Streitfrage dreht sich darum,
wann eine Thrombose angenommen werden soll und welches Verfahren bei
einer nicht sicher nachgewiesenen Thrombose einzuschlagen ist; ebenso ist
es noch nicht entschieden, wenn die Jugularis unterbunden werden soll und
wenn nicht.
Jeder Fall von Sinusthrombose ist ein anderer in der Art seiner ur-
sächlichen Entstehung, seines Auftretens und seines Verlaufes. Der thera-
peutische Eingriff hat sich nach der Entstehungsursache zu richten. Bei
akuten Fällen mit typischer Pyämie genügt oft die einfache Ausräumung des
Warzenfortsatzes. Bei stürmischen fieberhaften Erscheinungen ohne eigent-
liche Metastasen genügt eine einfache Inzision und Ausräumung des Thrombus.
y. Meyer, Yerleizongen und Chirurg. Krankheiten des Schädels u. Gehirns. 283
Ist dagegen der Thrombus nach beiden Seiten hin infiziert, so treten schwere
pyämische und metastatische Erscheinungen zutage. Es finden sich oft zentral
zerfallene Thromben ohne Symptome der Thrombose, es muss demnach der
Thrombus nach beiden Seiten gutartig abgeschlossen sein. Durch Neuauf-
flackern kann er dann an den Enden infiziert werden und zerfallen und führt
dann zu schweren Lungenmetastasen. Es handelt sich also darum, zu ent-
scheiden, wie weit die Thrombose vorgeschritten ist. Besteht nur kurze Zeit
Fieber, ebenso die sonstigen Krankheitserscheinungen, so kann man annehmen,
dass eine einfache Ausräumung des Warzenfortsatzes mit Freilegung des Sinus
zur Beseitigung der Symptome genügt. Findet sich ein perisinuöser Abszess,
ist die Wandung verdickt und missfarbig, stärkere Allgemeinsymptome, so
mnss der Sinus punktiert oder inzidiert werden; dabei kann der Thrombus
wandständig sein oder sich an einer anderen Stelle befinden. Hier ist abzu-
warten, denn die Untersuchung des Sinusinnern ist wegen Verschleppen von
Thrombenteilchen gefahrlich, oder die Bulbus ist ausgiebig freizulegen, event.
mit Jugularisunterbindung. Bei chronischer Ohreiterung wird die einfache
Freilegung und Eröffnung kaum ausreichen. Der Sinus muss ganz freigelegt
werden, die äussere Beschaffenheit gibt keinen Aufschluss über das Innere.
Anch nach Unterbindung der Jugularis bleiben in den Emissarien noch Wege
zur Weiterverschleppung übrig, es ist daher besonders darauf zu achten, den
Krankheitsherd möglichst aufzusuchen und auszuschalten. Es hat keinen
Zweck, die Jugularis zu unterbinden, wenn der Krankheitsherd im Bulbus
zurückbleibt; deshalb ist die bisherige Statistik zu Gunsten oder Ungunsten
der Jugularisunterbindung nicht massgebend, weil oft in unnötigen Fällen
unterbunden wurde und umgekehrt.
Bei 119 Fällen von 24 akuten, 87 chronischen und 8 zweifelhaften
Sinusthrombosen wurden 61 unterbunden, 58 nicht unterbunden. 63 wurden
geheilt, und zwar 32 unterbundene, 31 nicht unterbundene; von 56 Verstor-
benen waren 29 unterbunden, 37 nicht unterbunden. Von 24 akuten Eite-
rungen wurden 19 geheilt, 5 sind gestorben. Von den 87 chronischen 41 ge*
heilt, 46 sind gestorben; von den 8 zweifelhaften sind 5 Heilungen und 3
Todesfälle. Das Resultat der Unterbundenen und nicht Unterbundenen ist
also nahezu gleich. Bei den akuten Eiterungen finden sich eine grössere
Anzahl Heilungen. Von diesen 24 Fällen waren 12 unterbunden mit 4 Todes-
fallen, von 8 nicht unterbundenen sind 7 geheilt; in 4 Fällen war der Sinus
nicht eröffnet. Es sind demnach die im Anschluss an akute Eiterungen ent-
standene Sinnsthrombosen im allgemeinen anders zu beurteilen, als die nach
chronischen Eiterungen entstandenen.
Ist die chronische Eiterung der Sinusthrombose im Innern zerfallen, so
ist Gefahr, dass die Infektion auf beide Enden übergeht. Neben der Aus-
räumung durch breite Freilegung des Sinus ist auch die Jugularisunterbindung
Tiehnehr indiziert; bestehende Anzeichen von Metastasen geben immer die
Indikation, neben gründlicher Ausräumung auch die Unterbindung vorzu-
nehmen.
Nach den Beobachtungen von Voss (33) entstanden über 60 ^/o der
operierten Sinusthrombosen infolge akuter Otitis media, und unter den letzteren
wieder 70**/o in den ersten 4 Wochen. Er stellt gegenüber anderen Autoren
den Satz auf, dass bei Sinusthrombosen, welche sich an eine ausgeheilte
akute Otitis anschliessen, der Sinus direkt ohne Eröffnung des Antrums frei-
gelegt werden soll. Das Antrum soll nur eröffnet werden, wenn es sich als
284 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
nötig erweist. Drei Patienten genasen, obgleich Störungen auftraten, welche
Voss jedoch nicht auf Rechnung der Operationsmethode setzt. Zwei weitere
Patienten starben an eitriger Meningitis. Im ersten Fall fand sich bei der
Sektion das Dach des Antrum und der Paukenhöhle intakt, so dass Yon hier
aus die Meningitis nicht ausgegangen sein konnte. Die Patientin hatte sich
der frühzeitigen Eröffnung der Sinusthrombose wiedersetzt. Im zweiten Fall
handelte es sich um eine Konvexitätsmeningitis, die Himbasis war vollkommen
frei. Es bestand Thrombose bis zum Torcular Herophili, Thrombose des
Sinus petros. inf. und des ganzen Cavernosus.
Hausberg (7) publiziert neun Fälle von Sinusthrombose.
1. Mastoiditis nach akuter rechtsseitiger Mittelohreiterung mit Sinus-
thrombose und Metastase. Jugularisunterbindung. Sinuseröffhung. Heilung.
2. Sinusphlebitis nach chronischer Mittel ohreiterung. Extraduraler
Abszess. Operation. Jugularisunterbindung. Tod nach zwei Tagen an Lungen-
metastasen.
3. Sinusphlebitis und zirkumskripte eitrige Meningitis nach chronischer
Mittelohreiterung. Jugularisunterbindung. Sinusoperation. Freilegung der
Bulbus. Exitus.
4. Sinusthrombose nach akuter Mittelohrentzündung bei Scharlach.
Jugularisunterbindung. Sinusoperation. Exitus.
5. Sinusthrombose nach akuter Mittelohrentzündung. Schwere Metastasen
in den Lungen und Abszess in der Hüfte. Sinuseröffnung. Jugularisunter-
bindung. Heilung.
6. Sinusthrombose nach akuter Mittelohrentzündung. Metastasen im Unter-
hautzellgewebe und Lungen. Jugularisunterbindung. Sinusoperation. Heilung.
7. Ausgedehnte Sinusthrombose nach akuter Mittelohrentzündung bei
Scharlach. Metastase am Humerus. Sinusoperation. Tod nach 8 Stunden
im urämischen Anfall.
8. Sinusthrombose nach chronischer Mittelohreiterung. Jugularisunter-
bindung. Sinusoperation. Heilung.
9. Schwere Septikämie nach akuter Mittelohrentzündung. Eitrige Mastoi-
ditis. Mastoid- und Sinusoperation 33 Stunden nach dem ersten Auftreten
der 0. m. Heilung.
In diesen Fällen war 6 mal die Sinusthrombose bei akuter Mittelohr-
eiterung aufgetreten. Des weitern gibt Hausberg bekannt, dass die Ver-
letzung und Freilegung des gesunden Sinus Veranlassung zur Thrombose geb^
kann. Von drei Fällen endeten zwei tödlich. Zum Schluss macht er noch
auf die ausserordentlichen Verschiedenheiten, die bei sämtlichen venösen
Himblutleitern obwalten, aufmerksam.
Mit Erfolg operierte Molinie (19) eine Thrombophlebitis der Sinus
lateralis.
Schnelle (25) beobachtete bei einem gesunden Soldaten einen akuten
eitrigen Mittelohrkatarrh infolge Luftdruckwirkung bei einer Schiessübung.
Trotz Aufmeisselung und Freilegung des Mittelohres bestanden Schüttelfröste
und Fieber weiter. Aus dem Sinus sigmoideus wurden bröcklig zerfallene
Massen entfernt, ebenso wurde nach Unterbindung der Vena jugularis ein
zerfallener Thrombus entfernt. Heilung, ümgangsprache in 3 m Entfernung
vernehmbar.
Von Suckotorff und Henrici (28) wurden aus der Rostocker Klinik
folgende Krankengeschichten publiziert.
y. Meyer, Verletzungen und chirnrg. Krankheiten des Schädels u. Gehiiiis. 285>
1. Sinusphlebitis und Septikopyämie dnrch akute Mastoiditis. Mehrere
Operationen. Heilung.
2. Abszess im Schläfenlappen durch chronische Mittelohreiterung mit
Polypenbildung und Zerstörung des Tegmen antri. Operation. Tod, wahr^
scheinlich durch fortschreitende Encephalomeningitis.
3. Tiefliegender Extraduralabszess in der hinteren Schädelgrube, Klein-
hirnabszess, Obliteration des Sinus transversus und eitrige Leptomeningitis
durch chronische Mittelohreiterung. Antrumeröffnung und Entleerung des
Eztraduralabszesses. Tod.
4. Grosser Extraduralabszess in der mittleren Schädelgrube, nekrotische
Zerstörung der Dura, eitriges Exsudat im Subdural- und Arachnoidealraum
Ton eigentümlich disseminierter Lokalisation, durch chronische Mittelohr-
eiterung.
5. Grosser perisinuöser Abszess durch chronische Mittelohreiterung;
nach dessen operativer Entleerung Spontanruptur des Sinus transversus.
Stauungspapille, nach der Operation noch stark zunehmend. Heilung.
6. Perisinuöser Abszess durch Bezoldsche Mastoiditis bei einem zehn-
jährigen Kinde. Operation. Heilung.
7. Perisinuöser Abszess durch subakute Mastoiditis. Operation. Heilung.
8. Mastoiditis mit perisinuösem Abszess durch akute Mittelohreiterung.
Operation. Heilung.
Voss (34) berichtet über zwei Fälle von Schlaf enlappenabszessen. Im
ersten Fall trat SV« Wochen nach einem Sturz auf den Kopf mit Blutung
ans dem Ohre, Eiterung in demselben auf. Bei der Operation fand sich ein
extraduraler Granulations- und Eiterherd. Wegen Benommenheit wird später
noch die Dura gespalten und nach verschiedenen Richtungen punktiert, ohne
einen Abszess zu treffen. Tod. Die Sektion ergab einen kirschgrossen
Abszess an der Unterfläche des Temporallappens mit stinkendem Eiter und
in den Seitenventrikel perforiert.
Im zweiten Fall handelte es sich um einen gashaltigen grossen Schläfen-
lappenabszess nach chronischer Otitis media. Der Abszess wurde bei der
Funktion getroffen und drainiert. Heilung.
Hertle (11) teilt zwei operativ behandelte Fälle von Pachymeningitis
externa mit. Der erste starb an Entkräftung, nachdem die Operationswunda
geheilt war. Die mikroskopische Untersuchung ergab in der Dura charak-
teristische Tuberkel. Der andere Fall ging von einer chronischen Mittelohr-
eiterung aus mit Karies des Os petrosum. Es bestand schon mehrere Jahre
eine Fistel 5 cm hinter und 1 cm über dem hinteren Gehörgang. Radikal-
operation nach Stake, wobei keine Kommunikation der Fistel mit dem Ohre
gefunden wurde. Die Fistel brach noch mehrfach auf, so dass eine aasge-
dehnte Trepanation nötig war, welche einen epiduralen Abszess freilegte, der
ranmUch von dem Ohr getrennt war. Hertle nimmt an, dass der Eiter
dnrch einen phlebitischen Prozess entfernt vom Ohr verschleppt worden ist
und dass sich auf dieser Basis der Abszess mit nachfolgender Fistelbildung
entwickelt hat. Patient ist geheilt.
Eulenstein (4) ging in einem sehr verzweifelten Fall von heftiger
Spätblutung aus dem arrodierten Himblutleiter, der sich bei jedesmaligem
Verbandwechsel zeigte (am 4. Tag war nach der Tamponade noch kein ge-
nügend fester thrombotischer Abschluss vorhanden), so vor, dass er vor dem
unaufschiebbaren Tamponwechsel die Jugularis unterband und den Sinus an
283 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
seinem peripheren Teil durch Trepanation freilegte und komprimierte. Eulen-
stein schlägt vor bei einer Sinusblutung eines noch nicht am Warzenfortsatz
operierten Falles, den Sinus peripher von dem sigmoidalen Teil durch Trepa-
nation freizulegen und digital oder durch Einschieben von Tampons zwischen
Sinus und Knochen zu komprimieren, dann die Radikaloperation und Frei-
legung des Sinus anzuschliessen und je nach der Lage die blutende Stelle
zu tamponieren oder den pathologischen Sinusinhalt auszuräumen. Es liegen
18 Beobachtungen von Blutungen vor infolge von Ärrosion bei Eiterung im
Schläfenbein. 12 Fälle betrafen den Sinus transversus, ein Fall den Sinus
petros. sup., ein Fall den Sinus petr. inf., ein Fall den Sinus caroticus,
ein Fall mehrere Sinus gleichzeitig und zwei Fälle den Bulb. venae jugul.
Die Blutungen traten auf 13 mal bei chronischen und 4 mal bei akuten
Eiterungen.
Zaalberg (35) machte die Radikaloperation wegen Mittelohreiterung;
a^lle Symptome, sogar der Schwindel verschwanden. Ganz unerwartet traten
dann meningitische Erscheinungen auf, denen Patient schnell erlag. Die
Sektion stellte einen tief liegenden Extraduralabszess, der nicht diagnostiziert
war, fest, von dem die letale Meningitis ausging.
Wegen intrakranieller Eiterung bei alter Ohreiterung trepanierte Gaben (3)
und entleerte einen Abszess im Schläfenlappen von 30 ccm Inhalt. Tod. Bei
der Sektion fand sich Trübung der Pia an der Konvexität und eitriges Ex-
sudat längs der Blutgefässe an der Basis. Der Abszess umfasste die drei
Gyrus temporalis und den Gyrus occipito-temporalis.
Einen trotz seiner Grösse ausgeheilten otitischen Schläfenlappenabszess
publiziert Fabian (5). Im Anschluss an eine Radikaloperation einer akuten
Otitis media trat ein schwerer Wunderysipel auf, im weiteren Verlauf dann
Somnolenz. Die Punktion der Dura ergab seropurulentes Sekret und nach
Erweiterung der Trepanationsöffnung entleerte das Messer einen ungemein
grossen Abszess mit stinkendem Eiter. Erst nach einigen Tagen Rückkehr
des Bewusstseins. Im weiteren Verlauf trat oft Somnolenz und Koma, ab-
wechselnd relativ freie Zeiten auf. Trotz tagelangem Sopor, Herzinsuffizienz
und Lungenödem, gekreuzter Hemiplegie, Taubheit des anderen Ohres, sen-
sorieller Aphasie kam es schliesslich doch zur Heilung mit geringer eitriger
Sekretion aus dem Ohr, so dass Patientin wieder dem Haushalt vollständig
nachgehen kann.
Bei einem Offizier beobachtete Knaggs (16) nach einem Sturz die
Entwickelung eines Abszesses im Temporo-sphenoidallappen infolge einer seit
der Kindheit bestehenden leichten Otorrhöe. Es bestand Fieber, Schwindel,
intensiver Kopfschmerz, Brechen und amnestische Aphasie. Es wurde die
Stackesche Operation gemacht und die mittlere Schädelgrube eröffnet,
wobei sich die nicht pulsierende Dura zeigte, nach deren Inzision sich der
Abszess entleerte. Drainage. Heilung.
Voss (32) beschreibt sechs Fälle von otitischem Himabszess mit zwei
Heilungen.
In 8 Fällen von otogenem Klinhimabszess gelang es nach Lossen (17),
3 Fälle durch Operation zu heilen; 5 starben.
Bei einer Radikaloperation wegen Cholesteatom wurde von Voss (31)
wegen intensiver Stimkopfschmerzen die mittlere Schädelgrube trepaniert, um
einen vermuteten Temporallappenabszess zu eröffnen. Trotzdem keiner gefunden
wurde, doch subjektive Erleichterung, offenbar durch die einfache Trepanation
Mejer, Verletzungen und chirorg. Krankheiten des äasseren Aages. 287
l)edingt. Sechs Tage später fand sich dann ein Eleinhirnabszess , nachdem
taumelnder Gang, Erbrechen, heftiger Kopfschmerz und doppelseitige Neuritis
optica aufgetreten war. Ein Abszess mit zwei Esslöffel voll stinkendem Eiter
wird entleert und drainiert. Heilung.
n.
Verletzungen und chirurgische Krankheiten des
äusseren Auges, des äusseren Ohres und der Nase.
Referenten: G. Zimmermann, Dresden und W. L. Meyer, Dresden.
Die mit * yersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Yerletzangen nnd chirurgische Krankheiten des äusseren Auges.
Referent: W. L. Meyer, Dresden.
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Schüz (154) führt die in diesem Jahresbericht über das Jahr 1901
referierten statistischen Zusammenstellungen der Augenverletzungen der Tü-
binger Augenklinik von Hartmann und Rosenberg fort mit einer Statistik
über die Jahre 1901 und 1902, welche bezüglich der Verteilung auf die Ge-
schlechter und das Lebensalter fast genau dieselben Zahlen liefert, unter
den 1151 frischen Verletzungen finden sich unter den schweren 12, bei denen
der Sehnerv in Mitleidenschaft gezogen war, darunter 2 mit direkter Ab-
294 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil
stechung des Sehnerven, einmal durch Heugabelstich und einmal durch Stich
mit einem Rappier. Einmal wurde die Optikusatrophie veranlasst durch, einen
Kuhhomstoss, der die Lamina papyracea ossis ethmoid. frakturiert und den
Bulbus gequetscht hatte. Für die Skleralrupturen ist in 11 Fällen unter 43
Kuhhornstoss als Ursache angeführt; 9 von diesen Augen gingen verloren.
Von den im ganzen 21 Verletzungen durch Kuhhornstoss endeten 13 mit
Erblindung des betroffenen Auges. Den Schluss bilden 12 Fälle schwerer
Schussverletzungen, die grösstenteils ebenfalls zur Erblindung führten.
Mit den Unfall Verletzungen des Auges im landwirtschaftlichen Betriebe
beschäftigt sich Eschenauer (54) an der Hand des Giessener Materials.
Hier sind es hauptsächlich die Verletzungen durch Kuhhornstoss und die
leichten Verletzungen mit Strohhalm, Grannen, Holzstückchen und Zweigen,
die dann so häufig ein Ulcus corneae serpens im Gefolge haben. Welche
Bedeutung dem Ulcus serpens zukommt, geht daraus hervor, dass nach
Eschenauer nur 3,8 ®/o der vom Ulcus serpens Befallenen ihre ursprüng-
liche Sehschärfe wieder erreichen.
Unter ähnlichen Gesichtspunkten hat Büscherhoff (27) die Unfall-
verletzungen des Auges im Bergwerke nach dem Material der Giessener Augen-
klinik statistisch verarbeitet nach Art der Verletzung, Ursache, Sitz und Aus-
gang. Besonders ungünstig gestalten sich die Ausgänge der Explosionsver-
letzungen mit Dynamit und Pulver.
Die Arbeit von Tempelhof (173) bringt 21 neue Fälle von Baibus-
rupturen und eine Tabelle über diese und 7 schon früher veröffentlichte
Fälle der Jenaer Klinik, welche die Erfahrungen anderer Autoren betreffs
der Skleralrupturen bestätigt. Die häufigste Ursache ist der Kuhhornstoss,
in 48,3 «/o der Fälle.
Hähnle (79) teilt aus der Charlottenheilanstalt in Stuttgart drei Fälle
von Skleralruptur durch Trauma mit, die einen so auffallend günstigen Aus-
gang genommen haben, dass sie die Berechtigung und Notwendigkeit einer
weitgehenden konservativen Therapie dieser Verletzungen aufs neue nahe-
legen. Der eine Fall besonders wäre wohl zur Enukleation gekommen, so-
weit man sich rückwärts ein Bild der frischen Verletzung machen konnte,
wenn er sich nicht der Aufnahme in eine Anstalt zunächst entzogen hätt^
Di mm er (44) beschäftigt sich an der Hand zweier Fälle von trauma-
tischen Augenmuskellähmungen — im ersten Fall gleichzeitige Lähmung des
Levator palpebr. und des Rectus inferior durch Anspringen einer Eisenstange
gegen den äusseren Augenwinkel, im zweiten Fall Abtrennung der Sehne des
Rectus internus und Ptosis durch Stoss gegen einen eisernen Haken — aus-
führlich mit der Mechanik dieser Verletzungen.
Im Hinblick auf eine Beobachtung bei einer direkten Augenmuskelver-
letzung — Rectus internus — durch Stich mit einem Kindersäbel, wo zuerst
Doppelbilder vorhanden waren, die aber bald schwanden, indem das Auge
in normale Stellung zurückkehrte, glaubt Fejer (59) bei solchen Fällen von
einem forcierten Versuch zur Vereinigung des zerschnittenen Muskels abraten
zu können. Bei Bestehenbleiben der Doppelbilder nach der Heilung kann
man immer noch durch eine Schieloperation helfen.
Schmidt-Rirapler (153) empfiehlt zur Entfernung von Eisensplittern
im Bulbus nach seinen Erfahrungen den Ha ab sehen Riesenmagneten, mit
dem er in 92®/o der Fälle positiven Erfolg gehabt hat. Nur zur Extraktion
des in die vordere Kammer mit dem Riesenmagneten gezogenen Splitters be-
Meyer, Verletzungen und Chirurg. Krankheiten des ftnsBeren Auges. 295
nutzt er öfters den Hirschbergschen Elektromagneten. Er gibt eine ge-
naue Beschreibung seines Verfahrens.
Den im vorigen Jahre von Natanson zusammengestellten 14 Fällen
Yon doppelter Perforation des Augapfels durch Fremdkörper fügt Seggel
(158) einen Fall hinzu, in welchem bei einem Zieler ein Geschosssplitter den
Bulbus vollständig durchschlagen hatte. Nach Entfernung der Cataracta
traumatica konnte man in der Gegend unmittelbar unter der Fovea centralis
einen quer-ovalen dunklen Fleck mit hellem Saum erkennen, dem ein kleines
Skotom entsprach« Gleichzeitig kam eine Eisensplitterverletzung zur Beob-
achtimg, wo der Splitter an der hinteren Bulbuswand in den Glaskörper ab-
geprallt war und mit dem grossen Magneten entfernt wurde. Auch hier war
nach Entfernung des Wundstars die Anschlagstelle zu sehen.
Einen Fall von Doppelperforation des Auges durch Eisensplitter be-
schreibt Kessel (90). Eis handelte sich um einen 33jährigen Arbeiter, dem
12 Jahre vorher ein Stahlsplitter ins linke Auge geflogen war. Damals war
ein vergeblicher Extraktionsversuch mit dem Magneten gemacht worden, das
Auge wurde leicht phthisisch, blieb aber reizlos. Erst nach 12 Jahren trat
tiefe Entzündung, Phthisis bulbi dolorosa, auf, welche die Entfernung des
Auges notwendig machte. Bei der Durchschneidung des Opticus fand sich
in demselben der Eisensplitter eingelagert. Interessant ist, dass es in diesem
Falle zu einer Siderosis bulbi gekommen war, am stärksten in der Umgebung
des Fremdkörpers, weniger stark in der Netzhaut und in geringem Masse in
der Cornea. Verf. hält die Siderosis im Bulbus für ;,hämatogene^, die in
der Umgebung des Splitters für „xenogene*' Siderosis.
Einen frischen Fall von doppelter Durchbohrung des Augapfels sah
Genth (66). Die Eingangswunde war sehr klein und reizlos im Lidspalten-
teile der Sklera und hauptsächlich die starke Tensionsherabsetzung sprach
för Perforation. Mit dem Augenspiegel liess sich dann bei erweiterter Pupille
auch die hintere Perforationsöffiiung auf dem Fundus feststellen. Mit Röntgen
konnte der Splitter nachgewiesen werden. In den Fällen, wo der Fundus
mcht zu sehen ist, wird man mit der Diagnose auf die Tensionsabnahme und
das Röntgenbild angewiesen sein.
Mit den Augenveränderungen nach Schädeltrauma^ speziell Schädelbasis-
fraktur befassen sich an der Hand des Materials der letzten zehn Jahre zwei
Arbeiten der Jenaer Augenklinik, durch welche die Erfahrungen von Berlin
n. a. wieder bestätigt werden. Es handelt sich fast immer um äusserst
schwere Verletzungen mit Bewusstlosigkeit, Erbrechen etc.
Unter den von König (96) angeführten Fällen war zweimal der Ab-
ducens allein betroffen, einmal zusammen mit dem Oculomotorius imd Facialis,
einmal mit Trigeminus und Facialis. In einem Fall war der Facialis und
Acusticus gleichzeitig verletzt und einmal der Trochlearis allein. Der eine
Fall von Facialislähmung zeigte deutUch die sekretorische Abhängigkeit der
Tränendrüse von dem Nerv, facialis bezw. von Sekretionsfasern, die im Facialis
verlaufen, indem die Tränensekretion vermindert war.
Die Arbeit von Eich er t (51) enthält 16 Fälle von indirekter Opticus-
verletzung, von denen neun einseitige Amaurose, sieben ziemlich hochgradige
Amblyopie und alle atrophische Verfärbung der Papillen aufwiesen.
Von direkten Verletzungen des Sehnerven in der Augenhöhle bringt
Rapp (140) aus der Tübinger Augenklinik sechs Fälle, bei welchen zu gleichen
Teilen der gefässlose wie der gefässhaltige Teil des Opticus verletzt war, wie
296 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
aus dem ophthalmoskopischen Befund hervorging. Ein Fall ist besonders da-
durch interessant, dass durch einen Heugabelstich am rechten inneren Angenr
Winkel unter Durchstossung der Scheidewände beider Orbitae der Sehnerv des
linken Auges in seinem gefässhaltigen Teil durchtrennt wurde.
Salz mann (150) beobachtete einen Fall von Ausreissung des Sehnerven,
Evnlsio nervi optici, durch Revolverschuss bei Suicid. Die Papille war mitten
durchgerissen und Hess das Sklerallocb eingefasst vom Bindegewebsring voll-
ständig frei erscheinen, in welches man 4 mm tief hineinsehen konnte, so
dass Verf. glaubt annehmen zu müssen, dass die Hauptmasse der Lumina
cribrosa mit dem Sehnerven zusammen aus dem Kanäle herausgerissen worden
ist. Er bespricht an der Hand der 7 Fälle der Literatur und des seinigen
den Mechanismus des Evulsio nervi optici ausführlich.
Re (141) beschreibt einen Fall von Orbitalfraktur bei einem jungen
Manne, der vom Baum gefallen und mit dem linken Jochbein und dem
Augenbrauenbogen anfgeschlagen war. Die Fraktur sei nach Verf. dareh
Gegenschlag erfolgt. Durch die Fortpflanzung der Bruchlinie der inneren
Orbitalplatte auf das Foramen opticum und die Verletzung des Sehnerven im
Kanal war vollständige Amaurose des linken Auges entstanden. R. Giani.
Einen Fall von Lochbruch der Orbita mit Gehirn Verletzung teilt
Grekow (75) mit. Ein 18 jähriges betrunkenes Mädchen stürzte auf der
Strasse, wobei es sich mit dem abgebrochenen Griff des Schirmes in das
rechte Auge stiess. Es wurde besinnungslos eingeliefert. Es traten Erbrechen
und klonische Zuckungen des rechten Beines auf. Am rechten inneren Augen-
winkel im oberen Lide eine Hautwunde, aus weicher ein Fremdkörper hervor-
ragt. Extraktion eines 18 cm langen Stückes des Schirmgriffes. Tamponade.
Im weiteren Verlauf entwickelte sich eine Psychose. Die Sprache war nndeat-
lieh. Parese des Facialis, des Armes und Beines rechts. Nach sieben Wochen
wurde Patientin entlassen. Sie war auf dem rechten Auge blind, die übrigen Er-
scheinungen waren fast vollständig geschwunden. Höh Ibeck (St. Petersburg).
Knotz (95) erklärt die Entstehung des traumatischen Lidemphysems
auf Grund zweier Fälle — einer Verletzung durch Steinwurf unterhalb des
Auges und einer durch Faustschläge in die Jochbeingegend — durch Liufi-
eintritt beim Schneuzen von der Oberkieferhöhle aus. Er hat in beiden
Fällen eine Frakturstelle in der Mitte des unteren Orbitalrandes und im
Munde unter dem ersten oberen Molarzahn des Oberkiefers feststellen können
und stellt sich die Mechanik der Fraktur so vor, dass die feste Gesichtsplatte
des Jochbeines den Stoss weiter pflanzt auf den dünnen Orbitalfortsatz des
Jochbeins und die obere Wand des Oberkiefers, die dann ihrerseits einbrechen
und eine Verbindung von Nasen-, Oberkiefer- und Augenhöhle herstellen.
Axenfeld (11) sucht an Stelle der konservativen Therapie der Dacry-
cystitis, die eine grosse Ausdauer seitens des Patienten und des Arztes erfor-
dert und oft doch nicht zum Ziele führt. Zur Verhütung der Infektion bei
Operationen und besonders bei der arbeitenden Bevölkerung zur Verhütung
der septischen Infektion der Hornhaut nach Berufsverletzungen (Ulcus corneae
serpens), zur ausgedehnteren Anwendung der Exstirpation des Tränensackes
anzuregen, indem er seine Technik genau mit Abbildungen beschreibt. Er
glaubt, dass der Grund der Abneigung gegen dieses Verfahren in erster Linie
der ist, dass die Operation als solche' unbeliebt ist und gibt selbst zu, dass
er früher diese Operation nur ungern ausgeführt hat, weil er keine gnte
Technik hatte.
Meyer, Yerletzimgen and chinirg. Krankheiten des äueseren Auges. 297
Hagen (80) empfiehlt auf Grund von 29 Fällen der Greifswalder Augen-
klinik die sofortige Exstirpation des Tränensackes nicht nur bei den chro-
nischen katarrhalischen Dacryocystoblennorrhoeen, sondern auch bei der akuten
Phlegmone des Tränensackes. In 15 Fällen wurde die Exstirpation des Sackes
primär ausgeführt, in 14 Fällen erst die Inzision mit Eröffnung des Tränen-
sackes und Tamponade mit essigsaurer Tonerde bis zum Nachlass der Eiterung
Yorausgeschickt. In 24 Fallen erfolgte primäre Wundheilung, in 5 Fällen
bestanden geringere oder stärkere Nacheiterungen. Die Dauer der primären
Heilung schwankt zwischen 4 und 16 Tagen, die der sekundären zwischen 9
nnd 21 Tagen.
Gastresana (30) empfiehlt für die Behandlung der Dacryocjstitis
mucosa und purulenta nicht so sehr die Exstirpation des Sackes, die er für
schwer hält, als die Zerstörung des Sackes mit dem Thermocauter oder mit
Quecksilbemitrat.
Knapp (94) hält die Exstirpation des Tränensackes für angezeigt bei
Dilatation, bei längerer erfolgloser Behandlung von chronischer eitriger Dacryo-
cystitis, bei Rezidiven akuter Dacryocystitis und bei Fisteln. Meist ist die
primäre Naht möglich, wobei die Narbe dann kaum zu sehen ist.
De Lapersonne und Rochon-Duvigneaud (107) kommen nach
ausführlichen Studien über die verschiedenen Formen von Tränenleiden zu
folgenden Schlüssen: Bei einfachem Tränen und Fehlen aller anderen Ur-
sachen für die Epiphora Eatheterismus mit Sonden; bei schleimig-eitrigem
Sekret Verfahren nach Stilling mit Spaltung und Sondierung und nach
acht Tagen antiseptischen Spülungen; bei Ektasie des Sackes Exstirpation;
bei Fisteln mit fungösen Wucherungen auf Grund von Tuberkulose breite
Eröffnung mit Zerstörung des Sackes mittelst scharfen Löffels und nach-
folgendem langsamen Ausgranulierenlassen. Bei akuter Phlegmone des Sackes
ausgedehnte Inzision mit breiter Eröffnung, wonach die Heilung oft über-
raschend gut erfolgt. Zur Entfernung der Tränendrüsen soll man sich nur
entschliessen, wenn alle andern Mittel versagt haben.
Michael (117) schildert nach einem historischen Rückblick auf die
Geschichte der Tränensackexstirpation nach Methoden und Indikationen das
Yon Axenfeld geübte Verfahren der subperiostalen Exstirpation: Schnitt
gleich bis auf den Knochen 2 mm nasal von der Crista lacrymalis, Aus-
einanderhalten der Wundränder und Blutstillung durch die Anwendung des
Müll er sehen und Axenfeldschen Tränenspekulums, die bis auf das Periost
greifen. Loslösen des Periosts mitsamt dem Tränensack, Loslösen der oberen
Kappe und Abschneiden des unteren Endes mit einer in der Richtung des
Dactus naso-lacrymalis eingeführten spitzen Schere hart am Knochen. Auf
diese Weise kann man auch die untere Kuppe herauslösen. Eine ausführliche
TabeUe über 270 Fälle von Tränensackexstirpation mit Übersicht über ihre
Verteilung nach Berufen, Alter und Geschlecht und eine Literaturangabe
schliessen die Arbeit.
Grimaldi (76) beschreibt zwei Fälle, in denen im oberen inneren
Orbitalwinkel ein zirkumskripter Abszess bestand. Verf. behauptet, dass es
sich um Wanderabszesse gehandelt habe, hervorgerufen durch Siebbeinhöhlen-
entzündung. Im ersten Fall war die Siebbeinhöhlenentzündung nach Broncho-
pneumonie entstanden, im zweiten Fall war sie durch einen schleimig-eitrigen
Katarrh bedingt, der sich infolge einer Gesichtsrose auf die Schleimhaut der
296 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Siebbeinhöhle verbreitet hatte. Heilung trat erst ein, nachdem ein Sequester
entfernt worden war, der sich in der Lamina papyracea gebildet hatte.
R. Giani.
von Wittemberski (192) fügt der Zusammenstellung von Vossius
{Zeitschr. f. Augenheilkunde, Bd. IV), die 14 Fälle von Mucocele der Sieb-
beinzellen enthält, vier weitere Fälle hinzu, die alle die typische langsame
Ent¥i:ickelung einer anfangs harten, später fluktuierenden Geschwulst am
unteren Orbitalrand aufweisen. Die Lage entspricht nicht immer der Lamina
papyracea des Siebbeins. Die Verlagerungsrichtung des Bulbus ist die nach
aussen, zu der bei höherem Sitz auch die nach unten treten kann. Die
Operationsmethode, die in zwei Fällen eingeschlagen wurde: Schaffung einer
breiten Kommunikation in die Nase von oben her bis in den mittleren Nasen-
gang und Verhinderung des Verschlusses der nasalen Öffnung durch Drainage,
bis dieselbe bleibend geworden — gab beide Male ein gutes Resultat, nämlich
vollständige Heilung nach einmaligem Eingriff.
Valude (180) wendet sich gegen die unter den Rhinologen zur Zeit
geltende Anschauung, dass die Resektion der vorderen Sinuswand als Opera-
tion der Wahl gilt selbst bei den einfachsten Formen von Sinusitis, die keine
Neigung zu Komplikationen haben. Seiner Ansicht nach ist die einfache In-
zision mit oder ohne Curettement der Mündung und des Inneren des Sinus
das Richtige. Die Drainage nach der Nase ist zu verwerfen. Man muss
suchen, eine rasche Heilung nach der Eröffnung und Entleerung des Sinus
zu erlangen. Bei Misserfolgen kann man dann immer noch zu den radikalen
Methoden von Kuhnt-Luc oder Kuhnt übergehen. Er hat selbst bei
einem Fall von Sinusitis frontalis mit Neigung zu Phlegmone durch einfache
Lizision und Curettage eine rasche und vollständige Heilung erzielt.
Petit (132) beobachtete zwei Fälle von plötzlich ohne äusseren Anlass
aufgetretenem starken Exophthalmus durch orbitale Hämorraghie. Der Ex-
ophthalmus bildete sich rasch wieder zurück, rezidivierte aber in dem einen
Fall nach drei Jahren. Bei beiden Fällen bestanden Anzeichen von Ej-kran-
kung der Nieren. Petit kommt nach Besprechung der in der Literatur
niedergelegten Fälle zu dem Schluss, dass es sich bei den meisten dieser
Fälle um Gefässalterationen infolge von Nierenleiden oder Hämophilie handelt;
er erinnert dabei an die Fälle von starkem Nasenbluten zu Beginn einer
Nephritis.
Gösse (39) berichtet über einen Fall von langsam aufgetretenem
Exophthalmus links bei einer 72jährigen Frau nach Trauma der linken
Orbitalgegend. Es bestanden heftige ausstrahlende Schmerzen, Neuritis optica
und zwei Anschwellungen, eine walnussgrosse zwischen der oberen äusseren
Orbitalwand und dem Auge und eine andere in der Schläfengegend, die
fluktuierten und anscheinend konmiunizierten. Die Punktion ergab bei beiden
die gleiche seröse Flüssigkeit mit starkem Eiweissgehalt und Hämatinkristallea
Die Krön lein sehe Operation ergab eine Perforation der äusseren Orbital-
wand, durch welche die beiden cystischen Tumoren kommunizierten. Die
Entstehung denkt sich Gosse so, dass sich durch das Trauma ein Hämatom
gebildet hat, das sich dann zu einer Gyste umwandelte, die die Orbitalwand
durchbrach.
Die Arbeit von Bertram (22) enthält zwei Fälle von einfachem Ex-
ophthalmus ohne Pulsation. Im ersten Fall war es im Anschluss an ein
Empyem der Oberkieferhöhle, das am Infraorbitalrand den Knochen durch-
Meyer, Yerletzangen and Chirurg. Krankheiten des äusseren Auges. 299
brochen hatte, zu einer Entzündung des retrobulbären Gewebes gekommen.
Die Heiinng erfolgte nach einfacher Eröffnung und Drainage. Im zweiten
Falle handelte es sich um ein Sarkom der Dura mater in der linken Schläfen-
gegend, das nach vorn durch die Fissura orbitalis sup. in die Augenhöhle
hineingewuchert war und zu Exophthalmus und teigiger Schwellung in der
linken Schläfengegend und Stirn geführt hatte.
Zur Frage der Genese des traumatischen Enophthalmus liefert von
Luniewski (114) einen Beitrag auf Grund zweier Fälle. In dem ersten
fahrte ein Trauma am oberen Orbitalrand — Hieb mit einem Regenschirm —
zanächst zu einem Exophthalmus, der sich später in einen Enophthalmus
mit Ptosis verwandelte. Im zweiten Fall — Hufschlag gegen die rechte Ge-
sichtsseite mit Bruch des Proc. zygomat. — zeigte sich nach der Abschwel-
lang ein Enophthalmus von 4 mm mit Ptosis, Akkomodationslähmung und
Pupillenstarre. Verf. nimmt für das Entstehen des Enophthalmus zwei Ur-
sachen an, eine mechanische und eine nervöse. Unter die erste Kategorie
gehören alle Fälle, wo es durch das Trauma zu einer Vergrösserung der
Augenhöhle oder Verkleinerung des Inhaltes derselben kommt, zur zweiten
die unkomplizierten Fälle. In dem ersten der mitgeteilten Fälle ist es infolge
starker Blutung ins orbitale Fettgewebe zu Anfang zu Exophthalmus, dann
durch Schrumpfung zu Enophthalmus gekommen. In dem zweiten Falle zieht
Verf. als nervöse Ursache eine Läsion der Nerven hinter dem Bulbus, beson-
ders des Sympathikus durch eine Erschütterung des ganzen Orbitalinhaltes,
eventuell mit Quetschung durch Zusammendrücken heran. Dabei kann es
noch zu direkter Schädigung oder Zerstörung der Nerven durch Blutungen
aas zerrissenen Gefässen kommen.
Einen der ausserordentlich seltenen Fälle von traumatischem inter-
mittierenden Exophthalmus mit Pulsation des Auges bei starkem Enophthal-
mus teilt Sobernheim (166) mit. Der Fall ist schon früher von Grunert
beschrieben worden, der für die Entstehung des Enophthalmus eine Sym-
pathiknsläsion herangezogen hatte. Sobernheim hat aber durch genaue
Nachprüfung der Anamnese nachweisen können, dass auch hier zunächst nach
dem Trauma wohl durch Basisfraktur und Ruptur der Carotis interna im
Sinns cavernosus ein typischer Exophthalmus pulsans mit Gefässgeräuschen
bestanden hat, aus dem sich nach Unterbindung der Carotis communis durch
Schwund des Orbitalfettgewebes (wie beim gewöhnlichen Exophthalmus pulsans)
bei Erhaltenbleiben eines gewissen arteriellen Zuflusses ein Enophthalmus mit
dauernder Pulsation entwickelt hat, welcher bei Kompression der Gefässe und
beün Bücken zum Exophthalmus wird.
Der zweite von Sobernheim mitgeteilte Fall von pulsierendem Ex-
ophthalmus, entstanden durch Ruptur der Carotis interna im Sinus nach
Sturz mit dem Rade, erfuhr erhebliche Besserung durch Unterbindung der
Carotis communis. Bemerkenswert sind hier noch eine partielle Iridodialyse
nnd beginnende Kataraktbildung.
Beide Fälle sind an anderer Stelle kurz von Axenfeld (9) mitgeteilt
worden.
In dem einen von Thierry (175) mitgeteilten Fall hat sich im Verlauf
von zwei Jahren ein Exophthalmus von 2 cm im Anschluss an eine schwere
Schädelquetschung entwickelt. Es bestand starke Pulsation des ganzen Orbital-
inhalts synchrom mit dem Puls mit Schwirren. Auf Kompression der Karotis
borten die Geräusche auf, die Gefässe fielen zusammen. Nach Unterbindung
300 Jahresbericht fQr Chirurgie, n. Teil.
der rechten Carotis communis und interna durch doppelte Ligaturen trat
Heilung ein, das Geräusch verschwand, der Exophthalmus ging auf 1 cm
zurück. Die Sehschärfe und die vorher stark erweiterte Pupille kehrten zur
Norm zurück. Der Fall ist noch weiter dadurch interessant, dass 14 Tage
nach der Operation sich psychische und motorische Störungen, Delirien
und rechtsseitige Extremitätenlähmungen einstellten, die aber vorübei^ehend
waren.
Im zweiten Fall einer schweren Schädelbasisfraktur durch Sturz aus
beträchtlicher Höhe trat innerhalb eines Vierteljahrs doppelseitiger pulsieren-
der Exophthalmus auf. Eine anfänglich vorhandene rechtsseitige Okulomo-
toriuslähmung ging zurück, während eine doppelseitige Abducenslahmung blieb.
Eine bestehende Erweiterung der Venen mit Pulsation auch der Retinal venen
yerschwand auf Kompression der Karotis. Fat. lehnte die Behandlung mit
Digitalkompression der Karotis ab, der Zustand blieb stationär.
Auch in dem einen Fall von Neff (124) wurde ein starker Exophthal-
mus pulsans traumaticus — Sturz aus öVa m Höhe auf die rechte Kopfseite —
durch Ligatur der Carotis comm. dextra geheilt. Die Vortreibung war zu-
nächst gering, bestand aber schon drei Stunden nach der Verletzung, bis sie
nach vier Wochen plötzlich stärker wurde. Die Pulsation des Bulbus war
mit dem Auge nicht zu sehen, dagegen mit dem Sphygmographen nachzu-
weisen. Vier Jahre nach der Operation war der Exophthalmus fast ganz^
die Geräusche ganz geschwunden.
Der andere Fall entstand nach Sturz von der Leiter — Blutung aus
Mund, Nase und Ohr. Nach 6 Wochen Vortreibung beider Augen mit Ab-
nahme des Sehens, Kompression der Karotis ohne Einfluss. Nach 3 Monaten
plötzUche Verschlimmerung am linken Auge. Ödem der Lider und Konjunk-
tiva. Ophthalmoskopisch Venen stark geschlängelt, fast schwarz. Digital-
kompression der Karotis ohne Erfolg. Exitus an interkurrenter Pneumonie.
Sektion: Der Sinus cavernosus ist beiderseits thrombosiert ; während rechts
die Orbitalvenen durchgängig sind, werden sie links als härtere Stränge ge-
fühlt. Zeichen von Basisfraktur nicht mit Sicherheit nachzuweisen, auch
keine Kommunikation der Karotis mit dem Sinus.
Bei einem von Pröbsting (135) im Allgemeinen ärztlichen Verein in
Köln vorgestellten Fall von Exophthalmus pulsans endlich, der bei einem
Epileptiker nach Fall auf den Hinterkopf entstanden war, konnte die starke
Pulsation, bei der keine Geräusche zu hören waren, durch Kompression der
Karotis zum Aufhören gebracht werden.
V. Ammon (7) rät, trotz der guten Erfolge der exspektativen Behand-
lung der milderen endzündlichen Orbitalaffektionen mit Kataplasmen, zur
Vorsicht, gestützt auf einen Fall, wo eine entzündliche Orbitalaffektion zurück-
ging bis auf eine minimale Schwellung des oberen Lides, wo dann aber plötz-
lich nach 8 Wochen stürmische Gehirnerscheinungen auftraten mit hohem
Fieber und Exitus. Die Sektion ergab einen Abszess des rechten Stimlappens,
ausgehend von einer kleinen Staphylokokken-Osteomyelitis an der Spitze des
Orbitaldaches. Er empfiehlt für solche weniger stürmische Fälle, die nicht
gleich den Sitz des Eiterherdes erkennen lassen, eine Probeinzision derart,
dass von einem Schnitt auf den Orbitalrand aus das Periost des Orbital-
daches abgehoben wird, wobei man bei Periostitis und Osteomyelitis direkt
auf den Eiter kommt und eine Infektion des Orbitahnhalts vermeidet und
bei Eiterherden im Zellgewebe vom Periost her einschneiden kann, bezw, nach
Meyer, Verletzungen and chinirg. Krankheiten des äusseren Auges. 301
Tamponade einen spontanen Durchbruch abwarten kann. Er hat mit diesem
Verfahren in einem Falle ein sehr gutes Resultat erhalten.
Dhont (43) sah bei einem 6jährigen Mädchen im Anschluss an akute
Krankheit Protrusion mit vollständiger Beweglichkeitsbeschränkung auftreten
unter Anschwellung einer einzigen Drüse hinter dem Ohr ohne Temperatur-
steigerung. Inzisionen waren ohne Erfolg. Später nahm die Protrusio zu,
es trat Eiter unter der Konjunktiva auf, in dem sich Staphylococcus aureus
fand. Ausgang in Heilung, aber mit Opticusatrophie.
In einem zweiten Fall fand sich bei einem 25 jährigen Bauern, der drei
Wochen vorher an einer Hautaffektion der Nase(!) gelitten, massige Protrusion
mit vollständiger Beweglichkeitsbeschränkung. Eine Inzision unter der Augen-
braue iiess feste Massen erkennen, die mit dem Bulbus in Verbindung standen.
Da das Bestehen eines Orbitaltumors angenommen wurde, wurde die Exente-
ration vorgenommen. Die Untersuchung des Tumors gab keine sicheren Re-
sultate, das neoplastische Gewebe machte mehr den Eindruck von Granular-
gewebe als von Sarkom. (Luesl? — Der Ref.)
Weiss (189) gibt zunächst die ausführliche mikroskopische Beschreibung
zu einem schon von Yossius (Zeitschrift für Augenhlkde. Bd. lY) mitgeteilten
Fall von doppelseitiger Orbitalphlegmone, ausgegangen von einem Abszess am
rechten Processus pterygoideus. Er geht ausführlich auf die Entstehungs-
und Ausbreitungsweise der Orbitalphlegmonen ein unter Berücksichtigung der
Venenverbindungen und teilt dann noch einen zweiten Fall mit, wo eine
Orbitalphlegmone, die ihren Ausgang von einem Empyem der Highmorshöhle
oder der Siebbeinzellen genommen hatte, durch Hinzutreten eines Gehim-
abszesses und eitriger Basilarmeningitis zum Tode führte. In diesem Falle
waren die Sinus cavemosi frei geblieben, der Prozess war ursprünglich nicht
durch die Venen verbreitet worden, sondern es bestanden direkte Kommuni-
kationen zwischen Siebbeinhöhle und Orbita und zwischen Highmorshöhle und
Orbita. Zum Schlüsse gibt er eine ausführliche Besprechung der einschlägigen
Literatur.
Lagrange (104) bespricht zunächst die Diagnostik der Orbitaltumoren,
die Verwertung des Exophthalmus, die Differentialdiagnosen, Art und Sitz
der Cysten und Tumoren, besonders der Sarkome.
Für die Behandlung sind zwei Wege gegeben : die Exstirpation mit Er-
haltung des Auges und die Exenteratio orbitae. Bei der Exstirpation mit
Erhaltung des Auges kommen vier Methoden in Betracht: L der transpalpe-
brale Weg (Maisonneuve), 2. der transkonjunktivale Weg (Knapp), 3. der
transpalpebro-konjunktivale Weg, von welchem er eine eigene Modifikation
angibt, und 4. die temporäre Resektion der äusseren Orbitalwand. Für die
Exenteratio orbitae empfiehlt er die subperiostale Ausräumung nach Spaltung
der äusseren Kommissur.
Lagrange geht dann dazu über, für die einzelnen Arten von Orbital-
geschwülsten besondere operative Indikationen aufzustellen. Er erklärt dabei
für die Sehnervengeschwülste das Krönl einsehe Verfahren für nicht emp-
fehlenswert wegen der Häufigkeit der sekundären Schielstellungen und wegen
der Zerstörung der Ziliamerven und des Ganglion ophthalmicum und zieht
sein transpalpebral-konjunktivales Verfahren vor, eine Anschauung, der Axen-
feld in einer ausführlichen Fussnote zu dem Bericht lebhaft zugunsten des
Krönleinschen Verfahrens widerspricht. Bei den Tumoren der orbitalen
Weichteile exklusive des Nervus opticus empfiehlt er für die Dermoidcysten
302 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
die Entfernung unter Schonung des Augapfels, für die Hytatiden die partielle
Exzision der Wandung. Für die sonstigen Weichteilgeschwülste rät er erst
zu einem Versuch mit Jod oder Arsen. Die nahe am Orbitalrand gelegenen
Geschwülste können von yom exstirpiert werden, die tieferen nach Krönlein.
Bei maUgnen Tumoren verlangt er eventuell die Exenteratio orbitae. Auch
für alle intraokularen malignen Tumoren, Sarkome und Gliome, verlangt
Lagrange die Exenteratio orbitae, und zwar für die auf den Bulbus be-
schränkten die subkonjunktivale, für die anderen die subperiostale. Unter
den Geschwülsten der Orbitalwand bespricht er vor allem die Osteome. Die
malignen Tumoren der Orbitalwand sind infaust.
In der Diskussion erklärten Terson und Abadie sich bei intraokularem
Sarkom nur dann mit der Exenteratio orbitae einverstanden, wenn der
Tumor den Bulbus perforiert hat oder wo eine Untersuchung des Opticus-
querschnitts eine Einwucherung des Tumors ergibt und beim Gliom.
Ebenfalls mit der Diagnose und Behandlung der retrobulbären Erkran-
kungen befasst sich Franke (62) speziell mit der Erönleinschen Operation
und dem Röntgenverfahren. Er spricht sich für das Erönleinsche Verfahren,
gegen die Knapp sehe und andere Methoden aus, da nach seiner Ansicht das
erstere Verfahren entschieden überlegen ist. Auch zu diagnostischen Zwecken
ist das Erönleinsche Verfahren anzuwenden, da es keine dauernden Funktions-
störungen macht. Franke berichtet im Zusammenhang über fünf Fälle, wo
er das Erönleinsche Verfahren angewendet hat, und führt auch zwei FäUe
von doppelter Perforation des Bulbus durch Eisensplitter an.
Kindt (91) bringt als kasuistischen Beitrag zur Erönleinschen Operation
drei Fälle aus der Marburger chirurgischen KUnik, deren einer dadurch
besonders interessant ist, dass sich trotz eines Exophthalums von 10 mm nach
Freilegung der Orbita nichts fand und der Exophthalmus nach der Operation
nicht zurückging. Verf. geht dann noch auf den einseitigen Exophthalmus,
namentlich den einseitigen Exophthalmus bei Basedow ein und hält bei seinem
Falle ein weiches kompressibles Lymphangiom für wahrscheinlich. Für die
Fälle, wo der Tumor in der inneren Hälfte der Orbita vermutet wird, empfiehlt
Verf. die osteoplastische Freilegung der Orbita von oben nach dem Vorschlag
von Franke (Deutsche Zeitschr. für Chir. 1901, Bd. 59 Heft 1—2) durch
Bildung eines Haut-Knochenlappens am oberen Augenhöhlenrand.
Becker (17) hat bei einem 12 mm starken Exophthalmus nach unten
und innen mit fast aufgehobener Beweglichkeit mit der Erönleinschen Operation
zwei etwa kleinwalnussgrosse Tumoren mit Erhaltung guter Sehschärfe
entfernt. Dieselben erwiesen sich mikroskopisch als metastatische Platten-
epithelkarzinome. Schon während der Heilung fiel auf, dass ein Exophthalmus
von 5 mm geblieben war, dass die Beweglichkeit abnahm und sich Schmerzen
einstellten. Fünf Wochen nach der Entlassung war der Bulbus ganz unbe-
weglich. Sehschärfe = 0. Exenteratio orbitae.
In dem von Moissonier (118) mitgeteilten Fall entstand bei einer
42jährigen Frau vier Jahre nach Auftreten eines Exophthalmus unter dem
oberen äusseren Orbitalrand eine Schwellung, die an Tumor der Tränendrüse
denken Hess, bei gleichzeitiger Neuritis optica. Die Entfernung des Tumors
nach Krönlein gelang. Nach 4 Monaten Rezidiv, das sich rapid entwickelte.
Mikroskopisch handelte es sich um ein Epitheliom mit hyaliner Degeneration.
Delbanco (41) gibt die mikroskopische Beschreibung eines von der
Optikusscheide ausgegangenen Fibroendothelioms, welches gleichzeitig in den
Meyer, Verletzangen und ohimrg. Krankheiten des äusseren Auges. 303>
Sehnerven hinein nnd extradnral gewuchert war. Der Fall ist schon von
Franke in Heidelberg erwähnt worden, der den Tumor mit Erhaltung des
Bulbus nach Krönlein entfernt hat.
Parsons (128) berichtet über einen Fall von extraduralem Optikus-
tumor und bespricht die Fälle der Literatur. Die Erkrankung beginnt vor
dem 10. Lebensjahr und das hervorstechendste Symptom ist der Exophthalmus
in der Axe der Orbita. Von 18 Fällen waren acht Endotheliome, mehrere
Psammome. Diese Tumoren wachsen langsam und sind relativ wenig bösartige
indem sie weder Drüsenaussaat noch Metastasen machen. Infolgedessen ist
die Erönleinsche Operation wenn irgend möglich anzuwenden.
Zwei weitere Fälle von Sehnerventumoren führt Werner (190) an, ein
alveoläres Sarkom eingeschlossen in den Duralscheiden bei einer 45 jährigen Frau,
das mit Erhaltung des Bulbus nach Krönlein operiert wurde und ein Myxosarkom^
welches bei einem 11jährigen Mädchen mitsamt dem Bulbus entfernt wurde.
Im Anschluss an einen Fall von Siebbeinosteom der Orbita gibt
Bartholomaeus (16) nach allgemeinen Ausführungen über die Gewebs--
nenbildungen unter pathologischen Bedingungen, namentlich die Osteome, eine
ausführliche Übersicht über die Fälle von Osteomen der Orbita in der Literatur.
Er berücksichtigt vor allem auch die Operationsmethoden, dann die Art der
Dislokation des Bulbus und die DifFerentialdiagnose der Osteome des Siebbeins
mit den Osteomen der Stirnhöhlen, dem Hydrops und Empyem der Siebbein-
zellen etc. Diese Osteome gehören sicher zu den gutartigen Geschwülsten.
Als Beitrag zu den symmetrischen Orbitaltumoren beschreibt Birch-
Hirschfeld (24) einen Fall, bei dem sich 8 Monate nach einem die linke
Stirn treffenden Trauma eine ausserordentlich maligne Neubildung, Rundzellen-
sarkom, entwickelte, dass den linken Bulbus nach unten drängte. Bei der
Exenteratio orbitae liess sich eine Durchwachsung der Orbitalwand oder ein
Ergriffensein der Nebenhöhlen nicht fesstellen. Der Tumor ist also wohl in
der Orbita entstanden, in der Tränendrüse oder im Periost. Nach 4 Wochen
keinerlei Rezidiv, aber 4 "Wochen später, also 8 Wochen nach der Operation,
ausgedehntes lokales Rezidiv in der linken Orbita, Nasenhöhle, Highmorshöhle,
Periost des Oberkiefers imd des Stirnbeines und rechts ein Tumor am Boden
der Orbita, in der Highmorshöhle und im lateralen Teil der Nasenhöhle.
Eis direkter Zusammenhang der beiden Tumoren liess sich bei der genauen
Obduktion nnd mikroskopischen Untersuchung nur finden längs der lateralen
linken Nasenhöhlenwand nach der Keilbeinhöhle und von hier nach der rechten
Nasenhöhle resp. Orbita. Die Optici, das Nasenseptum, die Stirnhöhlen waren
intakt. Die in die Keilbeinhöhle führenden Stränge waren aber so dünn^
dass Verf. mehr der Ansicht ist, dass es sich um eine Multiplizität der
Tumoren handelt, wofür auch noch spricht, dass es Mischgeschwülste waren
mit Knorpel- und Muskclgewebsinseln. Der Tumor stammt also wohl sicher
beiderseits aus embryonalen Keimversprengungen, deren eine durch das-
Trauma zur Wucherung gekommen ist, während die andere vielleicht durch
Schwächung der Widerstandsfähigkeit des Organismus erst nachträglich zur
Proliferation angeregt worden ist.
Aus der Literatur weist Birch-Hirschfeld noch nach, dass ein
direktes Übergreifen von einer Orbita auf die andere durch Vermittelung des
Optikus zweifellos zu den grössten Seltenheiten gehört. Eine Tabelle der in
der Literatur niedergelegten Fälle und eine reiche Literaturangabe schliessen
die Abhandlung.
304 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
Wer sin (191) exstirpierte einer 41jährigen Bäuerin ein kavemösea
Angiom, welches die ganze Orbita ausfüllte und den Bulbus dementsprechend
stark vorgetrieben hatte. Die Erkrankung hatte acht Jahre lang bestandea
Visus = 0. Der Bulbus wurde bei der Operation mit entfernt. Heilung.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Der von Rollet (146) beschriebene Fall von Lymphadenom der Orbita
ist dadurch bemerkenswert, dass hier die Geschwulst nur einseitig war,
während bei sämtlichen in der Literatur bekannten Fällen symmetrische
Tumoren vorhanden waren. Der Tumor, der in der Gegend der Tranen-
drüse lag, bestand aus zwei Lappen, deren einer in der Orbita, der andere
ausserhalb lag.
Schaaf (151) gibt die Krankengeschichten von sechs Fällen von Orbital-
geschwülsten, von denen drei primär, drei sekundär mit Beteiligung der
Nebenhöhlen waren. Li fünf Fällen handelte es sich um Sarkome, in einem
um ein Karzinomrezidiv. Bei zwei Fällen traten Rezidive auf, drei Fälle
blieben aber nach der Operation IV^ bezw. S^/s und 5 Jahre gesund.
Bei den von Alt (6) mitgeteilten Fällen handelt es sich um eine hasel-
nussgrosse Dermoidcyste und eine Teleangiektasie der Augenhöhle.
V ach er (181) teilt die Cysten der inneren Orbitalwand ein in para-
sinusäre und 2. intrasinusäre Cysten, je nachdem sie ausserhalb oder
innerhalb der Nebenhöhlen ihren Ausgang nehmen. Er führt für jede der
beiden Gruppen einen typischen Fall an und zieht aus diesen Beobachtangen
den Schluss, dass die parasinusären Cysten für das Sehorgan eine sehr viel
geringere Wichtigkeit haben, als die intrasinusären. Die Therapie besteht in
der Entfernung der Cysten unter Vermeidung der Kommunikation mit der Nasen-
höhle und unter Schonung der Trochlea.
In einem von Roselli (149) mitgeteilten Fall von Echinococcus der
Orbita war es innerhalb fünf Jahren in vier Etappen zu einem starken Ex-
ophthalmus mit Verdrängung des Bulbus nach aussen und erheblicher Chemoee
und Schwellung der Konjunktiva gekommen, die Ursache war ein prall
elastischer Tumor. Eine Probepunktion unten ergab eine wasserhelle Flüssig-
keit, die Echinococcushaken enthielt. Der Versuch, die Blase durch Sublimat-
injektion zu heilen, musste wegen Zunahme der Protrusio aufgegeben werden.
Die operative Entfernung der Cyste gelang vollständig, doch musste der schon
amaurotische Bulbus schliesslich im Verlaufe der Heilung wegen Auftretens
sympathischer Entzündungserscheinungen am anderen Auge enukleirt werden.
Kreutz (100) beobachtete bei einer 27 jährigen Magd eine Geschwulst,
der rechten Augenhöhle, welche dem um 1cm vorgedrängten Bulbus ihre
eigene Pulsation mitteilte. Zugleich bestand ein Rankenaneurysma der rechten
Art. central, retinae. Die Äste der rechten Carotis externa pulsierten viel
stärker als links, sodass die Haut mitgehoben wurde. Der Beginn lag drei
Jahre zurück, keine Verletzung. Patient hatte viel Nasenbluten gehabt.
Unterbindung der Carotis communis brachte die Pulsation zum Schwinden,
aber nicht den Exophthalmus.
Reis, Viktor (143) entfernte bei einem 72jährigen Manne einen hnhner-
eigrossen Tumor der Orbita durch Exenteratio orbitae mit Wegnahme des
Lides. Bei der mikroskopischen Untersuchung ergab sich, dass es sich mn
ein peribulbäres Karzinom gehandelt hatte, das vom Komeo-Skleralrand aus-
gehend, den Bulbus umwachsen und zur Phthisis gebracht hatte, ohne seine
Wand zu durchbrechen.
Meyer, Verletzongeii und chimrg. Krankheiten des äoaseren Aages. 905
Sempö und Villard (159) beschreiben einen der ausserordentlich
seltenen Fälle von Sarkom der Kornea, das sich sehr langsam innerhalb
15 Jahren entwickelt hatte, bei einem 65 jährigen Manne, der an Epitheliom
der Unterlippe operiert worden war. Der ganz auf die Kornea beschränkte
Tumor war erst mit Kauterisation behandelt worden, worauf er rasch zu
wachsen anfing.
Reiss (144) bringt drei seltene Fälle bei mit genauer makroskopischer
and mikroskopischer Beschreibung und ausführlicher Literaturangabe: 1. ein
Plattenepithelkarzinom, das lediglich auf der Hornhaut zur Entwickelung
gekommen ist, aber nirgends über den Homhautrand hinaus in die Tiefe
gegriffen hatte. 2. Ein peribulbäres Epitheliom, welches den Bulbus völlig
umgriffen und eingekapselt hatte und, ohne die BulbushüUen zu durchsetzen,
die Qrbita ausgefüllt hatte. 3. Ein metastatisches Adenokarzinom der Ghori-
oidea, bei dem nicht wie sonst, meist ein Mammakarzinom, sondern wahr-
sdieinhch ein Karzinom des Darmtraktus das primäre war. Die Diagnose
auf Karzinom wurde rein aus der eigentümlichen rapiden Aufeinanderfolge
der bei intraokularen Sarkomen stets auf einen langen Zwischenraum sich
Terteilenden Geschwulstsymptome gestellt. Bei der Sektion fand sich ein
wabussgrosser Geschwulstknoten im Gehirn in der Gegend der Zentralwindung
und eine allgemeine Peritonealkarzinose.
Dutoit (48) teilt einen bemerkenswerten Fall von Pseudoleukämie mit,
der schon früher durch Boerma beschrieben ist und im ganzen fünf Jahre
bis zum Tode beobachtet werden konnte. Die Krankheit begann mit Bildung
von symmetrischen Tumoren an allen vier Lidern, die nach Exstirpation
rezidivierten. Erst später traten Drüsenschwellungen auf, die sich auf alle
Gebiete ausbreiteten. Unter Fortschreiten der Kachexie trat Leber- und
Milzschwellung auf, bis der Tod nach einer nochmaligen Operation der Lid-
tomoren an Bronchopneumonie erfolgte. Die Sektion ergab auch im ganzen
Digestionstraktus Schwellung der follikulären Apparate.
Fage (56), der selbst im Jahre 1893 in der Pariser ophthalmologischen
Gesellschaft die Ansicht ausgesprochen hatte, dass die Epitheliome der Binde-
haut im allgemeinen gutartiger Natur sind und wenig Neigung besitzen, die
Allgenhüllen zu perforieren, so dass man sich zunächst auf eine frühzeitige
Exzision mit Galvanokaustik der Implantationsstelle beschränken kann, teilt
einen Fall mit, in welchem eine papillomatöse Wucherung auf der Gonj.
bulbi nahe dem Limbus rasch an Ausdehnung gewann^ ulzerierte und schliess-
lich die Enuklation notwendig machte, obwohl das Augeninnere intakt erschien.
Trotz Wegnahme der ganzen Gonj. bulbi im unteren Abschnitt bis zur Über-
gangsfalte stellte sich nach zwei Monaten ein Rezidiv in der Orbita ein und
selbst nach der Ezenteratio orbitae trat wieder ein Rezidiv am Orbitalrand,
in den präaurikularen Drüsen und in der Parotis auf, das jeden weiteren Ein-
griff aussichtslos machte. Die Geschwulst zeigte zahlreiche Kemteilungsfiguren
und Bildung von typischen Epithelperlen. Die histologische Untersuchung
der anfänglichen Geschwulst kann über den Gharakter wertvollen Äufschluss
geben. Zahlreiche Kemteilungsfiguren, Vorhandensein embryoplastischer Ele-
mente und der Nachweis melanischen Pigmentes sind Anzeichen von Bös-
artigkeit.
Ein primäres Epitheliom der Hornhaut beschreibt Baas (13) mit Ab-
bildung, welches auf einer bindegewebigen Unterlage aufsitzend, inmitten
intakter Hornhaut gewachsen war.
JahiMbericht fOr Uhinirgie 1908. 20
306 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
Einen Fall von symmetrischen grösseren, durchsichtigen Cysten an den
äusseren Augenwinkeln beobachtete Ahlström (4). Die Cystenwand bestand
aus derbem fibrösem Gewebe mit einzelnen Gefassen und Muskelfaserbündehu
und war mit einem dünnen Endothel und Epithelüberzng bekleidet. Er hält
diese Cysten für zweifellose Retentionscysten der Mo 11 sehen Drüsen und be-
spricht die DifiPerentialdiagnose.
Lange (108) beschreibt einen Fall, bei welchem nach Risswnnde der
Conj. bulbi sich in ^/s Jahr eine kleinkirschgrosse, in toto in der Kapsel zu
entfernende Cyste der Conjunctiva entwickelt hatte.
Collomb (36) teilt drei Fälle mit, in deren erstem ein linsengrosaer
Tumor am Limbus eine dem Bau der Hautkarzinome entsprechende Struktur
aufwies. Im zweiten Fall hing ein kastaniengrosser, epibulbärer Tumor ausser-
halb der Kornea durch eine schmale Brücke mit dem Bulbus zusammen. Es
war ein Karzinom mit echten Metastasen in Iris und Corpus cUiare, wahrend
in der Kornea der Tumor nirgends die Bowmansche Kapsel überschritten
hatte. Der dritte Fall betraf ein Angiopapillom des Limbus bei einem 80 jäh-
rigen Greis, das nach Abtragung zu einem voluminösen Rezidiv führte, dann
aber nicht rezidivierte, was gegen Karzinom spricht.
Ein Unikum beschreibt Ballaban (15), ein typisches Molluscum con-
tagiosum der Augapfelbindehaut von fast Haselnussgrösse, das er bei einon
20 jährigen Mädchen exstirpierte.
Dodd (45) hat bei einer 83jährigen Frau im Oberlid ohne Schmerzen,
Rötung und Spannung ein haselnussgrosses primäres Sarkom sich entwickeh
sehen. Der Tumor war an der Unterfläche weich, gallertähnlich und gefass-
reich. Die Patientin hatte auch einige warzenähnliche Knoten am Körper.
Es wurde der ganze Orbitalinbalt ausgeräumt, nur das untere Lid bUeb
stehen, der Defekt wurde nach Tbiersch gedeckt. Von den 45 Fällen der
Literatur von primärem Sarkom des Lides waren 10 melanotisch und 4 hatten
ihren Ursprung in der Conj. palpebr., was Dodd auch hier annimmt.
Mayeda (116) hat unter Benutzung des Materials der Giessener Klinik,
unter tabellarischer Übersicht über die gesamte Literatur, eine verdienstvolle
Monographie über das Lidkarzinom geschaffen, die eine Besprechung des
klinischen Bildes nach Alter, Geschlecht, Berufsart, Häufigkeit, Lokalisation,
Wachstum, Form, Ätiologie, Prognose und Therapie, sowie eingehendere patho-
logisch-anatomische Studien an den Giessener Fällen enthält.
Nach Besprechung der einschlägigen Literatur berichtet Schillinger
(152) über einen Fall von Lidgangrän bei einem Neugeborenen, bei dem erst
die Diagnose Blennorrhoea neonatorum gestellt wurde, dann aber keine Gono-
kokken, sondern Stäbchen gefunden wurden, die erst für Xerose gehalten,
dann aber als Löff 1er sehe Bazillen erkannt wurden. Das Kind starb nach
Auftreten von Nasen- und Rachendiphtherie nach der allerdings erst am
16. Tage gemachten Seruminjektion an Allgemeininfektion.
Bis zum 20. Lebensjahre sind Karzinome der Tränensackgegend äusserst
selten. Magni (115) erwähnt die neun bisher in der Literatur bekannten
Fälle, von denen zwei sich auf die Malpighische Schleimschichte beziehen,
und beschreibt dann seinen Fall unter Mitteilung des klinischen und histo-
logischen Befimdes. R. Giani.
Zur Nedden (125) bringt aus der Bonner Augenklinik zwei der sehr
seltenen Fälle von Dakryops und zwei der noch selteneren von Fistula glan-
dulae lacrymalis bei, welch letztere ihre Entstehung auch wie alle in der
Meyer, Yerletzangeii and chimrg. Krankheiten des äusseren Auges. 307
Literatur bisher bekannten Fälle einer Verletzung der Tränendrüse durch
operativen Eingriff am Lide verdankten.
V. Krüdener (101) hatte Gelegenheit, vier der seltenen Fälle von Da-
kryoadenitis zu beobachten, die alle gleichmässig verliefen mit plötzlicher
schmerzhafter Anschwellung der oberen Tränendrüse, ohne sonstige Erschei-
nmigen an Drüsen, Hoden oder Karotis. Die Schmerzen hörten mit der £x-
stirpation sofort auf. In einem Fall lag Diabetes vor, in einem Fall fanden
sich Pneumokokken, in einem Streptokokken und Influenzabazillen, in einem
Fall nichts. Das mikroskopische Bild war das einer subakuten Dakryoadenitis,
nur in dem Fall mit Streptokokken bestand ein ausgedehnterer Gewebszerfall
mit Abszessbildung.
Pes (131) beschreibt ein primäres Angiosarkom der orbitalen Tränen-
drüse, das er bei einem 7^/2 Monate alten Kinde in toto exstirpierte.
Zur Verstärkung des Effektes der einfachen Snellenschen Suturen bei
Ektropium hat Steiner (169) in drei Fällen mit einem langen schmalen Messer
Ton einem Einstich unmittelbar unter dem äusseren Lidwinkel aus das untere
Lid in zwei frontale Blätter gespalten durch Vorschieben des Messers bis
zum inneren Winkel und Zurückziehen mit kräftiger Senkung der Spitze
gegen den unteren Orbitalrand. Dann stülpte er mit einem Spatel die ek-^
tropionierte, jetzt bewegliche Schleimhaut in die Tiefe der Übergangsfalte
und fixierte sie nun mit drei Snellenschen Suturen.
Die vielfachen Misserfolge bei Ektropiumoperationen mit Transplantation
schiebt Hotz (85) auf die Schrumpfung des transplantierten Lappens, die
mn so grösser ist, je nachgiebiger die umgebende Haut ist. Meist wird der
transplantierte Lappen an den Lidrand oder die Augenbrauen- und Wangen-
haut befestigt und zieht beim Schrumpfen den Lidrand herunter oder hinauf.
Man muss also dem ;,Lidlappen^ ein Punctum fixum geben. Hotz näht dem-
gemäss den Lidhautlappen am oberen Lide an den oberen Rand des Lid-
knorpels fest, am unteren Lid an die Orbitalfascie in der Höhe der natür-
lichen Falte zwischen Auge und Wange. Der Hautdefekt wird dann mit
Lappen nach Thiersch gedeckt, die ihrerseits mit feinen Suturen einerseits
am Lidknorpelrand oder der Orbitalfascie, andererseits an der Stirn- oder
der Wangenhaut befestigt werden. Bei etwaigem Zug des transplantierten
Lappens kann dann nur das ganze Lid, nicht der Lidrand allein verzogen
werden.
An anderer Stelle fasst Hotz (87) seine Hauptgesichtspunkte bei der
Ektropiumoperation zusammen: Bei der Operation des Augenlidektropiums
soDen zwei Lappen verwendet werden, einer für das Lid selbst, ein zweiter
för den Rest des Defektes. Der Lappen für das obere Lid wird an dem
Lidrand und an dem oberen Rand des Tarsus festgenäht, der für das untere
an dem Lidrand und an der Tarsoorbitalfascie. Für die Lidlappen ist nur
die dünne narbige Haut aus der unmittelbaren Nähe oder ein Thiersch-
sches Lappchen, für den übrigen Defekt sind nur Läppchen nach Thiersch
zu verwenden. Letztere müssen am Lide durch Naht befestigt werden. Der
untere Lidrand ist immer zu verkürzen und das Lid mit Hilfe von langen
Seidennähten und Heftpflaster auf der Stirn resp. der Wange zu immobili-
sieren. Maas (New-York).
Zur Beseitigung adhärenter Narben mit Verziehung des Lides am
Orbitabrand nach Karies hat Axenfeld (10) Panniculus adiposus vom Ab-
domen unter die vorsichtig unterminierte Narbe transplantiert. Der kos-
20*
906 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
metiache Erfolg war ein guter und die Methode hat vor der Paraffininjektion
Vorteile.
Bei der Exenteratio bulbi schneidet Ahlström (3) nicht die ganze
Kornea aus, sondern er macht einen kornealen Lappen nach unten mit ^k
der Kornea, hebt ihn mit der Pinzette an und löffelt den Buibusinhalt heraus.
Nach Ausspülung klappt er den Deckel auf. Die Heilung erfolgt schnell.
Vorteile sind : die geringere Reaktion, der grössere Stumpf und weitere Kon-
junktivalsack.
Zur operativen Behandlung des Narbenektropiums hat Ahlström bei
zwei Fällen von Ectropium cicatr. nach Karies am unteren äusseren Orbital-
rand zunächst eine ovale Zirkumzision der Narbe bis auf den Knochen
gemacht, dann das Epithel von der Narbe entfernt, im übrigen aber die
Narbe gelassen. Von der Zirkumzision aus hat er die Wundränder unter-
miniert, besonders nach unten, hat das Lid hinaufgezogen und eine Blepharo-
raphie gemacht. Das Lid wurde in der neuen Lage noch an den Seiten der
Narbe durch zwei tiefe Suturen, die das Periost mitfassten, befestigt und die
Wundränder vereinigt.
Axenfeld (8) hat nach Entfernung eines Lides in toto an Stelle der
zweizeitigen Methoden von Eversbusch, de Vincentiis und Wölfler,
die in der ersten Sitzung den gestielten Lappen bilden, seine Wundfläche mit
Schleimhaut oder Epidermis bedecken und den Lappen so einige Tage in sito
lassen, um ihn dann in zweiter Sitzung nach Entfernung des kranken Lides
in den Defekt einzupflanzen, die Methode mit gutem Erfolg in einer Sitzung
ausgeführt. Man muss nur darauf sehen, dass der vordere Lappen einen
ausreichend breiten Stiel hat und beim Verband nicht gedrückt wird. Der
stiellose Lappen wird an der Conj. bulbi mit feinen Nähten befestigt, eine
zweite Fixierung geschieht am Bulbus in der Gegend, wo die neu zu schaffende
Übergangsfalte sein soll; der übrige Teil des Lappens wird emporgeschlagen,
Wundfläche nach vom, der gestielte Lappen auf ihn gelegt und am neuen
Lidrand beide Lappen mit feinen Suturen zusammengeheftet. Drückt man dann
den stiellosen Lappen einige Zeit auf den gestielten an, so legt er sich fest an.
Zur Ausfüllung der leeren Orbitalhöhle nach Exenteratio orbitae emp-
fiehlt Axenfeld (10) das zuerst von Küster vorgeschlagene Verfahren des
segelartigen Verschlusses der Höhle mit äusserer Haut, am besten mit der
Lidhaut oder auch mit gestieltem Lappen. Die Heilung erfolgt schnell, die
Entstellung ist relativ gering. Bei einem zur Sektion gekommenen Falle liess
sich feststellen, dass sich hinter dem Verschluss eine Orbitalcyste gebildet
hatte. Bei einem Falle, bei dem noch genügend Conjunctiva bulbi erhalten
werden konnte, führte Axenfeld den plastischen Konjunktival verschluss ans
und konnte in den so gebildeten Konjunktivalsack eine allerdings unbeweg-
liche Prothese einsetzen.
Abelsdorff (2) macht für die Behandlung der Ptosis congenita, bei
der so oft die Operationsbehandlung versagt, auf eine von A. Meyer (Archiv
für Augenheilk. 1893, Bd. XXVL p. 153) im Prinzip angegebene kleine Lid-
stütze aufmerksam, die an einem Klemmer vollständig unauffällig angebradit
werden kann. Die Stütze besteht aus einem an einer Feder befestigten, nach
den anatomischen Verhältnissen gebogenen Golddraht, der die Haut des
OberUdes in einer Falte unter den Supraorbitalrand schiebt.
Während bei Ptosis durch vollständige Levatorlähmung nur der Muse.
frontalis zum Ersatz für die Funktion herangezogen werden kann, schlägt
Meyer, Yerletzmigen und chinirg. Krankheiten des äusseren Auges. 309
de Lapersonne (106) bei Ptosis durch unvollständige Lähmung oder Ver*
längerung des Levators als neues Verfahren die ^^Yorlagerung^ yor. Durch
einen Schnitt parallel zum Lidrand in 4 — 5 mm Entfernung djirch Haut und
Orbicularis wird die Levatorsehne freigelegt. Zwei kleine senkrechte, bis auf
die Eonjunktiva reichende Einschnitte zu beiden Seiten der Sehne ermöglichen
es, einen Schielhaken unter die Sehne zu schieben und nun werden wie bei
der Mnskelvorlagerung zwei doppelt armierte Fäden eingelegt, ein Stück
Sehne reseziert und der Sehnenansatz weiter unten auf die vordere Tarsus-
flache angeheftet. Nach Exzision des entsprechenden überschüssigen Haut-
Streifens aus der einen Wundlefze wird die Hautwunde geschlossen.
Die Ptosisoperation von Worth (195) besteht in Anlegung von Kän-
giinih-Selmen*Sutnren von den Augenbrauen bis zum Lidrande in der Weise^
dftss sie das Lid an den Muse, occipito-frontalis befestigen. Die Sutur wird
YöUig versenkt und keine Knoten geknüpft, die Erhebungen auf der Haut
verursachen.
Bei Symblepharon, wo das Einsetzen einer ausreichenden Prothese nicht
möglich ist, spaltet Abadie (1) den Grund des Bindebautsackes soweit, dass
das Einführen einer dem andern Auge entsprechenden Prothese möglich ist.
Darauf schneidet er aus der Haut des Oberarms Thierschsche Läppchen,
die so auf die Prothese gelegt werden, dass das Epithel auf diese, die wunde
Fläche auf die Wundfläche kommt und vernäht die Lider über der Prothese.
Nach 6 Tagen entfernt er die Nähte und die Prothese. Bedingung des Ein*
heüens ist genaue Blutstillung und Ausspülen der Höhle mit physiologischer
Kochsalzlösung nach der Desinfektion.
Walter (188) kommt nach einer ausführlichen Besprechung der Lite-
ratur über die Gefahren der Enukleation im Stadium der Panophthalmie zu
dem Schluss, dass diese Gefahren bedeutend übertrieben werden, und stellt
sich auf die Seite derer, welche die Enukleation geradezu empfehlen. Diese
Operation bietet den grossen Vorzug der rascheren Heilung und Linderung
der Schmerzen, was besonders für die arbeitende Klasse wichtig ist.
Kamsay (137) ist von dem kosmetischen Erfolg von Paraffininjektion
nach Enukleation bei 22 Fällen so befriedigt, dass er den Wunsch hat, sein
Verfahren zu publizieren. Er durch trennt die Konjunktiva knapp am Lim-
bus und legt einen Catgutfaden durch jeden Rektus und die darüberliegende
EoDJunktiva. Dann durchtrennt er die Lisertionen der Recti und beendet
die Enukleation wie gewöhnlich. Der Xenon sehe Raum wird austamponiert
and eine Tabaksbeutelnaht der Konjunktiva angelegt. Nach Entfernung des
Tampons spritzt er das flüssige Paraffin unter Offenhalten der Xenon sehen
Kapsel an den Muskelsehnen bis zum Überfliessen ein. Die Xabaksbeutelnaht
wird dann zusammengezogen und der obere und untere, vrie der äussere und
innere Rektus aneinander gebracht. Die Reaktion ist nicht stärker als sonst
bei der einfachen Enukleation und nach zwei Wochen kann schon eine
Prothese eingesietzt werden. Auf drei Punkte ist besonders zu achten: gute
Antisepsis; nicht operieren bei eitrigen Prozessen; die Catgutfaden müssen
die Konjunktiva über dem Paraffin in guter Lage halten. Ramsay hat nur
4 Misserfolge unter 22 Fällen gehabt.
Auf den Mitteilungen von Ramsay fusst auch Jan kau (88), der in
seinem Xaschenbuch für Augenärzte die Methode der Paraffininjektion nach
Enukleation beschreibt. Das Büchlein enthält im übrigen wertvolle Xabellen
310 Jahresbericht fQr Chirargie. 11. Teil.
aus der Anatomie und Physiologie und Auszüge aus der Pharmakopoe, Bak-
teriologie, den Untersuchungsmethoden, der ünfallspraxis etc.
Sucker^(172) hält es für richtiger, das Paraffin nicht gleich einzu-
spritzen, sondern etwa 1 Woche nach der Eviszeration nach Offenhalten der
Höhle durch Tamponade. Er empfiehlt ^k Paraffin und '/s Vaseiin für die
Mischung. Durch Resorption der Vaseline findet eine geringe Eontraktion
der Masse statt. Am nützlichsten ist das Verfahren vielleicht zur Wieder-
herstellung einer eingesunkenen Augenhöhle nach lange vorhergegangener Enu-
kleation.
Hertel (82) hat an Kaninchen drei Versuchsreihen mit Paraffinprothesen
in der Orbita angestellt, die ergeben haben, dass die Injektionen von Weich-
paraffin bis zu 60^ Schmelzpunkt starke Reaktion hervorrufen, nicht recht
einheitlich ausfallen und rasch vom Gewebe angegriffen werden, wogegen sich
glatte Kugeln von gut sterilisiertem Hartparaffin von 78® Schmelzpunkt mit
1,5 cm Durchmesser, die nach Enukleation in die Tenonsche Kapsel oder
nach Exenteration kleiner in die Skleralkapsel eingenäht wurden, am besten
hielten. Doch warnt Verf. vor allzu kühnen Hoffnungen, da bei seinen Ver-
suchen auch die Hartparaffinkugeln nach 12 — 15 Monaten sich schon als an*
gegriffen vom Bindegewebe erwiesen und die Substitution der Paraffinprothese
durch ein wucherndes Bindegewebe doch eventuell nach Jahren noch zu un-
angenehmen Schrumpfungsprozessen in der Orbita führen könnte.
Zur lokalen Anästhesie empfiehlt Stock (171) Injektion von 1 ^'o Kokain-
iösung mit Zusatz von 3 Tropfen Adrenalinlösung (1:1000) auf 1 ccm. Dar-
nach wird das Operationsfeld wachsartig weiss und bleibt tief und lange un-
empfindlich. Guter Verband ist nötig gegen eventuelle Nachblutung. Hin
und wieder trat ein Ödem nach einigen Tagen auf, das aber nach 2 — 3 Tagen
verschwand.
Berlin (21) kann an 3 Fällen der Rostocker Klinik die frappant günsti-
gen Erfahrungen anderer Autoren mit der intraokularen Galvanokaustik bei
infizierten Bulbuswunden nur bestätigen. AuflFallend war besonders die rapide
Aufhellung des getrübten Kammerwassers nach der Kauterisation. Die Wir-
kung war nicht nur in frischen, sondern auch in länger bestehenden Fällen
vorhanden. Der Galvanokauter wurde 6 — 8 mm tief in das Augeninnere ein-
geführt und der Strom etwa 3 Sekunden lang geschlossen. Die Kauterisation
wirkt erheblich schneller, als das Einführen von Jodoformstäbchen.
Auch Lange (108) berichtet, dass er bei einem Fall von Uveitis pnru-
lenta traumatica, wie sie schlimmer kaum gedacht werden kann, nach infi-
zierter Glaskörperwunde durch Pfeilschuss durch Ausbrennen der Wunde nach
Reinigung 3—4 mm tief mit der Glühschlinge, feuchtem Verband und Innunk-
tionen von 2 g pro die, am sechsten Tage eine ganz auffallende Wendung
zum Besseren gesehen hat. Er will das auffällige Sistieren des Prozesses der
Galvanokaustik, die Resorption aber den Inunktionen zugeschrieben wissen
und fordert zur Kombination beider Verfahren in solchen Fällen auf.
Im Anscbluss an einen mit Einführung von Jodoformplättchen ins Auge
behandelten Fall von Eisensplitterverletzung bespricht Hartwig (81) die über
diese Behandlungsweise bis jetzt erschienene Literatur. Wenn im vorliegenden
Falle das Auge trotzdem zugrunde ging, so lag das nach Ansicht des Verf,
wohl an der Art und Schwere der Infektion mit einem Heubazillus, während
bei Kokkeninfektionen die Wirkung erheblich günstiger ist, selbst bei Ver-
letzung der Linse.
Zimmermann, Verletzungen u. Chirurg. Krankheiten des ftusseren Ohres etc. 311
B. Verletznngeii and chinirgische Krankheiten des äusseren Ohres
nnd der Nase-
Referent: G. Zimmermann, Dresden.
Die mit * bezeichneten Arbeiten sind nicht referiert worden.
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66. Sogar, Rudimentär entwickelte missbildete Ohrmuschel mit Atresie des GehOrganges,
Fistulae auricelae congenitae und Hemiatrophia facialis, wahrscheinlich infolge kongeni*
taler Hypoplasie des paralytischen N. facialis. Archiv für Ohrenheilkunde. Bd. 58.
Heft 3 u. 4.
67. Suckstorff, Die Leukocytenwerte bei den entzündlichen Erkrankungen des Ohres
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für Ohrenheilkunde 1903. Bd. XLV. Heft 2.
68. Takabatake, Beiträge zur Statistik der otogenen Hirn-, Hirnhaut- und Blutleiter-
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phlebitis. Zeitschrift fQr Ohrenheilkunde 1903. Bd. XLV. Heft 4.
70. Tymann, Die traumatischen Verletzungen und Selbstbeschädigungen des äusseren
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72. Yiollet, Lupus de Toreille Simulant r^pithölioma chez le viellard. Bull, et möm. de
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Jan. 17.
76. Zaufal, Beitrag zur UnterbinduDg des zentralen Endes der Vera jugularis int. nach
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314 Jahresbericht für Ghirargie. II. Teil.
77. Zaalberg, Ein Fall von Entzündung der MittelohrhOhle, endigend mit letaler Meniih
gitls, die von einem bei Lebzeiten nicht erkannten eztradoralen Abszess verurBacht
war. Monatsschr. fttr Ohrenheilkunde 1908. Nr. 5.
78. — Über Labyriuthoperationen. Monataschr. fQr Ohrenheilkunde 1903. Nr. 10.
Aus der Hallenser Ohrenklinik liegt wieder ein ausführlicher Jahres-
bericht (23) vor, in welchem besonders eingehend dreier geheilter Fälle
gedacht wird, die diflferentialdiagnostisch und durch ihren Verlauf interessant
waren. Von den acht beobachteten Todesfällen werden fünf näher besprochen.
Eine kurze tabellarische Übersicht gibt der Jahresbericht (28) aus
der Münchener Üniversitäts-Ohrenpoliklinik.
Aus dem Bericht von Spira (64) ist hervorzuheben, dass er sich als
einen Gegner der von Zaufal befürworteten exspektativen Behandlung
bei akuten Otitiden bekennt und scharf sich für frühzeitige Parazentese
ausspricht.
Einen recht instruktiven Sammelbericht über 22 Arbeiten aus dem
Gebiete der Otorhinologie hat Nadoleczny (47) gegeben.
Das Buch von Kümmel (38) bedeutet einen wertvollen Zuwachs der
Literatur des laufenden Jahres und gibt ein zuverlässiges Bild von dem
heutigen Standpunkt der operativen Otologie.
Bei der Untersuchung an den Volksschulkindem aus 70 Ortschaften,
die Ostmann vornahm, fanden sich die Kinder aus 40 Ortschaften frei, die
aus 30 Ortschaften behaftet mit Missbildungen des äusseren Ohres und zwar
zeigte sich, dass mit Entfernung der Ortschaften vom allgemeinen Verkehr
die Prozentzahl zunahm.
An der Hand von drei selbstbeobachteten Fällen kongenitaler Miss-
bildungen des äusseren Ohrs rekapitulieren Lannois(39) und Le Marchadonr
kurz die Entwickelungsgescfaichte und betonen, dass die Missbildungen sich
meistens nicht auf Störungen nur im ersten Kiemenbogen beschränken, sondern
mit noch anderen zumeist sich vergesellschaften.
Eine Missbildung und rudimentäre Entwickelung der Ohrmuschel neben
Atresie des Gehörgangs und gutem Gehör konnte Sugar (66) beobachten.
Es entspricht das der Meinung, dass bei diesen Arten der Defektbildung das
innere Ohr frei zu sein pflegt.
Ger and (22) hat vorstehende Ohren auf die Weise operiert, dass er
nach Abtragen eines eliptiischen Lappens aus der Hinterohrfurche den Knorpel
der Muschel mit dem Periost des Warzenfortsatzes durch Catgutnähte ver-
einigte. Inde^ wurde durch allzufrühe Resorption der Catgutnähte nur eine
annähernd normale Stellung der Muscheln erreicht und Verf. empfiehlt
deshalb, vorkommenden Falls sich solideren Nahtmaterials zu bedienen.
Als ein wesentliches Hilfsmittel, um bei der Operation abstehender
Ohren auch die Ohrmuscheln in richtiger Stellung zu erhalten, betont Mo res t in
(45), man solle nach Exzision des elliptischen Hautstückes auch einen Keil
des Muschelknorpels resezieren oder durch versenkte Nähte diesen wenigstens
in Falten legen, damit er sich nicht wieder in die falsche Stellung aufrichten
könne. Morestin hat drei Fälle so operiert.
Ähnlich empfiehlt auch Gersuny (21a) nach halbmondförmiger Ab-
trennung der Ohrmuschel die verdickten Ohrknorpel durch Flächenschnitte
zu verdünnen, ehe man nach Exzision eines entsprechend breiten Hant-
streifens die Nähte anlegt. Die Gersunyschö Mitteilung enthält ausserdem
Zimmermann, Verletzungen u. chimrg. Krankheiten des ftnsseren Ohres etc. 315
noch Angaben über Verkleinerung der Ohrmuschel und radikale Beseitigung
der doppelten Lippe.
Roch er (61) zeigte ein Fibrolipom des Ohres, das gar keinen Knorpel
«nthielt und seine Entstehung einer Ausstülpung des Ektoderms infolge
amBiotischer Stränge verdanken sollte. Diese Entstehung liess in der an-
ficbliessenden Diskussion Dubreuilh nicht gelten wegen der Doppelseitigkeit
des Leidens.
Gerber (21) beschreibt ein Fibrom der Ohrmuschel, ein Tuberkulom
des Ohrläppchens und ein Karzinom, das mit grosser Zerstörung des Warzen-
fortsatzes bis zum Tegmen tympani und der Dura sich entwickelt hatte.
Bezold (6) stellte vier Patienten vor, von denen der eine wegen eines
gutartigen, zellarmen Angiosarkoms, der andere eines Adenokarzinoms des
Äusseren Ohrs operiert war; beim dritten war Gipsbrei in den Gehörgang
geflossen und die Entfernung nach Umschneidung der Muschel vorgenommen ;
heim vierten Fall handelte es sich um ein Cholesteatom mit Einsenkung
-entlang des Sinus, Bulbus und der Gefassscheide der Vena jugularis.
Die Ohrmuschelkeloide, welche Alexander (1) untersuchen konnte,
zeigten keine Entstehung durch Proliferation der Media und Adventitia der
Blutgefässe, sondern entstanden aus dem gewöhnlichen Korium, das durch
seine Hypertrophie die Blutgefässe komprimierte und verödete.
Für die Operationen der Rankenangiome der Ohrmuschel rät Fleisch!
<(18), nicht nur die beiden Auriculares, sondern aUe arteriellen Zweige von
dem retroaurikiilar bis auf das Periost geführten Schnitte aus zu unterbinden
mid die erweiterten Gefässe der Ohrmuschel selber mit dem Thermokauter
m zerstören. Fleischl hat das Verfahren in einem Falle, wo das Ohr auf
das Dreifache vergrössert war, mit gutem Erfolg angewendet; auch die Pul-
sation stellte sich danach nicht wieder ein.
Gangrän der Ohrmuschel konnte Hang (26) bei zwei kleinen, hochgradig
atrophischen Kindern beobachten, die schon moribund zur Klinik gebracht
wurden.
Eine ganz praktische Pinzette hat Müller (46) angegeben, die seitlich
am Fremdkörper vorbeigeführt werden und dann durch Nachlassen des Druckes
«ich um den Fremdkörper legen soll.
An einem Fall von Gehörgangszerreissung, der zu einer völligen Atresie
geführt hatte, knüpft Hang (27) beachtenswerte epikritische Betrachtungen,
durch welche die Atresie als eine folgenschwere Läsion hingestellt wird.
Nach einem Fall in der Trunkenheit die Treppe hinunter, der mit einem
Sturz auf das Gesäss endete, konnte Haug (25) ein doppelseitiges Häma-
totympanum beobachten, ohne dass eine Schädelbasisfraktur anzunehmen
gewesen wäre.
Dölger (14), ein Schüler Bezold, vertritt mit statistischer Verwertung
des Bezold sehen Krankenmaterials in ausführlicher Breite die schon so oft
publizierten Ansichten seines Lehrers über Mittelohreiterungen.
Bukstorff (67) fand, dass bei den akuten eitrigen Otitiden eine ganz
xmbeachtliche, bei den chronischen Formen gar keine Erhöhung des Leuko-
cytenwertes sich in seinen Fällen beobachten liess; auch bei den Mastoiditiden
liessen sich aus der Leukocytenzählung keinerlei Indikationen gewinnen.
Den äusserst seltenen Fall, dass eine Mittelohreiterung auf das Kiefer-
gelenk übei^eht, konnte Friedrich (20) bei einem 36jährigen Manne kon-
statieren, der an multiplen Gehirnabszessen zugrunde gegangen war. Es zeigte
316 Jahreeberieht ffir Ghinirgie. II. Teil.
sich ein onregelmässiger zackiger Defekt in der vorderen Gehörgangswand,
der das Os tympanicum in dem oberen der Glaserschen Spalte anliegenden
Teil und die dem Karotiskanal anliegende Enochenlamelle zerstört hatte.
Intra vitam waren die Kanbewegungen zwar behindert und schmerzhaft ge-
wesen, aber eine eigentliche Eieferklemme hatte nicht bestanden.
Scheibe (63) fand bei 17 Sektionen von nicht spezifischen chronischfin
Mittelohreitemngen 10 mal blossliegenden und verfärbten Knochen, der aber mit
dem gesunden Knochen in Zusammenhang stand, und 7 mal Sequester. Die
Ursachen dieser Nekrosen sieht Scheibe in dem Vorhandensein Ton Chole-
steatom und Eiterstagnierung. Dies liess sich auch klinisch feststellen in
Fällen, wo nur der operative Befund zur Entscheidung herangezogen werden
konnte. Es bandelte sich stets um Cholesteatom und um entweder dadurch
oder sonstwie bedingte Eiterretention.
In mehreren sehr alten Fällen von chronischer eiteriger Mittelohrent-
zündung, die jeder konservativen Behandlung widerstanden hatten, wendete
Ligorio (43a) die von Libby empfohlene Methode an. Diese Methode
gründet sich auf die Eigenschaft des Acetanilids, sich bei Kontakt mit alka-
lischen Sekretionen in Anilin und Essigsäure zu spalten. Das Acetanilid, ein
Anilin, bei welchem ein Atom H durch radikales Acetyl substituiert ist, ent-
faltet bei dieser Spaltung eine sehr bedeutende antiseptische und sedative
Wirkung. — Das Verfahren besteht dann, dass man den Gehörgang und die
Paukenhöhle mittelst Wattetampons sorgfaltig reinigt, hierauf zuerst mit
ozygeniertem Wasser, dann mit einer 5 ^/o igen Formalinlösung desinfiziert
und endlich Acetanilid einbläst und den Gehörgang damit füllt. So verfahrt
man einen Tag um den andern.
Verf. erhielt konstant ein gutes Besultat; ohne jeden Operationsakt
hörte in allen Fällen der Eiterabfluss aus dem Gehörgange auf. R. Giani.
Hegetschweiler (29) sucht die bisherige Annahme von der üblen
Prognose tuberkulöser Mittelohrerkrankungen durch die Beschreibung von
vier günstig verlaufenen Fällen abzuschwächen. Der erste Fall war dnrch
raschen destruktiven Verlauf der Eiterung und durch den Nachweis tob
Tuberkelbazillen zweifellos festgestellt und durch Radikaloperation geheDt;
im zweiten wurde ein kleiner Miliartuberkel im Trommelfell diagnostiziert
und in den beiden anderen Fällen wurde allein auf das Vorhandensein von
Fibroidbildung die Diagnose Tuberkulose gegründet.
Eulenstein (15) hat die jüngsten Veröffentlichungen von Mittelohr-
eiterungen bei Diabetikern mit den schon früher von ihm bearbeiteten — zu-
sammen 70 — verwertet, um Anhaltspunkte für die Frage zu gewinnen, ob
die Erkrankungen bei Diabetikern Besonderheiten aufweisen und kommt zo
dem Schlüsse, dass diese Frage zu verneinen sei.
Röpke (60) illustriert in fünf Fällen, wie schwer es unter Umstanden
sein kann, die Differential-Diagnose zwischen endokraniellen Erkrankungen
und Hysterie bei Mittelohreiterungen zu stellen.
Dench (10) betont die bekannten Momente, welche bei anhaltender
Eiterung die Radikaloperation indizieren.
Heine (30) hat auf Grund langjähriger Erfahrungen an der Berliner
Universitäts-Ohrenklinik in einer klar geschriebenen prägnanten Monographie
die Operationen bei Mittelohreiterungen und ihren Komplikationen zur Dar-
stellung gebracht; ein Buch, das dem Chirurgen über den heutigen Stand der
Dinge vortreffliche Auskunft gibt.
ZimmermaDn, Verletzungen o. chimrg. Krankheiten des äusseren Ohres etc. 317
Vor der New York County Med. Soc. hielten Dench (13), Clemens,
Philipps über die akute, Ledermann und Mc. Kernon über die Kom-
plikationen der chronischen Ohreiterungen Vorträge, die sich im wesentlichen
mit den allgemein geltenden Anschauungen decken.
Mc. Bride gab auf der Versammlung der Brit. med. Ass. einen wert-
tollen Überblick über die Entwickelung der Operationsmethoden bei Schläfen-
beineitenmgen und führte eine Reihe interessanter Fälle an, um einige noch
schwebende Fragen zu beleuchten, speziell die Cholesteatombehandlung, Sinus-
eio£bung und intrakranielle Komplikationen. An den Vortrag schloss sich
eine lebhafte Diskussion.
Alexander (2) empfiehlt in frischen Fällen von akuter Warzenfortsatz-
entzündung, konstante Wärme mittelst des Ulimann sehen Apparates anzu-
wenden; auch wo es schon zur Abszedierung gekommen ist, wirkte sie
schmerzlindemd, bis man zur Operation schritt.
Leimer (42) berichtet mit grosser Ausführlichkeit über 17 in den letzten
10 Jahren in der Münchener Klinik beobachteten Fälle von Mastoiditis mit
Dorchbruch auf die untere Seite des Warzenfortsatzes.
Bobbio (7a) trug bei einem 23jährigen Individuum eine in der Warzen-
fortsatzgegend entstandene walnussgrosse Dermoidcyste ab. Eine Dermoid-
cyste mit solchem Sitze sei verhältnismässig selten; ausserdem meint Verf.,
dass es sich in seinem Falle um eine aus der Warzenfontanelle hervorge-
gangene Cyste gehandelt habe. Die Dermoidcysten des Warzenfortsatzes
dürften die gleiche Entstehung haben wie die anderen Schädelfontanellen-
Cysten. R. Giani.
Politzer (52) hat, um die operierte Warzenfortsatzhöhle rascher zum Ver-
schluss zu bringen, empfohlen, die mit gesunden Granulationen ausgekleidete
Höhle mit sterilisiertem Paraffin auszugiessen und nach dessen Erstarren die
Wimdränder wieder zu vernähen. Im Anschluss daran berichtetUrbantschitsch
(30a) über zwei Fälle, wo er das gleiche Verfahren, nur ohne nachfolgende
Naht der Wundränder, anwendete, um bei mangelnder Granulationsbildung
diese anzuregen. Die Gefahr der Eiterretention durch das Paraffin wurde
nicht beobachtet.
Die Beobachtungen, dass bei der postoperativen Perichondritis der Ohr-
muschel der Pyocyaneus eine ursächliche Rolle spielt, konnte Koerner (62)
gleichfalls machen und in einem Falle mit voller Sicherheit bestätigen; es
fand sich auch hier der Pyocyaneus in Reinkultur.
Koerner (37) bespricht die drei Chloromfälle, welche von Rosenblath,
Dunlop und Thevithik mitgeteilt sind, aus denen die Ansicht noch ver-
stärkt wird, dass in den meisten Fallen das Schläfenbein mitbefallen ist.
Aus der Koernerschen Klinik veröffentlicht Takabatake (68) statistische
Beiträge zu dem Verhalten intrakranieller Komplikationen; von 54 verwert-
baren Fällen wiesen 20 mehrere Komplikationen zugleich auf und zwar waren
es in der grösseren Hälfte nicht, wie bisher vielfach angenommen, die chroni-
schen, sondern die akuten Fälle, welche mit Komplikationen einhergingen.
Lee (41) operierte ein infolge chronischer Ohreiterung mit meningiti-
schen Symptomen erkranktes Kind; es wurde eine grosse eitererfüllte Höhle
im Knochen und nach Trepanation von aussen und Eröffnung der Dura auch
hier Eiter entleert; trotzdem exit. let. Daraus nimmt Lee Veranlassung,
sich dahin auszusprechen, dass man die Operation nur im äussersten Falle
anwenden solle.
318 Jahresbericht für Chirnrgie. II. Teil.
Kölscher (34) hat vier Kranke nach Mittelohreitemng verloren; die
Fälle sind eingehend wiedergegeben und epikritisch beleuchtet; es handelte
sich um Gehirnhautentzündungen zum Teil neben Schläfenlappenabszess und
Thrombophlebitis.
Mitteilungen über sechs Fälle von intrakraniellen Komplikationen nadi
akuten und chronischen Mittelohreiterungen hat Denker (12) gegeben, darunter
zwei geheilte Fälle von Himabszess und ein geheilter Fall von Pyämie ohne
Sinuseröffnung.
Eve (16) registriert kurz die möglichen intrakraniellen Komplikationen
uod erläutert sie an der Hand eingestreuter Krankengeschichten.
Oppenheimer (49) hat eine kurz zusammenfassende Darstellung über
die Bedeutung der eztraduralen Abszesse geliefert und sie mit zwei selbst
beobachteten Fällen belegt.
Denker (11) bespricht unter Vorstellung zweier operativ geheilter Fälle
das Krankheitsbild der extraduralen, spezieil der perisinuösen Abszesse.
Bei dem Patienten, über den Zaalberg (77) berichtet, deckte die Radikal-
operation neben Zerstörungen im Proc. mast. und im Atticus einen peri-
sinuösen Abszess auf; nachdem zunächst alles gut zu gehen schien, setzten
15 Tage p. o. meningitische Symptome ein, unter denen drei Tage später der
Pat. zugrunde ging. Die Sektion ergab eine diffuse eitrige Meningitis und
als deren Mittelglied mit der Ohreiterung einen tief gelegenen Extradural-
abszess in der Umgebung des Perus ac. int. Hierher war die Ohreiterung
von unterhalb der Corticalis des lateralen Bogengangs kontinuierlich auf dem
Wege kleiner pneumatischer Zellen fortgeschritten.
Eine sehr sorgfaltige und kritische Arbeit über die operative Behand-
lung der otitischen Sinusthrombosen hat Heine (31) geliefert.
Rimini (57) beschreibt einen tödlichen Fall von Sinusthrombose, wo
der Prozess die ganze V. jug. ergriffen hatte und der Tod an Septikämie
rasch erfolgte. Im Anschluss daran nimmt Rimini wieder Stellung zu der
Frage, ob unter allen Umständen die otitische Pyämie an das Vorhandensein
einer Sinusthrombose geknüpft sein müsse und betont wieder im Gegensatz
zu Leutert, dass auch ohne Sinusthrombose es zu Pyämie kommen könne.
In seinen kasuistischen Beiträgen bekennt sich auch Freitag (19) an
der Hand seines ersten Falles als ein Gegner der Leutertschen Ansicht,
(lass die Pyämie lediglich nur durch Sinusthrombose bedingt sein müsse und
belegt mit dem zweiten Falle, dass eine Sinusfreilegung nicht so gefahrlos
sei, wie oft behauptet. Es hatte sich an eine unbeabsichtigte Freilegung einer
kleinen Stelle der Sinuswand eine typische, wenn auch gut verlaufene Pyämie
angeschlossen. Der dritte, mit Nekrose einhergehende Fall von Sinusthrom-
bose war sehr schwer und zeigte wieder die Erscheinung, dass selbst nach
Ausräumung des Sinus und Jugularisunterbindung die Schüttelfröste noch nicht
gleich aufhörten.
Bei einem Soldaten, der während einer Influenzaepidemie an Otitis
media erkrankt war, beobachtete Marri (43b) eine otitische Pyämie; dieser
Fall tue dar, dass Pyämie ohne Phlebitis vorkommen kann. Nach Beschrei-
bung des Falles spricht Verf. sich dahin aus, dass er zwar wegen des Fehlens
der charakteristischen Symptome eine wirkliche, reine Phlebitis des Sinus trans-
versus und der Bulbus jugularis ausschliessen muss, aber doch nicht abgeneigt
sei anzunehmen, es könne ein phlebitischer Prozess vielleicht in jenen Diploe-
Zimmermann, Yerletzongen n. Chirurg. Krankheiten des äusseren Ohres etc. 319
Tenen bestanden haben, die einen wahren Verbindungsring zwischen den Weich-
teilen des Ohres nnd den Sinus darstellen.
Bei der Ungewissheit, in welcher Region die Krankheit sich, lokalisiert
hatte, nahm er einen Eingriff in die von den metastatischen Abszessen in-
Tadierten Regionen vor und rettete den Patienten. R. Giani.
An der Hand von 11 Fällen von Sinusthrombose mit nachfolgender
Pyämie stellt Sachansky (61a) die Forderung, bei jeder Trepanation des
Warzenfortsatzes, falls die T^ erhöht ist, den Sinus freizulegen und zu
punktieren. Hohlbeck (St. Petersburg).
Zaufal (76) musste in einem Falle septischer Thrombose des Sinus und
der Vena jugularis nach chronischer Mittelohreiterung die Unterbindung der
Vena jugularis so tief vornehmen, dass er erst durch Durchtrennung der
Klavikula sich dazu Raum schaffen musste. Nach dreimonatlicher Behandlung
des 22jährigen Pat. Heilung.
Grunert (24) bespricht in seinen Mitteilungen auch zwei ausgedehnte
Fälle von Sinusthrombose. Bei dem einen wurde gleichfalls erst, nachdem
man sich durch Subluxation der Klavikula Raum geschafft hatte, die Jugularis
und zwar noch im Thrombus unterbunden, bei dem anderen reicht die Throm-
bosierung bis in das Torcular Herophili. In beiden Fällen Heilung.
Genauere zweistündliche Fiebermessungen bei nach Operation fortbe-
stehender Pjämie hat Koerner durch Takabatake (69) vornehmen und
dabei auch die Pulsfrequenz beobachten lassen; die Ergebnisse werden kurz
registriert.
Einen geheilten Fall von rechtsseitigem Schläfenlappenabszess konnte
Blau (7) mitteilen. Er hatte sich aus einer chronischen Ohreiterung ent-
wickelt und konnte beim Verbandwechsel nach Radikaloperation durch stich-
formige Inzision der stark vorgewölbten Dura entdeckt und durch breitere
Spaltung entleert werden.
Pause (56) stellte einen Schläfenlappenabszess, durch Operation geheilt,
vor und noch einen Fall von Warzenfortsatzentzündung, der durch kollaterales
Ödem der Meningen und des Hirns Himsymptome hervorgerufen hatte und
durch Inzision der Dura unter dem Sinusknie, wobei sich reichlicher Liquor
entleerte, zur Heilung kam.
In der Beobachtung von Grant Andrew (3) hatten sich die menin-
gitischen Symptome nach der Radikaloperation zunächst zurückgebildet, um
aber 39 Tage später unter Nackensteifigkeit, Erbrechen, Kopfweh und Puls-
verlangsamung wieder einzusetzen. Während der Einleitung der Narkose zur ^
zweiten Operation sistierte die Respiration bei gut bleibendem Pulse und
kehrte erst nach fast l^/a Stunden wieder zurück. Die Zwischenzeit wurde
benutzt, um das Cerebellum freizulegen und mit der Hohlnadel zu punktieren,
ohne Eiter zu finden, ebenso auf den Schläfenlappen trepaniert. 30 Stunden
später Exitus unter Respirationsstillstand. Die Sektion deckte einen Eiterherd
in dem grünlich verfärbten Kleinhirngewebe hinter dem Sinus auf.
Aus der Krauseschen Arbeit (36) ist otologisch interessant sowohl wegen
der schwierigen Lokalisation der intrakraniellen Komplikation als wegen der
tedinischen Methode die Mitteilung des ersten Falles, einer nach Masern auf-
getretenen Otitis rechterseits. Trotz Parazentese und einfacher und radikaler
Aufmeisselungen sistierte rechtsseitiger heftiger Kopfschmerz und Abducens-
lähmung und Fieber nicht; es wurde gemeinschaftlich mit Jansen die Schläfen-
beinschuppe von der Bergmannschen Lappenbildung aus reseziert und dann
320 Jahzesbericht für Chirurgie. IL Teil.
die Dura tob der oberen Felsenbeinkante stumpf abgehoben, was besonden
schwierig und wegen der Dünnheit nur ganz behutsam zu bewerkstelligen
war. Ganz in der Tiefe, noch 1 cm medianwärts vom Eintritt des Nerv. petr.
sup. maj., quoll Eiter hervor und es wurde damit eine subdurale Abszess-
höhle eröffnet, die sich bis nach dem Bulbus ven. jug. und dem Meat. ani
int. hinzog. Jansen verfolgte nun von der medialen Antrumwand den Gang
bis zu dem Eiterherd in der Felsenkante und der Kranke genas. Die Einzel-
heiten der Krankengeschichte müssen im Original nachgesehen werden.
Gegenüber der Krauseschen Methode empfiehlt Streit (65) seine aller-
dings nur an der Leiche ausprobierte Methode als ungefährlich bezüglich des
Drucks aufs Gehirn. Er hat sich eine besondere Duraspatel konstruiert,
mittelst dessen man vom Dach der Pauke sich in der Weise zwischen Dura
und Knochen in die Tiefe arbeiten soll, dass immer der horizontale Bogen-
gang zwischen den Branchen des Spatels sichtbar ist. Der Weg von der am
Jochbogenansatz freigelegten Dura beträgt bis zur Pyramidenspitze etwa
4,5 cm.
Die typischen Symptome einer Leptomeningitis konnte Müller (46) bei
einer alten Ohreiterung beobachten, wo es zur Arrosion des horizontalen
Bogengangs und der Fen. ovalis gekommen war. Die Operation, welche zu-
gleich einen epiduralen Abszess der mittleren Schädelgrube aufdeckte, bestand
in Freilegung des Vestibulums und Herstellung einer breiten Kommunikation
zwischen Vestibulum und horizontalen Bogengang unter Schonung des Facialis.
Heilung.
In einem Falle von Zaalberg (78) sprang gelegentlich einer linksseitigen
Badikaloperation trotz schwachen Meisseins ein Splitter vom horizontalen
Bogengang ab; hinterher starker Schwindel, besonders nach links hinüber,
und als bald darauf zunehmende Kopfschmerzen einsetzten, wurde beschlossen,
das Labyrinth fortzunehmen und von da die Dura zu besichtigen. Es wurde
längs des Sin. transv. vorgedrungen, die mediale Petrosumwand und der hori-
zontale Bogengang entfernt, das Tegmen an tri et tympani abgetragen und
dann entlang dem Nerv, facialis der Knochen mit der Fraise weggebohrt bis
in den Por. ac. int.; das Vestibulum mit der Curette vom etwas erweiterten
For. ovale ausgeräumt ; ein extraduraler Abszess fand sich nicht ; auch, nach-
dem noch hinter dem Sin. transv. trepaniert war, über der Dura des Klein-
hirns kein Eiter. Zwei Monate später, nachdem die Symptome mannigfach
geschwankt hatten, entschloss man sich zu einer neuen Narkose, trepanierte
an zwei Stellen, punktierte auch den Schläfenlappen, ohne Eiter aspirieren
zu können. Dann ungestörte Heilung.
Im publizierten Falle Habererns (24a) war der Patient, ein Radfahrer,
in einen mit Körben beladenen Wagen gefahren. Der Augenverletzung folgte
eine Inflammatis retrobulbaris , doch wie in diesen Fällen so häufig, zeigte
nichts die Anwesenheit eines Fremdkörpers. Bei der Operation erwies sich
der mit der Sonde gefühlte und für einen kariösen Knochen angenonmiene
Fremdkörper als ein 3 cm langer und 8 mm breiter Holzspan, der entlang
der unteren Orbitalwand gelegen. Heilung.
Halasz (24b) versuchte eine Bohne, die der 4jährige Patient sich in
den äusseren Gehörgang gesteckt, durch vier Tage vergeblich mit starkem
Strahle zu entfernen. Schon entschloss er sich bei dem höchst unruhigen
Kinde zur Operation, verordnete aber der Eiterung wegen vor dem Eingriffe
ZimmermanD, Verletzungen u. chirarg. Krankheiten des äusseren Ohres etc. 321
noch HsOg-Eingiessungen ins Ohr, — als plötzlich nach letzteren der Fremd-
körper aus der Tiefe hervorgestossen wurde.
Der zufalligen Erfahrung nach empfiehlt Haläsz bei Fremdkörpern des
Gehörganges ähnliche Eingiessungen einer 5 — 10^/oigen HgOfl-Lösung vor dem
instrumentellen EingriJBfe stets noch zu probieren.
2. Nase.
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rhinite hypertrophique. Revue m^icale de la Suisse romande 1908. Nr. 2 et 3.
40. "^Parmentier, L'obstruction nasale. Le Progrds mödical 1903. Nr. 6.
4L Fagnat, ün cas de prothdse nasale au moyen d'injections de paraffine. Revue mM-
oale de la Suisse romande 1903. Nr. 7.
42. Reinhard, Fremdkörper in der Nase und adenoide Vegetationen. Verein westdeutscher
Hals- und Ohrenärzte. MOnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 45.
43. Richter, Ein Fall von latenter Keilbeinhöhlenkaries mit Abduzenslähmung n. s. w.
Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1903. Nr. 10.
44. Rudi off, Bemerkungen zu der Arbeit: Über die Septumperforation der Chromataibeiter
von Dr. Bamberg er. Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1903. Nr. 6.
44a. B. W. Sauricki, Ein Beitrag zur Operation der Sattelnase nach Israel. Gazeta
It^karaka 1903. Nr. 45 u. 46.
45. S^bileau, Protze nasale mätallique. Mäcanisme de l'ölimination de TappareiL BnlL
at m^m. de la soc. de Chir. 1903. Nr. 19.
46. Semon, The after treatmeut of intra-nasal Operations. Medical Press 1908. Nov. 25.
46a. '^Howard A. Sothrop, The anatomy of the inferior ethmoidal turbinate bone witk
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Aonals of surgery 1903. August.
47. Stieda, Verkäste Nebenhöhlenempyeme. Zeitschrift für Ohrenheilk. 1903. Bd. XLII.
Heft 2.
48. Streit, Beobachtungen aus dem Erunkheitsgebiet des Nasenrachenraumes etc. Zeit-
schrift fOi- Ohrenheilkunde 1903. Bd. XLV. Heft 4.
48a. ^Clement F. Theisen, An unusual case of nasal Syphilis in a child and a consi-
deration of syphilitic nasal tumors. The journ. of the Araer. Med. Ass. 1902. Febr. 28.
49. Turner, The pathology of *'bone cysts" in the accessory sinuses of the nose. Edin-
burgh Journal 1903. Oct, Nov., Dec.
50. Vignard, iSpithälioma tubulö du nez d'aspect glandulaire. Gazette des höpitaux 1903.
Nr. 95.
5L Waitz, Die Rhinoplastik ans dem Arm. v. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 69.
Heft 1 u. 2.
►
Zimmermann, Verletzungen n. chirurg. Krankheiten des äusseren Ohres etc. 323
52. Win ekler, Korrektion schiefer Nasen. X. Laryngologenkongress Heidelberg 1903 und
Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1903. Heft 8.
53. Wittmaaok, Die Behandlung des Schleimhautlupus der Nase mit PyrogaUussäuren.
MQnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 31.
54. Woodward, Empyema of the accessory sinuses of the nose. Medical News 1903.
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55. Wals ha m, On some Operations for rectifying croyhed and depressed noses. The
LsDcet 1903. April 4.
56. Tonge, The prevention of the recnrrence of nasal polypi. The Lancet 1903. Nov. 7.
Einen wertvollen Überblick über die modernen Leistungen der Rhino-
chirnrgie bietet das Buch von W. Kümmel (24) dar, das auf reicher eigener
Erfahrong nnd Kritik basiert.
Der Gerb er sehe (48) Bericht enthält u. a. Mitteilungen über eine
Anzahl maligner Tumoren der Nase und des Nasenrachens, über Erkrankungen
der grossen Speicheldrüsen und einige interessante laryngologische Beobach-
tungen.
Einen Fall kongenitaler Missbildung, die hauptsächlich in einer gut wall-
nnssgrossen Gewebswucherung der Nasenspitze und des Nasenrükens bestand,
konnte Mac Lennan (29) beobachten. Er führt sie auf ein ungleiches
Wachstum der Oberkieferfortsätze zurück, wodurch der Stimfortsatz aus seiner
Richtung abgedrängt wurde. Die Operation ergab erst beim zweiten Mal ein
dann sehr befriedigendes Resultat.
Reitmann hat auf das Vorkommen von Knorpel in den Gaumenmandeln
5 Mandeln von 3 Embryonen und 50 andere Mandeln untersucht. Dabei fanden
sich in 17 Mandeln und deren unmittelbarer Umgebung eingesprengte, meist
hyaline Eoiorpelstückchen, die vielleicht als Derivate des zweiten Kiemenbogens
anzusehen sind.
Dubreuilh (11) konnte bei einem 7jährigen Mädchen eine typische
Dennoidcyste des Nasenrückens beobachten. Mitten auf der schlalBfen etwa 2 cm
Umfang habenden Geschwulst war eine stecknadelkopfgrosse Öffnung erkennbar,
ans der sich weisse rahmige Epithelmassen ausdrücken Hessen. Bei der
Operation fand man dahinter in der Tiefe zwischen der Ossa narium noch
eine zweite von der ersten scheinbar unabhängige Cyste. Glatte Heilung mit
nur wenig verbreitert bleibenden Nasenrücken.
In seinen Bemerkungen über Rhinophym wendet sich Br uns (3) gegen
die Meinungen, dass das Rhinophym stets auf dem Boden einer Acne rosacea
entstehen müsse und nur bei Trinkern vorkomme. Bruns hat 11 Falle
beobachtet und 8 operiert, von denen 7 durch höchst instruktive Abbildungen
illustriert sind. Meist wurden die keilförmigen Exzisionen bevorzugt, während
bei mehr gleichförmiger Bedeckung die Dekortikation eventuell mit Thermo-
kaustik hintenher, aber ohne Transplantation in Anwendung kam.
Dubreuilh (10) gibt eine sehr prägnante Beschreibung von dem Krank-
heitsbild der Acne rosacea und empfiehlt — abgesehen von den Anfangs-
studien, wo man die Elektrolyse in Anwendung ziehen kann — die Olliersche
Dekortikation. Er selbst benutzt dabei den Thermokauter, beginnt mit einem
senkrechten Schnitt in der Mittellinie und nimmt dann unter Kontrolle des
in das Naseninnere geführten Zeigefingers so viel von aussen fort, dass un-
gefähr eine 6 — 8 mm dicke Schichte bleibt, besonders die Nasenflügel dürfen
nicht zu dünn gemacht werden, damit sie nicht unter zu starker narbiger
Schrumpfung zu leiden haben. Feuchte Verbände, später ev. noch Thi er seh sehe
»21
324 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Transplantation. Rezidive kommen kaum vor. Sechs Krankengeschichten
werden mitgeteilt.
Gegen Rhinosklerom wurden auf der Breslauer chir. Klinik (14) mit
gutem Erfolg Röntgenstrahlen verwendet; es bildeten sich die Sklerosenknotai
von der äusseren Nase rasch und vollständig zurück, so dass zu hoffen ist
bei verbesserter Technik auch im Nasenrachenraum und Kehlkopf gelegenen
Herden beikommen zu können.
Hrach (21) berichtet über einen Fall von Rhinosklerom, den der Patient
aut eine vor 4 Jahren erlittene Kontusion der Nase durch Fall zurückführte.
Es fand sich in der linken Nase vom knorpligen Septum ausgehend eine
durch ihre gelblichrote Färbung von der Umgebung abstechende harte Ge-
schwulst mit zwei kleinen Knötchen auf der Oberfläche. In der Probeexzision
Rhinosklerombazillen.
Vignard (50) berichtet über ein mächtiges Karzinom der Nase, das in
Jahresfrist von Nussgrösse zu solcher Grösse gewachsen war, dass es weit
über die Oberlippe vorsprang und den Patienten am Trinken behinderte.
Bei der Exstirpation zeigte sich das ganze knorplige Nasengerüst zerstört und
es wurde der Defekt aus den anstossenden Wangenpartien gedeckt. Histo-
logisch handelte es sich um ein tubuläres Karzinom ausgeh^id von der Basal-
schicht des Rete malpighi.
Mouriquand (32) stellte einen 54jährigen Mann mit einem mandarinen-
grossen ulzerierten Talgdrüsenkarzinom der Nase vor*
Waitz (51) hat grosse nach Lupus entstandene Defekte der Nase durch
von der medialen Seite des Arms entnommene und fertig gebildete Lappen
gedeckt. Nach drei- und zweimonatlicher Fixation des Armes gegen das Ge-
sicht wurde die Überpflanzung vorgenommen.
Walsham (55) erläutert kurz die Methode, welche er in 20 jähriger
Praxis zur Korrektur deformer Nasen verwendet hat: gewaltsame Streckung,
subkutane Osteotomie entlang der Nasomaxillamaht, subkutane und offene
Naht des seitlichen Nasenknorpel an die Nasenbeine, Paraffininjektionen, Ver-
setzung des abgewichenen Septums bei Hasenscharten und Septumbildong aas
der abgemeisselten und aufgestellten Crista des Oberkiefers.
Sauricki (44a) berichtet über drei Fälle von Sattehiase, in welchen
er mit der Israel sehen Transplantation einer Knochenspange aus der Tibia
einen sehr guten kosmetischen Erfolg erzielt hat und wägt die Vorzüge dieser
Behandlungsmethode gegenüber den Paraffininjektionen ab.
ürbanik (Krakau).
S e b i 1 ea u (45) hatte einen vollständig nach Trumma eingesunkenen Nasen-
rücken dadurch wieder aufgerichtet, dass er nach Aufklappen des Nasen-
rückens eine aus mehreren Spangen gefertigte Goldprothese einführte und
darüber die Haut vernähte. Nach sechs Wochen sah man wie die Haut über
den Spangen sich allmählich immer mehr verdünnte, zwischen den Spangen
einsank und die Prothese so langsam aber sicher nach aussen herauskam.
Zahlreiche Verwendung hat das Gersuny sehe Verfahren gefunden.
Payet (36) hat 26 mal mit meist gutem Erfolg die Gersuny sehe
Methode angewendet und präzisiert, was sich ihm dabei als zweckmässig er-
wiesen hat.
Auch Pugnat (41) hat einen — nach Trauma in der Kindheit — ein-
gesunkenen und verbreiteten Nasenrücken mit gutem Erfolg durch Paraffin-
injektionen restituiert und gibt dafür einige praktische Ratschläge an.
Zimmermann, Yerletzangen u. chirarg. Krankheiten des Äusseren Ohres etc. 325
Ebenso schildert Do wnie (9) an der Hand zweier Krankenvorstellungen
die Erfahmngen, die er mit den Ger sunyschen ParafiPininjektionen gemacht hat.
Förderl (15) hat das Nasenseptum zur Deckung von Gaumendefekten
nach Oberkieferresektion in zwei Fällen verwendet ; nur rät er, um einer Nekrose
des umgelegten Septums zu entgehen, die Plastik erst in einer späteren Sitzung
vorzunehmen, wenn das Septum schon von dem mukös-periostalen Überzug
des harten Gaumens der anderen Seite genügend ernährt ist.
Im Anschluss an zwei Fälle von Nasenscheidenwandabszess, einem trau-
matischen und einem nach Schnupfen, erwägt Fuchsig (16) die verschiedenen
Entstehungsmöglichkeiten und schlägt zur Schematisierung folgende Unter-
scheidungen vor: 1. traumatische mit oder ohne Hämatombildung, a) rhinogener,
b) hämotogener Infektion; 2. nicht traumatische, a) rhinogen (Rhinitis, Erysipel
u. s. w.), b) metastatische (nach Infektionskrankheiten u. s. w.)
Lake (33) beschreibt einen Fall von Nasenstein, der sich um einen
Kirschkern gebildet hatte und lange Jahre getragen war, ehe er Beschwerden
gemacht hatte.
Reinhard (42) konnte bei fast allen Kindern, die ihm wegen Fremdkörpern
in der Nase zugeführt wurden, die Beobachtung machen, dass sie auch an
adenoiden Veg. litten und glaubt, zwischen beiden Dingen einen Eausalnexus
statuieren zu müssen. Die Kinder suchen die bei Luftundurchgängigkeit der
Nase meist vorhandene Beschwerden der Sekretionsanomalieen imd des Juck-
reizes durch Bohren in der Nase zu überwinden und führen bei der Gelegen-
legenheit, was sie gerade in den Händen haben, zugleich mit hinein.
Rudlloff (44) hebt Bamberger gegenüber seine eigenen Arbeiten her-
vor, nach welchen als Grund für das Entstehen der Chromatgeschwüre an der
typischen Stelle des Septums der Umstand anzusehen ist, dass hier seröse
Drüsen liegen, deren Sekret die chrom sauren Salze nicht wegspült, sondern
löst. Dass Tabakschnupfer vor den Ätzwirkungen geschützt sein sollten, ent-
spricht nicht den Tatsachen.
Pasmanik (39) behandelt ausführlich den ganzen Symptomenkomplex
der hypertrophischen Rhinitis und empfiehlt je nach Umständen die Galvano-
kaustik oder die Turbinotomie.
Jacques (22) bespricht nur die gewöhnlichen Operationsmethoden teils
mit der Schlinge, wo es sich um lokalisierte Polypenbildung handelt, teils mit
der schneidenden Zange ev. mit Resektion der mittleren Muschel, wo es sich
um diffusse Siebbeinerkrankung handelt.
Yonge (56) empfiehlt die Luc sehe Zange gegen rezidivierende Nasen-
polypen. Nach sorgfältiger Kokainisierung wird die mittlere Muschel mit drei
oder vier Griffen grösstenteils entfernt.
Bronner (2) empfiehlt 5 bis l°/o Formalinspray nach oder im Intervall
zwischen den Polypenoperationen.
Zu den seltenen Fällen, wo Nasenpolypen den knöchernen Nasenrücken
verbreitern, kannBurk (4) drei weitere hinzufügen, von denen besonders der
letzte eine geradezu monströse Auftreibung der Nase zeigte. Der Druck des
nicht operierten Polypen führt in späterem Lebensalter zu einer Dehiszenz der
Nasenknochen, im jugendlichen Alter zu abnormen Wachstumsvorgängen in-
folge periostaler Reizungen.
Über das primäre Vorkommen von Tuberkulomen der Nase liegen absolut
zuverlässige Angaben noch nicht vor. Coenen (7) konnte einen solchen Fall
beobachten und nach dem durch Schluckpneumonie erfolgten Tode durch Autopsie
326 Jahresbericht fQr Chirurgie. 11. Teil
sicher nachweisen. Der Tumor hatte zunächst als ein den Gaumen perforierendes
Sarkom imponiert.
Witmaack (53) hat gute Erfolge beim Schleimhautlupus gesehen Ton
der Behandlung mit Pyrogallussäuretampons und beschreibt ausführlich die
Technik und belegt sie mit zehn Krankengeschichten.
Unter Verwendung eigener und aus der Literatur bekannter Falle gibt
LoganTurner (49) eine prägnante Schilderung der Knochencysten in dem
pneumatischen Zellensystem der Nase; sie scheinen nur im Keilbein bisher nicht
beobachtet zu sein; sie enthalten entweder Luft oder Schleim oder könn^
durch Lifektion auch Eiter enthalten ; es ist nicht immer leicht, sie zu diagno-
stizieren und oft ist erst die Operation das Entscheidende.
Masse (30) teilt einen Fall von Schleimcyste des vorderen Siebbeins bei
einem dreizehnjähren Jungen mit, die am inneren Augenwinkel herroitrat
und wegen ihrer Härte zunächst als Exostose imponierte. Als später sich
Fluktuation zeigte, wurde inzidiert, eine kolloide Masse entleert und nach
sorgfältiger Auskratzung durch die Nase drainiert. Auffallend war noch, dass
eine konkomitierende Epilepsie mit dem Eingriff nach und nach sich verlor.
Einen kleinen nussgrossen Tumor am inneren Augenwinkel, der zunächst
nach Lage und Beschwerden für einen Tränensacktumor gehalten wurde,
konnte Gib er t (17) beobachten. Es stellte sich bei der Operation heraus,
dass es sich um eine Mukocele einer isolierten und gegen die Nase abge-
schlossenen Siebbeinzelle handelte. Schluss durch primäre Naht.
Ein Angiosarkom der linken unteren Muschel konnte Hamm (19)
operieren, das schnell gewachsen war, zu Blutungen geführt hatte und nach
der Operation noch einmal rezidivierte.
Li einem Falle sah Connal (8) ein die ganze linke Nase ausfüllendes,
bis in die Choanen reichendes Spindelzellensarkom, das breit vom Septum
ausging. Unter Kokain und Adrenalin wurde mit dem Galvanokauter die
Basis abgetrennt und dann in mehreren Sitzungen die anderen Partien abge-
tragen und wieder mit dem Galvanokauter verschorft. Heilung und Rezidiv-
freiheit noch nach 8 Monaten. Als bemerkenswert wird angeführt, dass bei
der Durchleuchtung die kranke Seite keine stärkere Schatten zeigte als die
gesunde.
Semon (48) gibt einige kurze praktische Ratschläge über die Nach-
behandlung operativer Eingriffe in der Nase, Nachblutungen, Verwachsungen
u. s. w.
Winkler (52) empfiehlt bei hochgradigen Nasenstenosen durch Scheide-
wandverbiegung von einem Hilfsschnitt in der Lippenzahnfleischfalte die
Nasenschleimhaut von hier aus abzulösen und das Septum in Angriff zu
nehmen.
Löwe (28) bespricht wieder die von ihm geübte Methode, sich durch
temporäre Resektion der harten Gaumenplatte Zugang zum Naseninneren zu
verschaffen und rekapituliert die bisher so operierten 18 Fälle (12 eigene).
Krebs (26) betont in seinem Vortrag hauptsächlich, dass es nach
endonasalen Eingriffen in den meisten Fällen unnötig und schädlich sei, gegen
die Gefahr der Nachblutungen Tamponade anzuwenden, und rief damit eine
Diskussion hervor, in welcher die meisten Redner sich doch für Beibehaltung
der Tamponade aussprachen jedenfalls dann, wenn keine klinische Über-
wacliung statthabe.
V
Zimmermann, Verletzungen u. chirorg. Krankheiten des äusseren Ohres etc. 327
Genau nach dem Prinzip des Gystoskops hat Valentin zur Unter-
suchung des Nasenrachenraums, speziell um die Verhältnisse des Tubenostium
zu studieren, ein Salpingoskop anfertigen lassen, das ganz praktisch ist.
Röpke teilt einige kasuistische Beiträge zur Patbologie der Neben-
höhlen mit: drei Fälle, wo durch behinderten Eiterabfluss es zu Yerkäsung
der Siebbeinzellen resp. der Kieferhöhle gekommen war; einen Fall, wo wohl
infolge entzündlicher Verlegung des Ductus nasofront. eine abnorme Druck-
steigening in der Stirnhöhle und dadurch ein Pneumatocele ausgelöst war,
und zwei Fälle von Stimhöhleneiterung, von denen die eine durch eine reti-
.nierte Beyclverkugel bedingt war.
Über Verkäsung der Nebenhöhlenempyeme konnte auch Stieda (47)
in drei Fällen berichten, die mit ausgedehnten cholesteatomatösen Bildungen
einhergingen. Mit einer ausführlichen Epikrise der Fälle verbindet Stieda
eine Besprechung bisher beobachteter anderer Fälle.
Woodward (54) verwirft für die Stimhöhleneiterungen einen intra-
nasalen operativen Eingriff und rät mit Recht als sichersten Weg den von
aussen. Für die anderen Nebenhöhlen empfiehlt er die Operation von der
Nase aus und zwar für die Kieferhöhle die vom unteren Nasengang, für die
Siebbeinzellen die Resektion des vorderen Endes der mittleren Muschel, für
die Eeilbeinhöhle die Resektion der ganzen mittleren Muschel als Zugangs-
operation.
Bei einer seit Jahren und in letzter Zeit hochgradig an Kopfschmerzen
leidenden Frau fand sich — neben einer rechtsseitigen Abducenslähmung —
gelegentlich einer digitalen Untersuchung des Rachendachs eine kariöse und
mit kariösem Material (Sequester, Granulationen) ausgefüllte Aushöhlung der
Keilbeinzellen. Der digitalen Ausräumung folgte noch eine gründliche, mit
einem Trautmannschen Löffel vom Rachen aus nach. Auf diese leichte
Zngänglichkeit vom Rachen aus möchte Richter (43) überhaupt das Haupt-
gewicht seiner Mitteilung legen und die Methode als die leichteste empfehlen.
Die Kopfschmerzen waren nach der Auskratzung sofort verschwunden, kehrten
indes nach zwei Monaten zurück, als sich in der linken Keilbeinhöhle von
neuem ein Sequester gebildet hatte. Nach der Ausräumung auch dieses
Sequesters dauernde Heilung. Ätiologisch gibt Verf. mangels Vorhandenseins
luetischer Zeichen einer akuten Sinusitis nach Angina die Schuld.
Bart ha und Onodi (Ib). Der 37 jährige Mann erlitt vor 4 Monaten
einen Schlag auf die Stime und kommt nun mit einem sichtlich vom linken
Augenwinkel ausgehenden, sich an der Nasenwurzel verbreitenden, rapid
wachsenden Tumor in Behandlung.
Die Operation erwies, dass die Geschwulst von der linken Stirnhöhle
ausging, nach Durchbrach des Septums auch auf das Siebbein und in die
rechte Stirnhöhle fortschreite. Radikale Entfernung alles Krankhaften, —
nach 3 Wochen wird Patient gesund entlassen.
Die histologische Untersuchung der Geschwulst (Prof. 0. Pertik) zeigte
einen typischen Basalzellenkrebs sec. Krompecher.
Do Hing er (Budapest).
Donogäny und Lenärts (8a) Studie fusst auf 80 aus der Literatur
gesammelten Fällen, denen sie noch 7 Fälle eigener Beobachtung beifügen.
Letztere gelangten innerhalb eines 3^/2 jährigen Zeitraumes zur Beob-
achtung. In 5 Fällen nahm der Krebs von der mittleren Muschel seinen
828 Jahresbericlit für Clurargie. 11. Teil.
Ausgang; 6 der stets gesan histologisch erforschten Krebse erwiesen sich als
Krompecher sehe Basalzellenkrebse.
Die Arbeit umfasst eine eingehende Darstellung der Ätiologie, patho-
logischen Anatomie, Symptomatologie und Therapie nach allen Seiten, — ist
demzufolge zu einem kürzeren Referate nicht geeignet.
(Dollinger Budapest).
Die demonstrierte Kranke Makaras (29a) wurde wegen Empyems d»
Stirnhöhle vorhergehend schon des öfteren operiert; doch folgte sJlen Ein-
griffen (Eröffnungen, Drainage, Operation nach Ogston-Luc) binnen weger
Wochen ein Rezidiv. Die Radikal-Operation nach Killian brachte nun
volle Heilung, das kosmetische Resultat ist ausgezeichnet.
Dollinger (Budapest).
Navratil (34a) hatte schon des öfteren versucht, Nasensynechien mittelst
Galvanokaustik, resp. Inzision und nachfolgender Dilatation zu heilen; der
Erfolg war stets nur vorübergehend, die getrennten Teile verwuchsen nach
Monaten von neuem.
Nach all dem ging Navratil bei seinem letzten diesbezüglichen Falle,
einer hereditäx-luetischen Nasensynechie beider Seiten, folgendermassen vor:
Einschnitt in die Synechie; Spaltung des Nasenflügels am Dorsum; exakte
Blutstillung; Exzision des narbigen Abschnittes und Implantation eines vom
Schenkel genommenen Thierschschen Hautlappens daselbst. Von einer
Nasentamponade nahm Navratil wegen hochgradiger Empfindsamkeit der
Patientin Abstand. Die Lappen heilten tadellos an, die Nasenlumina änderten
um nichts ihre Weite und bisher, nach 6 Wochen, hat Patientin keinerlei
Beschwerden. Dollinger (Budapest).
m.
Die Verletzungen und die ehirurgisehen Krankheiten
des Gesichts, der Speicheldrüsen, des Mundes, der Zunge,
des Gaumens, der Gesichtsnerven, der Mandeln, der
Kiefer und der Zähne.
Referent: C. Partscli, Breslau.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
Erkrankungen des Gesichts.
1. BecUre, Le radiodiagnostie de Tacromegalie. La Presse mödicale 1903. Nr. 98.
2. De Corte 8, A., Plastica della guancia e del palato con lembo muscolomucoso linguale.
Clinica moderna, N. del 10. e 17. Giugno 1903.
3. Dal ziel, Sarcomatous tumours of the face. Path. and clin. soc. Glasgow med. joonial
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Partscb, Yerletzangen imd chirurgische Krankheiten der Wange etc. 329
4. Delag^niöre, Da vöritable procMö de Mirault Archives provinciales 1908. Nr. 12.
5. Eckstein, Ein Fall yon mit Hartparaffininjektionen behandelter Hemiatrophia facialis
progressiva. Berliner med. Gesellschaft Berliner klin. Wochenschrift 1903. Nr. 23.
6. Eversbasch, Die Erkrankungen des Auges in ihren Beziehungen zu Erkrankungen
der Nase und deren Nebenhöhlen, sowie zu Erkrankungen des (Gehörorgans. Handbuch
der gesamten Augenheilkunde, herausgegeben yon Saemtsch. Leipzig. Engelmanns
Yerlag 1903.
7. 6 at zweiler. Ein Fall von Erysipelas faciei mit Ausgang in Septikopyämie. Diss.
Manchen 1908.
8. Imhof, Über das traumatische Emphysem des Gesichtes. Diss. München 1903.
9. EOttner, Über die Lymphdrüsen der Wange u. ihre klinische Bedeutung. 32. Chirurg.
Kongresa 1908.
10. Lustgarten, Gase of indigenous Inpus of face and hard palate. Journal of cut diseases
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12. Meyer, £dm.. Ein operierter Fall mit Freilegung des Gesichtsskeletts. Berliner med.
Geeellsebaft Berliner med. Wochenschrift 1903. Nr. 7.
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14. — De la refection de la commissure dans le cheiloplastie par emprunt ä la Idvre
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15. Ombrödanne, L'anestbösie gön^rale dans les Operations pratiquäes sur la face.
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FestschrifL
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18. Panichi, R., Un caso di varto epitelioma cutaneo recidivo ad atto operative, curato
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19. Schi off er, Gesichtsplastik mit Verschiebung der Gesichtsbaut unter temporärer Auf-
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22. Th^venot, Actinomycose de la face. Soc. de möd. Lyon mödical 1903. Nr. 28.
23. Tizier, Ligature de la yeine angulaire dans le cas de phläbite des veines de la face.
Soc. des Sciences m^d. Lyon m^dical 1903. Nr. 33.
24. Voss, Zwei Schläfenabszesse. Zeitschrift für Ohrenheilkunde 1908. Bd. XLIV. Heft 2.
Tixier (23) hat bei einem 25jährigen jungen Menschen, der bei voller
Gesundheit plötzlich von sehr heftigen Schmerzen in der Wange befallen
wurde mid rasch verfiel, nach Entstehen einer beträchtlichen Schv^ellnng, die
sich von der linken Oberlippe bis zum Augenlid ausdehnte in Form eines
Furunkels der Oberlippe, unter Annahme einer Phlebitis der Gesichts- und
Orbitalvenen die Vena angularis unterbunden. Die Catgutligatur schnitt ohne
weiteres durch, weil hier anscheinend schon eine Phlebitis bestand. Es wurde
ausserdem ein Einschnitt in der Mundbucht oberhalb des Eckzahns gemacht
und ein wenig fötiden Eiters entleert. Die Besserung des Allgemeinzustandes
war augenscheinlich; der Eckzahn wurde später noch extrahiert. Die Be-
hauptung des Verfs. , dass er den Kranken von einer Phlebitis des Sinus
gerettet habe, der vielleicht niemals davon betroffen worden wäre, ist nur
beizustimmen. Es ist nach dem Verlauf kaum anzunehmen, dass eine Phle-
bitis bestand, und deshalb auch der Fall nicht beweiskräftig für den Nutzen
einer Unterbindung, um die Fortleitung einer Phlebitis aufzuhalten.
330 Jaliresbericht für Chirorgie. II. TeU.
Ossig (16) hat 66 Schussverletzungen des Kopfes und Rumpfes, die in
10 Jahren im Allerheiligen -Hospital zu Breslau zur Beobachtung kamen,
zusammengestellt. In 55 Fällen handelt es sich um Selbstmordversuche, in
61 Fällen war durch Revolver die Verletzung hervorgerufen. Von den 66
Fällen betrafen 3 den Kopf, (18 perforierend, 12 nicht perforierend), 2 das
Gesicht, 1 den Mund, 22 die Brust, (17 davon perforierend, 5 nicht per-
forierend), 7 den Bauch. Von den 18 Schädelschüssen, also in 26 ^/o der Falle,
hat die Kugel nicht vermocht, die Schädelwand zu durchschlagen. In 6^0
blieb die Kugel im Knochen stecken, in 3^/o zwischen Dura und Knochen,
in 60^ jo drang die Kugel weit in die Tiefe der Schädelhöhle. Bei 21 Schläfen-
schüssen trat 2 mal Erblindung ein. Von 12 operierten Fällen sind 5 genesen
und 7 gestorben. An der Hand der beobachteten Fälle kommt Verf. zu dem
Schluss, dass ein operatives Eingreifen bei Schussverletzungen stets indiziert
sei; dasselbe beschränke sich auf eine Spaltung des Schusskanals bis zum
Gehimeinschuss mit nachfolgender Tamponade. Der Fall von Mundschnss
war ausgezeichnet durch starke Sprengwirkung auf die knöcherne Umgebung
der Mundhöhle und radiäre Versprengung einer Anzahl kleiner Knochensplitter.
Die Beobachtungen über Brust- und Bauchschüsse bedürfen wohl hier keiner
weiteren Berücksichtigung.
Voss (24) sah bei einem 42 Jahre alten Arbeiter SVa Woche nach
einem Sturz auf den Kopf mit Besinnungslosigkeit und Blutung aus dem
linken Ohr einen extraduralen Granulations- und Eiterherd, durch den ein
Ast der Art. meningea media hindurchzog. Trotz Punktion des Schläfen-
lappens wird ein in den Ventrikel bereits durchgebrochener Abszess nicht
gefunden; der Abszess muss durch die Ruptur des Trommelfells hervorgerufen
worden sein.
In einem zweiten Fall wird bei einer Radikaloperation nach Freilegung
des Sinus ein grosser, mit stinkendem Gas gefüllter Abszess im Schläfen-
lappen konstatiert und durch Eröffnung desselben mit Tamponade der Patient
gerettet.
Eversbusch (6) hat für das Gräfe-Sämischsche Handbuch der
Augenheilkunde die Erkrankungen des Auges in ihren Beziehungen zur Er-
krankung der Nase und deren Nebenhöhlen sowie zu Erkrankungen des
Gehörorgans bearbeitet. An dieser Stelle soll nur der erste Teil der Abhand-
lung besprochen werden. In einer eingehenden anatomischen Darstellung,
welche wesentlich den Arbeiten von Zuckerkandl und Hajek folgt, werden
die Beziehungen der knöchernen Umrandungen der in Beixacht kommenden
Höhlen, Stirnhöhle, Keilbeinhöhle, Oberkieferhöhle, Nasenhöhle besprochen,
die für die Verbreitung entzündlicher Vorgänge besonders wichtigen Gefass-
verbindungen erläutert und der nervösen Erscheinungen gedacht, welche die
Erkrankxmgen der Nebenhöhlen zu begleiten pflegen. Eingehender werden
die häufig mit Veränderung der knöchernen Begrenzung verlaufenden krank-
haften Prozesse der Stirnhöhle besprochen, besonders die durch dauernde
oder intermittierende Verlegung des Ductus naso-frontalis bewirkte Ansanun-
lung schleimigen Sekrets in der Stirnhöhle, weil die damit verbundene Aus-
weitung der inneren und oberen Partie des Orbitalrandes eine auflFallige
Verdrängung des Augapfels herbeizuführen pflegt. Die entsprechenden Fälle
von Langenbeck und Herzog Karl in Bayern werden eingehend mi^
teilt. Auf die Bedeutung der Röntgenbilder für die Diagnose dieser Prozesse
wird gebührend hingewiesen. Die Erscheinung des periodisch wiederkehrenden
Parts ch, Yerletzongen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 331
Ezoplitlialinus , welche gerade bei diesen Fällen nicht selten vorkommt, hat
für den Ophthalmologen erhöhtes Interesse. Auch die Durchbrüche der Eiter-
ansammlungen in Stirn- und Siebbeinhöhle erfolgen nicht selten im Bereich
des Auges, gefährden häufig den Bulbus und zwingen zu eingreifenden Opera-
tionen. Auch die Erkrankungen der versteckten Eeilbeinhöhle können das
Auge durch entzündliche Veränderungen in Mitleidenschaft ziehen, besonders
in Form der Neuritis, entstanden durch Druck auf den Nerven durch ent-
zündliche Schwellung der Umgebung. Auch für die Fortleitung entzündlicher
Prozesse von den Nebenhöhlen zum Gehirn hin spielt die Orbita mit ihren
aasgebreiteten venösen Gefassen eine wichtige Rolle. Zum Beweise dafür
werden aus der Literatur eine grössere Anzahl einschlägiger Fälle ausführ-
licher mitgeteilt. Der Geschwulstbildungen in diesen Höhlen und ihrer Be-
ziehung zur Veränderung des Auges wird nur nebenbei gedacht. Die Störungen
des Lidapparats, der Tränenableitung, geschwürige Veränderungen der Cornea,
Entzündungen des Ciliarkörpers, der Gefässhaut des Auges können ebenso
wie phlegmonöse im orbitalen Zellgewebe, Thrombosierung des Venenplexus,
Lähmungen der Augennerven im Verlauf der entzündlichen Erkrankungen der
Nebenhöhlen zur Beobachtung kommen. Auch reflektorisch können nervöse
Beschwerden, Asthenopie von den Nebenhöhlen aus angeregt werden. Ziem
gebührt das Verdienst, zuerst den Zusammenhang aufgedeckt und mit Ent-
schiedenheit vertreten zu haben. Sehr bemerkenswert ist die Tatsache, dass
die Verschlimmerungen der sympathischen Ophthalmie mit mehr oder minder
erheblichen katarrhalischen Erscheinungen der Nase verbunden waren. Auch
die Behandlungsmethoden der Nebenhöhlenerkrankung werden eingehender
berührt, besonders die auch für die Stirnhöhle in neuerer Zeit modifizierten
Operationen. Ein grösserer Abschnitt ist auch der Beziehung der Zähne zu
den mannigfachsten Augenerkrankungen gewidmet, von der Dentitio difificilis
an bis zu den schwereren Entzündungsprozessen, die nach Zerstörung der
Zähne eintreten. Die durch Störungen im Nasenrachenraum hervorgerufenen
Erscheinungen am Auge schli essen die ausserordentlich sorgfältige, die Lite-
ratur eingehend berücksichtigende Arbeit, welche in glücklicher Weise die
mannigfaltig zerstreuten Mitteilungen und Beobachtungen zu einem einheit-
lichen Ganzen zusammenfasst. Ein ausführliches Literaturverzeichnis nach
den Jahren geordnet ist der Arbeit beigefügt.
Küttner (9) weist auf die noch nicht genügend gewürdigten Wangen-
lymphdrüsen hin, die neben der Art. max. externa und der Vena fac. ant.
entweder auf dem Kiefer oder in der Wange selbst auf einer Linie zwischen
Mundwinkel und Ohrläppchen liegen. Zweckmässig werden sie als Glandulae
buccinator. ant. et post. bezeichnet. Sie sind eingeschaltet in Lymphbahnen,
welche zwischen Nase und Lippe, Augen-, Wangen- und Schläfengegend, Zahn-
fortsatz des Oberkiefers, Parotis, Gaumen und Tonsillen und den Drüsen-
stationen verlaufen. In der v. Brunsschen Klinik sind 17 Fälle von Wangen-
dräsenerkrankung beobachtet worden. Sie können spezifisch oder nicht spe-
zifisch verändert sein. Tuberkulose und Karzinom kann sie befallen. Einmal
sah er sie geschwollen bei Krebs des Alveolarfortsatzes. Wange und Aussen-
fläche der Unterkiefer sollen wegen der Gefahr etwaiger Rezidive bei malignen
Tumoren genau auf die Drüsen untersucht werden.
Dalziel (3) stellt zwei Patienten, Mutter und Tochter vor, von denen
die erstere 9 mal, die letztere 2 mal wegen sarkomatöser Geschwülste im Ge-
sicht operiert worden war. Beide Patientinnen befinden sich jetzt, 3 Jahre
332 Jahresbericht fOr Chimrgie. IL Teil.
sach der letzten Operation, gesnnd nnd zeigen keine Spur der Wiederkeb
eines Rezidivs.
Lustgarten (10) demonstrierte ein lOjähriges Mädchen mit Lupus
des Gesichts und harten Gaumens nach 40 Sitzungen mit Röntgenbestrahlung.
Flecken an Hand und anderen Stellen werden mit einer Salbe von 40 Vaseline,
20 Lanolin, 30 Resorzin erfolgreich behandelt. Die erzielte Besserung wurde
Ton Allen als nicht sehr bedeutend angesehen gegenüber einem Ton ihm
behandelten Falle eines Lupus des Gesichts, des Halses und der Ohren, der
vollkommen geheilt wurde trotz sehr langen Bestehens seit der Kindheit
Lustgarten hat 3mal die Woche, in 8^' Entfernung und jedesmal 10 Minuten
exponiert.
Thev^not (22) stellte einen 19 jährigen Landarbeiter vor mit Aktino-
mykose des Gesichts. Er litt schon lange an Zahnkaries, 4 Monate vorher
hatte er heftige Zahnschmerzen und SchweUung. Jetzt konnte eine dide
Schwellung im Masseter bis in die Schläfengegend und in die Gegend des
Zungenbeins konstatiert werden. Die harte Schwellung schien mit dem Knochoi
verwachsen. In den geschwollenen Hautdecken fanden sich einige fluktuierende
Stellen, deren Eröffnung Eiter mit gelben Kömchen entleerte. Es bestand
ausgesprochene Kieferklemme. Die langsame Entwickelung, die starke Harte
liess von vornherein die Diagnose vermuten.
Der von Panichi (18) mitgeteilte Fall betrifft einen 72 jährigen Mann^
der seit 10 Jahren mit einem Epitheliom an der linken Schläfe behaftet
war ; nach ausgeführter Operation rezidivierte die Geschwulst. Verf. wendete
nur eine Arseniksäurelösung an, anfangs in der Proportion von 1 : 150, dann
bis zur Proportion von 1 : 50. In 6 — 7 Monaten trat vollständige Heilung
ein ; das gute Aussehen der Gewebe und die Reinheit der Narbe lassen hoffen,
dass kein Rezidiv mehr stattfinden wird. — Verf. meint auf Grund einer
histologischen Untersuchung lasse sich beurteilen, ob ein Eingriff nach der
Gzerny-Trunececk sehen Methode angezeigt sei oder nicht. Li seinem
Falle hatte die Geschwulst Neigung sich flächenhaft auszudehnen und nach
oben zu zu proliferieren, sie näherte sich dem papillomatösen Typus. Rezidive
finden in Fällen statt, in denen tiefe Zapfen zurückgeblieben sind, die von
Ätzmitteln nicht erreicht wurden. Entgegen der Meinung Gas ton s und
Haurys hält er das Durchdrungensein des Epithelgewebes von Leukocyten-
infiltration nicht für eine unerlässliche Indikation zur Behandlung.
R. Giani.
Peck (17) stellte einen 49jährigen Mann vor, bei dem er 7 Monate
vorher ein ausgedehntes Karzinom der linken Hälfte des Kinns und des Mund-
winkels entfernt hatte. Der Defekt war gedeckt worden durch einen von der
linken Halsseite hergenommenen Lappen. Trotzdem die Innenseite des Lappens
durch Granulation vernarbte, trat noch eine geringe Schrumpfung ein. so
dass der kosmetische Effekt ein ausgezeichneter war. In der Diskussion wird
die Frage aufgeworfen, wie sich wohl die Innenfläche mit Epithel überzogen
habe. Peck beantwortet sie dahin, dass, soweit der Heilungsprozess beob-
achtet werden konnte, die Entwickelung der Schleimhaut rascher vor sich
ging als die des Narbengewebes. Kammerer meint, dass doch häufig die
Kontraktionen das kosmetische Resultat derartiger Operationen beeinträch-
tige ; aber auch das Einschlagen von Lappen mit ihrer Hautseite nach innen
gäbe wegen Schrumpfung nicht immer ein gutes Resultat, selbst wenn man
sekundär Epithel nach Thiersch aufpflanze. Hotchkiss betont, dass man
P arisch, Verletzungen nnd cliimrgiflche Krankheiten der Wange etc. 338
bei derartigen Operationen den Lappen wegen der folgenden Schrumpfungen
immer recht gross bemessen müsse. Führe die einfache Methode Pecks zum
Ziel, so sei sie vorzuziehen.
Morestin (14) hat bei einem 66jährigen Ziegelarbeiter wegen eines
Ton der linken Lippenkommissur ausgehenden, weit in die Wange übergreifen-
den Tumors einen Teil der Oberlippe, die Hälfte der Unterlippe, den grössten
Teil der Hautbedeckung der Wange und der Schleimhaut, die Speicheldrüse
Tind die ihr benachbarten Lymphdrüsen sowie die linke Hälfte des Unter-
kiefers fortnehmen müssen. Da der Pat. sich zu schiecht befand, musste die
Plastik yerschoben werden. Sie wurde ungefähr fünf Wochen nach der ersten
Operation vorgenommen. Die freie Partie der Zunge und die Schleimhaut
des Mundbodens war durch die Vernarbung nach aussen gezogen, aber noch
gut beweglich. Durch die Verschiebung des Kiefers wurde der Rest der
Unterlippe an die Narbe herabgezogen. Zuerst wurde ein rechtwinkliger
Lappen, der mit seinem Stiel an dem Rest der rechten Wange sass, nach
Ablösung der Nase ausgeschnitten, dann die Reste der Lippen abgelöst und
nach links verzogen, die Mundspalte nach rechts erweitert. Durch Ablösung
der Schleimhaut des Mundbodens und Umschlagen zur Fixation mit der Ober-
Uppe wurde die Mundhöhle hergestellt. Die Halshaut und die Haut in der
Gegend der Speicheldrüse Hess sich durch Verziehung zur Deckung des De-
fektes benützen. Bis auf kleine Randgangrän trat die Heilung ohne Schwierig-
keit ein, und auch die anfangs bestehende Kommunikation mit der Mund-
höhle schloss sich nach Kauterisation. Der Pat. hat genügende Mundöffnung,
guten Mundschluss, spricht verständlich. Der Speichel der Parotis fliesst
Bach dem Munde zu ab.
Stocker (21) behandelt ausführlicher das Lippenkarzinom. Nach seiner
Erfahrung spielt ätiologisch die Heredität keine Rolle dabei. Aber sichere
Angaben darüber sind bei dem Umstände, dass an demselben wesentlich die
niedere Landbevölkerung beteiligt ist, schwer zu erzielen. Prädisponierend
erscheint eine gewisse Neigung der ganzen Haut zu papillomatösen Wuche-
rongen, wie sie im Bereich des Gesichts, des Halses und der Stirn häufig
auftreten. Warzen der Lippe gehen öfter bei unzweckmässiger und reizender
Behandlung in das Karzinom über. Das Rauchen scheint eine erhebliche
Bolle zu spielen ; die Fälle von Lippenkarzinom, welche der Verf. bei Frauen
gefunden hat, betrafen alle rauchende Frauen. Auch die Reizung durch
scharfe Zahnkanten oder unregelmässig stehende Zähne wird gelegentlich als
Ursache der Geschwürsbildung angesehen. Dem Alter nach gehörten die
Pat. meist den Klassen über 50 Jahre an. Unter 30 Jahre sah Verf. keinen
Fall. Von 350 Fällen waren nur drei weiblichen Geschlechts. Ebenso ist
die Krankheit fast ausnahmslos an der Unterlippe ausgesprochen. Nur vier
Fälle kamen an der Oberlippe zur Beobachtung. Metastasen sind selten.
Gegenüber den zahlreichen Karzinom fällen hat Verfasser nur zwei Fälle von
Sarkom der Lippe gesehen. Zur Heilung ist die Operation zweifellos das
einzige Mittel, die Kaustika sind zu verwerfen. Man soll bei den Opera-
tionen^ auch bei wiederholten Rezidiven, vor der Operation nicht zurück-
schrecken, man sieht auch dabei oft noch gute Heilungen. Die Entfernung
der submaxillaren Lymphdrüsen ist bei einiger Schwellung derselben zu emp-
fehlen. Über die endgültigen Resultate teilt Verf. nichts mit.
Schi off er (19) gibt zur Deckung von Defekten an der Oberlippe ein
Verfahren an, dessen Grundzug darin besteht, dass die erhaltenen Reste der
334 Jahresbericht fOr Chimrgie. ü. Teil.
Lippe und Wange durch eine temporäre Aufklappung der knorpeligen Nase
in ihrer Verschieblichkeit von der Nase unabhängig gemacht und durch eine
Ablösung von der Vorderfläche des Oberkiefers beweglicher gemacht werden.
Durch Schnitte, welche genau in der Nasenwangenfurche nach dem inneren
Augenwinkel ziehen, werden zunächst die Nasenflügel und dann auch das
Septum nasi abgetrennt. Lässt sich dann die Nase emporklappen ^ werden
die Defektränder von der Vorderfläche der Oberkiefer abgelöst, einander ge-
nähert und durch Naht vereinigt. Um die Nase wieder einzusetzen, werden
in den Lappen Anfrischungsstellen gemacht. Durch diese Methode lassen
sich Defekte der Oberlippe und der angrenzenden Wange bequem decken
und die Meloplastik aus gedoppelten Lappen umgehen.
Sebileau (20) musste bei einem 26 jährigen Mann, der an einer Eite-
rung in der Stirnhöhle, in der Kieferhöhle und im Warzenfortsatz litt, in
einer Sitzung alle drei Höhlen eröffnen. Die Stirnhöhle war sehr gross
und dehnte sich nach aussen bis an den Rand der Orbita aus. Nach oben
hatte sie eine Ausdehnung von 5 cm. Sie enthielt mehrere unvollkommenen
knöcherne Kammern. Trotzdem die Heilung gut von statten ging, hatte Fat.
doch in der Stimgegend über den Augenbrauen ein tiefes Loch, weil die
vordere Wand der Stirnhöhle weggenommen war. Der Kranke wünschte, da
er in dem Zustande keine Stellung zu finden glaubte, einen operativen Ver-
schluss. Sebileau entschloss sich, eine aus 22karätigem Golde bestehende
Platte von ®/iomm Dicke, leicht konvex, 62 mm breit, zum Verschluss der
Höhle einzuheilen. Die Ablösung der Haut machte dadurch Schwierigkeiten,
dass sie ziemlich stark gefasshaltig war. Die dadurch hervorgerufene Blutung
erforderte längere Zeit zum Stillen. Als nun der Knochen blossgelegt war,
passte die Wölbimg der Prothese nicht ganz zu seiner Oberfläche, so dass mit
anderem Material Ersatz geschaffen werden musste. Dann wurden über die
Platte die Weichteile der Haut vernäht, nachdem man sich noch überzeugt
hatte, dass die Höhle breit mit der Nase kommunizierte. Nach der später
vorgenommenen Röntgenaufnahme deckt die Platte die Höhle nicht ganz, aber
die Einheilung ist eine vollkommene. La der Diskussion erwähnt Guenue
einen Fall, in welchem er zur Behandlung einer Pseudarthrose des Oberarms
eine Aluminiumplatte mit Schrauben fixiert hatte. Nach einem Jahre brach
die Narbe auf, und bei der Inzision war die Platte durch Lockerung der
Schrauben bewegUch geworden. Tif fier bestätigt ein gleiches von Befestigung
anderer Knochen mittelst metallener Klammern.
Ombredanne (15) sucht die Schwierigkeit, die allgemeine Narkose bei
Gesichtsoperationen zu ermöglichen, dadurch zu umgehen, dass er ein recht-
winklig abgekrümmtes Rohr, das an eine Platte von weichem Kautschuk be-
festigt ist, zwischen Lippen und Zahnreihe des Patienten führt. Bei durch
Gaze verstopften Nasengängen führt er das Anästhetikum durch einen Schlauch
zu, den er an ein Kaffeekrug ähnliches Gefäss ansetzt, in welchem auf zu-
sammengepresste Schwämme das Narkotikum gegossen wird. Mit einem durch-
löcherten Deckel ist das krugähnliche Gefäss geschlossen. So einfach die
Methode erscheint, leidet sie doch an dem Fehler, dass die Ausatmung in
die mit dem Narkotikum geschwängerte Luft des Kruges erfolgen muss.
De Cortes(2) beschreibt das von Biondi angewendete Verfahren, das
ausgedehnte Substanzverluste der Wangenschleimhaut zu decken und grossen
Kontinuitätstrennungen am Gaumenbogen zu schliessen gestattet. Es besteht
darin, dass man zur Deckung der Substanzverluste einen der Zunge entnom-
Part 8 eh, Verletziingen und chirurgiBche Krankheiten der Wange etc. 335
menen Mnskel-Schleimhantlappen verwendet. Man verfährt wie folgt: Nach-
dem man einen Seidenfaden durch die Zunge hindurchgeführt, zieht man sie
so weit wie möglich aus dem Munde heraus und schneidet auf der Seite, wo
die zu deckende Läsion besteht, das äussere Drittel von ihr ab. Die Blutung
ans der zurückbleibenden Portion stillt man dadurch, dass man, mit fort-
laufenden Schnitt, den äusseren Schleimhautrand mittelst Seidennaht an den
unteren heftet. An der Schnittfläche fuhrt man in der Medianlinie einen un-
gefähr ^/8 cm tiefen Schnitt in den Lappen und entfaltet ihn dann. Den
Stiel mn etwas mehr als V« Kreis drehend, wendet man die kruente Fläche
gegen die zu reparierende Seite und heftet ihre Ränder an die umliegende
Schleimhaut. Nach gut ausgefallener Implantation durchschneidet man den
Stiel, der den Lappen mit der Zunge verbindet. Li Fällen von Plastik am
Kinn verschliesst der Stiel nicht den Zugang zum Schlundkopf und stört
weder die Phonation noch die Deglutition. Bei Plastiken am Gaumen schiebt
man den Lappen auf den betreffenden vorderen Gaumenpfeiler und fixiert
ihn hier mittelst Naht, die man entfernt, wenn nach erfolgtem Anwachsen
des Lappens der Stiel durchschnitten wird. Dieses plastische Verfahren hat
den besten Erfolg, wenn die zu deckenden Substanzverluste nicht sehr aus-
gedehnte sind, wenn nur ein massiger Zug auf den Lappen ausgeübt und die
Unterbindung der Zunge vermieden wird. Es hat folgende Vorzüge: die
Fmiktion des lädierten Teiles wird wieder hergestellt, ohne dass die
Fimktion des Organs, dem der Lappen entnommen wird, eine bedeutende
Beeinträchtigung erfahrt, die Mundhöhle wird mit Gewebe ausgekleidet, das
anatomisch dem zerstörten gleich ist, die kosmetischen Veränderungen werden
anf das geringste Mass reduziert. Das Verfahren wurde zuerst an Schäfer-
hnnden, dann am Leichnam und, mit bestem Resultat, an drei Patienten er-
probt. R. Giani.
Meyer (12) kritisiert die von Löwe empfohlene Freilegung des Ge-
sichtsskeletts in Kombination mit der temporären Oberkieferresektion nach
Part seh. Er glaubt, dass man dasselbe erreichen könne mit einfacheren
Methoden und weist an dem vorgestellten Falle nach, dass Rezidive der
Polypen eingetreten sind, und dass durch die umfangreiche Entfernung der
Nasenwunde die physiologische Aufgabe der Nase, der Erwärmung und Durch-
feachtung der Atmungsluft, nicht erfüllt werden könne. Löwe rechtfertigt
die Methode durch Vorstellung anscheinend glücklich operierter Fälle.
Eckstein (5) hat bei einer 54jährigen Patientin, die in ihrem 10. Jahr
nach 2^hneiterung eine Atrophie der linken Wange bekam, trotz der von
Luzenburger bereits bekannt gegebenen Tatsache, dass das Resultat
durch Schwund des Paraffins sich verschlechtert, eine Injektion von 15 bis
20 ccm Paraffin vom Schmelzpunkt 56 — 58® gemacht. Wegen der Kürze
der Zeit nach der Lijektion waren noch Schwellungen und Ungleichheiten
vorhanden.
Beclere (1) hat die Röntgenstrahlen benützt, um die der äusseren
Betrachtung nicht zugängigen Veränderungen der Knochen des Schädelgrundes
und des Wespenbeins anschaulich zu machen. Indem die Methode imstande
ist, die unregelmässigen Verdickungen des Schädelgrundes, die übermässige
Entwickelung der Stirnhöhle und vor allem die Verbreiterung der Sella tur-
cica nachzuweisen, wird sie eines der wesentlichsten Hilfsmittel, um die Ac-
romegalie fruste, wie sie Chauffard (Acrom6galie f rüste avec macroglossie.
Society medicale des Höpitaux 12. juillet 1895) beschrieben hat, nachzuweisen.
336 JahresberiGht fOr Chirurgie. IL Teil.
Durch Wiedergabe der Aufnahmen einzelner Fälle von Riesen und Akro-
megalen beweist er den Wert der Methode.
Erkrankungen der Gesichtsneryen.
1. Abbe, Robert, Subdural interposition of mbber tissue without remoyal of tbe Gasseriea
ganglion in Operations for tic dooloureux. Annals of surgery. Januaiy 1903.
2. Ballance and Stewart, On the operative treatment of chronic facial palsjofperi-
pheral origin. British medical Journal 1908. May 3.
3. Baroni, 8., La cura chirurgica delle nevralgie del trigemino. Gaszetta degU ospedaK
1903. Nr. 92.
4. Cook, The orbital route for removal of the second branch of the fifth nerre at the
foramen rotundum. Annais of aurgery 1903. June.
5. C US hing, The surgical treatment of facial paralysis by nerve anastomosis. Annals
of surgery 1903. May.
6. D'Este, L., La ricerca e la resezione della seeonda branca del ixigemino nella poiti
pterigo-palatina per la via retroroascellare. II Morgagni 1903. Nr. 6.
7. Faure, La eure chirurgicale de la paralysie faciale. Bull, et Möm. de la Soci^^ de
Chirurgie de Paris. Nr. 28. 1903.
8. H acken br uch. Zur Behandlung der Gesichtslfthmung durch Nervenpfropfung. v.Langeo-
becks Archiv 1903. Bd. 71. Heft 3.
9. Hammond, On the possibility of operative relief of certain forma of facial paralyak
Annais of surgery 1903. May.
10. Hildebrandt, Zur Resektion des 3. Astes des Trigeminus am Foramen ovale. Deutsch«
Zeitschrift für Chirurgie 1903.
11. Körte, Vorstellung eines Falles von Nervenpfropfung des Nervus facialis auf dea
Nervus hypoglossus. Freie chir. Vereinigung. Zentralblatt f. Chirurgie 1903. Nr. 7.
12. Marchetti, 0., Falso nevroma del nervo sotto orbitario. Gomunicazione fatta al
XVI Congresso delF Associaz. ottalmolog. ital. Firenze. Ottobre 1902. Clinica modena
1903. Nr. 19.
13. Poirier, Tic douloureux de la face. R^section du ganglion cervical sup^rienr du graad
sympathique. Am^lioration trds sensible. Bull, et m^ro. de la s oc. de Chir. 1908
Nr. 26.
14. Zimmer, Traitement de la növralgie du tr\jumeau. La Presse m^d. 1903. Nr. 29.
Körte (11) hat bei einer wegen Knocheneiterung im Warzenfortsatz er-
förderlichen Durchtrennung des N. facialis den N. hypoglossns mit dem
distalen Facialisstumpf vereinigt, und die anfangs bestehende totale FaciaUs-
paralyse mit der halbseitigen Zungenatrophie und Parese sechs Monate später
Aseichen sehen. Die dann in die Erscheinung tretende Bewegung des Mund-
wink*3ls und der Augenlider waren mit Bewegungen in der Zunge ver-
bunden.
Hackenbruch (8) sah bei einem 8jährigen Kinde eine im Alter von
drei Monaten plötzlich eingetretene rechtsseitige Facialislähmnng, von der
nicht ganz genau zu entscheiden war, ob es sich wirklich um eine zentrale
Lähmung oder eine periphere Lähmung handle. Jedenfalls war der gesamte
la Cialis gelähmt. Die elektrische Untersuchung ergab, dass alle Muskeln der
rechten Gesichtshälfte direkt wie indirekt mit beiden Stromarten erregbar
waren, und zwar mit Stromstärken, die eher eine Kleinigkeit geringer als an
der gesunden linken Hälfte waren. Hackenbruch entschloss sich, einen
Teil des Nervus accessorius in den Facialis zu pfropfen. Es wurde dicht
hinter dem Ansatz des Ohrläppchens ein 6 cm langer Schnitt am vorderen
Itande des Kopfnickers gemacht, und nach doppelter Unterbindung der Vena
jugutaris der Nervus accessorius am Eintritt in den Muskelbauch freigelegt
Nach Abhebung der Parotis wurde der Stamm des Nervus facialis frei prä-
P arisch, Yerleizungaa und chirurgische KraokheiieD der Wange etc. 337
pariert. Seine Beiühnmg löst Zuckungen in der rechten Gesichtshälfte ans.
Der Stamm des Facialis warde dorchgeschlitzt. Der Stamm des Accessorius
Yom Mnskelbauch aufwärts mit einem feinen Messer so durchstochen, dass
Vb des Stammes auf das Messerchen zu liegen kamen. Vorsichtig schneidend
wurde nach dem Kieferwinkel zu das Messerchen geführt und der obere
dickere Teil des gespaltenen Accessoriusstammes dicht an der Eintrittsstelle
in den Eop&icker abgeschnitten. Der dickere obere Teil wurde unter dem
Digastricus hergeschoben und in den geschlitzten Facialisstamm eingestopft
und mit zwei sehr feinen Seidenföden der Stamm an den Facialis befestigt.
Die Pfropfung wurde der einfachen Naht vorgezogen, weil damit keine Zerrung
gegeben war und eine grössere Garantie für das Zusammenwachsen der neu-
flproisenden Primitivfasem. Die Heilung war in acht Tagen eingetreten,
schon nach Ablauf eines Monates stellte sich Empfindung in der rechten
Gesichtshälfte ein und der Mund begann besser zu stehen. Nach neun Monaten
konnte der rechte Mundwinkel nach aussen gezogen werden, wobei gleichzeitig
die rechte Schulter und der rechte Eopfnicker sich anzieht. Die faradische
Erregbarkeit des rechten Kop&ickers war herabgegangen, die des Trapezius
im unteren Drittel verloren gegangen. Die ursprünglich vorhandene Zusammen-
ziehung des Trapezius bei Verziehen des Mundwinkels ist allmählich durch
Übung zurückgedrängt worden. Hackenbruch regt den Gedanken an, auch
bei der spinalen Kinderlähmung eine Nervenpfropfung zu versuchen. Er hat
sie auch in einem Falle bereits ausgeführt.
Faure (7) kommt auf den schon früher von ihm gemachten Vorschlag
zurück, die Lähmung des Gesichtsnerven durch Vereinigung desselben mit
einem Spinalnerven zu behandeln. Dieser Gedanke ist von anderer Seite auf-
genommen mid verwirklicht worden. Kennedy durchtrennte bei einem
Kranken, der seit 10 Jahren am Tic convulsiv litt, den Facialis und ver-
einigte ihn mit dem Spinalnerven. Die der Operation folgende Lähmung
glich sich allmählich aus und vollständige Heilung trat ein. 1901 machte
Morestin %ine Anastomose bei einer durch Schädelbasisfraktur hervorge-
mfenen Lähmung, die ebenfalls zur Heilung führte. Faure führte 1902 eine
zweite Operation aus und Gushing veröffentlichte eine ebensolche mit sehr
gutem Erfolge. Später sind von Hackenbruch und Körte ähnliche Fälle
publiziert worden. Von letzterem eine Anastomose des Facialis mit dem
Hypoglossus. Kürzlich hat Ball an ce sieben neue Beobachtungen veröffent-
licht, darunter eine aus dem Jahre 1895, welche wohl die erste derartige
Operation gewesen sein mag. Die technischen Einzelheiten sind in der These
von Br6avoine mitgeteilt. Zur Anastomose mit dem Facialis empfiehlt sich
der zum Cucularis gehende Zweig des Accessorius. Die Anastomose kann
auf verschiedene Weise hergestellt werden, Faure empfiehlt den Stamm des
durchschnitten Facialis mit den seitlich angefrischten intakt gelassenen Spinal-
nerven zu vereinigen oder auch die Anastomose mit dem Hypoglossus zu
machen, doch ist die Durchschneidung des Hypoglossus mit der folgenden
Zangenlähmung nicht frei von Bedenken. Die mehr seitliche Implantation
würde vorzuziehen sein. Im allgemeinen hat die spinofaziale Anastomose
unerwartete Erfolge ergeben. Von 14 bekannt gewordenen Beobachtungen
müssen zwei als zu kurz ausgeschaltet werden, weil die nervöse Regeneration
mehrere Monate zu ihrer Vollziehung braucht. Von 12 Fällen ist bei keinem
ein Misserfolg eingetreten. Alle lassen erkennen, dass eine Regeneration der
Facialisfasem eingetreten sein muss, wenn auch diese Regeneration nicht
JalirMberieht fOr Chinurgia 1903. 22
338 Jahreabericbt für Ghirargte. II. Teil
immer eine vollkommene bleibt. Deutlich tritt hervor, dass die Dauer der
Lähmung dabei eine erhebliche Rolle spielt» und die besten Operationsresul-
tate wurden dort erzielt, wo die Operation sehr bald innerhalb zwei Monaten
vorgenommen wurde. Aber auch selbst Fälle von 8 jähriger Dauer lassen
noch eine Hofihung auf Besserung erwarten. Die vorher fast ganz verlorene
elektrische Reaktion kehrt wieder, aber die Wiederherstellung der Muskd-
kraft geht damit nicht immer Hand in Hand. In einer kleinen Zahl der
Fälle bleibt der durch die Lähmung veranlasste Gesichtsausdruck bestehen,
in anderen verschwand das Ektropion des unteren Augenlides. Von den
Mitbewegungen kann ein Verschwinden nicht immer konstatiert werden,
wenigstens was die Erhebung der Schulter anlangt. Aber auch bei anderen
Mitbewegungen ist nicht immer ein Verschwinden bemerkbar, wenn auch eine
auffällige Adaption zustande kommt, so dass man eine Art Vertretung der
vertebralen Zellen annehmen muss. Deshalb vertritt Balance die Auffassung,
dass wegen der nahen Nachbarschaft der Kerne des Hypoglossus und Facialis
eine Anastomose zwischen diesen beiden Nerven vorzuziehen sei. Faure
ist aber davon nicht vollkommen überzeugt. Er will nur die Aufmerksamkeit
auf ein solches operatives Verfahren richten, welches bei Gefahrlosigkeit einen
bestimmten Erfolg herbeizuführen vermag. Die Beschreibung der bislang
bekannten 14 Beobachtungen mit tabellarischer Übersicht schliesst die Mit-
teilung.
Cushing (5) berichtet über einen erfolgreich operierten Fall von Nerven-
pfropfung. Ein SOjähriger junger Mann war mit einem Revolver hinter dem
rechten Ohr geschossen worden und bot sofort nach der Verletzung die Er-
scheinungen vollständiger Facialislähmung. Die Kugel, die in dem Knochen
steckte, konnte bald entfernt werden; sie hatte von hinten nach vom die
vordere Partie des Warzenfortsatzes durchdrungen und den unteren Teil d^
Fallopischen Kanals zerstört und ein Stück des Felsenbeins zertrünmiert. Der
Facialis hatte eine nicht mehr gut zu machende Verletzung zwischen dem
Ganglion geniculatum und dem Foramen stylomastoideum erfaBren. Auch
der Geschmack hatte rechterseits gelitten über den vorderen '/s der Zunge.
Die motorische Lähmung des Gesichts war vollständig, das Bell sehe Zeichen
der Aufwärtsrollung des Auges beim Schluss der Lider ausgesprochen. Sechs
Wochen nach der Verletzung, nach Abheilung der Schusswunde, wurde in
Narkose ein Schnitt am vorderen Rande des Kopfnickers gemacht. Der
Nervus accessorius wurde an seinem Eintritt in die Hinterfläche des Muskels
freigelegt, ungefähr öcm lang hinter dem Warzenfortsatz. Es war nur ein
Stamm des Nerven vorhanden. Dann wurde der Nervus facialis freigelegt
Durch Einschnitt des hinteren Randes der Parotis wurde der Nerv frei-
gelegt bis zu der Verletzung, die er erfahren. Eine sehr feine Seidennaht
wurde durch die Nervenscheide an der SteUe, wo er durchtrennt werden
sollte, durchgezogen; der Accessorius wurde dicht an seinem Eintritt in den
Muskel abgetrennt. Beide Nerven wurden dann mit etwas von dem um-
gebenden Gewebe über dem hinteren Bauch des Biventer herübergeschlagen
und durch drei feine Nähte vereinigt, und zwar End zu End, ohne Spannung.
Der Einschnitt in die Parotis wurde wieder mit feinen Nähten vereinigt, die
Blutung sorgfältig gestillt. Schon am zweiten Tage nach der Operation wollte
Pat. die Zunahme der Kraft beim Augenlidschluss bemerken. Die Störung
der Tränenabsonderung hörte auf und ebenso der Verlust des Speichels. Am
10. Tage konnte der Pat. bereits nach Hause gehen mit der Anweisung sich
Parts ch, Verletzungen und chimrgische Krankheiten der WaDge etc. 339
täglich vor dem Spiegel zn elektrisieren. Verschiedene Bilder, die der Arbeit
beigefügt sind, geben den Beweis für den zunehmenden Fortschritt. Die
Asymmetrie des Gesichtes besserte sich. Allmählich trat die Bewegmig der
Schulter bei dem Augenschluss ein. Eine Übersicht über die bisher ver-
öffentlichten Fälle schliesst die interessante Arbeit, in der hauptsächlich auch
die Frage erwogen wird, wie man sich wohl die Wiederherstellung der Be-
weglichkeit zu denken habe.
Bailance und Stewart (2) teilen eine Reihe von sieben Fällen mit,
in welchen bei Facialislähmung, wenn die Muskelfasern noch lebten, der Stumpf
des Nervus facialis nach Durchschneidung am Foramen stylo-mastoideum
in den Stamm des Accessorius eingeheilt wurde. In einem Falle wurde der
Accessorius halb durchgeschnitten und in die so gebildete Nische der Facialis
durch feine Seidennähte fixiert. Andere haben den Nerven Ende zu Ende
vereinigt, andere wieder seitlich angesetzt. Basago-Giarella hat bei
Hnnden experimentell nach der Anastomose festgesteUt, dass nach 47« Monaten
die ersten Bewegungen begannen und nach 6 — 8 Monaten vollkommen waren.
Unter den Fällen der von Ballance operierten kehrte in sechs Fällen die
willkürliche Bewegung in den gelähmten Muskehi wieder, nachdem der Nerv
vorher in einer von 5 Monaten bis zu 3 Jahren wechsehiden Zeit gelähmt
war. In einem Fall trat erst nach 9 Monaten das erste Zeichen der Regene-
ration auf. Unmittelbar nach der Operation pflegt zuerst die Lähmung des
Kopfnickers und des oberen Teiles des Trapezius einzutreten, wenn die ge-
lähmten Muskeln bereits kontrahiert waren, werden sie schlaff und schlaffe
Muskeln nehmen noch an Schlaffheit zu, gleichsam, als ob durch die voll-
ständige Durchtrennung des Nerven ein tonischer Einfluss vom Gehirn aus
miterbrochen würde. Die motorische Kraft steUt sich in den Muskeln eher
ein als die faradische Erregbarkeit. Ebenso kommt der Muskeltonus eher
wieder, so dass die Gesichtsasymmetrie ebenfalls schon eher abnimmt , ehe
noch die elektrische Erregbarkeit vorhanden. Zunächst sind die Bewegungen
in Gesicht und Schulter immer kombiniert und erst eine allmähliche Erziehung
der Hirnrinde schafft die unabhängige Bewegung. Die Nähe des Gesichts-
und Schulterzentrums scheint dabei günstig einzuwirken. Deshalb ist auch
der Hypoglossus für die Anastomose geeignet, da das Zungenzentrum und
das Fascialiszentrum noch näher beieinander liegen. Aus den Fällen geht
hervor, dass die periphere Facialislähmung durch die Anastomose mit dem
Accessorius heilbar ist. Es dürfte aber die Hypoglossusanastomose vorzuziehen
sein. Die Operation ist desto erfolgreicher, je früher sie vorgenommen wird.
Man kann die Facialisparalyse operativ behandeln, wenn 6 Monate ohne
Zeichen der Besserung verstrichen sind. Die Fälle von traumatischer Lähmung
sind günstiger, wie die durch infektiöse Entzündung entstandenen.
Marchetti (12) beschreibt einen (wegen des Volumens der Geschwulst
seltenen) Fall von an der Peripherie des N. suborbitalis entstandenen Fibrom,
welches Fibrom die Augenhöhle invadiert und verändert und das Auge heraus-
gedrängt, und Evolutions- und Degenerationsformen des Bindegewebes er-
fahren hatte. Die Geschwulst, die, als Patient 5 Jahre alt war, am Wimper-
rande des unteren Lides des rechten Auges unter der Form eines kleinen
Knotens ihren Anfang genommen hatte, war allmählich bis zu einer Länge
von 18 cm und einem Maximalumfang von 38 cm angewachsen. Beim Ope-
rationsakt erwies sie sich als aus zwei deutlich voneinander differenzierten
Portionen bestehend. Die eine Portion, die zum Teile in der Augenhöhle sass,
22*
340 Jahresbericht für Ghimrgie. II. Teil.
war etwas mebr als fanstgross, von ovoidaler Form, deutlich tungrenzt und
von glatter Oberfläche. An ihrer vorderen Seite lag das stark veränderte
Auge, an der hinteren breiteten sich die in Aussehen und Grösse normalen
und mit der Geschwulst innig verwachsenen Zweige des N. suborbitalis aus.
Dieser Portion haftete seitlich und unten die zweite an, die Fötuskopfgrösse
erreicht hatte und aus durch Elephantiasis veränderter Haut bestand. Aaf
der Schnittfläche zeigte die obere Portion kleine Höhlungen, die von einem
fibrös aussehenden, hier und dort Knorpel- und Knochenzonen aufweisenden
Gewebe umgeben waren ; einige dieser Höhlen enthielten eine weissliche, andere
eine gelbliche, noch andere eine braunrote Flüssigkeit. Diese ausgedehnte
Portion war von einer Art Kapsel umhüllt, die an den verschiedenen Stellen
mehr oder weniger dick, jedoch hinten dicker als vom war und auf welcher
sich die Nervenfasern verloren. In Anbetracht der Beziehungen der Geschwulst
mit der Orbita, des Schwundes des Ganalis suborbitalis, der von der unteren
Orbitalwand aufgewiesenen Umbildung, der elephantiastischen Veränderung
Haut im Gebiete des N. suborbitalis, und auf Grund der mikroskopischen
Untersuchung, der Anamnese und des klinischen Verlaufes wurde die Diagnose
auf Neuroma spurium des N. suborbitalis gestellt, und zwar sprach die
besondere Anordnung des Nerven auf der Geschwulst für ein peripheres
Neurom.
Der Fall ist selten wegen des von der Geschwulst erreichten Volumens,
neu hinsichtlich des Sitzes der Geschwulst. R. Giani.
Robert Abbe (1) hat den Gedanken gehabt, die Schwierigkeiten, welche
der technischen Ausführung der Entfernung des Ganglions Gasseri entgegen-
stehen, dadurch zu umgehen, dass er die vollständige Fortnahme des Ganglions
dadurch ersparte, dass er die eventuelle Verwachsung der durchschnittenen
Nervenäste mit dem Ganglion unmöglich machte durch Zwischenlagemng eines
Stückes Guttapercha, welche er einheilte zwischen die aus dem Ganglion aus-
gerissenen Nervenäste und das in seiner Lage belassene Ganglion. Er ver-
meidet damit die mit der Exstirpation verbundene Blutung und ausserdem
die Gefahr der Himquetschung, wie sie gerade bei der Entfernung des Gan-
glions oft eintritt. Oft hat die Blutung zur Unterbrechung der Operation
genötigt und die radikale Fortnahme des Ganglion vereitelt Abbe hat die
Idee zum erstenmale praktisch ausgeführt bei einem 46jährigen Manne, bei
dem er wegen 3 Jahre lang bestehenden Gesichtsschmerz die Nervenwurzeln
nach Hartley freilegte, die Operation aber dreimal wegen Blutung untere
brechen musste. Es war ihm trotz wiederholten Versuches unmöglich, das
Ganglion frei zu legen; er musste sich entschliessen , nach Ausdrehen der
Nervenwurzeln, die Blutung durch Einlegen eines Guttaperchastückes zu stillen.
Es heilte trotz der Tamponade ein und der Patient verliess nach 3 Wochen
geheilt das Hospital. Bei einem anderen Versuch, die Einheilung zu bewirken,
misslang die Absicht und 3 Wochen nach der Freilegung eines Schädeldefektes
und Deckung desselben durch Guttapercha stiess sich ein Stück in Krümeln
aus. Der Autor hat in fünf Fällen bei Neuralgie die Interposition gemacht,
und in allen Fällen Heilung erzielt. Ein Fall liegt bereits 6 Jahre zurük, ein
anderer ist 5 Jahre geheilt, ein dritter 27» Jahre und ein vierter V* Jahr,
der fünfte 6 Monate, Abbe rühmt der Methode nach, dass sie leicht, sicher,
einfach ist, dass ferner die Resektion der Nerven vor dem Ganglion ausreicht
und die Einlagerung von Guttapercha eine Wiedervereinigung der Nerven-
wurzeln verhindert.
P arisch, Yerletznngeii und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 341
Zimmern (14) gibt einen kurzen Überblick über die Behandlung der
TrigemJnusneuralgie und empfiehlt für ihre Behandlung als besonders wirksam
Wärme in Form Yon heissen Kompressen, während er in der elektrischen Be-
handlung nur ein Palliativmittel sieht. Bergonnier hat 1898 zur Verwen-
dung derselben eine Elektrode von sehr grosser Oberfläche und Strömen von
hoher Intensität empfohlen. Zimmern ist dagegen zu schwächeren Strömen
ziurückgegangen, aber hat sie längere Zeit verwendet. Es müssen tägliche
Sitzungen gemacht werden und vor einem Monat ist kaum auf eine Besse-
nmg zu rechnen. Es sind deshalb für die chirurgische Behandlung nur die
schweren Fälle zu reservieren.
Baroni (3) berichtet über zwei Fälle, in einem derselben handelte es
sich um eine Neuralgie des rechten unteren Zahnnerven, im anderen um
Neuralgie des linken N. auriculo-temporalis. Beide behandelte er mittelst
der Nenroextraktion nach Dur ante und erhielt brillante Resultate. Er
empfiehlt bei Neuralgien des Trigeminus diese Methode zu versuchen, ehe
man zu viel schwereren, wie endokranielle Extraktion des Ganglion Gasseri
n. a. greift. R. Giani.
Hammond (9) sah bei einer 46jährigen Frau, die in ihrem 13. Lebens-
jahr eine Mastoidealaffektion durchgemacht und die zwei Jahre vorher wieder
eine Verschlimmerung erfahren, eine 3. Attacke auftreten, die mit heftiger
Schwellung, Schmerzen und Druckempfindlichkeit, Schwindel und ausgesprochen
meningealen Symptomen verbunden war. Diesmal trat eine FaciaHslähmung
ein, die aber nach 10 Tagen bei Rückgang der Erscheinungen fast verschwand.
Da sich später noch eine solche Attacke einstellte, die deutlich mit Ohr-
erscheinungen verbunden war, wurde das Antrum eröffnet und in ihm ein
nicht oi^anisiertes Blutgerinnsel gefunden, welches die Höhle ausfüllte. Der
Sinus erwies sich frei von Thrombose. Nach Ausräumung des kariösen Herdes,
wobei natürlich der Nerv geschont werden musste, war die Facialislähmung
ganz verschwunden. Patient konnte nach 15 Tagen die Anstalt verlassen.
Die eitrige Enochenentzündung hatte die Lähmung hervorgerufen, wahrschein-
Uch durch leicht entzündliches Exsudat in den Nerven.
Cook (4) empfiehlt für die Behandlung der Gesichtsneuralgie die Ent-
fernung des 2. Astes des Trigeminus nach Storrs Methode. (Dr. Melanch-
thon Storr aus Härtford, Connecticut). Storr hat 10 — 12 Patienten nach
seiner Methode operiert; keiner starb an der Operation; zwei Patienten sind
über 10 Jahre frei geblieben von den Beschwerden; einer verlor das Augen-
licht, aber angeblich nicht infolge der Operation. Einige sollen später wieder
Schmerzen bekommen haben, teilweise aber in anderen Nervengebieten. Da
Storr bereits gestorben, teilt Cook die Methode mit. Bei zweckmässiger
Lagerung des Patienten wird am unteren Augenhöhlenrande ein Schnitt ge-
macht, vom inneren bis äusseren Augenwinkel. Dann wird stumpf das Periost
des Bodens der Augenhöhle bis zur Sphenomaxillarspalte abgehoben. Ein
löffelformiger Haken zieht den Bulbus bei Seite, bis ein bläulicher Fleck, der
Infraorbitalis, von einer dünnen Enochenplatte bedeckt erscheint. Mit
Meissel wird das deckende Knochenblatt weggenommen, der Nerv angehackt
und vorgezogen. Die Blutung aus der begleitenden Arterie bedarf keiner be-
sonderen Beachtung. Um den Nerv wird eine Seidenligatur geschlungen, der
Nerv angezogen und durchschnitten, nachdem es gelungen, mit geeigneten Zangen
den Knochen bis zur Sphenomaxillarspalte weg zu nehmen. Sie lässt sich
auch stumpf erweitem; aber höchstens könnte die dünne Decke des An-
342 Jahresbericht ffir Chirurgie. IL Teil
tnims einbrechen, was besonderen Nachteil nicht hervorrufen würde. Hat man
den Nerven bis zum Foramen rotundum dnrch bei Seiteschieben der Weich-
teile frei, wird über die angeschlungene Seidenligatur eine Drahtschnnr ge-
schoben und mit der kalten Schlinge der Nerven von seinem Anstritt ab-
getrennt. Um endgiltig eine Verwachsung des peripheren Nervenendes mit
dem Stumpf unmöglich zu machen, wird dieser aus dem Kanal von vom her-
ausgezogen und mit einer Nadel nach der Schleimhaut des Mundes durch-
gezogen und hier abgeschnitten. Ein kleines Drain wird von der Wunde bis
zum Foramen gelegt, die Wunde genäht, das Drain nach 24 Stunden entfernt.
Die Operation ist sicher, leicht und erleichtert sofort. Die Narbe ist nicht
störend.
Nach Besprechung der verschiedenen zur Resektion des zweiten Trige-
minusastes angegebenen Verfahren verbreitet D^Este (6) sich über die topo-
graphische Anatomie der Fossa zygomatica und besonders der Fossa pterjgo-
palatina, alle Einzelheiten beschreibend, die er bei Untersuchung von 600
Schädeln auffand. Hierauf beschreibt er ausführlich das Lücke sehe Re-
sektionsverfahren mit den von Lossen und Braun ersonnenen Varianten
und den von Segona aufgestellten Normen. — Er kommt dann zu folgenden
Schlüssen :
1. Unter normalen Verhältnissen besteht, mit oder nicht mit der Cr ista
infratemporalis des Keilbeins vereinigt, ein mehr oder weniger grosser
Höcker an der chirurgischen Portion der Fissura pterygo-palatina.
2. Die Entwickelung dieses Höckers ist an die der Muskeln gebunden,
die sich an ihm inserieren (M. pterygoideus externus u. s. w.).
3. Dieser Höcker steht in wesentlichen Beziehungen mit dem N. supra-
maxillaris und ist ein hochwichtiger Stützpunkt bei dem Bruns-Lossen-
Braun sehen Verfahren.
4. Das Aufsuchen und die Resektion des N. supra-maxillaris in
der Fossa-pterygo-palatina wird beherrscht vom Volumen des genannten Höckers,
von der Fissura pterygo-palatina und der malaren Portion der Fissur a
orbitalis inferior.
5. Die Arteria maxillaris interna und ihr suborbitaler Ast stehen in
inniger Beziehung mit dem genannten Nerven.
6. Manchmal ist eine Verletzung der Arteria suborbitalis unvermeidlich.
7. Das Aufsuchen und die Resektion des N. supramaxillaris in der
Fossa pterygo-palatina ist immer möglich, und der sicherste Weg dazu ist
d*^r ret romaxilläre. R. Giani.
11 ildebrandt (10) hat, um bei seiner Resektion des 3. Astes des Trige-
minus den Augenfacialis zu schonen und doch freien Raum zur Schädelbasis
zu bekommen, einen Schnitt am oberen Rand des Jochbogens entlang geführt
und nun vor dem Ohr einen senkrechten 2 cm nach oben und 2 cm nach
unten reichenden angesetzt, und am vorderen Ende des Schnittes einen Schräg-
schnitt 2 cm lang nach hinten gemacht, welcher die Richtung der Fasern des
Facialis hat. Mit diesem Schnitt lässt sich eine Lappenbildung bis zur Bifnr-
kation des zu durchsägenden Jochbogens nach unten ausführen und anderer-
Beits der Muse, temporalis nach oben und vorn ziehen. Er hat nach dieser
Methode einen Fall operiert und mit demselben ein sehr gutes kosmetisches
Resultat erzielt.
P Girier (13) stellt einen Kranken vor, der ihm wegen Neuralgie zur
Resektion des Ganglion Gasseri zugeschickt worden war. Er hat aber bei
r
Parts ch, Yerletsungen und chirargisohe EraDkheiten der Wange etc. 343
ihm das obere Halsganglion entfernt und kann über eine grosse Besserung
6 Monate nach der Operation berichten. Ein 53 jähriger Mann litt seit
7 Jahren an Neuralgie ohne hereditäre Belastung und ohne Erkrankungen,
die for den Ausbruch derselben Bedeutung haben könnten. Nur hat er im
Alter von 5 Jahren durch Hufschlag eine Verletzung des rechten oberen
Orbitalrandes mit folgender Nekrose erlitten. Später litt er noch an doppel-
seitiger Ischias. Seit 7 Jahren klagt er über Gesichtsschmerz, der anfangs
heftig in der rechten oberen Zahnreihe war, später aber die ganze Gesichts-
hälfte einnahm. Trotz Extraktion sämtlicher Zähne, trotz innerer Behand-
lung blieben die Schmerzen während 3 Monaten sehr heftig. Dann trat eine
3 Jahr lange Pause ein, nach der die Schmerzen wieder heftig begannen.
Sie werden als heftig brennend, reissend, wie elektrische Funken geschildert.
Wahrend der Anfälle ist die Haut ausserordentlich sensibel, die geringste Be-
rührang, Kauen und Sprechen löst die Anfälle aus. Es wird von Poirier
mit. einem Schnitt am hinteren Rande des Kopfnickers hinter dem Nervus
Tagus das obere Halsganglion aufgesucht und ausgeschnitten. Die Operation
dauerte 17 Minuten. Es trat Herabfallen des rechten Augenlides, Verände-
rung der rechten Pupille, Tränen des rechten Auges und leichter Schweiss in
der rechten Gesichtshälfte auf. Hie und da kamen noch Schmerzattacken vor,
aber der Kranke konnte ohne Schmerzen essen, sprechen und trinken. Die
Besserung in dem Befinden hat auch nach der Heilung angehalten und ein
halbes Jahr nach der Operation fühlte sich Patient ganz schmerzfrei und ge-
sund. Delbe kam in der Diskussion auf einen Fall zurück, bei dem er drei
Jahre früher dieselbe Operation gemacht hatte. Auch da war längere Zeit
nach der Operation eine erhebliche Besserung zu konstatieren, aber mehrere
Monate später traten die Schmerzen in alter Heftigkeit wieder auf.
Angeborene Missbildungen.
1. Adenot, Hypertrophie diffuse des maxillaires. Soc. des sciences m^dioales. Lyon
m^dical 1908. Nr. 6.
2. Childe, Note on the Operation for cleft palate. British med. jonm. 1903. Jaly 4.
3. Haymann, Amniogene and erbliche Hasenscharten. Archiv f. klin. Chirurgie. Bd. 70.
Heft 4. 1903.
4. Tan der Hoeven, L., Demonetratie van Staphylorrhaphie. Ned. Vereen. voor Paed,
Ned. Tijdschr. v. Geneesk. I. p. 960.
5 *Loewy, 1891—1901 behandelte FftUe von Hasenscharte. Breslau 1903. Diss.
6. Maclennan, Congenital fissores of the nose. British med. Journal 1908.
7. *Marray, The age for operating in cleft palate. British med. Journal 1908. Aug. 29.
8. Owen, Cleft palate and hare-lip: the earlier Operation on the palate. The Lancet 1908.
Bee. 19.
V. d. Hoeven (4) demonstriert ein einjähriges Kind mit Hasenscharte
und Gaumenspalte. Die Hasenscharte wurde einige Tage nach der Geburt
operiert, die Staphylorrhaphie wurde in drei Zeiten ausgeführt nach der
Methode von Wolff, als das Kind 10 V> Monate alt war.
In einer ersten Sitzung wurde der linke, vier Tage später in einer
zweiten Sitzung der rechte Schleimhautperiostlappen abgelöst, nachher wurden
die abgelösten Lappen wund gemacht und mit v. Langenbeckschem Nadel-
halter vereinigt. Die Operationen fanden ohne Narkose statt. Heilung per
primam. Goedhuis.
344 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil
Childe (2) empfiehlt für die Operation des gespaltenen Gaumens die
Rosesche Lage bei herabhängendem Kopf, indem er nach seinen Erfah-
rungen den Vorwurf, dass sie die Blutung vermehrt, nicht beistimmen kann.
Sie erleichtert die Abhebung der Lappen, ihre Anfrischung und ihre NahL
Er naht von hinten nach vom. Die Nadel muss klein, halbrund und sehr
scharf sein.
Adenot (1) stellt ein 10 jähriges Mädchen yor mit einer seltenen Diffor-
mität des Oberkiefers, der Nasenknochen und des Unterkiefers. Das Kind
ist geistig gut entwickelt, Hände und Füsse sind normal, Akromegalie ist
nicht vorhanden. Es handelt sich um einen Fall diffuser Hypertrophie der
Kiefer, die auch als Leontiasis ossea bezeichnet wird.
Maclennan (6) berichtet über eine mediane Spaltbildung der Nase und
der Oberlippe. Bei einem sieben Monat alten Kinde sah Maclennan eine
mit normaler Haut überzogene Protuberanz der Nase, welche in ihrer Mitte
einen kleinen mit Haaren überkleideten Höcker trug, während der übrige
Tumor normale Haut trug. Das Linere der Nase war normal entwickelt und
zeigte nur eine leichte Verdickung des Septums an der Stelle der äusseren
Geschwulst. Die Oberlippe zeigt zwar keine Einkerbung, aber eine Ver-
dünnung der Haut. Gaumen und Mund waren normal. Maclennan führt
die Störung auf eine Behinderung des Wachstums des Süm-Nasenfortsalzes
zurück, während die lateralen Oberkieferfortsätze kompensatorisch gewachst
sein müssen, um sich rechtzeitig in der Mittellinie vereinigen zu können. Die
Geschwulst ist nicht als ein Neoplasma zu bezeichnen, sondern höchstens als
ein Teratom, da die Haut vollkonmien normal gebaut erschien. Maclennan
führt noch einige ähnliche Fälle aus der Literatur an, z. B. v. Trend elen-
burg, Paisley, Browne, Kose, Pitt, Nasse, Lezer, Bland-Sutton
und Kredel. Damach ist die gewöhnliche Difformität der Oberlippe hervor-
gerufen durch ein ungleichmässiges Wachstum eines oder beider Oberkiefer-
fortsätze. Ungleichmässiges Wachstum des medianen Fortsatzes führt zn
Difformitäten, wie sie der Paisleysche Fall aufweist. Beschränkt sich der
Defekt auf die interglobuläre Zone, so kommt die wahre mediane Spalte zu-
stande. Wachstum in falscher Richtung führt zu Difformitäten, wie im vor-
liegenden Falle. Defekte am lateralen Nasenfortsatze sind selten und haben
Missbildungen an Auge und Nase zur Folge. Durch Bildung zweier Lappen
aus der Hautdecke wurde die Fettmasse der Geschvndst entfernt und gleich-
zeitig durch Ablösung der Nasenflügel und Anfrischung der mittleren Partie
der Oberlippe auch die mediane Difformität beseitigt. Nachgeben der Nähte
der Oberlippe störte die Heilung und machte eine Nachoperation nach sechs
Monaten notwendig.
Haymann (3) hat versucht die embryologischen und mechanischen
Vorbedingungen amniogener Gesichtsspalten darzulegen. Nach His ver-
wachsen bei Bildung des primitiven Gaumens zuerst der Oberkieferfortsatz
und der Processus globularis des mittleren Stimfortsatzes. Der seitliche
Stimfortsatz bleibt vom mittleren anfangs noch getrennt und legt sich erst
nachträglich mit seiner unteren Kante dem Nasenloch an. Mit etwa fonf
Wochen it^t die primäre Gaumenbildung vollendet, die endgültige Form erhält
die Oberlippe aber erst durch die mediane Verschmelzung der beiden Processus
globuJares. Am Beginn der 4. Graviditätswoche tritt die Nackenbeuge ein,
wodurch die Bildungsstelle des Gesichts der vorderen Brustwand dicht an-
gedrückt wird. Erhebt sich in der 6. Woche der Kopf aus dieser Beugung,
Parts ch, Yerletzimgeii und ohirorgische Erankheiten der Wange etc. 345
sind die Stirnfortsätze bereits überall mit den Oberkieferfortsätzen zum primi-
tiyen Granmen vereinigt. Das Amnion entspringt im Laufe der 3. Woche an
der unteren Umgrenzung des Unterkieferfortsatzes über der Herzanlage und
zieht straff zum oralen Gehirnende, kann also während der Nackenbeuge*
zeit die Stelle der Lippenbildung nicht berühren. Es werden deshalb amniogen
nur solche Missbildungen genannt werden können, deren Ursache Amnionano«
malien sind. Die amniogene Natur einer Hasenscharte wird nur dadurch
erwiesen werden köimen, dass Eihautreste in der Spalte selbst oder in ihrer
Umgebung nachgewiesen werden können, und zweitens aus Form und Lage
der Spalte ein Zusammenhang dieser Reste mit der Spaltbildung wahrschein-
lich gemacht wird. Ein gleichzeitiges Vorkommen der Hasenscharte und
Missbildungen des Kopfes und Rumpfes beweisen eine solche Entstehung nicht
ohne weiteres. Haymann stellt aus der Literatur eine grössere Zahl von
Fällen zusammen, welche eine solche Einwirkung wahrscheinlich machen und
ergänzt dieselbe durch einen eigens beobachteten Fall, wo bei einem Neu-
geborenen mit linksseitiger Lippenkieferspalte das linke Händchen durch
einen dünnen Strang in der Spalte festgehalten war, der den Zeigefinger
umwickelte und den Rücken des 3. und 4. Fingers umspannte. Verwachsungen,
Einschnürungen und Abschnürungen sind die Folgen anmiotischer Stränge auf
die Entwickelung einzelner Körperteile. Auf diese Formen wird näher bei
der Beschreibung der Befunde amniogener Missbildungen eingegangen und
dementsprechend auch die Fälle dahin geprüft, wie häufig bei den Hasen-
scharten Aurikularanhänge Yorkommen und ob sie amniogen sind und einen
Einfluss des Amnions auf die Spaltbildung beweisen. Es muss besonders
betont werden, dass diese kleinen Hautknötchen häufig auch selbständige
Wucherungen verlagerten Keimmaterials sind und durchaus nicht immer als
Amnionreste bezeichnet werden können. Für das amniogene Trauma gilt das
Gesetz der Multiplizität und bei der Seltenheit des gleichzeitigen Vorkommens
von Missbildungen der Extremitäten neben Hasenscharten ist es unwahr-
scheinlich, dass die Eihautverwachsungen eine irgendwie wesentliche Rolle bei
der Entstehung der typischen Gaumenspalte spielen. Verf. neigt der Annahme
zu, dass in der Heredität die Wurzel aller primären Bildungshemmungen liegt;
nur eine sorgfaltige Untersuchung auf alle Missbildungen aller Familienmitglieder
dürfte im Einzelfalle die Erblichkeit erweisen können. Haymann hat 168
Fälle Yon erblicher Hasenscharte zusammengestellt, aus denen sich ergibt,
dass mindestens 20 ^/o von Hasenscharten auf Erblichkeit beruhen. Bei 66
Familien war 27 mal von Vaters Seite, 39 mal von Mutters Seite die Nach-
kommenschaft belastet. Verf. geht näher auf die komplizierten Verhältnisse
der Vererbung ein, namentlich auch auf die verschiedenen Formen der Hasen-
scharte. Bei der Verfolgung genau revidierter Stammbäume zeigt sich, dass
in einzelnen Fam: en drei, ja vier Generationen hindurch die Neigung zu
Lippenkiefer-Gaumenspalte bestand, dass die Vererbung immer nur einen Teil
der direkten Nachkonmien betrifft, dass aber auch nach zwei wohlgebildeten
Generationen die Hasenscharte bei den Urenkeln wieder auftauchen kann.
Owen (8) tritt für die frühzeitige Operation der Gaumenspalten nach
Brophy ein, weil ihre Vorzüge die Gefahr des Shocks durch die Operation
weit überwiegen. Er operierte bei einem drei Monate alten Kinde, welches
nur 6^/8 Pfd. wog, und eine vollständige rechtsseitige Lippengaumenspalte hatte
von enormer Breite. Vor der Operation wurde ein warmes Klistier mit
peptonisiertem Beeftea und Brandy gegeben.
346 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Die Operation wurde mit der Anfrischung der Ränder begonnen und
darauf versucht die beiden Kiefer einander durch festen Druck zu nähern^ es
gelang jedoch nicht. Darauf wurde bei aufgehobener Backe mit einer stark
gebogenen Nadel eine Seidennaht durch die Nasenhöhle über dem hinteren
Teil des Alveolarfortsatzes gezogen und an das Ende ein dicker Silberdraht
angeschlungen und durchgezogen. Der Draht lag über den horizontalen Fort-
sätzen der Gaumenbeine, wo sie in der Spalte gesehen werden konnte. Ähnlich
wurde eine Drahtsutur über dem vorderen Teil der Spalte durch den Kiefer
durchgezogen, zwei kleine oblongue Bleiplatten mit einem Loch an jedem Ende
wurden durch die Enden der Drahtsutur rechts geschlungen und die Enden
zusammengedreht. Unter starkem Zuge wurden auch links die Enden durch
die Platte gezogen und durch kräftiges Anziehen die Kiefer gegeneinander
gedrückt. Dann wurde die Schleimhaut über jedem Oberkiefer eingeschnitten,
und die Kiefer so durchtrennt, dass sich ihre Gaumenfortsätze in der Mittel-
linie vereinigen Hessen. Dann wurde die Anfrischung der Spalte gemacht
und mit feinen Drahtnähten die angefrischten Ränder vereinigt. Die Ver-
einigung der vernähten Ränder erfolgt nur teilweise, aber der vordere Teil
der Spalte war fest geschlossen und eine Brücke hielt sicher an der Ver-
einigung des harten und weichen Gaumens. Mit Hilfe von drei kleinen Nach-
operationen wurde die Spalte ganz allmählich geschlossen. Erst später wurde
die Hasenscharte operiert. Der Erfolg war bei dem Kinde ein ausgezeichneter.
Bei der Verkleinerung der Spalte schreckt Brophy selbst nicht vor der i
horizontalen Durchtrennung zurück, welche die Vereinigung in der Mitte sehr ;
erheblich erleichtem soll. Dass dadurch eine Difformität des Gaumens ent- |
steht, ähnlich dem kontrahierten Kiefer, bestreitet Brophy nach seinen
Erfahrungen. Sollte es der Fall sein, könnte durch sekundäre Dehnung die
abnorme Stellung gehoben werden. Diese Operationsmethode scheint ein
erheblicher Fortschritt, weil sie auch die seitlichen Inzisionen zur Vereinigung
des weichen Gaumens spart und die frühzeitige Vereinigung auch dieser
Spalte gestattet, ohne dass die für die Beweglichkeit des Gaumensegels nötigen
Muskeln zu stark alteriert werden. Es ist erstaunlich, dass diese Operation
von den Kindern überstanden wird; Brophy hält den Shock für geringer
als im späteren Kindesalter. Sie erleichtert auch die Vereinigung der Lippen-
spalte und bessert damit das kosmetische Resultat.
Erkrankungen der Mundschleimhaut.
1. Ab adle, Deuz kyetes dörmoides medianes da plancher bnccal. Avantagea de Tex-
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2. Conlhon, £fcade cliniqne sur la ranole pölrifi^e (grenoailette calculeose). Gazette dea
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Gazette des hdpitauz 1903. Nr. 140—141.
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Partsch, YarleimDgen und chirorgisohe Krankheiten der Wange etc. 347
8. Morestin, Yolamineoz aDgiome de la lövre införienre. Eztirpation. Cheiloplastio.
(Oboe Mitteilung des Falles). Ball, et m^m. de la soc. de Ghir. 1903. Nr. 35.
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11. Tellier, CoDtribntion clinique ä Tötode des septic^mies d'origine bucco-dentaire. Lyon
mödical 1903. Nr. 6.
Tellier (11) richtet die Aufmerksamkeit auf septikämische Zustände
im Anschluss an Mund- und Zahnaffektion und zwar auf die akuten und
snbakuten Erkrankungen an der Hand von mehreren eigens beobachteten
Fällen. Schon früher hat Sebileau (Les differentes formes de la septic^mie
buccale; Comptes-rendus du 13. Gongres international de medecine, Paris
1900, Section de Stomatologie) auf diese Zustände aufmerksam gemacht und
drei Arten klinisch unterschieden und zwar die lymphatische Form, die
phlebitische Form und die allgemeine Sepsis. Alle Fälle S^bileaus starben.
Es gibt aber Fälle, in denen die Intoxikation dieser Keime nicht einen be-
sonders hohen Grad erreicht. Es kann sich handeln um Patienten mit
alfeolärer Eiterung, bei denen das dauernde Verschlucken der Eiterprodukte
eine Störung der Verdauungsorgane in Form von Anorexie, Diarrhöe und
Allgemeinstömngen hervorruft. Dabei sind die Patienten blass, besonders an
den Lippen, welche auffällig gegen das gerötete Zahnfleisch kontrastieren.
Ohne sich besonders übel zu befinden, leiden sie an Appetitverminderung und
wissen dabei nicht, dass diese in Beziehung mit ihrem Mundleiden steht.
Bei solchen Kranken besteht meistens Alkoholismus, Diabetes, Albuminurie.
So sahTellier in einem Falle bei einer 28 jährigen Dame bei starkem Fötor
ex ore eine lebhafte Schwellung und Eiterung des Zahnfleisches und dabei
eine an Kachexie grenzende Anämie. Die Blässe der Haut erinnerte an
Nephritis. Abmagerung war ausgesprochen. Es bestand ein Mitralfehler.
Die gelockerten Wurzeln wurden mit Chloräthyl extrahiert. Es waren acht
Sitzungen notwendig, um den Mund gründlich zu säubern. Der Fötor ver-
schwand, der Appetit besserte sich, die Patientin nahm zu. In einem zweiten
Falle bei einer 29 jährigen Dame war ebenfalls das Zahnfleisch rot, geschwollen
nnd eitrig, die Zähne umfangreich zerstört. Die Kranke fühlte sich schon
seit langem nicht wohl. Alle Zähne und Wurzeln wurden in Äihemarkose
extrahiert. Am Abend hatte Patientin kleine Fröste nnd heisse Haut, so
dass sie in klinische Beobachtung kommen musste. In der folgenden Nacht
traten mehrere Minuten lang dauernde Fröste auf; unter Lungenerscheinungen
stieg die Temperatur bis 40 und fiel erst nach Tagen wieder zur Norm ab.
Allmählich erholte sich die Patientin. Man kann in diesem Falle an ein Auf-
treten von Bronchitis nach Äthemarkose denken, oder an eine Grippe.
Tellier hält nach der Kurve die Krankheit für eine Infektion durch die
Operation. Er glaubt, dass eine chronische Septikämie veranlasst durch die
Munderkrankung durch die Operation zu einer akuten gesteigert worden sei.
In einem dritten Falle wurde bei einem 49 jährigen Manne ein Abszess über
dem rechten oberen Eckzahn konstatiert. Der Zahn wurde extrahiert unter
Ausfluss einer beträchtlichen Menge eitriger Flüssigkeit. Schon am Abend
traten Schüttelfröste auf, welche sich nachts und am anderen Tage wieder-
holten und ihren Ghrund in einer starken Schwellung bis zum Auge hin hatten,
die aber dann allmählich zurückging. In einem vierten Falle, der einen
62jährigen Herrn betraf mit einer schmerzhaften Schwellung der Schläfe und
848 Jahresbericht f Qr Chimrgie. II. TeiL
der rechten Wange, die trotz Extraktion eines Zahnes nicht verscliwimdeB
war, fand sich eine verbreitete eitrige Zahnfleischentzündung bei Zahnstein-
ablagerung. Patient sollte erst nach gründlicher Beinigung des Mimdei
operiert werden , kehrte aber nicht mehr zurück, sondern wurde unter Hin-
erscheinungen und Fieber immer schlechter, bis er am zehnten Tage staii).
Tellier schreibt das der Fortleitung einer alveolären Phlebitis auf die Vau
maxillaris interna zu. Die häufig wiederkehrenden Schmerzanfälle, das Be-
stehen der wechselnden Ödeme, der schleichende Verlauf der Affektion und
die Himerscheinungen machen diese Diagnose wahrscheinlich.
Abadie (1) teilt zwei Fälle von Dermoidcysten des Mundbodens nüt,
die er beide vom Munde her entfernt hat. Der eine betrifft einen 9jä]iriga
Schüler, bei dem schon im 6. Lebensmonate das Bestehen eines haselnoss-
grossen, sublingualen Tumors festgestellt wurde. Es fand sich ein höhnereh
grosser Tumor, der die Zunge aufwärts drängte, genau median gelegen, dmdi
das Zungenbändchen in zwei gleiche Hälften geteilt. Die glatte Oberfläcl»
zeigt eine rosiggelbe Farbe ohne bläulichen Ton. . Sie lässt keinen Fmge^
eindruck zu und kein Fluktuationsgefühl und lässt sich nur im ganzen qoec
verschieben. Ein Druck von unten her drängt sie aufwärts. In Narkose wiid
auf dem Zungenbändchen ein Schnitt gemacht, von dem aus ohne besondere
Schwierigkeit die Ausschälung des Tumors vorgenommen wird. Über emen
Tampon werden die beiden Wundränder mit Catgut vernäht. Der Tumor
ergab einen breiigen Inhalt und die für Dermoide charakteristische Wand. -
Die zweite Beobachtung wurde an einem 20jährigen Mädchen gemacht, dii
im 12. Jahre an skrophulösen Drüsen litt und dann am linken Kiefenrinkei
eine langsam wachsende Geschwulst bekam , und neben vereinzelten Dräsei
in der Gegend oberhalb des Zungenbeins einen zweiten Tumor aufwies, der
den Mundboden nach oben wölbte. Bei der Operation, die durch einei
Schnitt an dem Rande des Unterkiefers ausgeführt wurde, wurde ein Paket
von drei Drüsen entfernt und in der Tiefe der Wunde eine weisse, glfttte,
den Fingerdrnck stehenlassende Geschwulst gefunden, deren vorderer Pol dicht
bis an den Mundboden in der Medianlinie heranreichte. Ihr Inhalt erwies
sich nach der Auslösung als dermoider Natur. Die gelbe Farbe, die Ver-
schieblichkeit der Schleimhaut, die teigige, nicht fluktuierende Konsistenz d»
Tumors gaben auch in diesen Fällen die charakteristischen Unterscheidungs^
merkmale gegenüber den serösen Cysten. Sie pflegen sich stets zwischen den
beiden Genioglossi über den Genio- und Mylohyoidei zu entwickeln und pflegen
meist eine fibröse Verwachsung mit dem Kinn zu haben. Der Weg, sie a
operiren, kann sowohl von aussen als von innen genommen werden; letzteren
scheint der Verf. vorzuziehen.
Eine erbsengrosse sublinguale Produktion, die Fr izzoni (4) in emem Falle
von Riggscher Krankheit abgetragen hatte, wies bei der mikroskopischen
Untersuchung eine grosse Menge von eosinophilen Zellen in ihrem Mascheo-
werk auf. Verf. erklärt die Anhäufung von eosinophilen Zellen dadurch, dass
dieselben durch die positive Chemotaxis, die die Zerfallsprodukte der das
Tumörchen aussen bekleidenden Epithelelemente entfaltet hatten, aus dem
zirkulierenden Blute herbeigelockt wurden. R. GianL
Morestin (7) fügt zu den früher schon von ihm beschriebenen Fällen
von Epitheliomen des Zahnfleisches einen neuen hinzu, der einen 73 jährigen
Tischler betraf, der ein starker Raucher war. Die Geschwulst hatte ihren
Ausgangspunkt am Zahnfleisch der unteren Schneidezähne genommen und
Part seh, YerletEODgen und cliimrgische Erankheiien der Wange «tc. 849
hatte zum Ausfall der Zähne und zu wiederholten Blutungen geführt. Es
befitand ein die ganze untere Partie des Mundes einnehmender voluminöser
Tumor, der die Lippen nach vom und die Zunge nach hinten drängte und
bereits die Prämolaren gelockert hatte. Der Tumor stieg am Unterkiefer bis
EU der Umschlagsstelle der Schleimhaut herab. Leukoplakie bestand nicht,
ebensowenig nachweisbare Drtlsenschwellung. Mores tin entschloss sich, die
Geschwulst abzutragen unter Erhaltung einer Spange des Unterkiefers und
obse die Drüsen aufzusuchen. Die Operation gelang auf diese Weise und
trotz vorübergehender schwieriger Ernährung erholte sich der Kranke langsam
und konnte geheilt entlassen werden. Der Tumor erwies sich als ein Platten-
epithelialkrebs.
Mores tin (8) beobachtete an einem 45 jährigen Rollwagenkutscher eine
enonne Geschwulst des Mondbodens, die breit ulzeriert war. Der Kranke
raucht stark Zigaretten, hat aber keine Leukoplakie. Der Tumor entstand
zwischen Zunge und Schneidezähnen und verbreitete sich auf dem Mundboden
haldmondförmig um die Zunge herum, auf Zahnfleisch und Kiefer übergehend.
Die Schneidezähne wurden locker und ausgestossen, so dass auch die vordere
Partie des Zahnfleisches ergriffen werden konnte bis in die Tiefe des Mund-
vorbofs. Nach hinten zu begann der Tumor schon aufzusteigen am senk-
rechten Unterkieferfortsatz. Während die Zunge zurückgedrückt ist, ist das
Kinn voi^ewölbt. Aus dem Munde quillt ein schrecklicher Fötor. Das Kauen
ist unmöglich, der Kranke nur auf weiche Speisen angewiesen. Beiderseits
bestehen heftige Schmerzen, die nach dem Ohre zu ausstrahlen. Die Unter-
kieferdrüsen sind zu orangegrossen, fest mit dem Kiefer verwachsenen Tu-
moren geschwollen. Da die Karotisgegend noch frei war, wurde zur Operation
geschritten Yon einem Schnitt aus, der von einem Kieferwinkel über das
Kinn zum andern lief. Yon ihm aus wurden nach unten und hinten die
Weichte§B vom Unterkiefer abgetrennt, daim die Unterlippe in der Mittel-
linie gespalten und beiderseits vom Unterkiefer zurückgeschlagen. Dann
worden die Wangenweichteile mit dem Masseter von dem Unterkiefer ab-
getrennt und die aufsteigenden Äste durchsägt. Dann wurde die Zunge
horizontal gespalten, die untere Partie am Tumor gelassen, die obere abge-
tragen. Die beiden Lingualarterien wurden unterbunden. Starker Zug an
dem Zungengrunde machte die etwas stockende Atmung wieder lebendig.
Nach Entfernung der ganzen Geschwulst wurden die beiden Zungenränder
miteinander vereinigt bis auf 3 cm Länge, der Rest der Zunge mit der Wangen-
achleimhaut vernäht, um auf diese Weise die Mundhöhle möglichst abzu-
Bchliessen und der Zunge einen gewissen Halt zu verleihen. Zuletzt wurden
die Lippenlappen über die Wunde weggeschlagen und vernäht. Der Kranke
mnsste in sitzender Stellung gehalten werden, weil sonst sofort die Atmung
gestört wurde. Die Ernährung erfolgte durch die Schlundsonde. Die Zungen-
spitze wurde vollkommen brandig und ebenso der Rest der Zunge, so dass
dieselbe durch die Operation ganz verloren ging. Die Lippe zog sich mehr
nnd mehr zurück und näherte sich dem Zungenbein. Fünf Wochen nach
der Operation waren die Weichteile verheilt bis auf drei Öffnungen , welche
Ton aussen nach der Mundhöhle führten, eine mittlere und zwei seitliche.
Die Zunge war nur angedeutet durch eine quere Erhabenheit vor dem Kehl-
l^opf. Es wurde dann versucht unter Verzicht auf eine Prothese eine neue
Mundhöhle herzustellen, da der Speichel dauernd ausfloss. Um die untere
Wand zu bilden, wurden die Wangen verwendet und der Rest der Unterlippe,
350 Jahresbericht fQr Ohirargie. II. Teil.
ihr ganzer freier Rand wurde angefrischt und mit Oberlippenschleimhant mn-
säumt. Der neugebildete Mund war gross genug, um einen kleinen Löffel,
eine dicke Sonde oder einen Saugpfropfen aufnehmen zu können. Die seit-
lichen Fisteln wurden durch Anfrischung und 'Naht yereinigt, dadurch gelang
es, einen Mundboden und einen Mund herzustellen. Trotz eines Erysipels
kam doch yollkommene Heilung zustande. Der stark sprossende Bart be-
deckte den Defekt des Unterkiefers. Fat. vermochte vollkommen alles za
schmecken und konnte deutlich süss und bitter unterscheiden. Die Sprache
war ausreichend, um sich verständlich zu machen. Der Tumor erwies sieb
mikroskopisch als ein verhornter Plattenepithelialkrebs.
Hutchinson (5) betont die Schwierigkeit der Diagnose des Krebses
und der Lues. In ungefähr 30 ^/o der Fälle von Krebs lässt sich auch eine
luetische Anamnese erheben und in ungefähr 20 ^/o der Fälle ist die Zunge
bei Krebs auch durch chronische luetische Prozesse verändert. Beide Er-
krankungen sind prädisponierend füreinander und in zweifelhaften Fäll^
kann nur die mikroskopische Untersuchung den Entscheid geben. Das thera-
peutische Resultat ist oft trügerisch. Auch das Jodkali kann krebsige Er-
scheinungen vorübergehend bessern. Der Krebs des Mundes hat keine einheit*
liehen Gharakterzüge, sein Bestehen und sein Verlauf wechseln erheblich, die
gewöhnlichen Formen sind die hartrandigen Geschwüre, die warzigen E^
habenheiten und die knötchenförmigen Verdickungen. In all diesen Fälen
kann die Lymphdrüseninfektion der Geschwürsbildung vorangehen. Die lange
Zeit vertretene Ansicht, dass der Krebs der Zunge ein Geschwür ist, welches
verhärtet, während die Lues eine Verhärtung bildet, welche geschwürig wird,
ist nur bedingt richtig. Der Sitz der Geschwüre luetischen Ursprungs ist
gewöhnlich am Gaumen, an der Hinterwand des Pharynx und im Zungen-
rücken, selten an dem freien Rande der Lippe, der Seitenfläche der Znnge
und dem Mundboden. Letztere sind der Lieblingssitz für den Krebl. Härte
und Aufgeworfensein der Ränder ist häufig beim Krebs; ebenso die ausstrah-
lenden Schmerzen. Abschabungen aus dem Geschwürsgrund lassen bei Krebs
runde oder ovale Epithelformen mit grossen zahlreichen Kernen, gelegentlid
auch Zellnester erkennen. Das Alter hilft nicht viel bei der Diagnose, es
schützt vor Lues nicht und auch bei jugendlichen Individuen ist Krebs za
beobachten. Hutchinson sah einen jungen Geistlichen, 24 Jahre alt, an
Zungenkrebsrezidiv zugrunde gehen. Wenn Fixation der Zunge, starke
Speichelabsonderung, extremer Fötor, harte Drüsenschwellungen vorhanden
sind, ist die Diagnose nicht mehr zweifelhaft; sie kann es nur sein in den Frub-
Stadien. Die DrüsenschweUungen sind auch kein sicheres Kriterium; man
soll den Krebs möglichst operieren, ehe dieselben eintreten. Sie sind schwer
zu palpieren und es lässt sich nicht mit Sicherheit behaupten, ob sie frei
sind oder nicht. Zu den zweifelhaften Zuständen kommt noch die Leuko-
plakie. Sie wird auch dort betroffen, wo Lues nicht vorliegt ; namentlich bei
Rauchern und Alkoholisten. Man wird aber zwischen den zarten weissen
Flecken chronischer oberflächlicher Zungenentzündung und wahrer Leuko-
plakie unterscheiden müssen. Die warzigen, prominierenden Formen sind
der Leukoplakie eigen. Das frühe Auftreten epitheliomatöser Verdickungen
und Verhärtungen und warziges Wachstum fordert baldigen chirurgischen
Eingriff. Man kann damit dem Krebs vorbeugen. Wie schwer die Diagnose
sein kann, lehrt der Fall eines in mittleren Jahren befindlichen Offiziers, der
als starker Raucher eine ausgedehnte Zungenleukoplakie darbot, bei der an
Parts ch, Verletsongen und ehimigiBch« Krankheiten der Wange etc. 351
einer Stelle ein kleines hartes Geschwür sich befand. Die erkrankte Stelle
wnrde ausgeschnitten, mikroskopisch untersucht und für nicht krebsig er-
klart. Wenige Monate später schwollen die Halsdrüsen, in denen bei der
Operation krebsige Herde entdeckt wiurden. Der Fat. blieb geheilt. An den
Mundwinkeln werden oft weisse verdickte Flecke bei Rauchern gesehen. Auch
durch die Zähne können durch scharfe Zahnkanten Geschwüre angeregt werden;
wenn diese nach Beseitigung der Ursache nicht heilen, sind sie als krebs-
yerdächtig anzusprechen und zu exzidieren. Das Mikroskop gibt nicht immer
sicheren Entscheid. Man soll lieber yerdächtige Geschwürsbildungen recht
frühzeitig exzidieren.
Rougthon (10) weist darauf hin, wie häufig die Karzinome des Mundes
erst spät in ärztliche Behandlung kommen, obgleich die Empfindlichkeit der
Zunge und der Schleimhaut des Mundes die öftere Besichtigung durch den Zahn-
arzt eigentlich zu frühzeitiger Erkenntnis führen müsste. Er führt verschiedene
Fälle an, in denen trotz erheblicher Beschwerden die Patienten doch erst zum
Arzt kamen, als die Operation sehr schwer oder nicht mehr ausführbar war.
Auch den allzuhäufigen Versuch durch Mittel die Krankheit zu beseitigen,
fuhrt oft zur Verschleppung; auch die Verwendung von Jodkali zur Klärung
der Diagnose ist oft verhängnisvoll. Die Diagnose sollte lieber dui'ch mikro-
skopische Exzision gestellt werden. Sowohl bei Leukoplakie wie bei Ge-
schwüren durch Zahnränder sollte man lieber frühzeitig zur Exzision schreiten
als die gute Zeit versäumen. Gerade die Zahnärzte sollten darauf besonders
hingewiesen werden. Auch wenn Prothesen nicht vertragen werden oder
Geschwüre erzeugen, ist rasches operatives Eingreifen wünschenswert. Oft
können sich bösartige Geschwüre auch unter dem Bilde akuter Entzündungen
zeigen, so sah Verf. bei einem 39jährigen Manne, der an Schmerzen in den
oberen Zähnen litt und Schwellung des Zahnfleisches, Beschwerden, die
durch Zahnextraktionen nicht nachliessen, eine Schwellung des Alveolarfort-
Satzes in der Gegend der Schneidezähne und Eiterung aus den Alveolen.
Eine Probeinzision stellte Sarkom fest und trotz Resektion und Drüsen-
exstirpation ging der Ejranke wenige Wochen später zugrunde. Besonders
verhängnisvoll sind die im Antrum auftretenden Tumoren, welche ehe die
wahre Natur erkannt wird, eine Ausdehnung erreichen, die oft eine Operation
unmöglich macht.
Coulhon (2) beschreibt bei dem Speichelstein eine Form, die er die
gewöhnliche nennt, wo sich der Stein vergrössert ohne die geringste entzünd-
liche Veränderung in der Umgebung zu erzeugen. Nur Gelegenheitsursachen,
Erkältungen, übler Zustand der Verdauungsorgane erzeugen Schmerzanfälle.
Bei der latenten Form fehlen auch diese, und doch kann dabei der Stein
recht erhebliche Grösse erreichen. Bei der entzündlichen Form ruft der Stein
selbst sehr lebhafte Schwellungszustände und Schmerzen hervor, die sich bis
auf den Schlund ausbreiten können, und durch welche der Stein sich selbst
ansstossen und in den Mund gelangen kann. Bei der pseudo-neoplastischen
Form kann der Stein Veranlassung zur Verwechselung mit einem bösartigen
Tunior geben. Verfasser teilt vier Fälle in seiner Praxis mit. Den ersten beob-
achtete er bei einem 50jährigen Mann, bei welchem sich rechts von der
Zunge ein harter, mandelgrosser Tumor fand, der bei der Berührung mit
der Pnnktionsnadel sich als steinig erwies. Der Stein entleerte sich selbst
und wog 3,80 g. Ein 35 jähriger Mann brachte dem Verfasser einen Fremd-
körper, welcher ihm beim Essen in den Mund gefallen war. In einem dritten
352 Jahreabericht für Chimrgie. IL Teil.
Falle, der eine 22 jahrige Dame betraf, machte sich der Stein bemerkbar
durch lebhafte Schmerzen unter der Zunge und in der Kehle. Gleichzeitig
bestand hohes Fieber und Schlaflosigkeit. Auch in diesem Falle stiess sich
der Stein von selbst nach dem Munde zu ab. Er war sehr klein und wog
nur 0,13 g. Ein viertes Exemplar stammt von einem 66 jährigen Manne.
Dieser Stein wog frisch 5,50 g, war 4 cm lang und 2 cm breit. Später stelltoi
sich bei ihm auch Blasensteine ein, welche durch Urämie zum Tode führten.
Oft werden bei der Diagnose der Steine Verwechselungen begangen mit den
verschiedenartigsten Erkrankungen des Mundbodens. Die Therapie Tollzieht
sich oft durch Ausstossung des Steines, die wie Früchte aus ihren Kapseln
schlüpfen. In anderen Fällen wird die Inzision notwendig.
Langenmak (5a) demonstriert zwei Submaxillardrüsen, die wegen Sialo-
lithiasis exstirpiert wurden. Ein 59 jähriger Patient bemerkte seit 20 Jahren
eine bohnengrose Geschwulst, die langsam grösser wurde und zu schmerzen
begann. Der Inhalt konnte durch Druck in die Mundhöhle entleert werden
und erwies sich als eine gallertige, manchmal mit Steinchen gemischte Masse.
Seit 12 Jahren konnte die Geschwulst nicht mehr ausgedrückt werden. Die
«ehr derb, stark verwachsene Druse hatte einen stark erweiterten, verdickten
Ausführungsgang y in welchem ein granulierter, graugelber, dattelkomgrosser
Stein lag. Interacinöse Bindegewebsentwickelung und Atrophie liessen sich
nachweisen. Das zweite Präparat stammte von einem 61jährigen Patienten,
der eine unter dem linken Unterkiefer befindliche spontan entstandene Fistel
hatte, die Eiter absonderte. In einem Lappen der exstirpierten Drüse lag ein
erbsengrosser Stein.
Erkrankungen der Speicheldrfisen.
1. Bad ialii 6., Gontribnto alla cnra delle fistole salivari permanenti del dntto di Stenone.
II Nuovo Raccoglitore medico 190S. Fase. 4. (Kimischer Fall.)
2. Borchardt, Die Tuberkalose der Parotis. Dissert. Freiborg 1903.
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4. Braun, Über Speicbelsteine. Dissert. Leipzig. 1903.
5. V. Brunn, Die Lymphknoten der Unterkieferspeioheidrüse. y. Langenbecks ArcL
1903. Bd. 69. Heft 3.
6. Gassanello, R., Malattia cistica della parotide. Memoire cliniche pubblicate in onore
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12. Jefferiss, Symptomatic parotitis foUowing etrangulated hemia. The Lancet 1903.
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Partsch, Yerletzangen und chirurgische Erankfaeiten der Wange etc. 353
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19. Sebileau, Suppuration de la caisse et suppuration parotidienne. Bull, et m^m. de la
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20. Tonarelli, C, Sopra gli endetolionii delle ghiandole salivari. Osservazione cliniche
ed istologiche. II Morgagni 1903.
21. Woolsej, Reccurrent epithelioma of the parotid gland. New- York surg. soc. Annais
of Burgery 1903. Jnly.
Haeckel (10) beobachtete bei einem 21jährigen Zimmergesellen, der
wegen eines Unfalls in das Krankenhans eingeliefert wurde, eine zunehmende
Schwellung beider Ohrspeicheldrüsen, beider Submaxillar- und beider Tränen-
drüsen. Die Schwellung der Ohrspeicheldrüse dehnt sich bis zum äusseren
Gehörgang, bis zum Warzenfortsatz und über den Eieferwinkel bis 3^/s cm
vor der Ohrmuschel aus. Lymphdrüsenschwellungen fehlten vollständig.
Die Körpertemperatur stieg an und zugleich trat starker Durchfall auf, mit
schleimig-blutigen Stühlen. Die Enteritis dauerte 16 Tage, während welcher
die beschriebene Schwellung der Drüsen bedeutend zurückging. Es traten
darauf am ganzen behaarten Kopf bohnengrosse, derb infiltrierte Stellen auf
mit dunkelroter Verfärbung und dem Gefühl von Spannung und Hitze; ähn-
liche Quaddeln waren an der Brust und am Bauche zu bemerken. Blutunter-
snchung negativ. Die Behandlung bestand in Arseneinspritzungen. Ungefähr
ein Vierteljahr nach der Aufnahme stellte sich plötzlich starke Dyspnoe und
Herzangst ein und unter Fiebersteigerung kamen blutige Mengen zum Aus-
warf. Auf der Innenfläche der linken Oberlippe wurden in der Schleimhaut
zwei erbsengrosse harte Knoten fühlbar. Auf den Quaddeln auf Brust und
Rücken kleine Petechien. Die Arseninjektionen werden wieder aufgenommen ;
die Drüsenschwellnngen werden wieder grösser. Das Befinden des Patienten
verschlechtert sich zusehends und unter Aushusten schaumigen Blutes tritt
bei massigem Ödem an Händen und Füssen und blutigen Stühlen der Tod
ein. Die Obduktion ergibt im unteren Viertel der Speiseröhre eine Reihe
linsengrosser, zackiger Greschwüre mit schmutzigem Belag ; Blutaustritte in der
Schleimhaut des Kehlkopfs und auf dem Epikard. Grössere, über Vs cm
lange und ^/s cm breite Geschwüre im Dickdarm ; grosser Blutaustritt in der
Gegend der rechten Niere. Die vergrösserten Drüsen werden sämtlich der
Leiche entnommen und nach Härtung untersucht. Auf ihrer Schnittfläche
ziehen breite weissliche Bindegewebsmassen hin und Rundzelleninfiltration
umgibt die Drüsenläppchen. In den Drüsenläppchen verbreitete Degeneration
der Epithel ien. Nirgends lassen sich Bakterien nachweisen. Nach den bis-
herigen Veröffentlichungen scheint die symmetrische Schwellung der Tränen-
und Speicheldrüsen in einer Reihe von Fällen für sich idiopathisch, in einer
andern Reihe in naher Beziehung zu leukämischen Prozessen vorzukommen.
Der mitgeteilte Fall zeichnet sich dadurch aus, dass die Krankheit mit
schwerer Enteritis vergesellschaftet war, die Drüsen in verhältnismässig kurzer
Zeit an- und abschwollen und endlich an den verschiedensten Stellen der
Haut pseudoleukämische Infiltrate vorhanden waren. Die Enteritis trat nach
dem Auftreten der Drüsenschwellung ein. Das Abschwellen der Drüsen durch
interkurrente fieberhafte Erkrankungen ist öfters beobachtet worden. Die
Jahresbericht fflr Chirurgie 1909. 23
354 Jahresbericht für Chirurgie. U. Teil.
gleichzeitige Infiltration der Haut ist im Falle von Axenf eld auch yorhauden
gewesen. Der vorliegende Fall ist geeignet, die schon von Mikulicz ge-
äusserte Ansicht, dass es sich bei der Erkrankung um einen infektiösen Pro-
zess im weitesten Sinne des Wortes handle, zu stützen, aber bietet dafür
keine neuen sichtbaren Beweismittel.
Morestin (14) beschreibt einen Speichelstein im Ductus Warthonianus
bei einem 34jährigen Manne, der seit 20 Jahren einen kleinen roten Tumor
unter dem Mundboden trug, der ihm nie Beschwerden gemacht hatte.
Gelegentlich einer Quecksilberkur bemerkte er eine Schmerzhaftigkeit des
Tumors, den er bis dahin gar nicht beachtet hatte, die so lebhaft vnurde,
dass er ärztlichen Rat nachsuchte. Ein kleiner, ovaler, sehr harter Tumor
lag rechts von der Mittellinie, nahe an der Mündung des Wart hon sehen
Ganges. Die Schleimhaut war etwas gerötet, aber verschieblich. Beim Ein-
stich der Nadel wurde dicht unter der Oberfläche ein harter Stein gefohlt
Die Submaxillaris der entsprechenden Seite schien wohl etwas dicker und
härter. Unter Kokain und unter starker Vorziehung der Zunge wurde die
Geschwulst eingeschnitten und ein Stein, ein wenig dicker als ein Olivenkera,
herausgebracht. Druck auf die Speicheldrüsengegend entleerte eine beträcht-
liche Menge dicken klaren Speichels. Die Heilung trat ohne Stönmg ein.
Der Stein war 2 cm lang und wog 1,50 g. Seine Oberfläche war bedeckt
mit kleinen Warzen, seine Farbe ganz weiss. Andere Konkretionen wurden
nicht gefunden. Es scheint, dass in diesem Falle die Anwendung des Queck-
silbers die Speichelsekretion gesteigert und damit die Entzündung hervor-
gerufen hat. AufiTällig erscheint, dass fast 15 Jahre lang der Stein symptom-
los bestanden.
V. Brunn (5) macht darauf aufmerksam, dass bei Karzinom der Lippe
metastatische Knoten in der Unterkieferspeicheldrüse vorkommen können, und
hat infolgedessen die Frage näher studiert, ob in der Speicheldrüse selbst
Lymphknoten vorkommen. Bei Untersuchung von 23 Leichen, bei denen der
Tod an verschiedenen Erkrankungen eingetreten war, fand sich bei genauer
Untersuchung des Mundbodens zweimal echte Lymphknoten innerhalb der
submaxillaren Speicheldrüsen. Es pflegen diese Drüsen in dem als Septum
bezeichneten bindegewebigen Blatt eingewickelt zu sein, welche in das Drüsen-
gewebe mehr oder weniger tief eingedrückt war. In dem Drüsengewebe
selbst finden sich solche Lymphknoten nicht. Man kann also nicht so sehr
von einer anatomischen, sondern für eine klinische Einlagerung des Lymph-
knotens sprechen. Diese Tatsache zwingt zu der Forderung, bei Exstirpation
der submaxillaren Lymphknoten auch jedesmal die ganze Speicheldrüse mit
fortzunehmen.
Jeff eriss (12) sah bei einer 68jährigen Frau mit einer eingeklemmten
Nabelhernie bei schwer fakulentem Erbrechen am dritten Tage nach der
Radikaloperation unter Schmerzen hinter dem rechten Ohr, Fiebersteigerung
und Schluckbeschwerden die rechte Ohrspeicheldrüse stark anschwellen. Die
Entzündung der Speicheldrüse führte unter den Erscheinungen einer Bron-
chitis am Morgen des fünften Tages zum Tode.
Le Dentu (7) bespricht die Fälle von Speicheldrüsenentzündung, welche
den Operationen am weiblichen Geschlechtsapparat folgen. Er sah nach einer
Entfernung einer doppelten Hydrosalpinx am zweiten Tage unter Temperatur-
steigerung am Kieferwinkel eine leichte Schwellung eintreten, die schon in
den nächsten Tagen ausserordentlich stark wurde und mit Rötung und Glanz
f
Parts ch, YerleUangen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 355
der Speicheldiüsengegend yerbunden war. Das Ödem griff auf die benach-
barten Gegenden, auf Hals, Gesicht, Schläfe, Auge und Augenlid über, dabei
war das Allgemeinbefinden sehr schlecht. Drei Horizontalschnitte, drei Tage
nach Beginn der Erkrankung gemacht, ohne dass bis dahin Fluktuation fahl-
bar war, entleerten eine seropurulente Flüssigkeit. Erst später gelang es,
Ton den Schnitten aus in der Tiefe Eiterherde zu eröffnen, nach deren Ent-
leerung die Temperatur abfiel. Le Den tu bespricht die verschiedenen Er-
klärungen des Zustandekommens dieser Art von Speicheldrüsenentzündung
und macht darauf aufmerksam, dass der Eiter in der Speicheldrüse durchaus
nicht immer in seinem Bakteriengehalt dem des Ursprungsherdes entspreche,
so dass man an eine aufsteigende Infektion vom Munde her denken muss.
So sind häufig bei Typhus oder Dysenterie Streptokokken und Staphylokokken
gefanden worden. Es scheint, als ob die primäre Erkrankung die Wider-
standsfähigkeit gegen Infektion vom Munde her herabsetzt. Es bleiben zwei
Möglichkeiten, entweder dass die Mundmikroben an Giftigkeit zunehmen, oder
dass die Widerstandsfähigkeit des Parotisgewebes abnimmt. Le Den tu
tritt für die frühzeitige Behandlung durch Inzision ein, ehe noch Fluktuation
nachweisbar ist. Man muss breit und rechtzeitig inzidieren, ohne den Stamm
und die Hauptäste der Gesichtsnerven zu verletzen. Deshalb bevorzugt er
Horizontalschnitte. Man kann dann die tiefe Fascie mit der Sonde stumpf
durchgehen und die Eiterherde direkt eröffnen. In seinem Falle fand Den tu
Diplokokken und Streptokokken, letztere mit eigentümlichen Kulturen bei
anaerobem Wachstum.
Borchardt (2) teilt einen Fall von Tuberkulose der Parotis aus der
Freiburger chirurgischen Klinik mit. Er betraf eine 51jährige Schreinersfrau,
Ton der drei Geschwister an Lungenschwindsucht gestorben waren. Eine
Tochter von 3 Jahren wurde an Drüsen operiert. Die Patientin selbst war
stets gesund, hatte achtmal geboren und stets auf dem Lande in freier Luft
gelebt. Vor 35 Jahren soll sich eine Anschwellung vor dem rechten Ohr hart
imd unverschieblich entwickelt haben. Die Grösse der Geschwulst soll zu ver*
schiedenen Zeiten gewechselt haben. Seit 1903 ist die Geschwulst sehr rasch
gewachsen, so dass die Pat. ärztliche Hilfe nachsuchte. Bei gesunden inneren
Organen findet sich in der rechten Parotisgegend eine flache halb orangen-
grosse Anschwellung, die bis zum Kieferwinkel und zum Rand des Kopfnickers
reicht. Sie scheint aus mehreren Lappen zu bestehet. Von unten ist ein
deutlich abgesetzter härterer Knochen nachzuweisen. Die Geschwulst war
nirgends druckempfindlich. Bei der Operation erwies sich die Geschwulst in
einer fibrösen Kapsel liegend, aus der sie sich leicht auslösen Hess. Von der
Parotis soll nichts zurückgeblieben sein, so dass der Tumor von der vergrösser-
ten Drüse selbst gebildet zu sein schien (?). Ausserdem wurde eine am Kiefer-
vinkel befindliche Lymphdrüse entfernt. Der Facialis musste durchschnitten
werden. Das Präparat ist eiförmig 8 cm lang, ÖV» cm breit, 3^/2 cm tief
und besteht aus drei grösseren durch fibröse Züge voneinander getrennten
Abteilungen, die in sich wieder kleinere Knötchen erkennen lassen. Mikro-
skopisch erweisen sich diese kleinen Knötchen als Reste des Parotisgewebes,
die durch Züge aus Binde- und Fettgewebe von einander getrennt sind. In
den Bindegewebssepten ist lymphadenoides Gewebe vorhanden. Ausserdem
findet sich in dem grösseren Knötchen reichlich tuberkulöses Granulations-
gewebe mit Riesenzellen und teilweise deutlicher Kalkeinlagerung ohne Spur
Ton Yerkäsung. Tuberkelbazillen wurden unzweifelhaft, jedoch in geringerer
23*
356 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Zahl nachgewiesen. Ziegler hält den Tumor für eine Tuberknlose des
lymphadenoiden Gewebes der Parotis, zumal die exstirpierte Lymphdrüse das-
selbe Bild der hyperplastischen nicht zur Yerkäsung neigenden Form der
Tuberkulose bot. Die Tuberkulose des Lymphapparates hat zur Atrophie des
Drüsenparenchyms geführt, ohne dass dasselbe sich an dem Entzündungsprozess
beteiligte. Darin scheint auch die lange Dauer der Erkrankung ihren Gnmd
zu haben und in dem Mangel der Verkäsung abzuweichen der bisher be-
schriebenen Parotistuberkulosen. Vielleicht hat auch darin der von der Fat
mit Bestimmtheit angegebene Wechsel der Grösse seinen Grund.
Piqu4(17) beschreibt einen seltenen Fall der Komplikation der Mittel-
ohreitenmg in Form einer Eiterung in der Umgebung der Parotis. Die sehr
unruhige Kranke, die mit gestörtem Bewusstsein und halluzinierend ihm zu-
geführt wurde, kam mit einer Schwellung der linken Parotis bis zum oberen
Augenlid reichend auf die Abteilung. Man nahm eine eitrige Parotitis an
und machte die Inzision, ohne eine abgegrenzte Eiterung dort zu finden. Nur
gelbliche Krümel fand man da und dort in der Wundhöhle. Sie erwiesen
sich als Kulturen des gelben Traubencoccus. Da aber die Eiterung sich nidit
massigen wollte, wurde hinter dem Ohr noch eine Inzision gemacht. Die
knöcherne Gehörgangswand war ziemlich bloss gelegt und von Granulationen
durchbrochen. Ein anderer Eiterherd fand sich noch an der rechten Brust-
Seite und musste ebenfalls inzidiert werden. In zwei kleineren Abszessen der
Schultergegend wurde der Kettencoccus gefunden. Es trat vollkommene H^-
lung ein. Der Zusammenhang zwischen der Ohrerkrankung und dem Speichel-
drüsenabszess ist nicht ganz leicht festzustellen. Es können sich die beid^
Herde sehr wohl gleichzeitig nebeneinander entwickelt haben, oder es kann
die Otitis der Parotitis vorangegangen sein. Für letzteres entscheidet sich der
Verfasser.
Sebileau (19) unterzieht in der sich anschliessenden Diskussion die
Mitteilung Picques und Jouberts einer strengen Kritik. Er bekämpft
die Auffassung, dass bei dem geschilderten khnischen Befunde die Parotis-
eiterung durch eine OhraflFektion herbeigeführt worden sei. Er bezweifelt,
dass eine starke Ohreiterung bestanden habe, als der Herd an dem Kiefer-
winkel, der blossliegenden Knochen ergab, eröffnet wurde. Er tadelt femer
das Vorgehen, dass bei einer angenommenen Ohreiterung lediglich die Eröff-
nung des Mastoidalfoftsatzes gemacht worden sei, während notwendigerweise
auch das Mittelohr hätte eröffnet werden müssen. Broca und Regnier
stimmen diesem Einwenden bei, ohne dass Pique undJoubert zu ihrer Ver-
teidigung das Wort nehmen.
In zwei Fällen von Parotisgeschwulst hat Fabris (9) die Exstirpation
der Drüse vorgenommen. Er bemerkt, dass in Fällen von Parotisneoplasien
rasch und radikal eingegriffen werden müsse, da diese Tumoren, die zu An-
fang aus gutartigen Elementen bestehen, durch eine ganz leichte Ursache sich
uml>iiden und eine rasche Evolution haben können und dann, sobald sie die
btriachbarten Gewebe invadiert haben, zum Tode führen. R. Giani.
Le Den tu (8) macht auf die Schwierigkeit aufmerksam, welche für die
Oia^nose öfters bei Tumoren der Parotisgegend bestehen, besonders wenn
sie sich nach der Gegend der Submaxillaris und Carotis ausdehnen und den
Phtn-jnx vortreiben. Er hatte einen orangegrossen Tumor zu operieren,
welcher die Unterkieferdrüse ganz verdrängt und die Mandel stark vorgewölbt
tifttte. Bei der 21jährigen Pat. verlief die Heilung rasch. Eine ausführliche
Partscfa, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 357
Beschreibung des mikroskopischen Befundes ergibt, dass der grösste Teil der
Geschwulst aus sarkomatösem Gewebe aufgebaut war, mit eingesprengtem
Kalk- und Epithelioidenmassen. Auf die Frage Sebileaus, wie bei dem verti-
kalen Schnitt der Facialis geschont werden konnte, erklärt Le Den tu, dass
er trotz Schonung des Nerven, den er nicht zu Gesicht bekommen, nachträg-
lich eine Lähmung auftreten sah, welche im langsamen Rückgang begriffen ist.
Illot (11) beobachtete bei einem 16jährigen Mädchen einen harten, be-
weglichen, knolligen Tumor in der rechten Submaxillargegend. Er hatte sich
langsam seit sieben bis acht Jahren entwickelt und hatte jetzt Walnussgrösse.
Bei der Exstirpation erwies sich der Tumor mit der tiefen Fascie verwachsen,
eingekapselt und mit der Submaxillaris zusammenhängend. Auf dem Durch-
schnitt war der Tumor weiss, fest, von gelbbraunen weicheren Flecken durch-
setzt. Die mikroskopische Untersuchung ergab ein Chondrom. Bösartige Er-
scheinungen waren nicht vorhanden. Unvollkommenes Drüsengewebe war mit
Knorpel gemischt. Die Heilung erfolgte ohne Zwischenfall. Für gewöhnlich
gehen derartige Geschwülste von der Parotis aus, selten von der Submaxillaris.
Cassanello (6) berichtet über einen Fall, in welchem Geci eine fast
gänzlich veränderte Parotisdrüse exstirpierte. Auf Grund des klinischen Ver-
laufs und noch mehr, weil deutlich eine Parotisläsion vorlag, war die Diagnose
auf cystisches Adenoepitheliom der Parotis gestellt worden; bei
der histologischen Untersuchung aber erkannte Verf. in der Parotis eine be-
sondere Läsion, die, seines Wissens, bisher noch von niemandem beobachtet
worden ist. — Er konstatierte nämlich eine starke Bindegewebshyperplasie
mit Bildung von sehr zahlreichen, verschieden weiten Drüsenepithelcysten.
Auf Grund seines histologischen Befundes behauptet Verf., dass es sich um
eine chronische interstitielle Parotis gehandelt habe, um eine Hyperplasie mit
nachfolgender Sklerose des perilobulären und interacinösen Bindegewebes, die
schliesslich das Zustandekommen von fibrösen Knoten und cystischen Räumen
zur Folge hatte. R. Giani.
Woolsey(21) stellte einen jungen Mann vor, den er 27» Jahre früher
wegen eines Endothelioms der linken Parotis operiert hatte. Nach der ersten
Operation war die Wunde nie ganz geheilt. Es blieb immer eine Fistel zurück,
die immer etwas absonderte. Bei der Untersuchung liess sich eine Schwellung
konstatieren, welche die ganze linke Parotisgegend einnahm und bis hinter
den Winkel des Kiefers übergriff. Ein Fistelgang führte unter dem Ohrläpp-
chen bis nach dem Kieferwinkel. Die Geschwulst war sehr hart und schien
die ganze Drüse einzunehmen und über ihre Kapsel hinaus zu gehen. Bei
ihrer Entfernung musste der Facialis durchschnitten werden. Die Geschwulst
erwies sich als ein Endotheliom, wie sie Volkmann beschrieb. Gibson sah
einen ähnlichen Fall, der die ganze Parotis einnahm und nach zwei Ope-
rationen nicht mehr wiedergekommen ist. In einem anderen Fall griff ein
von der Submaxillardrüse ausgehender Tumor bald nach der Operation auf
die Weichteile des Halses über und metastatisch auf das Rückenmark. Dass
in seinem Falle die Fistel bestehen blieb, erklärt Woolsey damit, dass
wahrscheinlich Tumorstticke zurückblieben und deshalb die Wunde nicht zur
Heilang gekommen sei.
Tonarelli (20) liefert einen beachtenswerten Beitrag zum Problem der
Histogenese der Speicheldrüsentumoren, auf Grund von histologischen Studien,
die er in 11 in der chirurgischen Klinik in Florenz von ihm operierten Fällen
ausfährte. Von diesen Tumoren betreffen sechs die Parotis und vier die
358 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Submaxillardrüsen, einer hatte sich aus einer der molaren Speicheldrüsen ent-
wickelt. Wie die mikroskopische Untersuchung dartat, handelte es sich in
zwei Fällen um ein reines Enchondrom, in einem Falle um Spindelzellensarkom
und in einem anderen Falle um aus Pflasterepithel bestehendes Epitheliom;
in den übrigen sieben Fällen handelte es sich um sogenannte Mischgeschwülste
der Speicheldrüsen , und zwar , wie Verf. auf Grund der Untersuchung von
zahlreichen Schnitten annehmen zu müssen glaubt: in einem Falle um Peri-
theliom, in einem um aus endothelartigen Zellen zusammengesetztes Hämangio-
Sarkom, in zwei um Lymphangioendotheliome und in einem um interfasci-
kuläres Endotheliom. Die von ihm erhaltenen histologischen Befunde mit den
von anderen, besonders von Hinsberg, Wil ms und Cassanello gemachten
zusammenstellend, kommt Verf. zu dem Schlüsse, dass man bezüglich der
Histogenese derartiger Tumoren keiner exklusiven Anschauung folgen dürfe,
wie es andere Forscher taten. Es sind Geschwülste, die sich in Drüsenorganen
entwickeln, die ihrem aktiven physiologischen Vermögen zufolge reich an Blut-
und Lymphgefässen sind, Geschwülste, die ihren Sitz in Regionen haben, wo
sich tiefe embryogenetische Prozesse vollziehen. Dass an solchen Stellen
drüsenartige epitheliale Tumoren, einfache oder endothelartige Bindegewebs-
geschwülste oder heterologe Neoplasien entstehen, ist durchaus nicht zu ver-
wundem. R. Giani.
Morestin (15) beobachtete bei einer 55jährigen Dame eine Geschwulst
der linken Wange, die seit 4 Monaten bemerkt worden war, sich aber in den
letzten 3 Wochen um das Doppelte vergrössert hatte. Eine nussgrosse Ge-
schwulst deutlich vorspringend, nahm die Wange in der Gegend des Masseters
ein, oberhalb der Linie, welche vom Tragus bis zum Mundwinkel gezogen wird.
Die Haut darüber war intakt, die Geschwulst selbst rundlich, hart, leicht be-
weglich, vollkommen schmerzlos auf Druck, mit der Schleimhaut des Mundes
nicht verwachsen. Der Stenonsche Gang war durchgängig und seine Son-
dierung Hess keine Beziehung mit der Geschwulst feststellen. Eine Probe-
punktion entleerte 3 ccm fadenziehender, leicht blutiger Flüssigkeit. Durch
die Punktion verschwand der Tumor, um nach 3 Tagen wieder vollständig
aufzutreten. Bei der Operation, die mit Schrägschnitt vorgenommen wurde,
konnte man zwei Nervenäste über die Geschwulst ziehen sehen und sie bei
Seite schieben. Der Stenonsche Gang kam nicht ins Gesichtsfeld, der Tumor
ging dicht bis zum Masseter. Sonst Hess sich der Tumor leicht ausschälen
und zeigte bei seiner mikroskopischen Untersuchung auf seiner Wand ein sehr
regelmässiges, zylindrisches Epithel, ähnlich dem der Ausgänge der Speichel-
drüsen. Es war kein Zweifel darüber, dass man es mit einer Speicheldrüsen-
cyste zu tun hatte.
Lee lere (13) gibt den Bericht über einen bösartigen Tumor der Parotis,
welcher durch den grossen Keilbeinflügel in das Schädelinnere durchgedrungen
und in das Gehirn eingebrochen war. Bei einem 65jährigen Landmann, der
mit einer Hnksseitigen Hemiplegie und fast bewusstlos eingeliefert wurde, fand
sich eine Geschwulst der rechten Parotisgegend. Die linksseitige Lähmung
bestand seit 4 Monaten. Seit 14 Tagen war das rechte Auge schmerzhaft
geworden und aus der Augenhöhle getreten. Die Geschwulst hatte die Grösse
einer Mandarine, war gleichmässig hart und reichte vom Tragus bis zum
Kieferwinkel. Die Haut war noch nicht verwachsen, normal gefärbt. Drüsen-
schwellung fand sich in der Umgebung, sowohl in der ünterKefergegend, wie
in der Gegend der Carotis und über dem Schlüsselbein. Rechts bestand keine
Fartsch, Verletzimgen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 359
Facialislähmxmg. Der Knabe starb 8 Tage nach der Einlieferung. Die Autopsie
bestätigte die schon bei Lebzeiten gestellte Diagnose, des Vordringens der
Gresch¥rnlst in die Schädelhöhle. Die Spitze des Temporallappens war mit
der Dura mater verwachsen und der vordringende Tumor hatte hier einen
Srweichungsberd von Hühnereigrösse hervorgerufen, der in den Seitenventrikel
durchgebrochen. Ausserdem fand sich in den Lungen eine grosse Menge
erbsengrosser Herde, zerstreut an der Peripherie der Lunge und der pleuralen
Oberfläche. In der rechten Lungenspitze waren zwei bohnengrosse Herde
vorhanden. Andere Metastasen fehlten. Mikroskopisch fand sich ein Epi-
thelialkrebs mit myxomatösem Stroma und Knorpelinseln.
Erkrankungen der Zunge.
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3. Carleas, Transhyoid Pharyngotomie. The Practitioner. May 1903.
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13^ Guinard, Epithelioma de la langue, opörö il y a. dix huit ans; troisi^me r^cidive.
Ball, et möm. de la soc. de Chir. 1903. Nr. 14.
14. ^Jacobson, A few lessons from fifty cases of Operation for Carcinoma of the tongue.
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15. Jahr, 30 FftUe von Carcinoma linguae. Bissert. Jena 1903.
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25. Simon, Über Makroglossie. Dissert. Bonn 1903.
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30. Unwin and Boyd, On a Series of cases of cancer of the tongae. Tbe Practitioner
1908. May.
Florence (9) macht darauf aufmerksam, dass die Zungenarterie nicht
immer im Pirogoff sehen Dreieck zu finden sei. Sie zeigte sich bei den
Operationsübungen öfters direkt am Knochen des Zungenbeines gelegen und
stieg erst unter der inneren Partie des Mylohyoideus auf. In anderen FSMea
lag sie erheblich tiefer, namentlich dann, wenn der Biventer mit einem breiten
Bande an das Os byoides festgeheftet ist. Wegen dieser relativ häufigen
Anomalien wird vorgeschlagen, die Unterbindung im Pirogoff sehen Dreieck
aufzugeben und lieber die Arterie weiter hinten dicht am Zungenbeinhom m
unterbinden, nahe an ihrem Austritt aus der Carotis. Die Arterie geht fast
stets parallel dem Zungenbeinhom, in dessen Nachbarschaft sie am bequemsten
zu finden ist. Ihre Unterbindung bietet bei den Exstirpationen schwerer
Zungenkarzinome immerhin grosse Vorteile.
Rautenberg (21) führte im Verein für wissenschaftliche Heilkunde in
Königsberg eine 43jährige Frau mit halbseitigem Schwunde der Zunge, der
sich seit 2 — 3 Jahren eingestellt hatte, vor. Es bestanden neben der Zungen-
affektion halbseitige Parese und teilweiser Schwund im linken unteren Facialis,
sowie Schwund des linken weichen Gaumens und Lähmung des linken Stimm-
bandes. Es fehlten aber alle Sensibilitätsstörungen, der Geschmack war vor-
handen. Es wird eine Erkrankung in der MeduUa oblongata angenommen,
in der Diskussion auch darauf hingewiesen, dass es sich trotz des Fehlens
der Sensibilitätsstörungen um Syringomyelie handeln könne.
Dreher (7) hat einen Zungenspatel konstruiert, auf dessen Rücken ein
dünnes Metallrohr festgelötet ist, das in einen Gummiballon ausgeht, in
welchen das zu verwendende Medikament in pulveriger Form gebracht wird.
Mit der Applikation des Spatels ist man ohne weiteres in der Lage das
Medikament bequem an die erwünschte Stelle zu bringen. Man braucht nur
eine Hand für Spatel und Bläser.
Depoutre (6) beschreibt einen der seltenen Fälle der phlegmonösen
Entzündung der Zungenmandel. Ein 35 jähriger Landmann klagte über ausser-
ordentliche Schmerzen im Schlünde, die plötzlich auftretend das Schlucken
unmöglich machten und nach dem Ohre ausstrahlten. Er hatte die letzten
48 Stunden gar nichts gegessen. Das Herabdrücken der Zunge rief lebhafte
Schmerzen hervor; ebenso ihre Bewegungen. Am Zungenende gewahrte man
mit dem Spiegel eine walnusgrosse Schwellung, welche die Epiglottis bei Seite
drängte. Es bestanden 40^ Fieber, Schüttelfrost und Kopfschmerz. Inzision
entleerte eine kleine Menge Eiter. Trotzdem werden die Beschwerden nach
anfänglicher Erleichterung schlimmer. Der Urin enthielt Eiweiss. Noch
einmal werden zwei tiefe Einschnitte gemacht, die eine grössere Menge Eiter
zutage förderten. Darauf Heilung. Seifert hat die Erkrankung 1893 als
Phlegmone peri-epiglottica beschrieben, Marion 1894 die Fälle der Literatur
in seiner These bearbeitet, und Escat 1902 in seiner Traite des maladies
du pharynx eine eingehende Beschreibung gegeben.
Part seh, VerletznogeD und chimrgiBche Krankheiten der Wange etc. 361
Eaz (16) weist darauf hin, das sich die phlegmonösen Prozesse im Rachen
und Schlund in drei Kategorien einteilen lassen: 1. in phlegmonöse Pro-
zesse in der Submukosa, von Senator als akute infektiöse Phlegmone des
Schlundes oder auch als Erysipel des Rachens bezeichnet, 2. in phlegmonöse
Prozesse der adenoiden Substanz, also Abszesse der kleinen Lymphfollikel des
lymphatischen Schlundringes und endlich phlegmonöse Prozesse im Zell-
gewebe; letztere können nicht nur in dem Gewebe um die Gaumenmandel
hemm, sondern auch an der Zungen wurzel , hinter der Zungen mandel sich
entwickeln, sei es, dass sie primär oder im Anschluss an Affektionen der
Zangentonsille zu stände kommen. Sie können sich auch auf das Gewebe der
Vallecula fortpflanzen und durch Verletzungen der Schleimhaut durch nicht
gat gekaute, feste Bestandteile der Nahrung oder durch Fremdkörper, wie
dorcli Borsten oder Fischgräten hervorgerufen werden. Auch soll zu heisse
Nahrung oder der Genuss heisser Getränke Veranlassung zum Eindringen
pathogener Keime geben können. Nach Simanowski soll sogar die Krank-
heit epidemisch vorkommen und dann besonders Kranke befallen, welche
schon längere Zeit an Affektionen des Rachens oder des Schlundes litten.
Unter den 28 Fällen, welche Simanowski beobachtet hat Yon Phlegmone
in der Gegend der Zungentonsille , ist nur in zwei Fällen eine Fortleitung
der Entzündung in die Gegend der Epiglottis nachweisbar gewesen. Kaz
selbst hat zwei Fälle beobachtet, in denen nur die Vallecula affiziert war, und
drei FäUe, in denen gleichzeitig eine Entzündung der Zungentonsillen bestand.
Als Symptome werden geschildert: Unbehagen beim Schlucken und Gefühl
leichter Trockenheit an der erkrankten Seite. Bald treten meist durch äussere
Zufälligkeiten veranlasst, allgemeine Störungen, Abgeschlagenheit, Mattigkeit,
unruhiger Schlaf, Kopfschmerzen, auch Schüttelfrost ein. Die Schmerzen
breiten sich über den ganzen Rachen aus, strahlen nach den Ohren, Hals
und Schulter hin. Das Schlingen fängt an, sehr schmerzhaft zu werden,
ebenso steigern sich die Schmerzen beim Sprechen. Die Sprache wird un-
deutlich und nasal. Heiserkeit tritt nicht ein. Die Behinderung des Schluck-
aktes führt zur Ansammlung von Schleim und Speichel im Schlünde und
wird durch die Steigerung der Speichelabsonderung noch vermehrt. Nur die
laryngoskopische Untersuchung vermag den Grund der Störung aufzuklären.
Das Vorstrecken der Zunge wird schmerzhaft ; der Unterschied zwischen den
beiden Valleculae fällt sofort auf. Die Vorwölbung kann so gross werden, dass
der Eingang zum Kehlkopf bis zu lebensgefährlicher Atemnot verengt wird.
Gelegentlich können auch in demselben Hyperämie und Schwellung eintreten,
oder auch vor der phlegmonösen Erkrankung vorhanden sein. Drüsenschwellung
wird am vorderen Rande des Kopfnickers beobachtet. Der Prozess pflegt stets
einseitig zu sein, und ist nach den bisherigen Beobachtungen nie auf die
andere Seite übergesprungen. Der Rachen kann bei den Affektionen voll-
kommen frei erscheinen, mit Ausnahme der unteren Abteilungen der auf die
Zungenwurzel übergehenden vorderen Gaumensegel. Bei bedeutenden Infil-
trationen können auch die Hautdecken der Zungenbeingegend sowie die Weich-
teile des Bodens der Mundhöhle in Schwellung geraten. Bis zur Reifung des
Prozesses pflegen 5 — 6 Tage zu vergehen, aber auch 2 — 3 Wochen gelegentlicL
Das hängt von der Tiefe des primären Herdes ab. Dem entspricht auch die
Dauer des Fiebers, das aber selten 39® erreicht. Differentialdiagnostisch
kommt die Angina Ludovici, Struma accessoria und Epiglottitis suppurativa,
wie sie Przedboreski nach Masern beobachtet hat, in Frage. Was die
362 Jahreebericht für Chirurgie. IL Teil
Behandlung anlangt, ist bei reifem Abszess die Eröffnung erforderlich.
Vorher ist Linderung durch eine 3 — 5^/oige Eokainlösung zu yerschaffen,
welche auf Zucker gegossen, durch Lutschen des Zuckers leicht verschlackt
wird. Kaz braucht folgende Mischung:
Rp. Cocaini muriatici 0,15 — 0,25
Mentholi japanici 0,12 — 0,15
Antipyrini 1,0—2,0
Spiritus vini 1,5
Glycerini 3,5
M. D. S. 3 — 5 Tropfen auf ein Stückchen Zucker langsam zu lutschen imd
zu verschlucken.
Einige Minuten vor dem Essen oder Trinken eingenommen, setzen diese
Tropfen die Empfindlichkeit so herab, dass die Nahrungsaufnahme schmerzlos
wird. Sprechen, Schlingen und Husten sind möglichst zu vermeiden. Im
Rachen angesammelte Flüssigkeit muss durch Spülungen mit lauwarmen
Lösungen fortgebracht werden. Im Beginn der Erkrankung kann wohl durch
Eisbehandlung eine Kupierung des Prozesses versucht werden, aber in den
meisten Fällen bleibt sie erfolglos, selbst wenn man äussere Eisumschläge
hinzu nimmt. Massage der Unterkiefergegend mit warmem Kampferöl und
nachfolgenden warmen Umschlägen wirken häufig noch besser. Ist der Abszess
gereift, so muss inzidiert werden, was häufig nur mit grossen Schwierig-
keiten und unter Zuhilfenahme des Kehlkopfspiegels möglich ist, dann aber
in den meisten Fällen sehr rasche Besserung bringt. Gewöhnlich wird der
Luftröhrenschnitt notwendig.
Gaucher (II) geht von der nach Ansicht des Referenten falschen Vor-
aussetzung aus, dass die Leukoplakie der Zunge stets luetischen Ursprungs
sei. Er glaubt in 95 ^/o der FäUe die früher überstandene Lues nachgewiesen
zu haben, macht sich aber nach den angeführten Fällen diesen Nachweis
sehr leicht. So genügte ihm im ersten Falle eine später auftretende Okulo-
motoriuslähmung, im zweiten Falle ein früher überstandener Abort, um eine
luetische Anamnese zu konstruieren. . Über die Unwirksamkeit der antfln-
etischen Behandlung der Leukoplakie setzt er sich ruhig hinweg. Er stellt
die Leukoplakie hinsichtlich der Lues in dieselbe Reihe wie die Tabes und
die Paralyse. Anatomisch glaubt er eine oberflächlich sklerosierende Glossitis
unter den leukoplakischen Flecken nachgewiesen zu haben, aber sie sei erst
sekundär, ursprünglich sei die Veränderung eine epitheliale, begründet in
der übermässigen Yerhornung des Epithels. Das Stratum granulosum der
Haut sei verdickt und mit Eleidin überladen. Gelegentlich fänden sich in
den Partien, welche zu papillären Wucherungen neigten, EpidermiskugehL
Er sieht in der Leukoplakie ;,une variete particuliere de glossite scl^rense
superficielle syphilitique^. Auf dem Boden syphilitischer Plaques entwickelten
sich die Yerddckungen des Epithels auf der Rückenfläche oder den Rändern
der Zunge, bald isoliert, bald zusammenfliessend. Manchmal greifen sie auch
auf die Unterfläche der Zunge über. In einem zweiten Stadium atrophiert
das Epithel und wird ausserordentlich dünn und fein, so dass neben weiss-
lichen Flecken grau-rötliche erscheinen, an denen nun leicht wieder das Epi-
thel einreisst, fissuriert und zu entzündlicher Verdichtung des unterliegenden
Bindegewebes Veranlassung gibt. Warzige Wucherungen pflegen dann zu
entstehen und im dritten Stadium aufzutreten. In diesen Fällen kann eine
Prädisposition oder hereditäre Anlage zur krebsigen Umwandlung führen-
Parts eh, Yerletzungen und chirargische Krankheiten der Wange etc. 363
Über die Behandlung der Affektion weiss 6 au eher nichts Neues zu sagen.
Die antiluetische hilft nichts, hat höchstens eine Verlangsamung der Ent-
Wickelung zur Folge, man soll aber nicht Jodkali verabfolgen, sondern nur
Quecksilber und letzteres in leichtlöslichen Salzen. Lokal sind alkalische
Gurgelungen und Mundbäder mit Wasserstoff-Superoxyd oder 10 ®/o iger Chlor-
Magnesiumlösung zweckmässig. Auch Bepinselungen mit chromsaurem Kali
1 auf 50 werden empfohlen. Vorzuziehen ist der Galvanokauter. Zu ver-
wechseln ist die Affektion mit Liehen planus. Das Auftreten ähnlicher
Flecke am übrigen Körper, das Zusammenfliessen ursprünglich verschiedener
weisser Flecke in dendritischer Form unterscheidet diese Flecken von der
Leukoplakie. Die krebsige Umwandlung verrät sich durch ein hartes warziges
Geschwür, das leicht blutet und übelriechende Absonderung zeigt. Drüsen-
schwellung, ausstrahlende Schmerzen unterstützen die Diagnose.
Schwienhorst (24) veröffentlicht aus der Giessener Klinik einen Fall
von Zungenaktinomykose , der einen 27jährigen Taglöhner betraf, der mit
Schlackbeschwerden, seit 6 Wochen bestehend, und Sprachbehinderung zur
Aufnahme kam. Seit 8 Tagen eingetretene Schmerzen in der Zunge hatten
zu einer starken. Schlucken und Sprechen gleich behindernden Schwellung
geführt.
Karies der Zähne war nicht vorhanden; ein kariöser Zahn war vor
längerer Zeit entfernt. Getreideähren hatte der Pat. nicht in seinen Mund
gebracht. Die Zunge des kräftig gebauten, hereditär nicht belasteten Pat.
war in der Mitte im Bereich des Zungengmndes und der mittleren Partie
derb infiltriert, ohne Fluktuation, ohne Rötung, stark druckempfindlich. Die
GL subungualis beiderseits leicht geschwollen und druckempfindlich; keine
Lymphdrüsenschwellung. Die Schwellung wechselt während der ersten Beob*
achtungstage. Nach einiger Zeit stellt sich an der Stelle der früher erfolglos
vorgenommenen Punktion ein gelber, stecknadelkopfgrosser Herd ein mit
Dmckempfindliehkeit des rechten Zungengrundes. Bei einer jetzt vorgenom-
menen Punktion werden zwei Aktinomyeesdrusen gefunden. Nun wird in
Narkose eine Inzision vorgenommen, welche in eine pflaumengrosse, mit derben
Granulationen gefüllte Höhle führt, die aber keine Kömchen mehr enthält.
Nach Tamponade heilte die Höhle glatt aus unter Nachlass aller der früher
vorhandenen Beschwerden. Im Anschluss an diesen Fall stellte Schwien-
horst 22 Fälle von Zungenaktinomykose aus der Literatur zusammen, ohne
dass damit eine vollständige Aufzählung beabsichtigt wird.
Ein Zusammenhang mit eingewanderten botanischen Elementen Hess
sich in obigem Falle nicht nachweisen.
Daily (5) teilt den Fall von tuberkulösem Gesell wür der Zunge bei
einer 35 jährigen Frau mit, die hereditär belastet, kinderlos war, Typhus und
Influenza durchgemacht hatte. Wiederholt hatte Hämoptoe bestanden. Ein
kleiner roter Fleck an der Spitze der Zunge trat ein, der sich allmählich auf
die rechte Seite der Zunge ausbreitete. Die Zunge wurde ungemein schmerz-
haft. Lungenveränderungen fanden sich ein. Bei der Aufnahme Hess sich
auf dem Rücken der Zunge ein brauner Belag und an der Spitze eine ulze-
rierte Fläche quer oval wahrnehmen, die blasse Oberfläche wird von glatten
Granulationen gebildet. Die Bänder des Geschwürs sind leicht unterminiert.
Das Geschwür misst 18 mm in der Länge und 6 mm in der Breite. Am
rechten Zungenrande ist ausserdem noch ein kleines Geschwür rund, vertieft
vorhanden. Wegen der Empfindlichkeit wurden Kokainpinselungen gemacht
864 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
und mit Milchsäure betupft, anfangs mit lO^/o Lösung, dann mit reiner
Milchsäure. Trotz dessen heilte das Geschwür wenig und Atzungen mit
Karbolsäure und Auslöffelungen brachten keine erhebliche Besserung, bis
endlich Acid nitricum Heilung herbeiführte.
Thaon und Le Roux (26) teilen eine Beobachtung mit yon tuber-
kulöser Veränderung der Zunge, welche sich an die von Gau eher und
Lacapere geschilderte Form der Verbreitung auf dem Wege der Lymph-
bahn anschliesst und die besonders dadurch ausgezeichnet ist, dass sich die
geschwürige Verbreitung auf die Schleimhaut der Wange fortzusetzen pflegt
und dass eine eigentümliche Entwickelung von Granulas dabei zustande kommt.
Ein 42 jähriger Mann, dessen Geschwister an Tuberkulose gestorben waren
und der acht Jahre vorher eine doppelseitige Lungenentzündung durchge-
macht hatte und seit vier Jahren an Atenmot, hartnäckigem Husten und
Abmagerung und profusen Schweissen litt, zeigt auf dem Zungenrücken ge-
schwürige Veränderungen, die lebhaften Schmerz hervorrufen und ausser leb-
hafter Speichelung Schluckbeschwerden erzeugten. Auf dem Zungenrücken
fanden sich deutliche Körnchenbildungen neben weisslichem Exsudat, welches
dieses zum Teil bedeckte. Meist kugelig, stecknadelkopfgross, fliessen sie an
einzelnen Stellen zusammen. Neben diesen finden sich kleine Fissuren, nicht
sehr tief, mit rötlich- violettem Grunde. Am rechten Zungenrande ist
ein ausgedehntes Geschwür von 5 — 6 mm vorhanden. Deutliche Drösen-
schwellung besteht nicht. Gaumen, Schlund und Mandel sind normal. Später
beobachtete man auf der Innenseite der Wange, in der Umgebung der Lippen-
kommissur eine Anhäufung von Kömchenbildungen, ganz ähnlich denen der
Zunge. Der Kranke verliess leider das Hospital, so dass weitere anatomische
und bakteriologische Untersuchungen nicht stattfinden konnten. Der laugsame
Verlauf, die eigenartige Lokalisation und die kömchenartige Form charak-
terisieren den Fall.
Mastrosimone(19) teilt die klinische Geschichte einer Patientin mit
die ein papillomähnliches Timiörchen auf der Zunge trug. Das Tumörchen
wurde dreimal abgetragen, zweimal in ausgedehntem Masse mit dem Bistourie,
es trat immer wieder an der gleichen Stelle auf. Bei der histologischen wurde
diese Neubildung als ein Mixosarkom erkannt, das seinen Ursprung aus
dem die Schleimhaut mit den Zungenmuskeln verbindenden Bindegewebe
nahm. Es hatte weder mit den Speicheldrüsen noch mit den LymphfoUikehi
des Organs Beziehungen. R. Giani.
V. Lall ich (18) gibt die Beschreibung eines Falles von Makroglossie
aus dem Landeshospital von Sebenico bei einem 19jährigen Bauernmädchen,
das als Kind von 6 Monaten auf dem rechten Zungenrande ein bläuliches
Knötchen bekam, das sich so vergrösserte, dass vom zweiten Lebensjahre ab
schon die Zunge keinen Platz mehr im Munde hatte. Krämpfe oder Zungen-
verletzungen haben nicht stattgefunden, die stark vergrösserte und gleich-
mäs^Hig geschwollene Zunge hing in Form eines schwer beweglichen, unför-
migen Klumpens bis zum Kinn herab. Ihre Substanz ist hart, die Schleim-
haut trocken, die Papillen vergrössert. Der Zahnfortsatz des Unterkiefers
ist nach aussen gedrängt, die Zähne, soweit sie stehen, mit Zahnstein bedeckt,
mehr horizontal gerichtet. Der Unterkiefer ist nach aussen und nach vom
gewachsen, als ob der erweichte Knochen nach aussen gebogen wäre. Die
Unterlippe ist stark gedehnt, hypertrophisch, die Lymphdrüsen geschwollen.
Die Nahrung wird mit den Fingern in den Schlund geschoben, der Speichel
Parts ch, Yerletzusgen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 365
läuft zn den Seiten ab. Es wurde aus der Zunge, nachdem sie an einer
Fadenschlinge stark vorgezogen, ein vertikaler, mehr als 10 cm langer Keil
anter erheblicher Blutung ausgeschnitten und die seitlichen Zungenlappen
yemäht Die Untersuchung mit dem Mikroskop ergab, dass es sich um ein
Lymphangioma cavemosum mit Atrophie der Muskelfasern handelte. Wenn
auch durch diese Operation, zumal sich Teile der Zunge brandig abstiessen,
die Zunge sich verkleinerte, erschien sie doch immer noch zu dick, so dass
4 Wochen später ein horizontaler Keil herausgeschnitten werden musste. Da
nach Heilung dieser Operation die Zahnreihen noch 4 cm voneinander entfernt
standen, wurden beiderseits Keile aus dem Unterkieferknochen ausgesägt,
worauf der Schluss der Kiefer möglich wurde.
Simon (25) gibt die Krankengeschichte eines 26jährigen, in der Bonner
Klinik zur Beobachtung gekommenen Steindruckers, der an Makroglossie litt.
Seine sechs Geschwister sowie seine Eltern sind vollkommen gesund. Schon
bei seiner Geburt soU die breite kurze Zunge aufgefallen sein und kleine
operative Eingri£fe zur Ermöglichung des Saugens gemacht worden sein. Die
Zunge fing zu wachsen an und lag vom sechsten Lebensjahr an auf den
Lippen. Sechs Jahre alt wurde er operiert und soll dann neun Jahre frei
geblieben sein, bis sich wieder Beschwerden einstellten, die namentlich in
wechsehiden Schwellungen der Zunge mit gelegentlichen Schmerzanfällen,
Behinderung im Sprechen und Kauen bestanden. Allmählich wurden die
Schwellungen der Zunge periodisch, so dass er am Abend vorher merkte, dass
die Zunge am nächsten Morgen anschwellen ¥nirde. Eine oberflächliche
Operation brachte vorübergehend Erleichterung, aber später eintretende
Blutungen nötigten den Patienten, endgültig Hilfe zu suchen. Der Patient
hielt den Mund offen und hatte starken Fötor. Die Sprache war schlecht,
wenn auch nicht ganz undeutlich. Die Lippen schlössen nicht ganz, so dass
man die oberen Schneidezähne sab. Die Zahnreihen standen regelrecht in
einem spitzen Bogen und konnten fest aufeinander gepresst werden. Hinter
den Zähnen des Unterkiefers lag eine livid gerötete, höckrige, mit Schleim-
haut bedeckte Geschwulst, auf der die verdünnte Zunge wie eine Kappe von
hinten her fest aufsass. Die Zunge füllte nicht ganz die Mundhöhle aus,
80 dass der Mund gut geöffnet werden konnte. Auf der Oberfläche der Ge-
schwulst waren deutliche Zahnabdrücke, einzehie Stellen erodiert. Dellen-
förmige Bläschen mit durchsichtigem Lihalt, in Gruppen, auch himbeerartig
geordnet, waren auf der Oberfläche der Geschwulst vorhanden. Patient wurde
in sitzender Stellimg chloroformiert und die Geschwulst in Form keilförmiger
Stacke herausgeschnitten. Die Geschwulst war nicht abgekapselt und ging
ohne Grenzen in das gesunde Gewebe über. Die Bildung der Zunge gelang
durch Yerziebung der Lappen und Vereinigung derselben. Die mikroskopische
Untersuchung ergab ein Hämato-Lymphangioma. Trotzdem die Geschwulst
am Mundboden sass, glaubt doch der Verf. nach dem ganzen Verlauf der
Krankheit die Geschwulst als Makroglossie ansprechen zu müssen. Er hat
82 Fälle dieser Erkrankung zusammengestellt, von denen 62 angeboren waren,
8 erworben und 22 unbestimmt. Die klinischen Erscheinungen werden aus-
führlicher besprochen, besonders die Gründe und Ursachen der periodischen
Schwellung, und die einzehie Erklärung für die Tatsache kritisch beleuchtet.
Unter den statistisch zusammengestellten Fällen waren 27 einfache Lymph-
angiome, 4 kavernöse, 6 gemischte Blutljmphangiome. Eine ausführliche,
nach den Jahren geordnete Literaturübersicht schliesst die fleissige Arbeit.
366 JahrMbericht fflr Chirurgie. II. Teil.
Richter (23) gibt eine Übersicht über die verschiedenen Arten der
gutartigen Geschwülste, indem er das, was über die Cysten, die Dermoide,
die Chondrome und Osteome, die Angiome und Lymphangiome, die PapiUome,
Fibrome, Lipome und Adenome bekannt ist,' zusammenstellt und einen neuen
Fall von Zungenadenom , der in der Klinik zu Bonn beobachtet wurde, mit-
teilt. Ein 59 jähriger Kaufmann bemerkte 14 Tage vor der Aufnahme in die
Klinik Schmerzen in der rechten vorderen Zungenhälfte, wo man unter der
intakten Schleimhaut eine bohnengrosse Verhärtung fühlte. Die submaxillaren
Drüsen waren nicht geschwollen. Unter Kokain-Anästhesie wurde das Knöt-
chen mit zwei Scherenschlägen keilförmig ausgeschnitten und die Wunde
sofort genäht. Der kleine gelbliche Tumor bot bei seiner Untersuchung das
typische Bild eines Adenoms, in dem zwischen einem zellreichen bindegewebigen
Stroma zahlreiche Quer- und Längsschnitte azinöser Drüsen mit Ausführungs-
gängen zu sehen waren.
Frip und Iwan (10) geben eine Übersicht über das Sarkom der Zange,
von dem sie 29 Fälle aus der Literatur zusammengestellt haben. Die Über-
sicht bietet keine besonderen neuen Gesichtspunkte und schliesst sich an die
von Merion gegebene eng an.
Kohl (17) stellt aus der Literatur 42 Fälle von Zungensarkom zusammen,
denen er einen 43. aus der Bonner Klinik anreiht. Er betraf einen sechs-
jährigen Knaben, dem früher Drüsen am Halse entfernt worden waren, und
der seit einem halben Jahre die Zunge nicht mehr recht bewegen konnte.
Die linke Hälfte der Zunge war von einer knolligen Geschwulst eingenommen,
die sich bis in den Zungengrund fortsetzte. Ein exzidiertes Stückchen ergab
Spindelzellensarkom. Nach vorausgeschickter Tracheotomie und eingelegter
Tamponkanüle sollte zunächst die Zungenarterie unterbunden werden. Dies
misslang aber wegen der festen Narben. Nach temporärer Resektion des
Unterkiefers wurde die linke Hälfte der Zunge abgetragen. Gleichzeitig
wurden zahlreiche Drüsenmetastasen mit fortgenommen. Die Wunde wurde
von unten her bis in die Mundhöhle austamponiert. Erst nach acht Tagen
liess sich die Tamponkanüle entfernen. Auch musste die ersten acht Tage
die Fütterung mit Schlundsonden erfolgen. Es traten sehr schnell Dnisen-
rezidive ein auf beiden Seiten des Halses trotz Heilung der Zungenwunde.
Die stark geschwollenen Drüsen bildeten sich aber in einem Vierteljahre
zurück. Mikroskopisch erwies die Geschwulst einen sehr eigenartigen Bau;
scharf abgegrenzte Knoten zeigen einen zwiebelartig geschichteten Bau mit
stark hyaliner Degeneration der Mitte. Die Drüsen weisen keine Sarkom-
zellen auf. Die Übersicht über die 43 Fälle lässt erkennen, dass die meisten
Fälle bei jugendlichen Patienten beobachtet sind: von 33 Fällen mit genauer
Altersangabe betreffen 24 vor dem 40. Lebensjahre stehende Patienten. Im
1. Lebensjahr wurden 4 Fälle beobachtet, im Alter von 1 — 10 Jahren 2, von
11—20 Jahren 4 Fälle, 21-30 Jahren 7 Fälle, 31—40 Jahren 7 Fälle,
41—50 Jahren 1 Fall, 51-60 Jahren 3 Fälle, 61—70 Jahren 6 Fälle. Auf
22 männliche kommen 12 weibliche Patienten. Die Prognose für die end-
gültige Heilung ist nicht so ungünstig, wie beim Karzinom. In 19 Fällen
trat definitive Heilung ein, trotzdem einzelne Fälle mehrmals operiert werden
mussten. Der Charakter des Sarkoms zeigt sich für die Prognose nicht
wesentlich. Auffällig ist, dass bei dem Zungensarkom die Schwellung der
Drüsen selten vorhanden ist. Wo diese auftritt, ist die Prognose ungünstig.
In 10 Fällen sass der Tumor auf dem Zungenrücken, in 8 Fällen auf der
P arisch, Yerletzangen und chirargiscfae Krankheiten der Wange etc. 367
Znngenbasis, in 11 Fällen auf der rechten oder linken Seite, in 2 unter der
Zunge, in einem auf der Spitze. In 32 Fällen waren 12 Bundzellensarkome,
9 Spindelzellensarkome, 3 Lymphosarkome, 2 Fibrosarkome. Als Behandlung
kommt nur die operative in Frage.
Beclus (22) teilt die Geschichte eines Kranken mit, dem er in 21
Jahren 8 Epitheliome der ZuDge entfernt hat. Der hereditär nicht belastete
Patient bekam im Jahre 1863 kleine Geschwüre der Zunge, welche auf
Höllensteinatzung verschwanden. 1871 trat ein linsengrosser Fleck in der
vorderen Partie der Zunge auf. Er wuchs allmählich und wurde 1880 sehr
schmerzhaft. 1881 wurde die erste Operation durch Bichet vorgenommen,
aber das Bezidiv entwickelte sich schnell und macht« schon im nächsten
Jahre eine Operation wieder notwendig. In demselben Jahre trat ein neues
Bezidiv und Drüsenschwellung auf. Beides wurde von Humbert fort-
genommen. 1887 kam ein neues Bezidiv, das 1894 operiert wurde, ebenso
wieder 1898 und 1900. Jetzt ist die Zunge unregelmässig geschwollen, in
ihrer vorderen Partie glatt und weisslich gefärbt. Nach hinten zu ist sie
von Furchen durchzogen und zeigt unregelmässige gelbliche Flecke. Die
Drüsen der Unterkiefergegend und des Halses sind frei. Unter Kokain-
anästh^ie wird der Fleck flach exzidiert und die Wunde durch Naht ge-
schlossen. Während im allgemeinen der Tumor das Bild der Leukoplakie
gibt, sieht man im Zentrum Epidermiskugeln des verschiedensten Alters, die
sich in der Färbung unterscheiden. Das Muskellager ist vollständig intakt.
Fisk (8) stellte einen 71jährigen Mann vor, der früher ein starker
Raacher gewesen, und bei dem sich nach einem Biss in die Zunge seit zehn
Monaten eine sehr schmerzhafte, dauernd wachsende Geschwulst entwickelt
hat. Die Zunge war so gross geworden, dass sie nicht mehr im Mund ge-
halten werden konnte. Bechterseits befand sich zwischen Schleimhaut und
Muskulatur eine auf Druck schmerzhafte Geschwulst ohne Schwellung der
Drüsen. Wegen der grossen Schmerzen und der Erschwerung der Nahrungs-
aufnahme wurde im September 1902 die Zunge exzidiert nach vorheriger
Unterbindung der Zungenarterien. Der Zungenstumpf wurde an den Mund-
boden angeheftet und die Schleimhautfläche mit Catgut vereinigt. Der Kranke
genas. Die Geschwulst erwies sich als ein Bundzellensarkom. Der Kranke
ist vorläufig noch rezidivfrei.
Jahr (16) berichtet über 30 Fälle von Zungenkrebs, die von Geheimrat
Biedel in der Zeit von 1884 bis 1901 beobachtet worden sind. Von diesen
sind nur 24 zur Operation gekommen, 4 waren nicht operabel, 2 verliessen
Tor der Operation die Klinik. 22 sind mit Voroperation behandelt und zwar
14 mit Unterbindung einer Lingualis, 6 mit Unterbindung beider. Trotz
dieser Voroperation ist zweimal eine erhebliche Blutung in den Kranken-
geschichten notiert. Die Exstirpation der Geschwulst wurde entweder vom
Munde aus ohne Hilfsschnitte, oder mit Spaltung der Wange bis nach dem
Ohre zu (7 mal), oder mit Durchsägung des Kiefers in der Bichtung des Haut-
schnittes (4 mal) vorgenommen. 3 mal wurde die Zunge ganz exstirpiert, 3 mal
fast ganz. Lymphdrüsen wurden in 15 FäUen und Speicheldrüsen in 4 Fällen
entfernt. Im Anschluss an die Operation gestorben ist nur 1 Patient (4,2 ®/o
Mortalität). Durchschnittlicher Aufenthalt in der Klinik 22 Tage. Von den
Operierten ist in 22 Fällen das weitere Schicksal bekannt. 18 sind an Kar-
zinom zugrunde gegangen, 2 lebten mit Bezidiv, 1 Patient ging durch Selbst^
mord zugrunde, 3 an anderweitigen Erkrankungen und 8 sind geheilt. Vorf
368 Jahresbericht fär Chirurgie. IL Teil.
6 Rezidiv-Operierten ist bei keinem eine Danerheilung erzielt worden. Die
Lebensdauer beträgt bei den an Karzinom zugrunde Gegangenen 9,5 Monate.
Durch die Operation gewinnen die Kranken nur eine kurze Verlängerung;
die Dauer der Heilungen schwankt zwischen 12 und IVs Jahren. Im allge-
meinen waren die Patienten frühzeitig in ärztliche Behandlung gekommeD.
Es berechnet sich also das Heilungsresultat Riedels auf SSVsWo, gegenüber
dem der anderen Operateure ein sehr günstiges.
Guinard (13) stellte einen 69 jährigen Patienten vor mit einem Epi-
theliom der Zunge, welches vor 18 Jahren das erste Mal operiert und jetzt
zum dritten Mal rezidiviert ist. Sein Vater ist an Magenkrebs gestorben,
seine Schwester an Gebärmutterkrebs. Mit 50 Jahren begann an der linken
Seite in Form weisser Flecke, welche durch übermässigen Tabaksgenuss erzengt
waren, ein Zungenkrebs, der ein Jahr später unter sehr starken ausstrsJilen-
den Schmerzen, lebhafter Speichelabsonderung und häufiger Blutung ein tiefes
Geschwür gebildet hatte. Verneuil entfernte 1885 die ganze linke Hälfte
der Zunge samt der sublingualen und submaxillaren Gegend. Bald entstand
am Stumpf ein Rezidiv, welches galvanokaustisch entfernt wurde. Nach
seiner Genesung führte der Patient ein strenges Leben, rauchte nicht mehr,
machte grosse Märsche, entsagte vollständig dem Alkohol, nahm lange Zeit
Arsen. Trotz guten Allgemeinbefindens erschienen vor einem Monat wieder
weisse Flecke rechts an der Zunge und jetzt ist das Rezidiv ausgesprochen.
Es sitzt nicht an der alten Operationsnarbe, sondern auf der Mitte des
Zungenrandes. Eine kleine harte Drüse ist vorhanden. Der Fall zeigt, dass
man auch mit umfangreichen Operationen gute Erfolge erreichen kann. In
der Diskussion erwähnt Pothera den Fall einer 62jährigen Dame, welche
vor 12 Jahren durch Broca an einem Zungenkrebs operiert worden war
und jetzt an einem Krebs des Mastdarms litt. Rentier teilt einen Fall
mit, den er vor 9 Jahren mit Unterbindung der Lingualarterien und Ent-
fernung der Drüsen und Fortnahme von Vs der Zunge operiert hatte, der
ebenfalls noch gesund ist.
Butlin (2) hat alle seine Fälle von Zungenkrebsoperationen zusammen-
gestellt. Es sind 129. Von ihnen können 32 als absolute Erfolge bezeichnet
werden. Rechnet er 12 Pat. , welche bei dreijähriger rezidivfreier Zeit an
anderen Krankheiten gestorben sind, ab, so ergibt sich ein Verhältnis von
32 Erfolgen auf 117 Fälle — 27®/a Heilung. Unter ihnen befindet sich ein
über 80 Jahre alter Mann, der vor 19 Jahren operiert ist und trotz sehr
umfangreicher Geschwulst und Infiltration der Drusen gesund geblieben ist
Von den Misserfolgen kommen 14 auf Todesfälle bald nach der Operation
und 12 auf interkurrente Erkrankungen innerhalb drei Jahren nach der Ope-
ration. 41 Pat. starben an der Lymphdrüsenaffektion ohne lokales RezidiT.
Bessere Resultate werden erst kommen, wenn die Pat. frühzeitiger zu ope-
rativen Behandlungen erscheinen. Verf. geht näher auf die diagnostischen
Schwierigkeiten imd auf die zum Krebs disponierenden Krankheiten ein und
verlangt, dass man die Pat. in diesen Fällen auf die Möglichkeit des An»-
bruchs des Krebs vorbereiten soll. Namentlich macht er auf die warzigen
Veränderungen auf der Zunge aufmerksam, die mehr als alle anderen zum
Krebs disponieren. In beigegebenen Bildern veranschaulicht er die Form.
Leider werden solche Zustände oft lange übersehen und durch Mittel hin-
gehalten, ehe der Kranke zur Operation kommt. Die Pat. haben vor der
Operation grosse Furcht, die aber angesichts der operativen Resultate nicht
Part seh, Verletzungen and chirurgische Krankheiten der Wange etc. 369
berechtigt ist. Auch die Entfernung der Zunge selbst in umfangreicherer
Form stört im Sprechen sehr wenig. Im übrigen vertritt Butlin die An-
schauungen, die er in seinem andererseits referierten Artikel näher darge-
legt hat.
Boyd und ünwinn (30) haben die in der Zeit von 1891 — 1902 am
Charing Cross-Spital beobachteten Fälle von Zungenkrebs zusammengestellt,
nnd zwar nur jene, bei denen die Zunge der primäre und hauptsächliche Sitz
der Krankheit war. Von 34 Fällen war 7 mal das Frenulum zuerst befallen.
Ein Fall war schon anderwärts operiert und ist infolgedessen ausser acht
geblieben. Eine Frau blieb 11 Jahre nach der Operation gesund. In zwei
Fällen sind die Fat. an interkurrenten Krankheiten gestorben, 4^4 Jahre
nach der Operation und frei von Rezidiv. In einem Falle wurde nach Ent-
fernung eines Krebses der rechten Seite der Zunge ein neuer isolierter Herd
an der linken Seite getroffen, nachdem Fat. 6^U Jahre frei geblieben war.
In zwei Fällen wurde trotz frühzeitiger Operation nach 4^/4 Jahren dauernder
Gesundheit doch noch ein Drüsenrezidiv gesehen. In einem Falle wurde
Tracheotomie nötig, weil der Tumor der Zungenbasis, auf die Epiglottis über-
greifend, so an die hintere Rachenwand sich heranlegte, dass die Atmung in
der Narkose stockte. 5 Fälle starben in direktem Anschluss an die Ope-
ration, darunter einer, bei dem schon bei Beginn der Operation eine Broncho-
pneumonie bestand. Ein anderer starb an Erschöpfung, einer an Septikämie,
einer an Empyem. Von 12 Fällen von 26 ist einer 11 Jahre lang gesund,
zwei starben 6 und vier 4 Jahre nach der Operation ohne Rezidiv, zwei sind
frei von Rezidiv, einer 8^/4 Jahre nach Entfernung der rechten Zungenbälfte
und 2 Jahre nach Entfernung eines Krebses aus der linken Seite. In zwei
FäUen schien der Verlauf durch die Operation wesentlich protrahiert. Von
ihnen starb einer an einem Rezidiv an den tiefen Halsdrüsen, der andere
an Lebermetastasen. In 14 Fällen trat bald Rezidiv ein. Unter den 33
Fällen waren 3 Frauen und 30 Männer ; der jüngste Fat. war 42, der älteste
75 Jahre. Die grösste Zahl der Fälle betrafen Leute von 50—59 Jahren.
Was den Sitz anlangt, fanden sich von 26 FäUen 6 vom, 12 in der Gegend
der Mahlzähne vor dem Gaumenbogen, 6 griffen auf den Gaumenbogen über,
einer befiel das hinterste Drittel. Von den Rezidiven glauben die Verff., ob-
gleich ein Beweis dafür nicht zu liefern ist, dass einige auf Verimpfung in
die Wundränder bei der Operation zustande gekommen sind, und sie schlagen
deshalb vor, das primäre Geschwür vor der Operation zu verschorfen. Eine
ähnliche Infektion findet auch statt durch das Bersten oder Verletzen von
geschwollenen Drüsen. Treten solche Zufälle ein, sollten die benutzten Instru-
mente sofort bei Seite gelegt und nach Gheynes Rat die Wundfläche mit
Karbolsäure geätzt werden. Gegen die meisten Rezidive schützt nur ein
Operieren weit im Gesunden. Aber leider läset sich das gesunde Gewebe
nicht genügend erkennen. Die Koch er sehe Submaxillaroperation hat nicht
inimer den Erwartungen entsprochen und ist verlassen worden. Der Median-
echnitt durch Kinn und Kiefer gibt besseren Zugang zu den Kieferteilen.
Man kann gleichsam dann den Tumor in einer Kapsel gesunden Gewebes
ausschälen, wenn man die Muskeln mit fortnimmt. Die Drüsen sind fast
immer mit fortgenommen worden, und selbst vor sehr umfangreichen Opera-
tionen hat man nicht zurückgeschreckt. Bei dem Sitz des Tumors in der
MitteUinie müssen die Drüsen auf beiden Seiten fortgenommen werden; sind
die Drüsen mit Gefassen oder Muskeln verwachsen, müssen von beiden Stücke
Jahresberiehk fflr Chirurgie 1908. 24
370 Jahresbericht für Chirurgie. 11. Teil.
mit fortgenommen werden. Die Lymphbahnen scheinen von der Zmige keinen
sehr regelmässigen Verlauf zu nehmen, man wird oft von Metastasen in den
Drüsen überrascht, die man nicht für gefährlich gehalten hat. Eine sorg-
fältige Reinigung der Mundhöhle muss der Operation vorangehen. Zur Ne-
krose wird die kombinierte Morphium -Chloroformnarkose genommen. Die
Drüsenoperation wird, wenn die Mundhöhle dabei nicht eröffnet wird, zuerst
vorgenommen und dann erst der Tumor im Munde entfernt. Das Einfliessen
von Blut in den Bachen ist durch die Stellung des Kopfes zu verhindern.
Die Tracheotomie ist nur bei Atemnot zu machen. Muss der Kiefer durch-
schnitten werden, wird er in der Mittellinie durchtrennt. Die Mundhöhle
wird nach Möglichkeit abgeschlossen. Die Mundwunde wird mit White-
headschem Firnis gepinselt. Aufrechthaltung in der Nachbehandlung ist
wichtig.
Butlin (1) teilt Fälle mit, in denen ihm trotz seiner reichen Erfahrung
die Diagnose des Zungenkrebses mitunter schwer geworden ist oder in denen er
eine falsche Diagnose gestellt hat. So sah er ein sehr kleines hartes Geschwur
am linken Zungenrande schmerzlos und ohne entzündliche Reizung in der
Gegend eines scharfrandigen kariösen Zahnes. Der Zahn wurde zur Vor-
bereitung der Operation entfernt und zwei Tage nachher war das Geschwür
in Heilung ; einen ähnlichen Fall sah er später noch, wo ebenfalls ein hartes
indolentes Geschwür mit sekundärer Drüsenschwellung erzeugt war. Auch
dieses Geschwür war kurze Zeit nach der Zahnextraktion verschwunden. Mit
Recht stellt er den Grundsatz auf, dass diese Irritationsgeschwüre sofort
heilen, wenn die Ursache beseitigt ist und dass das Ausbleiben der Heilung
bei Entfernung des Zahnes stark den Verdacht auf ein bösartiges Geschwur
hervorruft. Auch luetische Affektionen machen häufig diagnostische Schwie-
rigkeiten. So sah er bei einem 40 — 50jährigen Mann bei ausgesprochener
Leukoplakie einen warzigen Tumor mit Geschwtirsbildung nahe der Zungen-
spitze , welches er für ausgesprochenen Krebs hielt. In zehn Tagen trat bei
Verwendung von Jodkali eine vollständige Besserung ein. In einem anderen
Falle, wo ein Geschwür, das durch einen Zahn hervorgerufen schien, bei dem
Luetiker auch nach der Herausnahme des Zahnes nicht heilen wollte, trat
unter Jodkali eine solche Verhärtung und ein Wachstum auf, dass der Krebs
sicher schien. Und doch ergab die Probeexzision ein negatives Resultat
Wenn auch letztere manchmal zweifelhafte Bilder gibt, so ist sie doch stets
anzuwenden, wo Zweifel bestehen, besonders bei den warzigen Veränderungen
leukoplastischer Flecke.
Die Tuberkulose gibt selten zu Verwechselungen Anlass. So sah z. B.
ein kleines Geschwür auf der Mitte des Zungenrückens bei einem sonst ge-
sunden Manne und beim Ausschaben des Grundes epitheliale Zellen und Ge-
bilde wie Zellnester im Mikroskop. Dadurch schien die Diagnose auf Karzinom
sicher und das Geschwür wurde ausgeschnitten. Die entsprechenden Präparate
ergaben das deutliche Bild der Tuberkulose. Einige Monate später trat
Hämoptoe und Spitzeninfiltration hinzu. In einem anderen Falle wurde ein
tuberkulöses Geschwür angenommen , erwies sich aber als Krebs. Auch hier
entscheidet die mikroskopische Untersuchung. Auch selbst, wenn Drüsen-
schwellungen vorhanden sind, wird es sich empfehlen, zuerst das Zungen-
geschwür fortzunehmen und dann erst die Drüsen.
Whitehead (28) kommt auf seine frühere Arbeit über die Exstirpation
des Zungenkrebses zurück. Er hat bei 116 Operationen von Zungenkrebs
PartBch, Verletzangen und chimrgiBelie ErankheitsD der Wange etc. 371
nur drei Todesfälle und von diesen trat einer durch Bnptur eines Lungen-
abszesses am zweiten Tage nach der Operation, die beiden anderen an Syn-
kope, resp. Entkräftung ein. Er bat die Totalexstirpation der Zunge ohne
äusseren Schnitt, ohne Unterbindung der Zungenarterie und ohne Tracheo-
tomie gemacht. Die Durchschneidung des Kiefers hält er für überflüssig.
Der Ekraseur sollte ganz verlassen werden. Das Einfliessen von Blut kann
während der Operation sicher verhindert werden, so dass eine vorausgehende
Tracheotomie nicht erforderlich ist. Was die Operation anlangt, legt White-
he ad auf die Stellung des Patienten während derselben einen sehr grossen
Wert. Der Operateur muss so nah als möglich an den Patienten herantreten
können, und die Stellung des Kopfes muss dem Operateur sein Handeln mög-
lichst erleichtem. Er setzt den Patienten auf einen Stuhl mit gebogenen
Füssen und schlingt mit Tüchern die Arme des Patienten an, so dass dieser
festsitzt. Während der Narkose kann der Patient in horizontale Lage ge-
bracht werden. Ist der Patient narkotisiert, so wird die Zunge mit einer
Zange stark vorgezogen und durch eine Ligatur umschnürt. Dann wird das
Zungenbändchen durchschnitten und mit einem Scherenschlag die Schleimhaut
bis zum Gaumenpfeiler durchtrennt. Ist dann zu beiden Seiten die seitliche
Verbindung der Zunge und der vordere Gaumenpfeiler durchschnitten, lässt
sich die Zunge soweit aus dem Mund herausziehen, dass die Gefahr des Ein-
laufens von Blut nicht mehr vorliegt. Schritt für Schritt kann jede Arterie
dann durchschnitten und gefasst werden. Nach der Ausschneidung der Zunge
trägt er auf die Wundfläche Jodoformäther mit Terpentin auf. Dieser Firnis
soll die Gefahren sämtlicher Infektionen herabsetzen. Schon am zweiten
Tage verlässt der Patient das Bett. Man soll die Exzision der Zunge auch
noch vornehmen, wenn die Drüsen schon geschwollen sind, da die Selbst-
intoxikation auszuschalten ist. Auch bei fortgeschrittener Metastase hat
Verf. noch operiert, zweimal Stücke aus der Carotis communis entfernt und
wiederholt die Vena jugularis unterbunden. Der Heredität schreibt er eben-
falls keine grosse Bedeutung zu, er hat nur in 5^/o der Fälle entsprechende
Angaben finden können. Unter seinen Patienten hat er einen, der 13 Jahre
geheilt ist. Im allgemeinen scheinen ihm die Resultate ganz gute und jeden-
falls werden sie mit zunehmender Erfahrung besser.
Erkrankungen des Gaumens.
1. Bloch, Der hohe Gaumen. Zeitschrift für Ohrenheilkunde 1903. Bd. XLIV. Heft 1.
2. *Daniel, Adenoide : From the Practitioners point of view. The Practitioner 1903.
ApriL
3. ^Ehrmann, Restauration palatine. Bull, et möm. de la soc. de Chir. 1903. Nr. 39.
4. Halasz, Geheilter Fall einer vollständigen Verwachsung des weichen Gaumens als
Folge von Lues. Monatsschrift fdr Ohrenheilkunde 1903. Nr. 10.
5. Kronacher, Ober fi*ühzeitige Gaumennabt. Ärztlicher Verein Nürnberg. Münch.
med. Wochenschrift 1903. Nr. 4.
6. Mar er, Schussverletzung, Projektil im weichen Gaumen. Allgemeine Wiener med.
Zeitung 1903. Nr. 49.
7. *Potherat, Fihro-ad^noroe de la voüte palatine. Bull, et m^m. de la soc. de Chir.
1903. Nr. 39.
8. *Pugnat, De quelques complications des v^^tations adenoides. Revue m^dicale de
la Snisse romande 1903. Nr. 9.
9. *Reverdin, Une nouvelle aiguille palatine. Gazette m^dicale 1903. Nr. 50.
10. Sebileau, Tnmeur mizte du volle du palais. Bull, et möm. de la soc. de Chir. 1903.
Nr. IL
24*
372 Jahresbericht fttr Ghirargie. IL Teil.
11. Serapin, K., Über die Miscbgeschwfilste des Ganmena. Raasischea Archiv ftr
Chirurgie 1808, Heft 2.
12. TollerSp Angina and Pharyngitis phlegmonosa mit eitriger Thrombose des Sinns
cavernosus und eitriger Meningitis basilaris. Zeitschrift fttr Ohrenheilkande 1903. Bd.
XLIV. Heft 8.
13. Workmann,A small tumor of the hard palate of epithelial nature with microacopie
demonstration. Path. and Chir. soc. Glasgow med. Journal 1908. April.
Bloch (1) veröffentlicht eine von einem reichen Material durch sorg-
fältige Messungen gewonnene Studie über den hohen Gaumen. Beim Umfang
der Arbeit sei es mir gestattet, hier nur die Schlussfolgerung anzufähr^i:
Der hohe Gaumen der Autoren ist ein durch Schätzung nach dem Augen-
mass entstandener Begriff. Bei habitueller Mundatmung von Jugend auf zeigt der
Gaumen Erwachsener einen durchschnittlichen Index von 64,2, während der
der Nasenatmer nur 53 beträgt. Der Gaumen besitzt bei der habituelleo
Mundatmung eine beträchtlich grössere Höhe, als bei normal Atmenden.
Schmalgesichter haben durchnittlich einen höheren Gaumenindex als Breit-
gesichter. Mit zunehmendem Wachstum von der Kindheit bis zur Reife wird
der Mensch mehr leptoprosop. Die Leptoprosopie kann sich forterben ohne
stärkere Wucherung des lymphatischen Rachenringes.
Kronach er (5) plaidiert für eine frühzeitige Gaumennaht im Gegen-
satz zu den Schlussfolgerungen Springers. Kronacher meint, dass diese
die durch Schluckpneumonien , Bronchitiden, Ohrerkrankungen gefährdeten
Kinder rette. Die Kinder lernen gut sprechen. Er demonstriert Kinder von
4 Jahren, 18 und 11 Monaten und 12 Wochen, die er operiert hat.
TolIens(12) teilt aus der Käst sehen Klinik den Fall eines 19jährigen
Dienstmädchens mit, welches drei Tage lang schon an Halsschmerzen und
Schluckbeschwerden litt und bei der Aufnahme bereits eine starke Schwellnng
der Wange bis zum Jochbogen und Ohr darbot. Der Rachen war dick ge-
schwollen und hochrot. Trotz baldiger Inzision des weichen Gaumens, ohne
Entleerung von viel Eiter, treten Kopf- und Nackenschmerzen hinzu, Pro-
trusion des Bulbus, Ödem der Lider, Chemosis beider Konjunktiven, dent-
liche Meningitis und Tod. Bei der Obduktion war Thrombose des Sinus ca-
yernosus nachweisbar, mit Verstopfung der V. ophthalmicae, Abszesse in den
Lungenspitzen, Embolien in den Nieren. Wahrscheinlich handelte es sich nm
akute Phlegmone des Pharynx, bei der die eitrige Entzündung durch die
feinen Venen ihren Weg nahm, welche vom Plexus pharyngeus durch die
Schädelbasis zum Sinus cavernosus führen.
Mar er (6) berichtet über einen Fall von Schussverletzung des Gaumens,
der dadurch Literesse hat, dass das Projektil, trotzdem es nur Weichteile
durchdrungen, sich doch stark deformiert hatte und andererseits dadurch,
dass trotz der Zugängigkeit des Geschosses es sich nicht extrahieren Hess,
sondern die Ausstossung abgewartet werden musste. Es betraf der Fall einen
21jährigen Zigeuner, der sich mit einem 7 mm kalibrigen Revolver aus Liebes-
gram in den Mund schoss. Der Verletzte wurde mit Schmerzen im ganzen
Kopf und Hals, Schlingbeschwerden, näselnder Stimme, aber bei vollem Be-
wusstsein aufgefunden. Die Vermutung, dass die Kugel in dem Halswirbel
stecke, bestätigte sich nicht, vielmehr fand man dicht an der Basis des Zäpf-
chens am Rande des Gaumenbogens einen schwarzblau verfärbten Schleim-
hautdefekt, in welchem die Sonde unter Kontrolle des Fingers von hinten her,
ohne dass die hintere Gaumenwand durchdrungen war, das Geschoss fühlte.
Partsch, Yerletzungen and chinirgiBche Krankheiien der Wange etc. 373
Der Versnch, mit einer langen Komzange das Geschoss zu fassen, misslang
trotz Wiederholung, selbst ein angelegter Kreuzschnitt ermöglichte das Fassen
des Projektils nicht, da es bald rechts, bald links in den Lamellen des weichen
Gaumens sich verschob. Es wurde deshalb von einer Elntfemung Abstand
genommen, die hinterste Rachen wand erwies sich bei genauester Absuchung
völlig unversehrt. Nach 4 Tagen wurde beim Gurgeln das Geschoss von selbst
entleert. Die Abbildung des deformierten Geschosses begleitet die Beschrei-
bung. Es wies eine eigene nabelartige Vertiefung auf. Eine Veränderung
des Geschosses durch den Biss ist auszuschliessen. Sie ist jedenfalls bei einem
Weichteilschnss auffällig.
Halasz(4) teilt den Fall einer 26 jähr. Patientin mit, welche in ihrem
14. Lebensjahr einen heftigen Typhus durchgemacht hatte und seit dieser Zeit
nicht mehr imstande war, durch die Nase zu atmen. Bei Untersuchung der
Nase fehlte vollständig die knöcherne Scheidewand und von der rechten Muschel
gingen zwei knotige Geschwülste in die Nasenhöhle hinunter. Auf der Hinter-
wand des Rachens war eine sternförmige glänzende Narbe zu sehen und der
weiche Gaumen vollständig an die Hinterwand und Seitenwand des Kachens
gewachsen. Unter Anwendung von Kokainanästhesie wurde mit einem flach-
gebogenen, auf beiden Seiten scharfem Messer die Abtrennung des weichen
Gaumens vorgenonmien, worauf die Pat. sofort imstande war, seit 12 Jahren
zum erstenmal durch die Nase zu atmen. Das Zusammenwachsen der Wund-
flächen wurde dadurch verhindert, dass mit einem in schwache Jod-Glyzerin-
lösung getauchten Pinsel zweimal durch den Mund der Nasenrachenraum
bougiert wurde. Es liess sich aber damit die allmähliche Verwachsung nicht
verhindern und es blieb ein Geschwür zurück, welches erst nach einer regel-
rechten Schmierkur sich reinigte. Von dem Tragen eines Obdurators wollte
die Pat. nichts wissen, und so Hess Halasz ein flachgebogenes stumpfkantiges
Instrument verfertigen, mit dem sich die Pat. abends bougierte und auf diese
Weise den Nasenrachen frei hielt.
Workmann (13) berichtet über den Fall einer 26jährigen Dame, welche
seit langer Zeit schmerzlos und ohne Beschwerden eine Schwellung am Gaumen-
gewölbe besass. Es fand sich rechts, nahe dem Alveolarfortsatz etwas nach
vom eine mndUche Schwellung im harten Gaumen, die von etwas gespannter
Schleimhaut überzogen war und zwei stecknadelkopfgrosse Öffnungen aufwies,
aas denen etwas fibröses Gewebe hervorragte. Bei der Entfernung der Ge-
schwulst liess sich konstatieren, dass sie fest und kugelrund war und zwischen
Schleimhaut und Periost sass. Sie liess sich leicht ohne Blutung ausschälen,
mikroskopisch erwies sie sich zusammengesetzt aus Haufen von Epithelial-
zellen, die häufig nestähnlich angehäuft waren und das Aussehen von Drüsen-
bildungen hatten. Gefässe waren nur spärlich vertreten.
Auf Grund eines von Prof. Weljaminow operierten und von Serapin(ll)
untersuchten Falles von Mischgeschwulst des Gaumens kommt Verf. zur An-
sicht, dass es sich bei diesen Umbildungen um bindegewebig-epitheliale Ge-
schwülste handelt, die zu den teratoiden Tumoren zu rechnen sind. Die epi-
thelialen Elemente haben einen adenomartigen Bau. Die übrigen Elemente
werden von fibrösem, myxomatösem Gewebe, embryonalem Knochengewebe und
selten von Knochengewebe gebildet. Die Geschwülste haben stets eine Kapsel
und lassen sich daher leicht ausschälen. Ihr Charakter ist ein gutartiger.
Hohl b eck (St. Petersburg).
374 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil
Sebileau (10) demonstrierte einen Tumor des weichen Gaumens, den
er 5 Tage vorher einem 15jährigen Mädchen entfernt hatte. Der Tumor
hatte die Grösse einer Mandarine, war sehr hart, knollig und liess sich leidit
ausschälen. Er hatte eine starke Vorwölbung nach dem Mund zu her?or-
gerufen, liess sich aber von der Mandel gut abtrennen, er nahm den weichen
Gaumen in seiner ganzen Dicke ein ; er war ziemlich umfangreich geschwürig.
Nach Ausführung der Tracheotomie wurde der weiche Gaumen gespalten und
unter starkem Vorziehen gelang es, den Tumor stumpf aus seiner Umgebni^
auszulösen. Blutung trat nicht ein und das Gaumensegel wurde vernäht mit
tiefgreifenden Nähten. Die Tracheotomie erwies sich als überflüssig. Die
Trachea wurde durch unmittelbare Naht geschlossen.
Erkrankungen der Mandel.
1. Abadie, Tamear iDflammatoire de la glande soas-maxillaire. Gazette des h&pi-
taux 1903. Nr. 86.
2. BaroD, Über endemisches Auftreten von exsadativen ulzerösen Anginen. GesellaeL
für Natur- and Heilkunde Dresden. MOnchener med. Wochrift 1903. Nr. 2.
3. Burkhardt, Zur operativen Therapie bedrohlicher Blutungen nach Tonsillotomie.
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4. Brindel, Die Komplikationen der Tonsiilarabszesse ; ihre Prophylaxe. Berue heb-
domadaire de Laiyngol. 1903. Nr. 35.
5. Degny, Eyste öpitb41ial de Tamygdale. Bull, et möm. de la soc. anat 1903.
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10. Hopmann, 3 Fälle von Mandelpolyp (Tonsilla pendula). Verein westdeutscher Hais-
und Ohrenärzte. Münch. med. Wochenschrift 1903. Nr. 3.
11. Moeller, Bemerkungen über die seitlich sitzenden adenoiden Vegetationen und B^
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l'oreille 1903. Nr. 7.
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für Chirurgie 1903. Bd. 66. Heft 5 u. 6.
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Nr. 7. p. 328 (rumänisch).
14. Zolki, Über ein kongenitales Fibrolipom der Ganmentonsille. Zeitschrift fflr Ohren-
heilkunde 1903. Bd. XLIV. Heft 3.
Baron (2) beobachtete unter 132 Fällen von Angina im städtischen
Findelhause zu Dresden 24 katarrhalische, 31 lakunäre, 22 diphtheritische
und 44 ulzeröse Anginen. Für sie scheint eine gewisse familiäre Disposition
zu bestehen; sie verlaufen selten mit Fieber, die Drüsenschwellung fehlt, der
Harn ist eiweissfrei, Mundgeruch selten vorhanden. Die schmierigen, weiss-
gelblichen Beläge lassen sich nur schwer entfernen. Die Krankheit dauert
30 — 45 Tage. Ausgedehnte Defekte können nach Ablauf zurückbleiben. Immer
fand sich im Ausstrichpräparat der Bac. fusiformis von Vincent, und die
Spirochaeta dicuticola. Beide sind bis jetzt nicht kultivierbar, finden sich
aber regelmässig, manchmal sogar in Reinkultur. Eine besondere Therapie
ist meist überflüssig.
Abadie (1) gibt eine ziemlich ausführliche Übersicht über Pathogenese
der klinischen Erscheinungen der Diagnostik und der Behandlung der Ranubu
Pftrtsch, Verletzniigen und chirorgische Krankheiten der Wange etc. 875
Er wendet sich in allererster Linie gegen die missbräuchliche Verwendung
der Bezeichnung ;,Grenouillettes^, indem dieselbe als graisseuse zur Bezeich-
nung von Lipomen, als caiculeuse zur Bezeichnung von Speichelsteinen ge-
braucht wird. Er will unter diesem Namen ausdrücklich nur angeborene
Cysten des Mundbodens verstanden wissen und dabei zwei Gruppen unter-
scheiden: die sublingualen Banulae und die über dem Zungenbein gelegenen.
Er bespricht die verschiedenen Auflfassungen der ersten Art, die ursprünglich
in der hippokratischen Medizin als Entzündung, später als Erweiterungen der
Aasführungsgänge der Speicheldrüsen und erst in letzter Zeit als angeborene
Affektionen angesehen worden. Pathologisch-anatomisch scheiden sich nach
Sitz und Bau die mit einfachem Plattenepithel von den Speicheldrüsen aus-
gehenden von den mit Flimmerzellen austapezierten, die ihren Ausgang nahmen
von den Resten des Ductus thyreoglossus. Unter den verschiedenen Behand-
lungsmethoden gibt er der partiellen Exzision mit folgender Kauterisation der
Wand oder der totalen Exzision den Vorzug. Auch die über dem Zungen-
bein vorkommenden Tumoren zeigen in ihrer Entstehung keinen Unterschied
neben den ebengenannten, sondern sind ebenfalls als kongenitale Affektion
auf Kosten embryonaler Reste der Speicheldrüsen aufzufassen. Für sie ist
erst recht die totale Entfernung die beste Behandlung. Ein ausführliches
Literaturverzeichnis begleitet die ziemlich ausführliche Arbeit. Die von
demselben Verfasser in Nr. 141 gegebene Bemerkung hat nur literarisches
Interesse.
Moll er (11) hat zu den vielen Instrumenten, welche schon für die Ent-
fernung der Rachenmandel angegeben sind, noch ein neues erfunden, welches
in Form der Kürette gebaut, ein engeres und etwas längeres Fenster trägt, das
12 mm breit und 30 mm lang ist. Das Fenster ist rechtwinklig abgebogen,
der Handgriff ein wenig im Winkel dazu gestellt. Mit Hilfe dieses Instru-
mentes soll es ein leichtes sein, mit einem einzigen Schlage, ohne dass man
Gefahr läuft die Tube zu verletzen, die Vegetationen zu entfernen.
Francis (7) empfiehlt gegenüber den bisherigen Tonsillotomen ein neues,
sicher wirkendes Instrument, welches auch in der Hand des weniger geübten
Praktikers Gutes leistet. Der ^Tonsil Sector^ besteht aus einem zangen-
artigen Instrument, dessen Handgriffe beim Schluss durch Hebelarme zwei
sichelförmige Messer, die durch einen Ring gedeckt sind, so gegeneinander
bewegen, dass ein Ausweichen des weichen Mandelgewebes nicht möglich ist.
Es kann auf beiden Seiten gebraucht werden.
Das Instrument ist bei Messrs. Arnold and Sons of West Smithfield
London zu haben.
Escomel (6) hat die Störungen der Mandel und des Zäpfchens bei
Tuberkulösen studiert und 25 Fälle von Tuberkulosen und 11 Fälle von nicht
Tuberkulosen makroskopisch und mikroskopisch untersucht. Bei 25 an Tuber-
kulose Gestorbenen konnte 21 mal Mandel tuberkulöse durch den Befund von
Tuberkeln und Koch sehen Bazillen nachgewiesen werden. In den 11 Fällen
von nicht Tuberkulösen war die Mandel frei. Von 21 tuberkulösen Mandeln
erschienen 13 makroskopisch vollständig gesund, 8 zeigten Veränderungen im
Volumen und in der Farbe, aber keine zeigte Geschwüre. Die genaueren
mikroskopischen Untersuchungen über das Verhalten des Epithels, der Fol-
likel, des lymphoiden Gewebes, der elastischen Fasern, der Mastzellen, der
Bazillen müssen im Original nachgelesen werden. Aus den Untersuchungen
werden folgende Schlussfolgerungen gezogen : die Mandeltuberkulose ist ausser-
376 Jahresbericlit ffir Chirurgie. IL Teil.
ordentlich häufig bei Tuberkulösen, die Diagnose dieser Affektion mit blossem
Auge ist ausserordentlich schwer. Die Mandel infiziert sich fast immer tob
aussen her, ihre Krypten sind immer gefüllt mit verschiedenartigen Mikroben.
Der Koch sehe Bacillus ist häufig zu finden, er kommt auch vor bei einzehen
Individuen, welche keine Tuberkulose haben, und findet sich manchmal anch
in dem Blute der Mandelgefasse. Das Zäpfchen selbt ist selten von Tuber-
kulose befallen.
Bündel (4) widmet seine Arbeit den Komplikationen der Mandeleite-
rungen. Er hat 46 Fälle von tonsillären und peritonsillären Abszessen ge-
sammelt. Er gruppiert die Gefahren nach vier Gesichtspunkten: 1. Allg^nein-
infektion, 2. lokale Infektion, 3. mechanische Behinderung, 4. Fortleitung auf
Organe der Nachbarschaft. Was die Allgemeininfektion anlangt, so kommen
die Erscheinungen des körperlichen Verfalls, der lebhaften Unruhe, der
Schlaflosigkeit, Appetitmangel, selten so rasch zum Durchbruch als bei den
Mandelabszessen. Selbst Icterus tritt auf. Besonders hervorzuheben sind die
polyartikulären Rheumatismen im Anschluss an die Angina ; ebenso die Endo-
carditis ulcerosa (Fränkel, Fürbringer), Septikopyämie (Schmiegelow),
Kollaps. Von den lokalen Infektionen nach Entleerung des Abszesses sind
die Diphtherie zu nennen (Thomas Hubhard) mit sekundärer Lähmung,
des Gaumens, der Nackenmuskeln, der Epiglottis (Moure). Die durch die
Schwellung an und für sich bedingte mechanische Behinderung kann sieb
steigern durch Trismus, durch Ausbreitung des Ödems auf den Zungengnmd
und die ary-epiglottischen Falten. Dazu kommt die Gefahr der Verl^nng
der Luftwege durch den Abszessinhalt; in zwei Fällen trat Verbreitung des
Eiters ins Mediastinum ein (Reid, Haust). Die Mitbeteiligung der Blat-
wege ist auch nicht selten. Zunächst kann natürlich auf den Lymphwegen
die Ausbreitung erfolgen , z. B. in die Basis der Zunge. Von 22 Beobach-
tungen über vaskuläre Komplikationen betreffen 16 die Eröffnung der Karotis,
eine die Bildung eines Aneurysmas, 5 die einer Phlebitis der Halsvenen.
Foudroyante Blutungen signalisieren die erste Komplikation, die meist tödlich
ist (Bernard Pits, Ressiter). Das einzige Aneurysma ist von ^ffoUl
(München, med. Wochenschrift 1900) beschrieben. Von Phlebitis sammelte
Bündel 5 Fälle.
Bündel tritt deshalb warm für frühzeitige operative Eröffnung der
Abszesse ein, weil die Komplikationen sich hauptsäcUich zu den Fällen ge-
sellen, welche der spontanen Eröffnung überlassen bleiben. Meist lässt sich
die Diagnose schon am 3. oder 4. Tag stellen; ist sie gestellt, muss sofort
operativ eingegriffen werden. Die Erleichterung folgt auf dem Fasse. Die
Inzision hat die Schattenseite, dass durch Verklebung zu bald Vorhaltung
eintritt. Bündel empfiehlt daher die Eröffnung durch den Thermokaater
oder Galvanokauter. Er stillt die Blutung besser und sichert einen dauern-
den Abfluss.
Burkard (3) bespricht die Unzulänglichkeit der bisherigen Methoden,
schwere Nachblutungen nach Tonsillotomie zu vermeiden, und macht be-
sonders auf die Schattenseiten des von Mikulicz angegebenen Kompresse-
riums aufmerksam. Hinsichtlich der Frage, welches Gefäss bei der Blutung
unterbunden werden solle, muss wohl die Unterbindung der Carotis communis
wegen ihrer Gefährlichkeit und der Häufigkeit der folgenden Hirnsymptome
ausser Betracht bleiben. Die Blutung entstammt, wie Zuckerkandl oach-
gewiesen, der Arteria tonsillaris, da dieses Gefässchen wegen seiner innigen
P arisch, Verletzangen und ohinirgiBche Krankheiten der Wange eto. 377
Verwachsung mit der Kapsel an der Retraktion behindert sei. Da diese
Arteria in der Regel einen Ast der Arteria palatina ascendens darstellt, öfters
aber auch ans der der Carotis interna entstammenden Arteria pharyngea as-
cendens herauskommt, kann auch eine Unterbindung der Carotis externa
keinen Nutzen bringen. Allerdings kommen gelegentlich, wie Merkel be-
wiesen, auch durch Gefassschlingen, welche der Maxillaris externa oder auch
der lingualis entstammen, stärkere Blutungen zustande, gegen welche die
Unterbindung der Carotis externa mit Erfolg verwendet werden könne. Aber
gerade die Blutungen aus der Tonsillar- Arterie , die öfters noch spät auf-
treten und hartnäckig wiederkehren, drängen zu dem Vorschlage, den Niko-
ladoni für verzweifelte Fälle gemacht hat, die Tonsille von aussen zugängig
za machen, zu entfernen und den Schlund durch Aneinandemähen der Gaumen-
segel zu schliessen. Die Technik der Operation reiht sich der der Exstir-
pation von Mandeltumoren an. Nur wird dabei die Unterkieferresektion zu
umgehen sein. Der Schnitt beginnt bei stark nach hinten und nach der ge-
sonden Seite gewendeten Kopf etwa 1 cm unter und hinter dem Ansatz des
Ohrläppchens und zieht hinter dem aufsteigenden Unterkieferast bogenförmig
nach unten und vorn gut einen Finger breit über das grosse Zungenbein-
hom. Nach Abpräparierung des Lappens und Durchtrennung des Platysma
gelangt man an den hinteren Biventerbauch. Bei starker Aufwärtsziehung
des Unterkiefers lässt sich vom Munde her der Tonsillenstumpf nach aussen
entgegendrängen und leicht über dem genannten Muskel biossiegen und die
Tonsillargefasschen unterbinden. Die Lage der Mandel lässt sich an der
Ausbreitung der Fasern des Stylo-pharyngeus in der Schlundmuskulatur er-
kennen. Der Tonsillenstumpf wird exstirpiert und durch Aneinandemähen
der Gaumenbogen der Pharynx geschlossen. Praktisch ist die Methode noch
nicht erprobt, sie erscheint aber sicherer und gefahrloser als die Unterbin-
dung der Karotis.
Gradle (9) bespricht die einzelnen Erscheinungen der Folgezustände der
Schwellungen der Rachenmandel, vor allem den adenoiden Habitus, die Er-
schwerung der nasalen Respiration mit der folgenden Mundatmung, die je
nach den Schwellungszuständen der Mandel wechseln kann. Ferner die so-
genannte ^tote Stimme^, die Aprosexie, das Asthma, die begleitenden Augen-
erscheinungen, die Ernährungsstörungen, die alle durch eine rechtzeitige
Operation erheblich gebessert und zum Verschwinden gebracht werden können.
Etwas besonderes bieten jedoch diese Mitteilungen nicht.
Deguy (5) zeigte an sich selbst eine Mandelcyste, die sich nach häufig
in der Jugend durchgemachten Anginen entwickelt hatte. Es war infolge-
dessen zunächst eine chronische Entzündung der Mandel mit käsigen Pfropfen
eingetreten, die sich gelegentlich unter entzündlichen Erscheinungen ausstiessen.
Seit einiger Zeit liess sich an der linken Mandel eine Schwellung bemerken
mit weisslicher Veränderung der Mitte und stärkerer Gefässinjektion in der
Umgebung. Bei der Punktion wurde aus der Geschwulst eine weisslich-eitrige
Masse entleert von seifiger Konsistenz. Kulturen blieben steril und im mikro-
skopischen Präparat fanden sich nur abgestossene und abgestorbene epitheliale
Zellhaufen. Als die Cyste sich wieder gefüllt hatte, wurde ein Einstich mit
dem Messer gemacht, der den ganzen Inhalt entleerte und zu vollkommener
Heilung führte. Verfasser nimmt an, dass es sich um eine Epithelialcyste
gehandelt habe, welche durch Obliteration einer Krypte sich gebildet habe.
Hop mann (10) sah bei einer 31jährigen Krankenschwester, die über
878 Jahreftbericht fflr Chirargie. II. Teil.
zeitweise erhebliche Schlackbehinderung klagte, eine schon seit 10 Jahren
bestehende, vom unteren Ende der Mandel ausgehende, dunkelrote Geschwulst
welche mit dem Finger von der Patientin an ihre richtige Stelle gebracht
werden musste, wenn das Schlucken wieder möglich sein sollte. Der bohnen-
grosse Tumor war 25 mm lang, 18 mm breit, 15 mm dick, glatt, gestielt, vom
unteren gespaltenen Ende des vorderen Bogens ausgehend. Es reichte bis
zum Kehldeckel und Sinus pyriformis hinab. Es handelt sich nach dem
mikroskopischen Bilde um eine Tonsilla pendula. Der zweite Fall betraf ein
12 jähriges Mädchen mit leicht nasaler Sprache. An der oberen Nische der
rechten Mandel sass ein 5 cm langer, cylindrischer, fleischfarbener Polyp, der
bei näherer Betrachtung von der Innenfläche des vorderen Bogens ausging.
Die mikroskopische Untersuchung fehlt. Der dritte Fall war ein Fibrom
5,5 : 3 : 2 2,5 cm , ausgehend vom hinteren Bogen der linken Mandel. Es fiel
beim Bücken zwischen die Zähne vor.
Bolky (14) sah in der Strassburger Klinik bei einem 7 jährigen Mädchen,
dessen Mutter schon bei der Geburt im Halse des Kindes eine Geschwulst
bemerkt haben will, an der linken Tonsille einen grossen, blassroten, glatten
Tumor, der sich leicht mit dem Tonsillotom abtragen liess. Der Tumor war
30 mm lang, 11 mm breit und ebenso dick. Die Substanz des Tumors ist
ein kemarmes, grobfaseriges Bindegewebe mit eingestreuten Inseln von Fett-
gewebe und lymphatischem Gewebe, das an einer Stelle richtige Follikel
enthielt.
Der Tumor erwies sich demnach als Fibrolipom.
Nösske (12) beschäftigt sich mit den Knorpel- und Knochenbildungen
in den Tonsillen, die nach Ansicht von Orth und Deisbert auf embryo-
nalen Aberrationsvorgängen, nach Lubarsch auf metaplastischen Prozessen
beruhen. Die eigenartige Lagerung, der embryonale Typus der Knorpelzellen,
der Zusammenhang mit einem besonders langen Proc. styloideus und die
Lagerung in dessen Richtung waren bestimmend für die erstere Auffassung,
das Hervorgehen des Knochens aus Narbengewebe ohne vorhergehendes
Knorpelgewebe, die entzündlichen Erscheinungen für die letztere. Nösske
sah unter Marchands Leitung sechs Fälle und glaubt, dass der Befund
keineswegs so selten sei, als man gemeinhin annehme. In vier Fällen, Männer
von 37—60 Jahren betreffend, handelte es sich 3 mal um ulzeröse Lungen-
tuberkulose, 1 mal um Arteriosklerose und Myocarditis ; zwei Fälle bei Frauen
im Alter von 51 bezw. 76 Jahren waren an gangränösen Beingeschwüren bei
alter Lues und an senilem Marasmus zugrunde gegangen.
Die sorgfältige anatomische Untersuchung ergab multiples Auftreten
der Knorpel- und Knochenherde in den verschiedenen meist tieferen Schichten
des Bindegewebsbalges der Tonsillen und den regelmässigen Nachweis deut-
lichen Zusammenhanges mit Übergangsbildem der verschiedenen Bindegewebs-
formationen. Nirgends drang der Knorpel in die Follikel. Knorpel fehlte
nirgends vollkommen. Immer waren in den Tonsillen regressive Verände-
rungen nachweisbar. Demgemäss tritt Nösske für die Auffassung ein, dass
diese Knorpelbefunde nicht aus embryonalen Keimabsprengungen entstehen.
Bei jugendlichen Individuen sind sie nicht zu finden. Die für Metaplasie von
Lubarsch geforderte Nekrose und reichliche Vaskularisation und Kalkab-
lagerung fanden sich nicht, wie wohl der zur Verkreidung neigende tuber-
kulöse Prozess mehrmals die Ursache der entzündlichen Veränderungen war.
Man muss aber noch an eine besondere Disposition für Knorpel- und Knochen-
Partsch, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. B79
bildnng im tonsillären Gewebe denken, ähnlich wie es für Amyloid in dem
Zimgengewebe von Schmidt angenommen worden ist. Gelegentlich kann die
TonsiUotomie durch solche Herde erschwert werden.
Erkrankungen der Kieferhöhle.
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5. Noltenius, Einige Verbesserungen an meinem Trokar zur Behandlung den Oberkiefer-
höhle. Monatschrift für Ohrenheilkunde 1908. Nr. 1.
6. Onodi, Das Verhältnis des Nervus opticus zu der Eeil beinhöhle und insbesondere zu
der hintersten Siebbeinzelle. Archiv für Laryngol. und Rhin. 1903. Bd. 14. Heft 2.
7. — Die Eröffnung der Kieferhöhle im mittleren Nasengang. Arch. fflr Larjmgol. und
Rhinol. Bd. XIV. p. 154. Annales de maladies de Toreille 1908. Nr. 2.
8. R6thi, Zur Radikaloperation hartnäckiger Kieferhöhlenempyeme von der Nase her.
Wiener med. Wochenschrift 1903. Nr. 12.
9. Richter, Ein Fall von latenter Keilbeinhöhlenkaries mit Abducenslähmung etc. und
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11. Weinberger, über fortgepflanzte Tuberkulose der Kieferhöhle. Monatsschrift fOr
Ohrenheilkunde 1903. Nr. 4.
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sammlung. Manchener med. Wochenschrift 1908. Nr. 26. (Ohne weitere Angabe des
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13. Woskressensky, W., Die Methoden der ErOffiiung der Highmorshöhle. Russisches
Archiv f&r Ghirugie 1903. Heft 5.
R6thi (8) bespricht noch einmal seine schon früher (Wiener medizin.
Wochenschrift 1901, Nr. 52) beschriebene Methode der Operation hartnäckiger
Kieferhöhlenempyeme, die in der Abtragung der vorderen zwei Drittel der
unteren Muschel und Anlegung einer hinter dem vordersten Ende derselben
mit dem Meissel geschlagenen Öffnung und Erweiterung dieser mit der
Koochenzange nach oben und unten und damit Herstellung einer grossen
Kommunikation zwischen Kiefer- und Nasenhöhle besteht. Er hat seit der
Zeit nach dieser Methode noch sechs Fälle operiert und ist dabei mit Adre-
nalinpinselungen und Eokainisierung ausgekommen. Gegenüber Claoue
(Traitement des suppurations chroniques du sinus maxillaire par la r^section
large de la partie nasale du sinus) betont er die Notwendigkeit einer breiten
Kommunikation, die bis in den mittleren Nasengang reicht, um das Aus-
kratzen und die Besichtigung der Kieferhöhle vornehmen zu können und
andererseits eine zu frühe Verschliessung der Öffnung zu verhindern. Dem-
gegenüber kommt die Beschränkung der Erwärmung, Befeuchtung und Rei-
nigung der Atmungsluft nicht in Frage.
Richter (9) hat bei einer 44jährigen Frau, die seit IV« Jahren unter
Kopfbeschwerden, Schluckbeschwerden, Drüsen am Unterkiefer, Schiefstellung
des Auges, Schwindel, Schmerz in Stirn- und Schläfengegend, Schwerhörigkeit
erkrankt war, im Rachenraum ausser höckriger Beschaffenheit der hinteren
Wand eine grössere Höhle, die mit schwammigen weichen Granulationen aus-
380 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
gefüllt war, rechts an der hinteren Bachenwand gefanden. Die Keilbeinhohle
war vollständig mit kariösem Material gefüllt. Es fand sich ein erbsengrosser
Sequester in dem Granulationsgewebe eingebettet und eine Menge Ueiner,
sehr feiner Enochenstückchen. Die Höhle wurde mit ein^m Trautmann-
schen Löffel ausgekratzt. Auf die Beziehungen zu Augenerkrankungen ist
schon Ton Grünwald, Moritz Schmidt und Flatau hingewiesen worden.
Die bestehende Abducenslähmung ist durch das Übergreifen durch die Wand
hindurch auf die Dura erklärlich. Die Ätiologie des Falles ist dunkel, da
weder Lues noch Tuberkulose nachweisbar. Die Abducenslähmung ist mit
der Zeit zurückgegangen, die Keilbeinhöhle ausgeheilt.
Da die bisherigen Methoden der Eröffnung der Highmorshöhle keine
idealen Verhältnisse für den Abfluss des Sekretes bieten, so proponiert
Woskressensky (13) eine neue Methode. Nach Entfernung der Zätme auf
der erkrankten Seite (ein oder zwei Bicuspidati, zwei oder drei Molares) wird
die Knochensubstanz zwischen den Wandungen des Alveolarfortsatzes weg-
gemeisselt und auf diese Weise der ganze Boden der Highmorshöhle weg-
genommen. Wenn nötig, so kann noch die vordere Wand des Alveolarfort- i
Satzes und ein Teil der vorderen Wand des Oberkiefers mit entfernt werden.
Durch die angelegte Öffnung hat das Sekret bei jeder Lage des Patienten |
freien Abfluss. Höh Ib eck (St. Petersburg). !
Onodi (7) hat sich ebenfalls mit der Aufgabe beschäftigt, die Kiefer- i
höhle vom mittleren Nasengange aus zu eröffnen und hat zu diesem Zwecke ]
einen Troikart konstruiert, der sich nach seiner Einführung so spreitzen I
lässt, dass eine Öffnung von 2 cm entsteht (Troikartdilatateur). Er besteht |
aus einer Art Pinzette, die beim Aufdruck die beiden Branchen auseiuander-
treten lässt. Man führt das Instrument in den mittleren Nasengang unter
die mittlere Muschel und führt 1 cm von der Spitze derselben entfernt die
Perforation aus. Die Eröffnung genügt, um die Höhle auszuwaschen und zn
tamponieren. Das Instrument ist schon in fünf Fällen verwendet worden und
hat gute Dienste geleistet. Die Gefahr, die Orbita oder den Tränennasengang
zu verletzen, besteht nicht. Die Resektion der inneren Wand des Sinus ist
damit erheblich erleichtert.
Noltenius (5) hat an dem von ihm zur Punktion der Oberkieferhöhle
angegebenen Troikart einige Verbesserungen anbringen lassen, die einmal in
einem kräftigeren Bau, in einer handlicheren Form des Griffes und anderer-
seits in der Anfügung eines Zwischenstückes bestehen, die ermöglicht, das
Instrument zur Durchspülung der Höhle sicher mit einem Klysopomp zu ver-
binden.
B6rard (1) zeigte eine 53jährige Kranke vor mit einer Geschwiilst
der Kieferhöhle. Der Patientin waren vor 8 Jahren die Zähne des linken
Oberkiefers locker geworden und wegen heftiger Neuralgien entfernt worden.
Wegen Ausfluss aus dem linken Nasenloche hatte man das Antrum eröffnet
ohne Eiter zu finden. Im weiteren Verlauf schwoll die Wange an und das
Auge wurde verdrängt unter Doppelsehen und Schwindelanfällen. Als das
Kauen immer schwerer wurde, entschloss sich die Pat. ärztlichen Rat nach-
zusuchen, und es wurde ihr ein ziemlich hartes Chondrom durch partielle
Resektion des Oberkiefers entfernt. Es stellte sich aber bald ein Rezidiv
ein mit starker Verdrängung des Auges, mit erheblicher Chemosis und
blutigem Ausfluss aus der linken Nase. Es wurde abermals eine Resektion
vorgenommen, der untere Orbitakand weggenommen und ein grosser Tumor
Parts ch, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 381
entfernt, der nach der Orbita yorgedrungen war. Von einer Resektion des
ganzen Kiefers wurde Abstand genommen. Das Auge kehrte wieder in seine
Lage znrück, das Doppelsehen hörte auf, nur sind einige Bewegungen des
Auges noch unvollkommen. Die mikroskopische Untersuchung des Tumors
ergab ein Fibrochondrom, wie es von Le Dentu in der Societe de Chirurgie
1885 beschrieben worden ist.
Weinberger (11) bespricht ausführlicher die Tuberkulose der Kiefer-
höhle, die nur ganz ausnahmsweise primär hier beobachtet ist (K et t wich,
Lancet 1895, Bd. I. p. 1388; Gaudi er, Semaine medicale 1897, p. 180),
meistens nur sekundär vorkommt. Weichselbaum konnte bei allgemeiner
Miliartuberkulose nie Tuberkeln, höchstens Rundzellenanhäufungen um die
Gefasse nachweisen und ebensowenig fand Frank el bei Untersuchung von
48 Nebenhöhlen je Tuberkelbazillen. Dmochowski hat sie einmal bei einem
16jährigen Mädchen, das an Lungentuberkulose litt, gefunden. Während so
metastatisch die Tuberkulose so gut wie nie in der Kieferhöhle vorkommt,
ist sie fast ausnahmslos durch direktes Fortschreiten benachbarter Herde,
durch Verschleppung von Tuberkelbazillen auf dem Lymphwege hervorgerufen.
Rethi (Wiener med. Presse 1893, Nr. 19) beschrieb bei einem Lungenkranken
nach Zahnextraktion ein Geschwür, welches am Zahnfortsatz sich immer mehr
und mehr vergrösserte und allmählich eine Kommunikation zwischen Nasen-
und Kieferhöhle herbeiführte, die Kieferhöhlenschleimhaut geschwürig machte.
Einen ähnlichen Fall sah Neumayer (Archiv für Laryngologie, 2. Bd.) bei
einem tuberkulösen Manne im Anschluss an eine Zahnextraktion nach Ver-
letzung des Zahnfleisches ein umfangreiches tuberkulöses Geschwür, das in
seinem Grunde in der Gegend des ersten rechten Mahlzahns die Sonde in
die Saeferhöhle dringen Hess. Grünwald konnte in zwei Fällen tuberkulöse
Zerstörung der medialen Kieferwand nachweisen. Zu diesen aus der Literatur
bekannten Fällen fügt Weinberger einen selbstbeobachteten, der einen
37 Jahre alten Mann betraf, der hereditär belastet, im 20. Lebensjahre zu
hosten und auszuwerfen begann, im 25. Lebensjahre eine Hämoptoe durch-
machte und jetzt, 37 Jahre alt, seit zwei Jahren eine umfangreiche Geschwürs-
bildung im Munde hatte. Bei doppelseitiger Spitzenaffektion , massigem
Meteorismus, Bazillen im Sputum und hektischem Fieber waren beide Alveolar-
fortsätze des Oberkiefers, links vom 2. Schneidezahn, rechts vom 1. Backen-
zahn an ergriffen. Dort fehlen die Zähne und die Schleimhaut ist durch ein
teils grob-, teils feinhöckriges Granulationsgewebe ersetzt mit zahlreichen
gelben, hirsekomgrossen Knötchen, in deren Grund der nekrotische Knochen
weithin blossliegt. Die laterale Wand der Kieferhöhle ist durch eine 2 cm
im Durchmesser haltende Öffnung durchbrochen und die verdickte Schleim-
haut sichtbar. Bei der Obduktion des Fat. ergab sich ausser chronischer
Tuberkulose der Lungen, des Darmes und des Kehlkopfes Tuberkulose des
harten Gaumens, Perforation beider Kieferhöhlen mit chronischem Empyem.
In der Kieferhöhle fanden sich sequestrierte Knochenstücke, in der Schleim-
haut eine beträchtliche kleinzellige Lifiltration, welche die faserige Struktur
der Schleimhaut fast zum Verschwinden bringt. Die Drüsenausführungsgänge
smd an vielen Stellen erweitert, inmitten des zellig infiltrierten Gewebes zahl-
reiche Riesenzellen in herdförmig angeordneten epitheloiden Zellen enthalten.
Die tuberkulöse Erkrankung der Kieferhöhle ist von der der Mundhöhle aus
fortgeleitet, die in so hochgradiger Form wohl selten zur Beobachtung kommt.
Onodi (6) hat 20 Präparate genauer untersucht auf das Verhalten des
382 Jahresbericht für Gbirorgie. II. Teil.
Nervus opticus zur Keilbeinhöhle und hinteren Siebbeinzelle. Er konnte die
schon bekannte Tatsache bestätigen, dass Siebbeinzelle und Keilbeinhöhle in
ihren Grössenverhältnissen ungemein wechseln, erstere in ihrer Länge von
8 — 30 mm, in ihrer Breite von 8 — 40 mm, in ihrer Höhe von 11—26 mm,
letztere in ihrer Länge von 11 — 33 mm, Breite zwischen 10 und 22 nmi, in
ihrer Höhe 10 — 16 mm. In 6 Fällen konnte die hinterste Siebbeinzeile im
kleinen Keilbeinflügel gefunden werden. Li allen diesen Fällen bestand eine
innige Beziehung zum Nervus opticus. Es hat demnach die hintere Siebbein-
zelle eine häufige Beziehung zum Canalis opticus, und daher auch eine Be-
deutung fär die Erkrankungen desselben. Es wird diese Bedeutung durch
eine Anzahl klinischer und Obduktionsbefunde erhärtet, welche den Zusammen-
hang zwischen einem Empyem, Karies der Knochen und der Läsion der Seh-
nerven beweisen. Die Einseitigkeit der Augenaffektion lässt an einen solchen
Zusammenhang denken.
Erkrankungen der Kiefer und ZShne.
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Leroy Mac Curdy (24) behandelt die Unterkieferfrakturen in der
Weise, daes er unterhalb der Zähne von aussen nach innen den Knochen
durchbohrt zwischen den Wurzeln des 2. und 3. Zahnes von der Fraktur
entfernt. Durch die Löcher wird ein starker Draht gezogen, der fest ange-
zogen und auf der Seite der Schleimhaut geknüpft wird. Sie brauchen nicht
immer in derselben Ebene zu liegen, sondern können je nach der Neigung
der Bruchstücke höher oder tiefer gelegen sein. Der Draht bleibt bis zu
6 Wochen liegen, bis die Vereinigung Platz gegriffen hat. Sie verursachen
keine Reizung, keine Nekrose des Zahnfleisches oder der Schleimhaut. Eine
Bandage ist dabei nicht nötig. Der Fat. lernt bald den Unterkiefer brauchen,
der Mund muss selbstverständlich sorgfältig gepflegt werden. Vor der An-
lage der Bohrlöcher soll der Mund mit50°/o Alkohol gereinigt werden, Eisen-
draht ist besser als Silberdraht. Verf. führt 16 Fälle an, sehr verschiedener
Art und bei verschieden alten Patienten, die alle mit gutem Erfolg mit dieser
Naht behandelt worden sind.
384 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
Beiläufig sei erwähnt, dass von dem Ref. bereits in dem Handbnch for
praktische Chirurgie, 1. Auflage, diese Naht als intraorale Knochennaht be-
schrieben worden ist.
Woodbury (39) sah bei einem 20jährigen Mädchen beimBiss in einen
Apfel eine Verrenkung des Unterkiefers entstehen. Die Methode auf die
unteren Mahlzähne mit dem Daumen zu drücken und dabei das Kinn zu heben,
erwies sich erfolglos, auch direkter Druck auf den Kronenfortsatz war erfolg-
los. Es wurde eine modifizierte Methode von Nelaton angewendet in der
Weise, dass horizontaler Ast und Winkel durch Druck mit dem Daumen auf
den Kronenfortsatz nach hinten und unten gedrückt wurde und dabei der
Pat. aufgefordert wurde, seinen Mund mehrmals auf und zu zu macheiL Durch
Hinzunahme eines leichten seitlichen Druckes gelang es den Kiefer, mit einem
hörbaren Ruck in seine richtige Stellung hineinzuführen. Die Methode scheint
für einzelne Fälle nicht ganz wertlos zu sein, wird aber nur immer als Hilfs-
methode in Frage kommen.
Schwartz (31) sah bei einem Kranken eine habituelle Luxation d^
Unterkiefers, der 8 Jahre vorher durch Hufschlag ausser der Luxation einen
Bruch des rechten Gelenkkopfes erlitten hatte. Li grösseren Pausen hatte
diese Verrenkung sich sechsmal wiederholt. Nach der letzten Reposition hatte
sich eine Kieferklemme eingefunden mit Verschiebung der unteren Zahnreihcn
nach hinten. Schwartz machte die Osteotomie des Gelenkkopfes und schob
zwischen die Flächen einen zusammengefalteten Silberfaden. Trotz der Vor-
sicht bei der Inzision hatte der Pat. doch leichte Facialislähmung; den Mund
kann er jetzt weit öffnen.
Thevenot (34) führte einen 42jährigen Landarbeiter mit Aktinomykosc
des linken Unterkiefers vor. Das Leiden hatte mit leichtem Schmerz im
linken Kiefergelenk und sehr ausgesprochener Kieferklemme brennen. Die
Beschwerden wurden bald heftiger, bald geringer. Augenblicklich dehnte sich
die Geschwulst von der Lippennasenfalte bis zum Warzenfortsatz aus, sie
schien in der Tiefe mit dem Knochen verwachsen. Drüsenschwellung var
nicht vorhanden. Ein Probeeinschnitt in die Geschwulst entleerte eine blutige
Flüssigkeit mit gelben Kömchen. Der Ausgangspunkt der Erkrankung wird
nicht näher angegeben.
Mouriquand (19) beobachtete bei einem 53jährigen Mann auf der
Abteilung Poncets, ohne dass sich ätiologisch ein besonderes Moment nach-
weisen Hess mit Ausnahme der Tatsache, dass er vor vielen Jahren eine vom
ersten Mahlzahn ausgehende Phlegmone am Unterkiefer gehabt hatte, eine
Aktinomykose des Gesichts und Halses, die besonders mit Kieferklemme ver-
bunden war. Sie hatte ihren Grund in einer unvollkommenen EntfemuDg
eines kariösen Molaren, der hin und wieder Schmerzen verursacht hatte. lo
Dezember 1902 stellte sich eine rasche Schwellung der Wange und der Gegeod
über dem Zungenbein ein. Der dort entstandene Abszess brach imter Ent-
leerung einer grösseren Eitermenge von selbst durch. Im Januar 1903 ent-
stand eine neue Schwellung am Kieferwinkel, zu der sich eine sehr heftige
Kieferklemme gesellte. Jetzt ist ausser rötlicher Färbung der Haut, vielen
Fisteln, derber Verdickung die Kieferklemme noch ausgesprochen. An den
Resten des r ersten Molaren findet sich eine mit gelben Punkten versehene
Uizeration des Zahnfleisches. Druck auf den schmerzhaften Zahnrest vermehrt
den Eiterausfiuss aus diesen Stellen. In den Absonderungen aus den Fisteln
finden sich die charakteristischen Kömer.
Partsch, Verletzungen nnd chirnrgische Krankheiten der Wange etc. 385
Im Anscfiluss an die Mitteilung Bollingers über primäre Knochen-
tuberknlose berichtet v. Brnns (4) über einen Fall von zentraler ünterkiefer-
aktinomykose. Am Unterkiefer fand man den Prozess am häufigsten.
Schlange fand unter 47 Fällen von Gesichtsaktinomykose nur einmal den
Unterkiefer selbst mitbeteiligt; Baracz in 7 Fällen von 52 Fällen und nur
einmal einen zentralen Knochenherd. Bruns ist nicht der Meinung Bostroems,
dass in diesen Fällen die Infektion nur von der Schleimhaut kommen könnte,
sondern tritt der vom Ref. vertretenen Anschauung bei, dass die Zähne die
Eingangspforte abgeben können.
Die zentrale Aktinomykose tritt in zwei Formen auf, als zentrale Karies
und als zentrale Neubildung. Im ersten Falle entsteht ein Hohlraum im
Knochen mit Grauulationsbildungen, die zu Fistelgängen und Abszessen
fuhren, wie Israel, Murphy und Fevrier gezeigt haben. Von der
anderen Form des zentralen Aktinomykoms lag bisher nur ein Fall Ducor-
Poncets vor beim Unterkiefer eines Neugeborenen. Bruns beobachtete bei
einem 30 jährigen Herren einen, seit einem halben Jahre entstandenen Tumor
des Unterkiefers im Bereich des Winkels und des hinteren Teiles des hori-
zontalen Astes desselben. Der Knochen war hart, stellenweise druckempfind-
lich. Die äusseren Weichteile zeigten keinerlei Veränderung. Der letzte Backen-
zahn fehlte und unter dem Bande des Kiefers lag eine geschwellte Lymph-
drüse. Die Punktion wies keine Erweichungsherde nach. In der Annahme
eines Sarkoms wurde von einem Schnitt am Kieferwinkel der Kiefer bloss-
gelegt und ein Stück des Knochens fortgenonunen. Damit wurde eine Höhle
ero&et, die von sarkomartigen Massen gefüllt war, deren Untersuchung deut-
liche Drusen ergab. Deshalb wurde von einer weiteren Resektion Abstand
genonmien und die Höhle nur gründlich ausgekratzt. Die Heilung hat seit
10 Jahren Bestand.
Chompret(Ö) gibt die ausführliche Krankengeschichte eines Falles von
multipler Nekrose des Oberkiefers bei einem Tabiker, bei dem ohne Bildung
von Sequestern unter Störungen der Empfindlichkeit i?erforationen durch den
Gaumen entstanden waren. Er glaubt, dass unter dem Einfluss der Tabes
eme zentrale degenerative Neuritis der sensiblen und sympathischen Fasern
des Trigeminus sich vollziehe. In der Tat hat Bandet in ähnlichem Falle eine
Sklerose der Substantia gelatinosa Kolandi nachweisen können, welche die
Wurzel des Trigeminus birgt, die nicht nur sensitive, sondern auch sympathische
Fasern aufweist. Diese Störungen erklären uns die Anästhesie der Wange,
den progressiven Schvnind der Alveolen, die Lockerung der Zähne. Kein
Wunder, dass diese Gebilde den infektiösen Einflüssen, die vom Munde her
auf sie wirken, sehr wenig Widerstand leisten können. Langsam oder rasch
molekular oder in grösseren Stücken geht der Knochen verloren und es kommt
zu tiefen Perforationen, welche nie mehr von selbst ganz verheilen.
Tr eitel (36) hat sich mit den syphilitischen Nekrosen des Oberkiefers
beschäftigt, welche an Häufigkeit der gesamten Knochennekrosen an 13. Stelle
stehen^ während die des Unterkiefers an 5. Stelle rangieren. Schon bei Neu-
geborenen kann durch akute Osteomyelitis (Schmiegelow und Power) der
Oberkiefer in Mitleidenschaft gezogen werden. Ebenso durch Tuberkulose und
Infektionskrankheiten.
Die Diagnose einer syphilitischen Nekrose wird durch Begleiterschei-
nungen an Nase, Gaumen und anderen Körperstellen erleichtert.
Jalirseberielit für Chirorfie 1908. 25
386 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil
Die Zähne werden gleichmässig locker und fallen ans. Nach S e m o n
kann die Nekrose sich unter dem Bilde eines Empyems einleiten.
Die in der Literatur geschilderte Fälle (Koch, Michaelis) vermehrt
Tr eitel um einen neuen. Der Patient wurde wegen einer Kiefereitemng an
Tr eitel gewiesen. Zahnschmerzen waren nicht dagewesen. Eine Fistel führte
zwischen 3. und 4. in der Höhe von 2Vs cm auf rohen Knochen. Vier Zähne
waren gelockert und zwar 2., 3., 4. und 5. Der Kiefer war nicht beweglich.
Es Hess sich der den Eckzahn und lateralen Schneidezahn anschliessende AI-
yeolenabschnitt auslösen, so dass eine Kommunikation zwischen Mund und
unteren Nasengang zustande kam. Die Nekrose ist sicherlich durch Infektion
vom Nasengange her entstanden.
Legueu (16) hat bei einer 13 Jahre lang bestehenden durch einen Fall
aufs Kinn nach Bruch des Gelenkkörpers eingetretenen einseitigen Kiefer-
gelenksankylose, welche den Kranken gezwungen hatte, nur dadurch sich zu
ernähren, dass er kleine Stücke der Nahrung zwischen die Zahnreihen schob,
eine Resektion des Kiefergelenks vorgenommen. Dabei wurde eine vollständig
feste Verwachsung des hyperostotischen Gelenkkörpers mit dem Meissel ab-
getragen. Bei der 14 Monate später vorgenommenen Vorstellung öffnete der
Kranke den Mund weit und kann in normaler Weise kauen. Eine anfangs
bestehende leichte Lähmung der Orbikularisfasern des Facialis ist in der
Zwischenzeit vollkommen verschwunden.
Krepuska (14a) beobachtete bei einem 4 jährigen Kinde seit 3 Jahren
eitrigen Ausfluss aus dem linken Ohre. Da er im vorderen Abschnitte der
Paukenhöhle mit der Sonde einen rauhen Knochen spürte, entfernte er den-
selben; es war dies der sequestrierte Kopf des Unterkiefers. Die Heilung
erfolgte schnell; das Gehör ist derzeit, 2 Monate nach der Operation, sehr
gut, die Bewegungen des Unterkiefers sind frei.
Krepuska hält die stattgehabte Erkrankung des Knochens für eine
luetische. J. Dollinger (Budapest).
Felgner (9) demonstriert eine an skarlatinöser Ankylose des Unter-
kiefergelenkes operierte Patientin. Die Operation wurde von einem am unteren
Rande des Jochbogens horizontal nach hinten geführten Schnitte aus gemacht,
den er bogenförmig um die Ohrmuschel bis zur Mitte des Proc. mastoideus
verlängerte. Resektion eines 1 cm breiten Knochenstückes und des reponierten
Gehörganges. Nach 8 Wochen vollständiges Kauvermögen.
Orlow (23) gibt an der Hand von 7 eigenen beobachteten Fällen eine
Übersicht über 104 Fälle von Kiefergelenkankylose, von denen 49 bei Männern^
51 bei Frauen beobachtet sind. Dem Alter nach kamen davon 64 Fälle auf
die Zeit von 1 — 20 Jahre, 35 auf die Zeit von 21 — 40 Jahre. Es ist also
das Leiden ein Leiden des frühen Alters. Die Zeit bis zum Eintritt in die
Behandlung schwankt zwischen 5 und 30 Jahren. Orlow scheidet die Fälle
in angeborene und erworbene. Zu den ersteren, viel selteneren, gehören die
Fälle von Langenbeck, Schumacher, Rose. Der von J. Wolff mitge-
teilte wird analog den Ausführungen von König und Bergmann bestritten.
Traum 11 tische Läsionen bei der Geburt mit der Zange, im frühesten Alter
überstandene Osteomyelitis können die Ursachen solcher angeblich angeboren^i
Formen sein. Ganz in Abrede zu stellen ist das Vorkommen aber nicht, da
bei Missbildungen der Ohrmuschel, des Gehörganges, Spalten des Gaumens
diese Ankylosen beobachtet wurden.
r
Parts ch, Verletzungen and chirorgische Krankheiten der Wange etc. 387
Bei den erworbenen Ankylosen spielen traumatische Läsionen eine er-
hebliche Rolle. Fall aufs Kinn, Stoss und Schlag werden als Ursachen ange-
geben. Orlow hat sie 23 mal unter seinen Fällen gefunden. Auch beim
Geburtsakt entstandene Verletzungen sind dabei zu erwähnen. Von selbst-
ständigen Entzündungen, zu denen das Kiefergelenk durchaus nicht besonders
disponiert, sind es Rheumatismus, Gonorrhöe, Arthritis deformans und Tuber-
kulose, die hier in Frage kommen. Aber erheblicher als diese Erkrankungen
tragen die verschiedenen Infektionskrankheiten zu dem Zustandekommen der
Ankylose bei: Scharlach, Diphtherie, Typhus, Variola. Sodann kommen die
Erkrankungen der Nachbarschaft in Frage, die auf das Ohr übergreifen,
eitrige Emtzündungen des Mittelohrs, die sich allerdings häufig mit Infektions-
krankheiten kombinieren, Erkrankungen des Unterkiefers, der Schädelknochen,
der Weich teile. Das Material Orlows gruppiert sich so, dass 29,4 ®/o der
Fälle auf traumatische Verletzungen, 22 ^/o auf Entzündungen des Kiefer-
gelenks nach Infektionskrankheiten, ebensoviel auf Otitis media, 12,6 ^/o auf
Erkrankungen des Unterkiefers und der benachbarten Knochen, 10 ^/o auf
selbständige Entzündungen des Kiefergelenks kommen, nur zwei Fälle sind
als angeborene anzusprechen. Die Form der Ankylose war in 9 Fällen eine
fibröse, in 26 Fällen eine knöcherne (ein- oder beidseitig), in 2 Fällen knöcherne
mit Luxation des Köpfchens, in 3 Fällen knöchern mit stark ausgesprochenen
Veränderungen des Köpfchens und des Halses, 3 mit Abflachung der Inzisur,
in 21 Fällen knöchern mit vollständigem Schwund des Gelenkes. Gerade die
extraartikulären Verwachsungen, besonders die knöcherne Verwachsung des
Proc. coronoideus ist bei Beseitigung der Ankylose von besonderer Wichtig-
keit; die Beweglichkeit wird in diesen Fällen erst bei der Operation herge-
stellt, wenn der operative Eingriff sich nicht auf die Gelenkresektion beschränkt,
sondern auch die nicht minder wichtigen extraartikulären Veränderungen
beseitigt. Von 40 Fällen sind einmal die Proc. coronoidei allein, in einem
Falle die Condyloidei linear durchtrennt worden, in 21 Fällen die Resektion
des Gelenks mit Durchtrennung der Proc. coronoidei, in 11 Fällen Re-
sektion mit Entfernung des Proc. coronoideus, in 23 Fällen der ganze auf-
steigende Ast reseziert worden. 37 ^/o aller Fälle sind beiderseitig , wobei
wohl immer auch beide Gelenke erkrankt gewesen sind. Einseitige Erkrankung
macht nicht Verödung des anderen Gelenkes.
Die Folgen der Ankylose, die Asymmetrie des Gesichts, die Verschie-
bung des Kinns, der Schwund des Kiefers auf der Seite der Ankylose, die
Schmalheit der unteren Gesichtshälfte, zunehmend mit dem Auftreten der
Ankylose im frühen Kindesalter, die Unbeweglichkeit des Unterkiefers werden
eingehend besprochen. Die Mundöffnung lässt sich gewaltsam manchmal bis
lern erzwingen; sie ist auch möglich bei doppelseitiger Ankylose und wird
von König und 0 liier durch eine gewisse Elastizität des Unterkieferknochens
erklärt(?).
Die Zähne sind meist nach dem harten Gaumen zu gerichtet und stossen
im Winkel zusammen. Sie sind meist abnorm gestellt und stark mit Zahn-
stein belegt. Die Mundschleimhaut ist wegen der unzulänglichen Reinigung
meist chronisch entzündet.
Die Sprache ist öfters undeutlich, zischelnd, das Gehör abgeschwächt.
Der Organismus im ganzen ist schwächlich, das Wachstum mangelhaft; oft
fällt aber eine gute Ernährung und gesundes Aussehen geradezu auf. Es ist
deshalb auch die Prognose der Erkrankung eine wechselnde, im allgemeinen
25*
388 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
gute. Jedenfalls ist die Prognose der Operation eine gute zu nennen, da
bislang kein Todesfall bekannt. Wichtig ist für die Vornahme der OperatioD
die möglichst sichere Diagnose. Für eine einseitige Ankylose sprechen äussere
Veränderungen über irgend einem Gelenke, in Form von Unebenheiten, Narben,
eine vorausgegangene oder noch bestehende einseitige Ohraffektion, Angaben
des Pat. über einen Zusammenhang des Ohrleidens mit der Ankylose, die
Möglichkeit, den Mund auf einer Seite vermittelst Instrumenten zu öSnen,
endlich Asynunetrie einer Gesichtshälfte auf der Seite der Ankylose.
Traumatisches Entstehen, Auftreten in den ersten Lebensjahren und
dementsprechend lange Dauer der Krankheit lässt auf knöcherne Verwachsm^
schliessen.
Die an 99 gesammelten Fällen ausgeführten Operationen können in drei
grosse Gruppen eingeteilt werden. 1. Die Operation am horizontalen Ast,
2. die am aufsteigenden Ast in der Ausdehnung vom Kieferwinkel bis zur
Incisura semilunaris, 3. die am Gelenkteile des aufs1;gigenden Astes und am
Gelenk und den beiden Fortsätzen.
Es sind ausgeführt worden 2 am horizontalen Teil nachEsmarch, 13
am vertikalen Ast (Keilresektion), 37 Resektionen des Kiefergelenks, 23 Re-
sektionen des ganzen oberen Endes, 4 Resektionen des Gelenks und lineare
Osteotomie des Proc. coronoideus, 8 Resektionen des Gelenks und des Proa
coronoideus. Die einzelnen Operationsmetboden werden sehr ausführlich in
ihren Vorzügen und Nachteilen besprochen. Die Esmarchsche Operation
ist fast vollkommen verlassen. Gegen die Operationen von Kiefergelenk wird
namentlich von Riebet eingewandt die grössere Gefährlichkeit wegen der
Nähe der Schädelhöhle, die Gefahr der Facialisverletzung , die in 18**/q der
Fälle vorkonunt; Riebet glaubt sie deshalb ganz durch die Operationen am
Winkel ersetzen zu müssen, was grundsätzlich falsch ist. Die subkutanen
Zerreissungen, die subkutane Arthrotomie, die Arthrolysis geben nur unvoll-
kommene Resultate und stets Rezidive. Die Operationen am Gelenk wechsehi
nach der Methode des Hautschnittes und der Wegnahme des Knochens. Die
T-Schnitte scheinen den Vorzug zu verdienen. Die Entfernung des Knochens
muss möglichst subperiostal vorgenommen werden, um die Verletzung des
Facialis und der Axt. maxill. zu vermeiden. Die Knochenabtn^ong muss
femer sehr vorsichtig in einzelnen kleinen Strecken vorgenommen werden;
leider lässt sie sich vorher nicht bestimmen, sondern ist meistens erst nach
Blosslegung des Operationsfeldes zu beurteilen. Der Operation muss stets
eine methodische Nachbehandlung folgen. Was die Resultate anlangt, so
schwindet das Vogelgesicht fast nie. Das funktionelle Resultat war ver-
schieden; die Schlusskraft war nicht selten normal, häufig aber schien die
Kraft der Kaumuskeln geschwächt, besonders dann, wenn das Temporale dordi
Resektion des Proc. coronoideus ausser Funktion gesetzt ist.
Von Komplikationen während der Operation ist die Asphyxie, die Ver-
letzung der Gefasse und Nerven, zu erwähnen, um der ersten Gefahr vor-
zubeugen, ist die Fixation der Zunge an einer Fadenschlinge empfehlenswert.
Einigemale war die Tracheotomie erforderlich. Die Art. max. int. wurde
zweimal verletzt; v. Mikulicz sah eine erhebliche Blutung. Von Nerven kann
der Trigeminus und der Facialis verletzt werden. Orlow hat bei sieben seiner
Pat. 3 mal Parese der oberen Äste, 2 mal Lähmung des ganzen Nerven ge-
sehen. In der Literatur sind 12 Fälle von Lähmung bei der Operation be-
kannt, also in 18 ^/o der Operationen. Nicht immer lag Durchschneidung vor.
Partscb, Yerletzangen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 389
sondern häufig traumatische Insulte. Schnittführung dicht am Arcus zygo-
maticus sichert am besten gegen diese Komplikation. Blosslegung der Nerven
nach Ollier ist nicht empfehlenswert. Die Prognose der Lähmung ist günstig;
oft geht die Lähmung Ton selbst zurück. Die Frage der Rezidive ist schwer
zu entscheiden. Die Angaben sind unzulänglich, die Pat. häufig zu früh aus
der Beobachtung gekommen. Bei 105 Operationen sind 12 Rezidive kon-
statiert und die Ursache dafür liegt in der Entwickelung neuer Knochen-
verlötnngen. Diese sind zu verhindern durch Entfernung des Periosts neben
dem resezierten Knochen, ausgedehnte Entfernung des Knochens, Muskel-
transplantation zwischen den Knochen, die Implantation fremder Platten
zwischen die Knochen. Methodische Übungen unterstützen das Resultat er-
heblich.
Die ausserordentlich fleissige, sorgsame Arbeit behandelt die an die
Kieferankylosen sich anknüpfenden Fragen nach dem augenblicklichen Stande
der Erfahrungen mit einer seltenen Gründlichkeit, so dass sie wohl die beste
Übersicht über das Thema gibt. Der Gründlichkeit der Arbeit glaubte ich
(las ausführliche Referat schuldig zu sein.
Roe (25) bespricht den Fall eines 18jährigen jungen Mannes, der mit
8 Jahren eine Verletzung des Kiefers dadurch erlitten hatte, dass er aus
einem Schlitten geworfen und mit dem Kinn gegen den Pfahl eines mit
Stacheldraht versehenen Zaunes geschleudert wurde. Nach 12 stündiger Be-
wusstlosigkeit wurde ein komplizierter mehrfacher Bruch des Unterkiefers
konstatiert. Nachdem 5 Wochen lang der Kiefer durch eine Bandage fest-
gestellt worden war, liess er sich nicht mehr öffnen. Trotzdem später noch
ein Versuch durch mechanische Dehnung Beweglichkeit zu erzielen gemacht
wurde, bheb der Mund doch ganz geschlossen. Als der Patient 1901 in Be-
handlung trat, fiel das rückstehende Kinn und eine Verdickung in beiden
Kiefergelenkgruben auf. Der Kiefer stand fest in einer Stellung, bei welcher
die letzten Molaren aufeinander stiessen, während die Frontzähne ziemlich
weit auseinander standen. Eine Beweglichkeit war nur in dem Umfange von
1 mm möglich. Ein seitliche Verschiebung des Kinns bestand nicht. Der
Kiefer schien in seiner Entwickelung zurückgeblieben zu sein und glich dem
eines 8 jährigen Knaben. Im Röntgenbilde fiel die stark vergrösserte Knochen-
masse in der Gelenkgegend auf und eine knöcherne Spange, welche den auf-
steigenden Ast mit dem Schläfenbein verband. Es bestand ein mit Ver-
schiebung geheilter Bruch des Halses des Gelenkfortsatzes. Zuerst wurde
rechterseits von einem dem Jochbeinfortsatz entlang geführten Schnitt aus
unter Zurückziehung der Parotis und Spaltung der Fascie die subperiostale
Exzision des Gelenkkopfes gemacht, und dann der umfangreich Kopf und
Hals umgebende Kallus sowie die den Kopf mit dem unteren Rande des
Jochbeins verbindende Knochenspange ausgemeisselt. Ein interartikulärer
Knorpel fand sich nicht mehr vor, das Gelenk war frei von Verwachsungen.
Nach Reinigung der Wunde liess sich der Zeigefinger frei zwischen dem
Unterkiefer und der Gelenkspange einführen. Die getrennten Fasern des
Masseter und der Fascie wurden mit Catgutnaht vereinigt und ebenso die
Haut. Dasselbe Verfahren wurde am 9. Dezember auf der linken Seite
wiederholt, wo die Situation am Gelenk sich ganz ähnlich fand. Es liess
sich dann der Mund fast bis zur Normalöffnung erweitem. Die Wunden
heilten gut und am 10. Tage nach der zweiten Operation liessen sich die
Zähne bis auf Zollweite entfernen. Eine Parese der Muskeln durch Ver-
390 Jahresbericht für Chirargie. II. Teil.
letzung der Nerven wich nach 2 Monaten. Der Pat. wurde mit einer Beweg-
lichkeit des Kiefers bis zu 1^/* Zoll der Mundöffnung entlassen und guter
seitlicher Beweglichkeit. — Ein zweiter Fall betraf einen jungen Mann yod
18 Jahren, der im Alter von 5 Jahren aus der Höhe auf Ziegelboden fiel
und sich dabei zwei der oberen Frontzähne ausschlug. Eine beträchtliche
Schwellung trat in den beiden Gelenkgegenden ein und eine zunehmende
Beschränkung der Beweglichkeit des Kiefers, so dass nach 9 Wochen nur
eine sehr geringe Beweglichkeit noch mögHch war. Dann wurde in verschie-
denen Hospitälern der Versuch gemacht, durch Mundkeile die Öffnung zu
erweitem. Trotz mehrmonatlicher Behandlung war dadurch keine Besserung
erzielt worden. Als der Knabe zum Verfasser in Behandlung kam, bestand
ausser der Zurückziehung des Kinns eine starke Kieferklemme bei offenem
Gebiss, die letzten Zähne trafen sich, die vorderen standen weit auseinander.
Sie konnten nur 3 mm voneinander bewegt werden. Die Entwickelung des
Unterkiefers schien von dem Augenblick der Verletzung ab stillgestanden zu
haben, so dass der Knochen nicht grösser war, als der eines 5jährigen
Kindes. Da auch die Röntgenaufnahme die Situation ähnlich wie im ersten
Fall erseheinen Hess, wurde am 13. Februar 1902 rechts und am 20. Februar
links operiert. Die Operation wurde durch Asphyxie unterbrochen, welche
eine Laryngotomie notwendig machte, wodurch der bedrohüche Zustand ge-
hoben wurde. Später wurde nach Anlegung einer Tracheotomie die Laryngo-
tomiewunde geschlossen. Eine besondere Störung erfuhr die Wundheilung der
Resektionswunde nicht. Auch hier trat durch regelmässige Übung der Mund-
öfFnung ein guter Erfolg ein. Eine Schwierigkeit besteht immer darin, dass
die Zähne den Druck des Mundsperrers nicht ertragen und Reizungen des
Periodontiums zum Nachlassen der Übung zwingen. In beiden Fällen ist die
Ätiologie von Wichtigkeit, insofern sie beide auf Brüchen des Halses unter-
halb des Gelenkkopfes beruhen. Diese Halsfrakturen sind nicht so selten,
me man annimmt. Roe sah unter 51 Fällen von ünterkieferfraktur 6 Fälle
von einseitiger, 1 von doppelseitiger Halsfraktur. Der Umstand, dass das
eine Fragment leicht an das Jochbein anstösst, macht die Möglichkeit einer
Verwachsung erklärlich. Eine knöcherne Ankylose wird nicht immer vorhanden
sein; das Röntgenbild unterstützt die Diagnose erheblich. Ob man ein- oder
zweizeitig operiert, ist ziemlich gleichgültig. Die Gefahr der Infektion ist
bei zweizeitiger Operation grösser. Die Narkose macht bei den Operationen
häufig Mühe, da das Vorhalten der Zunge bei der Unbeweglichkeit der Kiefer
sehr schwer gelingt. Verf. geht ausführlicher auf die Bedeutung der Stellung
der Zunge und des Zungenbeins ein. Die Störung der Entwickelung des
Kiefers durch die Verletzung äussert sich auch in der Stellung des zum Teil
am Kiefer hängenden Kehlkopfes und die Gefahr der Asphyxie wird wachsen
mit dem Grade der Entwickelungshemmung des Unterkiefers, um sie zu
beseitigen, muss man nötigenfalls mit einem Haken das Zungenbein von der
hinteren Rachenwand abziehen, und wenn das nicht ausreicht, bald die
Tracheotomie anfügen. Von den Operationsmethoden, welche für die Be-
seitigung der Kieferankylose angegeben sind, ist bei dem Sitz der Ankylose
im Gelenk die Resektion desselben die sicherste. Sie gewährleistet die kräf-
tigste und ausführlichste Bewegung des Unterkiefers und lässt die Gefahr,
dass durch neue Knochenbildung das Resultat beeinträchtigt würde, nicht so
gross erscheinen, als man früher annahm.
Oliver (22) berichtet drei Krankengeschichten, die operative Behand-
Partsch, Verletzungen und chirurgieche Krankheiten der Wange etc. 391
limg von Zahncysten betreffend. Die EröflFnung und Auslöffelung führt in
derartigen Fällen immer zur Heilung. Knochengewebe braucht niemals ent-
fernt zu werden. Die Umwandlung der Cysten in maligne Geschwülste ist
bisher nicht beobachtet worden. Entwickelungsgeschichte der Zähne und
Zahncysten sind besprochen und durch makro- und mikroskopische Abbil-
dungen erläutert. Die Diagnose der Zahncysten wird gemacht, wenn der der
Lage der Kieferverdickung entsprechende Zahn fehlt, die Geschwulst cystisch
ist, auf Druck knistert und durch explorative Inzision.
Maass (New- York).
Roe (25 a) machte bei zwei Kranken mit traumatischer Kiefergelenks-
ankylose doppelseitige Resektionen und erzielte gutes funktionelles Resultat.
!Eine besondere Gefahr bei derartigen Operationen ist Asphyxie, die bei einem
der Kranken Tracheotomie nötig machte. Derartige Zufillle sind am ehesten
bei solchen Kranken zu erwarten, welche die Verletzung in früher Jugend
erlitten haben und erst als Erwachsene zur Operation kommen. Die Ursache
hierfür liegt nach Roe in der Lageveränderung, welche Zungenbein und Kehl-
kopf durch die Wachstumsstörung des Unterkiefers erleiden und die ver-
ringerte Entfernung zwischen Kehldeckel und hinterer Pharynxwand. Bei
dem Versuche den Mund zu öflFnen, wird der Kehldeckel ganz auf die Rachen-
wand gedrückt. Wenn Schliessen des Mundes, Anhaken und Verziehen des
Zungenbeines nicht wirken , muss Tracheotomie gemacht werden , die durch
die nach unten verschobene Lage des Kehlkopfes sehr erschwert sein kann.
Die Operation empfiehlt Roe zeitweilig auszuführen. Bei einseitiger
Operation kann leicht die erst operierte Seite infiziert werden, wenn der
Kranke auf ihr liegt, durch Mundschleim etc. Die Öffnung des Mundes kann
noch während der Nekrose oder später allmählich gemacht werden.
Von Operationsmethoden kommen nur Gelenkresektionen oder Pseud-
arthrose voii der narbigen Striktion nach Esmarch in Betracht. Wenn
letzteres auf beiden Seiten zu geschehen hat, geht meist die Kaufunktion
verloren, während sie bei doppelseitiger Resektion erhalten bleibt.
Maass (New- York).
Tom stellt das Mesoblast und blau- resp. rotgefärbte FianelUappen des
Epi- und Hypoblast dar. Am Schlüsse des Aufsatzes findet sich eine kurze
Schilderung des Zusammenhanges zwischen Kiemenspalten und Kiemenfisteln
sowie über die anatomische Lage der letzteren. Eine definitive Heilung ist
nur zu erwarten, wenn es gelingt, jede Aussackung aufzufinden und zu
entfernen. Maass (New-York).
Rygge (28) hebt hervor, dass die meisten Kiefercysten ihren Ausgangs-
punkt in den Zähnen haben. Es werden die follikulären und die periostealen
Cysten beschrieben und ein Bericht über die Histologie und Entwickelungs-
art, sowie über die Behandlung geUefert, die bei denselben in Frage kommen
kann. Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Eugen Krauss (14) teilt einen Fall mit, in welchem bei dem 26jährigen
Patienten, der acht Jahre vorher eine Zabnoperation überstanden hatte, mit
Sepsis und monatelang andauernder Albuminurie seit zwei Monaten eine wenig
schmerzhafte Schwellung am Gaumen entstanden war, welche die linke Hälfte
des harten Gaumens in eine flache, eiförmig pralle Geschwulst dicht nach
der Zahnreihe hin sich verlierend, verwandelt hatte. Sie prominiert etwa
1 cm über das rechte Gaumendach. Die zwei Prämolaren, sowie der erste
Molar sind gefüllt. Es ist aber kein Zahn auf Beklopfen empfindlich. Es
392 Jahresbericlit für Chirurgie. II. Teil.
wird in den vermeintlichen Abszess eine ausgiebige Inzision gemacht, die aber
nur eine geringe Menge gelben dünnflüssigen Eiters entleert. Trotz täglicher
Auswaschungen bleibt die Eiterung bestehen. Am vierten Tage dringt die
Knopfsonde im Grunde des Abszesses anstandslos durch eine kleine Lücke
4Va cm tief in eine Höhle, welche nur die Kieferhöhle sein konnte. Die An-
nahme, dass eine eitrige Kieferhöhlenentzündung die Gaumenplatte vorgewölbt,
wie das vonChiari, Hajek und Panzer beschrieben worden ist, und dann
durchbrochen habe, bestätigte sich bei der weiteren Untersuchung nicht.
Die Untersuchung der Nase auf Kieferhöhlenempyem blieb absolut negativ.
In dem mittleren vollständig freien Nasengange war weder Eiter noch Grauu-
lationswucherung zu sehen. Die Durchleuchtung liess aber die linke Seite
vollkommen dunkel erscheinen, aber die Durchspülung des Antrums von der
Lücke aus erwies das Antrum vollständig leer. Die Flüssigkeit floss anstandslos
bei der Nase heraus und war so klar und ungetrübt als sie injiziert wurde.
Es war deshalb ein Empyem des Antrums auszuschliessen. Bei Eröffnung des
Prämolaren floss Eiter aus. Zwei Tage nachher hörte die Eiterung aus der
Gauraenwunde auf. Die noch bestehende Vorwölbung des Knochens wurde
durch einen Sinus palatinus erklärt, der angenommen wird wegen starker
Verdünnung des Oberkiefers. Leider ist bei dem Falle gar nicht an eine
Kiefercyste gedacht worden, die an dieser Stelle vorkommen kann und am
besten die Verdünnung des Gaumenknochens erklärt.
Hawkes (11) sah bei einem 40jährigen Manne, der über eine seit vier
Monaten bestehende Schwellung des Gesichtes klagte, die keine Zahnschmerzen
machte, sondern nur leichte Beschwerden hervorrief, eine cystische Geschwulst,
die bei der Punktion eine und eine halbe Unze gelblicher, schleimähnlicher
Flüssigkeit entleerte. Ihre Wand wurde eingeschnitten und enthielt keinen
Knochen; sie nahm das Antrum ein, von dem sie wohl auch ausgegangen
war (? Ref.).
Dawbarn macht bei der Besprechung auf die Erweichung des Knochens
durch maligne Geschwülste aufmerksam und hebt hervor, dass die Nadel
dann den Knochen leicht zu durchdringen vermag. In dem angeführten
Falle fehlte nach Hawkes die knöcherne Wand teilweise vollständig, nnr
der umgebende Knochen schien härter und fester als der normale. Der Fall
heilte durch Inzision ohne Rezidiv (Ref. bestreitet, dass eine endgiltige Heilung
durch eine einfache Inzision zu ermöglichen ist).
Oliver (22) betont, dass die nicht genügende Kenntnis der vom Zahn-
system ausgehenden Cysten öfters zu schweren, nicht berechtigten Eingriffen
am Kiefer führt. In einem Falle eines 25 jährigen jungen Mannes sah er
eine seit neun Jahren bestehende Fistel in der Gegend des linken ersten
Bicuspis, welches durch dauernde, mit üblem Geruch verbundene Eiterung
den Patienten erheblich belästigte; trotz wiederholter Operation wegen
Alveolamekrose erfolgte keine Besserung. Bei seiner Untersuchung bestand
eine erhebliche Verdickung am Oberkiefer zwischen der Alveole des lateralen
Schneidezahnes und des ersten Mahlzahnes. Eckzahn und zweiter Bicuspis
waren extrahiert worden, vom ersten konnte nicht behauptet werden, dass
er überhaupt erschienen. Eine Fistel in der Gegend der Alveole des Eck-
zahnes liess die Sonde IV2" eindringen; sie zeigte, dass ;,die Nekrose* auf
die oberflächliche Schicht des Alveolarrandes reduziert war und den Körper
des Knochens nicht mit beteiligte. Eine Fistel führte noch durch die Seiten-
wand des linken Nasenganges. Die Fisteln wurden mit dem scharfen Löffel
r
Partschi Verleizangen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 393
aasgeräumt und Hessen im Oberkiefer, vor dem Antnim eingebettet, einen
mit vollkommen entwickelter Krone aber unvollkommenen Wurzeln versebenen
Bicuspis finden. Nach seiner Entfernung wurde die Wand gut ausgelöffelt.
Schneller Schluss der Fisteln, wie Aufboren der Eiterung war die Folge.
Der Patient war von der bereits vorgeschlagenen Resektion des Oberkiefers
bewahrt.
In einem zweiten Falle entstand bei einem 10jährigen Knaben eine
schmerzhafte Schwellung am Alveolarrande des mittleren unteren Schneide-
zahns nach Extraktion des lateralen. Bei der ersten Untersuchung griff ein bläu-
licher, mit geschlängelten Gefassen versehener Tumor über den Alveolarrand
bis auf den Mundboden über. Der Tumor fluktuierte; Knittern war nicht
vorhanden. Eine Inzision entleerte Flüssigkeit aus einer Höhle, in welcher
sich ein permanenter Schneide- und Eckzahn fand. Ihre Wurzeln waren schief
nach aussen und hinten gerichtet. Die Cystenwand reichte bis zum Zahnhalse
herab. Die mikroskopische Untersuchung ergab das typische Bild eines Myeloid-
sarkoms. In einem dritten Falle wurde bei einem Knaben aus tuberkulöser
Familie ein Riesenzellensarkom beobachtet in der Gegend der Molaren. Sieben
Wochen nach dessen Entfernung üess sich in der Gegend des Eckzahns an
demselben Kiefer eine Schwellung beobachten; der Eckzahn dieser Seite fehlte,
während der der anderen Seite schon 12 Monate früher durchgebrochen war.
Die Schwellung war hart und reichte von der Mittellinie bis in die Gegend
des zweiten Bicuspis in der ganzen Höhe des Kiefers. Der Knochen war
stark verdickt. Drüsenschwellungen waren nicht vorhanden. Der Verdacht,
dass es sich um ein Bezidiv handelte, bestätigte sich nicht, sondern in einer
mit Flüssigkeit gefüllten Höhle fand sich ein permanenter Caninus. Der Bau
der Cystenwand ähnelte der im vorigen Falle.
In längeren Ausführungen gibt der Autor eine übersichtliche Darstel-
lung der Geschichte und der pathologischen Anatomie der verschiedenen Formen
der Cysten, in welcher besonders neue Gesichtspunkte nicht vorgebracht werden.
Er glaubt, dass die meisten Fälle dieser Affektion bei Patienten unter 30
Jahren beobachtet werden, besonders zur Zeit des Zahnwechsels oder kurz
nachher. Der dritte Molar des Unterkiefers scheint am hauptsächlichsten be-
teiligt. Ulm zunächst werden Eckzähne am öftesten Ursache sein , Schneide-
zähne, 1. und 2. Molar und 2. Praemolar sind in ziemlich gleichem Verhältnis
der Sitz, der 1. Praemolar am seltensten. Diese statistischen Behauptungen
muss Ref. nach seiner Erfahrung stark in Frage stellen. Beide Kiefer sollen
ebenfalls in ziemlich gleicher Weise das Kontingent für die Cysten stellen
Nach Ansicht des Ref. ist der Oberkiefer weitaus bevorzugt. Nur ein Fall
ist bei Milchzähnen bekannt; alle anderen bei permanenten. Ob Erblichkeit
dabei in Frage, ist zweifelhaft. Überflüssige Zähne können die Cysten auch
verursachen. Fergusson sah einen permanenten Zahn in einen Tumor ein-
gebettet. Selten finden sich wie im zweiten Falle des Autors zwei Zähne in
der Cyste, meistens nur einer.
Newmann (20) berichtet über ein 14 jähriges Mädchen, die sonst ge-
sund seit ungefähr 9 Monaten an der Aussenseite des Zahnfleisches des rechten
Oberkiefers eine bohnengrosse Schwellung bemerkt hatte. Während sie früher
ohne Beschwerden bei leichter Druckempfindlichkeit langsam gewachsen war,
hatte sie schnell an Grösse zugenommen, trotzdem vor drei Wochen ein
Zahn extrahiert wurde. Bei der Aufnahme reichte die Geschwulst am Zahn-
fleisch und Oberkiefer vom Eckzahn bis ersten Mahlzahn ungefähr IV^ Zoll
3d4 Jahresbericht ftlr Chirurgie. IL Teil.
hoch. Der Gaumen war ebenfalls in den Tumor einbezogen, der bis zur
Mittellinie des harten Gaumens reichte. Der Tumor war rundlich und weich
mit gesunder Schleimhaut bedeckt, nur am Zahnfleischrande geschwürig. Mit
einem Schnitt in der Mittellinie der Oberlippe um den Nasenwinkel hemm
bis nahe an das innere Augenlid wurden die Weichteile yom Knochen abgelöst
und dann der Knochen 1^/4 Zoll tief bis in den harten Gaumen durchmeisseÜ
Ein zweiter Schnitt ging vom vorderen Hand des 2. Mahlzahns, so dass sich
der ganze den Tumor enthaltende Knochen herausheben liess. Die Heilmig
trat rasch ein, so dass Fat. schon am 14. Tage entlassen werden konnte.
Mikroskopisch erwies sich die Geschwulst als ein Fibrosarkom mit Ein-
sprengung kleiner Knorpelinseln, die Mitte des Tumors war zellreicher als die
Peripherie. Ob der Tumor vom Periost oder von dem unterliegenden Knochen
ausgegangen, liess sich nicht entscheiden. Die Gutartigkeit des Tumors machte
es auch möglich, dass er sich ohne Fortnahme des harten Gaumens ent-
femen liess.
Lefhelm (15) fügt zu 23 aus der Literatur zusammengestellten Fällen
von Epithelialgeschwülsten des Unterkiefers einen neuen in der Kieler Klinik
beobachteten Fall hinzu. Ein 51 jähriger Landmann hatte am rechten Unter-
kieferrande eine knopfförmige Geschwulst bekommen, welche trotz Zahnei-
traktion immer grösser geworden war und die in vierwöchentlichen Pausen
aufbrach und eine massige Menge Eiter entleerte. Bei seiner Aufnahme fand
sich am rechten Unterkiefer in der Gegend des Austrittes des Nervus men-
talis eine walnussgrosse Auftreibung und über derselben, in der Gegend des
2. Molaren, eine kleine Fistel. Gegen den ünterkieferwinkel setzte sich die
Geschwulst ziemlich scharf ab. Drüsenschwellung war nicht vorhanden. An
der Stelle der Auftreibung ist eine rundliche, völlig glatte, auf Druck nicht
schmerzhafte Resistenz zu fühlen, die bei knochenharter Konsistenz, bei
starkem Druck Pergamentknittem wahrnehmen lässt. Der Unterkieferrand
ist erheblich verbreitert und lässt sich nicht deutlich vom Mundboden ab-
grenzen. Der rechte Teil des Mundbodens ist etwas stärker vorgewölbt. Der
letzte Mahlzahn sitzt sehr locker in seiner Alveole. Der 1. und 2. Mahlzahn
fehlen; an ihrer Stelle ist zwischen den Rändern des Alveolarfortsatzes eine
tiefe, mit Speiseresten ausgefüllte Höhle, welche sich nach hinten unten bis
an die hintere Wand des Kiefers sondieren lässt. Kleine geschwollene Drüsen
sind in der 'Medianlinie vorhanden. Von einem Hautschnitt aus, der entlang
dem Unterkieferrande geführt wird, gelangt man auf den vom Unterkiefer
ausgehenden Tumor, dessen äussere Wand papierdünn und eindrückbar ist.
Der Unterkiefer ist in der Gegend des Kinnloches stark blasig aufgetrieben.
Nach Fortnahme der Aussenwand kommt man auf eine walnussgrosse Cyste
in einer Knochenhöhle. Sie setzt sich in eine Anzahl erbsengrosser weicher
knotiger Tumoren fort, welche in entsprechenden Ausbuchtungen des Knochens
liegen. Der Unterkieferkanal ist nach aussen von den Alveolen verschoben.
Nach Fortnahme der Geschwulstpartien erweist sich die mittlere Wand des
Unterkiefers ebenso papierdünn. In der Nähe des Unterkieferwinkels ist noch
eine kleine, der ersten ähnliche Cyste vorhanden. Die Resektion des Kiefer-
stückes ist nur schwierig möglich, die Mundschleimhaut wird vernäht, die
Wunde von aussen tamponiert. Die Wunde heilt rasch; später musste eine
schiefe Ebene angelegt werden, um den Unterkiefer nach rechts hinüber-
zuziehen. Die mikroskopische Untersuchung des Tumors ergab, dass die
Cyste von mehrschichtigem Plattenepithel ausgekleidet war, mit Perlkugeln
Partscb, Verletzaogen und chirargische Krankheiten der Wange etc. 395
untermischt. Die Innenwand der Cyste ist bucklig und stark von Rundzellen
durchsetzt. Die solide Geschwulstmasse besteht aus einer Unzahl epithelialer,
in fibröses Gewebe eingebetteter Bildungen. Es finden sich zahlreiche solide
Zellstränge und Zapfen, dendritisch verzweigt, mit kolbig aufgetriebenen
Enden. Beim Vergleich mit Präparaten der Zahnkeimanlage normaler mensch-
licher Neugebornen ist eine grosse Ähnlichkeit der Zahnleiste mit den Epithel-
zapfen der Geschwulst vorhanden. Dem Verfasser erscheint der Ausgang der
Geschwulst von den Malassezschen Epithelialresten ganz unzweifelhaft. Er
glaubt, dass diese durch kariöse Zähne zur Wucherung angeregt werden
können. Die Geschwulst hat im allgemeinen einen gutartigen Charakter.
Blauel (3) hat an der Hand eines in der Br uns sehen Klinik vor-
gekommenen Fsklles und 10 anderer Beobachtungen, die zum Teil dem Material
der Klinik, zum Teil der Literatur entnommen sind, die klinischen und patho-
logisch-anatomischen Hauptmerkmale der zentralen Kieferfibrome festzustellen
sich bemüht. Die aus der Bruns sehen Klinik stammenden Fälle betreffen
einen 25jährigen Maler, eine 26jährige Frau und einen 14jährigen Bäcker.
Der erste Fall verlief so, dass der Mann an der Stelle zweier linken unteren
Backenzähne, die er sich durch künstliche hatte ersetzen lassen, eine Ge-
schwulst bemerkte, die hart, flach und bei Berührung durchaus unempfindlich
war. Es fand sich an der linken Hälfte des Unterkiefers eine nach aussen
herausragende gänseeigrosse Geschwulst, welche nach abwärts den Rand des
Unterkiefers nur ganz wenig, den Rand des Zahnfleisches nicht überschritt
und nach beiden Seiten hin, von der Mittellinie sowohl als vom Kieferwinkel
einen Querfinger entfernt sich abgrenzte. Die Haut ist nicht verändert, der
Tumor scharf umschrieben, von knochenharter Konsistenz. Mit einem Lappen-
schnitt wird der Unterkiefer blossgelegt, der vorstehende Teil des Tumors
durch kreisförmige Umsägung abgetragen und die Knochenschale, mitsamt
dem fest anhängenden Tumor, in einem Stück entfernt. Sie wurde aus
einer Nische im Körper des Unterkiefers herausgehoben, die mit zahlreichen
rundlichen Vertiefungen versehen war und in deren obere hintere Ecke die
Wurzel des Weisheitszahnes hineinsah. Die Geschwulst war von gleichmässiger
derber Konsistenz und weisslicher Farbe und erwies sich als reines, ziemlich
zellarmes Fibrom. Bei der 26jährigen Frau wuchs ein Jahr nach der Ex-
traktion eines unteren rechten Backenzahns eine fleischige Geschwulst, welche
zweimal abgetragen wurde, die sich dann aber im Kiefer selbst entwickelte
und eine deutlich sichtbare Hervortreibung des Unterkiefers bis zu einer
Dicke von 5 cm hervorrief. Auch dieser Tumor liess sich durch Abtragung
der Knochenwand aus dem Knochen herausheben; der in den hinteren Winkel
des Mundes hineinreichende Weisheitszahn wurde entfernt. Iin letzten Falle
handelte es sich um die Entwickelung einer ziemlich rasch entstehenden Ge-
schwulst im rechten Unterkiefer ohne angebbare Ursache. Die Zähne des
Unterkiefers sind vollständig erhalten und gesund. Der Tumor trieb die
äussere Wand des Unterkiefers auf und liess sich ebenso wie in den andern
Fällen aus dem Knochen herausheben. Dabei zeigte sich, dass die hintere
Wand der Höhle mit bräunlichen und grauen Massen besetzt war, welche in
unregelmässigen Zügen in die Substanz des Knochens eindrang. Ein Zahn
war in der Höhle nicht sichtbar. Die mikroskopische Untersuchung ergab
den Bau eines Riesenzellensarkoms. Von den 11 Beobachtungen lässt sich
ein wesentlicher Unterschied in der Beteiligung der Geschlechter nicht nach-
weisen; die Patienten hatten ein Durchschnittsalter von 26 Jahren. Wahr-
396 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
scheinlich sind versprengte Zahnkeime von gewisser Bedeutung für das Entr
stehen. Genau ist der Ausgangspunkt der einzelnen Geschwulstbildungen
nicht festgestellt. Bei den encystierten Formen wird sich der Tumor leidit
aus seinem Lager heben lassen und auch bei den anderen Formen mit aus-
gesprochen expansivem Wachstum die Dehnung des Knochens und die Ver-
bindung mit seiner Schale als charakteristisches Merkmal ergeben. Sehr
eigenartig ist in dem letztbeobachteten Falle die völlige Durchwachsung der
Vorderwand der Knochenhöhle mit Sarkomgewebe um das eigentliche Fibrom
als Kern herum. Die Prognose der Tumoren ist gut, wenn sie nicht die
Quelle zu malignen Neubildungen abgeben. In den meisten Fällen wird die
Exstirpation des Tumors aus dem Kiefer genügen, selten noch eine Resektion
notwendig sein.
Schmidt (32) hat in seiner Dissertation 42 Fälle von Geschwülsten
des Unterkiefers, die in der Greifswalder Klinik beobachtet wurden in der
Zeit von 1885 bis 1901, zusammengestellt und die bisherigen Statistiken von
Weber, Bayer, Windmüller und Eckert mit herangezogen. Er bat
so 435 Fälle gesanmielt, von denen 96 Fälle =rz 22,59 ^/o auf gutartige
Tumoren, 329 Fälle = 77,41 ®/o auf bösartige Tumoren entfallen. Von
ersteren waren 45 Kystome, 11 Enchondrome, 26 Osteome; von den bös-
artigen 192 Karzinome und 132 Sarkome. Während das Karzinom haupt-
sächlich im Alter von 40 — 50 Jahren bestand, war das Sarkom schon im
10. — 20. und 30. — 40. Lebensjahre zu beobachten. Bei der Ausführung der
Kieferresektion, welche er ausführlich darlegt, empfiehlt Verf. die Verwendung
von Prothesen. Näheres gibt er aber über die verwendeten, sowie über die
Vor- und Nachteile der verschiedenen Arten nicht an.
Cleland (6) beschreibt eine eigenartige Veränderung am Unterkiefer
eines 55 jährigen Mannes, der mit einer seit 5 Monaten bestehenden Schwel-
lung des Kiefers in die Behandlung trat, nachdem ihm seit längerer Zeit die
Zähne locker geworden waren. Es waren auch gelegentlich Schmerzen, durch
den Kiefer schiessend, aufgetreten. Drei Wochen vor seiner Aufnahme soll
eine Schwellung in der Mitte des Unterkiefers aufgetreten sein und sich nach
der linken Seite hin ausgedehnt haben. Bei der Aufnahme erschien der
Kiefer gebrochen in der Mittellinie, so dass die beiden Hälften sich gegen-
einander bewegen Hessen. Hinter der Symphyse dehnte sich ein harter,
glatter Tumor sowohl aussen als innen aus, ohne dass sich Drüsen in der
Unter kiefergegend noch am Halse fühlen Hessen. Von einem Billrothschen
Schnitt aus wurde der Unterkiefer freigelegt und beide Submaxillargegendea
und dann der Kiefer ein wenig oberhalb der Winkel durchsägt und entfernt
Die Wunde war in 18 Tagen geheilt; ein Rezidiv war ein Jahr später noch
nicht nachweisbar. Der Kiefer erwies sich in seiner ganzen Ausdehnung von
einem derben weisslichen Neoplasma durchsetzt und Hess sich mit dem Messer
schneiden ; in dieses Gewebe sind die Zähne eingebettet ; aller Knochen fehlt
Die Grenze zwischen dem Tumor und dem gesunden Knochen wird von einer
unregelmässigen Linie gebildet; die submaxillaren Drüsen sowie das Fett-
gewebe sind mit dem Kiefer verwachsen. Die mikroskopische Struktur lässt
sich am besten im Bereich des Fettgewebes verfolgen, in welchem epitheliale
Züge baumartig zwischen die Fettläppchen ziehen, um in rundlichen Bläschen
zu endigen. Das die Gänge auskleidende Epithel ist hoch, das der bläschen-
förmigen Enden polyedrisch; eine Basalmembran war nicht nachzuweisen:
zwischen den einzelnen Zügen fand sich junges fibröses Bindegewebe. Schnitte
Partsch, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 397
durch die Sübmaxillaris geben Bilder, welche schwer sagen lassen, ob der
Tmnor in diese einbricht oder ob er von ihr ausgeht. Das Muskelgewebe
scheint vollkommen frei zu sein. Der Knochen erweist sich von den epi-
thelialen Zügen ganz durchsetzt, die Knochensubstanz entkalkt und vollkommen
ersetzt durch ein fibröses Bindegewebe mit spindeligen und unregelmässigen
Zellen. An einzelnen Stellen erscheint der Inhalt der epithelialen Schläuche
erweicht, so dass falsche Cysten entstehen; im Zwischengewebe findet sich
viel Hämatin, erweiterte Blutgefässe imd verändertes Pigment. Nur in der
Mitte des Knochens ist noch Knochensubstanz vorhanden, aber bereits in
starker Resorption. Mit Sicherheit lässt sich der Ausgangspunkt des Tumors
nicht angeben, aber wahrscheinlich dürfte er in der Sübmaxillaris zu suchen
sein. Bemerkenswert bleibt die Eigenartigkeit des Falles, der gute Emah-
mngsznstand des Patienten, die merkwürdige Weichheit des Knochens, welche
man am besten als Gummiknoten bezeichnet, und das Ausbleiben des Rezidivs.
Die eingehende mikroskopische Untersuchung ist in dem Laboratorium von
M. Welsch gemacht worden.
Behm (2) hat die in der chirurgischen Klinik in Göttingen von 1875
bis 1902 beobachteten bösartigen Geschwülste des Unterkiefers bearbeitet;
von 91 operierten Fällen ist 55 mal die Abtragung von Epuliden und 36 mal
die Entfernung von bösartigen Neubildungen vorgenommen worden, darunter
17 mal die Exartikulation der ganzen Kieferhälfte, 14 mal eine partielle Re-
sektion, 5 mal lediglich die Exstirpation der Geschwulst. Bei den Kiefer-
geschwülsten handelt es sich 19 mal um Sarkome, 13 mal um Karzinome,
je Imal um Myxom und Osteom und 2 mal um einen cystischen Tumor.
Manner und Frauen waren ziemlich gleich an dem Material beteiligt. Die
Sarkome nahmen 9 mal an der Knochenhaut, 6 mal am Kieferkörper, 2 mal
^ am Alveolarfortsatz ihren Ursprung. Von den Formen der Sarkome erwiesen
sich die Riesenzellensarkome relativ gutartig, die weichen Rundzellensarkome
erschreckend bösartig. Von den Karzinomen nahmen neun ihren Ursprung
im Zahnfleisch, nur eins von den Schmelzkeimen. Die Karzinome traten
zwischen dem 40. und 70. Lebensjahre auf, während die sarkomatösen Neu-
bildungen von den jüngsten Altersklassen bis ins höchste Alter hinein statt-
fanden. Ätiologisch Hessen sich besondere Gesichtspunkte an dem Material
nicht gewinnen. Betreffs der Operation sind neue Gesichtspunkte nicht auf-
zustellen; auffallig erscheint, dass die Vereinigung der Schleimhautränder
durch fortlaufende Katgutnaht zum Abschluss der Mundhöhle gemacht wird.
Die Gefahren der Operation sind immer noch erheblich, in 16,7 7o der Fälle
trat der Tod kurz nach oder infolge der Operation ein und zwar 2 mal an
Asphyxie, 1 mal an Herzparalyse, 3 mal an Pneumonie, Imal wurde ein Ery-
sipel beobachtet. Bei der Narkose wurde hauptsächlich die halbe Morphium-
Chloroformnarkose verwendet. Einen Hauptfaktor in der Nachbehandlung
bildet die Ernährungsweise. In den ersten Tagen tritt künstliche Ernährung
ein, Ernährung durch Schlauchkanne und Schnabeltasse. Was die Re-
sultate anlangt, so starben im Anschluss an die Operation 16.7 *^/o. Von 24
Patienten, über die Nachrichten einliefen, starben 13 an Rezidiv, 11 blieben
definitiv geheilt (30,5 7o). Von 13 Karzinomen starben 5 an den Folgen der
Operation, 6 an Rezidiv, nur einer ist geheilt. Von den Sarkomen starb 1
am Sarkom, 7 am Rezidiv und 7 sind geheilt. Es geben also die Sarkome
im allgemeinen günstigere Heilerfolge als die Karzinome.
Tillmann (36) bespricht in einem längeren Vortrage die Prothesen
396 Jahresbericlit fQr Chirurgie. II. Teil.
bei Unterkieferresektion an der Hand zweier Fälle, die er in Greifswald
operiert, und bei denen er die Sehr öd er sehe Schiene verwendet hat. Bei
einem 23 jährigen Mädchen war innerhalb 14 Tagen eine Geschwulst in der
linken Seite der Mundhöhle entstanden, welche beim Essen und Sprechen so
sehr hinderlich war. Sie nahm den ganzen Raum zwischen Ober- und Unter-
kiefer ein und verdeckte gleichzeitig den ßacheneingang, war teilweise ge-
schwürig und hing zusammen mit einer Geschwulst, welche unterhalb des
linken Unterkieferwinkels fest mit dem Kiefer verwachsen war. Es wurde
beabsichtigt in sitzender Haltung in Halbnarkose die Entfernung des Sarkoms
des Unterkiefers vorzunehmen. Ein asphyktischer Anfall nötigte zur Tracheo-
tomie. Von einem bogenförmigen, die Mitte der Unterlippe durchtrennenden
Schnitt aus wurde nach Durchsägung des Unterkiefers unter Fortnahme eines
Teiles des Mundbodens des vorderen Gaumenbogens, der Mandelbucht, des
weichen Gaumens bis zum Zäpfchen und der hinteren Hälfte des Alveolar-
fortsatzes des linken Oberkiefers der linke Unterkiefer vollständig reseziert.
Nach Kauterisation der Mundhöhle wurde die Seh röd ersehe Schiene am
vorderen Kieferstumpf mit Drahtnäthen befestigt. Im vorderen Teil liess sich
unter der Schiene die Mundschleimhaut mit der Wangenhaut vereinigen,
hinten war es unmöglich. Ernährung des Patienten durch eine in die Nase
gelegte Schlundsonde, die aber schon am zweiten Tage entfernt wird. All-
mählich bettete ein üppiges Granulationsgewebe die Schiene, soweit sie bloss-
lag, ein und schwand erst, nachdem in der vierten Woche ein definitives
Ersatzstück angefertigt wurde. Dieses entsprach aber nur dem Alveolarteii,
da durch Schrumpfungen im hinteren Abschnitt die Höhle sich verschloss.
Patient ist fünf Monate später an Lungenmetastasen gestorben. Der zweite
Fall betraf einen 45 Jahre alten Mann mit einem Karzinomrezidiv nach
Unterlippenkrebs am rechten horizontalen Kieferast. Es wurde eine Kon-
tinuitätsresektion des horizontalen Astes vom ersten Backzahn bis zum Kiefer-*
Winkel gemacht und der Defekt mit einer Schiene gedeckt. Fast vollständig
liess sich die Schleimhaut der Backe mit der des Mundbodens unter der
Schiene vernähen. Nach vier Wochen wurde die provisorische Prothese er^
setzt durch eine endgültige, mit welcher der Kranke nach sechs Wochen ge-
heilt entlassen werden konnte. Im ersten Falle hat zweifellos die Prothese
die an sie geknüpften Ho£fnungen nicht vollkommen erfüllt. Dass sie be-
sondere Vorzüge gegenüber den bislang benützten Hilfsmitteln habe, kann
nach diesen beiden Fällen nicht behauptet werden.
Mignon (18) stellte einen Pat. vor, den er 6 Monate nach der Ver-
letzung, welche in der Zertrümmerung des rechten Unterkiefers durch Schuss
bestanden hatte, in Behandlung bekam. Die rechte Wange war noch stark
geschwollen, der Mund nach rechts und oben verschoben, am Rande des
Unterkiefers eine grosse horizontale Narbe mit zwei Fisteln. Die ganze
rechte Hälfte des Unterkiefers fehlte, es bestand nur der rechte aufsteigende
Ast und die linke Hälfte bis zum Eckzahn. Die rechte Partie war nach
einwärts geschoben und die linke stand quer in der Mundhöhle, so dass der
linke Eckzahn auf den rechten grossen MaUlzahn biss. Die Behandlung mnsst«
in einer Richtigstellung des linken Unterkiefers und in einem Ersatz des ver-
loren gegangenen rechten bestehen. Es wurde beschlossen, zunächst zwischen
die Fragmente des Unterkiefers eine Prothese einzulegen und zwar provi-
sorisch. Dazu musste die Mundhöhle durch einen Einschnitt quer durch die
Gesichtsnarbe geöffnet werden, bis es gelang, die beiden Fragmente des
Partach, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Wange etc. 399
Unterkiefers frei zu machen. Die Prothese wurde während der Operation
zwischen die Eieferstücke geschoben und an denselben mit Metallblättem und
Schrauben befestigt, die Weichteile über dem Apparat vereinigt. Nach zehn
Tagen lockerten sich die Schrauben, so dass der Apparat weggenommen werden
musste und durch einen neuen ersetzt wurde, der seine Befestigung an den
Zähnen nahm. Aber auch dieser wurde wieder ausgestossen und die Frag-'
mente führten zu einer geschwürigen Veränderung der Lippenschleimhaut.
Endlich gelang es, den Unterkiefer in die richtige Stellung zu führen mit
Hilfe eines kontinuierlichen Eautschukzuges, der vom Kopf her angriff. Leider
wurde die Behandlung durch eine septische Broncho-Pneumonie unterbrochen
mit eitriger Brustfellentzündung, welche den Kranken sehr herunterbrachte.
Erst drei Monate später konnte die Behandlung wieder aufgenommen werden.
Es gelang eine Hartkautschukprothese zum Ersatz der rechten Hälfte anzu-
legen, die mit Klammem an den Zähnen des linken Kiefers befestigt war
und mit einer kräftigen Feder mit einem Oberstück artikuUerte. Dadurch
ist eine genügende Kaufähigkeit hergestellt und die Sprache erheblich ver-
bessert. Sebileau hob hervor, dass beim Pat. selbst die Artikulation nicht
eine so vollkommene sei wie an der vorgezeigten Moulage und dass der Ap-
parat in dem Munde noch gleite. Ihm sei eine bessere Befestigung durch
einen Porzellanersatz gelungen, der durch einen Zapfen sich in das hintere
Fragment einfügte und vom durch eine metallische Schlinge befestigt war.
Michaux sieht die Schwierigkeit dieses Falles in der späten Behandlung.
Je früher die Behandlung beginnt, desto leichter ist die Reduktion. Er
glaubt, dass auch mit der Marti nschen Prothese gute Resultate zu er-
reichen seien.
Jallaguier (12) führte bei einem 19jährigen Mädchen die Totalresektion
des linken Oberkiefers aus wegen eines Riesenzellensarkoms. Die Heilung
hat bereits 2Va Jahre angehalten. Da die Gaumenschleimhant gesund war,
wurde sie mit der gesunden Seite und dem Gaumen vernäht, das Resultat
war kosmetisch und funktionell ein sehr gutes. Kauen und Sprache war
nicht gestört.
Giemen ti (7) berichtet über zwei Fälle von Resektion des Unterkiefers
mit unmittelbarer definitiver Prothese; der Ausgang war ein befriedigender.
R. Giani.
Sebilleau (32) stellt die Pat. vor, bei welcher Delair eine Prothese
aus Porzellan zum Ersatz des linken Unterkiefers gemacht hat Wegen eines
den Knochen tief durchdringenden Tumors wurde die typische Resektion aus-
geführt und gleich bei der Operation der Apparat eingelegt. Sebilleau be-
diente sich noch einer Drainage, an deren Stelle eine Fistel zurückblieb. Er
würde in einem ähnlichen Falle später nicht mehr drainieren. Die Prothese
ist fest mit dem Knochen verbunden. Die Kranke öffnet den Kiefer und
kann ihn fest schliessen. Die Benarbung hat sich unter dem Apparat gut
vollzogen. Er ist sowohl durch einen Zapfen als wie durch Schleifen mit
dem Kiefer verbunden. Die Befestigung geschah durch eine eigenartige,
durch Bolzen befestigte Schraube. Die Porzellanprothese hat den Vorzi^,
vollständig indifferent sich zu verhalten und durch nichts angegriffen zu
werden und leicht steriUsierbar zu sein. Es übertrifft den Kautschuk bei
weitem.
Tellier (33) warnt vor zu starken Injektionen zwecks lokaler Anästhesie
von Kokain und empfiehlt die Methode von Schleich. Er bespricht die
400 Jahresbericht für Ghimrgie. 11. Teil.
Störungen nach zu starken Injektionen, bestehend in Erregungszaständen,
Delirien, Halluzinationen, in Erscheinungen der Gefässzusammenziehung, Blässe
der Hände und des Gesichts und den Erampfzuständen. In einer zweiten
Phase treten Schwindelerscheinungen, Präkordialangst und Ohnmacht ein.
Tellier geht näher auf die Verwendung der Schleichschen Losungen ein.
bringt aber weder in der Applikation noch in den Beobachtungen etwas be-
sonders Neues. Vom Adrenalin spricht er noch gar nicht.
Turner (38) teilt die Neubildungen, welche an den Kiefern durch
Reizung der Zähne entstehen, in drei Gruppen, diejenigen, die vom Zahs-
fleisch kommen, die vom Periodontium kommen und die vom Knorpel kommen.
Als entzündliche Hyperplasie beobachtet man an kariösen Zähnen Aaswüdise
des Zahnfleisches, die man schlechthin als Polypen bezeichnet, die aber mikro-
skopisch aus Bindegewebsfasern mit vielen Entzündnngszellen bestehen. Eine
allgemein entzündliche Hyperplasie des Zahnfleisches trifft man bei Zahnstein
und bei Pyorrhoe, namentlich bei Mundatmem. Gelegentlich entsteht auf
diese Weise auch eine sarkomatöse Wucherung, welche in einem Falle von
Kenneth-Godby durch Himmetastasen zum Tode führten. Ausser Entr
femung der Zähne ist in diesen Fällen die Fortnahme der Geschwulst ge-
boten. Bei Pyorrhoe kommt es leicht rund um die Zähne zu epithelialer
Wucherung, die gelegentlich sc^ar in Karzinom übergehen können.
Am Periodontium kommen sowohl in der Nähe der Wurzeln fibröse
Wucherungen als auch Fibrosarkome und echte Sarkome vor. Verf. bildet
auch den Schnitt durch ein Endotheliom ab, welches rings um die Wurzel
eines abgestorbenen Molaren sich entwickelt hatte. Auch hier können Sar-
kome entstehen, die durch Metastasen tödlich werden. Von den epitheliales
Wucherungen in dem Periodontium erwähnt Verf. die Zahncysten, die bei
chronischer Entzündung des Periodontiums durch entzündliche Reizung der
epithelialen Elemente entstehen. Nicht immer ist das Epithel, welches in den
Cysten gefunden wird, platt, sondern auch zylindrisch und mit Cilien versehen.
Die Cysten können erhebUche Grösse erreichen, Verf. sah eine, die sich von
den Schneidezähnen bis zum dritten Molaren ausdehnte. Die Knochen werden
durch die Cysten ausgedehnt, das Antrum verdrängt. Epitheliome pflegen
selten vom Periodontium aus zu entstehen. Hyperplasie des Knochens der
Alveolarfortsätze wird bei Pyorrhoe gefunden. Osteome und Osteosarkome
entstehen im Knochen unabhängig von den Zähnen. Die Odontome hat Verf.
grundsätzlich von der Besprechung ausgeschlossen.
Roy (28) bespricht die im Anschluss an Zahnaffektion auftretenden Eite-
rungen. Er glaubt, dass dieselben sich anschliessen an das Absterben der
Pulpa oder an die expulsive Periodontitis oder an den Durchbruch des Weis-
heitszahnes. Infolge des Pulpagangräns kann entweder eine Eiterung an der
Wurzelspitze eintreten (Abscessus alveolaris) oder eine Fortleitung durch die
Lymphbahnen auf die Dräsen (Ädenitis), oder durch Verbreitung auf den
Knochen einer Osteoperidontitis. Die beim Durchbruch des Weisheitszahnes
auftretenden Beschwerden gehen mehr von den Weichteilen wie von den
Knochen aus, können aber sekundär sich auf den Knochen fortleiten. Die
erste Erscheinung der Eiterungen ist ein Ödem, eine plasmatische Infiltration
im Wangenzellgewebe, infolge Obliteration einer Alveolarvene, der eine septi-
sche Phlebitis folgt. Die häufigste Form der Eiterung ist die des Alveolar-
abszesses, welche entweder intraalveolär, gingival oder durch die Haut ihren
Weg nehmen kann. Ausführlich bespricht der Verf. dann diese verschiedenen
Partsch, Yerletzimgeii and chirurgische Krankheiten der Wange etc. 401
Formen, ohne besonders neues zu bieten. In betreff der Lymphdrüsenaffektion
kennt er die genaueren Beziehungen, wie sie von deutschen Autoren angegeben,
nicht. Auch der Eiterungen in den Kieferhöhlen, wie sie im Anscbluss an
J^naffektionen zustande kommen, gedenkt er. Die Frage, ob eingegriffen
werden soll, hängt wesentlich davon ab, wo der Eiter seinen Sitz hat, ob
hoch oben am Knochen oder an seinen Seitenflächen. Im ersteren Falle wird
man vom Munde her, im letzteren nur von aussen den Eiter erreichen können.
Dobrzyniecki(8) weist in einem kurzen Aufsatz auf Schwierigkeiten
bei der Zahnextraktion hin. Bei einem 20 jährigen Patienten passierte es
ihm, dass er bei der Extraktion des ersten Molaren den 2. Bicuspis mit extra-
hierte, weil die kleinen Wurzeln beider Zähne an der Aussenseite, durch eine
4 — ^5 mm dicke Knochenleiste miteinander verbunden waren. Bei einem anderen
Pat. in demselben Alter war vom 2. unteren Mahlzahn Kieferklemme und eine
erhebliche Phlegmone des Mundbodens eingetreten. Die Eiterung am Kiefer
machte einen tiefen Einschnitt ausser der Entfernung des 2. Mahlzahns not-
wendig. Der Eiter hatte die Beinhaut schon vollständig abgehoben, so dass
der Knochen auf Entfernung von 3 cm bloss lag. Es stiessen sich auch später
nekrotische Stücke ab. Dem Ratschlage bei jeder Extraktion den zu extra-
hierenden Zahn mit Daumen und Zeigefinger der zweiten Hand zu umfassen,
kann der ßef. nicht ohne weiteres beistimmen, da in erster Linie die zweite
Hand zur Fixation des Unterkiefers dienen muss. Bei der Anwendung des
Hebels, jede übermässige Kraftanstrengung zu vermeiden und das Instrument
von aussen her unter dem Zabnfleischrande anzusetzen, wird weniger Wider-
spruch begegnen. Auch kann sich Ref. mit der Behauptung nicht einverstan-
den erklären, dass bei Zahnextraktion der Oberkiefer mehr Anlass zu Kom-
plikationen gäbe als der Unterkiefer.
In diesem Aufsatz bespricht Rotgans (27) zuerst die Ursachen der
Abrasio dentium und die Formveränderungen der Zähne hierbei , ' um zum
Schluss darauf hinzuweisen, dass Abschleifung der Zähne sehr oft vorkommt
bei chronischem Magengeschwür. Ob Hyperacidität hierbei eine Rolle spielt,
ist nicht sicher zu beweisen ; auch ist zu bedenken, dass das Magenulcus bei
anämischen und nervösen Individuen auftritt, und dieses konstitutionelle Leiden
einen schädlichen Einfluss auf die Zähne ausübt. Bei Carcinoma ventriculi
wurde die Abschleifung nur beobachtet in Fällen, wo das Karzinom auf Ulcus-
boden entstanden war; sonst wurde diese Anomalie bei Magenkrebs vermisst.
Goedhuis.
JfthxMberioht für Chirurgie 1908. 26
402 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
IV.
Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Halses
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51. Roque et Baucel, Thyroidite suppur^e dans la fiövre typhoide. Soc. möd. des
höpitaux. Lyon medical 1903. Nr. 7.
52. *8erafini, G., Metastasi tiroidea nel mascellare superiore. LaClinica chirurgica 1908.
Nr. 10. (Klinischer Fall.)
53. Schneider, Ober ein mächtig entwickeltes kongenitales Cystadenom der Schlild-
drüse. Prager med. Wochenschrift 1903. Nr. 19.
54. V. SchrOtter, Zum Symptomenkomplex des Morbus Basedowü. Zeitschrift ffir klin.
Medizhi 1903. Bd. 48. Heft 1 u. 2.
55. Tapie, J., Tnmeur de la rögion carotidienne. Cysto-ad^nome papillaire d'une thyrolde
abeirante. Archives provinciales de Chirurgie 1903. Nr. 8.
26*
404 Jahresbericht für Ghinirgie. II. TeU.
56. *Von schalte, Zur Kasaistik der operativen Behandlung des Morbus Basedowii. Diss.
Kiel 1903.
57. *Wölf len, Die Behandlang des Kropfes. Prager med. Wochenschrift 1903. Nr. 5 n. 6.
58. Zutauski, L., Der Kropf and seine Behandlung. Przeglad lekarski 1903. Nr. 52.
Thyreoidea. Struma.
Die interessanten Tierversuche Mc. Call ums (9) und deren Ergebnisse
lassen sich nicht gut in Kürze referieren. Nur sei gesagt, dass seine Ver-
suche speziell darauf hinzielen, den physiologischen Unterschied fest zu stellen
zwischen Thyreoidea und Parathyreoidea, wie auch zwischen der Sera, die
man bekommt durch Exstirpation der einen oder der anderen Drüse.
Allaria (1) beobachtete folgendes: Varicellen bei einem Kinde von
7 Jahren, phlegmonöse Komplikation von zwei Bauchpusteln, thyreoidale
Metastase mit Ausgang in Abszess (Streptokokken), Inzision, Heilung. Akute
Thyreoiditis ist bei Kindern überhaupt sehr selten, und bisher nicht als
Komplikation bei Varicellen beschrieben.
Der Fall von Roque und Baucel (51) ist dadurch interessant, dass
die Widalsche Reaktion lange Zeit ausblieb. Dann entstand ein Rückfall
des Fiebers. In der 8. Woche wurde Widal positiv, zugleich trat Entzündung
der schon längst bestehenden Struma auf. Der Eberthsche Bazill wurde in
dem Eiter nachgewiesen. Darauf wurde der vereiterte Sack von Jabonlay
exstirpiert. Roque fand unter 127 auf Widal untersuchte Typhusfälle
35 Rückfälle; davon hatten 19 eine negative oder spät auftretende Widalscbe
Reaktion. Prognostisch soll deshalb eine ausbleibende Widalsche Reaktion
auf Rückfall oder auf Komplikation deuten.
Pupovac (46) beschreibt einen Fall von tuberkulösem Abszess der
Schilddrüse mit tuberkulösen regionären Lymphdrüsen am Halse bei einem
42jährigen Manne, der u. a. früher Lungenkatarrh und Rippenfellentzündung
durchgemacht hatte. Er fasst die Erkrankung der Schildrüse als primär auf,
die der Lymphdrüsen als sekundär. Er hebt noch hervor, dass in diesem
Falle wie in allen übrigen, die richtige Diagnose erst nachträglich gestellt
worden ist.
Payr (44) gibt eine eingehende Klinik der Kopffisteln. Aus der Literatur
trägt er etwa 34 Krankengeschichten zusammen, wovon die Hälfte wirkliche
Kopffisteln (s. st.) sind. Selbst bringt er 6 neue Fälle. Seine Schlusssätze
lauten folgendermassen :
1. Die Kopffistelbildung stellt ein im Verhältnis zur Zahl der Yorkom-
menden Schilddrüsenerkrankungen seltenes Krankheitsbild dar.
2. Alles, was akute Formen der Strumitis und Thyreoiditis, was chro-
nische Mykosen erzeugt, vermag unter Umständen zur Ursache für eine
Fistelbildung am Kopfe zu werden; in ganz seltenen Fällen werden solche
Fisteln durch Parasiten oder Neoplasmen der Schilddrüse verursacht.
3. Es gibt eine Anzahl von Ursachen, die nach stattgefundener Per-
foration den Schluss der Fistel nicht zustande kommen lassen. Solche sind:
Gewebsnekrosen nach infektiösen Prozessen, Kalkkonkremente im Hohlräume;
Starrheit seiner Wandung — entweder infolge von Kalkeinlagerungen in diese
oder durch Sklerosierung; im letzteren Falle produziert das schlecht vasku-
larisierte Gewebe zu wenig Granulationsgewebe. Endlich ist ein Hauptgrand,
Enge der Fistel und ungünstige Lage zum Infektionsherd; der Sekretspiegel
ist tiefer als die Fistelöfinung.
Gillavry, Yerletzimgeii n. chimrg. Krankheiten des Halses u. der SchilddrUse. 405
4. Es gibt äussere und enorm seltene innere Kopffisteln. Typisches
Verhalten der FistelöflFnung im Ansehen, bei der Sondierung und beim Schling-
akte zeichnen sie aus. Bei retrosternaler Lage der kranken Schilddrüse ist
die Diagnose schwierig; ebenso bei fistelnden Nebenkröpfen; Sondierung und
Röntgenstrahlen erleichtem sie.
5. Die Therapie soll in allen Fällen von Kopffistel nach Strumitis, da
es eine Reihe gefahrdrohender Komplikationen gibt, in der Exstirpation der
erkrankten Schilddrüsenteile bestehen, es sind dabei zuweilen sehr bedeutende
Schwierigkeiten zu überwinden; meist handelt es sich um die Entfernung
der den Krankheitsherd in sich tragenden Hemisphäre.
He in lein (24) hat seit 1897 22 Kröpfe operiert. Von diesen 22 Fällen
sind sieben in ihrer Behausung, manchmal unter recht ungünstigen äusseren
Verhältnissen operiert. Trotzdem niemals Tod im Anschluss an die Operation
oder infolge einer Wundinfeketion. Viermal handelte es sich um Morbus
Basedowi (davon zwei gestorben); zweimal um Sarkom (1 Tod); die sechzehn
unkomplizierten, nicht malignen Fälle sind sämtlich genesen. Immer wurden
am tiefsten Punkte Jodoformgazestreifen eingelegt. Einmal hämorrhagischer
Lungeninfarkt mit günstigem Endausgang acht Tage nach halbseitiger Exstir-
pation, in unmittelbarem Anschluss an den ersten Verbandswechsel.
Im Jonnescuschen (32) Falle handelte es sich um einen 60jährigen
Kranken mit retrosternaler Struma und asphyktischen Erscheinungen, Trache-
otomia und Resektion des Manubriums Stemi, Exstirpatio der fibrösen Struma,
die beinahe zum Processus ensiformis reichte. Stoianoff (Plevna).
Carini(lO) beschreibt einen Fall von nach Strumektomie aufgetretener
Bronchopneumonitis. Diese Affektion war durch zufällige Läsionen des Nervus
pneumogastricus bedingt (Vagopneumonitis). Verf. verbreitet sich dann über
die verschiedenen pathogenetischen Theorien dieser Krankheit und meint,
dass sie, statt auseinander gehalten zu werden, miteinander verschmolzen
werden [sollten. Er glaubt nämlich, dass die Vagopneumonitis durch die
wegen Vaguslähmung stattfindende Aspiration von bakterienreichem Schleim
hervorgerufen werde und dass vielleicht die neuroparalytische Hyperämie
(Schiff) oder der ausbleibende trophische Einfluss der Nerven (Vulpian) diese
Infektion begünstige. R. Giani.
Bei einer Frau hatte Fiori (18) eine hypertrophische Nebenschilddrüse
abgetragen, die er histologisch untersuchte. Nachdem er den histologischen
Befund ausführlich beschrieben, verbreitet er sich über die Embryologie, die
Anatomie und Physiopathologie der Schilddrüse und der Nebenschilddrüsen,
alles anführend, was bisher über den Gegenstand geschrieben worden.
R. Giani.
Payne (43) berichtet über sechs Kropffälle, wovon einer Myxödem
bekam, die anderen fünf wurden mit Thyreoid-Extrakt mit gutem Erfolg
behandelt.
M a d d e n (38) veröffentlicht zwei tödliche Fälle im Anschluss an
partielle Thyreoidektomie. Der eine Fall war charakterisiert durch Insuffizienz
der Thyreoidsekretion; der andere durch zu schnelle Resorption des Thyreoid-
sekretes.
Reverdin (48) exstirpierte einen 1,850 g schweren Kropf bei einer
52jährigen Frau. Die Struma bestand 23 Jahre. Seit sieben Jahren Atem-
störungen. Der sehr grosse offenbar kolloide Tumor war beweglich. Operations-
dauer 25 Minuten.
406 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Im Falle Barwells (3) bestand eine dreilappige Struma. Das Be-
merkenswerte war, dass der linke Lappen eine eigene Kapsel hatte, die von
der Kapsel des mittleren Lappens vollständig getrennt war durch den atro-
phischen M. sternohyoideus. Verf. bespricht die Möglichkeit, dass dieser
linke Lappen eine strumös vergrösserte Nebenschilddrüse sei. Da aber die
Art. thyr. sup. sin. auf ganz normaler Weise mit diesem linksseitigen Kröpfe
verbunden war, wird man es in diesem Falle wohl eher mit einer kongenital
getrennten zweiteiligen Thyreoidea zu tun haben.
Hewetson (26) hatte einen Fall von kongenitalem Kropf. Das sieben-
monatliche Kind starb einige Minuten nach der Geburt Der grosse Kropf
verursachte eine oesophagene Stenose, die Trachea dagegen war leicht durdi-
gängig. Mikroskopisch war der Tumor von gewöhnlichem kongenitalen Typns
nl. Struma vasculosa mit fötaler Acinis. Die zwei andern seltnere konge-
nitalen Typen sind abgekapseltes Adenom und parenchymatöse Struma.
Heredität wurde hier nicht vorgefunden. In der Literatur findet er noch
zwei Fälle, wo eben wie in diesem Falle die Mutter in der Schwangerschaft
Jodkalium bekam wegen vorausgegangenen Missgeburten. Beide wurden von
einer Frühgeburt mit kongenitaler Struma entbunden.
Schneider (53) berichtet über einen mächtig entwickelten kongenitalen
Cystadenom der Schilddrüse. Der weibliche Fötus war unmittelbar post
partum abgestorben. Lage und Gefässversorgung des Tumors Hessen schon
auf Tumor der Schilddrüse schliessen. Mikroskopisch bestand der Tumor
teils aus normalen fötalem, teils aus atypisch gewuchertem Schilddrüsen-
gewebe, welch letzteres der Form eines Cystadenoms entsprach. Im Struma
kamen vielfach Knorpeleinsprengungen und Kalkablagerungen vor.
Delore (14) exstirpierte ein sehr grosses Fibrom bei einer 64jährigen
Frau. Vorher war die Diagnose auf Sarkom gestellt worden, mikroskropisch
erwies der Tumor sich als Fibrom. Der Tumor war abgekapselt und stnmpf
zu enukleieren, nur musste er zerstückelt werden, da er drei Fortsetzungen
hatte [(eine retroösophageal, eine retrosternal und eine pharyngeal); dieser
Hess eine Luxation in toto, ohne eine Abknickung der Trachea nicht zu.
In der Literatur findet er nur den FallWöllflers (1883), wo multiple Fibrome
in einer Thyreoida bestanden und verschiedene Fälle von diflfuser Fibrom,
aber keinen einzigen Fall von solitären zirkumskriptem Fibrom.
Tapie (55) hatte vor 10 Jahren einen Tumor der Karotisgegend exstir-
piert bei einem 17jährigen Mädchen. Mikroskopisch war es ein Cystadenoma
papilliferum. Die Cysten hatten teilweise kolloiden Inhalt. Zur Zeit der
Operation bestand der Tumor 2^8 Jahre Zugleich hatte das Mädchen eine
2 Jahren bestehende Struma.
Jetzt hat sie seit 2 Jahren, also 8 Jahre nach der Exstirpation des
ersten Tumors, wieder zwei Geschwülste oberhalb der Klavikula, die dem
ersten Tumor klinisch ganz analog sind, und ist die Struma beträchtlich
vergrössert.
Autor fasst sein Tumor auf als entwickelt in einer Parathyreoidea und
als ziemlich benigne. In der Literatur findet er noch zwei solche Fälle
(H. C. Low. Boston, Medical aud surgical Journal 28. November 1901 und
Smoler Beiträge z. klin. Chir. 1902).
de Graag (20) gibt die genaue pathologisch-anatomische Untersuchung
eines metastasierenden Adenokarzinoms der Schilddrüse bei einer 56jährigen
Frau. Die Metastasen kamen in den Lungen vor und in der Wirbelsäule
Gillavrj, Verletzungen n. chirarg. Krankheiten des Halses u. der Schilddrüse. 407
(9., 10. und 11. Brustwirbel) ; in den Wirbelmetastasen war der Schilddrüsen-
bau besser bewahrt geblieben als in dem primären Tumor.
Verf. hebt insbesondere den Umstand hervor, dass die maligne Struma
bisweilen so klein ist, dass sie nicht erkannt wird. Der metastasierende
Tumor bedingt in diesen Fällen für sich ein Krankheitsbild und gibt vielleicht
Veranlassung zu einem operativen Eingriff, der bei richtiger
Diagnose unterblieben wäre.
Der klinische Verlauf der Struma selbst kann gutartig erscheinen. Die
Metastasen können fast ganz normales FoUikelgewebe zeigen (Adenoma
malignmn). Auch die primäre Geschwulst in den Gland. thyreoidea zeigt
bisweilen gutartigen Bau, nur bezweifelt Verf., dass in diesen sogenannten
benignen Strumae das Epithel vollkommen dem normalen entspricht.
Enochenmetastasen kommen kei Karzinom der Schilddrüse viel häufiger
vor als bei Karzinomen anderer Organe; die Prädilektionsstelle für diese
Metastasen ist das rote Knochenmark. Ein Trauma ist für ihr Auftreten
öfters das veranlassende Moment. Bevor man sich bei einem primären
Knochensarkom zur Operation entschliesst, soll jedesmal eine genaue Unter-
suchung der Gland. thyreoidea vorangehen. Goedhuis (Deventer).
Fankenstein (19) findet in der Literatur nur drei imzweideutige
Fälle von Osteochondrosarkom der Thyreoidea (Foerster, Zahn, Pick),
selbst hatte er zwei Fälle.
Beide Male fand er in strumös entarteten Schilddrüsen zweier alten
Individuen sarkomatöse spindelzellige Neubildungen, welche neben fibrillärer
und hyaliner Interzellularsubstanz sowohl Knorpel als Knochen enthielten.
In dem einen Falle waren gleichartige Metastaßen in den Lungen und rein
sarkomatöse in einer Nebenniere vorhanden.
Es sind keine Mischgeschwülste. Die vorgefundenen Drüsenbläschen
sind Reste des ursprünglichen Schilddrüsengewebes, die bei dem raschen
Wachstum des Sarkoms von demselben umschlossen wurden und infolge
günstiger Bedingungen erhalten blieben. Ganz ähnlich lässt sich auch das
Vorkommen der quergestreiften Muskelfasern in einem Falle erklären.
Er hält die Tumorbildung, ausgehend von ;, versprengten Keimen", nicht
für Metaplasie.
Morbus Basedowii.
Hofbauer (48) untersuchte die Atemkurven bei Morbus Basedowii.
Er sagt u. a.: „Man beobachtet beim M. Basedowii oft Atemstörungen ganz
bestimmter, gleichmässiger Natur. Dieselben lassen sich als durch kardiale
Veränderungen, Hysterie, Bronchitis, bronchiales Asthma, Druck der Struma
auf die Trachea nicht erklären. Sie haben, wie die stethographischen Kurven
zeigen, eine gleiche Form. Manchmal treten kurzdauernde, insbesondere
nachts auftretende Anfälle ein, die im graphischen Bilde Ähnlichkeit mit den
längerdauemden Atemstörungen aufweisen (Atempausen)."
Donath (18) beschäftigt sich mit den Blutdruckverhältnissen bei Morbus
Basedowii. Die mit dem Basch sehen Sphygmomonometer, dem Hawkley-
schen Sphygmodynamometer und dem Gärtner sehen Tonometer an verschie-
denen Basedowkranken angestellten Messungen ergaben übereinstimmend, dass
der Blutdruck bei dieser Krankheit sowohl herabgesetzt, als normal oder
erhöht gefunden werden kann, und zwar zeigen die verlässlicheren Instrumente
von Basch und Gärtner ganz besonders deutlich, dass es sich in der
406 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Minderzahl der Fälle um herabgesetzten, in der Mehrzahl dagegen — mA
zwar ziemlich gleichmässig — um normalen oder erhöhten Blutdruck handelt
Blake (5) gibt etwas weitgreifende Anschauungen über den kausalen
Konnex zwischen Morbus Basedowii einerseits und Glykosurie, Addisons
Krankheit, Ekzem, Chorea, rheumatische Arthritis, Neurosen und Neuro-
psychosen andererseits. Nebenbei äussert er sich, dass Diabetes keine Kontra-
indikation für Operationen gibt, welche Auffassung er noch später zu ver-
teidigen beabsichtigt, und stellt folgende Aphorismen auf: 1. Terror ist
vorübergehende Morbus Basedowii; 2. Morbus Basedowii ist ein bestandiger
Status terroris.
Huntington (30) berichtet über drei Fälle Basedowscher Erkrankung,
in denen der Kropf unter regionärer Kokainanästhesie entfernt wurde. E&
genügt zwei Tropfen einer 2®/oigen Kokainlösung in den Nervus cutanens
colli zu injizieren, um eine 1 Stunde anhaltende Anästhesie zu bewirken.
Der Nerv wird aufgesucht unter Infiltrationsanästhesie durch einen Schnitt
hinter dem Stemo-cleido-mast. in der Höhe des Schildknorpels. Huntington
musste bei seinen drei Operationen eine ;, geringe Menge '^ Schi eich scher
Lösung zu Hilfe nehmen und einmal gegen Ende der Operation etwas Chloro-
form geben. Maass (New- York).
Curtis (12) hat bei 11 Fällen von Thyreoidektomie eine grössere
Sterblichkeit wie Kocher und Rehn. Im übrigen stimmen seine Resultate
mit denen der genannten Autoren überein. Seine Todesfalle (3 unter 11
Patienten) waren alle durch Thyreoidismus verursacht. Er operierte unter
Äthemarkose. Um den Nervus recurr. laryng. zu schonen, wurde in seiner
Nähe etwas Drüsengewebe zurückgelassen. Wegen der grossen Mortalität
wandte sich Curtis zur Sympathektomie ; doch wurde die Sterblichkeit nicht
geringer (zwei Todesfälle durch Thyreoidismus und einen wahrscheinlich durch
Narkose veranlasst). Curtis beschäftigt sich in dieser Publikation haupt-
sächlich mit der Erscheinung des Thyreoidismus nach den Operationen. Die
Hauptsymptome desselben (hohe Temperatur, rascher Puls, rasche AtmuDg
und Unruhe) treten ebenso nach Ganglion- wie nach Drüsen-Exstirpationen
auf. Curtis ist deshalb geneigt, die Ursachen in rein nervösen Störungen,
nicht in Toxinen zu suchen. Die Unruhe lässt sich durch Morphin beherrschen.
Gegen die Pulsfrequenz bleiben alle Mittel wirkungslos (Strychnin-, Digitalis-
Infusion etc.). Trotz genauer Beobachtung hat Curtis die eigentliche Ur-
sache oder warnende Symptome vor der Operation nicht auffinden können.
Einige Fälle mit Thyreoidismus hatten leichten Eiweissgehalt und Zylinder
im Harn. Über diesen Punkt hat Curtis in den früheren VeröflFentlichungen
wenig Angaben gefunden. Namentlich fehlten Urinuntersuchungen nach der
Operation. Ob Kochers gute Resultate auf der Anwendung der lokalen
Anästhesie beruhen, ist nicht recht klar. Jedenfalls beweisen sie, dass das
Kokain keine besonderen Gefahren hat. Vielleicht ist es genügend, nur den
mittleren Ast des Nervus cerv. superfic. zu kokainisieren.
Maass (New- York).
V. Schrotter (54) hatte einen eigentümlichen Fall von Morbus Base-
dowii, der nebenbei Myxödem zu haben schien. Es war eine 27 jährige Frau,
die seit 4 Jahren Herzklopfen hatte, seit 3 Jahren Exophthalmus. Die Frau war
stark fleckig pigmentiert über den ganzen Körper. Die obere Körperhälfte
entbehrte völlig des Panniculus adiposus, die untere Körperhälfte dagegen ist
geschwellt durch Hautverdickung. Zur mikroskopischen Untersuchung wurden
Gillayrj, Verleizangen u. cbirurg. Krankheiten des Halses n. der Schilddrüse. 409
zwei Hautstückchen exstirpiert. Die Verdickung war ausschliesslich durch
grossen Reichtum an Fett hervorgebracht. Die Fettläppchen waren grösser
als unter normalen Umständen. Von Myxödem also keine Rede, auch war
es keine Sklerodermie, sondern eine auf die untere Körperhälfte beschränkte
Lipomatose. Basedow und Myxödem beruhen auf Hyper- bezw. Athyreoidis-
mus. Übergangsfälle wie der beschriebene könnte man Dysthyreoidismus
nennen.
Bornikoel (7) beschreibt zwei Fälle von Forme fruste der Basedow-
schen Krankheit. Er weist darauf hin, dass es schwer ist eine bestimmte
Grenze zu ziehen, was man noch Basedow nennen darf, wenn das klassische
Trias: Tachykardie, Struma und Exophthalmus nicht da ist. Er weist auf
die Wichtigkeit der Temperaturerhöhung in solchen Fällen hin.
Heller (25) berichtet über die günstigen Erfolge, die er erreichte bei
der Behandlung Basedowkranker mittelst Einwirkung von Wärme auf die
obersten Partien des Rückgrates, wodurch tatsächlich die Herz- und Gefäss-
innerration beeinflusst wird.
Lanz (35) berichtet über einige weitere Beobachtungen von mit Milch
thyreoidektomierter Ziegen behandelten Basedowkranken. Fast durchaus
erhielt er guten therapeutischen Effekt, was zu weiteren Versuchen in dieser
Richtung anspornt.
Im Anschluss an eine doppelseitige Resektion der Ganglia cervicalis
bespricht Dean es (13) den therapeutischen Wert der Sympathikusresektion
und kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Da bei Basedow die chirurgische Therapie die am meisten befrie-
digende ist, soll man, wo keine Kontraindikation vorliegt, die komplette bi-
laterale Sympathektomie machen.
2. Die Operation soll in der Ruheperiode und nur von einem guten
Operateur gemacht werden.
3. Die Operation hat viel bessere Resultate als die anderer thera-
peutischer Massnahmen, die Mortalität ist viel niedriger, und in Fällen mit
Erfolg, in diesen permanent.
4. Wenn bei chronischem Glaukoma Iridektomie oder Sklerektomie
gefehlt haben, kann die Resektion den Visus wiederherstellen, wenn man nicht
zu lange abwartet.
5. Bei immer wiederkommenden epileptischen Anfällen soll man mit
ziemlich guter Prognosis sich auch dieser Operation bedienen.
Thymus.
Die Arbeit von Basch (2) ist eine vorläufige Mitteilung über Unter-
suchungen, die Verf. seit einigen Jahren macht über die Bedeutung der
Thymusdrüse für den Organismus. Speziell hat er dem Einfluss der Thymus-
exstirpation nachgespürt auf die Heilung der Beinfrakturen. Er fand, dass
die Kallusbildung beim thymusfreien Tiere bedeutend herabgesetzt ist. Die
deutlichsten Resultate bekam er bei jungen Hunden, und zwar wenn die
Fraktur 1 oder 2 Monate nach der Operation gesetzt worden war. Die Bein-
veränderungen haben vieles mit Rhachitis gemein, doch findet er, dass seine
und die früheren Friedlebenschen Versuche noch keinen genügenden Grund
abgeben für eine Thymustherapie bei rhachitiskranken Kindern.
410 Jahresbericht für Ghii-urgie. IL Teil.
Er exstirpiert die Thymus durch streng mediane Trennung des Brust-
beins in der knorpeligen Raphe des Sternums bis zum unteren Dritteil, Aus-
einanderziehen der beiden Brustbeinhälften mittelst zweier Häkchen und
Exstirpation der Thymus unter Leitung des Auges. Das vordere Mediastinum
wird stumpf eröffnet, die Thymus vom N. phrenicus und Vagus isoliert, die
grösseren Gefässe dieses Organs unterbunden. In der Regel wird einseitiger
Pneumothorax gesetzt, was indessen weder Genesung noch Versuchseffekt stört.
Hochsinger (27) untersuchte 58 Kinder der zwei ersten Lebensjahre;
in 26 von diesen Fällen konnte auf perkutorischem Wege Vergrössenmg der
Thymus festgestellt werden. In allen diesen 26 Fällen ergab die radiographische
Untersuchung eine Verbreiterung des Thymusschattens ; 20 von diesen FäUen
boten das Symptomenbild des Stridor congenitum.
Horoszkiewicz (29) teilt folgenden Fall von Thymustod mit: Eine
30jährige Frau sollte mittelst lokaler Anästhesie von einer Halscyste befreit
werden. Nachdem der Halsschnitt gemacht worden war, wurde die Frau
plötzlich blass und verfiel in klonische Krämpfe. Nach Rettungsaktion kam
die Frau wieder zur Besinnung. Nachdem nun wieder weiter operiert werden
sollte und der Kopf der Frau abermals stark nach hinten gebeugt wurde,
kehrten die Krämpfe wieder, die Atmung stockte, der Puls wurde klein und
aussetzend und unter diesen Symptomen trat plötzlich der Tod ein. Bei der
Sektion wurde Status thymicus vorgefunden.
Andere Haisorgane.
1. Bardenbeuer, Stichverletzung in der Fossa supraclav. mit kompletter DurchtrenDiug
zweier Wurzeln des Plexus cervicobrachialis. Allgem. ärztL Verein K5ln. Mflndieiier
med. Wochenschr. 1903. Nr. 18.
2. BeduBchi e Bossi, Sulla patogenesi del cosidetto torcicollo mentale. ArduTii di
ortopedia. Anno XX. 1903. Fase. II.
3. Beutter, H^mipl^gie imm^diate cons^utive k la ligature des carotides. Lyon mödicil
1903. Nr. 62.
4. *v. Bruns, Über die Vereiterung tuberkulöser Halslymphome. Orth, Festschrift 190S.
5. Oamaggio, F., Legatura della carotide primitiva e deÜa vertebrale per ferita alcoUo.
Giornale internaz. di sc. med. 1903. Fase. 11.
6. Ganter, A case of teratoma of the necL The Lancet 1903. Nov. 28.
7. van Campen, Carotis communis onderbinding voor aneurysma van de Carotis interna.
Nederl. Vereenig. v. Heelkunde. Nederl. T. v. Geneesk. II.
8. CassanellOiR., Su due casi di cisti brancbiegene. Giornale ital. di sc. mediche.
1903. Nr. 13-14.
9. Co Hins, Three cases of ligature of the common carotid artery. The Lancet 190S.
April 18.
10. *Cunöo et Fran9oiB-Daivoillei Fibrome volumineux du cou ayant d^termind des
ph^nomönes de compression nerveux du grand sympathique et du faciaL BolLetmäm.
de la SOG. anat. 1903. Nr. 7.
11. Deanesly, A case of implantation of the divided thoracic duct into the internal jogtdar
vein; rocoveiy. The Lancet 1903. Dec. 26.
12. *Derocque, TorticoUis äpasmodique, räsection du spinal et des branches cervicaies
postärieures, gu^rison. Revue m^d. de Normandie 1903. 10 Mars.
13. — TonticoUis spasmodique. Röseclion du spinal et des branches cervicaies postirieoree.
Gu^rison. Revue d'orthop^die 1903. Nr. 2.
14. Diehl, Ein Fall von einem Blähhals. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 23.
15. *Diel, De la ligature lente et progressive de la carotide primitive. Archives g^n^rales
1903. Nr. 52.
16. DoUinger, Die subkutane Exstirpation der tuberkulösen Lymphdrüsen des Halses-
32. Chirurgen-Eongress 1903. Berlin.
Gillayry, Verletzungen u. cbirurg. Krankheiten des Halses u. der Schilddrüse. 40^
zwei Hautstückchen exstirpiert. Die Verdickung war ausschliesslich durch
grossen Reichtum an Fett hervorgebracht. Die Fettläppchen waren grösser
als unter normalen Umständen. Von Myxödem also keine Rede, auch war
es keine Sklerodermie, sondern eine auf die untere Körperhälfte beschränkte
Lipomatose. Basedow und Myxödem beruhen auf Hyper- bezw. Athyreoidis-
mus. Übergangsßllle wie der beschriebene könnte man Dysthyreoidismus
nennen.
Bornikoel (7) beschreibt zwei Fälle von Forme fruste der Basedow-
schen Krankheit. Er weist darauf hin, dass es schwer ist eine bestimmte
Grenze zu ziehen, was man noch Basedow nennen darf, wenn das klassische
Trias: Tachykardie, Struma und Exophthalmus nicht da ist. Er weist auf
die Wichtigkeit der Temperaturerhöhung in solchen Fällen hin.
Heller (25) berichtet über die günstigen Erfolge, die er erreichte bei
der Behandlung Basedowkranker mittelst Einwirkung von Wärme auf die
obersten Partien des Rückgrates, wodurch tatsächlich die Herz- und Gefass-
innervation beeinflusst wird.
Lanz (35) berichtet über einige weitere Beobachtungen von mit Milch
thyreoidektomierter Ziegen behandelten Basedowkranken. Fast durchaus
erhielt er guten therapeutischen Effekt, was zu weiteren Versuchen in dieser
Richtung anspornt.
Im Anschluss an eine doppelseitige. Resektion der Ganglia cervicalis
bespricht Dean es (13) den therapeutischen Wert der Sympathikusresektion
und kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Da bei Basedow die chirurgische Therapie die am meisten befrie-
digende ist, soll man, wo keine Kontraindikation vorliegt, die komplette bi-
laterale Sympathektomie machen.
2. Die Operation soll in der Ruheperiode und nur von einem guten
Operateur gemacht werden.
3. Die Operation hat viel bessere Resultate als die anderer thera-
peutischer Massnahmen, die Mortalität ist viel niedriger, und in Fällen mit
Erfolg, in diesen permanent.
4. Wenn bei chronischem Glaukoma Iridektomie oder Sklerektomie
gefehlt haben, kann die Resektion den Visus wiederherstellen, wenn man nicht
zn lange abwartet.
5. Bei immer wiederkommenden epileptischen Anfällen soll man mit
ziemlich guter Prognosis sich auch dieser Operation bedienen.
Thymus.
Die Arbeit von Basch (2) ist eine vorläufige Mitteilung über Unter-
suchungen, die Verf. seit einigen Jahren macht über die Bedeutung der
Thymusdrüse für den Organismus. Speziell hat er dem Einfluss der Thymus-
ezstirpation nachgespürt auf die Heilung der Beinfrakturen. Er fand, dass
die Kallusbildung beim thymusfreien Tiere bedeutend herabgesetzt ist. Die
deutlichsten Resultate bekam er bei jungen Hunden, und zwar wenn die
Fraktur 1 oder 2 Monate nach der Operation gesetzt worden war. Die Bein-
Teränderungen haben vieles mit Rhachitis gemein, doch findet er, dass seine
und die früheren Friedlebenschen Versuche noch keinen genügenden Grund
abgeben für eine Thymustherapie bei rhachitiskranken Kindern.
412 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
51. Ringleb, Über die Endresaltate der operativen Behandlang der Halslymphome in ia
Bonner chir. Klinik 1898, 1899, 1901. Dissert Bonn 1903.
52. *Riteber, Über Scharlachabszesse an der Hand eines Falles von Anearysma aitoi»
venosnm spucom carotidis communis et jugularis internae infolge eines solchen. Dis.
Kiel 1903
53. Rübe seh, Umfängliches Fibrom des Nervus vagus dexter bei Fibromatosis nerTosio.
Prager med. Wochenschrift 1908. Nr. 39.
54. *Saatucci, A., Grave emorragia per ferita della regione carotidea superiore. Legfr>
tui-a della caroüde primitiva. Atti della R. Accademia dei Fisiocritici in Sien» 1901
Nr. 1—2.
55. *Sattler, Zur Kasuistik der Unterbindung der Arteria carotis externa. Wiener klic.
Rundschau 1903. Nr. 4.
56. *Schmidt, L., Über knorpelhaltige Mischtumoren des Halses und deren Beziehnog zi
den £ndotheliomen. Dissert. Würzburg 1903.
57. Sibileau, Yaste tumeur du cou et du m^iastin. Bull, et m^m. de la soc de Clia.
1903. Nr. 4.
58. *Seibold, Zur Kasuistik der angeborenen Cystengeschwfilste des Halses unter besn-
derer Berücksichtigung eines Falles von kongenitalem kavernösen Lymphangiom. Wön*
bürg. Dies. 1903.
59. *T h 0 m a s J. S o u t h w o r t h , M. D., Acute suppurative cervical adenitis of iofaiKT.
The Journal of the Amer. Med. Ass. May 30. 1903.
60. Spandri, F., Contributo alla cura cbirurgica della fistele bronchiali. Rivista veiuti.
di scienze mediche. 1903. fasc. YII.
61. *Sutcliffe, The operative treatment of tuberculous glands of the neck. The Laoeet;
1903. Nov. 14.
62. The ve not, Actinomycose suppurö du stemo - mastoldicis. Syphilis et actinomycoat.
Archive s provinciales 1903. Nr. 9.
63. ^Yalle, Actinomycosis cervicofacial. Revista de la sociedad m^dica Argentina W&.
Julio-Agosto.
64. Yegrassat et Arabian, Un cas de rupture du stemo-cleido-mastoSdico (bämatom»)
chez le nouveau-nä. Revue m^icale de la Suisse romande 1903. Nr. 1.
65. *Weissenstein, Zur klinischen Bedeutung der Halsrippen. Wiener klin. Rond*
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gery 1903. Jan.
67. Wollstein, Eine neue Operationsmethode des Caput obstipum. 32. Chirurgen -Kob-
gress 1903.
68. W Ullstein, Eine neue Operationsmethode des Caput obstipum. Zentralblatt fiir
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69. *Wullstein, Über eine neue Operationsmethode des Caput obstipuuL Yerein der
Ärzte in Halle. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 20.
70. V. Zur Mühlen, Zwei Fälle von aneurysma der Arteria carotis cerebri. Zeitscbiiftftr
Ohrenheilkunde 1903. Bd. XLV. Heft 1.
Entzündliche Prozesse am Hals.
Delling er (16) referiert über 126 Operationen von 100 Patienten im
Laufe von 10 Jahren gemacht. Er macht aus kosmetischen Rücksichten dai
Hautschnitt innerhalb der Haargrenze und gräbt die Drüsen subkutan aos.
In der Diskussion gibt er König (Berlin) zu, dass die Mehrzahl der Falk
von tuberkulösen Halsdrüsen sich nicht zu dieser Operation eignet, wo die
Operation aber zu machen ist, sah er sehr wenig Rezidive.
Rigal (50) bringt einen Fall von Halsaktinomykose. \
Der Fall Thevenots (62) ist speziell diflferential diagnostisch interessant.
Klinisch war er nicht von einer neoplastischen Affektion des Muskels a»
unterscheiden. Nur die mikroskopische Untersuchung bestimmte den Fall
als Aktinomykose. Ein anderer analoger Fall dagegen war von malignem |
Tumor verursacht. Es ist sehr schwer, solche Fälle von Syphilis zu unter-
Gillavrj, Verletzungen u. Chirurg. Krankheiten des Halses u. der Schilddrüse. 413
scheiden. Schliesslich bringt Verf. noch eine Krankengeschichte Rönas
eines Syphilitischen, der zugleich eine Aktinomykose des Kopfhickers hatte.
Galletta (26) beschreibt einen Fall Ton Angina Ludwigi, von der
septisch-gangränösen Form, und bezugnehmend auf einen anderen von ihm
beschriebenen Fall von der purulenten Form (Giornale intemaz. della sc. med.
1901) stellt er die Merkmale zur Unterscheidung der beiden Formen fest;
bei der ersteren Form herrschen die allgemeinen Erscheinungen vor, bei der
letzteren die lokalen. Wie in den Fällen von zweifelhafter Abszessdiagnose
bei anderen Entzündungsprozessen, sei nach ihm auch bei der Angina Ludwigi
das Verhalten der Leukocyten zu erforschen ; diese Untersuchung gebe wichtige
Anhaltspunkte für die Behandlung und die Prognose und ermögliche die
Differentialdiagnose zwischen den beiden Formen. R. Giani.
Blähhals etc.
Diehl (14) teUt folgenden Fall mit:
£m Junge wollte einem Flatus, der den Sphinkter ani nicht überwinden konnte, anter
angehaltenem Atem Hilfe leisten. Gleich verspOrte er am Halse einen stechenden Schmerz
and fohlte etwas wachsen. Jetzt, nach einigen Tagen, kann er die Geschwulst aktiv auf-
biftben. Durch Ruhe wurde dieser abgesackte Pneumothorax innerhalb 10 Tagen geheilt.
Sebileaus (57) Fall war komplizierter.
Ein 2 jähriges Kind hatte seit 10 Monaten einen Tumor des Halses. Bei forcierter
Eispiration f&llten sich zwei übereinander gelegene Einstülpungen an der Hinterseite d^
Steräo-cieido-mastoidens mit Luft. Bei der Operation wurden diese Einstülpungen eröffnet.
Die Wand war nun stückweise zu entferneu. Die Eommnnikationsöffnnng mit der Tiefe
befand sich zwischen einigen Muskelfibrillen des St. d. m. Diese uffnung schloss sieh bei
der Inspiration. Der eingeführte Finger palpierte einen Hohlraum an der Vorderseite der
Geflsse. Der Raum stieg ins Mediastinum herab bis zu den Bronchien. Die Kommunikations-
dffhong mit den Luftwegen konnte nicht gefunden werden, selbst nicht nach Füllung mit
sterilisiertem Wasser. Die Wandung dieser Höhle wurde nur zum Teil entfernt, dann die
Hdhle mit Jodtinktur frottiert und nach Einsetzung eines Drains in die Mediastinalhöhle
die Wunde geschlossen. Patient genass. Jetzt sieht man beim Schreien nur eine leichte
Herrorwölbung oberhalb der Elavikula.
lu der Literatur findet er nur einen derartigen Fall von R. Fowler
bei A. Koutnik (K. Des Tumerus gazeuses du cou. These de Paris 1896).
Verf. verwirft die Meinung Monods, es handle sich um eine Pneumato-
cele in einer kongenitalen Halscyste, da der Tumor nur Gas enthielt und
keine Epitheliumwand hatte.
Die mikroskopische Untersuchung ergab nur Bindegewebe mit sehr
dünner Endothelbekleidung.
Halsrippe.
Ranzi (46) bringt zwei neue, in der Klinik Eiseisbergs operierte
Fälle von Halsrippen. In beiden Fällen waren nach der Operation die
Schmerzen und Parästhesien sofort beseitigt. Motorisch war im ersten Falle
nach 2V« Monat nur etwas Besserung aufgetreten. Im zweiten Falle war die
Funktion 3^/s Jahre nach der Operation völlig gut. Bei Sektionen werden
Halsrippen vielfach gefunden. Klinische Symptome werden nur selten ver-
ursacht. In der Literatur findet er 32 näher beschriebene Fälle, in welchen
teils Zirkulations- teils nervöse Störungen vorhandeu waren.
Ductus thyreoglossus. Fistula colli.
F redet und Chevassu (23) geben zwei Krankengeschichten von Schleim-
cysten entwickelt aus dem Ductus thyreoglossus. Die genaue topographische
414 Jahresbericht f&r Chirurgie. II. Teil.
Orientierung der Fälle in Verbindung mit der mikroskopischen Untersuchung
rechtfertigen die Diagnose und erhöhen den Wert der Mitteilung.
Dowd (17) publiziert einen Fall von persistierendem Ductus thyreo-
glossus. Der exzidierte Ductus war dadurch merkwürdig, dass er sich zum
rechten Schilddrüsenhom gesellt und nicht zum Isthmus. Mikroskopische
Untersuchung zeigte, dass die Wand teilweise Ösophagusepithel, teilweise
Flimmerepithel besass. Auch waren einige Wandpartien von thyreoidaler
Struktur.
Horace J. Whitacre (66) berichtet über zwei operativ behan-
delte Fälle von Kiemengangsfisteln. In einem Falle gelang die voUstäLndige
Exstirpation der von der Gegend des Stemoklavikulargelenks nach der Tonsille
gehenden Fistel in einer Sitzung. In dem zweiten Falle wurde viermal
operiert, weil immer Aussackungen zurückblieben, die durch unsichtbare KaDäl-
chen mit dem exstirpierten Teile kommunizierten. Die Heilung erfolgte ersi
als nach Exstirpation des Zungenbeinkörpers ein hinter diesem liegendes
Säckchen gefunden und entfernt wurde. Zur embryologischen Erläutening
dieser Zustände bedient sich Whitacre der Tonmodelle, einer dünnen
Scheibe. Maass (New-York).
An der Hand von zwei von ihm beobachteten Fällen von branchiogenen
Cysten sucht Cassanello (8) die Pathogenese dieser Affektion zu erklären.
Im ersten Falle handelte es sich um eine branchiogene Cyste der Oberzungen-
beingegend und des Mundbodens von 12 X 9 cm Durchmesser. Unter dem
Mikroskop Hess sie zwei Schichten erkennen: eine Bindegewebs- und eine
Epithelscbicht, die genau den Typus der Epidermis reproduzierten. Da sie
medial lokalisiert war, meint Verf., dass sie aus einem im embryonalen Leben
in den Geweben des Halses eingeschlossen gebliebenen Ektodermrestes , der
sich während der Entwickelung und der Umbildung und dem Schwunde der
Eiemenbogen und -Spalten cystisch erweitert habe, entstanden sei. Er be-
schreibt dann die Differentialmerkmale zwischen einer solchen Dermoidcyste
und den anderen Arten von cystischen Anschwellungen, die ungefähr den
gleichen Sitz haben können. Diese letzteren sind die Ranula, die jedoch
keine gelbliche, sondern eine ausgesprochen bläuliche Färbung zeigt und fast
immer seitwärts ihren Sitz hat, die Mucoidcyste des Ductus thyreoglossös,
die jedoch mit zylindrischem Flimmerepithel ausgekleidet ist und nicht die
Weichheit der branchiogenen Cyste besitzt, und die Hydatiden- und serösen
Cysten des Halses, die auch durch dieses Merkmal charkterisiert sind. —
Was die chirurgische Behandlung der branchiogenen Cysten anbelangt, meint
Verf., dass dieselben, wenn sie auf der Seite des Mundes hervorragen, stets
vom Munde aus exstirpiert werden müssen; ragen sie nicht hervor, dann
nehme man die Abtragung besser von aussen vor.
Im zweiten Falle handelte es sich um eine aus dem zweiten lateralen
Schlundbeutel hervorgegangene Kiemencyste von 8 X 6 cm Durchmesser. Bei
der mikroskopischen Untersuchung erkannte man, dass der Cysteninhalt vor-
wiegend aus Zeichen einer vorgeschrittenen Degeneration aufweisenden Epi-
thelelementen bestand ; die Wandung hatte eine äussere, aus lockerem Binde-
gewebe bestehende und zahlreiche Kapillargefässe enthaltende Schicht, eine mitt-
lere, die Merkmale des adenoiden Gewebes aufweisende Schicht. Durch ihre be-
sondere Struktur und ihren Sitz deutet die Cyste ihren branchialen Ursprung an,
und die Beschaffenheit des Epithels sowie das Fehlen von Haaren und Talgdrüsen
lassen annehmen, dass sie aus einer Portion der mit Endoderm bekleideten
GillaYry, Yerletzangen u. chirurg. Krankheiten des Halses u. der Schilddrüse. 415
Kiemenbogen oder -Spalten hervorgegangen sei. Kurz und gut Verf. meint,
dass diese Cyste, im Gegensatze zu der des ersten Falles, die er auf einen
abgesprengten Ektodermkeim zurückführt, aus einem branchialen Keim des
inneren Blattes und genauer gesagt, aus dem die Schlundtaschen bekleidendem
Endoderm entstanden sei. Was diesem Fall eine eigene Physiognomie ver-
leiht ist der Reichtum an lymphatischem Gewebe. Da die Cyste hier nicht
in die Mundhöhle hineinragte, zog Verf. vor, sie von aussen zu exstirpieren*
R. Giani.
Littauer (40) zeigte einen 22jährigen Mann, der seine Fistel erst seit
seinem 14 Lebensjahre bemerkt haben will. Es handelte sich um eine wahr-
scheinlich inkomplette Fistel, die sich im Laufe der Jahre zu einer kompletten
entwickelt hat.
Kirmisson (32) beobachtete eine eiternde Fistel bei einem Kinde von
20 Monat, nachdem im dritten Monat des Lebens eine entzündliche Schwel-
hing des Halses inzidiert worden war. Die Tiefe der Fistel und das Miss-
hngen aller Heilungsbestrebungen zwangen zuletzt zur Diagnose einer kon-
genitalen Fistel. Diese wurde operativ entfernt. Die histologische Unter-
suchung bestätigte die Diagnose. Die Wandung bestand aus einem geschich-
teten Pflasterepithel, darunter eine Schicht mit Follikeln. La der Umgebung
fanden sich einige spärliche Muskelfasern und Speicheldrüsen, auch einige
ThyreoidfoUikel.
Spandri (60) berichtet über fünf Fälle von Kiemenfistel, in denen er
chirurgisch eingriff und den Fistelgang vollständig, bis zum Zungenbein aus-
schnitt. In allen Fällen war der Ausgang ein guter; die Heilung erfolgte
rasch und kann nach Verf. als dauernde angesehen werden. Die Indikation
eines Angriffs sei jedoch bei dieser Affektion eine rein relative und keine
absolute; manche Chirurgen gehen viel weiter und behaupten, dass die Aus-
Bchneidung des Fistelganges notwendig sei; sie verhüte, dass sich im vor-
geschrittenen Alter ein Karzinom im Epithel entwickle. R. Giani.
F. König (34, 35) referiert über das Operationsverfahren v. Hackers
bei Fistula colli. Diese Einstülpung kann nur dann geschehen, wenn die
Fistelwand weich und elastisch ist. Dieses ist aber oft nicht der Fall und
unter diesen Umständen macht er den Vorschlag, die innere Hälfte der Fistel
zurückzulassen. Nun leitet er das periphere Ende des zurückgelassenen Teiles
an der vorderen Seite der Tonsillen wieder in die Mundhöhle heraus, wo es
mit einigen Knopfnähten an der Schleimhaut fixiert wird.
Das Sekret der Fistel kann jetzt durch die alte und die neue Öffnung
im Munde abfliessen, eine Retention findet also nicht mehr statt.
Femer weist er darauf hin, dass einige Mastdarmfistel in chronischem
Fall mit Epithel bekleidet sind. Diese kann man bis auf einen kleinen Rest
exstirpieren und das kleine innere Ende auf die v. Hack ersehe Methode
einstülpen. Darüber vernäht man dann die übrige Darmwand.
Tumoren.
Faure (21) behauptet, die branchiogenen Tumoren sind gar nicht so
selten. Er habe wahrscheinlich mehrere und gewiss zwei operiert. Diese
zwei sind in der Inaugural-Dissertation des Dr. Yeau referiert worden und
von demselben histologisch untersucht.
416 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Der zweite Fall ist jetzt fünf Jahre rezidivfrei, nachdem ein 800g
grosser Tumor aus der rechten Submaxillargegend exstirpiert worden ist.
Nach vier Jahren hatte Patient einen kleinen beweglichen Tumor prähyoidal.
Dieser Tumor iet ebenfalls exstirpiert worden, aber nicht näher untersochi
In der Diskussion berichtet Tuffier über einen von ihm operierten
Branchiom. Nach drei Monaten hatte sich eine prävertebrale Metastase ent-
wickelt, die sich leicht exstirpieren liess. Beclus erinnert an seine letzte
Publikation, wo er insistiert auf die Unterscheidung von zwei prognostisch
verschiedenen Formen: gemischte Tumoren mit guter Prognose und Epithe-
liome mit schlechter Prognose.
Bolton Carter (6) publiziert folgenden Fall. Ein weibliches Kiiid
wurde mit einem halbcystischen subhyoiden Tumor geboren, ohne Störungen
während der Geburt. Das Kind blieb einen Monat am Leben.
Reclus (47) berichtet über einen Tumor ausgehend von der Glanduk
carotica, bei einer 49jährigen Frau exstirpiert. Der Tumor bestand fünf
Jahre, sass auf der Verzweigung der Carotis communis. Er umfasste die
Gefässe ganz, da aber an der hinteren Seite eine Furche bestand, worin die
Gefässe eingebettet waren, konnte der Tumor exstirpiert werden, ohne die
grossen Gefässe resezieren zu müssen. Er weist auf die Wichtigkeit hin, die
Exstirpation auf diese Weise zu verrichten, wie es auch schon von Heinleth
getan wurde, da sonst die Gefahren der Operation sehr grosse sind und die
Tumoren doch relativ gutartig sind. Im ganzen findet er zehn derartige
Tumoren in der Literatur, wovon zwei an der Operation gestorben sind.
In einer näheren Arbeit gemeinsam mit Chevassu (48) untemommeD,
wird dieses Thema noch ausführlich behandelt und Krankengeschichten, mikro-
skopische Untersuchung etc. in extenso mitgeteilt.
Kennedy (31) teilt einen Fall mit von Halshygroma. Der Tumor be-
stand bei einem vierjährigen Jungen seit einem halben Jahre. Er sass rechts
am vorderen Stemo-Kleidalrand im unteren Halsteil. Bei der Operation war
er ziemlich festsitzend am Manubrium sterni, Muskeln und Gefässe konnten
aber schliesslich fast ohne Blutung exstirpiert werden. Alle Cysten hatteo
klaren Inhalt.
Das kavernöse Angiom Eliots (18) lag im oberen Halsdreieck und war
entstanden fünf Jahre nachdem ein kleines submaxillares Angiom abgetragen
war. Jetzt bestand es etwa 13 Jahre. Bei der Exstirpation wurde die Carotis
extemus oben und unten unterbunden.
Monod (43) zeigte in der Soc. d. Chir. de Paris einen 29-jährigen
Patienten mit grossem Nackenkeloid nach Akne seit sechs Jahren bestehend.
Früher war er mit Skrifikationen und Kauterisationen behandelt. Verf.
wünscht Aufklärung zur Therapie. Selbst hatte er früher bei einem Jungen
ein Keloid abgetragen, das nicht rezidivierte, obschon die Wunde teilweise
unter Eiterung heilte. Bei der Diskussion entriert Guinard die Operation,
da er selbst nach Operation Rezidiv sah. Poirier hatte in einem Falle
nach Exstirpation mit dem Thermokauter gute Heilung. S 6b i 1 e a u spricht sici
in diesem Falle gegen die Operation aus, da er in der Umgebung noch frische
Aknepustel findet. Tuffier hat Heilung errungen nach zwei Jahre fortge-
setzter Bandage. LucasChampionniere rät bei sichtbarem Keloid Opera-
ti on, sonst wie Tuffier Kompression.
GillaTry, Verletzungen n. chirorg. Krankheiten des Halses a. der Schilddrase. 417
Torticollis.
Vegrassat und Arabian (64) teilen einen Fall von Hämatom des
Kopfnickers mit. Die Hebamme hatte die Geburt des Kindes beschleunigt
durch Traktion an dem Haupt, obwohl das Kind in normaler Lage geboren
wurde. Gleich nach der Geburt wurde die Schwellung des Kopfnickers beob-
achtet. Diese wuchs einige Tage und ging in einigen Wochen zurück.
Wullstein (67, 68, 69) hat in sechs Fällen, wo ausser Caput obstipum
noch ein Collum obstipum vorhanden war, zuerst den kontrakten Muskel durch-
schnitten resp. partiell exstirpiert, dann durch Verkürzung des anderen
enorm gedehnten Musculus stemo-cleido-mastoideum Beseitigung des Collum
obstipum herbeigeführt.
Gallayardin und Savy (25) berichten über einen Fall von Torticollis
congenita bei einem 60-jährigen Manne, den sie Gelegenheit hatten zu sezieren.
Der Fall wurde folgendermassen resümiert:
Klinisch: Kongenitale Torticollis stark ausgeprägt mit Hemiatrophia craniofacialis.
Autopsie: Bindegewebige Entartung. Starke Verkürzung des stemalen Teiles des St. cl.
m. (8 cm statt 18 cm). Einfache Muskelatrophie des davilaren Teiles. Keine Narbe, kein
altes Hämatom , keine perimnsknl&re entzflndliche Verwachsungen. Histologische
Unters nchnng des Nervensystems: Recurrens Willisii, Stamm des Sympathicus cer-
Ticalis, Ganglion cery. sup. und inf. alle normal. Bulbärganglien unverändert Sehr deut-
liche Atrophie des Vorderhorns des oberen Teiles des cervikalen Rückenmarkes.
Aus diesem Befund ziehen sie folgende Schlüsse:
1. Die makroskopischen und mikroskopischen Änderungen des Sterno-
cleido-mastoideus sprechen nicht zugunsten einer lokalen muskulären Ur-
sache des Schiefhalses.
2. Eben so wenig sprechen sie für eine im peripheren Nervensysteme
hegende Ursache.
3. Es besteht eine ;, kollaterale ^ Abweichung des Vorderhornes der
MeduUa.
4. Die Deutung dieser Abweichung ist noch nicht klar. Entweder ist
es eine primitive MeduUarkrankheit, wovon die Muskulatur Änderungen und
die kranio-faciale Hemiatrophie abhängig sind, analog einer Kinderlähmung,
oder aber die medulläre Atrophie ist die retrograde Folge einer primitiven
Missbildung oder Läsion des Muskels.
In dem von Beduschi und Bossi (2) referierten Falle zeigte eine
erbhch mit schwerer Psychopathie belastete Frau infolge eines moralischen
Traumas Symptome von Melancholie und Torticollis mit Skoliose. Patientin
wies weder hysterische Stigmata noch Erscheinungen von Organveränderungen,
die den Torticollis hätten erklären können, auf, wohl aber Steigerung der
tiefen Reflexe und Fehlen der oberflächlichen. Die VerflF. erörtern zunächst
die von Brissand und seiner Schule als Torticollis mentalis bezeichnete
Form, deren rein psychische Entstehung sie in Zweifel setzen, und geben
dann, sich auf ähnliche Beobachtungen stützend, die dartun, dass bei den
mit Torticollis Behafteten Steigerung der tiefen Reflexe besteht, die Meinung
kund, dass die Krankheit durch eine in ihrer Natur unbestimmbare Ver-
änderung der Rindenpyramidenbahnen bedingt sei. R. Giani.
Hasebroek (28) bringt drei Fälle von spastischem Krampf des Kopf-
nickers und einen vom M. splenius.
Symptomatologisch interessant ist, dass in einem seiner Kopfnickerfälle
und dem Fall des M. splenius Erhebung des Armes in die militärische Gruss-
stellung unmittelbar den Kopf freier machte.
Jalirwberieht fOr GUrnrgie 1906. 27
418 Jahresbericht fOr Chirurgie. Tl. Teil
Bei der Therapie sah Verf. rasche Verbessemng durch permanentes
Tragenlassen eines elastischen Zugverbandes zwischen Rumpf und Kopf.
Verf. schreibt den therapeutischen Effekt dieses Verbandes einer Übung
der gesunden Antagonisten zu.
Eofmann (33) beobachtete ein 16jähr. Mädchen mit TorticoUis spasiiciis.
Die Zuckungen waren hauptsächlich im Stemocleido mastoideus lokalisiert
Nach Scheiterung elektrischer und Massage-Behandlung wurde der N. recurrens
von der Vorderseite des Sterno-cleido-mastoideus reseziert mit gutem Heil-
erfolg.
Derocque (13) hatte eine 41jähr. Frau mit der nämlicheD KrankheiL
Nachdem die Resektion des Recurrens erfolglos blieb, wurden nachträglich
die Nn. cervicales post. reseziert mit gutem Erfolg. Es soll der erste Fall
sein, der auf diese Weise in Frankreich operiert worden ist.
Gefässe.
Bei Beut her (3) entstand die Hemiplegie unmittelbar nach Unter-
bindung der Carotis im Gegensatz zum gewöhnlichen Verhalten, wo Lähmung
und Unterbindung zeitlich auseinanderliegen. Man konnte hier also nicht mit
einer später folgenden Thrombosis zu tun haben. Weiter war interessant,
dass die obere Extremität vorwiegend beteiligt war, was sich speziell bei der
ziemlich schnell folgenden Besserung zeigte.
Lilienthal (39) machte die Ligatur der rechten Karotide 14 Tage
nach Ligatur der linken bei einem 18jährigen Mädchen mit Aneurysma artario-
venosum, wahrscheinlich im Sinus cavernosus. Üble Folgen der Unterbindong
sind nicht notiert.
Co Hins (9) machte die Unterbindung der Carotis ccmimunis dreimal.
Fall 1 bei intrakranialem Aneurysma. Heilung. Im zweiten Falle bestand
eine dubiös maligne Ulzeration im Munde, die durch die Ligatur viel gebessert
wurde und im dritten Falle hatte die Unterbindung bei einem Rezidiv tob
Karzinom im Munde keinen Effekt.
V. Zur-Mühlen (70) publiziert zwei Fälle von Aneurysmen der Art^ria
carotis cerebri. Er meint, diese Fälle sind häufiger als man in der Regel aa-
nimmt. Sie können gerade von Ohrenärzten diagnostiziert werden, da die
Alteration des Gehörorganes oft das erste und bedeutendste Symptom da^
stellt. Der zweite Fall ist besonders bemerkenswert durch die lange Bauer
der Krankheit, mindestens 10 Jahren. Durch Unterbindung der Carotis com-
munis nach vorheriger methodischer Kompression (4— 6 mal täglich je 5 Minuten,
durch 16 Tage hindurch) wurde Besserung erzielt.
Miklaschewsky (42) unterband die Carotis communis sin. wegen einer
sekundären Blutung nach Schussfraktur (Schrotladung) der linken ünterkiefe^
hälfte. Pat. 34 a. n. vertrug die Unterbindung anscheinend gut, jedoch trat
nach vier Wochen plötzlich eine rechtsseitige Hemiplegie auf. Heilung.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Fummi (24) berichtet über drei klinische Fälle, in denen er in einm
wegen Nachblutung infolge einer bilateralen Amygdalektomie, in den anderen
wegen Verwundung des Halses, die Carotis primitiva unterbinden musste. Er
nimmt Gelegenheit, sich über die Anatomie der Karotis und der betreffenden
Region, über die bei Unterbindung der Karotis befolgten Methoden, die In-
dikation zu diesem Operationsakt und die unmittelbaren und NachwirkongeD
GillaTry, Verletzungen u. chirarg. Krankheiten des Halses u. der Schilddrüse. 419
desselben zu verbreiten. Des langem erörtert er die Möglichkeit, dass es
ziemlich hoch oben in der Karotis zur Bildung eines Thrombus kommen könne,
der, wie es in den beiden letzten von ihm referierten Fällen geschah, zum
Teil frei werden und die Sylviana oder einen ihrer Zweige embolisch ver-
stopfen kann, mit den allen bekannten sehr schweren Übelständen.
Zum Schlüsse bemerkt er, dass die Unterbindung der Carotis primitiva
immer ein sehr schwerer Operationsakt sei, zu welchem man nur im äussersten
Kotfalle schreiten dürfe. R. Giani.
In dem von Camaggio (5) referierten Falle bestand eine Schnittwunde
auf der rechten Seite des Halses, dem Schildknorpel entlang, mit schwerer
Blutung. Verf. unterband die Carotis primitiva, da aber die Blutung nicht
aufhörte, mnsste er die Stümpfe der durchschnittenen Arterie in situ weit
oberhalb des Chassaignacschen Höckers unterbinden. Er vermutete, dass die
durchschnittene Arterie eine unregelmässige Vertebralarterie sei, die durch
das Foramen des H. oder HI. Halswirbels hindurchgehe, und seine Vermutung
bestätigte sich, indem bald darauf eine Myosis rechterseits auftrat. Trotz
der Unterbindung der Carotis primitiva und der Vertebralarterie traten keine
endokraniellen Störungen auf. R. Giani.
Van Campen (7) demonstriert eine 58 jährige Frau, bei der er mit
gutem Erfolg die Carotis communis unterbunden hat wegen Aneurysma des
extrakraniellen Teils der Carotis interna. Gehirnstörungen traten nicht ein«
Die Schlingbeschwerden — selbst Wasser ging nicht mehr durch — besserten
sich schon vom zweiten Tag nach der Operation an.
Narath hat in einem ähnlichen Falle die Carotis communis, die Carotis
externa und auch die interna selbst unterbunden; die zwischen diesen Liga«
turen liegende Gefässabteilung wurde exstirpiert. Glatte Heilung.
Goedhuis.
Farina (20) beschreibt eine Anomalie der oberen Schilddrüsenarterie.
Sie ging, ungefähr 1 cm von der Gabelung der Carotis communis entfernt,
von der Carotis externa ab und verlief dann nach unten und nach innen,
mit der Achse der Carotis communis einen spitzen Winkel von 50^ bildend.
Nachdem sie, 2 cm von ihrer Entstehung, die drei Seitenäste abgegeben,
teilte me sich in zwei Endzweige, von denen der äussere den normalen Ver-
lauf der oberen Schilddrüsenarterie einhielt und an der vorderen äusseren
Seite des linken Schilddrüsenlappens endigte, während der innere, den Schild-
drüsenmuskel streifend, nach der Medianlinie zu verlief und sich in der
äusseren Drüsenregion zerteilte. R. Giani.
Es eher (19) beschreibt folgenden Fall:
£in 57jfthriger MaDn verspürt beim raschen Heben eines schweren Holzstückes ein
Knacken in der rechten Halsgegend aber dem Schlüsselbein; von dem Augenblick an
heftige Schmerzen. Es bestand eine subkutane Blutanschwellung, die schliesslich die Luft-
röhre komprimierte. Nach zweimaliger Inzision, die zeitweise die Symptome zurücktreten
Hessen, trat Eidtns ein. Bei der Obduktion fand man ein geplatztes Aneurysma der Art.
tbyr. inf. Oberhalb dieses Aneurysmas bestand noch ein zweites. Obschon ein eigentlicher
Unüall nicht bestand, liess die Versicherungsgesellschaft auf gütlichem Wege den Ange-
hörigen des Verstorbenen eine ziemlich beträchtliche Summe zukommen.
Deanesly (11). Bei Gelegenheit einer Exstirpation tuberkulöser Lymphome aus
der linken Halsgegend einer 34 jährigen Frau wurde die Vena jugularis in der Nähe seiner
Einmündung in der Innominata verwundet und musste unterbunden werden. Zur besseren
Sicherung wurde die Vena auch im oberen Halsdreieck unterbunden. Nun wurde die Wunde
durch einen kopiOsen Ghylusausfluss überschwemmt, durch Durchscbneidung des Ductus
thoradctts verursacht. Dieser Ductus wurde aufgesucht und in das Stück Jugularis zwischen
27*
420 Jahresbericht fdr Gfainirgie. IL Teil.
den zwei angelegten Sutnren eingepflanzt, mittelst die ganze Wand durchgreifender fehier
Nähte. Zuvor hatte man durch Punktion des abgebundenen Jugularisstttckes festgestellt^
dass es noch genQgend Anastomose hatte und also durchgängig war. Während des Nahem
wurde oberhalb der Nahtstelle die Jugularis durch eine Klammer leicht komprimiert. Nach
Abnahme der Klammer stand die Blutung. Nach 24 Stunden erster Verbandwechsel und
Abfluss einer beträchtlichen Menge nicht näher definierter albumin&ser Flüssigkeit. Nachher
wurde der Verband nicht mehr durchfeuchtet.
Verf. sagt noch, dass bei den in letzterer Zeit publizierten Fällen die Verletzung des
Ductus thoracicus ohne (besondere Massnahmen weder persistierende Fistel, noch Chjloa-
stauung zur Folge hatte, so dass die gemachte Operation vielleicht fiberflflssig war. Er
findet aber sein Vorgehen physiologischer.
Nerven.
Beim Patienten Bardenheuers(l) waren durch Stich verletznng Radialis,
ülnaris und Medialis gelähmt. 14 Tage nach der Verletzung wurden die
zwei durchnittenen Nervenwurzeln vernäht. Nach zwei Tagen schon leicht
aktive Bewegungen in den Fingern, nach acht Tagen im Ellbogengelenk und
nach 12 Tagen in der Schulter.
Powers (46) bekam einen Patienten, dem bei einer früheren Operation
wegen Lymphomata colli zur Stillung einer heftigen Blutung mittelst Aneu-
rysmanadel tiefe Gefässe mit einer starken Ligatur unterbunden waren. Die
unmittelbaren Folgen waren damals: Atembeschwerden, Husten und Verlust
der Stimme, welche Symptome einige Zeit anhielten.
Es blieb eine Fistel und durch jede Iritation dieser Stelle oder Son-
dierung der Fistel wurde starker Husten ausgelöst. Schliesslich wurde in der
Wunde eine Ligatur sichtbar, aber jede Traktion an der Ligatur hatte einwi
Hustenanfall zur Folge. Jetzt wurde die Diagnose gestellt, der Vagus sei in
der Ligatur aufgenommen. Durch Operation wurde diese Diagnose bestätigt
und die Ligatur entfernt, damit war Patient von seiner Qual befreit
Rubesch (53) beschreibt ein umfängliches Fibrom des Nervus vagus bei
Fibromatosis nervorum. Der intrathorakal sitzende Tumor hatte hier Tracheal-
stenose verursacht, welche schliesslich eine tödliche Pneumonie verursachte,
Riedel (49) exstirpierte bei einem 28jährigen Patienten, der schon
zwei Mal wegen Sarkom der Maxillargegend operiert worden war, ein Rezidiv,
das mit dem Rest der Kieferhälfte verwachsen war. Bei diesem Eingriff
mussten Carotis communis, Jugularis und Vagus reseziert werden. Schon Yor
der Operation war die Stinmie heisser. Die Vagusresektion hatte sehr wenig
neue Ausfallerscheinungen zur Folge.
In vier Fällen der Bobrowschen Klinik (22) konnten bei Exstirpationen
von Halstumoren die grossen Nervenstämme nicht geschont werden. Dreimal
wurde auch der Vagus reseziert, ohne dass bedrohliche Erscheinungen ein-
traten. Ein Fall, in dem Fedorow ein die ganze linke Hälfte des Halsfö
einnehmendes Sarkom, welches sich zwischen Brustkorb und Schulterblatt
festsetzte, exstirpierte, war 12Monate post operationem rezidivfrei. Fedorow
hält daher auch bei vorgeschrittenen Fällen die Operation für berechtigt
Hohlbeck (St. Petersburg).
Ritter, Chirurgische Erkrankungen des Rachens und der Speiseröhre. 421
V.
Chirurgische Erkrankungen des Rachens und der
Speiseröhre.
Referent: Carl Ritter, Greifswald.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
L Bachen«
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18. Uffenrode, Beiträge zur Histologie der hyperplastischen Rachentonsille mit beson-
derer Berücksichtigung der Tuberkulose und Indikation für die operative Entfernung.
Inang.-Diss. Göttingen 1903.
Glas (8) bespricht die Pathologie der Tuberkulose der Zungen-
tonsillen unter sehr genauer Berücksichtigung der Literatur. Er selbst hat
drei Fälle untersucht. Bei zweien derselben handelte es sich um klinisch
primäre Tuberkulose, in einem Fall udi miliare Tuberkulose, die durch Sputum-
422 Jahresbericht fOr ObimTgie. ü. Teil.
Infektion entstanden war. Und hier traten auch miliare Knötchen an der
anderen Tonsille und Velam auf. In zwei Fällen wurde der Zusammenbang
zwischen tuberkulösen Lymphomen und Tonsillartuberkulose, in einem der
zwischen Retropharyngealabszess und Tonsillarerkrankung nachgewiesen. In
aUen Fällen wurden Tuberkelbazillen, in zwei Massen von ihnen gefunden.
In einem Fall wurde neben einseitiger Tonsillarerkrankung der Befand der
tuberkulösen Infiltration des entsprechenden Stimmbandes erhoben (wahrschein-
lich sekundär). Glas bespricht im Anschluss daran eingehend die verschie-
denen Infektionsmöglichkeiten der Tonsillentuberkulose in kritischer Weise
und gibt eine Übersicht über seine mikroskopischen Untersuchungen,
Um nachzuweisen, wie oft die Tuberkulose in den hyperplastischen
Rachentonsillen vorkommt, unterzog Uffenrode (18) 64 solcher Fälle einer
eingehenden mikroskopischen Untersuchung, die er für beweisender hält, als
die schwierige aseptische Überimpfung auf das Tier. Im ersten Teil schildert
er ausführlich die Befunde, die er im allgemeinen von den exstirpierten
Tonsillen feststellen konnte und die z. T. von den bisherigen Befunden ab-
weichen. So glaubt er annehmen zu müssen, dass die Metaplasie des Epithds
in geschichtetes Plattenepithel nicht immer dm'ch chronische Entzündungen
bedingt ist, sondern als etwas Physiologisches anzusehen ist. Die sogenannten
Epithelnester sind nach ihm wahrscheinlich die durch Tangentialschnitte von
den mit Epithel bekleideten Ausbuchtungen. Und die vielgestalteten Zellen,
auf die Wex zuerst aufmerksam gemacht hat, hält er für Leukocyten, die
durch mechanische Insulte, von der Operation herrührend, geschädigt sind.
Im speziellen Teil werden dann nach kurzer Beschreibung der Schleim-
und cholesteatomatösen Cysten, die er beobachtete, drei Fälle ausführlidi be-
schrieben, in denen er Tuberkulose fand (zweimal wies er Tuberkelbazillen
nach). An den bisherigen Trägern dieser tuberkulösen Tonsillen wurde nadi
der Exstirpation zur Feststellung anderer tuberkulöser Herde Injektionen von
Tuberkulin vorgenommen, jedes mit Kontrollinjektionen an anderen tuber-
kulösen Patienten. Einmal trat dabei deutliche, zweimal keine Reaktion ein,
bei den KontroUversuchen war stets Reaktion vorhanden. Uffenrode weist
auf die grosse diagnostische Bedeutung der Tuberkulineinspritzung in solchen
Fällen hin, um festzustellen, ob die Tonsillentuberkulose primär oder sekxmdär
ist. Tritt keine Reaktion ein, so ist offenbar der tuberkulöse Herd voll-
ständig aus dem Körper entfernt. Die ausserordentlich sorgfältige Arbeit ist
unter Brückners Leitung entstanden. Es ist schade, dass ihr nicht einige
gute Zeichnungen beigegeben sind.
Die Rachentuberkulose Erwachsener ist nichts so seltenes, die der
Kinder ist sehr rar. Nur 17 Fälle hat Schötz (17) bisher veröffentlicht
gefunden. Ihnen fügt Schötz noch zwei Fälle mit ausführlichen Krankenge-
schichten hinzu. Der erste ist deswegen besonders interessant, weil er anfangs
genau wie Diphtherie aussah, was auch von anderen Autoren schon beschrieben
ist. Beide Fälle verliefen, wie alle bisher beobachteten, letal. Schötz hält
(den Ursprung der Rachentuberkulose für eine Lokalisation einer allgemeinen
Miüartuberkulose auf dem Wege der Gefässbahn. Von lokalen Mitteln ver-
spricht er sich wenig. Er glaubt, dass die Erkrankung auch bei den Kindern
häufiger beobachtet werden wird, wenn man erst mehr auf sie achtet
Hertz (11) hält die Diagnose der Pharynxtuberkulose nicht für sehr
schwer. Besonders eine Verwechslung mit Diphtherie ist leicht durch Ab-
wischen des Belages auszuschliessen, die diphtherischen Membranen bleiben,
Bitter, Chirurgische ErkrAnkiuigeii dee Rachens and der Speiseröhre. 42B
über den tuberkalösen Stellen werden die Beläge leicht eotfernt und zeigen
nnn das typische Bild der Tuberkulose. Mitteilung eines Falles von Pharynx-
taberknlose beim Kind, bei dem draussen auch Diphtherie diagnostiziert war.
Die Tuberkulose war hier im Bachen primär, die des Kehlkopfes und der
Lungen, die zum Tode führten, traten erst sekundär auf.
Salomon (16) berichtet über einen Fall von seitlichem Pharyngeal-
abszess bei einem 5 monatlichen Kinde. Der Abszess wurde vom Munde
aus ausgedrückt, doch schloss sieb daran eine eitrige Mediastinitis an, an
der das Kind zagrunde ging. Im Eiter fanden sich nur Streptokokken.
Rosenberg (15) weist auf die relative Häufigkeit des Retropharyngeal-
abszesses bei kleinen Kindern hin, bei denen er aber oft gar nicht in Rechnung
gezogen wird. Er schildert kurz und anschaulich die Symptome und weist
besonders auf die Schluck- und Atembeschwerden hin, die im letztem Fall
bei höher gelegenen Abszessen Nasenverstopfung, also Atmen durch den Mund,
bei tiefer gelegenen Larynxverengerung bezw. Ansaugen der Epiglottis und
damit einen klossigen oder stridulösen Klang der Stimme hervorgerufen. Im
Gegensatz zu Küster tritt er sehr für Spaltung vom Munde aus bei
hängendem Kopf, ev. noch einmal am nächsten Tage, ein. Nur wenn das
Zellgewebe des Halses infiltriert ist, wiU er die Inzision von aussen gemacht
wissen, die wegen der späteren Narbe sonst zu vermeiden ist.
Bis vor nicht allzulanger Zeit eröffnete man ganz allgemein die Retro-
pharyngealabszesse von der Wundhöhle her. 1877 schlug John Chi ene einen
anderen Weg, nämlich von der Aussenseite des Halses, vor. Doch ist diese
Methode in Vergessenheit geraten, so dass 1898 Burckhardt sie ohne
Keoontnis von Chi ene von neuem veröffentlichte und sie seitdem vielfach
nach ihm benannt wird. In Wirklichkeit ist aber schon Küster, wie Baach
(1) nachweist, seit 1882 in ähnlicher Weise wie Chiene, ebenfalls unab-
hängig von ihm, vorgegangen. Baach teilt 11 solcher Fälle ausführlich mit.
Nach einigen geschichtlichen anatomischen, ätiologischen Bemerkungen geht
er näher auf die Technik der Operation ein und weist auf die Gefahren der
früheren Methoden hin (plötzliche Erstickung durch Eitermassen, wiederholtes
Verschlucken des Eiters, Pneumonieen, Blutungen, Unmöglichkeit^ die Asepsis
zu wahren und die Inzisionswunde offen zu erhalten u. s. w.) und betont die
Vorzüge des Küsterschen Vorgehens, das so gute Erfolge habe, „wie sie bei
anderer Behandlungsmethode nicht möglich gewesen wären^.
Die Literatur über die ßetropharyngealtumoren ist z. T. ganz ausser-
ordentlich schwer zugänglich. Hellendall (10) hat sich die Mühe genommen,
möghchst alle Angaben im Original nachzulesen und kommt so zu dem Er-
gehoia, dass im ganzen 28 sichere Fälle aus der Literatur nachzuweisen sind.
Biese 28 Fälle, dazu drei eigene aus der Strassburger chirurgischen Klinik,
wwden eingehend mitgeteilt und besprochen. Es handelt sich danach bei
den retroidiaryngealen Tumoren fast ausschliesshch um Geschwülste binde-
gewebiger Natur. Von den mikroskopisch untersuchten waren 10 gutartig,
17 bösartig. Die ürsprungsstelle fand sich fast immer auf einer Seite. Es
folgt eine Besprechung der anatomischen Lagebeziehungen, der Symptome
uid der Differentialdiagnose. Bei der Kritik der operativen Erfolge ergibt
nch, dass die Entfernung der Geschwülste an dem Wege von aussen leichter
als mittelst des bukkalen Weges vor sich geht. Glatte Heilung wurde dann
ebenfalls öfter beobachtet Doch hat Verf. wohl sehr recht, wenn er betont,
424 Jahreabericht far Chirurgie. IL Teil.
dass das operative Verfahren stets von Sitz und Grösse der Retropharyngeal-
tumoren abhängen wird.
Hellendall teilt eingangs mit, dass seine Arbeit schon fast vollendet
war, als die ausführliche Bearbeitung der Retropharyngealtumoren von Brunner
(referiert im vorigen Jahresbericht) erschien, die zu ähnlichen Resultaten wie
Hell endall kam, so dass seine Arbeit in der Hauptsache als eine Berichti-
gung und Ergänzung der Brunn er sehen aufzufassen ist.
Gegen diese Berichtigungen nimmt Brunn er (2) in einem kurzen Artikel
Stellung. Er verwahrt sich sehr energisch gegen den Vorwurf, als ob er sich
bei dem grösseren Teil seiner Kasuistik aus der Literatur auf die Kenntnis-
nahme von Referaten beschränkt habe, weist nach, dass auch er soweit als
möglich die Originale benutzt hat und übt seinerseits Kritik an den von
Hellend all neu aus der Literatur hinzugefügten und den von ihm ausge-
merzten Fällen.
Cavaillon (4) berichtet eingehend über einen Fall von Nasopharyngeal-
fibrom, das auf den Oberkiefer (Highmorshöhle), Orbita und Jochbein über-
gegriffen und einseitige Blindheit hervorgerufen hatte und zu zweimaliger
Operation Anlass gab. Das erstemal wurde die vordere und äussere Wamd
der Highmorshöhle reseziert und nur ein Teil des Tumors entfernt. Wegen
starker Blutung konnte die Operation nicht vollendet werden. Die zweite
Operation, die nach drei Jahren stattfand, bestand in totaler Resektion mit
präliminarer Unterbindung der Carotis externa. Der Patient starb bald nach
der Operation. Die eingehende mikroskopische Untersuchung des Tumors
wies — und das scheint dem Verfasser wunderbar — keinen eigentlichen
malignen Tumor nach. Li Wirklichkeit spielt hier aber meines Eracbtens
die mikroskopische Diagnose keine grosse Rolle. Malignität ist ein klinischer
und kein anatomischer Begriff.
Cimino (5) verbreitet sich nach einem kurzen Überblick über Anatomie,
Ätiologie und Diagnose des Pharynxkarzinoms, eingehender über die The-
rapie desselben, indem er die einzelnen Operationsmethoden geschichtlich raid
kritisch bespricht. Im Anschluss daran werden vier operativ behandelte Fälle
aus der Freiburger chirurgischen Klinik mitgeteilt, die manches Interessante
enthalten. Dreimal wurde die Pharyngotomia lateralis, einmal die subhyoidea
ausgeführt. In allen Fällen war der Erfolg allerdings nur von kurzer Daner.
Das Ende wurde durch Schluck- und Aspirationspneumonie herbeigeführt. Die
Arbeit ist auffallend wenig zusammenhängend geschrieben, auch fehlt eine
Epikrise der Fälle. Beides rührt wohl daher, dass Verfasser Ausländer ist
Neufeld (12) teilt einen Fall von Karzinom des Sinus pyriformis mit
Übergreifen auf den Kehlkopfknorpel und Verengerung des Kehlkopfeingangs
mit. Metastasen am Halse hatten zuerst den Verdacht auf maligne Neubil-
dung nahegelegt. Bei Probeexzision aus dem linken Taschenband fand sich
nichts Malignes. Eine exstirpierte Nackendrüse ergab das Bild eines Platten-
epithelkrebses. Daher wurde die Diagnose bei Lebzeiten vermutet und nach
zwei Monaten, nachdem der Tumor grösser geworden war, bestätigt. Tracheo-
tomie. Exitus.
Gluck (9) gibt in einer grösseren Arbeit seine Erfahrungen über den
Stand der Chirurgie des Pharynx, Larynx und Trachea. Sie stützen
sich auf weit über 100 Fälle. Das grosse Prinzip, das die Mortalität dieser
Operationen so ausserordentlich herabgedrückt hat, ist die von Gluck and
Zeller 1881 eingeführte prophylaktische Resektion der Trachea, durch die
Bitter, Chirurgische Erkrankungen des Rachens und der Speiseröhre. 425
es möglich ist, eine Schluckpneumonie mit absoluter Sicherheit zu vermeiden.
Der Tracheastumpf wird in ein Hautknopfloch eingenäht. Wenn auch Pharynx
und Ösophagus entfernt werden müssen, wird auch der Ösophagus in die
Halshant fixiert und ein Schlauch mit Quetschhahn in ihn hineingeschoben.
Nach drei Wochen bis einem Monat erfolgt, wenn nötig, die Pharyngo- und
Ösophagoplastik mit doppeltem HauÜappen, von denen der eine mit der
EpidermisHäche gegen die Mundhöhle blickt. Danach bleiben aber nicht selten
Trachealfisteln, die erneuten Verschluss fordern. Fehlt der Pharynx, ein grosser
Abschnitt der Speiseröhre, das Zungenbein, und ist eine Plastik ausgeschlossen,
80 verwendet Gluck Prothesen. Mit einer solchen konnte ein Herr eine Treib-
jagd als Jäger von 8 — 5 Uhr und das folgende Jagddiner mitmachen, ohne
durch Essen oder Sprechen zu ästhetischen Bedenken Anlass zu geben oder
selbst Störungen zu empfinden.
Gluck schildert an zwei Fällen die Technik der Laryngektomie sehr
ausführlich. In allen Fällen, wo die Tracheotomie bereits ausgeführt war
oder wo wegen fehlender Dyspnoe eine präliminare Tracheotomie nicht dringend
erscheint, zieht es Gluck jetzt vor, Kehlkopf und Trachea erst vollkommen
zu isolieren und aus der Wunde herauszuziehen und nun die Trachea in die
Haut einzunähen und abzuschneiden. Sehr wichtig ist die Nachbehandlung.
Der Erfolg der Operationen richtet sich nicht so sehr nach der Ausdehnung
der Krankheit als nach dem Allgemeinbefinden des Kranken. Für die Ent-
wickelung der Sprache gebraucht Gluck Phonationsprothesen verschiedener
Konstruktion, die in der Hauptsache eine Verstärkung der Flüstersprache be-
dmgen. Sehr vielen Patienten fehlt der Instinkt und die Energie für eine
erfolgreiche Benutzung der Pharynxstimme. Die Resultate Glucks sind sehr
günstig, obwohl die Operation oft sehr gross ist (Wegnahme von Vena jugu-
laris, Carotis communis, N. vagus, M. sternocleidomastoideus, omohyoideus
und scaleni, Nervus phrenicus und sympathicus einer Seite). Bei 22 Laryn-
gektomieen einer Reihe hatte er nur einen Todesfall = 45 ®/o Mortalität.
Carless (3) teilt einen Fall von Epitheliom des hinteren Teils der Zunge
mit, das auf die Epiglottis übergegriffen hatte. Er entfernte es durch trans-
hyoide Pharyngotomie mit vorangegangener Tracheotomie. In einer zweiten
Sitzung wurden die Halsdrüsen entfernt. Das Resultat war sehr gut. (Patient
kann die Zunge fast normal vorziehen, kann sprechen und schlucken, nur
sind geringe Schluckbeschwerden und geringe Rauhigkeit der Stimme vor-
handen.) Carless empfiehlt die transhyoide Operation besonders für Geschwülste
des hinteren Teils der Zunge, da sie einen viel besseren Zugang als die sub-
hyoide und laterale Pharyngotomie gibt.
Die ausserordentlich zahlreichen Methoden und Modifikationen der
Pharyngotomie beweisen, dass den Autoren die früheren Operationsverfahren
nicht genügen. Orlow (13) bespricht die verschiedenen Schnittführungen der
einzelnen Autoren für die Tumoren der bukkalen Partie des Pharynx sehr
eingehend und legt die Mängel, die ihnen anhaften, dar. Er selbst hält
das Trendelen bürg sehe Vorgehen für gutartige Tumoren ohne Hals-
drüsen für das beste, für bösartige Tumoren dasjenige von Krön lein,
das er mit einer Modifikation anwendet, um die unteren Äste des Facialis
zu schonen. Er beginnt den Schnitt nicht vom Mundwinkel, sondern von
der Mitte der Unterlippe mit nach abwärts gerichteten konvexen Bogen nach
dem äusseren Rande des Sternocleidomastoideus. Bei tiefer gelegenen Lymph-
drüsen am Halse wird ein Schnitt am vorderen Rande des Sternocleidomastoideus
426 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
hinzugefügt. Die Weichteile werden dann vom Unterkiefer bis zum vorderen
Rand des Masseter gelöst, der erste oder zweite Molarzahn entfernt und
der Knochen durchsägt. Der so getrennte vordere Teil des Unterkiefers wird
nach Yorne und der Mitte, der hintere Teil nach aussen und oben ans^
einandergehalten, die Zunge mit einer Schlinge stark angezogen. Nach Ent-
fernung des Tumors wird die Schleimhaut, wenn möglich genäht, ein Gaze-
tampon in das Pharynx eingeführt und der Unterkiefer mit Metallnahten
vereinigt. Orlow schildert die Vorzüge seines Vorgehens und geht dann noch
mit grosser Breite auf die vorhergehende Tracheotomie, Anästhesie, Lagerang
deß Kranken, vorhergehende Unterbindung der Oefässe, Nachbehandlung niid
ähnliches ein. Zam Schluss bringt er 10 Beobachtungen, von denen vier nach
seiner Methode operiert sind. Im ganzen ist ihm ein Pat an ein^ nach-
träglichen Blutung gestorben. Zahlreiche Rezidive sind unter den mit gutem
Erfolg Operierten zu verzeichnen.
Quenu (14) teilt einen Fall von verschlucktem Gebiss eben unterhalb
des Larynx mit, das er nach unnützen Extraktionsversuchen auf natürlichem
Wege mit gutem Erfolg durch Pharyngotomie entfernte. Die Operation
war sehr einfach. Er möchte sie der Oesophagotomia externa dann vorge-
zogen wissen, wenn der Fremdkörper nicht weit vom oberen Ende des Öso-
phagus entfernt ist. In der Diskussion erklärt sich Sebileau für eine&
Anhänger der Entfernung auf natürlichem Wege, die stets vorher gemacht
werden müsse, ehe man zur Pharyngotomie schreite. Interessant ist in der
weiteren Debatte, wie fast alle Redner bei Fremdkörpern im Ösophagus fiir
möglichst frühzeitige Ösophagotomie eintreten, und vor Extraktionsversudien
auf natürlichem Wege warnen.
2« Ösophagus.
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51. Sakata, Über die Lymphgeffisse des Ösophagus und über seine regionären Lympb-
drttsen mit besonderer Berficksichtignng des Karzinoms. Mitteil, aus d. GrenzgebieteiL
Heft 5. 1908.
52. S e 1 d 0 w i t s c h , J.. Die Behandlung der Narbenstrikturen des Ösophagus mittelst Elektn-
lyse. Russki Wratsch 1903. Nr. 1.
53. Schilling, Eine neue ösophagusspritze. Therap. Monatshefte 1903. Mai.
54. — Die Krankheiten der Speiseröhre. Leipzig, Härtung u. Sohn 1903.
55. SchQssler, Ein Pulsationsdivertikel der Speiseröhre, von Langenbecks Arcliir
1903. Bd. 69. Heft lu.2, s. Esmarch Festschrift
56. S^bileau, L'oesophagotomie externe appb'qu^e chez Tenfant ä l'extraetion des pi«oei
de monnaie. Bull. möm. de la soc. de Ghir. 1903. Nr. 2.
57. Seyffarth, Zwei Fälle von retrograder Sondierung des Ösophagus bei Narbenatiik-
turen. Leipzig Diss. 1903.
58. *Spencer, A case of oesophagotomy for the removal of a portion of an upper tootk
plate. The Lancet 1903. Aug. 22.
59. ^Starck, Die Erkrankungen der Speiseröhre. Würzburger Abhandl. 1903. Nr. 819.
60. — Über Ätiologie diffuser Speiseröhrenerweiterungen. Wiener klin. Rundschau 1901
Nr. 26 u. 27 u. Naturhist. Verein Heidelberg. MQnchener med. Wochenschrift 19fö
Nr. 19.
61. — Die diffuse Erweiterung der Speiseröhre. München 1903. Seitz iL Schauer.
62. — Beiträge zur Sondierung der Speiseröhre. Münchener med. Wochenschrift 190i
Nr. 4.
63. Toubent, Oesophagotomie extreme d'urgence pour Textraction d'une piecedeprotto
dentaine enclav^e daos l'oesophage imm^diatement au-dessus de la fourchette stenult
Bull, et mäm. de la soc. de Chir. 1903. Nr. 39.
64. Tüffier, Les Operations sur Foesophage dans ,son trajet thoracique". BnlL et men.
de la soc. de Chir. 1903. Nr. 17.
65. Westermann, Yreemde lichamen in den Oesophagus. Nederl. Vereenig. voor Ha^
künde. NederL T. v. Üeneesk. H. p. 1176.
66. ^Whipham, A case of rupture of the Oesophagus from accident. The Lancet 1901
Sept. 12.
67. Wolf, Beiträge zur Ätiologie des Ösophaguskarzinoms. Münchener med. Wochensckc.
1903. Nr. 18.
68. Zuppinger, Zur Kenntnis der nicht traumatischen Ösophagusperforation im Kind«-
alter. Jahrb. f. Kinderheilk. 1903. Bd. 57. Heft 3 u. 4.
Die Kenntnis von den Erkrankungen des Ösophagus (41) bat sich seit
der Einführung der Ösophagoskopie ganz ausserordentlich erweitert und w
ist daher erklärlich, dass in neuerer Zeit eine ganze Reihe von grösseren
Schriften entstanden sind, die zusammenfassend das Gebiet der Speiseröhren-
krankheiten behandeln.
Das Schilling sehe Buch (54) unterscheidet sich dadurch von den meista
anderen, dass es sich in erster Linie an den praktischen Arzt wendet
dem doch der grösste Teil der Patienten noch jetzt zufallt. Die Kenntnis
der neueren diagnostischen und therai)eu tischen Hilfsmittel ist für ihn be-
sonders nötig, damit er nicht nur ^der Anforderung unserer Zeit genügt
sondern auch im stände ist, rechtzeitig die für seine Heilmethoden unzugäng-
Ritter, Chirurgische Erkrankungen des Rachens und der Speiseröhi-e. 429
lieben Patienten dem Chirurgen zu überweisen.^ Das Buch erfüllt seinen
Zweck sehr gut. Es ist ausserordentlicb anregend, leicht verständlich, kurz
und prägnant geschrieben.
Nach einer kurzen Einleitung über Anatomie und Physiologie der Speise-
röhre werden die einzelnen Untersuchungsmethoden besprochen, wobei aber
nur das Wichtige und das, was für die Praxis in Betracht kommt, erwähnt
wird, alles Nebensächliche beiseite gelassen ist. Es folgt ein kürzeres Kapitel
vber allgemeine Therapie. Den grössten Teil des Buches nimmt die spezielle
Therapie der einzelnen Erkrankungen ein. Überall, besonders in letzterem
Abschnitt schaltet Schilling seine mannigfachen persönlichen Erfahrungen
ein. Dem Buch ist eine Reihe von einfachen , leicht verständlichen Abbil-
dungen beigegeben. Nur die erste den Situs des Ösophagus darstellende
Zeichnung nach Joessel-Waldeyer könnte anschaulicher sein. Das Buch
kann ganz besonders demjenigen, der sich schnell über den neueren Stand
der Therapie bei den Ösophagus-Erkrankungen unterrichten will, empfohlen
werden, ist aber auch für den Spezialisten auf diesem Gebiet wegen der per-
sönlichen Erfahrung von Wert.
Als Einleitung einer demnächst erscheinenden Reihe von Aufsätzen über
die ösophagoskopischen Erfahrungen der Breslauer Klinik, bringt v. Miku-
licz (39) höchst interessante Untersuchungen über die Physiologie der Speise-
röhre. Sie wurden an Menschen angestellt, die besonders günstige Beding-
ungen dafür boten, insofern bei zwei der Kehlkopf exstirpiert war und in
einem dritten Fall durch Zerstörung der Nase und des gesamten Oberkiefers
der Mesonasopharynx frei zutage lag. Ausserdem wurde an Hunden und
Leichen experimentiert. Den Ausgangspunkt dafür bildeten zwei Beobach-
trnigen von v. Mikulicz, die er schon vor 22 Jahren gemacht hatte und
die seitdem teils bestätigt, teils bestritten waren, nämlich, dass der Ösophagus
in seinem Brustteil ein lufthaltiges offenes Rohr darstellt und dass ein sphinkter-
artiger Abschluss zwischen Magen und Speiseröhre nicht existiert. Die Haupt-
ergebnisse der Arbeit sind folgende: Die Speiseröhre des Erwachsenen ist
nur im Halsteil geschlossen. In ihrem Brustteil stellt sie ein weites offenes
Rohr dar, welches im Zustande der Ruhe Luft enthält. Der im ruhenden
Ösophagus herrschende Druck ist im Mittel um ein geringes niedriger als
der atmosphärische Druck. Beim Schluckakt steigt der positive Druck im
Ösophagus kaum höher wie beim forcierten Ausatmen und lange nicht so
hoch wie beim Husten. Der Ösophagus entleert beim Schluckakt nicht seinen
ganzen Lnftgehalt, sondern behält stets einen Teil zurück. Nur durch kräftige
Hnstenstösse kann er vorübergehend ganz leer gepresst werden. Die Kardia
ist im Zustand der Ruhe geschlossen und sondert Magen und Ösophagus voll-
kommen voneinander ab. Dieser Verschluss ist ein zweifacher: 1. ein rein
muskulärer, durch den normalen Tonus der Kardiamuskulatur erzeugt, 2. ein
Yentilschluss. Das Ventil, das an der Insertionsstelle des Ösophagus in dem
Magen liegt, wird durch den im Magen herrschenden positiven Druck ge-
schlossen und hält mit Sicherheit nur solange dicht, als die Magenmuskulatur
sich im Zustande des normalen Tonus befindet. Die Kardia öffnet sich auch
ohne Schluckakt leicht für Flüssigkeiten imd Gase, die aus der Speiseröhre
in den Magen treten, gestattet dagegen sehr schwer den Durchtritt in ent-
gegengesetzter Richtung. Die Öffnung der Kardia von der ösophagealen Seite
aus wird automatisch ausgelöst durch jede, ein gewisses Mass überschreitende
Dntcksteigerung im Ösophagus, gleichgültig, ob sie durch künstliches Ein-
430 Jahresberieht fttr Chirurgie. IL Teil.
pumpen von Luft oder Eingiessen von Flüssigkeiten oder aber durch den
Schluckakt hervorgerufen wird. Der hierzu nötige Druck i^ in der Regel
kleiner als der Druck einer den Brustösophagus ausfüllenden Flössigkeits-
fiäule. Mitunter beträgt er nur einen Bruchteil davon and nur unter beson-
deren Umständen (bei Flüssigkeiten, die die Ösophagusschleimhaut reizen) ist
er höher. Beim Schlucken werden also Flüssigkeiten und dünnbreiige Massen
durch die Kontraktion der Pharynxmuskulatur nur in den Anfangsteil des
Ösophagus getrieben. Hier angelangt, fliessen sie durch ihre eigene Schwere
bis an die Kardia und öffnen sie auch infolge ihrer Schwere automatisch.
Sie bedürfen zur Passage durch den Ösophagus und die Kardia keiner Mit-
hilfe durch die Peristaltik. Eine Ausnahme davon machen reizende Fläsäg-
keiten, da sie reflektorisch eine verstärkte Kontraktion der Kardia benror-
rufen, die erst durch die Drucksteigerung beim Schhickakt überwunden wer-
den kann. Den Schluss bilden einige Bemerkungen über Sdüuckgeräuscke
und Erbrechen.
Durch die älteren Injektionsmethoden ist der Lymphapparat des Öso-
phagus im grossen und ganzen ziemlich bekannt. Mit der neueren Methode
Gerotas sind Untersuchungen bisher nicht angestellt, eine Lücke, die
durch Sakatas (51) eingehende Studien ausgefüllt wird. Er hat die In-
jektionen an Kindsleichen, einigen Hunden und Kaninchen vorgenommen
und kommt danach zu dem Resultat, dass es ebenso wie bei den grossen
Säugern so auch beim Menschen einen getrennten Ursprung der Lymph-
gefässe, nämlich in der Schleimhaut und der Muscularis gibt. Die beiden
so gebildeten Wege sind voneinander so getreimt, dass man durch die
Schleirahautkapillaren nicht injizieren kann. Nur die abführenden Gefösse
ausserhalb des Ösophagus haben beide gemeinsam. Der Verlauf der ab-
führenden Lymphgefässe ist insofern komplizierter, wie man bisher allge-
mein angenommen hat, als sie oft nicht direkt durch die Ösophaguswand
nach den zugehörigen Drüsen gehen, sondern in der Submucosa in der Längs-
richtung eine Strecke weit zu verfolgen sind und erst dann in die nun höher
oder tiefer als ihr Vorsprung gelegenen Lymphdrüsen einmünden. Der Zu-
fluss der Lymphe aus der Speiseröhre geht also nicht vom Halsteil in den
Hals, vom Brustteil in die Brustdrüsen allein, sondern eine grosse Anzahl
von Lymphdrüsen geht vom Brustteil sowohl innerhalb als ausserhalb der
Ösophaguswand in die Halsdrüse. Bemerkenswert ist noch, dass der Recurrens
in vielen Fällen dicht von den Glandulae cervic. proff. supp. umgeben ist
Seine Untersuchungen haben nach Sakata grosse Bedeutung für die Ver-
breitung des Karzinoms. Entsprechend dem Längsverlauf der Lymphgefässe
in der Submucosa glaubt Sakata, dass das Karzinom im Anfang besonders
in der Längsrichtung erst später ringförmig sich verbreitet,' wofür er aller-
dings nicht viele Beweise anführen kann. Dagegen wird die auffallend häufige
Mitbeteiligung des Recurrens beim Ösophaguskarzinom durch die Beziehungen
der Lymphdrüsen zu diesen Nerven leicht erklärlich. Schliesslich ist bei dem
komplizierten Verlauf der Lymphbahnen nach den Drüsen zu verstehen, wenn
die anderen Kombinationen als die Metastasierung in den nächstliegenden
Drüsen möglich sind,
Der Vortrag Aronsons (2) New York im amerikanischen med. Klub
in Berlin soll der Verbreitung der Ösophagoskopie dienen. Er bespricht die
verschiedenen Methoden, Schwierigkeiten, Lidikationen usw. und kommt zum
Bitter, Ghirurgiache SrkrankBngeii des Rachens and der Speiseröhre. 431
Schlnss, dass das Ösophagoskop ausserordentlioh wertvoll für die Diagnose
ist. Nichts neues.
Ewald (14) demonstrierte in der Berliner med. Gesellschaft das neue
Ösc^hagoskop von Einhorn, das sich dadurch von den anderen unterscheidet,
dass die Lampe sich am Ende eines kleinen Drahtes in der Röhre selbst
befindet. Sie liegt also unmittelbar an der Stelle, die man besichtigen will
Der Obturator passt ganz genau in das untere Ende des Ösophagus hinein,
80 dass der untere Rand der Röhre nach dem Herausziehen des Obturators
sich an der richtigen Stelle befindet. Ewald hat das Ösophagoskop wieder*
holt mit gutem Erfolge angewandt.
Stare k (62) schildert eingehend die grossen Mängel, die für viele
Fälle den geraden Ösophagussonden anhaften. Er hat schon früher (M. m.
W. 1900) eine Sonde empfohlen, deren unteres Ende nach Art des Mercier-
sdien Katheters abgebogen ist und hat seitdem häufig Gelegenheit gehabt,
den Vorzug dieser gebogenen Sonde zu erfahren. Er führt mehrere Beispiele
dafür an, wie die Diagnose bei malignen Tumoren, Dilatation, Stenose und
Entzündong jedesmal, wenn das Lumen der Speiseröhre exzentrisch liegt, nur
mit einer geb(^enen Sonde, sonst aber nicht gestellt werden konnte. Auch
für therapeutische Zwecke ist die Sonde zur Dehnung von Strikturen, als
Hohlsonde zur Sondenernährung in den genannten Fällen sehr zweckmässig.
Stare k hat für die Praxis ein besonderes Instrumentarium zusammengestellt,
das aus einem kräftigen elastischen Schaft und zehn verschiedenen geraden
und gebogenen anschraubbaren Ansätzen besteht. Sie sind in der Arbeit
abgebildet. Bezugsquelle H. Dröll, Heidelberg.
Schilling (Ö3) empfiehlt eine neue Spritze zur Injektion von Anästhe-
ticis, Adstringentien u. s. w. in die Speiseröhre. Sie besteht aus einem gra-
duierten Zylinder, der nach unten durch ein Gummirohr mit einer gebogenen
Kanüle verbunden ist. Am knopfförmig verdickten Ende befinden sich seit*
Mdi kapilläre Öffnungen. Nach oben ist der Zylinder mit einem Hartgummi-
mundstück verbunden, an dem die Flüssigkeit in die Spritze aufgesogen werden
soU. Ist die Spritze in den Introitus oesophagi eingeführt, so lässt man die
Flüssigkeit in den Ösophagus einlaufen.
Brock (5) teilt vier FäUe von Ösophagusblutungen aus dem
{pathologischen Institut Jena mit. Die ersten beiden waren durch Karzinom
der Speiseröhre bedingt, das das eine Mal ein Aneurysma der Arteria
thyreoidea inferior hervorgerufen und zum Platzen gebracht hatte. Das
andere Mal war es ohne Aneurysmenbildung zur tödlichen Perforation der
Aorta gekommen. Bei den anderen beiden Fällen handelt es sich um den
umgekehrten Vorgang, um Aortenaneurysmen, die durch periadventitielle
Enizünduzig zur Verwachsung des Ösophagus mit dem Aneurysma geführt
h^en. Das eine Mal ist die tödliche Blutung eingetreten, im zweiten Fall
war das Aneurysma dicht vor der Perforation. Es sollte am nächsten Tage
eine Sondierung der Speiseröhre vorgenommen werden, doch endete Patient
vorher durch Selbstmord. Brock weist auf die Gefahr der Sondierung in
aolchen Fällen hin und führt einen ähnlichen Fall von Chiari aus der
Literatur an. Die Arbeit hätte gewonnen, wenn jedem der langen Sektions-
protokolle ein kurzer wesentUcher Befund oder noch besser eine kurze Epi-
krise angefügt wäre.
Whipham (66) beschreibt ausführlich einen sehr seltenen Fall von
breitem Bise der hinteren Wand des Ösophagus eben oberhalb des Zwerch-
432 Jahresbericht fOr Chirurgie. U. Teil.
felis, der als Nebenbefund bei der Obduktion entdeckt wnrde. Der Mam
war von einem Pferd niedergeworfen, hatte zahlreiche schwere Verletzungen
davongetragen und war wegen Depressionserscheinungen des Schädels operioi
worden. Der Ösophagus war sonst gesund. Die Möglichkeiten, wie der Riss
entstanden ist, werden eingehend erörtert und die Literatar im Anschlusa
daran besprochen.
Bergheimer (4) hat in einer recht wertvollen Dissertation die Sdiuss-
Verletzungen des Halsteils des Ösophagus aus der Literatur gesammelt und
bespricht im Anschluss an sie die einzelnen Arten der Verletzungen: von
den leichten Kontusionen, bei denen ein Schuss zwischen Trachea und Öso-
phagus hindurchgeht, bis zu den schwereren Verwundungen, bei denen Kom-
plikationen durch Kommunikation zwischen Ösophagus und Trachea, durch
Mitverletzung der grösseren Gefässe und durch Bildung abgesackter Eiter-
herde entstehen. Zusammenfassend sagt er, dass Verletzungen des Ösopliagns
durch Schüsse zwar ernster Natur sind, aber nicht unbedingt grosse Gefahren
in sich schliessen. Auffallend selten ist eine Verletzung der grossen Ge&se
und Nervenstämme. Auch die Pneumonie ist relativ selten trotz gleichzeitiger
Eröffnung der Luftröhre. Die Gründe hierfür sind aber nicht nur für die
Tiere (Schul 1er), wie Verf. meint, gefunden, sondern auch für Menschen
(Hölscher). Ebenso scheint die Gefahr der Mediastinitis geringer, als man
erwarten sollte. Bei Besprechung der schwersten Verletzungen, bei denen
die Wirbelsäule mitbeteiligt ist, beschreibt Verf. einen in der Strassburger
chirurgischen Klinik beobachteten Fall, in dem nach den Symptomen eine
Verwundung der Trachea und des Ösophagus angenommen werden musste,
bei dem aber die Speiseröhre unverletzt war. Doch war sie von grosseo
Eitermassen von der Wirbelsäule in grosser Ausdehnung abgehoben. Die
Trachea war intakt, dagegen konmmnizierte die linke Lunge mit dem Schiis£-
kanal, der nachträglich vereitert war. Die Eiterung hatte beide Lungen-
spitzen angefressen. Die Wirbelsäule war ebenfalls schwer verletzt Dieser
Fall ist eine der schwersten Verletzungen, die bisher beobachtet sind.
S6bileau (56) berichtet über seine Erfahrungen bei Extraktion
von Geldstücken bei Kindern durch Ösophagotomie, die off^ar
bisher selten ausgeführt ist. Vier Fälle wurden mit Erfolg operiert. Einer
verweigerte die Operation. Zum Schluss erwähnt er noch eine fünfte, den
Tag vorher gemachte Operation. Der Sitz der Geldstücke wird an fnnf
Röntgenphotographien demonstriert. Der Grund, dass der Fremdkörper in
vier Fällen an der engsten Stelle sass, liegt daran, dass die kleinste fran-
zösische Münze ebenso gross ist, wie die normale Weite der Speiseröhre.
Bei einem Fall sass sie an der zweiten engsten Stelle. Das Kind war schon
9 Jahre, der Ösophagus also weiter. Die Verletzung der Speiseröhre durch
den Fremdkörper betraf die Seitenwände, da die Münze stets in der Frontal-
ebene lag. Die Gefahren einer Abszessbildung und Mediastinitis sind aber
nach Sedileau übertrieben. Denn die Wand des Ösophagus sucht sich durch
entzündliche bindegewebige Verwachsungen mit der Umgebung vor der Druck-
nekrose zu schützen, so dass man noch mit spät ausgeführter Operation Er-
folg haben kann. Gefahrlicher ist die Möglichkeit einer durch die binde-
gewebige Entzündung hervorgerufenen Neuritis des Nervus recurrens, die in
einem Fall 8 Tage nach der Operation eintrat, aber leicht verlief, im andern
nach 14 Tagen erschien und Tracheotomie nötig machte. Sedileau verwirft
Sondenimtersuchung, die nur bei Unmöglichkeit der Röntgenphotographie
Ritter, GhimrgiBche Erkrankangen des Rachens und der Speiseröhre. 433
gerechtfertigt ist. Betreffs der Operationsmethode, die ausführlich beschrieben
ist, verweise ich aufs Original. Die einzige Gefahr der Operation sieht
Södilean in der Verletzung des Nervus recurrens. In zwei Fällen trat
Heilung per primam ein, in zwei andern war das eine Mal geringe, das andere
Mal starke £iterung vorhanden.
Die Widerstandsfähigkeit des Ösophagus zeigt ein Fall (Referent
Tuffier) von Kallionzis (Athen) (30). Er konnte bei einem Kind mit dem
MüDzenfänger eine Münze entfernen, die seit 6 Monaten dort Beschwerden
gemacht hatte. Das Röntgenbild zeigte den Sou etwas oberhalb der Mitte
der Speiseröhre.
Höchst witzig berichtet Dupont (11) über die spontane Entfernung
einer verschluckten Stecknadel per vias naturales nach 5 Tagen, die er
weniger auf die rationelle Behandlung (Ruhe und enorme Mengen von Kar-
toffelbrei) als auf einen glücklichen Zufall bezieht.
Die Arbeit von Fischer (17) ist recht lesenswert. Nach einer sehr
guten Übersicht über die Anatomie der Speiseröhre, besonders in bezug auf
Bein Thema, über die Art der Fremdkörper und der Symptome, die sie im
Ösophagus hervorrufen^ schildert er eingehend die diagnostischen und thera-
peutischen Hilfsmittel, die uns bei Fremdkörpern in der Speiseröhre zur Ver-
fügung stehen. Bei Besprechung des neuerdings vorgeschlagenen Verfahrens,
sich einen Vfeg vom hinteren Mediastinum zum Ösophagus zu bahnen, geht
er auf den von Enderlen schon früher veröffentlichten Fall ein, der der
eiozige von dreien in der Literatur ist, der zum Ziel und zur völligen Heilung
geführt hat. Bei den beiden anderen Fällen von Forgue und Henle
musste die Operation vorzeitig abgebrochen werden. Zum Schluss gibt er
das Resultat von zahlreichen Untersuchungen Enderlens bekannt, die dieser
an der Leiche über die Lage des Ösophagus im Anschluss an seinen Fall an-
gestellt hat. Er hält es für am meisten angebracht, die Operation oberhalb
der Bifurkation auf der linken Seite in der Höhe des 6. und 6. Brustwirbels
auf der rechten, weiter unten an der rechten oder linken Seite vorzugehen.
Der Lappen soll möglichst gross gewählt werden.
Katz (29) teilt einen Fall von sehr fest eingekeiltem künstlichen Gebiss
mit, das 9 Tage im Ösophagus gelegen hatte und durch Ösophagotomie mit
Schwierigkeit entfernt wurde. Da das Gebiss eine Metallplatte enthielt, ge-
lang ein Röntgenbild, das den Fremdkörper zwischen letztem Hals- und
I. Brustwirbel zeigte. Die Wunde wurde zum Teil genäht. Drainage. Patient
trank ohne Sonde vom dritten Tage an. Heilung nach 14 Tagen.
Rosen bäum (60) bringt 12 Krankengeschichten von Fremdkörpern im
Ösophagus, die von 1890 — 1902 in der Breslauer Klinik beobachtet wurden
nnd bespricht im Anschluss daran die Diagnose und Therapie. Unter den
diagnostischen Verfahren lassen nicht nur die anamnestischen Angaben und
Beschwerden der Patienten und die Sondenuntersuchung, die in der Breslauer
Klinik in letzter Zeit selten angewendet ist, sondern auch das Röntgenver-
fahren im Stich. In zwei Fällen ergab sich ein negativer Befund an einer
Stelle, wo ein Fremdkörper sass und einmal wies das Röntgenbild einen
Schatten auf, wo ein Fremdkörper sich nicht befand. Immerhin wird die
Modifikation von Wilms der schrägen Röntgendurchleuchtung weniger An-
lass wie bisher zu Irrtümern geben. Das souveräne diagnostische Mittel ist
die Ösophagoskopie, die noch nie im Stich gelassen hat, wenn sie anwendbar
war. Auch betreffs der Therapie steht die Ösophagoskopie an erster Stelle,
Jalirwb«rieht für Obinugie 1908. 28
434 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
bei deren Anwendung v. Mikulicz noch nie eine Schädigung des Patienten
beobachtete. Sie hat die Ösophagotomie vielfach verdrängt , so war es seit
1890 in der Breslauer Klinik nur einmal nötig, zur Extraktion eines Fremd-
körpers eine Ösophagotomie vom Halse zu machen. Trotzdem scheiterte in
drei Fällen die Entfernung eines Fremdkörpers an den technischen Grenzen,
denen das Ösophagoskop unterworfen ist. Wenn dann der Fremdkörper sich
nicht anders entfernen lässt oder starke Blutungen eintreten, oder wenn die
Symptome eine drohende Perforation oder Halsphlegmone befürchten lassen,
so muss blutig vorgegangen und zwar ist die Ösophagotomie bei Fremdkörper
bis zu 25—26 cm Entfernung von der Zabnreihe an, bei tieferen die Gastro-
tomie angezeigt. Letztere lässt aber trotz der Verbesserung von Wilms
oft im Stich, so dass dann als letztes Hilfsmittel die Oesophagotomia thoracica
in Frage kommt. Besprechung der bekannten Fälle von Forgue, Henie^
Enderlen.
Spencer (58) teilt einen Fall von verschlucktem Oebiss mit, das von
ihm am fünften Tage durch Ösophagotomie entfernt wurde. Die Wunde
wurde in der Hauptsache offen behandelt, das Kopfende des Bettes wurde
tiefgestellt. Nach etwas mehr als drei Wochen wurde die Patientin geheilt
entlassen. Sie konnte alles essen, die Wunde zeigte eine kleine Granu-
lationsfläche.
Auf Grund von Leichen- und Tierversuchen empfiehlt Dobromyss-
low (9) für die Resektion des Ösophagus im Brustteil die transpleorale
Methode. Soll oberhalb der Lungenwurzel operiert werden, so wird rechts von
der Wirbelsäule eingegangen, im entgegengesetzten Falle links. Dobro-
mysslow bildet im Bereich der 5. — 10. Rippe einen mit der Basis zur
Wirbelsäule gerichteten Hautmuskel-Rippenlappen. Die kollabierte Liunge
wurde nach oben gedrängt und die Speiseröhre freipräpariert. Nach Ab-
klemmung der Speiseröhre oben und unten wurde dieselbe zwischen den
Klemmen mit beiden Vagi reseziert. Die beiden Enden der Speiseröhre
wurden mit Knopfnähten vereinigt, was stets, auch bei Resektionen bis za
7 cm , leicht zu bewerkstelligen war. Feste Vemähung des an seine Stelle
gebrachten Hautmuskel-Rippenlappens. Die Tierversuche (Hunde) gelangen
erst als Dobromysslow während der Operation künstliche Atmung durch
eine Trachealkanüle anwandte. Nach Vemähung der äusseren Wunde wurde
die Luft aus der Pleura durch Aspiration entfernt. — Von neun Hunden,
die die Operation überstanden, bekamen sechs Empyeme.
Hohl b eck (St. Petersbni^).
hl einem Falle, in welchem sich ein Fremdkörper im Ösophagns befand
und die Ösophaguswand ulzeriert war, nahm Jaco belli (26) in der Höhe
der Schilddrüse die äussere Ösophagotomie vor. Die Wunde vernähte er nicht
und Patient genas, ohne dass eine Fistel zurückblieb. — Er beschreibt dann
noch einen Fall von durch Schuss verursachter penetrierender Blasenwnnde,
den er mit gutem Erfolg operierte. R. Giani.
Eine interessante und detaillierte Studie dieser Frage. Balacescn
und Cohn (3) sammelten und resümieren aus der ganzen Literatur vom Jahre
1358 — 1903 ein Total von 321 Oesophagothniae externae, von welchen
vier aus Rumänien stammen. Die Autoren erschöpfen sozusagen, diese Frage
ganz. S 1 0 i a n 0 f f (Plevna).
Lundmack (85). Eine 52jährige Frau verschlackte im Schlaf ihr falsches Gebiss,
das vier Vorderzfthne, einen Eckzahn und zwei scharf hervorragende Spitzen hatte. Dmch
Ritter, GldrnrgiBche Erkrankungen des Rachens und der Speiseröhre. 435
Ösophagotomie auf der linken Seite des Halses wurde das Gebiss herausgeholt Vor der
Operation war die Temperatur 39,8 o. Keine Komplikationen.
Hj. Y. Bonsdorf (Helsingsfor).
Pels-Leusden (43) berichtet über drei Fälle von Ösophagotomie. In
einem war eine verschluckte Blechmarke in Höhe des II. Brustwirbels mit
Röntgenstrahlen festgestellt und wurde, yoUkommen von Fleischfasem eingehüllt,
leicht mit der Komzange durch die Ösopba^otomiewunde entfernt. Im
zweiten Fall wurde ein spitzes festeingekeiltes aashaft stinkendes Knochen-
stück in Höhe des Kehlkopfs mit grossen Schwierigkeiten extrahiert. Als
dritten Fall veröffentlicht Pels-Leusden nachträglich die Krankengeschichte
eines in der Berliner medizinischen Gesellschaft 1902 vorgestellten Patienten,
bei dem eine schon ausgebildete periösophageale intrathorakale Phlegmone
in Höhe des TL. Brustwirbels durch Ösophagotomie geheilt wurde (erwähnt bei
D ob bertin, Lang, Arch. 66. Bd. 1902). Dass letzterer Fall so selten gut
verlief, obwohl die Höhle zu beiden Seiten und hinter dem Ösophagus reich-
liche Mengen jauchiger Flüssigkeit enthielt, liegt nach Pels-Leusden
jedenfalls mit an den angewandten Massnahmen, die hauptsächlich darin be-
standen, dass der Patient nicht nur horizontal lag, sondern mit stark er-
höhtem Fussende des Bettes. So war wirklich die Möglichkeit gegeben, dass
der Eiter nach unten abfliessen konnte.
Holländer (24) bringt aus der Münchener chirurgischen Klinik einen
Fall von verschlucktem Gebiss, das vom Arzt in den Magen gestossen war
und per vias naturales abging, aber weiter Beschwerden machte. Durch den
guten Ernährungszustand und das Fehlen von Komplikationen Hess man sich
bewegen, die Operation zu verschieben, in der Hoffnung mit der Ösophago-
skopie, mit der man Zähne in der Tiefe des Ösophagus gesehen hatte, auch
therapeutisch zum Ziel zu kommen. Als dann am folgenden Tag kein Fremd-
körper mehr gesehen wurde, setzte man die noch bestehenden Beschwerden
auf Konto der durch das Gebiss bewirkten Verletzungen. Der am dritten
Tage gelungene Nachweis von Eiter beseitigte alle Zweifel, doch konnte die
nun vorgenommene Ösophagotomie und Entfernung des Gebissstückes nicht
mehr Rettung bringen. Exitus am zweiten Tage post operationem. Befund
bei der Sektion: Perforation des Ösophagus, Abszess an der linken Lungen-
wnrzel, eitrige Pericarditis, Sepsis. Im Anschluss an diesen Fall werden
Diagnose und Therapie der Fremdkörper sehr eingehend und übersichtlich
besprochen und die Indikationen für die einzelnen therapeutischen Massnahmen
aufgestellt. Zu den bisherigen Ösophagotomien wegen Fremdkörpern werden
in einer Tabelle acht weitere Fälle aus der Literatur hinzugefügt, so dass
sich ihre Zahl auf 100 erhöht.
Harf f (21) berichtet über fünf Fälle von Fremdkörpern im Ösophagus,
die in der Münchener Poliklinik mittelst des Ösophagoskops diagnostiziert
wurden. Nur im ersten misslang die Extraktion durch das Ösophaguskoprohr
und es mnsste der Fremdkörper durch Ösophagotomie entfernt werden. Dieser
Patient ging nachträglich an septischer Nachblutung zu gründe. Die anderen
Fremdkörper wurden gleich im Anschluss an die Ösophagoskopie entfernt.
Diese Fälle wurden sämtlich geheilt, selbst einer, in dem der Fremdkörper
schon EÜterung hervorgerufen hatte. Viermal handelte es sich um verschluckte
Knochen, einmal um ein Gebiss. Den Schluss der Arbeit bildet eine Tabelle
über alle bis jetzt veröffentlichten Fremdkörper, die durch Ösophagoskop ent-
fernt sind.
436 Jahresbericht für Chirurgie. 11. TeiL
Westermann (65) hebt in diesem Vortrag ebenfalls den Wert der
Ösophagoskopie zur Diagnose von Fremdkörpern hervor.
Er berichtet über einen Fall, wobei er ein Knochenstück mittelst Oeso-
phagotomia externa aus dem gleich über dem Jngnlum gelegenen Teil des
Ösophagus entfernte, und das letal endete infolge einer Blutung aus dem
vom Fremdkörper verwundeten Carotis communis. Diese Blutung trat am
zehnten Tag p. o. auf infolge einer Rotationsbewegung des Kopfes.
Bei der Diskussion bemerkt Prof. Narath, dass in der üniversitäts^
klinik zu Utrecht schon seit 12 Jahren mehrere Male Fremdkörper im Öso-
phagus mittelst dem Ösophagoskop entfernt werden.
Goedhuis (Devent«r).
Ralager opulos (46) hat das gesamte statistische Material über Fremd-
körperösophagotomieen gesanmielt, wobei er noch drei neue Fälle aus der
Münchener chirurgischen Klinik heranzieht und bespricht an der Hand dieses
Materials die Ösophagoskopie und Ösophagotomie. Er kommt zum Schlug
dass man in allen Fällen von Fremdkörpern in der Speiseröhre in ei'ster
Linie das Ösophagoskop anwenden soll. Nur wenn es nicht gelungen ist, auf
diesem Wege den Fremdkörper zu entfernen, soll man zur Ösophagotomie
übergehen.
Hofmeister (23) berichtet über einen Fall von Wanderung eines ver-
schluckten Knochenstückes aus der Speiseröhrenwand. Der Fremdkörper lag
in einem Abszess zwischen Schildknorpel imd Schilddrüse zum Teil hinter dem
Larynz. Eine Verbindung mit der Speiseröhre war nicht nachweisbar. Die
Entfernung des Fremdkörpers brachte volle Heilung. Literaturübersicht über
25 Patienten, bei denen Fremdkörper, die aus der Speiseröhre ausgewandert
waren, entfernt wurden. Dass so selten in diesen Fällen die schweren Aus-
gänge einer Speiseröhrenperforation eintraten, ist nach Hofmeisters An-
sicht darin begründet, dass es sich bei den Fremdkörpern so häufig um
schlanke, spitze Gegenstände handelt, die die Speisenröhrenwand durchstechen
und gestatten, dass die Wundränder sich nach der Durchwandenmg des
Fremdkörpers schnell aneinanderlegen.
Li einem Nachtrag bringt Hofmeister einen zweiten Fall, bei dem
Fremdkörperabszess an der vorderen Wand des Muse, stemocieidomastoideus
sass und sich um eine Gerstenähre entwickelt hatte. Auch hier konnte keine
Verbindung mit dem Ösophagus festgestellt werden.
Hödlmoser (22) vermehrt die seltenen Fälle von Geschwüren im unteren
Teile des Ösophagus um einen neuen. Bei einem seit mehreren Jahren magen-
leidenden Mann hatten sich in letzter Zeit starke Schmerzen in der unteren
Normalgegend und Schlingbeschwerden eingestellt. Die Sondierung ergab das
Fehlen einer nachweisbaren Stenose. Die Magenschmerzen hielten an. Er-
brechen von kaffesatzartigen Massen kam hinzu. Die Untersuchung stellte
Dilatation des Magens und starke Stagnation des Lihalts fest. Unter immer
häufigerem Erbrechen von verändertem Blut und fortschreitender Anämie ging
der Pat. zugrunde. Die Diagnose wurde auf Stenose am Pylorus, wahr-
scheinlich karzinomatöser Natur, gestellt, die Schmerzen als ausstrahlende
Schmerzen aufgefasst. Die Sektion ergab ein Ulcus des untersten Teiles des
Ösophagus, das durch Arrosion zweier kleiner Gefässe den Exitus herbei-
geführt hatte ; in der Nähe des Pylorus im Duodenum bestand ein peptischer
Ulzerationsprozess, der zur Strikturierung des Pylorus geführt hatte. Hödl-
moser nimmt an, dass infolge der Stenose des Pylorus eine Stagnation des
Bitter, Chirurgische Erkrankungen dea Rachens nnd der Speiseröhre. 437
Mageninhalts entstand, die weiterhin durch Hyperazidität des Inhalts, mecha-
nische Insuffizienz der Kardia und häufiges Regurgitieren eine Selbstverdau-
ung des Ösophagus herbeigeführt hat, und dass dieser Fall in die zweite
Gruppe der Kraussschen Einteilung gehört. Er glaubt, dass solche Ver-
hältnisse auch bei plötzlicher Ruptur des Ösophagus ätiologisch berücksich-
tigt werden müssen. Er hält es nicht für ausgeschlossen, dass bei genauer
Beachtung der geschilderten Symptome es gelingen kann, auch bei Lebzeiten
die richtige Diagnose dieser seltenen Erkrankung zu stellen.
Zuppinger (68) bespricht das Gebiet der nicht traumatischen Öso-
phagusperforationen im Kindesalter an der Hand der gesamten Literatur und
einiger eigener Fälle. Ln ganzen gibt es 26 Fälle, die in primäre und
sekundäre unterschieden werden. Zuppinger beobachtete zwei eigene primäre,
bei denen es sich einmal um die Perforation eines gangränösen Geschwürs .
der Speiseröhre (sekundär vom Munde entstanden) nach dem Mediastinum,
das andere Mal um ein peptisches Ösophagus-Ulcus mit schweren Blutungen
nnd Durchbruch handelte. Im ersten Fall hatten offenbar meningitische Er-
scheinungen toxischen Ursprungs die Diagnose einer tuberkulösen Meningitis
veranlasst, im anderen Fall war wegen ausgedehnter eitriger Peritonitis nach
Perforation des Wurmfortsatzes operiert worden. Die Ösophaguserkrankui^;
war, wie leicht erklärlich, nicht diagnostiziert. Von den 22 sekundären Per-
forationen verdanken 16 der Tuberkulose ihre Entstehung, 4 der Tuberkulose
mit Lungengangrän, bei 2 Fällen war einmal wahrscheinlich ein nicht tuber-
kulöser, retroösophagealer Abszess, ein anderes Mal der Druck einer Tracheal-
kanüle. Die Tuberkulose führte 2 mal in Form von Karies der Wirbelsäule,
Imal eitriger Pleuritis und 13 mal Verkäsung von Bronchialdrüsen zur Per-
foration. Zuppinger führt mehrere eigene Beobachtungen dafür selbst an.
Die Diagnose ist in allen Fällen ganz ausserordentlich schwer, was ohne
weiteres erklärlich ist. Der Ausgang ist mit Ausnahme eines einzigen Falles
der Tod. Am ehesten ist therapeutisch noch von chirurgischen Massnahmen
etwas zu hoffen.
Riviere (49) teilt drei Fälle von Durchbruch tuberkulöser Lymphdrüsen
an der Bifurkation der Trachea in den Ösophagus bei Kindern mit. Der
Dnrchbruch wurde stets erst bei der Sektion entdeckt ; im Leben hatten keine
Symptome bestanden, so dass eine Diagnose unmöglich war. Die Kinder hatten
alle ausgedehnte Tuberkulose. Riviere glaubt, dass die Pulsionsdivertikel in
der Höhe der Bifurkation auf solchem Durchbruch beruhen (?).
Y. Hacker (20) teilt eine Methode mit, um das lästige Liegenbleiben
des Fadens bei der Sondierung ohne Ende zu vermeiden. Nachdem eine
Barmseite etwa 10 Minuten in der Striktur gelegen hat, wird eine dünne
Gelatinehülse, in die ein zusammengekrüllter Seidenfaden und das obere Ende
eines Fiscbbeinstabes eingeführt ist, in den Magen hinabgestossen. Nach
ö — 10 Minuten wird der Stab zurückgezogen, nachdem die Gelatine im Magen-
saft gelöst ist. Nun kann man leicht durch Trinkenlassen von Wasser den
Faden aus dem in der Magenfistel liegenden Drainrohr herausspülen. Da diese
Methode immer in der gleichen Weise gelingt, kann man aufs Liegenbleiben
des Fadens verzichten. Was die Abstufung zwischen den aufsteigenden Drain-
nummem betrifft, so zieht v. Hacker zuerst am Faden einen dünnen soliden
Gummizylinder oder ein Drain dünnsten Kalibers in etwas ausgezogenem Zu-
stande nach, dem dann immer stärkere Drains nachfolgen. Um die Abstufung
zwischen dem Faden und dem dünnsten Drain möglichst gering zu machen,
438 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL Teil.
verwendet er einen dünnen Metallkonus, durch dessen zentrales Lumen der
Faden durchgezogen wird. Mit festem Knoten wird der Faden vorm Aus-
gleiten bewahrt. Über den hinteren Teil des Metallkonus wird das Drain
geschoben und durch Faden in einer Rinne des Konus festgebunden.
Seldowitsch (52) behandelte drei Falle von Verätzungsstrikturen
der Speiseröhre mittelst Elektrolyse. Die Dauer jeder einzelnen Sitzung be-
trug 1—4 Minuten, bei einer Stromstärke von 5—6 M. A. Im ersten Falle
gelang die Dilatation in drei Sitzungen von 87» auf 13 mm , im zweiten in
drei Sitzungen von 3^/2 auf 11 mm, im dritten in zwei Sitzungen von 6 auf
10 mm. Der Erfolg war ein dauernder. Ho hl b eck (St. Petersburg).
V. Mosetig-Moorhof (41) berichtet über fünf Fälle von Narbenstnk-
turen der Speiseröhre, in denen durchweg zur Lebensrettung eine Magen-
fistel angelegt werden musste, in einem Falle sogar zweimal. Nachträglich
gelang die Einführung einer dünnsten Darmsaite dreimal, worauf in zwei
Fällen die Bongierung ohne Ende nach v. Hacker angeschlossen wurde.
Zweimal war die Ösophagotomie dazu nötig. Heilung trat insofern in aDen
Fällen ein, als die Kranken die Station mit Speiseröhren verliessen, die für
dicke Bougies durchgängig waren und die Magenfisteln sich durch Narben
geschlossen hatten. Die Gastrostomie wurde stets nach der von Kader
modifizierten Witzeischen Methode ausgeführt, die der Fistel völligen Ab-
schluss giebt, eine Bougiemng gut gestattet und nach Entfernung des Drains
ausnahmslos spontan vernarbt. Den Schluss der Magenfistel führte v. Mosetig-
Moorhof in einem Fall so aus, dass er den Magenmund in der Haut zirkulär
umschnitt, die ganze Länge des Fistelkanals aus dem Narbengewebe ohne
Läsion herauspräparierte und den so entstandenen Hohlzylinder des Fistel-
ganges nach innen umstülpte und durch Tabaksbeutelnaht verschloss. Bauch-
deckennaht. (In ähnlicher Weise hat v. Mosetig-Moorhof eine Blasenfistel
geschlossen.) In zwei Fällen gelang ihm die Sondierung sehr gut mit Bougies,
die mit Quecksilber gefüllt waren. Die Erfolge sind sehr gut zu nennen, za-
mal es sich um sehr schwere Fälle handelte und in einem Fall beim Bougi^en
Mediastinitis posterior sich einstellte, in einem anderen Falle ein periösopha-
gealer Abszess spontan sich entleerte. Aus diesen Erfolgen möchte v. Mosetig-
Moorhof an der Möglichkeit eines impermeablen vollständigen organischen
Verschlusses der Speiseröhre zweifeln.
Damianos (8) demonstrierte in der Gesellschaft der Ärzte in Wien ein
Präparat einer narbigen Stenose des Ösophagus nach Verätzung, an die sieh
infolge von Bougieren ohne Ende eine periösophageale Entzündung ange-
schlossen hatte. Aussetzen der Bougierkur. Besserung. Bougieren nach
Ösophagostomie, besonders mit Sonden, die mit Quecksilber beschwert sind.
Spontaner Schluss der Magenfistel. Völlige Ernährung von oben. Periöso-
phagealer Abszess. Ödem am rechten Arm, Hals und Gesichtshäli'te Hämoptoe.
Die Obduktion ergab: zwei periösophageale Abszesse, durch Fisteln mit dem
Ösophagus verbunden. Fortschreiten der Entzündung an der Vena cava supe-
rior mit Thrombose. Die Ursache der Blutung waren frische Infarkte infolge
von Embolie der Arteria puknonalis.
Lindner (31) bespricht in einem Artikel, der als Vortrag in der Gesell-
schaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden gehalten ist, die chimrgischeD
Massnahmen bei Verengerungen der Speiseröhre. Bei den malignen Stenosen
ist es ihm sehr fraglich, ob von den neueren Versuchen, sich den Brustteil
des Ösophagus und der Kardia freizulegen, viel für die Radikaloperation des
Bitter, Chirurgische Erkrankimgen des RacheDS und der Speiseröhre. 439
Krebses za erwarten ist. Da es nicht nur auf Freilegung, sondern radikale
Operation im Gesunden und nachfolgende Vereinigung der Ösophagusenden
ankommen muss. Jedenfalls ist an eine Radikaloperation zur Zeit nur im
Halsteil zu denken und auch da nur sehr selten. Unter ganz ausserordentlich
zahlreichen Speiseröhrenkrebsen, die Lindner beobachtet hat, hat er nur
dreimal die Möglichkeit gehabt, vom Halse operativ vorzugehen, aber kein
besonderes Glück damit gehabt. Auch bei den von anderer Seite Operierten
hat keiner länger als zwei Jahre gelebt. Bessere Resultate hat Lindner mit
der Gastrostomie und zwar nach Witzel, aber mittelst Längsschnittes im
linken Rectus, besonders wenn sie frühzeitig gemacht. Aber auch hier sind
die Ergebnisse nicht glänzend. Nur ganz vereinzelte Operierte überlebten
das zweite Jahr.
Günstiger sind die Erfolge bei den gutartigen Stenosen. Nach kurzer
Besprechung der unblutigen Methoden, die durch die Ösophagoskopie sehr
gefördert sind, geht Lindner auf die Gastrostomie mit nachfolgender Son-
dierung nach V. Hacker ein. Lindner zieht die Frankscbe Methode, die
er bei den malignen Stenosen verwirft, hier der Witz eischen Fistel vor, da
sie den Zugang zum Mageninnem und die nachfolgende Sondierung sehr er-
leichtert. Mitteilung zweier Fälle, in denen ein sehr gutes Resultat erzielt
wurde. Im letzten Falle musste allerdings noch eine Ösophagostomie zu Hilfe
gezogen werden.
Jungnickel (28) teilt aus dem allgemeinen Krankenhaus in Saaz
einen Fall von postdiphtheritisch doppelter Stenose des Ösophagus mit. Die
erste befand sich 5 cm oberhalb der Bifurkation, die zweite wurde vermutet,
als es einmal gelang durch die obere Struktur mit einer dünnen Magensonde
hindurch auf ein zweites Hindernis 7 — 8 cm unterhalb der Kreuzung zwischen
Speiseröhre und linkem Bronchus zu kommen. Da die erste Stenose sonst
völlig undurchgängig war und die Sondierung starke Schmerzen machte, wurde
die Ösophagotomia externa von Bergmann gemacht. Es fand sich an der
SteUe des Einschnittes die erste Stenose in Gestalt einer queren Narbe des
Ösophagus. Auch die zweite Striktur wird festgestellt und es gelingt, sie nun
zu sondieren. Tamponade der Wunde. Ernährung durch den Mund bei festem
Druck auf den Verband. Weiterhin Bougierkur. Pat. erholt sich sehr xmd
wird geheilt entlassen. Später Exzision der Fistel und Naht.
Jungblut (27) berichtet über einen von Sonnenburg operierten Fall
von doppelter Stenosenbildung im Ösophagus nach Salmiakverätzung. Durch
Sondierung von oben gelingt es die obere Striktur zu überwinden, aber nicht
die untere an der Ejurdia. Daher Gastrostomie in zwei Zeiten und einige
Zeit hindurch Ernährung durch die Magenfistel. Dann wird ein Schrotkorn
durch die untere Striktur in der Weise gebracht, dass das Ende einer Sonde
eingekerbt wird, in der Nähe des Schrotkomes eine kleine Schiinge in dem
Seidenfaden gebildet und nun das Schrotkorn vorgeschoben wird. Beim Zurück-
ziehen der Sonde bleibt das Scbrotkom liegen^ da sich die Schlinge des
Fadens leicht abstreift. Nach einigen Tagen wird das Schrotkorn aus der
Magenfistel gespült und die Strikturen werden nun mit Drains, die alle drei
Tage am Seidenfaden hindurchgezogen werden xmA eine halbe Stunde liegen
bleiben, retrograd erweitert. Pat. wird sehr gebessert mit noch bestehender
Magenfistel entlassen. Bald darauf reisst der oft gewechselte Seidenfaden.
In der Klinik von Hadra bekommt dann Pat. eine am Faden befestigte Schrot-
kugel zu schlucken, die durch einen Magneten aus der Magenfistel heraus-
440 Jahresbericht fttr Cbirargte. IL Teil.
geholt wird. So kann eine regelmässige Sondiening ohne Ende vorgenoxnmeD
werden, die die Erweiterung so fördert, dass Fat. bei Entlassung sich selbst
mit einer dicken Schlnndsonde bongieren kann. Die Magenfistel soll dem-
nächst geschlossen werden.
Seyffarth (57) berichtet über zwei Fälle von Narbenstrikturen des
Ösophagus, die in der chirurgischen Abteilung des Magdeburger Krankenhauses
von Habs retrograd sondiert wurden. Interessant ist besonders der erst«
Fall, der zwei Jahre und vier Monate in Behandlung war und zeigt, wie
man nach vielen Misserfolgen und Rezidiven zu einem guten Resultat
kommen kann. Seyffarth bespricht im einzelnen die grossen Schwierig-
keiten, die in solchen Fällen entstehen können und die Möglichkeit sie za
umgehen. Den Schluss der sorgfältigen Arbeit bildet eine Zusammenstellung
der seltenen bisher in der Literatur bekannten Falle von geglückter wirküch
retrograder Sondierung.
Lotheisen (34) hat auf Grund eines eigenen und aller bisher ver-
öffentlichten Fälle von Ösophagusdivertikeln die Frage geprüft, was
bisher durch die ösophagoskopische Untersuchung erzielt ist und was sich
etwa noch dadurch erreichen lassen wird. Er führt die sämtlichen Fälle mit
genauem ösophagoskopischem Befund an. Bei 14 Fällen war die ösophago-
skopische Untersuchung ohne Erfolg. Bei den Traktionsdivertikeln, die bisher
noch nie im Ösophagoskop gesehen sind, liegt die Bedeutung des Instrumentes
wohl hauptsächlich auf dem Gebiet der Diagnose. Von den Pulsionsdivertikeln
sind die echten Pharynxdivertikel mit dem Kehlkopfspiegel zu sehen. Das
Hauptgebiet des Ösopha^oskops bilden also die Grenzdivertikel und die tief-
sitzenden Divertikel des Ösophagus. Besonders wichtig für die Diagnose eines
Speiserrohrdivertikels ist im ösophagoskopischen Bilde der Nachweis einer
Schwelle, die den Eingang in den Schleimhautsack begrenzt. Die Feststel-
lung der Breite des Divertikelhalses ist nur dann möglich, wenn man die
obere Umrandung des Einganges, die auch für den Sitz des Divertikels
wichtig ist, genau sehen kann. Nächst der Schwelle muss man das Lumen
des Ösophagus zu sehen und eine Sonde in ihn zu führen suchen. Fär
die Therapie ist die Ösophagoskopie wichtig, insofern sie die Sondierung
und damit genügende Ernährung ermöglichen kann, wenn die Sondierung
ohne das Instrument stets misslungen ist. Femer kann die Besichtigung
ergeben, dass die Verengerung unterhalb des Divertikels so stark ist,
dass gleich zur Gastrostomie und Sondierung ohne Ende geschritten werden
muss. Für Entlastung und Auswaschung des Divertikels leistet nach Loth-
eisen die weiche Magensonde dieselben Dienste, wie das Ösophagoskop.
Dagegen kann man mit Hülfe des Ösophagoskops die Faradisation sehr gut
ausführen, besser wie ohne das Listrument. Zum Schlüsse bringt Lotheisen
einige Vorschläge zur Vermeidung des Schleimes und der unangenehmen Falten-
bildungen. Für letztere hat er einen eigenen Divertikeltubus anfertigen lassen
(Leiter- Wien), den er empfiehlt
Die Lehre von der Entstehung der Traktionsdivertikel des Ösophagus
hat bekanntlich seit v. Zenker eigentlich nur wenig Änderungen erfahren,
bis Ribbert in neuerer Zeit die Zenker sehe Anschauung sehr angriff und
einen kongenitalen Ursprung der Divertikel als das wahrscheinlichste hinstellte.
Dieser neuen Auffassung tritt nunRiebold (48) auf Grund sehr eingehender
mikroskopischer Untersuchungen in Serienschnitten von 35 Traktionsdiver-
tikeln aus dem i)athologischen Institut in Dresden — Friedrichstadt (Schmorl)
Ritter, Chirurgische Erkrankangen des Rachens und der Speiseröhre. 441
«ntgegen. Er konnte nachweisen, dass für die weitaus meisten Fälle chronische
Entzündung der Bronchialdrüsen, wie sie sich bei Anthrakosis, Chalikosis und
Siderosis finden, als ätiologisches Moment in Betracht kommen. Der Staub
verursacht dabei nicht an sich die chronischen Entzündungen, sondern schafft
eine Disposition für chronische indurative Prozesse. Neben der reinen Anthra-
cosis kommt Anthrakosis und Tuberkulose vor, nur für drei fand er allein
chronische Tuberkulose. Ausserdem waren akutere Erweichungs- und Eite-
nmgsYorgänge und Entzündungen an Organen, die dem Ösophagus benachbart
sind, vorhanden. Die Pathogenese lässt sich daher am ungezwungensten im
Sinne der alten v. Zenker sehen Lehre erklären. Gegen Ribbert führt
Biebold eine Beihe sehr gewichtiger Gründe und Befunde an und entkräftet
auf Grund seiner Untersuchungen die von Ribbert gegen die v. Zenk ersehe
Auffassung gemachten Einwände. Nur für ganz ausserordentlich seltene Fälle
lässt sich die y. Zenker sehe Lehre nicht verwerten und hier ist die An-
nahme einer kongenitalen Anlage im Ribber tschen Sinne g^rechtfertigt.
Zum Schlüsse werden noch die Traktions-Pulsionsdivertikel und Pulsions-
Divertikel und zwei besondere Formen an der Hand von 11 makroskopischen
Präparaten besprochen.
Mintz (40) beschreibt einen Fall von tiefsitzendem Divertikel der Speise-
röhre, einer Erkrankung, wie er sie vor 10 Jahren zuerst beschrieben hat.
Die Krankheit dauerte 20 Monate und führte, da der Patient eine Operation
verweigerte, infolge der ungenügenden Ernährung zum Tode. Das Hinder-
nis für die Sonde sass in diesem Fall ungewöhnlich tief, 46 cm von den
Schneidezähnen entfernt. Trotz fünfmonatlicher Beobachtung gelang es
Mintz niemals, mit der Sonde in den Magen zu gelangen. Die verschie-
denen diagnostischen Untersuchungen werden eingehend mitgeteilt. Die
Röntgenphotographie liess mit Sicherheit eine spindelförmige Erweiterung
ansschiiessen. Betreffs der Ätiologie verwirft Mintz mit gutem Grund die
Pleinersche Auffaffung einer Art Vormagen, muss aber die Frage, ob eine
narbige Verengerung nach Ulcus oesophagi resp. cardiae oder beginnendes
Karzinom vorliegt, offen lassen, da keine Sektion gemacht ist. Zum Schluss
werden die gemeinsamen und speziellen objektiven Symptome der tiefsitzenden
Divertikel aufgezählt.
Schüssler (55) berichtet über einen Fall von Pulsionsdivertikel, das im
Anschloss an ein Ulcus pepticum des Ösophagus entstanden war und das er
seit 18 Jahren dauernd in Beobachtung gehabt hat. Der Patient, der jetzt
74 Jahre alt ist, war vor 21 Jahren so heruntergekommen, dass der Exitus
bevorzustehen schien, erholte sich aber durch eine Milchdiät ganz langsam.
Vor 18 Jahren wurde er dann drei Wochen vom Verfasser systematisch son-
diert, und zwar mit dem Erfolg, dass er seitdem wie ein Gesunder essen und
trinken kaim und in bestem Wohlsein einem schweren Beruf nachgeht. Trotz-
dem ist das Divertikel um das Dreifache gewachsen. Schüssler schildert
sehr anschaulich die grosse Virtuosität des Patienten in der Behandlung seines
Divertikels.
Starck, der durch seine zahlreichen Arbeiten über die Divertikel der
Speiseröhre bekannte Autor, hat in diesem Jahre wiederholt über seine Er-
fahrungen über die diffuse Erweiterung der Speiseröhre berichtet. In
der deutschen Praxis und in einer kleinen selbständig erschienenen Schrift (61)
bespricht er das ganze Gebiet. Er bringt zunächst die ausführliche Kranken-
geschichte eines interessanten, sehr typischen Falls, bei dem er die Diagnose
442 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
mit Anamnese und einfachen Untersnchnngsmeihoden, die auch jedem prak-
tischen Arzte zur Verfügung stehen, stellen konnte:
Ein bisher gesunder Mann bekommt, unschuldig verhaftet, beim ersten
Bissen seiner Gefangniskost plötzlich eine Schluckstörung im Speiseröhreneiih
gang, die 37 Tage wechselnd anhält. Am ersten Freiheitstage befallt ihn
bei schwerer Arbeit plötzlich ein krampfartiger Schmerz im Mageneingang.
Dieser Anfall wiederholt sich seitdem in Zwischenräumen von 3 — 25 Tagen.
Die Schluckstörung im Ösophaguseingang verschwindet für ein Jahr, tritt
dann aber wie vordem wieder auf. ^/i Jahr nach dem ersten Krampf stellt
sich Regurgitieren von kleinen Speisepartikelchen, später von grösseren Mengen
ein. Der Ernährungszustand bleibt fast VI2 Jahr gut, erst in den letzten
Wochen, in denen wiederholt die ganze Mahlzeit regurgitiert wird, tritt ei^
heblicher Gewichtsverlust ein. Mit dem weichen Magenschlauch findet sich
beim Speiseröhreneingang ein leichtes, beim Ausgang ein stärkeres HindemiB,
das aber durch geringen Druck fast stets überwunden werden kann. Durch
die Untersuchung des Inhalts konnte Starck mit Sicherheit nachweisen, dass
zwei getrennte Jlohlräume, der eine der Speiseröhre angehörig, der and^e
dem Magen, vorhanden waren. Dass der erweiterte Raum die Speiseröhre
war, stellte Starck durch eine sehr einfache Methode fest: Man füllt durch
den Magenschlauch den Magen mit Wasser und lässt den Patienten eine
schwache Methylenblaulösung bei eingeführtem Schlauch trinken. Die Aus-
heberungsflüssigkeit ist nun, solange das Wasser aus dem Magen ausläuft,
klar, bei Zurückziehen des Schlauches in die Speiseröhre blau. Nach Behand-
lung mit Bromkali und abendlicher Ausheberung haben die Krämpfe auf*
gehört und es wird nur spärlich regurgitiert.
Im Anschluss daran bespricht Starck die Ätiologie, Symptomatik, Dia-
gnose, Prognose und Therapie. Es gibt wohl verschiedene Formen von difiFosen
Dilatationen, aber wahrscheinlich sind nur die ersten Symptome der einzelnen
Formen verschieden. Die ausgebildete Dilatation verläuft für alle Fälle wohl
gleichartig. Er unterscheidet dabei ein Prodromalstadium, das sich fast
immer in krampfartigen Anfällen oder mehr als unbestimmte Magenbeschwerden
äussert, und ein Dilatationsstadium, bei dem die Regurgitation das hervor*
stechendste Zeichen ist. Es ist kein Erbrechen, sondern eher ein Ausschütten
der Speiseröhre. Bei der Diagnose halt er wenig von der Auskultation und
Perkussion und von der Röntgendurchleuchtung, die beide keine eindeutige
Ergebnisse liefern. Mit guter Anamnese, mit weichem Magenschlauch und
Divertikelsonde, mit chemischer Untersuchung ,des getrennt aus Magen und
Speiseröhre Ausgeheberten und dem angeführten einfachen Verfahren mit
Methylenblaulösung kommt man leicht und sicher zum Ziel. Die beste ünter-
suchungsmethode ist natürlich die Ösophagoskopie, aber nicht unbedingt not*
wendig. Eine wirkliche Heilung ist meist nicht möglich. Eine kausale Therapie
ist nur bei der spasmogenen Form möglich. Narkotika, Sondenbehandlung,
Olivenöl und warme Wassereingiessungen sind am Platze. Bei der atonische&
oder paralytischen Form ist von prophylaktischer Therapie nicht viel zu er-
warten, da wir die Ursache nicht kennen. Sind schon Symptome der Er-
weiterung vorhanden, so muss eine Steigerung der Dilatation und das Ent-
stehen von Entzündung verhütet werden. Hier sind Sondierung, tonisierende
Reize und Ausheberung am Platze. Geht die Ernährung zurück, ist Schlund*
sondenemährung einzuleiten, als operatives Verfahren kommt nur die Gastro*
stomie in Betracht.
Bitter, Ghirurgifiche Erkrankaogen des Rachens und der Speiseröhre. 443
Als Ursachen für die sogenannte spindelförmige Ösophagusdilatation der
Speiseröhre ohne anatomische Stenose sind bisher angegeben:
1. Primäre Entzündung der Schleimhaut und Muskulatur,
2. Spasmus der Gardia,
3. Atonie der Muskulatur,
4. Abnormität in der Entwickelung der Speiseröhre und eine grosse Zahl
Yon Gelegenheitsursachen.
Starck (60) weist im einzelnen nach, dass weder die Sektionsbefunde
noch die klinischen Erscheinungen oder die klinischen Untersuchungsmethoden
(die Sondienmgsbefunde oder die Ösophagoskopie) zur Beurteilung heran-
gezogen werden dürfen. Nur soviel kann man sagen, dass die durch eine
Sektion festgestellte Muskelhypertrophie eine primäre Atonie ausschliessen
lässt. Studieren kann man die Ätiologie allein am Prodromalstadium der
Dilatation. Aber selten bietet sich Gelegenheit in diesem Stadium zu unter-
suchen. Dann kann man mit Anamnese, den klinischen Symptomen, Sondie-
nmg und Ösophagoskopie feststellen, ob Spasmus oder Atonie vorliegt. Ist
die Dilatation bereits ausgebOdet, dann ist man lediglich auf Berücksichti-
gimg der näheren Umstände, unter denen die ersten Erscheinungen auf-
getreten sind, angewiesen. Aber hier sind nur die Anzeichen für Spasmus
zu verwerten. Die Diagnose auf Atonie kann man nicht sicher ohne Unter-
suchungsbefund sicher stellen. Als Beispiel, wie gut sich auch noch nach-
tragUch bei schon ausgebildeter Dilatation die Ätiologie lediglich ans der
Anamnese nachweisen lässt, wird der oben erwähnte Fall mitgeteilt, dessen
Ursache ein Kardiakrampf auf psychischer Basis war. Starck hält diese
spastische Form der nicht anatomischen Dilatationen für die einzig sicher-
gestellte und schlägt den Namen Spasmogene diffuse Ösophagusdilatation vor.
Wie im einzebien dieser Spasmus auf nervöser Basis zustande kommt, lässt
sich zur Zeit nicht sagen.
Auf ähnlichem Standpunkt steht Lossen (32), der auf Grund der Lite-
ratur und an der Hand von fünf Krankengeschichten aus der Königsberger
medizinischen Klinik die idiopathische Erweiterung des Ösophagus sehr ein-
gehend bespricht. Lossen konnte in allen Fällen einen Kardiospasmus auf
nervöser Basis nachweisen, alle anderen Ursachen waren auszuschliessen. Nur
in einem Fall war der Kardiospasmus möglicherweise durch eine chronische
Ösophagitis mit begünstigt. Lossen geht dann sehr ausführlich auf das klinische
Bild der Erkrankung ein, bespricht die einzelnen Untersuchungsmethoden und
ihre Schwierigkeiten, wie ihren Wert für die Diagnose. Er weist dabei der
Ösophagoskopie nur eine untergeordnete Rolle zu, da sie dem praktischen Arzte
meist nicht zur Verfügung steht und zur Sicherung der Diagnose nicht unbedingt
notwendig ist. Grosse Bedeutung misst er dem Röntgenverfahren bei. Er schil-
dert den Befund bei Durchleuchtung, halt aber die Photographie für sicherer.
Ihr Wert wird durch vier gute Bilder veranschaulicht. Empfohlen wird dabei :
Rückenlage des Patienten und zwar in Fechterstellung, eine Mischung von
Kartoffelbrei und Bismut. subnitr. und intensive Beleuchtung. Die Prognose
ist ungünstig, doch sind viele leichtere Fälle in neuerer Zeit bekannt geworden,
die erhebUch gebessert wurden. Bei der Behandlung hatte Lossen relativ
guten Erfolg mit ausschliesslicher Sondenernährung nach Fl ein er, in einem
Fall gab er zur Erleichterung des Schlingakts vor jeder Mahlzeit einen Ess-
löffel Ohvenöl. Doch ist mit der Gastrostomie nicht zu lange zu warten,
venn die Ernährung ungenügend wird.
4M Jahresbericht far Chinirgie. II. Teil.
Lock wood (32) teilt einen Fall von sogen, idiopathischer Erweitenii^
des Ösophagus mit, der schon von Swain (Med. Jonrn. 1901, p. 1453) ver-
öffentlicht, aber nicht geheilt war. Lockwood nimmt einen nervösen Ur-
sprung des Leidens an. Er erzielte völlige Heilung der schweren Symptome
durch eine Dehnkur des Ösophagus in seinem untersten Teil mittelst mes
mit Luft aufgeblasenen kleinen Ballons.
Demoulin berichtet in aller Ausführlichkeit über die Operations-
methode Faures (15und 16), um intrathorakale Ösophagus-Earzinome
zu resezieren und an eitrige Mediastinitis und tiefsitzende Fremdkörper im
Ösophagus heranzukonmien. Faure operierte zwei Fälle von Ösophagus-
Karzinom. Er hat selbst an verschiedenen Stellen darüber berichtet. Zunächst
macht er eine Ösophagotomie am vorderen Rande des Eopfnickers, schneidet
dann den Ösophagus durch und unterbindet den Stumpf. Daranf werden
die Rippen reseziert; er legt dabei besonderen Wert auf einen genügend
grossen Zugang, der nur durcli Resektion auch der 1. Rippe zu ermöglichen
ist. Er reseziert im allgemeinen rechts die vertebralen Enden der sechs
ersten Rippen bis zur Axillarlinie. Dann wird der Ösophagus herauspräpariert
und das durchschnittene Stück heruntergeholt. Es folgt Durchschneiden des
Ösophagus unterhalb des Tumors von neuem. Die beiden so operierten
Kranken gingen bald nach der Operation zugrunde. Sie hatten keinen Shock,
keine Blutung gehabt. Sie hatten sehr schnellen Puls, keine Temperatur-
erhöhung. Den ausführlich wiedergegebenen Krankengeschichten folgt eine
Übersicht über die Anläufe anderer Autoren zu dem operativen Vorgehen
Faures, dessen Idee zum Scbluss ausserordentlich gefeiert wird.
Tuffier (64) berichtet in der Diskussion über drei Fälle. Einmal gab
er die Operation, nachdem er vom linken Mediastinum durch Resektion zweier
Rippen in der Tiefe den Tumor nahe der Kardia gefühlt hatte, auf und
machte Gastrostomie. Ln zweiten Fall machte er vom hinteren linken
Mediastinum her die Ösophagotomie und führte eine Sonde unterhalb der
krebsigen Stenose ein. Exitus. Im dritten Fall wurde wegen narbiger Ste-
nose nach vorangegangener Gastrostomie die transpleurale Ösophagotomie von
links vorgenommen und ein Schlundrohr von der Nase durch die Stenose
in den Magen geführt. Die interessanten Einzelheiten der Operation mü^en
im Original nachgelesen werden. Tuffier bespricht dann die mizehm
Wege, um an den Ösophagus heranzukommen. Über den vorderen oder
sternalen hat er keine Erfahrung. An der Leiche gibt er einen sehr guten
Zugang. Den abdominalen Weg nach Kell in g hält er für wenig geeignet,
da man an den Ösophagus schlecht herankommt. Der mediastinale Weg hat
den Hauptvorteil, dass die Pleura nicht verletzt wird, doch ist das irrelevant
denn von sechs Fällen , in denen die besten Chirurgen operierten , wurde in
vier Fällen die Pleura perforiert. Die Schwierigkeiten, die dieser Weg bietet,
sind für den oberen Teil des thorakalen Ösophagus durch die Methode Faures,
durch seine Resektion auch der ersten Rippe gut überwunden, für den unteren
Teil ist sie aber ungenügend. Hier hält er den transpleuralen Weg trotz der
Gefahren der Eröffnung der Pleuren, die man zum Teil beseitigen kann,
wegen der grossen Übersicht, die er gewährt, für die beste Methode, die er
dann eingehend schildert.
Mandel berg (36) beschreibt einen von Schalita operierten Fall von
Karzinom des Halsteiles der Speiseröhre. Beim 55-jährigen P. bestanden die
Schluckbeschwerden zwei Jahre. Die Sonde stiess 15 cm hinter der Zahnreihe
Ritter, CbirargiBche Erkrankungen des Rachens und der Speiseröhre. 445
auf ein Hindernis. Es wnrde zuerst eine Ösophagusfistel angelegt (Schnitt
am vorderen Rande des linken Stemokleido, 8 cm lang) um die Kräfte des P.
ZQ sehen. Nach einen Monat wurde ein 5 cm langes Stück des erkrankten
oberen Teiles des Ösophagus reseziert. Der Defekt der hinteren Wand des
Ösophagus wurde sofort durch einen gestielten Hautlappen vom Halse her
gedeckt. In zwei weiteren Sitzungen wurde die Plastik vollendet, so dass
die Kontinuität der Speiseröhre wieder hergestellt war. Heilung bis auf eine
kleine Fistel. P. kann alles schlucken. Ho hl b eck (St. Petersburg).
Prat (45) beschreibt die Präparate eines Patienten, bei dem zu Leb-
zeiten wegen zunehmender Schluckbeschwerden und Stimmlosigkeit , zirkula-
torischer Störungen an den Extremitäten und des Röntgenbildes die Diagnose
auf Aneurysma der Aorta gestellt war. Die hochgradige Kachexie hätte
allerdings eigentlich schon zur Vorsicht mahnen sollen. Er starb noch am
selben Tag nach einer unter Kokain vorgenommenen Gastroenterostomie. Bei
der Autopsie fand sich ein stark stenosierendes Karzinom des Ösophagus in
der Höhe des Aortenbogens, das dort, wo es mit der Aorta verbacken war,
tief ulzeriert war. Die Aorta zeigte hier starke Endarteriitis mit Erweichung.
Die Wand der Trachea war so zerstört, dass nur die Schleimhaut Speise-
imd Luftröhre trennte. Der Schatten des Röntgenbildes war kein Aorten-
aneurysma, sondern durch mediastinale peribronchiale karzinomatöse und
anthrakotische Lymphdrüsentumoren bedingt. Die zirkulatorischen Verände-
rungen beruhten wohl auf hochgradiger Endarteriitis der Gefässe.
Wolf (67) bringt zwei Fälle, in denen schwere Spondylitis deformans
und Ösophaguskarzinom zusammentrafen. In einem Anhang werden noch
drei Fälle ganz kurz hinzugefügt. Verf. glaubt an einen Zusammenhang
zwischen beiden Erkrankungen : Die Spondylitis hat dadurch zum Ösophagus-
karzinom geführt, dass beim Schlingakt jedesmal ein Reiz auf die Wand der
Speiseröhre ausgeübt wird. Die Wahrscheinlichkeit dieses Vorganges wird
auch nach genauer Durchsicht des Sektionsprotokolls nicht gerade sehr
zwingend und Verf. gesteht selbst, dass sich die Annahme eines zufalligen
Zusammentreffens beider Zustände nicht mit Sicherheit ausschliessen lässt.
Persönlich muss ich, da ich vom Verf. mit unter den Anhängern der Reiz-
iheorie aufgeführt bin, bemerken, dass ich seit langem daran nicht mehr
glaube, und auch meine damalige Arbeit über die Traktionsdivertikel als
Ursache der Ösophaguskrebse, die ich als Cand. med. ohne viel eigenes Zutun
machen durfte, heute ganz anders auffasse.
P^tit (44) zeigte in der anatomischen Gesellschaft zu Paris die Speise-
röhre eines Rindes, deren Schleimhaut in ihrer ganzen Ausdehnung mit so
mächtigen und dichten papillomatösen Wucherungen bedeckt war, dass höch-
stens flüssige Nahrung und auch sie nur nach schwieriger Filtration den Weg
zum Pansen gefunden haben kann. Geringfügige papilläre Wucherungen bei
Rindern sind häufig, ein solcher fast vollkommener Verschluss ist bisher nicht
beobachtet.
446 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL Teil.
VI.
Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien.
Referent: C. Bötticlier, Giessen.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Kehlkopf.
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5. deCortos, Laringectomie totale per tumore maligne. Esito felice a lunga olistana.
R. Accad. dei fisiocritici in Siena 1908. Nr. 8 und 4.
6. — Laringectomie totale per tumore maligne. Riforma medica 1908. Nr. 28.
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Bötticher, Kehlkopf, Luftröhre and Bronchien. 447
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Operation (Thyrotomie). British med. Journal 1903. Oct. 31.
Dollinger (9a) operierte einen 51jährigen Mann mit karzinomatösem
Geschwür des linken Stimmbandes, doch ohne jedwede Drüsenmetastase,
folgendermassen:
unter Lokalanästhesie wurde mittelst eines p-formigen Schnittes auf
die linke Schildknorpelhälfte vorgedrungen und letztere ohne Eröffnung des
Schlundes exstirpiert. Nun bildete Dollinger einen gestielten Hautlappen
aus der linken Halsseite, bedeckte damit den Defekt und sicherte die zur
Anheilung des Lappens nötige Ruhe durch tiefe Tracheotomie. Am 9. Tage
Entfernung der Kanüle, 6 Wochen nach der Operation Durchschneiden des
Lappens und Naht an der Umbiegungsstelle.
Kaum 8 Wochen nach der Operation wird der Kranke geheilt entlassen ;
er nahm in letzter Zeit an Gewicht zu und spricht mit Hilfe des gebliebenen
rechten Stimmbandes wenn auch heiser, so doch vernehmlich.
J. Dollinger (Budapest).
Cerardo (4) beschreibt einen Fall von weiter Wunde des Ductus
laryngo-trachealis, der ohne Tracheotomie per primam heilte. R. Giani.
Thomson (34) behandelt in seiner Arbeit folgende Fragen:
1. Paraffininjektionen bei Deformität der Nase. Thomson
benutzt die Ecksteinsche Methode mit Hartparaffin (60^ C Schmelzpunkt).
Als Spritze dient eine Antitoxinspritze mit Gummimantel. Ausserdem be-
schreibt er eine Spritze von WalkerDownie, welche auf elektrischem Wege
erhitzt wird. Verschiedene Photogramme illustrieren seine Erfolge.
448 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
2. Maligne Erkrankungen des Ösophagus. Thomson besprichi
die Schwierigkeit der Frühdiagnose und macht besonders auf folgende, weniger
bekannte Symptome aufmerksam: Rekurrenslähmungen und YergrösserungcQ
der Ceryikaldrüsen; das Bougie will er nur zur Bestätigung der Diagnoce
benutzt haben, niemals zur Behandlung.
3. Die Funktionen der Epiglottis. Nach Thomson spielt die
Epiglottis beim Schluckakt eine passive Rolle, ihre Bewegungen hängen von
denen der Zunge ab. Die wichtigste Funktion sei die, den Schleim und
andere Flüssigkeiten, die vom Munde, Nase, Pharynx kommen, aufzufangen
und in die Fossae pyriformes zu leiten, welche sie dann in den Ösophagus
weiterbefördem.
Sandholm (33) beschreibt ein angeborenes Diaphragma im Larynz. Die
Membran war ziemlich dflnn, wodurch eine endolaryngeale Operation ausführbar war. Die
Operation wurde teils mit dem Messer, teils mit Franke Is Zange ausgeführt. Der FsU
stimmt mit P. B r u n s Beschreibung von derartigen kongenitalen Missbildnngen überein.
Hj. y. Bonsdorff (Helsingfors).
Rosenberg (28) teilt seine Beobachtungen über Pachydermie
und weisse Geschwülste des Kehlkopfs mit. Er hat u. a. mehrfach
festgestellt, dass die pachydermischen Wülste und dementsprechend auch (üe
Dellen sich nicht stets in der Gegend des Processus vocalis vorfinden; auch
an anderen Stellen des freien Stimmbandrandes kann sich der Wulst bildea
— Abgesehen von dieser Verschiedenheit der Lokalisation der Wülste und
Dellen gebe es eine weitere Varietät der Pachydermie : man finde bisweilen
eine schneeweisse, mehr glatte oder am Rande gezackte, derbe, festanhaftende
Auflagerung auf einem Stimmbande, seltener auf beiden Stimmbändern. In
solchen Fällen komme die Frage des Karzinoms kaum in Betracht. —
Neben dieser mehr diffusen Form trete die Pachydermie aber auch in einer
mehr zirkumskripten Weise auf; wie ein weisser Dom springe sie ans
der roten Schleimhaut hervor. Diese Form werde oft fälschlich als ^^Mykose*
aufgefasst; das Wesentliche an der Erkrankung sei aber die sogenannte „Hyper-
keratosen Siebenmanns. — Diese weissen geschwulstartigen Geschwülste
können nach Rosenberg, wenngleich sie immer an die Möglichkeit eines
Karzinoms denken lassen müssen, trotzdem einen gutartigen Charakter haben.
Rosenberg teilt einen von ihm beobachteten, einschlägigen Fall mit.
Lämmer hirt (25) berichtet über drei Kinder, die an multiplen
Larynzpapillomen litten. Die Affektion sei nicht nur sehr selten —
innerhalb von 10 Jahren wurden in der Leipziger Universitätskinderklinik
trotz eines sehr umfangreichen Materials nur jene drei Fälle beobachtet, —
sondern biete auch hinsichtlich der Diagnose und Prognose, hinsichtlich der
Therapie und vor allem des Dauererfolgs erhebliche Schwierigkeiten. Die
Kranken- und Operationsgeschichten werden ausführlich mitgeteilt. Zwei der
Kinder wurden geheilt, das dritte Kind, dessen Eltern sich nicht zu einer
Operation entschliessen konnten, ging an einer Pneumonie, bezw. an der durch
Scharlach gesetzten Allgemeininfektion zugrunde.
Lämmerhirt rät, sich trotz des jugendlichen Alters der Patienten
nicht mit einer symptomatischen, exspektativen Therapie zu begnügen, son-
dern möglichst früh zu operieren (Laryngofissur, Abtragung der Papillome).
Derartige Kinder seien bei allen akuten Infektionskrankheiten stets einer
grösseren Gefahr ausgesetzt als andere gesunde Kinder. Ausserdem sei die
Gefahr einer radikalen Operation mit Eröffnung des Larynx keine grosse, ihr
Bötticher, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien. 449
Erfolg aber — wenn auch bisweilen erst nach vieler Mühe erreichbar — ein
durchaus befriedigender.
Chormshitzky (3) publiziert seine Wahrnehmungen in einem Fall
von Cornu laryngeum. Es handelte sich um eine erbsengrosse , weiss-
liehe, exquisit harte, zackige Geschwulst, die oberhalb des einen Stimmbandes
sass und mit der kalten Schlinge entfernt wurde. Bei der mikroskopischen
Untersuchung der Geschwulst Hessen sich fünf Schichten an ihr unterscheiden:
Bindegewebsschicht, Riffzellenschicht, Übergangsschicht, Stratum luciolum,
Homschicbt.
Gerling und Hueter (13) beobachteten einen Fall von lokaler
Amyloidbildung im Larynx. 63jähriger Mann, schon seit vier Jahren
heiser; wegen Atemnot schliesslich Tracheotomie. Drei Wochen später La-
ryngofissur; dabei fand man zwei grosse, wenig höckerige Wülste, die den
Wänden des Kehlkopfs dicht unter der Glottis breitspurig aufsassen. Ab-
tragung der Tumoren mit dem scharfen Löffel. — Die mikroskopische Unter-
suchung liess erkennen, dass die Tumoren im wesentlichen aus amyloiden
Schollen bestanden, zwischen denen sich ein zellreiches Gewebe mit sehr zahl-
reichen Blutkapillaren befand.
Y. Bruns (1) hat aus dem Innern des Kehlkopfs und der Luft-
rohre eine Kropfgescbwulst entfernt und damit die Zahl der bisher
beobachteten Fälle auf 11 erhöht. Der Operateur ist der Ansicht, dass die
genannte Affektion trotz der relativ kleinen Zahl von Beobachtungen keine
so grosse Rarität darstelle, dass sie nur nicht immer richtig erkannt werde.
Das klinische Bild sei dabei aber doch stets ein sehr prägnantes. Man müsse
mit grösster Wahrscheinlichkeit die Diagnose auf intratracheale Struma
stellen, wenn bei einem sonst ganz gesunden Lidividuum namentlich jüngeren
Alters (lö— 40 Jahre) eine allmählich zunehmende Dyspnoe sich einstelle, als
deren Ursache ein subglottischer, flacher, walzenförmiger, glatter Tumor der
Hinter- oder Seitenwand angetroffen wird. — Die Erklärung für das Vor-
kommen von Schilddrüsengewebe im Innern des Kehlkopfs und der Luftröhre
sieht V. Bruns darin, dass — wie Paltauf nachgewiesen hat — normales
Schilddrüsengewebe in das Innere des Larynx und der Trachea eindringen
kami und zwar durch die Interstitialmembranen mit völliger Erhaltung der
Knorpelringe.
Die Prognose der intratrachealen und intralaryngealen Strumen hänge
davon ab, ob der Sitz und Umfang des Ej'opfes Trachealstenose bedinge oder
nicht; im letzteren Falle können alle Erscheinungen fehlen. — Auch die intra-
tracheale Struma kann sich in eine maligne Struma umwandeln.
Die Therapie könne bei vorhandener Stenose nur in der Exstirpation
mittelst Laryngo-Tracheotomie bestehen; bei kleinem Tumor lasse sich durch
Darreichung von Schilddrüsentabletten eine Verkleinerung der Struma er-
hoffen. — Vor endolaryngealen und endotrachealen Operationsversuchen warnt
V. Bruns eindringlichst.
Wiesinger (36) spricht an der Hand eines Präparates über Lupus
des Kehlkopfs. Ob derselbe primär vorkomme, sei noch nicht festgestellt.
Neben Lupus könne gleichzeitig Karzinom oder Syphilis bestehen. Relativ
leicht sei die Diagnose, wenn wie in dem Wie singe r sehen Falle noch ander-
weitige lupöse Erkrankungen bei demselben Kranken bestehen. — Lupus sei
zwar nur eine Abart der Tuberkulose, Lupus des Kehlkopfs unterscheide sich
klinisch aber sehr wesentlich von Tuberkulose des Kehlkopfs, teils durch den
J«liresb«rioht fflr Chirurgie 1908. 29
450 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
exquisit langsamen, meist über viele Jahre sich erstreckenden Verlauf, teils
durch die viel grössere Neigung zur Vernarbung; bei Tuberkulose herrsche
mehr Zerfall vor. Schliesslich bevorzuge Lupus den Eehlkopfeingang, wahr^d
die Tuberkulose sich mit Vorliebe an den Stimmbändern, den Ligg. arythae-
noidea und der hinteren inneren Wand des Kehlkopfs etabliere.
Neufeld (27) berichtet über zwei Fälle von tuberkulösen Kehlkopf-
tumoren, die insofern Interesse beanspruchen können, als es sich in dem
einen vermutlich um primäre Larynxtuberkulose handelt, in dem anderen
Falle bei bestehender Lungentuberkulose die Geschwulst vom Stimmbande
ihren Ausgang nahm. In beiden Fällen endolaryngealer Eingriff: mög-
lichst totale Entfernung der Greschwulst mit der schneidenden Zange.
Zu dem schwereren Eingriff der Laryngofissur werde man nur dann
schreiten müssen, wenn der Tumor so gross sei, dass er Stenoseerscheinung^
mache, oder so ungünstig sitze, dass er endolaryngeal nicht radikal entfernt
werden könne.
In Fällen von vorgeschrittener Lungenphthise sei von einem operativeD
Eingriff abzusehen. Überhaupt sei der Zustand der Lunge entscheidend tär
die prognostische Beurteilung der Fälle.
Kronenberg (24) kommt in seiner Arbeit über die Behandlung
der Kehl köpf tuberkulöse zu folgenden Schlussfolgerungen:
1. Eine chirurgische Behandlung der Kehlkopftuberkulose ist überall
da am Platze, wo bei gutem Allgemeinzustande die tuberkulösen Herde mit
Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit zu entfernen sind. Die Laryngotomie ist
zu diesem Zwecke nur in Ausnahmefallen gestattet. Die Normalmethode ist
die Operation vom Munde aus.
2. Ist eine völlige Entfernung nicht möglich, so sollte nur zur Beseitigong
bedrohlicher Komplikationen operiert werden oder zur Elimination dessen»
was anderen therapeutischen Methoden direkt hinderlich ist.
3. Keines der empfohlenen Ätzmittel hat spezifische Wirkung. Das
bisher beste derartige Mittel ist die Galvanokaustik.
4. Unsere wichtigste Aufgabe bei der Behandlung der Larynzphthise
ist die Anstrebung der Spontanheilung. Das wertvollste Mittel hierzu ist,,
so lange es kein spezifisches Heilmittel gegen Tuberkulose gibt, eine so^
faltig durchgeführte Allgemeinbehandlung, besonders auf dem Boden der
physikalisch diätetischen Heilmethoden. —
Dempscy (9) beobachtete einen Eall von hasehiussgrosser Geschwulst
(Karzinom) des 1. Stimmbandes; der Tumor wurde mitsamt dem Stimnh
band und der Umgebung durch Thyrotomie entfernt. Heilung. Der Mann
spricht zur Zeit der Vorstellung mit heiserer, aber leidlich lauter Stimme.
Die Geschwulst war zuerst als Papillom angesprochen worden.
De Gortes (6) nahm in einem Falle die totale Laryngektomie weg«i
Krebses vor; der Ausgang war (nach Verlauf von 2 Jahren) ein glücklicher.
Die Geschwulst war von ihrem ersten Auftreten bis zu ihrer ExstirpatioD
auf das eigentliche Stimmband beschränkt geblieben; deshalb kam es während
und nach der Behandlung zu keiner Infiltration in die Drüsen der benach-
barten Gebiete. R. Giani.
De Cortes (5) beschreibt zunächst den Verlauf der mit dem Kehlkopf
in Beziehung stehenden Lymphgefässe um das Auftreten oder die Wieder-
holung von malignen Tumoren in den Lymphdrüsen zu erklären und berichtet
Botticher, Kehlkopf, Lnftröhre und BroDchien. 451
dann über einen klinischen Fall von Larynxkrebs, den er mittelst der totalen
Laryngektomie znr dauernden Heilung brachte. R. Giani.
Hinsberg (20) liefert einen Beitrag zur Frage des Überganges
gutartiger Kehlkopfgeschwülste in bösartige. Bei einem 70jährigen
Maun wird eine in der Gegend des rechten Aryknorpels mit dünnem Stiel
aufsitzende, etwa walnussgrosse Geschwulst exstirpiert. Die pathologische
Untersuchung ergibt eine sicherlich gutartige Geschwulst, ein Fibro-Granu-
lom. Nach Ablauf von acht Monaten rezidiviert die Geschwulst; auch jetzt
spricht noch nichts für malignen Tumor. In drei Wochen später entfernten
Tamormassen findet sich neben Binde- und Granulationsgewebe eine Partie,
die als beginnendes Karzinom angesprochen wird. Nach Ablauf von weiteren
16 Monaten typische Karzinommassen. — Nach Hinsbergs Ansicht handelte
es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Umwandlung einer zuerst gut-
artigen Geschwulst in Krebs, sondern wahrscheinlich um eine Art von Narben-
karzinom, für dessen Entstehung vielleicht die endolaryngeale Operation die
Gelegenheitsursache abgegeben hat.
Gluck (14) demonstrierte auf der X. Laryngologen-Yersammlung 33 von
ihm exstirpierte Kehlköpfe; meist handelte es sich um maligne Neubildungen,
in einer' kleineren Zahl der Fälle um Tuberkulose. Gluck bespricht die
verschiedenen Operationsmethoden, wobei er sich namentlich über die von
Czerny inaugurierte Methode der Kehlkopfexstirpation verbreitet. —
Vier der von Gluck mit glänzendem Erfolge operierten Patienten stellen sich
der Versammlung vor. —
Halstead (16) publiziert einen Fall von Pharyngolaryngektomie
mit vorausgeschickter Tracheotomie wegen Karzinom.
Heilung, obgleich der Fat. sich am Tage nach der Operation die in
die Wunde eingeführte Magensonde herausriss. Er lebte noch 9 Monate
nach der Operation, starb an interkurrenter Pneumonie. Bei der Autopsie
wurden weder lokale Rezidive in der Nähe der Operationswunde, noch Meta-
stasen gefunden.
Trumpp (36) kritisiert die bisher üblichen Methoden der operativen
Behandlung akuter Larynxstenosen und wirft vor allem die Frage
auf, welches bisher existierende Tubenmodell den Vorzug vor anderen ver-
diene und ob eine weitere Vervollkommnung des Instrumentariums wünschens-
wert und möglich sei. Letztere Frage bejaht er; es sei zweifellos nicht über-
flüssig, weitere Verbesserungen des bisher gebräuchlichen Instrumentariums
(O'Dwyers Originaltuben, Bauers gekrümmte Tuben, O'Dwyers Ebonittuben)
anzustreben. Zu diesem Zweck hat Trumpp selbst aus Durit gefertigte,
elastische Tuben konstruiert, die sich namentlich sehr leicht einführen
lassen, vor allem aber imstande sind, jeder Bewegung des Kehlkopfes aus-
zuweichen und nachzugeben, wodurch die Entstehung eines veritablen Druck -
geschwürs vermieden werde.
Immerhin gesteht Trumpp, dass diesen elastischen Tuben noch nennens-
werte Mängel und Fabrikationsfehler anhaften, so dass man sie schon jetzt
zum allgemeinen Gebrauche noch nicht empfehlen könne.
Sippel (31) berichtet über seine Erfahrungen über Intubation bei
Larynxstenosen nichtdiphtherischer Natur, also bei Masem-
krupp, Laryngospasmus, Keuchhusten, bei Kehlkopfverätzung, bei Laryngitis
hypoglottica, bei angeborenem Kropf, bei erschwertem Dekanulement. Nament-
Uch bei den trachealen und laryngealen Stenosen, wie sie nach Tracheotomie
29*
452 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
entstehen, bewährt sich die Intubation sehr gut. — Angeborener Kropf wurde
bei zwei Neugeborenen beobachtet; von Geburt an litten dieselben an Er-
stickungsanfällen. Durch Intubation wurde die Stenose beseitigt; allerdings
erlagen beide Kinder der sich anschliessenden Bronchitis.
Sippel (30) erstattet Bericht über die Resultate, die er in 100 Fällen
von diphtherischer Larynxstenose mit der Intubation erzielt hat
Von den 100 Intubierten starben 10 und zwar 6 von den Fällen reiner In-
tubation; in 4 Fällen war sekundär tracheotomiert worden. Die Intubation
sei oft da von grossem Vorteil, wo es darauf ankomme, die Dyspnoe so lange zu
bekämpfen, bis das Serum seine Wirksamkeit entfalten könne. Auch bei den im
ersten Lebensjahr stehenden Kindern seien die mit der Intubation erzielten
Resultate günstig. — In Fällen von schwerer septischer Diphtherie mit Blutungen,
von Glottisödem und Rachenstenose müsse man wohl immer gleich tracheoto-
mieren. Immerhin sei die Intubation für die Privatpraxis nur ausnahmsweise
geeignet, weil üble Zufalle auftreten könnten, die sofortiges sachgemässes Ein-
greifen erheischten. Am gefährlichsten sei in dieser Hinsicht das Aushusten
des Tubus, das 57 mal beobachtet wurde. Wiederholt kam es zu Decubitus
infolge der Tubenbehandlung.
Kahler (22) berichtet über die in der Chiarischen Klinik zu Wi^
gegenüber den Narbenstenosen des Larynx augewandten Behandlung.
Es handelt sich nur um echte fibröse Narbenstenosen, teils durch zirkuläre
Narbenbildung teils durch ausgeheilte Perichondritiden bedingt. Ausgeschlossen
sind die so häufigen Stenosen, die auf Scleroma laryngis zurückzuführen sind.
Operative Methoden (Laryngofissur mit Auskratzung resp. Ausschneidung der
Narben) werden in der Chiarischen Klinik nur in jenen verzweifelten Fällen
angewandt, wo eine mechanische Behandlung ganz immöglich ist. Und auch
hier sei die Operation nur ein Hilfsmittel; denn ohne eine länger dauernde
Dilatation als Nachbehandlung führe eine Laryngofissur mit Ausschneidung
der Narben nie zum Ziele. — Der Vorzug wurde stets den mechanischen
Behandlungsmethoden gegeben und hier leiste namentlich das von v. Schrötter
ausgebildete Verfahren mit Hartgummirohren und der Bolzenbehandlnng so
vorzügliches, dass man sich in der Chiarischen Klinik nur in ganz verein-
zelten Fällen genötigt sah, auf eines der anderen Verfahren zurückzugreifm.
— Ausführliche Krankengeschichten werden von Kahler mitgeteilt. —
Ehrhardt (11) berichtet über die günstigen Resultate, welche in der
Königsberger chirurgischen Klinik seit etwa 7 Jahren mit der Intubation
bei narbigen Stenosen und bei erschwertem Decanulement gewonnen
worden sind. Schon die Zahl der primären Tracheotomien sei immer mehr
eingeschränkt worden; nur bei starker Beteiligung des Rachens, bei tief as-
phyktisch eingelieferten Patienten dürfe die Intubation nicht versucht werdoh
— In fünf Fällen von erschwertem Decanulement nach Tracheotomie wegen
dyphtherischer Stenose hat sich, wie Ehrhardt schildert, die Intubation ^^
bewährt und sei deshalb als ein empfehlenswertes Hilfsmittel in der Behand-
lung derartiger Zustände anzusehen; in chirurgisch geübter Hand sei die In-
tubation auch ganz ungefährlich. Bei nicht entzündlich geschwellter Schleim-
haut bestehe kaum eine Gefahr der Dekubitalgeschwüre. Die retrograde
Intubation von Cackovic besitzt nach Ehrhardts Ansicht keine Vorzüge
gegenüber der O'Dwy er sehen Intubation.
Cuno (7) macht auf die Missstände aufmerksam, die sich bei erschwertem
Decanulement daraus ergeben, dass die Kinder mit Trachealstenosen die
Botticher, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien. 453
eiBgetührten Tuben so oft bald wieder aushusten. Um diesen Missstand zu
▼enneiden, empfiehlt er, die Tuben im Kehlkopf zu fixieren. Das Ver-
fahren wird eingehend beschrieben. Eine solche fixierte Tube könne ruhig,
ohne Decubitus zu verursachen, bis 14 Tage liegen bleiben. — Gleichzeitig
empfiehlt Cuno in Fällen, wo man mit dem IntubationsTerfahren nicht zum
Ziel komme, Bolzenkanülen anzuwenden (siehe beigegebene Abbildung); die-
selben würden gut vertragen. —
B. Luftröhre und Bronchien.
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Berend (2a). In beiden mitgeteilten Fällen aspirierte das Kind eine
Bohne ; der Fremdkörper wurde durch die Tracheotomiewunde entfernt
Während jedoch im Falle einer Crico-tracheotomie bis zur Decanulage V!t
Jahre verstrichen, heilte die Wunde bei Tracheotomia inferior in 9 Tagen
vollkommen. J. Dollinger (Budapest).
Sukiennikow (26) beschäftigt sich mit der topographischen Ana-
tomie der bronchialen und trachealen Lymphdrüsen. Als Ergebnis
seiner Arbeit, in der er sich aui eine fast reine deskriptive Darstellung be-
schränkt, stellt er folgendes hin:
1. Das Auftreten und die Gruppierung der tracheo bronchialen
und bronchopulmonalen Lymphdrüsen sind einer gesetzlichen Regel-
mässigkeit unterworfen.
2. Die syntopischen Verhältnisse der Trachea und der Bronchien bringen
drei abgegrenzte Zwischenräume hervor, welche von den tracheobronchialen
Gruppen der Lymphdrüsen ausgefüllt sind.
3. Wie die tracheobronchialen, so sind auch die bronchopulmonalen
Lymphdrüsen stets an die Abgangswinkel der Bronchien bezw. deren Äste
gebunden.
4. Nach den Lagebeziehungen zu der Trachea, den Bronchien mit ihren
Ästen und zu den Lungen und nach der Aufnahme der Lymphe aus diesen
Organen sind zwei Hauptteile der sämtlichen hierher gehörenden Lymph-
drüsen zu unterscheiden:
A) Lympho-
Ih
Lymphoglandulae tracheobronchiales dextrae
glandulae
;, ;, sinistrae
tracheo-
y, „ inferiores
bronchiales
s. bifurcationis.
und
2 ^
B) Lympho-
;gio Lymphogland. bronchopulmonales eparteriales
glandulae
an V ventrales dextrae I.
broncho-
;S „ ^ » sinistrae L
pulmonales
„ dextrae IL
u. s. w.
5. Die Beziehungen dieser Lymphdrüsengruppen zu den Nachbarorganen
ergeben sich aus der Beschreibung der Begrenzungen der entsprechenden
Zwischenräume.
6. Nach der Lage des rechten Vagus zu der rechten tracheobronchialen
Gruppe kann er bei Anschwellungen dieser Gruppe nur zur Seite der Lunge
abgedrängt werden. Der linke Vagus hat keine unmittelbaren Beziehungen
Botticher, Kehlkopf, Luftröhre and Bronchien. 455
KU der entsprechenden linken Gmppe. Für den linken Nervus laryngeus inf.
kommen besonders die Stellen imterhalb des Aortenbogens und unterhalb der
Glandula thyreoidea in pathologischen Fällen in Betracht.
7. Die vorwiegend anterolaterale Lage sämtlicher hier in Betracht kom-
menden Lymphdrüsen, besonders der tracheobronchialen Gruppen, macht die
Möglichkeit der perkutorischen Diagnose bei deren Vergrösserungen zweifelhaft.
Moltrecht (17) fügt den in der Literatur bisher veröffentlichten Beob-
achtungen betreffend : Multiple Ekchondrosen der Trachea 4 weitere
Fälle hinzu. Er fasst seine Ansichten über diese Geschwülste in folgenden
Sätzen 2nisammen:
1. Die Ekchondrosen der Luftröhren sind stets multipel auftretende,
aus echtem Knorpel- resp. Knochengewebe bestehende Geschwülste, die vom
Trachealepithel überzogen werden und meist mit den Knorpehring in Zu-
sammenhang stehen, Sie machen fast nie Beschwerden und bilden daher
meist einen zufäUigen Obduktionsbefund. Nur 2 Fälle sind klinisch beobachtet
mid operativ in Angriff genommen.
2. Die Neubildungen entstehen ohne bekannte Ursache an Stellen der
Luftröbrenwand, die normalerweise elastische Fasern besitzen, d. h. im Peri-
chondrium, den Ligamenta annularia, in Bindegewebszügen, die von diesen
beiden Stellen zur Schleimhaut führen, sowie in der mittleren Schicht der
Submukosa. Der grösste Teil der Geschwulst steht mit dem Perichondrium
in Verbindung und ist aus diesem entstanden, ein anderer Teil entsteht
wahrscheinlich auf metaplastischem Wege aus dem Bindegewebe der genannten
Faserstränge.
3. An den erwähnten Stellen legt sich zuerst ein elastische Fasern ent-
haltender Knorpel an, der verkalken und zu Knochen werden kann. Letzterer
enthält ebenfalls oft elastische Fasern. Der häutige Teil der Luftröhre und
der ausserhalb der Knorpelringe liegende Abschnitt der Trachealwand bleiben
frei von Geschwülsten.
4. Die Geschwulste kommen etwa gleich häufig beim männlichen wie
beim weiblichen Geschlecht vor und sind nicht vor dem 23. Lebensjahre
beobachtet.
Niehues (18) berichtet über drei in der Sc hed eschen Klinik be-
handelte Fälle von Larynxstenose und Trachealdefekt, entstanden
durch Perichonditis laryngea typhosa, die eine Tracheotomie notwendig ge-
macht hatte. Niehues ist der Ansicht, dass bei Deckung grösserer Tracheal-
defekte das Mango Idtsche Verfahren am leichtesten auszuführen sei und
auch den besten Erfolg verspreche.
Tavel (28) empfiehlt eine lange biegsame Tracheal-Doppel-
kanüle an Stelle der König sehen Kanüle, die sich in manchen Fällen als
unpraktisch erwiesen habe, schlecht vertragen und nur als einfache Kanüle
angewandt werde. — Tavel hat seine Kanüle derartig anfertigen lassen,
dass die Spirale der inneren Kanüle umgekehrt der Spirale der äusseren
Kanüle läuft. Hierdurch wird das Lieinandergreifen beider Spiralen ver-
hindert. Die Tavel sehe Kanüle, die vom Listrumentenmacher Klopfer, Bern,
Schwanengasse, angefertigt wird, hat sich in zwei Fällen sehr gut bewährt.
Kander (10) empfiehlt in allen Fällen, wo bei einer Stenose der Trachea
das dauernde Tragen einer Kanüle erforderlich wird und wo alle einfacheren
Behandlungsmethoden nicht zum Ziele geführt haben, als einzig rationelle
Therapie die Resektion und Naht der Trachea. Ais Belag führt
456 Jahresbericht f&r Chirurgie. II. Teil.
er die Krankengeschichte eines auf diese Weise wegen postdiphtherischer
Stenose im Jahre 1901 von v. Beck operierten Kindes an. Die Operation
wurde in Morphium-Chloroformnarkose am hangenden Kopf ausgeführt. Vor-
ausgeschickt wurde die Tracheotomia inferior, die es ermöglicht, dass wahrend
der Operation Nekrose und Atmung ungestört vor sich gehen können. Das
Heilungsresultat war ein ideales.
Pipping (22) berichtet über „Spätstörungen^ nach Tracheo-
tomie. Es gelang ihm, unter 67 Tracheotomierten in 54 Fällen genauere
Nachrichten nach mehreren Jahren zu erhalten: von diesen waren 31 frei
von Störungen, die auf die frühere Operation hätten zurückgeführt werden
müssen. In 20 Fällen bestanden leichtere Störungen (unreine Stimme, geringe
Heiserkeit, Husten, Disposition zu Katarrhen etc.). — Nur in 3 Fällen fanden
sich ernstere Störungen: je einmal Trachealfistel , chronische Pnenmome^
Lungentuberkulose. — Pipping ist der Ansicht, dass eine Prädisposition zn
Lungentuberkulose durch Tracheotomie nicht geschaffen werde.
Coutts (6) schildert nachstehenden Fall von Fremdkörper im
Bronchus: 3 Va jähriges Mädchen, welches die Erscheinungen eines Em-
pyems darbot. Verschiedene Punktionen verliefen resultatlos. Da man
Verdacht auf sehr dicken Eiter hatte, der vielleicht die Nadel nicht passieren
konnte, schlug man die Eröffnung des Thorax vor. Ehe jedoch die Erlaubnis
eintraf, starb das Kind plötzlich, ohne dass besonderes Unwohlsein voraus-
gegangen wäre. Die Autopsie ei^ab, dass sich eine Erbse im rechten
Bronchus festgeklemmt und die Erscheinungen verursacht hatte.
Andrew (1) beschreibt einen Fall, in dem ein Fremdkörper (ein
metallenes Pfeifchen) in einem Ast des linken Bronchus festsass und
durch die Tracheotomiewunde nicht entfernt werden konnte. Als Zeichen
von Lungengangrän auftraten, wurde die hintere Bronchotomie durch den
eröffneten Pleuraraum gemacht, der Fremdkörper jedoch nicht gefunden.
Besondere Schwierigkeit machte bei der Operation die Fixation der Lunge,
welche aber endlich durch Grazebäusche gelang. Der Fall heilte aus; nach
der Heilung war, wie durch Skiogramm festgestellt wurde, der Fremdkörper
auf unerklärte Weise verschwunden.
Pieniazek (20) entfernte durch Killi ansehe Tracheoskopie aus dem
rechten Bronchus eine vorher durch Röntgenstrahlen festgestellte Heryng-
sche Kürette. Pieniazek hat 13 ähnliche Fälle von Fremdkörpern
in den tiefen Luftwegen beobachtet; in 12 Fällen hat er die Tracheo-
tomie ausgeführt.
Pieniazek (19) publiziert seine eigene Kasuistik inspirierter
Fremdkörper (im ganzen 26 Fälle). Darunter hat er die Extraktion eines
Fremdkörpers dreimal aus dem Innern des Kehlkopfes, 15 mal aus den tieferen
Luftwegen vorgenommen. Unter diesen 26 Fällen kam der Fremdkörper
achtmal bei bereits tracheotomierten Kranken vor. In 18 Fällen gelangte
der Fremdkörper bis in einen Bronchus oder Bronchialast und zwar nur zwei-
mal auf der linken, 15 mal auf der rechten Seite; einmal war der Fremdkörper
nicht zu ermitteln. Am wtinscheswertesten für den Kranken sei die spontane
Expektoration eines Fremdkörpers aus den Luftwegen. Dies sei in den
26 Fällen der Pieniazekschen Kasuistik dreimal der Fall gewesen. — Die
Pieniazeksche Arbeit enthält zahlreiche Ratschläge bezüglich der in Frage
kommenden Technik, bezüglich welcher aber auf das Original verwiesen
werden muss.
Botticher, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien. 457
Eine Tracheotomie , die er in einem Falle yomahm, in welchem sich
an der Gabelteilnngsstelle der Trachea ein Blutegel befand und
in welchem man beim Operationsakt die Ursache des Erstickungsanfalles nicht
kannte, gibt Mollica (16) Anlass zu einigen praktischen Erwägungen. Man
mnsse, meint er, immer zur Tracheotomie schreiten, auch wenn die Ursache
mibekannt ist, man müsse die untere Tracheotomie vornehmen, wenn man
ausserdem nicht den Sitz des Fremdkörpers kennt. R. Giani.
Eillian (11) berichtet über die Entfernung eines Pfennigstücks
ans dem rechten Bronchus eines 29jährigen Mannes vom Munde
ans mittelst oberer Bronchoskopie. Der Angriff gelang nach Kokaini-
äerung ohne Schwierigkeit.
Durand (8) berichtet folgenden Fall. Ein junger Mann hatte infolge
eines Kunststückes eine Nadel in die Luftröhre bekommen. Am fünften
Tage erst wurde die Nadel entdeckt: sie sass hinten und links im Larynx
zwischen falschem und wahrem Stimmband. Da sie nicht auf natürlichem
Wege zu entfernen war, wurde Thyrotomie gemacht und so die Nadel heraus-
genommen. Bereits am folgenden Tage trat wieder normale Stimme ein und
im Verlauf einer Woche war der Kranke geheilt.
Lermoyez (13) beobachtete folgenden Fall: Einer 26jährigen Frau
war ein Pflaumenkern in die Luftwege gelangt. Im Augenblick des
Unglücks traten Atembeschwerden ein, doch später nur etwas Dyspnoe. Nach
drei Tagen Fieber, Appetitmangel, Atmungsbeschwerden, Schmerzgefühl im
▼ierten linken Interkostalraum, Va cm Tom Stemum entfernt ; Bronchialatmen
rechts. Die Beschwerden nahmen zu; infolgedessen zwei Tage später Tracheo-
tomie. Im linken Bronchus glaubte Lermoyez auf einen harten Gegenstand
za stossen, doch trat eine heftige Bronchialblutung auf, infolgedessen wurde
die Operation abgebrochen in der Hoffnung, dass der Kern spontan ausgestossen
werde. Dieses erfolgte nicht, die Frau bekam aber Bronchopneumonie und
starb 10 Tage später. Eine Autopsie wurde nicht gestattet.
Guisez (13) teilt folgenden Fall mit. Ein junger Mensch hatte einen
1cm langen Nagel in seine Luftwege bekommen. Vermittelst Röntgen-
strahlen wurde festgestellt, dass der Nagel unter dem 7. Interkostahraum an
einer Abzweigung des rechten Bronchus sitze. Es wurde der Versuch ge-
macht, vermittelst Bronchoskopie an den Nagel zu gelangen. Man stiess auch
anf den Nagel, doch war der befestigte Magnet zu schwach und der Nagel
sank nur tiefer. Nun wurde die Tracheotomie gemacht und von neuem das
Bronchoskop eingeführt mit stärkerem Magnet, der nun den Nagel heraus-
beförderte.
V. Eicken (9) liefert einen Beitrag zur Frage der Fremdkörper-
aspiration. Es handelte sich um ein junges Mädchen, welchem Mitte
September 1902 beim Essen der Suppe ein scharfes Knochenstückchen in den
Hab und von da in die Tiefe geraten war. In der Folge heftiger, bohrender
Schmerz im Brustkorb, rechts vom Processus zyphoideus stemi, starker Husten-
reiz, Atembeklemmung, Kurzatmigkeit, Bluthusten. Die Blutungen wieder-
holten sich ; Fieber, Auswurf traten dagegen nicht auf. — Die nähere ünter-
sachong (obere Bronchoskopie) ergab, dass der Fremdkörper in einem Bronchus
des rediten Unterlappens sass. Von hier wurde er am 15. 3. 03 in Narkose
anf natürlichem Wege mit Hilfe des List ersehen Häckchens von Professor
Kilian extrahiert.
Der in Rede stehende Fall ist in mancher Hinsicht interessant; zu-
458 Jahresbericht für Chirurgie. II. TeiL
nächst hinsiclitlich der mehrfachen heftigen Blutungen, die wahrscheinlich
durch Arrosion der Schleimhautgefässe durch das scharfgezackte Enochenstück
bedingt waren. Sodann war auffallend, dass alle Entzündungserscheinungen
fehlten. Die Bronchoskopie war daher nicht durch grössere Mengen aus der
Tiefe hervorquellender Eiter- und Schleimmassen erschwert.
Der von v. Eicken beschriebene Fall ist der 18. Fall, in dem es anf
bronchoskopischem Wege gelungen ist, Fremdkörper aus der
Lunge zu entfernen; acht dieser Fälle seien von Kilian operiert.
Djemil-Pacha (7) berichtet über folgenden Fall von Fremdkörper
in der Luftröhre:
Ein sechsjähriges Kind hatte eine metallene Bleistifthülle verschluckt.
Ausser einer heftigen Beklemmung im Augenblicke, machte sich nur ein
Schmerz bei Druck auf die Trachea bemerkbar. Am 8. Tage traten Atem-
beschwerden, Blutspucken und Fiebererscheinungen auf. Nun kam das Kind
zur Klinik; wo die Trachealuntersuchung negativ ausfiel, das Atmungsgeräusch
war fast verschwunden auf der rechten Seite, die Perkussion ergab vollen
Schall, in der oberen Partie des Thorax Schmerzgefühl.
Djemil stellte folgende Diagnose: Ein Fremdkörper im untersten Teile
der Trachea, in den rechten Bronchus eindringend. Djemil machte Tracheo-
tomie so tief als eben möglich. Er versuchte durch Bewegungen an der
Trachea den Fremdkörper zu lösen, doch gelang dies nicht Er führte dann
eine lange Pinzette ein und stiess erst unterhalb der Bifurcatio tracheae auf den
Fremdkörper, der mit seinem oberen Ende eingeklemmt schien, und entfernte
ihn nun. Die Wunde wurde wieder vernäht, vier Tage trug das Kind eine
Kanüle, am 10. Tage war dasselbe wieder vollständig hergestellt. Der Fremd-
körper war 4 cm lang und 8 mm breit.
Djemil glaubt, dass der Fremdkörper erst am 8. Tage in den rechten
Bronchus eingedrungen und so die Erscheinungen hervorgerufen habe.
Potherat(23) berichtet über ein Lipom der Zunge, das ein sonst
gesunder Mensch von 40 Jahren bereits 15 Jahre hatte, bis es die Grosse
eines Hühnereies erreicht hatte. Das Lipom sass umgestielt am linken Zungen-
rande, war von etwas gelblicher Farbe, weich, nicht schmerzhaft, leicht lobu-
lärer Form, zeigte Pseudofluktuation, machte alle Bewegungen der Zunge mit,
doch machte es Störungen beim Kauen und Schlucken. Bei der Exstirpation
zeigte sich, dass das Lipom in der Submukosa auf den Lateralmuskeln der
Zunge sass, ohne mit diesen verwachsen zu sein.
Während Hoffmann den Standpunkt vertritt, dass man bei Fremd-
körpern in den Luftwegen stets versuchen solle, von der Trachealwunde
aus mit dem Spiegel den Fremdkörper zu sehen und nur, wenn man ihn sehen
kann, mit Zangen eingehen dürfe, während man, wenn man ihn nicht sehen
kann, im Dunkeln nicht gewaltsam verfahren soll und dass dann nur noch
das Eingehen mit einem geölten Federbarte gestattet sei, in der Hoffnung,
den Körper beweglich zu machen und seine Expektoration hervorzurufen, —
führt Kredel (12) aus seiner Praxis einige Fälle an, wo die Extraktion
glücklich ausgeführt werden konnte, ohne dass die Hoffmannsche Forde-
rung erfüllt worden war. In zwei Fällen hat sich Kredel die Roser sehe
Drahtöse sehr gut bewährt.
Daran anschliessend berichtet Kredel über Yentilverschluss der Luft-
röhre durch einen gequollenen Fremdkörper einhergehend mit rein
exspiratorischer Dyspnoe und extremer akuter Lungenlähmang.
Bot ti eher, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien. 459
Lang (14) referiert über einen Fall von Larynxstenose nach
zweimaliger Tracheotomie wegen Diphtherie. Erschwertes De-
canulement. Intubation während 129 Tagen. Die Pausen zwischen In- und Ex-
tubation verlängerten sich von 3 zu 17 Tagen. Heilung, doch bestehen noch
leichte Atembeschwerden und Heiserkeit.
Busalla (5) hat zur Überwindung der Decanulementsschwie-
rigkeiten bei tracheotomierten diphtheriekranken Kindern in
drei Fällen, wo schon mehrere Wochen mit Decanulementsversuchen ver-
strichen waren, die Cackovicsche Methode (die retrograde Intubation)
^ange wandt, 2 mal mit Erfolg; im dritten Fall schien anfangs ein gutes Re-
sultat erreicht, das mechanische Decanulementshindernis beseitigt zu sein;
sjmter aber traten neue Atembeschwerden auf, die die Retracheotomie er-
forderten. — Busalla ist der Ansicht, dass die Cackovicsche Methode
vor den anderen Intubationsmethoden den Vorteil habe, dass sie technisch
leicht und mit Mitteln auszuführen ist, die jedem praktischen Arzte zu Ge-
bote stehen. —
Martina (15) teilt zwei Fälle mit von Arrosionsblutungen nach
der Tracheotomie durch Kanülendecubitus, und zwar handelte es
sich beide Male um einen Erwachsenen. — Derartige Blutungen bei Erwach-
senen seien selten; neben 46 ähnlichen Blutungen bei Kindern konnte
Martina — ausser den beiden eigenen Beobachtungen — nur noch drei
derartige Fälle aus der Literatur sammeln. Die Kasuistik wird mitgeteilt. —
Am häufigsten stamme die Blutung aus der arrodierten Arteria ano-
nyma (78 ^/o der Fälle); und zwar sei meist die Tracheotomia inferior voraus-
gegangen. 5 Fälle bei Tracheotomia superior stünden 40 Fällen bei der
Tracheotomia inferior gegenüber.
Martina geht noch des näheren ein auf die notwendigen therapeuti-
schen Massnahmen. Für gewisse Blutungen komme die Vereinigung der Gefäss-
enden durch die Naht oder noch besser durch die Magnesiumprothese nach
Payr in Betracht.
Taute (27) berichtet aus der v. Brunsschen Klinik über drei Fälle
Ton tödlicher Blutung im Gefolge der Tracheotomie aus dem Arcus
aortae und der Arteria anonyma. Der erste Fall betrifft einen Erwachsenen,
der an einem Aneurysma der Aorta litt. Am neunten Tag nach der Operation
unstillbare Blutung, der der Patient erlag. Zweifellos hatte die eingeführte
Kanüle die krankhaft veränderte Gefässwand allmählich perforiert. In den
beiden anderen Fällen handelte es sich um Kinder, bei denen durch Kanülen-
decubitus die Blutung aus der Arteria anonyma veranlasst worden war. —
Tante führt im Anschluss an &/eine eigenen Beobachtungen eine Zusammen-
stellung der in der Literatur verzeichneten Fälle, wo im späteren Gefolge der
Tracheotomie Blutungen auftraten; im ganzen 8ö Fälle, von denen 79 un-
mittelbar, 6 erst nach längerer Zeit und nach mehrfacher Wiederholung der
Blutung letal endeten. Nur neun dieser 85 Fälle (10,6®/o) fallen auf Er-
wachsene. 55 mal handelte es sich dabei um Arrosion der Arteria anonyma,
4mal um solche der Arteria carotis communis, 3 mal um solche der Arteria
thyreoidea inferior, 1 mal um Blutung aus der Arteria thyreoidea superior.
In den übrigen Fällen waren die Venen betroffen. — Therapeutisch wichtig
sei die Verhütung des Kanülendecubitus (Decanulement bezw. Intubation). —
Eine bereits eingetretene Blutung z. B. aus der Arteria anonyma werde sich
schwerlich stillen lassen. —
460 Jahresbericht fOr Chirargie. IL TeiL
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Referent: C. Bötticlier, Giessen.
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26. Winter nitz, A., Fall von Thorakoplaatik. Chirurg. Sektion des Budapester kgL
Ärzte-Vereins. Sitzung von 12. III. 1903. Orvosi Heülap. Nr. 26.
Winternitz (26) demonstriert ein 7 jähriges Mädchen, das seit zwei
Jahren an einem durchgebrochenen metapnenmonischen Empyem litt. Ope-
ration nach Schede, Heilung. J. Dollinger (Budapest).
Schein (22) macht auf die Beziehungen aufmerksam, die zwischen der
Entwickelung der Haare in der Axilla und dem angeborenen Defekt
der Brustmuskeln bestehen. Er beschreibt einen Fall von vollständigem
Defekt des M. pectoralis major, minor uud des M. serratus ant., bei dem
sich gleichzeitig vollständiger Mangel des Haarwuchses in der Axilla vorfand.
Er nimmt an, dass der Haarwuchs in der Achselhöhle von dem Wachstum
der die Achselhöhle begrenzenden Muskeln und der darüber befindlichen Haut
abhänge ; wo also der M. pectoralis major und minor vollständig fehle, dürfe
.man erwarten, dass auch der Haarwuchs in der Achselhöhle derselben Seite
entweder ganz fehle oder in geringerem Masse entwickelt sei als auf der
gesunden Seite, weil eben die Wachstums- und Ernährungsunterschiede der
Haut fehlen. Haarwuchs stelle sich nur da ein, wo die Haut im Oberflächen-
wachstum zurückbleibt und zwar in dem Masse, als eine Hautpartie im Ver-
hältnis zum umgebenden Hautgebiet im Oberflächenwachstum zurückbleibt;
denn die im Oberflächenwachstum zurückbleibende Hautpartie wird relativ
besser ernährt und der Emäbrungsüberschuss zum Haarwachstum verwendet.
Grisel (II) und Martirene (17) vermehren die Kasuistik über den
angeborenen Pektoralisdefekt ebenfalls durch je eine einschlägige Beobachtung.
Abadie (1) berichtet über einen Fall von Dermoidcyste am Hals,
genau median und dicht über dem Brustbein gelegen. — Es handelte sich
um ein 16 jähriges Mädchen, das seit längerem eine ganz allmählich zuneh-
mende Anschwellung am Hals bemerkt hatte. Der Tumor hatte nach drei
Jahren die Grösse einer Mandarine erreicht. Die Haut über ihm war normal.
Bei Schluckbewegungen bewegte er sich. Die Ausschälung der Geschwulst
gelang leicht unter lokaler Anästhesie. — Die histologische Untersuchung
ergab, dass es sich nicht um eine Kropfcyste, sondern um eine Dermoidcyste
handelte. Abadie betont die Seltenheit derartiger Geschwülste in der vor-
deren Halsregion.
Hopmann (14) bringt die Krankengeschichte eines 50jährigen Pat.,
der an einer seltenen Mediastinalgeschwulst , einem endothorakischen
Biesenkropf zugrunde ging. Der Tumor löste starke Druckerscheinungen
auf Speiseröhre, Herz sowie die grossen Gefass- und Nervenstämme aus.
Jedipin, Jodkali brachten zwar eine vorübergehende Besserung in den sub-
jektiven und objektiven 'Krankheitserscheinungen hervor; eine Verminderung
des Tumorumfanges wurde aber nicht erzielt; auch liess sich die Kachexie,
der Pat. verfallen war, durch kein Mittel aufhalten. — Eine sichere Diagnose
war auch durch das Böntgenverfahren nicht zu stellen. — Der Kranke erlag
schliesslich einer Pneumonie.
Es wurde nur die Sektion der Brusthöhle gestattet. Dabei fand sich
eme 890 g schwere, 19 cm lange, 13 cm breite, 12 cm dicke Geschwulst. Die
Geschwulst war hervorgegangen aus den beiden Lappen der sehr tief ge-
lagerten Schilddrüse; bezw. sie stellte die cystoid-koUoide Degeneration dieses
Organs, dessen grösster Teil substemal lag, vor. Normales Schilddrüsen-
gewebe war nicht mehr vorhanden. — Die Trachea war von der Geschwulst
462 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
zwar umlagert, aber nicht komprimiert. Es fehlte deshalb bei Lebzeiten des
Fat. die Atmongsstenose , während die Störungen der Herzaktion äusserst
stark ausgeprägt gewesen waren. ~ Am auffallendsten war aber jedenfalls
die Kachexie, welche als eine Art von Eachexia strumipriva, hervorgerofen
durch die kolloide Entartung des Organs, anzusehen war. —
Wenn auch die Aussicht auf glückliche operative Entfernung derartiger
Riesenkröpfe nicht allzu gross sei, hält Hopmann den Versuch der Opera-
tion doch für gerechtfertigt, vorausgesetzt, dass es gelungen sei, eine sichere
Diagnose zu stellen.
Einen Zusammenhang zwischen Thoraxdeformitäten, Skoliosen
und adenoiden Vegetationen des Nasen-Rachenraums, ein Spt-
ptomenkomplex, wie er von Redard aufgestellt worden ist und bei Kindern
im Alter von 6 — 12 Jahren anzutreffen ist, glaubt auch Becker (2) konstatiert
zu haben, und zwar in etwa 6^/o der Fälle. Ohne dass irgendwelche An-
zeichen von Rhachitis wahrzunehmen sind, bemerkt man in solchen Fallen
eigenartige Thoraxdeformitäten (muldenförmige Einziehung über dem unteren
Drittel des Brustbeins, flache Einziehungen der seitlichen unteren Thorax-
partien). Nach einiger Zeit stellt sich eine leichte habituelle Skoliose ein. —
Daneben bestehen schon seit Jahren adenoide Vegetationen des Nasen-Rachen-
raums. — Nach ihrer Entfernung sieht man unter Anwendung von Massage
und Turnübungen die Skoliose verschwinden.
Behrens (4) beobachtete den Perthesschen Symptomenkomplex an
einem 16jährigen Knaben, welcher durch einen umgeworfenen Wagen eine
hochgradige Brust- und Bauchkompression erlitten hatte. Obwohl der Kopf
nicht getroffen worden war, fanden sich doch am Gesicht, den oberen Hab-
partien sowie am Gaumen zahlreiche kleine Blutextravasate und audi die
Konjunktiven waren diffus sugilliert. Radialpuls rechts 94, links 88. unge-
störtes Allgemeinbefinden. Nach drei Tagen schwanden diese EIrscheinimgen
bis auf die subkonjunktivalen Sugillate, welche noch längere Zeit bestehen
blieben. Verf. zitiert aus der polnischen Literatur einen analogen Fall Ton
Druckstauung von S. Kossobudzki (Medycyna 1902, Nr. 30 und 31).
Urbanik (Krakau).
J. Shelton Horsley (15): Die Berichte über Rippeneiterung nach
Typhus sind meist sehr .fragmentarisch. Horsley hat aus der Literatur
nur 48 Fälle sammeln können, in denen einigermassen genaue Angaben ge-
macht werden. Unter den 48 Kranken befinden sich nur 7 weiblichen Ge-
schlechts. Der jüngste Kranke war 19 Jahre alt. Am häufigsten erkranke
die 5. — 7. Rippe. Die Form der Erkrankung kann Osteitis, OsteomyeÜtis,
Periostitis, Perichondritis, Chondritis sein und auch zu Nekrose und Sequester-
bildung führen. Der Prozess kann während des Typhus oder bis zu drei
Jahren nach Genesung auftreten. Einzelne Fälle scheinen ohne Behandlnif
rückgängig zu werden, zuweilen genügt einfache Auskratzung, andere Fälle
bedürfen wiederholter Operationen oder ausgedehnter Resektionen weit im
Gesunden. Ein Kranker wurde geheilt, nachdem längere Zeit alle 3—4 Tage
Methylviolett-Lösung in die Fisteln gespritzt worden war.
Maass (New-York).
Menard und Guillome (18) publizieren eine Beobachtung, betreffend
Tuberkulose des Rippenknorpels. — Gelegentlich der Autopsie eines
10jährigen Knaben, der wegen rechtseitiger Coxitis und Gonitis tubercnlosa
in Behandlung getreten und an Meningitis tuberculosa gestorben war, fanden
Bötticher, Yerletzongen und chirargische Krankheiten des Thorax. 463*
die Verfasser zwischen dem Pectoralis major und dem Interkostalmuskel käsige
Detritusmassen auf der Vorderfläche des 7. und 8. Rippenknorpels und da-
neben krankhafte Veränderungen am knöchernen Teil der 7. Rippe, die
keinerlei klinische Erscheinungen gemacht hatten. Es fand sich schliesslich
an der Vorderfläche des Rippenknorpels eine kleine, erbengrosse Höhle. —
Die Hinterwand des Knorpels war intakt. — Die später vorgenommene mikro-
skopische Untersuchung des Gewebes ergab zwar keine Riesenzellen, keine
Bazillen, aber doch käsige nekrotische Deformationen. — Nur drei ein*
schlägige Fälle haben die Berichterstatter aus der übrigen Literatur auf-
finden können. —
Eine Beobachtung über Echinococcus der Rippe wird von G6raud
und Mignot (10) publiziert. Wegen der Seltenheit der Lokalisation verdiene
der Fall besonderes Interesse. — 54jähriger Mann, bei dem sich an der
rechten Brustwand eine schmerzlose, langsam wachsende Geschwulst ent-
wickelte. Man dachte anfangs an einen kalten Abszess, durch Rippenkaries
bedingt und beschloss, den Eiter zu entleeren und das erkrankte Rippenstück
zu resezieren. — Bei der Operation fanden sich die 7. und 8. Rippe in einer
Ausdehnung von 2 cm völlig zerstört; der dadurch entstandene Raum wurde
eingenommen von der Hydatidencyste. Die 6. Rippe war zwar arrodiert,
aber in ihrer Kontinuität erhalten. — Resektion der Rippen soweit, bis man
auf gesundes Gewebe stiess. Gründliche Ausräumung der Höhle, Drainage.
Heilung verlief ohne Zwischenfall. — Die genaue mikroskopische Unter-
suchung der Rippen ergab entzündliche Veränderungen am Knochen, da wo
die Cyste an die Rippen angrenzte. Im Innern der Rippen selbst fand man
keine Echinococcusblasen. ~ An die Besprechung ihres Falles knüpfen die
Verfasser allgemeine Betrachtungen über die Ätiologie, Pathogenese, Diagnose
und Prognose der Echinokokkenkrankheit. Meist zeige sie einen sehr lang-
samen Verlauf. Immerhin sei die Prognose ernst. Von 40 Fällen verliefen
20 letal. — Die Behandlung könne nur eine chirurgische sein. —
Beck (3) rühmt das von Schede bei der operativen Behand-
lung veralteter Empyeme angegebene Prinzip als unanfechtbar und
höchster Anerkennung würdig, glaubt aber doch, dass die meisten Fälle gar
nicht eines so typischen und dabei so eingreifenden Verfahrens bedürfen.
Er empfiehlt eine Operationsmethode, die sich jedem individuellen Falle an-
passt und die sich auf dem Prinzip aufbaut, den Operationsplan erst während
der Operation selbst näher zu bestimmen, also in explorato ri scher VITeise
vorzugehen. — Beck reseziert zunächst ohne Rücksicht auf die bestehende
Pleurafistel die Rippe, die voraussichtlich etwa in der Mitte des Höhlendaches
Uegt. Die unter der resezierten Rippe liegende Pleura wird zunächst quer
dnrchtrennt. Durch seitliche Exzision gewinnt man so viel Raum, dass man
die Höhle in der Hauptsache inspizieren, die nächstliegenden Weichteile pal-
pieren kann. Bei kleiner Höhle, bei leidUch kräftigem Patienten kann man
Ton dem einen Querschnitt aus die nächsten zwei bis drei Rippen entfernen
und die Pleura costalis dementsprechend exzidieren. Besitzt die Höhle grössere
Ausdehnung, durchschneide man sukzessive ein Rippenstück nach dem anderen,
stets durch vorherige Palpation sich vergewissernd, ob die Pleura unter dem be-
treffenden Rippenstück nachgiebig ist oder fortfallen muss. Die Weichteil-
ablosung hält damit gleichen Schritt. Auf die Form des schliesslich ent-
stehenden Lappens sei gar keine Rücksicht zu nehmen; er müsse sich der-
jenigen der Höhle völlig unterordnen. Auf Kreuz- und Querschnitte komme
464 Jahresbericht für Chirurgie. IL TeiL
es deshalb gar nicht an. Sei das Schulterblatt hinderlich, reseziere man es
partiell. — Die Schwarten der Pnlmonalplenra will Beck auch entfernt wissen,
aber nicht methodisch, wie vonDelorme und Forster angegeben, sonders
nur wo sich nach der Explorativresektion die Notwendigkeit herausstellt nnd
auch dann nur als Supplement zur Resektion der Pleura costalis. —
Ringel (21) liefert einen Beitrag zur Frage der Resektion des
Thorax bei veralteten und tuberkulösen Totalempyemen und
zwar berichtet er ausfuhrlich über einen Fall von veralteten und zwei Falleii
von tuberkulösen Totalempyemen, die durch ausgedehnte Thoraxresektionen
zur Heilung gebracht wurden; einer der beiden letzten Fälle ist noch nicht
ganz abgeschlossen, befindet sich aber auf dem Wege zur Heilung. —
Ringel empfiehlt die ursprüngliche Sehe de sehe Methode mitSudek-
scher Modifikation: U-förmige Schnittführung; Anfang und Ende des
Bogenschnittes sollen über die seitlichen Grenzen der Höhle möglichst hinaus-
ragen, ebenso wie die Spitze den tiefsten Punkt, bei Totalempyemen also den
Zwerchfellansatz erreichen muss. Bildung eines Hautmuskellappens. Ausge-
dehnte Rippenresektion, eventuell der 11. — 1. (exkl.) Rippe und Resektion
der von ihrer Muskulatur gelösten Scapula bis zur Spina. Entfernung der
Interkostalweichteile und der Pleura costalis. Dekortikation der Lunge nach
Delorme. Mit der losgelösten Skapularmuskulatur wird die Kuppe d^
leeren Pleuraraumes ausgefüllt. Die Hautmuskellappen deckt die wieder
dehnbare Lunge.
Auf diese Weise können selbst tuberkulöse Empyeme zur Ausheiloog
gebracht werden. Femer bieten grosse Ausdehnung der Empyemhöhle und
elendes AUgemeinbefinden keine Eontraindikation , da man^ wie Verfasser in
seinen Fällen, die ganze Operation in verschiedene Abschnitte zerlegen kana
und man wird sich um so eher zur Operation entschliessen, als ohne die-
selbe die Kranken dem sicheren Tode verfallen sind.
Eine absolute Kontraindikation für die Ausführung einer Thoraxresek-
tion bildet nur die gleichzeitige Erkrankung der Lunge der anderen Seite ^
ihre normale Funktion gilt als Vorbedingung für die erfolgreiche Entfernung
grösserer Thoraxabschnitte.
Hein lein (13) empfiehlt als rationellstes Verfahren für die Entfernung
der Tu mor en der Brustwand, sofern sie dieselbe durchsetzen oder maligner
Natur sind, den Vorschlag D o 1 1 i n g e rs zur Nachahmung, welcher nach S ch 1 e i chs
Verfahren den Einschnitt in die Thoraxwand zur Erzeugung des Pneumo-
thorax einen Tag vor der definitiven, in Narkose vorzunehmenden Besei-
tigung der Neubildung ausführt. —
Die von Heinlein mitgeteilte einschlägige Beobachtung (Entfernung
eines Chondrosarkoms aus der Brustwand bei einem 21jährigen Manne) be-
stätigt die Erfahrung, dass der während der Chloroformnarkose auftretende Pneu-
mothorax die alleremstesten Folgen haben kann. Obwohl in Heinleins
Falle bereits geraume Zeit nach der Eröffnung der Brusthöhle verstrichen
war, ohne dass irgendwelche bedrohliche Erscheinungen beobachtet worden
waren, löste die begonnene Narkose sofort die gefürchteten Zufälle aus,
offenbar deshalb, weil unter dem Einfluss der anfangs ruhigen Atmung der
Pneumothorax sich noch nicht hinreichend entwickelt hatte; erst als unter
Einwirkung forcierter Exspiration der vollendete Pneumothorax sich in
akutester Weise entwickelte, wurde die gefürchtete Gefahr erst klar. —
Botticher, Verletzungen nnd chirargische Krankheiten des Thorax. 465
Die Seltenheit der Thoraxresektionen wegen Neubildungen veranlasst
Slek (23) zu seiner Mitteilung.
Im ersten der beiden beschriebenen Fälle handelte es sich um ein Sarkom
der 6.-9. Bippe. Die Eröffnung der Pleura führte stürmische Kollapserschei-
DDDgen herbei. Tod nach 2 Stunden.
Im zweiten Falle (Chondrosarkom der 6. — 9. Rippe) musste, da die Neu-
bildang auf das Zwerchfell übergegangen war, ein Teil desselben mitreseziert
werden. Durch Vemähung des Zwerchfells mit der Muskulatur des Thorax
wurde die Peritonealhöhle von der Pleura getrennt. Die Pleuraeröffnung war
da ebenfalls von bedrohlichen Symptomen gefolgt, welche jedoch unter fort-
gesetzten Sauerstoffinhalationen allmählich zurückgingen. Trotz interkurrenter
schwerer Pleuropneumonie genas die Kranke.
Im Anschlüsse bespricht Verf. kurz die zur Vermeidung der Gefahren
des akut entstehenden Pneumothorax zu ergreifenden Massregeln (in seinen
Fällen bestanden dieselben hauptsächlich in der Tamponade der Öffnung),
referiert über die Tierversuche Gabryszewskis betreffend das weitere
Verhalten der kollabierten Lunge und stellt die nach Erscheinen der Kasuistik
Amburgers publizierten einschlägigen Fälle (10) zusammen.
Urbanik (Krakau).
Franke (9) berichtet über den ersten glücklich ausgelaufenen
Fall von Perforation beider Brusthöhlen durch ein stumpfes Werk-
zeug, von beiderseitigem traumatischen Pneumothorax mit sich
anschliessendem Hautemphysem. Bei einer 48 jährigen Frau war ein
Besenstiel von der rechten nach der linken Achselhöhle im dritten Interkostal*
räum vorgedrungen, wobei aber die Haut in der linken Axilla unverletzt blieb.
Nach sofortigem Herausziehen des Besenstiels traten schnell ausgedehntes
Hautemphysem von der linken Achselhöhle her auf, gleichzeitig aber so schwere
Erscheinungen (Dyspnoe etc.), dass ö^/s Stunden nach dem Unfall eine Ope-
ration notwendig wurde. Nach Inzision in der linken Achselhöhle feste Tam-
ponade sowohl dieser als der rechtsseitigen Wunde mit folgendem, gut ab-
schliessendem Verbände. Die Atemnot besserte sich darauf schnell. Die Ver-
letzte wurde gerettet.
Franke empfiehlt diese Behandlung als Methode der Wahl als ein-
fachstes, jederzeit ohne weiteres anwendbares und sicherstes Mittel für die
Behandlung des mit ausgedehntem, gefahrbringenden Hautemphysem einher-
gehenden Pneumothorax.
Momburg(19) beobachtete einen Fall von penetrierender Brust-
and Bauchschussverletzung, der eine Herzverletzung und ein Unbeteiligt-
sein der Bauchhöhle vortäuschte (Schuss mit einem Karabiner M. 88 in selbst-
mörderischer Absicht in die Herzgegend). — Das Herz, das nach Lage der
Einschussöffnung und dem Verlaufe des Schusskanals als verletzt angenommen
werden musste, wurde von Momburg behufs eventueller Vornahme der Herz-
Daht nach dem von Botter gegebenen Vorschriften freigelegt, erwies sich
aber als unverletzt. Auffallend war die schlechte Übersicht über das auf
diese Weise freigelegte Herz, die Momburg auf die starke Verschiebung des
Herzens zurückführen zu müssen glaubt. — Trotzdem hält Verf. unter den
zahlreichen, zur Freilegung des Herzens angegebenen Verfahren das Rott ersehe
für das beste, schnellste und sicherste, namentlich bei linksseitiger Pleuraver-
letzung. Bei rechtsseitiger Pleuraverletzung sei dem Watt enschen Verfahren
der Vorzug zu geben.
Jalumberiebt Ar CUrorgie 1903. 30
466 Jafaroab«riebt Air Ohirorgie. n. Teil.
Bor8z6kj(6) berichtet über die in der Bndapester chirurgischen Klimk
des Prof. Reczey in der Zeit yon 1892 bis 1902 zur Beobachtung und Be-
handlung gelangten Stich- und Schussv erletzungen des Thorax.
Es wurden beobachtet 301 Thoraxverletzungen und zwar 153 Stichyerletznngen
(darunter 42 penetrierende) und 148 Schusswunden (darunter 89 penetrierende).
I. Nicht penetrierende Thoraxverletzungen. Bei Behandluog
der nicht penetrierenden Stichwunden herrscht unter den Chirui^en nod
keine Einigkeit. Von der Ansicht ausgehend, dass die Stichwunde als infiziert
zu betrachten ist, behandeln die einen derartige Verletzungen offen, während
die andern die Naht empfehlen, teils mit primärer Desinfektion und Erweite-
rung des Stichkanals.
Verf. berichtet von 96,6 ^/o primärer Heilung in einem Zeitraum Ton
8—10 Tagen: Der Stichkanal (nur zum Zwecke der Blutstillung erweitert)
wurde mit einer 3^/o Bor.- oder l^/oo Sublimatlösung ausgespült und schicht-
weise vernäht (Muskulatur mit Catgut, Haut mit Seide), meist ohne Narkose;
eine primäre Desinfektion der Wunde durch schichtweises Freilegen des Sticb-
kanals sei also zum mindesten überflüssig.
Bei Behandlung der nicht penetrierenden Schussverletzungen be-
folgt man heute schon allgemein ein gleiches Verfahren. Nach Desinfektion
ihrer Umgebung wird die Wunde mit einem aseptischen oder antiseptischen
Verbände versehen, unter dem in der grössten Mehrzahl der Fälle eine re-
aktionslose Heilung erfolgt.
Bezüglich der Entfernung des Geschosses vertritt Verf. den Standpunkt,
dass dasselbe nicht nur in jedem Falle, wo es irgend welche Störung ver-
ursacht, zu entfernen ist, sondern auch dann, wenn der Sitz bestimmt nach-
zuweisen ist und die Entfernung ohne grösseren Eingriff möglich ist. Die
Kugel ist stets durch direktes Einschneiden und nie durch den Schusskanal
herauszunehmen.
n. Penetrierende Thoraxverletzungen. Bei einfach penetrieren-
den (keine Beschädigung der Lunge) Stichverletzungen empfiehlt Verf. ebenf&lh
sofortige Naht ; je früher die Wunde durch die Naht geschlossen wird, xmi so
sicherer halte man damit etwaige von aussen kommende Keime fem, und
andererseits kann auch der Pneumothorax keinen grösseren Grad erreich^i.
Einfach penetrierende Schussverletzungen des Thorax werden nach dem
allgemein gültigen Prinzip mit einem Okklusivverbande versehen nach Des-
infektion ihrer Umgebung.
Auch bei Lungenverletzungen rät Verf. zu einem exspektativen Verfahren.
Der grösste Teil der Chirurgen geht selbst bei der Behandlung von profusen
Blutungen exspektativ vor auf Grund der alten Erfahrung, dass nicht nur
solche Lungenblutungen, welche durch die Verletzung des Lungenparenchyms
entstehen, sondern auch die aus kleinen Arterien stammenden Blntungen von
selbst aufhören können, indem das Zusammenfallen der Lunge und die Kon-
traktion der elastischen Bestandteile derselben die Thrombusbildung befördern.
Wenn auch der Prozentsatz an Verblutungstod bei dem exspektativen Ver-
fahren ein etwas höherer ist, so sind doch die durch das radikale Eingreifen
erzielten Resultate (Aufsuchen der Quelle der Blutung und Schliessen derselben)
keineswegs so gut, dass sie uns zum Abweichen von dem alten exspektativen
Verfahren bestimmen sollten.
Zur Statistik der Verletzungen des Herzbeutels und des Herzens
selbst fügt Verf. 2—3 weitere Fälle hinzu. Auch hier empfiehlt er das ex-
ß5tticher, Verletsaiigen uod efainii^iisofae Krankheiten der Bmstdrttse. 467
spektative Verfahren; ein operativer Eingriff, Freilegung des Herzens nach
Rippenresektion, Naht der Wunde, ist nur bei solchen Verletzungen zu ver-
SQchen, welche mit einer das Leben direkt gefährdenden, hochgradigen Blu-
tnng verbunden sind, und wenn bei Zunahme der Herzdämpfung das Schwach-
werden und Intermittieren des Pulses auf Herzkompression schliessen lassen.
vm.
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der
Brustdrüse.
Referent: C. Bötticher, dessen.
Die mit * veraehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
a) Angeborene und entzündliche Störungen der Brastdrfise.
1. *B ronstein, Über puerperale Mastitis. Dissert. Berlin 1903.
2. Gaminiti, B., Salla tuberoolosi-primitiva mammella. Riforma medica 1908. Nr. 82
bis 88.
8. Ebbinghaus, Isolierte regionäre Achseldrfisen - Tuberkulose bei Tunii»en der weib-
lichen Mamma nebst Bemerkungen Aber die Qenese der Achseldrflsen-TnberkuloBe.
Yirchows Archiv 1908. Bd. 171. Ueft 8.
4. Hopmann, Über die Operation der puerperalen Mastitis. Zentralbl. f&r Chirurgie 1908.
Nr. 41.
5. Marchetti, Goniribnto alla oasistica della affezione della mammella. II Polidinice,
Sex. pratica 1908. Fase. 58.
6. *More8tin, Tuberculose du sein. Bulletins et möm. de la soc. anat. 1908. Nr. 6
und 7.
7. *Reichel, Zwei Fälle von Aktinomykose der Mamma. Dissert. Mflnchen 1908.
8. Salomoni, A., Sulla tubercolosi della mammella. La dinica chirurgica 1908. Nr. 4.
Harchetti (5) bemerkt zunächst, dass es oft schwer falle, den
chronischen Mammaabszess zu diagnostizieren, und erörtert die Diffe-
rentiahnerkmale zwischen diesem und dem Mammakrebs. Er berichtet sodann
über drei Fälle von Mammaaffektion , bei denen die Diagnose sehr schwierig
war. Im ersten Falle handelte es sich um einen chronischen Mammaabszess
bei einer 54jährigen Frau, dessen Ursache im direkten Eindringen eines
Fremdkörpers (Kornhülse) in die Milchgänge gefunden wurde. Der Symptomen-
komplex war vollständig der eines Krebses (indolente, hühnereigrosse, in der
Tiefe bewegliche Geschwulst, retrahierte Brustwarze, etwas angeschwollene
Achseldrüsen), so dass die Mamma amputiert und die Achselhöhle ausgeräumt
Würde. — Andere Beispiele von direkt in die Milchgänge eingedrungenen
Fremdkörpern als Ursache von Mammaabszess finden sich, nach Verf., in der
Literatur nicht beschrieben. — Im zweit^i Falle war eine Galaktocele dia-
80*
468 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil
gnostiziert worden (die Mamma fmiktionierte), wahrend man einen eiteriggi
Krebs antraf; ein solcher Fall sei auch nicht häufig. — Im dritten Falk
handelte es sich um eine Galaktocele suppurata, die mit den klinischen Zeich«i
eines Krebses auftrat; erst im Verlaufe der Zeit gaben sich Abszesssymptome
kund, die die Natur der Affektion erkennen Hessen. R. Giani.
Hopmann (4) empfiehlt bei der puerperalen Mastitis ein tod
Bardenheuer geübtes Operationsverfahren, wie es für den submammaren
Abszess ja schon seit längerem in ähnlicher Weise in Gebrauch sei: Die
Mamma wird in der unteren Hälfte halbkreisförmig umschnitten, stumpf Yon
der Fascie des M. pectoral. maj. abgehoben und mit Haken nach oben um-
geklappt erhalten. Mit radiären Schnitten werden dann die Abszesse breit
von hinten geöffnet und ausgeräumt; jede Höhle wird für sich drainiert und
die Brust wieder zurückgeklappt. Die Drains sichern bei ihrer günstigen Lage
dem Eiter ungehinderten Abfluss; sie heilen daher sehr schnell aus. Ln
ersten der auf solche Art behandelten Fälle konnten die Drains bereits am
14. Tage nach der Operation fortgelassen werden.
Das kosmetische Resultat ist ein gutes, weil die Operationsnarbe kaum
sichtbar ist bei der ja meist etwas überhängenden Brust. — Durch sekundär«
Naht lässt sich ein inmitten der Operationswunde bisweilen längere Zeit
zurückbleibender, die völlige Heilung verzögernder Grranulationsspalt erfolgreicli
schliessen.
Seinen im Jahre 1901 (Clinica chir. Nr. 3) veröffentlichten drei Fällen
von Mammatuberkulose fügt Salomoni (8) vier weitere hinzu. Verf.
behauptet, dass die Mammatuberkulose thrombotisch-embolischen Ursprungs,
nur ausnahmsweise durch direkte Infektion bedingt sei. Sie beginne am
öftesten in der Areola mammae und entwickele sich in dem die Drüseo-
schläuche und -Alveolen umgebenden Bindegewebe. Er berichtet femer über
vier Fälle von Miliartuberkulose. R. Giani.
Ein von ihm operierter Fall von Mammatuberkulose gab Caminiti (2)
Gelegenheit zu histologischen und experimentellen Studien über die Affektion.
Die histologische Untersuchung des abgetragenen Stückes bestätigte die Dia-
gnose, indem in den Tuberkeln Eochsche Bazillen angetroffen wurden, die
bei den an Tieren gemachten Impfversuchen auch positive Resultate gaben.
Verf. zieht die diesbezügliche Literatur heran und erörtert die vrichtigsten
histologischen Befunde; er deutet auf die Möglichkeit einer rückläufigen In-
fektion hin, die er in seinem Falle angetroffen habe, und berührt auch die
Frage von dem Sitze der initialen Läsion, der nach seiner Meinung im peri-
acinösen Bindegewebe zu suchen sei. Hierauf handelt er von der Pathogenese
und pathologischen Anatomie der Krankheit und meint, es liessen sich drei
Formen unterscheiden : die solitäre, die disseminierte und die miliare.
Folgt eine Erörterung der Diagnose, Prognose und Behandlung, und zum
Schlüsse gibt er ein vollständiges Verzeichnis der Literatur über den Gegen-
stand. R. GianL
Ebbinghaus (3) berichtet über zwei Fälle von gutartigen Brust-
drüsengeschwülsten bei Frauen im Alter von 42 bezw. 57 Jahren. Wegen
der harten Beschaffenheit der Tumoren und angesichts der gleichzeitig be-
stehenden Lymphdrüsenschwellung hatte man zunächst an maligne Tumoren
gedacht. Erst die Untersuchung bezw. die mikroskopische Untersuchung liess
erkennen, dass es sich um ein Fibroadenom bezw. ein Myzofibrom handelte.
Gleichzeitig aber lag in beiden Fällen eine isolierte regionäre Achsel-
B5tticher, Verletzungen und chirurgiBche Krankheiten der Bnistdrttse. 469
drüsentuberknlose vor, die sich auf die Lymphbezirke der genannten
Geschwülste beschränkte. Nach Ebbinghaus^ Ansicht handelte es sich
dabei um eine rein zufallige Kombination zweier verschiedener Affektionen;
man könne vermuten, das» die anfangs latente Tuberkulose vielleicht infolge
der durch die Neoplasmen hervorgerufenen veränderten Verhältnisse in den
Lymphwegen zur offenen sich umgewandelt habe.
b) Oeschwftlste der Brastdrfise.
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Yillar (35) beobachtete bei einer 30jährigen Frau eine sehr langsam
wachsende Geschwulst in der linken Brustdrüse. Bei der Punktion derselben
entleerte man Flüssigkeit. Es handelte sich also um eine cystische Ge-
schwulst der Brustdrüse. Exstirpation der Gystenwand. Heilung. —
Yillar betont die Seltenheit des Vorkommens von Cysten in der Mamma.
Gibson (12) fand bei einer 22 jährigen Frau, die einmal geboren hatte,
eine sehr starke Yergrösserung der linken Brustdrüse; dieselbe war
etwa noch einmal so gross als die rechte, die normalen Umfang besass. —
Beide Brüste sezemierten Milch. — Nach Gibson sei die doppelseitige
Hypertrophie der Brustdrüsen nicht allzu selten beobachtet. Dag^en werde
die einseitige Hypertrophie nur ganz vereinzelt angetroffen.
Griffith (13) beobachtete bei einem jungen Mann eine in der Achsel-
höhle gelegene überzählige Brustdrüse.
Primäre Tuberkulose der Brustdrüse wurde von Schley (30) in
einem Falle beobachtet Heilung nach Ablatio mammae. Die Achseldrüsen
zeigten nur eine sehr geringe Yergrösserung. Bei der mikroskopischen Unter-
suchung der amputierten Brust fand man in der Drüse ein Adenom, in d^
dasselbe aber umgebenden Gewebe Tuberkelknötchen mit Riesenzellen lud
Tuberkelbazillen. — 65 weitere Falle von Brustdrüsentuberkulose konnte
Schley bei dieser Gelegenheit aus der Literatur zusammenstellen; aber nur
in 12 dieser Fälle handelte es sich um primäre Brustdrüsentuberkulose.
Schley verbreitet sich schliesslich noch über die Art der Infektion bei diesem
Leiden und empfiehlt als rationellste, sicherste Behandlung die möglichst
frühe Amputation der erkrankten Mamma.
Adenombildung in einer versprengten Brustdrüse wird von
Fahr (10) beschrieben. — Bei einer sonst völlig gesunden, 26 jährigen Fat
fand Fahr in der einen Achselhöhle einen Tumor, der ezstirpiert wurde und
sich unter dem Mikroskop als ein Adenofibrom erwies.
Heller (14) veröffentlicht eine Beobachtung betreffend gummöse
Syphilis der Mamma. Die Krankheit sei sehr selten; in der gesamten
Literatur seien nur 40 — 50 vrirkliche Krankenbeobachtungen publiziert —
Bötticher, Verletzangen und chirurgische Krankheiten der Brustdrüse. 471
Genaae KrankeDgescbichte wird gegeben. Es haodelte sich um ein grosses
retromammilläxes Gamma, das entweder von der Fascie des M. pectoralis
oder Yom Muskel selbst ausgegangen war. — Diagnose, Prognose und Therapie
werden eingebend erörtert.
Baldassarri (1) berichtet über zwei klinische Fälle von Mamma-
krebs und glaubt damit einen Beitrag zur Parasitentheorie der malignen
Tumoren zu liefern. R. Giani.
Fiorani (11) berichtet über 52 Fälle von Mammatumoren, die in
der chirurgischen Abteilung Giordanos des Krankenhauses in Venedig ope-
riert wurden. Der Prozentsatz der verschiedenen Tumoren war folgender:
Krebse 65,3 «'/o, Adenofibrome 19,4^/0, Sarkome 11,5^/0, Galaktooelen 5,6^/0.
Von 10 operierten Fällen von Adenofibrom rezidivierten nur 2; 3 operierte
Fälle von Galaktocele kamen zur Heilung; bei diesen handelte es sich nach
Verf. um Adenofibrome, deren Zellen ausser einer gesteigerten reproduktiven
Funktionalität auch eine übermässige sekretorische Funktionalität besassen;
von 34 Fällen von Krebs bei Frauen wurden 31 operiert mit 29 Heilungen
und 2 Todesfallen; davon rezidivierten 9; am Leben blieben 25 Operierte,
6 starben (nach Verlauf von 3 Jahren). Von 6 Fällen von Sarkom wurden 5
operiert; in IFall stellte sich Rezidiv ein; 1 nicht operierter Fall hatte letalen
Ausgang. R. Giani.
Pilcher (27) berichtet über 43 Fälle von Mammaamputationen
wegen Karzinom. Er hebt die guten Erfolge der totalen Entfernung beider
Pectorales imd Ausräumung der Axilla und des Supraklavikularraumes bei
vorgeschrittenen Erkrankungen hervor. Maass (New- York).
Oppenheimer (25) liefert einen statistischen Beitrag über die Ätio-
logie, Therapie und Prognose des Carcinoma mammae. Seine Arbeit
umfasst die Fälle, die in den Jahren 1887 bis 1900 an der Würzburger
chirurgischen Universitätsklinik zur Beobachtung bezw. B^andlung kamen,
im ganzen 141 Mammakarzinome. Was die Häufigkeit derselben gegenüber
den sonstigen chirurgischen Erkrankungen der Frauenabteilung anbetrifft, so
ergab sich für das Mammakarzinom der Prozentsatz von 2,6. Das durch-
schnittliche Alter der Patientinnen betrug 52,4 Jahre. Die älteste von ihnen
zahlte 87, die jüngste 21 Jahre. Was die Ätiologie des Brustkrebs anbetrifft,
so spricht Oppenheimer auf Grund seines Materials sich dahin aus, dass
vorausgegangene Geburten nicht als prädisponierendes Moment für die
Entwickelung eines Mammakarzinoms angesehen werden können. Wohl aber
glaubt er, dass die Mastitis ein die Entstehung des Mammakarzinoms be-
günstigender Faktor sei. — 8,3 ^/o der Frauen mussten als hereditär belastet
angesehen werden.
Über die Prognose des Mammakarzinoms sagt Oppenheimer auf
Grund seines Materials folgendes:
Bei einer Sterblichkeit von 6^/o traten Dauerheilungen in 16 ^/o
der Fälle ein, während die nicht endgültig Geheilten die Opera-
tion um durchschnittlich 20 Monate überleben« Die Aussicht auf
Dauerheilung ist bei jugendlichen Patientinnen gering; sie ist um
so grösser, je früher das Karzinom operiert wird.
Oppenheimer rät, prinzipiell jede Geschwulst aus der weiblichen
Brustdruse in Narkose zu exzidieren und, falls sich der Tumor bei mikro-
skopischer Untersuchung als bösartig erweist, die Amputatio mammae mit
Ausräumung der Achselhöhle sofort anzuschliessen.
472 Jahresbericht JPQr Cbirargie. II. Teil.
Anschliessend an eine Arbeit von Spethmann, in der über 42 Fälle
von Carcinoma mammae, die an der chirurgischen Klinik zu Kiel in der
Zeit vom 1. IV. 1899 bis 30. VII. 1901 beobachtet worden waren, referiert
wurde, berichtet jetzt C. thor Straten Wolf (37) über weitere 19 Fälle, die
in der Zeit vom 1. VIII. Ol bis 19. VI. 02 zur Behandlung gelangten. Eine
Patientin starb vor der Operation, 18 wurden nach der von Helferich
geübten Radikaloperation (vergl. Spethmann, Diss. Kiel 1901) operiert. Das
Durchschnittsalter der Patientinnen lag jenseits des 45. Jahres. Die rechte
Brust war häufiger befallen als die linke. Den Geburten und der Laktation
will Verf. keine grössere Bedeutung beimessen. Bei 6 der operierten 18
Patientinnen hatte in früheren Jahren Mastitis bestanden. — Ein Urteü über
Dauerresultate, Heilung kann Verf. nicht abgeben; die Beobachtnngszeit
war eine viel zu kurze.
Auch die Arbeit von Negri (24) über die Exstirpation des Brust-
drüsenkrebses gibt nur eine synthetische Rundschau über die behan-
delten Fälle.
Bröse (4) empfiehlt für die Fälle von gutartiger Geschwulst-
bildung in der Brustdrüse, bei denen wegen der Ausdehnung des TumoTB
die Amputation der Mamma in Frage kommt, folgende Methode: Er 1^ in
der zwischen Brustdrüse und Brustwand sich vorfindenden Hautfalte einen
möglichst kleinen Schnitt an, der nach oben etwas konkav verläuft, und
schält die Drüse subkutan aus, durchtrennt die Ausführungsgänge unter ier
Mammilla, diese selbst erhaltend, trennt die Drüse von der Fascie des Muscl
pectoralis ab und löst sie endlich oben unterhalb der Haut aus. Nach Unter-
bindung der Gefässe wird der Hautschnitt wieder vereinigt, der schlaffe leere
Hautsack drainiert. Kompressivverband.
Die Methode, die Bröse bei zwei seiner Patientinnen ausgeführt hat»
liefert ein ausgezeichnetes kosmetisches Resultat, und zwar deshalb, weil mit d^
Zeit der schlaffe Hautsack sich wieder mit Fett anfüllt. Es bildet sich nach einem
gewissen Zeitraum, zumal wenn die Patienten fetter werden, eine Pseudo-
mamma, so dass durch den Anblick nicht zu erkennen ist, dass bei der
Frau die Ausschälung einer Brustdrüse vorgenommen wurde. Die Hautnaxbe
kommt dabei unter die neugebildete Fettmamma zu liegen und ist kaum noch
zu erkennen.
Glermont (5) weist auf die Tatsache hin, dass zuweilen bei Brust-
krebs die Axillardrüsen gar nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, wohl
aber diejenigen Drüsen, die auf dem Stemum liegen (Ganglions mammaires
internes, bezw. Ganglions presternaux). — Seine Beobachtung betrifft
eine 58 jährige Frau, die an einem linksseitigen Mammakarzinom litt. Die
Axillardrüsen waren nicht geschwollen, weder auf der gesunden, noch auf der
kranken Seite. Wohl aber fand sich auf dem Stemum am oberen Rande
des Manunatumors ein kleiner harter, nicht druckempfindlicher Knoten, so
gross wie eine kleine Nuss. Auch die Drüsen in den Klavikulargruben zeigten
keine Schwellung. — Bei der Operation des Mammatumors kam es zu einem
Pneumothorax, der aber von der Patientin glücklich überwunden wurde. -
Acht Monate nach der Operation ging die Patientin an einem Lebertumor
zugrunde; ein lokales Rezidiv war nicht aufgetreten; vor allem waren auch
die Axillardrüsen frei geblieben. Dagegen hatte der auf dem Brustbein ge-
legene Tumor Apfelgrösse erreicht und war mit der Haut verwachsen.
Bötticher, VerletzungeD and chirurgische Krankheiten der Brustdrüse. 473
Demoalin (7) rühmt die Vorzüge des tod Morestin für die Ope-
ration gutartiger Brustdrüsengeschwülste angegebene Verfahren (ästhetische
BrustampatatioD). Der Schnitt wird in der betreffenden Achselhöhle inner-
halb des Haarbezirks geführt und von hier aus der hervorgezogene Tumor
herausgeschält. Die Narbe sei später völlig verdeckt.
Demouli n bringt dabei die Krankengeschichten zweier von Morestin
aaf diese Weise operierten Franen, indem er die Technik noch einmal aus-
führlich beschreibt. Beide Male handelte es sich um Adenofibrome. — Es
wird ein Drain eingeführt, das nur 48 Stunden liegen bleibt. In einem der
Falle bildete sich trotz Drainage ein Hämatom ans, das sich allerdings spontan
znrückbildete. — Bei beiden Operierten erzielte man auf diese Weise kaum
sichtbare Narben. Eine Verunstaltung der Büste wurde vermieden. — More-
stin habe bis jetzt viermal diese Methode angewandt, stets mit gleich gutem
Resultat. Allerdings habe er seine Fälle ausgewählt, indem er nur zweifellos
gutartige, wohl begrenzte, gut bewegliche und gegen die Unterlage gut ver-
schiebliche Tumoren auswählte, die namentlich auch nicht fest an der Mamillla
hafteten.
Hämorrhagieen seien bei soi^^faltiger Blutstillung nicht zu fürchten. Im
Notfalle sichere das Drain den Abfluss des Blutes. Auch würden kleinere
Extravasate leicht resorbiert, wenn nur die Asepsis bei der Operation gewahrt
worden wäre. Morestin glaubt, dass alle gutartigen Tumoren auf diese
Weise zu entfernen seien. — Wenn es darauf ankomme, einer jungen Frau
die Schönheit zu erhalten, könne sich der Chirurg wohl schon einige Mühe
geben.
Morestin (22) beobachtete bei einer 56jährigen Frau an ein- und
derselben Brust zwei räumlich voneinander ganz getrennte
Krebse, und zwar handelte es sich um ein Epitheliom der Brustwarze, sowie
am einen Drüsenkrebs der Brustdrüse selbst. Operation. Heilung. — Die
Tumoren vrurden von Brault einer sorgfältigen histologischen Untersuchung
unterworfen und die aus dem makroskopischen Befunde gestellte Diagnose
voll und ganz bestätigt.
Mauclaire (19) schildert an der Hand eines Falles von Adeno-
Fibro-Myxo-Sarkom der Brustdrüse bei einer 58jährigen Frau die
klinischen Symptome, die Prognose dieser Affektion. Es handelte sich um
eine sehr langsam wachsende, enorm grosse, unregelmässige, höckerige Ge-
schwulst mit starker Erweiterung der Hautvenen, aber ohne Beteiligung der
Lymphdrüsen. — Die Affektion sei sehr selten; er habe sie sonst nur noch
ein einzigesmal in seiner Praxis beobachtet. Mauclaire operierte nach
Hai st ed. Die Prognose sei bei derartigen Geschwülsten der Brustdrüse
stets eine sehr ernste.
Cornil (6) berichtet über einen von Vigouroux mit X-Strahlen
anscheinend erfolgreich behandelten Fall von Carcinoma mammae.
42jährige Frau, die schon 7 Jahre lang an Brustkrebs litt, die Ope-
ration aber verweigerte. Der Tumor war bereits ulzeriert. Vorausgegangen
war eine Behandlung mit Ghininum hydrochloricum (1 g pro die). — Vigou-
roux wandte die X-Strahlen mit grösseren Unterbrechungen 18 Monate hin-
durch an. Es erfolgte ganz allmählich Abstossung der Neubildung, langsame
Vemarbung neben wiederholter nochmaliger Ulzeration. — Man gewann den
Eindruck, als ob die X-Strahlen nicht ohne Einfluss auf die Heilung gewesen
seien; allerdings gesteht Gor nil, dass eine mikroskopische Untersuchung, die
474 Jahresbenoht für Chimrgie. II. Teil.
jedem Zweifel über die krebsige Natur der Neubildung behoben hätte, nicht
stattgefunden habe.
Gornil glaubt, dass die X-Strahlen imstande seien, das Wachstum des
Tumors aufzuhalten, die Neubildung von Zellen zu verhindern, ind^n sie nicht
nur auf die Oberfläche der Haut, sondern auch auf die tiefei^elegenen Ge-
websschichten einwirken.
Snow (33) glaubt für cystische Tumoren der Mamma fönendes
eigenartige, unblutige Behandlungsverfahren empfehlen zu können:
Von dem Gedanken ausgehend, dass diese Cysten auch bei Unverhei-
rateten meistens Retentionscysten seien, deren Inhalt, der aus umgewandelter
Milch bestehe, man in Narkose aus der Mammilla ausdrücken könne, schlägt
er vor, diese Geschwülste mit Massage energisch zu behandebi und wUl davon
auch gute Erfolge bereits gesehen haben.
V. Mikulicz und Fittig (20) publizieren ihre Erfahrungen über die
Behandlung des Brustdrüsenkrebses mit Röntgenstrahlen. Es
handelte sich um einen 52 Jahre alten Mann, bei dem sich auf der linken
Brust in der Gegend, wo sonst die Mammilla liegt, ein ovales Ulcus vorfand.
— Zunächst wurden in beiden Achselhöhlen die dort befindlichen Drusen-
metastasen operativ entfernt ; dann schritt man zur Behandlung mit X-Strahlen.
Im ganzen fanden sechs Sitzungen statt mit steigender Expositionsdauer.
Nach etwa 4 Wochen bezw. nach fünf Sitzungen war eine einheitliche Besse-
rung bemerkbar. Das Geschwür verkleinerte sich durch Epithelialisiemng vom
Rande her. Earzinomzellen liessen sich auf den Schnittpräparaten nicht mehr
nachweisen. Nach 3 Monaten war das Geschwür völlig ausgeheilt und zwar
mit gut verschieblicher, einwandfreier Narbe. Trotz dieses guten Erfolges
glauben die Berichterstatter, dass abgesehen von den oberflächlich gelegenen,
langsam wachsenden Krebsgeschwülsten die Exstirpation des Krebses mit dem
Messer dennoch das souveräne Mittel bei der Ausrottung der Karzinome
bleiben müsse.
Auch Kronfeld (16) glaubt, durch Röntgenstrahlen einen Fall von
Carcinoma mammae dauernd geheilt zu haben. Bei der betreffenden Frau
war die ganze linke obere Thoraxhälfte von einem Tumor eingenonmien; in
der Achselhöhle, in den Klavikulargruben stark geschwollene Drüsen; die
Oberfläche der Geschwulst war grösstenteils ulzeriert und mit jauchigem Sekret
bedeckt. Die Diagnose lautete : Inoperables Karzinom der linken Mamma mit
lentikulären Metastasen in der Haut. ^ Schon nach der 3. Bestrahlung liessen
die heftigen lancierenden Schmerzen nach; die jauchige Sekretion nahm ab.
— Bei Fortsetzung der Bestrahlung weitere Besserung, eigentlich von Tsg m
Tag. — Schliesslich blieb eine glatte Narbe zurück; die Hautmetastasen waren
geschwunden. Das Allgemeinbefinden der Frau hatte sich ganz erheblich
gebessert.
Schulz, Verletzungen und chirarg. Krankheiten der Pleura und Lunge. 475
IX. \
Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Pleura
und Lunge.
Referent: J. Schulz, Baxmen.
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Orvosi Hetilap 1903. Nr. 15.
PTitzuriaiiu(21). Im Laufe einer Appendicitis kann der infektiöse
Prozess vom Wurmfortsatze aus sich auf entfernte Organe ausbreiten; so
entsteht zuweilen eine Pleuraentzündung , namentlich rechts. Es ist hierfär
nicht notwendig, dass die Appendicitis besonders schwer sei. Die Infektion
der Pleura geschieht hauptsächlich auf lymphatischem Wege, wie dies
Putzurianu experimentell nachweisen konnte. Er fand bei Hunden, dass nach
Infektion des Cöcum Hypertrophien und Vereiterungen der mesenterialen
Lymphdrüsen namentlich an der rechten Seite auftreten, ausserdem entwickelt
sich Pleuritis mit vorwiegender Beteiligung der rechten Pleura. Zahlreiche
Kongestionszonen sind namentlich über den unteren Lungenlappen verbreitet,
beide Pleurahöhlen enthalten trübe Flüssigkeit und Anfange von Pseudo-
membranen. Leber, Nieren, Lungen und Hirn hingegen bieten keinerlei
Läsionen; die Kulturen aus dem Blute sind negativ, während diejenigen ans
den Lymphdrüsen und der Pleurahöhle fast immer positiv ausfallen. Ähn-
liche Resultate erhält man auch durch die Infektion des Mesococum. In
seltenen Fällen ist auch die Leber kongestioniert und enthält zahlreiche kleine
Abszesse.
Wenn man aber die virulenten Kulturen in eine Vene des Göcnm
hineinbringt, so sind die Folgen ganz andere. Man findet, je nach der
Lebensdauer des Tieres (3—30 Tage), entweder nur Infarkte und Kongestionen
in den Lungen, der Leber, den Nieren, Hypertrophie der Milz und keinerlei
Vergrösserung der Lymphdrüsen, bei Fehlen jeglicher pleuraler Erscheinungen,
oder es haben sich bereits Abszesse in allen diesen Organen entwickelt
Entsprechend den Lungenabszessen sind auch die Pleuren kongestioniert and
enthalten die Brusthöhlen blutige oder eitrige Flüssigkeit. Aus allen diesen
Teilen, mit Ausnahme der Abdominalganglien, fallen die Kulturen positiv ans.
Aus diesen Experimenten schliesst Putzurianu, dass die app^ikn-
läre Pleuritis das Resultat einer Infektion auf lymphatischem Wege sei. Doch
sind die Vorgänge dabei nicht immer gleich : entweder zeigen die Lymphwege
keinerlei Veränderung und der infektiöse Prozess erscheint nur in der Pleura
(appendikuläre Pleuritis ä distance), oder die Lymphwege bieten selbst E^
scheinungen von Infektion, die sich schrittweise fortpflanzt und nach Bildung
Schals, YerletzoDgen und ehirarg. Krankheiten der Plears und Lunge. 477
TOD partieller oder allgemeiner Peritonitis, von Perihepatitis, subdiapbrag-
matischen Abszessen n. s. w. auf die Pleura übergreift (appendikuläre Pleu-
ritis durch Kontiguität). Endlich können perihepatische oder subdiaphrag-
male Abszesse in die Brusthöhle durchbrechen und eine Perforationspleuritis
bewirken.
Die appendikuläre Pleuritis kann trocken oder exsudativ (sero-fibrinös,
eiterig oder blutig sein. Die Symptome sind die gleichen wie bei jeder
anderen Pleuritis ; Husten fehlt in vielen Fällen. Man kann gangränöse oder
putride Pleuresien finden, auch kann es zur Bildung eines Pyopneumothoraz
kommen.
Die Prognose hängt von zahlreichen Faktoren ab, doch kann sie als
günstig bezeichnet werden, falls andere Komplikationen fehlen. Bezüglich
der Behandlung ist zu erwähnen, dass die trockenen Pleuresien medizinisch
zu behandeln sind, während bei den exsudativen Formen energisch, durch
Plenrotomie und Rippenresektion vorgegangen werden soll, namentlich wenn
es sich um eiteriges Exsudat handelt.
V. Stenitzer (25) bespricht im Anschluss an die Krankengeschichte
einer Pleuritis diaphragmatica ohne Exsudat die besonderen Kennzeichen, die
eine Frühdiagnose ermöglichen. An erster Stelle stehen die Schmerzen, die
durch jede Bewegung des Zwerchfells ausgelöst werden (z. B. Aufstossen,
Singnltus) und sehr weit, bis in die Schulter, ausstrahlen. Ausserdem gibt
es zwei charakteristische Druckpunkte, den Mussy sehen und den Phrenikus-
dmckpunkt am Halse. Sodann finden sich Störungen der Zwerchfelldynamik :
einseitiger Hochstand des Zwerchfells, unzureichende Zwerchfellatmung, oder
auch Zwerchfelhreizung. Und schliesslich kommen noch die Reflexzuckungen
des Bectus abdominis in Frage. Diese Zuckimgen erfolgen nur auf der Höhe
der Einatmung, sind auf die kranke Seite beschränkt und betre£fen nur den
obersten Teil des Muskels, bezw. seine Ansatzportionen an Rippenknorpel und
Schwertfortsatz. Diese Reflexzuckung ist von einer raschen Anspannung der
gesamten Bauchmuskulatur gefolgt, die anscheinend als eine Fortleitung der
reflektorischen Erregung vom Rectus aufzufassen ist und ihre Erklärung in
den innigen reflektorischen Beziehungen zwischen Zwerchfell und Baucbmus-
kulatur findet.
Von den übrigen Symptomen können allenfalls noch der quälende Husten
ond die oft starke Dyspnoe zur Diagnose verwertet werden, diese namentlich
dann, wenn ausser der schmerzhaften Behinderung der Atmung keine andere
Ursache für die Dyspnoe gefunden werden kann.
Bovsz6ky (5). In der zweiten chirurgischen Klinik in Budapest wurden
in den letzten zehn Jahren insgesamt 301 Thoraxverletzungen beobachtet;
darunter waren 153 Stichverletzungen (42 penetrierend) und 148 Schusswunden
(89 penetrierend).
Bei den nicht penetrierenden Stichwunden ist unsere erste Aufgabe das
Stillen der Blutung. Liegt die Quelle der Blutung tief, so können wir dieses
nur durch Erweitem des Stichkanals erreichen. Was die Blutung aus der
Art. mammaria int. oder aus der Art. intercostal. betrifft, so ist entweder
das Unterbinden der blutenden Gefasse nach Rippenresektion oder das Tam-
ponieren notwendig. Bei 91 Kranken wurde die Naht angewendet; in 82
Fällen heilten die Wunden per primam intentionem.
Von 59 nicht penetrierenden Schussverletzungen des Thorax nahmen
drei einen tödlichen Verlauf; 56 Verletzte genasen ohne Eiterung unter
478 Jahresbericht fUr Chirurgie. IL Teil.
einem einfachen Deckverbande. Die Kugel wird nicht nnr in jedem FaBe
entfernt, in dem sie irgendwelche Störung verursacht, sondern auch dann,
wenn ihr Sitz bestimmt nachzuweisen und es möglich ist, sie ohne grossenn
Eingriff zu entfernen. Die Kugel wird niemals durch den Schusskanal h^ans-
genommen, sondern immer durch direktes Einschneiden.
Bei den penetrierenden Thoraxverletzungen bilden die häufigsten und
wichtigsten Komplikationen die Lungenyerletzungen ; in einigen Fällen kam
es zu einem Lungenprolaps durch die Wunde.
Die Verletzung der grossen Gefasse der Brusthöhle bilden selten den
Gegenstand chirurgischer Behandlung, da die meisten derartigen Verletzung^
sehr bald den Tod herbeifuhren. Das Herz und der Herzbeutel werden dnrch
Schüsse und Stiche oft verletzt; aber auch diese Verletzungen kommen selten
zur Behandlung, da sie meist den sofortigen Tod des Verletzten herbeifuhren.
Bei der Behandlung der penetrierenden Thoraxverletzungen sind die
Gegenstände noch grösser als bei den nicht penetrierenden. Die von
Bovsz6ky mitgeteilten Erfolge zeigen, dass frische Stichwunden in da
Praxis als aseptisch betrachtet werden können und auch als solche zu be-
handeln sind, ebenso wie die Schusswnnden. Im allgemeinen ist bei LungsD-.
Herzbeutel- und Herzverletzungen eine exspektative Behandlung am Platan.
Eine operative Behandlung soll hier nur auf Grund strenger Indikation ba
solchen Verletzungen versucht werden, die mit einer das Leben direkt ge-
fährdenden schweren Blutung verbunden sind.
Zimmermanns (32) Methode bildet eine Modifikation desRouxscheD
Züchtungsverfahrens, nur dass Zimmermann als Nährboden nicht kleine
Kartoffelscheibchen in Eprouvetten verwendet, sondern grössere Glyzerin-
Kartoffel-Scheiben mit gerippter Fläche in Glasdosen und unter hermetischem
Verschluss.
5 — 10 ccm eines aseptisch entnommenen Pleuraexsudates können hi«
bequem überimpft werden und erreicht man dann, trotz minimaler Anzahl
der enthaltenen Bazillen, nach 21 — 32 Tagen typische Kolonien. In den drei
untersuchten Fällen war nach dieser Frist das Resultat ein positives.
Schrötter (26) berichtet über Versuche zur Heilung geschlossenen, ins-
besondere traumatisch entstandenen Pneumothorax, von der Absicht ausgehend,
dass die in den Pleuraraum ausgetretene, zumeist aus Stickstoff bestehende
Luft nur sehr schwer resorbiert werden kann, und demgemäss auch im üb-
rigen günstig sich gestaltende Fälle unter der langen Resorptionsdauer des
Pneumothorax leiden. Könnte man die ausgetretene Gasmasse durch dse
solche ersetzen, welche rasch resorbiert wird, so könnte ein beschleunigter
Rückgang des Pneumothorax, eine rasche Wiederausdehnung der koUabierteii
Lunge erreicht werden. Vortragender machte daher bei einem an Tuberkukne
leidenden Kranken mit Pneumothorax Dezember 1902 den Versuch, das in
der Pleurahöhle angesammelte Gas zu entfernen und dasselbe gleichzeitig
durch Sauerstoff (Injektion von 1 Liter) zu ersetzen. Wenn das Verfahren
auch in dem vorliegenden Falle ohne günstigen Eänfluss war, so empfiehlt
Vortragender doch das Verfahren in Fällen frischen traumatischen Pneumo-
thorax mit geschlossener Kommunikation zu versuchen.
Martens (12) stellt einen Patienten vor mit einer seit Jahren be-
stehenden grossen Öffnung und Höhle im Thorax, mit einw Ösophagus- ukI
multiplen Bronchialfisteln nach Empyem. Der Kranke war schon vor 10 Jahren
wegen Lungentuberkulose behandelt worden, hatte 1896 ein Empyem bekom-
Schulz, VerleizQDgen und cbirnrg. ErankHeiten der Pleura und Lunge. 479
men, das Yon S ick in Hamburg operiert wurde, dem die freundlichen Nach-
richten zu verdanken sind. Während der Nachbehandlung trat die Ösophagus-
fistel auf, als deren Ursachen verkäste Bronchialdrüsen angesehen wurden.
Eiterverhaltung und spätere Neuralgien machten Nachoperationen erforder-
licL Nach einem Jahre wurde der Kranke in leidlichem Zustande mit kleiner,
wenig sezemierender Fistel entlassen.
Dieselbe soU zweimal zugeheilt, aber immer wieder aufgebrochen sein,
b einer Berliner Klinik wurde der Versuch zur operativen Heilung ohne Er-
folg nochmals gemacht.
Jetzt besteht in der rechten hinteren Thoraxwand eine Öffnung von
4Vs : 3^/8 cm, die in eine Höhle führt, deren grösste Tiefe S^/s cm nach links
und nach rechts 7 cm beträgt. 10 Bronchialfisteln sind erkennbar von ver-
schiedenem Kaliber. Ganz hinten oben liegt eine Ösophagusfistel unmittelbar
neben fingerdicken, stark pulsierenden Gefassen. Aus der Ösophagusfistel ent-
leert sich nur beim Trinken etwas Flüssigkeit (Demonstration mit Milch). Die
Lungen weisen sonst nur geringe Veränderungen nach, im spärlichem Sputum
sind Tuberkelbazillen (1896 f) nicht mehr nachweisbar. Der Allgemeinzustand
ist ein guter. Die Höhle muss alle 2 Tage frisch locker tamponiert werden,
und darüber wird ein Mooskuchenverband angelegt. Der Kranke kommt seit
Jahren in die Poliklinik zum Verbinden, nachdem er vorher zwecks Beseitigung
des Zustandes in der Klinik war. Doch erscheint — wie auch damals —
eine operative Heilung ausgeschlossen wegen der unmittelbaren Nähe der
Fisteb und der grossen Gefässe und ist deswegen nicht versucht.
Heinlein (8). Nach einleitenden Bemerkungen über die Geschichte der
Resektion der Brustwand bei Neubildungen und die dem Organismus durch
die plötzliche Eröffnung der Brusthöhle und den dadurch in akutester Weise
entstehenden Pneumothorax drohenden Gefahren — Veränderungen der Druck-
Y^haltnisse im Brustraum, Reizung der Sympathikusnervenendigungen auf
der Pleuraoberfläche mit reflektorischer Wirkung auf den Herzvagus — ge-
denkt He in lein der gemachten Fortschritte mit Bezug auf die unter Be-
rücksichtigung der erwähnten perniziösen Verbältnisse angegebenen Verfah-
mngsweisen von Delageniere und Dollinger.
Im Anschluss teilt Heinlein den Operationsbericht einer einschlägigen
eigenen Beobachtung mit.
Es handelte sich um einen 21jährigen Ingenieur, bei welchem sich nach
einem geringfügigen Trauma innerhalb eines Vierteljahres eine solide Ge-
schwulst nahe dem rechten Rippenbogen etwas nach aussen von der rechten
Brustwarzenlinie bis zur Ganseigrösse entwickelt hatte. Die Geschwulst war
derb, sass den Rippen unverrückbar auf, wie auch die bedeckende Haut un-
Terschieblich in der Geschwulst aufgegangen war, welche nur ganz flache
Prominenz nach aussen und keine Druckempfindlichkeit zeigte. Bei der im
Verein mit Herrn Dr. Oefelein, welchem Berichterstatter die Beobachtungen
verdankt, betätigten Operation wurden zunächst in S c h 1 ei c hscher Infiltrations-
anästhesie oberhalb der Geschwulst, an dem oberen Rand der 7. Rippe die
Brusthöhle eröffnet, und lateral zu der Geschwulst die 7. Rippe durchtrennt.
Dann wurde die Wunde mit stumpfem Haken offen gehalten und der sehr
intelligente, und auf den Gang der Operation vorbereitete Patient aufgefordert,
gleichmässig tief und ruhig weiter zu atmen. In den nächstfolgenden 12 Mi-
nuten war nun eiue wesentliche Veränderung an Atmung nnd Puls nicht zu
bemerken, insbesondere konnte bei den gleichmässigen tiefen Atemzügen eine
480 Jahresbericht fttr Chiraifpe. 11. TeiL
auffällige Einwirkung des äusseren Luftdrucks auf die Lungen nicht festr
gestellt werden, so dass es zulässig schien, zum Zwecke der Fortsetzung des
Eingriffes zur Ghloroformnarkose überzugehen. Alsbald mit Beginn des Stadiums
der Exzitation, als Patient anfing, forciert zu exspirieren und zu pressen, ver-
änderte sich die Situation in ungünstigster Weise. Der bei tiefen, ruhigen
Atemzügen nur langsam sich ausbreitende Pneumothorax nahm rapide zu,
Patient wurde stark zyanotisch, der Puls wurde klein, so dass sofort die
Narkose unterbrochen und der Eingriff rasch zu Ende geführt werden musste.
Durchtrennung der 8. und 9. Rippe, Abwärtsklappen der Geschwulst, Durch-
trennung der Pleura im untersten Wundabschnitt, Abtrennung des Rippea-
bogens, soweit er mit den lateralwärts durchtrennten Rippen in Beziehung
stand, von den anhängenden muskulösen Gewebsteilen, Gefäss- und Wand-
Versorgung. Pat. war unterdessen aus der Narkose erwacht, lag, in das Bett
verbracht, im schweren Kollaps mit unfühlbarem Puls, sehr frequent und ober-
flächlich atmend. Unter wiederholten Kochsalzinfusionen und reichlichen
Kampferinjektionen wurde — jedoch erst nach mehreren Stunden — der
Kollaps überwunden. Die histologische Untersuchung der entfernten Geschwulst
stellte ein Chondrosarkom fest. Der Weiterverlauf gestaltete sich unkompli-
ziert, das emporsteigende Zwerchfell füllte den grössten Teil des grossen Bröst-
wanddefektes aus, die Wundfläche verkleinerte sich allmählich unter aus-
giebiger Heranziehung der Hautwundränder. Nach 10 Wochen war solide
Yemarbung eingetreten. Im Anschluss an den Eingriff bestand nur kon
dauerndes schwaches Fieber, dagegen waren der Puls und Atmung längere
Zeit beschleunigt geblieben und erst nach 4 Wochen zur Norm zurückgekehrt
um welche Zeit auch der Pneumothorax erst zur völligen Resorption gekom-
men war. Pat. ist seit Oktober des Vorjahres wieder in seinem Beruf tatig,
frei von jeglichen Beschwerden. Das Präparat wird vorgelegt.
Die mitgeteilte Beobachtung hat die Erfahrung bestätigt, dass der wäh-
rend der Ghloroformnarkose auftretende Pneumothorax die ernstesten Folgen
zeitigt. Obgleich im geschilderten Fall nach Eröffnung der Brusthöhle g^
räume Zeit verstrichen war, ohne dass bedrohliche Erscheinungen offenbar
geworden wären, so dass man sich zur gefahrlosen Einleitung der ChloroforiD-
narkose berechtigt fühlen konnte, hatte doch die begonnene Narkose die ge-
fürchteten Zufälle im Gefolge gehabt, offenbar weil unter dem Einfluss der
anfangs regelmässigen, tiefen Atmung der Pneumothorax sich nicht hinreichend
noch entwickelt hatte, so dass die gefürcbtete Gefahr erst offenbar wurde,
als unter der Einwirkung der forcierten Exspiration der vollendete Pneumo-
thorax sich in akutester Weise entwickelte und die bedrohlichen Folgen he^
vorrief. Nachdem nun in gleichen Fällen, die unter Schi ei chs Infiltratioiis-
anästhesie begonnenen Operationen wegen der erforderlichen grossen Mengen
von Infiltrationsflüssigkeit mit dem gleichen Verfahren nicht zu Ende ge-
führt werden können, rechtfertigt die aus der erörterten Beobachtung ge-
schöpfte Erfahrung die Forderung, den Vorschlag Dollingers, welcher nach
Schleichs Verfahren den Einschnitt in die Brustwand zur Erzeugung des
Pneumothorax einen Tag vor der definitiven in Narkose erfolgenden Be-
seitigung der Neubildung anlegt, als rationellstes Verfahren für die Beseitigang
der Geschwülste der Brustwand, soferne sie dieselbe durchsetzen oder bösartig
sind, zu empfehlen.
Musiel (16) berichtet über 17 seit dem Jahre 1896 in der Breslaner
Klinik behandelte Fälle von chronischem Empyem.
Schulz, YerleizoDgen und chirurg. Krankheiten der Pleura und Lange. 481
Von den 17 Patienten sind drei gestorben ; einer an lobulärer Pneumonie,
einer an ausgedehnter Aktinomykose und einer an einem Gehimabszess.
Von den übrigen wurden die vier tuberkulösen Patienten als etwas ge-
bessert aus der klinischen Behandlung entlassen, ein auf Tuberkulose stark
terdachtiger wurde ungeheilt in ein Solbad geschickt. Zwei Patienten wurden
mit fast vollständig mit Epithel bedeckter Narbe in die Heimat entlassen,
die übrigen schieden mit einer noch etwas sezernierenden Fistel als wesent-
lich gebessert aus der Klinik.
Die Dauer der Behandlung in der Klinik betrug 3 Wochen bis 3 Jahre,
doch bei dem am längsten in klinischer Behandlung gewesenen mit zahlreichen
Unterbrechungen.
Aus diesen Krankengeschichten können wir bezüglich der Behandlung
chromscher Empyeme die Erfahrungen der Breslauer Klinik in folgendem
kurz zusammenfassen:
L Bei Kindern, bei denen der Thorax noch sehr nachgiebig ist, kommt
man meistens mit Ausspülungen der Empyemhöhle mit Kochsalzlösung oder
Wasserstoffsuperoxydlösung und Einspritzungen von Karbolglyzerin in die
Empyemhöhle vollständig aus. Doch dürfen die Einspritzungen nur bei ge-
ringem Druck vorgenommen werden, um die Flüssigkeit nicht in die Lungen
einzupressen.
n. Bei Erwachsenen ist zunächst das Perthes sehe Aspirationsverfahren
anzuwenden. Von der Aspiration sind alle mit einer Lungenfistel komplizierten
Fälle auszuscUiessen. Die Erfolge des Aspirationsverfahrens werden von Zeit
sa Zeit durch Messung der Flüssigkeit, die die Empyemhöhle fassen kann,
kontrolliert.
ni. Bei denjenigen Empyemen, bei denen nach längerem Anwenden des
Aspirationsverfahrens keine weitere Verkleinerung der Empyemhöhle zu er-
reichen ist, wird die Schede sehe Thorakoplastik ausgeführt. Dieselbe wird
je nach dem Zustande der Lunge mit der Delorme sehen Entrindung kom-
biniert oder nicht.
IV. Bei Behandlung von Empyemen bei Phtisikem dürfte selten ein
Radikalverfahren angezeigt sein.
Dollingers (7a) Eingriffe bei eitrigen, nicht tuberkulösen Exsudaten
der Pleurahöhle sind folgende:
1. Akute Empyeme, die nicht septisch sind, werden nach Verfs. Methode
(Punktion mit grosskalibrigem Troikar und nachfolgende Einführung eines
Daner-Drainrohres durch die Troikar-Scheide) drainiert.
2. Akute septische Empyeme behandelt DoUinger mit Rippenresektion.
3. Bei chronischem Pyothorax sorgt er zuerst für den freien Eiterabfluss
uid kommt oft mit einer Rippenresektion aus. Wenn nicht, versucht er die
Delormesche Lungendekortikation , eventuell im Falle diese nicht gelingt,
die Thoraxresektion nach Estlander. Nur wenn die ganze Lunge kompri-
miert war und auch die Pleura stark verdickt ist, versucht Do Hing er als
Ultimum refugium die Operation nach Schede mit Entfernung sämtlicher
Rippen und des kailösen Brustfelles.
Während Do Hing er (7 b) bei Mischinfektionen in tuberkulösen Ex-
sndaten der Pleurahöhle die Behandlung mittelst der seinerseits inaugurierten
(s. Dollinger, Chirurgische Methoden, L Teil) Punktion und Drainage zu-
friedenstellend fand, konnte er bei rein tuberkulösen Exsudaten mit den
üblichen Methoden der Drainage oder Rippenresektion sich nicht abfinden:
JdffMbwrieht für Ghirargie 1903. 31
482 Jahresberioht für Chirurgie, ü. Teil
die ständige Fistel und die damit verbundene Gefahr einer septischen b-
fektion drängten ihn zu einem vorteilhafteren Vorgehen.
DoUinger behandelte 14 entsprechend gewählte Kranke mit Injektionen
von 10 ®/o Jodoform-Glyzerin-Emulsion. Die Injektionen wurden durchschnitt-
lich 8 — 10 mal wöchentlich wiederholt, die injizierte Menge schwankte zwischen
30 — 100 ccm. Das Exsudat nahm rasch ab, der Kranke entrinnt bei einiger
Vorsicht unsererseits den Gefahren einer Sekundärinfektion und auch der
ansonsten nötige, lästige Verbandwechsel fällt fort.
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Gobulow (20) vertritt auf Grund von Literaturangaben und eigenen
Beobachtungen die Ansicht, dass sowohl kleine (bei sogenannter Aortitis} ab
grosse Aortaerweiterungen einen ungewöhnlich hartnäckigen Trachealkatanb
mit ungewöhnlich heftigem, krampfhaften Husten zur Entwickelung bringen
können. Den Husten kann man auf Reizung des Vagus und Recurrens in-
folge Druckes der erweiterten Aorta zurückführen; dass auch durch Kom-
pression der Trachea Hustenanfälle veranlasst werden können, ist nach Ver-
fassers Ansicht zweifellos festgestellt; man denke nur an Mediastinaltumoren.
Boinet hat endlich durch Experimente nachgewiesen, dass die Reizung der
inneren Wand der Aorta mannigfaltige Reflezerscheinungen hervorruft, unter
anderem auch Husten. Endlich haben in Übereinstimmung mit letzterer Beob-
achtung Potain und seine Schüler den Nachweis erbracht, dass Husten bei
akuter Aortitis auftritt, wo von irgend einer bedeutenden Aortaerweitemng
nicht die Rede sein kann. Dass nun ein unter dem ELnfluss einer Aorta-
erweiterung entstandener hartnäckiger, keuchhustenartiger Husten Emphysem
verursachen kann, bezweifelt Gobulow nicht. Den gleichzeitig bestehenden
Trachealkatarrh führt er — jedoch mit Vorsicht — auf reflektorische Er-
regung vsusomotorischer und sekretorischer Nerven zurück. Es ist ihm mehr-
fach gelungen, die auf Grund dieser Überlegungen angenommene Diagnose,
Aneurysma aortae mit sekundärem Emphysem im Radiogramm bestätigt zn
finden; es handelte sich dabei auch um (anfangs) beginnende, durch die
früheren physikalischen Methoden noch nicht nachweisbaren Erweiterungen.
Emphysem hat Verfasser auch bei Patienten beobachtet, bei denen niclii
wie normal nur die Knorpel der 8.— 10. Rippe zusanmienflossen , sondern
bereits die der höheren von der 5., ja 4. Rippe ab. Die Folge dieser
Anomalie ist Starrheit des Thorax und verminderte Verschieblichkeit der
Lungenränder; subjektive Dyspnoe massigen Grades. Es entwickelt sich das
Emphysem in derselben Weise wie in gewissen Lungenabschnitten bei Indi-
viduen mit rachitischen Thoraxdeformitäten.
Gebauer (19) berichtet folgenden interessanten Fall von traumatisch
entstandener Lungentuberkulose. Im Juni 1902 stürzte der Arbeiter S. beim
Umladen von Kohlen aus einem Kahn in einen Eisenbahnwagen mit einer
gefüllten Kohlenkarre vom Laufbrett herab und wird dabei durch den Karren-
bäum der umkippenden Karre an der rechten Brustseite getroffen und mit
der Brust gegen die Wand des Eisenbahnwagens gepresst. Er spürte sofort
einen heftigen Schmerz in der rechten Seite, konnte aber nach Hause gehen.
Der Arzt konstatiert ;, leichte Quetschung der Weichteile in der rechten Brust-
seite in Höhe der 5. und 6. Rippe, leichten Bluterguss im Unterhaut-
zellgewebe an der verletzten Stelle.^ Bluthusten trat nicht auf. Nach
zweiwöchentlicher Behandlung kann S. gesund geschrieben werden. Bei an-
strengender Arbeit klagt er aber weiterhin über heftige innere Schmerzen,
ebenso bei tiefer Atmung. S. stellt Ansprüche auf Rente, wird aber auf
Grund ärztlicher Begutachtung, die absolut keine Krankheitserscheinungen
finden kann, abgewiesen. Eine vom Verfasser am 27. August vorgenommene
Scholz, Verletzungen and Chirurg. Krankheiten der Pleura und Lunge. 485
Dütersnchung stellt ebeDfalls normalen Schall über den Lungen, auf den
Spitzen, grosse Verschieblichkeit der Grenzen und reines vesikuläres Atmen fest.
22. Oktober 1902 erkrankt S. nach neuem Versuch zu arbeiten, mit
Frösteln und Husten, der zwei Tage später reichlich blutiges, geballtes, eiteriges
Sputum herausbefördert, in dem mikroskopisch Tuberkelbazillen nachgewiesen
werden. Der ganze rechte Oberlappen zeigt verkürzten Schall und vereinzeltes
feinblasiges Knisterrasseln. Bis Dezember 1902 ist Patient objektiv und sub-
jektiv wieder gebessert, der Lungenschall und das Atemgeräusch entsprechen
wieder überall der Norm. S. versucht wieder zu arbeiten, leidet seit Anfang
März 1903 aber wieder an Bluthusten, ohne dass aber trotz reichlicher
Tuberkelbazillen der Lungenbefund ein abnormer wäre. Verf. führt in seinem
Gutachten nunmehr folgendes aus: S. war früher stets gesund, ist nicht be-
lastet, auch lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer Infektion durch Verkehr
mit tuberkulösen Menschen nicht nachweisen. Seit dem Tage des Unfalles
klagt S. über Beschwerden in der betroffenen Brustseite, in der sich im Laufe
der Monate eine zwar zur Zeit noch nicht lokalisierbare Lungentuberkulose
entwickelt. Die Berufsgenossenschaft erkennt daher die Ansprüche an.
Bickel (4) bringt einen Fall von traumatischer Lungenhernie ohne
penetrierende Thoraxwunde.
Der SSjfthiige Patient wurde im Mai 1902 in die GOttinger medizinische Klinik auf-
genommen. Aus den Akten ergab sich, dass er im Dezember 1901 in einer Zuckerfabrik
zwei Riemen einer Maschine, die sich flbereinander geschlagen hatten, mit einem Stocke aus-
einanderbringen wollte ; dabei wurde der Stock von dem Riemenwerk gefasst, dem Manne gegen
die Brust und dieser dadurch gleichzeitig an eine Wand gepresst. Er wurde in ein Kranken-
haus geschafft; hier wurden Rippenkontusionen an der linken vorderen Brustseite, verbunden
mit dem Bruch mehrerer Rippen und einer hierdurch bedingten Lungenverletzung fest-
gestellt Insbesondere fand sidi in der Gegend der fOnften und sechsten Rippe links vorne
nnten eine oberflächliche Hautabschürfung, die beiden Rippen waren gebrochen und der
Thorax hier muldenförmig vertieft Ausserdem bestand Hautemphysem, Bluthusten und
Atemnot Der Klopfschall war an der betreffenden Stelle Über der Lunge gedämpft. Am
14. Februar 1902 wurde Patient aus dem Krankenhause entlassen.
Aus dem Befunde in der Göttinger Klinik (Mai 1902): Der Thorax ist
▼om in der linken Seite ziemlich flach; eine starke Abflachung findet sich
immittelbar an der linken Brustwarze; hier sieht man in der Höhe des fünften
Interkostalraums eine 2 cm lange feine, oberflächliche Narbe. Entsprechend
der eingesunkenen Stelle fühlt man links eine Anzahl Rippenverdickungen,
namentlich an der fünften, sechsten und siebenten Rippe. Zwischen der
forderen Axillar- und der Mammillarlinie findet sich linkerseits in der Höhe
der vierten bis sechsten Rippe Dämpfung des Klopfschalles mit abgeschwächtem
Atmungsgeräusch. Links hinten unten besteht geringe Dämpfung. Über
der linken Lungenspitze Dämpfung und rauhes Inspirium mit verlängertem
Exspirium. In der Gegend der Kontusion starke Druckempfindlichkeit, das
Herz nach links etwas verbreitert.
In einem von Ebstein erstatteten Obergutachten wurde dem Patienten
eine ünfallrente von 76 "/o zuerkannt und eine abermalige Untersuchung nach
Vi Jahren empfohlen. Letztere wurde erst im August 1903, also ein Jahr
und acht Monate nach dem Unfall vorgenommen. Der Befund über der
linken Lungenspitze war derselbe wie früher. Dagegen hatte sich der Klopf-
Bchall über den unteren Partien der linken Brustkorbhälfte sowohl vom wie
hinten aufgehellt, das Atmungsgeräusch war nicht mehr wesentlich abge-
schwächt. Die oben erwähnte muldenförmige Vertiefung war augenfälliger
geworden; beim Abtasten der vorderen und seitlichen linken Thoraxwand
486 Jahresbericht fOr Chirurgie. 11. Teil.
Hess sich unterhalb der Brustwarze ein birnenförmiger Spalt nachweisen, der
sich lateral wärts rasch verjüngte; er stellte den erweiterten vierten Inter-
kostalraum dar. Die fünte Rippe erschien links stark nach unten verschoben
und mit der sechsten Rippe tiefer zu inserieren als auf der rechten Seite.
Die ganze Partie medial und unten wie oben von dem birnenförmigen Aus-
schnitt erwies sich als eine höckerige Knochenplatte, die in das Stenram
direkt überging. Bei ruhiger Atmung senkt sich bei der Exspiration die
Mulde tiefer ein, während sie bei der Inspiration sich etwas abflacht Beim
Husten oder Pressen springt aus der Mulde ein etwa gänseeigrosser Tumor
hervor, der einen hellen Perkussionsschall erkennen lässt.
Die Vorbedingung für das Auftreten der Lungenhemie — streng ge-
nommen handelt es sich möglicherweise nur um einen Lungenprolaps —
scheint Bickei in der Läsion der Interkostalmuskeln neben der E^eitemng
des Zwischenrippenraums zu liegen. Dass im vorliegenden Falle die Heniie
durch den Exspirationsdruck entstanden sei, gehe daraus hervor, dass nur
dieser — nicht auch die Inspiration — das Lungengewebe aus der Lücke
herausschneilen lässt. Die Hernie wird nur bei starkem Exspirationsdruck
manifest und reponiert sich spontan, sobald dieser nachlässt.
Bickei gibt zum Schluss eine Übersicht über die neuere Literatur.
U. a. ist von Vogler eine traumatische Lungenhemie beschrieben worden.
Bickei betont die Bedeutung derartiger Beobachtungen für die Praxis der
Unfallbegutachtung. „Die Hernie kann sich erst Jahr und Tag nach dem
erlittenen Unfall ausbilden, ohne dass man ihren Charakter als Unfallfolge
wird leugnen dürfen.^
Karewski (31) glaubt, dass die Erfahrungen über obige Erkrankung
und ihre chirurgische Behandlung jetzt soweit gediehen seien, dass man von
einer wohlabgerundeten und gut begründeten Disziplin sprechen könne.
Schwierigkeiten bereitet mehr die exakte typische Diagnose des einzeteen
Falles, als der Eingriff selbst.
Nach Ansicht des Verfs. bildet die croupöse Pneumonie eine nicht
seltene Ursache für Ausbildung eines Lungenabszesses; auch die Influenza-
pneumonie kann zur Abszedierung Veranlassung geben; da sie jedoch aus
einzelnen kleineren Herden konfluiere, bildeten sidi auch mehrere Abszesse;
es fehle daher die Kommunikation mit grösseren Bronchien. Fremdkörper-
abszesse kommen nach Ansicht des Verfs. erst dann in Betracht, wenn der
Fremdkörper selbst mit Bronchoskopie entfernt ist, da das Herausfinden des-
selben bei der Operation enorm schwer sei. Eine viel günstigere Prognose
geben die nach Arrosion der Lunge durch Eiterung aus der Nachbarschaft
des Organs hervorgerufenen Abszesse, z. B. nach Empyem.
Da eine spontane Entleerung eines Lungenabszesses durch Perforaticm
in einen Bronchus immerhin eine Seltenheit ist und bei nicht baldigem Ein-
tritt ein auch durch Medikation nicht aufhaltbarer Kräfteverfall die Folge
ist, endlich auch eine spontane Entleerung eine Dauerheilung nicht garantiert
so ist der Chirurg wohlberechtigt zu operieren, und zwar nach Ansicht des
Verfs. nicht nach längerer Beobachtungszeit, wie Jacobsohn, Quincke
u. a. wollen, sondern sobald die Diagnose gestellt ist. Wichtig ist auch,
dass frische Abszesse schneller ausheilen nach der EröfiEnung, als alte mit
starren Wandungen. Garrick konnte 87 ^/o Heilungen von ohne subpleurale
Eiterung operierten Lungenabszessen aller Art berechnen. Nach Eisendraht
in Philadelphia sind von akuten Fällen 96®/o, von chronischen 42,8 ^o ge-
Schulz, Yerletzangen und chirurg. Krankheiten der Pleura und Lange. 487
nesen. Es entwickelt sich eine lebhafte Diskussion, betreffs welcher auf das
Original verwiesen werden muss.
König (33). Bei penetrierenden Lungenschüssen wird der schwere
Verlauf durch den Bluterguss bestimmt, zu dem der Lufterguss hinzukommen
kann. Am Tage der Verletzung selbst ist ein operativer Eingriff verboten.
Dagegen ist die Thorakotomie am 2. oder 3. Tage auch dann geboten, wenn
keine schweren Erscheinungen dazu zwingen, weil der Verletzte auf diese
Weise vor einer Infektion des Ergusses von der Lunge aus bewahrt wird.
Bei protrahiertem Verlaufe kann die Resorption des Ergusses durch Punktion
beschleunigt werden.
Hei mann (24) gibt die ausführliche Krankengeschichte eines 60 Jahre
alten Mannes, der nach einem Fall auf dem rechten Ellenbogen langdauemde
Schwellung des rechten Armes und der rechten Brustseite bekam, 8 Monate später
anter den Erscheinungen der Influenza von einer in Gangrän übergehenden
Pneumonie des linken Oberlappens befallen worden war und nach schwerem
Leiden ^mit völlig verheilter Lunge^ aus der Behandlung entlassen werden
konnte. (Den Fall als traumatische Spätpneumonie mit Ausgang in Gangrän
nach Ellenbogenverletzung anzusehen, dürfte wohl kaum zulässig sein; viel
wahrscheinlicher ist eine von einer thrombosierten Armvene ausgegangene
Lungenembolie.)
Pfisterer (45) Gelenk- und Knochenmetastasen bei Pneumonie sind
schon in der vorbakteriellen Zeit vom Rheumatismus geschieden worden, z. B.
von GrisoUe. In den letzten Jahren sind sie in grösserer Anzahl bekannt
geworden. Pfisterer teilt sieben einschlägige Beobachtungen aus der Baseler
Kinderklinik mit. Er hat auch die sonst bekannt gewordenen Fälle verarbeitet
und tabellarisch geordnet mitgeteilt. In 32 Fällen traten die Erkrankungen
14 mal vor dem 9. Tage, 7 mal zwischen dem 10. und 16. Tage, Imal erst
in der 9. Woche auf. In seltenen Fällen bestand die Gelenkerkrankung
bereits vor der Pneumonie. Sie ist nicht immer an schwere Entzündungen
der Lunge gebunden. Die Verbreitung des Krankheitsgiftes geschieht meistens
auf dem Blutwege, seltener auf dem Lymphwege. In den seltenen Fällen
von Pneumokokkenerkrankung der Knochen oder Gelenke, in denen keine
Beziehungen zu einer Pneumonie bestanden, erfolgte die Infektion von der
Mund- und Nasenhöhle aus, auch wohl vom Mittelohre oder vom Peritoneum
(bei bestehender Pneumokokkenperitonitis). Als prädisponierende Momente
gelten in erster Linie Traumen, auch Gelenkrheumatismus. Am häufigsten
erkranken die grossen Gelenke, namentlich die Schulter- und Kniegelenke.
Von klinischen Symptomen sind als einigermassen charakteristisch zu er-
wähnen starke Schwellung, geringe Rötung der Haut, Neigung zu gutartigem
Verlaufe. Besonders disponiert sind Kinder in den ersten beiden Lebens-
jahren. Die Prognose ist im allgemeinen eine günstige. Bei frühzeitiger
Inzision erfolgt meist Heilung.
Pal (41) beobachtete bei einer 60jährigen Frau, die an einer chroni-
schen Infiltration beider Lungenspitzen und der Lymphdrüsen, sowie an
Emphysem litt, ein musikalisches Geräusch in der Gegend der rechten Lungen-
spitze und zeitweilig auftretende tachykardische Anfälle, während deren das
LuDgengeräusch stark abgeschwächt, auf der Höhe sogar meist nicht hörbar
war. Durch die Atmung hingegen wurde es nur in der Höhe des Tones
alteriert. Pal verlegte die Entstehung des Geräusches in die Vena azygos
und zwar nahm er an, dass durch Kompression der Azygos durch eine
488 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
pleurale Verwachsung das Geräusch zustande komme. Die paroxysmale Tadij-
kardie hingegen ist durch eine Reizung von sympathischen oder von Akzelerans-
fasern zu erklären. Zu dieser Ansicht führte Pal der Umstand, dass du
Urspningsgebiet der Akzeleransfasem und diese selbst sich nicht weit Yon
dem Bogen der Vena azygos befinden. Der spätere Obduktionsbefund be-
stätigte diese Annahme.
Eine zwar schematische, aber sehr übersichtliche Zeichnung gibt
über die eigenartigen topographischen Verhältnisse des Falles einen guieii
und verständlichen Überblick.
Y. Brunn (6) gibt im Anschlüsse an zwei in der y. Brunn sehen
Klinik beobachtete Fälle von Pneumokokken-Peritonitis eine genaue Be-
schreibung dieses typischen Krankheitsbildes. In der Literatur und zwar
vorwiegend in der französischen, finden sich 56 sichere Beobachtungen bei
Kindern und 16 bei Erwachsenen. Die Pneumokokken-Peritonitis ist eine
verhältnismässig seltene Erkrankung, häufiger bei Kindern als bei Erwadh
senen, bei Mädchen häufiger als bei Knaben. Sie entsteht entweder sekundär
von Erkrankungen der Lunge oder des Mittelohres aus oder primär ; für diese
letzteren Fälle ist der Infektionsmodus vielfach noch nicht in allseitig be-
friedigender Weise aufgeklärt. Pathologisch-anatomisch ist das Hauptcharak-
teristikum der Pneumokokken-Peritonitis ein sehr fibrinreiches plastisches
Exsudat, das frühzeitig zu Verklebungen und zur Abgrenzung des Prozesses
führt. In den schwersten Fällen wird die ganze Masse der Darmschlingen
zu einem Klumpen verlötet und von einer, das ganze übrige Abdomen ein-
nehmenden Eitermasse umgeben. Daraus ergibt sich das klinische Bild: In
typischen Fällen, besonders bei Kindern, gleicht der Beginn einer akuten
Peritonitis, darauf folgt jedoch bald ein chronisches Stadium mit yerhältnii-
mässig geringfügigen peritonitischen Symptomen. Die Diagnose ist schon ohne
bakteriologische Untersuchung aus der typischen Verlaufsweise und aus der
charakteristischen BeschafiTenheit des Eiters (grüngelbe Farbe, Genichlosig-
keit, Fibrinreicbtum) mit Wahrscheinlichkeit zu stellen, mit Sicherheit aber
nur durch die bakteriologische Untersuchung. Die Prognose ist günstig;
Spontanheilung ist möglich, aber selten ; Heilung nach operativer Behandlung
die Regel. Die Behandlung hat in Entleerung des Eiters durch breite Eröff-
nung der Abszesshöhle und Drainage zu bestehen.
Ein Literaturverzeichnis beschliesst die Arbeit.
Albanus (1). Vom 1. November 1895 bis Ende Dezember 1901 kamen
in der Kümmel Ischen chirurgischen Abteilung 1140 Laparotomien zur Aas-
führung, nach denen 53 mal = 4,64 ^/o Thrombosen entstanden. Im allg^
meinen lassen sich die näheren Ursachen, die bei Laparotomien, sowohl bei
septischen als bei nicht septischen Erkrankungen zur Thrombose fuhren
können, vne folgt einteilen:
1. Ursachen, die schon vor der Operation eine Erschwerung des venösen
Abflusses herbeiführen und somit besonders eine Disposition für Thrombose
schaffen, wenn dazu noch die Einflüsse der Laparotomie selbst treten (Ver-
änderungen des Herzens, der Gefässe usw.).
2. Ursachen, die Operation selbst bringt: Die nicht ganz zu ver-
meidende Abkühlung der geöffneten Bauchhöhle und ihre Schädigung der
Gefässwände.
3. Ursachen, die durch die Narkose entstehen.
Scbulz, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Pleura und Lunge. 489
4. Bringt die Nachbehandlung aller laparotomierten Verhältnisse mit
sich, die den Eintritt von Thrombosen begünstigen können (Bruchverband,
anhaltende Rückenlage).
5. Gibt die typographische Lage der Gefässe im Abdomen begünstigende
Momente ab, die bei der nach der Laparotomie nötigen Bettruhe einwirken
können, eventuell natürlich auch schon vor der Operation ihren Einfluss gel-
tend machen konnten.
Die meisten Thrombosen fanden sich nach Operationen am Darmtraktus
(Perityphlitis). Die Mehrzahl der Befallenen stand im mittleren Lebensalter.
In 23 Fällen traten Embolien ein. ^Die Zahl 2®/o, die also die nach
Laparotomien eingetretenen Lungenembolien darstellt, imponiert durch ihre
Grösse und enthält die ernste Mahnung, bei der Möglichkeit des Vorhanden-
seins einer Thrombose die grösste Vorsicht walten zu lassen^.
Beinahe die Hälfte der yorhandenen Thrombosen zog Embolien nach
sidi. Von den 23 Embolien waren 10 = 43,5 ^/o tödlich, und zwar waren es
meist Todesfälle, die sofort im Anschlüsse an die Embolie eintraten.
Von 1140 Laparotomien endeten also 10 = 0,88 ®/o durch Embolie töd-
lich. Von den tödlichen Lungenembolien betrafen acht das weibliche 6e^
schlecht.
y. Criegern(ll) versteht unter akuter Bronchiektasie ein Krankheits-
bild, das anfangs sehr dem einer schweren lobären Pneumonie ähnelt, sich
yon letzterer aber dadurch unterscheidet, dass nicht das typische rubiginöse
Sputum beobachtet, yielmehr yon vornherein eiteriges Sputum produziert wird,
dessen Menge sehr bald enorm ansteigt. Auch der spätere Verlauf unter-
scheidet sich yon der Lobärpneumonie: es tritt keine Krise ein, sondern,
indem allmählich die häufige Entleerung geringerer Mengen eiterigen Sputums
in die seltenere grösserer Mengen übergeht, entwickelt sich das bekannte
Krankheitsbild der chronischen entzündlichen Bronchiektasie. Doch scheint
dieser Ausgang nicht stationär bleiben zu müssen. Wenn früh genug für ge-
nügenden Abfluss gesorgt wird, kann Heilung eintreten.
Die Anamnese zahlreicher chronischer Bronchiektasiefälle lässt vermuten,
dass diese Entstehungsweise gar nicht so selten ist. Ein grösseres Material
(51) meist Jahre lang beobachteter Fälle von Bronchiektasie untersuchte
V. Criegern daraufhin, ob sich nicht (bei den) unter den bei ihnen vor-
kommenden akuten Zuständen solche finden, die den von vornherein akut
entstehenden Bronchiektasiefallen gleichen. Derartiges glaubt v. Criegern
in der Tat nachweisen zu können, und er hält es für erlaubt, in gewissen
Grenzen daraus auch Rückschlüsse auf die Pathogenese der akuten Falle zu
machen.
Bezüglich der Entstehung der entzündlichen Bronchiektasien überhaupt
ist V. Criegern nicht von der allgemeinen Richtigkeit der Corriganschen
Anschauung überzeugt, wonach dem Zuge einer schrumpfenden Pleura die
hauptsächliche Bedeutung zukommen soll, sondern er schränkt sie auf gewisse
Fälle ein. Häufiger steht nach ihm die Meinung Hoffmanns zu Recht, der
Knickungen der Bronchialwand für die Anstauung des peripherisch davon
gelegenen Sekretes verantwortlich macht. Solche Knickungen kommen aber
nicht zustande bei intakter Elastizität der knorpeligen und muskulären Bronchial-
wand, vielmehr muss diese Eigenschaft erst durch tiefgreifende Entzündung
verloren gehen ; zugleich liefert die mit einer solchen Entzündung einhergehende
Bronchoblennorrhöe die nötige Menge von Sekret. Li dem Zusammenwirken
490 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
der beiden Prozesse erblickt t. C riegern die Grundbedingung für das Zn-
Standekommen entzündlicher Bronchiektasien überhaupt. Betreffs der Einzel-
heiten der Differentialdiagnose und Therapie muss auf das Original venrieseB
werden.
Treupel (64) resümiert über einen Fall von Lungengangrän folgendes:
Bei einem erbUch nicht belasteten, vorher gesunden Knaben entwickelt sid
allmählich ein Lungenleiden. Öfteres Erbrechen nach dem Frühstück ist dem
vorausgegangen. Sichere Lungenerscheinungen bestanden vor 2 Jahren (Ende
1900). Seit Anfang 1902 deuten die Symptome auf Lungenabszess bezr.
-gangrän hin. Es wird die Aufnahme in die Klinik zur genaueren Beobach-
tung und etwaigen Operation geraten und befolgt (3. VI. 02) und es wird
hier das Vorhandensein eines mit Luft und Flüssigkeit gefüllten Hohlraumes
im Bereich des rechten Ober- und Mittellappens festgestellt. Eane Probe-
punktion (10. VL 02) ergibt aber statt des erwarteten Eiters eine seröse und
sterile Flüssigkeit. Zwischen dem 18. und 20. VI. 02 (cf. auch Temperatar-
kurve) ändert sich das Krankheitsbild und die Untersuchung lässt denn anch
bald keinen Zweifel mehr über das Vorhandensein eines Pyopneumothorax be-
stehen, bei dessen Punktion ein äusserst übelriechendes, jauchiges, mit Qu
vermischtes Exsudat zutage gefördert wird. Operation.
Wir haben also einen Lungenabszess bezw. eine zirkumskripte Gangrän
des rechten Ober- und Mittellappens, von der aus sich ein Durchbruch nacl
der Pleurahöhle vorbereitet. Daneben reaktive, rein seriöse Entzündung der
Pleura (Punktion eines seriösen und sterilen Exsudates). Dann Durchbrach
und Pyopneumothorax rechts. Dass man, nachdem der Durchbrach d«
Abszesses in die Pleurahöhle erfolgt war, also ein jauchiger Pyopneumothorax
bestand, zur baldigen Operation schritt, war selbstverständlich und den Nutzen
dieser Operation wird wohl niemand bezweifeln. Wohl aber darf angesichts
des Verlaufs die Frage erhoben werden, ob die Operation nicht auch bereits
vorher hätte ausgeführt werden können. Darauf möchte ich für meine Persoo
mit ja antworten. Selbst wenn Tuberkulose mit im Spiel sein sollte, was
aber keineswegs bis jetzt erwiesen ist, konnte der sicher und genügend ge-
nau lokalisierte Abszess operativ in Angriff genommen werden. Der Dureh-
bruch in die Pleurahöhle wäre dann wohl unterblieben. Das Resultat der
ersten Probepunktion — rein seriöses steriles Exsudat — darf dem nicht
entgegengehalten werden. Denn dieses Exsudat erklärt sich wohl zwanglos
als die Reaktion von Seite der Pleura in der Nahe eines Eiterherdes. Solches
beobachtet man wohl auch bei Eiterungen in der Nähe der Gelenke, indem
hier ebenfalls zunächst ein seriöser Erguss auftritt. Der rasdie Verlauf hat
unsere diagnostischen Erwägungen überholt. Das Befinden des Knaben hat
sich nach der Operation subjektiv und objektiv sehr rasch gebessert. Der
jugeDdliche Körper überwindet ja schwere Lungenerkrankungen bisweilen er-
staunlich rasch. So ist auch hier zum mindesten eine Verlängenmg des
Lebens zu erwarten. Die Prognose bleibt aber in unserem Fall deshalb ernst
und zweifelhaft, weil die Annahme einer bereits bestehenden amyloiden De-
generation (Lebermi Iz vergrösser ung, Eiweiss im Harn) vorläufig wenigstens
nicht ganz zurückgewiesen werden kann.
Kareoski (29). Die Schwierigkeit der Behandlung der Lungenabszesse
liegt nicht in der Technik der Behandlung, sondern in der exakten Diagnostik.
Über die Ätiologie gehen die Ansichten der Chirurgen insofern aus-
einander, als die Chirurgen Lungenabszesse nach der genuinen Pneumonie
Schulz, Yerletzuiigen und cbirurg. Krankheiten der Pleura und Lunge. 49].
für häufig halten, die Internisten aber für selten, was aber von der Verschie-
denheit des Materials herrühre. Häufig sei der Abszess auch nach Influenza-
Pneumonie. Eine besondere Rolle beanspruche wegen der schlechteren Pro-
gnose der Fremdkörperabszess. Die Entfernung des Fremdkörpers gelinge
nicht immer und damit sei die Ausheilung des Abszesses unmöglich. Um-
gekehrt heile nach Entfernung des Fremdkörpers (Bronchoskopie) der Abszess
öfters spontan. Ebenfalls ungünstig seien die septischen Abszesse, doch habe
Tuffier, auf dessen Statistik Vortragender sich vorwiegend stützt, unter
sechs septischen bezw. pjämischen Abszessen vier Heilungen gesammelt. Was
die von den Internisten angenommenen durchbrechenden Empyeme der Pleura
betrifft], so meint Eareoski, dass das umgekehrte Verhalten häufiger sei,
und die Empyeme Folge der Abszesse seien. Endlich kommen ätiologisch
noch in Betracht Leberabszesse, subphrenische Abszesse, vereiternde Bronchial-
drüsen, Ulcus venti'iculi, Strumitis, Wirbelabszesse u. dgl.
Zur Indikation der Operation ist zwar zuzugeben, dass eine beträcht-
liche Zahl von Lungenabszessen spontan ausheilt; mit Rücksicht auf die
besseren Chancen bei frühzeitigem Eingriff (Abszesswand noch nicht schwartig)
ist die Operation bei sicherem Abszess immer indiziert, wenn die Spontan-
heilung nicht rasch eintritt.
Vortragender weisst noch auf die von Gerhardt für die Bronchi-
ektasien angegebenen multiplen rheumatischen Gelenksschwellungen hin, welche
zuweilen auf die Diagnose des Abszesses führen können, wofür er ein Bei-
spiel anführt. Vortragender bespricht kurz die Chancen der Operation, die
bei frischem Abszess, jugendlichem Brustkorbe, Sitz iin Unterlappen und
Kommimikation mit einem grösseren Bronchus günstiger seien, als bei um-
gekehrten Verhalten. Pleuraverwachsungen seien nicht durchaus nötig, könnten
aber mit Terpentinseide leicht erzeugt werden. Die Spontanheilung ab-
zuwarten, biete Gefahren, der Abszess könne chronisch werden, zu Sepsis
führen; und auch nach erscheinender Spontanheilung komme es noch zu
Rezidiven.
Zur Technik bemerkt Vortragender, dass die Pneumotomie für frische
Abszesse der Pneumoektomie vorzuziehen sei.
Killian (32) berichtet folgenden interessanten Fall von Fremdkörper-
entfemung aus dem Bronchus mittelst Bronchoskopie:
Der 29 jährige S. St. wandte sich am 16. August 1908 an mich mit der Angabe, dass
ihm ein Pfennigstück ,im Halse* stecke. Es sei auf folgende Art dorthin geraten:
Als Liebhaber von Kunststückchen und Gaukeleien, wollte er vor seiner Schwester ein
Pfennigstftck in den Mund nehmen, «dasselbe von da in die Nase überwandem lassen' und
aus dieser wieder herausziehen. Die Täuschung der Zuschauerin sollte durch ein zweites
Pfennigstück bewirkt werden, welches er unbemerkt in sein linkes Nasenloch hineinschob.
Im geeigneten Augenblicke sollte diese letztere Münze mit eindrucksvoller Geberde aus der
Nase herausgeholt werden. Eben sei er so aufs beste vorbereitet vor seine Schwester hin-
getreten, habe ihr kurz angekündigt, welches Kunststück er jetzt auszuführen im Begriff
sei and wollte bei leicht rückwärts gebeugtem Kopfe gerade ein anderes Pfennigstück in
den Mund einführen, als die vorher in die linke Nasenhöhle eingeschmuggelte Kupfermünze
ins Bollen kam, in den Hals glitt und in der Tiefe verschwand. Sofort habe ihn eine
grosse Angst befallen, er sei blass geworden und kalter Schweiss sei ihm auf die Stime
getreten. Gleich darauf habe er sich an einen Arzt gewandt, der ihn zu mir verwies.
Auf mein Befragen erklärte mir der Kranke, dass er deutlich wahrnehme, wie das
Geldstück durch Hustenstösse in Bewegung gerate. Als Sitz des Fremdkörpers wurde das
Jngalum angegeben und zwar mit Bestimmtheit mehr die linke Seite. Hustenreiz bestand
nicht; die Atmung war vollständig frei,
^2 JabreBbericfat fttr Chirargie. II. Teil.
Um mich ttber die Sachlage aufzuklären, nahm ich zunächst eine Untersnchang idt
dem Kehlkopfspiegel vor; nach sorgfältignr Einstellung waren sofort die ganze Laftröbi«,
der Bifurkationssporn und der rechte Bronchus zu fibersehen. Tief in dem letzteren erblickte
ich den Fremdkörper. Derselbe lag mit der Kante nach oben und gab sich durch seioeD
rötlichen Glanz als Kupfermünze zu erkennen.
Die Entfernung des Fremdkörpers nahm ich gleich darauf in meiner Privatklinik im
Martinstift Tor, wo mir drei Schwestern Hilfe leisteten.
Nach Kokainisierung des Kehlkopfes und des oberen Teiles der Luftröhre fahrte ieh eine
ca. 28 cm lange und 9 mm weite Röbre durch Mund und Kehlkopf des auf einem Stuhle
sitzenden Patienten ein, kokainisierte durch das Rohr hindurch den untersten Tefl der
Trachea und den rechten Bronchus und beleuchtete mit der elektrischen Stirnlampe. Zaniefast
erblickte ich in der Tiefe des rechten Bronchus eine dicke weisse Linie, welche wie eine
Sehne den idealen Querschnitt des rechten Bronchus überspannte. Bei weiterem Vor
schieben des Rohres und genauerer Einstellung liesa sich dann das Pfennigstück als solches
an Form und Kupferglanz sehr scharf erkennen.
Ungeberdigkeit des Patienten und das Hinabfliessen von Mundflüssigkeit in die Trachea
geboten zunächst Halt. Nachdem dann der Kranke durch Zuspruch beruhigt und das
Gesichtsfeld durch einige kräftige Hustenstösse freigemacht war, rückte ich mit der Sonde
die Münze in eine mir zusagende Lage, fasste sie mit der Zange und zog sie zugleich mit
der Röhre durch Trachea und Kehlkopf hindurch heraus. Sie fiel in den Mund und der
Patient spuckte sie in die yorgehaltene Schale. Der ganze Eingriff yerÜef ohne jede
nennenswerte Reaktion. Nur mit Mühe konnte ich den Patienten überreden, eich ein paar
Tage Schonung zu gönnen.
Der vorstehende Fall spricht genügsam für sich, so dass ich mir eine
weitere Erörterung desselben ersparen kann. Es ist der zweite, in welchem
Killian sich vor die Aufgabe gestellt sah, einen Fremdkörper aus dem Bron-
chus zu entfernen. Beide Male konnte diese Aufgabe mit Hilfe der oberen
Bronchoskopie rasch gelöst werden. ;,Möge daher diese Veröfifentlichung dazu
beitragen, der machtvollen Methode immer mehr Freunde zu erwerben*', so
schliesst Killian seine interessante Mitteilung.
Arnsperger (2) berichtet einen Fall von Lungentumor, bei dem die Köntgendurck-
leuchtung und Röntgenphotograpbie in besonders schöner Weise zur Sicherung der Diagnose
und zur lllustriernng des pathologischen Befundes in vivo beigetragen hat.
Es handelt sich um einen 84jfthrigen Mann, welcher schon seit 2 Jahren Beschwerdeo
von Seiten der Lunge hat. Vor zwei Jahren war Patient acht Tage krank an Hosten und
blutigem Auswurf, mit allgemeiner Mattigkeit und Nachtschweissen. Er entleerte damals
öfter mundvollweise dunkelrotes schaumiges Blut, erholte sich aber bald wieder. Nor
hatte er seitdem ständig Husten und schleimigeitrigen geballten Auswurf, welcher öfter
Blutspnren enthielt, in der letzten Zeit auch Brustschmerzen, Schmerzen ausstrahlend nach
dem linken Arme, Atembeschwerden und Heiserkeit Der Patient wurde zeitweilig ärztlich
behandelt und anscheinend die Krankheit stets als Lungenphthise angesehen.
Am 27. Oktober 1902 bot er bei der Untersuchung in der Ambulanz der medizinischen
Klinik folgenden Befund:
Kräftiger Mann in gutem Ernährungszustände. Keine Zeichen von Kachexie. Heiser-
keit durch linke Rekurrenzparese. Linke Thorazhälfte bleibt bei der Atmung zurQck.
In der linken Supraklavikulargrabe voller Schall, von Clavicula bis zur 8. Rippe hell-
tympanitiscber Schall, von der 3. Rippe abwärts intensive Dämpfung, welche nach unten m
die Herzdämpfung übergeht, nach links in halbkreisförmiger Begrenzung bis zur Paramam-
millarlinie sich erstreckt, nach rechts etwas ttber den rechten Stemalrand reicht, und zwar
mit gerader Begrenzung. In der linken (Lungenseite) Seite ist der Lungenschall etwas
gedämpft tjmpanitisch, hinten von oben bis unten normal, nur in den alleruntersten Partien
ist Dämpfung zu konstatieren. Das Atemgeräusch war dort bronchial, sonst vesikulftr, im
Bereiche des tympanitischen Schalles abgeschwächt, im Bereiche der absoluten Dämpfung
aufgehoben, ebenso wie auch der Stimmfremitus. Die rechte Lunge und das Herz wiesen
keinen abnormen Befund auf.
Die Diagnose wurde nach diesem Befunde und nach der Anamnese auf Tumor am
Hilus der linken Lunge gestellt.
Die Röntgendurchleuchtung und Photographie bestätigte die Diagnose.
Man sah einen vom Mediastinalscbatten sich nach links erstreckenden , weit in den
Scholz, Verleizangen und chimrg. Krankbeitdn der Pleura und Lunge. 493
linken Thoraxraum hineinragenden, nach links halbkreisförmig begrenzten Schatten mit
ziemlich scharfem R«nde.
Der Schatten hatte seinen Kern etwa in der Mitte der linken Thorazhalfte und hebt
sich vom Mediastinalschatten bei dorso-antiorer Durchleuchtung durch grossere Schatten-
dichtigkeit ab. Das Herz lässt sich auch von dem fast die gleiche Dichtigkeit besitzenden
Tamorschatten abgrenzen, doch macht der Tumorschatten bei Drehungen etwa die gleichen
Bewegungen wie das Herz. Bei yentro-dorsaler Durchleuchtung wurde der Tumorschatten
mideutlicher. Der Schatten bewegt sich bei der beschränkten Atmung der linken Thorax-
hllfte mit, zeigt weder eigene noch mitgeteilte Pulsation und bewegt sich beim Schluckakt
nickt mit. Die rechte Zwerohfellhälfte bewegt sich gut, die rechte Lunge ist rein durch-
ächtig, die linke Lungenspitze ist auch ganz klar, nach abwärts wird das Lungenfeld etwas
trfiber als rechts. Links unten Iftsst sich besonders bei ventro-dorsaler Durchleuchtung ein
kleines Pleuraexsudat nachweisen.
Der Kranke wurde dann am 80. Oktober 1902 in die Klinik aufgenommen, wo durch
genaue Beobachtung und Dntersuchung noch festgestellt wurde, dass kein Fieber bestand,
ebenso keine Nacbtschweisse , dasa das schleimig - eiterige , zeitweise auch etwas blutige
Sputum keine Tuberkelbazillen, keine reichlicheren elastischen Fasern, aber auch keine
charakteristischen Formelemente, etwa Geschwulstpartikelchen, enthielt, wohl aber ziemlich
reichlich FettkOmchenzellen und polymorphe polygonale Zellen einzeln und in Haufen, wie
schon bei Tumor bildongen in der Lunge beobachtet, für die Diagnose aber noch nicht recht
Terwendbar sind.
Im Verlauf stieg das pleuritische Exsudat, so dass es wegen stärkerer Yerdrängungs-
erscheinongen am 8. November entleert werden musste. Es wurden entleert 1050 com einer
hämorrhagischen seriGsen Flflssigkeit vom spez. Gewicht 1020/1022, welche rote Blut-
körperchen und Lymphocyten, keine Tuberkelbazillen enthielt. Der Befund nach der Punktion
war etwa der gleiche wie früher, nur dass das Atemgeräusch links vorne fast überall völlig
aufgehoben war.
Das Exsudat stieg wieder an bis zum 11. November, sank aber dann, so dass heute
nur noch wenig nachzuweisen ist. Der Befund hat sich nicht im wesentlichen verändert,
die Dämpfung und entsprechend der Schatten sind weiter nach links ausgedehnt, der Me-
diastinalschatten ist auch breiter geworden. Drüsenschwellungen in Axilla und Supra-
klavikulargrube sind nicht aufgetreten.
Vortragender geht auf die Differentialdiagnose ein, welche die Erank-
heitBbilder Phthise, Pleuritis exsudativa, Aneurysma aortae, Mediastinaltumor
und Pleuratumor in Betracht ziehen muss, und kommt zu dem Schluss, dass
es sich nach Anamnese, physikalischem Befund und Röntgenbefund um einen
Tumor am Hilus der linken Lunge handelt, welcher von Elementen der Lunge
primär ausgegangen ist und vielleicht auch schon zu Metastasen in den
Mediastinaldrüsen Anlass gegeben hat. Da Sarkom und Enchondrom selten
primär in der Lunge vorkommen, so neigt Vortragender trotz des relativ
jugendlichen Alters des Patienten zur Annahme eines Karzinoms. Den Aus-
gangspunkt desselben zu bestimmen, ob von den Lungenalveolen , dem Bron-
chialschleimhautepithel oder dem Bronchialschleimdrüsenepithel , ist nicht
möglich.
Vortragender bespricht noch besonders die Bedeutung des Sputums für
die Diagnose des Lungentumors, die Röntgendiagnostik der Lungentumoren
nach den bisherigen Mitteilungen in der Literatur und deren Anwendung auf
den vorliegenden Fall.
Garre und Quincke (18). Dieser Grundriss der Lungenchirurgie ist
aus den Referaten entstanden, die Garr^ und Quincke im September 1901
bei der Hamburger Naturforscherversammlung über den Gegenstand zu er-
statten hatten. Die dort gegebenen Erörterungen des Internen über die
Pathologie und die Diagnose der Lungeneiterungen brauchten für den Grund-
riss nur wenig umgearbeitet zu werden, während der Chirurg, dem praktischen
Zwecke des Buches entsprechend, weit mehr auf Einzelheiten einzugehen
4d4 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
und die Technik ausführlicher zn behandehi hatte, als in dem damahgen
Referate.
Nach einleitenden anatomischen Bemerkungen folgt ein grösserer Ab-
schnitt über die Pathologie nnd Diagnose der Longenoperationen: akute und
chronische Abszesse, Fremdkörperabszesse. Danach kommt ein allgemeines
Kapitel über die Lnngenoperationen, über die spezielle Technik, die Nacb-
behandlung und die Komplikationen der Operation.
Des weiteren werden besprochen die Operationen bei den einzelnen
Formen der Lungenerkrankungen und die erzielten Erfolge bei Abszessen,
Gangrän, Bronchiektasien, Tuberkulose, Aktinomykose, Fisteln, Echinococcus,
Neubildungen, Fremdkörpern, Verletzungen und Hernien der Lungen.
Ein Verzeichnis der vrichtigsten Veröffentlichungen über Lungenchirorgie
bildet den Schluss der Monographie, die den augenblicklich erreichten Stand-
punkt in der Lungenchirurgie in klarer Weise zusammenfasst und damit i&a
Weg zu allgemeinerer Anwendung der chirurgischen Behandlungsmethode ebnet
Lange (34). Nach einer Lungenentzündung vor 4 Jahren erholte sich
Patient, ein 24 jähriger Bauer, nicht, hustete immer, magerte ab und kam
sehr herunter. Morgens mehrmals maulyoUe Expektoration von Eiter. Bei
der Untersuchung rechte Brusthälfte eingesunken, starke Dämpfung, ampho-
risches Atmen in der oberen Hälfte. Operation: Resektion Yon 6 cm der
zweiten Rippe rechts, Inzision 4 cm tief in die adhärente Lunge mit Messer
und Paquelin, Tamponade, da Eiter nicht gefunden wurde. Nach ein paar
Tagen reichliche Eiterabsonderung, mit der Sonde kam man in eine kleine
Höhle, aus der reichlich Eiter entleert wurde, Auswurf wurde geringer. Pat.
wurde gebessert mit einer Lungenfistel entlassen.
Petersen (44). Bei einem 16jährigen Knaben entstand ein gangränöser
Lungenabszess infolge Einatmens einer Ähre bei der Heuernte. 14 Tage
später Fieber, fötide Exspirationsluft , später Eiter bei der Probepunktion,
Entleerung eines faustgrossen Abszesses im unteren rechten Lungenlappen.
Heilung.
Josephson (27). In einem Falle von primärem Lungenkrebs mit
hämorrhagischem Pleuraexsudat gelang es Verf., in diesem Exsudat sowie im
Sputum Krebszellen nach folgender Methode nachzuweisen: Zentrifugieren,
Zusatz von Alcoh. absol.. Einbetten des Bodensatzes in Paraffin oder Gelloidin
und Färben der Schnitte. Das Sputum lässt man den Pat. direkt in absolut^i
Alkohol spucken. Die Zellen zeigten schöne Mitosen.
Oberthür (39). Neuritiden sind bekanntlich keine seltenen Begleit-
erscheinungen bei Karzinomerkrankungen; vermutlich sind sie autotoxiscben
Ursprungs. Verf. ist nun in der Lage, eine Beobachtung mitzuteilen, wo die
Erscheinungen der Polyneuritis das Krankheitsbild beherrschten und die
Krebskrankheit erst am Sektionstisch diagnostiziert wurde.
82jährige Frau; seit Jahresfrist leichte Ermüdbarkeit bei Bew^ungen,
vage Schmerzen in Brust, Wirbelsäule und Schultern; beginnende Abmagerung;
später Husten mit Blutauswurf; weiterhin krampfartige Schmerzen in den
Extremitäten und längs der Wirbelsäule, rasch zunehmende Muskelatrophie.
Nervendruckpunkte, Muskeldruckempfindlichkeit; Sebnenreflexe herabgesetzt,
später aufgehoben; Hyperästhesie bei Lokalisationsfehlem bezüglich appli-
zierter Hautreize. Zunehmende Dyspnoe. Die Lungenperkussion ei^bt links
starke, rechts geringe Dämpfung; auskultatorisch fehlt links fast jedes Atem-
Schulz, Yerletzungen and ohimrg. Krankheiten der Pleura und Lunge. 495
geräuscb, rechts unten Reiben, verschärftes Atmen und vereinzelte feinblasige
Rasselgeräusche hörbar.
Pat. verfäUt immer mehr, lässt Kot und Urin unter sich, wird komatös
und stirbt schliesslich im Koma.
Die Sektion ergibt ein primäres Karzinom der linken Lunge, von den
Bronchien ausgehend, Einbruch in die Lungenvene und sodann rasche Dis-
semination über alle Regionen des Körpers, allgemeine, stellenweise miliare
Karzinose, karzinomatöse Pleuritis. Die Nerven zeigen neuritische Yerände-
nmgen, wie sie der Kachexie angehören. Zudem waren die peripheren
Nervenendigungen teils durch — wohl autotoxische — myositische Prozesse in
den Muskeln, teils durch Kompression seitens krebsiger Massen geschädigt.
Eschenhagen (15). Die schon seit mehreren Jahren bestehende Ghole-
lithiasis hatte auf dem Wege der Cholecystitis und Cholangitis zu einer ad-
häsiven Peritonitis und zu multiplen Leberabszessen geführt. Durch Durch-
bmch eines dieser Abszesse in die Lunge entstand eine Gangrän, die plötzlich
durch massenhaften, eitrigen, stinkenden Auswurf in die Erscheinung trat.
Li der Folgezeit trat häufig im Auswurf reine Galle auf, was sich bei
der Sektion (Patient ging nach einigen Monaten an Entkräftung zugrunde)
dadurch erklärte, dass die ursprüngliche Abszesshöhle zur Ausheilung gelangt
war und sich in eine mit Galle gefüllte Höhle verwandelt hatte, die durch
einen mit Granulationen ausgekleideten Fistelgang mit einem Bronchus in
Verbindung geblieben war.
Bogorad (5) berichtet zwei Fälle von Fremdkörpern in den Bronchien:
1. Einem 8 Jahre alten Knaben geriet vor 2 Wochen die metallische
Hülse eines Bleistiftes in den linken Bronchus. Husten vom dritten Tage
nach dem Unfall, viel eiteriger Auswurf. Linke Lunge atelektatisch. Tracheo-
tomie; zweimalige Versuche, die Hülse mit verschiedenen Instrumenten zu
fassen, blieben erfolglos: sie war stark eingekeilt und sah mit der Öffnung
nach oben. Nach dem zweiten Versuch besonders starker Hustenanfall, wobei
die Hülse ausgehustet wurde. Heiltmg.
2. Einem 24 Jahre alten Mann geriet vor einem Jahre und 8 Monaten
ein metallischer Hemdknopf in den Bronchus des rechten unteren Lungen-
lappens. Es werden kolossale Mengen eiterigen Auswurfs entleert. Keine
Lungengangrän , keine Tuberkelbazillen. Zweizeitige Pneumototie. Nach
Probepunktionen wird 2—2,5 cm tief mit dem Paquelin eingegangen in der
Richtung, wo Eiter punktiert wurde ; es wurden mehrere Höhlen im Lungen-
parenchym eröffnet. Tamponade. Es wurde nun viel weniger Schleim aus-
gehustet. Nach einigen Tagen konnte man mit einem Katheter einen Gang
in die Tiefe finden, wo scheinbar etwas Hartes lag. Drainage; seitdem kein
Auswurf mehr. Noch etwas später ging man teils mit dem Paquelin, teils
stumpf 8 — 9 cm tief ein. Doch trat venöse Blutung auf, die auf Tamponade
stand, beim nächsten Verbandwechsel wiederkehrte und nach weiteren drei
Tagen zu kolossaler Hämoptoe und Exitus führte. Bei der Sektion fand
man den verrosteten Knopf in der Nähe des Endes des Ganges. Die Blutung
kam aus einer benachbarten grossen Vene; eine Eiterhöhle wurde nicht ge-
funden; es handelte sich also um einen zirkumskripten Bronchialkatarrh.
O'Conor (40). Auf 84 Fälle von Echinococcus, die der Verfasser im
Laufe von acht Jahren in Buenos-Ayres operierte, kamen 56 Leber- und nur
drei Lungenechinokokken. Es ist in jedem Falle nötig, die genauere Lage
derselben durch Probepimktion festzustellen, dieselbe sollte aber nur in
496 Jahresbericht fttr Chirurgie. iL Teil.
Narkose und auf dem Operationstische gemacht werden, damit man die nötige
Operation sofort aosschliessen kann. Die Operation besteht in der Resektion
mehrerer Rippen und freien Inzision der Pleura, die Lunge wird dann sofort
mit Eugelzangen gefasst und in die Wunde vorgezogen, hierdurch vermeidet
man am besten den Pneumothorax. Die vorgezogene Lunge wird wiedemm
punktiert und nun unter Leitung der Nadel ein Einschnitt gemacht. Sobald
die Cyste erö£Fhet ist, wird die fibröse Kapsel und die Lungenwunde mit der
Haut vernäht. Die Wunde wird drainiert. Die drei so behandelten Falle
genasen glatt.
Valerie (55) nahm an Hunden 12 auf die Lungencbirurgie sich be-
ziehende Experimente vor, aus denen er folgende Schlüsse zieht: Hintere
Thoraxeinschnitte begünstigen die Ausführung der totalen oder partiellen
Pneumektomie und das Anlegen von Nähten an der konvexen Fläche. Alle
Mittel, die beim Verschliessen der Thoraxwunde das Aneinanderbringen der
Rippenbogen erleichtem, sind angebracht, zweckmässig sind starke perikostale
Seidenschlingen. Bei der Lungennaht sind die von Lembert und von
Apolito zur Enterrhaphie empfohlenen Methoden vorzuziehen. Bei der
Pneumektomie ist der Eeilschnitt vorzuziehen, der nach Okklusion der an
der Schnittfläche sichtbaren Gefasse und Bronchien die Vemähung der Rander
erleichtert. Kann keine Vernähung vorgenommen werden, dann sind zur
Blutstillung dünne entkalkte Enochenplättchen das beste Mittel.
Courmont (9) berichtet einen Fall von Fremdkörperpneumonie. Ein
26 Jahre alter, gesunder Mann hatte eine grosse Tuchnadel mit Glasknopf
zwischen den Zähnen, als ein Freund ihn lachen machte; dabei „verschlackte'^
er die Nadel. Er bekam sofort einen heftigen Hustenanfall, der aber bald
nachliess; nur ein Gefühl von Stechen blieb in der Gegend des Zungenbeins
zurück. 5 Tage später verlagerte sich die Nadel bei einem Hustenanfalle. Ihre
Spitze steckte jetzt unter der Haut in der Höhe des Larynx am vorderen
Rande des rechten M. sternocleido. Beim Einschnitt auf diese Stelle aber
entschlüpfte die Nadel in die Luftwege hinein. Der Kranke fühlte sie nicht
mehr, aber vom nächsten Tage ab traten Schüttelfröste^ Nachtschweisse, Stiebe
in der Gegend der linken Lungenbasis auf.
Einige Tage später klagte der Patient über muskuläre und artikulare
Schmerzen in den Armen, die fast unbeweglich wurden. Etwa 14 Tage nach
der vergeblichen Operation wurden aus der linken Pleurahöhle 300 cbcm
blutig seröser Flüssigkeit entleert. Schüttelfröste, Fieber, schmerzhafter
Husten, beschleunigte Respiration (60 in der Minute), starke Schweisse Uessen
aber nicht nach. Eiterige von Blutstreifen durchzogene Sputa wurden in
reichlicher Menge exspektoriert. Der Kranke hatte ein ^jpyämisch'^-gelbliches
Aussehen. Nur die Schmerzen in den Armen konnten durch tägliche Ver-
abfolgung von 4 gr Antipyrin erleichtert werden. Links hinten unten bestan-
den von der Spitze der Scapula abwärts Dämpfung, aufgehobener Pektoral-
fremitus, bronchiale Inspiration, subkrepitierendes Rassehi, das später gross-
blasig wurde. Bei manchen Hustenanfallen empfand der Kranke Stiche unter
dem Sterum.
Einen Monat nach dem Unfälle trat der Tod ein.
Die Autopsie ergab, dass der Kopf der Nadel am Beginn der beiden
Bronchen zweiter Ordnung lag, die nach dem linken Unterlappen führen.
Sie waren mit Eiter gefüllt; der Unterlappen selbst war der Sitz einer Broncho-
pneumonie, deren Herde sehr dicht aneinander stiessen. Die linke Plenra-
Pagenstecher, Verletzungen u. cbirurg. Krankheiten der Bauchwand etc. 407
hohle war leer, nur waren die Pleurablätter etwas verdickt und leicht ver-
klebt. Die Spitze der 8 cm langen Nadel lag dem unteren Abschnitte der
rechten Tracheawand an, in die sie sich bei heftigen Hustenstössen hineingebohrt
haben musste, man sah einzelne Einstichstelleii mit neurotischem Rande, von
denen eine in eine kurze Fistel zwischen äusserer Tracheawand und visceraler
Pleura führte, eine zweite in einen trichterförmig gespalteten Abszess des
rechten Lungenoberlappens. Der Abszess hatte die Grösse einer Nuss, seine
Wand war unregelmässig buchtig, an einzelnen Stellen nekrotisch, aber ohne
Gangrängeruch.
In dem obersten Abschnitte der Trachea sah man noch die Spuren von
Stichen, deren deutlichster in der Höhe der ersten Trachealknorpel liegender
jedenfalls den Weg angab, den die Nadel genommen hatte, als sie anfangs
bis unter jdie Haut des Halses vorgednmgen war.
X.
Verletzungen und chirurgische Krankheiten der
Bauchwand und des Peritoneum.
Referent: E. Pagensteclier, Wiesbaden.
Die mit * Yersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Bauch. Allgemeines.
1. Albanns, Thrombosen and Embolien nach Laparotomien, v. ßranssche Beitr. 1908.
Bd. 40. Heft 2.
2. Andrew, The height of the diaphragm in relation to tbe position of certain abdo-
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3. Andrews, The drowning of patients in faecal vomit daring Operations for intestinal
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4 D'Antona, Ligatara della seconda ipogastrica nello stesso individao. Atti della R.
Accademia med.-chir. di Napoli 1903. Nr. 1.
5. Asthoewer, Die Aufklappnng des Rippenbogens zar Erleichterang operativer Ein-
griffe im Hypochondriam and Zwerchfellkappelraum. Zentralblatt fOr Chirurgie 1903.
Nr. 46.
6. Bar res, Traamatisme de Tabdomen; mort par inhibition. Qazette des höpitaux 1903.
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7. Becker, Grandregehi fOr die Anfertigung yon Bauchbinden. Die Erankenpflege 1902/3.
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JfthrMberieht für Chirorgla 1908. 32
496 Jahresbericht für Ghinirgie. IL Teil.
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22. Muller, R. F., He ad sehe Zonen bei chirurgischen Abdominalerkrankungen. Freie
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28. Palleroni, G.. Contributo di chirurgia addominale praticata dal Prof. Tan sin L Bi-
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24. PoussonetChavannaz, Plaie de la veine cave införieure au cours d'une inte^
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26. Quänu, Note historique sur la p^ritonisation. BulL et m4m. de la soci^t^ de chiroi|^
de Paris 1908. Nr. 27.
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tische Adhäsionen. Dies. Kiel 1908.
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schrift für Chirurgie 1908. Bd. 69. Heft 1.
29. *SchQltoff, Abnormer Tiefstand des Bauchfells im Douglasscfaen Räume aal
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Bauchfell sowie zur Kenntnis einiger klinisch wichtigen Eigenschaften des Glyoerinnm
officinale. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 5-6.
31. * Schweiger, Beiträge zur Drainage der Bauchhöhle im Anschlüsse an Laparotomiea.
Diss. ZQrich 1903.
32. Sippel, Die Drainage nach Laparotomie. Zentralblatt fflr Gynäkologie 1908. Nr. &
33. Stiller, Ober peritoneale Reibegeräusohe. Wiener med. Wochenschrift 1903. Nr. 19
und 20.
34. Sundholm, Albert, Beiträge zur Frage von der Verwendung des Netzes in der
Bauchchirurgie. Finska läkaresänskapets Handlingen 1908. Bd. XLV. Heft 4. p. 840.
35. Vigouroux et Charpentier, Thrombose de l'aorte, chez un homme de 82 ans
avant präsente de la gangrene symötrique des extr^mit^es. Bull, et möm de U soe.
anat. 1903. Nr. 6.
Schrader (30) hat die alten Wegn er sehen Versuche wieder auf-
genommen und erweitert. Die bisherigen experimentellen Ergebnisse waren
die, dass das Peritoneum eine so grosse Resorptionskraft besitzt, dass in einer
Stunde 3,3 — 8 ®/o des Körpergewichtes aufgesaugt werden kann. Aach die
Transsudation ist bei Einbringung verschiedener Flüssigkeiten so gross, dass
in einer Stunde 4,3—8,28 ^/o des Körpergewichtes ausgeschieden werden kann.
Pagenstecher, Verieiznogen a. ohinug. Krankheiten der Baaohwand etc. 499
In dem peritonealen Saftstrom und dem Transsudat ist vielleicht eine nicht
unwirksame Schutzvorrichtung zu erblicken, doch bleibt die Frage offen, ob
sie selbst ein die Bakterizidie fördernder und damit bakterienhemmender
Vorgang ist. Will das Peritoneum den Kampf gegen den Feind beginnen
oder handelt es sich nur um eine pathologisch-anatomisch notwendige Reaktion
der Serosa info^e Anwesenheit der Bakterien? Zur Gewinnung von Trans-
sadat spritzte Schrader Traubenzucker, Kochsalzlösungen ein und fand,
dass Lösungen niederer Konzentration resorbiert wurden, gesättigte den Trans-
sudationsstrom proportional ihrem Quantum anregen.
Injektion von Glyzerin zeigte Ausscheidung bis 5,14 ^/o des Körper-
gewichtes unter Abfall der Körpertemperatur. Ihr Maximum ist nach 1 — 2
Stunden erreicht, dann wird der Erguss resorbiert. Das Peritoneum bleibt
unverändert Dosen über 18 g wirken beim Kaninchen toxisch. Das Glyzerin
geht sehr rasch in den Körperkreislauf über, das Transsudat bleibt zurück
und enthält nur noch wenig Glyzerin. Es hat keine stark bakterizide Kraft,
Bakterien entvrickeln sich in ihm weiter, besonders Bacterium coli und Sta-
phylococcus.
Einbringung fester Substanzen regt die Transsudation nicht an (Watte,
Streusand, Lykopodium, Pfeffer).
Bakterienreinkulturen werden resorbiert ohne Transsudation zu erzeugen,
machen auch an sich keinerlei peritoneale Symptome, keinen Flüssigkeits-
erguss (Staphylokokken, Coli). Mit einer indifferenten Flüssigkeit zusammen
eingespritzt, unterUegen sie bald einer Resorption, langsamer bei Mischung
mit Bouillon.
Nach Ausgang des Transsudationsstroms tritt schon rasch tödliche
Peritonitis ein.
Filtrate und Sterilisate von Bakterien werden ohne eine Einwirkung
aufs Peritoneum resorbiert.
Stiller (33) bespricht die Entstehung und das Vorkommen peritonealer
Reibegeräuscbe. Dieselben können nur da entstehen, wo zwei rauhe Flächen
aneinander reiben. Bei akuten Entzündungen sind sie seltener als bei chro-
nischen (Peritonealtuberkulose, Perihepatitis) und bei Tumorbildung (Krebs,
Echinokokken) oder entzündlichen Veränderungen (entzündete Myome, Ovarial-
cysten) nach letzteren. Der Grund, warum man es so selten findet, liegt vor
allem darin, dass man der Erscheinung zu wenig nachgeht. Respiratorisch
ist es auf der Leber-, Milz- und Magenoberfläche, an anderen Stellen wird
es durch Verschiebung der Bauchdecken durch Palpation erzeugt.
Andrew (2). Die Zwerchfellhöhe variiert ausserordentlich, besonders
bei Frauen, zwischen der 4. Rippe und dem 6. Interkostalraum. Tiefstand
&nd sich häufig kombiniert mit allerlei Anomalien der Bauchkontenta, Schnür-
leber, Gallensteine, Divertikel des Magens neben der Kardia, etc.
Menge (20) empfiehlt warm den suprasymphysären Fascienquerschnitt
nach Pfannenstiel und bespricht die an seiner Klinik übliche Technik; die
Indikationen stellt er im allgemeinen wie Pfannenstiel.
Marwedel (19) empfiehlt folgende Methode der Aufklappung des
Rippenbogens zur Erleichterung operativer Eingriffe im Hypochondrium und
im Zwerchfellkuppelraum.
Bogenförmiger Bauchschnitt, zwei Querfinger breit vom Rippenbogen
entfernt, vom Proc. ensiform. etwa zur 10. Rippe. Im oberen Schnittrand
wird zwischen Obliquus extemus und rectus einerseits, internus und trans-
32*
500 Jahresbericht fOr Chirurgie. 11. Teil.
yersüs. andererseits der Rippenbogen frei. In der Spalte wird oben der
7. Rippenknorpel, danach unten aussen die 7. — 9. Rippe freigemadit und
durchschnitten. Danach wird der Bauchmuskellappen zurückgeklappt und
durch Einsetzen von Haken der ganze mobil gemachte Brustwandabschnitt
nach aussen umgeklappt.
Asthoever (5) hat in ähnlicher Weise zur Exstirpation eines grossen
Milztumors sowie wegen Sarkom des Rippenbogens schon vor langa*er Zeit
operiert. In beiden Fällen bewährte sich die Methode. Nach Asthoeyer
ist bei weitem und nachgiebigem Rippenbogen die Methode überflüssig, bei
engem genügt die Resektion innerhalb der Knochengrenze nicht.
Meinhardt Schmidt (28) empfiehlt neuerdings die Drainage von
Beckenabszessen speziell bei Pfannenosteomyelitis vom Foramen ischiadicom
aus. Der Schnitt entspricht dem hinteren Teil des Koch er sehen Häft-
resektionsschnittes. Daher kann leicht die Hüftresektion, wenn nötig, ange-
schlossen werden. Oberhalb der Pyriformis geht man in das Foramen supra-
pyriforme (Waldeyer) ein.
Dreist (12) hat sich mit der Frage nach dem Wert der zum dauernden
oder temporären Verschluss der Arteria iliaca communis erdachten Operations-
methoden beschäftigt, angeregt durch einen Fall, in welchem Ton Christel
(Metz) wegen Aneurysma spurium der A. femoralis die Unterbindung in der
Kontinuität mit Erfolg ausgeführt wurde.
Ein Eisensplitter war in den linken Oberschenkel gedrungen, die sofortige Blatmtg
durch Kompression gestillt worden. Nach 37 Tagen wird das Aneuiysma apuriam operieii
zuerst die von Coagolis durchsetzte Höhle freigelegt, dann die Unterbindung der Iliaca ex-
terna gemacht und da die Blutung nicht stand, nach Emporschieben des Peritonenma anter
Verlängerung des Weichteilschnittes bis zur 12. Kippe dicht unter der Teilungsatelle der
Aorta die Communis unterbunden. Es entstand Gangrän bis zur Mitte des ünterschenkeia
AmputatioD. Heüung.
Dreist stellt weiter Falle von Gommunisunterbindung, die seit Kümmels
Arbeit vom Jahre 1884 an verschiedenen Kliniken gemacht sind, 3 zur Stil-
lung von Blutungen, 3 zur Heilung von Aneurysmen, 8 als präliminare Opera-
tion zur Vermeidung von Blutung bei Operationen am Becken und 5 tob
temporärer Ligatur, femer 5 von intraperitonealer Digitalkompression zusammen,
endlich 15 von instrumenteller. Danach stellt er fest: die Einführung der
Antisepsis hat auch auf die Resultate der definitiven Ligatur der Art. iliaca
communis einen günstigen Einfluss gehabt; sie ist auch jetzt noch eine ge-
fährliche Operation, ihre Hauptgefahr die Beingangrän. Die definitive Ligator
ist wo irgend möglich durch die temporäre oder die Digitalkompression za
ersetzen. Letztere ist am besten intraperitoneal auszuführen.
Madelung (18) hat nun, während zuerst McBurney und Battle durch
eine kleine Inzision nur einen Finger einschoben, bei einem schnell wach-
senden, grösstenteils retroperitoneal gelegenen Hämatom der rechten Becken-
hälfte, wahrscheinlich Verletzung der Iliaca externa durch Messerstidi, die
Kompresse durch die ganze Hand eines Assistenten eingeschoben, so dass 4 um
den die Linea arcuata interna bildenden Beckenteil gekrümmt liegende Finger
den Hauptstamm der Beckenarterie und Vene andrückten. Vorher war
Beckenhochlagerung, die untere Extremität blutleer gemacht, die Bauchdecken
handbreit wie zur Aufsuchung des Appendix durchtrennt. Danach wurde
das Aneurysma gespalten und die Schnittstelle gefunden. Heilung trat ohne
Gangrän ein.
Pagenstecber, Yerletzuigeii n. cfainurg. Krankheiten der Bauchwand etc. 5Q1
Madelung empfiehlt dies Verfahren als sicher, um jede Beckenblnt-
gefässrerletzung erfolgreich behandeln zu können, ebenso innerhalb oder
ausserhalb des Beckens sich bildende spontane Aneurysmen.
Dahlgrens (10) Instrument zur Kompression der Aorta besteht aus
einem an einem Handgriff befestigten Steigbügel, dessen Fussplatte durch
einen guten stark gespannten Gummischlauch ersetzt ist — (Abbildung).
Fischer (13) yerwendet, um die Därme zurückzuhalten Gazekompressen,
die durch eine aufgenahte Bleiplatte beschwert sind.
Quenu (26) rekapituliert die Geschichte der sogenannten Peritonisation,
d. h. der Übemähung aller Peritonealwunden , Stümpfe etc. mit Bauchfell;
danach beginnt dieselbe mitChrolack, als derselbe 1891 angab den Uterus-
stumpf bei abdomineller Exstirpation mit einem Bauchfelllappen zu decken.
Sie machte ihren grössten Fortschritt als Bardenhauer 1894 das Meso-
sigmoideum und die Rectumserosa zum Abschluss heranzuziehen angab, und
weiter 1899 durch Duret, Sneguireff und Qu6nu, welche im weitesten
Umfang die Methode anwandten und sie selbst um den Preis einer Yernähung
Ton Blase und Flexur durchzuführen rieten. So verwendet Qu6nu nicht
mehr den Mikuliczbeutel, sondern schliesst in der angegebenen Weise z« B.
nach Tubensackentfemungen, die Bauchhöhle ab.
Loeyy (17) empfiehlt zur Stillung von Blutungen und Sicherung von
Suturen im Peritoneum die Flächen mit Netz zu überkleiden, resp. Höhlen
mit Netz auszustopfen. Mitteilung einiger Fälle, bei der u. a. die Methode
zur Stillung von Leberblutung nach Probeinzision ins Parenchym und
Ausfüllung von Leberhöhlen na^h Ecchinokokkenentleerung zur Anwen-
dung kam.
Sandholm (34) teüt 2 Fälle mit, wo er ohne Störung teils Netzzipfel, teils losge-
Bchnittene Netzstflcke in der Bauchhöhle transplantiert hat In einem Falle wurde ein
Zipfel angewendet» um eine Gastroenteroanastomose zu bedecken und ein losgeschnittenes
Stflek von 11 X 8,5 cm GrOsse fOr eine Enterostomie. Im zweiten Falle, einer explorativen
Laparotomie, wurde ein 8x4 cm grosses Netzstück losgeschnitten und an einer Darm-
scfalinge befestigt. Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Sippe 1 (S2) verteidigt gegenüber Olshausen (siehe Jahresbericht 1902)
seine Ansicht über den Nutzen der Drainage bei zweifelhaften Laparotomien
imd fordert noch genauere Kenntnisse über diese Dinge ehe die Frage
spruchreif sei.
Franz (14) schliesst aus neuen Versuchen bei Kaninchen, dass von
Peritoneum entblösste Stellen der Bauchhöhle, wenn sie aseptisch sind, keine
Adhäsionen veranlassen, Brandschorfe dagegen zu letzteren disponieren und
die Infektion begünstigen.
Burci (8) hat experimentelle Untersuchungen über die pathologischen
Folgen und die Beparation ausgedehnter Substanzverluste des parietalen
Peritoneums angeführt, deren Besultate er hier mitteilt. Als Experimenttiere
dienten ihm Kaninchen. Er legte in der Medianlinie einen 8 — 10 cm langen
Schnitt in die Bauchwand, schützte die Eingeweide mittelst einer sterilisierten
feachtwarmen Gazekompresse, liess von einem Assistenten einen der Wund-
rander mittelst Pinzetten in die Höhe heben und löste an diesem, zuerst
mit einem Bistouri , dann mit einem stumpfen Instrument, die Serosa los.
Seitwärts setzte er die Lostrennung des Peritoneums bis jenseits der Ober-
baüchgefasse fort, vom und hinten nur so weit als zur Bildung eines vier-
eckigen Lappens erforderlich war; den 12— 20qcm grossen Lappen resezierte
er dann. Oft wurden mit dem Peritoneum auch einige Fasern der tiefen
502 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
Muskelschichten geopfert. Die Banchwandwunde vernarbte bei allen Tieren
vollkommen per primam intentionem. — Ein Kaninchen tötete er nach einem
Monat, ein zweites nach 45 Tagen, ein drittes nach zwei Monaten, zwei
weitere nach 75 Tagen. Beim ersten Kaninchen war eine DünndarmacUinge
eine gewisse Strecke weit mit der der Serosa beraubten Fläche verwachsen;
bei den übrigen Tieren bestanden keine Adhärenzen. Die Serosa war, wie
die mikroskopische Untersuchung dartat, in ihrer Kontinuität Yollständig
wiederhergestellt.
Verfasser setzt seine Experimente noch weiter fort; aus den bisher
angeführten zieht er folgende Schlüsse:
1. Nach Ausschneidung von ausgedehnten Lappen aus dem parietalen
Peritoneum regeneriert sich die Serosa in kurzer Zeit vollständig.
2. Durch das Fehlen der Serosa an einem der Ränder der Banchwunde
wird der Vemarbungsprozess in keiner Weise kompromittiert; es bildet sidi
eine durchaus resistente Narbe.
3. Durch den phlogistischen Neubildungsprozess, der die Reparation des
peritonealen Substanzverlustes bewirkt, entstehen nur ausnahmsweise Ad-
härenzen ; dieselben verschwinden jedenfalls nach verhältnismässig kurzer Zeit
(nach l^/a Monaten).
Diese ersten Resultate sind indessen ziemlich wichtig. Es kann in der
Praxis vorkommen, dass bei Abtragung einer voluminösen Geschwulst der
Bauchwand ausgedehnte Abschnitte der Peritonealserosa, die mit der Ge-
schwulst verwachsen sind, mitgeopfert werden müssen. Von grossem Vorteil
ist es daher, zu wissen, dass, nach experimentellen Untersuchungen, der
Heilungsprozess dadurch nicht beeinträchtigt wird und dass die langsam von
statten gehende Reparation ausnahmsweise Adhärenzbildung mit sich bringt.
Übrigens kann sich der Chirurg gegen das Zustandekommen von Adhärenzen
zwischen den Eingeweiden und dem parietalen Peritoneum dadurch sichern,
dass er eine Reizung der Serosa durch septische oder chemische (antiseptische)
Mittel vermeidet und dieselbe so wenig wie möglich verletzt.
Seine weiteren Experimente werden, hofft Verfasser, auch über die
Verhältnisse, die die Adhärenzbildung begünstigen, sowie über diejenigen
die ihr entgegenwirken, neues Licht breiten. R. Oiani.
Canac-Marquis (9) empfiehlt zur Bauchnaht neuerdings eine Achter-
tour mit Silk, wie vor Jahren schon Ihle und andere, nur dass er nicht
knüpft, sondern die Enden mit Platten befestigt und die Haut separat mit
Meichelklammern schliesst.
Andrews (3) lenkt die Aufmerksamkeit nochmals auf die häufigen
Fälle von Tod durch Erstickung infolge plötzlichem Erbrechen, dem beson-
ders Patienten ausgesetzt sind, welche wegen Darmverschluss oder Peritonitis
operiert wurden.
Becker (7) lässt Bauchbinden nach Mass für jeden Patienten, nicht
vom Bandagisten, sondern im Eorsettengeschäft anfertigen und zwar nach Art
der „Frackkorsetts^, welche Korsett und Binde miteinander vereinigen. Die
Bandage besteht vom aus einem Stück ohne Stahlstange, hinten liegt neben
zwei Stahlstangen die Schnürung. Der Stoff ist Satindrell mit Fischbeinein-
lagen. Ein Korsett kostet 7 — 10 Mark, Naht von den Brüsten bis zum Häftr
knochen, schneidet in der Lendenfalte dieser entsprechend, durch gerade
Linien ab.
Pagenstecher, VerletzuDgen u. cfairurg. Krankheiten der Banchwand etc. 503
Ponsson and GhaTanoaz (24) wollten einen Fistelgang exstirpieren, der nach
Laparotomie wegen Baucbkontosion entstanden war nnd rechts Yom Kolon, links vom
Magen auf den Wirbeln in eine nussgrosse harte Masse endete. Beim Yersach, das Ende
za isolieren, entsteht ein linsengrosses Loch in der Cava inferior; die Blatang wird mit dem
Finger, danach mit drei feinen Gatgutsutaren durch die ganze Dicke der Wundlippen ge-
stillt Eine weitere Verletzung der Adventitia wird mit vier Sataren übemäht. Aaf die
Naht kommt ein Gazestreifen. Heilang.
YoD den supplementären Kreislaufs wegen der unteren Hohlvene sprechend,
fuhrt Purpura (25) zunächst die Fälle an, in denen die Zirkulation in der
unteren Hohlvene durch Ligatur oder durch von Bauchtumoren ausgeübten
Druck aufgehoben worden war und in denen sich hiernach der kollaterale
Kreislauf herstellte, und berichtet dann über die Experimente, die er aus-
fahrte, um festzustellen, welche Venen die vikariierende Funktion übernehmen,
wenn plötzlich (durch Ligatur) oder durch Stenosierung (Seidenbänder, Cel-
loidinblöckchen) die Zirkulation in der unteren Hohlvene unterbrochen wird.
Aus den 44 an Hunden von ihm ausgeführten Experimenten zieht Verf.
folgende Schlüsse:
1. Die in erster Zeit an irgend einer Vereinigungsstelle der Venae iliacae
mit der Venae suprahepaticae vorgenommene Unterbindung der unteren Hohl-
vene ist in manchen Fällen mit dem Leben verträglich; viel gefahrlicher für
das Leben ist eine Unterbindung oberhalb der Nierenvenen.
2. Die Stenose des Hohlvenenlumens schafft einen günstigen Boden zur
absoluten Obliteration.
3. Die kompensatorische Funktion übernehmen, wenn die Obliteration
sich direkt unterhalb der Nierenvenen findet, die Venae extra-rachidianae ant.,
die V. utero-ovarica sin; die Venae uretericae und, in zweiter Linie , die
Venen der Bauchwand und die V. mesenterica inf.; findet sich die Oblite-
ration oberhalb der Nierenvenen, dann wird der Kreislauf durch die zur
Niervene, zum Nierenparenchym und zur Nierenkapsel gehörende Gefässe,
durch die Venae extra-rachidianae ant., die Venen der Bauchwand und die
V. mesenterica inf. wieder hergestellt.
4. Auch beim Menschen schafft eine Stenose der unteren Hohlvene
günstige Verhältnisse zur absoluten Obliteration des Gefässes. R. Giani.
In dem von D^ Anton a (4) beschriebenen klinischen Falle wurde wegen
in der Hinterbackenregion aufgetretenen bilateralen Aneurysmas zuerst die
rechte, dann die linke Arteria hypogastrica unterbunden. Die durch diese
Tumoren verursachte Neuralgie hörte nach der Operation auf; dagegen be-
stand die Parese noch einige Wochen und das Unterschenkelödem noch sechs
Monate lang fort. R. Giani.
P allere ni (23) veröffentlicht die Statistik der in den Jahren 1893 bis
1903 von Tansini in Palermo ausgeführten Laparotomien, die sich auf 131
belaufen und beschreibt die bedeutenderen Fälle. Die Laparotomien wurden
wegen folgender Krankheiten ausgeführt: 43 wegen Eierstockerkrankung (36
cystische, 6 feste Tumoren), die alle Heilung zur Folge hatten, 36 wegen
üteruskrankheiten (lauter feste Tumoren) mit 27 geheilten und 9 Todesfällen,
17 wegen Krankheiten der Leber und der Gallenwege (14 von diesen wegen
Echinokokkencyste) mit 1 Todesfall^ 4 Splenektomien (davon 3 wegen malari-
scher Milz) mit 2 Heilungen, 1 Laparotomie wegen B ant i scher Krankheit
mit gutem Ausgang, 2 wegen Echinokokkencyste der Niere mit Heilung,
9 wegen Krankheiten der Bauchwand (davon 8 wegen Nabelbruch), 15 wegen
504 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
Krankheiten des Yerdaanngskanals mit nur einem Todesfall, 4 wegen Ge-
kröse und Peritonealaffektionen mit Heilung. R. Giani.
Guarnieri (15) veröffentlicht eine Statistik der in einer 15jährigen
Erankenhauspraxis von ihm ausgeführten Operationen am ßauche und knüpft
praktische Erwägungen an die einzelnen Fälle. Seine Statistik umfasst:
11 explorative Laparotomien mit 10 Heilungen und 1 Todesfall; 56 Ope-
rationen wegen penetrierender Bauchwunden mit 40 Heilungen und 16 Todes-
fällen (Mortalität 28 ®/o) ; 3 Fälle von diffuse Peritonitis mit Appendicitis mit
2 Todesfällen und 1 Heilung; 26 Fälle von Appendicitis mit 22 Heilungen
und 4 Todesfällen; 48 Fälle von tuberkulöser Peritonitis mit 34 Heilungen,
4 stationär gebliebenen und 10 Todesfällen (Mortalität 20 ^/o); 26 Magenope-
rationen mit 5 Todesfällen (in 3 von diesen hatte Magenkarzinom bestanden);
54 Fälle von Darmverschluss mit 29 Heilungen und 25 Todesfällen (Mortalität
46 Vo); 36 Operationen an der Leber mit 27 Heilungen und 8 Todesfallen;
136 Bauchoperationen wegen Erkrankung des weiblichen Geschlechtsapparats
mit 125 Heilungen und 11 Todesfällen (Mortahtät 8Vo). R. Giani.
Alb an US (1) berichtet aus Hamburg -Eppendorf über 1140 Laparo-
tomien mit 53 Thrombosen =4,64 7o. Davon 10 nach Wurmfortsatzoperationen.
Die Venen der unteren Extremität überwiegen, darunter erscheinen die linken
besonders disponiert. Das weibUche Geschlecht betrafen 72, das männliche
28 ^/o. Als Ursachen kommen verschiedene Momente in Betracht, hauptsach-
sachlich längere Narkose, Herzschwäche, Toxineinwirkungen.
Zu Embolien kam es 23 mal = 2Vo; 10 waren tödlich = 43,5 ^/o oder
0^88 der gesamten Fälle. Die meisten kommen im mittleren Alter vor, viel-
leicht hat bei alten Leuten der Blutstrom weniger Kraft zum Loslösen und
Fortschwemmen der Thromben.
Eine Tabelle enthält die einzelnen Fälle.
8. Erkrankung^en der Bauehwand.
1. Ab adle, Fibrome de la paroi abdominale. Bull, et m^m. de lasoc. anat. 1903. Nr. 8.
2. Arnheim, Ein Fall von hysterischem Bauchmuskelkrampf. Monatsschrift fOrÜDfaU*
heilkonde 1908. Nr. 12.
3. Baldwin, One thoasand abdominal dosnres by a new method withont a knoim
hemia. Annals of surgery 1903. November.
4. Bartlett, An improved filigree for the repair of large defects in the abdominal valL
Annals of surgery 1903. Joly.
5. Baum, Über eine unter ungewöhnlichen Erscheinungen einhergehende Verletzong der
epigastrischen Greflsse bei Asoitespunktion. Deutsche Zeitschrift fOr Chirurgie 1903.
Bd. 69. Heft 5-6.
6. Campbell, Subperitoneal lipomata. British medical Journal 1903. Nov. 28.
7. Canac-Marquis, Technique of cholecystostomy and a new method of abdominal
suturing. Sep.-Abdr.
8. ^Dreifuss, Ein Fall von Darmbauch wandfistel nach Bauchoperation. Dias. Mflndten
1903.
9. Fredet, Deux cas types de fibromes de la paroi abdominale. Fibrome du granddroü
Fibrome du petit oblique. Bull, et m^m. de la soc. anat. 1908. Nr. 8.
9a. Friedrich, W., Ober die Hemia epigastrica, auf Grund von 50 Fftllen. Budapester
kgl. Ärzte- Verein, Sitzung vom 21. IIl. 1903. Orvosi Hetikp 190a Nr. 40—43.
10. Glaser, Über eventratio diaphagmatica. Deutsches Archiv für klinische Medizin 1908.
Bd. 78. Heft 3 und 4.
1. Hahn, Die Verhütung des Bauchbruches nach Laparotomie. Zentralblatt t Chir. 190S.
Nr. 4.
12. Hawthorne, Cicatricial constriction of the abdominal wall and of the left thigh ai-
tributed to compression by the umbilioal cord. The Lancet 1903. Aug. 8.
Pagensteoher, Verletzungen u. chirurg. Krankheiten der Baucbwand etc. 505
13. *T. d. Hellen, Beitrag znr Anatomie des Zwerchfelles: das Gentmm tendinemn. Dlss.
Strassburg 1903.
14. *Eschi8cho, Zur Frage des Banchdeckenschnittes und seine Yereinigong. Dias.
Leipzig 1908.
15. Kflttner, Über die perforierenden Lymphbahnen des Zwerchfells. 82. Chimrgen-
Eongress 1903. Beitrl^ zur klinischen Chirurgie Bd. 40. Heffe 1.
16. Limin, A., Zwei Fälle von Platzen der Narbe nach Laparotomien. Russki Wratsch
1908. Nr. 88.
17. Orlow, W., Zur Frage yom Platzen der Bauchwandnarbe nach Laparotomien. Russki
Wratsch 1908. Nr. 20.
18. PoroHohin, M., Zar Frage von den Fibromen der vorderen Bauchwand. Russki
Wratsch 1908. Nr. 40.
19. Potherath, Fibrome aponövrotique de la paroi abdominal chez un homme. Bull, et
m^m. de la soc. de chir. 1908. Nr. 18.
20. Princeteau, Cure radioale de F^yentration large xypho-ombilicale, par un nouyeau
proc^dö. Journal de m^d. de Bordeaux 1908. Nr. 44 und 45.
21. Rampazzi, G., Sul laparocele inguinale e sua cura coli' embricamento delle aponeu-
rosL Gazetta degli ospedali 1903. Nr. 101.
22. *8ach8. Zur Diagnose der Bauchdeckentumoren. Diss. Bonn 1902.
23. *Schidkow8ki, Beitrag zur Lehre vom Bauchdeckenfibrom. Dlss. Berlin 1903.
24. *SchOllhammer, Ein Fall von ausgedehnter Yaricenbildung an den Bauchdecken.
Diss. Witrzburg 1908.
25. *Serafini, Asüesso delle pareti addominali da gonococco. Progresso medico 1908.
Nr. 7.
26. *Silberberg, Fibromes et fibro-sarcomes de la paroi abdominale. Bull, et m^m. de
la soc de chir. 1903. Nr. 8.
27. Silbermark und Hirsch, Laparotomie und Yentralhemien. Deutsche Zeitschrift
für Chirurgie. Bd. LXYIII. Sep.-Abdr.
28. Stamme, Über die symmetrischen kongenitalen Bauchmuskeldefekte und über die
Kombination derselben mit anderen Bildungsanomalien des Rumpfes (Hochstand, Hyper-
trophie und Dilatation der Blase, Ureterendilatation , Eryptorchismus , Furchennabel,
Thoraxdeformit&t etc.). Mitteilungen aus den Grenzgebieten 1903. Bd. 11. Heft 4.
29. Thies, Die in den Jahren 1899—1902 an der Egl. chirurgischen Klinik zu Kiel zur
Behandlung gekommenen FflUe yon Hemia epigastrica. Diss. Kiel 1908.
80. *Werth, Über die Etagennaht der Bauchwftnde. Hegars Beiträge 1908. Bd. TIL
Heft 2.
Eüttner (15) untersuchte die Verteilung der Lymphgefasse des Zwerch-
felles nach der Gero laschen Methode. Die wesentlichen Versucbsprotokolle
werden mitgeteilt. Gegenüber neueren Angaben, dass perforierende Gefässe,
welche Verbindung zwischen Brust- und Bauchhöhle herstellen, nicht bestehen,
ergab sich:
Sowohl der pleurale wie peritoneale Überzug des Diaphragma sind
ausserordentlich reich an Lymphgefassen. Die Wurzelgeflechte des parietalen
Peritonenm- und Pleurablattes stehen mit denen der Zwerchfellserosa in kon-
tinuierlicher Verbindung. Es gibt sehr zahlreiche perforierende Gefässe und
zwar sowohl in der Richtung vom Peritoneum zur Pleura als umgekehrt.
Die regionären Lymphdrüsen liegen an der Brustfläche auf der vorderen, an
der Bauchfläche an der hinteren Partie. Jede Zwerchfellhälfte ist ein ge-
schlossenes, nicht mit der anderen kommunizierendes Gebiet. Von den Nach-
barorganen tritt nur die Leber, diese aber in sehr enge Lymphgefässverbindung
mit dem Zwerchfell. Leberlymphbahnen passieren die untere Diaphragma-
flache oder durchbohren das Zwerchfell auf dem Weg zu Drüsen des Bauch-
raumes. Zahlreiche Lymphgefasse und Drüsen des Zwerchfells führen auch
Lymphe aus der Leber. Ein Teil der Leberlymphbahnen mündet in Drüsen
der linken, selten der rechten Fossa supraclavicularis.
506 Jahresbenoht für Ghirargie. IL TeiL
nämlich ohne Erö&nng der Bauchhöhle die Äponenrose der Recü längs ihres
Bandes einzuschneiden, die so gebildeten Lappen zurückzuklappen und za
vereinigen, sodann sie hinter die darüber vernähten Muskeln resp. vorderen
Aponeurosen zu versenken.
Thies (29) berichtet über 18 Fälle von Hemia epigastrica der Kieler
Klinik. Trauma beachtet 2 mal , präformierte Schwachheit des fibrösen Ge-
webes 2 mal, 6 Fälle entsprechend der Böser sehen Theorie entstand^L
Reine präperitoneale Lipome 5 mal, wahre Brüche 13 mal. Das Resultat von
acht Fällen unbekannt, 2 mal zweifelhaft, 9 mal vorzüglich geübt ist Radikal-
operation und Yemähung der Bruchpforte mit Silberdraht.
Bei der Eventratio diaphragmatioa ist das Zwerchfell nur verdfinnt, nickt
perforiert. Nach Gnrveilhier soll das Leiden erworben sein, wofQr der Fall, den Glaser
(10) beschreibt, spricht: 49 jähriger Mann, hat gedient Bekam im dritten Jahr Blatstan,
der sich seitdem mehrfach wiederholte nnd offenbar ans dem Magen stammte. Das Hen
ist nach rechts disloziert Links findet sich an Stelle des Herzens nnd seitlich tjmpamti-
scher Schall nnd metallische Phänomene. Bei Füllang des Magens mit Wasser tritt Dämp-
fung auf. Wegen Inkarzerationserscheinungen wird von Körte laparotomiert Magen und
Milz finden sich ungewöhnlich hoch mit der Zwerchfellkuppel verlagert, in letzterer kein
Loch. Ein Jahr später stirbt Patient an Zungenkrebs. Bei der Autopsie ergibt sich, dasi
die linke Zwerchfellmuskniatnr zwar vorhanden, aber fettig degeneriert ist
Silbermark und Hirsch (27) berichten über die zur Zeit an der
V. Mosetigschen Abteilung üblichen Methode des Bauchschnittes zur Ver-
hütung der Ventralhemien. Der Schnitt liegt nach Lennander seitlich,
etwa 2 — 3 Finger breit von der Linea alba. Der Muskel wird zur Seite ge-
zogen unter Schonung der Nerven, weiter Scheide und Peritoneum gespalten
und letzteres provisorisch an die Haut fixiert. Die Vereinigung geschieht
schichtweise durch Seide (hintere Naht fortlaufend). — Ist Drainage not"
wendig, geschieht das vermittelst des ^^Mosetigschen Gebildes^, in Gutta-
perchapapier eingewickelte Jodoformgaze, welche die Vorteile eines Drains mit
der eines Dochtes vereinigt. Bei Entferung derselben wird in den E^aoai
reines Glyzerin tropfenweise gegossen, wodurch Sekretreste herausgehoben
werden. Patient steht bei unkomplizierten Fällen nach 14 Tagen mit Leib-
binde, sonst bei Schluss der Fistel auf.
Von 41 kontrollierten Fällen zeigten nur drei der drainierten eine
Bauchhemie. Die Ursache lag in besonders lokalen Verhältnissen vor der
Operation.
Hawt hörne (12). Unter dem Nabel, quer um das Abdomen lief eine
narbige Furche, in welcher bei der Geburt der Nabelstrang gelegen hatte.
Eine zweite ging um das linke Bein dicht über dem Knie.
Campbell (6). 1. Frau von 55 Jahren, seit zwei Jabren Abmagemng nnd Änf-
treibong des Leibes. Schnitt im Epigastriom. Ansschftlnng eines 21 Pfd. schweren pro-
periionealen Lipoms in der Banchwand.
2. 50 jährige Frau. Lipom der rechten Fossa iliaca, seit 9 Monaten bemerkt hm
der Fossa nnd dem Lig. latum ansgeschält.
Poroschin (18) beschreibt einen Fall von Desmoid der Bauchwand bei
einer Frau. Exstirpation. Hohlbeck (St. Petersburg).
Der Angabe, dass die sogenannten Fibrome der Bauchdecken genetäsch
mit dem Ligamentum rotundum zusammenhängen, wiedersprechen zwei von
Fred et (9) gemachten Beobachtungen. Im ersten sass die Geschwulst im
linken Rectus nahe dem Thoraxrand und an einer Inscriptio tendinea, am
anderen im Obliquus internus, nahe dem Ligamentum rotundum, aber von
demselben überall deutlich durch lockeres Zellgewebe getrennt.
Pagenstecher, Verletzangen n. chirurg. Krankheiten der Bauch wand etc. 609
In einem weiteren von Ab a die (1) war der Beginn rasch, während
einer Schwangerschaft, um dann stillzustehen und dann nach der Geburt
wieder rasch zuzunehmen.
Potherot (19) demonstrierte ein Fibrom aus der Bauchdecke eines
Mannes von der Grösse des Kopfes eines Fötus, welches auf dem Durch-
schnitt einem üterusfibrom tauschend ähnlich sah. Sitz rechts unterhalb des
Rippenbogens.
Bartlett (4) hat in sieben Fällen von Defekten der Bauchmuskulatur
nach aasgedehnter Geschwulstexstirpation sowie von Nabel-, Inguinal- und
Bauchhemien Netze aus Silberdraht eingeheilt. Er empfiehlt den Draht in
einfache, quere, fortlaufende Schlingen zu legen, entsprechend der Spannung;
Die Schlingen werden eyentuell durch Längsdraht befestigt; gitterförmige
Netze sind nicht erforderlich. Das Netz ist 1^/s mal so gross wie der Defekt.
Es braucht nur auf demselben aufgelegt zu werden ohne besondere Be-
festigung und wächst durch Granulationen und nachfolgende Bindegewebs-
uenbildung ganz fest.
Friedrich (9a) wendet seit längerer Zeit in der grossen Ambulanz
einer Bodapester Krankenkasse seine Aufmerksamkeit den Bauchbrächen zu.
Ihre Häufigkeit stellt er bei Männern (allerdings waren es fast durch-
wegs Arbeiter mit schwerer Beschäftigung ! Ref.) auf 0,48 %, bei Frauen auf
0,08%; bei beiden zusammen wäre somit die Häufigkeit 0,35%.
Betreffs Lokalisation: am häufisten sind die Brüche der Linea alba,
ausserhalb dieser wieder sind Bauchbrüche linkerseits häufiger als rechts.
Als verursachendes Moment spielt Trauma und schweres Heben eine Bolle;
die verursachten Symptome geben oft zu Verwechselungen mit Magenaffek-
tionen Anlass. Bei jeglichen Beschwerden empfiehlt Friedrich die Opera-
tion; von Bruchbändern ratet er ab. —
Seiner Mitteilung schliesstVerf. die interessanten Auszüge von 26 Kranken-
geschichten bei. J. Dollinger (Budapest).
8. Erkrankungen des Nabels.
1. Alapy» H., TuberkolOse Uraohna- Fistel, durch Radikal-Operation geheü. Chiruigische
Sektion des Bodapester kgl. Ärzte-Vereios, Sitznng vem 16. IV. 1903. Orvosi Hetilap
1908. Nr. 29.
la.Be van, Infiammation and Perforation of Meckels diverticolam as a cause of septic
Peritonitis. Chicago snrgical soc. Annais of snrgery 1903. February.
2. CapetteetGauokler, Notes snr an cas d'ad^nome ombilical. Revue d'orthopädie
1903. Nr. 3.
3. *Harper,A case of ambilical calcolas. The Lancet 1903. Sept. 12.
4. Eirmisson et Rief fei, Nooyeaa cas de diverticale de Meckel ouvert ä rombilic.
eta Revue d'orthop^die 1908. Nr. 3.
5. Koslowsky, B., Zwei Fälle von embryonalen GeschwtQsten des Nabels. Rassisches
Archiv fOr Chirurgie 1903. Heft 6.
6. — Ein Fall von wahrem Nabeladenom. Deutsche Zeitschrift fflr Chirurgie 1903. Bd. 69.
Heft 5—6.
7. Lettaa, Ein Fall von Wurmfortsatz-Nabelfistel unter dem Bilde des offenen Ductus
omphalo-enterious. Deutsche Zeitschrift fQr Chirurgie 1908. Bd. 70. Heft 1 und 2.
8. Lotheissen, Über Nabelsohnurbruch. Wiener klinische Rundschau 1903. Nr. 42.
9. Salomon, Phlöbite ombilicale et pylöphl^bite suppur^. (xangr^ne humide des membres
inf^rieurs et de la paroi abdominale. Bull, et m^m. de la soc. anat. 1903. Nr. 8.
10. *▼. SchrOtter, Zur Kenntnis der Tuberkulose der Nabelgegend. Archiv fflr Kinder-
heilkimde 1908. Bd. 85. Heft 5 und 6.
512 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL Teil.
4. Yerletsungen des Bauches.
A. Verletzung durch stumpfe Gewalt
1. Bogdanovici, Notes on a oase of contusion of tbe abdominal wall from tfae sti^
of a horse. Double rupture of the intestine. Laparotomy. Cure. Medieal Preas 19031.
Sept. 30.
2. *— Baachwandkontusion durch ein Pferdehufeisen. Doppelte Darmmptur. Laparotomie,
Genesung. Spitalnl 1903. Nr. 11. p. 429 (rumftniech). Stolanoff (PleTua).
3. Brewer, Some observations on the diagnosis and treatment of abdominal contusioDS.
New York surgical soc. Annals of surgery 1908. Jan.
4. — Gases illustrating some important points in the diagnoais and treatment of abd»-
minal contusions associated with visceral iajuries. Annals of surgery 1903. Februarj.
5. Burkhard, Ein Fall von traumatischer Ruptur der Aorta. Göschel Festachdft.
Tübingen 1902. Lanpp.
6. Le Gonte, The diagnosis of intestinal injury following abdominal contusion. Annali
of surgery 1903. April. Discussion in Philad. acad. of surgery. ibidem.
7. *Ferraton, Deuz observations de Iteions traumatiques abdominales graves tiattees
par Tintervention sanglante suivie de gu^rison. Arch. de mM. et de pharm, milit. 1901
Nr. 3.
8. Fraenkel, Einige Grundsfttze fOr die Beurteilung und Behandlung derEontaaion des
Bauches. MOnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 17.
9. Molin, Gontnsion de Tabdomen; Perforation intestinale; ^panchement stercoral; la-
parotomie; gu^rison. Soc. des sciences möd. Lyon m^ical 1903. Nr. 33.
10. ^Pfeiffer, Ober subkutane Bauchverletzungen. Dies. Leipzig 1903.
11. Riedel, Fall von tödlicher Verletzung durch Pferdehufischlag. Mfinch. med. Wochaa-
schrift 1903. Nr. 22.
12. Seliger, Nochmals der Shock und der Shocktod, speziell nach Kontusionen des Banchea.
Prager med. Wochenschrift 1903. Nr. 32.
18. Toussaint, Note sur Thömo-pelvis, suite de contusion de l'abdomen par oonp de pied
de chevaL Archives provinciales 1903. Nr. 12.
li. *Wilke, Pfortaderthrombose und Trauma. Diss. Kiel 1903.
Fraenkel (8) gibt eine übersichtliche nichts Neues enthaltende refe-
rierende Besprechung des Gegenstandes.
Seliger (12) bespricht im Anschluss an seine früheren Arbeiten über
Shock und Shocktod einige hergehörige Punkte, so die Abgrenzung gegenüber
der Verblutung und den Tod durch Sepsis. Er konstatiert die Übereinstimmung
neuerer Arbeiten mit seinen Ansichten.
GeorgE. Brewer(4) berichtet über 8 Falle von stumpfer Bauchkon-
tusion, bespricht dann die Diagnose und wichtigsten Symptome der mit
Verletzung der Eingeweide einhergehenden Fälle; besonderes Gewicht wird
auf frühzeitiges Operieren bei Schmerz, Druckempfii^dlichkeit und Muskel-
spannung gelegt. Im Moment des Bauchschnittes und der Aufhebung des
intraperitonealen Druckes könne rapid Kollaps eintreten.
In der Diskussion zu Brewer (3) sprechen sich mehrere Redner fSr
rasches aktives Vorgehen und für den diagnostischen Wert der Bauchdecken-
spannung aus, wenden sich aber gegen die Angabe von Brewer, dass die
Laparotomie an sich den Kollaps vermehre.
Le Conte (6) zieht aus 53 Betrachtungen von stumpfer Bauchverletzung
folgende Schlüsse: Einigermassen sicherer Verdacht auf eine innere Ver-
letzung muss bestehen, sonst wird manche Laparotomie unnütz gemacht
Schmerz und Spannung der Bauchdecken kommt auch bei ihrer einfachen
Quetschung allein vor. Bei Shock soll auf das Stadium der Reaktion gewartet
werden. Das sicherste Zeichen für Darmverletzung ist zunehmende Spannung
und der Gesichtsausdruck.
Pagenstecher, Verletzangen u. chirnrg. Krankheiten der Baachwand etc. 513
Bogdanovici (1). Hufschlag gegen den Leib. Schmerz, Erbrechen unmittelbar,
dann Erleichterung. Am folgenden Tag Druckempfindlichkeit, geringe Bauchdeckenspan-
nong, am Abend Fieber und Pulsateigerung. Wegen Zunahme dieser Symptome Operation
nach ca. 36 Stunden. Reichliches Exsudat im Leib, zwei Darmperforationen sind durch
fibrinöse Yerklebungen verdeckt Naht. Auswaschung mit Kochsalzlösung, Bauchnaht. In
den ersten 4 Tagen Erbrechen, dann Heilung.
Mol in (9). Nach leichtem Stoss gegen den Bauch vermittelst eines Stückes Holz
waren Erscheinungen aufgetreten, die man zuerst fttr Appendicitis gehalten hatte. Stuhl
war erfolgt Puls 110. Temperatur 38,5. Druckschmerz und Spannung der Muskulatur.
Die Laparotomie an der Linea alba entleert kotigen Eiter. In der rechten Seite Perforation
des DOnndarms von der Qrösse eines 50cm-Stflcks. Naht derselben, Drainage mit Miku-
licz. Heilung.
Riedel (11). Rascher Tod nach Hufschlag in rechte Lendengegend. Nierenruptur,
ausgedehnte Zertrümmerung des Leberparencbyms. Blutergüsse.
Toussaint (18). 1. Hufschlag gegen das Epigastrium. Zeichen innerer Blutung.
Laparotomie nach 7 Standen. IVt kg flüssiges und geronnenes Blut im Abdomen, 2 Netz-
gefftsse zerrissen. Durchgreifende Bauchnaht. Vorfall von Netz im oberen Teil infolge
Anseinanderweichens. Resektion. Heilung.
2. Hufechlag gegen den Bauch. Sbock. Irregulärer Puls, Tenesmus der Blase und
des Rektum, D&mpfung in den Flanken. Laparotomie. Kleines Becken mit Blut erfüllt,
z. T. koaguliert, stammt von einer subperitonealen Blutung in der rechten Bauchwand (Stelle
das Trauma). Bauchnaht und Drainage.
Burkhard (5). 1 7 j&hriger Bäckerlehrling wird von den Flügeln einer Knetmaschine
in den Trog gerissen, wobei der Brustkorb fest an dessen eiserne Wand angepresst wird.
Tod nach Vt Stunde. Blutaustritte an Hals, Ohren und Gesicht dunkelblau, Venen des
Halses strotzend gefallt, Herzbeutel voll Blut, Herz leer, Suffusion des rechten Vorhofs
and der Cava inferior , 2 cm langer Arterienriss oberhalb der hinteren halbmondförmigen
Klappe beginnend, bogenförmig oval abwärts. Keine alten Wund Veränderungen.
Burkhard nimmt eine gleichzeitige Zerrung und Kompression an;
erstere durch Zug am Kopf, daher Zerreissungen der Halsmuskeln; dabei
zeigt sich Kompression am Hypomocblion, an der vorderen Brustwand, wo
Exkoriation unterhalb der Brustwarze rechts markiert war.
B. Stich- und Schusswunde.
1. Blake, Gunshot wound of the abdominal cavity, liver und rigbt pleural cavity. New
York surgical society. Annais of surgery 1903. March.
2. *Bonnette, Blessure mortelle de Tabdomen par coup de feu ä blanc. Arch. de m4d.
et de pharm, militaire 1902. Nr. 10.
8. *Botescu, H., Penetrierende Wunde des Abdomens, Verletzung der Vena mesenterica,
profuse Hämorrhagie. Laparotomie. Genesung. Spitalul 1903. Nr. 1. p. 4 (rumänisch).
Stolanoff (Plevna).
4. Brunner, Zur Laparotomie bei penetrierendem Bauchschuss. Eorrespondenzblatt für
Schweizer Ärzte 1903. Nr. 20.
5. *Corsin, J., Penetrierende Schnittwunde der Bauchwaod, Eventratio entero-epiploica,
inkomplekte Sektion des DQnndarmes. Qenesung. Spitalul 1903. Nr. 10. p. 407 (ru-
mänisch). Stolanoff (Plevna).
6. Finkel stein, B., Über die operative Behandlung der Bauchschüsse. Russki Wratsch
1908. Nr. 39.
7. Gebele, Über penetrierende Bauch-Stich- und Schusswunden. Münch. med. Wochen-
schrift 1908. Nr. 88.
8. *Hawkes, Bullet and wad of clothing removed from the peritoneal cavity. New York
surgical soc. 1903. September. Annais of surgery 1903. Sept.
9. *Hoffm ans, Über Bauchschussverletzungen. Diss. Kiel 1903. 4 operierte Friedens-
schussverletzungen mit 3 Heilungen.
10. Lungu, A. , und Galian, D., Penetrierende Stichschnittwunde des Abdomens mit
Hernie des Magens. Resektion. Genesung. Spitalul 1903. Nr. 10. p. 632 (rumänisch).
11. Händler, M., Bauchschusswunde, Anus praeternaturalis. Genesung. Spitalul 1903.
Nr. 11 p. 446 (rumänisch).
JahTMberieht fttr Chirorgle 1903. 83
514 Jahresbericht fOr Gbirargie. IL Teil.
12. Petroff, A. M.. Ein seltener Fall Ton Yerletznng der Bmst und Bauchhöhle. Leto-
pisei na lekarskija Salonz v. Balgaria 1903. Nr. 5. p. 199 mit 1 Figor (bulgarisch).
18. *Serafini, Rara ferita dell' arteria ipogastrica. U Progresso medico 1908. Nr. 7.
14. *Yirdia, SnlP intervento nelle ferite penetrant! nella cavitä toracica ed addominale.
Qaazetta intemaz. di Medicina 1903. Nr. 7. (Zweiter Beitrag von 50 Laparotomien nid
Thorakotomien).
Finkelstein (6) beschreibt sechs Fälle von Schusswnnden der Bauch-
höhle. Zwei Patienten verweigerten die Operation (in einem Fall war das
Colon ascendens, im anderen das Colon descendens verletzt); beide starben
am 2. resp. 3. Tage. Es handelte sich um Revolververletzungen. Von den
vier operierten Fällen genasen drei: eine Schrotschussverletzang der Leber
und zwei Fälle mit multiplen Dünndarmverletzungen (Revolverschiisse). Im
vierten Fall, der letal endete, handelte es sich um einen Magenschuss. Bei
der Sektion fanden sich noch eine Leber- und eine Pankreasverletzung. Alle
Patienten kamen früh in Behandlung. Hohlbeck (St. Petersburg).
Gebele (7) berichtet die neueren Resultate der Münchener chinu^schen
Klinik bei penetrierenden Wunden. Von 30 Stiohverletzungen der Jahre 1897
bis 1902 kamen 5, von 15 Schusswunden 7 ad exitum. Bei Einschussver-
letzungen ist an der Laparotomie unter allen Umständen festzuhalten.
Blake (1). SOj&hriger Mann. Einschosa im linken Hypochondrium (im Reetos).
Kugel sitzt anter der Haat zwischen 7. and 8. Rippe in vorderer AziUarlinea rechts. La-
parotomie. Blntang aas Wanden der Oherflftche des rechten nnd linken Leberlappens, vät
Gaze tamponiert Infolge Hastens Platzen der Baaohnaht (Catgnt far die Moskeln!). 8e-
kand&maht. Heilang.
Branner (4). 17 jähriges Mftdchen. Revolverschass ans grOsster Nihe. Einsdum
zwischen Nabel and Symphyse. Operation nach 8 Standen. Blutig tingiertes, trfibes Senm
(später nachgewiesen : aSrober BacUIas der Heo- oder Kartoffelbazillengrappe, anftrober, gu-
bildender, für Meerschweineben pathogener Bacillas). Eine Darmschlinge quer bis zu
Mesenterinm durchrissen (nach Brunn er darch bydraulische Pressong), eine weitere 4 mal
durcbbohrt. Naht. Auswaschen mit 7>]ger Kochsalzlösung. Heilung. Kugel wird spBkr
anter der linken Glutäalhaut gefunden. Branner plaidtert fOr die Friedeospraxis fftr fHih-
zeitige Laparotomie bei allen Bauch schasswunden und zitiert den Rat von Hans von (kn-
dorff von 1513 (fQr Lendenwunden) : „ündt wenn die Wundt des Banches nit genug ist, »
mache sie weiter mit eim Scheermesser!"
Im Falle Lungus und Galians (10) bei einem 42 jährigen Manne, welchem eio
Dieb einen Messerstich im Bauche beibrachte, ragte aus der 2cm grossen epigastrisdwo
Wunde ein gänseeigrosser kavitärer Tomor hervor. Die Laparotomie zeigte, dass die Ge-
schwulst die Magenwand ist. Resektion und Naht derselben. (Genesung.
Stolanoff (Plevna).
Im Falle Mandlers (11) war die Wunde in der Regio epigastrica dorch Revolrv-
schttss, mit Schrotkömem gefOllti erzeugt. Bei Reinigung der Wunde findet man Sdirot-
kOmer, nekrotisches Epiploonstück aus der Wunde, innen indigerierte Alimente und dim
sterkorale Massen. Genesung am 28. Tage ohne irgend welche Operation.
Stolanoff (Plevna).
Im Falle Pefroffs (12) handelte es sich um einen 22jährigen Mann, welchen der
Vater mit einem Dolche im Bauche und in der Brust verwundete. Links im 3. Interkostal-
räum, 4 cm vom Stemum, eine kleine Stichwunde, aus welcher reichlich Blut mit Luft ge-
mischt floss. Im Bauche links unter den falschen Rippen im Epigastrium eine 2 cm lasge
Schnittwunde, ans welcher Epiploon heraustrat. Ligatur der Arteria mammaris interna ood
intercostalis. Naht einer 3 cm langen und 1 cm tiefen Lungenwunde in der Nähe des Peii-
kardiums. Dann mediane Laparotomie, Resektion des Epiploons. Naht der 2 cm laogei
penetrierenden Magenwunde. Trotz des grossen Blutverlastes Genesung nach 2 Montteo.
Stolanoff (Plevna).
Pageosteoher, Verletzungen n. chimrg. Krankheiten der Banchwand etc. 515
C. Pfählangen.
1. Braeas, L., Über Pfthlongayerletzungen. Diss. Kiel 1902.
2. Bttngner, Zur Kasuistik der Pfthlangsverletzongen. 75. Natorforscher-Versammlang.
Mfinehener med. Wochensohrift 1903. Nr. 39.
3. Rnbritina, Über Pffthlnngsverletzongen. Prager med. Wochenschrift 1903. Nr. 48.
Braess (1). 1. Stoss mit Beiserbesen. Zweig dringt in Anas ein. Qrosser Ab-
»ess seitlich vom Darm, fieilong.
2. Fall auf eiserne Stange, die in Aftergegend eindringt. Operation nach 7 Tagen.
Pararektaler Qang. Heilung.
Rubritius (3). Sjfthriger Knabe. Fall ans 3 m auf Ast eines Hollanderstrauches,
der im Bereich des Hodensackes eindringt. Neben dem Nabel wird ein fingerdicker Holz-
Bkab extrahiert» der bis zum Nabel zwischen Haut und Muskulatar geglitten war und über
dem Nabel das Peritoneum durchbohrt hatte. In letzterem Fetzen der Hose und der Skrotal-
haui Heilung.
▼. Bflngner (2). Bohnenstange dringt 21 cm tief von der Fossa sorotofemoralis aus
ein. Extraperitoneale Blasenverletzung durch das Foramen obturatorium. Tamponade.
Heilung.
D. Verletzungen des Zwerchfells.
1. Lenormant, Du traitement op^ratoire des plaies du diaphragme. Revue de Chirurgie
1903. Nr. 5.
2. Sknkow, Über die Stichverletzungen des Diaphragma von der ThorazhOhle aus, ins-
besondere ihre Kasuistik. Diss. Basel 1903.
Lenormant (1) studierte, angeregt durch drei Fälle, die Frage der
Zwerchf ellverletzungen und kommt zu folgenden Schlüssen : 1) Ist eine Zwerch-
fellverletzung diagnostiziert, so muss sofort operiert werden, sowohl mit Rück-
sicht auf die Gefahr von Eingeweideverletzung wie von Zwerchfellhemien.
Die spontane Heilung der Wunde wird meist durch den Eingeweideprolaps
verhindert, der zu Einklemmung treibt. Beides erklärt die hohe Sterblichkeit.
Der beste Weg zum Zwerchfell ist der transpleurale.
Bei Laparotomie können Verletzungen, die hoch unter der Zwerchfell-
kuppe! liegen, übersehen werden oder schwer erreichbar sein. Lenormant
stellt tabellarisch 23 Fälle von transpleuraler Operation zusammen mit drei
Todesfällen. Der Pneumothorax scheint nie Gefahr gebracht zu haben. Ver-
letzungen der Eingeweide können durch die Zwerchfellwunde, eventuell mit
ihrer Elrweiterung versorgt werden.
Die eigentliche Zwerchfellwunde soll durch direkte Naht versorgt werden.
Diese Methode ist der Annähung an die Pleurawunde durchaus vorzuziehen.
Skukow (2) hat unter Beifügung dreier Fälle der Basler Klinik 62 der
Literatur von Stichverletzungen des Zwerchfells vom Thorax aus zusammen-
gestellt. Seit Einführung der operativen Behandlung ergibt sich das Resultat,
dass Heilung die Regel, Tod die Ausnahme ist, während es früher umgekehrt
war. Am gefährlichsten sind die durch die unbehandelte Zwerchfellwunde
spät, oft nach Jahren eintretenden Eingeweideprolapse in den Thorax (durch
Lösung primärer Verklebungen).
5. Akute Peritonitis.
1. Bertelsmann, Zar Behandlung der eitrigen Peritonitis und der Fettgewebsnekrose
des Peritoneums. 75. Naturforscher-Versammlung. Mfinehener med. Wochenschr. 1903.
Nr. 89.
2. Blake, Diflfase Peritonitis. New York surgical soc. Annais of snrgery 1908. Jane.
8. — The treatment of the peritoneam in diffuse Peritonitis. Annals of sargeiy 1908.
August.
83*
1
516 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. TeiL
4. ▼. Brunn, Die Pneumokokken-Peritonitis, v. Brunssche Beiträge 1908. Bd. 39. Heftl.
5. — Über E^eumokokken-Peritonitis. 82. Chirurgen- Kongresa 1903. Berlin.
6. Brunner, Weitere klinische Beobachtungen über Ätiologie und chirurgische Thersfie
der Magenperforationen und Magenperitonitis. Die bisherigen Ergebnisse der bakttrio-
logischen Untersuchung bei Aogenperitonitis. v. Brunssche Beiträge 1903. Bd. 40.
Heft 1.
7. — Experimentelle Untersuchungen Aber Ätiologie und chirurgische Therapie der dordi
Mageninhalt bewirkten Peritonitis, y. Brunssche Beiträge 1908. Bd. 40. Heft 1.
8. Fischer, Seltene Einbruchswege der diffusen eiterigen Peritonitis. ▼. Langenbeeki
Archiv 1908. Bd. 69. Heft 1 und 2. v. Esmarch -Festschrift.
9. *Friderici, Ein Fall von spontan geheiltem subphrenischem Abszess. Diss. Kiel 190S.
10. Friedtänder f, Vagus und Peritonitis, t. Langenbecks Archiv 1908. Bd. 72.
Heft 1.
11. Gerassimowiisch, Über Blutbrechen bei Peritonitis. Russki Wratsch 1903. Nr. 46.
IIa. Gerster. A., Ober die septische Thrombose und Pylephlebitis der Wurzeln der Yen
portae und ihre Beziehung zur septischen Peritonitis. Orvosi Hetilap 1908. Nr. 26—23.
12. Grüneisen, Über die subphrenischen Abszesse mit Bericht Aber 60 operierte FiUl
▼. Langenbecks Archiv 1908. Bd. 70. Heft 1.
18. Jensen, Über Pneumokokken- Peritonitis, v. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 69.
Heft 4. Bd. 70. Heft 1.
14. Langemak, Sero-fibrinOse Peritonitis nach akuter Enteritis, durch Laparotomie ge-
heilt. V. Brunssche Beiträge 1908. Bd. 37. Heft 1 u. 2. v. Esmarch- Festschrift.
15. Meisel, Über Entstehung der Bauchfellentzflndung. Mit besonderer BerQcksichtigiiog
der vom Wurmfortsatz ausgegangenen Entzündungen, v. Brunssche Beiträge 190S.
Bd. 40. Heft 2.
16. *Morison, An address on the treatment of abdominal emergercies. The Lancet 1903.
Jan. 81.
17. *Porak et Dorante, De quelques p^ritonites chez le nonvean-n4. Soc. d'obstitriqM.
de gynöcol. et de pMiatrie de Paris 1902. Dec.
18. R signier, Grippe ganglionnaire de la fosse iliaque. Journal de m6d. de Paris 1901
Nr. 9.
19. Santncci, A., Peritonite emiaria acuta in sacco non includente viaceri addomioaE
II PoHclinieo, Sez. pratioa 1903. Nr. 88.
20. Tilton, General Peritonitis, probably of gonorrhoeal origin. Annais of suigMy 1901
April.
21. ^Woolseji Septic Peritonitis due to the presence of a rubber catheter in the pen-
toneai cavity. New York surgical soc. Annais of surgery 1908. September.
Brunn er (6) erweitert seine in früheren Arbeiten (s. Jahresberidit
1902) mitgeteilten klinischen and experimentellen Erfahrungen darch neue
Beobachtungen. Im ganzen hat er bis jetzt sechs Fälle von Magenperforation
operiert, es gelang nur einen zu retten. Alle nicht Operierten starben, ebenso
von zwei Perforationen wegen Magenkrebs einer. Die eigenen bakteriologischen
Untersuchungen und die aus fremden Arbeiten zusammengestellten (in Summa
22) ergeben folgendes: Meist handelt es sich um Poly- undDoppelinfektioneB;
dominierend treten die Streptokokken und das Bact. coli auf. Das ürteO
muss in erster Linie auf der direkten mikroskopischen Untersuchung des
Exsudates fussen. Die AnaSroben treten in ihrer Bedeutung sehr zurüdt.
Derselbe legt hier (7) ausführlich die bereits auf dem vorigen Chirurgen-
kongress referierten Untersuchungen über die Ätiologie und chirurgische
Therapie der durch Mageninhalt bewirkten Peritonitis nieder. Auf die Einzel-
heiten der Arbeit einzugehen, ist unmöglich.
Die Salzsäure des Magenaftes wirkt deutlich desinfizierend auf Bakterien-
gemische. Daher ist sowohl hyperazider als der zur Zeit der Höhe der
Verdauung entnommener Magensaft weniger infektiös als der kurze Zeit nadi
Probefrühstück oder bei anaziden Zuständen gewonnene. Wichtig ist ferner
die Motilität. Motorisch aktiver Magen reinigt sich von Bakterien; bei
Pag^enstecher, VerletzungeD u. ohirurg. Krankheiten der Banchwand etc. 517
Stagnation, besonders also bei Dilatation, entwickelt sich eine gefährliche
Flora, wieder in höherem Grad bei Karzinom als bei Dilatation mit Hyper-
chlorhydrie. Es lässt sich dies alles deutlich durch die Quantität nachweisen,
in welcher dem Kaninchen in die Bauchhöhle injizierter Magensaft peritonitis-
erzeugend wirkt. Auch hier tritt der Streptococcus in den Yordergmnd, der
als hauptsächlichster Erreger nachzuweisen ist. Bei spontanen Perforationen
kommt es also ebensowohl auf den Zeitpunkt der Yerdauungsphase, als die
Menge des austretenden Inhaltes, als etwaige Erkrankungen an.
Femer ist wichtig die Art der Suspension der Mikroben im Magen-
inhalt. Bei Mischung von kleinen Bröckeln, die in reichlicher Flüssigkeit
schwimmen, macht eine schnelle und ausgedehnte Aussaat von Mikroben im
Abdomen sich bemerkbar.
Im therapeutischen Teil seiner Arbeit berichtet Brunner über
Versuche, die auf solche Weise erzielte Peritonitis durch Laparotomie und
Spülung sowie Anwendung von Antistreptokokkenserum (Tavel) zu beein-
flussen. An sich wird Spülung mit Kochsalz gut vertragen, ist auch nach
Brunn er wohl geeignet zur Reinigung der Bauchhöhle, während Antiseptika
eher schädigen, jedenfalls keinen Nutzen zeigten. In den Versuchen wurde
ein beim Menschen in der Praxis kaum vorkommender Fall angenommen : die
EntfemuBg des Mageninhaltes kurz nach der Ausbreitung in der Bauchhöhle.
Trotzdem gelang es nur bei salzsaurem 1 — P/s Stunden nach Probefrühstück
ausgehebertem Magensaft durch Spülung die Tiere zu retten. Alle mit an-
azidem oder salzsaurem, aber schon nach Vs Stunde (also bei noch schwachem
HCl-Gehalt) ausgehebertem Saft infizierten Tiere starben trotz prophylaktischer
Serumdosis und Spülung.
Beim Menschen wird daher, abgesehen von frühzeitigem Eingreifen, nur
dann ein Fortschritt zu erhoffen sein, wenn neben dem lokal chirurgischen
Vorgehen ein wirksames antitoxisches Mittel — Streptokokken und Coli-
serum — gefunden sein wird. Einstweilen wird, da die klinische Erfahrung
hessere Resultate ergeben hat als beim Kaninchen, dafür die Art und der
Zeitpunkt der Perforation und des Mageninhaltes, sowie eine bessere Wider-
standsfähigkeit des Menschen, ein günstigerer antibakterieller Koeffizient das
Ausschlaggebende sein.
Friedländer (10) untersuchte experimentell an Katzen, ob die Allge-
meinerscheinungen bei Peritonitis sich als reflektorisch entstanden erweisen
lassen, insbesondere wie das Missverhältnis zwischen Puls und Temperatur
sich erklärt Sowohl der Vagus als der Sympathikus senden zum Ganglion
coeliacum Fasern, letzterer einmal den Splanchnikus , andererseits tiefer ab-
wärts noch einige Äste. Wird der Splanchnikus peripher gereizt, verengt er
die Bauchgefässe, hemmt die Darmperistaltik, Durchschneidung macht starke
Blutdrucksenkung infolge Ausdehnung der Bauchgefässe. Periphere Vagus-
reizung hat keinen Einfluss auf Puls oder Blutdruck. Zentrale Splanch-
niknsreizung ist überaus schmerzhaft, der Blutdruck steigt nur wenig
an. Da Vagus nicht schmerzhaft ist, so muss der peritonitische Schmerz auf
dem Splanchnikusweg zentralwärts gehen. Sympathikusreiz kann zwar durch
Vagusreiz die Pulsfrequenz herabsetzen, aber ohne Spur von Blutdrucksenkung.
Zentraler Vagusreiz macht Blutdrucksenkung, die Pulsfrequenz ist
nur anfangs verlangsamt.
Wurde nun eine eitrige Peritonitis erzeugt und zugleich die Vagi durch-
schnitten, so blieb das Resultat dasselbe wie ohne Durchschneidung, die
518 Jahresbericht für Chirurgie. IT. Teil.
letoteren Tiere kollabierten etwas früher, im übrigen starben die Tiere dnidi
Intoxikation und Darmparalyse mit oder ohne Vagus. Dasselbe fand sich
bei Inkarzeration des Darmes und Strangulation des Netzes.
Untersucht man aber die Tiere ca. 8 Stunden nach der Netzstrangu-
lation, im sog. Stadium der peritonitischen Reizung der Kliniker, so
kommt der Vagus voll zur Geltung. Ist er intakt, ist die Pulsfrequeoz
erhöht; ist er durchschnitten, bleibt sie unverändert.
Demnach wird bei Peritonitis das Ganglion coeliacum erregt, sei es
direkt durch Entzündung oder von der Peripherie her nervös und leitet nun
zentral durch die Splanchnici den Schmerz, durch die Vagi den Kollaps;
peripher wird vom Splanchnikus her die Darmmuskulatur gelähmt. Der Puls
zeigt an, dass der entzündliche Prozess sich im subserösen Gewebe, wo die
Nerven liegen, und damit über das ganze Peritoneum verbreitete. Die Tem-
peratur hängt ab von der Resorption toxischer Stoffe.
Meisel (15) versucht im ersten Teil seiner umfangreichen Arbeit eine
Vorstellung zu gewinnen über das Verhalten des Bauchfellüberzugs entzündeter
Organe. Die gesunde Serosa besitzt gegenüber akuten Entzündungen eine
erhebliche Wiederstandsfähigkeit ; die Ursache liegt in VerschiebUchkdt,
Ausdehnungsfähigkeit, guter Zirkulation. Finden nun wiederholte oder lang-
dauernde Entzündungen statt, können diese Eigenschaften nachlassen und
schliesshch einem erneuten Ansturm gegenüber die Serosa durchlässig werden.
Daraus erklärt sich das seltene Auftreten von Peritonitis bei Empyemen der
Gallenblase, bei Pyonephrose. Eine Ausnahme scheint der Wurmfortsatz zu
machen, dies sei jedoch nur eine scheinbare. Schon lange, ehe Anfalle zu-
stande kommen, sind chronische Veränderungen an der Serosa eingetreten.
Ihre Lymphbahnen obliterieren. Die Gefasse zeigen oft Schlängelung als
Zeichen vorher bestandener stärkerer Ausdehnung des Organs. Die chronische
(granulöse Riedel) Appendicitis führt zu Entzündung an Mesenteriolum und
besonders zu eigentümlichen Zirkulationsstörungen, Thrombose der Venen und
damit zu hämorrogischem Infarkt Derselbe macht eine Nekrose der Schleimhaut
ey. der Serosa. Die Folge sind Perforationen, Gangrän des Appendix, Peritonitis,
es kann aber auch zur Heilung kommen ; so erklären sich sowohl die Stenosen
und partiellen Obliterationen, wie die von Ribbert beschriebenen, von diesem
als Lisolutionsvorgang aufgefassten, vornehmlich in der Spitze beginnenden.
Meisel sucht diese Anschauung sowohl durch den Nachweis dieser Venen-
thrombose am Präparat wie durch Experimente zu begründen.
Im zweiten Teil beschäftigt er sich mit den verschiedenen Formen der
Bauchfellentzündung, auf Grund der in der Freiburger Klinik beobachteten
Fällen von Abzessbildungen, beginnender und von diffuser Peritonitis. Fol-
gende Punkte kommen zur Erörterung: die Verlagerungen des Wurmfort-
satzes, der Einfluss von Verwachsungen, wobei darauf hingewiesen wird, dass
die grössere Seltenheit von ausgedehnten Verwachsungen nach akuter Perito-
nitis weniger auf das Ausbleiben der Verbindungen, als auf die nachträgliche
Lösung derselben zurückzuführen ist. Daher ist auch nach wiederholten An-
fällen nicht mit Sicherheit auf solche Verwachsungen zu rechnen, und ein
einmal durchgemachter Anfall kein Schutz gegen diffuse Peritonitis. Erst
nach Ablauf einer gefährlichen Peritonitis, welche das Epithel zerstört, entstehen
dauerhafte Verwachsungen. So kann das Infektionsmaterial sich zunächst über
die ganze Oberfläche des Peritoneum verbreiten. Meisel studierte experimentell
die Art und die Ursachen der Verbreitung nicht reizender Stoffe (chinesischer
Pageaatecher, Yerletznngeii n. chirurg. Krankheiten der Baachwand etc. 519
Tusche) in der Bauchhöhle imd fand folgende Momente: die Yerbreitunj^ -der
Stoffe ist abhängig vom kapillären Raum, doch scheinen kleinere Luftquanti-
täten die Verbreitung nicht wesentlich zu beeinflussen. Es besteht eine Ab-
hängigkeit von der Peristaltik, Meteorismus hemmt, gesteigerte Periqtaltik
befördert. Schmerz macht sich erst geltend, wenn die bewegenden Kräfte
nachlassen, insbesondere bei aufgehobener Zwercbfellatmung. Bei Lähmung
der Darmschlingen ist Einfluss der Atmung auf die im Becken bleibenden
Teilchen nicht zu finden.
Die sog. peritoneale Beizung sieht auch Meisel als Zeichen einer dif-
fusen Verbreitung des Lifektionsstoffes an. Ob es zu diffuser oder lokalisierter
Peritonitis nach Appendicitis kommt, dafür kommt mehr die anatomische
Art derselben als die Art der Bakterien in Betracht. Für diffuse Formen
ist manchmal eine Yorherige Schädigung des Bauchfells durch allmählich ein-
dringende Gifte bei Gangrän von Bedeutung. Für die Lokalisation scheint
das schon im Wurmfortsatz gebildete fibrinöse Exsudat teUs weil es den
raschen Austritt der Substanzen verhindert, teils wegen der Beförderung der
Fibrinbildung (fibrino-plastische Substanz im Wurmfortsatz?) von Bedeutung.
Für die Verbreitung der Abzesse kommen peritoneale Scheidewände in Be-
tracht, hauptsächlich bei den mehr langsam sich verbreitenden Formen. Insbe-
sondere ist das Netz zur Abgrenzung geeignet, weil es vier Epithelblätter besitzt.
Meisel spricht sich für prophylaktische Operation nach dem ersten
sicher festgestellten Anfall, für Frühoperation bei schweren fieberhaften An-
fällen, bei ausgebildeter eitriger Peritonitis vom dritten Tag ab für vorsich-
tiges, die Kräfte berücksichtigendes Vorgehen aus.
Fischer (8) beobachtet folgende seltene Eingangspforten für die diffuse
Peritonitis : a) Perforation eines septischen Duodenalgeschwürs, b) eines älteren
Magengeschwürs nach Cholecystotomie, c) bei Erysipel, d) bei eitrigen gonor-
rhoischem Blasenkatarrh, e) durch Orchitis purulenta und Fortleitung der
Eiterung (mit Gonokokken) in Samenblasen, und durch die Lymphwege in
den praevesikalen und den peritonealen Raum, f) bei Osteomyelitis tibiae, g)
bei Nephritis.
Blake (3) fasst die Behandlung der diffusen Peritonitis so zusammen;
frühe Operation, Entfernung des Ausgangsherdes, Auswaschung mit Kochsalz,
Banchnaht; Drainage nur bei nicht resorbierbaren Mengen von nekrotischem
Material.
Bertelsmann (1) sucht die Gefahr der diffusen Peritonitis, des Kollaps
des Herzens durch sehr grosse intravenöse Kochsalzinfusionen von 3V> 1 pro
dosi und 20 1 in den nächsten Tagen zu überwinden.
Gerassimowitsch(ll beobachtete bei 11 Fällen von Peritonitis, ver-
schiedenen Ursprungs, mehr oder weniger hochgradiges Blutbrechen. — Das
Blutbrechen bei diffuser eitriger (septischer) Peritonitis ist eine Teilerschei-
nung der allgemeinen Intoxikation des Körpers. Es kommt infolge von Ver-
änderungen der Gefässwandungen zu punktförmigen Blutergüssen per diape-
desin in der Magenschleimhaut; sekundär können sich an diesen Stellen Er-
rosionen bilden. Als weiteres ätiologisches Moment bei der Entstehung der
Blutungen spielt wahrscheinlich die Lähmung der Vasomotoren des Magens
eine Rolle. — Blutbrechen bei Appendicitis, ohne Peritonitis, wird verursacht
durch Embolien von Bakterien in die Kapillaren des Magens. — Bei Kindern
wird Bluthusten häufiger beobachtet als bei Erwachsenen. Prognostisch ist
es von übler Bedeutung. Hohl b eck (St. Petersburg).
520 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
• Die Hernien - Peritonitis ist nur ausnahmsweise die Verbreitung einer
sekundär nach infektiver Entzündung eines beschränkten Darmabschniites
entstandenen zirkumskripten Peritonitis auf den Bruchsack. Ein Beispiel
dieser Art von Hemienperitonitis beschreibt, nach einer Einleitung über die
Natur und Ätiologie der in Bede stehenden Affektion, Santucci (19). Es
handelte sich um einen mit Typhlitis behafteten erwachsenen Mann, bei
welchem 7 Tage nach Beginn der Krankheit sich eine Perityphlitis und d&im
eine akute Entzündung einer rechtsseitigen angeborenen freien Leistenhernie
kundgab. Kot- und Gas verhaltung, Kotbrechen , aufgetriebener Bauch, der
jeder Behandlung widerstand. Bei dem in aller Eile vorgenommenen chirargi-
schen Eingriff konstatierte man, dass der Bruchsack keine Eingeweide, son-
dern eine kotartige Flüssigkeit enthielt und mittelst des langen, für eine
Sonde kaum durchgängigen Halses mit einer cystenartig geschlossenen Peri*
tonealhöhle kommunizierte. Nach Eröffnung dieser stiess man auf jancfa^;» i
Flüssigkeit und konstatierte, dass der Blinddarm von einer primären akutenj
Entzündung befallen war. Coecostomie, Aufhören der akuten Erscheinun
Nach 4 Monaten wurde der Cökalafter mittelst lateraler Enterorrhaphie
die Bauchwand mittelst Etagennaht verschlossen. Heilung. R. Giani
Langemak (14). Ujfthriger Knecht. Famnkel, aknte maltiple Oeteomyeli
Eröffang zahlreicher Herde. Dann plötzlich peritonische Symptome, starker Flaasigk
ergass. Laparotomie. Seröse Peritonitis, Appendix intakt, fibrinöse Flecke Im obei
der Klappe. Zuerst HeiloDg, spftter Tod an chronischer Sepsis. Keine Folgen der ]
tonitis, kein Ausgangspunkt einer solchen sichtbar. Wegen unmittelbar vorausgeh
Diarrhöen wird Infektion vom Darm aus angenommen.
Blake (2). Fibrinöseitrige Peritonitis infolge Appendizperforation.
2 Tagen. Eiter rechts, links und im kleinen Becken. Auswaschen des Baue
Wundverschluss. Wundeiterung, Fieber 2 Wochen, später noch Abszesse der lii
iliaca wird das Becken sowie oben die Flezura sigmoidea entleert. Heilung.
V. Brunn (4 und 5) gibt unter Mitteilung zweier typischer FÄe eine]
gute Zusammenstellung der gesamten bisherigen Literatur und BesjP
der Pneumokokkenperitonitis. Wenn Autor jedoch meint, dass diese
Peritonitis noch nicht die richtige verdiente Würdigung chirurgis
gefunden hat, so weisen wir darauf hin, dass wenigstens in diesen
regelmässig darüber referiert ist.
Jensens (13) Arbeit gliedert sich in einen experimentellen und klini-
schen Teil. 1. Eine eiterige Peritonitis liess sich an Meerschweinchen und
Ratten durch Injektion einer 24 stündigen Kultur aus einem durch Pneumo-
kokken getöteten Tier erzeugen. Ohne Infektion des Stichkanales, ohne Herab-
setzung der Resorption oder Verletzung der Serosa gelang dies durch eine ge-
ringe Mikrobenmenge in indifferenter Flüssigkeit, während grössere Mengen in
üblicher Allgemeininfektion führen; daran sind frühere Untersucher gescheitert.
Die Kokken vermehren sich im Peritoneum. Es entwickelt sich hier eine
Pbagocystose, doch gewinnen die Mikroben immer wieder die Oberhand. Die
Phagocytose ist nicht die einzige Stützkraft des Organismus. Doch muss mas
zum Studium der Resistenz des Peritoneums den Übergang der Kokken ins
Blut studieren. Im Blut fand Jensen bei Tieren, welche längere Zeit lebten,
stets Kokken. Nach Verlauf von 16 Min. waren sie verschwunden, aber im
Peritoneum noch nachweisbar. Bei tödlicher Peritonitis sind sie dauernd
nachweisbar im Blut, so lange letzteres der Fall, ist das Tier nicht ausser
Gefahr. Der Resorption aus dem Peritoneum ist eine grosse Bedeutung bei-
zulegen, weniger der Annahme einer grossen bakteriziden Kraft, der ent-
scheidende Kampf findet im Kreislauf im ganzen Organismus statt.
Pagenstecher, Verletzangen u. chirurg. Krankheiten der Bauchwand etc. 521
2. Klinisches. Hier stellt Jensen in sehr genauer Weise alles ein-
schlägige Material zusammen. Die Infektionswege sind: 1. Durch die Bauch-
wand, 2. ans der Pleura durch das Zwerchfell, 3. auf der Blutbahn^ 4. aus
den Genitalorganen, 5. aus dem Intestinalkanal, 6. aus einem anderen Bauch-
organ. Der fünftea^B|M|M^^j^^^^^iu^ste. Die die Krankheit oft
einleitende ^Udfl|0PHHH||^^^HBV^^B^^* Blutinfektion scheint
selten, ^^/jjf^tflm&n unterschi^eaSn zirKuinll^^tö Peritonitiden, häufiger bei
Erwachsenen, und diflfuse, bei welchen oft dysenterische und
sirmveränderungen gefunden sind. Im Verlauf sind die Fälle bei
und Erwachsenen sehr verschieden. Die Fälle bei Erwachsenen
irden in parapneumonische und sogen, primäre unterschieden. Bei Kindern
erstere besonders selten, der intestinale Ursprung wohl der vorwiegende,
auch leider Kontinuitätsinfektion nur in wenigen Fällen bewiesen ist.
i Anfang charakterisiert Leibschmerz, Erbrechen, Diarrhöe, Fieber ; den Yer-
drei Phasen: 1. an Typhus erinnernder Allgemeinzustsüid. 2. Entwicke-
des Exsudates, keine Muskelspannung, Temperatur wenig gesteigert,
rhöe hört auf. Dauer 3—4 Wochen nach Beginn, meist kürzer. 3. Falls
'» vorher operiert sind : Abmagerung und Kachexie ; event. bahnt sich dasEx-
DJat seinen Weg nach aussen, vorwiegend durch den Nabel. Komplikationen
od Bronchopneumonien, Muskelabszesse, Osteomyelitis, Parotis, Pleuritis. Auch
He diffusen Formen bei Kindern sind stets purulent, führen unter stürmischem
iTerlauf rasch zum Tod, doch sind auch einige mit Glück operiert worden.
ünmal wurde Mischinfektion mit Typhus beobachtet. Ausführlich wird auch
lie Diagnose besprochen (im Blut stets Kokken!). Die definitive Behandlung
[>llte erst eintreten, wenn deutliches Exsudat gebildet ist. Behutsame kleine
lizision wegen event. Adhärenz von Därmen; nachher Drainage. Literatur
134 Nununem.
Tilton (20). 21 Jahre alte Frau, welche früher eine auf Gonorrhoe verdftchtige
durchgemacht hatte, erkrankt mit Fieber, Erbrechen, Leibschmerz, Drackschmerz
htB und im Epigastriam. Laparotomie. Freier Eiter im Bauchranm, mit Fibrin. Tuben
Fweitert, fayperftmisch, entleeren auf Druck Eiter. Entfernung der Adnexe. Ans waschen
1» Banchea mit Kochsalz. Anfangs fortdauernd schwere Erscheinungen. Vom 3. Tag an
Besserung. Im Eiter keine Kokken gefunden.
Reignier (18). Kranker von 50 Jahren, mit Fieber und Durchfällen, zeigt einen
glatten harten Tumor der rechten Fossa iliaca. Derselbe verschwindet allmählich, um im
nächsten Jahre unter den gleichen Erscheinungen einer Influenza wiederzukehren. Trotz
der glatten Oberfläche wird die Diagnose auf Drflsenansohwelinng gestellt.
Grüneisen (12) gibt die ausführliche Bearbeitung der 60 Fälle von
subphrenischen Abszess, über welchen Koste bereits kurz berichtet hat.
(S. Jahresber. 1902. pg. 896.
Gerster (IIa) hat als Oberarzt am Mount-Sinai-Krankenhause zu New-
York innerhalb der letzten 10 Jahre 1189 Appendicitis-Fälle operiert; nur
9 davon waren mit einer Pylephlebitis kompliziert.
Die Pathologie, Symptomatologie und Diagnose der Erkrankung illustriert
Gerster mit wohlbeobachteten Krankengeschichten; die Prognose ist schlecht,
auch bei unverzogerter Operation können wir einer fulminanten Sepsis oft
nicbi erwehren. J. Dollinger (Budapest).
522 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
6. TuberkulSse Peritonitis.
1. Bellamy, A case of tubercoloas Peritonitis; spontaneons recovery. The Laacet 19(KL
May 2.
2. Di Biagi, F., La gnarigione della peritonite tubercolare colle inieiioiü iodo-iedante
alla Durante. II Policlinico. Sez. pratica 1903. Nr. 44.
3. Borchgrevink, Fall von aDatomiscfa nachgewiesener Spontanheiliing der taberknlSeeK
Peritonitis. Deutsche med. Wochenschrift 1908. Nr. 3.
4. Bonrsier, Pöritonitea tubercolenses et annexites. Jonmal de möd. de Bordeaux 19QII.
Nr. 88.
5. Garpenter, Tttberculons Peritonitis. Medical Press 1903. March 18.
6. Doerfler, Die Banchfelltuberkulose und ihre Behandlung. GOachel-FeBtsduifiL
Tübingen, Laupp 1902.
7. Freund, Zur Heilung der tuberkulösen Bauchfellentzündung. Beitrftge zur Gebuzt»-
hilfe etc. 1903. Bd. YII. Heft 8.
8. Fr ie dl aen der, Zur Frage der Behandlung der tuberkulösen Peritonitis, v. Langem-
becks Archiv 1908. Bd. 70. Heft 1.
9. *Grinialdi, A., e Pelleri, A., Perchd la laparotonüa guarisce la peritonite tnbei^
colare? II Nuovo Raccoglitore medico 1908. fasc. 8. (Vorläufige Mitteilung.)
10. *Hingsanier, Ein seltener Fall von Kombination zweier Infektionskrankheiten : Sab-
akute Tuberkulose des Bauchfells; Septikopyämie im Anschlüsse an chronische Osteo-
myelitis; terminale Miliartuberkulose, ausgehend von beginnender Thrombose des Duetas
thoracicus. Wiener klin. Rundschau 1903. Nr. 30.
11. Koppen, Studien und Untersuchungen über Pathologie und Therapie der tnberkulSeea
Peritonitis, v. Langenbecks Archiv 1908. Bd. 69. Heft 4.
12. Lücke, Peritonitis tuberculosa traumatica mit Ileus. Berliner klin. Wochenachr. 1903.
Nr. 18.
18. Martin ori, B., Contributo alla cura della peritonite tubercolare colle injezioni jodo-
iodurate alla Durante. II Policlinico, Sez. pratica 1903. fasc. 11.
14. ^Meissner, Über primäre isolierte Bauch felltuberkulose. Disa. Tübingen 1908.
15. Mohrmann, Die Resultate der Laparotomie bei tuberkulöser Peritonitis. Disa. GH-
tingen 1908.
16. Nicholls, Albert G., Some rare forms of chronic Peritonitis. Associated with pro-
ductive fibrosis and hyaline Degeneration. The joum. of the Amer. Med. Aaa. 1903.
March 14.
17. *Pape, Zur Diagnose und Therapie der Genital- und Peritonealtuberkulose des Weibes.
Hegars Beiträge 1903. Bd. VIL Heft 8.
18. *Patel, Peritonite tuberculeuse d*origine annexielle; suppuration pelvienne; indsion
par le Douglas; guörison. Soc. de m^d. Lyon mödical 1908. Nr. 51.
19. Rotch, Thomas Morgan, Tubercular Peritonitis in early lif : with especial referenoe
to its treatment by laparotomy. The joum. of the Amer. Med. Ass. 1908. Jan. 10.
20. Saltykow, Über Laparotomie bei experimenteller Banchfelltuberkulose. YetfaaodL
der Deutschen patholog. Gesellschaft Bd. Y.
20a. — Recherches expörimentales sur le röle de la laparotomie dans la peritonite tube^
cnleuse. Arch. de möd. exp^riment etc. 1903. Bd. 4.
21. *S am oi low, Über die tuberkulöse Peritonitis und ihre Behandlung. Dies. Berlin 1908.
22. Schramm, Über die Vorteile der Laparotomie bei tuberkulöser Peritonitis der Kinder.
Wiener med. Wochenschrift 1908. Nr. 8 und 9.
23. Scuderi, F., Le iniezioni iodo-iodurate neUa cura della peritonite tubercolare. D Poli-
clinico, Sez. pratica 1908. Fasc. 21.
24. Silvestri, S., La cura iodo-iodnrata alla Durante nella peritonite tubercoUre. II
Policlinico, Sez. pratica 1903. Fasc. 10.
25. Sutherland, The prognosis of tuberculous Peritonitis in children. Medical Press
1908. Jan. 28.
26. Theilhaber, Zur Lehre von der Behandlung der tuberkulösen Peritonitis. Göschel-
Festschrift. Tübingen 1902. ü. Laupp.
27. Thövenot, Peritonite tuberculeuse, r^ultat de laparotomie pratiquöe il y a 11 ans.
Soc. des Sciences m^d. Lyon mödical 1903. Nr. 12.
28. Thoenes, Zur Frage der operativen Behandlung der Banchfelltuberkulose und deren
Dauerresultate, nebst 3 Fällen von Tuberculosis hemiosa. Deutsche Zeitschrift f&r
Qliirurpie 1903. Bd. 70. Heft 5-6.
Pagenstecher, Yerletzangen u. chirorg. Krankheiten der Baachwand etc. 523
29. Thoenes, Über BaaohfelltaberkuloBe. 75. Natnrforscher-Veraammlang. Mflnch. med.
Wochenschrift 1908. Nr. 89.
SO. — Ober Banchfelltnberkalose. MOnchener med. Wochenschrift 1908. Nr. 50.
81. Torr es i, Y., Peritonite tabercolare post-tifosa. Cliniea-ehimrgica 1908. Nr. 4.
S2. *Wei88gange, Über die Heflnngsvorgänge bei der operativen Behandlang der Banch-
fell ond Nierentaberknlose. Mflnchener med. Wochenschrift 1902. Nr. 28.
Koppen (11) betrachtet die Entstehung und die Schicksale des Ex-
sudates bei tuberkulöser Peritonitis vom Standpunkte der Osmose. Die Peri-
tonitis hindert nicht die Resorption. Klinische Erfahrungen an den Tier-
versuchen der Autoren zeigen dies. Es kann also nicht an der geweblichen
Beschaffenheit des Peritoneum liegen, wenn das Exsudat nicht resorbiert wird.
In dem Exsudat findet man Tb. und ihre Trümmer. Gelangen sie in
das Exsudat, so schlagen sie sich auf der Serosa nieder (Tierversuch); nur die
veränderten werden langer suspendiert. Daher in den tiefsten Lagen die
stärkste Eruption. Ausserdem befinden sich im Exsudat die Toxine, Albumosen
und Proteide. Durch die ausgestreuten Tuberkelbazillen findet anfangs eine
Selbstinfektion statt, mit der Zeit trittimmunität des Peritoneum und
dadurch Stillstand des Leidens ein. Nun kann die Resorption auf das Ex-
sudat einwirken; warum geschieht es nicht? Lijizierte Koppen Tb.-Toxine
ins Peritoneum, so trat eine Yerlangsamung der Resorption ein. Die Ursache
ist die Entzündung, welche den Hauptweg der peritonealen Resorption, die
Blutgefässe, wegnimmt, so dass nur die Lymphwege übrig bleiben. Sobald
nun Immunität eintritt, ist aber zugleich die Menge des resorbierten in den
übrigen Körpersäften zirkulierenden Toxins von Einfluss. Wird Toxin ausser
im Peritoneum auch subkutan injiziert, so wird die Resorption stärker ver-
langsamt. Das geschieht nach den Gesetzen der Endosmose; das Toxin ist
der diffusible Körper. Weiter zieht Koppen die Seitenkettentheorie heran
und macht an Experimenten mit Injektion verschieden konzentrierter Kochsalz-
und Toxinlösungen klar, was erfolgen muss. — X ist die Toxinmenge, welche
durch die gesamten Seitenketten des Organismus an Rezeptoren verankert
werden kann. Wird X in die Bauchhöhle gebracht, wird ein Teil dort ver-
ankert, so diffundiert die toxische Flüssigkeit, weil im Körper jenseits der
Membran kein Toxin ist, sie wird resorbiert, im Körper verankert und ausge-
schieden. Wird mehr fAs X infundiert, so geht der Vorgang vor sich, bis Toxin
zu beiden Seiten der Membran gleich ist. Kann das Tier dann noch durch
neugebildete Seitenketten das Toxin binden, so kann es schliesslich mit ihm
fertig werden, andernfalls bleibt ein Rest zurück, das Tier muss zugrunde
gehen.
Beim Menschen ist die Sache so. Tuberkelbazillen setzen sich aufs
Peritoneum, dieses wird entzündet, exsudiert. Es folgt eine Resorption, aber
sie hält nicht Schritt, Ascites sammelt sich an. Die Toxine werden resorbiert,
diffundieren und besetzen die Rezeptoren des Körpers; kann derselbe diese
nicht ersetzen, geht er zugrunde. Bei Undichtwerden der Membran geht
überhaupt die ganze Flüssigkeit durch, es erfolgt Fortschreiten der Peritonitis
als trockene bis zum Tod. Kommt der Prozess zum Stillstand, so hängt alles
davon ab, ob der Organismus das in ihm kreisende Toxin allmählich binden
und ausscheiden kann. Wenn nicht, kann seine Diffussion nicht statthaben,
weU hüben und drüben der Membran die Toxine allmählich gleich werden,
der Erguss bleibt bestehen, trotzdem das Bauchfell immun geworden. Wird
aber der Erguss abgelassen, muss er verschwunden bleiben. Er muss aber
524 Jabresberiofat fttr Chirargie. II. Teil.
vollständig beseitigt werden, damit weder Toxin noch Tnberkelbazülen zurück-
bleiben. Sonst kann, weil jetzt Tuberkelbazillen und Toxine, nicht viel ver-
dünnt, zur Geltung kommen, die Immunität verloren gehen und eine neue
Entzündung folgen.
Die Therapie hat unter der Immunisierung des Organismus durch all-
gemeine Massnahmen den Erguss zu beseitigen ; das geschieht durch Laparo-
tomie mit nachfolgender ergiebiger Ausspülung durch Kochsalzlösung.
H. W. Freund (7) zieht zur Erklärung der Heilerfolge der Laparotomie
seine Resultate bei chronischer Peritonitis aus anderen Ursachen, besonders bei
papillären Ovarien-Tumoren und Karzinom mit Implantationsmetastasen henm.
Er hat hier durch Ablassen des Exsudates und Entfernung der Knoten zahl-
reiche zum Teil längere oder dauernde Heilungen beobachtet. Macht man
später wieder den Bauchschnitt, so findet man das Bauchfell glatt oder mit
weisslichen fibrösen Einsprengungen durchsetzt. Die Knoten werden durch
Bindegewebe umschlossen und zerdrückt. Genau derselbe Vorgang liegt bei
der Tuberkulose vor. Die Heilung liege auch hier an: a) Entlastung des
Abdomen von Erguss mit oder ohne Gehalt spezifischer Erreger, b) Durch
einen Prozess bindegewebiger Abkapselung. Daher komme es auf genaue
Trockenlegung bei der Operation an. Des weiteren polemisiert er g^gen
Borchgrevink, dessen skeptische Behauptungen durch die Erfahrung
widerlegt werden.
Friedländer (8) ist der Ansicht, dass mechanische Verhältnisse, Ent-
leerung stagnierenden Exsudates, Reinigung von tuberkulösen Eiterhöhlen, Be-
günstigung von Adhäsionsbildung genügt, um die Heilwirkung der Laparotomie
zu erklären; es ist nicht notwendig mehr unbekannte Vorgänge anzunehmen.
Schaden kann die Laparotomie durch Begünstigung einer Kotfistelbildung.
Saltykow (20) hat an Kaninchen den Einfluss der Laparotomie auf
experimentell erzeugte Bauchfelltuberkulose studiert. Im Gegensat zu Borch-
grevink gelang es ihm durch Injektion von Kulturen neben Infiltration des
Netzes und der Drüsen auch Knötchen der Serosa zu erzeugen. Die injizierten
Bazillen unterliegen zum Teil einer Phagocythose, bei laparotomierten wie
nicht laparotomierten Tieren. Gegenüber Gatti u. a. fand Saltykow an
alten verkästen und verkalkten Tuberkeln der seit langem laparotomierten
Tiere grosse Bazillenmengen ; ob sie aber auch virulent waren, kann er nicht sagen.
Die Angaben über Vermehrung oder umgekehrt Verminderung der Rundzellen
oder Leukocythen im Tuberkel nach Laparotomie kann Saltykow nicht
bestätigen; es finden sich mit und ohne Laparotomie ganz verschieden ge-
baute Tuberkel.
Bei den meisten Kaninchen waren Heilungserscheinungen mehr weniger
ausgesprochen; man findet sie aber auch bei nicht operierten; sie bestehen
in einer fibrösen Umwandlung. — Verkäste Partien werden eingekapselt
Saltykow will angesichts der klinischen Facta die günstige Wirkung der
Laparotomie auf Bauchfelltuberkulose nicht bestreiten, betont jedoch, dass
sie keine spezifische, akut wirkende sei, vielmehr gehen die Veränderungen
ganz langsam vor sich.
Theilhaber (26) hält es für möglich, dass der tuberkulöse Ascites
verursacht wird durch Druck von Tuberkeln und tuberkulösen Drüsen auf
die Venen des Mesenteriums und dass die Heilung nach der Laparotomie
zurückzuführen sei auf Bildung von Adhäsionen, welche Kollateralbahnen
eröffnen.
Pagensteeher, YerletsangeD u. ehirnrg. Krankheiten der Bauch wand etc. 525
Bonrsier (4). Ob bei Komplikation von Tubentuberkalose und tuber-
kulöser Peritonitis erstere oder letztere das Primäre ist, gilt noch nicht für
abgeschlossen. Die Diagnose kann die Anwesenheit eines Ergusses übersehen.
Die Hegar sehen Knoten sind nicht konstant. Die Entfernung der Adnexe,
80 wünschenswert sie ist, ist nicht immer möglich. Nach Ablassen des Ergusses
kann die Adnexerkrankung ausheilen.
Carp enter (5). Die häufigste Form ist der tuberkulöse Tumor,
bestehend aus Darmschlingen, Tuberkeln und Drüsen; eine zweite ist die
Tabes mesaraica, die dritte der Ascites, eine vierte ist ausgezeichnet durch
Schmerzhaftigkeit, remittierendes Fieber, Adhäsionen der Därme, die auf-
getrieben nur en masse sich abtasten lassen. Leber- und Magenschwellung
wird öfter gefunden. Ghorioidaltuberkulose fand Carpenter dreimal. Zur
Diagnose wird besonders die Rektaluntersuchung empfohlen. Die Behandlung
mit Lebertran, Diät, Bettruhe war die gewöhnliche. Angewendet wurden von
Carpenter auch Arsen, Kalk, subkutane Sublimat-Lijektionen. Der Opera-
tion steht Carpenter kühl gegenüber. Von 54 Fällen starben 19, 10 heilten,
16 besserten sich, von 9 blieb das Resultat unbekannt.
NichoUs (16) bespricht die chronische Peritonitis, welche mit Binde-
gewebshypertrophie und hyaliner Degeneration einhergeht. Dieselbe tritt
sporadisch oder diffus auf und ist im ersteren Falle einfach oder tuberkulös
und im zweiten einfach, tuberkulös oder karzinomatös. Was die Wucherung
bei den Karzinomen veranlasst, ist bisher unklar. Für die yerschiedenen
Gruppen werden Krankengeschichten mit Sektionsberichten als Beispiele an-
geführt. Maass (New-York).
Thoenes (28) berichtet über 45 FäUe von Bauchfelltuberkulose, welche
Braun im Laufe von 15 Jahren in Marburg, Königsberg, Göttingen behandelt
hat Der ascitischen Form gehören 32, der adhäsiven oder Tumorform 10 an.
Von 42 operierten beträgt die Operationsmortalität 4,8 ^/o, seit mehr als zwei
Jahren geheilt sind 15 = 60 ^/o, gestorben 10 = 40 ^/o. Für die ascitische
Form allein: Mortalität 32,5 ^/o, Dauerheilung 63 ^/o; für die trockene Form
Dauerheilung 50 ^/o. Weiter ergänzt er die vom Ref. (s. Jahresbericht 1902)
gegebene Zusammenstellung der Operationsresultate grösserer Kliniken durch
die seither erschienenen und erhält für die ascitische Form: geheilt 61,3 ^/o,
gestorben oder krank 38,7 ^/o; für die trockene: 32^/0 Heilung, 67,24^/0 tot
oder krank. In der Beurteilung der bekannten von Borchgrevink und
Rose gegen die Laparotomie erhobenen Einwände ergänzt er die Anschau-
ungen des Ref. noch in einigen Punkten. Im übrigen fasst er seine Resultate
in folgendem zusammen:
Die Peritonitis tuberkulosa ist eine Krankheit vorzugsweise des kindlichen
und jugendlichen Alters.
Sie befällt Frauen mehr als Männer (weibliche Geschlechtsorgane I) ; die
von letzteren ausgebenden Erkrankungen ergeben anscheinend eine günstigere
Prognose. Es finden sich alle Übergänge von den leichtesten, ohne ärztliches
Zutun heilenden bis zu den schwersten. Für diese Variabilität scheint der
Sitz des primären Krankheitsherdes von Bedeutung. Die Laparotomie ist
imstande, in den meisten Fällen, die bei mehrwöchiger interner Behandlung
keine Fortschritte machen, eine schnelle Wendung herbeizuführen und vor-
nehmlich bei Vorhandensein von Exsudat die Verlaufsdauer wesentlich abzu-
kürzen, bei Neigung zur Verschlechterung oft dem Prozess Einhalt zu tun,
526 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
vielfach auch wenigstens die Beschwerden zu lindern. Sie eröffiiet die Mög-
lichkeit, durch Beseitigung primärer Herde kausale Therapie einzuschlagen.
Thoenes (29, 30). Für die Prognose der Peritonealtuberkulose kommen
ausser der Menge und Virulenz der Bazillen der Sitz der primären Erkran-
kung in Betracht. Zur chirurgischen Therapie soll erst nach mehrwöchent-
licher rationeller interner Behandlung geschritten werden. Nicht operiert
soll werden bei fortgeschrittener Lungen- und Darmtuberkulose. Interne
Dauerheilungen berechnet er nach der Literatur auf 48,2 ®/o, chirurgische aof
54,1 «/o.
Mohr mann (15) referiert über 33 Fälle der Universitäts-Frauenklinik
zu Göttingen und kommt zu folgenden Schlüssen: Für die seröse Form ist
die Prognose nach der Laparotomie eine günstige. Dauerheilungen in nicht
ganz der Hälfte der Fälle (8 von 19). Bei der trockenen ist der Heilwert
gering, 7 mal Tod im ersten Jahr bei 14 Fällen. S. auch Thoenes.
Schramm (22) berichtet über 45 Fälle von Kindern. Von 20 operierten
starben im Spital 2, von den 25 nicht operierten 9. Die Prognose ist bei
der exsudativen Form am besten; Selbstheilung ist möglich, aber war selten
(nicht operierte gestorben 3 von 5, operierte 6 leben alle).
Dörfler (6) wendet sich dagegen, die tuberkulöse Peritonitis nur
chirurgisch oder nur intern zu behandeln. Dies gliche dem Manne, der zur
Geburt nur den einen Zangenlöffel mitbringe. Die Methode, welche in 18
eigenen und 14 seines Bruders H. Dörfler in Weissenburg a. S. durch-
geführt wurde, besteht darin anfangs konservativ zu sein, die ersten Wochen
mit Salzbädem, roborierenden Mitteln, Schwitzkuren, eventuell Punktion vor-
zugehen ; zu laparotomieren erst, wenn ein Kräfteverfall droht. Sehr frühzeitig
laparotomiert soll werden bei den akuten, an Typhus oder Ileus erinnernden
Formen. Es ist interessant, dass Dörfler auch einen solchen Fall mit
hämorrhagischem Exsudate operiert und geheilt hat, und zwar durch offene
Behandlung der Laparotomiewunde. Dies Verfahren führt Dorfler
überhaupt durch. Er sucht die Heilwirkung sowohl in der energischen Hyper-
ämie des Bauchfells wie der vollständigen Ableitung des Exsudates. Er hat
beobachtet, dass sich letzteres nach der Laparotomie mit Entleerung anfing-
lich stets wieder ansammelt, oft in beträchtlicher Menge. Indem Dörfler
tamponiert und täglich mit der Hand in die Bauchhöhle eingeht, löst er
frische Adhärenzen, um die Ansammlungen zwischen den Därmen zu öffnen.
Seine Resultate sind folgende: Es heilten 12 (resp. 8) = 66,6 (59,12) <>/o, davon
durch Operation 7 resp. 4. Es heilten ohne Operation 5 resp. 4. Es starben
6 (7), davon nach der Operation 1 resp. 2.
Sutherland (25) hält nicht viel von der Laparotomie der tuberkulösen
Peritonitis; die internen Erfolge seien nicht schlechter.
Borchgrevink (3) teilt die Krankengeschichte und das Sektionspro-
tokoll einer anatomisch nachgewiesenen Heilung mit. Mädchen von 16 Jahren.
Polyarthritis, Pericarditis, dann Ödeme und Ascites. Mehrfache Punktionen
des Ergusses, in welchem durch Impfung auf Meerschweinchen Tuberkel-
bazillen nachgewiesen werden. Später trat spontan eine erstaunliche Besse-
rung und völliges Verschwinden des Ergusses auf. Tod erfolgt nach drei
Jahren an Herzschwäche; es ergibt sich schwielige Mediastinitis, adhäsive
Pleuritis und Pericarditis. Käsige Ablagerungen weder am Bauchfell nooli
Netz; auch mikroskopisch nirgends Tuberkel. Die einzigen Zeichen sind
Pagenstecher, Verletzungen n. chimrg. Krankheiten der Bauch wand etc. 527
bindegewebige Adhäsionen der Bauchorgane. Ansgangspnnkt der Bauchfell-
tsberkulose war die Infektion des Herzbeutels.
Bellamy (1). Kind von 8 Jahren erkrankt an Fieher, Schmerz, Auftreibnng des
Leibes, leichtem Flflssigkeifcsergass nnd Leberschwellong nnd Ictems. Heilung unter all-
gemeinen rohorierenden Massnahmen. Worauf die Diagnose Tubei^ulose gestützt wird,
wird nicht gesagt
Nach Lücke (12) ist traumatische primäre tuberkulöse Pleuritis 3 mal,
Pericarditis Imal, Peritonitis noch nicht beobachtet,
12 jfthriger, vorher gesunder Schfller fUlt auf dem Eis, ein zweiter Aber ihn auf seinen
Bauch. Danach Erbrechen, allmähliche Entwickelnng eines schweren Erankheitbildes, aus
dem besonders Darmverschlusserscheinungen vom 12. Tag ab sich hervorheben. Operation
am 15. findet diffuse Aussaat miliarer Tuberkel im ganzen Peritoneum. Kein direktes
Hiodernis. Tod im Kollaps. Sektion findet grosse verkäste MesenterialdrOsen, Lungen frei
bis auf einige wenige Tuberkel ohne Entzündungserscheinungen am stumpfen Rand des
rechten ünterlappens.
Th^venot (27) demonstriert einen im Alter von 9 Jahren an tuberkulöser Ascites
in extremis operierten, jetst seit 12 Jahren geheilten Patienten. Poncets.
Über weitere zwei Fälle von tuberkulöser Peritonitis, die mittelst Jod-
Jodinjektionen nach Dnrante behandelt nnd geheilt wurden, berichtet
Di Biagi (2). Einer dieser Fälle, der eine 26jährige Fran betrifft, wies
gewisse schwere Erscheinungen auf und nach 80 Injektionen (Maximaldosis
Sog Jod pro Injektion) hörten alle lokalen Symptome auf und Patientin
wurde im besten AUgemeinzustande enüassen. Der andere Fall war leichter. —
In beiden Fällen ist das erhaltene Resultat ausschliesslich der Jod-Jodbehand-
lung zuzuschreiben. R. Giani.
In dem von Sorresi (31) beschriebenen Falle hatte sich im Verlaufe
eines Bauchtyphus tuberkulöse Peritonitis entwickelt. Verf. meint, dass in
seinem Falle eine langsam vonstatten gehende tuberkulöse Infektion schon
bestanden habe als der Typhus auftrat und dass dieser im Organismus Ver-
hältnisse schuf, die denselben zu einem geeigneten Boden zur Entwickelnng
der Tuberkulose machten. Er bespricht dann alle zur Behandlung der tuber-
kulösen Peritonitis empfohlenen Methoden und hält die Laparotomie für die
zuverlässigste. In seinem Falle sei der auf dem Verdauungswege einge-
drungene Bacillus durch die Darm wand hindurch passiert. R. Giani.
Der von Martinori (13) veröffentlichte Fall betrifft ein 21 jähriges Mädchen, bei
welchem mit der Behandlung nach Durante begonnen wurde, als reichliche Ascites, Fieber
kleiner Puls bestanden; die Heilung trat nach 60 Injektionen ein. Verf. meint, dass man
bei jeder Form von tuberkulöser Peritonitis gut tue, mit der Jodbehandlung ohne weiteres
zu beginnen, wobei die Dosen in nicht zu grossen Zeitabständen bis zur Widerstandsfähig-
keit des Individuums zu steigern seien. R. Qiani.
Eine 37jährige Frau, die an tuberkulöser Peritonitis litt, wurde nach
50 Jod-Jodinjektionen ab geheilt entlassen. Auf Grund dieses klinischen
Falles meint Silvestri (24), dass diese Behandlungsmethode in jedem
Falle von tuberkulöser Peritonitis versucht werden sollte, ehe man chirurgisch
eingreift. R. Giani.
Scuderi (23) berichtet über einen weiteren Fall von tuberkulöser Peri-
tonitis bei einem 20jährigen Mädchen, der ebenfalls durch Jod-Jodinjektionen
zur Heilung gebracht wurde. Die Heilung datiert schon seit einem Jahre.
R. Giani.
528 JahreBbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
7. Aktinomykose. |
1. Binot, Sor une blaetomjcoee intra-p^ton^ale. Balletin de l'acadtoie de mMedne
1908. Nr. 12.
2. Schwarte, Blanchard et Binot, Sor od caa de blaatomyoose p^ritoneo-appendi-
ealaire. Bull, et mto. de la soc de Chir. 1903. Nr. 19.
8. Zoadek, Beitrag zur Lehre von der Bauchaktinomykoae. Deutsche Zeitschrift fttr
Chirurgie 1908. Bd. 69. Beft 1.
Blanchard, Scliwartz und Binot (2) berichten einen Fall tob
Blastomykose im Banch. Ein 30 jähriger Mann zeigte eine starke Anftreibong
des Leibes, welche fluktuierte und bei der Laparotomie eine das in zwei
Taschen geteilte Peritoneum erfüllende gelatinöse Masse darstellte. Auf Ent-
leerung folgte Heilung. Die Autoren geben eine genaue chemische, mikro-
skopische und bakteriologische Beschreibung. Es fanden sich verschiedene
Entwickelungsstadien des Parasiten, welchen zu kultivieren ihnen auch gelang.
Er erwies sich als pathogen für verschiedene Tiere, in welchen es jedoch nur
gelang eine ähnliche peritoneale Affektion hervorzurufen. Auffallend ist, dass
die Organe gar nicht mit irgendwelcher Reaktion antworten, weder mit Ent-
zündung, noch Phagocytose, noch Riesenzellen. Die gelatinöse Masse ist ein
Produkt des Wirtes und findet sich nicht in den Kulturen.
Zondek (3) teilt einen Fall von Bauchaktinomykose (12 Jahre alter
Junge) mit, welcher unter dem Bild einer Appendicitis begonnen hatte ; später
bildete sich eine Fistel, aus welcher mehrmals Kotsteine sich entleerten;
weiter kam es zu Abszessen im Douglas, die nach Blase und Rektum durch-
brachen, am Rippenrand, in der Leber etc. Zwischendurch war eine typische
Wurmfortsatzresektion vorgenommen worden, der Appendix war frei und
zeigte in der Mitte eine quer verlaufende Narbe. Zondek erörtert die
Frage, welchen Weg der Aktinomycespilz aus dem Darm ins Bauchfell ge-
nommen. Er lässt unentschienen, ob die primäre Eingangspforte, als welche
die Wurmfortsatzperforation anzusehen ist, aus einer einfachen Skolekoiditis
entstand oder aus einem nachher abgeheilten aktinomykotischen Infiltrat
stammt.
Nebenbei fand sich der in seltenen Fällen bei Tieren erhobene Befund,
miliare Aktinomykose des Netzes und Bauchfelles. Es ist anzunehmen, dass
bei den mehrfachen Operationen, bei welchen die Bauchfellhöhle eröffnet
wurde, Eiter hineingelangte und durch die Darmbewegungen verteilt wurde.
8. Ascites.
1. Barker, A modifioation of Talmas Operation for ascites. Gdinburgh medioal Journal
1903. Jaly.
2. Burgers, A case of ehylons aBcites. The Lancet 1903. Jone 20.
3. ChristoD, Zar Lehre vom milchigen Ascites. Zentralblatt ffir innere Medizin 1903.
Nr. 7.
4. Glarkson.A case of chyliform ascites. The Lancet 1903. April 4.
5. Clemens, Ein mit Talmascher Operation behandelter Fall von Syneohia perieardii.
Mfinchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 22.
6. Hildebrand, Beitrag zor Talmaschen Operation. Dentsohe Zeitschrift fOr Chimrgie
1903. Bd. 66. Heft 5 und 6.
7. Lejars, Chirorgie des grosses ascites. La semaine m^dicale 1903. Nr. 12.
8. *Schirmer, Ein Fall von chylösem Ascites. Diss. Manchen 1903.
9. Srzyzowski, Über die chemische Zasammensetzang einer chylösen Ascitesflüssigkeit
Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1903. Nr. 18.
10. Weber, F. Parkes, Ascites in early alcoholic cirrhosis of the liver. Edinburgh
medio. Journal 1903. April.
Pagenstecher, Yerleizungen a. chinirg. Krankheiten der Bauchwand etc. 529
L§jars (7) rechnet zur Chirurgie des ^^grossen Ascites^ sowohl die Be-
handlung des Stauungsascites wie der Ergüsse bei Tumoren und tuberkidöser
oder karzinomatöser Peritonitis. Man soll nicht zu rasch bei der Hand sein
mit dem Troikart, eine Pröbepunktion ist oft wichtiger. Klärt sie die Dia-
gnose nicht, soll man nicht mit der Laparotomie zögern. Mancher Erguss,
der jahrelang wiederholt punktiert wurde, konnte frühzeitig dadurch geheilt
werden (so bei Tumoren). Die Talmasche Operation hat nur symptomati-
schen Effekt und LSjars warnt ebenso vor allzugrossem Optimismus wie
vor gänzlicher Ablehnung ihres Wertes.
Barker (1) hält, da Adhäsionen, welche sich nach aseptischen Laparo-
tomien sonst bilden, mit der Zeit verschwinden, es für ungenügend, bei der
Talma sehen Operation das Netz einfach ans Peritoneum parietale anzunähen;
vielmehr hat er, wie verschiedene deutsche, ihm offenbar unbekannte Autoren,
es in einem Fall zwischen das beiderseits weit abgelöste Peritoneum und die
Muskulatur verlagert. Nach der Operation musste noch mehrfach, aber
weniger, punktiert werden. Patient noch unter Behandlung.
Nach Weber (10) gibt es bei alkoholischer Lebercirrhose einen vorüber-
gehenden Frühascites, der auf einfache Punktionen aufhört.
Clemens (5). Chronische Perikardialsynechie mit Ödemen, Ascites, Herzpalpitationen.
Da aazunehmen war, daas Verwachsungen nut den Rippen resp. dem Stemam nicht vor-
handen seien, wurde nicht die Kardiolysis, sondern die Talma sehe Operation durch Euske
vorgenommen ; und von einer subumbilikalen Inzision aus das Netz unter die Haut genäht.
Nach der Operation noch einmal Punktion, dann deutliche, aber nur vorübergehende Besse-
rung; es blieben Ödeme und Ascites. Der Grund liegt entweder in mangelhafter Ausbil-
dung des EoUateralkreislaufes oder darin, dass das Peritoneum bereits im Reizzustand und
der Eiguss teilweise entzflnd lieber Art war.
Hildehrandt (6). Der Fall ist seit 27» Jahren operiert; die Ad-
häsionen, welche geschaflfen wurden, dürften also genügen, den immer grösser
werdenden Anforderungen gegenüber den Kollateralkreislauf zu unterhalten.
28jähriges Mädchen, mit Tuberkulose belastet, früher Knochentuberkulose, seit dem
13. Jahre Milztnmor, später Ascit, mit Bauch hemienbildung, Abmagerung, Blutbefund normal.
Diagnose Lebercirrhose. Laparotomie zeigt stark ektatische Venen an Netz und parietalem
Peritoneum, Leber derb, Oberfläche uneben, Milz weich. In den Peritonealspalt wurde ein
Netzzipfel eingelegt, Bauchwunde geschlossen, ohne dass das Peritoneum hätte geschlossen
werden können, da jede Naht wegen der ektatischen Venen unmöglich war.
Operation gut überstanden, doch trat Ödem der Beine und Verminderung des Ileus
auf sowie neue Ascites. Erst nach einiger Zeit (nochmalige Punktion) Besserung, die so
fortschritt, dass Patientin jetzt bis auf einen Milztumor ohne Erankbeitserscbeinungen ist.
Impfung ans der Ascitesflüssigkeit und mikroskopische Untersuchung lassen Tuberkulose
ansschliessen.
Christen (3). Anwesenheit von Lecithin im Ascites ist an und für
sich keine Veranlassung zur Trübung desselben ; es kann gelöst und ungelöst
darin enthalten sein.
Strzyzowski (9) untersuchte eine chylöse Flüssigkeit, welche durch
Abdominalpunktion bei einer 60jährigen, an einem Tumor nahe am Leber-
hilus leidenden Patientin entleert war.
4 Liter; geruchloses, milchiges, trübe filtrierendes, alkalisches, beim
Kochen nicht gerinnendes Transsudat. Keine Klärung auf Atherumschütteln.
Feh ling sehe Probe positiv. Klärung durch Eiweissfällung. Mikroskopisch
Fettnadeln, vereinzelte Blutkörperchen.
JahroAbericht f&r Cbimrgie 1903. 34
530 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
^-0,42
Spez. Gew. 1,00095
Wasser 97,074 Vo
Trockenrückstand bei 99,5<> 2,926 «/o
Serumglobulin 0,4102
Serumalbumin 0,7078
Fett und Lecithin 0,6396
Traubenzucker 0,1388
Harnstoff 7,0137
Chlor als CINa 0,6375
CaO 0,0149
PgOß 0,0158
H2SO4 Spuren.
Clarkson (4). Ascites chyliformis infolge Rundzellensarkom (?) mit
zahlreichen Leber-, mesenterialen und retroperitonealen Metastasen. Gleiche
Flüssigkeit in der linken, klares Serum in der rechten Pleura.
Burgess (2) 59 jähriger Mann, Abmagerung, Bronzehaut, freie Flüssig-
keit im Abdomen.^ Wiederholte Punktionen: Milchige Flüssigkeit mit Fett-
kömchen, wenig degenerierten Zellen, ohne Zucker, spontan nicht gerinnend.
Tod an Erschöpfung. Karzinom im Pankreaskopf , um rechte Nebenniere,
Anfangsteil des Ductus thoracicus und Vena cava sich ausbreitend. Pyloms
komprimiert. Chylusgefässe sichtbar, nicht zerrissen. Vereinzelte Fettnekrose
an Pankreas und Diaphragma,
9. tteschwfilste.
1. Brandt, J., Operierte Fälle von Echinococcus. Orvosi Hetilap 1903. Nr. 31.
la. *DallinanD, Ober MesenterialtaiiioreD. Dias. Halle 1903.
2. *Goette, Ober 2 Fftlle von Fsendomyxoma peritonei. Diss. Leipzig 1903.
3. Ho ff mann, Ober das allmähliche Verschwinden eines Tumors der oberen Banch-
gegend. Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 51.
4. H 0 r a n d , Nöoplasme abdominal a marche rapide. Soc. savantes. Lyon mödical 1903.
Nr. 14.
5. *Laiguel-Lavastine, Cancer secondaire du ganglion semi-lanaire. Bull, et möm.
de la soc. anat. de Paris 1903. Nr. 10.
6. *Lannay, Sur une Observation de kyste dermolde du m^soc6lon transverse. BulL
et m4m. de la soc. de Ghir. 1903. Nr. 34.
7. *Lorraine, Sarcome 4rectile du pöritoine. Bull, et m^m. de la soc. anat. de Paris
1903. Nr. 10.
8. Malapert, Lipome voluminenx d^veloppö aux döpens d'une frange öpiplolque de 1 S
iliaque. Bull, et m^m. de la soc. de Ghir. 1903. Nr. 2.
9. Mariani, C, Gisti dell' ultimo tratto del mesentere, diagnosticata ed operata. Gaz-
zetta degli ospedali 1903. Nr. 101.
10. Martin, Diagnostik der Bauchgeschwülste. Deutsche Ghirurgie 1903. Lfg. 45 a. Stutt-
gart. F. Eoke.
11. Poirier, Tumeur kystique intraperitoneale implant^e sur Tillen. Bull, et m^m. de
la soc. de Ghir. 1903. Nr. 13.
12. Power, D'Arcy, A Gase of aneurysm of the abdominal aorta treated by the iotro-
ductioQ of silver wine, with a description of instruments invented and constructed by
M. Gült to facilitate the introduction of wire into aneurysms. The Lancet 1903.
Sept. 19.
13. *Prüsmann, Zwei Fälle Ton soliden Tumoren der Bauchhöhle unbekannten Ursprungs.
Hegars Beiträge zur Geburtshilfe. Bd. VL Heft 3.
14. Reclus, Kyste hydatique dans une ^piplocele. Bull, et m^m. de la soc de Ghir. 1903.
Nr. 23.
Pagenstecher, VerletzungeD u. chirurg. Krankheiten der Banchwand etc. 531
15. Ricard, Tomenr öpiplolqae form^ de vaisseaax sanguins. BuU. et m^m. de la soc.
Chir. 1903. Nr. 23.
16. '^Santlus, Über Pseadomyxoma peritonei. Dias. Bonn 1902.
17. Yallas, ^orme tumenr da m^socdlon. Lyon mödical 1903. Nr. 49.
Martins (16) Diagnostik der Bauchgeschwülste ist ein Buch, welches
selbstverständlich ein Referat nicht zulässt. Wir müssen uns darauf be-
schränken die Eapiteleinteiinng wiederzugeben: I. Allgemeiner Teil — Inspek-
tion, Palpation, Perkussion, Auskultation, Probepunktion, Probelaparotomie,
n. Spezieller Teil. 1. Geschwulstbildungen der Bauchdecken (fünf Unter-
abteüungen). 2. Geschwülste des Magens. III. Des Darmes. (Ileus, Peri-
typhlitis, Stenosen, Geschwülste. 4. Mesenterium und Netz. 5. Leber (Form-
und Lageveränderung, Abszesse, Cysten, akute Geschwülste. 6. Gallenblase.
7. Pankreas (Pankreatitis, Cysten, Steine etc.). 8. Milz (Wandermilz, Ab-
szess, Verletzungen, Umbildungen). 9. Nieren (Methoden), Harnuntersuchung,
acht weitere Unterabteilungen. 10. Blase (Hernien und Vorfälle). 11. Peri-
toneum (Abszess, tuberkulöse Peritonitis, Neubildungen, Ascites. 12. Genitalien,
weibliche: Schwangerschaft, Uterus, Tuben, Sactosalpinx , Extrauteringr.
Ovarien, Parovarium.
Power und Colt (12) führten in den Sack eines Aneurysma der
Bauchaorta 80 Zoll Silberdraht ein. Patient starb nach 50 Stunden imd es
fanden sich 7 Zoll Draht im Hilus aorta, der Rest im Aneurysma, letzteres
thrombosiert. Sie konstruierten einige Instrumente, mittelst denen es leicht
gelingt in kürzester Zeit ein regelmässig angeordnetes System von Drähten
in den Sack einzuführen. Die Beschreibung und Abbildung im Original.
Poirier (11). Gestielte orangegrosse Cyste, an der Konvexität des unteren Ileum
sitzend. Diagnose war anf Appendicitis gestellt.
Reclns (14) fand bei der Operation einer Netzhern ie inmitten des Netzes einen
DQSSgrosaen Echinococcus. Patient war sonst gesund und ist es geblieben.
Mariani (9) beschreibt einen von ihm operierten Fall von Gekrösscyste
und bemerkt, dass es ihm hauptsächlich durch die auf den Mobilitätslinien
der Geschwulst ausgeführte sorgfältige semiotische Untersuchung gelang, den
Sitz der Cyste zu diagnostizieren, die sich nahe dem Ileoköcalmunde befand.
Die Geschwulst war ganz plötzlich mit Erscheinungen von Darm verschluss
aufgetreten. R. Giani.
Hoffmann (3). Die chemische interstitielle Pankreatitis macht einen
Tumor in der oberen Bauchgegend, der dann verschwindet, wenn es gelingt
die der Pankreatitis zugrundeliegende Reizquelle zu entfernen (Gallen,
Pankreassteine etc.).
Malapert (8) beobachtete ein 6650g schweres Lipom eines Appendix epiploicus
der Flexur. In der Literatur fand er 4 Fälle ähnlicher Art
Yallas (17) exstirpierte ein 13 Pfund schweres Myxolipom aus dem Mesokolon einer
alten Frau. Eine Art Stiel ging unter den Colon transversum und Ascendens. Ein einziges
Gefflss wurde nnterbunden. Sonst tamponiert. Heilung.
Ricard (15) operierte ein Fibrosarkom des Uterus mit Ascites und Hydfothorax
dexter, und einen Netztumor aus kolossal erweiterten Venen. Ähnliche Beobachtungen
machten Lucas-Ghampionniöre und Peyrot.
Heran d (4) beschreibt die kolossalen Tumormassen, welche bei 3 jährigem Kind»
wahrscheinlich als Metastasen einer malignen Struma , sich innerhalb 8 Wochen an sämt-
lichen Bauchorganen entwickelt hatten.
Brandt (1) beobachtet Echinococcus- Erkrankungen in Siebenbürgen
ziemlich selten; oft verschwinden Jahre bis er einen Fall zn Gesicht be-
kommt.
34*
532 Jahresbericht fQr Chirargie. II. Teil.
Von seinen letzthin operierten Fällen wurde bei zweien je eine nni-
lokuläre Lebercyste, in einem dritten Falle eine multilokulare Form am Peri-
toneum des linken Hypochondriums angetroffen; die Operation führte stets
zur Heilung. J. Dollinger (Budapest).
10. Krankheiten des Mesenteriums und Netzes.
1. Baum, Ein grosser tuberkulöser Mesenterialtamor. Deutsche Zeitschrift fQr Chir. 1902.
Bd. 64. Heft 1-3.
2. Blake, Torsion of the Omentum. New York sarg. soc. Annais of snrgery 1903.
July.
2a. Falkenbnrg, Zur Kasuistik der Thrombose und Embolie der Mesenterial gefässe.
Archiv fflr klin. Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 4.
3. Kilian, Thrombosis of the supenor and inferior mesenteric artery. New York surg.
soc. Annais of snrgeiy 1903. July.
4. ^Landau, Die Taschen des grossen Netzes. Diss. Berlin 1902.
5. Manclaire, Greffe de T^piploon dans un kyste hydatique marsupialis^ et compliqaä
de cholörahagie. Gazette des höpitauz 1908. Nr. 50.
6. — Greffe de l'öpiploon dans un kyste hydatique marsupialis^ et compUqn^ de chol^ra-
hagie. Bull, et m^m. de la societ^ anatomique de Paris 1903. Nr. 3.
7. Nordmann, Ober intraabdominelle Netztorsion. Deutsche med. Wochenschrift 1903.
Nr. 28.
8. Quönu, Torsion intra-abdominale sus-herniaire de l'^piploon. Bull, et mem. de la soc.
de Chir. 1903. Nr. 19.
9. deRenzin. Boeri, Über die schatzende Tätigkeit des Netzes. Berliner klin. Wochen-
schrift 1903. Nr. 84.
10. Rudolf, Über die Torsion des grossen Netzes. Wiener klinische Rundschau 1903.
Nr. 44, 45, 47.
11. *Ruge, Über einen Fall von mächtiger retroperitonealer Dermoidcyste beim Manne.
Diss. Erlangen 1903.
12. Schramm, Ein Fall von cystischer Degeneration des Netzes. Zentralblatt für Chi-
rurgie 1903. Nr. 21.
13. Senn, Transplantation of Omentum in the operative treatment of intestina] defects.
Chicago surgical soc. Annais of surgery 1903. April.
14. ^Sonnenburg, Über Netztorsionen, intra-abdominelle und im Bauch sonst Arehivea
internationales de Chirurgie 1903. Vol. I. Fase. 1.
15. Talke, Über Embolie und Thrombose der Mesenterialgefässe. Vorkommen nnd dia-
gnostische Bedeutung der Purpura haemorrhagica bei Embolie der Art mesent Bei-
träge zur klin. Chirurgie. Bd. 88. Heft 3.
16. Trömoliöres, Torseon et atrophie du grand epiploon. Bull, et m^m. de la soc
anatom. de Paris 1903. 8.
17. Yignard et Girardeau, Torsion intra-abdominale du grand Epiploon. Archive«
provinciales 1903. Nr. 4.
De Renzi und Boeri (9) fanden, dass, wenn man bei Hunden alle
Milzgefässe unterbindet, das Organ nekrotisch, aber yon Netz eingekapselt
und resorbiert wird. Entfernt man vorher das Netz, so sterben die Tiere, wie
die Autoren meinen, weil die Milz bei ihrer Nekrose toxische Substanzen liefert,
die in den Kreislauf gelangen, während im ersteren Fall die Resorption ver-
hütet wurde. Dasselbe geschieht mit anderen Organen (Niere) und mit
Fremdkörpern.
Mauclaire (5, 6). Nach Einnähen von Echinokokkencysten ist die
Ausheilung eine sehr langsame, besonders wenn es zu Gallenfluss kommt
Mauclaire hat in einem solchen Fall, wo eine Exstirpaiion der Cyste resp.
Naht des eröffneten Gallengangs sich als unmöglich erwies, Netz als Tampon
in die Höhle gelegt; es trat rasch Versiegen des Gallenflusses und völlige
Heilung ein.
PageDstecher, Verletziingen u. chirarg. Krankheiten der Banchwand etc. 533
Senn (13) bespricht die Verwendung von Netz zur Deckung von De-
fekten an den Intestinis oder dem Parietalperitoneunj. Der Magen dürfte
die Stelle sein, wo die Methode gesichert ist. Vom Darm eignet sich das
Cökum am besten wegen seiner gleichfalls geringen Beweglichkeit. Senn
rät dazu zur Vermeidung von Fisteln bei Appendicitis gangraenosa. Bei Ver-
wendung von Dünndarm muss dieser an der Bauchwand fixiert werden. — In
der Diskussion wird im allgemeinen zugestimmt.
Schramm (12). Ijfthr. Mädchen mit klein apfelgrosser Nabelhernie, faesartig ge-
sehwollenem Baach, gänseeigrossen verschieblichen Geschwalsten in den Ingabalgegenden,
den Ligatur k analen entsprechend Verdacht auf tuberkulöse Peritonitis. Laparotomie. Das
ganze Netz cystisch degeneriert, mannskopfgross. Nur der obere Teil gesund. Totale £x-
Btirpation. Heilung. Der Gysteninhalt klar, eiweissreich, enthält rote und weisse Blut-
körperchen. Nirgends eigne Cystenwand. Die einzelnen Höhlen kommunizieren.
Rudolph (10) bespricht die Torsion des grossen Netzes an der Hand
Ton 25 Fällen der Literatur. Drei eigene fügt er bei. Ätiologie: Konstant
ist ein Bruch vorhanden. Neben Hocheneggs Erklärung des Mechanismus
analog dem Durchpressen eines Tuches durch einen Lampenzylinder hält er
auch für möglich, dass eine intraabdominelle Torsion zugleich mit dem Vor-
treten der Hernie eintritt, das Netzstück danach reponiert werde, die Torsion
bestehen blieb. Die Hernie macht Verlängerung, Hypertrophie, Klumpenbildung,
Stielbildung am Netz, Schafifung fixer Punkte durch Adhäsionen, Einschnürung
von Bruchring. Neben der Hernie kommen die Peristaltik des Darms, viel-
leicht eine gewisse selbständige Beweglichkeit des Netzes in Betracht, femer
Überanstrengung, Heben einer Last. Für die Drehung um zwei Punkte wird
der Mechanismus des dreieckigen Tuches angenommen. Die Diagnose ist in
23 Fällen nicht gestellt. Sie stützt sich auf die Reizerscheinungen bei Anwesen-
heit eines Bruches und einer Geschwulst im letzteren resp. im Abdomen, in
den der Stiel des Bruches überzugehen scheint, und der zum Nabel oder
herüber reicht, wenn geringe Symptome vom Darmtraktus bestehen. Therapie
besteht in der Hemiolaparotomie.
Vignard und Girandeau (17) teilen zunächst zwei Fälle mit:
1. 31 jähr. Mann. Rechtsseitige Ingninalheroie. Testikel war erst im 7. Jahr herah-
gestiegen. 4— 5 mal jährlich Leibschmerzen rechts. Jetzt plötzlich heftig wiederholt ohne
Erbrechen oder Stnblverhaltung. Am sechsten Tag Auftreibung des rechten Skrotums,
Tumor zwischen Rippenbogen und Skrotum. Diagnose auf Appendicitis mit Netzverwachsung.
Operation zeigt einen am dünnen gedrehten Stiel hängenden Netzklumpen, der mit dQnnerem
sich an den Bauch fortsetzt, blutig infiltriert und adhärent am Darm. Appendix frei von
Adhäsionen, enthält drei Steine. Resektion von Netz und Appendix, Heilung.
2. 28jflhr. Mann. Frfiher Öfters ähnliche Anfälle: kleine Leistenhernie rechts, leicht
reponibel bisher, tritt plötzlich vor zwei Tagen heryor und bestehen seitdem heftige Leib-
schmerzen, Erbrechen. Durch Reposition hOren die Beschwerden auf. Diesmal findet man
Pulsvermehrung, Kollaps, rechts grossere Spannung der Bauchdecken. Operation findet ein
an drei Touren gedrehtes Netz am dicken Stiel in Hohe des oberen Drittels. Resektion.
Heilang.
Die Autoren stellen 20 Fälle der Literatur zusammen und reproduzieren
Abbildungen der verschiedenen Drehungsarten: 1. Drehung an einem Punkt.
2. Drehung an zwei verschiedenen Stellen (zwei Stiele). 3. Komplizierte
Fälle: zwei Zipfel drehen sich umeinander, oder ein Zipfel umschlingt das
andere Netz.
Quönu (8) fand hei faustgrosser ireponibler Hernie 1. Netzklumpen, hftmorrhagisch
im Sack, 2. innerhalb der Bauchwand eine ähnliche wenig geschnürte, 8. dicht über dem
Bruch eine ebenfalls alterierte Portion, 4. einen Stiel und endlich darunter gesundes Netz.
Resektion. Heilong.
534 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Nordmann (7). 1. Frau mit Beckenbruch seit zwei Jahreu, der plötzlich irreponihel
wird. Bruch hühnerei gross, hart, druckempfindlich, Leibschmerz, daneben faustgrosse
Resektion am Leib. Operation; im Bauch hämorrhagisches Netz, das sich in den Bauch
fortsetzt, wo es mehrfach torquiert ist. Resektion. Heilung. Das Eonvolut 250 g schwer,
20 cm lang, Stiel Vt cm dick.
2. Herr mit rechtsseitigem angeboreoem Leistenbruch, bisher reponibel. Seit einigen
Wochen ziehende Schmerzen ; plötzlich Erbrechen, Bruch wird irreponihel. Im Bauch haod-
grosse Resistenz. Im Bauch fingerdickes, hyperftmisches adhärentes Netz, der zum Testikel
fahrende Stiel mehrfach gedreht. Blutiges Serum im Bauch. Spaltung der Bauchdecken.
Grösster Teil des Netzes verdickt, verklebt, dicht am Kolou um seine Achse gedreht,
hyperämisch. Resektion. Heilung.
Als Ursache der Drehung nimmt Nordmann die Drehung nach Art
des an zwei Zipfeln gehaltenen dreieckigen Tuches an, eingeleitet durch die
Manipulationen der Reposition.
Blake (2). Rechtsseitige Hernie; zeitweise Band getragen. Schmerzen im Leib seit
drei Tagen, Erbrechen. In der rechten Seite ein Tumor, Muskelspannung, Laparotomie.
Das Netz gangränös, reicht bis in die Hernie, ist dort nicht stranguliert, aber festgehalten.
Geringer blutiger Erguss. Das Netz hängt an einem A^/^mal gedrehten Strang. Resektion.
Gewicht 2 Pfund und 12 Unzen. Heilung.
Trömoli^res (16) fand bei einem Manne, welcher nie an Einklemmungserschei-
nungen, aber an Auftreibung des Leibes, Empfindlichkeit des Epigastriums, leichtem Ascites
gelitten hatte, das gesamte Netz in einen kleinfiogerdicken gedrehten Strang verwandelt,
der in einen rechtsseitigen Inguinalbruchsack sich herabsenkte und dort fixiert war. Colon
transversum, Pankreas, Drüsen und Pylorus waren eingenommen von einem von letzterem
ausgehenden Krebs.
Eiliani (3). Mann. Vor 12 Tagen Schmerz im rechten Hypochondrium. Diarrhoe
vier Tage lang. Danach Obstipation. Dauernder Leibschmerz. Abdomen hart, nie Blatab*
gang. Herzaktion unregelmässig. Laparotomie. Gangrän, ausgedehnte Partie des Ileam,
kleine Perforation. Mesenterium verdickt, entzündet. Mesenterialarterien pulslos. Tod nach
12 Stunden. Die oberen 8 Fuss 6 Zoll Dünndarm frei, dann Gangrän bis zur Bauhiniachen
Klappe. Thromben in den Ästen derMesent. sup. und dem Abgang der inferior. Thrombus
im Ihiken Ventrikel. Atherom der Aorta.
Talke (15) teilt drei neue Fälle mit; einer von Mesenterial venenthrombose ist von
Garrö operiert; der Patient starb nach Resektion von 1 m Darm. Ein zweiter betrifft
eine Thrombose derGefässe; es wurde nur die Probelaparotomie gemacht, Resektion unter-
lassen. Der dritte ausführlich behandelte war eine Embolie der Art. mesenterica mit pro-
trahiertem Verlauf und mannigfaltigen anatomischen Veränderungen, neben ausgedehnteren
grössere Darmabschnitte betreffenden Veränderungen kleine umschriebene, neben hämor-
rhagischen Infarkten kleine Schorf- und Nekrosenbildungen, Geschwüre. Wahrscheinlich
sind neben grösseren Ästen auch eine Anzahl kleinerer embolisiert worden und diese Schflbe
in verschiedener Zeit erfolgt Das eigentümlichste Symptom war eine begleitende Purpura
haemorrhagica.
Talke bespricht ausführlich die verschiedenen Theorien, welche man
bezüglich der Ätiologie einer solchen aufgestellt hat und kommt zum Schluss,
dass die Annahme einer Embolie der Hautgefässe diejenige ist, welche auf
den vorliegenden Fall am besten passt. In der Literatur findet sich die
gleiche Kombination nur in ganz vereinzelten Beobachtungen; bei allen ist
die embolische Entstehung gut denkbar. Auch sprechen dafür die experi-
mentellen Untersuchungen von Panum mit Injektion von feinen Wachs-
kiigelchen, wobei sowohl im Darm wie in den Hautgefässen Embolien mit
Blutaustritt erzeugt wurden. Überhaupt sind Embolisierungen anderer Körper-
gegenden in Fällen von zweifelhaften Abdominalaffektionen ein wichtiges
Hilfsmittel für die Diagnose einer Mesenterialembolie und lehrt die Literatur,
dass sie in einer grossen Zahl von Fällen vorgekommen sind. Die diesbezüg-
lichen Fälle werden zusammengestellt.
Was die mikroskopische Untersuchung anbetrifft, so ergaben sich neben
hämorrhagischen Infarkten anämische Nekrosen; das spricht gegen Sprengel,
Pagenstecher, Verletzungen n. chirurg. Krankheiten der Bauch wand etc. 535
welcher meinte, dass solche nur bei gleichzeitigem Verschluss der Arterien
und Venen erfolge.
Am Schluss werden Arbeiten der älteren Literatur wiedergegeben, welche
der Zusammenstellung von Deckert, Kölbing fehlen.
Falkenberg (2) teilt Fälle von Mesenterialgefässvenenabszess ans der
Kört eschen Abteilung mit; alle verliefen tödlich.
1. Plötzlich erkrankt an „Appendicitis*'. Nach 8 Tagen Leibschmerz, Stublverhaltung,
SingultuB, Erbrechen. Unter allgemeiner Peritonitis — Tod. Thrombose der Vena mesent.
aap. Keine Gerinnsel im Mesentenolum des Wurmfortsatzes. Grösster Teil der DOnn-
darmschlingen infarziert. Arterien kollabiert. Im Darm Blut.
2. Fraa mit Arteriosklerose. Metralstenose. Plötzlich heftiger, schneidender, dif-
fuser Leibschmerz. Erbrechen, kein Stuhl Eo]]aps, einmal breiiger Stnhl, Tod. Bläuliche
Verfärbung eines grösseren Teils des DUnndarms. Embolie der Ai*t. mesent. sup.
8. Frau. Vor 2 Jahren Ascites, wiederholte Punktionen. Jetzt klinische Diagnose
Magendarmblutungen nach Leberschrumpfung. Innerhalb mehreren Wochen wiederholt
Tod im Kollaps. Pfortader mit adhärenten Thrombeo bis zur Leber, Mesenterialvenen
überall verstopft, Darm infarziert, Milz vergrössert, Arterien wegsam. Dflnner blutiger Schleim
im Darm.
4. 61 jähriger Mann. Arthritis deformans. Gangrän des linken Fusses, Amputation.
Nach V» Jftl^r Gangrän rechts, gleichzeitig Leibschmerz. Anfangs Entleerungen auf Nach-
hilfe. Plötzliches Auftreten desselben, Singultus, Exitus.
Baum (1). Bei 24 jährigem Bahnarbeiter findet sich rechts neben dem Nabel eine
Iiandteliergrosse, druckempfindliche, etwas seitlich verschiebliche Resistenz. Es besteht Er-
nährungsstörung, Schmerz, abendliche Temperatursteigerungen.
Laparotomie: trockene tuberkulöse Peritonitis. Knolliger, zentral erweichter Drösen-
tamor im Mesenterium einer Jejun umschlinge neben der Radix. Resektion derselben samt
50 cm der zugehörigen Schlinge. Heilung. Pat. erholt sich gut.
11. Krankheiten des retroperitonealen Gewebes.
1. Douglas, Piimary retroperitoneal solid tumours. Annais of surgery 1903. March.
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du systäme solaire. Arcbives g^n^rales 1903. Nr. 39.
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the other simulating an ovarian cyst. British medical Journal 1908. Nov. 28.
9. Rüge, Über einen Fall von mächtiger retroperitonealer Dermoidcyste beim Manne.
Zieglers Beiträge 1903. Bd. XXXIV. Heft 1.
Rüge (9). Bei einem 27 Jahre alten Mann entsteht allmähliche An-
schwellang des Leibes. Diagnose auf tuberkulöse Peritonitis. Operation
findet eine Dermoidcyste, welche retroperitoneal die ganze linke Bauchseite
erfüllt, oben bis ans Zwerchfell, unten mit haselnussgrosser Cyste ins kleine
Becken. Linker Ureter und Niere verödet.
Die Untersuchung ergibt die Struktur der Haut, geschichtetes Platten-
epithel, Hautbälge und Drüsen, im Nabelhautfettgewebe zahlreiche erweiterte
Gefässe; in der Cutis starke Entwickelung elastischer Elemente. Die kleine
Cyste im kleinen Becken zeigt einen Hohlraum von Darmschleimhautstruktur
mit Ausführungsgang nnd Flimmerepithel und mit glatter Muskulatur.
536 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Zur Erklärung hält Buge die Wilmssche Theorie, dass der Wolf f sehe
Gang Epidermis mit in die Tiefe gerissen, nicht für annehmbar, entweder
handelt es sich um selbständige Verlagerung in frühester Zeit, eventuell nach
der blastomeren Theorie Bonn et s oder Störung beim Verschluss der
Bauchspalte.
Rieh. Douglas (1). 31 jähriges Frftulein. Abmagerungi Leibschmerzen, Erbrechen.
Tumor im Epigastrinm gelappt, elastisch, grösser als ein Uterus zur Zeit der Geburt, fallt
Epigastrium, Nabel- und subumbilikale Gegeod aus, steigt ins kleine Becken tief herab. Nach
Laparotomie gleicht er so einer Ovarialcyste, dass zuerst eine Probepunktion gemacht wird,
welche jedoch keine Flüssigkeit ergibt. Man findet den Tumor retroperitoneal gelegen, um-
geben vom Kolon. Der PeritonealUberzng wird gespalten und die Masse ausgeschält » aas
deren Bett im Zellgewebe zwischen den Blättern des Mesocolon ascendens. Geringe Blutung.
Heilung. Mikroskopisch: Myxolipom, mit Basis von Rundzellensarkom.
Evers (2). Drei Fälle von retroperitonealen Tumoren an der Kieler
Klinik:
1. 19 jähriges Mädchen. Linksseitiges retroperitoneales Fibrom. Unter geringer
Blutung ausgeschält. Symptome: Harte Geschwulst, Schmerzen.
2. 28 jähriger Arbeiter. Prall elastischer Tumor im unteren Bauchraum, unbeweglich.
Ohne Beschwerden. Flexur liegt rechte oben. Cyste entleert, enthält 1 1 blutiger Flüssig-
keit, vielkammerig. Unter Trennung breiter gefässhaltiger Verbindungen, unter Bloss-
legung des Psoas und der Gefässe exstirpiert. Hoden (wegen Vergrösserung, Fluktuation,
Nekrose?) muss entfernt werden. Dann Heilung.
3. 45 jähriger Mann. Bemerkt zufällig grossen Tumor links. Unter Resektion von
15 cm Kolon und Durchscheidung der Vasa spermatica exstirpiert. Schmerz. Eotfistel in-
folge Darmgangrän und Peritonitis. Mikroskopisch: Rundzellensarkom des Hodens (der
wegen Vergrösserung und Schmerzhaftigkeit ebenfalls reseziert war) und retro peritoneale
Metastase.
Heinricius (4) hat 1900 (cf. Jahresbericht Bd. VI. p. 485) einen Fall von retro-
peritonealem Lipom (von den Franzosen unrichtig Lipom du m^sentöre genannt) veröffent-
licht. Nach der Operation rezidivierte seitdem die Geschwulst zweimal; jedesmal wurden
wieder Fettmassen entfernt. Nach der dritten unvollendeten Operation Tod an Peritonitis.
Die Sektion zeigte als Ausgangspunkt die rechte Fossa iliaoa, von da war sie herauf ins
Mesokolon gewachsen.
Ein zweiter Fall rezidivierte einmal: 63jährige Frau. Seit V^ Jahr Tumor bemerkt,
der jetzt kindskopfgross , unbedeutend verschieblich, uneben ist. Auch dieser warde aus
einem retroperitonealem Bett ausgeschält, Cökum war nach hinten verschoben. Im oberen
Teil ist er Fibrom, unten Lipom. Rezidiv nach V2 Jahr an der alten Stelle und bis vor
die rechte Niere. Abermalige Operation. Heilung.
Im ganzen sind jetzt 41 Fälle bekannt, 26 operiert.
L. Katz (5). Neben einer vom rechten Ovarium ausgehenden papillären Cyste findet
sich ein grosser, rechts gelegener immobiler Tumor mit zäh gallertigem Inhalt, der mit
einem Fortsatz an den Inguinalkanal heranreicht. Durch die sehr mühevolle Ausschälung
wird die Muskulatur der vorderen Bauchwand vom rechten Beckenrand sowie die Fossa
iliaca ganz entblösst, das Cökum, das zum Überzug der Tumoren verwandt war, frei beweg-
lich. Der Tumor hatte nur durch seine Grösse Beschwerden gemacht. Er hatte einen fast
mannskopfgrossen Cystensack mit oberflächlicher Peritonealverdicknng und papillärer, mit
Zylinderepithel ausgekleideter Innenfläche mit starker Schleimbildung. Trägerin, Frau von
65 Jahren, stirbt am 5. Tag post operationem an Herzschwäche.
Morton (8). 1. Pankreascyste. Kompression des Choledochus. Operation. An-
nähung der Cyste. Heilung. Nach ^'4 Jahr neue Cyste. Erneute Operation.
2. Mesenterialcyste. Diagnostiziert ist Ovarialcyste. Sitz im Mesenterium (Meso-
kolon?). Ausschälung bis aus einen nahe am Duodenum liegenden Rest.
Karcher, Verletzungen und chirurgisclie Krankheiten des Darmes. 53^
XL
Die Verletzungen und ehirurgisehen Krankheiten des
Darmes.
Referenten: J. Karcher, Basel, A. Brentano, Berlin und
E. Veillon, Riehen (Basel).
Die mit * yersehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Allgemeines. Technik.
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Nr. 7.
Kare her, VerletzuDgen and chirargische Krankheiten des Darmes. 539
Andrews (1) berichtet zwei Todesfälle durch Ertrinken in fäkalem
Erbrochenen bei septischer Peritonitis und Darmverschluss während der Ope-
ration. Am Schlüsse des kurzen Aufsatzes werden folgende Sätze aufgestellt:
Die Überschwemmung der Luftwege durch fäkales Erbrechen ist eine wirk-
liche Gefahr und hat wahrscheinlich viele unerklärte Todesfälle verursacht.
Wiederbelebung ist unmöglich oder sehr schwierig. Die Flüssigkeit mag durch
Gravität bei erschlafften Magensphinkteren direkt aus dem Darm ausfliessen,
wo sie sich in enormen Quantitäten angesammelt hat. Das Unglück entsteht
mit grosser Plötzlichkeit bei scheinbar leerem Magen. Die Überschwemmung
ist so vollständig, dass kein Aufschrei erfolgt und von der Umgebung viel-
leicht nicht bemerkt wird. Es kann bis zu einer Stunde nach der Narkose
oder zu irgend einer Zeit bis zur vollständigen Rückkehr des Bewusstseins
eintreten. Während des Bewusstseins selbst in extremis scheint es nicht vor-
zukommen. Nach septischen Laparotomien ist deshalb eine sehr genaue Über-
wachung, des Kranken nötig. Der Vorschlag der Kokainanästhesie ist sehr
empfehlenswert. Maass (New-Y6rk).
Cannon (5) berichtet über die Beobachtung der Magen- und Darm-
bewegungen mit dem Fluoreskop an Tieren und Menschen, deren Nahrung mit
Bismutum subnitrium gemischt war. Während der Fundus des Magens im
Zustande tonischer Kontraktion verharrt, laufen im Pylorusteil peristaltische
Wellen nach dem Darm zu. Der Pylorus öffnet sich jedoch nicht vor jeder
Welle, sondern erst nachdem mehrere abgelaufen sind und so der austretende
Mageninhalt erst gründlich mit dem Magensaft gemischt wird, ehe er austritt.
In dem Colon transversum und ascendens laufen antiperistaltische Wellen nach
dem Cökum zu, während die Ileosakralklappe geschlossen ist, so einen innigen
und dauernden Kontakt mit der absorbierenden Darmschleimhaut herstellend.
Von Zeit zu Zeit wird im Colon transversum ein Teil des Inhalts durch eine
Kontraktion abgeschnürt und durch eine langsam fortschreitende Welle nach
dem Kektum befördert. Im Dünndarm wird auf eine gewisse Strecke der
Inhalt in der Weise durchgeknetet, dass in gleichen Abständen Einschnürungen
auftreten, denen nach Erweiterung andere folgen, welche in der Mitte zwischen
zwei früheren Einschnürungen liegen. Nachdem dieser Vorgang in rythmischer
Weise eine gewisse Zeit angedauert hat und so Verdauungssaft und Speise-
brei gründlich gemischt und die gelösten Teile absorbiert sind, wird der
ganze Inhalt plötzlich durch eine Welle in einen anderen Darmabschnitt ver-
schoben.
Bei einer Katze Hess sich beobachten, dass der ganze Prozess zum Still-
stand kam, wenn das Tier geängstigt oder geärgert wurde, eine Tatsache,
welche die Abhängigkeit der Darmbewegungen vom Grosshim bekundet.
Kleine Klystiere gehen nicht über das Colon descendens hinaus, dagegetn
kommen Massenklystiere in den Bereich der antiperistaltischen Wellen des
höheren Kolonabschnittes und können von diesen getrieben über die Ileocökal-
klappe hinaus in den Dünndarm gelangen. Maass (New- York).
Über die Neurosen des Kolon gibt H. Lindner (32) an Hand eigener
Erfahrungen zusammenhängenden Bericht und bespricht das Thema haupt-
sächlich vom chirurgischen Standpunkte aus. Beschreibung der neurastheni-
schen hypochondrischen Zustände, welche als Folge oder Ursache von funk-
tionellen Störungen des Kolon auftreten können. Vier Krankengeschichten
von operierten Fällen, bei welchen die Laparotomie keine organischen Ver-
540 Jahreabericht für Gfairorgie. II. Teil.
änderungen aufwies nnd die durch den Eingriff zur Heilung kamen, zeigen,
dass eine andere Erklärung nicht möglich ist.
Kumpf (29). Von 290 untersuchten Fällen von Enteroptose hatten 94
eine Nierensenkung und 39 eine solche dritten Grades. Begünstigt wird das
Entstehen einer Nephro- resp. Enteroptose durch wiederholte Graviditäten
und durch Vorhandensein eines schmalen Thorax. Als therapeutisches Mittel
empfiehlt Kumpf Brandt sehe Massage der beweglichen Niere, die sogen.
Untemierenzitterdrückung.
Donath (13). Splanchinoptose schweren Grades kommt ohne alle sub-
jektive Beschwerden vor; nur dann, wenn präformierte oder erworbene Ab-
normitäten im Gesamtorganismus vorhanden sind, insbesondere Schwäche des
muskulären Apparats und neurasthenische Disposition, kommt es zu den be-
kannten krankhaften Erscheinungen.
V. Gachovic (3) vindiziert sich in seiner Arbeit über einseitige Aus-
schaltung des Duodenum bei perforierender Geschwürsbildung an der hinteren
Wand des absteigenden Duodenalastes die Priorität des von Berg beschrie-
benen Verfahrens. An Hand eines Obduktionsbefundes zeigt er, dass man in
der Konstriktion durch Tabaksbeutelnaht ein einfaches, ungefährliches, sicheres
und rasch ausführbares Verfahren besitzt zum vollkommenen Verschluss des
Darmlumens.
Die Ausschaltung von ^/s des ganzen Dünndarms wurde von Vauverts (55,
Lille) vorgenommen. Es handelte sich um eine hohe Dünndarmfistel, welche
infolge einer schweren Myomoperation entstanden war. Die Fistel sass ca.
80 — 90 cm unterhalb des Pylorus. Der zuführende Schenkel wurde in das
Colon transversum implantiert, der abführende einfach verschlossen. Nach
6 Monaten bestand noch eine kleine Fistelöffnung mit Schleimsekretion. Das
Hauptinteresse des Falles liegt in der grossen Ausdehnung des ausgeschalteten
Darmabschnittes, der etwa V5 des Dünndarmes und fast die Hälfte des Dick-
darms betrug. Die Patientin war trotzdem bei gutem Befinden und hatte an
Gewicht zugenommen.
In der nach Mitteilung dieses Falles in der Soc. de Chirurgie (Paris)
ergriffenen Diskussion betonten Poirier, Tuffier und Routier, dass bei
hohem Sitz einer Darmfistel die Darmausschaltung unzweckmässig sei: das
rationelle Verfahren wäre hier die Enteroanastomose gewesen.
Chanane (34, 35) unterzieht die 3 Methoden der Darmausschaltung:
1. Enteroanastomose nach Maisonneuve,
2. Bilaterale Darmausschaltung nach Salz er,
3. Unilaterale Darmausschaltung nach Senn (Hacker)
einer Untersuchung. Er zieht hiezu eigene Beobachtungen heran. Die uni-
laterale Ausschaltung hat nach ihm grosse Vorteile. Sie ist technisch ein-
facher als die Salz er sehe, da sie nur eine zweimalige Darmnaht erfordert,
die Implantationsnaht und die blinde Verschlussnaht. Dann vermeidet sie die
künstliche Fistelbildung. Sie leitet ebenfalls mit Sicherheit den Darminhalt
von der kranken Stelle ab. Ihre Mortalität ist geringer als bei der Salz er-
sehen Operation. Bei der Senn sehen Operation ergibt sich eine Mortalität
von 6,6 °/o auf 15 Operierte. Bei der Salzerschen eine solche von 13,03 Vo.
auf 52 Operierte. Doch soll auf diesen Vergleich wegen des grossen Zahlen-
unterschiedes kein erheblicher Wert gelegt werden.
Auch Routier (49) wendet sich gegen die Darmausscheidung als Me-
thode der Wahl bei der Behandlung der äusseren Darmfisteln. Es soll in
Kar eher, Yerletzangen nnd chirurgische Krankheiten des Darmes. 541
allen Fällen der Verschluss der Kotfistel versucht werden ; gelingt dieser nicht,
80 tritt die Enteroanastomose in ihr Recht. Der einfache Verschluss einer
nach Inzision eines voluminösen Abszesses entstandenen Kotfistel durch drei-
fache Naht führte in einem Falle Routiers vollkommene Heilung herbei.
In seinem Aufsätze über Ileokolostomie kommt W. Prutz (44) der
Hauptsache nach zu folgenden praktischen Schlüssen.
Die Enteroanastomose und besonders der Ileokolostomie muss unter den
operativen Methoden, welche die Umgehung einer Verengerung oder Verlegung
des Darmes bezwecken, der Vorzug gegeben werden. Sie wurde aus diesem
Grunde von v. Eiseisberg vorzugsweise angewendet. Die partielle oder
komplette Darmokklusion wurde in 12 Fällen durch Karzinom (ausschliesslich
des Dickdarms), in sechs Fällen durch Tuberkulose und in vier durch Strangu-
lationen und Knickungen verursacht. Erlaubt der Sitz des Hindernisses eine
Wahl, so ist der Ileokolostomie vor der Anastomose im Bereich des Ueum der
Vorzug zu geben; sie ermöglicht eine raschere Entleerung des Darminhaltes. Es
wurde sogar oft mit Vorteil mehr Darm ausgeschaltet, als zur Umgehung des
Hindernisses unbedingt erforderlich gewesen wäre. (Anastomose zwischen un-
terem Abschnitt des Ueum mit dem mittleren oder sogar unteren Teil des Kolon).
In vielen Fällen wurde die Enterotomie der Anastomose unmittelbar voran-
geschickt Dieselbe ist namentlich dann indiziert, wenn die motorische Kraft
des Darmes damiederliegt. Ausser manchmaliger unvollständiger Eindickung
des Kotes treten durch die oft sehr ausgiebigen Ausschaltungen keine üblen
Folgen auf. Die Anastomosen zwischen den oberen Abschnitten des Jejunum
nnd dem Kolon sind prinzipiell zu vermeiden, doch sieht man sich manchmal
durch besondere Umstände dazu gezwungen. Bei Verengerungen können die
Dauererfolge der seitlichen Anastomose dadurch gefährdet werden, dass durch
den Darminhalt, der die stenosierte Stelle zum Teil noch passieren kann,
Beschwerden verursacht werden können. Je nach dem Kräftezustand des
Kranken wird unter Umständen die Wahl zwischen Anus artificialis und
Anastomose zu treffen sein; letztere ist in allen Fällen von inoperablen ob-
struierenden Tumoren anzustreben.
Faure (15) spricht sich bezüglich der Behandlung der Darmfisteln
folgendermassen aus: Die früher in Anwendung gezogenen Methoden der
Enterotomie und des einfachen Verschlusses sollten mehr gewürdigt werden.
Besteht jedoch eine sehr weite oder sehr tiefe Fistel, so besteht nur die Wahl
zwischen einer Enteroanastomose, einer Darmausschaltung und der Darm-
resektion. Nach der ersteren bleibt lange Zeit eine kleine Fistel mit schlei-
miger Sekretion bestehen; die Darmausschaltung ist auch kein ideales Ver-
fahren; die Resektion ist somit die Methode der Wahl.
Nach einer Besprechung der einschlägigen Literatur berichtet Diliberti
Horb in (11) über seine an Hunden ausgeführten Experimente, aus denen er
folgende Schlüsse zieht: 1. Reseziert man die Hälfte vom Dünndarm, dann
treten in einer ersten Zeit bedeutende Störungen in der Resorption der in
der Nahrung enthaltenen Fette und Stickstoffkörper auf, die jedoch in der
Folge merklich abnehmen. 2. Die Störungen in der Fettresorption bleiben
nach Resektion des Jejunum länger bestehen. 3. Trotz einer so ausgedehnten
Resektion können die Tiere sich in einem guten Ernährungszustand befinden
und auch an Gewicht zunehmen, ohne dass eine Überernährung erforderlich
wäre. 4. Die Resektion des halben Dünndarms bringt keine Gefahren für
das Leben mit sich. R. Giani.
542 Jahresbericht ffir Chirurgie. IL Teil.
Dann {14) berichtet über 16 Fälle von Darmresektion, bei denen 9 mal
der Murphyknopf und 7 mal die Naht zur Anwendung kam. Von ersterer
Gruppe starben drei, yon letzterer ein Kranker. Als die beste Nahtmethode
bezeichnet Dünn die von Gregory F. Connell, weil sie nur aus einer
fortlaufenden, durch alle Darmhäute gehenden fortlaufenden Naht besteht und
ein sehr geringes Diaphragma hinterlässt. Die Naht kann immer angewandt
werden. Der Knopf ist unübertreffbar bei Ende zu Ende Anastomosen des
Dünndarmes und Ende zu Seite Anastomosen des Dickdarmes. Bei Ende zu
Ende Vereinigung des Dickdarmes und bei pathologischen Zuständen am
Dünndarm und dessen Mesenterium, die die Heilung stören können, ist der
Knopf nicht zu empfehlen.
Maydl (38) liefert einen Beitrag zur Indikationsstellnng der Jejuno-
stomie. Hiezu zieht er 169 Fälle von Operationen bei Magenerkrankungen
überhaupt in den Kreis seiner Betrachtungen. Unter diesen finden sich 47 Fälle
von Jejunostomie mit 10 Todesfallen. 39 mal wurde die Jejunostomie wegen
Karzinom, 8 mal wegen Ulcus ausgeführt. Bei Ulcus kommen für die Jejuno-
stomie die Ulzerationen schwerster Art an sich in Betracht, dann narbige
Pylorusstrikturen und multiple Narbenbildung. Zwei Fälle betrafen Ver-
letzungen durch Salpetersäure resp. Vitriol Derartige frische Verletzungen
des Magens sollen primär der chirurgischen, und nicht als Vergiftungen der
der internen Abteilung zugeschickt werden. Bei ihnen kommt die Jejuno-
stomie in Betracht zur Ausschaltung des erkrankten Organs und zur besseren
Durchführung der Ernährung.
Bishop (2) beschreibt einen neuen resorbierbaren Darmknopf, der die
Darmnaht vereinfachen soll und den er in drei verschiedenen Formen kon-
struiert: für die End- zu End-Naht, für die Ileokolostomie und Gastroentero-
stomie und für die Vereinigung nach Pylorusresektion.
Die V. Mikuliczsche Methode der mehrzeitigen Resektion des Dick-
darmes wurde von Göscbel (21) in vier Fällen in Anwendung gezogen und
zwar: Karzinom des Goecum, Karzinom des Golon descendens, hämorrhagi-
scher Infarkte des Colon descendens mit Stenosierung und Adnexgeschwulst
mit Appendix und Coecum verwachsen. Die Resultate waren gute. Durch
die Anwendung des permanenten Bades nach der Abtragung des Darmes
wurden die Kranken von Kotekzem verschont und blieben bei gutem All-
gemeinzustand. Verf. empfiehlt ausserdem für die Anastomosenbildung am
Darme die Krause sehe Quetsche. Bei definitiven Schliessung des Darmes
vermeidet G ose hei eine weitere Eröffnung der Bauchhöhle: der Darm wird
nur soweit von der Bauchwand abgelöst, bis das Netz eine doppelte Naht der
Fistelstelle ermöglicht.
Eine vorwiegend experimentelle Arbeit von J. Nagano (39) aus dem
Breslauer physiologischen Institut soll die Frage beantworten, ob es gleich-
gültig sei, an welchem Teile des Dünndarmes eine Resektion vorgenommen
werde. Verf. kommt auf Grund von Tierversuchen zum Schlüsse, dass im
Bereiche des Ileums Resektionen bis zur Hälfte und vielleicht noch darüber
dieses Abschnittes möglich sind. So ausgedehnte Resektionen am Jejunum
sind nicht ausführbar, wahrscheinlich deswegen, weil in diesem Darmabschnitt
die gleiche Längeneinheit quantitativ mehr funktionell wichtige, resorptions-
fähige Schleimhaut besitzt als im Ileum. Auch qualitativ und funktionell ist
die Schleimhaut in den oberen Dünndarmabschnitten hochwertiger als in den
Kar eher, Verletznngei] und chirurgische Krankheiten des Darmes. 543
unteren : eine Besektion ist demnach ceteris paribus ein schwererer Eingriff als
in diesen.
Crampe (10) berichtet über die Erfahrungen mit Einstülpung und
Übemähung von durch Brucheinklemmung brandig gewordenen engbegrenzten
Darmstellen , die in den Jahren 1886 — 1902 an der chirurgischen Klinik zu
Königsberg gewonnen wurden. Die Methode wurde bei einer Anzahl von 151
eingeklemmten Brüchen 38 mal angewendet mit 8 Todesfällen (21%). Die
Gesamtzahl der Todesfälle betrug in diesem Zeitabschnitt 37 = 24,5 ^/o. Die
Resultate berechtigen den Verf. für die anderenorts verworfene Methode ein-
zustehen. Die Übemähung bietet genügend Sicherheit, auch ist die Gefahr
einer späteren Stenose nicht nachgewiesen. Allerdings muss die Indikations-
Stellung eine sorgfältige sein: namentlich müssen lokaler Befund am Darm
und Allgemeinzustand des Fat. berücksichtigt werden.
Kausch (27) ist für allgemeine Narkose bei Fällen von Heus. Lokal-
anästhesie genügt bloss bei der Anlegung eines Kunstafters und zuweilen bei
inkarzerierten Hernien. Um die Gefahr der Aspiration von Erbrochenem bei
der Narkose zu vermeiden, empfiehlt Kausch an eine gewöhnliche Magen-
sonde zwei Guromiballons anzubringen, welche durch einen dünnen Schlauch
miteinander verbunden sind und von denen der eine in den Magen eingebracht
wird, so dass er den Eingang in den Ösophagus dicht abschliesst. Durch die
Sonde kann Magen- resp. Darminhalt nach aussen abfliessen. Kausch wendet
in diesen Fällen Beckenhochlagerung an.
V. Hacker (23) hat die Einnähung des Murphy knopfes nach dem Vor-
schlag von Fritz Rehm schon öfters ausgeführt und ist mit den damit
erzielten Resultaten zufrieden.
Auf Grund von eingehenden Literaturstudien und eigenen Beobachtungen
(48 Fälle aus der Abteilung von Dr. H. Zeidler) kommt Stukky (51) zu
folgenden Schlüssen : Unter allen mechanischen Vorrichtungen zum Ersatz der
Darmnaht gebührt dem Murphyknopf der Vorzug. Seine Hauptvorzüge sind
die Verkürzung der Operationsdauer und die Einfachheit der Technik, die
aber erlernt sein will. Was die Festigkeit der Darmvereinigung anlangt, so
besitzt der Knopf keine Vorzüge vor der Naht. Die grösste Zahl der Miss-
erfolge bei der Anwendung des Murphyknopfes lassen sich auf ein schlechtes
Fabrikat und fehlerhafte Technik zurückführen. Der Hauptnachteil des
Murphyknopfes besteht darin, dass in den Darmkanal ein Fremdkörper ein-
geführt wird, dessen weiteres Schicksal vom Operateur unabhängig ist. Die
beste Methode zur Fixation des Murphyknopfes ist die Tabaksbeutelnaht. Die
Fixation des Knopfes mit Hilfe von Knopf nähten nach Amat und Rehm
verkürzt die Operationsdauer, ist aber weniger sicher als die Kürschner- oder
Tabaksbeutelnaht. Die Knopfhälften müssen fest zusammengedrückt werden,
da der grösste Teil der nachträglich auftretenden Stenosen auf einer ungleich-
massigen Mortifikation der zusammengepressten Darmwandung beruht Nur
wo eine besondere Indikation dazu vorhanden, sollen Verstärkungsnähte an-
gelegt werden; im allgemeinen sind sie unnütz. Bei der Gastroenterostomia
antecolica anterior und bei der Colocolostomia ist die Darmnaht vorzuziehen,
dagegen findet der Murphyknopf bei der Ileocolostomia gute Verwendung.
Bei der unvollständigen Darmausschaltung zwecks Heilung von Kotfisteln
gebührt der Naht der Vorzug. In Fällen von Peritonitis, sogar im frühesten
Stadium, erzielt man bei der Anwendung des Murphyknopfes keine Verwach-
sungen. Mit Hilfe der Naht kann man aber in diesen Fällen noch ganz gute
544 Jahresbericht fOr Chirorgie. II. Teil.
Resultate erzielen. Der Original-Murphyknopf ist allen anderen Modifikationen
vorzuziehen. Ein guter resorbierbarer Knopf muss 5 — 6 Tage in situ bleiben,
später muss er rasch resorbiert werden. Keiner der vorgeschlagenen resorbier-
baren Knöpfe erfüllt die an dieselben gestellten Anforderungen. Als bester
resorbierbarer Knopf erscheint der aus metallischem Magnesium (Ghlumsky).
doch ist derselbe nur bei der Gastroenterostomia retrocolica posterior an-
wendbar. Der Knopf von Hilde brandt schützt nicht vor dem Hereinfallen
in den Magen. Die Technik seiner Anwendung ist erschwert, da der beweg-
liche federnde Ring sich an der weiblichen Hälfte des Knopfes befindet. Das
häufige Hereinfallen des Murphyknopfes in den Magen gehört zu den grossen
Nachteilen der Methode, ist aber von keinen besonderen Komplikationen
begleitet. Beim Hereinfallen des Knopfes in das zufuhrende Darmende bei
seitlicher Darmvereinigung kann es zu Decubitus mit nachfolgender Perfora-
tion kommen. Ein sicheres Mittel, um das Hereinfallen des Knopfes in den
Magen oder den zuführenden Darmteil zu verhüten, gibt es nicht.
H 0 h 1 b e c k (St. Petersburg).
Reu wen (47) demonstriert eine hufeisenförmige Darmklemme, deren
Vorteile über die bis jetzt gebrauchten Modelle zumal darin bestehen sollte,
dass sie eine gleichmässige Kraft entfaltet und das Eingeweide nicht herans-
schlüpfen kann. Das neue Instrument soll beim praktischen Gebrauch voll-
kommen den Anforderungen entsprochen haben. Goedhuis.
In einem Falle von Ueocolostomie verlor nach wenigen Tagen der
Murphyknopf seinen Halt und gab so Anlass zu einer Perforationsperitonitis.
Bei der Gastroenterostomie kann die neue Öffnung infolge von polypösen
Auswüchsen, die an der Magendarmwand entstehen, stenosieren. In Ansehung
derartiger klinischer Vorfälle nahm Cattarina (7) vier Experimente an
Hunden vor und beobachtete, dass bei der Enteroanastomose mittelst Murphy-
knopfes Atresie an der operierten Stelle entstehen kann, wenn der Magen-
inhalt nicht notwendigerweise die verengerte Stelle passieren muss; ferner
dass mitunter polypöse Auswüchse sich bilden, die Neigung haben an Volumen
zuzunehmen und sich zu stielen. Kleine harte Körper, wie im Darm pra-
existierende Knochensplitter, können, wenn sie im Murphyknopf stecken bleiben,
zu Stenose Anlass geben und Darmverschluss herbeiführen. Bei den Hunden,
bei denen er die Gastroenterostomie mittelst Knopfes ausgeführt hatte, fiel
dieser immer in den Magen; einmal blieb er im Pylorus stecken. Bei An-
wendung eines grossen Knopfes wird dem Mageninhalt der Eintritt in den
Darm erschwert und findet leicht Regurgitation in den Magen statt. Die
neue Öffnung hat Neigung zu stenosieren und wird von polypösen Massen
umgeben. R. Giani.
Auf Grund von Experimenten an Hunden empfiehlt Horsley (24) die
fortlaufende Seidennaht als beste Methode zur Vereinigung von Darmenden.
Die Naht ist einschichtig und geht durch alle Lagen der Darmwand. Nr. 2
geflochtene Seide, die weniger zum Verwickeln neigt als gedrehte, in gewöhn-
licher gerader Nähnadel Nr. 7 oder 8 ist das zweckmässigste Material. Die
fortlaufende Naht drückt die Flächen gleichmässiger aufeinander wie die
unterbrochene und lässt bei Auftreibung des Darmes keine Dehnung der
Nahtstelle zu. Zweischichtige Naht verengt zu sehr das Lumen. Die Technik
wird durch Fingerhut sehr erleichtert. Genau nach Horsleys Methode
ausgeführt, nimmt die Naht 8 — 10 Minuten in Anspruch.
MaasB (New-York).
Kare her, VerletzungeD und chirnrgische Krankheiten des Darmes. 545
Sprengel (50) betont, dass das v. Hacker-Rehmsche Verfahren des
Einnähens des Murphyknopfes schon früher von Carle und Fantino ver-
öffentlicht worden ist. Er ist anch Anhänger dieser Methode.
Mac Lennan (31) gibt eine neue Methode der Darmnaht an, die ohne
Abbildung nicht leicht auseinanderzusetzen ist. Es rouss darum auf das
Original verwiesen werden.
B. Kongenitale Störungen.
1. ^Badiali, G., Di an oaso di diverticolo di Meckl contenuto in an emia inguinale.
II NaoYO Raccoglitore medico 1903. Nr. 7.
2. Bossowaki, Über angeborene Atresien des Dflnndannes. Medycyna 1908. Nr. 89— 41.
3. Brann, Zur operativen Behandlang der kongenitalen Dilatation des Kolon (Hirsch -
aprangBohe Krankheit). 75. Natarforscher-Yersammlong. Mfinchener med. Woohen-
Bchrift 1903. Nr. 39.
4. Chiani, Zar Entstehang der kongenitalen Darmatresie aas Intaasaszeption. Prager
med. Wochenschrift 1908. Nr. 22.
5. Fuchsig, Ein Fall yon Atresia et Hypoplasia ilei congenita infolge f5taler Yerlage-
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3 and 4.
6. Kirmisson et Rieffei, Nouveaa cas de diverticule de Meckel ouvert k Fombilie,
avec prolapsus de la muquease intestinale; exstirpation du diverticule suivi d*öxamen
histologiqne. Revue d'orthop^e 1908. Nr. 8.
7. Kuliga, Zur Genese der kongenitalen Dünndarmstenosen und Atresien. Zieglers
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8. * — Zar Genese der kongenitalen D&nndarmstenosen und Atresien. Dissert. Heidel-
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9. Maass, Demonstration eines mit Meckel schem Divertikel operierten Säuglings.
Berliner med. Gesellschaft. Berliner klin. Wochenschrift 1908. Nr. 28.
10. Schnitzlein, Ober einen Fall von kongenitaler Atresie des Duodenoms mit totaler
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11. ^ailliens, Atr^ie congönitale du duodänum. Revue mödicale de la Suisse romande
1908. Nr. 3.
12. Wilma, E vaginiertes Meckel sches Divertikel. JKed. Gesellschaft Leipzig. Münchener
med. Wochenschrift 1908. Nr. 48.
18. Letoux, Oblit^ration cong^nitale de Fintestin grdle. Bull, et möm. de la soc. de
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14. Boeckel, Volvulns cong^nital de Tanse sigmolde chez un enfant de deux ans et demi.
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15. Savariand, L*occlusion oong^nitale interne chez le nouveau-nö. Revue d'Orthopödie
1908. Nr. 4. Juli 1.
16. Rommel, Darm verschluss durch den persistierenden, am Nabel geschlossenen Dotter-
gang. Diss. Giessen 1908.
Bossowski (2) gibt eine ansftihrliche Beschreibung von Ätiologie,
Pathol(^e und klinischem Yerlanf der angeborenen Dünndarmatresien, wobei
ihm zwei eigene Beobachtungen als Ausgangspimkt dienen.
In einem der Fälle erklärt Verf. die Ursache des an der Grenze von
Jejunum und Ileum sitzenden Verschlusses als Folgezustand einer spiraligen
Drehung des Jejunums mit nachfolgender Peritonitis und Bildung von Ad-
häsionen, wobei ein am Gipfel des Konvolutes inserierender Strang durch
Kompression eine Atresie der Jejunumschlinge an zwei Stellen herbeiführte.
Im zweiten Falle führte Bossowski das Entstehen des angeborenen Ver-
schlusses am unteren Ileumabschnitt auf eine durch abnorme Länge des
Mesenteriums bedingte, in früher Fötalzeit stattgefundene Torsion des Darmes
zurück. Der Ausgang der Operation (l.Enterostomie, 2. Anastomose zwischen
Deum und Ascendens) war in beiden Fällen ein tödlicher.
Jahresberiefat fOr ghimrglo 1908. 35
546 Jahreaberichfc fOr Chirurgie. II. Teil.
Die Therapie des angeborenen Dünndarmverschiasses besprechend, be-
stätigt V^erf. aufs neue die unerfreuliche Tatsache, dass die chirurgischen Ein-
griffe bisher keine befriedigenden Resultate erzielt haben. Von den 31 Fällen
der Literatur hat kein einziger die Operation überstanden. Immerhin glaubt
Bossowski doch, dass man in jedem Falle operativ einzugreifen berechtigt
ist. Bei hoch sitzendem Verschluss hält Verf. mit Braun die Enterostomie
nach Einnähung beider verschlossenen Darmenden in die Bauchwand als ein-
zigen, irgendwie Aussicht auf Erfolg bietenden Eii^iff. Zur nachträglichen
Herstellung der Passage zwischen zu- und abführendem Schenkel möchte er
jedoch die Verbindung durch eine Enteroanastomose der Anwendung von
quetschenden Instrumenten vorziehen. Für Atresien am unteren üeumende
empfiehlt Verf. die Anlegung einer Anastomose zwischen Ileum und Flexur
bezw. oberem Rektumabschnitt. Urbanik (Krakan).
Kuliga (7, 8) bespricht die Genese der kongenitalen Dünndarm-
Stenosen und Atresien an Hand von 85 Fällen aus der Literatur und an
Hand einer eigenen Beobachtung. Letztere betrifft einen neugeborenen Knaben,
der trotz Anlegung eines Kunstafters 11 Tage nach der Geburt starb. Es
fanden sich bei der Sektion ein Sanduhrmagen, ferner multiple Atresien und
Stenosen im Dünndarm, sowie Anomalien des Mesenteriums und eines Teiles
der Darmgefässe, sowie ein Entzündungsprozess am Peritoneum. Auch die
mikroskopische Untersuchung konnte über den Entstehungsmodus dieser Pro-
zesse keinen sicheren Aufschluss geben.
Eine tabellarische Zusammenstellung nach verschiedenen Gesichtspunkten
der Fälle aus der Literatur eignet sich nicht zum Referate.
Einen Fall von ausgedehnter kongenitaler Darm Verengerung beobachtete
Letoux (13). Ein siebenjähriges Kind mit Atresia ani bot Erscheinungen
von Darmverschluss ; eine perineale Inzision führte nicht zum Ziel, so dass
sich Verf. entschloss, einen Kunstafter anzulegen. Das Kind starb. Die
Autopsie ergab eine Verengerung des untersten Abschnittes des Dünndarmes
und des grössten Teiles des Dickdarmes, im ganzen 41 cm. Das Lumen war
überall noch erhalten. 31 ähnliche aus der Literatur gesammelte Fälle
endigten alle mit Exitus trotz chirurgischen Eingriffen.
Chiari (11) hatte 1888 auf die Entstehung von kongenitaler
Darmatresie aus Intussuszeption hingewiesen. In 3 seither unter-
suchten Fällen konnten keine Reste einer intrauterin geheilten Intussuszeption
makroskopisch nachgewiesen werden. Bei nachträglicher mikroskopischer
Untersuchung derselben, gelang es in einem Falle — Atresie des Ileums 15 cm
über der Valvula ileocoecalis — im Ileum unterhalb der Atresie an Quer-
schnitten zerfallene Reste eines Intussuszeptum festzustellen. Braun hatte
eine ähnliche Feststellung an einem operierten Fall gemacht. In den beiden
übrigen Fällen liess auch die mikroskopische Untersuchung nichts derartiges
nachweisen.
Savariand (15) gibt eine von einem Literaturverzeichnis von 180
Nummern begleitete umfassende Darstellung des angeborenen inneren Darm-
verschlusses beim Neugeborenen und bespricht eingehend Entstehung, patho-
logische Anatomie und Verlauf. Aus der Arbeit mag folgendes hervorgehoben
werden: Das Leiden ist ausserordentlich selten; die Ursachen sind: Fremd-
körper in Form von eingedicktem Kindspech, Tumoren, Einschnürungen,
meistens direkte intrauterine peritonitische Stränge. — Von Lageanomalien
kommen vor: häufig Drehungen, seltener Knickungen und Invaginationen.
Kare her, Verletzongen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 547
Bildangsanomalien sind meistens vorhanden und zwar: Stenose dnrch Neo-
plasma (Adenom) 1 mal, ferner klappenförmige und strichförmige stenosierende
oft auch gänzlich okkludierende Missbildungen; Narbenverschlüsse mit Blind-
sackbildung. Schliesslich vollkommenes Fehlen des Dickdarmes oder des Dick-
und Dünndarmes bis zum Duodenum.
Der Sitz der Störung ist in den allermeisten Fällen in den obersten
Dannabschnitten und selten (in kaum 6 Vo der Fälle) unterhalb der Ueocökal-
klappe; im Duodenum ist er weniger häufig als in den unteren Teilen des
Dünndarmes. Auch multiple, bis fünffache Verschlüsse sind beobachtet worden.
— Von den Symptomen ist hervorzuheben: ein auffälliges subikterisches Aus-
sehen, das Fehlen von Kindspech im Rektum, femer Erbrechen von Magen-
inhalt, Galle und schliesslich Kindspech, starker Meteorismus. Bei vollständiger
Okklusion tritt der Tod meist am 5. — 7. Tage auf, ausnahmsweise auch erst
später. Die Diagnose bietet vom dritten Tage an keine grossen Schwierig-
keiten.
Das Leiden verlief bis jetzt in allen Fällen, auch trotz Operation, töd-
lich (44 Operationen mit 44 Todesfällen).
Schnitzlein (10) beschreibt ein Präparat, bei welchem sich ein ab-
soluter Verschluss des Duodenums an der Durchtrittsstelle durch den Mesen-
terialschlitz befand. Ausserdem fand sich 4 cm oberhalb im Duodenum eine
vollständig verschliessende Scheidewand. Die Dünndarmschlingen verliefen
als immer dünner werdende Spiralen um das Mesenterium, das 9 cm lang in
Form eines Stranges herunterhing. Der Darm verlief schliesslich in ein
bandartiges zartes Gebilde. Der Anfang des Dickdarmes am Ileum war nor-
mal; am Ende gegen den After zu bildete er ein kaum bleistiftdickes Rohr.
E. Fuchsig (5) teilt den Befund mit bei der Sektion eines am vierten
Lebenstage gestorbenen Knaben, bei dem Stuhlgang nie erfolgt und der Leib
meteoristisch aufgetrieben war. Ein 18 cm langes Stück des Dünndarmes
wenig oberhalb der Bauhin sehen Klappe war stark verkrümmt und verengt,
das oberhalb liegende 40 cm lange Stück dagegen hochgradig dilatiert und
hypertrophisch. In der Höhe des Colon ascendens im Mesenterium ein durch
Bindegewebsstränge in mehrere Lücken geteilter Defekt in der Grösse eines
Kreuzers. Mit grosser Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, dass während des
Fötallebens der unterste Teil des Dünndarmes in die erwähnte Lücke des
Mesenteriums verlagert war und dass dadurch die angeführte Verkrümmung
und Verengerung resp. Dilatation zustande kam. — Ähnliche Fälle waren in
der Literatur nicht zu finden.
Braun (3) hat bei einem Falle von kongenitaler Dilatation des
Kolons die Flexura sigmoidea reseziert. Die Durchsicht der bis jetzt ge-
übten Operationsmassnahmen ergibt, das kein Operationsverfahren bis jetzt
sich als das in allen Fällen beste ergeben hat. Die Frage ist noch nicht
spruchreif.
Wilms (12) operierte ein 12tägiges Kind wegen Ileuserscheinungen,
die durch ein evaginiertes Meckelsches Divertikel veranlasst wurden.
Laparotomie, Umschneidung des Nabels und Exstirpation des Divertikels,
Darmnaht. Heilung.
Maass (9) resezierte mit Erfolg bei einem 7 wöchentlichen Kinde eine
offenes (Nabelafter) Meckelsches Divertikel. Die Gefahr für diese Kinder
liegt im Hinzukommen eines Darmprolapses.
35*
548 Jahresbericht fOr Chinirgie. II. Teil.
Kirmisson und Rief fei (6) beschreiben einen Fall von offenem am
Nabel mündenden Meckelschen Divertikel mit Vorfall der Darmschleimhaat,
der durch Exstirpation des Divertikels geheilt wurde. (Operation im Alter
von 3V« Wochen.) Die mikroskopische Untersuchung der prolabierten Schleim-
haut zeigte Abnormität der Drüsengebilde: sie waren nicht traubenförmig,
sondern bildeten nur zwei bis drei geteilte Blindsäcke. Ausserdem zeigte die
vorgefallene Schleimhaut stärkere Gefassentwickelung , Durchsetzung mit em-
bryonalen Zellen und Verlust der Zotten, alles Erscheinungen, welche nach
Kirmisson auf mechanische Einflüsse zurückzuführen sind.
Boeckel (14) operierte mit Erfolg ein 6 Wochen altes Kind, das unter
Erscheinungen der Darmobstruktion erkrankt war. Es fand sich ein enormer
Volvulus des S romanum, der eine Resektion der ganzen Flexur notwendig
machte. Heilung nach Vereinigung der resezierten Darmenden. Verf. nimmt
an, es habe sich um eine intrauterine Drehung des S romanum gehandelt
bei abnormer Entwickelung des Mesosigmas.
C. Verletzungen. Fremdkörper.
1. Coste, Ein Fall von Darmperforation durch stampfe Bauchverletzung. Dentsche
müitärOrztliche Zeitschrift 1902. Nr. 12.
2. ^Heinrichsdorff, Über Fremdkörper-Darmverschluss. Diss. Freibarg 1903.
8. "'JalliardyUn cas de ruptares traumatiques multiples de Fintestin grdle; graods la-
vages pöriton^uz; guärison. Revue mödicale de la Suisse romande 1903. Nr. 9.
4. Kay 8 er, Ein durch dreifache Darmreaektion geheilter Fall mehrfacher Darmperforation
im Anachluss an das Zurücklassen einer Kompresse in der Bauchhöhle nebst Bemer-
kungen zur Technik der Darmresektion. Archiv für Gynäkologie 1903. Bd. 68. Heft 2.
5. Leschnew, N., Ein Fall von Enterotomie wegen Darmsteinen. Busski Wratsch 1903.
Nr. 15.
6. Nasi, C, Ferita penetrante deir addome con perforazione del colon ascendente. Bol-
lettino della Societä med.-chir. di Modena 1903.
7. *Ninni, G.| Altre 50 laparotomie per ferite penetrant! con un caso di invaginazione
doppia, acuta, traumatica deir ileo. Atti della R. Academia med.-chir. di Napoli 1903.
Nr. 2. (Kasuistik.)
8. — Altre 50 laparotomie per ferite penetranti. Giornale internaz. di sc. mediche 1903.
Fase. 16.
9. *PeterSy Über spitze Fremdkörper im Magendai*mkanal. Diss. Königsberg 1903,
10. *Ro8s, Perforation of an intestinal ulcer due to traumatism. Phil. acad. of sorgery.
Annais of surgery 1903. March.
11. *Schäfer, Ein im Darm einer Frau vorgefundenes Tuch. Diss. Greifswald 1903.
12. *Sc haller» Erfahrungen über subkutane Darmrupturen. Diss. Strassburg 1903.
13. *Teacher, Report on an intestinal concretion removed by Operation. Glasgow path.
and chir. soc. Glasgow med. Journal 1903. Sept.
14. ^Ulimann, Ein Fall von Darmverletzung bei instrumenteller Perforation des Uterus.
Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 24.
15. 'i'Walther, Plaies de l'in testin gr^le par coup de couteau. Bull, et m^m. de la soc.
de Chir. 1903. Nr. 39.
16. Salz er, Ein Fall von vollständigem Darmverschluss nach Verletzung durch stampfe
Gewalt. Münchener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 47.
17. Hartmann, L'exclusion de l'intestin. Gazette des höpitaux 1903. Nr. 114.
Ninni (8) veröffentlicht eine Statistik von 50 wegen penetrierender
Wunden ausgeführten Laparotomien: 43 Laparotomien wurden wegen Schnitt-
und Stichwunden ausgeführt, mit nur 3 Todesfällen, 7 wegen Schusswanden,
mit 3 Todesfallen. Verf. hält Tamponade nach Mikulicz zur Drainage des
Peritoneums für sehr ratsam. — Da die traumatischen Peritonitiden den
postoperativen sehr ähnlich sind, sei nach ihm auch bei diesen letzteren eine
Kar eher, Verletzungen and chirurgische Krankheiten des Darmes. 549
chirurgische Behandlung zu versuchen, nämlich Phleboklysis , Laparotomie,
Ausspülung der Peritonealhöhle mit Serum, Drainage mit Tamponade nach
Mikulicz und, in Fällen von schwerem Meteorismus wegen Darmparalyse,
Enteroproktie. B. Giani.
Leschner (5) beschreibt einen in der Klinik von Prof. Bobrow
(Moskau) operierten Fall von Darmstenose.
Fat. 30 a. n., leidet seit seinem 7. Jahre an hartnäckiger Verstopfung, die dazwischen
30 Tage anhielt. Seit zwei Jahren bemerkt Fat eine bewegliche Geschwulst in der rechten
Hälfte des Abdomens. Durch Enterotomie Entfernung von zwei Darrosteinen aus dem ab-
norm beweglichen S romanum. Der Wurmfortsatz, 22 cm lang, chronisch entzündet, wird
mitentfernt. Heilung. Hohlbeck (St. Petersburg).
Auf Grund eines von ihm behandelten und geheilten Falles spricht
Nasi (6) sich dahin aus, dass in Fällen von penetrierenden Bauchwunden
eingegriflFen und nachher kapilläre Drainage mittelst steriler Gaze bewerk-
stelligt werden müsse. R. Giani.
Kayser (11) operierte einen Fall von mehrfacher Darmperforation,
die im Anschluss an das Zurücklassen einer Kompresse in der Bauchhöhle
stattgefunden hatte. Dabei war er genötigt, eine dreifache Darmresektion
vorzunehmen. An der obersten Resektionsstelle wurde ein Murphyknopf ver-
wendet. Derselbe passierte glücklich die beiden folgenden Nahtpartien. Kayser
empfiehlt für Darmresektion, selbst für die Exzision grösserer Darmabschnitte,
dringend die Keilexzision mit vollständiger Erhaltung des Mesenteriums.
Coste (1) beschreibt einen Fall von Darmperforation durch Bauch-
kontusion. Fall mit dem Bauch auf eine Schemelkante, heftiger Schmerz,
bretthart gespannte Bauchdecken, Dämpfung in der unteren Hälfte des Ab-
domens, Leberdämpfung aufgehoben. Laparotomie 6 Stunden nach der Ver-
letzung. In der Bauchhöhle fand sich viel grünliche, nicht kotig riechende
Flüssigkeit. Beim Absuchen des Darmes fand man an einer kollabierten Darm-
schlinge eine 1 cm im Durchmesser betragende Öffnung. Resektion der be-
treflfenden Stelle (im ganzen 10 cm) und Vereinigung der Enden mit Murphy-
knopf. Heilung.
Salz er (16) operierte mit gutem Erfolge einen 6 jährigen Knaben wegen
Darmverschluss. Derselbe war 4 Tage, nachdem er einen Deichselstoss gegen
den Bauch erhalten hatte und anfänglich keine bedrohlichen Erscheinungen
gezeigt hatte, mit Ileuserscheinungen erkrankt. Es ergab sich ein Dünndarm-
verschluss durch die Produkte einer zirkumskripten Peritonitis und sekundärer
Schrumpfung des Mesenteriums.
Den Ausdruck: Darmausschaltung will Hartmann (17) ausschliesslich
für diejenigen Operationen gebraucht wissen, bei welchem durch einen oder
zwei Querschnitte ein Darmabschnitt vollständig isoliert und von der übrigen
Darmzirkulation ausgeschaltet wird. Unter Annahme dieser Voraussetzung
sind folgende Varietäten zu unterscheiden: 1". Unilaterale Ausschal-
tung: Der Darm wird oberhalb des auszuschaltenden Abschnittes quer durch-
trennt; der zuführende Darmschenkel wird mit einer unterhalb des aus-
geschalteten Stückes situierten Schlinge vereinigt; die Schnittfläche des ab-
führenden Schenkels wird entweder durch Naht verschlossen oder unter
Benützung einer bereits vorhandenen oder Bildung einer Fistel nach aussen
geleitet. 2. Bilaterale Ausschaltung: Der Darm wird an zwei Stellen
durchtrennt, ober- und unterhalb der auszuschaltenden Schlinge: der zuführende
Schenkel oberhalb der ausgeschalteten Partie wird mit dem Abführenden unter-
550 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
halb derselben vereinigt. Das ausgeschaltete Stück steht somit in keinem
Zusammenhang mehr mit dem übrigen Darme. Je nachdem nun das aus-
geschaltete Stück durch Naht seiner beiden Enden oder durch Vereinigui^
derselben unter Bildung eines Ringes vollständig verschlossen wird, oder durch
Herstellung einer Fistel innerhalb seiner Kontinuität oder an einem oder an
beiden Enden aussen kommuniziert, wird man von einer geschlossenen oder
offenen bilateralen Ausschaltung sprechen. Die Indikation zur Operation geben
in den meisten Fällen ab: Tumoren, entzündliche oder tuberkulöse Verenge-
rungen und Darmfisteln. Beim Karzinom gibt die Darmausscfaaltung keine
besseren Resultate als die einfache Enteroanastomose : Hingegen scheint sie
vorteilhafter als diese bei den übrigen erwähnten Erkrankungen. Immerhin
werden die Operationen, die zum Zweck haben, das Hindernis oder die Fistel
radikal zu entfernen (Resektion etc.), immer ihr Recht behaupten.
D. Tumoren.
1. *GondamiD, R^ection du caecam. Tumeor pädicuUe intracaecale apparae deax
ans aprös nne ovariotomie du cöt^ droit. Soc. de Ghir. Lyon mödical 1903. Nr. 21.
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Krogius (12) beschreibt einen Fall von sog. einfachem Entero-
kystom bei einem zweimonatlichen Kinde. Wegen Ueuserscheinungen wurde
bei demselben ein Kunstafter angelegt. Bei der Operation wurde ein Tumor
kurz vor der Einmündungsstelle des Ileums ins Cökum gefunden und derselbe
drei Tage später entfernt. Das Kind starb an Nachblutung. Der Tumor
ergab sich als eine kongenitale, von Darmschleimhaut ausgekleidete Cyste,
welche zwischen der zirkulären und der longitudinalen Muskelschicht des
Dünndarmes eingeschlossen war.
Eine haselnussgrosse Geschwulst, die der Duodenalwand aufsass, hat
Vaccari (32) histologisch untersucht; sie erwies sich als ein Fibrom von
lamellärer Struktur. Da sie sich in der T. muscularis entwickelt hatte, meint
Verf. sie von den gewöhnlichen Darmfibromen unterscheiden zu müssen ; nach
ihm sei sie aus der von Volpino beschriebenen interstitiellen Bindegewebs*
lamelle hervorgegangen, die der glatten Muskelfaser als Stütze dient, welche,
zum Embryonalzustand zurückkehrend, sich mit Kernen bereichere, aber die
typischen chemischen und Strukturmerkmale bewahre. R. Giani.
Pusateri (25) beschreibt einen Fall von Lymphosarkom des Dünn-
darms bei einer 44 jährigen Frau, einen von Lymphosarkom des Blinddarms
bei einer 60 jährigen Frau und einen von alveolärem Melanosarkom des Afters
bei einem 59jährigen Manne; in allen drei Fällen wurde die Geschwulst bei
der Autopsie konstatiert. — Bekannt sind im ganzen 54 Fälle von Dünn-
dannsarkom, 16 von Blinddarmsarkom, 7 von alveolärem Melanosarkom des
Afters. Die Diagnose der Darmsarkome sei schwierig; oft verlaufen sie ohne
irgend ein Symptom zu geben, und das Alter sei bei der Difi'erentialdiagnose
von keinem Belang. Die Prognose sei fast immer eine ungünstige. — Was
die Sarkome des Afters anbetrifft, so werden die ersten subjektiven Symptome
552 Jahresbericht für Chirurgie. 11. Teil.
oft mit Hämorrhoidalleiden verwechselt; von Wichtigkeit sei das knorrige
Aussehen der Knoten, ihre Farbe und Konsistenz, die selten stattfindende
Blutung bei der Palpation, das Älter, insofern sie meistens nach dem 40.
Lebensjahr auftreten. Die Prognose sei schwierig, und wenn die Diagnose
keine frühzeitige ist, so sei wegen der grossen Neigung der Melanosarkome
zu schnellen Metastasen von der Operation nichts zu hoffen. R. Giani.
Zwei Geschwülste (bei der Autopsie gemachter Befund), nämlich ein
Adenom, das sich primär in einem Mastdarmdivertikel, und ein Lymph-
angioendotheliom, das sich primär in einem Ösophagusdivertikel
entwickelt hatte, unterwarf Frattini (7) einer makro- und mikroskopischen
Untersuchung. Er gewann die Überzeugung, dass Divertikel einer- und
Geschwulst andererseits nur zwei Stadien eines und desselben, in einem
embryologischen Entwickelungsfehler bestehenden Prozesses darstellen.
R. Giani.
Woolcombe (36). Die Frühdiagnose maligner Darmerkrankungen ist
ohne Explorativoperation nicht möglich. Der Dickdarm ist häufiger der Sitz
eines Krebses. Die Drüsen werden hier erst spät befallen. Es werden die
verschiedenen Operationsmethoden besprochen, die im Original nachza-
sehen sind.
An der Hand von 24 Fällen von Darmtumoren, in den letzten Jahren
in der Klinik von Prof. Rotgans vorgekommen, bespricht Goedhuis (9)
zunächst die Neubildung des Darmes, in zweiter Reihe die entzündlichen
Geschwülste und zum Schlüsse die chronische Darmeinschiebung.
Der klinische Verlauf des Darmkarzinoms war entweder latent oder
bisweilen trat ohne Prodromalerscheinungen plötzlich ein Ileusanfall auf. In
einem Fall debütierte das Leiden mit Pneumaturie und Cystitis. Ein Kar-
zinom der Elex, sigmoidea äusserte sich bloss durch leichte rezidivierende
Blutungen. Einzelne Male wurde ein Tumor zufälligerweise bemerkt, ohne
irgendwelche Störungen von seiten des Darmes.
Die DiflFerentialdiagnose zwischen Neoplasmata und entzündlichen Darm-
tumoren, die infolge von Tuberkulose oder einer nichtspezifischen Entzündung
(chronische Appendicitis oder Cholecysticis , Darmdivertikel) auftreten, ist
öfters nicht möglich. Auch die Probelaparotomie ist bisweilen nicht imstande,
die Art des Tumors mit Sicherheit festzustellen. Stenosierung des Darmes bei
Sarkomen wurde, entgegen der Anschauung von Treves und anderen, einige
Male observiert. Sie war entweder die Folge einer Invagination oder einer
Wucherung der Neubildung in das Lumen hinein. AuflFallend war gegenüber
dem Dickdarmkarzinom die rasch fortschreitende Kachexie ; ein Fall zeichnete
sich aus durch eine überaus starke Schweisssekretion ohne Fiebererschei-
nungen; ein weiterer Fall durch ein bretthartes Infiltrat in der Bauchwand
und Drucksymptome auf den Ductus choledochus. Ein Sarkom der Flexnra
coli lienalis trat auf unter den Erscheinungen eines subphrenischen Abszesses.
In seltenen Fällen kann das Darmsarkom verwechselt werden mit einer tuuaor-
bildenden akuten Appendicitis. Goedhuis.
Es sind bisher 18 Fälle von primärem Karzinom des Appendix ver-
öffentlicht worden. Moschcowitz (19) fügt drei neue Fälle hinzu. Auf-
fällig ist das Auftreten der Erkrankung in relativ jungen Jahren. 68,7 ^lo
der Patienten waren unter 30. Die Grösse der Geschwülste wechseln von
mikroskopisch kleiner bis zu Haselnussgrösse. Einzelne wurden nur zufällig
bei der raikroskopischetf Untersuchung entdeckt. Nur in 15,7 ®/o war der
Ea roher, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 553
Tumor nahe dem cökalen Ende des Appendix gelegen. Die kleinsten Tumoren
lagen immer der Mukosa auf und griffen je grösser je mehr auf die anderen
Häute des Organs über. Die Geschwülste schienen sich immer auf entzünd-
licher Basis entwickelt zu haben. Die Mehrzahl der Kranken gehörte dem
weiblichen Geschlecht an. Über Auftreten von Rezidiven ist in der Arbeit
nichts gesagt. Von den drei neuen Fällen sind eingehende Krankengeschichten
und mikroskopische Bilder gegeben. Maass (New- York).
Elting (3) unterzieht die bisher veröffentlichten Fälle primären Kar-
zinoms des Appendix einer genauen Kritik und kommt zu dem Schluss, dass
von 40 nur 20 mit genügender Sicherheit diagnostiziert sind. Elting fügt
selbst drei weitere Beobachtungen hinzu. Das primäre Karzinom des Proc.
vermiformis macht meist nur die Symptome chronischer Appendicitis, verläuft
aber oft auch ohne alle Anzeichen und wird nur zufällig entdeckt. Seine
Neigung zur lokalen Ausbreitung und Metastasenbildung ist offenbar nur
gering. Eine auffallende Erscheinung ist es, dass die Erkrankung zu 53 ^/o
unter 30 und zu 24*^/o unter 20 Jahren beobachtet wird. Vorherrschend
scheint es sich um Kolloidkarzinome zu handeln, zu welcher Art auch zwei
der von Elting mitgeteilten Fälle gehören. Das folgende Literaturverzeich-
nis umfasst 28 Nummern. Maass (New-York).
Ewald (4) bespricht die Darmtumoren in der Regio iliaca
sinistra. Häufig sind geschwulstartige Fäkalanhäufungen vorhanden, selten
Gallensteine oder Darmsteine oder verschlackte Fremdkörper. Auch kommen
Lageveränderungen der Flexur vor. Zur Erkennung von Neubildungen leistet
das von Kuttner modifizierte Rektoskop von OH s gute Dienste. Diese Neu-
bildungen der Flexur sind meistens harte Faserkrebse. Es ist oft nötig, den
zerkleinerten Stuhl systematisch zu untersuchen, um Blutbeimischungen kon-
statieren zu können. In einzelnen Fällen entwickelt sich die Geschwulst nach
dem Darmlumen in der Weise, dass ein korkzieherartig gewundener Kanal
bleibt, der zwar Gase, aber keinen Stuhl durchtreten lässt. Oft sind Tumoren
von tuberkulösen und dysenterischen Prozessen nicht zu unterscheiden. Harte
Schwellungen des Colon descendens kommen auch als Reflex von höher ge-
legenen Affektionen des Darms vor. Das Vorkommen einer primären Peri-
colitis und Perisigmoiditis scheint jetzt wohl festzustehen. Die Diagnose
solcher chronisch gewordener Exsudate führe zu besonderen Schwierigkeiten.
Kraft (11) zieht das früher nicht viel erwähnte Verhältnis hervor, dass
zuweilen bei Stenosen im unteren Teil des Dickdarms Perforation des Cökum
eintrifft. In vier mitgeteilten Fällen ist dies eingetroffen, in allen ist eine
sehr bedeutende Dilatation des ganzen Dickdarms vorhanden, von der Stenose
gegen das Cökum zunehmend, wo sie am stärksten ausgesprochen ist (in einem
Falle doch am grössten im Colon transversum). Die ulzerativen Prozesse
werden als Drucknekrose aufgefasst, sie sitzen an dem Teil des Darmes, der
dem Gekröse gegenüber liegt, sind trichterförmig, mit der Basis nach innen.
Dass die Dilatation nicht auf Peritonitis und Darmparalyse beruht, wird durch
einen fünften Fall illustriert, wo dieselbe Dilatation vorhanden war, aber
Patient starb, bevor es zu ulzerativen Prozessen gekommen war.
Schaldemose.
Rotter (27) berichtet über 34 von ihm operierte Kolonkarzinome
(6malCoecum, Imal Colon asc, SmalAngulus d., 8 mal Colon trans., 2 mal
Angulus sin., 14 mal S romanum). 25 Fälle hatten Kotstauung, 19 Fälle
Ileus, 6 hatten schwere Darmstenose. Davon starben 55 7o (7 im Kollaps,
554 Jahresbericht ftlr Chirurgie. 11. TeiL
4 an Peritonitis, 2 an Darmlähmung, 1 an Pneumonie). Meist mediane Lapa-
rotomie. Zur Klärung der Situation: Enterostomie. Von 8 Fällen, in denen
nach Resektion des Tumors die Darmenden eingenäht wurden, starben 6.
Das später geübte Verfahren : Typblostomie bei linksseitigem Tumor, Anus ilei
sin. bei rechtsseitigem Tumor und sekundäre Radikaloperation gaben bessere
Resultate. Von 15 Enterostomierten starben 8. Bei inoperablen Fällen:
Enteroanastomose (4 Fälle, 1 Exitus an Pneumonie).
12 Fälle kamen zur Radikaloperation: 1 im Ileus reseziert und genäht
starb, bei 7 war vorher eine Enterostomie angelegt, 4 konnten gleich radikal
operiert werden.
Die Darmvereinigung geschah bei den 12 Fällen mit 13 Resektionen
10 mal mittelst Naht und 3 mal nach Mikulicz mit der Spornquetsche. Von
den genähten starben 4, 1 im Kollaps (Resektion im Ileus), 3 mal an den
Folgen der Naht, 2 mal Randgangrän im Bereich der Naht, 1 mal Insuffizienz
der Naht am blind geschlossenen Colon trans. Rotter empfiehlt das Miku-
licz sehe mehrzeitige Verfahren. Von den 13 Resezierten starben 4 = 30*^/©
Mortalität; auf die 10 genähten kommen 4 TodesfäUe; die mehrzeitig ope-
rierten kamen durch.
Dauererfolge: Von den 8 Fällen, welche die Operation überstanden,
sind 3 an Rezidiv erkrankt, 2 von ihnen hatten bei der Operation Meta-
stasen. 1 Fall seit 2V2 Jahren, 2 mit 3 Jahren geheilt.
Littlewood (13). Die frühzeitige Diagnose des Dickdarmkrebses ist
sehr schwierig; bei zweifelhaften Fällen sollte man darum die Probelaparo-
tomie machen. Bestehen zur Zeit der Operation noch keine Obstruktions-
erscheinungen, so macht man sofort die Resektion des kranken Dannstückes.
Besteht schon Obstruktion, so legt man einen Kunstafter an und reseziert
später oder man lagert das zerfallene Darmstück vor die Bauchhöhle, legt
eine Kotfistel an und reseziert ohne Narkose 2 — 3 Tage später. Little-
wood hat bei 14 Kolektomien 10 Heilungen erzielt.
Aus dem Aufsatze von H. Schloffer (29) über die Erfahrungen, welche
an der chirurgischen Klinik zu Prag bei 32 Fällen von Karzinom des Dick-
darmes gemacht wurden, kann folgendes hervorgehoben werden: Das Karzi-
nom sass 15 mal am Cökum, in den übrigen Fällen am Dickdarme und an
der Flexura sigmoidea. Am schwierigsten scheint die Diagnose des Karzi-
noms der Flexur; sie wurde nie sicher gestellt; die objektiven Symptome dieser
Aflfektion waren lediglich diejenigen der Darmokklusion. Die Mehrzahl dieser
Fälle kam aber noch in einem der Radikaloperation noch gut zugänglichen
Zustand in ärztliche Behandlung.
Beim Sitz der Geschwulst am Cökum musste man sich 5 mal mit der
Kolostomie oder einer Anastomose begnügen. In 9 Fällen konnte die Resek-
tion ausgeführt werden; auf Grund seiner Erfahrungen empfiehlt Schloffer
nach Möglichkeit einzeitige Resektion. In den Fällen von Kolon- und Flexur-
karzinom wurde ebenfalls 5 mal die Kolostomie oder Anastomose ausgeführt;
die übrigen Fälle wurden reseziert und zwar 7 mal dreizeitig (Kolostomie, Re-
sektion und Wiedervereinigung am kotleeren Darme und Verschluss der
Darmfistel.
Diese Methode, die ihm die besten Resultate gegeben hat, empfiehlt
Verf. warm und warnt auch auf Grund anderweitiger Resektionen tiefer Dick-
darmabschnitte vor einem abgekürzten dreizeitigen oder gar einzeitigem Ver-
Xarcher, Verletzungen und ohirnrgische Krankheiten des Darmes. 555
fahren. Vollständig offene Wundbehandlung scheint auch ein Haupterfordernis
für einen günstigen Erfolg zu sein.
Pinkuss (22) vollführte bei einer 55jährigen Frau, der 6 Jahre vor-
her ein Mammakarzinom entfernt worden war und die seither kein Rezidiv
gezeigt hatte, die Exstirpation eines Karzinoms des Mesokolon und der Ap-
pendices epiploicae des Colon descendens durch die vaginale Cöliotomie. Der
Tumor war mit dem Uterus verwachsen, so dass der Uterus mitentfernt wurde.
Pinkuss fasst den Mesokolonkrebs als Metastase des vor 6 Jahren ope-
rierten Mammakarzinoms auf. Das Lösen von Verwachsungen im Dunkeln,
wie es bei der vaginalen Cöliotomie nötig wird, ergibt eine Einschränkung
für diese Operation.
Pollard(23) operierte eine 57 jährige Frau wegen Verdacht auf Krebs.
Doppelte Enterektomie : Resektion einer Dickdarmschliuge und eines drei Fuss
langen Dünndarmstückes. Heilung.
Swain (31) bespricht die Resektion des Dickdarmes bei Krebs desselben.
Der wesentliche Unterschied für die verschiedenen Operationen beruht darauf,
ob Darmverschluss besteht oder nicht. In diesem Falle ist es zweckmässig,
erst den Darmverschluss zu beseitigen und dann die Resektion vorzunehmen.
Einen Fall von spontaner Ruptur des Dünndarmes bei einem Patienten
mit Rektumkarzinom beobachtete Lyot (14). Eine wegen Erscheinungen von
Darmverschluss in der linken Fossa iliaca vorgenommene Inzision in der Ab-
sicht, einen Kunstafter anzulegen, Hess keine Dilatation des S romanum er-
kennen; eine zweite Inzision am lateralen Rand des rechten Rektus zeigte,
dass es sich um einen ausgedehnten, spontan entstandenen Riss einer Dünn-
darmschlinge handelte. Trotz Naht des Risses Exitus am siebten Tage.
E. Entzündungen, Geschwfire, Striktaren, Divertikel, Perforation.
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13. Steiner, Chirurg. Behandlung chronischer Dysenterie. 32. Chirnrg.-Eongress 1903.
556 Jahresbericht fQr Gbirargie. IL Teil.
Reisinger (10) berichtet über zwei Fälle von reiner Typhlitig,
welche ganz unter dem Bilde einer Appendicitis nnd Epityphlitis verliefen.
Die Operation ergab in beiden Fällen schwerste akute Entzündungen d^
Cökums mit Freibleiben des Wurmfortsatzes. In beiden Fällen war das
Cökum perforiert und es waren Abszesshöhlen entstanden. Ein Fall heilte,
der andere starb.
Santucci (12) hat einen Fall von akuter Typhlitis beobachtet; aus
seiner Beobachtung folgert er, dass diese klinische Form wirklich existiere
und ein sehr verschiedenes Bild darbiete, auch die Appendicitis und Peri-
typhlitis simulieren könne. Die zeitweilige Typhlostomie könne auch akute
Entzündungsprozesse des Grimm- und Blinddarms günstig beeinflussen und
sei deshalb zu versuchen, wenn sich solchen Entzündungsprozessen auffällige
Symptome von Ileus hinzugesellen. K Giani.
Steiner (13) hat einen Fall von chronisch-eitriger Dysenterie durch
temporäre Darmausschaltung geheilt.
Lesniowski (6) bringt anatomische Details über einen Fall von sog.
follikulärer chronischer Dysenterie, in welchem der Krankheits-
prozess die rechte Flexur des Kolons stenosierte. Nach Darmresektion Heilung.
Urbanik (Krakau).
Fünf von Riedel (11) Laparotomierte sind an diphtheritischen Erkran-
kungen der Darmschleimhaut gestorben; es waren in alleir Fällen durch
schwere Leiden heruntergekommene Individuen. Die vorgenommene, jedesmal
glatt verlaufene und gut gelungene Operation kann nicht beschuldigt werden;
auch ist Subliraatintoxikation sicher auszuschliessen. Die operativen Eingriffe
waren folgende: Uterusamputation (Supravaginae), Magenresektion wegen Ulcus.
Pylorusresektion wegen Stenose. Cholecystektomie mit Choledochotomie. Gastro-
enterostomie wegen Karzinom. Der Tod erfolgte unter sehr verschiedenartigen
Erscheinungen am 1.— 5. Tage. In allen Fällen handelt es sich nach Riedel
um eine oberflächliche Nekrose bei schlecht genährter Schleimhaut. Der
putride im Darme stagnierende Inhalt schädigt die Epithelien, die nekrotisch
werden, worauf auch das Bindegewebe putride zerfällt. Abführmittel schädigen
die Darmschleimhaut ebenfalls ; ihre Anwendung zur Vorbereitung von Kranken,
die sich einer Laparotomie zu unterziehen haben, ist daher einzuschränken.
Boas (1) machte bei einem Mädchen, das an Colitis chron. ulce-
rosa litt, die Kolostomie in der Cökalgegend; nach 7 monatlicher Durch-
spülung des Darmes mit Jodlösung trat Heilung ein. In einem zweiten Falle
blieb der definitive Erfolg aus, obschon Besserung eintrat.
Novaro wollte feststellen, ob sich bei polypöser Kolitis durch Delation
der Kotmassen aus dem ganzen Grimmdarm der Allgemeinzustand und die
Polypen selbst beeinflussen lassen. Margarini (8) berichtet nun über einen
in diesem Sinne behandelten Fall. — Der in der Ileocökalgegend angelegte
Anus praeternaturalis hatte nach Verlauf eines Jahres den Allgemeinzustand
des Patienten nur wenig gebessert, aber einen wohltätigen Einfluss auf die
Polypen ausgeübt; diese hatten an Volumen abgenommen und die Entwicke-
lung von Bindegewebe war begünstigt worden. Die Polypen wurden nun ex-
stirpiert und der Anus praeternaturalis wurde geschlossen ; die Polypen waren
von gutartiger Natur. Vh Jahre darauf wurde an der Stelle, wo die Polypen
bestanden hatten, eine Ulzerationsfläche mit verhärteten Rändern angetroffen;
dieselbe war von krebsiger Natur. — Verf. meint, dass entweder infolge des
zu frühen Durchgangs der Kotmassen und der stattgehabten Reizungsprozesse
Kar eher, VerletzuDgen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 557
das Drüsengewebe eine krebsige Umbildung erfahren habe, oder dass schon
vorher eine Krebsanlage bestand, die sich infolge der Reizungsprozesse ent-
wickelte. Er fragt sich deshalb, ob man in solchen Fällen nicht besser tue,
den Anus praeternaturalis dauernd bestehen zu lassen. R. Giani.
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14. *Patel, Bätröcissements tuberculeuz multiples de Tintestin grdle; entero-anastomose ;
guärison. Soc. des sciences m6d. Lyon mädical 1903. Nr. 33.
15. * — Tuberculose ilöo caecale; r^träcissement du caecum; r^section il^o-caecale. Soc.
des sciences m4d. Lyon medical 1903. Nr. 46.
16. Ras amowski, Über die chirurgische Behandlung der DOnndarmstrikturen. Russisches
Archiv ffir Ghirargie 1903. Heft 1.
Heller-Wagener (9) haben weitere Untersuchungen angestellt über
die primäre Tuberkuloseinfektion durch den Darm. Wie früher Heller, so
findet auch in dieser neuen Reihe Wagen er einen viel grösseren Prozentsatz
primärer Darmtuberkulose als gewöhnlich angenommen wird. Er gelangt zum
Resultat, dass die primäre Infektion mit Tuberkulose durch den Darm im
Kindesalter ein sehr häufiges Ereignis ist. Er durchforschte den Darm nicht
nach der Yirchow sehen Technik, sondern untersuchte denselben im Zu-
sammenhange mit seinem Mesenterium, um die zu einer Läsion des Darmes
zugehörigen Lymphdrüsen verfolgen zu können.
Das Material von 600 Sektionen umfasste 76 Kinder im Alter von
1—15 Jahren. Von diesen zeigten primäre Darm -Mesenterialdrüsen- Tuber-
kulose mit Bazillennachweis 13 = 17,l*^/o, primäre Darm-Mesenterialdrüsen-
Tuberkulose ohne Bazillennachweis 3. Es hatten also 16 Fälle = 21,1 ^/o
primäre Darmtuberkulose.
558 Jahresbericht für Chirargie. IL Teil.
Eine Arbeit von Bard(l) handelt von den tuberkulösen DarmstenoseiL
Die Tuberkulose des Darmes kann Erscheinungen akuter Darmobstruktion
und solche chronischer Darmverengerung hervorrufen. Zwei Formen der
Tuberkulose sind in dieser Beziehung wichtig, die beide anatomisch gut diffe-
renziert sind: die ringförmigen Geschwüre mit langsamem Verlauf, welche
narbige Strikturen des Darmes erzeugen und die ausgedehnten Wandinfiltra-
tionen, welche wahre Geschwülste bilden (Tuberculomes hypertrophiques), die
unter Umständen mit Karzinom verwechselt werden können. Beide Formen
li^nirden ausführlich von Bernay und Patel beschrieben. Ausserdem sind
Stenosierungen des Darmes durch extraintestinale Prozesse möglich: Kom-
pression und Strangulierung durch peritoni tische Prozesse und Drüsen.
Seltener beobachtet sind hingegen Verengerungen des Darmes durch
einfache tuberkulöse Schleimhautgeschwüre ohne Narbenschrumpfnng oder
hypertrophische Wandverdickungen. Ein Fall der letzteren Art, der zur
Laparotomie und später zur Sektion kam, wird von Bard beschrieben.
Eine 30 jährige Frau erkrankte an Erscheinungen von Darmkatarrh mit
starken Diarrhöen und heftigen intermittierenden Schmerzen, Husten und Ab-
magerung. Die Diarrhöe dauerte mehrere Monate und trotzte allen inneren
Mitteln. Hierauf traten allmählich zunehmende Symptome von Darmokklusion
auf; lokalisierter Meteorismus mit Peristaltik etc., die auf ein einfaches Hin-
dernis im Bereiche des Dünndarmes hindeuteten. Da inzwischen eine Lungen-
spitzeninfiltration deutlich geworden war, spitzte sich die Diagnose auf tuber-
kulöse narbige Dünndarmstriktur. — Die Laparotomie ergab im ganzen einen
negativen Befund; wohl fanden sich verkäste Mesenterialdrüsen , doch liess
sich am Darme ein Hindernis nicht erkennen. Einzig am Dünndarm auf-
fallend war, dass gänzlich kollabierte Strecken mit stark diktierten in reg^
massiger Weise wechselten. Die Erscheinungen von Darmstenose legten sieb
nach der Laparotomie, doch erholte sich die Pat. nicht, sie starb nach etwa
5 Wochen, nachdem käsige Pneumonie, Pleuritis und Peritonitis aufgetreten
waren.
Ausser diesen Läsionen und ausgedehnter Mesenterialdrüsentuberkulose
ergab die Sektion ein einziges ringförmiges Schleimhautgeschwür des Ilemns,
welches in einer Ausdehnung von 10 cm den untersten Abschnitt dieses Darmes
bis zur Ileokökalklappe einnahm; die Stenose war für einen Finger durch-
gängig. Nach eingehender epikritischer Würdigung dieses Falles lässt Verf.
die Frage offen, ob es sich um eine spastische oder mechanische Stenose ge-
handelt hat.
Lotheisen (1) hat in einem Falle von multiplen tuberkulösen
Dünndarmstenosen mit Erfolg die Enteroanastomose gemacht. Er emp-
fiehlt diese Operation ; in den ausgeschalteten Darmpartien kann Heilung da*
Geschwüre erfolgen. Von 32 operierten Fällen mit multiplen tuberkulösen
Dünndarmstenosen, die Lotheisen aus der Literatur zusammenstellt, starben
7. Von 14 mit Enteroanastomose behandelten Fällen starben 4. Es heilten
also nicht ganz 80 ^/o.
Rasumowski (16) operierte zwei Fälle von Dünndarmstenose : Fall 1.
Pat. 6'/4 Jahre, stammt aus luetischer Familie, wurde wegen Sekundarsyphilis
behandelt. Die Darmerscheinungen traten akut auf: Leibschmerzen, Erbrechen.
Verstopfung, Auftreibung des Leibes, in der Nabelgegend geblähte Darm-
schlingen zu sehen. Bei der Operation wird eine ringförmige Verengerung
im Jejunum konstatiert, durch die sich der Darminhalt nicht durchtreiben
Ea roher, VerieUungen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 559
lässt. Enteroanastomose , die den Fat. rasch herstellt. Fall 2. Bei einer
25jährigen Patientin handelte es sich um zwei tuberkulöse Strikturen des
Dünndarms. Heilung durch Enteroanastomosenbildung. — Rasumowski
spricht sich zu gnnsten der Enteroanastomose aus im Gegensatz zur Resektion
der strikturierten Partie. Die Resektion soll nur dann ausgeführt werden,
wenn ihr gar keine Schwierigkeiten im Wege stehen. Rasumowski näht
in zwei Etagen und gebraucht für die eine Naht Silberdraht, den er in
11 Fällen angewandt hat. Hohibeck (St. Petersburg).
Borelius (3) hebt hervor, dass die Bauchaktinomykose ohne die ge-
wöhnliche infiltrierende Form auch in der Gestalt eines begrenzten beweg-
Hchen oder wenigstens verschiebbaren Bauch- oder Bauchwandtumors auf-
tresen kann, welche Manifestation des Strahlenpilzes nicht um ein grosses
diagnostisches, sondern auch praktisch therapeutisches Interesse hat.
Es wurden drei Fälle mitgeteilt, in denen ein solcher aktinomykolischer
Bauch- oder Bauchwandtumor vorlag. In einem dieser Fälle, in dem die
wahre Natur dieses ^Tumors^ lange dunkel war, wurde eine Auskratzung der
Geschwulst vorgenommen. Die beiden anderen Fälle wurden zur Heilung ge-
bracht nach der Exstirpation des Tumors durch Darmresektion ; in dem einen
FaD eine ileocökale Geschwulst, welche ein Karzinom simuUerte, in dem
anderen Fall wurde eine Resektion des Colon transversum nebst einem Teil
der Bauchwand wegen eines supponierten Bauchwandtumors ausgeführt.
Hj. V. Bonsdorff.
3. Stenosen.
1. *Lonis G. Ager, Perforation of the normal intestine by an ascaris Inmbricoides.
The joam. of the Amer. Med. Ass. 1908. Febr. 28.
2. Basacchi, T., Bue casi di stenosi cicatrisiale dell' intestino da strozzamento erniario.
Entero-anastomosi. Meroorie chirorgiche pubbl. in onore di T. Bottini. Palermo 1903.
3. Fraenkel, Präparate von multiplen Dflnudarmstrikturen. Biolog. Abteil, des ärztl.
Vereins Hamburg. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 17.
4. *6oedhuis, Ätiologie und Symptomatologie der Dickdarmverengerungen. Wiener klin.
Rundschau 1903. Nr. 43.
5. ^Goulliond, Quelques observaiions de räträcissement intrinsdque de Tintestin. Lyon
m^ical 1903. Nr. 19.
6. V. Hacker, Berichtigung zu Dr. Reyling: Ober solitäre Darmstenosen. Deutsche
Zeitochrift fflr Chirurgie 1903. Bd. 68. Heft 1 u. 2.
7. B. Holzow, Zur Kasuistik der narbigen Strikturen des DQnndarms. Russki Wratsch
1903. Nr. 49.
8. Koch, Ober einfach entzQndliche Strikturen des Dickdarms. Archiv fQr klin. Chi-
rurgie 1903. Bd. 70. Heft 4.
9. Alfred Madsen, Et Tilfalde af infrapapillaer Duodenalstenose og Tetani behandlet
med Gastroenterostomie. Hospitalstidende. Bd. 46. p. 191. Kopenhagen 1903.
10. *Schloffer, Entstehung narbiger Darmstrikturen nach Verletzungen des Mesenteriums.
32. Chirurgen-Kongress Berlin 1903.
11. Schlesinger, Zur Diagnose multipler Darmstenosen. Zentralblatt fflr innere Medizin
1908. Nr. 2.
J. Koch (8) teilt die einfach entzündlichen, ätiologisch oft unklaren
Striktaren des Dickdarmes mit Ausschluss der gonorrhoischen, syphilitischen
und anderweitigen spezifischen Verengerungen in zwei Gruppen ein: 1. in
solche, bei welchen sich die entzündlichen Prozesse vornehmlich in der Mus-
cularis und in der Serosa, und 2. in solche, bei welchen sich die entzünd-
lichen Erscheinungen mehr in der Mukosa abspielen.
560 Jahresbericht ffir Chirurgie. IL Teil.
Zur ersten Gruppe gehören die Entzündungen, die von den falschen
Darmdi?ertikeln ausgehen und durch Eiterung in der Darmwand und in der
Umgebung narbige Schrumpfung verursachen und somit Veranlassung zu
Verengerungen des Darmlumens geben können. (Einen solchen Fall beschreibt
Verf. Die Divertikel waren über den ganzen Dickdarm verstreut; an einer
Stelle war Verklebung mit der Blase zustande gekommen.) Die zur zweiten
Gruppe gehörenden Strikturen sind seltener und werden durch Wiedergabe
zweier Krankengeschichten erläutert.
Schlesinger (11) berichtet kurz über vier Fälle, in denen es ihm
möglich war, vor der Operation die Diagnose auf multiple Darmstenosen zu
stellen. Die Diagnose stützte sich teils auf das Vorhandensein multipler
Tumoren mit Darmstenosensymptomen, teils auf den Umstand, dass unt^r
kolikartigen Schmerzen an verschiedenen Stellen des Abdomens Darmsteifungen
auftraten, die unter Darmgurren wieder verschwanden.
V. Hacker (6) bringt in Erinnerung, dass er zuerst bei Darmstriktur
eine der Pyloroplastik von Heinecke-Mikulicz ähnliche Enteroplastik aus-
geführt hat; ebenso ist er der Urheber der ersten am Menschen gelungenen
Enteroanastomose , welcher Operation er in der Darmchirurgie das Bürger-
recht verschafft hat.
Fraenkel (3) demonstrierte Präparate von multiplen Dünndarm-
strikturen:
1. Bei einer Frau, die am Rezidiv eines durch Uterusexstirpation ope-
rierten Uteruskarzinoms gestorben war, fanden sich multiple Dünndarmstrik-
turen, die durch metastatische Krebsherde bedingt waren. Diese Krebsherde
waren von der Serosa aus gegen das Darmlumen vorgedrungen. Die Frau
litt in den letzten zwei Monaten ihres Lebens andauernd an Erbrechen.
2. Uterusexstirpation wegen Karzinom. Karzinomrezidiv. Eine ins kleine
Becken ragende Dünndarmschlinge verwuchs damit und wurde abgeknickt
Ileus. Tod.
3. Hochgradige Tuberkulosestriktur im allerobersten Teil des Jejunums,
die ein Magenkarzinom vorgetäuscht hatte.
4. Zwei Fälle mit narbigen Strikturen. Ausgeheilte Tuberkulosen. In
einem dieser Fälle heilten die Geschwüre trotz schwerer tuberkulöser Zer-
störungen in den Lungen.
In zwei Fällen von nach Brucheinklemmung aufgetretener Narbenstenose
des Darmes erzielte Busacchi (2) durch die Enteroanastomose vollständige
Heilung. R. Giani.
Holzow (7) operierte einen 28jährigen gesunden Mann wegen Striktur
des Dünndarms. Bei der Operation wurde eine ringförmige, narbige Striktur
des Ileums 60 — 70 cm über der Volvula Bauhinii reseziert. Zirkuläre Darm-
naht. Heilung. Die Ätiologie des Falles blieb unklar. Für Tuberkulose
waren, ausser etwas vergrösserten Mesenteriallymphdrüsen, keine Anhalts-
punkte. Fat. litt an einer linksseitigen Leistenhernie, so dass die Entstehung
der Striktur auf partielle Gangrän der Darmwand im Bereich einer Strangu-
lationsfurche zurückzuführen ist. Hohl b eck (St. Petersburg).
Ma dsen (9). 41 jähriger Mann, seit IV4 Jahren krank mit Schmerzen in der Cardia,
seit 8 Monaten gewaltiges Erbrechen, Obstipation, Abmagerang. Die Kapazität des Magens
1500 ccm, keine Ptosis, Retention von Mageninhalt gemischt mit Galle, abwechselnd posi-
tiver und negativer Befund von freier Salzsäure, acholischer Stuhl. In der Klinik ein Anfall
von Tetanie. Laparotomie, Gastroenterostomia retrocolica post. ; der Verlauf mit ernst-
Kar eher, Verletzongen and chirurgische Krankheiten des Darmes. 561
haften Lnngenaffektionen kompliziert. Nach der Operation gute Funktion des Yerdauungs-
kanals; Fat. konnte gewöhnliche Nahrung vertragen, obschon der Mageninhalt beständig
gallenbemengt war. — Tod 5Vs Monate nach der Operation unter Iktei-us, keine Sektion.
Verf. hebt die gute Funktion des Magens nach der Operation hervor,
obschon Galle nnd Pankreassekret den Magen passiert hatten; er empfiehlt
daher Gastroenterostomie in diesen Fällen. Was die Ursache der Tetanie
anbelangt, so scheint dieser Fall gegen die Theorie einer Autointoxikation
durch die Dekompositionsprodukte des Mageninhalts zu sprechen, indem die
Tetanie hier eintraf, nachdem Ausspülungen des Magens an den Tagen vor
dem Anfall vorgenommen worden waren. Verf. glaubt eher an eine Auto-
intoxikation durch die Stoffwechselprodukte des Organismus, indem eine un-
zulängliche Flüssigkeitszufuhr deren Ausscheidung mit dem Harn verhindert;
er empfiehlt daher Behandlung mit subkutaner und rektaler Wasserzufuhr.
Schaldemose.
4. Dilatationen.
1. ^Dudley, A fatal ease of tetany in association with dilatation of the smaU intestine.
The Lancet 1903. Oct. 10.
2. Duval, De la dilatation dite idiopathique da gros intestin. Revue de Ghir. 1908.
Nr. 3, 4, 5.
3. *Le Roy des Barnes, Snr an cas de dilatation dite idiopathiqae da gros intestin
avec dilatation de la vessie. Gazette des höpitaax 1908. Nr. 86.
4. *Marray, Idiopathic dilatation of the colon. Annais of sargery 1908. November.
Eine umfassende Darstellung der unter dem Namen: Megakolon^ oder
Hirsch Sprung sehe Krankheit bekannten idiopathischen Erweiterung des
Dickdarmes gibt P. Duval (2). ;,Idiopathisch^ wird die Dilatation genannt,
weil die Ätiologie einstweilen noch unklar ist; der Name umfasst angeborene
wie enH'orbene Fälle. Während das Erankheitsbild kein konstantes ist, zeigen
amtliche Fälle annähernd gleiche pathologisch-anatomische Verhältnisse: ab-
norme Dilatation kürzerer oder längerer Bezirke des Dickdarmes (in letzterem
Falle namentlich der unteren Abschnitte), Verdickung der Darmwand im dila-
tierten Teile, Hypertrophie der Submukosa und Muskularis, Infiltrationen
zwischen den Faserbündebi, oft entzündliche und geschwürige Prozesse der
Schleimhaut.
Was die Symptomatologie betrifft, so sind zu erwähnen: Konstipation,
oft sehr hartnäckig; Diarrhöen.
Die gestauten Eotmassen sind oft als Kottumoren fühlbar, von wechseln-
dem Volumen und Sitz ; oft besteht eine enorme Auftreibung des Leibes durch
Füllung des Darmes mit Zersetzungsgasen. Lebhafte peristaltische Bewegungen
der Därme sind meist vorhanden.
Verf. konnte 47 Fälle zusammenstellen, darunter standen nur 7 im Alter
von 20 — 55 Jahren. Das Kindesalter ist vorzugsweise betroffen. 34 Kranke
erlagen früh, hauptsächlich an Darmokklusion und Kolitis. Von chirurgischen
Eingriffen wurden mit geringem oder nur massigem Erfolg in Anwendung ge-
zogen: Kolotomie, Kolopexie, Kolektomie und Koloanastomose. Die innere
Therapie, bestehend in Diät, Massage und hohen Einlaufen, wurde bisher von
besseren Resultaten begleitet.
Murray (4) beschreibt einen Fall von idiopathischer Dilatation des
Kolon bei einem 4jähi:igen Knaben. Es bestand enorme Auftreibung des
Leibes, deutlich sichtbare Peristaltik. Stuhlgang erfolgte in 8 — 13 Tagen nur
Jahresbericht für Chinix^e 1908. 36
562 Jahresbericht f&r Chinirgie. II. Teil.
einmal. Die Stühle waren immer halbflüssig. Nahmngsanfnabme und Er-
nährungszustand ziemlich gut. Bei der Operation fand sich ein mit Gas
enorm aufgetriebener Dickdarm ohne ein Hindernis. Die Auftreibung betraf
besonders die Flexura sigm. und das Colon ascendens. Die genannte Partie
wurde reseziert und der Kranke geheilt.
5. Darmperforation (Typhus, Geschwüre etc.).
1. Armo nr, The snrgical treatment of intestinal Perforation in typhoid fever. The Lancet
1903. Oct. 8.
2. *Bainbridge, Peridaodenal abscess secondary to nlcer of the doodenum. Medieal
News 1903. March 7.
8. Berg, Einseitige Ansscbaltong des Duodenum bei perforierender Geschwflrbildong an
der hinteren Wand des absteigenden Duodenalastes. Zentralblatt fdr Chirurgie 1903.
Nr. 21.
4 ^Blake, Perforating typhoidal ulcers, with general Peritonitis. New York snrgical
soc. Annais of surgery 1903. Febr.
5. Bland-Sutton, On the effect of Perforation of the colon by small foreign bodies
especially in relation to abscess of an epiploie appendage. The Lancet 1903. Oct 24.
6. *Bowlby, A second case of successfnl Operation for Perforation in typhoid fever.
The Lancet 1903. Jan. 10.
7. *Brown, Clobure by suture of intestinal perforations complicating typhoid fever. An-
nais of surgery 1903. March.
8. ^Bürgers, A case of rupture of a duodenal ulcer; subphrenic abscess; duodenal
fistula; laparotomy and suture of the duodenum. The Lancet 1903. April 18.
9. *Bnrrows, A case of perforated duodenal ulcer; Operation; subsequent development
of snbhepatic abscess; newvery. The Lancet 1903. Oct. 24.
10. C ha put, Perforations de Tintestin grdle typhiques on autres simnlant on accompag-
nant l'appendicite. Gazette des hdpitaux 1908. Nr. 9.
11. Connell, F. Gregory, Gastrointestinal Perforation and their diagnosis. The jonm.
of the Amer. Med. Ass. 1903. March 28 and April 4.
12. Grile, George W., Diagnostic value of blood pressure determinations in the diagnosis
of typhoid Perforation. The journ. of the Amer. Med. Ass. 1903. May 9.
13. *Dambrin et Papin, Perforation d*un niedre du duodönum; pöritonite gönöralis^
Ball, et m^m. de la soc. anatomique 1903. Nr. 6.
14. Eisberg, The surgical features of Perforation of the intestine in typhoid fever in
children. Annais of surgery 1903. July.
15. Escher, die Behandlung der akuten Perforationsperitonitis im Typhus mittelst Laparo-
tomie und Ileostomie. Mitteilungen aus den Grenzgebieten 1903. Bd. 11. Heft 1.
16. Fix, Note sur quatre cas de perforations intestinales survenues au cours de la fidvre
typhoide, trait^es par la laparotomie et ia suture de Tintestin. Arch. de m6d. ei de
pharm milit. 1903. Nr. 3.
17. '"Giordanu, Traitement chirurgical de la colonectasie. Archives internationales 1908.
Vol. L Fase. 1.
18. * Harte, Three successfnl laparotomier for intestinal Perforation in typhoid fever. An-
nale of surgery 1903. July. Discassion: Phil. acad. of surgery. ibidem.
19. '^'Holmes, T. E., Typhoid fever with Perforation of the bowel and recovery. The
journ. of the Amer. Med. Ass. 1903. March 14.
20. Miclesen, Kritische Beiträge zur Diagnose und chir. Therapie der typhösen Darm-
perforation und Perforationsperitonitis. Therapeutische Monatshefte 1902. Nr. 12.
21. *Mouriquard, Un cas de Perforation intestinale au cours de la fidvre typhoide;
intervention pröcoce; mort. Soc. des sciences mäd. Lyon m^dical 1903. Nr. 10.
22. *— Deux cas de Perforation intestinale au cours de la fiövre typholde. Lyon m^dical
1903. Nr. 28.
23. Murphy, J. B., Report of a case of typhoid Perforation with general peritoneal in-
fection and five other consecutive cases of general suppnrative Peritonitis; all reco-
vered. The joarnal of the Amer. Med. Ass. 1903. April 11.
24. Power, Four cases of duodenal ulcer. British med. Journal 1903. Jan. 10.
25. ^Stamston, Case of typhoid Perforation. Laparotomy-recovery. Medieal Press 1903.
Dec. 2.
Kare her, Verletznngeii and chimrgische Krankheiten des Darmes. 563
26. Seyereann, Drei FftUe von Dannperforation ohne äussere Lftaionen. Laparotomie,
Enterorrhapie. Genesung. Revista de Chirurgie 1903. Nr. 4. p. 170 (rumftnisch).
27. Shepherd, Zur Operation des perforierten Ulcus typhosum. Montreal med. joum. 1903.
Janoary.
28. * Smith, A case of perforated duodenal gastric alcer. Bristol med.-chir. Journal 1903.
Septemher.
Crile (12). 115 unkomplizierte Typhnsfälle gaben mit dem Riva-
Boni-Sphygmomanometer gemessen 138 mm als höchsten und 74 mm Queck-
silber als niedrigsten Blutdruck. In 5 Fällen von Perforation stieg der Druck
in einem Fall von 116 auf 190 in 4 Stunden, in einem zweiten fiel er nach
der Operation von 105 auf 80 und stieg bei einer zweiten Perforation in
demselben Falle von 84 auf 110, in einem dritten Falle von 116 auf 165 in
2 Stunden. Ein vierter mit Perforation ins Spital kommender Kranker zeigte
165 mm Druck und Fall 5 zeigte 208 mm Druck.
131 operierte Fälle von Perforation typhöser Darmgeschwüre werden
von Miclescu (20) zusammengestellt und kritisch besprochen. In 37 Fällen
(28,3 ®/o) wurde Heilung erzielt. Der Erfolg der Operation hängt in erster
Linie ab von der Möglichkeit, den Eintritt der Perforation von der 10 bis
12 Stunden darauf beginnenden allgemeinen Peritonitis zu unterscheiden. Die
Diagnose der eben eingetretenen Perforation stützt sich auf folgende, selten
irreführende Erscheinungen: Plötzlicher, oft von Erbrechen begleiteter, sehr
heftiger Schmerz in der unteren rechten Bauchgegend mit tetanischer Span-
nung der Bauchmuskeln und kleinem jagenden Puls. Dieser Moment der Per-
foration muss erhascht und die Operation sofort ausgeführt und möglichst
rasch vollendet werden, und zwar ohne Rücksicht auf etwaigen Kollaps und
in jedem Stadium der Krankheit.
Die meist in der Umgebung der Ileocökalklappe befindliche Perforation,
sowie alle verdächtigen, der Perforation nahen Stellen sollen fortlaufend ge-
näht werden; die Nahtstellen werden ausserdem mit einigen Knopfnähten
verstärkt. Femer wird recht ausgiebige Spülung der Bauchhöhle empfohlen
und schliesslich, da innere Eiterung eintritt, Drainage der Bauchwunde. Die
Operation soll unter allgemeiner Narkose ausgeführt werden. Narbenhernien
entstehen in den geheilten Fällen fast ohne Ausnahme.
Armours (I) Arbeit ist eine Zusammenstellung der bisher in den ver-
schiedenen Ländern erreichten Erfolge mit der chirurgischen Behandlung des
perforierten Typhusgeschwüres. Typhusperforationen sind häufiger
bei Männern als bei Frauen und kommen in 4 — 57o der Fälle vor. Die
Perforation sitzt meist im untersten Teil des Ileum, seltener in der Flexura
sigmoidea, noch seltener im Coecum oder im Wurmfortsatz. Die Perforation
ist meistens einzeln und klein, doch ist die Umgebung häufig sehr verdünnt.
Die Symptome der erfolgten Perforation sind oft recht unklar. Es muss ge-
nau auf jedes Zeichen geachtet werden. Die Zahl der Leukocyten soll während
der ganzen Krankheit beobachtet werden, damit eine plötzliche Vermehrung
derselben sofort entdeckt und richtig gewürdigt werden kann. Es soll mög-
lichst frühzeitig laparotomiert werden ; bei Verdacht auf Perforation mache
man wenigstens eine Probelaparotomie unter Lokalanästhesie, da eine solche
ungefährlich ist. Sind die Zeichen der Peritonitis patent, so ist der Eingriff
meist aussichtslos. Bei frühzeitiger Operation können 40— 50^/o Heilungen
erzielt werden.
36*
Ö64 Jahresbericht fflr Chirurgie. )I. Teil.
Unter 289 veröflfentlichten Fällen von Operationen wegen Typhus-Dann-
perforationen waren 25 Patienten unter 15 Jahren. Eisberg (14) operierte
selbst ein Kind von 6V2 Jahren , dessen Krankengeschichte ausführlich mit-
geteilt wird. Von allen operierten Kindern waren 72 % männlichen Geschlechts.
Betreffs der Symptome hebt Eisberg hervor, dass der eigentümlich ängst-
liche kollabierte Gesichtsausdruck niemals ein Frühsymptom ist, sondern erst
später eintritt. Die Temperatur weist nichts Charakteristisches auf. Der
Puls wird oft rascher und schlechter. In 5 Fällen, in denen regelmässige
Leukocytenzählungen vorgenommen wurden, traten plötzliche oder langsame
Zunahmen auf. Die Bedeutung dieser Tatsache verliert jedoch an Bedeutung
dadurch, dass dasselbe auch bei Nichtperforationen stattfindet. Der plötzliche
Schmerz wird in fast allen gut beschriebenen Fällen als frühestes Symptom
erwähnt. Eine besondere Schwierigkeit der Diagnose liegt darin, dass Kinder
nicht so gut ihre Symptome zu beschreiben und zu lokalisieren vermögen als
Erwachsene. Irrtümer sind daher leicht möglich. Um so mehr als Fälle be-
schrieben sind, die trotz typischer Perforationssymptome ohne Operation zur
Heilung kamen oder in denen die Operation zwar Peritonitis, aber keine Per-
foration aufdeckte. Die meisten Perforationen ereigneten sich in der drittai
Krankheitswoche. Die Operation war erfolgreich in allen Fällen (5), die inner-
halb von 8 Stunden nach Perforation operiert wurden. Innerhalb der ersten
16 Stunden wurden 86,6 ®/o, nach den ersten 16 Stunden 44,4 Vo Heilungen
durch die Operation erzielt. Kinder haben 36 Vo, Erwachsene 77,6 ®/o Mor-
talität nach Operationen wegen Typhusperforationen. Die zweckmässigste
Stelle zur Inzision ist am äusseren Rand des rechten Musculus rectus abdo-
minis. Bei grosser Perforation mag die Drainage des Darms statt der Naht
(Es eher) zweckmässig sein. Auskratzungen sind nur nötig, wenn Fäkal-
massen in der Bauchhöhle sind. Ausgiebige Drainage ist nicht erforderlich,
ein kleiner nach der Naht führender Drain genügt. Maass (New York).
Die Bedingungen, unter welchen die Laparotomie nach typhöser Per-
forationsperitonitis am ehesten Erfolg verspricht, sind nach Es eher (5)
neben möglichster Frühzeitigkeit des Eingriffs das Auftreten der Peritonitis
im Spätstadium oder in der Rekonvaleszenz und drittens der Umstand, dass
die Perforationsöffnung nicht zugenäht wird. Die Erfahrungen des Verfs.,
welche auf den günstigen Ausgang dreier von vier operierten Fällen fussen,
zeigen, dass die Ileostomie — wobei die Perforationsöffnung des Darmes in
die Bauchwunde eingenäht wird — das beste Mittel gegen den paralytischen
Ileus ist. Durch Ableitung ist die temporäre Kotfistel auch die beste Prophy-
laxe gegen weitere Perforationen.
Fix (16) hat vier Fälle von Typhusperforation operiert. Drei ge-
nasen, einer starb. Er machte eine Tabaksbeutelnaht der Perforationsöffnung
und legte darüber eine überwendliche Naht. In allen Fällen wurde Kochsalz-
lösung subkutan injiziert und in die Bauchhöhle gegossen. Die Nachbehand-
lung ist äusserst wichtig. Äthernarkose ist besser als Chloroform.
Shepherd (27) hat drei Fälle von Typhusperforation mit Erfolg
operiert. Er machte stets einen Flankenschnitt und fand die Perforation
stets nahe der Bauhin sehen Klappe. Durch das direkte Einschneiden auf
die Gegend der vermeinthclien Perforation wird das übrige Peritoneum vor
Verunreinigungen geschützt. Die Perforation wurde stets mit feinen Lem-
b er t sehen Nähten geschlossen. In der ^Nähe befindliche gut zugängliche
(ieschwüre wurden prophylaktisch übernäht. Gründliche Salzwasserausspülung
Kar eher, Verletzungen and chirargische Krankheiten des Därmen. 565
des Bauchfells; Drain im kleinen Becken. Gewöhnlich eitert die Banchwunde
und es bildet sich eine Hernie aus. Shepherd rät zur allgemeinen Narkose
mit Äther.
In drei Fällen fand M. Ghaput (10) bei der Laparotomie Perforationen
des Ilenms, wo Appendicitis diagnostiziert worden war. In zwei Fällen waren
die Perforationen typhösen Ursprungs. Aus diesen Erfahrungen wird abge-
leitet, dass bei allen Perityphlitisoperationen der Darm systematisch nach
Perforationen muss abgesucht werden ; viele auf Appendicitis bezogene Todes-
falle beruhen auf solchen Perforationen; eine neue Indikation für möglichst
rasches operatives Eingreifen!
Murphy (23) berichtet über einen Fall von Typhusperforation und fünf
Fälle allgemeiner Peritonitis, die alle durch Laparotomie geheilt wurden. Die
Behandlung besteht in früher Operation, Lagerung in halbsitzender Stellung,
um Resorption durch das Zwerchfell zu verhüten, Inj. von Koflfein, Äther,
Kampher, Strychnin, Digitaliu, Antistreptokokkenserum, Einreibung mit Ung.
Crede und Kochsalztransfusion, alles bei demselben Kranken in wenigen
Stunden angewandt. Murphy glaubt, dass Antistreptokokkenserum und
Ung. Cred6 in einem gewissen Grade zu den guten Resultaten beitrug.
Maass (New-York).
Connel (11) veröffentlicht eine Reihe von Experimenten an Tieren, die
angestellt wurden, um Darmperforationen zu diagnostizieren. Das Verfahren
bestand in Anlegung einer Darmverletzung und nach Ablauf von 12 Stunden
Injektion von filtrierter Luft oder Kochsalzlösung in die Bauchhöhle, die nach
einigen Minuten wieder abgesogen und chemisch auf Schwefel (Schwarzfärben
von Bleiessiglösung), Ammoniak, Jodol, Nitrate, Galle, Pepton, Proteoses,
Stärkezucker untersucht wurden. Bei Mastdarmperforation Hess sich immer
leicht Schwefel nachweisen, während bei Dünndarmverletzungen der Schwefel
fehlte und der Nachweis der Verletzung schwieriger war.
Maass (New-York).
Severeanu (26). 1. Ein 51 jähriger Mann. Fingerdicke Perforation
des Dünndarmes nach violentem Koitus. Eitrige Peritonitis, Enteroraphie,
Auswaschungen der Gedärme mit Serum. Genesung nach 2 Monaten.
2. 50 jähriger Mann. Hufeisenschlag im Abdomen, peritoneale Erschei-
nungen, Operation 67 Stunden nach dem Unfälle. Fäkalien, Eiter im Cavum
abdominis, eitrige Peritonitis. In der Nähe des Cäcums kleinfingerdicke Per-
foration. Zwei Etagen Catgutnaht. Ausputzung der Gedärme durch Kom-
pressen. Drainage. Nach 37 Tagen Genesung.
3. 37 jähriger Diener, der nach Fall von einem Dache grosse Schmerzen
im linken Arme und vage Schmerzen im Abdomen bekam. Am 3. Tage
Laparotomie. 50 cm vom Blinddarme zwei kleinfingerdicke Perforation des
Dünndarmes, 10 cm weit voneinander. Eiter und Fäkalien im Abdomen,
Auswaschung mit Serum und Wegnahme der falschen Membranen von den
Gedärmen. Genesung nach 3 Wochen. Stoi'anoff (Plevna).
Bland-Sutton (5) glaubt, dass kleine Fremdkörper wie Gräten und
Strohhalme nicht selten das Kolon perforieren und dann in eine Appendix
epiploica gelangen, wo sie zur Entzündung und Abszessbildung Anlass geben
können. Eine derartige entzündliche Geschwulst imponierte in einem Fall
Sutton als eine maligne Neubildung und veranlasste ihn zur Darmresektion.
Er glaubt, dass die Verwechslung mit Krebs öfters vorkomme. Sogenannte
566 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil
geheilte Darmkrebse sind wahrscheinlich öfters derartige entzündliche Ge-
schwülste.
Power (24) operierte vier Fälle von Perforation bei Duodenal-
geschwür. Davon starben drei. Männer haben häufiger Duodenalgeschwüre
als Frauen. Wenn sie perforieren, entsteht gewöhnlich eine peritonitische
Eiterung in der rechten Fossa iliaca, so dass eine Appendicitis vorgetäuscht
werden kann. Bei frühzeitiger Eröffnung der Bauchhöhle gelangt man auf
durchsichtigen, gallengefärbten Darmsaft, darauf ein perforiertes Duodenal-
geschwür hindeutet. Die Prognose ist ungünstig, da das perforierte Geschwür
schwer zu verschliessen ist. Ausgiebige Drainage nach dem Zwerchfell, dem
Becken und der Beocökalgegend hin ist nötig.
Berg (3) schlägt vor, bei perforierender Geschwürsbildung an der
hinteren Wand des absteigenden Duodenalastes eine einseitige Ausschaltung
des Duodenums auszuführen: primäre Gastrojejunostomie mit gleichzeitiger
Pylorusabschnürung ; letztere durch eine Tabaksbeutelseidennaht.
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Antonelli (1) hat seine Studien über die Darmdivertikel fortgesetzt
und handelt im vorliegenden (IV.) Artikel von dem durch solche hervor-
gerufenen Darmverschluss. Nachdem er die Ätiologie und pathologische Ana-
tomie dieser Affektion besprochen, legt er seine klinischen Studien dar. Er
unterscheidet einen durch ein freies Divertikel und einen durch ein adhärieren-
des Divertikel hervorgerufenen Darmverschluss. Der erstere könne auf ver-
schiedene Weise zustande kommen und nach der Art und Weise des Zustande-
kommens teilt er die von ihm gesammelten veröffentlichten und nicht
veröffentlichten Fälle in verschiedene Gruppen: A. Darmverschluss durch
Achsendrehung des Divertikels (vier veröffentlichte Fälle und ein nicht ver-
öffentlichter), B. Okklusion durch knieformige Einbiegung einer Darmschlinge
infolge eines vom Divertikel auf diese ausgeübten Zuges (1 Fall), G. Okklusion
durch Drehung des Divertikels um Darmschlingen (11 Fälle), D. Okklusion
durch Invagination des Divertikels (17 Fälle, darunter 5 operierte). — Der
durch ein adhärierendes Divertikel hervorgerufene Darmverschluss biete fol-
gende Unterabteilungen dar : A. Okklusion durch Eindrückung des Divertikels
oder durch Kompression des Darms gegen das gespannte Divertikel (8 ver-
öffentlichte, 4 nicht veröffentlichte Fälle), B. Okklusion durch direkten vom
unbeweglichen Divertikel auf den Darm ausgeübten Zug (7 veröffentlichte Fälle
und ein nicht veröffentlichter), G. Okklusion durch momentane Bildung eines
Einschnürungsringes von Seiten eines adhärierenden Divertikels (7 Fälle),
D. Okklusion durch Einklemmung des Darmes in einen vom adhärierenden
Divertikel gebildeten starren Ring (29 Fälle, darunter 3 operierte).
Verf. erörtert dann die Symptome und die Diagnose der Affektion. Was
die Behandlung anbetrifft, meint er, dass stets frühzeitig per laparotomiam
zu operieren sei; nachdem man festgestellt hat, an welcher Stelle die Ok-
klusion besteht und wodurch sie bedingt ist, verfahre man genau nach der
Indikation. R. Giani.
Einen Fall von erworbenem Darmdivertikel erwähnt C. Georgi (7) aus
dem Dresdener Krankenhause Friedrichsstadt. Bei einem 64 jährigen, seit
einigen Jahren an unregeimässigem Stuhlgang leidenden General traten seit
zwei Monaten Kolikschmerzen in der unteren linken Bauchgegend auf; dabei
Stuhlverhaltung. In Narkose findet man eine unbewegliche derbe höckerige
Geschwulst, die starker Verwachsungen wegen sich nicht operativ entfernen
lässt. Exitus einige Tage darauf an Peritonitis. Die Sektion zeigt eine für
den Finger eben noch durchgängige Striktur der stark verwachsenen Flexura
sigmoidea. Ober- und innerhalb der Verengerung mehrere erbsengrosse, kurz-
gestielte Polypen und pfennigstückgrosse Geschwüre.
Ober- und unterhalb der Striktur mehrere Ausbuchtungen der Darm-
wand; dieselben sind teils mit normaler, teils mit geschwüriger Schleimhaut
ausgekleidet Eines dieser Divertikel führt in eine zwischen Muscularis und
568 Jahresbericht für Chirurgie. 11. Teil.
Serosa gelegene Abszesshöhle, welche ihrerseits wieder durch Fistelgänge mit
mehreren kleineren Darmwandabszessen kommuniziert: ein solcher kleinerer
Abszess zeigte eine Perforation, die zur Peritonitis geführt hatte.
Es werden einige ähnliche Fälle erwähnt, bei welchen ebenfalls die Flexur
Sitz der Affektion gewesen war: eine Verwechselung mit Karzinom ist leicht
— sogar bei der Sektion — so dass eine mikroskopische Untersuchung oft
erst Aufschluss über die Natur des Leidens gibt.
Walther (24) teilt die Beobachtung einer 25jährigen, seit mehreren
Jahren an doppelseitiger Salpingo- Oophoritis leidenden Patientin mit, die
plötzlich unter dem Bilde einer akuten Appendicitis erkrankte. Durch Ijaparo-
tomie wurde der verwachsene Wurmfortsatz reseziert; derselbe zeigte jedoch
keine frisch entzündlichen Veränderungen.
Als Ursache des akuten Anfalles fand sich ein 8 cm langes, fingerdickes,
von der Konvexität des Dünndarmes ausgehendes^ mit der rechten Tube ver-
wachsenes und in frischen eitrig infiltrierten Membranen eingebettetes Di-
vertikel.
Anlass zu einer Arbeit von v. Caökozic (3) über Fisteln des Duo-
denums gab ein Fall von Nierensarkom, bei welchem der absteigende Teil
des Duodenums nach reichlicher Gefässabbindung losgelöst werden musste.
Durch Zirkulationsstörung entstand Blutung und schliesslich Perforation. Fast
sämtliche Körpernahrung trat zur Fistel wieder heraus, woraus schwere Inani-
tion entstand. Die Patientin überlebte den zur Hebung dieses Missstandes in
Schi eich seh Lokalanästhesie vorgenommenen operativen Eingriff — Ver-
schluss der Fistel und Jejunostomie — nicht lange. Ca^kozfc gibt im Aus-
zug acht Krankengeschichten von aus der Literatur gesammelten Fällen von
äusseren Fisteln des Duodenums. Die Ursache der Fistelbildung beruht ent-
weder auf ein Trauma (im weitesten Sinne des Wortes: Operationen an der
rechten Niere, am Duodenum oder an den Gallenwegen eingeschlossen) oder
auf Perforation eines Duodenalgeschwüres. Letzteres ist die häufigste Ur-
sache. Es handelt sich meistens um das an der hinteren Wand sitzende Ge-
schwür, das durch Eiterung in das retroperitoneale Gewebe schliesslich zum
Durchbruch nach aussen führt. — Die Geschwüre der vorderen Duodenalwand
verursachen meist tödliche Peritonitis, selten aber und nur nach vorheriger
Verwachsung mit der Bauchwand Fistelbildung nach aussen.
Die Symptome der Fistelbildung sind anfangs unklare und nicht charak-
teristische. — Nicht gallig gefärbter Ausfluss spricht nicht gegen eine Duo-
denalfistel, da die meisten zur Fistelbildung neigenden Geschwüre in der Nähe
des Pylorus, also oberhalb der Papille liegen.
Tritt durch eine Fistel des Duodenums die gesamte Nahrung wieder
heraus, so ist wegen drohender Inanition die vitale Indikation für eine Ope-
ration gegeben. Bei kräftigeren Patienten kommt ein Pylorusverschluss mit
Gastroenterostomie, bei schwächeren die Jejunostomie in Frage. Führen beide
nicht zum Ziele, so wird die Duodenoraphie versucht werden müssen.
Drei klinische Fälle von Kotfistel, in denen er zur Radikalbehandlung
die Enterektomie und Enteroanastomosis termino-terminalis mittelst Murphy-
knopfes vornahm, geben Caminiti-Vinci (5) Gelegenheit, sich über die
verschiedenen zur Behandlung der Kotfisteln und des Anus praeternaturalis
empfohlenen Methoden auszusprechen; er kommt zu dem Schlüsse, dass die
beste Methode die von ihm angewendete, nämlich die Enterektomie und Ana-
stomosis termino-terminalis sei. Die histologische Untersuchung, die er an
Kar eher, Verletznngen lud chirargische Krankheiten des Darmes. 569
dem dem Anus praeternaturalis angrenzeuden zu- und ausführenden Darm-
schlingenabschnitt Tomahm, tut dar, dass ein chronischer Entzündungsprozess
besteht, der die Darmhäute tief verändert. B. Giani.
Bei einer 33jährigen Frau, der Grekow (9) vor 3 Jahren wegen mul-
tipler Kotfisteln nach einem gangränösen Nabelbruch, eine totale Darmaus-
schaltung gemacht hatte, fiel der ausgeschaltete Darmteil durch die Fistel
vor und wurde nachträglich exstirpiert. Da ein derartiger Vorfall sowohl bei
totaler wie auch bei einseitiger Darmausschaltung passieren kann, so gibt
Grekow der Maisonneuv eschen Operation den Vorzug.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Pagel (17) beschreibt einen Fall von Mastdarmvorfall nach voraus-
gegangener Erebsoperation. Heilung bezw. Nachlassen sämtlicher Beschwer-
den nach Paraffineinspritzungen. Diese müssen unmittelbar unter die Schleim-
haut gemacht werden. Sofortige Reposition notwendig.
Einen Fall von Dünn- und Dickdarmvorfall durch den After erwähnt
Mosskovicz (15). Durch einen Riss an der Vorderfläche des Rektums 5 cm
oberhalb der Analöffnung traten bei einer 68 jährigen, mit Mastdarmvorfall
behafteten Frau Dünn- und Dickdarmschlingen heraus. Die prolabierten Därme
(Dünndarm und Flexur) zeigten auffallend lange Mesenterien. Die Sektion
ergab ausserdem noch einen Prolapsus der Vagina und einen Descensus der
Portio. Als prädisponierendes Moment für die Entstehung des Rektalprolapses
ist eine primäre abnorme Schlaffheit und Länge des peritonealen Überzuges
des Rektums und ein abnormer Tiefstand der Bauchfelltaschen anzusehen.
Jonnescu (11) studiert gründlich die Appendicitis- Frage in allen
seinen Detailen. Er fügt seiner Statistik 46 Fälle bei, die er seit 1896 ope-
riert hat. Von diesen operierte er 25 sofort ä chaud, es war 1896 — 1900,
als Jonnescu Interventionist ä outrance war. 12 dieser waren mit Peri-
tonitis purulenta mit 9 Sterbefällen und 3 Genesungen, 1 starb an allgemeiner
Peritonitis, Abortus. Die anderen 12 waren zirkumskripte Peritonitiden mit
11 Genesungen und 1 Sterbefall. Von 1900 ab ist Jonnescu mehr kon-
servativ und operiert nur zur richtigen Zeit. Von 21 so Behandelten ge-
nasen 18 und starben 3. Jonnescu behandelt im Anfange intern und ope-
riert, nachdem die allgemeinen peritonealen Symptome verschwunden sind,
es bleibt mehr lokalisierte Peritonitis. Er führt die Inzision nach Roux-
Sonnenburg und exstirpiert den Appendix, nachdem er eine sero-muskulöse
Manchette delimitiert, die er nach Exstirpation näht und im Coecum durch
Lem bertnähte hineinstülpt, invaginiert. Stoianoff (Plevna).
Bei einem 65jährigen Manne, der mit suppurativer Kollektion der Hoden
in das Spital kam, fand Racoviceanu (20) bei der Eröffnung der Kollektion
ein Divertikulum, in welchem er das Coecum und einen entzündeten Appendi-
citis fand, welchen er auch resezierte.
In derselben Sitzung des Chirurgenvereins zu Bukarest sprach Raco-
viceanu im allgemeinen über die verschiedenen Appendicitiden und ist für
die sofortige Intervention, basiert auf 23 Operationsfällen und nur auf drei
medikal Behandelten. Von fünf Fällen Appendicitis mit diffuser Peritonitis
starben 3, genasen 2. Stoianoff (Plevna).
In Fällen von Peritonitis, die annähernd moribund sind von Septikämie,
Asphygie, Druck auf das Zwerchfell und oft andauerndem fäkalen Erbrechen
empfiehlt Lund (12) die Eröffnung des Dünndarms. Es soll kein typischer
künstlicher After angelegt werden, sondern nach Inzision unter Kokain ein
570 Jahresbericht für Gfairargie. IL Teil.
oder zwei vorliegende ausgedehnte Schlingen notdürftig an der Baachwand
durch Naht befestigt und ein Rohr von der Dicke eines starken Katheters
in dem Darm eingelegt werden. Zunächst pflegt nur wenig Gas und Flüssig-
keit sich zu entleeren, nach einiger Zeit erfolgt aber weichlicher Abfluss.
Von den fünf mitgeteilten Fällen hatte nur einer tödlichen Ausgang.
Appendicitis«
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18. m. 1903. Orvosi Hetilap 1903. Nr. 23.
Ausgehend von der wohl allgemein angenommenen Voranssetzung, dass
die Appendicitis eine bakterielle Erkrankung sei, beschäftigt sich v. Hanse -
mann (60) mit der Frage, wie die Bakterien in Aktion treten. Er sieht ein
prädisponierendes Moment für die Ansiedlung derselben schon in der nor-
malen Engigkeit des Processus und alle Momente, welche dazu beitragen, den
Eingang noch mehr zu verengen, begünstigen die Entstehung der Appendicitis.
Dahin gehören: 1. eine besonders ausgebildete Gerlach sehe Klappe; 2. die
Lage des Processus; 3. entzündliche Veränderungen an seiner Abgangsstelle.
Ist eine ausgebildete Gerlachsche Klappe vorhanden, so gelingt es
nicht, die Appendix vom Darme her mit Flüssigkeit anzufüllen oder diese von
der Appendix aus in den Darm einlaufen zu lassen.
Die Lage der Appendix spielt namentlich in Verbindung mit dem Vor-
handensein und der Schlussfähigkeit der Klappe eine grosse Rolle bei der
Durchlässigkeit der Appendix.
Die Schleimhautschwellung, die mit entzündlichen Prozessen verbunden
ist, erhöht natürlich noch weiter die mangelhafte],Durchlä88igkeit des Processus.
In noch stärkerem Masse als durch Wasser, wird die Ein- und Auslässigkeit
durch die Anwesenheit von Luft im Darme beeinflusst, so dass durch Meteoris-
mus allein Kotmassen in einem schwer eingängigen und in vielen Fällen auch
576 Jahreaberidit fOr Chirurgie. IL Teil.
schwer ausgängigen Processus hineingetrieben werden können. Durch behin-
derten Abfluss wird die Ansiedelung von Bakterien begünstigt, in ähnlicher
Weise wie im Magen bei Pylorusstenose, in der Harnblase bei Prostatahyper-
trophie und der Gallenblase bei Steinen. Die Bakterien rufen Entzündungen
hervor.
Fast alle im akuten Stadium entfernten Wurmfortsätze weisen Residuen
solcher Entzündungen auf. Als Gelegenheitsursache für die Entstehung des
akuten Anfalles sind entweder Darmkatarrhe u. dgl. anzusehen oder Infek-
tionen vom Blute her (z. B. bei Influenza).
Die Disposition zur Entzündung wird ausser von den genannten Ursachen
noch weiter gesteigert durch das Vorhandensein eines Kotsteines, der seine
Entstehung erst einer Entzündung verdankt. Der Druck desselben bewirkt
die Perforation. Das seltene Auftreten der Krankheit vor dem 3. Lebens-
jahre erklärt v. Hansemann mit dem in der Regel noch infantilen Cha-
rakter (weiter Eingang) der Appendix, das Überwiegen des männlichen Ge-
schlechtes aus der häufigeren Schädigung desselben durch mechanische
Momente. Familiäre Dispositionen sind genügend erklärt durch ererbte
Zustände der Lage und des Verhaltens der Ger lach sehen Klappe.
Ribbert (137) hält daran fest, dass die mit dem Alter zunehmenden
Obliterationen nicht durch die gewöhnlichen akuten Erkrankungen des Wurm-
fortsatzes bedingt sein können, denn: 1. scheint ihm die Obliteration zu
häufig zu sein im Vergleich mit der Häufigkeit der Appendicitis; 2. beginnt die
Obliteration immer am Ende und schreitet gegen das Coecum hin vor, wäh-
rend Entzündungen meist in der Kontinuität des Kanales auftreten ; 3. könnte
die Obliteration nicht so regelmässig mit dem Alter zunehmen; 4. macht die
Obliteration histologisch nicht den Eindruck, als gehe sie aus einer Entzün-
dung hervor. Im übrigen ist er auf Grund neuerer Untersuchungen zu dem
Resultate gelangt, dass die Obliteration nicht durch senile Involution eines
rudimentären Organes hervorgerufen werde, sondern die Folge dauernder Ein-
wirkung bakterieller Prozesse sei und zwar nicht den Bakterien selbst, son-
dern ihren Toxinen ihre langsame Entstehung verdanke.
Lanz (79) beschäftigt sich unter Zugrundelegung von 30 Krankheits-
geschichten mit der pathologischen Anatomie und Pathogenese der Appen-
dicitis, bei der ihm die von Ribbert beschriebenen Obliterationsvorgänge
eine grosse Rolle zu spielen scheinen. Die Obliteration entsteht seiner An-
sicht nach infolge von Entzündungsprozessen, die mit dem Verluste des Epi-
thels verbunden sind und ist nicht als ein Involutionsvorgang zu betrachten.
Verf. schildert dann die Symptome der Entzündung, wie sie sich an der
Appendicitis äussert und ihre Folgezustände und kommt zu dem Resultate,
dass chronische Entzündungen fast stets dem akuten Anfalle vorausgegangen
sind. Besonders auch die Kotsteine sieht Lanz als Folge entzündlicher Ver-
änderung der Appendix an. Bezüglich der klinischen Manifestationen der
Entzündungsvorgänge hält Verf. die Sonnenburgsche Einteilung der Krank-
heit in Appendicitis simplex, Appendicitis perforativa und Appendicitis gan-
graenosa für die praktisch beste, hält aber die Möglichkeit einer dement-
sprechenden Diagnose für sehr zweifelhaft. In der Ätiologie der Appendicitis
nimmt Lanz eine gewisse familiäre Disposition (Kürze des Mesenteriolum
und dadurch bewirkte ungenügende Ernährung, sowie Besonderheiten der
Form, Lage und Länge des Organes) an. Infolge des Foliikelreichtums ist die
Krankheit im jugendlichen Alter am häufigsten.
Brentano, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 577
Unter den Gelegenheitsarsachen spielt die katarrhalische Entzündung
des Coecnm eine wichtige Rolle, die Lanz besonders oft nach Biergenuss auf-
treten sah, auch chronische Obstipation wirkt reizend auf die Schleimhaut und
begünstigt das Hineingelangen grösserer Kotmengen in den Wurmfortsatz.
Während hämatogene Infektionen des Wurmfortsatzes selten sind,
kommen fortgeleitete und zwar sowohl solche von dem Darmkanal, als von
einer Salpingitis her häufiger vor.
Zum Schlüsse erklärt Lanz die Entfernung des Wurmfortsatzes für die
einzig richtige Therapie der Appendicitis, da jedes Rezidiv unendlich viel
grössere Gefahr in sich birgt, als die Operation.
An anderer Stelle (80) äussert sich Lanz noch einmal über die Patho-
genese der Krankheit.
Die Appendicitis ist nach ihm in der Mehrzahl der Fälle eine Entzün-
dung des Proc. vermiformis, die im Anschluss an eine Entzündung des Cökums
und des Dickdarms (Enteritis, Typhus, Dysenterie) auftritt.
Die primäre Entzündung im Dickdarm geht in Heilung über, nur in
dem Wurmfortsatz sind die Bedingungen für die Heilung viel ungünstiger.
Die Typhlitis stercoralis hat man — seiner Meinung nach — mit Unrecht
als Ursache für Appendicitis verworfen, chronische Obstipation spielt eine
grosse Rolle in der Pathogenese der Appendicitis.
Hämatogene Infektion ist von untergeordneter Bedeutung. Er verwirft
die ätiologische Bedeutung von Zirkulationsstörungen, welche von Fowler,
von Ott und Sonnenburg hervorgehoben sind.
Das Rezidivieren der Appendicitis ist die Folge von Stagnation, bedingt
durch Karbenstrikturen , Adhäsionen, entzündliche Infiltration mit Lähmung
der Peristaltik, Kotsteine u. s. w. Goedhius.
F a b e r (44) bespricht die Argumente, die bisher dafür geltend gemacht
worden sind, dass die A. obliterans eine senile Involutionserscheinung sei und
kommt auf Grund von fünf eigenen Beobachtungen zu dem Schlüsse, dass sie
als die Folge einer Entzündung angesehen werden müsse, die in der Mehr-
zahl der Fälle ohne Appendicitissymptome verläuft. In einer Anzahl von
Fällen treten allerdings Symptome einer chronischen Appendicitis auf. Oft
finden sich ausgedehnte Adhärenzen um die obliterierte Appendix und nicht
ganz selten treten akute Anfälle von Appendicitis ein oder die Krankheit ver-
läuft unter dem Bilde einer A. larvata.
Auf Grund seiner eigenen und der Beobachtungen anderer Autoren be-
hauptet Balduzzi (3), dass die Appendicitis beim Menschen stets durch In-
fektion hervorgerufen werde. Am häufigsten sei das Bact. coli der Erreger,
die anderen Erreger seien in der Reihenfolge der Frequenz : der Streptococcus,
der Staphylococcus, der Pneumococcus, der Aktinomyces, der Koch sehe Ba-
cillus, der Ba. pyocyaneus. Jede dieser Bakterienarten könne sich sowohl
allein, als mit einer andern vergesellschaftet finden. Die Appendicitis könne
nach einer toxischen Allgemeininfektion entstehen. Die Appendicitis sei eine
sekundär nach Blinddarmerkrankung auftretende Krankheit. Die Heredität
stelle in vielen Fällen einen wichtigen Faktor dar. — Was die Behandlung
der Appendicitis anbetrifft , tut man nach Verf. am besten , wenn man , be-
sonders bei den Rückfallformen, in einem Intervall zwischen den Krisen den
Wurmfortsatz reseziert, wenn sonst keine dringende Indikationen bestehen,
die jeden Aufschub verbieten. R. Giani.
Jahresbericht fOr Chimrgio 1903. 37
578 Jabresbericht für Chirargie. II. Teil.
Eccies (40) beschäitigt sich zunächst mit der Anatomie der Appendix
und zwar a) mit der Form, Breite und Länge ihres Mesenteriolums. Das-
selbe reicht in der Minorität der Fälle nicht bis zum Ende des Wurmfort-
satzes; b) mit ihrer Einmündung ins Coecum. Dieselbe ist oft unter einer
Schleimbautfalte verborgen und liegt in der Regel 2^h — 3^/2 cm unter und
hinter der Einmündungsstelle des Ileum ins Kolon ; c) mit der Lage der Ap-
pendix in der Bauchhöhle und mit Bezug auf das Coecum. Weiter bespricht
Eccies die mikroskopische Anatomie, die äusseren Eigenschaften der nor-
malen Appendix und ihr physiologisches Verhalten und kommt dann auf die
Ätiologie der Entzündung zu sprechen. Dieselbe wird seiner Ansicht nach
durch Bakterien hervorgerufen, von denen sowohl Bazillen wie Kokken in
Betracht kommen. Die Steine und Konkretionen entstehen in situ zuweilen
um einen von dem Coecum aus in die Appendix gelangten Fremdkörper und
werden erst gefährlich bei Anwesenheit von Mikroorganismen und wenn sie
sich fortbewegen. In den folgenden Kapiteln werden behandelt die Aktino-
mykose der Appendix, die Folgen der Entzündung, sekundäre Abszesse, die
Blutuntersuchung bei Appendicitis , der Zusammenhang der Appendicitis mit
Gelenkerkrankungen, die Appendicitis bei bestehender Schwangerschaft und
im Wochenbette, die Beziehung der Appendicitis zur Lebensversicherung, Neu-
bildungen der Appendix und Brüche derselben.
Low (88) hat die Därme von 25 Fötus darauf untersucht, bis wohin
sich in den einzelnen Monaten das Mekonium erstreckt. Er fand, dass um
die Mitte des IV. Monats herum das Mekonium nur im Dünndarm anzutreffen
ist. Von Beginn des Y. Monats an findet man auch im Coecum Mekonium
und vom VII. Monat ab im ganzen Dickdarm bis zum After. Was den Proc.
vermiformis anbelangt, so fand sich vom V. Monat ab eigentlich in allen
Fällen Mekonium in demselben, und zwar schien es einherzugehen mit einer
Füllung des Coecums. Doch fand sich auch Mekonium im Appendix, wenn
letzteres leer war.
Die folgenden Arbeiten beschäftigen sich mehr mit der Behandlung
der Appendicitis.
Barling (6) hat in der Zeit von 1891 bis Mitte 1902 143 Fälle von
Appendicitis im akuten Stadium operiert und ist der Krankheit in letzter
Zeit häufiger begegnet, da sich nicht nur ihre Kenntnis, sondern auch ihr
Vorkommen vermehrt hat. Die Krankheit mit ihren Folgen hat in den
letzten 6 Jahren beinahe 6 mal häufiger zum Tode geführt als früher. Die
Zunahme der Krankheit führt er auf ungeeignete Nahrung (Obst, Schweine-
fleisch etc.) zurück, die gleichzeitig mit mangelhaftem Kauen oder Erkäl-
tung zu Kolonkatarrhen führt. Auch hereditäre Verhältnisse spielen eine
Rolle. Eine Übereinstimmung über das, was man als Anfall von Appendi-
citis anzusprechen hat, ist schwer zu erzielen. Besonders gilt dies für die
so häufigen Koliken, deren Deutung der subjektiven Beurteilung weiten Spiel-
raum lässt. Der Anfang der Krankheit ist charakterisiert durch Schmerzen,
deren Sitz ein sehr verschiedener sein kann, und die gewöhnlich begleitet
sind von Erbrechen, Temperaturerhöhung, Pulsbeschleunigung, kurz den Er-
scheinungen von Peritonitis und zwar lokaler oder sich ausbreitender Art
Die Entstehung dieser ist entweder auf das in der Appendix eingeschlossene
septische Material zurückzuführen oder auf die Bildung von Eiter in Ab-
kapselungen, aus dem sich ein Abszess mit seinen Folgen entwickeln kann,
BreDtano, Verletzungen nnd chirurgische Krankheiten des Darmes. 579
ferner auf die Perforation der Appendix durch Kotsteine oder Gangrän nach
Gefassthrombose.
Von den 143 Fällen Barlings betrafen 29 diffuse Peritonitis (14t),
34 Beckenperitonitis (Tf), 49 lokalisierte, aber nicht adhärente (am Peri-
toneum parietale?) Abszesse (2t)? 31 abgekapselte und adhärente Abszesse
(2t). Gesamtmortalität also Wh^lo, Ein Teil der Todesfälle hätte mit Be-
stimmtheit durch einen frühzeitigeren Eingriff vermieden werden können,
einige sind bereits bestehenden Komplikationen zur Last zu legen. Barling
sucht, wenn mögUch, die Frühoperation zu vermeiden und im freien Intervall
zu operieren. Die Operation ist nötig in Fällen von abgekapselten Abszessen
und von nicht umschriebener eitriger oder serös eitriger Peritonitis, einerlei,
in welchem Zustand sich die Appendix befindet, der meist nicht sicher er-
kannt werden kann. Der Beginn der Krankheit mit heftigen Schmerzen,
schnellem, kleinen Pulse und schlechtem Allgemeinbefinden beweist nichts für
den weiteren Verlauf. In der Mehrzahl der Fälle ist der Anfang weniger
intensiv oder es tritt nach wenigen Stunden eine Besserung ein, die entweder
anhält oder binnen kurzem einer neuen Verschlechterung Platz macht. Um
den richtigen Zeitpunkt für die Operation zu treffen, ist deshalb eine sorg-
fältige Beobachtung namenthch in den ersten Tagen der Erkrankung nötig.
Wenn das Erbrechen anhält, so bildet dies eine Indikation zur Operation.
Die Druckempfindlichkeit und Muskelspannung, die wechselt mit der Lage der
Appendix und keineswegs immer am Mc. Burneyschen Punkte am deut-
lichsten ist, ist als ein Zeichen von Peritonitis zu betrachten, wenn sie an-
hält oder sich ausbreitet. Die Muskelspannung verhindert zuweilen die Pal-
pation und den Nachweis eines Tumors, der übrigens in den schwersten Fällen
völlig fehlen kann. Die Perkussion kann irre führen, indem Darmschlingen
vor dem entzündeten Wurmfortsatz liegen oder ein gashaltiger Abszess be-
steht. Der Puls und seine Kurve verdienen in erster Linie sorgfältige Be-
achtung. Eine Pulsfrequenz von 120 oder mehr in den ersten 12 Stunden
macht eine Operation unabweislich, ebenso eine ständige Zunahme der Frequenz.
Leider entspricht aber die Puiskurve nicht immer der Intensität der Erkran-
kung und deshalb müssen andere Zeichen zur Beurteilung des Falles heran-
gezogen werden. Über den Wert der Temperatur in dieser Beziehung stimmt
Barling dem allgemeinen Urteile bei, ebenso in bezug auf die Leukocy tose.
Verstopfung ist die Regel bei Appendicitis, Durchfall zeigt in der Regel einen
schwereren Fall an und ist besonders häufig bei „Pelvic appendicular Peri-
tonitis", bei welcher auch Störungen der Urinentleerung vorkommen.
Bei der Operation im akuten Stadium beschränkt sich Barling nicht
auf stumpfe Durchtrennung der Muskeln, weil dadurch zu wenig Platz ge-
wonnen wird, sondern macht in der Regel eine 3 — 5 Zoll lange Inzision in
der rechten Fossa iliaca ca. 1 Zoll nach aussen von der Linea semilunaris.
Unter Umständen gibt er der Inzision in der Mittellinie (Beckenabszesse) oder
durch Rektum resp. Vagina den Vorzug. Bei der Eröffnung eines „Safe"-
Abszess (der mit dem Peritoneum parietale verwachsen ist) kann vorsichtig
nach der Appendix gesucht werden. Die Entfernung derselben mit Rück-
sicht auf ein eventuelles Rezidiv soll aber nicht die Veranlassung zu längerem
Suchen geben, denn Barling hat unter 25 Fällen, bei denen die Appendix
nicht entfernt worden war, nur einen Rückfall erlebt. Wenn die freie Bauch-
höhle bei der Abszesseröffnung aufgemacht wurde, kann länger nach der Ap-
pendix gesucht werden. Findet sich bei der Eröffnung der Bauchhöhle serös-
37*
580 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
eitrige Flüssigkeit oder dicker Eiter zwischen den Darmschiingen, so beweist
dies noch nicht das Vorhandensein einer allgemeinen Peritonitis ; in solchen
Fällen ist eine zweite Inzision in der Mittellinie zweckmässig. Bei diffuser
Peritonitis empfiehlt Barling die Irrigation und Ausspülung der Bauchhöhle
mit heisser Kochsalzlösung, aber ohne Eventration. Wenn die Appendix ohne
längeres Suchen entfernt werden kann, soll dies geschehen. Es fällt auf,
dass Barling relativ selten bei der ersten Operation die Appendix ent-
fernt hat, wie aus einer am Schlüsse seiner Arbeit befindlichen Tabelle her-
vorgeht.
Payr (120) gibt einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der
Frühoperation bei Appendicitis unter Berücksichtigung der gesamten Literatur
der letzten Jahre und unter Zugrundelegung von 12 neuen Fällen. Das
wichtigste hat Verf. am Schlüsse seiner Arbeit in sechs Sätzen zusammen-
gefasst.
Riedel (139) hat im Laufe von 6 Monaten im ganzen 90 Fälle von
Appendicitis gesehen und zwar 4 davon mit Perforationsperitonitis, von den^
2 operiert wurden und starben. Die übrigen 86 sind in Genesung begriffen
oder schon geheilt. Dies günstige Resultat wurde in erster Linie dadurch
erzielt, dass die Kranken rechtzeitig in Behandlung kamen. 72 Kranke
wurden im akuten Stadium alsbald nach der Aufnahme operiert und von ihnen
litten 62 an eitrigen, 10 an serös-eitrigen Prozessen; 17 wurden im inter-
mediären Stadium operiert. Bei den 62 Kranken mit eitrigen Prozessen wurde
42 mal primär die Appendix entfernt, 20 mal sekundär nach primärer Abszess-
eröffnung. Die Gesamtmortalität beträgt nur 2,4 ^/o. Diese Besserung der
Statistik ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Kranken früher
eingeliefert werden. Zweizeitige Operationen sollten gar nicht mehr vorkommen
und Riedel macht deshalb Vorschläge für gute Transportmittel, die es er-
möglichen, die Kranken schon bei den ersten Anzeichen in eine Klinik zn
bringen. Er empfiehlt den Transport mit hölzerner Trage, die von 4—6 Männern
getragen und eventl. zum weiteren Transporte in einem Gepäckwagen der
Eisenbahn übergeben werden sollen. Die Devise muss nicht mehr lauten:
operieren, wenn Eiter vorhanden ist, sondern „operieren, bevor Eiter vor-
handen ist.^ Deshalb soll man auch nicht erst die Vermehrung der weissen
Blutkörperchen abwarten, bis man operiert, sondern soll operieren, bevor sie
sich vermehren.
Jaffe (65) glaubt, dass es schon aus äusseren Gründen niemals mög-
lich werde, alle Fälle von Appendicitis innerhalb der ersten Stunden zu ope-
rieren, dass man also auch in Zukunft die Frage der Operation bei aus-
gebildeter oder weiter vorgeschrittener Krankheit zu entscheiden habe. In
diesem Stadium alle Fälle operieren zu wollen, hält er für ungerechtfertigt
und rät zur Operation in den Fällen, bei welchen eine Bauchfellentzündung
in der Ausbreitung begriffen ist und die Infektion fortschreitet.
Auch bei völlig ausgebildetem perityphlitischem Exsudate, muss nicht
immer und unverzüglich operiert werden, nämlich dann nicht, wenn das
Exsudat scharf abgegrenzt, die übrige Bauchhöhle frei von Druckschmerz ist
Die Operation ist nämlich unendlich einfacher, wenn es zu einer eitrigen
Einschmelzung des Exsudates gekommen ist, als wenn erst lange nach dem
Wurmfortsatz zwischen den verbackenen Därmen gesucht werden muss, um
die Operation wenigstens zu einer vollständigen zu machen.
G a u d i n (53 a) referiert über, die Indikationen der R o u x^chen
Brentano, Verletzungen und chimrgiscbe Krankheiten des Darmes. 581
Schule bei der Operation der Appendicitis. Roux spricht der Frühope-
ration jede Berechtigung ab; abwartende Behandlung während den ersten
beiden Tagen ist stets angebracht. Nach Ablauf derselben kann ein etwa
vorhandener Abszess durch eine einfache Inzision entleert werden. Vor der
Entwickelung eines Abszesses darf nur dann operiert werden, wenn voraus-
gegangene Krisen die Diagnose sicher stellen oder der Patient unter ganz
besonders günstige Bedingungen gebracht ist.
Die Inzision (ä chaud) muss da gemacht werden, wo man am raschesten
auf den Eiter kommt. Niemals soll bei ihr der Wurmfortsatz gesucht, stets
aber drainiert werden. Die Operation ä. froid muss stets erstrebt werden.
Die einzige Indikation zur Operation k chaud ist, wenn die Diagnose sicher
gestellt ist durch mehrere vorausgegangene Anfalle; man ist dann sicher,
einen kranken, schon perforierten Wurmfortsatz und resorbierten Abszess zu
finden. Sonst soll man operieren, wenn kein Eiter und keine Peritonitis mehr
besteht und, da im akuten Stadium Peritonitis zuerst und wenige Stunden
darauf auch Eiter vorhanden ist^ so ist es besser, sich prinzipiell in diesem
Stadium der Operation zu enthalten.
So früh zu operieren, dass man noch keinen Eiter findet und keine
schon in die Bauchhöhle ausgetretenen Eolibazillen, ist nur ganz ausnahmsweise
möglich und deshalb nicht als Regel hinzustellen.
An anderer Stelle vertritt Gandin (53b) die Ansicht, dass man sich
durch die Krankheitssymptome bei Appendicitis leiten lassen soll, ob man
operieren oder abwarten soll. Die Fälle variieren zu sehr infolge der ver-
schiedenen Lage des Wurmfortsatzes, um bestimmte Vorschriften aufstellen zu
können. Nach der Lage des Wurmfortsatzes richten sich auch die Symptome,
vor allem die Beteiligung des Peritoneums und die Lokalisationen sekundärer
Als Indikation für die Operation gelten dem Verf. Unterdrückung der
Diurese, trockene Zunge, schlechter Puls und hohes Fieber, sowie schwer ge-
störtes Allgemeinbefinden. Als lokale Indikation gilt Abszessbildung.
An der Hand von 86 Fällen bespricht Di ddens (35) seine Erfahrungen
über Appendicitis; 76 Fälle kamen zur Operation, 10 blieben unoperiert.
Von diesen letzten ist einer gestorben an allgemeiner Peritonitis. 42 mal
wurde im Anfall die Operation ausgeführt, 22 mal beschränkte sich diese
Operation auf eine einfache Abszesseröffnung. Unter diesen 22 Fällen trat
in einem Fall Exitus letalis ein; 6 mal folgte Rezidiv, in diesen 6 Fällen
wurde der Appendix im neuen Anfall exstirpiert, einmal mit letalem Ausgang
infolge von Magenblutung. Bei 20 im Anfall operierten Patienten fand Ap-
pendektomie statt; 16 genasen, 4 endeten letal.
Im ganzen sind also von den 42 im Anfall operierten Kranken 36 ge-
heilt und 6 gestorben. Im freien Intervall wurde 34 mal die Radikaloperation
ausgeführt ohne einen Todesfall. Die Fälle sind sämtlich zur Heilung
gekommen und haben keine Beschwerden mehr gehabt. Zur Eröffnung der
Bauchhöhle wurde entweder der von Lennander angegebene Schnitt benutzt
oder die Schnittführung nach Wolkowitsch befolgt.
Infolge von operativen Schwierigkeiten blieb in einigen Fällen ein Stück
des Wurmfortsatzes im kleinen Becken zurück; die nachher entstandenen
Fisteln kamen erst durch eine zweite Operation zur Heilung, wobei die
Appendixreste unter partieller Resektion des Cöcums entfernt wurden. Unter
den ernsten Komplikationen wird an der Hand von zwei Fällen Thrombose
582 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
und Embolie von Mesenterialvenen und der Vena iliaca erwähnt; in einem
dieser Fälle trat zwei Tage post op. Exitus ein, wahrscheinlich infolge von
einer Embolie im Lungenkreislauf. Auch wurde ein Fall beobachtet von
Arrosion der Blutgefässe mit profuser Blutung in die Abszesshöhle.
In zwei Fällen trat 10 — 12 Tage nach der Operation Thrombose der
linken Schenkelvene auf.
Zum Schluss wird Verfs. Standpunkt bei der Behandlung der Appendicitis
in folgenden Sätzen zusammengefasst:
1. Im akuten Anfall müssen Internist und Chirurg zusammen die Be-
handlung führen.
2. Frühoperation (in den ersten zweimal 24 Stunden) ist nur selten
indiziert.
3. Für den Zeitpunkt der Operation im Anfall ist keine allgemein
geltende Regel aufzustellen; man soll bei jedem Fall streng individualisieren.
4. Bei der Operation im Anfall ist ein Versuch zur Entfernung des
Wurmfortsatzes indiziert.
5. Wenn nach einem Anfall die Beschwerden nicht gänzlich verschwinden,
80 ist hiermit die Indikation zur Radikaloperation gegeben. Goedhuis.
Römer (140) behandelt in seinem Aufsatz ausführlich die pathologisch-
anatomischen Veränderungen in der kranken Appendix, wie sie von Riedel
in seiner bekannten Arbeit geschildert worden sind. Als Tropenarzt machte
er bei seinen Obduktionen die Erfahrung, dass die im heissen Klima so über-
aus häufig vorkommenden Darmentzündungen fast immer mit pathologischen
Veränderungen in der Appendix kompliziert waren. Es handelte sich in den
meisten Fällen um eine Appendicitis granulosa. Auch beobachtete er einige
Male typhöse und dysenterische Ulcera, die ausschliesslich im Wurmfortsatze
lokalisiert waren. Epidemieartiges Auftreten wurde während eines Ausbruche
von Denguefieber von ihm beobachtet. Grosser diagnostischer und prognosti-
scher Wert wird der Leukocytenzählung nach Curschmann und der Bestim-
mung des Glykogengehaltes in den Leukocyten beigemessen.
Römer beschäftigt sich dann weiter mit dem Zusammenhang zwischen
Appendicitis und Adnexerkrankungen und betont zumal die Menstruations-
anomalien (Dysmenorrhoe), die öfters die Folge einer Appendicitis larvata
sind, entweder reflektorisch oder entstanden durch Übergreifen der Entzün-
dung auf den weiblichen Genitalapparat.
Weil die pathologisch-anatomischen Diflferenzierung am Krankenbette
nicht möglich ist und man niemals wissen kann, ob man es mit einem
schweren oder leichten Fall zu tun hat, ist Römer ein Anhänger der Früh-
operation, d. h. innerhalb der ersten 24 Stunden nach dem Beginne der
Erkrankung. Goedhuis.
Rydygiers (145) Indikationsstellungen bei Appendicitis haben sich im
Laufe der wachsenden Erfahrungen wesentlich geändert. Verf. neigt nämlich
gegenwärtig mehr zu der Frühoperation. Für ihn gilt der Grundsatz: Man
operiere lieber einen Fall mehr, als einen Fall zu wenig. Er will damit
keinesfalls ein unterschiedsloses Einschreiten innerhalb der ersten zweimal
24 Stunden gefordert wissen, verlangt jedoch eine schleunige Intervention für
von vornherein schwerer einsetzende Fälle, in denen trotz entsprechender in-
terner Behandlung die Erscheinungen in gleicher Intensität bestehen bleiben.
Hohe Pulsfrequenz, grosse lokale Schmerzhaftigkeit, schwer kranker Gesichts-
ausdruck und besonders eine plötzliche Temperaturerhöhung indizieren eine
I BrentaDO, Verleizangen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 583
)
unverzügliche Operation. Wiewohl Verf. die Vorteile einer Operation ä, froid
nicht verkennt, ist er jedoch immer mehr dahin gekommen, sich in Fällen,
die ins anfallsfreie Stadium hinübergeleitet werden, bei geringster Steigerung
der Symptome zum Verlassen des abwartenden Standpunktes leichter zu ent-
schliessen. Eine zuverlässige Unterstützung kann die Beurteilung dieser
Fälle in der Leukocytenzählung finden. Zur Orientierung über die Ausdeh-
nung des Exsudates sei eine Rektaluntersuchung unumgänglich nötig ; dieselbe
unterbleibe daher in keinem Falle. Probepunktion verwirft Verf. absolut.
Was die Radikaloperation ä chaud angeht, so hält Rydy gier dieselbe bei Ver-
dacht auf multiple Eiterherde und bei Gangrän des Appendix für geboten.
Nur bei schlechtem Allgemeinzustand, oder wo er das Eindringen infektiösen
Eiters in die freie Bauchhöhle fürchtet, begnügt er sich mit der Abszess-
eröffnung. Drainage appendicitischer Douglasabszesse vom Mastdarme aus
perhorresziert Rydygier. Die Schnittrichtung macht Verf. von der Lage des
palpablen Tumors abhängig ; im allgemeinen bevorzugt er einen Winkelschnitt
parallel zum Darmbeinkamm und zur äusseren Hälfte des Po upart sehen
Bandes. Bei Intervalloperationen macht er die Inzision nach Jalaguier.
In betreff der Spülungen bei allgemeiner Peritonitis äussert sich Rydygier
kurz: „Entweder gar nicht — oder reichlich spülen.^
Eine instruktive Kasuistik erläutert vorstehende Ausführungen.
Urbanik (Krakau).
Bornhaupts (18) Arbeit liegen 268 Appendicitisfalle des Rigaer Stadt-
Krankenhauses (A. von Bergmann) zugrunde, von denen 90 im Intervall
operiert worden sind (1 f), 102 im Anfall (15 f)? 42 unoperiert blieben,
32 an diffuser Peritonitis trotz Operation zu gründe gingen.
Bei den 90 Intervalloperationen konnten nicht immer 4—6 Wochen nach
der letzten Attacke abgewartet werden, da sich zuweilen die Anfälle so rasch
hintereinander folgten, dass die Operation nicht ohne das Leben zu gefährden
hinausgeschoben werden konnte. Fand sich zwischen Adhäsionen oder im
Wurmfortsatz Eiter, so wurde stets mit einem Gazestreifen tamponiert.
Eigentliche Frühoperationen sind nicht ausgeführt worden; die am frühe-
sten Operierten befanden sich am dritten Krankheitstage. Was über den
richtigen Zeitpunkt der Operation, das Krankheitsbild der einzelnen Formen
von Appendicitis, die für die Intervalloperation zu reservierenden Fälle zu
sagen ist, fasst der Autor am Schlüsse in sieben Thesen zusammen. Die
Krankheitsgeschichten der 268 Fälle sind im Auszuge beigefügt.
Neuhaus (111) hat das Material der König sehen Klinik verarbeitet,
im ganzen 162 Fälle in etwa sieben Jahren. Wir finden in der Arbeit die
Zusammenstellungen der Fälle zunächst nach dem Alter, dann nach der Art
der vorliegenden Erkrankungen, nämlich a) zirkumskripte Perityphlitis (95 Fälle),
b) diffuse Peritonitis (34 Fälle), c) Intervalloperationen (21 Fälle), d) kompli-
zierte oder durch Besonderheiten ausgezeichnete Fälle (12).
Von der ersten Gruppe, den 95 zirkumskripten Perityphlitiden wurden
35 nicht operiert, die alle geheilt sind ; von diesen sind 20 Fälle 2 — 5 Jahre,
7 noch nicht 2 Jahre rezidivfrei geblieben, von 5 war keine Nachricht zu
bekommen und bei 3 ein Rezidiv aufgetreten. Von den operierten 60 Fällen
zirkumskripter Perityphlitis wurde 47 mal ein Abszess eröffnet, 9 mal gleich-
zeitig die Appendix entfernt, 4 mal wurde der Abszess nietet gefunden, der
2 mal später spontan durchbrach. Von den 60 operierten Fällen sind vier
gestorben. Aus den Mitteilungen Neuhaus geht hervor, dass eigentliche
584 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Frühoperationen (in den ersten 48 Stunden) nicht gemacht wurden und dass
König eine Eröffnung der freien Bauchhöhle tunlichst zu umgehen sucht
und infolgedessen nicht sehr häufig primär die Appendix zu entfernen in der
Lage ist. Rezidive nach einfacher Abszesseröffnungen wurden unter 36 Nach-
untersuchten 7 mal konstatiert und zwar innerhalb von 1 — 2^/2 Jahren. Vor
der Operation hatten unter 60 Erkrankten zehn schon vorher Anfalle. Von
34 an diffuser Peritonitis nach Perityphlitis Erkrankten sind 33 operiert und
26 gestorben. Bei den im Intervall Operierten (21 Fälle mit 2 Todesfällen)
waren meistens mehrere Appendicitisattacken vorangegangen. König wartet
wenn möglich 6 — 8 Wochen nach völligem Verschwinden des Exsudates mit
der Operation. Beschreibung des Operationsverfahrens. In der IV. Gruppe
(komplizierte Fälle) werden zunächst die Fistelbildungen besprochen, von denen
19 beobachtet wurden, ausschliesslich nach Inzision perityphlitischer Abszesse
entstanden. Dann werden vier Fälle von Appendicitis im Bruchsacke ge-
schildert und die Frage des Traumas als ätiologisches Moment erörtert, das
in fünf Fällen in Betracht kam.
Schönwerth (147) spricht zunächst über die Diagnose des perityphlitischen
Abszesses, die gestützt wird durch den Lokalbefund in der Blinddarmgegend.
Hier ist meist ein Tumor zu fühlen, dessen Natur durch Schmerzhaftigkeit,
Perkussionsschall, Rektaluntersuchung bestimmt werden muss. Das Fieber
zeigt bei Abszessbildung keinen typischen Verlauf, doch sind länger dauernde
Fieberzustände mit vorübergehenden Remissionen wahrscheinliche Zeichen
eines Abszesses. Ebenso spricht zunehmende Pulsfrequenz und Kleinheit des
Pulses dafür. Die Vermehrung der Leukocyten im Blute bildet nur einen
unsicheren Anhaltspunkt, ist aber nicht zu vernachlässigen.
Die Eröffnung des perityphlischen Abszesses geschieht entweder von
aussen oder vom Rektum oder Douglas aus. Die Abszesshöhle wird drainiert.
Der Wurmfortsatz wird nur entfernt, wenn es ohne die Gefahr der Allgemein-
infektion der Bauchhöhle möglich ist.
Hartmann (61) führt zunächst ein Beispiel dafür an, dass auch die
vielfach geleugnete reine Typhlitis vorkommt. Die akute Appendicitis tritt
selten ohne vorausgegangene Erscheinungen ein und meist ist ein Kotstein
die Ursache ihrer Entstehung. Das Exsudat, das sich durch die Palpation
nachweisen lässt, ist meist nichts anderes als das infolge der Entzündung
mit seröser Flüssigkeit durchtränkte Netz und die ebenso veränderten an-
liegenden Darmschlingen. Erst durch Einschmelzung des infiltrierten Gewebes
entsteht der Abszess, dessen Lage von der Lage der Appendix abhängig ist.
Nach diesen Vorbemerkungen spricht sich Hart mann für die Frühoperation
der Appendicitis aus und zwar sollen für sie dieselben Regeln gelten, wie
für die eingeklemmte Hernie, die eine halbe Stunde nach der Einlieferung
operiert wird.
Tietze (155) hält die Operation bei Appendicitis für nötig a) beim
Vorhandensein eines Abszesses, b) bei drohender Perforation, c) bei be-
stehender Peritonitis, schliesst aber Septische von der Operation aus. Eine
Diagnose der vorliegenden Art der Appendicitis nach dem Sonnenburg-
schen Schema hält er in den meisten Fällen für ausgeschlossen und legt haupt-
sächlichen Wert auf das klinische Bild. Das Fehlen eines lokalen Palpations-
befundes ist meist ein wichtiges Zeichen dafür, dass die Appendix an einer
besonders ungünstigen Stelle liegt. Nach jedem ersten Anfalle ist die Ope-
ration zu empfehlen. In der Diskussion verneint von Mikulicz die Frage,
Brentano, Verletzungen und chirurgische Ei*ankheiten des Daimes. 585
ob im akuten Anfalle operiert werden müsse. Wenn möglich, müsse man
abwarten. Unter 192 Fällen hat er 64 im Anfall ohne Komplikationen (sämt-
lich geheilt) und 24 im Anfall mit Komplikationen (4 geheilt, 20 gestorben)
operiert, von Mikulicz legt besonderen Wert auf die Schnelligkeit der Ent-
wickelung und die konstante Progredienz der Symptome.
König (75) spricht sich für die sofortige Operation bei Appendicitis
aus, wenn sichere Zeichen progredienter Peritonitis eintreten. Prognostisch
hält er die PulsbeschaflFenheit für das wichtigste Symptom und stellt drei
jugendliche Individuen vor, welche er am 4., 5. und 9. Tage nach Beginn der
akuten Erscheinungen operiert hatte und welche schon mehr oder weniger
trübes Exsudat im Bauche hatten neben stinkenden Abszessen.
Schulz (149) veröffentlicht seine Erfahrungen über Appendicitis, ohne
aber wesentlich Neues zu bringen.
In Frankreich ist die Behandlung der akuten Appendicitis wieder Gegen-
stand längerer Diskussionen zwischen den Pariser Chirurgen gewesen.
Monod (37) verteidigt an der Hand seiner Statistik seinen abwarten-
den Standpunkt bei der akuten Appendicitis. Er überweist die Fälle dem
Chirurgen erst zur Exstirpation des Wurmfortsatzes im freien Intervall.
Chaput(37) tritt für die Frühoperation bei Appendicitis ein und zwar
besonders aus dem Grunde, weil unter dem Bilde der Appendicitis verlaufende
Fälle von Perforation typhöser Geschwüre als solche nicht diagnostiziert
werden. Er beschreibt drei derartige Fälle, die alle drei trotz Operation
starben, da sie zu spät operiert wurden. Er gelangt zu folgenden Schluss-
sätzen: 1. Typhöse und andere Darmperforationen können völlig unter dem
Bilde der Appendicitis verlaufen. 2. Bei jeder Wurmfortsatzentzündungsope-
ration soll man an die Möglichkeit solcher Perforationen denken. 3. Die-
selben erklären eine grosse Zahl der Todesfälle bei Appendicitis und beweisen
4. dass man so früh als möglich operieren soll.
Da wir bisher kein sicheres Zeichen dafür haben, ob eine Wurmfort-
satzentzündung leicht oder schwer verlaufen wird, so empfiehlt Lejars (37)
die Frühoperation. Von den im akuten Stadium operierten Fällen hat er nur
diejenigen mit allgemeiner Peritonitis und solche, die sehr spät eingeliefert
wurden, verloren. Ein zuwartendes Verhalten sei nur gestattet, wenn der
Patient unter ständiger Beobachtung stehe und bei dem kleinsten ungünstig-
sten Zeichen sofort operiert werden könne. Übrigens hat Lejars selbst ver-
zweifelte Fälle allgemeiner eitriger Peritonitis nach Operation heilen sehen.
Terrier (37) teilt seine Fälle von Appendicitis ein in
1. solche, die sofort operiert werden müssen,
2. solche, die im akuten Stadium operiert wurden,
3. solche, die im freien Intervall operiert wurden.
Im Laufe der Jahre 1900 — ^^1902 starben von den ersten von 39 Ope-
rierten 4; von den im akuten Stadium operierten von 17 1; von den im
freien Intervall operierten von 61 1.
Delbet (37) operiert bei akuten Erkrankungen des Wurmfortsatzes
nur in den verzweifelten Fällen. Ein grosser Teil der im akuten Stadium
operierten Patienten starben an den Folgen der Operation, nicht an der
Schwere der Erkrankung. Delbets statistische Angaben sind äusserst un-
genaue, so dass er selbst denselben keinen Wert beilegt. Er will auch die
Bauchbrüche nicht unterschätzt wissen, welche nach der Operation im akuten
Stadium in der grössten Mehrzahl der Fälle auftreten.
586 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Quenu (37) bespricht das Krankheitsbild der Sepsis bei Appendicitis.
Die septischen Erscheinungen können die allerschwersten sein, ohne dass das
Peritoneum schon beteiligt zu sein braucht. Auch ergibt die mikroskopische
Untersuchung des Wurmfortsatzes derartiger schwerer Fälle nur Verände-
rungen in der Mukosa. Betroffen von der Erkrankung werden Patienten,
welche durch vorhergehende Erkrankungen der neuen Infektion gegenüber
nicht widerstandsfähig genug sind. Die Prognose ist nur dann günstig, wenn
der Wurmfortsatz innerhalb der ersten 24 Stunden entfernt wird.
Tuffier (37) bemerkt, dass bei der Operation der zu Sepsis neigenden
Appendicitiden neue Keime in den Kreislauf übergehen und so den ungünstigen
Ausgang mit verursachen.
Mignon(37) gelangt zu folgenden Grundsätzen bei der Behandlung der
Wurmfortsatzentzündung: Er operiert stets und so schnell als möglich bei
Appendicitis mit Peritonitis, ebenso Fälle mit Exsudat auf der rechten
Darmbeinschaufel ; er operiert die leichten Appendicitiden, sobald die Diagnose
feststeht.
Jean-Roger (67) hat unter 25 Operationen ä chaud drei Todesfälle
gehabt, von denen zwei Kranke mit schwerster Peritonitis betrafen, einer sm
einer gangränösen Psoitis zugrunde ging. Er ist ein eifriger Fürsprecher der
Frühoperation.
Ochsner (114) hält für das wichtigste bei der Behandlung der akuten
Perityphlitis die absolute Ruhigstellung des Darmes, welche er nicht nur durch
Opium, sondern durch Vermeidung jeder Aufnahme von Flüssigkeit und Nah-
rung per OS erstrebt. Um jede peristaltische Bewegung des Dünndarmes zn
hindern, spült er ausserdem bei Beginn der Erkrankung den Magen ans.
Ausserdem werden Nährklystiere gegeben. Verfasser schränkt bei dieser
Behandlung die Frühoperation nicht ein, glaubt aber ihre Chancen zu ver-
bessern, da auf diese Weise das Weitergehen des Entzündungsprozesses ver-
mieden würde.
Jacobson (64) erläutert an der Hand von Beispielen, dass die Sym-
ptome der Appendicitis in keiner Weise einen Schluss auf die pathologischen
Verhältnisse am Wurmfortsatz gestatten und dass oft schon im ersten Beginn
der Erkrankung sich sehr ausgedehnte Veränderungen daselbst finden. Er
rät deshalb in jedem Fall zur operativen Behandlung, welche im ersten Fröh-
stadium die besten Chancen bietet.
Wabben (156) rät zur Frühoperation in den ersten Tagen, andernfalls
zur Exstirpation des Proc. vermif. im freien Intervall. Bei schlechtem All-
gemeinbefinden durch Peritonitis wartet Verf. bis zur Hebung der Körper-
kräfte durch Analeptica.
Lucas-Championniere (89) bringt in seinem Artikel nichts wesent-
lich Neues vor. Er spricht ausführlich über die grosse MeinungsTerschieden-
heit in der Behandlung der Appendicitis: exspektativ oder chirurgisch. £r
selbst rät in allen Fällen zum sofortigen chirurgischen Eingriff, da man nie-
mals den Ausgang der Krankheit voraussehen könne. Wird aber innerliche
Behandlung eingeschlagen, so sollen Abführmittel und kein Opium g^eben
werden. Denn handle es sich nur um Obstipation, die oft sehr schwer tob
Appendicitis zu unterscheiden wäre, so würde durch Opium erst eine Appendi-
citis infolge der stärkeren Kotstauung hervorgerufen. Nach Lucas-Cham-
pionni^re soll die Appendicitis eine neue Krankheit sein, die in ein»
grossen Epidemie aufgetreten ist. Für die Operation rät Verf. zum seitlichen
Brentano, Yerletzangen und chirnrgisohe Krankheiten des Darmes. 587
Bektnsrandschnitt. In Torhandenen Abszessen soll man den Wurmfortsatz
nur entfernen, wenn es ohne Schwierigkeit möglich ist.
Karl Beck (9) weist mit Recht auf die absolute Unzuverlässigkeit der
klmischen Symptome hin, wenn es gilt, den anatomischen Zustand der Appendix
za beurteilen. Das hängt zunächst mit der yariabelen Lage derselben zusammen.
Dem Mac Burneyschen Punkte entspricht schon deshalb nicht immer die Lage
der Appendix, weil die Lage des Goecum vielfachem Wechsel unterworfen ist
und die Ursprungsstelle der Appendix selbst vielfach variiert. Verf. beschreibt
nun die Entstehtmg, das klinische Bild und den pathologischen Befund der
A. Simplex, femer die spontanen Heilungen und die Ursachen späterer Rezi-
dive oder eines besonders schweren Verlaufes. In 31 ^/o seiner Fälle waren
akute Anfalle vorausgegangen. Dann behandelt er in gleicher Weise die
A. gangraenosa (19 ^/o seiner Fälle), an Beispielen nachweisend, wie trügerisch
das klinische Bild sein kann und wie geringfügig die Symptome selbst nach
erfolgtem Eiterdurchbruche.
An der Hand von zahlreichen eigenen Erfahrungen wird dann das wechsel-
ToUe Bild der chronischen Appendicitis beschrieben und der letzte Teil der
Arbeit der Beschreibung des Operationsverfahrens gewidmet.
Mac Dougall (38) betont zunächst die Zunahme der Häufigkeit und
der Schwere der Erkrankung, die ihm aus einem Vergleiche der H. Bar t ho-
lomews Hospital -Berichte aus den Jahren 1882, 1883 und 1884 und den
von 1899, 1900 und 1901 hervorzugehen scheint. Dort fand er 79 Fälle von
Typhlitis und Peritonitis erwähnt mit 23 Todesfällen, von denen vermutlich
sogar ein grosser Teil mit Appendicitis gar nicht zusammenhing, hier 328 Fälle
von Perithyphlitis und Appendicitis, von welchen 38 starben. Femer scheinen
ihm die Zahl der Rückfälle häufiger geworden und auffallend viel Familien-
erkrankungen vorzukommen.
Auf Grund seiner neuerdings gemachten Erfahrungen ist Mac Dougall
zwar kein unbedingter Anhänger der Operation in allen Fällen, glaubt aber,
dass in gewissen Ausnahmefallen das Leben nur durch einen chirurgischen
Eingriff erhalten werden kann. Er nimmt als Regel an, dass der Fall um so
schwerer ist, je akuter sein Anfang, besonders wenn z. B. ein Schüttelfrost
die Bauchschmerzen begleitet oder ihnen vorausgeht. Der Schmerz, der von
grosser Heftigkeit sein kann, ist anfangs nicht immer in der rechten Seite
lokalisiert, aber meist von lokaler Muskelspannung begleitet. Eingezogener
harter Leib weist immer auf eine schwere Erkrankung hin; doch bleibt dies
Phänomen meist nicht lange bestehen, namentlich wenn Opium verabfolgt ist,
weil sich dann die Darmschlingen meteoristisch blähen. Verf. äussert sich
dann weiter über die übrigen Symptome der akuten Appendicitis und ihre
Bedeutung bei der Beurteilung des Falles bezügl. der Prognose und eines
evenÜ. sofoFtigen Eingriffes, bespricht die Differentialdiagnose, die Behand-
lung und Operation, ohne aber wesentlich Neues zu bringen.
South am (152) gibt eine Zusammenstellung weiterer 50 operierter und
geheilter Fälle von rezidivierender Appendicitis nach ihrem Alter, dem Ge-
schlecht, der Zahl der vorausgegangenen Anfälle, dem Zustand und dem Inhalt
der Appendix. Li 11 Fällen fand sich noch eine zirkumskripte Eiterung um die
Appendix, die 4 mal so geringfügig war, dass sie vor der Operation nicht zu
erkennen war. In 3 Fällen war die Eröffnung eines Abszesses vorausgegangen.
In einigen Fällen, wo ausgesprochene Veränderungen der Appendix gefunden
wurden, bestanden gar keine oder nur ganz geringe klinische Symptome.
588 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil
Dies erklärte sich aus der Lage des Wurmfortsatzes, der hinter dem Coecum
gelegen war.
Romme (141) bespricht eine Arbeit von Lesneur, in welcher die
Symptomatologie und Diagnose der tuberkulösen Appendicitis behandelt wird.
Lesueur fand unter 500 Autopsien von Tuberkulösen 144 Fälle, in welchen
die Appendix von der Tuberkulose ergriffen war und zwar bestand beinahe
immer (132 mal) auch tuberkulöse Enteritis. Trotzdem die Appendix oft
auf das schwerste verändert war, bestanden meist während des Lebens keine
Symptome, die auf die Erkrankungen hinwiesen. Nur 2 mal unter 145 Fällen
war intra vitam die Diagnose auf Appendicitis gestellt worden und 1 mal war
eine tötliche Peritonitis infolge von Perforation der tuberkulösen Appendix
entstanden. Da die gewöhnliche, von Kolibazillen und Streptokokken her-
vorgerufene Appendicitis bei Tuberkulösen durchaus nicht selten ist, so wird
man in der Mehrzahl der Fälle, in welchen Erscheinungen von Appendicitis
bei Tuberkulösen auftreten, eher an eine solche, als eine tuberkulöse Appen-
dicitis denken müssen, deren sichere Diagnose somit meist erst durch mikro-
skopische Untersuchung nach der Operation gestellt werden kann.
Aus der russischen Literatur konnte Oppel (116) 10 Fälle von tuber-
kulösen Tumoren des Blinddarmes zusammenstellen, denen er noch 5 weitere
Beobachtungen hinzufügt. In 11 Fällen konnten, dem Auftreten des Ileo-
coekaltumor vorangegangene, Anfälle von Appendicitis nachgewiesen werden.
— Der tuberkulöse Ileocoekaltumor ist ein sekundäres Leiden. Er tritt
meistens auf bei Leuten, die an einer nicht besonders hochgradigen Lungen-
tuberkulose leiden. Bei diesen Kranken erscheint die Appendicitis als prä-
disponierendes Moment für die tuberkulöse Affektion des Coecums. — Was
die Therapie anlangt, so soll man streng individualisiere. Ist der Tumor
klein und beweglich, so soll man resezieren. Ist eine Resektion nicht aus-
führbar, so soll eine Darmausschaltung gemacht werden.
Ho hl b eck (St. Petersburg).
Federmann (46) hat ca. 200 Fälle von Perityphlitis bezüglich des
Verhaltens der Leukocyten untersucht und zwar mit besonderer Rücksicht
auf die jedesmal vorliegende Form der Krankheit vom pathologisch -anato-
mischen Standpunkte aus, d. h. a) der Perityphlitis ohne Beteiligung des Peri-
toneums aber mit serös-fibrinöser Exsudation, b) der Perityphlitis mit zirkum-
skripter eitriger Peritonitis, c) der Perityphlitis mit freier fortschreitender
Peritonitis. In der vorliegenden Arbeit verbreitet sich der Verf. nur über die
letztgenannte Form und behandelt zunächst das Wesen und die Bedeutung
der Leukocytose bei infektiösen Baucherkrankungen überhaupt.
Aus den Beobachtungen Federmanns geht als Hauptgrundsatz her-
vor, dass wir eine Leukocytose als Ausdruck der Reaktion des Organismus
auf die Infektion aufzufassen haben, gleichwie die Temperatursteigerung oder
ein am lokalen Herd entstandenes Exsudat. Die Leukocytose ist abhängig
von der Infektionsintensität, der Reaktionskraft des Organismus und den
örtlichen Bedingungen, unter denen die Infektion zur Wirkung gelangt. Eine
im Beginne einer infektiösen Erkrankung hohe Leukocytose ist als der Aus-
druck einer schweren Infektion anzusehen, aber nicht beweisend für das Vor-
handensein von Eiter am lokalen Herd, da ein grosser Teil der Leukocyten
nicht zur Neutralisation der lokalen, sondern der im Blute kreisenden Gifte
dient. Die Bedeutung der Leukocytose wächst demgemäss, je mehr der
Prozess fortschreitet und vor allem verdient die Leukocytenkiu-ve, d. h. das
Brentano, Yerletzangen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 589
Steigen oder Fallen der Lenkocjtose Beachtung, weil sich dadurch das Fort-
schreiten oder Zurückbilden des pathologischen Prozesses verfolgen lässt.
Die Grundlage für die Feder mann sehen Untersuchungen bilden
21 Fälle Ton freier fortschreitender Peritonitis, bei denen von vornherein
keine wirksame Abkapselung zu stände kam. 20 davon wurden operiert, einer
starb ohne Operation. Gesamtmortalität 33V3®/o. Unter Berücksichtigung
des Zeitpunktes der Operation, des Verlaufes und der Leukocytenzahl ergibt
sich eine Kurve mit folgendem Charakter:
1. Die freie fortschreitende Wurmfortsatzperitonitis verläuft unter einer
typischen Kurve.
2. Diese Kurve hat einen ansteigenden Teil, einen Höhepunkt und einen
absteigenden Teil.
3. Sie variiert je nach der Intensität der Infektion, behält aber ihren
Charakter stets bei.
Besonders auffallend ist der ausserordentlich rapide Anstieg der Leuko-
cytose innerhalb der ersten 24 Stunden, die bis zu 28000 und darüber
reichen kann.
Eine Ausnahme von dieser letzten Regel macht nur die Infektion mit
einer ;,übertötlichen^ Infektionsdosis, bei der überhaupt keine Reaktion des
Organismus stattfindet, die unter dem Bilde der peritonealen Sepsis verläuft,
aber selten zu sein scheint. In allen anderen Fällen entspricht die Schwere
der Infektion der Schnelligkeit mit der sich die Leukocytose entwickelt und
hohe Werte erreicht, andererseits aber fällt bei schwerer Infektion die Leuko-
cytose rascher zur Norm und darunter, so dass schon nach 24 Stunden
subnormale Zahlen angetroffen werden. Eine bis zum Tode ansteigende
Leukocytenkurve hat Verf. aber auch in einem Falle beobachtet. Feder-
mann bespricht dann das Symptomenbild der freien fortschreitenden Peri-
tonitis und die Bedeutung der Leukocytose bei der Unterscheidung einer
freien Peritonitis und eines mechanischen Ileus und der Bestimmung, ob eine
freie oder beschränkte Peritonitis vorliegt. Der inkomplizierte Darmverschluss
übt im Gegensatz zu Peritonitis keinen erkennbaren Einfluss auf die Leuko-
cytosevermehrung aus und ist deshalb im ersten Beginne beinahe stets von
einer Peritonitis zu unterscheiden. Anders liegt die Möglichkeit der Unter-
scheidimg, ob eine gutartige Perforation vorliegt, die zu rascher und defini-
tiver Abkapselung führt oder eine bösartige Perforation mit Neigung zu
progredient fibrinös-eitriger Peritonitis, denn diese ist in den ersten 48 Stunden
nicht aus der Leukocytose zu stellen.
Nach den ersten beiden Tagen pflegt die Leukocytenkurve bei gut-
artigem Verlaufe zu sinken und gleichzeitig pflegen sich die bedrohlichen Sym-
ptome zurückzubilden ; wenn dies bei sinkender Leukocytenkurve hingegen
nicht geschieht, so deutet der Abfall der Kurve eine Allgemeinvergiftung des
Organismus an. Findet man nach dem vierten Tage noch hohe Leukocyten-
zahlen (über 20000) und schwerste klinische Symptome, so handelt es sich
mit grösster Wahrscheinlichkeit um mangelhafte Abkapselung mit Tendenz zur
Propagation und schleunige Operation ist dringend geboten.
Hohe Leukocytose am Ende der ersten Woche oder noch später deutet
auf mehr oder weniger abgekapselte Abszesse hin.
Hohe Leukocytose ist also von günstiger prognostischer Bedeutung. Bei
glattem Verlauf nach der Operation pflegt die Leukocytenkurve entweder
sofort oder in 3 — 4 Tagen zur Norm abzufallen, bei bestehender Retentipn
590 Jahresbericht ffir Chirurgie. II. Teil.
steigt sie wieder zn hohen Werten an, beim Vorhandensein von sekundäre
Abszessen steigt die Knrve, die niedrig war, allmählich wieder an. Die an
fortschreitender Peritonitis gestorbenen Fälle hatten alle, mit einer Ausnahme,
niedrige Leukocytenzahlen (10 — 12000), blieben sie etwas länger am Leben,
so wurde auch eine bis zum Tode ansteigende Leukocytose bei subnormaler
Temperatur beobachtet.
21 Krankengeschichten.
Weitere Beiträge zur Frage der Leukocytose liefert Stadler (153) aus
der Leipziger medizinischen Klinik auf Grund von 70 Untersuchungen. Er
fand in der Mehrzahl der mit Exsudatbildung einhergehenden Fälle von Peri-
typhlitis eine Vermehrung der weissen Blutkörperchen. Von der Natur der
Exsudatbildung, von der Intensität des Entzündungsprozesses, femer der Neigung
zum Fortschreiten hängt im wesentlichen der Grad der Leukocytose ab. Eine
Vermehrung über 23000 ist bei nicht eitrigen Prozessen niemals beobachtet
worden. Ist Eiterung eingetreten, so hebt sich die Leukocytenzahl auf sehr
hohe Werte und hält sich in der Folgezeit mit nur geringen Schwankungen
auf gleicher Höhe oder steigt weiter. Ein nur einmaliges Überschreiten von
25000 spricht für das Vorhandensein von Eiter, ebenso längeres Verharren
auf 21 — 22000. Für die Diagnose der Abszessbildung übertrifft die Leuko-
cytose alle übrigen Symptome an Bedeutung. Auch nach erfolgter Abszess-
eröffnung liefert dieselbe einen ausgezeichneten Massstab dafür, ob die Eiter-
entleenmg eine vollständige war oder nicht. Auch für die Differentialdiagnose
zwischen Abszess und Neubildung in der Gynäkologie ist die Beachtung der
Leukocytose von hohem Werte.
Bei alten abgekapselten Abszessen lässt die Leukocytose im Stiche. Die
Art der Eitererreger übt keinen Einfluss aus auf das Verhalten der weisse
Blutkörperchen. Beim Eintritt einer allgemeinen eitrigen Peritonitis fallt die
Leukocytenzahl meist rasch ab und bei foudroyanter Peritonitis bleibt über-
haupt eine Vermehrung aus, so dass wir mit Küttner aus der Höhe der
Leukocytose einen Massstab für die Widerstandskraft des Organismus ge-
winnen.
Goetjes (55) hat in 40 Fällen von Blinddarmentzündungen die syste-
matische Zählung der weissen Blutkörperchen vorgenommen und hat in 80®/o
der Fälle ein positives, in 20^/o ein negatives Resultat bekommen. Goetjes
resümiert: Bei einer dauernden hohen Leukocytose (20—30000) ist allemal
auf einen eitrigen Prozess zu seh Hessen, wenn nicht sonstige, Leukocytose
erregende Komplikationen vorhanden sind. Zeigt sich bei einer Perityphlitis
mit schweren klinischen Erscheinungen eine normale oder geringe Leuko-
cytose, so ist dies als ein Signum malum aufzufassen. Diese Behauptangen
gelten nur für die Fälle, in denen ein zirkumskripter Abszess vorliegt. Bei
einer diffusen Peritonitis verliert die Leukocytenzahlung ihre Genauigkeit, ab-
gesehen davon, dass vorhandene hohe Zahlen eine günstigere Prognose er-
lauben. Goetjes sieht also in der Leukocytenzahlung im Verein mit den
anderen klinischen Symptomen in den meisten Fällen ein nicht zu unter-
schätzendes Hilfsmittel bei der Beurteilung der Schwere und Bedeutung des
vorliegenden Falles.
Gazin und Gros (28) beschreiben zunächst das beste Verfahrt! zur
Blutkörperchenzählung und geben dann eine kurze Übersicht über die Ge-
schichte der Leukocytenzahlung bei eitrigen Prozessen, dabei Hayem das
Prioritätsrecht vor Curschmann zusprechend. Im übrigen bestätigen sie
Brentano, Yerleiznngen and chirnrgiscbe Krankheiten des Darmes. 591
das, was schon Curschmann und nach ihm viele andere deutsche Autoren
über den Wert der Leukocytenzählung gesagt haben.
Gerngross' (54) Mitteilungen über den Wert der Leukocytenzählung
beruhen auf der Untersuchung von 20 Fällen. Verf. bestätigt im allgemeinen
die Curschmann sehe Theorie, fand aber in vereinzelten Fällen auch mehrere
Tage anhaltende beträchtliche Vermehrung der Leukocytenzahl, ohne dass der
betreffende Patient zur Operation kam. Er sieht in dem Curschmann-
schen Verfahren eine wirksame Stütze der Diagnose , aber keine sichere In-
dikation für oder gegen die Operation.
Der Wert der Leukocytose wird auch von Pariser Ärzten anerkannt.
Barth (7) hält die systematische Zählung der weissen Blutkörperchen bei
der Appendicitis für bedeutungsvoll bei der Beurteilung der Krankheit. Gleich-
zeitig macht er auf eine Beteiligung der Leber bei der Entzündung der Ap-
pendix aufmerksam, die möglicherweise der Ausgangspunkt einer „appendi-
kulären Cirrhose" sei und nach Dieulafoy durch toxische Produkte her-
vorgerufen werde.
Sauerbruch (146) äussert sich über den Wert der Leukocytose unge-
fähr in demselben Sinne wie Curschmann und Federmann und hält sie
für ein wertvolles Mittel, den richtigen Zeitpunkt für die Operation zu er-
kennen.
Die Beobachtungen Wassermanns (161) an weiteren 18 Fällen von
Appendicitis bestätigen das, was dieser Autor bereits früher (Münchener med.
Wochenschrift, 1902, Nr. 17 u. 18) veröffentlicht hat. Der positive Ausfall
des Cur seh mann sehen Symptoms erwies sich wichtiger als die Frequenz
des Pulses und das Verhalten der Temperatur, während der negative Ausfall
zuweilen bei besonders schweren Fällen gefunden wurde, oder solchen mit
allseitig fester Abkapselung des Abszesses, also nicht die hohe diagnostische
Bedeutung hatte, wie der positive.
Emil Müller (109) teilt einen Fall von Appendicitis mit bei einem
32 jährigen Manne. Derselbe begann mit einer starken Temperatursteigerung,
aber als er in Behandlung kam , fiel die Temperatur gleich und war später
nur einzelne Abende 38,2 — 38,3. Der Harn enthielt einige Tage kein Albumin,
andere Tage gab er hin und wieder sogar recht starke Albuminreaktion. Im
ganzen genommen wird man, sagt Verf., nach allgemeiner klinischer Betrach-
tung den Verlauf für leicht ansehen. Dagegen zeigte die Blutuntersuchung
eine stetig gleichraässig steigende Menge weisser Blutkörperchen, am 10. Tage
26,250 erreichend. Auf diese Indikation hin wurde am 11. Tage, wo die An-
zahl der weissen Blutkörperchen 19,300 betrug, Laparotomie gemacht; der
Processus vermiformis lag in frische Adhärenzen eingebettet, derselbe wurde
exstirpiert, es fand sich kein Eiter. Sutur, keine Drainage. Tod unter steigen-
der Temperatur und Anurie IV« Tage nachher. Im Processus vermiformis
wurde Schwellung und Injektion der Schleimhaut gefunden. Bei der Sektion
wurde nirgends Eiter gefunden. Schaldemose (Kopenhagen).
Rehn (134) spricht der Leukocytenzählung jeden Wert für die Behand-
lung der Appendicitis ab und hält die Methode sogar für gefährlich, weil sie
dazu führen kann, den richtigen Augenblick zum Eingreifen zu verpassen.
Rehn (135) weist auf Grund seiner reichen Erfahrung nach, dass das
Cur seh mann sehe Verfahren der Blutkörperchenzählung nicht nur über-
flüssig, sondern geradezu gefährlich sei, weil es dazu führe, den günstigsten
Zeitpunkt zur Operation zu verpassen. Rehn fand ferner bei nur geringer
592 Jahresbericht ffir Chirurgie. 11. Teil.
Vermehrung der Lenkocytenzahl schon beträchtliche Eitermengen im Bauche,
die sich durch die bekannten klinischen Symptome verraten. Curschmanns
Lehre von einem serösen Exsudat bekämpft Rehn mit Recht auf das ent-
schiedenste. Das, was Curschmann als solches anspricht, ist verdicktes
Netz und serös durchtränkte und deshalb geschwollene Darmwand. Die seröse
Exsudation, welche sich als Vorstadium der eitrigen in der freien Bauchhöhle
findet, ist nicht palpabei. „Weder die Eiterung im Wurmfortsatz , noch die
akute eitrige Peritonitis, weder die lokalisierte, noch die fortschreitende
Eiterung, geschweige denn die akute Sepsis ohne Eiterung ist mit Hilfe der
Blutkörperchenzählung so frühzeitig zu erkennen, wie es notwendig ist/' Am
Schlüsse der Rehn sehen Mitteilung wird der Leukocytenbefund von 19 ope-
rierten Fällen zusammengesteDt , aus dem die Richtigkeit der Rehn sehen
Behauptung hervorgeht.
E coli es (40) bespricht zuerst die Appendicitis in der Schwangerschaft
Er weist darauf hin, dass die Verstopfung und die Verdauungsstörungen ein
prädisponierendes Moment sind und rät, in den ersten vier Monaten ohne
Rücksicht auf den drohenden Abort zu operieren, da eine Abszessbildung
gefährlicher ist und der Abort leicht zu verlaufen pflegt. Vom vierten Monat
ab ist die Gefahr grösser, da der Uterus das kleine Becken überragt und
dem Proc. vermif. anliegen kann. Was das Puerperium anlangt, so weist der
Verf. darauf hin, dass die Differentialdiagnose gegenüber Endometritis septica
nicht immer leicht sein kann. Frühere Anfälle, Lokalisation der Schmerzen
und normale Lochien sichern vor Verwechselungen. Im Puerperium wird am
besten einige Zeit nach der Entbindung mit der Operation abgewartet.
Am zweiter Stelle bespricht der Verf. die Wichtigkeit, welche der
Appendicitis bei der Auinahme in eine Lebensversicherung geschenkt werden
muss, da sie einen grossen Prozentsatz der Todesfälle bildet
Ferner berichtet der Verf. aus der Literatur über 14 Karzinome und
3 Sarkome des Proc. vermif. Ein Papillom wird abgebildet. Genaueren Auf-
schluss über Ätiologie u. s. w. gibt Verf. nicht, weist vielmehr nur auf die
chronischen Entzündungsreize und zweimal auf Kotsteine in der Appendix hin.
Zum Schluss bespricht der Verf. das Vorkommen der Appendix im
Bruchsack, ohne neue Gesichtspunkte zu bringen.
Hermes (62) hat bei 75 gynäkologischen Laparotomien den Zusammen-
hang zwischen Erkrankungen der Appendix und der weiblichen Adnexe
studiert. Er fand zwei Arten von Veränderungen am Wurmfortsatz, nämlich :
L solche, welche sich in seinem Innern abspielen und hauptsächlich die
Schleimhaut betreffen, und 2. solche, bei welchen Adhäsionsbildung, Ab-
knickung und dergl. im Vordergrunde stehen. Während bei der ersteren
Art des Befundes ein direkter Zusammenhang zwischen Appendix und Genitale
ausgeschlossen ist, ist bei der zweiten Gruppe die Entscheidung sehr schwierig,
ob die Erkrankung des Wurmfortsatzes oder diejenige der Genitalien das
Primäre ist. Als dritte Möglichkeit kommt die gleichzeitige Erkrankung
beider Organe in Betracht. Unter den untersuchten 75 Fällen fand er 40 mal
Veränderungen am Wurmfortsatz und diese spielten sich 17 mal im Lineren
desselben ab. In den übrigen Fällen scheint die Erkrankung der Genitalien
zumeist das Primäre zu sein. Am Schlüsse der Arbeit fasst Verf. seine
Erfahrungen in folgenden Sätzen zusammen:
1. Bei Genitalerkrankungen des weiblichen Geschlechts kommen in einem
grossen Prozentsatz gleichzeitige Erkrankungen des Wurmfortsatzes vor.
Brentano, Verletzangen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 593
2. Diese Erkrankung besteht in : a) chronischer Entzündung der Schleim-
haut mit abnormem Inhalt, b) Verwachsungen, die häufig zu sekundärer
Erkrankung führen.
3. Die Erkrankungen können sein: a) unabhängig voneinander, b) von
einem Organ auf das andere übergreifend.
4. Die häufigste Art der Fortleitung ist die von den primär erkrankten
Genitalorganen auf den Wurmfortsatz.
5. Bei jeder Laparotomie, die wegen Genitalerkrankung ausgeführt wird,
ist es ratsam, sich von dem Zustande des Wurmfortsatzes zu überzeugen und
bei Erkrankungen denselben zu entfernen, wenn nicht besondere Kontra-
indikationen vorhanden sind.
Die Differentialdiagnose zwischen Appendicitis und Erkrankungen der
weiblichen Adnexe kann schwer, ja zuweilen unmöglich sein aus Gründen,
die Rostowzew (144) einzeln anführt. Für Genitalorganerkrankung spricht:
a) die Beiderseitigkeit oder die ausschliessliche Linksseitigkeit des Entzün-
dungsprozesses, b) Ausfluss aus Scheide und Urethra. Ist bereits diffuse Peri-
tonitis vorhanden, so spricht der mehr stürmische Verlauf für eine Peritonitis
appendikulären Ursprunges, die ja gewöhnlich durch Kolibazillen , Strepto-
oder Staphylokokken hervorgerufen wird, während die von den Genitalien
ausgehende Peritonitis gewöhnlich dem Gonococcus ihre Entstehung verdankt.
(Drei Krankheitsgeschichten von Fällen, in welchen Peritonitis appendicularis
angenommen wurde, aber die Genitalien den Ausgangspunkt bildeten.) Weiter
werden alle Punkte erörtert, die bei der Differentialdiagnose zwischen Peri-
typhlitis und zirkumskripter, gynäkologischer Pelveoperitonitis in Frage kom-
men können. Der Nachweis von Kolibazillen beweist nicht unbedingt das
Bestehen von Perityphlitis, da auch in Cysten des Ovariums dieses Bakterium
gefunden wurde, ebenso wie in den Tuben, der Placenta und im Peritoneal-
exsudat. (Zwei Krankheitsgeschichten, welche die Schwierigkeiten der Diffe-
rentialdiagnose illustrieren.) Auch parametritische Abszesse, welche den Zu-
sammenhang mit dem Uterus verloren haben, können für perityphlitische
gehalten werden und umgekehrt; dasselbe gilt von rechtsseitigen Ovarialcysten,
namentlich solchen mit Stieldrehung und geplatzten rechtsseitigen Extrauterin-
graviditäten, welche sogar im Verein mit Perityphlitis vorkommen können.
Zu ähnlicher Verwechselung wie die geborstene Extrauteringravidität kann
eine Blutung aus dem Plexus pampiniformis führen. Dysmenorrhöe beim
ersten Auftreten der Menses kann so heftige Erscheinungen von Peritonitis
hervorrufen, dass an Perityphlitis gedacht werden kann. Bei gleichzeitiger
Erkrankung beider Organe wird ihre Differentialdiagnose meist unmöglich,
man sollte deshalb bei jeder Operation die Appendix wie die rechtsseitigen
Adnexe gleichzeitig untersuchen.
Mauti (97) fand in einem Uterus, welcher einer Wöchnerin wegen
septischer Endometritis exstirpiert war, einen Bacillus, der beweglich ist,
Sporen bildet, sich nach Gram nicht entfärbt, in kleinen weissen Kulturen
wächst und Gelatine unter Gasent wickeln ng verflüssigt. Nach dem Tode der
Patientin konstatierte man eine eitrige Pelveoperitonitis und an der Appendix,
welcher im kleinen Becken lag, eine Perforation. Aus dem Inhalte der
Appendix wurde der gleiche Bacillus gezüchtet. Er wird nach Legros als
Bacille septique a6robic bezeichnet.
Mauti bringt die beiden Erkrankungen in Zusammenhang und be-
Jahresboricbt fOr Ohirargie 1908. 3S
594 Jahresbericht far Ghirargie. IL Tei].
hanptet, dass die puerperale Sepsis eine Folge der Perforation der Appendix
und der Einwanderung des beschriebenen Bacillus sei.
Der steinhaltige Wurmfortsatz, den Daniel (33) demonstrierte, i>er-
forierte nach der Entbindung und führte zu einer tödlichen Peritonitis, die
für eine puerperale Infektion gehalten worden war, da keinerlei Erscheinungen
bestanden, solange die Schwangerschaft nicht unterbrochen war.
Lance (78) gibt die Krankheitsgeschichte einer 44 jährigen Frau wieder,
welche seit ihrem achten Lebensjahre unterleibskrank war und zuletzt wegen
linksseitiger Salpingitis in Behandlung gestanden hatte. Man fühlte links
vom Uterus eine harte schmerzhafte Masse, die sich bei der Laparotomie
als die kranke Appendix (zwei Kotsteine in zwei durch eine Stenose getrennten
Erweiterungen) erwies.
Bark er (5) liefert einen sehr interessanten Beitrag zur Differential-
diagnose zwischen akuter Appendicitis und folgenden anderen Krankheiten:
1. geborstener Pyosalpinx, 2. Ovarialcyste mit Stieldrehung, 3. Netztorsion,
4. perforiertem Magengeschwür, 5. retrocökaler Hernie, 6. durchgebrochenen
verkästen Drüsen, 7. Ileocökalkarzinom mit Abszess, 8. Hämatom des Lig.
latum, 9. Reposition einer Hernie en masse, 10. Intussusception. Für jeden
einzelnen der in Betracht kommenden Fälle gibt Barker Belege aus seiner
reichen Erfahrung.
Eye (43) hat fünf Fälle von Cöcumtuberkulose unter dem Bilde von
Appendicitis verlaufen sehen. Alle hatten wiederholte Anfälle, einige er-
krankten plötzlich. Bei fast allen bestand Verstopfung, Erbrechen nur in
einem Falle. Der Hauptpunkt, in welchem sie sich von Appendicitis unter-
schieden, war die geringe lokale Druckempfindlichkeit. Eine ausgesprochene
Schwellung wurde in allen fünf Fällen nachgewiesen. Weiter weist Eve auf
diagnostische Schwierigkeiten hin, die gelegentlich zwischen Appendicitis und
Erkrankungen der Gallenblase, der Niere, Darmkarzinom, Colitis, Strang-
abklemmung etc. entstehen können. Besonders geben die weiblichen Genital-
organe Anlass zu Verwechselungen. In der dem Vortrage Eves folgenden
Diskussion werden gerade diese besonders oft erwähnt.
Apert (1) berichtete über zwei Fälle, von welchen der eine für eine
Appendicitis gehalten wurde, während Bleikolik vorlag, in dem anderen wech-
selten Bleikolik und Appendicitis miteinander ab. Flor and bestätigte die
Schwierigkeit der Differentialdiagnose und berichtet über eine Malerin, die
in der Annahme von Appendicitis operiert worden war, deren Wurmfortsatz
sich aber als gesund erwies, während später ein Bleisaum die richtige Dia-
gnose ermöglichte.
Küttner (77) berichtet über drei Fälle, welche im Intervall operiert
worden sind und bei denen auf Grund einer ausgesprochenen Schmerzhaftig-
keit in der Beocökalgegend und einer fühlbaren Resistenz daselbst in zwei
Fällen die Diagnose Appendicitis gestellt worden war. In dem letzten der
drei Fälle bestand sogar remittierendes Fieber mit einmaligem Schüttelfrost
und Leukocytenvermehrung. Trotzdem erwies sich die entfernte Appendix
makroskopisch und mikroskopisch gesund. Die Kasuistik ähnlicher Fälle ist
spärlich und es werden eine Reihe von solchen namhaft gemacht. Nach
Küttner findet sich die Pseudoappendicitis in erster Linie bei Hysterie und
Neurasthenie; dabei fehlen allerdings meist vorausgegangene typische Anfalle.
Auch infolge von Helminthiasis können appendicitisartige Erscheinungen auf-
treten. Sind typische Anfälle anscheinend vorausgegangen, wie in zwei von
Brentano, Verletzungen und chirargische Krankheiten des Darmes. 595
Küttners Fällen, so muss entweder eine völlige Restitutio ad integrum an-
genommen werden, die Küttner für nicht undenkbar hält, oder es sind die
akuten Attacken gar keine Appendicitisanfälle gewesen, denn sowohl eine
fühlbare Resistenz wie eine Vorwölbung in der Ileocökalgegend oder eine
Druckempfindlichkeit am McBurney sehen Punkte kann vorgetäuscht werden
und somit bleibt von den Kardinalsymptomen der Appendicitis kein einziges
übrig, welches nicht auch eine andere Deutung zuliesse.
Der Fall von Pseudoperityphlitis, über den Nothnagel (113) berichtet,
betraf einen 20 jährigen Friseur, der erblich belastet war und im Alter von
15 Jahren einen Fall auf den Hinterkopf erlitten hatte. Er hatte wiederholt
kolikartige Schmerzen in der Ileocökalgegend, verbunden mit starker Druck-
empiindlichkeit und Hauthyperästhesie in der rechten Sacro-Lumbalgegend.
Ein nussgrosser Tumor machte das Bestehen einer chronischen Appendicitis
wahrscheinlich und deshalb wurde, als sich die Symptome nicht besserten,
die Appendix operativ entfernt. Dieselbe erwies sich aber sowohl makro-
skopisch wie mikroskopisch als gesund. Nach zwei Jahre langem Wohlbefinden
stellten sich aufs neue intensive Schmerzen in der Ileocökalgegend ein, die
auf Druck zunahmen, ohne dass aber etwas Pathologisches zu fühlen war.
Hyperästhesie der Haut, gesteigerte Reflexe und Gesichtsfeldeinschränkung
lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass sowohl dieser wie die vorausgegan-
genen Anfälle auf nervöser Basis beruhten, und eine Perityphlitis nur vor-
getäuscht wurde. Der faradische Strom brachte Heilung.
Sick (151) beschreibt einen Fall von akuter Typhlitis, der ganz unter
dem Bilde eines perityphlitischen Abszesses verlief (Fieber, Druckempfindlich-
keit am Mc Burney sehen Punkte, Leibesauftreibung, fühlbare handgrosse
Resistenz in der Ileocökalgegend) und deshalb operiert wurde. Bei der Ope-
ration fand sich die Appendix normal, das Cökum mit Kotmassen angefüllt
und an seiner unteren vorderen Wand eine erbsengrosse Stelle, wo sich das
Peritoneum blasenförmig vorwölbte und unter der sich jedenfalls ein Schleim-
hautulcus befand. Einstülpung und Übernähung der betreffenden Stelle.
Heilung.
Jordan (68) berichtet über einen Fall, der ihm geeignet erscheint, den
bisher noch nicht erbrachten Beweis des Vorkommens einer Typhlitis im Sinne
der Sterkoraltyphlitis zu liefern: 10 jähriges Mädchen erkrankte unter dem
Bilde einer akuten Perityphlitis mit Exsudatbildung. Sechs Wochen nach
dem Beginne der Erkrankung wurde die Exstirpation der Appendix ausge-
führt, obwohl das Exsudat noch nicht völlig verschwunden war. Bei der
Operation fand sich die Appendix frei, dagegen an der vorderen Wand des
Cökum inmitten von Verwachsungen eine zweimarkstückgrosse Schwarte und
im Bereiche derselben eine Narbe, sowie eine bis zur Schleimhaut durch-
greifende, über ^h cm dicke Infiltration der Cökalwand. Resektion der
Appendix; partielle Resektion der Cökalwand. Heilung.
Die mikroskopische Untersuchung der Cökalwand ergab das Vorhanden-
sein eines nichttuberkulösen Schleimhautgeschwürs und die Anwesenheit von
Staphylokokken in der Infiltrationszone. In der Appendix ein erbsengrosser
Kotstein.
Jordan nimmt an, dass der Entzündungsprozess in der Schleimhaut
der vorderen Cökalwand begonnen habe und entweder durch Kotstauung oder
durch einen Fremdkörper hervorgerufen worden sei.
38*
59G Jahresberichfc fflr Chirurgie. II. Teil.
Mackenzie (93) erklärt die Entstehung der Symptome bei Erkran-
kungen der Eingeweide auf folgende Weise: Von den Eingeweiden zu dem
Bückenmark fliesst ein kontinuierlicher Strom von Energie durch die sym-
pathischen Nerven. Sind die betreffenden Eingeweide krank, so steigt die
Menge der Energie, und wenn dieselbe das Rückenmark erreicht, breitet sie
sich auch auf die Nachbarzellen aus, auf die sie als Stimulans wirkt, Empfin-
dungen, Bewegimgen, Sekretion und dergleichen auslösend. Bei der Appendi-
citis wird nicht nur der Wurmfortsatz, sondern auch das Peritoneum in mehr
oder weniger grosser Ausdehnung ergriffen und der Abschnitt des Rücken-
marks auf sympathischem Wege gereizt, von welchem der XI. und XII. Dor-
salnerv und der I. und IL Lumbainerv entspringen. Diese Nerven vermittehi
das Gefühl der unteren Bauchseite und der Vorderfläche der Oberschenkel,
versorgen die Bauchmuskeln und die Blasenmuskulatur. Deshalb ündet man
bei Appendicitis 1. Hyperästhesie der Haut, abgesehen von Schmerzen ; durch
dieselbe wird auch die Druckempfindlichkeit am Mc Burney sehen Punkte
hervorgerufen, indem hier Teile des 11. und 12. Dorsalnerven die Rektus-
scheide durchbohren und unter die Haut gelangen; 2. Muskelkontraktionen
(^The viscero-muscular Reflex*'), die gewöhnlich die Muskeln der rechten Seite
imd vor allem die der Bauchwand betreffen, sich aber auch auf die gesamte
Bauchmuskulatur erstrecken können, die dann hart gespannt ist, ohne dass
man daraus einen Schluss über die Ausdehnung der Peritonitis ziehen kann.
In dem Masse, als die Entzündung nachlässt, schwindet die Muskelkontraktion,
und nur einzelne Fasern bleiben hier und da kontrahiert, oft bei der Pal-
pation die Appendix selbst vortäuschend. 3. Blasensymptome, bestehend in
ürindrang oder Spasmus des Sphinkter (Tenesmus).
Die von der Appendicitis ausgehenden Koliken werden meist in der
Nähe des Nabels und auf der rechten Seite empfunden, indem reflektorisch
von dem sympathischen Geflechte der Appendix aus die sensiblen Nerven
des entsprechenden Rückenmarksabschnittes gereizt werden.
Die reflektorische Übertragung auf andere Nerven bewirkt nicht selten
Irrtümer in der Diagnose der Appendicitis, z. B. fälschliche Annahme von
Lumbago, Coxitis, Nieren-, Ureter-, Ovarial-, Blasenerkrankungen u. dgL
Ausgehend von der vonLennander festgestellten Tatsache, dass weder
der Magen noch der Darm an sich schmerzhaft sind, sondern nur das Peritoneum
parietale und das extraperitoneale Bindegewebe, weist M o u 1 1 i n (106) nach, dass
in Fällen von akuter Appendicitis der Schmerz fehlen kann. Der anfangliche,
meist um den Nabel herum lokalisierte Schmerz wird durch die Peristaltik des
Coecum ausgelöst oder durch den Zug, den der verwachsene Wurmfortsatz
am parietalen Peritoneum ausübt. Es kann deshalb der Schmerz gehoben
werden durch Aufhebung der Peristaltik, z. B. dadurch, dass die Entzündung
auf die Muscularis des Darmes fortschreitet, wie sie zustande kommt bei
der Entstehung von entzündlichen Exsudaten in der Deocökalgegend. Druck-
schmerzen entstehen bei der Appendicitis entweder bei tiefem oder oberfläch-
lichem Drucke, im ersteren Falle dann, wenn die Appendix in Berührung mit
dem retroperitonealen Gewebe steht oder dem parietalen Peritoneum anliegt
Tiefe Schmerzhaftigkeit kann allgemein über die untere Hälfte des Abdomens
verbreitet oder auf den Mac Burney sehen Punkt beschränkt sein, der der
Wurzel der Appendix entsprechen soll, in Wirklichkeit aber derjenigen Stelle
des Peritoneums parietale entspricht, an der die Lymphgefasse der entzün-
deten Appendix zusammenströmen. Zuweilen liegt der schmerzhafteste Drock-
J
Brentano, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 597
pnnkt unmittelbar über der Crista ossis ilei, z. B. wenn die Appendix hinter
dem Coecnm gelegen ist. Ausser dem Schmerze auf tiefen Druck besteht bei
den meisten Fällen von Appendicitis noch ein ausgesprochener Grad von
Hanthyperästhesie, die im allgemeinen der Ausbreitung des 11. Dorsalnerven,
zuweilen aber auch der des 10. und 12. entspricht. Nicht ganz selten findet
sich diese Hyperästhesie auch auf der linken Seite oder ist hier gar grösser
als rechts. Diese Hyperästhesie wird hervorgerufen durch Reize, die ent-
weder die Muskeln betreffen oder von den Nervenverzweigungen innerhalb
der Bauch wand ausgehen oder drittens von den Baucheingeweiden ausgelöst
werden, aber sie geht nicht von dem Peritoneum aus, es sei denn, dass die
Entzündung von diesem aus sich auf die Bauchwand direkt fortgesetzt habe.
MoulHn hat zweimal diese Hyperästhesie verschwinden sehen, als die
Appendix gangränös und ein sofortiger Eingriff nötig wurde.
Sherren (150) hat im ganzen 124 Fälle von Appendicitis auf das Vor-
bandensein von Hyperästhesie untersucht und fand dieselbe in 40 Fällen. Er
kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu folgenden Schlüssen: 1. Haut-
hyperästhesie ist wahrscheinlich zeitweilig vorhanden während aller ersten
Anfalle von Appendicitis, ausgenommen die von foudroyantem Charakter, und
beruht auf der Dehnung in der Appendix. 2. Sie kann fehlen in späteren
Anfällen, wenn der erste zur Zerstörung von Nerven geführt hat. 3. Ist sie
in späteren Anfallen vorhanden, so kann sie länger bestehen bleiben als alle
anderen Symptome. 4. Sie verschwindet allmählich während der Rekonvales-
zenz. 5. Plötzliches Verschwinden ohne Besserung des Allgemeinbefindens
weist auf eine eingetretene Perforation oder Gangrän hin und sollte das
Signal für sofortige Operation sein. 6. Das Vorhandensein der Hyperästhesie
ist keine Kontraindikation für die Operation, da sowohl ein Abszess wie all-
gemeine Peritonitis sich trotz des Vorhandenseins gebildet haben kann. 7. Das
Fehlen ist von grosser Wichtigkeit, denn es weist, wenn es sich um den
ersten Anfall handelt, auf Gangrän der Appendix hin. 8. Bei Abszessen fehlt
meist die Hyperästhesie. 9. Das Alter des Patienten und die Lage der
Appendix ist dagegen ohne Einfluss auf dieselbe. 10. Gelegentlich kann das
Symptom die Diagnose der Appendicitis stützen.
P eis er (122) hat in 11 Fällen von Appendicitis 9 mal deutliche Sensi-
bilitätsstörung in der rechten Unterbauchgegend, einmal keine sichere und
einmal gar keine gefunden. In den Fällen mit deutlicher Sensibilitätsstörung
handelte es sich 6 mal um Hypästhesie, 2 mal um Hyperästhesie und Imal
anfangs um Hyp-, dann um Hyperästhesie. Eine scharfe Grenze der gestörten
Empfindung bestand nicht.
Levy(86) gibt unter Zugrundelegung zweier Krankheitsgeschichten eine
genaue Übersicht über das, was bisher in der Literatur über die Lagerung
der Appendix in einem Bruche und die Appendicitis in demselben bekannt
geworden ist. Die Appendix ist sowohl in kongenitalen wie in erworbenen
Brüchen gefunden worden. Die meisten Hernien der Appendix kommen im
höheren Alter vor; unter 85 Fällen je 20 zwischen dem 50. und 60. und
zwischen dem 60. und 70. Lebensjahre und zwar häufiger bei Männern als
bei Frauen und etwas häufiger in Leisten- als in Schenkelbrüchen. Bei
augeborenen Leistenbrüchen dieser Art finden sich stets Verwachsungen
zwischen Testikel und Appendix. Bei später erworbenen Brüchen gelangt die
Appendix infolge ihrer Beweglichkeit, ihrer Länge oder Verwachsungen mit
der Banchwand in den Bruchsack. Die Symptome, die eine in einem Bruche
598 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
liegende Appendix macht, sind so gering, dass die richtige Diagnose des
Bruchinhaltes meist unmöglich ist. An Komplikationen kommen vor: Die
Entzündung und die Einklemmung der Appendix. Die Entzündung eines in
einem Bruche liegenden Appendix kann hervorgerufen werden 1. durch Traumen,
2. durch Fremdkörper und Kotsteine, 3. Anstrengungen, 4. Verdauungsstö-
rungen. Bei der Appendicitis im Bruchsacke spielt anscheinend das Alter
eine grosse Rolle, indem mehr als Vs von 19 zusammengestellten Fällen zwi-
schen dem 55. und 72. Jahre beobachtet wurden, während die Appendicitis
an sich bei jüngeren Leuten häufiger ist. Levy glaubt das häufigere Hinzu-
treten von Entzündung bei einer in einem Bruchsacke gelegenen Appendix
alter Leute auf die trägere Peristaltik derselben zurückführen zu können, da
infolge davon die Appendix weniger leicht ihren Inhalt entleeren kann. Auch
der Diathese räumt Levy eine Stelle in der Ätiologie der Appendicitis ein,
namentlich der rheumatischen, die besonders leicht zur Steinbildung aach in
der Appendix führen soll. Die ^appendicite herniaire^ zeigt dieselben histo-
logischen Eigentümlichkeiten, wie die gewöhnliche Appendicitis. In den beiden
Fällen des Verf. bestand eine Perforation und zwar in dem einen nur eine
mikroskopische, in dem anderen eine grosse makroskopisch sichtbare ; in beiden
Fällen bestand eine Periappendicitis , welche sich durch ein seröses Elxsudat
äusserte. In schwereren Fällen entsteht eine Peritonitis im Bruchsacke oder
gar eine Phlegmone. Selbstverständlich fanden sich Bakterien auch ausser-
halb der entzündeten Appendix. Von den Symptomen der appendicite herniaire
werden genannt 1. der Schmerz, der einen stechenden Charakter hat und
sich paroxysmenartig steigert, indem er dabei aber immer an derselben Stelle
am heftigsten bleibt. Zuweilen treten Schmerzen auf, die nach der Innenseite
des Oberschenkels hin ausstrahlen. Weiter fallt die Härte der Geschwidst
auf und die Schnelligkeit, mit welcher die Bruchgeschwulst an Volumen zu-
nimmt, zuweilen wird auch Krepitation bei der Palpation nachweisbar. Was
die Allgemeinerscheinungen betrifft (Fieber, Pulsbeschaffenheit, Aussehen), so
erlauben dieselben keine Differentialdiagnose zwischen Appendicitis im Bruch-
sacke und einfacher Einklemmung der Appendix. Erbrechen ist in letzterem
Falle häufiger. Die in einem Bruchsacke liegende Appendix macht zunächst
so wenig Erscheinungen, dass die Bruchgeschwulst oft für eine Drüse gehalten
wird. Tritt eine Entzündung der Appendix ein, so entsteht eine Peritonitis
im Bruchsacke, die im weiteren Verlaufe fast stets zu einer Phlegmone führt
Zuweilen bilden sich die Entzündungserscheinungen wieder zurück (gutartige
Form). Die Diagnose einer appendicite herniaire hält Levy für möglich.
Differentialdiagnostisch kommt besonders der Netzbruch und seine Einklem-
mung in Frage. Die Prognose des Leidens ist ernst, da abgesehen von der
oft entstehenden Phlegmone sich gelegentlich auch eine Peritonitis entwickeln
kann. In einem zweiten Abschnitte behandelt Levy die Einklemmung der
Appendix in einem Bruche und gleichzeitig damit die Frage: ;,Ist bei der
Einklemmung die Appendicitis das Primäre oder entsteht letztere infolge der
Einklemmung^. Levy glaubt, dass erst die Entzündung des Organes die
Einklemmung hervorruft. Die Symptome der Einklemmung der Appendix
sind ganz andere als die einer Darmeinklemmung und sind zurückzuführen
auf die Entzündung, die sich in der eingeklemmten Appendix entwickelt.
Erbrechen imd Stuhlverhaltung fehlen in den meisten Fällen, dagegen fällt
das veränderte Aussehen der Kranken auf. Die Diagnose ist schwierig; die
Prognose hängt ab von dem Grade der bestehenden Entzündung, zuweilen
Brentano, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 599
entwickelt sich im Anschlüsse an die Entzündung der Brnchsackserosa eine
Cyste, die den Eindrnck einer Hydrocele machen kann. Sowohl bei der
Appendicitis im Brnchsacke als bei der Brucheinklemmung der Appendix sind
Taxisversuche gefährlich, weil die Appendix niemals ganz intakt ist. Die
Art des operativen Vorgehens hängt ab von dem Zustande, in welchem die
Appendix angetroffen wird. Unter allen Umständen ist dieselbe in ganzer
Ausdehnung freizulegen und zu resezieren. Besteht bereits eine Phlegmone
um die Appendix, so ist diese zunächst zu spalten und die Appendektomie
und Radikaloperation erst später vorzunehmen. Unter Umständen, nament-
lich dann, wenn das Mittelstück der Appendix eingeklemmt und womöglich
perforiert ist, muss eine Herniolaparotomie vorgenommen werden, ebenso wenn
Zeichen einer Peritonitis bestehen. (Am Schlüsse der Arbeit findet sich eine
ausführliche Literaturangabe, nach Jahren geordnet).
Bichat (15) verbreitet sich über die Lage des Wurmfortsatzes im Ver-
hältnis zum Bruchsack bei bestehender Bruchbildung. Der Wurmfortsatz kann
selbst mit im Bruchsack liegen, es können aber auch vom Processus aus-
gehende Eiterungen in den Bruchsack hinabsteigen und einen eingeklemmten
Bruch vortäuschen. Er bezieht sich dabei auf einen von Körte mitgeteilten
Fall. Bichat hat einen gleichen Fall operiert mit tödlichem Ausgang. Verf.
spricht dann über die Schwierigkeit der Diagnose. Vielleicht können vorauf-
gehende abdominelle Beschwerden oder das Fieber auf einen entzündlichen
Vorgang hinweisen.
Baillet (2): Ein Fall von Appendicitis in einer Leistenhernie bei einem 13 Monate
alten Knaben. Die Erscheinungen waren die einer Bmcheinklemmang. Die 21 Standen
nach Beginn der Erkrankung vorgenommene Operation stellte die Diagnose richtig. Ent-
fernung des Wurmfortsatzes. Heilung.
Qu^na (129) beschreibt einen bei einer 42jfthrigen Frau als eingeklemmte Net;-
aohenkelhemie, diagnostizierte Schenkelhemie, deren Inhalt sich bei der 9 Tage nach Beginn
der Erkrankung vorgenommenen Operation als der Wurmfortsatz erwies. Derselbe war
etwa in seiner Mitte eingeschnflrt und zeigte mikroskopisch an dieser Stelle Schwund der
Mukosa und Submukosa, distal davon Entztkndung. Exstirpation des Wurmfortsatzes und
Radikaloperation der Hernie. Heilung. Der Befund bestfttigt, daas die Zerstörung der Darm-
wandschichten von innen nach aussen vor sich geht
V. Moschcowitz (104) bereichert die Kasuistik der primären Appendix-
karzinome um 3 weitere gründlich studierte Fälle und gibt auf Grund der-
selben und 18 aus der Literatur gesammelten Fällen eine genaue Beschreibung
des klinischen Verlaufes und des mikroskopischen Untersuchungsbefundes.
Das Resume am Schlüsse der Arbeit lautet: 1. Genaue Zahlen bezüglich der
Häufigkeit des primären Appendixkarzinoms können nicht gegeben werden.
Im Vergleich zu der Häufigkeit der Appendicitis ist es sehr selten, doch sind
in den letzten Jahren häufiger Fälle dieser Art beschrieben worden. 2. Jedes
primäre Appendixkarzinom beginnt in der Mukosa. 3. Es scheint mehr als
wahrscheinlich, dass jedes primäre Karzinom der Appendix seinen Ursprung
hat in vorausgegangenen Entzündungsprozessen. 4. Das primäre Karzinom
der Appendix ist am häufigsten in dem Lebensalter, in welchem auch Ent-
zündungsprozesse besonders häufig vorkommen, d. h. in dem früheren Lebens-
alter, ö. Es ist häufiger bei Frauen als bei Männern und zwar im Verhältnis
3:1. 6. Der Ursprung des Karzinoms aus entzündlichen Prozessen der Ap-
pendix liefert ein weiteres Argument für die Entfernung einer etwa kranken
Appendix.
Elting (42) hat 40 Fälle aus der Literatur zusammengestellt, in denen
sich angeblich, sei es bei der Operation, sei es bei der Sektion ein primärer
600 Jahresbericht für Chimrgie. IT. Teil.
Krebs der Appendix gefunden haben soll, doch scheinen dem Verf. in 8 Ton
diesen Fällen keine primären Karzinome vorgelegen zu haben. In 2 Fällen
handelte es sich um ein Endothelsarkom bezw. ein Endotheliom, in 10 weiteren
Fällen fehlt der mikroskopische Nachweis der primären Natur des Karzinoms,
so dass schliesslich nur 2 übrig bleiben, denen Elting 3 weitere hinzufügt.
Die Arbeit schliesst mit folgenden zusammenfassenden Sätzen : 1. Das primäre
Karzinom der Appendix ist häufiger als man bisher angenommen hat. 2. Jede
bei einer Operation oder der Sektion gefundene Appendix, die krank zu sein
scheint, sollte mikroskopisch an verschiedenen Stellen untersucht werden.
3. Ein Zusammenhang besteht zwischen primärem Karzinom und chronischer
Appendicitis, spez. der obliterierenden. 4. Das primäre Karzinom der Ap-
pendix entwickelt sich in relativ früher Lebensperiode. 5. Es hat keine
Neigung zu Metastasenbildung. 6. Die Symptome des primären Karzinoms
decken sich mit denen einer chronischen Appendicitis, und deshalb ist 7. die
Diagnose meist unmöglich. 8. Die Behandlung sollte immer eine opera-
tive sein.
Der von Paterson (119) exstirpierte Wurmfortsatz war 16 Va cm lang und hatte
an seiner dicksten Stelle 10 cm Umfang. Die mikroskopische Untersuchang zeigte, dass
es sich um ein Bandzellensarkom handelte, das alle Schichten des Organes mit Ausnahme
vom Peritoneum durchsetzt hatte. Metastasen wurden bei der Sektion nicht gefanden.
Letulle (85) hat unter mehreren Tausend Autopsien, bei denen immer
besonders auf die Appendix geachtet wurde, nur 4 Fälle von primärem Kar-
zinom des Wurmfortsatzes finden können und beschreibt dieselben gleichzeitig
mit 2 aus der Literatur gesammelten. Es handelte sich immer um einen
kleinen Tumor am freien Ende der Appendix, welcher niemals Verwachsungen
zeigte und dessen Grösse schwankte zwischen einem Kirschkern und einer
Nuss. Die aufgeschnittene Appendix zeigt immer in mehr oder weniger
grosser Entfernung vom Tumor eine Obliteration. Alle Lagen der Appendix,
die Serosa mit einbegriffen, erweisen sich von Karzinommassen infiltriert ; auch
das Mesenteriolum wird bald ergriffen. Merkwürdigerweise betrafen die sämt-
lichen 6 Fälle tuberkulöse Individuen. Verf. schliesst mit folgenden Thesen:
L Bei Tuberkulösen ist das primäre Karzinom des freien Appendixendes nicht
selten. 2. Es entwickelt sich gewöhnlich im Niveau einer Narbe, die als
Folge einer früheren ulzerösen Appendicitis zu betrachten ist. 3. Trotzdem
alle Lagen des Organes ergriffen werden, scheint das Karzinom von relativer
Gutartigkeit zu sein. 4. Seine Gutartigkeit kommt aber vielleicht nur des-
halb zum Ausdruck, weil die tuberkulösen Lungenaffektionen rasch zum Tode
führen.
L äja rs (82) beschreibt einen Fall primären Wurmfortsatzkrebses bei einem 47 jährigen
Manne. Derselbe litt seit April 1902 an dumpfen Schmerzen in der Blinddarmgegend mit
besonderer Druckempfindlichkeit des Mac Burney sehen Punktes. Bei der Ende Juli d. J.
vorgenommenen Operation zeigte sich der Wurmfortsatz auffallend hart und blass, ohne
entzündliche Erscheinungen. Typische Entfernung. Heilung per primam. Die mikroskopische
Untersuchung ergab Karzinom der Mukosa und Submukosa. Trotzdem schnelle Abmagerung.
Zunehmende Kachexie. Auf Bitten des Fat» wurde im Oktober eine Probelaparotomie ge-
macht, wobei sich zahlreiche Metastasen fanden.
Quenu (180) demonstriert das Präparat eines an seinem distalen Ende cystisch er-
weiterten, mit sterilem, klarem Schleim gefüllten Wurmfortsatzes. Das coekale Ende war
obliteriert. Diskussion:
Tuffier glaubt, dass es sich hierbei um früher eitrige Wurmfortsätze handelt, deren
Inhalt steril geworden ist.
Walt her (160) hingegen erinnert an einen früher von Potherat demonstriertes
Präparat, bei dem es sich um eine Appendix mit einem ächten Divertikel gehandelt hat,
Brentano, Verletzangen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 601
das der ersteren seitlich anfsass, mit einer gelatinösen Masse gefüllt war und mit dem
Lomen des Wurmfortsatzes in Verbindung stand.
Bei einer Wurmfortsatzezstirpation im freien Intervall fand Ca hier (23) diesen ganz
gesund. Die Entzündungen gingen vielmehr von einem wenige Zentimeter vom Göcum ent-
fernten Dünndarmdivertikel aus, welches überall stark adhärent war und dessen Wandung
eine Dicke von 5—6 mm aufwies. Das Divertikel wurde an seiner Basis abgeschnürt und
in den Darm eingestülpt. Heilung.
Ca hier ist schon früher einmal gelegentlich einer Operation bei ionerer Einklem-
mung zwei ähnlichen Darmausstülpungen des untersten Ileum begegnet von der Grösse
eines Daumennagelgliedes resp. eines Fingerhutes, dessen Wandungen relativ dünn, dessen
Kommunikation mit dem Darm aber weit war und die selbst nicht entzündet waren.
Walt her (159) fand als er eine 25 jährige Frau in der Annahme einer Appendicitis
operierte, eine Appendix mit den Erscheinungen einer chronischen Folliculitis und ausser-
dem ein fingerlanges Dünndarmdivertikel, das fest mit der rechten Tube verwachsen war.
Lösung, Abbindung, Einstülpung desselben. Das Divertikel war verdickt, entzündet, aber
nirgends verengt und machte durchaus den Eindruck eines entzündeten Wurmfortsatzes,
zumal da es mit zahlreichen, eitrigen Membranen bedeckt war, so dass Walt her annimmt,
dass von ihm die peritoneale Reizung ausging. Piqu^ hat ähnliche Fälle beobachtet und
beschrieben.
Marie (94) fand ein Göcum, das etwas verlängert war, aber keine Spur von einer
Appendix aufwies, so dass ein kongenitaler Defekt angenommen werden muss.
Bei einem 23 jahrigen seit mehreren Jahren an Leibschmerzen leidenden jungen Mäd-
chen fand Martin (96) bei der Operation als Grund der Beschwerden eine grössere Anzahl
Glieder von Taenia saginata im Wurmfortsatz.
Cantas (26) fand in der Appendix eines verstorbenen jungen Mädchens einen Spul-
wurm, welcher das Organ ganz ausfüllte, ohne aber irgendwelche Beizerscheinungen des-
selben bewirkt zu haben.
Oppe (115) hat einmal bei einer Sektion und fünfmal bei der Operation Eingeweide-
würmer m der Appendix gefunden und zwar stets Oxyuren und ist geneigt, den Darm-
parasiten eine Rolle in der Entstehung der Appendicitis zuzusprechen.
Wegen hartnäckiger, durch Amöben hervorgerufener Colitis hat Dawbarn (34) in
einem Falle bei einem 25jährigen Manne die von Weir empfohlene Appendicostomie ge.
macht und das Kolon mit einer Lösung von hypennangansaurem Kali ^jioom alle 6 Stunden
ausgespült. Der Erfolg war ein guter. Kammerer zieht die Anlegung eines künstlichen
Afters in solchen Fällen vor.
Riedel (138) verwirft die Versorgung des Appendixstumpfes duröh Ab-
bindung, Bildung einer Serosamanschette und Einstülpung, vernäht vielmehr
unter temporärer Abbindung des Stumpfes mit einem Catgutfaden, der später
wieder gelöst wird, die kleine Wunde nach Exstirpation der Schleimhaut, mit
drei Seidenknopf nähten, stülpt die Naht durch fünf neue Seidennähte
und diese wieder durch 6 — 7 Catgutnähte ein. Wenn die Coekalwand zu
morsch ist, begnügt er sich mit der einfachen Catgutabbindung der Appendix.
Zell er (163) empfiehlt anstatt der bisher meist geübten Methode der
Abbindnng des Wurmfortsatzes nach Bildung einer Manschette, die Appendix
zu exstirpieren und den kleinen Defekt durch zweireihige Nath zu schliessen.
Lilienthal (87) verteidigt die alte Methode der Appendixstumpf-
versorgung mittelst Ligatur und Kauterisation gegen die Vorwürfe, dass durch
die Ligatur die Schleimhaut in Kontakt gebracht und dadurch ein sicherer
Verschluss vereitelt werde und dass Adhäsionen in der Umgebung des also ver-
sorgten Stumpfes entständen. Er fand, dass durch die Ligatur stets die
Schleimhaut durchschnitten und das submuköse Gewebe miteinander in Be-
rührung gebracht war und dass sich Adhäsionen bei späteren Laparotomien
oder Sektionen in der Gegend des Stumpfes nur dann nachweisen lassen,
wenn sie auch anderswo vorhanden Waren. Zur Kauterisation der Schleim-
haut empfiehlt er, einen Tropfen 95 ^/o Karbollösung zu nehmen.
602 Jahresbericht far Chirurgie. II. Teil.
Beer (11) macht zur Resektion der Appendix im freien Intervall eine
Inzision von 3—4 cm am rechten Rektusrande, eröffnet aber nur die vordere
Scheide dieses Muskels, indem er unterhalb der Linea semicircularis Doag-
lasii das Peritoneum und zwar nach aussen von den epigastrischen Gefassen
eröffnet. Nur v^enn dadurch nicht genügend Raum gewonnen wird, kann
auch die hintere Rektusscheide eingeschnitten werden.
Karlow (70) hat das folgende Verfahren angewandt, um einen Baudi-
bmch radikal zu operieren, der nach Appendicitisoperationen, bei denen die
Bauchhöhle tamponiert wurde, entstanden ist. Die Haut, die die ausgebuch-
tete Partie bedeckt, wurde exzidiert, ebenso der sog. Bruchsack, worauf die
Bauchhöhle geschlossen wurde. Hiemach wurden auf beiden Seiten die nor-
malen Aponeurosen und Muskelschichten der Bauchwand freigelegt und mit
Lembert sehen Suturen zusammengezogen, wobei die ganze dünne innere
Partie eingestülpt wurde. Darauf folgte eine Hautsutur.
Hj. V. Bonsdorff (Helsingfors).
Mühsam (108) hat unter den letzten 815 Fällen von Sonnenburg
54 mal Fistelbildung gefunden und unterscheidet solche, welche ohne einen
operativen Eingriff entstehen und solche, welche nach einer Operation auf-
treten. Von ersteren kamen zur Beobachtung Fisteln nach Spontanperfora-
tion perityphlitischer Abszesse durch die Haut, zum Darm, insbesondere
zum Mastdarm, zur Scheide, zur Blase. Sie sind seltener als die nach einer
Operation entstandenen, von denen Mühsam 60 unter dem neuen Matenale
gefunden hat. Von diesen kamen 6 schon mit Fisteln zur Behandlung, so dass
54 eigene restieren. Durch Operationen kann es zu gewöhnlichen (eitrig-seröse
Flüssigkeit oder Darmscbleim entleerenden) Fisteln kommen oder zu Eotfisteln.
Meist entsteht die Fistel nach Perforation oder gangränöser Appendicitis,
nur 2 mal unter 23 Fällen war eine Appendicitis simplex vorausgegangen.
Die Fistelbildung hängt zusammen, entweder mit ungenügender Stnmpf-
versorgung oder mit dem ganzen oder teilweisen Zurückbleiben der Appendix,
und dementsprechend führt die Fistel entweder zu dem Appendixinneren
oder in das Coecum. Die 29 neu beobachteten Kotfisteln waren alle nach
Appendicitis gangränosa resp. Perforation entstanden. Die Behandlung der
Fisteln soll zunächst eine exspektative sein. Als Operation kommen Resektion
des Wurmfortsatzes, Einstülpen und Vernähen des Loches im Darm, Resektion
eines Darmabschnittes, Enteroanastomose eventl. Darmausschaltung in Betracht
Auffallend ungünstig war das Behandlungsresultat der tuberkulösen Fisteh^
indem von 9 Fällen 8 zu Grunde gingen. Fälle von aktinomykotischer Appen-
dicitis kamen nicht zur Beobachtung.
Lei tau (84) beschreibt einen Fall von Nabelfistel bei einem 10 Monate alten Knab»«
der nicht der persistierende Dottergang, sondern der Warmfortsatz zugrunde lag. Verl
hält es für wahrscheiulich , dass mit dem Nabelstrang das periphere Ende dieses Orgaoes
abgebunden worden und daraus die Fistel entstanden sei. Heilung nach Exstirpatioa.
(Ausfflhrliche Literaturangabe).
Michel und Gross (100) berichten über eine Beobachtung einer Darm-BIaseDfistol,
die nach einer Geburt aufgetreten war. Bei der Operation zeigte sich der Processos buI
der Blase verwachsen und nach der Blase perforiert. Resektion des Frocessoa, Naht der
Blasenwand. Glatte Heilung. Verfasser glauben, dass um den Wurmfortsatz, der an te
Blase adhärent war, eine Periappendicitis entstanden sei, die nach der Blase dnrdi-
gebrochen wäre.
Die beiden Fälle von gleichzeitiger Erkrankung von Appendix und
Gallenblase, die Dieulafoy (36) veröflFentlicht und die beide auf operatiräD
Wege geheilt wurden, geben Veranlassung zur Prüfung der Frage : erfolgt die
Brentano, Verletzungen and chirurgische Krankheiten des Darmes. 603
Infektion beider Organe gleichzeitig dnrch ein und dieselbe Ursache oder
geht die eine der anderen voran.
Dieulafoy glaubt, dass in der grösseren Mehrzahl der Fälle es die
Cholecystitis ist, welche die Appendicitis hervorruft, denn zumeist gehen die
Symptome von seiten der Gallenblase denen der Appendicitis voraus. Für die
Behandlung ist es von grösster Wichtigkeit, dass nebeneinander beide Erkran-
knogen vorkommen können, von denen die Appendicitis als die schwerere stets
zunächst angegriffen werden soll.
Becker (10) veröffentlicht die Krankheitsgeschichten von 5 durch
Müll er- Bestock Operierten, bei welchen eine gleichzeitige Appendicitis und
Cholelithiasis bestand und hat 34 Fälle der gleichen Kombination gesammelt,
die er auszugsweise wiedergibt.
Ball in (4) berichtet über einen 20 jähr. Metallarbeiter, der wegen akuter
Appendicitis operiert worden war. Appendix, Coecum und Netz waren entzündet
und geschwollen. In den ersten 3 Tagen nach der Operation ging alles gut, nur
leichter Ikterus bestand. Am 4. Tage traten Delirien, heftige Krämpfe und tiefes
Koma auf. Zu gleicher Zeit nahm der Ikterus zu, blutige Massen wurden er-
brochen, im Urin trat Gallenfarbstoff, Eiweiss, Zylinder, Leuzin und Tyrosin
anf und die Leberdämpfung war sehr verkleinert. Dieser Zustand dauerte
5 Tage, besserte sich dann aber langsam, so dass schliesslich Heilung ein-
trat. Ballin nimmt an, dass es sich in seinem Falle um eine akute gelbe
Leberatrophie gehandelt habe, trotzdem Heilung eintrat und deshalb durch
die Sektion diese Annahme nicht bestätigt werden konnte. Heilungen der
akuten gelben Leberatrophie sind beschrieben. Verf. konnte 10 Fälle von
postoperativer akuter Leberatrophie aus der Literatur zusammenstellen. In
7 derselben war Chloroform als Anästhetikum gebraucht worden, doch ist
der Faktor wichtiger, dass es sich zumeist um Operationen an entzündeten
Därmen und Netz gehandelt hat. Ballin betrachtet es deshalb als wahr-
scheinlich, dass die akute gelbe Leberatrophie nach Operation durch infek-
tiöse Prozesse in Verbindung mit dem toxischen Einflüsse des Chloroform ver-
ursacht wird. Beinahe in jedem Falle finden wir Blutbrechen. Zur Behand-
lung der Krankheit empfiehlt Verf. Aderlässe, Kochsalzinfusionen, Abführmittel
und Diuretica.
Middeldorpf (101) beobachtete eine Gangrän des rechten Beines infolge von Em-
belle der Art. femoralis bei einem 42 jährigen Manne im Anechlasse an einen perityphhti-
sehen Abszess und nimmt an, dass die Embolie durch einen wandständigen Thrombus in
der Art. iliaca ext. hervorgerafen worden sei. Von sonstigen Komplikationen, die Middel-
dorpf femer erwähnt, sind henrorzaheben eine Thrombose der rechten Vena femoralis and
zwei Fälle von rechtsseitiger Pleuropnenmonie.
Grahams Fall (57), in dem am fünften Tage nach Beginn der Erkrankung der
Warmfortsatz entfernt wurde, endete zehn Wochen nach der Operation tödlich. Bei der
Sektion fand sich die Milz in grosser Ansdehnong nekrotisch, in der Leber aber kein Ab-
szess. Dagegen liess sich aus den Leberverzweigungen der Pfortader Eiter ausdrücken.
Le Gl er CS (81) Fall betrifiPt eine 44jährige Arbeitersfran , die zwei Tage an Ver-
daoongabeschwerden litt; am dritten Tage heftiger Schmerz in der rechten Lendengegend.
Nach vorübergehender Besserang tritt am 17. Tage der Erkrankung eine typische leichte
Blinddarmentzündung ein, in deren Verlauf die Schmerzen in der Lende und im rechten
Bein sich erneuera. Am 20. Tage der Blinddarmentzündung plötzlicher Tod durch Erobolie
aus der Vena iliaca, die ausser den Schmerzen keine Symptome vorher gemacht hatte.
Eine Operation war bei dem leichten Verlauf der Appendicitis nicht indiziert and hätte nur
den Tod beschleunigt.
Jalagnier hat im Laufe von 14 Tagen drei Fälle von Lungenembolie nach Appen-
dicitisoperationen beobachtet und glaubt dieselbe vielleicht auf eine unbekannte, besonders
virolente Lifektion zurückführen zu müssen.
604 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
Tnffier, Boatier, Reynier berichten über weitere Fälle von plMzlichera Tod
darch Embolie.
Qu^DQ fahrt die EnibolieD auf eine individuelle Prädisposition, bedingt durch be-
sondere Beschaffenheit des ßlutes und der Gefässwände, zurück.
H ar t m an n hält es für möglich, dass das häufigere Vorkommen linksseitiger Thrombo-
Phlebitis darauf beruht, dass die Venen des linken Beines einen behinderten Verlauf bis za
ihrer Einmündung in die auf der rechten Seite liegende Vena cava haben.
Broca hält die Thrombophlebitis und Embolie nicht in Zusammenhang stehend mit
der Blinddarmentzündung, da dieselben ebenso häufig bei anderen Erkrankungen und Ope-
rationen beobachtet werden.
Walther hat Thrombophlebitis meist bei Erampfaderbildung und dann gesehen,
wenn ausser der Blinddarmentzündung Infektion des übrigen Darmes vorhanden war.
Über zwei Fälle von Parotitis im Verlauf von Wurmfortsatzoperationen berichtet
Reboul (133). Im ersten Falle (Ezstirpation im freien Intervall) trat 11 Tage nach der
Operation eine Parotitis und 20 Tage später eine Thrombophlebitis der rechten Saphena
ein. Der zweite Fall betrifft eine Parotitis 5 Tage nach Eröffnung eines perityphlitiscben
Abszesses. Es kommen mithin selbst bei Operation im freien Intervall Infektionsherde in
Betracht, die zu metastatischen Erkrankungen führen können. Daher soll der einmal er-
krankt gewesene Wurmfortsatz stets entfernt werden.
Schul tes (148) hat während einer Influenzaepidemie im Winter 1902 3
eine Anzahl Appendicitisanfalle beobachtet, von denen er drei sicher als
durch den Influenzaerreger hervorgerufen annimmt und deren Erankheits-
geschichten er kurz wiedergibt.
Romme (142) führt eine Arbeit von M. Schulte in der Deutschen
medizinischen Wochenschrift an, in welcher die Beobachtung mitgeteilt ist^
dass sich bei einer Influenzaepidemie auch die Fälle von Appendicitis gehäuft
hatten. Doch haben nach der gleichen Arbeit Tabellen über siebenjährige
Beobachtungen keinen ätiologischen Zusammenhang erkennen lassen. Immer-
hin sei es möglich, dass durch die Influenza der Boden für Appendicitis yor-
bereitet würde. Mehrere während einer Influenzaepidemie beobachtet-e Fälle
lassen nach Schulte an eine ^^ Angina des Wurmfortsatzes^ denken, mit
gleicher bazillärer Ursache wie die Influenza und mit sehr gutartigem Verlauf.
An den Vortrag Fowlers (52) über das schwarze Erbrechen schliesst
sich eine längere Diskussion, in der Woolsey bemerkt, dass er dieses Sym-
ptom nur bei tödlich endigenden diffusen Peritonitiden gesehen habe, die aber
nur einmal durch Appendicitis hervorgerufen worden sei. Erdmann beob-
achtete schwarzes Erbrechen zweimal nach gleichzeitigen Operationen an dem
Appendix und der Gallenblase. W. Meyer verfügt über 8 — 10 Fälle der
Art bei akuter Appendicitis mit septischer Peritonitis. Er hat den Eindruck,
dass das Symptom besonders häufig sei in Fällen, in welchen die Operation
zu lange hinausgeschoben worden sei. Er stimmt Fowler bei, dass das
„black vomit^ durch Ulzeration der Magenwand infolge von septischer Infek-
tion hervorgerufen werde. Fowler hebt in dem Schlussworte hervor, dass
schwarzes Erbrechen nicht an das Bestehen einer Appendicitis, Peritonitis
oder eingeklemmten Hernie gebunden sei, so komme es z. B. bei schwerer
Malaria vor. In den von ihm erwähnten Fällen verdanke es aber seine
Entstehung toxischen Einflüssen von Bakterien oder ihren Produkten, die
von dem kranken Appendix ausgingen und zu Thrombophlebitis führten.
Picqu6 (126) beschreibt einen Fall von diffuser eitriger Peritonitis
bei Wurmfortsatzgangrän. Operation (Schnitt in der MitteUinie und zwei
lange Inzisionen zu beiden Seiten) 30 Stunden nach Beginn der Erkrankung
führt zur Heilung.. Sekundärnaht in der Mittellinie. Nach drei Monaten
kein Bauchbruch.
Brentano, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 605
Chaput vermeidet die Bauchbrüche durch Sekundämaht ausschliesslich
der Muskeln, sobald die Eiterung geringer wird.
Tuffier und Quenu weisen darauf hin, dass der Bauchbruch nach
diesen Operationen die Regel ist, wenn er sich auch oft erst jahrelang später
einstellt.
Reynier (136) bemerkt, dass die zu primärer Gangrän des Wurm-
fortsatzes führenden Fälle zuerst unter dem Bilde der Septikämie mit
Schüttelfrösten und stärkeren Remissionen am Morgen verlaufen, wobei die
lokalen Symptome geringer sein können. Dies beruhe auf der Resorption der
Toxine im Inneren des Wurmfortsatzes.
Moty (105) beschreibt eine akute Form der Appendicitis , welche unter typhusähn-
lichen Erscheinungen (Benommenheit, leichte Delirien, hohes Fieber) verlfiuft und trotz
frühzeitiger Operation zum Tode führt. In den beiden von Moty wiedergegebenen Erank-
heitsgeschichten werden Leberveränderungen erwähnt, die möglicherweise an dem schweren
VerlMufe Schuld waren. Die Appendix war in beiden Fällen nicht gangränös und nicht
perforiert.
König (74) stellte dem Hamburger Ärzteverein zwei Patienten vor, bei welchen er
retrocökal gelegene Abszesse im intermediären Stadium durch die freie Bauchhöhle hin-
durch eröffnet und die betr. Kranken dadurch geheilt hatte. Er weist dabei darauf hin,
dass bei derartig gelagerten Wurmfortsätzen zuweilen auch die Operation im Intervall
grosse Schwierigkeiten mache.
Der linksseitige subphrenische Abszess nach Eröffnung eines perityphlitischen Ab-
szesses, den Eisendrath (41) auf transpleuralem Wege entleerte, führte zum Tode. Eine
Sektion wurde nicht gemacht Deshalb bestreitet in der Diskussion Bevan die Berechti-
gung, diesen Fall als einen linksseitigen, von der Appendix ausgehenden subphrenischen
Abszess anzusprechen, da noch zahlreiche andere Möglichkeiten der Entstehung in Betracht
kommen können.
Christian (30) stellt den aus der Literatur bekannt gewordenen Fällen von sub-
phrenischen Abszessen, welche im Anschluss an eine Perityphlitis entstanden waren, 7 bei
der Autopsie genau studierte Fälle zur Seite. Es handelte sich um eine Lokalisation des
perityphlitischen Eiters sowohl retrocökal wie intraperitoneal und es war die Infektion teil-
weise auf dem Lymph-, teilweise auf dem Venen wege erfolgt. 4 mal war ausserdem die
Pleura auf der betreffenden Seite infiziert.
Mirror (102) berichtet über einen Fall von akuter Appendicitis , welcher operiert
wurde and an welchen sich eine Pneumonie und ein Empyem anschloss. Bemerkenswert ist
nur die kontinuierliche Berieselung der Pleura mit heissem Wasser, wodurch nach der An-
sicht dee Verl die Entleerung und Ausheilung der Pleura beschleunigt wird. Ausgang
in Heilung.
Willy Meyer (98) berichtet über einen Fall von Colitis luetica, bei welchem er den
nicht obliterierten Proc. vermif. in der Ileocökalgegend einnähte und von hier aus mittelst
dünnen Drains Spülflüssigkeit ins Kolon einführte. Unter dieser Behandlung heilten die
Ulzerationen aus. Verf. rät zu dieser Methode besonders wegen der Zeitersparnis, der ge-
ringen Gefahr der Infektion der Bauchhöhle und dem leichten späteren Verschluss der
Darmwunde. Auch bei Dickdarmkarzinom hält er die Appendikostomie unter Umständen
ffir indiziert, weist aber darauf hin, dass häufig der Processus obliteriert sein dürfte.
Lyon (91) fordert in erster Linie die interne Behandlung der Appendicitis nach be-
stimmten Regeln. Er empfiehlt strengste Bettruhe, Eis auf den Leib, gegen die Schmerzen
Morphium, kein Opium und für 48 Stunden keine Nahrungszufnhr ; dann nur flüssige Kost.
Möglichst bald soll mit Kochsalzinfusionen begonnen werden. Lyon spricht dann noch
ausführlich über die Nachbehandlung, die vor allem auf die Diät und die Darmfunktion zu
achten hat Er bringt nichts Neues in seiner Abhandlung.
Nach einer historischen Einleitung über die Behandlungsweise der Appendicitis spricht
Er äfft (76) über die Auffassung der Erkrankung seitens der Ärzte. Der interne Mediziner
denkt bei Appendicitis immer an eine Entzündung der Mukosa, der Chirurg an eine solche
der Serosa. Man sollte deshalb lieber von einer Periappendicitis sprechen. Enteritis be-
gleitet die Appendicitis fast niemals. Verf. empfiehlt bei Entzündung der Mukosa Rizinus
zu geben, bei Entzündung der Serosa Ruhe, Eis, Opium verordnen und dabei die Operation
ins Auge zu fassen. Opium soll nicht ein Heilmittel sein, sondern nur die Schmerzen und
die Darmperistaltik vermindern.
606 Jahresbericht für Chirargie. IL Teil.
Es kann nach B^rard (13) Darmverschlaes infolge Yon Appendiciiis anftreten, wem
durch Entzündungen, Eiterungen oder narbige Schrumpfungen Darmschlingen abgeknickt
werden. Auch nach Operationen am Wurmfortsatz kann durch peritoneale Adhäsionen ein
Ileus veiTirsacht werden. Verf. beschreibt einen Fall von einem 11jährigen Kinde, bei dem
4 Wochen nach der Eröffnung eines perityphlitischen Abszesses plötzlich Xlens auftrat
Als Ursache fand sich ein Volvulus, der durch peritoneale Verwachsungen entstanden war.
Ducleanx (89) berichtet über einen Fall von Appendicitia , welcher längere Zeit
vorher mit allgemeinen Klagen über den Leib begonnen hatte. Diese Beschwerden liessen
nach, als die Fat., ein 9jähriges Mädchen, Röteln bekam. Wegen der Röteln wurde du
Kind dem Krankenhaus zugeführt. Kaum waren die Röteln abgelaufen, so traten neue,
sehr heftige peritoneale Erscheinungen auf, die sich hauptsächlich in der linken Fossa iliaca
lokalisierten. Es wurde schliesslich operiert und ein abgekapselter Abszess entleert, der
durch Perforation des Wurmfortsatzes entstanden war. Im weiteren Verlauf entleerte sich
noch ein zweiter Abszess spontan. Auch trat noch ein Lungenabszess auf. Bei der Sektioa
fanden sich endlich zwei subphrenische Abszesse.
Boxs' (21) Fall betrifft einen 51 jähr. Mann, der plötidich erkrankt war mit Schmerzen
in der rechten Bauchseite, Erbrechen und Druckempfindlichkeit der Gallenblaaengegend. Msa
fahlte eine leichte Resistenz in der rechten Lumbaiseite. Am 16. Tage trat Blutabgaog p«-
rectum ein und da Patient zu delirieren begann, wurde ein Typhus angenommen. Vidal
war negativ. Temperatur andauernd 38,5, Puls elend. Am 21. Tage Tod.
Autopsie ergab geringe Abszeesbildung in der Umgebung des zerstörten Proc vennif.
und zwischen rechter Niere, Flexura hepatica des Kolon und der Leber. Als Ursadie der
blutigen Stühle konnte mit grösster Wahrscheinlichkeit eine Arrosion und Tfaromboee der
Arteria mesenterica sup., soweit sie das Colon tranavers. und Colon ascend. versorgte, u-
gesprochen werden.
In einem Falle von Appendicitis, über den Wallace (157) berichtet und der tödM
verlief, kam es gegen das Lebensende hin zu wiederholten Darmblutungen, die den Ver-
dacht auf Typhua erweckten, ohne dass aber die Vi dal sehe Reaktion diesen beatätagte.
Obwohl die Quelle der Blutung bei der Sektion nicht aufgefunden wurde, glaubt Verf., daas
diese durch den Durchbruch eines Abszesses in die Flexura coli dextra hervorgerufen wordei
sei und aus der Art. mesent. sup. stammte.
Martin (95) berichtet über einen Fall, in welchem nach einer Appendicektomie ä
froid ein Scharlach auftrat, obwohl die Pat. schon 20 Jahre früher dieselbe Erkrankung
durchgemacht hatte. Die Symptome des Scharlaches waren die gewöhnlichen, doch ging
das Exanthem nicht von der Wunde, deren prima intentio ausblieb, aus, sondern von
Nacken. Verf. hält den sogenannten postoperativen Scharlach, ebenso wie den post partitB
entstandenen für neu übertragen und für ein Rezidiv einer bereits früher durchgemachto
Erkrankung. Man kann also nur von einem chirurgischen oder postoperativen Scharladi
sprechen, wenn die Infektion von der Wunde ausging und von dem Operateur oder seiB»
Instrumenten vermittelt wurde. Es soll sich also jeder, der mit einem Scharlaehkrankei
in Berührung kam, vor einer Operation besonders sorgfältig desinfizieren, und während etaer
Scharlachepidemie sollen nur Notoperationen ausgeführt werden.
Die Gangrän des Kolon und Ileum, über dieDandridge (32) berichtet» kam dadurdi
zustande, dass bei der Appendicitisoperation im intermediären Stadium eine Reihe Ttm
Mesenterialdrüsen exstirpiert und dabei eine grössere Arterie unterbunden wurde. Neck
mehrfachen Eingriffen kam der Fall übrigens schliesslich zur Heilung.
Rostovzew (143) machte die Beobachtung, dass bei Perityphlitis die höchste Körp«r-
temperatur nicht um 4—6, sondern um 9—10 Uhr abends erreicht wird- Je schwerer der
Fall ist, desto öfter ist diese Verschiebung zu konstatieren.
Hohlbeck (St. Petersborg).
Lucas-Championniere (90) stellt die Behauptung auf, dass eine der
Hauptursachen für Appendicitis die Fleischnahrung sei, da sie die Gämngs-
prozesse und Mikrobenentwickelung im Darm begünstige. Er ist der Ansicht
dass mit der Zunahme der Fleischnahrung auch die Häufigkeit und Schwere
der Appendicitis zugenommen habe.
Nach Ghauvel sollen die Operationen wegen Appendicitis im franzo-
sischen Heere seit 7 Jahren stetig gewachsen sein. Auflfallend ist das Ver-
hältnis der Erkrankungsfälle bei den Truppen im Lande mit einem Prozent-
satz von 0,127 gegen das der französischen Truppen in Algier und Tunis mit
Brentano, Verletzungen and chirnrgische Krankheiten des Darmes. G07
0,063 ®/o. Der Grund für das seltene Vorkommen in Algier und Tunis soll
der geringe Fleischgenuss sein.
Die meisten Fälle von Appendicitis kommen nach Lucas-Ghampion-
Diere in England und Nordamerika infolge des enormen JPleischgenusses vor.
Auch in den Städten sind die Fälle zahlreicher als auf dem Lande. Nach
einer Beobachtung soll in einer Religionsgemeinschaft, welche kein Fleisch
isst, nie Appendicitis vorgekommen sein.
Chauvel (29) hatte auf Grund einer nicht vollkommenen und nur die
schweren Fälle von Appendicitis umfassenden Statistik die Mortalität der
Blinddarmentzündung im französischen Heere für expektativ behandelte Fälle
auf 30®/o, für operierte auf 31,8 *^/o berechnet und bringt jetzt eine neue
Zusammenstellung der operierten Fälle vom Jahre 1897—1902, aus der zu-
nächst die Zunahme der Operationen wegen Appendicitis hervorgeht und sich
eine durchschnittliche Mortalität von 12,5— 12,7 ^/o für die beiden letzten
Jahre ergibt (die diffuse Peritonitis mit eingeschlossen). Die Gesamt mortalität
in der französischen Armee im Jahre 1901 berechnet Chauvel auf 5,2 °/o
und auf 4,2 ^/o im Jahre 1902. Die Zahl der an Appendicitis Erkrankten
betrug im Jahre 1901 für die in Frankreich selbst gamisonierten Truppen
0,95 ®/oo, für die in Algier und Tunis stehenden Armeekorps nur 0,44 ®/oo, im
Jahre 1902 1,27 >o für das Heimatland, 0,63 «/oo für die Kolonien. Die
muselmännische Bevölkerung ist nach dem, was Chauvel über ihre prozen-
tuale Beteiligung an der Krankheit in Erfahrung gebracht hat, sehr viel
weniger der Appendicitis unterworfen als die europäische, und zwar dürfte
dies darauf zurückzuführen sein, dass 1. die Kost der Eingeborenen eine
vorwiegend vegetarische ist, 2. Infektionskrankheiten sehr viel seltener auf-
treten, weil die Widerstandskraft der südlichen Bevölkerung gegen Infektionen
des Lymphapparates eine grössere ist. Die vermehrte Fleischnahrung hält
Chauvel für den Hauptgrund der Zunahme der Appendicitis. Lucas-
Championniere glaubt gleichfalls, dass eine vorwiegende Fleischnahrung
die Entstehung der Appendicitis begünstige, daher die Häufigkeit der Krank-
heit in England und Nordamerika und ihre relative Seltenheit auf dem Lande
im Gegensatz zur Stadt.
Peck (121) fand einen Tapezierernagel in einer langen, aber nicht entzündeten Ap-
pendix, der im Intervall entfernt worden war, weil wiederholte Anfälle von Koliken voraus-
gegangen waren.
Qn^nn (132) machte Mitteilung über einen bei einer Sektion zufftllig gemachten
Befund einer inkrustierten Nadel im Wurmfortsatz.
Michalski (99) fand bei einer Wurmfortsatzexstirpation im freien Intervall Reste
von Eierschalen an drei verschiedenen Stellen der freien Bauchhöhle ausserhalb der Ap-
pendix und nimmt an, dass dieselben durch eine Perforation dieser letzteren ausgetreten
sei, die sich spftter wieder geschlossen habe. Die Pat, ein 11 jähriges Mädchen, hatte die
Oewohnheit rohe £ier aus der Schale zu trinken.
Polya und Navratil (128) haben das Verhalten der Lymphgefässe
mid Lymphdrüsen durch Injektionen in die Submukosa und Muskularis der
Appendix an 13 Kinderleichen studiert und sind zu folgendem Resultate
gekommen: Auf der Serosa erscheint ein feines Netz, an der Lisertion des
Mesenteriolum ein gröberes Netz von Lymphgefässen, welche in der Richtung
der Art. appendicularis verlaufen und in eine grössere Drüse münden, welche
im Mesoappendix selbst, nahe dem Ursprünge der Arterie liegt, also der
Clado sehen Drüse entspricht. Fehlt dieselbe, so münden die Lymphgefässe
in eine oder mehrere nächst der Art. ileocolica gelegene mesenteriale Drüsen,
608 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL TeiL
welche sich in einem vom Ileum und Kolon begrenzten Winkel befinden
(ileocökale Lymphdrüsen). In einigen Fällen wurde eine bis zur Wurzel des
Mesenteriums reichende Reihe von Drüsen injiziert. Die aus der Wurzel des
Wurmfortsatzes sich sammelnden Lymphgefasse kommunizieren reichlich mit
der Cöcumspitze und ziehen durch Vermittelung der Ileocökal-Lymphdrusen
zu den in der Wurzel des Mesenteriums liegenden Drüsen; Lymphgefasse,
welche zum Mesocolon oder Lig. appendico-ovarium ziehen, wurden bei den
zwei zur Verfügung stehenden weiblichen Kinderleichen nicht gefunden. Die
Verfasser kommen zu dem Schlüsse, dass den normalen Lymphbahnen der
Appendix eine grössere pathologische oder chirurgische Bedeutung nicht zu-
kommt.
Mori (103) fand in verhältnismässig kurzer Zeit zwei Fälle von Appen-
dicitis bei Kaninchen und einen Fall bei einem Hunde , die er ausfiihrUch
beschreibt. Ausserdem gelang es ihm, eine künstliche Appendicitis durch
Einspritzen von Bakterien in die Art. appendicularis zu erzeugen.
Kellys (72) Arbeit ist eine Geschichte der Appendicitis in Grossbritanien von dem
ersten in der Literatur veröffentlichtem Falle (1812) an und ist hauptsachlich von Interesse
für diejenigen, welche sich mit der historischen Entwickelung unserer Ansichten über die
Appendicitis beschäftigen.
Auch die französische Literatur hat Kelly (71) nach den frühesten Mitteilungen
über Appendicitis durchforscht und das Gefundene zusammengestellt, so dass jeder, der
sich für die Greschichte der Appendicitis interessiert, die mühevolle Arbeit dankbar aner-
kennen mnss.
Alapy (164) verfährt bei Appendicitis nach folgenden Prinzipien:
1. Bei ganz leichten Anfällen nimmt er Abstand von der Operation,
doch verhält er sich expektativ.
2. Bei nur einigermassen intensiveren Anfällen ist er für die Frühope-
ration, wartet nicht bis zur Abzessbildung.
3. Wäre eine solche schon eingetreten, dann schreitet er — ausser der
Kranke kollabiert! — sofort ein; ist der Wurmfortsatz leicht auffindbar, ent-
fernt er selben gleich, wenn nicht, so nachträglich in 2— 5 Wochen.
4. Bekömmt Alapy den Kranken beim Abklingen des Anfalles zu Ge-
sicht, dann wartet er ab ; Erwachsene ohne Beschwerden empfiehlt er sonach
einer ärztlichen Aufsicht, bei Kindern hingegen ist er unbedingt für die
Operation. Seine diesbezüglichen Erfahrungen nämlich belehrten ihn über eine
bedeutendere Hartnäckigkeit und Gefährlichkeit des Leidens bei Kindern.
J. Dollinger (Budapest).
Dollinger (165) präzisiert seinen Standpunkt in der Operation der
Appendicitis folgendermassen :
1. Bei septischer Peritonitis, mit Kollapserscheinungen — um mit den
schwersten Fällen zu beginnen — operiert Dollinger nicht; so wie die
Fälle anderer Chirurgen endeten auch die seinigen tödlich.
2. Bei dififuser Peritonitis, mit hinreichendem Kräftezustand des Patien-
ten, wird unverzüglich operiert.
3. Tritt bei einer Appendicitis Perforation ein oder zeigen sich die
Zeichen eines Abszesses: auch dann schreitet Dollinger sofort ein. Die
Mortalität dieser Gruppe beträgt an Dollingers Klinik ll,5*^/o.
4. Kommt der Kranke mit dem ersten Anfalle in unsere Beobachtung:
Bei 20% der Erstkranken kompliziert sich der Verlauf mit Perforation oder
Gangrän des Wurmfortsatzes ernstlich, — ein grosser Teil der dennoch Ge-
nesenden (Hawkins 23,6%, Wyeth 80%, Willy Meyer 90%) wird
Kar eher, Verletzangen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 609
später rezidiv. Demgemäss operiert hier Dollinger bei den geringsten be-
drohlichen Symptomen sofort; bei leichtem Verlaufe nur wartet er ab, um
nach Abklingen des Anfalles dem Patienten zu einer Operation zu raten.
Von diesen seinen, wegen einfacher Appendicitis operierten Kranken, verlor
Dollinger keinen.
5. In Fällen schliesslich, wo der Kranke schon mehrere Anfälle gehabt,
ist Dollinger für sofortige Entfernung des Wurmfortsatzes.
J. Dollinger (Budapest).
Die 30jährige Kranke Herczels (166) kam schon mit der Diagnose
einer Intussusceptio ileo-colica auf seine Abteilung; bei der Operation erwies
sich diese Annahme als wahr. Da eine vollkommene Desinvagination nicht
gelang, wurde reseziert und der Dünndarm in den Dickdarm — end to side
— implantiert. Die Kranke genas.
Am Durchschnitte des resezierten Darmteiles lag gleichsam als Rüssel
des Intussusceptum der Processus vermiformis; entzündliche Verwachsungen
fixierten die Gebilde. Dollinger (Budapest).
DarmTerschluss.
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Braun (8) fand bei einer Operation wegen Bauchkontosion (Hnfschlag
gegen die linke Bauchseite, linksseitige inkarzerierte Leistenhernie 37» Stunden
nach dem Trauma operiert; Laparotomie wegen Ausfliessens von viel Trans^
sudat aus der Bauchhöhle durch den Schnürring) eine traiunatisch entstandene
Invagination inmitten einer tetanisch kontrahierten Jejunnmschlinge, die
J
Kar eher, Verletzungen and chirurgische Krankheiten des Darmes. 611
nur durch festen Zug zu lösen war. Dieser Befund spricht fiir die spastische
Theorie der Invagination. Er erwähnt dann nur zwei rapid tödlich verlaufene
InTaginationen.
Hinsichtlich der operativen Eingriffe beim Ileus ist er der An-
sicht, der Eingriff in der Bauchhöhle solle so lokal und schonend wie möglich
gestaltet werden. In jedem Falle wird der geblähte Darm eröffnet. Die
Anl^uBg einer Kotfistel sorgt für dauernde, gründliche Entleerung desselben.
Nur bei Frühoperation und genau gestellter örtlicher Diagnose soll man suchen,
das Hindernis sofort zu beseitigen. Bei Dünndarmileus sucht man das
Hindernis von den kollabierten Schlingen aus. Gangränöse Partien werden
nicht primär reseziert und vereinigt, sondern bloss vorgelagert. Nicht nur
bei drohender Gangrän wird die betroffene Darmschlinge eröffnet, es wird
Tielmehr jetzt bei jedem Ileus für die nächsten Tage eine Kotfistel angelegt,
und zwar nach dem Witzeischen Prinzip der Fistelbildung mit Einbettung
eines Drains. Die Erfahrungen sind damit gute, die Fistel schliesst sich meist
spontan. Die Entleerung des Darmes durch Punktion oder Inzision mit so-
fortigem Verschluss der Wunde genügt nicht, da Abfluss aus entfernteren
Darmpartien sehr allmählich vor sich geht. Den Gefahren einer länger
dauernden Insuffizienz oder Paralyse an der Einklemmungsstelle wird dadurch
nicht begegnet. Auch bei Strikturen und Karzinom reseziert Braun nicht
primär.
Haas 1er (20) weist in seiner allgemeinen Besprechung des Darm-
verschlusses an Hand der Hallenser Fälle auf die Bedeutung einer Lokal-
diagnose (Ort und Art des Dannverschlusses) hin. Dieselbe ist am ehesten
noch im Frühstadium des Ileus zu stellen, solange noch keine Komplikationen
dieselbe trüben. Die erste Untersuchung durch den behandelnden Arzt ist
darum von grosser Bedeutung.
Rieppi (37) berichtet über 19 Fälle von Darmverschluss, in denen er
chirurgisch einzugreifen gezwungen war. R. Giani.
Langer (46) bekämpft die Ansicht Maydls, wonach beim Darm nur
dann eine retrograde Inkarzeration vorkommen könne, wenn auch das
Mesenterium des sogenannten Mittelstückes vorliegend sei. Dies trifft für
das Querkolon und das unterste Ileum nicht zu. Er teilt einen diesbezüg-
lichen Fall mit, bei dem der Bruchinhalt einen höheren Grad der Inkarzeration
darbot als das retrograd inkarzerierte Organ. Dieser Fall ist der erste, bei
dem das Mesenterium des Zwischenstückes frei im Bauchraum lag und es
doch zur retrograden Inkarzeration gekommen war.
Del Gonte (17) führte Untersuchungen aus, um festzustellen, welches
bei Darmokklusionen ohne Perforation oder nekrotische Stellen am Darm die
Todesursache sei. Seine an Meerschweinchen und Kaninchen angeführten
(neun) Experimente taten folgendes dar: Die im Darminhalt vorhandenen
Bakterien passieren nie durch die Darmwandung hindurch, weil sie zunächst
in der Mukosa und, nach eventueller Zerstörung dieser, in der Muscularis
eine unüberwindliche Barriere finden; unter solchen Verhältnissen gehen die
Tiere nie an Septikämie zu gründe; der Tod erfolgt infolge von Autointoxi-
kation, die dadurch bewirkt wird, dass in der eingeklemmten Darmschlinge
sich toxische Substanzen in übergrosser Menge bilden, die dann in den Kreis-
lauf treten, wie dies beim Botulismus geschieht. Dies wird bezeugt durch
die fettige Degeneration der Leber, die man bei solchen Tieren bei der
Autopsie antrifft, durch die Glomerulonephritis und die klinischen Erschei-
39*
612 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
nongen. Die in solchen Fällen entstehende Anurie begünstigt die Autointoxi-
kation. — Verf. konnte einige Tiere nach erfolgter Intoxikation am Lieben
erhalten dadurch, dass er das toxische Vermögen des Darminhaltes durch
Milchkost herabminderte. R. GianL
Clairmont (14) hat experimentell nachgewieson, dass die bei Ilens
auftretenden Darmgifte durch Bakterien gebildet werden; ihre Hitzebeständig-
keit hat gezeigt, dass sie echte Toxine sind. Immunisierungsversuche im
Sinne einer Serumtherapie fielen negativ aus.
E reut er (30) zeigt an Hand von zwei Fällen, dass bei tiefem Dickdarm-
verschluss die Hauptgefahr für den Kranken im Zustande des Coecum liegen
kann, dessen Entfernung möglich und zu versuchen ist. Im ersten seiner
Fälle handelte es sich um echten lokalen Meteorismus des Coecum durch Ab-
k nickung desselben. Im zweiten Falle lag ein Volvulus der Flexura sigmoidea
vor. In beiden Fällen war die Ueocoekalklappe retrograd absolut undurch-
lässig. In beiden Fällen war es durch die hochgradige Dehnung zu Gangrän
und Geschwürsbildung im Coecum gekommen. Im ersten Falle wurde das
Coecum partiell, im zweiten total exstirpiert.
Einen Fall von funktionellem, nicht mechanischen Darmverschluss be-
obachtete Cavazzani (12). Der Darmverschluss war durch Perforations-
peritonitis entstanden, diese hatte ihre Ursache in einer akuten Vergiftung
durch faulige Gärung, die wegen Magenektasie zustande gekommen war.
Verf. hatte eine Darmperforation ausgeschlossen; aber bei der Autopsie, die
im übrigen die Diagnose bestätigte, wurde zwischen Pylorus und Duodenum,
im hinteren Teile, ein kleines Loch konstatiert. fi. Giani.
Pankow (34) berichtet über einen Fall von spastischem Ileus. Der-
selbe war sechs Tage nach einer schweren Myomoperation aufgetreten lud
dauerte acht Wochen lang ; er bestand trotz der Anlegung eines Anus präter-
naturalis weiter, löste sich dann von selbst, so dass die Patientin vollständig
ausheilte. Das Myom hatte sich zwischen die Blätter des Mesokolon ent-
wickelt und war mit demselben teilweise so verwachsen, dass es bei der Aus-
schälung desselben zu mehrfachen Zerreissungen des Mesokolon und fast voll-
kommener Ablösung der Flexura sigmoidea kam. Pankow nimmt an, es
habe sich nun ein reflektorischer Enterospasmus ausgebildet, der allein aus-
gelöst wurde durch eine infolge der Mesenterialverletzungen entstandene Ge-
schwürsbildung der Darmwand.
Der von Lodi (32) referierte klinische Fall betrifft einen 27jährigen
Arbeiter, der von Zeit zu Zeit als Schiffsmaler tätig war; derselbe tut dar,
dass eine Fehldiagnose zwischen akutem Saturnismus und Darmverschluss mög-
lich ist. Eine solche Fehldiagnose könnte wegen verzögerten chirurgischen
Eingriffes sehr schwere Folgen haben, umsomehr als, wie vorliegender Fall
zeigt, auch kleine, durch die Haut aufgenommene Bleimengen eine schwere,
nicht vermutete Vergiftung hervorrufen können. Verf. erörtert kurz die
Differentialdiagnose zwischen den beiden Affektionen. R. Giani.
Calabi undGajardoni (10) teilen den eigentümlichen Sektionsbefund
folgenden Falles mit: Ein Patient erhielt vor einem Jahr einen Stoss gegen
den Unterleib: unmittelbar darauf reichliche Urinentleerung. Erscheinungen
von subakutera und intermittierendem Darmverschluss unter Urindrang: schliess-
lich Exitus. Es fand sich nun am Zipfel der Blase ein Loch, durch welches
Darmschlingen in die Blase hineingetreten waren und sich eingeklemmt hatten.
In der Umgebung dieser Öffnung fehlte die Muscularis. — Nach der Meinung
Kar eher, Verletzungen und chirurgiscbe Krankheiten des Darmes. 613
der Yerff. soll das Trauma bei kongenitalem Defekt der Blasenmuskularis zu
einer Hernie der Blasenwand geführt haben. Später Inkarzeration der Darm-
schlingen und schliesslich Biss der Blasenwand durch Druckvermehrung im
Bmcksack.
In dem von Galabi und Gaiardoni (11) mitgeteilten Falle war der
Darmverschluss durch eine seltsame, bisher noch nicht beschriebene Ursache
hervorgerufen worden, nämlich durch das Eindringen vom Dünndarm in die
Blase. Der Fall betrifft einen 60jährigen Mann, der ein Jahr vorher ein
Trauma in der Oberschamgegend erlitten und darauf wiederholt Zeichen von
Darmverschluss aufgewiesen hatte, die jedoch immer nach Enteroklysmen
zurückgegangen waren.
Ein letzter Anfall von Darmverschluss, der mit Erscheinungen von Peri-
tonitis aufgetreten war, hatte den Tod zur Folge gehabt. — Bei der Autopsie
konstatierte man, dass ein langer (61 cm messender) Dünndarmabschnitt durch
eine 8 cm weite Perforation in die Blase eingetreten war. Da um die per-
forierte Stelle herum Muskelfasern fehlten, nehmen die Verff. an, dass eine
Entwickelungshemmung der T. muscularis der Blase vorgelegen habe, deret-
wegen, infolge des Traumas, am Blasengrunde eine Hernie der Schleimhaut
sich hatte bilden können; in diese Einknickung waren die Darmschlingen
hineingedrängt worden und hatten die ersten schmerzhaften Erscheinungen
veranlasst; als mit der Zeit immer mehr Darmschlingen hineingeraten waren,
hatte sich zu den Darmverschlusserscheinungen die Perforation des Sackes
und dann die tödliche Peritonitis hinzugesellt. R. Giani.
Lane(31) machtauf eine chronische Obstruktion des Coecum
und Colon ascendens aufmerksam. Dieselbe kommt vor bei Leuten, die
lange an Verstopfung gelitten haben und die ein pathologisch entwickeltes
Mesenterium besitzen, welches sich am Coecum, am Colon ascendens und der
Flexura hepatica ansetzt. Bei Füllung des Coecum wird die Flexura ab-
geknickt ; in den schwersten Fällen kann es zur völligen Behinderung der Kot-
passage, ja zum Dens kommen. Zuweilen kann ein Volvulus entstehen. In
weniger schweren Fällen klagen die Kranken über Schmerzen in der Cökal-
gegend, die in das Gebiet des Ileo-hypogastricus und Ileo-inguinalis und des
letzten Dorsalnerven ausstrahlen. Zuweilen werden Blasenbeschwerden an-
gegeben. Dieser Zustand, der in vielen Fällen anfallsweise auftritt, wird oft
mit Appendicitis oder mit Nierenkoliken verwechselt. Die Fälle werden nur
dann gebessert, wenn man die Flexur wieder freimacht und die Knickung
ausgleicht. Öfters sind diese Fälle mit Wandemiere verbunden.
Eine Arbeit von M. Schöne (45) behandelt die Inkarzeration des
Wurmfortsatzes. Hierhergehörige Falle sind im ganzen selten, wurden aber
in den letzten Jahren zahlreicher beobachtet Verf. stellt sich zur Aufgabe,
die Lösung der Frage, ob es sich in solchen Fällen um eine primäre Inkar-
zeration des Wurmfortsatzes oder um eine Appendicitis in einem Bruchsack
bandelt.
Folgender Fall veranlasste die Arbeit:
Ein 23 jähriger Maler fühlt plötzlich beim Hieben einer Leiter einen
Schmerz in der rechten Leistengegend, gleichzeitig Hervortreten einer Geschwulst,
die allen Taxisversuchen trotzt. Herniotomie am 4. Tage. Im Bruchsack
findet sich eine eingeklemmte Dünndarmschlinge, die eine verdächtige Stelle
aufweist. Femer hinter dieser Schlinge der Wurmfortsatz mit seinem Mesen-
teriolum — ebenfalls eingeklemmt. Resektion des Wurmfortsatzes. Der Ope-
614 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
rierte stirbt an Erscheinungen von Perforationsperitonitis. Bei der Autopsie
fanden sich zwei Perforationsstellen 40 cm oberhalb der Ileocökalklappe am
Dünndarm. Der Wurmfortsatz trug an seinem oberen Ende eine deutliche
Schnurfurche, die sich auch auf das Mesenteriolum hinzog.
Oberhalb der Schnurfurche war der Wurmfortsatz normal, unterhalb gelb-
lich-nekrotisch. Es handelte sich also offenbar um einen angeborenen ingui-
nalen Bruchsack, der früher den langen, mit schlaffem Mesenteriolum ver-
sehenen Wurmfortsatz enthalten hatte. Das plötzliche Eintreten einer Dann-
schlinge in dem Bruchsack verursachte die gleichzeitige Einklemmung beider
im Bruche enthaltenen Gebilde.
Primäre Inkarzeration bestand ebenfalls in 14 anderen der Literatur
entnommenen Fällen, deren Symptomatologie sehr ähnlich war und gleiche
Beweismittel lieferte : Keine früheren Erkrankungen des Wurmfortsatzes, plötz-
licher Beginn der Erkrankung oft nach einer Überanstrengung, gleichzeitiges
Hervortreten der Bruchgeschwulst, Inkarzerationserscheinungen, Wurmfortsatz
im Bruchsack mit deutlich ausgesprochener Einschnürung in der Höhe des
Bruchsackhalses ; oberhalb der Einschnürung Appendix normal, unterhalb ver-
dickt nekrotisch oder perforiert ; keine Verwachsungen und keine Fremdkörper
im Lumen des Wurmfortsatzes. Ausserdem waren die Appendices gewöhnlich
sehr lang (bis 16 cm) und mit langem fettreichen Mesenteriolum versehen.
Meistens handelte es sich um kongenitale Hernien.
Es fällt schwer zu behaupten, ob diese Pathogenese auf alle Fälle mit
gangränösem oder beginnend nekrotischem Wurmfortsatz in einem Bruchsack
anzuwenden sei ; in einzelnen Fällen scheinen Nekrose und Inkarzeration gleich-
zeitig und kombiniert.
In den meisten Fällen handelt es sich aber um primäre Inkarzeratioo.
Gauchery (18) hat 57 Fälle von Darmverschluss im Verlauf einer
Uterin-Schwangerschaft und 9 im Verlauf einer E3ctrauterin-Gravidität zu-
sammengestellt. Der Häufigkeit nach zusammengestellt fanden sich folgende
Ursachen: innere Abschnürungen, ausgedehnte Kompressionen und Lage-
veränderungen des Darmes (Volvulus, Torsion u. s. w.). Verwechslungen kamen
vor mit Koprostase, Peritonitis, Appendicitis, Brucheinklemmung, Dann-
perforation, Extrauteringravidität, Uterusruptur. Von den operierten Fällen
starben 53**/o Mütter und 38% Kinder, von den nicht operierten 76 ^/o Mütter
und 66 7o Kinder.
Sonnenburg (39) sah in mehren Fällen (drei Fälle von eitriger Peri-
typhlitis, in einem Falle von gleichzeitig vorhandener Cökalfistel, in sechs
Fällen von Appendicitis, die ä froid operiert wurden) nach der Operation die
allmähliche Entstehung eines Heus, ohne dass zu gleicher Zeit peritonitische
Erscheinungen auftraten. Eine erneute Laparotomie, oder die Sektion, oder
der niedrige Stand der Leukocyten ergaben das Fehlen einer Peritonitis.
Unter den Fällen der Ileus postoperation gingen einige mit trommel-
artiger, fast isolierter Aufblähung des Coecum einher. Die Ursachen des
Ileus sind komplizierter Natur. Zum Teil handelt es sich um Strangulations-,
zum Teil um Obturationsileus. Der Meteorismus spielt dabei eine grosse
Rolle; er führt besonders bei gleichzeitiger postoperativer Darmlähmung zn
Knickungen, wobei noch alte Adhäsionen mitwirken können. Ebenso kann
es zu Achsendrehungen kommen. Bei Verdacht auf beginnenden Dens lasse
man alle Narkotika, besonders auch Morphium, fort, gebe frühzeitig Abführ-
mittel.
Earcher, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 615
Reitzenstein (36) beobachtete einen Fall von Ileus infolge von
Thrombose der Vena mesenterica, der klinisch diagnostiziert durch
die Sektion klargestellt wurde. 39jähriger Mann. Die Erscheinungen waren
allmählich aufgetreten. Sie bestanden in Schmerzen, heftigen blutigen Diar-
rhöen. Bemerkenswert waren das plötzliche Wiederaufhören des Schmerzes,
der Mangel eines lokalisierten und allgemeinen Meteorismus, die erst am
dritten Krankheitstage aufgetretene Resistenz rechts und vor allen Dingen der
blutige Ileus. Es war das typische Bild eines paralytischen Ileus unter dem
Zeichen der inneren Verblutung.
Homburger (26) behandelte einen Fall von Darmparalyse mit Ileus-
erscheinungen im Verlaufe einer Meningomyelitis luetica mit Erfolg mit
Atropin.
Jaff6 (27) hat bei peritonitischen Erscheinungen und Ileussymptomen
nach einem intrauterinen Eingriffe (Galvanokaustik nach Apostoli). Strych-
nininjektionen in der Dosis von 2 mal 0,003 Strychnin nitr. angewandt und
dabei eine Lösung des Ileus beobachtet.
Grabe (20) sah einen günstigen Erfolg von Strychnin bei einer post-
operativen eitrigen, abgesackten Peritonitis mit schwerster Darmlähmung
(Pseudoileus). Er gab in drei Injektionen in zweistündlichen Pausen insgesamt
0,01 Strychnin. Nach der letzten Einspritzung traten Flatus und Stühle auf.
Der Abszess brach später durch den Scheidenschnitt durch.
2. Strangulation, Knickung.
1. ^Anderson, Gase of internal Strangulation through a hole in tbe mesentfry. British
medical Journal 1908. Febr. 28.
2. BörardetPatel, Les occlusions intestinales par condure de Tangle colique ganche.
Revue de Cbir. 1903. Nr. 5.
3. *ChaTannazetMongonr, Occlusion intestinale par compression de Fintestin grdle.
Liberation de Tanse. Gnörison. Journal de m^d. de Bordeaux 1903. Nr. 81.
4. Hofmann, Ein seltener Fall von zweisitzigem Strangulationsileus. Wiener klin.
Wochenschrift 1903. Nr. 41.
5. *Eempe, A rare case of intestinal obstmction resulting from a kick in the right
iliac region. The Lancet 1903. Aug. 15.
B6rard und Patel (2) besprechen die infolge Knickung der Flexura
coU sinistra auftretenden Darmokklusionen. Der Mechanismus wurde schon
seinerzeit von Terrier beschrieben und beruht auf den eigentümlichen
physiologischen Verhältnissen an dieser Darmstelle. An Hand eines neuen
Falles werden in Übereinstimmung mit den Ansichten Terriers die ver-
schiedenen Formen der Okklusion an der linken Flexur, ihr Mechanismus, ihre
Symptomatologie und die Therapie des Leidens der Reihe nach studiert
Hierbei werden ausschliesslich die sogenannten essentiellen Okklusionen dieses
Darmabschnittes in Betracht gezogen, also nicht die durch Neoplasmen, Lues
oder Tuberkulose hervorgerufenen.
Was den Mechanismus betrifft, so kommt an der Flexura coli sinistra,
abgesehen von etwaigen Briden, ein essentieller Darmverschluss vor, indem
durch Heruntersinken des Colon transversum der Winkel der Flexur sich
allmählich immer mehr zuspitzt; den Fäkalmassen steht somit ein Wider-
stand entgegen, der um so grösser ist, je spitzwinkliger die Knickung wird.
Okklusionserscheinungen treten dann besonders auf, wenn das Ligamentum
phrenico-colicum schmal ist und sich als einfaches Bündel an der äussersten
616 Jahresbericht für Chirurgie. IT. Teil.
Spitze der Flexur anheftet. Eine hartnäckige Stuhlverstopfung, ein Spasmus
oder eine Darmparese genügen, den Ileus heryorzurofen.
Das klinische Bild ist verschieden, je nachdem es sich um einen kom-
pletten subakuten oder akuten, oder um einen inkompletten Verschluss mit
abgeschwächten Symptomen handelt. Die Schmerzbaftigkeit in der Höhe der
7. und 8. Kippe scheint in den leichten Fällen den einzigen Anhaltspunkt
für die richtige Diagnose zu geben. Was die Therapie betrifft, so konunen
von chirurgischen Eingriffen in Frage : die laterale Enteroanastomose und die
Eolopexie, entweder allein oder mit ersterer kombiniert.
Hof mann (4) operierte einen 64 jährigen Tagelöhner wegen Heus. Es
fand sich eine im Leistenkanal eingeklemmte Hernie. Ein weiterer Teil des
Dünndarms war durch das strangförmige Mesenterium der im Leistenringe
eingeschlossenen Schlinge stranguliert. Exitus letalis. Die Strangulation war
in diesem Falle eine zweisitzige.
3. Volvulus.
1. *Alllingham and Bridge 8, Chronic yolvalus of the sigmoid flezure; intestinal ob-
struction; Operation; recoyery. The Lancet 1903. June 13.
2. Balacescn, Yolvnlus des Colon pelvinuro. Revista de Chinirgie 1903. Nr. 6. p. 278
(rumftnisch).
3. *Bischopp and Fripp, Case of yoIvuIus of the caecnm. British med. Journal 1908.
Jan. 10.
4. Brehm, Über die Mesenterialschrumpfung und ihre Beziehungen zum Yolvalus der
Flezura sigmoidea. ▼. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 70. Heft 1.
5. Ekekorn, Über die gewöhnlichsten, durch Yerknotung verursachten Formen von Ileus,
mit besonderer Röcksicht auf den Mechanismus der Knotenbildung, y. Langenbecks
Archiv 1903. Bd. 71. Heft 2.
6. Kert^sz, Zur Frage vom Mechanismus der Darmstrangulation. Deutsche med. Wochen-
schrift 1903. Nr. 23.
7. Kredel, Yolvulus im Sftuglingsalter. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 69.
Heft 1.
8. Ereuter, Dehnnngsgangrftn des Coecum bei Achsendrehnng der Flexura sigmoidea and
bei Abknickung des Blinddarms, v. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 70. Heft 2.
9. *Eulm, Über Volvulus der Flexura sigmoidea. Diss. Königsberg 1903.
10. *Mo7nihan, Five cases of volvulus. Edinburgh medical Journal 1903. August.
11. * — Recurrent volvulus of the sigmoid flexure treated by excision of the involved loop.
British medical Journal 1903. Jan. 31.
12. *— Yolvulus. Medical Cbronicle 1903. February.
13. Pescatore, Ein Fall von Yolvulus bei einem 19tftgigen S&ugling. Deutsche Zeit-
schrift fttr Chirurgie 1903. Bd. 68. Heft 1 und 2.
14. Philipowicz, Mitteilungen über inneren Darmverschluss mit besonderer Berfick-
sichtigung des Yolvulus der Flexura sigmoidea. Archiv f. klin. Chirurgie 1903. Bd. 70.
Heft 3.
15. — Mitteilungen über inneren Darmverschluss mit besonderer Berücksichtigung des Vol-
vulus der Flexura sigmoidea. Archiv für klin. Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 4.
16. Wandel, Über Yolvulus des Coecum und Colon ascendens. Mitteilungen aus den
Grenzgebieten 1903. Bd. 11. Heft 1.
17. *Weege, Über den Yolvulus der flexura sigmoidea. Diss. Marburg 1903.
18. Wilms, Die Achsendrehungen des Darmes und der Mechanismus des Strangulations-
ileus. Med. Gesellschaft Leipzig. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 30.
19. — Wie entstehen Achsendrehungen (Yolvulus) des Dünndarms? v. Langenbecks
Archiv 1903. Bd. 69. Heft 4.
20. — Der Mechanismus der Enotenbildung des menschlichen Darmes. 82. Chir.-Eongress.
Berlin 1903.
21. -- Der Mechanismus der Darmstrangulation. Deutsche med. Wochenscbr. 1903. Nr. 43.
22. — Mechanismus der Strangulation des Darmes. Deutsche med. Wochenschrift 1908.
Nr. 5.
Earcher, Yerletznogen UDd chirargische Krankheiten des Darmes. 617
23. Wilms, Mechanismus der Enotenbildang des menschlichen Darmes, y. Langenbecks
Archiv 1903. Bd. 69. Heft 4.
24. — Mechanismus der Knotenbildnng des menschlichen Darmes, v. Langenbecks
Archiv 1903. Bd. 69. Heft 1.
25. *Wolff, Über Volvulus des Jejunum. Diss. München 1903.
Volvulns der Flexnr und Volvulus des Dünndarmes haben nach Wilms
(19) eine verschiedene Ätiologie. Dort wird die Entstehung der Achsendrehung
begünstigt durch eine lange Flexur, einen geblähten Scheitel und einen
schmalen Stiel und durch abnorme Verhältnisse des Mesenteriums; hier da-
gegen spielt die Darmperistaltik eine Hauptrolle. Unter ihrem Einfluss wird
der abführende Schenkel des Darms in den Volvulus hineingezogen ; es findet
hier ein ähnlicher Mechanismus statt, wie ihn Wilms ausführlich für die
Entstehung der einfachen Strangulation und Knotenbildung beschrieben hat
(s. d. bezgl. Referat). Dass die Verhältnisse ähnlich sind, geht daraus her-
vor, dass in den allermeisten Fällen von Dünndarmvolvulus der Dünndarm
an seinem unteren Ende soweit in den Volvulus hineingezogen ist, bis die
Befestigung am Cöcum ein weiteres Hineinziehen verhindert. Die oberen
Abschnitte des Dünndarmes, das Jejunum oder der obere Teil des Heums
sind meistens frei. Auch finden sich öfters an den torquierten Darmab-
schnitten wie bei der Strangulation mehrfache Schnürringe, die auf ein suk-
zessives Hereinziehen des Darmes in den Volvulus hindeuten.
Zur Erklärung des Mechanismus der Achsendrehung einer kleinen Dünn-
darmschlinge bespricht Verf. die normale Peristaltik und die normale Lage
des Dünndarmes. Es kommen normale Kreuzungen der Darmschenkel mit
Achsendrehung vor; diese Achsendrehungen zeigen aber keine Strangulation
und keine mesenterialen Zirkulationsstörungen. Durch Knickung oder ander-
weitige Störung in der Passage des Darminhaltes kann sich nun eine solche
Achsendrehung mit Strangulation verbinden und durch den beschriebenen
Mechanismus kann schliesslich ein grösseres Darmpacket in den Volvulus
hineinbezogen werden.
Die Drehungen geschehen, wie aus der grössten Zahl der Beobachtungen
erhellt, meist im Sinne des Uhrzeigers ; der Stiel in links gewundener Spirale.
Diese Achsendrehungen des Dünndarmes sind wahrscheinlich häufiger
als man bisher annahm und können sich wohl häufig auch spontan
wieder lösen.
Was die therapeutischen Schlüsse betrifft, die aus der Wilmsschen
Theorie zu ziehen sind, so wird man in erster Linie die Peristaltik zu be-
kämpfen haben: bei operativen Eingriffen wird man sich von der Cökal-
gegend aus orientieren müssen und vom Cöcum aus am Ileum die Torsions-
stelle aufsuchen.
Eine sehr interessante und umfangreiche Arbeit über den Mechanismus
der Knotenbildung des Darmes stammt von Wilms (20 — 24). Sie eignet
sich ihres vorwiegend theoretischen Inhals wegen wenig zum Referate; auch
sind die Abbildungen zum genauen Verständnis der Einzelheiten notwendig,
so dass hier nur einige wesentliche Punkte hervorgehoben werden können.
Die allermeisten wahren Knotenbildungen liegen zwischen B'lexur und
einer Deumschlinge. Der inkarzerierte Dünndarmteil gehört immer dem
unteren Abschnitte des Heums an.
Zur Bildung eines Knotens ist eine lange Flexur nötig; sie wird ausser-
dem begünstigt, wenn der Scheitel der Flexur durch Gase oder Stiche auf-
618 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil
getrieben und das Mesenterium der Flexur schmal ist. Eine Hauptrolle
spielt ausserdem bei der Genese der Knotenbildung der Einfluss der Diinn-
darmperistaltik.
Wilms studiert nun die mechanischen Verhältnisse bei der einfachen
Strangulation des Darmes durch einen Schnürring und zeigt, dass dieselbe
sukzessive und etappenweise stattfindet, indem durch die peristaltischen
Darmbewegungen oberhalb des Hindernisses immer neue Teile des unterhalb
des Schnürringes gelegenen Darmabschnittes unter dem Schnürring hervor-
gezogen werden. Dieses sukzessive Hereinziehen von immer neuen Dann-
schlingen in die Strangulation geht so lange vor sich, bis der durch Mesen-
terialstrang und Darmrohr bedingte Verschluss ein vollständiger ist. In praxi
hört nun das Hindurchtreten von weiteren Dünndarmschlingen nach einer
gewissen Zeit meistens deswegen auf, weil durch die Fixation des Cöcums
das untere Ende des Ileums nicht weiter folgen kann.
Ausgehend von diesen Verhältnissen bei der einfachen Strangulation
werden diejenigen der Knotenbildung studiert. Hier herrscht ein einheit-
liches Prinzip im Entstehungsmechanismus: eine Dünndarmschlinge schlüpft
unter die Wurzel der Flexur und wird dort festgehalten, dann folgt, wie
oben, durch Aufblähung des Darmes oberhalb der Stenose Hereinziehen immer
neuer Darmabschnitte unter die Flexurwurzel hindurch, meist des ganzen
abführenden Dünndarmschenkels bis in die Höhe des Cöcums.
Die operativen Erfahrungen über das Leiden sind sehr gering, indem
der Verlauf oft so beschleunigt ist, dass schon am ersten Tage der Tod ein-
treten kann. Man wird suchen, den Dünndarm zu entleeren und herauszu-
ziehen, wobei oft eine vorherige Entleerung der Flexur notwendig ist.
Kert6cz (6) steht in Widerspruch zu der Wilmsschen Theorie über
den Mechanismus der Darmstrangulation ; das Eintreten von grösseren Dann-
partien in den Volvulus hinein nach Einklemmung hält er nicht als eine Folge
der Darmperistaltik, sondern als primären und sofort nach der Einklemmung
auftretenden Vorgang. Bei geringer Kraft und kurzer Dauer der primären
Ursache für die Einklemmung kann nur eine kleine Darmschlinge austreten;
diese kann sich allerdings auf Kosten des abführenden Darmes vergrössem,
doch geshieht dies durch Blähung und Kotanhäufung des zuführenden Schen-
kels von der Strangulationsstelle und durch den erhöhten intraabdomineUen
Druck. Diese Ansicht unterstützt Verf. durch das Resultat von Tierversuchen.
Auch für den Austritt grösserer Darmabschnitte braucht die Theorie der
Peristaltik nicht zur Erklärung herangezogen zu werden, indem nach Vert
diese Fälle durch die Wirkung der Schwere und den Mechanismus der Kot-
stauung nach Lossen genügend erhellt werden.
Wilms (18) verficht seine Ansicht, wonach der Mechanismus der
Strangulation des Darmes im wesentlichen durch die Peristaltik der
eingeklemmten oder abgeknickten Schlinge erklärt wird. Durch dieselbe wird
der abführende Schenkel soweit in die Strangulation hineingezogen, bis die
Schnürung absolut fest ist oder bis die Fixation am Cöcum ein weiteres
Folgen des Darmes verhindert. Auch die passive Dehnung des Darmes in-
folge Anhäufung von Darminhalt mag für den Mechanismus seine Bedeutung
haben. Er bekämpft die Ansicht von Kertöcz, der in der Bauchpresse
den Hauptfaktor beim Mechanismus der Darmstrangulation erblickt.
Den Mechanismus der Knotenbildung des Darmes erklärt Eb ehern (511
fibweicbend von der Wilmsschen Theorie, dadurch, dass durch Hinauf-
Earcher, Yerletzangen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 619
schlagen der Flexur in die Bauchhöhle und Herüberhängen des unteren Teiles
des Ileum über die Basis der Flexur eine Kreuzung der erwähnten Schenkel
za stände kommt. Diese bilden nun mit ihren Mesenterien und der hinteren
Bauchwand gleichsam eine Pforte, durch welche die Flexur infolge ihrer
Schwere durchtreten kann. Die Knotenbildung geschieht nun so, dass dieses
Hindurchtreten der Flexur hinter der sie kreuzenden Ileumschlinge geschieht,
wobei dann die Flexur unterhalb der Schlinge rechts von ihrem eigenen
Mastdarmschenkel heraustritt. Dabei entsteht gewöhnlich noch eine Drehung
der Flexur um ihre Mesenterialachse. Bei der Aufblähung der durchgetre-
tenen Darmschlinge wird der anfangs noch lockere Knoten immer stärker
zugezogen.
Die Bedingungen, unter welchen das Zustandekommen dieser häufigsten
Form der Knotenbildung, d. h. derjenigen zwischen Flexura sigmoidea und
unterem Teil des Ileum begünstigt wird, ist eine lange Flexur mit schmalem
Mesenterium und hohes Dünndarmmesenterium, das eine Kreuzung des unteren
Abschnittes des Dünndarmes und der Flexur ermöglicht.
Die Symptome sind im wesentlichen diejenigen des Ileus durch Stran-
gulation, treten aber oft rascher auf. Die Therapie ist selbstredend exklusiv
chirurgisch.
Brehm (4) bespricht die Mesenterialschrumpfung und ihre Beziehungen
zum Volvulus der Flexur. Die Mesenterialschrumpfung ist ein chronischer,
manchmal entzündlicher, vielleicht aber oft auf regressiven Altersverände-
rungen beruhender Prozess, durch welchen unter Narbenbildung am peri-
tonealen Überzug des Mesenteriums eine Schrumpfung und Retraktion des
ganzen Gekröses zustande kommt. Am häufigsten wird die Flexura sigmoidea
betroffen und zwar hauptsächlich die Radix des Mesenteriums, wobei bekannt-
Uch die Schenkelfusspunkte einander genähert werden. In vielen Fällen ist
die Annäherung so stark, dass die Flexurschenkel in ihrer ganzen Länge sich
aneinander lagern und schliesslich verlöten. Durch Verwachsungen mit der
Umgebung kann das S romanum verzerrt werden, wodurch wiederum Passage-
hindernisse verursacht werden können.
Über die Ätiologie der Schrumpfungen herrschen verschiedene Ansichten.
Auf das Mesenterium übergreifende Darmerkrankungen, Appendicitis, falsche
Divertikel können die Ursache der Schrumpfung abgeben; nach Riedel sind
es meist primäre Entzündungsvorgänge des Mesenteriums, während nach Koch
kongenitale und atavistische Einflüsse die hauptsächlichsten ätiologischen
Momente darstellen. Auch Verf. ist geneigt, dieser Theorie der kongenitalen
Bildungsanomalien grösseren Wert beizulegen und sieht in ihnen ein prä-
disponierendes Moment für das Zustandekommen von Volvulus.
Die Symptomatologie des Leidens ist je nach der Intensität der Gekröse-
schrumpfung eine sehr mannigfache. Bald besteht nur Verstopfung, bald sind
es Attaken von Darmokklusion, die das Krankheitsbild beherrschen. In ein-
zelnen Fällen, wo Erscheinungen von oft wiederkehrender und jedesmal zu-
nehmender Darmstenose auftreten, ist die Differentialdiagnose gegenüber
einem hohen Mastdarmkarzinom sehr schwierig. Als schlimmste Komplikation
sind Achsendrehungen der Flexur zu bezeichnen; die Nekrose der Schleim-
haut vrird in solchen Fällen durch die schlechten zirkulatorischen Verhältnisse
im geschrumpften narbigen Mesenterium begünstigt. Was die Therapie des
Volvulus betrifft, so soll die Laparotomie nur dann vorgenommen werden,
wenn hohe Einlaufe keine Beseitigung der Symptome herbeigeführt haben,
620 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
da es sich doch meist um sehr geschwächte Individuen handelt. Im FaUe
einer Operation darf man sich wegen der Wahrscheinlichkeit von Rezidiven
mit einer einfachen Reversion des Volvolus nicht begnügen. Die Anastomose
zwischen Coecum und abführendem Flexurschenkel nach A. v. Bergmann
schaltet die Flexnr aus und beseitigt die Aufblähung und Spannung der
Schlinge. Die Fixation des Mesenteriums des S romanum nach Roux ist
unzuverlässig. Die bei gutem Kräftezustand des Patienten ausgeführte Re-
sektion ist auch nach Ansicht des Verfs. das rationellste Mittel. Von 20
von A. V. Bergmann operierten Fällen von Volvulus der Flexur heilten 5.
Die Flexur war in der Hälfte der Fälle gangränös.
Kreuter (8) beobachtete einen Fall von Drehung und Volvulus der
Flexur mit Darmokklusion und ausgedehnter Gangrän des Coecum. Wegen
drohender Perforation des Blinddarmes musste die Resektion desselben vor-
genommen werden. Der 38jährige Patient starb nach vorübei^ehender Er-
holung. Bei der Operation zeigten die vor der Achsendrehung liegende
Schlinge des S romanum und das Coecum, ebenso das Colon descendens auf-
fallende Auftreibung, während das Colon transversum in seinem Volumen
nicht vergrössert war. Das durch die Sektion gewonnene Präparat zeigte
femer vollständigen Verschluss der Ileocökalklappe. Mit letzterem steht nach
Verf. die Gangrän des Blinddarmes in engem Zusammenhang und muss als
Dehnungsgangrän angesehen werden. Das Coecum besitzt eine gegen inneren
Druck relativ wenig widerstandsfähige Wandung, indem die Wanddicke in
diesem Abschnitt am geringsten ist. Coecum und Colon ascendens werden
nun der Aufblähung mehr ausgesetzt sein, weil an der Flexura coli dextra
Knickungen und Klappenbildungen vorkommen, welche den Anfangst«il des
Dickdarmes vom Colon transversum abschliessen können. Da schon normaler-
weise im Colon ascendens die Hauptmenge der Dickdarmgase gebildet wird,
so wird bei Verschluss der Ileocökalklappe eine stärkere Aufblähung des
wenig widerstandsfähigen Coecum zustande kommen. Die Gasspannung be-
wirkt eine venöse Stauung der Wandung, diese vermehrte Sekretion der
Schleimhaut; durch Zersetzung des Inhaltes nimmt die Blähung noch zu, bis
schliesslich Gangrän auftritt.
Die auf Experimente gestützte Ansicht An schütz', wonach die Gas-
auftreibung im Blinddarm mit der verschiedenen Lichtweite des Coecum und
der anderen Dickdarmabschnitte in Zusammenhang steht, hält Verf. für irrig
und zeigt durch Versuche, dass bei gleichem elastischen Material die Licht'-
weite der Rohre für den Grad der Flächenspannung ohne Bedeutung ist.
Des weiteren beobachtete der Verf. einen dem ersten ähnlichen Fall,
bei welchem der mit hypertrophischer Muskulatur versehene Blinddarm frei
beweglich war und in der Nähe der Fixationsstelle eine offenbar habituelle
Knickung zeigte. Die geknickte Stelle fixierte sich durch Verwachsung und
wurde in einem Anfalle von Darmokklusion hermetisch verschlossen. Durch
starke Gasspannung im Dickdarm infolge absoluten Verschlusses der Ileocökal-
klappe kam es zur Gangrän des Coecum.
Der Symptomenkomplex war in beiden Fällen typisch: an die Möglich-
keit derartiger Komplikationen muss daher in allen Fällen von Darmverschluss
im Bereich des Coecum gedacht werden.
Therapeutisch ist die Anlegung eines künstlichen Afters, auch nach
Beseitigung des Hindernisses, vielleicht noch das rationellste Verfahren.
Kar eher, YerletzuDgen and chirurgische Krankheiten des Darmes. 621
24 Stunden nach der Okklusion führte Balacescu (2) die Laparotomie
aus und fand eine S romanum- Schlinge zweimal gedreht. Detorsion. Allge-
meine tuberkulöse Peritonitis. Am 14. Tage Wegnahme der Silbemähte, am
folgenden Tage sterkorale Fistel und aus dieser eliminiert sich die ganze
früher detorquierte Dickdarmschlinge , nachdem dieselbe 14 Tage hindurch
gut funktionierte. Stoianoff (Plevna).
Aus der umfangreichen, auf ein Material von 98 eigenen Fällen von
Ileus fussenden Arbeit von Philipowicz (14—15) mögen hier aus der Fülle
von praktischen Resultaten kurz folgende Punkte hervorgehoben werden. In
einem Drittel der Fälle handelte es sich um Volvulus der Flexur : diese Fälle
zeichneten sich durch relativ bösartigen Verlauf aus. Die DiflFerentialdiagnose
zwischen Hindernis des Dickdarms oder des Dünndarms gelingt oft durch
genaue Inspektion resp. Palpation des Abdomens, indem neben dem allgemeinen
Meteorismus peristaltische Wülste und Erhebungen sichtbar oder fühlbar
werden, die je nach ihrer Grösse und ihrer Lage dem Dick- oder dem Dünn-
darme zugeschrieben werden können. Flüssigkeitserguss war bei Strangu-
lationsileus fast regelmässig vorhanden, v^urde aber oft erst bei der Operation
nachgewiesen. Kollapszustände gleich bei Beginn der Krankheit sprechen für
Strangulation, ihre Intensität steht jedoch nicht in Zusammenhang mit dem
Sitz der Einklemmung. Von den Symptomen trat das Erbrechen beim Dünn-
darmverschluss in den Vordergrund, hingegen fast nie beim Verschluss des
Dickdarmes. Auch die Anwesenheit von reichlichen Mengen Indikan im Urin
ist für die Diagnose des Sitzes einer Stenose wichtig, sie spricht bei akutem
Ileus entschieden für einen Verschluss des Dünndarmes. Hingegen ist die
diagnostische Bedeutung von hohen Rektaleinläufen fraglich, indem dieselben
oft auch bei Volvulus der Flexur gelingen. Was die Therapie betrifft, so
soll dieselbe in allen Fällen eine chirurgische sein ; welche Operation für jeden
einzelnen Fall in Betracht kommt, hängt von der Ursache des Ileus ab.
Die Arbeit Wandels (16) über Volvulus des Coecum und Colon ascen-
dens wurde im letztjährigen Jahresbericht ausführlich referiert.
Pescatore (13) teilt den Sektionsbefund eines 19tägigen Knaben mit,
bei dem sich eine Torsion des ganzen Dünndarmes, des Coecum und Colon
ascendens ein- und einhalbmal um die verdickte Arteria mesenterica superior
vorfand. Das Duodenum war gewaltig diktiert, während der Magen normale
Weite hatte. Das Colon ascendens besass keine Anheftung an der hinteren
Bauchwand. Diese Entwickelungsanomalie betrachtet Verf. als ätiologisches
Hauptmoment für die Möglichkeit der Bildung einer totalen Achsendrehung
des Darmes.
Einen dem Pescatore sehen sehr ähnlichen Fall von Volvulus im Säug-
lingsalter erwähnt Kr edel (7). Die Sektion des durch Gastroenteritis sehr
heruntergekommenen O^/s Wochen alten Kindes ergab eine Achsendrehung
des ganzen Dünndarmes — dicht unterhalb des Duodenum beginnend — um
die Mesenterialwurzel von 360** und zwar von rechts nach links. Das Duo-
denum war stark dilatiert. Coecum und Colon ascendens hatten an der
Achsendrehung nicht teilgenommen und waren flächenhaft am Duodenum
eng fixiert: die von Pescatore ausgesprochene Vermutung eines Zusammen-
hanges der Achsendrehung mit einer mangelhaften Fixation des Colon ascen-
dens und des Coecum wird demnach in diesem Falle nicht bestätigt.
G22 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
4. Invagination.
1. *D'Arcy Power, Case of ileo-iliac intassusception spoutaneously cured. Brittsl
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Meckelsches Divertikel. Zentralblatt für Chirurgie 1903. Nr. 27.
Kar eher, Verletzungen nnd chirurgische Krankheiten des Darmes. 623
Binaghi (6) führte einige Experimente aus, um festzustellen, auf welche
Weise die Darminvagination zustande kommt.
Aus einer ersten Reihe von Experimenten, die er an Darmschlingen von
toten Hunden vornahm, schliesst er, dass der Beginn der Invagination ein
rein mechanischer Vorgang ist, der von der Lagerung zweier aneinander-
grenzenden Schlingen abhängt. Bei der zweiten Experimentreihe, wo es sich
um lebende Schlingen handelte, konstatierte er, dass das Fortbestehen und
Fortschreiten der Invagination ein physiologischer Vorgang ist infolge der
Wirkung, die das Intussuscipiens auf das Intussusceptum entfaltet, d. h. durch
eine physiologisch absteigende peristaltische Bewegung erfolgt. R. Giani.
Braun (7) kann keine Ursache angeben, warum im Auslande, bezw.
in England, die akute Invagination häufiger ist als in Deutschland. Ein
Spasmus des Intussusceptum und nicht eine Lähmung des Intussuscipiens ver-
ursacht die akute Invagination. Die Diagnose der akuten Invagination ist
nicht schwer ; bis dahin gesunde Kinder erkranken mit Tenesmus, Erbrechen,
blutig-schleimigen Stühlen, verfallen schnell; man fühlt einen Invaginations-
tumor. Die chronische Invagination erkennt man schwer. Nur die Operation
ist rationell; Selbstheilungen sind selten und oft unvollständig. Anlegen eines
Anus praeternaturalis bei akuter Invagination der Kinder hat meist den
Tod derselben zur Folge. Resektion hat auch selten einen günstigen Erfolg.
Bei Kindern muss so früh operiert werden, dass eine Desinvagination mög-
lich ist ; bei chronischer Invagination ist Enteroanastomose besser als Resektion.
Letztere reserviert für die Erwachsenen.
Kr edel (17) dringt auf eine Operation der akuten Invagination der
Kinder am ersten Tage. Eine Operation am 2. Tage ist schon keine Früh-
operation mehr, weil die Invagination schon da schwer zu lösen ist. In der
darauffolgenden Diskussion werden auch Fälle berichtet, bei denen durch
Massage und Einlaufe Heilungen erzielt wurden (Hirsch sprung, Bertels-
mann-Magdeburg). Nanugu beharrt auf der Schwierigkeit der Diagnose
bei Erwachsenen.
An der Hand von 13 operativ behandelten Fällen von Darminvagination
bespricht v. Eiseisberg (10) seine Erfahrungen in diesem Gebiete. Die Be-
handlung bestand in 12 Fällen in Totalresektion und in einem Falle in
partieller — dann totaler Ausschaltung. In einigen nur kurz beobachteten
Fällen wurde keine Operation vorgenommen; femer kam einmal als Folge-
zustand der Invagination eine Abszessbildung zur Behandlung. — Von den
Operierten waren 12 Erwachsene und 2 Kinder. Es Hess sich nicht immer
genau feststellen, ob es sich um eine akute oder chronische Invagination
handelte. Am häufigsten bestand eine Invaginatio ileocolica (zehn Fälle).
In sechs Fällen war das Mesokolon abnorm lang, besonders dasjenige des
Coecum; ausserdem bestand oft mehr, oft weniger ausgedehnte Hypertrophie
der Muscularis, Hyperämie und Infiltration der Darmwand. Es ist anzunehmen,
dass man es in solchen Fällen mit kongenitalen abnormen Verhältnissen zu
tun hat, welche mit der Genese der Invagination in ursächlichem Zusammen-
hang stehen. Die klinischen Erscheinungen, welche für die Diagnose am meisten
in Betracht fallen, sind : Schmerzen, Erbrechen, abnormer, oft blutiger Stuhl-
gang, Meteorismus, Resistenz oder Geschwulst. Ileuserscheinungen deuten
auf akute Fälle.
Die 12 mal versuchte manuelle Desinvagination gelang nur 5 mal; doch
wurde auch in diesen Fällen die totale Resektion angeschlossen und zwar aus
624 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
folgenden Gründen: einmal fand sich als Ursache der Invagination ein Kar-
zinom, ein anderesmal eine narbige Dünndarmstriktur. Ein drittesmal musste
eine Geschwulst yermutet werden; in den beiden übrigen Fällen wäre der
Anamnese nach ein Rezidiv ohne Resektion zu erwarten gewesen. — Auch
in den Fällen, in welchen die Lösung der Invagination nicht möglich ist, halt
V. E i s e 1 s b e r g die Resektion für den rationellsten Eingriff. Die durchtrennten
Darmschlingen werden axial vereinigt, wobei Misserfolge durch Undichtigkeit
und dgl. nie verzeichnet wurden.
In allen Fällen von Invagination mit Ileuserscheinungen soll die Laparo-
tomie als einzig rationelles Verfahren ausgeführt werden. Bei Kindern kann
unter Umständen bis 48 Stunden gewartet werden. Bei sehr schwachen In-
dividuen oder in Fällen von schweren Darmerscheinungen wird man sich event.
mit der Desinvagination begnügen müssen, um später eine Radikaloperation
folgen zu lassen. Falls aber die Desinvagination nicht gelingt, so muss die
Resektion sofort ausgeführt werden; die Vereinigung der Darmenden kann
nach Anlegung eines Anus artificialis später in einer zweiten Sitzung ge-
schehen.
Schridde (24) berichtet folgenden Fall von spontan geheilter
Invagination: Eine 60jährige Frau erkrankte plötzlich an Heus. Nach
17 Tagen wird nach vorausgehenden, etwas übelriechenden Durchfällen ein
ca. 32 cm langes Beumdarmstück ausgestossen. Rasche Besserung der Sym-
ptome. Tod an Lungenerkrankung 4^/2 Monate nach dieser Intussusception.
Die Sektion zeigte eine ca. 36 V^ cm von der Ileocökalklappe entfernte, die
Beumdarmwand rings umlaufende, schmale, tadellose Narbe. Keine Stenosen-
erscheinungen, nirgends Verwachsungen. Anschliessend an diesen Fall stellt
Schridde Betrachtungen über die Entstehung und Entwickelung der Intus-
susception an und kommt zu folgenden Schlüssen: Die Ursache der plötzlich
auftretenden Ueuminvaginationen ist nicht klar. Vielleicht gibt in manchen
Fällen ein durch Reiz wirkender Fremdkörper den Anlass zur Einstülpung.
Als disponierendes Moment kommt in hervorragender Weise ein schlaffes,
fettarmes Mesenterium in Betracht. Die Paralyse einer begrenzten Darm-
strecke ist als begünstigender oder die Intussusception bedingender Faktor
auszuschliessen. Dagegen genügt zur Erklärung der Entstehung der Darm-
einstülpung das Auftreten einer abnormen, ungleichmässigen Kontraktion des
Darmrohres und eine oberhalb sich einstellende, mehr oder weniger intensiv
gesteigerte Peristaltik. Die Weiterentwickelung der Invagination erfolgt nicht
durch eine a tergo wirkende Kraft, sondern wird bedingt durch die vom
Kopf teil des Invaginatums am Intussuscipiens ausgelöste Peristaltik, welche
das eingeschobene Darmstück analwärts treibt.
Wilkinson (29) veröffentlicht die Krankengeschichten von vier Kindern
(4 — 14 Monate), bei denen eine Invagination durch Wassereingies-
sungen erfolgreich behandelt wurden. Das Kind wird tief narkotisiert und
an den Beinen in die Höhe gehalten. Dann wird der Darm mit Salzwasser
von 42 «> C gefüllt. Der zur Füllung benutzte Trichter wird 2 Fuss 6 Zoll
über dem Anus gehalten. Der hydrostatische Druck wird etwa V» Stunde in
gleichmässiger Stärke unterhalten. Wenn man nicht sicher ist, ob die Re-
duktion gelungen ist, kann man einen kleinen Laparotomieschnitt machen,
einen Finger in die Bauchhöhle einführen und nun direkt beobachten, ob sich
die Reduktion gänzlich löst.
Kare her, Verletzungen and chirurgische Krankheiten des Darmes. G25
Rigby (22) beobachtete in einer Woche sieben Fälle von akuter In-
vagination bei Kindern. Sechs wurden operiert. Davon heilten fünf. Bei
53 Fällen aus dem Londoner Hospital konnte er nachweisen, dass in keinem
dieser Fälle Lufteinblasungen, hohe Klystiere etc. etwas halfen. In allen Fällen
musste später laparotomiert werden. Je frühzeitiger operiert wird, desto
günstiger ist die Prognose. Rigby rät zur sofortigen Laparotomie. Die Ope-
ration soll schnell durchgeführt werden. Die Kinder sollen sorgfaltig vor
Abkühlung bewahrt werden. Die Ernährung der schwachen Patienten hat gleich
nach der Operation zu erfolgen. Es werden genaue Krankengeschichten mit-
geteilt.
Floren (12) operierte bei einem 7 monatlichen Kinde eine seit 6 Tagen
bestehende totale ileocökale Intussusception bis zur Flexura lienalis. Durch
den KunstgriflF ;,unter vollkommener Verzichtleistung auf jeglichen Zug an
dem Intussusceptum innerhalb des Intussuscipiens durch streichende Bewe-
gungen immer mehr Teile der Flexura über das mehr und mehr nach oben
gedrängte Intussusceptum zu schieben^, gelang es, die Invagination zur Lö-
sung zu bringen, obwohl schon serös-fibrinöse Yerklebungen vorhanden waren.
Heilung.
Zum Busch (30) operierte einen Fall von Invaginatio ileocoecalis, ver-
ursacht durch ein invaginiertes Meckelsches Divertikel. Letzteres Übel hatte
seinem Träger schon längere Zeit Beschwerden gemacht. Desinvagination und
nachträglich Resektion des brandigen Intussusceptums (1 m lang). Verschluss
der beiden Enden und seitliche Anastomose. Heilung.
Israel (15) berichtet über zwei operativ geheilte Fälle von Intussus-
ception. Beim zweiten Falle wandte er seine extraperitoneale Methode mit
Anus praeternaturalis an.
Elgart (11) hat zwei Fälle von Invaginatio ileocoecalis bei Er-
wachsenen (31- und 33 jährigen Frauen) durch die Operation zur Heilung ge-
bracht und tritt für die frühzeitige Operation ein.
Ein in der chirurgischen Klinik zu Rostock beobachteter Fall von In-
tussusceptio ileocoecalis mit kompletter Umstülpung des Wurmfortsatzes ver-
anlasste D. Ackermann (2 und 3) eine Zusammenstellung von 11 ähnlichen
Beobachtungen aus der Literatur mitzuteilen. Verf. zieht den Schluss, dass
die Umstülpung der Appendix das Primäre ist und dass diese die Darminvagi-
nation veranlasse.
5. Ileus, durch ein Meckelsches Divertikel verursacht.
1. Adam, Inkarzeration durch ein Meckelsches Divertikel. Biol. Abteilung des ärzt-
lichen Vereins Hamburg. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 38.
2. BlancetCaubet, A propos d'un cas d'occlusion intestinale par un diverticule de
Meckel. Revue d'Orthop^die 1903. Nr. 3.
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5. ^Fauchet, Occlusion aigu6 par diverticule chronique. Ent^rostomie ä droite. Cure
de l'anus artificiel par Tabouchement dans le caecum. Bull, et m^m. de la soc. de
Ghlr. 1908. Nr. 40.
6. Rebentisch, Ein Fall von Entzündung eines Meckel sehen Divertikels und Ileus.
Viermalige Laparotomie. Archiv für klin. Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 4.
7. *Sandlos, Ein eigenartiger Fall von Volvulus infolge eines Meckel sehen Divertikels.
Diss. München 1908.
Jahresbericht fQr Chirurgie 1903. 40
626 Jahresbericht £ar Chirurgie. II. Teil.
8. ^Taylor, Iniestinal obatraction by fibrons band, a remnant of Meckela diTertiouliua
and adhesions from a formen attack of appendicitis. Phil. acad. of sargerj 1902. An-
nala of sorgery 1903. Jan.
9. ZumBasch, Ueo- caecal invagination by a Meckela diTerticolnm. Clinical society.
The Lancet 1908. May 30.
Die Krankengeschichte eines Jünglings, der wegen entzündlichen Er-
scheinungen an einem M eck eischen Divertikel 4 mal laparotomiert wnrde
nnd schliesslich genas, gibt Rebentisch (6). Erste Operation wegen Sym-
ptome von Darmokklnsion ; Eröffnung eines intraperitonealen abgesackten Ab-
szesses, dessen Ursprung nicht erkannt wurde. Zweiter Eingriff wegen noch-
maligen Ileuserscheinungen : Eröffnung einer Darmschlinge in der Bauchwunde
und Enterostomie. Kunstafter. Wegen heftiger Leibschmerzen bei jeder
Nahrungsaufnahme wurde in einer weiteren Sitzung eine Ausschaltung von
103 cm Dünndarm, Colon ascendens und des halben Colon transversum vor-
genommen. Durch weiteren Eingriff wurde sodann die noch bestehende Darm-
fistel durch Resektion beseitigt. Eine vierte Laparotomie wurde nach sieben
Monaten nötig, weil eine Schlinge des Dünndarmes sich durch einen perito-
nitischen Strang am Mesenterium eingeklemmt hatte.
Adam (1) bespricht eine Inkarzeration durch ein Meckelsches
Divertikel, resp. durch einen Strang, der von demselben ausgehend zur
Radix mesenterii als Rest des Mesenteriolums des Divertikels zog. Der sieben-
jährige Knabe erkrankte plötzlich an Ileus und starb 11 Stunden na<^h dem
Beginne der Erscheinungen. Mecke Ische Divertikel können ganz offen
bleiben. Ein zweites Präparat Adams zeigte ein am Nabel abgeschlossenes
Divertikel , das entzündliche Verwachsungen mit dem Netz zeigt. Letzteres
ist ein häufiges Vorkommnis.
Dobson (3) operierte einen Knaben, bei dem es zur Einstülpung eines
Mecke Ischen Divertikels und sekundärer Invaginatio ileo-colica gekommen
war. Die sekundäre Invagination liess sich reduzieren, das eingestülpte Diver-
tikel aber musste reseziert werden. Heilung.
H. Blanc und H. Caubet beschreiben einen Fall von Darmokklusion
durch Meckelsches Divertikel mit fast foudroyantem Verlauf, in dem sdion
32 Stunden nach Beginn der ersten Erscheinungen beim 33 jährigen Patienten
der Tod erfolgte. Es handelte sich um ein ringbildendes Divertikel, dessen
Spitze am Mesenterium sich anheftete. Eine Dünndarmschlinge hatte sich in
den Ring eingeschnürt.
J. P. zum Busch (9) erwähnt einen glücklich operierten Fall von
Darminvagination durch Meckelsches Divertikel. Ein 21 jähriger Akrobat,
der seit 14 Monaten an remittierenden dumpfen Schmerzen in der Nabel-
gegend litt, verbunden mit Aufstossen und Unregelmässigkeiten im Stuhlgang,
erkrankte nach übermässig forcierter akrobatischer Leistung unter dem Bilde
akuter Darmokklusion. Erbrechen, blutige Entleerungen unter starkem Tenes-
mus. In der Ileocökalgegend fand sich ein kindskopfgrosser Tumor. Die
Diagnose lautete: Darminvagination, wahrscheinlich durch Darmgeschwulst
(Polyp?) Bei der Laparotomie fand zum Busch eine Invaginatio ileo-coecalis.
Bei der brüchigen Beschaffenheit der Darmwand war die Desinvagination sehr
schwierig; hierbei mehrere Einrisse der Serosa und Muscularis. Aus dem
Intussuscipiens entleerte sich eine grössere Menge dunkler, Bruchwasser ähn-
licher Flüssigkeit Das Intussusceptum war gangränös und musste in einer
Länge von 1 m reseziert werden ; seitliche Anastomose nach Verschluss der
Karcher, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 627
Darmenden. Heilung nach vorübergehender Eiterung der Bauchwunde unter
späterer Hernienbildung. Ein das Intussusceptum vollständig verstopfendes,
polypenartiges rundliches Gebilde bestand, wie die Untersuchung des rese-
zierten Darmstückes lehrte, aus einem handschuhfingerförmig eingestülpten»
in den Darm hineinragenden Meck eischen Divertikel. Ein an seiner Spitze
gelegenes subseröses Lipom wird als Ursache der Einstülpung angesehen.
Diesen Fall reiht der Verf. den übrigen 25 bereits von Hi Igen reiner
und Dobson ans der Literatur gesammelten Fällen von Invagination des
Meck eischen Divertikels an und gruppiert sie folgendermassen :
1. Fälle, in welchen nur das Divertikel eingestülpt war (5 Fälle).
2. Einstülpung des Divertikels mit gleichzeitigem Yolvulus (1 Fall).
3. Einstülpung des Divertikels mit gleichzeitiger Intussusception von Ileum
in Ileum oder Coecum (die übrigen Fälle).
Es handelt sich immer um eine schwere Krankheit. Von den 26 Fällen
starben 18; 2 heilten spontan^ 4 durch Laparotomie mit einfacher Desinvagi-
nation und 2 durch Darmresektion. Als Ursache der Einstülpung sind kleine
Geschwülste an der Spitze des Divertikels (Lipome, Fibrome, Nebenpankreas)
in vielen Fällen anzuschuldigen.
6. Ileus durch Fremdkörper.
1. *Hynit8ch, Kasuistischer Beitrag zum GhiUensteinUens. Deutsche med. Wochen-
schrift; 1908. Nr. 27.
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August.
3. Schneiderlin, Zur Diagnostik der Darmokklusion. Mflnchener med . Wochenschrift
1903. Nr. U.
i. Schnlhof, Akuter Darmverschlnss, hervorgerufen durch Ascaris lumbricoides. Münch.
med. Wochenschrift 1903. Nr. 24.
5. Steinhauer, Eine seltene Ursache von Darmstenose. Deutsche med. Wocheosohrift
1908. Nr. 23.
6. "* Weiller, Occlusion intestinale et lithiase biliaire. La Presse m^icale 1903. Nr. 61.
Moynihan (2) schreibt eine Monographie über Gallensteinileus.
Bei 360 Fällen von Ileus, die innerhalb von 8 Jahren operiert wurden, fand
man 8 mal Gallensteine als Ursache. Der Stein sass meist direkt oberhalb
der Ileosakralklappe. Ein solcher Gallensteinileus kann sich durch Abgehen
des Steines spontan lösen. Doch ist es intra vitam nicht festzustellen, ob der
Ueus durch einen solchen Stein verursacht wird. Es ist darum ratsam, früh-
zeitig zu operieren.
Schulhof (4) berichtet über einen Fall von akutem Darmverschluss,
hervorgerufen durch Ascariden. Die Laparotomie der 47jährigen
Frau hatte die Ursache des Ileus nicht klar gelegt. In den kollabierten Dünn-
darmschlingen waren vielfach spiralförmige, weisslich glänzende Wülste zu
fühlen. Nach der Operation Erbrechen von zwei Spulwürmern und Lösung
des Dens. Es gingen daraufhin 22 Spulwürmer per rectum ab.
Steinhauer (5) fand als Ursache einer Darmstenose mehrere grosse
KDäuel von Taenienglieder.
Schneiderlin (3). Eine 26 jährige Hysterica erkrankte an den Zeichen
einer Appendicitis. Bei der Operation zeigte sich auch der Wurmfortsatz ge-
rötet und verdickt. Doch verschwand nach der Operation die Darmokklusion
nicht. Dieselbe war mit hohem, unregelmässig hektischem Fieber verbunden.
40*
630 Jahresbericht fttr Chirurgie. 11. Teil.
SO durchschneidet der Faden nur spät, am 6. — 10. Tage, oder gar nicht und
die Tiere gehen demgemäss entweder an Erschöpfung oder an Peritonitis zu-
grunde.
Genersich würdigte gleichzeitig auch die pathohistologischen Verände-
rungen der Darm wand seiner Auf merksamkeit : am widerstandsfähigsten gegen
die Abbindung erwies sich die Submukosa, — während das Endothel der
Serosa, die Drüsenschicht und die Längsmuskulatur am schnellsten nekroti-
sieren. J. DoUinger (Budapest).
Illy^s (25) demonstriert das Präparat eines Gallertkrebses des Colon
ascendens und transversum, dessen Träger an Prof. Delling er s Klinik zur
Operation gelangte. Letaler Ausgang.
Der Fall bot durch seine diagnostischen Schwierigkeiten Interesse. Von
der internen Klinik mit der Diagnose eines Nierentumors auf die chirurgische
verlegt, erwies sich diese Annahme nach einer funktionellen Nierennnter-
suchung als nicht stichhaltig; dabei war rechterseits eine ballotierende Ge-
schwulst deutlich fühlbar, doch verschwand selbe bei Darmaufblähung.
Diese Verhältnisse der Symptomatik klärten sich durch den patholc^sch-
anatomischen Befund: die Geschwulst erstreckte sich zirkulär auf die ganze
Wand des Colon ascendens, am Colon transversum jedoch lässt sie einen Teil
der vorderen Wand frei ; letzterer Abschnitt war genügend gross, um bei einer
Aufblähung den grossten Teil der Geschwulst zu verdecken.
J. Dollinger (Budapest).
Pölya (26) fand in einem eingeklemmten Leistenbruche neben dem
nekrotisierten Dünndarm noch ein 5 cm langes Meckelsches Divertikel.
Nach Darmresektion, Vereinigung mittelst Murphy sehen Knopfes erfolgte
Heilung.
Eckehorns Statistik zeigt unter 15 analogen Fällen der Literatur (In-
karzeration von M eck eischen Divertikeln) nur fünf auch solche, wo neben
dem M eck eischen Divertikel, sowie in Pölyas Falle, an der Inkarzeration
noch ein anderer Darmteil beteiligt war. J. Dollinger (Budapest).
In einem von Damianos (5) mitgeteilten Falle aus der 11. chirurgischen
Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien bestand ein Situs inversus
des Colon ascendens; dasselbe lag mit dem Appendix rechts vom normal ge-
lagerten Colon descendens. Das Coecum lag in einer mit Eiter gefüllten
Höhle zwischen den Därmen eingebettet. Die klinischen Erscheinungen spielten
sich auffallenderweise auf der rechten Seite ab. Tod an Kollaps zwei Tage
nach der Operation. Die Lageanomalie wird durch eine Skizze veranschaulicht.
Das klinische Bild der Arteriosklerose der Darmarterien entwirft
N. Ort n er (16) an Hand einer eigenen Beobachtung, welche in allen Einzel-
heiten mitgeteilt wird.
Der Fall — 55 jähriger Mann — bot intra vitam neben atheromatösen
Erscheinungen, einer Herzdilatation, Symptome intermittierender chronischer
Darmstenose, deren Ursache aber nicht ermittelt werden konnte. Die Sektion
ergab Atherom der Aorta — besonders der Bauchaorta und des Anfangs-
teiles ihrer Aste, sowie Angiosklerose der weiteren makroskopisch verfolgbaren
Verzweigungen derselben.
Die Störungen der motorischen Darmtätigkeit traten jedesmal dann ein,
wenn der Patient etwas grössere Quantitäten — namentlich blähender Nahrung
zu sich genommen hatte.
Diese Anfälle fielen zeitlich mit dem Höhepunkt der Verdauungstätig-
1
Kare her, VerletzuDgen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 631
keit des Dünndarms zusammen; sie bestanden in starker, sichtbarer Blähung
des Dünndarms und des Colon ascendens und transversum, Hochstand des
Zwerchfells, Atembeklemmung, Cyanose; sie klangen nach einigen Stunden
allmählich ab. — Diese Erscheinungen gestörter DarmmotiUtät zu einer Zeit,
wo gerade die muskulöse Darmtätigkeit am meisten beansprucht wird, bringt
nun Verf. in Analogie mit der ^Claudication intermittente" an den Extremi-
täten, die er ausführlich erörtert. Das Studium der einschlägigen Literatur
sowie eines eigenen Falles zeigt, dass für das Zustandekommen dieser Affektion
der Nerveneinfluss sehr wesentlich ist Bei Verengerung oder bei Verschluss
der Hauptarterien oder der kleineren Äste, bei Arteriosklerose der Arterien-
stämme, und bei Endarteritis obliterans der Äste kommt es durch Bewegungen
der Extremität zu einer Ischämie der Muskeln und der Nerven, welche ihrer-
seits die funktionellen Störungen bedingt. Auf den Darm übertragen bewirkt
die periodische Ischämie des Darmes einen mit Schmerzen einhergehenden
beschränkten Meteorismus.
Verf. beweist diesen letzten Satz einesteils durch das Tierexperiment
(Versuche von Kader) und andererseits durdi klinische Erwägungen.
Diese Beweisführung ist durch Zuhilfenahme einer Menge von klinischen
Beobachtungen und Gesichtspunkten erbracht, die sich nicht zu einem kurzen
Referate eignen und welche das Studium der Arbeit zu einem hochinteres-
santen machen.
H. Hab er er (7) kommt in seiner Publikation über 35 Fälle von late-
raler Anastomosenbildung aus der I. chirurgischen Klinik in Wien (v. Eiseis-
berg) hauptsächlich zu folgenden Schlüssen, welche sich teilweise mit den-
jenigen der früheren Arbeit von Prutz decken. Die laterale Enteroanasto-
mose bildet einen ausgezeichneten palliativen Eingriff bei inoperablen Darm-
stenosen jedweder Natur; als Ileokolostomie sorgt sie für rasche Entleerung;
bei drohender oder bestehender Darmparalyse soll die Enterotomie voraus-
geschickt werden; die Enterotomiewunde kann für Anastomose verwendet
werden.
Bei bestehender Peritonitis soll der Kunstafter dann der Anastomose
vorgezogen werden, wenn die Darmnaht aus irgend einem Grunde unter
Spannung stehen müsste.
Die end-to-side Apposition stellt meist den schwereren Eingriff dar, muss
aber unter Umständen — aus anatomischen Gründen — der lateralen Anasto-
mose vorgezogen werden.
Die totale Darmausschaltung ist ein weit grösserer Eingriff und hat den
Nachteil einer meist zurückbleibenden äusseren Fistel.
Der Arbeit sind im Auszuge 35 Krankengeschichten beigegeben, sowie
eine tabellarische Übersicht über 75 von v. Eiseisberg operierten Fällen
von partiellen und- totalen Darmausschaltungen.
Eine sehr umfangreiche Arbeit von 0. Neuweiler (15) behandelt die
Anwendung des Murphy -Knopfes in der Magen -Darmchirurgie. Aus einer
ausführlichen geschichtlichen Darstellung geht hervor, dass die Knopfmethode
in Amerika recht zahlreiche, in England und in Frankrreich keine Freunde
hat; in Italien und Frankreich wird die Methode nur in vereinzelten Fällen
in Anwendung gezogen. Die eigene Statistik des Verfs. — dem Materiale
des Kantonsspitals in Liestal (Dr. G e 1 p k e) entnommen — umfasst 28 Fälle;
fünfmal geschah die Applikation am Dickdarm. Nur ein Operierter starb an
Perforationsperitonitis, die aber nicht mit der Anlegung des Knopfes in Zu-
632 Jahresbericht für Chii-urgte. It. Teil.
sammenhang gebracht werden konnte. Erscheinungen von Stenose wurden
nie beobachtet. Am Dünndarm (fünf Fälle) verursachte der Knopf einmal
wahrscheinlich Ileus. Unter neun Fällen von Pylorusresektion starben vier,
die übrigen zeigten im ganzen günstige funktionelle Resultate, soweit die-
selben von der Anwendung des Knopfes abhängig waren. Gastroenterosto-
mien wurden neunmal mit Hilfe des Knopfes ausgeführt; einmal trat Exitus
ein infolge Ileus durch Verdrehen der Darmschlingen beim Zusammenschieben
der Knopfhälften. Ein weiterer Teil der Arbeit behandelt Vor- und Nach-
teile der Knopfmethode. Die Hauptvorzüge der Methode sind Schnelligkeit
der Ausführung und Einfachheit der Technik; femer die glatte seröse Ver-
einigung ohne pseudomembranöse Adhäsionen. Bei zirkulären Darmverbin-
dungen ist die Knopfmethode bezüglich späterer Verengerung der Naht etwas
überlegen: funktionell gibt aber die sorgfaltige Naht im allgemeinen ebenso
gute Resultate : nur bei Operationen an engen Därmen (Kotfisteln) eignet sich
die Knopfmethode etwas besser.
Bei der lateralen Darmanastomose sind die Erfolge der beiden Methoden
annähernd gleich, während bei lateralen Magendarmanastomosen die Knopf-
methode relativ öfters zu nachträglichen Verengerungen führt als eine gut
angelegte Naht mit exakter Vereinigung der Schleimhaut. Was schliesslich
die End- zu Seit- Anastomose (Magenresektion etc.) betrifft, so fand Verf.
unter den allerdings sehr spärlichen Fällen, bei welchen der Murphyknopf
zur Anwendung kam, nur einen, bei dem die Funktion eine mangelhafte war
und keinen, wo nachträgliche Verengerung aufgetreten wäre.
Die Arbeit enthält femer eine Anzahl Mitteilungen über Zurückbleiben
und Abstossung des Knopfes und Perforationen, femer über die Bedingungen,
deren Erfüllung für die Anwendung des Knopfes erforderUch ist.
Verf. kommt zum Gesamtresultat, dass die Knopfmethode in manchen
Fällen unbedingt so viel leistet als die Naht, und da sie die Operationsdauer
abkürzt, in einzekien Fällen der letzteren vorzuziehen ist; in anderen Fällen
steht sie aber der Nahtmethode nach. Unter welchen Umständen der Naht
oder der Knopfmethode der Vorzug zu geben ist, wird zum Schlüsse aus-
führlich erläutert. Die Arbeit enthält in klarer Übersichtlichkeit und mit
ihrem sehr vollständigen Literatur-Register mit 185 Nummern alles Wissens-
werte über dieses Thema.
E. Hesse (8) berichtet über drei Fälle, bei welchen Helferich durch
Enter oanastomose partielle Dickdarmausschaltung erzielt hat, jedesmal mit
gutem funktionellen Resultate.
In zwei Fällen handelte es sich um Tuberkulose, in einem Falle um
inoperables Karzinom. Zur Vermeidung oder Reduktion der Gefahr einer
schädlichen Einwirkung der nachrückenden Fäces auf den stenosierenden Ge-
schwürsprozess oder die maligne Neubildung wurde jeweils der zu- und ab-
führende Schenkel der ausgeschalteten Schlinge durch Naht möglichst verengt.
Bei Verunreinigung der Bauchhöhle durch Darminhalt empfiehlt Ch. Juil-
lard (12) Spülungen der Peritonealhöhle mit grossen Mengen (30— 60 Liter)
physiologischer Flüssigkeit. Dieses Verfahren führte in einem Falle mehr-
facher traumatischer Verletzung des Jejunum mit Besudelung des ganzen Peri-
toneum zur Heilung.
F. de Quervein gibt eine kurze Mitteilung über folgende von ihm vor-
genommenen Operationen:
Kar eher» Verletzangen und chinirgische Krankheiten des Darmes. 633
1. Implaotation des Ciolon transversum in das Rektum vor drei Jahren.
Dauerheilung.
2. Resektion des S romanum wegen Adhäsionen bei Totalexstirpation
des karzinomatösen Uterus. Wegen Vitium cordis Beschleunigung der Ope-
ration durch Invagination des zuführenden Schenkels in das Rektum und An-
legung einer einfachen Sero-Serosanaht. Mikulicz sehe Tamponade. Heilung.
3. Unilaterale Ausschaltung des Dickdarmes durch Implantation des
Dünndarmes in das S romanum, in einem Falle von abnorm langem Kolon
(U-formig der Harnblase aufliegend) verbunden mit Colitis membranacea und
hochgradigen funktionellen Störungen, die jeder anderen Therapie getrotzt
hatten. Heilung. Feste Darmentleerung zehn Tage nach der Operation. Der
Fall ist zu rezent, um weitere Schlüsse zuzulassen.
Ein Fall von solitärer Dünndarmstriktur wird von E. Cordua ausführ-
lich und namentlich bezuglich Histologie in allen Einzelheiten mitgeteilt. Der
achtjährige Knabe überstand die Operation — Dünndarmresektion, seitliche
Anastomose mit Murphyknopf — gut. Die Striktur — in Form einer tiefen
Einschnürung des Lumens von aussen — befand sich ca. 30 cm oberhalb der
Valvula Bauhini inmitten eines verwachsenen Darmkonvoiutes, dessen eine
Hälfte dilatiert, die andere kollabiert war.
Im kollabierten Teile (unterhalb der Striktur) war eine kugelrunde
IVs mm im Durchmesser haltende Cyste der Darmwand nahe dem Mesenterial-
ansatze ; diese und andere mikroskopische Veränderungen der Darmwand in
der Umgebung der Striktursteile, stehen o£fenbar untereinander in Zusammen-
hang und sind durch Reste des Ductus omphalomesentericus entstanden zu
erklären.
Aus einer Arbeit von Pollack, in welcher an Hand von 20 Fällen
der Breslauer Klinik das klinische Bild und die Therapie der tuberkulösen
Ileocökaltumores behandelt wird, möge in therapeutischer Hinsicht folgendes
Nennenswerte hervorgehoben werden:
Die typische Operation ist die zweizeitige Resektion mit sofortiger Ab-
tragung des Tumores nach von Mikulicz; ist die Resektion nicht möglich,
so tritt zuerst die Enteroanastomose in ihr Recht ; Darmausschaltung ist an-
gebracht in denjenigen Fällen, wo gleichzeitig mit der Unmöglichkeit einer
Resektion eine Fistel besteht.
Die Endresultate waren bei der Enteroanastomose ungünstig; bei der
Resektion befriedigend, indem von 13 Operierten 10 ein Jahr und mehr über-
lebten; von diesen sind 7 als endgültig geheilt zu betrachten.
Die Kasuistik der Duodenstenose wird vonWilh. Hoffmann (9) um
einen in der H elf er ichschen Klinik beobachteten Fall bereichert. Es han-
delte sich um eine tiefsitzende, narbige Stenose des Duodenums, mit Rück-
fluss von Galle und Pankreassaft in den Magen. Eine Gastroenterostomia
retrocolica posterior mit Murphyknopf brachte Heilung. Auch später bestand
eine normale Verdauung.
Ausgehend von der bekannten Tatsache, dass die Perforationsperitonitis,
wenigstens die diffuse, bei interner Behandlung in der Regel zum Tode führt,
gibt Dahlgren (4) die Symptome an, die eine Darm Perforation charakteri-
sieren und bezieht sich hier speziell auf die Perforation, welche als Kompli-
kation bei Febris thyphoides auftritt. Die Frage, ob Patienten mit thyphoiden
Darmperforationen durch Operation gerettet werden können, beantwortet er
bejahend und da eine sichere Diagnose der Perforation nicht immer gestellt
634 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
werden kann, wirft er die Frage auf, ob es nicht in zweifelhaften FaUen
berechtigt sei, zur Probelaparotomie zu greifen, um sich fiir die Diagnose
einige Klarheit zu verschaffen. Auch hierauf antwortet Verf. mit ja. Die
Zweckmässigkeit eines operativen Eingriffes während das sog. Präperfora-
tionsstadiums wird hervorgehoben. Was die Technik der Operation anbelangt,
so betont Verf. die Notwendigkeit des Versuches die Perforationswunde za
schliessen eventl. den beschädigten Darmteil zu resezieren. Ausspülung der
Bauchhöhle wird empfohlen. Hj. v. Bonsdorff (Uelsingfors).
Die guten Erfolge der operativen Behandlung der Kotfisteln werden von
Dittmer an Hand eines Materials von 12 Fällen mitgeteilt, wovon 10 voll-
ständig ausheilten.
Aus der Arbeit von Schwartz (20) seien drei bemerkenswert« Falle
von Darmverschluss bei Knaben von 4, 5 und 6 Jahren mitgeteilt. In allen
drei Fällen bestanden starke Auftreibungen des Leibes und erhebliche Schmersen.
Der eine Knabe hatte vor drei Tagen eine grosse Menge unreifer Ebereschen-
beeren gegessen, der zweite tags zuvor sehr viele Kirschensteine beim Kirschen-
essen mitverschluckt, der dritte hatte tags zuvor rohen Mohn vom Felde ge-
gessen. Abführmittel waren anfangs erfolgslos. Die Untersuchung per anum
ergab, dass der Sitz der Obturation in allen drei Fällen im Mastdarm ge-
legen war; dieser war ganz angefüllt mit den verschluckten Massen, nadi
deren manueller Entfernung dann durch Abführmittel reichliche Stuhlentleernng
herbeigeführt wurde. Alle drei Knaben wurden danach schnell von ihren Be-
schwerden befreit. Die grossen, immer mehr nachdringenden festen Massen
scheinen nach anfänglicher Überreizung lähmend auf das untere Darmende
eingewirkt zu haben, so dass eine Expression des Inhalts unmöglich war und
die Abführmittel vor der manuellen Entfernung der gestauten Massen aus dem
überdehnten Rektum unwirksam blieben.
Ein Fall von gastroduodenalem Ileus infolge Kompression des Duodenum
in der Gegend der Flexura duodeno-jejunalis durch das Mesenterium wird
von A. Langer (13) mitgeteilt. Bei der Operation zeigte es sich, dass Magen
und Querkolon an der Bauchwand adhärent waren: ein Schnitt fiel in ein
der Bauchwand anliegendes kirschgrosses Magendivertikel , dessen Wandnng
exulzeriert war. Die geschwürigen Teile wurden ohne Eröflfnung der Bauch-
höhle abgetragen. Exitus an Kräfteverfall nach normalem Wundverlauf ca.
4 Wochen nach der Operation. Die Sektion zeigte folgendes; Magen enorm
dilatiert, nimmt mit dem ebenfalls sehr voluminösen Duodenum und dem
Kolon fast den ganzen Bauchraum ein ; der Dünndarm liegt grösstenteils im
kleinen Becken, Kompression der Flexura duodeno-jejunalis durch das darüber
hinwegziehende Dünndarmmesenterium , narbige Veränderungen am Pylorns,
doch ohne Stenosierung. Der interessante Fall wird vom Verf. folgender-
massen erklärt: Eine frühere narbige Stenose des Pylorus verursachte eine
Erweiterung des Magens; dadurch Verdrängung des Dünndarms ins kleine
Becken und Kompression des Duodenum durch das Mesenterium des Dünn-
darms; chronische Stenosierung des Duodenums und als unmittelbare Folge
derselben Dehnung der früheren Pylorusstriktur. — Verf. glaubt zur allge-
meinen Annahme berechtigt zu sein, dass eine narbige Stenose des Darmes
sich dehnt, wenn weiter abwärts eine neue Stenose entsteht. Bezüglich der
Genese dieser Ileusform verficht Verf. die Ansicht Kundrats, Schnitzlers,
Alb rechts u. a., wonach das Duodenum mechanisch durch das Mesenterium
Kar eher, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Darmes. 635
des ins kleine Becken gesunkenen Dünndarmes komprimiert wird, wobei die
Magenerweitemng als sekundärer Vorgang aufzufassen ist.
Einen Beitrag zur Lehre des mesenterialen Dannverschlusses gibt Hop ff
in der Wiedergabe eines von Küster beobachteten Falles. Bei einer 46 jähr.
Frau mit Wandemiere traten 3 Tage nach in Chloroformnarkose vorgenommener
Nephropexie Erscheinungen von Darmverschluss auf, die allmählich zu schwerem
Kollaps führten. Exitus durch Aspiration von Mageninhalt bei Gelegenheit
einer Magenspülung. Bei der Sektion fand sich eine Kompression des Dünn-
darms an der Übergangsstelle des Duodenums in das Jejunum durch die straff
angespannte Mesenterialwurzel. Magen und Zwölffingerdarm waren enorm er-
weitert und das Konvolut der teilweise kollabierten Dünndärme in das kleine
Becken hinabgesunken. Verf. ist der Ansicht, dass Enteroptose, reduzierter
Ernährungszustand, SchlaflFheit der Bauchdecken und Chloroformnarkose das
Zustandekommen des Darmverschlusses begünstigen; ferner wurde in diesem
Falle, wie Versuche bei der Sektion einwandsfrei erwiesen, die Kompression
des Darmes durch die neugescha£fene Lage der Niere erleichtert. Die nament-
lich von V. Her ff und Stieda gegebenen Erklärungen, wonach eine akute
Magendilatation als primäre Ursache des Darmverschlusses anzusehen sei, hält
Verf. für ausgeschlossen.
Die Arbeit enthält eine kurze Notiz über Geschichtliches über den mesen-
terialen Darmverschluss.
Ein namentlich in operativer Beziehung sehr interessanter Fall von Ileo-
koloninvagination wird von v. Mickulicz (14) mitgeteilt. Bei einer 27 jähr.
Frau bestand eine Invagination der oralen Hälfte des Dickdarms in die ab-
orale bis in das Rektum hinein, wobei ein entsprechendes Stück Ileum mit
hineingezogen war. Die Invagination ragte zum Teil aus der Afteröffnung
heraus und war stellenweise bereits gangränös. Die Operation wurde durch
sinnreiches Verfahren gewissermassen extraperitoneal ausgeführt: Einnähen
des Colon descendens in die Bauchwunde am lateralen Rande des linken
Rectus abdominis; breite Eröffnung des Colon descendens, wobei das Intus-
susceptum zum Vorschein kommt; Resektion desselben unter fortwährendem
Nahtverschluss der stückweise durch die Abtragung eröffneten Peritoneal-
tasche ; schliesslich Extraktion des peripheren Stückes zur Bauchwunde heraus.
Glatte Heilung.
Einen Fall von schwerer, durch Resektion geheilter Invagination des
Dünndarms beschreibt Böttcher (2, aus der Chirurg. Klinik zu Kiel). Die
Gesamtlänge des resezierten Darmstückes betrug 108 cm. Die Invagination
lag ca. 40 cm oberhalb der Ueocökalklappe.
F. Hofmeister (10) verficht die Ansicht, das Atropin sei aus der
Reihe der Ileusheilmittel zu streichen: Seine Anwendung sei oft mit der
grossen Gefahr einer Verzögerung einer wirksamen operativen Behandlung
verbunden, indem durch das Atropin das klinische Bild vielfach verschleiert
wird. Verf. erwähnt 8 Fälle von Ileus, in welchen Atropin zur Verwendung
kam: Der Ileus wurde in keinem Falle gebessert; es wurde höchstens ein Er-
folg im subjektiven Befinden der Patienten beobachtet, aber niemals eine
Wiederherstellung der Darmpassage. Es handelte sich 3 mal um Einklemmung,
2 mal um Kombination von mechanischer Abknickung mit peritonitischer Darm-
lähmung, Imal um Invagination, Imal um peritonitische Darmparalyse und
Imal konnte die Ursache des Hindernisses nicht festgestellt werden. 3 Pa-
636 Jahresbericht fOr Chirargie. II. Teil.
tienten heilten; 2 durch Operation, 1 durch hohe Einpressungen, 5 starben,
darunter 4 trotz Operation.
Fünf noch nicht publizierte Fälle von Yolvulus des S Romanum aus der
chirurgischen Klinik zu Marburg werden von H. Weege (21) beschrieben und
nach Ätiologie, Diagnose, Prognose und Therapie erläutert. Die 5 Patienten,
4 Männer und 1 Frau, standen in den Jahren 43 — 61. Meistens bestand
schon seit Jahren Stuhlträgheit, anfallsweises Auftreten von Koliken, die
spontan oder nach medikamentöser Behandlung zurückgeg^gen waren. In
einem Falle — 3 mal operiert — traten 2 Rezidive auf. 6 mal bestand
Drehung des S romanum um seine Mesenterialachse und zwar in 2 Fällen
um 180^, Imal um 360^ und Imal um viermal 360^! Sämtliche 5 Patienten
wurden operiert; 2 wurden geheilt, 3 starben, davon 2 an Peritonitis und
1 während der Operation; 2 mal bestand Gangrän der Flexur. Der Arbeit
ist eine tabellarische Übersicht der bisher publizierten Fälle (im ganzen 120)
beigefügt.
Das Studium eines Materials von ca. 30 Fällen von Dannkarzinom fuhrt
Anschütz zu folgenden Schlüssen:
Lokaler Meteorismus durch Überdehnung kann am Coecum bei tief-
liegendem Dickdarmverschluss beobachtet werden; dieser kommt zustande
durch Steigerung des Innendruckes im verschlossenen Darmrohr bei sehr
widerstandsfähiger Ileocökalklappe. Die lokale Blähung entsteht nicht nnr
durch Unterschiede des Widerstandes von Seiten der Darmwand, sondern ganz
besonders durch die verschiedene Weite der Dickdarmabschnitte. Letzteres
wird mit Hilfe eines einfachen Modells in plausibler Weise demonstriert
R. Rosenthal (19) teilt 3 durch Operation geheilte Fälle von Ileus,
entstanden durch peritonitische Adhäsionen, mit: Es handelte sich um Knickung
des Colon ascendens durch alte Netzadhäsion ; Strangulation durch Umschnürung
des Dünndarmes durch peritonitische Adhäsion (alte Perityphlitis) und Dann-
knickung infolge Adhäsionsbildung durch tuberkulöse Peritonitis.
Fertig, Verletzungen nnd chirargische Krankheiten des Magens. 6B7
xn.
Verletzungen und ehirurgisehe Erkrankungen
des Magens.
Referent: J. Fertig, Kassel.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A* Allgemeines*
Allgemeines über die chirurgische Behandlung von Magenkrank-
heiten; Physiologisches über die Funktion des Magens nach Ope-
rationen; Statistisches über Magenoperationen; Technik.
1. BaldassarieFinotti, Riparazionione deil perdite di sostanza delle pareti gastriohe
et intestinali con lembi sieromuscolari. La clinica chirorgica Nr. 3.
2. Bastianelli, Gontributo alio stadio delle oondizioni impedienti il circolo vizioso nella
gastro-enterostomia posteriore inferiore a mezzo del bottone de marphy. II Policlinico.
Sez. chir. Vol. X. 0.
8. Bönard, Sor la gastrostomie. Lyon medical Nr. 12.
4. Ceccherelli, Indicazioni delF intervento chimrgico nelle malattie delle stomaco. La
clinica chirarg. Nr. 6.
5. *Dieterich, Über Gastrostomie im Anschluss an 29 Fälle, welche 1890—1902 in der
chirurgischen Klinik München operiert wurden. Dies. München.
6. Doyen, Surgerj of the stomach. Medioal Press. Jnly 22.
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9. Feldmann, Gastroenteroplastik nach vorausgegangener Gastrostomie. Diss. Kiel.
10. Foderl, Über den Girculus vitiosus nach Gastroenterostomie. Wiener klln. Wochen-
schrift Nr. 41.
11. Fredet, Gastrostomie par le proc^d^ de Fontan. Bull, et m^m. de la soo. anat. Nr. 7.
12. Gauthier, Gastro-ent^roanastomose avec le bouton de Jaboulay. Lyon m^d. Nr. 46.
13. Gay et, Yaleur du bouton de Jaboulay dans le traitement du Cancer de Testomac.
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48. V alias, Indications de la gastro-ent^ro-anastomose , choix du proc^d^. Lyon medial
Nr. 22.
49. * Walker, Gastrojejanostomie with the Mc Graw elastic ligature for the relief of
Gastroptosis. The journ. of the amer. med. ass. Jan. 17.
50. Werkmeister, Demonstration einer KanQle fflr Schrägfisteln am Hunde. 32. Chir.-
Kongress.
51. Zatti, Contributo alla statistica delle gastroenterostomie. Gazetta degli ospedsH
Nr. 140.
Petersen (36) hat 100 Magen- und 200 Darmkarzinome mikroskopisch
untersucht und kommt zu dem Resultat, dass im Gegensatz zum Hantkarzinom
diese in der Mehrzahl der Fälle unizentrisch wachsen. Eine fortschreitende
krebsige Entartung der dem Karzinom zunächst gelegenen Drüsenzellen (im
Sinne Haus ers) konnte mit Sicherheit nicht beobachtet werden. Petersen
J
Fertig, Verletzangen und chinirgiache Krankheiten des Magens. 639
zieht danach seine Schlüsse dahin, dass für die Histogenese unsere Kennt-
nisse noch zu unsicher sind, betreffs der Ätiologie ist die Art und Weise des
imizentrischen Wachstums mit einer parasitären Theorie des Karzinoms kaum
Tereinbar. Betreffs der Praxis habe man beim Magen-Darmkarzinom für
die überwiegende Mehrzahl der Fälle nur mit einem direkten Rezidiv zu rechnen,
d. h. mit einem Rezidiv, welches ausgeht von Karzinomzellen, die bei der
Operation zurückgelassen werden. Petersen glaubt, dass beim Magenkarzi-
nom mehr Karzinomzellen zugrunde gehen als zur Zeit angenommen wird. Er
verlangt eine scharfe Scheidung zwischen folgenden Rezidivformen. 1 . Organ-
rezidiv (ist beim Magenkarzinom das häufigste). 2. Drüsenrezidiv. 3. Zell-
gewebsrezidiv. 4. Metastatisches Rezidiv.
Krause (24) bringt seine Erfahrungen in der Magenchirurgie. Zuerst
bespricht er Operationen bei perforiertem Ulcus und bei Blutungen, hier ope-
riert er dann, wenn eine interne Behandlung ohne Ergebnis war. Bespricht
dami die günstige Wirkung der Gastroenterostomie bei Pylorusstenose und
Dilatation des Magens und kommt zu den chirurgischen Eingriffen bei
Perigastritis und Sanduhrmagen. Zum Schluss kommt er zum Karzinom und
dessen Behandlung. Krause macht alle Operationen unter allgemeiner Narkose,
es wird mögUchst wenig von dem Narkotikum gegeben und nur tropfenweise,
sehr wichtig sei auch schnelles Operieren. Den Murphyknopf verwendet Krause
nicht mehr, sondern nur die Naht.
Doyen (6) bespricht ebenfalls die Erfahrungen auf dem Gebiete der
Magenchirurgie.
Goulliond (15) will die Narkose bei Magendarmoperationen wegen der
Gefahr der nachfolgenden Bronchitis und Pneumonie auf das Minimum be-
schränken. Da die Eingeweide und besonders das sie umgebende Peritoneum
ziemlich empfindungslos sind, könne man ganz gut die Narkose so lange unter-
brechen als hieran gearbeitet wird oder durch eine unvollständige Narkose
ersetzen. Er narkotisiert zuerst mit Äther für die Inzision der Bauchdecken,
imtersucht die Eingeweide und zieht sie vor die Wunde, dann setzt er die
Narkose aus, solange er am Magen oder Darm operiert, wenn dies nicht
möghch, so wird die Narkose während dessen mit B i 11 roth scher Mischung
unterhalten. Zur Reposition der Organe, der Toilette und Bauchnaht tritt
wieder tiefe Narkose ein.
Auf Grund von ungefähr 200 von ihm beobachteter klinischer Fälle von
Magenkrankheiten legt Ceccherelli (4) in aller Kürze dar, wie und wann
man einzugreifen habe. Bei diesen Affektionen reduziere sich die Hauptauf-
gabe des Chirurgen darauf, entweder zu exstirpieren, was erkrankt ist oder
die lokalen Verhältnisse zu verändern und sie normal zu gestalten. Die Ex-
stirpation sei angezeigt bei Krankheitsprozessen, die durch Neoplasmen bedingt
sind, die zum grössten Teile in am Magenmund oder am Pylorus sich lokali-
sierenden Karzinomen bestehen. Sie bringt also eine ausgedehnte Demolition
des Magens mit sich, kann aber dennoch mit dem Leben vereinbar sein, nur
müsse sie vorgenommen werden, wenn die Neoplasmen noch ziemlich beschränkt
sind, damit man so wenig wie möglich sich von ihnen zu entfernen habe.
Diese Radikaloperation sei stets einer palliativen Behandlung vorzuziehen, die
übrigens, wenn jene versagt, vielen Indikationen entgegenkommt, wie denen,
für die Ernährung des Individuums zu sorgen, einer Nahrungsstauung vor-
zubeugen, Erbrechen infolge gehemmter Fortbewegung des Nahrungsbreies zu
640 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
yerhindem und den Krankheitsprozess zu beschwichtigen oder doch dessen
Entwickelung und verhängnisvolle Folgen bedeutend zu mildem.
Verf. erörtert sodann die chirurgischen Indikationen bei gutartigen
Affektionen. Zu diesen gehören die durch Entzündungsprozess, durch Syphilis,
Tuberkulose oder Narben bedingten Stenosen. Der Entzündungsprozess, der
die Stenose hat zustande kommen lassen, bewirke in der Folge derartige Ver-
änderungen im Drüsenelement, dass echte Adenome entstehen, die sich schliess-
lich in Karzinome umbilden. Dies müsse in Erwägung gezogen werden, demi
eine Operation (Gastroenterostomie), die den betreffenden Teil in den Ruhe-
zustand versetzt und so die Irritation vermindert, verhütet das Fortschreiten
des Krankheitsprozesses und dessen Umbildung in bösartiges Gewebe. Die
syphilitischen Stenosen seien entweder direkt auf die gummöse Infiltration
des Pylorus zurückzuführen oder indirekt auf den veränderten Chentiismns
und die veränderte Funktionalität und daher ein sekundärer Pylorusspasmus.
Die tuberkulösen Stenosen seien durch Narben infolge vorausgegangener Ulze-
rationen von bazillärer Natur bedingt. — Bei Narbenstenosen, die von einem
runden Magengeschwür zurückgeblieben sind, müsse die Behandlung eine in-
direkte sein, d. h. darin bestehen, das Eingeweide in einen Zustand der Ruhe
zu versetzen, damit das Geschwür vernarben und Heilung erfolgen kann.
Eine weitere Indikation zu einem rationellen Eingriff geben alle Fälle
von veränderter Funktionalität, bei denen also Gastrektasie, Pylorusspasmus,
mangelhafte Motilität u. s. w. bestehen, sowie die Fälle von Renkmann-
scher Krankheit oder von Sanduhrmagen. Hier ist es die Gastroenterostomie,
die dadurch, dass sie den Eintritt der Nahrung in den Darm erleichtert und
den Magen in den Ruhezustand versetzt, Heilung bewirkt.
Dies sind, bemerkt Verf., die bedeutenden Fortschritte, die die Magen-
chirurgie in den letzten 20 Jahren gemacht hat. Wird sie nicht als letzte
Hilfsquelle angesehen, sondern als das erste wirksame und rationelle Mittel,
so bewirkt sie rasch Heilung von den verschiedensten Affektionen, denen man
ehemals nur durch ärztliche Behandlung beikommen zu können glaubte.
R. Giani.
Rutgers (39) gibt einen Bericht über sieben Fälle von wegen gutartiger
Magenaffektionen ausgeführten Gastroenterostomien; fünfmal wurde bei Karzi-
nom die Gastroenterostomie ausgeführt. In einem Fall von Carcinoma pylori
fand Resektion statt; der Fall endete letal am neunten Tag p. o.
Zur Frühdiagnose des Magenkarzinoms empfiehlt er das von Gluzinski
angegebene Verfahren.
Die Mortalität der Gastroenterostomie bei Karzinom betrug 40 ^/o (zwei
Todesfälle auf fünf Patienten); in den sieben Fällen von gutartigen Magen-
affektionen war kein einziger Todesfall zu bedauern.
Bei zwei Patienten kehrten die Magenbeschwerden resp. ein halbes und
ein Jahr p. o zurück.
Eine zweite Operation, wobei Netzadhäsionen aufgehoben wurden, hatte
dauernden Erfolg.
Die übrigen fünf Patienten waren bald nach der Operation beschwerde-
frei und vmrden wieder ganz funktionsfähig.
Die Indikation zur Gastroenterostomie gutartiger Magenaffektionen wird
nach Rutgers an erster Stelle gegeben durch die Symptome von Magen-
stauung, sei es infolge von Spasmus oder von narbiger oder adhäsiver Pylorus-
Fertig, ""YerletzuDgen und chirargisehe Krankheiten des Magens. G41
Stenosen, wenn eine sachverständige interne Behandlung nicht zum Ziele ge-
führt hat.
Er führt die Tierexperimente von van Yzeren anfNed. Tijdsch. van
Geneesk. II 1901), die den Beweis geliefert haben, dass ein Ulcus ventriculi
entsteht nach beiderseitiger Durchneidung des N. vagus; durch Durchschnei-
dung der Magenmuskulatur bis auf der Submukosa oder durch Gastroentero-
stomie wurde in diesen Fällen die Bildung des Geschwürs vorgebeugt und ein
bereits entstandenes zur Heilung gebracht.
Eine zweite Indikation zur Gastroenterostomie sind stetig wiederkehrende
Magenblutungen. Unter seinen Fällen wurde zweimal wegen Hämatemesis die
Gastroenterostomie ausgeführt, jedesmal mit gutem Erfolg.
Rutgers hat einen Fall von Ulcusperforation operiert. Die an der
kleinen Kurvatur gelegene Perforationsstelle wurde übernäht; Drainage des
Abdomens, anfanglich Heilung, einige Wochen später trat Ileus ein, welchem
der Patient erlag.
Es wurde immer die Gastroenterostomia retrocoUca post. nach Hacker
ausgeführt, stets mit der Naht. Er hält sich genau an den Angaben von
V. Hacker und nimmt die zu anastomosierende Schlinge gleich lang als den
zwischen Plico duodeno-jejunalis und Mageninzision. Niemals wurde Circulus
vitiosus beobachtet. Die Methode nach Roux verwirft er
1. wegen der längeren Operationsdauer,
2. weil die Gefahr einer ,,end to side^' Anastomose grösser ist als eine
„side to side",
3. wegen der grösseren Gefahr der Schrumpfung,
4. weil der Y-Methode in der abführenden Schlinge ein Ulcus pepticum
entstehen könnte. Goedhuis.
Ochsn er (34) spricht sich dahin aus, dass konstantes Brechen nach
der Gastroenterostomie sich sicher vermindern wird, wenn man hintere Ana-
stomose macht und immer den tiefsten Punkt des Magens auswählt. Entero-
anastomose und Verschluss des zuführenden Jejunum-Schenkels ist überflüssig.
Ochsner hat fast immer den Murphyknopf gebraucht und viermal Naht und
neunmal elastische Ligatur nach Mellgraw. Die unmittelbaren Resultate
der letzteren Methode sind so gut wie die beiden ersteren. Ob die Ligatur-
methode unter allen Umständen, auch bei wieder Gangbarwerden des Pylorus
ein Offenbleiben der Anastomose gewährleistet, wie behauptet worden, kann
Ochsn er nicht sagen, da seine Fälle zu kurz beobachtet sind.
Bei einfacher Gastrocytose scheint die Verkürzung der Lig. gastrohepati-
cum und gastrophrenicum gute Resultate zu geben und Pyloroplastik und Ana-
stomose nicht nötig zu sein.
Es ist zweckmässig, den Patienten vor der Magenoperation an die
Schlundsonde zu gewöhnen. Sobald Brechneigung nach der Operation auftritt,
muss der Magen mit kleinen Flüssigkeitsmengen ausgewaschen werden. Er-
nährung bis zum vierten Tage per rectum allein, dann gleichzeitig per os.
Maass (New-York).
Robson (38) hat nur 57o Mortalität bei Gastroenterostomie. Er -legt
gr(Jsses Gewicht auf die Vorbereitung der Kranken. Häufiges Magenspülen
wird verworfen. Er glaubt, dass man den Mageninhalt aseptisch machen
kann, wenn man den Mund oft ausspülen lässt und keimfreie Nahrung ver-
abreicht. Zur Vermeidung des Shock werden Strychnininjektion vor und
während der Operation gemacht. Operation wird auif gewärmtem Tisch aus-
Jahresbericht far Chirurgie 19a3. 41
642 Jahresbericht fOr Chirargie. II. Teil.
geführt nnd soll möglichst schnell vollzogen werden. Er macht stets die
Gastroenterostomia retrocolica nnd näht die Wnndränder über ein dekalzini-
niertes Knochendrain. Um Spombildung nnd Verengemng der Fistel zu ver-
meiden, wird ein Stück der Schleimhaut exzidiert. Die Ernährung per os
wird bald nach der Operation begonnen. Girculus vitiosus sah er selten und
bekämpfte ihn mit Ausspülungen und Aufsitzen des Patienten.
y alias (48) spricht über seine Erfahrungen, die er bei 60 Gastroentero-
stomien gemacht hat und über die Indikationen zu dieser Operation. Ein
Mann von 76 Jahren ist zwei Jahre nach der Operation gesand geblieben,
trotzdem eine Karzinose des Bauchfells bereits vorhanden war. Bei narbiger
Pylorusstenose sei die Gastroenterostomie eine heilende Operation, bei seinen
60 Fällen waren nur vier gutartige Stenosen. Indikation zur Gastroentero-
stomie sind : Perforierte Geschwüre, unerträgliche Schmerzen bei der Magen-
verdauung, gefahrdrohende, sich öfter wiederholende Blutungen. Zweimal hat
er auch operiert bei allgemeiner Perigastritis mit inkompleten Stenosen und
Schmerzen nach der Nahrungsau&ahme.
12 von seinen Patienten hat er durch den Tod verloren, keinen an
Peritonitis. Er gibt der Hacker sehen Methode den Vorzug schon wegen
der Schnelligkeit der Ausführung.
Glenard (14) bespricht in seiner Studie über die Enteroptosen die
Symptomatologie, Diagnose und Behandlung, besonders die innere Therapie,
zum Schluss erwähnt er auch die chirurgischen Massnahmen, die hier not-
wendig werden können.
Sinnhuber (43) gibt Beiträge zur Lehre vom muskulären Kardia, ver-
schluss, referiert zuerst über die einschlägige Literatur und kommt dann zu
seinen eigenen Beobachtungen, die er mit Hilfe des Ösophagoskops an Menschen
und Tieren angestellt hat.
1. Bei einem Schwertschlucker fand er tonischen Verschluss der Cardia.
2. Bei Hunden fand er die Cardia stets, auch bei längerer Beobachtung,
geschlossen, dagegen fand er andere Teile des Ösophagus offen.
3. Bei Beobachtung der Gardia vom Magen aus (bei Tieren) fand er
diese ebenfalls geschlossen. Seiner Ansicht nach trägt die schiefe Einmündung
des Ösophagus mit zur Verstärkung des eigentlichen Verschlusses bei, femer
auch die den Ösophagus schlingenförmig umgebende Zwerchfellmuskolatur.
4. Doppelseitige Vagotomia supradiaphragmatica bei einem Hunde be-
wies, dass die Cardia in normalem Zustand muskulär geschlossen ist. Nach
dieser Operation war die Cardia insuffizient geworden und stand fast immer
offen, wechselte mit den Atmungsphasen ihre Gestalt derart, dass sie sich
bei der Inspiration fest schloss, bei der Exspiration erweiterte.
5. Bei Untersuchung eines Ruminanten konnte Verf. ähnliche Erschei-
nungen wahrnehmen, wie bei vagotomierten Hunden.
6. Um den Einfluss sämtlicher Vagusfasem auf die Cardia beurteilen
zu können, machte er dann doppelseitige Vagotomien hoch oben am Hals,
konnte aber aus der Verschiedenheit seiner Beobachtungen keine gültigen
Schlüsse ziehen. Der Tonus der Cardia wurde jedenfalls vorübergehend ver-
stärkt.
Der Kontraktionszustand der Cardia ist eine Resultante zweier entgegen-
gesetzten Kräfte, einer kontrahierenden und einer erschlaffenden. Die kon-
trahierende findet sich hauptsächlich in der Gegend der Cardia oder in der
Cardia selbst, die erschlaffende geht hauptsächlich vom Zentralnervensystem
Fertig, Verletznngen nnd chirurgische Krankheiten des Magens. 643
(Medulla oblong.) aus, von woher Impulse durch die Vagi der Cardia fort-
während zugeführt werden.
Enderlen (7) beschreibt ein aus der Anatomie gewonnenes Präparat
einer Invagination der vorderen Magenwand in den Ösophagus. Über die
Krankengeschichte des Individuums ist nichts bekannt. Es erschien die vordere
Magenwand in den Ösophagus eingestülpt, so dass die Cardia sehr verengt
war, der einklemmende Ring war nur für einen Katheter passierbar. Die In-
vagination liess sich nicht lösen und war also auch nicht post mortem ent-
standen. Es fand sich durch den vorragenden Zapfen ein Divertikel und
durch die Faltenbildung waren zwei Eingänge zum Magen vorhanden, ein
vorderer und ein hinterer. Peritonealwärts lag auch zwischen Magen und
Ösophagus ein Stück Omentum minus, das keinerlei Verwachsungen zeigte.
Zum Schluss der Abhandlung bespricht Verf. noch die Ätiologie, Sym-
ptome und Therapie derartiger Erkrankungen.
Föderl (10) bespricht die Ursachen des Circulus vitiosus nach
Gastroenterostomie. Er vergleicht die Verhältnisse mit Passagestörungen, wie
sie bei Darmbrüchen zustande kommen. Die Lagen der Darmschlingen zu-
einander werden besprochen, ferner die Spombildung, letztere wird vermieden,
wenn man gegenüber dem Scheitel des Bogenstückes das Mesenterium ver-
kürzt. In drei Fällen von Gastroenterostomie, wo sich ein Sporn gebildet
hatte, hat Föderl die Verkürzung des der Anastomose gegenüber liegenden
Mesenteriums des Dünndarms durch drei Nähte mit gutem Erfolg vorgenommen.
Umstechung und Umschnürung von Gefässen ist selbstverständlich zu ver-
meiden, da sich daraus Zirkulationsstörungen für den Darm ergeben können.
Alle Massnahmen, welche gegen die rückläufige Füllung des zuführenden
Schenkels vom Magen her gerichtet sind, beheben nicht den Sporn und sind
in ihrer Wirkung unzuverlässig. Das physiologisch vollkommenste Verfahren
für einen ungestörten Abfluss aus dem Magen ist die Y. Methode. Nächstdem
verdiene die H a c k e r sehe Methode den Vorzug, weil hierbei die anatomischen
Wechselbeziehungen der Eingeweide die natürlichsten bleiben.
Bei den von Föderl beobachteten Gastroenterostomien der Gussen-
b au ersehen Klinik war je ein Circulus vitiosus bei Gastroenterostomia
anterior und posterior beobachtet worden. Es wurde beidemal eine Nach-
operation ausgeführt, welche aber die Patienten nicht überstanden.
Bastianelli (2) bemerkt, dass alle Operateure bei Ausführung der
Gastroenterostomie den Zweck verfolgen, den Circulus vitiosus auszuschliessen ;
er bespricht dann alle Modifikationen, die die verschiedenen Operateure
empfehlen, um den neuen Pylorus vollkommen funktionstüchtig zu machen
und teilt dieselben in drei Hauptgruppen:
a) Gastroenterostomien mit vorderer und hinterer isoperistaltischer Fixa-
tion (Wölfler, Kappeier, v. Hacker, Doyen u. s. w.).
a) Gastroenterostomien nach den Klappenmethoden (Kocher, Chaput,
Sonnenburg).
c) Gastroenterostomien mit ergänzenden Enteroanastomosen.
Nachdem er hervorgehoben, dass die Magendarmnähte direkte oder
mittelbare sein können, tut er dar, dass sich mittelst des Knopfes (Verf.
wendet den Murphyknopf an) die Operation rasch, sicher und leicht ausführen
lasse, und teilt dann seine eigene Anschauung über die den Circulus vitiosus
verhindernden Verhältnisse mit. Sich auf die topographische Anatomie des
gens und des Duodenum beziehend, weist er darauf hin, dass der Gallen-
41*
644 Jahresbericht fflr Cbirargie. II. Teil.
gang bei einem gesunden leeren Magen entweder in der Höhe der grossen
Kurvatur oder gleich oberhalb derselben ins Duodenum mündet. Ist der
Magen stark ausgedehnt (physiologische oder pathologische Ausdehnung), dann
mündet der Gallengang weit oberhalb der grossen Kurvatur aus. Wenn man
nun die neue Pylorusöffnung sehr nahe der grossen Kurvatur anlegt, wird
die Galle der anastomosierten zuführenden Schlinge entlang, immer in ab-
steigender Richtung sich ergiessen. Hierin wird sie durch die Peristaltik
des Duodenum begünstigt werden. Würde man aber die neue Öffnung über
die Höhe der Gallengangmündung hinaus anlegen, dann müsste die Galle
aufwärts steigen um die neue Öffnung zu erreichen und würde, wenn der
Pylorus durchgängig wäre (Eingriff wegen Pylorismus etc.), in den Magen
abfliessen, oder wenn er stenosiert wäre, den Magen überschwemmen. — Die
neue Pylorusöffnung muss also nicht nur weit unten, sondern auch an der
abschüssigen Stelle des Magens angelegt werden (Roux, Doyen) und die
zuführende Schlinge darf weder zu sehr gespannt, noch zu schlaff sein
(Steinthal). Femer, meint Verf., muss dem Unterschied im Gewicht zwischen
den beiden den Murphyknopf ausmachenden Teilen Rechnung getragen werden.
Er bringt den schwereren Teil in den Darm, damit der Knopf, sobald er
sich mobilisiert, nach unten gleitet. — Verf. beschreibt dann die Technik
der Gastrojejunostomie mit unterer hinterer isoperistaltischer Fixation mittelst
Murphyknopfes , sowie die vor und nach der Operation zu befolgenden Vor-
sichtsmassregeln. Zum Schlüsse teilt er ausführlich 12 im Jahre 1903 mittelst
der Gastrojejunostomie von ihm operierte Fälle mit: in zwei derselben han-
delte es sich um Neoplasmen, in drei um Neubildungen von zweifelhafter
Natur, in einem um Narbenstenose, in einem um nervöse Dyspepsie und in
vier um Hyperchlorhydrie. In einem Falle, in welchem die neue Pylorus-
öffnung über die Höhe der Gallengangmündung hinaus angelegt wurde, hatte
er den praktischen Beweis für seine theoretische Anschauung. Er hatte keinen
Todesfall ; das funktionelle Resultat war ein ausgezeichnetes, besonders in den
wegen Hyperchlorhydrie operierten Fällen.
In Fällen von nicht-neoplastischen Magenläsionen, meint Verf., müsse
der Eingriff ein solcher sein, der sich leicht vollziehen lasse, besonders wenn
es sich um Arbeiter oder Personen handelt, die von der Arbeit leben und
sich keiner langdauernden und kostspieligen Behandlung xmterwerfen können.
R. Giani.
Murphy (31) hat in einer wesentlich statistischen Arbeit die bisher
veröffentlichten Resultate von Magenoperationen zusammengestellt. Die Sta-
tistik beweist, dass bessere Resultate bei Magenkarzinom durch frühere und
gründlichere Operationen erreichbar sind. Um die Diagnosen früher zu steUen
als bisher, ist es nötig, bei allen Erscheinungen von hartnäckigen gastrischen
Reizungen und Retentionen nicht allein Probelaparotomie, sondern auch eine
Probegastrotomie zu machen, ausgiebig genug, um die Magenschleimhaut über-
sehen zu können. Die Operation ist ungefährlich. Maass (New- York).
Zatti (51) liefert einen statistischen Beitrag von 22 Gastroentero-
stomien mit nur einem ungünstigen Ausgang. Er wendete stets das
V. Hack ersehe Verfahren an, das allen anderen zu dem gleichen Zwecke
empfohlenen Operationsmodalitäten vorzuziehen sei. Im Durchschnitt ver-
längern die wegen Pyloruskarzinoms Operierten ihr Leben um ein Jahr. Bei
den nervösen Magenleiden hält er einen chirurgischen Eingriff für wenig an-
gezeigt. R. Giani.
Fertig, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Magens. 645
Mayo (27) berichtet über 303 Operationen, die am Magen und Anfangs-
teil des Duodenum ausgeführt wurden. Um Duodenalaflfektionen handelte es
sich in 26 Fällen, ülzerative Prozesse im Duodenum fanden sich vor-
herrschend bei Männern, Duodenalaffektionen mit Gallenblasenerkrankungen
kompliziert betrafen meist Frauen. Charakteristische Unterscheidungssym-
ptome gewisser Duodenalerkrankungen einerseits und solcher der Gallenblase
oder des Magens bestanden nicht. Das Auffinden der akuten runden Magen-
geschwüre und Erosionen ist schwierig, um so mehr da sie häufig multipel
sind. Zu narbigen Stenosen führen sie meist nicht. Die beste chirurgische
Behandlung ist die Drainage. Die Theorie des Pylorospasmus ist interessant,
der Zustand aber mehr hypothetisch als tatsächlich. Es handelt sich in
Fällen mit spastischen Symptomen wohl meist um Ulcera. Ob das runde
Geschwür zu dem unregelmässigen chronischen Geschwür wird, ist zweifelhaft,
um so mehr weil letzteres häufiger bei Männern als bei Frauen vorkommt.
Diese Geschwüre sind wegen ihres verdickten Grundes leicht aufzufinden und
sitzen meist an der kleinen Kurvatur oder am Pylorus. Da 60 ^/o der Magen-
karzinome, welche Mayo beobachtete, in der Vorgeschichte Zeichen von Ulcus
gaben, so empfiehlt es sich derartige chronische Geschwüre zu exzidieren.
In May OS Fällen war dies jedoch nur dreimal möglich.
In 12 Fällen ohne Geschwür oder Stenose, die zur Operation wegen
Dilatation kamen, fand sich die Magenwand entweder normal dick oder ver-
dickt, ein Zeichen, dass ein Hindernis bestanden haben muss. Die Ursache
fand Mayo meist in zu kurzem Omentum gastro-hepaticum , wodurch der
Pylorus hochgezogen wurde und ein Ventil bildete. Bei Gastroptose, die
meist kein Grund zur Operation ist, fand Mayo normal dicke oder verdünnte
Magenwand.
Magenkarzinome kamen 109 mal zu Operation mit 15,6 ^/e Todesfallen.
Die Gastroduodenostomie weist in Mayos Statistik eine steigende Mortalität
auf, weil die günstigeren Falle der Karzinome reseziert wurden. Da die
Laboratoriumsdiagnosen meist nur wertvoll sind, wenn die Krankheit für
operative Eingriffe schon zu vorgeschritten ist, sollen Probelaparotomien öfter
und früher gemacht werden. Mayo rät, bei Karzinom immer den grössten
Teil des Magens zu entfernen, etwa in der Linie von rechts neben der Cardia
nach dem Milzhilus. An der mit diesem Magenrest vernähten Darmschlinge
ist immer eine Enteroanastomose anzulegen.
Von 19 Pyloroplastiken nach Heinicke-Mikulicz mussten 6 zum
zweitenmal wegen erneuter Stenosenerscheinungen operiert werden. In diesen
fand sich der Pylorus in hoher Lage verwachsen. In drei Fällen, in denen
der Pylorus, um dies zu verhindern, bei der ersten Operation in der Nähe
des Nabels festgenäht wurde, blieben Rückfälle aus.
Die Mortalität der Gastrojejunostomie bei 121 gutartigen Erkrankungen
war 8^/0. Eine Enteroanastomose ist in diesen Fällen unnötig, wenn man
nahe der grossen Kurvatur die Schlinge annäht und einen Murphyknopf oder
eine ähnliche Vorrichtung anwendet, die in der ersten kritischen Zeit die
Kommunikationsöffnung weit offen hält. Wenn der Pylorus permanent ver-
schlossen ist, verengert sich die neue Öffnung nicht. Bei nicht vollständig
und dauernd verschlossenem Pylorus ist die Gastrojejunostomie wenig befrie-
digend. Muss man in diesen letzteren Fällen eine sekundäre Enteroanasto-
mose machen, so ist wegen des ödematösen Zustandes des zuführenden
Schenkels der Knopf zu verwerfen und Naht zu wählen, da Druckatrophie
646 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil
in dem immer ödematösen Gewebe des zuführenden Schenkels zu ausgedehnter
Nekrose führen kann. In 28 Fällen von Gastrojejunostomie bei offenem
Pylorus musste achtmal zum zweitenmal operiert werden. Es ist daher
zweckmässig, gleich bei der ersten Operation den Pylorus zu verschliessen
(Durchtrennung, hohes Annähen mit Yentilbildung oder Bocksbeutelnaht).
Maass (New- York).
Herczel (20a) veröffentlicht die Resultate von 89 Gastroenterostomien.
Wegen karzinomatöser Pylorusstenose operierte er in 46 Fällen mit einer
Mortalität von 15,2 Wo (7 gestorben); narbige Pylorusstenosen, aufgrund eines
Ulcus pepticum, veranlassten ihn 32 mal zur Operation, hier betrug die Mor-
talität 3,2 ^/o (eigentlich 0%, da der Todesfall 4 Wochen nach der Operation
infolge einer Parotitis suppurativa eintrat); anderweitige benigne Magen-
erkrankungen wnirden 11 operiert, darunter verlor er zwei Patienten. AU
die verschiedenen Erkrankungen zusammengefasst betrug seine Gesamtmor-
talität ll,4<>/o.
Herczel zieht die Gastroenterostomia retrocolica der Antica vor nnd
arbeitet, besonders bei krebsigen Pylorusstenosen lieber mit Hilfe des Mur phy-
schen Knopfes. In 56 Fällen wandte er den Knopf an, mit einer Mortalität
von 10,7^0 (6 Todesfälle): in 33 Fällen wurde genäht, und hier beträgt die
Mortalität 12,lVo (4 Todesfälle). J. D o Hinge r (Budapest).
In der Einleitung zu seiner Abhandlung über die Anwendung des Murphy-
knopfes geht Neuweiler (33) zuerst auf die Geschichte des Knopfes ein.
Er berichtet über die Literatur, aus welcher hervorgeht, dass der Knopf in
Amerika sehr häufig, in England und Frankreich dagegen wenig verwandt
wird. Zu einem Abschluss über den Wert der Methode ist man noch nicht
gekommen. Neu weil er berichtet dann über 28 Knopfanastomosen, darunter
fünf am Dickdarm mit einem Todesfall, woran jedoch der Knopf nicht schuld
war. Stenosenerscheinungen traten nach Anwendung des Knopfes nie auf.
Am Dünndarm war der Knopf einmal die Ursache des ungünstigen Ausgangs.
Bei Pylorusresektion wurde neunmal diese Methode verwandt, der Knopf ging
inmier ab, einmal erst nach ^U Jahren, bei Gastroenterostomie kam einmal
infolge des Knopfes Heus zustande.
Neu weil er schildert dann die Technik, bespricht die Vorzüge des
Knopfes vor der Naht. Verwachsungen und Knickungen kommen jedoch auch
vor. Was die spätere Verengerung des Darmes anlangt, so ist die Knopf-
methode der zirkulären Naht überlegen.
Der Knopf bleibt oft lange im Darme zurück, besonders wenn er in
Blindsäcke und Verwachsungen hineingerät, dabei ist die Gefahr der Perfo-
ration immer vorhanden, am meisten treten solche auf bei Dünndanuanasto-
mosen nach inkarzerierten Hernien und am Dickdarm besonders bei Ueo-
kolostomien, oft ist fehlerhafte Technik und fehlerhafte Knöpfe daran schuld.
Wo die Serosaflächen nicht gut aneinander! iegen, soll man deshalb eine Naht
über den Knopf legen. Wenn starke Spannung vorhanden ist, soll man lieber
auf die Knopfmethode verzichten. Bei der vorderen Gastroenterostomie soll
der Knopf nicht verwandt werden, weil hier oft Perforation zustande kommt,
dagegen ist ein kleiner Knopf sehr zweckmässig zur Anlegung der Entero-
anastomose nach der durch Naht angelegten vorderen Gstötroenterostomie.
Neuweiler glaubt, dass die Knopf methode in manchen Fällen unbe-
dingt ebensoviel leistet, als die Naht und da sie die Operationsdauer um so
Fertig, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Magens. 647
viel abkürzt, in einzelnen Fällen der Naht vorzuziehen ist, in anderen aber
wieder der Naht nachsteht.
Über die mit der Gastroenterostomia posterior an der Tübinger Klinik
gemachten Erfahrungen berichtet Trend el (47). Es sind 28 Fälle, die nach der
Hack ersehen Methode operiert wurden, 17 karzinomatöse und 11 gutartige
Pylomsstenosen. Bei der Ausführung wurde sich streng an die Peter senscbe
Vorschrift gehalten. In 23 Fällen war der Murphyknopf verwandt worden.
Trendel erwähnt die Vorteile des Knopfes. In fünf Fällen, wo imAnschluss
an die Operation der Tod eintrat, war der Knopf noch an seiner Stelle, in
drei Fällen war der Abgang des Knopfes nicht beobachtet worden. In zwei
Fällen war durch, den Knopf eine Peritonitis entstanden, infolge Ausbleibens
einer festen Vereinigung der Wände. Nach der Operation starben 21,4 ^/o.
Von 269 aus der Literatur gefundenen Fällen starben 18,2 ®/o im
Anschlnss an die Operation, bei keinem war ein Magenileus konstatiert
worden.
Stich (46) stellt die Indikation zur Operation bei Magenkarzinom sehr
weit. Es sei in erster Linie der Gesichtspunkt massgebend, dass wenn auch
der Patient nur einige Chancen habe durchzukommen, ein Eingriff vorge-
nommen werden solle, sobald ohne Operation ein baldiger Tod zu erwarten
wäre und starke Beschwerden selbst einen riskanten Eingriff human erscheinen
liessen. Metastasen, Ascites, Ödeme waren keine Kontraindikationen, wenn
die Beschwerden des Patienten dringend Abhilfe erheischten. Es wurde,
wenn möglich, die Resektion des Karzinoms vorgenommen, war eine solche
unausführbar, so wurde, falls genügend Magenwandung vorhanden war, die
Gastroenterostomie ausgeführt. War keine Stenose vorhanden und beruhte
das Elrbrechen sowie die Schmerzen auf Atonie und ülzerationen, war somit
von der Gastroenterostomie keine wesentliche und länger vorhaltende Erleich-
terung zu erwarten, so wurde die Jejunostomie ausgeführt. Hierdurch konnte
der jammervolle Zustand wohl gebessert werden, das andauernde Erbrechen
der faulig zersetzten Massen, die durch Zerfall bedingten Schmerzen, Blutungen
können mit einem Schlage nach der Operation verschwinden, das Gewicht
nimmt zu und die Leute kommen in bessere Verfassung.
Gutartige Magenaffektionen sollen operiert werden 1. bei vorhandener
oder drohender Perforation, 2. bei akuten Blutungen, 3. bei immer wieder-
kehrenden kleinen Blutungen, wenn drei Ulcuskuren zu keinem Resultate ge-
führt haben, 4. bei hochgradiger Pylorusverengerung infolge von Narben,
5. bei schweren Gastralgien infolge Verwachsungen bei frischem Ulcus, 6. bei
schweren atonischen Zuständen des Magens, besonders bei gleichzeitiger starker
Dilatation.
Stich bespricht sodann die Operationsvorbereitungen mit Nährklysmen
und Kochsalzeingiessungen sowie Infusionen. Starkes Abführen wird ver-
mieden. Die Ruhigstellung des Darms nach der Operation wird möglichst
vermieden. Um der Atonie möglichst entgegenzuarbeiten, werden wiederholt
rektale Eingiessungen gemacht, auch leichte Abführmittel gegeben von der
Mitte der ersten Woche an. Einer postoperativen Lungenerkrankuiig sucht
er dadurch zu begegnen, dass die Narkose möglichst abgekürzt wird und so
lange am Darm operiert wird, nur oberflächlich unterhalten werden soll. Die
Narkose wird in Tieflagerung des Kopfes ausgeführt, um Aspiration des
Mundsekrets zu verhüten. Nach der Operation werden die Patienten, um
648 Jahresbericht ffir Chirurgie. II. Teil.
der Entstehung von Hypostasen entgegen zu arbeiten, zum tiefen Atmen an-
gehalten und wird für öfteren Lagerwechsel gesorgt.
Verf. gibt dann eine Zusammenstellung über 172 durch Garrö ausge-
führte Magenoperationen: 27 Pylorusresektionen mit 7 Todesfällen; 91 Gastro-
enterostomien mit 24 Todesfällen; 7 Pyloroplastiken ; 3 Gastroplastiken;
3 Magenwandresektionen; 6 Gastrolysen; 15 Probelaparotomien; 4 Divul-
sionen nach Loreta ohne jeden Todesfall und 14 Jejunostomien mit
4 Todesfällen.
Steger (45) stellte die im Spital zu Münsterlingen vom Jahre 1896—
1902 ausgeführten Gastrostomien zusammen. Von 21 wegen Karzinom Ope-
rierten hatten 4 Cardiakarzinom , einer noch dazu ein Karzinom im oberen
Drittel des Ösophagus, einer hatte Karzinom im oberen und unteren Oso-
phagusdrittel. Das obere Drittel war allein sechsmal Sitz für das Karzinom,
das mittlere fünfmal, das untere viermal. Einmal wurde die Gastrostomie
wegen Rezidiv nach Larynxexstirpation , einmal bei Pharynx und Zungen-
karzinom, einmal wegen maligner Struma ausgeführt.
Die durchschnittliche Lebensdauer betrug nach der Operation 5 Monate,
vom Beginn der Stenosenerscheinungen an 11 Monate.
Die Operation wurde immer erst ausgeführt, als bedeutende Stenosen-
erscheinungen auftraten. Die Gastrostomie war dann imstande, die meisten
Kranken vom Hungertode zu bewahren, ihnen das Leben noch schmerzfrei
zu gestalten und zu verlängern. Der Fistelschluss war in der Regel gut. Das
Allgemeinbefinden wurde ebenfalls gebessert, Kraft und Körpergewicht nahmen
zu, oft trat auch schnell Besserung des Schluckvermögens ein. Die Operation
besserte das subjektive Empfinden und wirkte beruhigend auf die Psyche.
Einem 35 jährigen Patienten mit stark vorgeschrittenem Magenkarzinom
exstirpierte Fedorow (8) den Magen. Das Karzinom durchsetzte fast die
ganze Magenwand, doch waren infiltrierte Drüsen nur dicht an den Kurva-
turen zu fühlen. Verwachsungen mit der Nachbarschaft bestanden nicht.
Der Magen wurde oberhalb der Cardia und unterhalb des Pylorus reseziert.
Da der unterste Teil der Ösophagusschleimhaut vom Karzinom durchsetzt
war, so ynirden hier noch 1,5 cm abgetragen, unterhalb des Zwerchfells
blieb noch ein 4 cm langes Stück des Ösophagus, mit welchem das sehr be-
wegliche Duodenum durch zweireihige Knopfnaht vereinigt wurde. Das Duo-
denum wurde noch mit drei Knopfnähten an der unteren Fläche der Leber
aufgehängt. Am 6. Tag Tod an allgemeiner eitriger Peritonitis, infolge von
zirkulärer Gangrän des untersten Teils des Ösophagus.
Dreimal operierte Fedorow wegen Magenblutungen. Im ersten Falle
handelte es sich um eine plötzlich einsetzende Blutung bei einer sonst ge-
sunden Person. Die Quelle der Blutung wurde bei der Operation nicht ge-
funden. Gastroenterostomie. Am 8. Tage nach der Operation Wiederholung
der Blutung. Heilung. — Im zweiten Falle handelte es sich um eine Blutung
aus einem Ulcus cancrosum ventriculi. Die Blutung wurde durch Verschor-
fung der Geschwürsfläche gestillt. Gastroenterostomie. Tod.
Bei einer 35jährigen Bäuerin, die an dispeptischen und Schluckbe-
schwerden litt, diagnostizierte Fedorow mit Hilfe des Ösophagoskops eine
Dilatation des unteren Teils der Speiseröhre, die sich infolge einer Pylorus-
stenose nach Ulcus rotundum gebildet hatte. Gastroenterostomie, wonach
sich die dyspeptischen Erscheinungen besserten, die Schluckbeschwerden aber
blieben fürs erste bestehen. Höh Ib eck (St. Petersburg).
Fertig, Verletzangen und ehirurgische Krankheiten des Magens. 649
Kocher (22) hebt hervor, dass durch die Gastroduodenostomie nach
Pylortisresektion bei weitem die günstigsten Verhältnisse hergestellt würden
für den Abfiass des Mageninhaltes. Es gäbe kein Verfahren der Gastroenter-
ostomie, bei welchem man so sicher alle Gefahr eines Rücktrittes von Darm-
inhalt, Galle und Pankreassaft in den Magen yerhüten könne, wie bei diesem.
Den Nachweis zu liefern, wie man der Gastroduodenostomie speziell bei
gutartigen Stenosen eine grössere Zukunft sichern könne, ist der Zweck der
Kocher sehen Arbeit. Er hat sich am Kadaver überzeugt, dass die Schlinge
des Duodenum sich verhältnismässig leicht loslösen lässt. Zu diesem Zweck
wird das Peritonealblatt auf der rechten Seite der Pars descendens duodeni
in senkrechter Richtung durchtrennt, von der rechten Niere, links von dem
zum Colon transversum herabsteigenden Schenkel der Flexura coli dextra
und zwar reichlich zweifingerbreit entfernt vom Rande des Duodenum. Man
kann dann nach Zurückschieben des Peritoneum durch sanften Zug mit Leichtig-
keit mit dem Finger unter das Duodenum gelangen und dasselbe von der
Vorderfläche der Wirbelsäule, Vena cava und eventl. von der Aorta abheben.
Wenn man noch die gegen das Kolon absteigende Partie des Peritoneum
spaltet, kann man auch die Flexura duodeni inferior leicht abheben, grössere
Gefasse werden dadurch nicht verletzt.
Die Rückfläche des Duodenum wird hierbei nicht bis auf die Musku-
latur entblösst, sondern behält als Rest des früheren Peritonealüberzuges eine
bindegewebige Platte, welche rauh ist. Die Pars verticalis duodeni wird so
beweglich gemacht, dass sie sich mit Leichtigkeit an die Vorderfläche der
Pars pylorica des Magens anlegen lässt. Die Grenze der Ablösung ist durch
den Gefassverlauf gegeben, welche aber soweit abgeschoben werden können,
dass sie die Naht nicht behindern. Am wenigsten beweglich zu machen ist
die Flexura duodeni sup., weil hier das Ligamentum hepatoduodenale mit
Ductus choledochus, Vena portae und Arterie siöh anlegt. Das Ligament
bildet die Drehachse, um welche der absteigende und untere Teil des Duode-
num nach vom gewendet werden soll. Die Vorderfläche des Darmes, die mit
dem Magen vernäht werden soll, behält ihren völlig intakten Peritoneal-
überzug, wodurch eine sichere Vereinigung möglich ist. Wenn die Pars pylo-
rica durch Narben und Verwachsungen an ihrer Beweglichkeit viel eingebüsst
hat, so machte Kocher unter Durchtrennung des Ligament, gastrocolic. die
Eröffnung des Magens hinter der grossen Kurvatur, sonst an der vorderen
Wand, welch letztere Methode die einfachere ist. Zur Ausführung benutzt
Kocher einen steilen Schrägschnitt durch die Bauchdecken, zwei fingerbreit
unterhalb und parallel dem rechten Rippenrand in der Medianlinie beginnend.
Die Leber wird nach oben gezogen, Magen nach links, Colon transversum und
absteigender Schenkel der Flexura coli dextra nach unten.
Kocher will sein Verfahren durchaus nicht auf besonders günstige Fälle
beschränkt wissen, er stellt dasselbe als Normalverfahren in Konkurrenz mit
allen bisherigen Methoden der Gastroenterostomie, sowie mit der Pyloro-
plastik, d. h. er stellt die Gastroduodenostomie über die bisherigen Methoden.
Einschränkung erleidet das Verfahren nur durch grosse Schwierigkeit der
Mobilisierung des Duodenum bei Vorhandensein ausgedehnter Verwachsungen
an der unteren Leberfläche.
Schnitz 1er (42) berichtet über fünf Fälle von Gastroduodenostomia
lateralis nach Kocher. In zwei Fällen handelte es sich um Sanduhrmagen,
die Verhältnisse lagen für die Operation sehr günstig und das funktionelle
650 Jahresbericht fOr Chimrgie. IL TeU.
Resultat war ein vortreffliches. Ebenso zufriedenstellend war auch das
Schlussergebnis bei einem stenosierenden Pyloruskarzinom. Dadurch bewogen,
führte er die Methode auch unter ungünstigen topographisch anatomischen
Verhältnissen aus, bei einer 61jährigen Frau mit vorgeschrittenem Pylorus-
karzinom trotz unvollkommener Beweglichkeit des Duodenum und starker Span-
nung. Pat. starb und es fand sich eine Dehiszenz im Bereich der hintere
Nahtlinie. In einem weiteren Falle zeigte sich, dass ein absolut sicheres
Funktionieren der neuen Kommunikation, im Gegensatz zur Gastrojejunostomie
nicht zutrifft. Eine 35jährige Frau erbrach vom 3. Tage ¥rieder grosse
Mengen, so dass am 8. Tage das Abdomen wieder geöffnet wurde. Die Anasto-
mose war in Ordnung, für einen Finger durchgängig, aber der sackförmig
nach unten erweiterte Magen war unterhalb des Niveaus der Anastomose
schwappend gefüllt. Nach einer an der tiefsten Stelle des Magens angel^ten
Anastomose mit der obersten Jejunumschlinge trat Heilung ein. Zum Schluss
seiner Ausführungen meint Schnitzler, dass infolge seiner Erfahrungen eine
Überlegenheit der Gastroduodenostomie gegenüber den anderen sicheren Me-
thoden zur Vermeidung des Circulus vitiosus nicht angenommen werden kann,
ferner falle noch der Umstand ins Gewicht, dass die Mobilisierung des Duode-
num nach Kocher die der klassischen Gastroenterostomie eigentümlichen
einfachen Wundverhältnisse (durch Eröffnung eines subserösen Zellgewebs-
lagers) kompliziere und sich nicht immer leicht, femer auch nur mit grösserem
Zeitaufwand ausführen lasse.
Narath (32) hat ein Instrument konstruiert, welches bei verschiedenoi
Magendarmoperationen den Assistenten, welcher den Magen zu fixieren hat
in sehr vollkommener Weise zu ersetzen imstande ist. „Das Instmm^t
besteht aus zwei Armpaaren, welche an dem einen Ende durch ein qoer-
gestelttes Scharniergelenk drehbar miteinander verbunden sind und sich auf
diese Weise nach Art einer Zange öffnen und schliessen lassen. Das eine
Armpaar trägt an seinem freien Ende einen konvexen Körper, welcher mit
seiner Längsachse quer zu den ihn fassenden Armen steht und dazu bestimmt
ist, die betr. Magenpartie, an der die Öffnung anzulegen ist, emporzuheben
und vorzustülpen. Das zweite Armpaar hält zwischen seinen freien Enden
einen um die längere quergestellte Achse drehbaren elliptischen Ring eingeklemmt,
welcher beim Schliessen des Instrumentes genau auf den Rand des konvexen
Yorstülpers passt. Die emporgehobene Magenpartie wird auf diese Weise
ringsherum abgeklemmt. Durch eine in der Nähe des Schamiergelenkes be-
findliche Schraube kann man den Druck beliebig regulieren. Die innerhalb
des Ringes befindliche Magenpartie ist ausser Zirkulation gesetzt und man
kann den Magen ruhig öffnen, ohne dass der Inhalt ausfliessen kann/'
Für die Anlegung des Murphyknopfes hat Narath noch ein etwas
anders konstruiertes Modell angegeben, welches an Stelle des konvexen Vor-
stülpers einen kreisrunden Ring besitzt, gegen welchen ein zweiter gleich-
grosser drehbarer angepresst wird. Dieses Instrument ist schmäler und kann
auch für die Naht verwendet werden, wenn wenig Raum zur Verfugung steht.
Die Vorteile dieses Gastrophors sind folgende :
1. es wird ein Assistent gespart und damit eine Infektionsquelle ausr
geschaltet;
2. die Operation lässt sich leichter und etwas schneller ausfuhren.
3. ein Ausfliessen von Mageninhalt ist nicht möglich, auch wenn Patient
bricht, presst, spannt oder hustet.
Fertig, VerletzoDgen and chirurgische Krankheiten des Magens. 651
4. es blutet nicht und man braucht keine Ligaturen an den Magen-
gefassen anzulegen;
5. der Knopf kann nicht in den Magen fallen.
Hammesfahr (20) hat in 13 Fällen von teils gut, teils bösartiger
Pylorusstenose das Verfahren Rutkowskys ausgeführt, der mit der Gastro-
enterostomie eine Gastrostomie verbindet, wodurch ein Circulus vitiosus vermieden
werde und die Möglichkeit vorhanden sei, den Kranken gleich nach der Ope-
ration hinreichend zu ernähren. Er macht die Gastroenterostomia antecolica
nach W ö 1 f 1 e r am unteren Bande des Magens, nachdem dieser durch Abtrennung
des Ligamentum gastrocqlicum auf 5 — 6 cm freigelegt ist. Dann wird 4 cm
oberhalb der Anastomose etwas nach links herüber eine kleine Inzision in der
vorderen Magenwand gemacht und ein Nelatonkatheter durch dieses Loch
und durch die Anastomose in den abführenden Darmschenkel 10 cm weit ein-
geschoben und sodann mit Schrägkanal dem Magen angeheftet, dieser am
Peritoneum parietale angenäht. Der funktionsuntüchtige , meist schlaffe Magen
werde vor der Hand bei dieser Art der Ernährung nicht in Anspruch genommen
und an die Festigkeit der Naht nur die geringsten Ansprüche gestellt. Beliebig
viel Nahrung könne auf diese Weise zugeführt werden, ohne Erbrechen fürchten
zu brauchen. Nach 2 — 3 Wochen vnrd der Schlauch entfernt. Alle auf
diese Weise Operierten sind glatt geheilt, niemals ist Erbrechen oder Neigung
zum Erbrechen aufgetreten.
Schömaker (41) hat bei Leichen die anatomischen Verhält-
nisse zwischen der Lage der Plica-duodenojejunalis und der
Cnryatura major untersucht und fand 13 mal die Curvatura major höher
liegend als die Plica duodenojejunalis ; unter diesen 13 Fällen war 3 mal ein
Carcinoma pylori vorhanden. Die in der Heidelberger Klinik befolgte
Methode der Gastroenterostomia retrocolica war also in diesen Fällen nicht
ausführbar gewesen.
Er selbst hat nach dieser Methode einen Patienten mit Carcinoma pylori
operiert, welcher infolge von Circulus vitiosus 20 Tage p. o. starb. Die Plica
duodeno-jejunalis lag hier 3 cm tiefer als die tiefste Stelle der grossen Kurva-
tur ; die zuführende Schlinge lief hier nach oben. Es war eine leichte Achsen-
drehung und ein beginnender Darmsporn vorhanden.
(Auffallend ist der Gegensatz zwischen den glänzenden Statistiken von
Petersen, Steinthal, Terrier und anderen und den Besultaten dieser
Kadaveruntersuchungen. Bef.) Goedhuis (Deventer).
Ein neues absolut aseptisches Verfahren der Gastroenterostomie gibt
Padula (35) an. Nachdem er den Bauch eröffnet und die zu anastomosie-
r enden Teile in Kontakt miteinander gebracht hat, verfährt Padula auf
folgende Weise: 1. er vereinigt die Serosa und Muskularis der beiden Höhlen
der Achsenlinie entlang mittelst einer über wendlichen Naht; 2. legt auf beiden
Seiten einen Längsschnitt in die Serosa und Muskularis; 3. hebt auf jeder
Seite eine longitudinal gerichtete Schleimhautfalte in die Höhe; 4. presst
xnittelst 8 mm breiten, neben einander gelegten Pinzetten die beiden Falten
a.zieinander ; 5. hebt über diese Pinzetten die Wandungen der beiden Höhlen
i» die Höhe und vereinigt sie mittelst überwendlicher Naht. — Die Pinzetten
ixekrotisieren die Schleimhaut und fallen dann in die .Höhle, wonach die
Anastomose hergestellt ist. Die definitiven Ausgänge dieses Operationsver-
isibrens verspricht Verf. in einer weiteren Publikation mitzuteilen.
B. Giani.
652 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
Die Eröffnung der Verdauungsvorgänge in erster Zeit setze das Peri-
toneum der Gefahr einer Verunreinigung aus; diese werde, meint Macacci
(25), durch seine beiden Methoden vermieden. Die eine Methode besteht in
Anwendung von Metallklemmen, die andere in Anlegung einer Reihe
Knoten und die Technik dabei ist folgende: a) Einschnitt in die Bauch-
wand und Aufsuchen der Eingeweide; b) Anlegen der Knoten oder der
Klemmen am Magen und Darme; c) zirkuläre, die Serosa und Muskularis
fassende Naht; d) Reposition der Eingeweide; e) Vemähung der Bauchwand.
— Die definitiven Resultate wird Verf. in einer ausfuhrlichen Arbeit mit-
teilen. R. Giani.
Hall (19) veröffentlicht acht weitere Fälle von Gastrojejunostomia po-
sterior supracolica. Er zieht das Jejunum durch das Ligamentum gastro-
colicum hindurch zur Vereinigung mit der hinteren Magenwand und hält
diese Methode für leichter ausführbar. Das Ligamentum gastrocolicum habe
nicht soviel Gefässe als das Mesocolon transversum^ ausserdem sollen die
nötigen Manipulationen auf ein Minimum beschränkt sein, man brauche nur
einen kleinen Laparotomieschnitt. Magen und Jejunum werden vorgezogen
und könne man dann die Anastomose extraperitoneal anlegen. Zweimal hat
Hall sich bei Autopsien von der guten Beschaffenheit der Anastomosen über-
zeugen können. In allen 12 Fällen, die er bis jetzt operiert hat, trat glatte
Heilung ein. Bei einem kam es zum Circulus vitiosus und es wurde deshalb
das Abdomen nochmals geöffnet, eine seitliche Anastomose zwischen beiden
Darmschenkeln angelegt, worauf Heilung erfolgte.
Da die hintere Gastroenterostomie nicht immer leicht und manchmal
sogar unmöglich ist, so macht Montprofit (28, 29) jetzt stets die Gastro-
enterostomia anterior antecolica ypsiloformis. 15 cm unterhalb der Plica
duodenojejunalis wird das Jejunum quer durchtrennt, ebenso das Mesenterium.
Das abführende Ende wird dann unter dem Netz und Colon transversum
nach vorne gezogen und in die vordere Magenwand implantiert, das zuführende
Darmende wird in das abführende weiter unten eingepflanzt. Viermal hat
er bis jetzt diese Operation mit gutem Erfolg ausgeführt. Er hält dies für
die beste Methode, da hierbei keine Regurgitationen vorkommen können.
Dauer der Operation 40 — 45 Minuten.
Bei zwei Patienten, welche nach der v. Hack er sehen Methode w^en
gutartiger Pylorusstenose operiert worden waren, traten nach einigen Monaten,
bei dem anderen nach fünf Jahren Stenosenerscheinungen wieder f^uf. Mont-
profit wandelte infolgedessen die Gastroenterostomien in die Ypsiloformis
um. Es wurde hier zuerst der zuführende Darmteil durchtrennt mitsamt
dem Mesenterium, 2. wurde der nach der Anastomose hin gelegene Darm
blind verschlossen, 3. der zuführende Darm in den abführenden ungefähr
15 cm von der Anastomosenstelle entfernt implantiert.
Montprofit hat dann noch eine zweite Methode dieser Transformation
angegeben. Hierbei wird das abführende Ende 15 cm unterhalb der Anasto-
mose durchtrennt und das periphere Ende in den abführenden Schenkel im-
plantiert, sodann das zentral durchschnittene Darmende wieder in den ab-
führenden Schenkel eingepflanzt. Nach dieser Methode hat er einmal operiert,
eine 33jährige Dame, die wegen Dilatatio ventricuU und Gastritis chronica
drei Jahre vorher nach Hacker operiert worden war und wieder gastrische
Krisen, Regurgitation, sowie Schmerzen bekam. Es trat dann vollkommene
Heilung ein. Er nennt diese letzte Methode eine sehr elegante, jedoch sei sie
Fertig, Verletzangen und chirurgische Krankheiten des Magens. 653
ein wenig kompliziert, weil zwei Implantationen gemacht werden müssen,
dafür gäbe sie eine grosse Sicherheit betreffs der Abflussbedingungen.
Feldmann (9) gibt ein neues Verfahren Helferichs an zur Er-
weiterung narbig verengter Gastroenteroanastomosen ;,Gastroenteroplastik nach
vorausgegangener Gastrotomie^. Bei einer 50jährigen Frau war wegen gut-
artiger Pylorusstenose eine Gastroenterostomia retrocolica posterior mit Murphy-
knopf gemacht worden. Nach einem Jahr traten wieder Magenschmerzen und
Erbrechen auf. Bei der Relaparotomie fanden sich beide Dünndarmschenkel
mit dem Magen verwachsen und bildeten eine grosse Masse. Der Magen wurde
aufgeschnitten, die Anastomose fand sich stark verengert, der Ring wurde ge-
spalten, wobei auch das Peritoneum zwischen Magen und Darm eröffnet
wurde. Nach Erweiterung des Schnittes, so dass der Finger die Fistel gut
passieren konnte, wurde die Vernähung der Wundränder vorgenommen. Die
Teile konnten soweit vorgezogen werden, dass die Naht ausserhalb der Wunde
gemacht wurde. Zum Schluss Naht des Magens. Es trat Heilung ein. Feld-
mann glaubt, dass die Verengerung der Anastomose darauf zurückzuführen
war, dass von dem früher bestandenen Ulcus Schrumpfungsprozesse ausgingen,
die sich auf die Umgebung der Anastomose ausgedehnt haben.
Feld mann hält diese Methode für die kürzeste und bequemste, um
zur verengerten Gastroenterostomie zu gelangen, sie biete den Vorteil, dass
man Mageninneres und Anastomose in weiter Ausdehnung übersehen könne.
Vor allem empfehle sie sich bei Verengerung einer Hack ersehen Anasto-
mose, könne jedoch nur ausgeführt werden, wenn der Magen nicht zu klein
ist. Die plastische Vereinigung der durch sie an der Anastomosenstelle ge-
schaffenen Wundränder muss mit Serosa und Muskularis-Mukosanaht ausge-
führt werden.
Kydygier (40) hat in letzter Zeit mit der Gastroenterostomia ante-
colica schlechte Erfahrungen gemacht. Insbesondere hat ihn der ungünstige
Verlauf (subakute Ileuserscheinungen ; Relaparotomie: Kompression des Quer-
kolons) in einem seiner Fälle, welcher der Methode zweifellos zur Last zu
legen ist, bestimmt, die Wölfl ersehe Methode entschieden zu verwerfen
und auf die v. Hack er sehe Retrocolica posterior zurückzukommen. Nur
wo diese nicht anwendbar (hintere Verwachsungen des Magens), operiert er
nach Roux. Urbanik (Krakau).
Baldassari und Finotti (1) führten mit ausgezeichnetem Erfolg Ex-
perimente an Hunden aus, die darin bestanden, dass sie Magen- und Darm-
wunden mit Substanzverlust hervorriefen und diese dann mit einem der Bauch-
wand entnommenen Serosa-Muskellappen deckten. Die Muskelfasern waren
nach einiger Zeit durch neugebildetes Gewebe ersetzt, das den Substanzver-
lust stabil reparierte. Bei weiteren Experimenten verwendeten sie Arterien-
oder Darmwand vom Rinde und undurchdringliche Leinwand zur Deckung.
Es bilden sich bald Adhärenzen mit dem Netze und den Darmschlingen, die
eine Lostrennung des eingenähten Materials, während die Reparation der
Darmwand vor sich geht, verhinderten. R. Giani.
Zur Mitteilung des Herrn Rehm (siehe voriger Jahresbericht) bemerkt
V. Hacker (18), dass er bei allen Anastomosen, die er beim Menschen mit
dem Murphyknopf ausgeführt hat, immer schon in der von Rehm vorge-
schlagenen Art und Weise der Befestigung des Knopfes vorgegangen ist und
mit den Resultaten sehr zufrieden war. Er hebt hervor, dass er womöglich
durch die von den Rändern der Knopfscheibe aneinander gedrängten Darm-
654 Jahresbericht fdr Chirurgie. II. Teil.
Partien der Sicherheit wegen noch Serosanähte lege, dieselbe aber auch in
einzelnen dringenden Fällen ohne Schaden weglasse. Bei zirkulärer Vereini-
gung nach Darmresektionen sei es jedoch öfter nötig, Tabaksbeutelnaht zu
verwenden, da der Unterschied des Durchmessers des Knopfes und des Darmes
ein so grosser sei, dass die beiderseitigen Nähte keinen so völlig sicheren
Lumenverschluss nach dem Zusammenpressen der Knopfhälften garantieren
als eine Schnümaht.
Sprengel (44) macht darauf aufmerksam, dass die von Rehm und
V. Hacker empfohlene Vereinfachung der Naht bei Anwendung des Murphy-
knopfes bereits von Carle und Fantino (Langenbecks Arch., Bd. 56,
S. 1) angegeben worden ist. Sprengel hat seit der Zeit diese Methode
immer angewandt und hält sie für sehr zweckmässig.
Knotz (21) hält den Murphyknopf für unentbehrlich für kleine Kranken-
häuser bei mangelnder Assistenz. Er beschreibt zwei Fälle von Hemia in-
carcerata gangraenosa, die er mit Hilfe des Knopfes operiert hat.
Pozzi (37) demonstriert einen Knopf Dr. Bonniers, der nach dem
Murphy sehen Prinzip gebaut ist, er setzt sich zusammen aus zwei Aluminiom-
ringen, von denen jeder einen Kautschukreif trägt zur Regulierung des Druckes.
Vier Federn aus Stahl halten beide Ringe zusammen. Der Knopf wird ebenso
angelegt wie der Murphy sehe.
Gauthier (12) zeigt das Präparat eines Magens, bei dem drei Wochen
vorher die Gastroenterostomie mit Jaboulay sehen Knopf gemacht war wegen
Pyloruskarzinom. 14 Tage ging alles gut, dann bekam der Patient starke
Schmerzen ohne Meteorismus, ohne Erbrechen, ohne Fieber. Bei der Antopsie
konnte nichts gefunden werden, was diese Erscheinung erklärte.
Gayet (13) hebt die Vorzüge des Jaboulay sehen Knopfes hervor; er
hat damit sieben Gastroenterostomien ohne Todesfall ausgeführt, es handelte
sich dabei um sehr heruntergekommene Patienten. Besonders zu erwähnen
ist die Schnelligkeit der Methode. Jaboulay braucht 6 — 8 Minuten fiir
eine Gastroenterostomie, er selbst hat ungefähr die doppelte Zeit dafür nötig.
Der Hauptvorwurf, welcher dem Knopf gemacht werde, sei der, dass
die Öffnung leicht wieder zu eng wird. Jaboulay hat dies jedoch nur ein-
mal unter 100 Fällen beobachtet und musste deshalb nochmals operativ ein-
greifen.
Maragliano (26) machte wegen Karzinom des Pylorus mit Drusen an
der grossen und kleinen Kurvatur die Pylorusresektion , wobei die Arten»
colica media unterbunden werden musste. Hierdurch wurde der mittlere Teil
des Querkolons in seiner Ernährung gestört. Maragliano schloss zuerst
die Bauchhöhle, eröffnete sie nach einigen Tagen wieder, um nach dem Kolon
zu sehen und fand es gangränös; die Resektion wurde ausgeführt und die
Wiedervereinigung mit Murphyknopf hergestellt. Es bildete sich eine Kot-
fistel und ausserdem machte Patient eine Bronchopneumonie durch, aber es
trat doch noch Heilung ein. Maragliano tritt für die zweizeitige Magen-
resektion ein. Wenn es sieh um geschwächte Personen handelt, soll zuerst
die Gastroenterostomie und nach 4 — 5 Wochen die Resektion ausgeführt
werden.
Moynihan (30) gibt zuerst eine Literaturübersieht der bis jetzt ver-
öffentlichten Fälle von totaler Magenexstirpation ; es sind im ganzen 16 im
Alter von 35 — 60 Jahren, 6 hiervon starben im Anschluss an die Operation,
10 heilten.
Fertig, Yerleizangen und cbirurgische Krankheiten des Magens. 655
Sein Fall betrifft eine 59 jährige Fraa. Es fand sich der ganze Magen
Yom Tumor ergriffen, mit Drüsen an der grossen Kurvatur. Moynihan ent-
fernte den ganzen Magen. Das Duodenum wurde durch Naht yerschlossen
and sodann eine Anastomose hergestellt zwischen Ösophagus und einer Jejunum-
schlinge, die durch einen Schlitz im Mesokolon nach oben gezogen wurde.
Nachdem die hintere Naht der Anastomose gemacht war, wurde eine Magen-
sonde durch den Ösophagus in das abführende Jejunumende eingeführt und
die Naht yollendet Die Frau starb nach 6 Stunden.
Zur Ausführung von Versuchen über Fermente im ürin war es nötig,
ein Tier zu besitzen, bei dem die Fundusdrüsen des Magens vollkommen aus-
geschaltet waren. Grobe (17) hat deshalb an weiblichen Hunden versucht,
den Magen ganz zu exstirpieren. Die Versorgung des Ösophagusstumpfes bot
die grössten Schwierigkeiten. Die ersten 5 Versuchstiere starben, zum Teil
an Magentetanie. Um Zerrung zu vermeiden, vereinigte er dann die Darm-
schlinge mit dem Ösophagus durch Murphyknopf , darnach trat jedoch Per-
forationsperitonitis auf. Das sicherste schien eine gut angelegte Naht, da er
für diese aber etwas mehr Gewebe unterhalb des Zwerchfells brauchte, so
liess er einen 1 cm breiten Streifen Vom Gardiateil' des Magens stehen und
exzidierte die Mukosa aus ihm. Der so operierte Hund blieb am Leben.
Um die Verhältnisse bei der Gastrostomie noch besser zu gestalten, die
Begurgitation zu verhindern, schlägt GouUiond (16) vor, der Gastrostomie
eine Gastroenterostomie vorangehen zu lassen. Es werden zwei Schnitte ge-
macht, der eine median, der andere unterhalb des linken Rippenbogens, vom
A. aus wird die Gastroenterostomia post. nach Hacker in der Pars prae-
pylorica ausgeführt und dann wird vom H. Schnitt aus die Gastrostomie
möglichst nahe der Cardia angelegt. Goulliond hat einen Patienten auf
diese Art operiert, der schon sehr heruntergekommen war und an Lungen-
erscheinnngen zugrunde ging.
Fred et (11) demonstriert einen Magen, bei dem Font an eine Gastro-
stomie nach seiner Methode angelegt hatte, wegen Ösophaguskarzinom. Die
Fistel schliesst gut; von innen ist sie umstellt von Falten, die einen unregel-
mässigen Verlauf haben.
Die einfachste Methode der Gastrostomie ist nach B6nards (3) An-
sicht immer die beste. Er macht die Laparotomie dicht unterhalb des Rippen-
bogens, vernäht den Magen mit dem Peritoneum parietale möglichst nahe
der Cardia. Dann wird der Magen punktiert und ein dünner Schlauch
eingelegt.
Werkmeister (15) hat eine Kanüle ähnlich der Trachealkanüle kon-
struiert, die für Witze Ische Schrägfisteln bei Gastrostomien, sowie an der
Harnblase geeignet ist und einen guten Abschluss geben soll.
B. Spezielles.
a) Verletzungen, Ulcus ventriculi traumaticum und Fremdkörper.
52. Adenot, Denx cas de gaatroatomie chez des enfants atteinta de r^tröcissement cica-
triciel de oesophage. Lyon m^dical. Nr. 21.
53. *Angerer, Über Stich- und Scbuss verletz angen des Magens. Dissert. München.
54. Avanzino, Dne casi di stenosi del piloro par ingestione di acidi. II Policlinico. Sez.
praties. Fase. 52.
656 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
55. Baikow, Ein seltener Fall von Schrampfung des Magens bis znr Grösse einer Tascbea-
uhr infolge von Verfttznng mit Schwefelsäure. Russki Wratsch. Nr. 23.
56. Bobbio, Supra un caso di rottnra traumatica sotto cutanea dello stomaco.
57. Bolton, Bullet wound in the stomach. Annais of surgery. September.
57a. Fischer, A., Stichverletzung des Magens, Duodenums und der Gallenblase. Li^iaro-
tomie, Heilung. Ärzte- Verein der Eommunalspit&ler, Sitzung vom 4. II. 1903. Orvosi
Hetilap 1903. Nr. 12.
57b. Fischer, A., Gastrostomie mit Gastroenterostomie kombiniert. Chirurg. Sektion des
Budapester kgl. Ärzte-Vereins, Sitzung vom 19. II. 1903. Orvosi Hetilap 1903. Nr. 20.
58. Forgue et Jeanbran, Des plaies de Testomac par armes ä feu. Revue de Chir.
Nr. 9-12.
59. MarchottifLe rotture träum atiche sottocutanee dello stomacho. La clinica moderna IX.
Nr. 26.
60. *Monnier, Gastrotomie pour Textraction de 25 corps ätrangers. Gazette des hdpitauz.
61. Sauerbruch, Die Pathogenese der subkutanen Rupturen des Magendarmtraktus.
Mitteilungen aus den Grenzgebieten. Bd. 12. Heft 1.
62. Vallas, Stenose cicatricielle du pylore avec corps ötranger de T^tomac (coill^re a
cafö). Lyon mödical. Nr. 31.
Einen Kevolverscbuss ins Abdomen erhielt Boltons (57) Patient. Bei
der Laparotomie fand sieh eine Wunde in der vorderen und hinteren Magen-
wand, Verschluss derselben mit Czerny-L emb er tschen Nähten. Zwei Per-
forationsöffnungen fanden sich dann noch am Colon transversum und Dünn-
darm, die ebenfalls vernäht wurden. Heilung.
Forgue und Jeanbran (58) berichten ebenfalls über Magenschuss-
wunden. Bei einem Schuss ins Epigastrium wurde die Operation ^Z« Stunden
später gemacht. Es fand sich ein Loch in der vorderen Magenwand, das
zugenäht wurde. An der hinteren Fläche des Magens war keine Verletzung.
Am 3. Tag Bluterbrechen, worauf der Tod eintrat. Die Kugel fand sich bei
der Autopsie in dem mit Blut gefüllten Magen, sie hatte an der hinteren
Wand ein traumatisches peptisches Ulcus gebildet, welches zu der tödlichen
Blutung Veranlassung gab. Verff. besprechen die topographische Lage des
Magens im Verhältnis zu den Brustorganen, was durch sehr gute Bilder illu-
striert wird. Von 126 Beobachtungen war 33 mal der Magen verletzt, indem
das Projektil auch in den Thorax eingedrungen war, 5 mal durch den V. Inter-
kostalraum, 11 mal durch den VL, 5 mal durch den VII., 8 mal durch den VDI.,
Imal durch den X., 3 mal durch die Regio praecordialis. Besprechen die
Häufigkeit der Magenverletzungen. Von grosser Wichtigkeit ist es oft, zu
wissen, in welcher Lage oder Stellung sich der Verletzte während des Schusses
befunden hat.
Sodann wird die pathologische Anatomie und Physiologie dieser Ver-
letzungen besprochen; es werden 3 verschiedene Arten unterschieden: Per-
foration, Risse und Kontusionen. Es wird auch die Möglichkeit der Spontan-
heilung erwogen; ferner die Komplikationen.
Verff. ziehen dann vergleichende Resultate der exspektativen und der
operativen Methode. Die Mortalität bei der exspektativen beträgt, wenn
keine Magendarmverletzung vorhanden ist, 42®/o bei operativem Verfahren,
40 ^/o bei exspektativer Behandlung. Bei Mitverletzung von Magen oder Dann
ist die Mortalität bei exspektativer Behandlung 93®/o, bei operativer 68*'/o.
Fischer {57a) operierte eine Frau zwei Stunden nach Stichverletzung
des Bauches.
In der 4 cm langen Stichwunde, dieselbe lag in der Höhe des Nabels
und etwas links von ihm, befand sich der vorgefallene Magen; an seiner
Fertig, Verletzungen and chirorgische Krankheiten des Magens. 657
Vorderwand klaffte eine 4 cm lange, penetrierende Wunde. Das Duodenum
war an zwei Stellen, die Gallenblase an einer Stelle verletzt. Die Verletzungen
wurden alle durch Lembertsche Naht geschlossen, hierauf die Bauchhöhle
durch trockene sterile Tupfer ausgewischt und die verletzten Partien durch
Mikuliczsche Tamponade abgeschlossen. Am 9. Tage Entfernung der Tam-
pons; glatte Heilung. J. Dollinger (Budapest).
Sauerbruch (61) stellt 81 Fälle von subkutaner Euptur des Darm-
traktus aus der Literatur zusammen und berichtet über seine Experimente,
die er an der Leiche und am Tier gemacht hat, die jedoch meist den Darm
betreffen. Sodann berichtet er über 9 Fälle von Magenruptur aus der Literatur
und seine Experimente. Er hat bei starker Füllung des Magens und ohne
Füllung mit stumpfer Gewalt auf diesen eingewirkt und dabei Risse in den
Magen bekommen. In allen Fällen mit stark gefülltem Magen, der einem
plötzlichen Kuck ausgesetzt wurde, kam es zur Ruptur und zwar immer an
der kleinen Kurvatur. Wenn er durch eine vorher angelegte Anastomose am
Magen für gute Abflussmöglichkeit gesorgt hatte, so gelang es nicht, eine
Berstung zu erzielen, der Mageninhalt konnte leicht ausweichen. Einen bis
aufs äusserste gefüllten Magen kann man selbst durch stärkste Gewalt nicht
zum Bersten bringen, wenn diese Gewalt nicht plötzlich, sondern langsam und
allmählich wirkt. Die vorkommenden Quetschungen liegen am Pylorus, was
auch mit der klinischen Erfahrung übereinstimmt. Experimentell lassen sich
durch Überfüllung des' Magens Berstungsrupturen erzeugen, die in ihrem Aus-
sehen den klinisch beobachteten Fällen gleich sind; es handelt sich hier um
Längsrisse in der Nähe der kleinen Kurvatur.
Nach Besprechung der in der Literatur veröffentlichten Fälle von trau-
matischer subkutaner Magenruptur, die sich auf 20 belaufen, teilt Mar chetti (59)
zwei in der chirurgischen Klinik in Florenz von ihm beobachtete mit und
erörtert die Pathogenese, Diagnose, Prognose und Behandlung solcher Läsionen.
R. Giani.
Bobbio (56) berichtet über einen Fall von ti'aumatischer subkutaner
Magenruptur; derselbe betrifft einen 12jährigen Knaben, der nach einer reich-
lichen Mahlzeit von einem Karren einen heftigen Stoss in die Oberbauch-
gegend erhielt. Gleich darauf in die Klinik gebracht, wies der Knabe die
Zeichen einer starken Eingeweideerschütterung auf, mit enormer Spannung
der Bauchwand, Verschwinden der Leberdämpfung, kleinem Puls und Dyspnoe.
Die Diagnose wurde auf traumatische subkutane Ruptur des Verdauungs-
kanals gestellt; da jedoch die Oberbauchgegend das Trauma erlitten hatte
und da der Magen im Augenblicke des Stosses stark gefüllt war, dachte
man eigentlich an eine Ruptur des Magens. Trotzdem Patient sich in
schwerem Zustande befand, entschloss man sich doch zum Eingriff. Man
konstatierte eine 9 — 10 cm lange Ruptur der vorderen Magenwand, nahe dem
Pylorus und der grossen Kurvatur ; sorgfältige Vernähung derselben. Kein
anderes Eingeweide war verletzt. Die Peritonealhöhle, die mit noch nicht
verdautem Mageninhalt angefüllt war, wurde gereinigt und mit warmer physio-
logischer Lösung ausgespült. Vemähung der Bauchwand mit Drainage nach
Mikulicz. Die Operation hatte ^/«Stunden gedauert und nur eine geringe
Menge Chloroform war inhaliert worden. Trotzdem fiel Patient gleich nach
der Operation in Koma und starb nach kaum V« Stunde. — Auf Grund dieses
Falles verbreitet Verf. sich über die Symptomatologie solcher Läsionen, auf
die starke Spannung der Bauchwand grosses Gewicht legend, sodann über die
JahrMberieht fllr Chirurgie 1903. 42
658 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
Behandlung und die Pathogenese; er empfiehlt, in jedem Falle so rasch wie
möglich einzugreifen. R. Giani.
Einen eigentümlichen Fall von Fremdkörper im Magen veröffentlicht
Vallas (62). Der betreffende Patient litt an Pylorusstenose und starker
Magendilatation. Wenn sein Magen angefüllt war, hatte er die Gewohnheit,
sich Erbrechen hervorzurufen. Zu diesem Zwecke hatte er 14 Tage vorher
einen Kaffeelöffel in den Schlund eingeführt, den er dann infolge eines fal-
schen Manövers verschluckte. Es wurde die Gastrotomie zur Entfernung des
Löffels vorgenommen und dann noch eine Gastroenterostomie angeschlossen.
Baikow (55) wollte einem Patienten, der vor 3 Monaten in selbst-
mörderischer Absicht Schwefelsäure getrunken hatte, wegen Ösophagnsstriktnr
eine Gastrostomie machen, fand aber den Magen so geschrumpft und den
Pylorus derart verengt, dass er zwecks Ernährung eine Darmfistel anlegen
musste. Hohlbeck (St. Petersburg).
Fischer (57b) teilt einen Fall mit, wo bei einer 60jährigen Frau im
Anschluss an eine unversehene Laugenvergiftung eine hochgradige Ösophagns-
und Pylorusstriktur sich entwickelte.
Um einesteils die Ernährung der Kranken zu sichern, andemteils um
die Möglichkeit einer energischen Dilatation der Ösophagusstriktur auf retro-
grade Weise zu liefern, — kombinierte Fischer die Gastrotomie nach
Hacker-Wölfler mit einer Gastroenterostomie nach Wölfler.
Der Operation folgte zusehends Besserung; die Kranke erbrach nicht
mehr und nimmt an Körpergewicht zu. Nach vollendeter Dilatation der
Ösophagusstriktur will Fischer den Verschluss der Magenfistel vornehmen.
J. Do Hing er (Budapest).
Nachdem er die nach Ingestion von starken Säuren auftretenden klini-
schen Symptome und pathologisch-anatomischen Veränderungen angeführt,
teilt Avanzino (54) die Geschichte von zwei Patienten mit, die zu selbst-
mörderischem Zwecke, der eine Salpetersäure, der andere Schwefelsäure zu
sich genommen hatten. Beim ersteren war eine narbige Pylorusstriktur ent-
standen ohne weitere Verengerungen im oberen Abschnitt des Verdauungs-
kanals, beim letzteren eine Ösophagusstriktur. Beim ersteren wurde die
Pyloroplastik vorgenommen, aber der sehr heruntergekommene Patient starb
acht Tage darauf; beim letzteren die hintere Gastroenterostomie mit aus-
gezeichnetem Resultat. — Die schwere Pylorusstenose, die nach Ingestion von
Säuren gewöhnlich stattfindet, erklärt Verf., den physiologischen Anschau-
ungen über die Mechanik der Verdauung folgend, dadurch, dass die Säuren, auf
der vorderen Magenwand hinabfliessend, rasch in die Pylorushöhle gelangen und
hier sich stauen, so die bekannten Läsionen hervorrufend. R. Giani.
Adenot (52) bringt zwei Fälle von Gastrostomie bei Kindern, bei
welchen er wegen Narbenschrumpfung des Ösophagus operieren musste.
Im ersten Fall handelte es sich um ein 10 jähriges Kind, welches 80®/o
Pottaschelösung getrunken hatte, infolgedessen eine zunehmende Verengerung
des Ösophagus eintrat, so dass schliesslich auch kein Wasser mehr durchging.
Das Kind war so von Durst geplagt, dass es kolossale Mengen Wasser fort-
während trank, um sie aber sofort wieder auszubrechen. Nach Gastrostomie
trat Heilung ein.
Das zweite Kind hatte eine Laugenverätzung des Ösophagus mit im-
permeabler Striktur. Es wurde die Gastrostomie ausgeführt, aber die retro-
grade Sondierung gelang später nicht.
Fertig» Verletznngen und chirnrgiscbe Krankheiten des Magens. 659
b) Gastroptose. Magendilatation. Postoperative Magenblutung.
62a. Brandt, J., Zwei FftUe von Gastroplicatio. Orvosi Hetilap 1903. Nr. 34.
63b. Brandt, J., Fall von Pylorusresektion kombiniert mit Gastroplikation. XXXIf. Wander-
versammlang ungarischer Ärzte und Naturforscher. Sitzung der chirurg. Sektion vom
9. IX. 1903. Orvosi Hetilap 1903. Nr. 44.
63. Goste, Zur Therapie der Gastroptose. Lange nbecks Archiv. Bd. 71. p. 664.
64. Fach 81 g, Zar Frage der diffusen septischen Magenblutungen. Wiener klin. Wochen-
schrift. Nr. 25.
65. Hammer, Ein Beitrag znr Frage der chirurgischen Behandlung der Gastroptose.
MBochener med. Wochenschrift. Nr. 47.
66. Ho ff mann, Über akute Magendilatation. Ibid. Nr. 39.
67. Eeith, On the nature and anatomie of enteroptosis (Glenards disease). The Lancet.
March 7 and 14.
68. *Palitysch, Beitrag zur Kasuistik der Haematemesis postoperativa. Dissert. Leipzig.
Zur Therapie der Gastroptose bringt Coste (63) zwei Fälle, wovon er
einen nach dem von Bier angegebenen Verfahren, Verkürzung des Liga-
mentum hepatogastricum durch Querfaltung operiert hat. Hierbei erscheint
der Umstand sehr vorteilhaft, dass der Magen frei beweglich bleibt. Bei
seinem ersten Falle hatte er den Magen an die vordere Bauchwand fixiert,
hier war besonders die motorische Unruhe des Magens in den Vordergrund
der Erscheinung getreten, während bei dem anderen Fall das Erbrechen das
Hauptsymptom war. Beide Patienten waren junge Leute (Soldaten).
Hammer (65) beschreibt ein klassisches Beispiel einer durch Kypho-
skoliose bedingten Gastroptose. Es handelte sich um ein 72 jähriges Fräulein,
das immer gesund, besonders auch niemals magenkrank war. In den letzten
zwei Jahren hatte sich dann ein schweres Magenleiden entwickelt, welches
zur Inanitionskachexie führte. Es bestand Völle und Spannung im Leib,
Druckschmerzhaf tigkeit , Aufgetriebensein, krampfartige Schmerzen, ferner
Aufstossen, Übelsein, Erbrechen. Die innere Behandlung hatte absolut keinen
Erfolg, weshalb die Gastroenterostomie nach v. Hacker ausgeführt wurde,
welche ein glänzendes Resultat zur Folge hatte, indem die Patientin 24 Pfd.
zunahm. Ein Tumor war am Pylorus nicht gefunden worden, der Magen
reichte bis ins kleine Becken, es handelte sich hauptsächlich um einen
enormen Tiefstand des Magens, welcher hauptsächlich bedingt war durch die
Deformität der Wirbelsäule (starke Kyphoskoliose). Diese war erst in den
letzten 25 Jahren hauptsächlich zur Ausbildung gekommen. Durch die Ver-
lagerung des Magens war eine relative Pylorusstenose entstanden, die Gastr-
ektasie war von untergeordneter Bedeutung, eine eigentliche Atonie des
Magens hatte nicht bestanden, bei der Ausspülung des Morgens wurde der
Magen meist leer gefunden, sehr oft bestand lebhafte Peristaltik.
Verf. bespricht sodann ähnliche Fälle aus der Literatur, kommt auf die
interne Behandlmig derartiger Affektiqnen. Erst bei extremer Steigerung
aller Beschwerden in Verbindung mit zunehmender Inanition werde ein
chirurgischer Eingriff notwendig. Hammer geht auf die chirurgischen Er-
folge ein, sowie auf die verschiedenen Operationsmethoden. Für die Behand-
lang der Gastrektasie scheine die Gastroenterostomie gute Erfolge zu bringen,
bei der Gastroptose seien die Akten noch nicht geschlossen, ob Gastropexie
oder Gastroenterostomie das bessere Verfahren sei. Jedenfalls regen die
chirurgischen Erfolge der Behandlung der Gastroptose und Gastrektasie zur
häufigeren"* Anwendung des operativen Eingriffs an.
42*
66(^ Jahresbericht fftr Chirurgie. II. Teil.
Keiths (67) Arbeit handelt hauptsächlich von der Ätiologie und Ana-
tomie der Enteroptose. Er erwähnt die Wichtigkeit der Atembewegnngen
auf Bauch- und Brustorgane, spricht über die variable Stellung des Zwerch-
fells, die topographischen Verhältnisse werden durch eine Reihe von Tafeln
illustriert.
Einen seltenen Fall von akuter Magendilatation beschreibt Hoff-
mann (66). Er führte die Laparotomie aus, weil die Diagnose auf partielle
Peritonitis mit abgesacktem Exsudat gestellt war, und es fand sich ein stark
diktierter Magen mit 5 — 6 Liter bräunlichen Lihalts. Der Pylorus war für
zwei Finger durchgängig. Patient starb im Kollaps. Die Sektion ergab einige
kleine Pankreasnekrosen und als Krankheitsursache glaubt Hoffmann Anlage
und Atonie des Magens annehmen zu müssen.
Fuchsig (64) veröffentlicht einen Fall von diffus kapillarer tödlicher
Magenblutung nach Appendicitisoperation. Er erklärt sich diese Blutungen
als Folgen septischer Intoxikationen.
Brandts (62a) Erfahrungen in der operativen Behandlung der Magen-
erweiterung durch Gastroplikation sprechen sehr zugunsten der letzteren.
5 — 6, durch Serosa und Muskularis dringende Catgutnähte in der vor-
deren, wie hinteren Magenwand genügen zur Verkleinerung des Magens.
Heilung stets per primam ; nach der Operation sistierten die Magenbeschwerden^
die Kranken erholten sich auffallend schnell. J. Dollinger (Budapest).
Brandt (62b) demonstriert einen 22jähr. Arbeiter, dem er 4V« Monate
früher wegen narbiger Stenose den Pylorus reseziert; da zugleich eine hoch-
gradige konsekutive Magendilatation zugegen war, führte Brandt noch eine
Gastroplikation aus : durch längs- und querverlaufende, die Serosa und Muscn-
laris aufgreifende Nähte wurde der Magen zusammengezogen. Drei Wochen
nach der Operation verliess der Kranke vollkommen geheilt die Klinik; er
nahm seither um 36 Pfund zu und ist frei von jeglichen Beschwerden.
Die Operation der Gastroplikation übt Brandt fast schon V« Jahr-
hundert. J. Dollinger (Budapest).
c) Volvulus des Magens.
69. Dnjon, Le yolvuloB de restomac. Gazette m^icale de Paris. Nr. 21, 22.
Dujon (69) bespricht die bereits durch die Literatur bekannten Fälle
von Volvulus des Magens, bringt deren Krankengeschichten etwas ausführ-
licher und fügt dann einen neuen Fall aus seiner Praxis hinzu. Es handelte
sich um ein fünfjähriges Kind mit Zeichen innerer Einklemmung, das sich
bereits in sehr elendem Zustand befand, deshalb machte Dujon nur einen
kleinen Probeschnitt, Pat. starb bald darauf. Bei der Autopsie zeigte sich
der ganze Bauch durch den stark erweiterten Magen ausgefüllt, ausserdem
war derselbe um seine transversale Längsachse um 180^ und zwar um das
kleine Netz gedreht. Dujon kommt zu dem Schluss, dass es doch möglich
sei solche Fälle zu diagnostizieren: durch den plötzlichen Beginn, das Er-
brechen trete sofort nach der Nahrungsaufnahme ein, eine Sonde könne man
nicht in den Magen einschieben, auch die Speisen gelangen nicht in den
Magen. Der Bauch sei stark aufgetrieben und nehme die Form des Magens an.
Fertig, Yerletzangen nnd cbirargische Krankheiten des Magens. 661
d) Kongenitale Pylorusstenose.
70. Cheinisse, La st^nose du pylore obez les nourrissons. La semaine mödicale. Nr. 32.
7L Freund, Ober Pylorusstenose im Sftuglingsalter. Ifitteilungen aus den Grenzgebieten.
Bd. XL Heft 2.
72. Gardner, A case of hypertrophio Stenosis of the pylorns in an infant; recovery
witkout Operation. The Lancet Jannary.
73. Ibrahim, Eongenitale Pylorusstenose. Mttnchener med. Wochenschrift. Nr. 31.
74. Moynihan, Congenital hypertrophic Stenosis of the Pylorus. Medical News. Oct. 24.
75. *8imonsohn, Pylorusstenose bei Neugeborenen. Dissert. Greifswald.
76. Yariot, R^tr^cissement cong^nital et spasmo du pylore cbez les nouveau-n^s. Gazette
des höpitaux. Nr. 69.
Fr e nnd (71) berichtet über sechs Fälle von kongenitaler Pylorusstenose.
Das erste Kind erkrankte im zweiten Lebensmonat mit täglichem Erbrechen
unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme; es fand sich starke Magenperistaltik
und das Kind magerte zusehends ab. Bei der Operation fand sich ein wal-
nussgrosser solider Pylorustumor. Es wurde die Gastroenterostomia anterior
antecolica mit Enteroanastomose ausgeführt. Das Kind erholte sich, aber
nach zwei Monaten traten profuse Magenblutungen auf und schwarze Stühle.
Der Tod trat ein und bei der Autopsie fanden sich mehrere Ulzerationen
im Jejunum, die namentlich die Ursache zur tödlichen Blutung gegeben
hatten. Freund bezweifelt, dass es peptische Geschwüre waren, da der
Magensaft solcher kleiner Kinder nur sehr schwach sauer ist, eine Hyper-
chlorhydrie war nicht vorhanden. Ferner war nach der Operation häufig
keine freie Salzsäure zu finden.
Das zweite, drei Wochen alte Kind mit Symptomen des Pylorusver-
schlusses bekam Yollmilchemährung , worauf alle Magenerscheinungen ver-
schwanden. Es hatte vielleicht in diesem Falle die Milch durch ihr hohes
Säurebildungsvermögen die Heilung herbeigeführt. Das dritte war ein Brust-
kind von IV« Monaten mit typischen Erscheinungen von Pylorusstenose; hier
verschwanden die Symptome prompt auf Zugabe eines Löffels Karlsbader
Mühlbrunnen vor jeder Mahlzeit. Ein viertes Brustkind wurde gesund bei
Ernährung mit abgerahmter Vollmilch. In zwei weiteren Fällen, bei Behand-
lung mit Alkali und Vollmilch, trat keine Heilung ein.
Freund hebt hervor, dass es sich in allen von ihm beobachteten
Fällen um Brustkinder gehandelt habe, weshalb er glaube, dass man aus der
Reihe der ätiologischen Momente, die zur Entstehimg des Krankheitsbildes
fahren, die durch Ernährung vermittelte Schädigung nahezu ausschliessen
könne. In dem einen Falle war der Pylorusspasmus primär, ohne Dyspepsie
aufgetreten, vielleicht war eine nervöse Disposition vorhanden, was um so
wahrscheinlicher werde durch die Beobachtung des familiären Auftretens bei
einem Geschwisterpaar. Das Vorkommen echter Tumoren im Sinne Hirsch-
sprungs ist ihm sehr wenig wahrscheinlich. Die Pylorusstenose ist seiner
Meinung nach höchst wahrscheinlich spastischer Natur, keine organische. In
einem Falle Hess sich z. B. bei der Sektion der Pylorus durch einen Wasser-
druck von 1 m Höhe vollkommen zur Erschlaffung bringen.
Ibrahim (73) stellte im naturwissenschaftlichen Verein zu Heidelberg
ein dreimonatliches Kind vor, das von der ersten Lebenswoche an erbrochen
hat; verschiedene diätetische Massnahmen brachten keine Besserung. Nach
ffinfwöchentlicher Darreichung kleiner eisgekühlter Portionen Muttermilch in
angemessenen Pausen, Magenspülungen, Kataplasmen, nahm das Kind 520 g
662 Jahresbericht fOr Cbirargie. IL Teil.
zu. Die MagenperistÄltik war trotzdem noch sehr lebhaft, schien jedoch nicht
mehr schmerzhaft zu sein. Ibrahim bespricht noch 2 weitere Fälle von
kongenitaler Pylorusstenose, bei welchen die Gastroenterostomie gemacht
worden war, aber die Kinder starben und es fand sich eine muskuläre Hyper-
trophie, besonders der Ringmuskulatur des Pylorus, es handelte sich nach
Ansicht von Ibrahim um eine organisch bedingte Stenose.
Moy nihan (74) geht zuerst auf die Symptomatologie dieser Erkrankung
ein, dann auf die pathologische Anatomie sowie Ätiologie und bespricht die
verschiedenen Theorien, besonders die Thomsonsche vom Spasmas des
Pylorus. Die Behandlung besteht in Magenspülungen, Fütterung von kleineB
Quantitäten mit der Schlundsonde. Vor der Mahlzeit soll am besten der
Magen ausgespült werden. Moynihan geht sodann auf die Operations-
methoden ein, die hier zur Anwendung kommen: Lorettasche Divulsion
wurde 9 mal verwandt mit 7 Heilungen, Pyloroplastiken konnte er 3 mit
gutem Erfolg ausgeführte in der Literatur finden und Gastroenterostomien 9,
wovon 6 heilten.
Gheinisse (70) entrollt ebenfalls das Krankheitsbild der kongenitalen
Stenose, die nicht so sehr selten vorkomme. Das Erbrechen stelle sich meist
bald nach der Geburt ein, sei ohne Galle, Urin und Stuhl werden weniger,
der Bauch ist zusammengefallen, das Epigastrium dagegen stark ausgedehnt.
Einen Tumor könne man oft am Pylorus finden, ferner auch Peristaltik am
Magen. Bevor man operierte, war die Prognose sehr schlecht. Gheinisse
zählt dann die verschiedenen Operationsverfahren auf und kommt besonders
auf die Pf aundlersche Arbeit zu sprechen, gegen dessen therapeatischra
Massnahmen (Ausspülungen) er sich wendet. Gheinisse schlägt vor, die
Kinder erst mit innerlichen Mitteln zu heilen versuchen, wenn dies nicht ge-
lingt, solle man die Gastroenterostomie ausführen, die er der Pyloroplastik
und Divulsion vorzieht.
Yariot (76) kommt bei seinen Betrachtungen auf Grund mehrfacher
Erfahrungen zu dem Schluss, dass man bei heftigem Erbrechen der Säoglinge
nicht einen chirurgischen Eingriff übereilen soll. Durch Wechsel der Diät
und Milch habe man öfter Heilung eintreten sehen. Er erwähnt einen der-
artigen Fall, wo ein von der Mutter gestilltes Kind alles erbrach, Operation
wurde verweigert, dann bekam das Kind eine Amme und wurde gesund.
Gardner (72) erwähnt ebenfalls einen derartigen Fall, der ohne Ope-
ration zur Heilung kam.
e) Entzündungen, Geschwüre und deren Folgeerscheinungen.
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85. — Bericht aber 63 im Krankenhaus am ürban beobachteter Magenperforationen, ibid.
Fertig, Verletzangen und cliirurgiBohe Krankheiten des Magens. 66B
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664 Jahresbericht für Ghirorgie. IL TeiL
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Fertig, Verleizmigeii und cbirorgiscfie Krankheiten des Magens. 665
Wamecke (147) gibt zuerst einen geschichtlichen Abriss über die
Magenoperationen, sodann bespricht er die Indikationen zur operativen Be-
handlung des Ulcus ventriculi und dessen Komplikationen (Perforation, Peri-
gastritis, Blutung), weiterhin die Erfolge der verschiedenen Operationsme-
thoden.
In mehreren grossen Tabellen nach verschiedenen Gesichtspunkten ge-
ordnet werden sodann 100 Gastroenterostomien, 79 Pylorusplastiken und
100 Pylorusresektionen sowie Excisionen von Ulcus ventriculis zusammen-
gestellt.
Carless (90) Arbeit behandelt das Ulcus ventriculi und seine chirur-
gische Behandlung. Das chronische Ulcus sei solitär in 87% und sitze in
75*^/0 in der Pylorusgegend , besonders an der hinteren Wand in der Nähe
der kleinen Kurvatur. Bei zwei derartigen Ulcera hat er die Pyloroplastik
mit gutem Erfolg ausgeführt. Sodann kommt er auf die Hämatemesis, Per-
foration und deren Behandlung und referiert über die verschiedenen statisti-
schen Arbeiten, bespricht auch die Komplikationen.
Carless empfiehlt die Pyloroplastik bei chronischem Ulcus als ein-
fache erfolgreiche Operation, die 10 ®/o Mortalität ergäbe. Die unmittelbaren
Erfolge seien oft ausgezeichnete. Man kann jedoch diese Operation nur aus-
führen, wenn keine Verwachsungen am Pylorus vorhanden sind, dieser nicht
verdickt und iuduriert ist.
• Die Pylorektomie soll bei chronischem Ulcus mit tumorartig verdicktem
und indurierten Pylorus gemacht werden. Die Gastroplicatio sei manchmal
angebracht als Hilfsoperation. Wolle man den Pylorus selbst nicht angreifen,
so soll die Gastroenterostomie ausgeführt werden.
Hayem (105) hält eine klinische Vorlesung über die chirurgische Be-
handlung des nicht komplizierten Ulcus ventriculi. Bei Stenosenerscheinungen
rät er zur Gastroenterostomie.
Mauseil Moullin (121) hat 15 Fälle von Ulcus ventriculi operiert
mit zwei Todesfällen. Zwölfmal hat er das Ulcus exzidiert, zweimal Gastro-
enterostomie gemacht.
Hermann (106) bringt einen Fall, der beweisen soll, dass auch die
zirkuläre Resektion in gewissen Fällen unzweifelhaft gutartiger Magenstenosen
indiziert ist, zuweilen sogar die einzig mögliche Operationsmethode darstelle.
Es handelte sich um einen sehr abgemageretn Patienten, der vor 4 Jahren
geringe Mengen konzentrierter Essigsäure getrunken hatte, es fand sich ein
beweglicher Tumor rechts vom Nabel. Bei der Operation stand der Magen
sehr steil, war stark verkleinert, die stärkste Verengung lag dicht vor dem
Pylorus mit stark verdickter Wandung. Der Magen wurde eröffnet, es fanden
sich zwei Stenosen, die für einen Finger nicht durchgängig waren, es wurde
eine Gastroplastik nach Heineke Miculicz ausgeführt, wodurch die Ste-
nosen behoben wurden. Zur Erweiterung der am Pylorus gelegenen Stenose
wurde auch die hintere Wand mit Längsschnitt gespalten und die narbig
veränderte Schleimhaut exzidiert. Zugleich wurde mit der Inzision an der
vorderen Magenwand eine Gastrostomie verbunden. Nach 4 Monaten stellten
sich jedoch die Stenosenbeschwerden wieder ein. Der Magen fand sich ausser-
ordentlich stark geschrumpft.
Es wurde deshalb die zirkuläre Resektion ausgeführt , womit ein 6 cm
langes Stück des Magens wegfiel. Zirkuläre Vereinigung des Magens mit dem
Duodenum, Heilung. In dem exzidierten Stück fanden sich zwei Ulcera, es
666 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. Teil.
hatte sich um totale MageDschrompfimg mit doppelter narbiger SieDose ge-
handelt.
Die Gastroenterostomie bei gutartigen Stenosen empfiehlt Yerf. nach
dem Verfahren Ton Rutkowski-Witzel mit Gastrostomie auszafähreiL
Diese Methode wurde am Rudofinerhaus dahin modifiziert, dass bei Anlegang
der Gastroenterostomie nach Wolf 1er durch die Nahtlinie zugleich ein weicher
Katheder in den abführenden Jejunumschenkel unter Bildung einer Schräg-
fistel nach Witzel eingeleitet wurde.
Im allgemeinen hält Verf. die Gastroenterostomie für das Normalver-
fahren bei gutartigen Stenosen und glaubt, dass die Gastroplastik nur anf
wenige, streng ausgewählte Fälle zu beschränken ist, während eine zirkuläre
Resektion nur dort Platz zu greifen hat, wo die anderen Methoden nicht
ausführbar sind oder die Zurücklassung der erkrankt-en Magenpartie nidit
ratsam ist.
Cavaillon (91) stellt in der Societe des sciences med. eine Patientin
vor, welche Jaboulay wegen Perigastritis nach Ulcus ventriculi operiert
hat. Sie hatte niemals Bluterbrechen. Es war ein schmerzhafter, mit der
vorderen Bauch wand verwachsener Tumor vorhanden, ohne Stenosenerschei-
nungen von Seiten des Pylorus. Im Magensaft fand sich viel freie HO;
Milchsäure nur wenig. Es wurde die verwachsene Magenwand exzidiert und
wieder vernäht. Glatte Heilung. Mikroskopisch fand sich ein vernarbtes
Ulcus.
Cavaillon berichtet dann noch über weitere ähnliche Fälle. 1. 50jähr.
Patient litt an starken Magenschmerzen, begleitet von Erbrechen. Laparo-
tomie ergab narbige Pylorusstenose infolge eines peritonitischen Strangs, der
durchtrennt wurde. Drei Wochen lang ging es gut, worauf die Stenosen-
erscheinnngen wieder einsetzten, jedoch der Patient Hess sich nicht mehr
operieren.
2. 44 jähriger Patient war seit 15 Jahren magenleidend. Bei der Ope-
ration zeigte sich eine narbige Zone am Vestibulum pylori. Divnlsioo.
Heilung.
3. 32 jähriger Mann mit Ulcusstenose. Der hintere Abschnitt des Pf-
lorus war induriert. Narbenverdickung, die am Pankreaskopf fest adbäreni
war, die Narbe konnte nicht exzidiert werden, weshalb die Gastroentero-
stomia retrocolica posterior ausgeführt wurde. Heilung.
Verf. kommt zu folgenden Schlüssen: 1. Blutungen können bei Ulcus
vollkommen fehlen, 2. in allen Fällen hat sich eine Hyperchlorhydrie gezeigt
3. die Lösung von Adhäsionen gibt nur temporäre Heilungsresultat«. Das
beste ist die Exzision der Narbe, ist dies, sowie die Pyloroplastik unausführ-
bar, dann soll die Gastroenterostomie gemacht werden.
Moynihan (128) beschreibt das operative Vorgehen bei akuten und
chronischen Ulcera und tritt sehr für die Gastroenterostomie ein. Man
könne das chronische Ulcus exzidieren, wenn es nicht mit dem Pankreas
oder anderen Organen verwachsen ist, aber auch die einfache Gastroentero-
stomie genüge, die Heilung des Ulcus zu unterstützen und die Blutui^ zu
beseitigen. Die Pyloroplastik ist nicht so empfehlenswert, er hat sie dreimal
ausgeführt bei Stenosen, aber einmal nachträglich noch die Gastroenterostomie
machen müssen.
Als Vorbereitung zur Operation werden Mundspühlungen gemacht, flüssige
sterile Speisen verabreicht. Der Magen wird zum ersten Mal 36 Stunden,
Fertige Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Magens. 1^7
dann nochmals 6 Stunden vor der Operation gespühlt. Moynihan gebraucht
keine Antiseptica. Instrumente, welche an der Schleimhaut benutzt waren,
werden weggelegt. Die Bauchhöhle wird mit Kochsalzlösung ausgewaschen.
Ulcusperforationen hat Moynihan 10 operiert mit 4 Heilungen. Chro-
nische Ulcera 51 mit einem Todesfall. 8 davon waren wegen Blutung operiert.
Bei einem wurde das Ulcus an der hinteren Wand exzidiert und die Gastro-
enterostomie angeschlossen.
Moynihan (127) berichtet über 100 Gastroenterostomien wegen Ulcus
Simplex des Magens und Duodenums. 2 Fälle verliefen unglücklich, 85 wurden
operiert wegen Ulcus chronicum mit Dyspepsie und Magenerweiterung, ohne
Todesfall. 15 mal wurde wegen profuser oder sich wiederholender Blutung
operiert mit einem Todesfall. Von den 100 Patienten waren 56 weiblichen,
44 männUchen Geschlechts. Die jüngste Patientin war ein Mädchen von 17^
die beiden ältesten waren 62 Jahre. In neun Fällen war Duodenalulcus vor-
banden.
Woolsey (150) bringt die Krankengeschichte eines 42 jährigen Mannes
mit gutartiger Pylorusstenose, der nach Gastroenterostomie mit Murphyknopf
geheilt wurde.
Youngs (152) 54 jähriger Patient litt lange Zeit an Dyspepsien und
Gallensteinen. Bei der Operation fand sich Dilatatio ventriculi und Tumor
am Pylorus, der sich bei der Inzision jedoch nur hypertrophiert erwies. An
der hinteren Wand sass vor dem Pylorus ein Ulcus, welches exzidiert wurde.
Sodann Gastroenterostomia posterior, welche einige Schw.ierigkeiten bot wegen
der zahlreichen perigastritischen Adhäsionen. Young führte dann noch die
Cholecystostomie aus und erzielte glatte Heilung.
Fornardi (102) veröffentlicht einen mittelst Anwendung des Murphy-
knopfs behandelten und geheilten Fall von gutartiger Pylorusstenose.
Symonds (141) fand bei einem 40jährigen Mann, der seit 11 Jahren
an Magenerweiterung litt mit chronischer Konstipation ohne Bluterbrechen,
eine starke Magendilatation ohne Tumor. Bei der Operation fand sich eine
einfache Striktur am Pylorus, die nach Loretta gedehnt werden konnte.
Wegen der starken Erweiterung des Magens nähte Symonds noch eine longi-
tndinale Falte in die vordere Wand.
Moresco (125) operierte mit glücklichem Erfolg ein Individuum, das
an Gastrektasie, Atonie litt und Pyloruserscheinungen aufwies. Der Ausgang
bestätigte, dass die hintere Gastroenterostomie nach dem v. Heck er sehen
Verfahren (dessen er sich bei der Operation bediente) zur Wiederherstellung
der Magenfunktionen ausreicht ; sie seideshalb dem Rouxschen y-Operations-
verfahren vorzuziehen. Der Fall sei ausserdem deshalb von Bedeutung, weil
viele bei Hyposthenie des Magens von der Gastroenterostomie abraten und
Terrier und Hartmann bemerken, dass das günstige Resultat, das man
durch die Gastroenteroanastomose bei Patienten, die an Pylorusstenose leiden
und Magenstase aufweisen, stets erzielt, bei an einfacher Dyspepsie Leidenden
nicht immer beobachtet wird. R. Giani.
Mathieu und Roux (122) werfen die Frage auf, ob man nicht die
am Magen blutenden Gefässe direkt angreifen solle zum Zwecke der Blut-
stillung, 1. bei heftigen Blutungen, die auf innere Mittel nicht stehen, 2. bei
chronischen, nicht sehr starken, aber sich immer wiederholenden, 3. bei Blutungen
welche auf innere Mittel stehen, aber sich um so heftiger wiederholen. Die
Operationen sind nicht sehr ermutigend, Savariand hat 15 derartige unter
668 Jahresberieht för Chirurgie. II. Teil.
Nr. 1 erwähnten Fälle operiert mit 10 Todesfällen. VerflF. machen auf die
Schwierigkeit aufmerksam, die ein blutendes Ulcus dem Operateur entg^en-
bringen kann, besonders wenn es an der hinteren Wand sitzt.
Chronische, sich oft wiederholende, fast ununterbrochene Blutungen,
wobei sich oft eine Pylorusstenose ausbildet, verursachen Schmerzen und Er-
brechen. Die Gastroenterostomie führt oft hierbei zu guten Erfolgen.
Bei heftigen sich wiederholenden Blutungen seien die operative Resultate
unsicher. Durch Gastroenterostomie und Pyloroplastik werden sie manchmal
aufgehalten, doch sind die Beobachtungen hierüber noch nicht abgeschlossen.
In allen Fällen gibt es nur eine Operation, welche Sicherheit betreffs
der Heilung gibt, das ist die Exzision des Ulcus, jedoch kann dies nicht
immer ohne Gefahr für den Patienten ausgeführt werden.
Yerff. kommen zu dem Schluss, dass die Operation bei Magenblutnngen
selten indiziert sind, die innerliche Behandlung genüge in den meisten Fällen
und wenn man chirurgisch vorgeht, so müsse man das blutende Ulcus selbst
angreifen.
Moynihan (131) berichtet zuerst über Perforationen des Magens und
Duodenalulcus. Von 12 Operierten wurden sechs geheilt.
Zweitens über Blutungen. Bei akutem Ulcus haben diese langdanemde
Dyspepsien zur Folge gehabt, es trat die Blutung stets plötzlich auf und
war sehr heftig. Die Blutungen bei chronischen Ulcus teilt er in vier Gruppen
ein. 1. Mit geringem Blutverlust, 2. intermittierende Blutung mit Intervallen
von 2, 3 und mehr Monaten, diese Patienten leiden alle an Magenbeschwer-
den, 3. starke, schnell sich wiederholende Blutungen, wodurch die Kranken
in grosse Gefahr geraten, 4. arterielle tödliche Blutungen.
Moynihan kommt dann zur Behandlung der Blutung, schliesslich auf
den Sanduhrmagen und dessen Ursache, Symptome, Diagnose und Behandlung.
Buk (89) hat eine 39jährige Frau operiert, die seit 6 Monaten an
Magenblutung litt, welche jeder inneren Behandlung trotzte. Er eröffnete den
Magen und fand an dessen hinterer Wand nahe der Gardia ein Ulcus, das
exzidiert wurde. Tabaksbeutelnaht. Heilung.
Dambrin und Dfelauray (93) haben bei einer sehr stark blutenden
31jährigen Frau den Magen eröffnet, fanden das Ulcus von Fünffrancsstück-
grösse und exzidierten es. Der Tod trat nach 4 Tagen ein.
Eccles (96) hatte eine Gastroenterostomose wegen gutartiger Pylorus-
stenose ausgeführt, nach 14 Tagen trat tödliche Magenblutung ein und es
fand sich bei der Sektion ein Ulcus am Pylorus, welches eine grosse Arterie
arrodiert hatte, das Ulcus war auch in das Peritoneum perforiert.
Schnitzlers (153) Patientin, eine 53 jährige Frau, hatte seit 2 Jahren
Magenbeschwerden und sodann lebensgefährliche Blutungen. Bei der Laparo-
tomie fanden sich an der kleinen Kurvatur nahe der Cardia schwielige Verände-
rungen der Magenwand. Nach Exzision des kallösen Ulcus wurde die Gastro-
enterostomie angeschlossen und trat Heilung ein.
Bei einer Frau mit sehr heftigen Magenblutungen, die seit 9 Tagen be-
standen und sich oft wiederholten, machte Tuffier (144) trotz des trost-
losen Zustandes noch die Gastrotomie und räumte aus dem stark erweiterten
Magen eine kolossale Menge alter stinkender Blutgerinnsel aus. An dem Magen
fanden sich allseitig Verwachsungen, die eingeführte Hand konnte kein Ulcus
entdecken. Tuffier nähte den Magen wieder zu und Patientin wurde ge-
Fertig, Verletzongen und cbirnrgische Krankheiten de8 Magens. 669
heilt, er glaubt, dass die Reinigung des Magens genügte, die Blutung zum
Stehen zu bringen.
Brunner (87) teilt seine weiteren klinischen Beobachtungen mit über
Ätiologie und chirurgische Therapie der Ulcusperforation und Magenperitonitis.
Seine vier neuen Ulcusperforationsfälle starben alle an Peritonitis, drei davon
waren operiert. Bis jetzt ist ihm von seinen sechs Fällen nur einer gesund
geworden.
Bei zwei Fällen von Perforation eines Magenkarzinoms führte bei dem
einen die Auswanderung pathogener Organismen, durch den bei der Operation
erfolgten Riss des karzinomatösen Magens zu furibunder Peritonitis. Bei dem
anderen erfolgte die Perforation während der Probelaparotomie.
Brunn er stellt dann die bakteriologischen Befunde bei Peritonitis in-
folge Ulcusperforation zusammen. Es sind im ganzen bei 22 Fällen nähere
Untersuchungen gemacht worden: Streptokokken fanden sich 9 mal, davon
2 mal allein, 7 mal Mischinfektion. Pneumokokken 4 mal, stets in Mischinfektion.
Bacterium coli 10 mal, davon Imal allein. Staphylococcus pyogenes aureus
3 mal stets in Mischinfektion. Hefezellen 2 mal als Nebenbefund. AnaSrobe
Stäbchen 2 mal neben anderen Mikroben. In zwei Fällen blieben die Kul-
taren steril.
Was die bakteriologischen Befunde bei Peritonitis infolge von Magen-
perforation bei Karzinom betrifft, so können nach Brunners Ansicht als
reine Falle nur solche gelten, bei denen es sich um subkutane Perforationen
handelt, bei denen keine Operation gemacht ist, aber solche hat er nicht be-
obachtet.
An der Hand von 460 aus der Literatur gesammelten, operativ be-
handelten Fälle von akut in die freie Bauchhöhle perforierten Magen und
Duodenalgeschwüren entwirft Brunn er (48) ein Bild der klinischen Symptome
und der zu ergreifenden therapeutischen Massnahmen. Er schliesst alle Fälle
bei seiner Beü'achtung aus, welche in ein benachbartes Hohlorgan per-
forierten, oder wo sich durch Übergreifen auf in der Nähe gelegener Teile
sogenannte Ulcusstenosen bildeten. Er macht besonders auf das häufige Vor-
kommen des Ulcus perforans in England aufmerksam, wo dies besonders bei
jungen weiblichen Personen dienenden Standes vorkommt.
Von 341 perforierten Magenulcera fielen 68 auf Männer, 273 auf Frauen.
Bei dem Ulcus duodeni überwogen die Männer 74 : 8. Die Altersverhältnisse
werden graphisch dargestellt, bei Männern verteilt sich gleichmässig die Per-
foration des Magens und Duodenums auf das 20. — 50. Jahr, während bei
Frauen das Ulcus ventriculi mit Vorliebe vom 16. — 32. Lebensjahre auftritt.
Ätiologisch soll der Einfluss der Jahreszeit, Nahrungsaufnahme und
äussere Gewalteinwirkung von Bedeutung sein.
Was die pathologische Anatomie des Ulcus betrifft, so sitzt es öfter an
der vorderen als an der hinteren Wand, im Verhältnis 7:1. Öfter findet
sich die Perforation in der Nähe der Cardia als am Pylorus, im Verhältnis
5 : 3. Besonders bevorzugt ist die kleine Kurvatur. Die Perforation ist rund
oder oval mit scharfen indurierten Rändern. Es kommen auch mehrfache
Perforationen zugleich vor. Bei ^U—'^ls aller Perforationen finden sich
mehrere Ulcera.
Brunn er kommt dann auf die Veränderungen des Peritoneums nach
der Perforation zu sprechen, femer auf den Keimgehalt des in die Bauch-
672 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. Teil
Brentano (85) berichtet über 63 im Krankenhaus am Urban (Berlin)
beobachtete Magenperforationen. Auch hier überwog das weibliche Geschlecht
In ^/s der Fälle war allgemeine eitrige Peritonitis vorhanden. 14 von diesen
wurden operiert, 4 während der ersten 16 Stunden, und diese 4 wurden ge-
rettet. 9 mal bestand die Operation wegen fortgeschrittener Peritonitis in
Drainage der Bauchhöhle, davon heilte 1 Fall. 5 mal wurde das Ulcus ge-
sucht und vernäht, 1 mal nach Exzision. Die 3 am frühesten Operierten sind
geheilt. Bei der Reinigung der Bauchhöhle soll besonders der subpbrenische
und subhepatische Raum berücksichtigt werden. Die Geschwüre sassen zu^/s
an der vorderen Magenwand in der Pylorusgegend. Bei Sektionen wurden
auch einige Male mehrere Perforationen gefunden.
Zirkumskripte nicht eitrige Peritonitis begleiten die alten kallösen pene-
trierenden Ulcera, die sich in die Nachbarorgane hineinerstrecken. Es bilden
sich an der Vorderwand Tumoren. Unter 3 derartigen Fällen erkrankten
2 plötzlich nach Heben einer Last mit dem Gefühl innerer Zerreissung.
Von zirkumskripter eitriger Peritonitis, welche unter dem Bilde des
subphrenischen Abszesses verläuft, wurden 10 Fälle beobachtet, 9 operiert und
4 geheilt.
Bei Ulcus an der hinteren Wand des Magens sind Blutungen am häufigsten.
Diese Ulcera dringen in das Pankreas ein und arrodieren hier Gefasse.
Dann stellte Brentano (84) in der freien Chir. Vereinigung 2 geheilte
Fälle vor:
1. Einen 53jährigen Mann, der 10 Stunden nach erfolgter Perforation
operiert wurde. Nach Übemähung des am Pylorus sitzenden Ulcus wurde
dieser zu eng, weshalb noch eine Gastroenterostomie angeschlossen wurde.
Drainage der Bauchhöhle. Heilung.
2. 26 jähriges Mädchen, dem schon wegen Pylorusstenose eine Gastro-
enterostomie angelegt worden war, wurde operiert 16 Stunden nach der Per-
foration des Geschwürs. Es fand sich die zur Gastroenterostomie benutzte
Schlinge zur Hälfte vom Magen abgelöst und letzterer an dieser Stelle schwielig
verdickt. Naht der Perforationsstelle mit Überdeckung von Netz. Bren-
tano legte dann noch eine neue Gastroenterostomia retrocolica post. an unter
Benutzung des zuführenden Schenkels der alten Anastomose. Das Netz wurde
über die Vorderfläche des Magens geschlagen, um die Wiederverwachsung mit
der Bauchwand zu verhindern. Heilung.
Körte (113) stellte ebenfalls 2 operativ geheilte Fälle vor.
1. 24 jährigen Mann, der 16 Stunden nach der Perforation operiert wurde.
Im Abdomen fand sich trübe Flüssigkeit und etwas Gas, ferner zeigten sich
alte Adhäsionen. Die Perforation lag an der vorderen Wand nahe der Cardia
an der kleinen Kurvatur. Naht der Öffnung und Überdeckung mit einem
Netzzipfel. Gründliche Reinigung der Bauchhöhle mit Tupfern und Salzwasser-
spülung. Da die Magenbeschwerden später noch weiter bestanden, machte
Körte nach 4 Monaten die . Gastroenterostomie. Nach 11 Monaten Wieder-
eintreten von Magenblutungen, die jedoch verschwanden.
2. 39jähriger Mann wurde 13 Stunden nach der Perforation operiert
In der Bauchhöhle fand sich viel freies Gas und fibrinöse Beläge zwischen
Magen und Leber. Nach Exzision der schwieligen Ulcusränder nahe der kleinen
Kurvatur wurde die Naht angelegt und noch mit Netz bedeckt. Reinigung der
Bauchhöhle. Jodoformgazetamponade. Heilung.
Fertig, Verletzungen und chirorgische Krankheiten des Magens. 673
Littlewood (116) hat in den letzten 7 Jahren 10 Fälle durch Ope-
ration geheilt ; bei allen sass die Perforation an der vorderen Wand nahe der
kleinen Kurvatur. Es handelte sich immer um junge Frauen im Alter von
18 — 28 Jahren, die 5 — 24 Stunden nach erfolgter Perforation zur Operation
kamen. Das Ulcus wurde exzidiert, Magen genäht und das Abdomen meist
drainiert, wenn viel Flüssigkeit sich darin befand.
Fräser (103) operierte eine 24 jährige Patientin, die plötzlich erkrankt
war mit heftigen Schmerzen über dem Magen und unter dem linken Schulter-
blatt. Es fand sich das perforierte Ulcus an der vorderen Magenwand; die
Rander waren induriert und in der Nähe sass ein zweites Ulcus, welches die
Magenwand bis auf die Serosa perforiert hatte. Übemähen der Ulcera, die
Bauchhöhle wurde trocken ausgewischt und geschlossen. Heilung. Interessant
an dem Fall ist, dass noch 3 Geschwister an Ulcus ventriculi leiden.
Erdmann (100) hat einen 47 jährigen Mann operiert 18 Stunden nach
der Perforation. Im Abdomen fand sich trübe Flüssigkeit mit Fibrinflocken,
aber ohne Nahrungsbestandteile. An der vorderen Wand in der Nähe der
kleinen Kurvatur sass das Ulcus, welches mit 3 Tabaksbeutelnähten übemäht
wurde. Heilung.
Die Patientin von Hollis (107), eine 24jährige Frau, war vom Rad
gefallen. 1—2 Wochen später trat Blutbrechen auf, vorher war sie nie krank.
Es kam zur Perforation des Ulcus und Patientin wurde 4 Stunden darnach ope-
riert. Naht der an der vorderen Magenwand sitzenden Perforation. Nach
14 Tagen bildete sich ein Leberabszess, welcher inzidiert wurde. Nach einigen
Tagen trat der Tod ein.
Bei der Sektion fand sich ein Abszess im linken Leberlappen und einer
in der Milz. Die Magenwunde war so gut geheilt, dass man Mühe hatte, sie
zufinden.
Moynihan (129) bringt 12 Fälle, welche er operiert hat. Eine Ex-
zision des perforierten Ulcus hält er nicht für nötig, er übernäht und deckt
womöglich die Naht noch mit Netz. 6 Patienten wurden geheilt, 6 starben.
In 20 ^/o der Fälle kommt doppelte Perforation vor, das zweite
Ulcus sitze meist an der hinteren Wand. Die Gastroenterostomie führt er
nicht aus.
Stein (140) beobachtete einen Fall von Ulcus, der geheilt, dann nach
2 Jahren wieder plötzlich schwer erkrankte mit Erbrechen, peritonitischer
Reizung, blutigem Stuhlgang. Nach 10 Tagen trat starke Hämatemesis auf,
starke Albuminurie und dann massenhafte Entleerung von jauchigem Eiter
mit dem Urin 3 Wochen lang, femer auch mit dem Stuhlgang 8 Tage lang.
Darauf trat Heilung ein. Es hatte sich also hier gehandelt um ein chroni-
sches Ulcus ventriculi, das zu starker Blutung, zirkumskripter Peritonitis
und Perforation des Eiters ins Kolon und in das linke Nierenbecken ge-
führt hatte.
Tiltons (143) Patient von 49 Jahren war mehrere Jahre magenleidend
und bekam plötzlich eine Perforation, die 15 Stunden später operiert wurde.
Gas und Flüssigkeit waren im Abdomen, es fand sich bereits allgemeine Peri-
tonitis. Das Ulcus an der vorderen Wand wurde genäht, Abdomen ausge-
waschen, worauf Heilung eintrat.
Wallis (146) hat 3 Fälle durch Operation zur Heilung gebracht.
Althorp (77) bringt ebenfalls 3 Falle.
1. Junge Frau, die 32 Stunden nach der Perforation operiert wurde.
Jahrflsberiehfc Ar Chimrgie 1903. 43
674 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Die Perforation konnte nnr schwer gefunden werden, wurde übernäht. Der
Tod trat ein und bei der Autopsie fand sich ein Sandubrms^en mit grossem
Ulcus; diesem gegenüber war das Zwerchfell durchfressen, die Lunge adhärent,
Pneumonie und Abszess im Unterlappen.
2. 23 jähriger Mann, kam 8 Stunden nach dem Durchbruch zur Opera-
tion ; es fand sich ein grosses Loch an der kleinen Kurvatur, Naht desselben,
die noch mit Netz überdeckt wird. Auswaschen des Abdomen. Heilung.
3. 27jährige Frau mit perforiertem Ulcus an der hinteren Wand, das
nach Eröffnung des Mesokolon gefunden wurde. Drainage des kleinen Beckens.
Heilung.
Blake (81) hat einen 47jährigen Mann operiert, der früher magen-
leidend war, er erkrankte dann plötzlich mit Schmerzen im Epigastrinm und
Erbrechen. Es fand sich ein perforiertes Ulcus an der vorderen Magenwand
von 7 mm Durchmesser, nahe dem Pylorus sitzend. Exzision des Ulcus und
Pyloroplastik. Heilung.
Keays (110) hat eine doppelte Perforation bei der Autopsie eines
16 jährigen Mädchens beobachtet. Dasselbe hatte seit 12 Monaten an Magen-
verstimmung gelitten, aber nie Bluterbrechen gehabt. Erste Perforation saas
an der vorderen Magenwand, nahe der Cardia an der kleinen Kurvatur, die
zweite an der hinteren Wand unmittelbar der ersteren gegenüber.
Evans (101) hat ein perforiertes Ulcus bei 36 jähriger Frau mit gutem
Erfolg exzidiert.
Ashe (80) operierte eine 32jährige kollabierte Frau und exzidierte das
perforierte Ulcus an der vorderen Wand. Auswaschen des Bauches mit warmem
Wasser. Heilung.
Groves (104) Patientin, bei der alle Zeichen eines akut in die freie
Bauchhöhle periforierten Ulcus vorhanden war, verweigerte die Operation. Die
Behandlung bestand in Umschlägen von heissen in Terpentin getränkten
Tüchern und es trat Heilung ein.
Spichers (139) Fall ist ebenfalls spontan geheilt. Es handelte sich um
ein 17 jähriges Mädchen, welches 3 Monate wegen Magenblutung bebandelt
worden war. Sie befand sich dann wieder ausser Bett, erkrankte aber plötz-
lich wieder nach schnellem Gehen und heftigen Niesen mit Bluterbrecheu,
starken Schmerzen, Aufstossen, Würgen, Beklemmungen und Angstgefühl. Leib
war stark aufgetrieben und druckempfindlich. Leberdämpfung verkleinert,
Atmung oberflächlich und beschleunigt. Flatus und Stuhlgang gingen nicht
ab, Erbrechen wurde sehr heftig, so dass die Diagnose Perforationsperitonitis
sicher war.
Die Behandlung bestand in rektaler Ernährung, Opium, Kokain, Bella-
donnatropfen; Alkoholumschlägen um den Leib und Einreiben mit Gre de scher
Salbe. Es trat Heilung ein.
D'Arcy Power (79) weist auf die Schwierigkeit hin, Magen- und Dann-
perforation rechtzeitig zu erkennen. Die wichtigsten Symptome sind für ihn
die plötzlich auftretenden Leibschmerzen mit Empfindlichkeit der Bauchdecken
bei Berührung. Zunahme des Pulsschlages von einer halben Stunde zur
anderen und besonders die auf einen bestimmten Punkt begrenzte Schmerz-
haftigkeit des Bauches. Anfangs wurden die Perforationen leicht mit anderen
Krankheiten verwechselt, besonders mit Appendicitis, da öfter der Magen-
oder Darminhalt nach der rechten Bauchseite fliesse und hier zunächst eine
Entzündung des Bauchfelles hervorrufe.
Fertig, Verletzangen und chirurgiBche Krankheiten des Magens. 675
Arcy hat vier perforierte Magenulcera genäht, teils dabei auch das
Netz über die Nahtlinie befestigt. Drei Patienten wurden geheilt, einer starb
nach 19 Tagen infolge subphrenischen Abszesses und Pneumonie. Das Ulcus
sass immer an der vorderen Wand.
Weber (148) beschreibt einen Fall von Perforationsperitonitis nach
Ulcus ventriculi. Bei der Operation fand sich geruchloses Gas im Abdomen.
Das Loch am Pylorus wurde vernäht. Es trat der Tod ein. Weber macht
noch darauf aufmerksam, dass der Stimmfremitus bei dem Patienten im
Epigastrium sehr stark war und sich nach der Epiphyse zu abschwächte.
Dies komme dadurch zustande, dass eine Kommunikation der zwischen
Leber und dem Zwerchfell angesammelten und unter den Bauchdecken ge-
legene Luft bestehe; es werden infolgedessen die geringsten Fibrationen des
Diaphragmas beim Sprechen und Zählen durch die Elastizität des Gases den
Banchdecken mitgeteilt.
Taylor und Rusell (142) haben einige interessante Fälle beobachtet.
Bei dem einen zeigte sich, dass eine Perforation bestehen kann, ohne irgend-
welche Schmerzen oder sonstige Abdominalerscheinungen hervorzurufen. Es
handelte sich um eine 48 jährige Frau, die 6 Tage starke Magenblutungen
hatte, dann plötzlich kollabierte und nach 15 Stunden starb. Bei der
Autopsie war eine Perforation an der hinteren Magenwand zu finden und die
Bursa omentalis war mit Blut stark angefüllt. Infolge Verschlusses des
Foramen Winslowii war weder Gas noch Blut in der freien Bauchhöhle zu
finden, keine Zeichen von Peritonitis.
Der 2. Fall ist deshalb interessant, weil er zeigt, dass bei akuter
septischer Peritonitis normaler Puls und Temperatur bestehen kann. Auch
Erbrechen und Schmerzen waren nicht vorhanden. Die Perforation war nicht
von Kollaps begleitet und das Ulcus hatte weder Verdauungsstörungen noch
andere Symptome von Seiten des Abdomens verursacht.
Pol lock (134) wurde zu einem angeblich sterbenden 18 jährigen Mädchen
gerufen, er fand dasselbe pulslos, kollabiert, sie hatte Schmerzen im Leib, be-
sonders bei Druck, zeigte kostale Atmung. Nach einigen Tagen ging dieser
Zustand vorüber, welcher vorgetäuscht war durch das Verhalten der Men-
struation, welche dann auch wieder eintrat. •
L6jars (115) operierte eine seit 8 Jahren magenkranke Frau, welche
in letzter Zeit sehr viel erbrach. Es fand sich ein epigastrischer Tumor in
der Pylorusgegend bei der stark abgemagerten 37 Kilo wiegenden Patientin.
Bei der Operation wurde der Pylorustumor nach der Koch er sehen Methode
reseziert. Pat. wurde geheilt, nahm an Gewicht zu und die Untersuchung
des Tumors ergab ein Ulcus callosum.
Rovsing (137). In dem einen Falle war der Patient sehr anämisch, er hatte
Iftngere Zeit hindurch Blutung gehabt Kurz nach dem Eintritt der Perforation wurde
Laparotomie gemacht; der Patient starb kurz nach der Operation.
Der zweite Fall war eine 49jährige Witwe, die 31 Jahre lang an Magensyroptomen
gelitten hatte. Unter der Spitze der 9. Rippe fand sich eine walnussgrosse Resistenz.
Laparotomie. Der Magen angeheftet am Diaphragma und der Bauchwand in der Gegend
der linken Rippenknrvatur mit einer gleichsam röhrenförmigen Adhärenz; diese wird rund
herum durchgeschnitten und entspricht, wie sich herausstellt, einer zweipfenniggrossen
runden Perforation im Magen, welcher Sanduhrform bat. Sutur der Perforation und plastische
Bedeckung mit einem Stück Omentum. — Die harte Geschwulst, die durch die Bauchwand zu
fühlen war, war eine grosse Drüsengeschwulst, welche an der kleinen Kurvatur sass. Die
mikroskopische Untersuchung zeigte, dass sie tuberkulös war, was darauf hindeuten konnte,
dass das Magengeschwür tuberkulöser Natur war. Genesung. Schaldemos e.
43*
676 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL Teil.
Einen Beitrag zum kallösen penetrierenden Magengeschwür gibt Lorenz
(118). Im ersten Falle entstand bei Lösung von Verwachsungen ein Loch
im Magen, das wegen seiner infiltrierten Bänder nicht genäht werden konnte,
es wurde deshalb durch die Öffnung ein Drain in den Magen eingeführt,
ringsum tamponiert und die Gastroenterostomie gemacht Tampon und Drain
konnten nach acht Tagen entfernt werden, es trat Heilung ein.
Bei dem II. Fall bildete das Ulcus einen verwachsenen Tumor am Fundns.
Bei Lösung riss der Magen ein, wurde ebenfalls drainiert und so behandelt
wie Fall I.
Auch bei nicht verengtem Pylorus hält Verf. die Anlegung einer Gastro-
enterostomie in jedem zur chirurgischen Behandlung gelangenden Fall von
Magengeschwür für dringend wünschenswert. Für unbedingt notwendig hält
er die Gastroenterostomie bei kallösen penetrierenden Ulcera, um dem Magwi
die nötige Ruhe zum Ausheilen zu verschaffen. Lorenz glaubt, dass das durch
die Not in Anwendung gebrachte Verfahren bei seinen zwei Fällen : Die Drai-
nage des perforierten Ulcus mit Gastroenterostomie als ein sehr zweckmässiges
bezeichnen zu können in Fällen, wo das Ulcus einreisst und die Resektion
zu eingreifend erscheint. Er schlägt vor, in ähnüchen Fällen einen Gummi-
schlauch durch die Perforation in den Magen und weiter in den abführenden
Schenkel der Gastroenterostomie oder durch den Pylorus in das Duodennm
einzuführen. Der Schlauch wird am Magen dann wie bei der K ade rächen
Gastrostomie befestigt und dient zur Nahrungszufuhr des Patienten.
Brenner (83) gibt zuerst eine Darstellung der klinischen Erscheinungen,
welche durch das kallöse Magengeschwür hervorgerufen werden. Die Diagnose
sei nur leicht, wenn es sich um tastbare Verdickungen der Magen- oder Bauch-
wand handele, oder auch bei Magenlebergeschwüren. In den von ihm operierten
24 Fällen war bei 12 ein Tumor oder Resistenz zu fühlen. 13 mal war das
Ulcus mit der hinteren Bauch wand, 4 mal mit der vorderen und hinteren,
2 mal nur mit der vorderen, Imal mit der Leber und in sieben Fällen war
es nicht verwachsen. Wenn kein Tumor zu fühlen war, blieben die übrigen
Zeichen des Ulcus als Kriterium für den chirurgischen Eingriff. Bei geringer
Ausdehnung und flacher Gestaltung des Geschwürstrichters, der sich bei der
Operation meist durch die vordere Magenwand abstasten lässt, wird zumeist
die Gastroenterostomie genügen, die in neun Fällen mit befriedigenden Dauer-
resultaten ausgeführt wurde.
In 14 Fällen hat Brenner die Resektion des Ulcus gemacht, 4 starben
im Anschluss an die Operation. Die anderen sind trotz grosser technischer
Schwierigkeiten und langer Operationssdauer glatt geheilt. Trotz der Ver-
wachsungen mit Leber und Pankreas erfolgte durch die Ablösung keine grössere
Blutung und trotz des Zurückbleibens des eigentlichen Geschwürsgrundes wurde
die Heilung nicht gestört. Viel grösser sollen die Schwierigkeiten sein, sich
nach Ablösung des Ulcus zu orientieren und einmal gelang es Brenner nur
nach Querteilung des Magens alle Nebenverwachsungen zu überblicken, zn
lösen, die kallösen Ränder zu resezieren, um so die richtigen Verhältnisse
wiederherzustellen. Die von Verf. operierten und geheilten Fälle befinden sich
seit 1896 und 1900 gesund. Er hat viermal die segmentäre Resektion des
Ulcus ausgeführt, einmal die zirkuläre und dreimal nach der II. Billrothschen
Methode verfahren. Zwei weitere von ihm resezierte Fälle sind erst in den
letzten Wochen operiert und kommen nicht in Betracht.
Fertig, Verletzimgen und chirurgische Krankheiten des Magens. 677
Malgaigne und Souligouz (119) beschreiben zwei Fälle von snb-
phrenischer Gasphlegmone nach Ulcusperforation.
Klieneberger (111) hält die Diagnose der gastritischen Phlegmone
für unsicher. Ein 67 jähriger Mann, der niemals Magenstörungen früher ge-
habt hatte, wurde mit schweren Verdauungsstörungen, die nach Verabreichung
von 8,5 g Jodkali aufgetreten sein sollen, ins Krankenhaus eingeliefert. Er
hatte starke Druckempfindlichkeit im Epigastrium und Fieber, starb nach
kurzer Zeit. Bei der Autopsie fand sich eine Gastritis phlegmonosa diffusa
und Peritonitis diffusa. Es ist sehr merkwürdig, dass solche geringe Jod-
mengen eine so schwere, tödliche Gastritis hervorrufen können.
Huguenin (108) hat eine primäre Magenphlegmone bei einem 73jährigen
Mann beobachtet. Bei der Sektion zeigte sich eine Phlegmone, die ausge-
gangen war vor einem alten Ulcus rotundum an der kleinen Kurvatur in der
Nähe des Pylorus, femer war noch eine chronische Gastritis vorhanden. Die
Phl^mone war verursacht durch Streptokokken, die vom Ulcus ausgegangen
waren.
Moynihan (132) beschreibt das Bild der phlegmonösen Gastritis, er
unterscheidet diffuse und zirkumskripte Formen. Er stellt 81 Fälle mit
Krankengeschichten aus der Literatur zusammen.
Eisner (98) erzielte eine Dauerheilung einer Fistula gastrocolica, welche
im Anschluss an ein Ulcus ventriculi entstanden war. Bei der Operation
fand sich ein Loch in der hinteren Magenwand, dahin zog das Colon trans-
versum und war breit verwachsen, da die Fistelstelle nicht zugänglich war,
wurde der betreffende Teil des Colon transversum total ausgeschaltet und
Flexura sigmoidea mit dem Colon transversum anastomosiert. Diesen aus-
geschalteten Darmteil, der mit dem Ms^en in Verbindung steht, hat Verf.
nun auf der Röntgenplatte sichtbar machen können, indem er dem Patienten
vorher eine Aufschwemmung von 10 g Bismutum subnitricum eingab.
Roh in (136) beobachtete eine heftige Gastritis nach Intoxikation von
Salpetersäure, diese hatte ein gut Teil der Schleimhaut zerstört, weshalb die
freie HCl fehlte. Doch hat wahrscheinUch keine totale Drüsenatrophie statt-
gefunden, da Pepsin im Mageninhalt vorhanden war. Die während der
Operation beobachteten Narben bewiesen, dass unter der Einwirkung der
Ssdpetersäure Ulzerationen entstanden waren, die eine narbige Pylorusstenose
verursachten, deren Folgen nach Gastroenterostomie beseitigt wurden.
Bei einer Patientin, die seit zwei Jahren an Ulcus ventricuH litt, ent-
fernte Alvarez (78) ein ulzeriertes Lipom neben der Wirbelsäule, das in
der Höhe des VII. — IX. Brustwirbels sass. Darauf trat zunächst hämor-
rhagisches Erbrechen auf, das bald wieder schwand, auch die Magenschmerzen
schwanden, Patientin konnte alle Nahrung wieder zu sich nehmen, so dass sie
jetzt von ihrem Ulcus ventriculi ebenfalls geheilt ist.
Dieser Heilungsverlauf brachte Alvarez auf den Gedanken, bei Ulcus
ventriculi beiderseits den VIH. Interkostalnerven zu durchschneiden, um Heilung
zu erzielen, denn er nahm an, dass bei dem tief sitzenden Lipom dieser Nerv
mit durchschnitten wurde und dadurch das Geschwür günstig beeinflusst worden
ist. Jedoch traten in dem Falle die Ulcusbeschwerden nach sechs Monaten
wieder auf, was Verf. dadurch zu erklären sucht, dass die Nervenbahn sich
wieder hergestellt habe.
Brodnitz (86) demonstrierte auf dem Chirurgenkongress das Präparat
eines Ulcus pepticum, welches von einem Patienten stammte, dem er 3^/« Jahre
678 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. Teil.
vorher wegen Pylorusstenose eine Gastroenterostomie angelegt hatte. In letzter
Zeit hatte sich ein kirschkerngrosser Tumor in der Narbe gebildet und bei
der II. Operation fand sich dieser bedingt durch ein grosses Ulcus jejuni
vis ä vis der Anastomosenöffhung, das mit den Bauchdecken verwachsen war.
Brodnitz machte die Resektion eines Teiles des Magens mit Jejanum.
Aus der Literatur konnte Brodnitz 14 Fälle von Ulcus pepticum zu-
sammenstellen und kommt zu folgenden Schlüssen:
1. Das Ulcus pepticum ist bisher nur nach Gastroenterostomie wegen
gutartigen Magenaffektionen beobachtet worden.
2. Es entsteht sowohl bei Hyperazidität wie bei normaler und snb-
normaler Azidität.
3. Es bildet sich sowohl bei Gastroenterostomia anterior wie posterior
aus. DieG. anterior bietet einen grösseren Schutz gegen die Perforationsperitoniti&
4. Das Ulcus pepticum verläuft häufig ganz symptomlos, in anderen
Fällen sind nächtliche Schmerzen vorherrschend.
5. In der Hälfte der geheilten Fälle ist ein Rezidiv des Ulcus beobachtet
worden, woraus auf individuelle Disposition, deren Ursache bisher nicht be-
kannt ist, geschlossen werden muss.
I mr 6dy 8 (108a) Arbeit verdankt ihre Entstehung einer Diskussion anläss-
lieh Dollingers Vortrag über die Resultate der Gastroenterostomie bei ver-
schiedenen Magenerkrankungen (Vergl. Bericht über das Jahr 1902, Ungarische
Literatur, Refer. Nr. 12).
Verf. bespricht zunächst die Indikation einer Operation beim peptischra
Magengeschwür, bezw, dessen Folgeerkrankungen. Solche Indikationen wären
1. Perforationen; 2. Blutungen; 3. langdauemde, erfolglos interne Behandlm^;
4. perigastrische Verwachsungen, wenn selbe sehr schmerzhaft wird oder
Stenose verursachen; 5. perigastrische oder subphrenische Abszesse; nnd
schliesslich 6. konsekutive narbige Pylorusstenose.
Als Operationen kämen in all diesen Fällen Gastroenterostomie, Pylorns-
resektion oder Pylorusplastik in Betracht.
Imredy zitiert fünf Fälle, in welchen nach erfolgter Gastroenterostomie
(3 davon operierte Dollinger, 2 Lümnitzer) auch die Magenfunktion einer
genauen Prüfung unterzogen wurde. Bei sämtlichen Operierten zeigte sich:
1. eine Zunahme des Körpergewichtes; 2. ein Sistieren der Magenbeschwerden;
3. eine Rückbildung des ektatischen Magens; 4. eine auffallende Besserung
der motorischen Magentätigkeit; 5. die sekretorische Funktion des Magens
betreffend, kann nach erfolgter Gastroenterostomie teils eine Hypersekretion,
bezw. Hyperazidität bestehen, teils kann die Sekretion bis zur subnormalen
herabsteigen. Aus letzteren Gründen wäre nach erfolgter Operation zu einer
aufklärenden Untersuchung dringend zu raten, um Falle einer Hyperazidität
durch entsprechende innerliche Darreichung von Alkalien der Entstehung
eines Ulcus jejuni pepticum vorzubeugen. J. Dollinger (Budapest).
Mi tschell (124) veröffentlicht 6 Fälle von Sanduhrmagen, die er
operiert hat. Alle Patienten litten schon Jahre lang an Magenbeschwerden.
In 5 Fällen führte Mi tschell die Gastrogastrostomie nach Wolf 1er ans,
wonach 4 vollkommen geheilt wurden, einer starb. In einem weiteren Falle
machte Mitschell die Gastrojejunostomie mit gutem Erfolg und zwar des-
halb, weil der eine Magenabschnitt zu schmal erschien, der Pylorus in Ad-
häsionen eingebettet war und deshalb die Anastomose zwischen beiden Magen-
abschnitten unmöglich war.
Fertig, VerleizuDgen und- chirurgische Krankheiten des Magens. 679
Weiter hat Mitschell noch 6 Fälle von Dilatatio ventriculi und gut-
artiger Pylorusstenose operiert. Die Gastrojejunostomie wurde ausgeführt.
3 Patienten starben.
Eider (97) hat ein 47 jähriges Fräulein, das bereits 12 Jahre lang an
Ulcnsbeschwerden litt, operiert. Es fand sich ein Sanduhrmagen, die Ein-
schnürung sass näher der Cardia als dem Pylorus. Nach Lösung der Ad-
häsionen und Ausführung der Gastroplastik trat Heilung ein.
Kammerer (109) hat einen 46jährigen Mann, der seit 4 Jahren an
Ulcus beschwerderi und Pylorusstenose leidet, operiert. Der kardiale Abschnitt
des Sanduhrmagens war doppelt so gross als der pylorische. Die ein-
schnürende Partie am Magen wurde durchtrennt und dann eine Wieder-
vereinigung der hinteren sowie vorderen Wand ausgeführt, wodurch der Magen
wieder seine normale Gestalt erhielt. Heilung.
Moynihan (130) fand einen dreigeteilten Magen bei einer 27jährigen
Frau, die seit 9 Jahren magenleidend war. Durch 2 einschnürende P'urchen
war der Magen in einen grossen mittleren, einen kleinen pylorischen und
etwas grösseren kardialen Abschnitt geteilt. Der kardiale wurde sodann mit
dem mittleren durch Gastrogastrostomie in Verbindung gebracht und sodann
noch eine Gastroenterostomie zwischen mittlerem Sack und Anfangsteil des
Jejunum hergesteUt. Heilung.
Blake (82) hat bei einer 45jährigen Frau mit Sanduhrmagen die
Gastoenterostomie nach Hacker mit gutem Erfolg ausgeführt.
Dur ante (95) beschreibt 2 Fälle von Sanduhrmagen mit fibröser
Pylorusverengung; in einem derselben nahm er eine Pyloroplastik und Gastro-
plastik vor, in dem anderen eine Pyloroplastik und eine Gastroenterostomie
nach der Wolf 1 ersehen Methode; das Resultat war in beiden Fällen ein
befriedigendes. — An diese Fälle knüpft er einige Erwägungen betreffs der
Symptome, der Diagnose, Prognose und Behandlung; bezüglich der Behandlung
meint er, dass die Gastroplastik, wenn keine Pylorusstenose besteht, ein aus-
gezeichnetes Eesultat geben könne. K. Giani.
Der Fall Lumniczers (123a) bezieht sich auf eine 32jähr. Frau, die
seit 8 Jahren an heftigen Magenbeschwerden infolge von Magengeschwür litt.
Bei der Operation fanden sich am Magen drei Narben; davon bedingte
eine zirkulär verlaufende, 1^/s cm breite Narbe eine Sanduhrform des Magens;
— am Pylorus führte eine ^/a cm breite und vertikal ziehende Narbe zu
einer Striktur derselben, — während die dritte, sternförmige Narbe am Fun-
dus sass.
Die Operation bestand in partieller Magensekretion, Gastroenterostomie
(retrocolica) und Pylorusplastik, indem nach Exstirpation der zweiterwähnten
vertikalen Narbe des Pylorus, letzterer quer genäht wurde. Heilung.
J. Dollinger (Budapest).
W Ullstein (151) demonstrierte auf dem Chirurgenkongress eine sehr
reichhaltige interessante Sammlung von Sanduhrmägen, welche die Ätiologie
und Pathologie des segmentierten Magens vollständig zur Anschauung brachte.
Wul Istein bespricht die Ätiologie des angeborenen Sanduhrmagens sowie
die einzelnen Theorien. Er selbst möchte bei manchen Fällen einen gewissen
Atavismus annehmen und demonstriert zur Stütze seiner Ansicht zum Ver-
gleich mit entsprechenden menschlichen Mägen die von Maus und Hamster.
W Ullstein hat dann noch 2 neue Theorien aufgestellt. Nach der einen
behält der Magen in seinem pylorischen Teil einen gewissen darmartigen
680 Jahresbericht für Gfairnrgie. II. Teil.
Charakter, and es kommt zu einer partiellen Erweiterung im kardialen Teile.
Dies spreche für eine sehr frühe EntwickelTingshemmnng aus jener Zeit, in
welcher der ganze Darm als gleichweites Rohr in geradem Verlauf durdi die
Leibeshöhle ziehe. In anderen Fällen, wo es zur Bildung eines ausgesprochenen
Isthmus kommt, oder wo der Magen mehrere Einziehungen aufweist, nimmt
Wullstein an, dass es sich um Druckwirkung der Nachbarorgane, Pankreas,
Arteria coeliaca, splenica oder phrenica handele, welche schon in den ersten
Wochen des Fötallebens entstehe. Wullstein hat eine grosse Anzahl fötaler
Magen untersucht und 2 gefunden, die kleine Einschnürungen zeigten.
Sodann kommt Wullstein zu dem erworbenen Sanduhrmagen, dessen
Ätiologie er bespricht, er demonstrierte Präparate, die durch Pseudoligamente
infolge perigastrischer Verwachsungen, solche die durch Neoplasmen und andere.
welche durch Narbenstriktur nach Ulcus entstanden waren. Besonders erwähnens-
wert waren folgende: I. ein Präparat, welches die Hirsch sehe Ansicht unter-
stützt, dass nämlich das zum erworbenen Sanduhrmagen führende Ulcus häufig
an dem Isthmus eines vorhandenen kongenitalen Sanduhrmagens entstände,
ein 2., bei welchem es am Isthmus zur Achsendrehung und damit zn Deus-
erscheinungen gekommen ist, 3. einen Magen, bei welchem die Einschnürung
an der grossen Kurvatur durch eine mit zu kurzer Jejunumschlinge angelegte
Gastroenterostomie bedingt war. Bei einem 4. Magen war die Sanduhrform
durch Korsettschnürung entstanden. Bei dem 5. war durch entspredienden
Narbenzug und perigastrische Verwachsungen der kardiale Magenteil ganz an
das Duodenum herangezogen, der pylorische Teil aber vollkommen divertikel-
artig unter dem kardialen resp. unter das Duodenum verlagert.
Wullstein kommt sodann zur Therapie. Er hat eine neue bis jetzt
nur an Hunden ausgeführte Methode ersonnen, die der Resektion des Isthmus
nicht nachstehen soll, andererseits kein schwerer Eingriff ist. Sie habe den
Vorteil, dass sie sowohl die äussere Form des Magens als auch das Lumen
in vollkommen normaler Weise wiederherstellt und dass sie ohne jede Er-
öffnung des Magens und ohne Blutung, auch ohne Assistenz ausgeführt werden
könne. Das wesentliche ist: dass der ganze Sporn, der die sanduhrförmige
Einziehung bedingt, durch Gangrän erzeugende Nähte beseitigt wird. Schon
nach wenigen Tagen solle dies der Fall sein, ohne dass dadurch das Allgemein-
befinden irgendwie gestört werde. Wullstein hat das gleiche Prinzip bei
vielen anderen Operationen des Magendarmkanals verwandt und in vielen
Experimenten erprobt.
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198. Sato, Ein Fall Ton Pylorusresektion mit gleichzeitiger Resektion des Colon trans-
versaro. Wiener klin. Wocheoschrift Nr. 47.
199. Schönholzer, Die Chirurgie des Magenkrebses an der Kr5nlein sehen Klinik 1881
bis 1902. ▼. Brans Beiträge Bd. 39 und Diss. Zürich.
200. *Schultze, Ein Fall Ton einer vom Process vermiform. aasgehenden, eitriger Per-
forationsperitonitis bei einer wegen stenosierendem Pylornskarzinom angel^i^en Gastro-
enterostomia retrocolica anter. Diss. Kiel.
201. S t e g e r , Über die im Spital Mflnsterlingen 1896 — 1902 ansgefAhrten Gastroenterostomiea.
Diss. Zürich.
202. Strada, Adenoma congenitale ombelicale a tipo gastrico. Lo sperimentale.
203. Thomas, Succeasfull removal of more than threequaters of the stomach for cancer
with gastrojejunostomie. The Lancet May 30.
204. ^Vermögen, Pyloruskrebs mit Hyperchlorhydrie. Joum. med. de Broxelles. Nr. 9.
Über das Verhalten der grossen mononnkleären Lenkocyten und den
Übergangsformen (Ehrlich) handelt Kurpjuweits (174) Arbeit. Er fand
bei Magenkarzinom ohne weitere Komplikationen kein einheitliches Blatbild,
jedoch kann er sich der Meinung von Strauss und Rosenstein nicht an-
schliessen, welche behaupten, dass bei Karzinom der Mittelwert der ninlti-
lokulären Leukocyten ein beträchtlich höherer sei als beim gesunden Menschen
und dass der Mittelwert der unilokulären gesunken sei. Kurpjuweit
beschreibt einen Fall, bei welchem plötzlich ohne besondere Ursache eine be-
deutende Verschlechterung des Befindens eintrat, es machte den Eindruck,
als ob es sich um eine Intoxikation handele, die Kräfte nahmen rapid ab
und der Tod trat ein. Kurz vorher war eine auflfallende Veränderung des
Blutes beobachtet worden, diese erklärte sich dadurch, dass von dem schmierig
zerfallenen Karzinom Toxine produziert waren, die den ganzen Symptomen-
komplex hervorgerufen hatten.
Salomon (197) hält es für möglich, dass man aus der Menge des in
den Magen hineinsezemierten Eiweisses, das durch Serumausschwitzungen auf
Grund von Geschwürsflächen im Magen hervorgebracht wird, Schlüsse ziehen
kann auf den Zustand der Magenoberfläche. Nach seinen bisherigen Erfah-
rungen hält er eine chronische Magenerkrankung für karzinomverdächtig,
wenn die Waschflüssigkeit mit Esbachschem Reagenz alsbald eine flockige
Trübung gibt oder ihr Stickstoffgehalt 20 mg in 100 Waschwasser übersteigt
Jedoch ist es auch möglish, dass einmal ein intensiver chronischer Katarrli
zu einer beträchtlichen Eiweissausscheidung auf der Magenoberfläche fahrt.
Seine Methode sei imstande unter Berücksichtigung der Sachlage des Einzel-
falles eine Diagnose zu stützen.
Katz (169) behandelt die Prophylaxe des Magenkarzinoms. Von einer
umfassenden Prophylaxe könne natürlich nicht die Rede sein, erst wenn es
gelingt, die alleinige und direkte Ursache der Krankheit zu finden, werde
man diesem Ziele näher kommen. Bei der Prophylaxe des Magenkarzinoms
komme es darauf an, möglichst flüssige, von festen Substanzen freie Nahrung,
die keine mechanische Reizung ausübe, zu geben. Man solle die Speisen gut
kauen, femer soll der gleichzeitige Genuss von Wasser oder einer anderen
Fertig, Yerletzangen und chirurgische Krankheiten des Magens. 683
indifferenten Flüssigkeit, während jeder trockenen Mahlzeit eine prophylaktische
Massregel sein. Der Magen entleere sich schneller bei Anwesenheit von
Wasser und die Lösung der festen Speisen werde wesentlich erleichtert. Das
Prinzip der Prophylaxe beruhe auf der Schonung des gefährdeten Organs. ^
Wie leicht man sich bei der Diagnose Magenkarzinom auch irren könne,
beschreibt Knapp (172) an einem Falle. Der betreffende Patient, bei welchem
die Diagnose auf Karzinom gestellt war, wollte sich nicht operieren lassen. |
Das Befinden besserte sich jedoch von Tag zu Tag und die Diagnose stellte i
sich als irrtümlich heraus, es handelte sich um einen Kontraktionszustand
des Pylorus. Verf. beschreibt dann einen zweiten ähnlichen Fall und referiert
über die Arbeit Obrastzows (über Palpation des Pylorus 1902).
Ringel (192) bringt eine statistische Zusammenstellung aller an Magen-
karzinum Erkrankten, welche seit Eröffnung des Eppendorfer Krankenhauses
bis jetzt operiert worden sind. Diejenigen, bei welchen nur eine Explorativ-
laparotomie ausgeführt wurde, werden nicht berücksichtigt. Die Zahl der
Fälle beträgt 144. Bei 63 war Magenresektion ausgeführt, hiervon starben
im Anschluss an die Operation 38, was eine Mortalität 59,4 ^/o ergibt. Die
hohe Mortalität findet ihre Erklärung in den sehr weiten Indikationsgrenzen
zur Operation. Von 26 Überlebenden fehlt von fünf Patienten die Nachricht
über ihr Befinden, zwei stellten sich ein Jahr post operationem geheilt vor,
bei einem dieser Patienten war das Karzinom mitsamt einem Stück Colon
transversum reseziert worden, auf welches der Tumor übergegangen war.
11 Fälle gingen an lokalem Rezidiv und Metastasen zugrunde. Für diese 11
beträgt die mittlere postoperative Lebensdauer 13 Monate, alle erfreuten sich
nach der Resektion vollkommenen Wohlbefindens. Am Leben sind jetzt noch
acht Patienten.
Ringel beschreibt dann das von Kümmel 1 angewandte Operations-
verfahren, er macht im allgemeinen die Resektion nach Kocher, mit Ein-
pflanzung des Duodenum in die hintere Magenwand unter Verwendung des
Mnrphyknopfes. Wenn der Abstand zwischen Magenrest und Duodenum zu
weit ist wird die Gastroenterostomie nach Wolf 1er ausgeführt.
Die palliative Gastroenterostomie wurde bei 81 Patienten ausgeführt.
Im Anschluss an die Operation starben 51, was eine absolute Mortalität von
62,2 ®/o ergibt. 15 Patienten gingen während des Krankenlagers an Karzinom-
kachexie zugrunde. Die mittlere postoperative Lebensdauer der Überlebenden
beträgt 6V2 Monat.
Schönholzer (199) berichtet über die Chirurgie des Magenkrebses an
der Krönleinschen Klinik von 1881 — 1902. Er bringt die genauen Kranken-
berichte und Ausarbeitung des Materials, welches der Krönleinschen Arbeit
von vorigem Jahre: ^^Über den Verlauf des Magenkarzinoms bei operativer
und nicht operativer Behandlung'^ zugrunde liegt.
Moynihan (184) stellt die Frage auf, ob eine Palliativoperation das
Leben bei Magenkarzinom verlängern kann, ob sie das Leben erträglicher
macht und ob die Resektion des Karzinoms eine Aussicht auf Heilung gibt.
Er referiert über bekannte Arbeiten in diesem Gebiete (Krönlein,
Mikulicz) und stellt die Erfolge vergleichend nebeneinander.
Der von Giacomelli (161) beschriebene Fall tut dar, dass ein Magen-
karzinom ohne irgendwelche objektive und subjektive Symptome zu geben,
einen hohen Entwickelungsgrad erreichen kann und dass uns die Palpation
und Perkussion falsche Kriterien liefern können, wenn der Magen durch Ad-
\
684 Jahresbericht fdr Cbirargie. II. Teil.
härenzen mit anderen Organen verzogen und in einer ungewöhnlichen Lage
fixiert ist. Bei seinem Patienten wurde in der Tat die Geschwulst im linken
unteren Bauchquadranten palpiert, was annehmen Hess, dass sie entweder der
Flexura sigmoidea oder dem absteigenden Grimmdarm angehörte, nachdem
schon ausgeschlossen war, sie könne am letzten Darmabschnitt ihren Sitz
haben. Auch das Aussehen des Stuhls Hess den Gedanken aufkommen, der
Kot müsse vor seiner Entleerung eine stenotische Stelle passieren; denn er
war bandförmig gestaltet. Verf. erklärt dies nun damit, dass der Dickdarm
an einer Stelle verengt war, aber nicht infolge von Proliferation des Neo-
plasmas, sondern durch die Adhärenzen, die den Grimmdarm in der Darm-
grube festhielten, infolgedessen er eine knieförmige Knickung erfuhr und sein
Lumen sich elliptisch gestaltete. Von Seiten des Magens fehlten alle Sym-
ptome: es bestanden weder Schmerzen im Oberbauch, noch Erbrechen, noch
Hämatemesis. Dagegen bestand Diarrhöe mit hanfigen Stuhlentleerungen ; das
flüssige Material war von Kotstoffen nur spärlich gefärbt und enthielt Schleim
und Blut. R. Giani.
Robson (194) bringt AUgemeines über Symptomatologie und Diagnose
des Karzinoms. Spricht sich dann über die chirui^che Therapie ans, welche
allein das Leben der Patienten verlängern und erträgHch gestalten könne.
Bringt dann noch die Krankengeschichten von 15 Fällen, weldie er operiert hat
Montprofit (182) betont, dass man kein Recht habe, einem Karzinom-
kranken die Gastroenterostomie zu verweigern, ebensowenig wie man andere
Mittel, welche den Patienten Erleichterung bringen, verweigern dürfe. Er fuhrt
ein Beispiel an, wo eine sehr kachektische Frau noch 2^/i Jahre nach der
Operation gelebt hat, trotzdem der Tumor an der vorderen Bauchwand ad-
härent war.
Sollard (191) erwähnt, dass es Fälle von Magenkarzinom gibt, bei
welchen die Symptome der Pylorusstenose vorhanden sind, schneidet man
jedoch das Abdomen auf, so findet man keine Verengerung des Pyloms xmd
es entsteht dabei die Frage, ob man die Gastroenterostomie machen soll oder
nicht, besonders bei Fällen, in welchen durch den Tumor die Gastroentero-
stomieöffnung leicht wieder überwachsen werden kann. Er hat drei derartige
Fälle operiert, in den beiden ersten schloss er das Abdomen wieder, ohne am
Magen etwas zu machen, in dem dritten legte er mit gutem Erfolg eine
Gastroenterostomie an. Es handelte sich um einen 39jährigen Mann mit
Tumor an der kleinen Kurvatur, diese ganz einnehmend und auf die Magen-
wand übergehend. Pyloms war frei. Pat. erholte sich nach der Operation,
nahm an Gewicht zu und wurde wieder arbeitsföhig. Nach den Erfahrungen
mit diesem letzten Fall kommt Pollard zu dem Schluss, dass die klinischen
Erscheinungen von grösserer Wichtigkeit sind für die IndikationssteUung der
Gastroenterostomie, auch wenn keine Verengerung des Pyloms nachher ge-
funden wird.
Bardesen (155) beschreibt zwei eigene Fälle: 1. Von Gastroenterostomia
anterior wegen Tumor pylori im Jahre 1896 ausgeführt bei einer 35jährigen
Bäuerin mit allen Symptomen eines Neoplasma des Magens mit Hämatemesis
und Melaena. Bis heute dauert die Genesung an. Geschwulst und Ganglien
ganz verschwunden. Wahrscheinlich Ulcus rotundum mit Perigastritis.
2. Von Gastropylorektomie wegen Carcinoma ventriculi bei einer 52-
jährigen Frau im Jahre 1902 operiert und welche bis heute noch sich wohl
fühlt. Stoianoff (Plevna).
Fertig, Verletzungen und chirurgische Krankheiten des Magens. 685
Nu t hall und Emann (187) veröffentlichten drei Falle von diffusem
infiltrierendem Magenkarzinom mit Übergang auf den Darm. Der erste Fall
starb an septischer Peritonitis nach Perforation des Goecum infolge karzino-
matöser Stenose des Colon ascendens. Teile des Jejunum und Colon waren
ergriffen von Karzinom und Metastasen fanden sich in Gallenblase und Niere.
Fall U. Bei dem 38 jährigen Patienten war eine Gastroenterostomie
gemacht. Bei der Autopsie fand sich der ganze Magen vom Tumor ergriffen,
die Schleimhaut war intakt, nicht ulzeriert, femer ging der Tumor über auf
das Mesenterium, dem Dünndarm und Kolon. Bei einem zweiten 56jährigen
Patienten wurde wegen karzinomatöser Striktur des Rektums ein künstlicher
After angelegt. Auch hier war der ganze Magen vom Tumor ergriffen, der
auf Teile des Dünndarms, Coecum, Kolon und Rektum überging.
Moynihan (185) stellt folgende Sätze auf: 1. Das Magenkarzinom be-
ginnt in der Mehrzahl der Fälle am Pylorus, besonders entsprechend der
kleinen Kurvatur. 2. Von dieser SteUe aus verbreitet sich der Tumor meist
schnell in der Submukosa. 3. Das Karzinom breitet sich schneller nach der
Kardia hin aus, das Duodenum bleibt meist frei. 4. Die Tumoren haben die
Tendenz, sich an den Kurvaturen anzuhäufen.
Verf. unterscheidet 3 lymphatische Zonen am Magen: Die erste ent-
spricht ungefähr der oberen Hälfte des Magens entlang der kleinen Kurvatur,
die Lymphgefässe münden in die Drüsen an der kleinen Kurvatur. Die zweite
Zone nimmt die untere linke Hälfte des Magens ein entlang der grossen Kur-
vatur, die Gefasse münden in die Drüsen an der grossen Kurvatur, welche
am Pylorus zahlreicher sind als weiter entfernt davon. Die dritte Zone wird
durch den Fundus gebildet. Ihre Lymphbahnen gehen nach dem Hilus der
Milz. Letztere Partie bleibt bei Pyloruskarzinom frei bis zum Schluss.
Patel (189) hat bei einem 54jährigen Mann die Pylorusresektion wegen
Karzinom ausgeführt. Trotzdem ein sehr grosses Stück des Magens wegfiel,
konnte er doch die Wiedervereinigung des Magens mit dem Duodenum nach
der Kocher sehen Methode ausführen, und zwar mit Hilfe des Jaboulay-
schen Knopfes.
Am 20. IX. 1896 führte Petrow (190) die erste Pylorektomie wegen
Krebs in Bulgarien aus. Die Kranke starb an Peritonitis durch Perforation
des Duodenums weit von den Nähten. Die zweite führte er im Jahre 1899
aus, die dritte, über welche er jetzt berichtet, bei einer 40jährigen Frau mit
Carcinoma pylori. Die Laparotomie zeigte eine kindsfaustgrosse mobile Ge-
schwulst des Pylorus. Pylorektomie nach B i 1 1 r o t h. Genesung nach 26 Tagen,
die bis heute anhält. Mikifoskopisch Scirrhus. Sto'ianoff (Plevna).
Latarjet (175) hat bei 2 Frauen im Alter von 61 und 63 Jahren die
Pylorusresektion nach der Billroth sehen Methode ausgeführt, und zwar
mit sehr gutem Enderfolg. Patientinnen erholten sich und nahmen an Ge-
wicht zu.
Dowd (159) entfernte bei einem 51jährigen Mann ein Pyloruskarzinom
nach Kocher, indem er das Duodenum mittelst Murphyknopf in die hintere
Magenwand implantierte.
Delore (158) resezierte bei einer 61jährigen Frau ^/s des Magens und
machte die Gastroenterostomie mit Ja boulayschem Knopf. Dauer der Ope-
ration 65 Minuten. Es bildete sich eine Fistel, aus welcher Duodenalinhalt
ausfloss, die sich aber nach 5 Tagen wieder schloss.
Sato (198) bringt die Krankengeschichte eines Falles, bei dem der am
686 Jahresbericht fttr Chirurgie. IT. Teil.
Pylorus sitzende Tumor auf das Mesocolon transversum überging; dies wurde
mitreseziert, wonach sich eine Anämie des Colon transversum einstellte, welches
ebenfalls mitreseziert werden musste. Magenresektion nach der 1. Bill-
rothschen Methode; Kolon wurde mit Knopf wieder yereinigt.
Thomas (203) resezierte wegen Karzinom mehr als ^U des Magens;
die hintere Wand war mit dem Pankreas verwachsen, von dem ein Stück fort-
genommen wurde. Patient lebte noch ein Jahr post operationem in gutem
Zustande. Thomas hat die Kocherschen Magenklemmen dahin modifiziert,
dass er sie mit stärkeren Branchen versehen hat, da die Kocherschen nach
15 Minuten die Zirkulation noch nicht aufheben.
Der von v. Bonsdorff (156) beschriebene Fall betrifft einen 48jährigen
Mann, dessen ganzer Magen mit Ausnahme eines ganz kleinen Lappens an
der Cardia wegen eines Kankroid- Karzinoms entfernt wurde. Vermittelst
Murphyknopf wurde zwischen dem kleinen kardialen Stumpfe und einer
Jejunumschlinge eine Anastomose angelegt. Die ersten Monate nach der
Operation befand sich der Mann wohl, nahm an Gewicht zu und war voll-
kommen arbeitsfähig. Allmählich bildeten sich aber Symptome einer behin-
derten Darmpassage aus; das Hindernis wurde auf eine mutmassliche karzi-
nomatöse Entartung des Bauchfelles zurückgeführt, allein bei der Sektion —
er starb 8 Monate nach der Operation — stellte sich heraus, dass das Hin-
dernis bedingt war durch eine Verwachsung zwischen einer 125 cm unterhalb
der Anastomosestelle gelegenen Dünndarmschlinge und am kardialen Sacke,
an dem sowohl die Leber als die Milz adhärierten. Hj. v. Bonsdorff.
Monro und Laren (181) haben eine 38jährige Frau wegen Magen-
karzinom kurze Zeit behandelt und fanden bei der Sektion, dass das Karzi-
nom auf die Umgebung, Pankreas, Peritoneum und Darm übergegangen war.
An 6 Stellen waren Darmstenosen infolge von Tumoren gebildet (4 am Dünn-
darm, 2 am Dickdarm) und auch der Processus vermiformis war von Tumor
befallen.
Menetrier und Gauckler (179) sahen eigenartige Metastasen eine^
Magenkarzinoms; zunächst waren die Lymphbahnen der Nachbarschaft er-
griffen und von hier aus der Ursprung des Ductus thoracicus. Dann war es
zur Thrombose der Vena jugularis und Subclavia gekommen in der Umgebung
der Einmündungssteile des Ductus thoracicus und zu dessen Verschluss.
Daraufhin trat eine Lymphstase ein und retrograde Verschleppung von Kar-
zinomzellen in die Lymphbahnen sämtlicher Organe. Seröse Ergüsse in Brust
und Bauchhöhle bildeten sich, die infolge reichlicher Beimischung fettig ent-
arteter Krebszellen chylöse Beschaffenheit angenommen hatten.
Bemerkenswerte Komplikationen im Verlauf des Magenkrebses fand
Kaufmann (170). Im ersten Falle handelte es sich um einen Mann, dem
wegen inoperablem Pyloruskarzinom eine Gastroenterostomie angelegt war.
Bald nach der Operation trat eine schwere motorische Insuffizienz des Magens
auf, gleichzeitig aber auch Zeichen einer Dickdarmstenose durch Kompression
des Colon transversum, welche in den Vordergrund des Krankheitsbildes trat
und durch Perforation eines Dekubitalgeschwürs oberhalb der Stenose zum
Tode führte. Der Magentumor hatte die Wand des Kolon stark vorgebuchtet
und das Lumen hochgradig verengt.
Bei dem zweiten Falle war ein stenosierendes Cardiakarzinom gleich-
zeitig mit Pylorusstenose infolge Kompression durch karzinomatöse Driisen-
metastasen vorhanden.
Fertig, Verletzungen und chirurgiBche Krankheiten des Magens. 687
Im Vordergrund stand zunächst die Verengerung der Cardia, welche zu-
erst für die dünnste Sonde nicht passierbar war. Die Sondierung mit der
Divertikelsonde nach Stark erwies sich hier für die Diagnose und Therapie
ganz besonders wertvoll.
Durch später ausgeführte Gastroenterostomie wurde die Diagnose in
jeder Beziehung bestätigt.
Kellings (171) 27jährige Patientin bekam nach zweijährigen Erschei-
nungen von Ulcus ventriculi eine Fistula gastrocolica mit Übertreten von
Darminhalt in den Magen. Bei der Operation fand sich eine Geschwulst
an der Flexura lienalis, die nicht entfernt werden konnte, deshalb wurde
eine totale Ausschaltung des die Flexur enthaltenden Darmstückes gemacht
und das Querkolon mit dem Colon descendens wieder vereinigt. Nach einem
Jahre traten wieder Beschwerden auf. Bei der nun vorgenommenen Operation
wurde Karzinom festgestellt und bei der Sektion fanden sich noch zwei Magen-
dünndarmfisteln.
Hoche (168) hat zwei Präparate von Ulcus carcinomatosum untersucht, bei
welchen sich auif den Rändern des alten Ulcus der Tumor entwickelt hatte.
Oettinger (188) hebt hervor, dass die Beobachtungen von Karzinom-
entwickelung auf der Basis eines Ulcus nicht sehr zahlreich sind. Er hat
drei Fälle gesehen, die nicht operiert waren. Bei den beiden letzten zeigte
sich in sehr charakteristischer Form die Entwickelung des Karzinoms an den
Rändern des Ulcus. Oettinger bespricht die pathologischen Befunde und
die Unterschiede zwischen Ulcus simplex und Ulcus carcinom. Die Diagnose
begegne im allgemeinen sehr grossen Schwierigkeiten, mit Wahrscheinlichkeit
könne man sie stellen, wenn bei einem Patienten mit Ulcussymptomen die
Schmerzen weiter sehr heftig bestehen, die Abmagerung und Anämie zunimmt,
das Erbrechen fortgesetzt wieder auftritt. Die Umwandlung des Ulcus in
Karzinom kann in jedem Alter entstehen. Über die Ätiologie ist nicht viel
bekannt. Verf. erwähnt hier die verschiedensten Fragen, jedenfalls ist es
eine sehr schnell fortschreitende, rapid verlaufende Komplikation des Ulcus
ventriculi.
In drei Fällen von diffusem Krebs (Uterus-, Magen-, Nierenkrebs) hat
Caliari (157) die Radikaloperation vorgenommen. Alle drei Patientinnen
befanden sich mehrere Monate nach der Operation ganz wohl; dies beweise,
dass sich in den einzelnen Fällen bezüglich der Operierbarkeit des Krebses
schwer ein Urteil bilden lasse und dass man auch in Fällen von ausgedehntem
Krebs nicht Pessimist sein dürfe. R. Giani.
Steyer (201) berichtet über die im Spital zu Münsterlingen von 1896
bis 1902 ausgeführten Gastrostomien. Bei 21 Patienten wurde wegen Karzi-
nom des Ösophagus oder der Cardia diese Operation ausgeführt, nach der
Methode von Frank, Witzel-Kader und die meisten nach Witzel-
Hacker. Die durchschnittliche Lebensdauer nach der Operation betrug
fünf Monate und vom Beginn der Stenoseerscheinungen an gerechnet elf Monate
und einige Tage. Die Patienten wurden durch die Operation von dem quälenden
Regurgitieren der Nahrung und von ihren Schmerzen befreit.
Robin (193) hat Magenkarzinome mit Röntgenstrahlen durchleuchtet.
1. Eine 64jährige Dame mit Magentumor an der grossen Kurvatur so gross
wie ein Ei. Patientin hatte Bluterbrechen. Nach sechs Sitzungen verschwand
der Tumor und die übrigen Symptome besserten sich. Nach vier Monaten
fühlte sich die Patientin noch sehr wohl, der Allgemeinzustand ist ausge-
688 Jahresbericht für Ghirargie. 11. Teil
zeichnet und lokal nichts mehr zu fühlen. 2. 48jährige Frau mit zwei grossen
Tumoren am Magen, hatte Erbrechen, dann Magenblutungen. Der eine Tnmor
sass an der grossen Kurvatur nahe dem Pylorus, der andere rechts von der
Medianlinie. Nach zwölf Röntgensitzungen trat Besserung ein und die Tu-
moren verschwanden, ebenso das Erbrechen, der Appetit wurde gut.
Robin berichtet dann noch über andere gebesserte Fälle ans der
Literatur.
Drei bemerkenswerte Tumoren in und am Magen beschreibt Mio-
dowski (180). 1. Magenmyom mit tödlicher Blutung, bei einer 51jährigen
Frau, welcher */* Jahre vorher wegen Myom der Uterus exstirpiert worden
war. Die gestielte keulenförmige Magengeschwulst von 14 cm Länge stülpte
die Magenwand ein und war von glatter Schleimhaut überzogen, die an
einer Stelle einen erbsengrossen Defekt zeigte mit blutunterlaufener Umgebung.
Die Geschwulst war sehr reich an feinen, äusserst dünnwandigen, meist kolla-
bierten Gefässen und soll während des Lebens ihre Grösse gewechselt haben.
2. Magenkarzinom mit Metastasen im Verlauf des ganzen Intestuialtraktus.
Es fanden sich über den ganzen Darm verstreut markige, meist submnköse,
auf dem Wege der Lymphbahnen entstandene Infiltrate karzinomatöser Natur.
3. Mannskopfgrosses Sarkom der Bursa omentalis. Bei einer 40jährigen Frau
fand sich die Geschwulst in der linken Bauchseite liegend. Nach Eröffnung
des Abdomens zeigte sie Fluktuation und wurde deshalb der Tnmor in die
Bauchwunde eingenäht. Bei der Inzision entleerte sich sehr viel hämorrha-
gische alkaUsche Flüssigkeit (Pankreascyste). Die Sektion ergab jedoch, dass
es sich um ein grosszeliiges Rundzellensarkom handelte, welches seinen Aus-
gangspunkt von dem serösen, bezw. subserösen Gewebe des Bauchfells der
hinteren Magenwand genommen hatte. Sekundär war dann erst die Magen-
wand ergriffen worden, die Schleimhaut war vollkommen frei von Tumor. Im
Innern der Geschwulst lag eine faustgrosse Erweichungshöhle. Das Pankreas
war stark verlagert.
Magnus-Alsleben (177) hat fünf Geschwülste schleimhäutiger Ab-
kunft untersucht, welche an der der grossen Kurvatur entsprechenden Stelle
des Pylorus sassen. Es handelte sich bei allen um Wucherungen der Drüsen
des Pylorus, welche sich tief in die Muskularis ausdehnten und gemeinsam
mit einer Hyperplasie derselben zur Entwickelung umschriebener Geschwülstchen
von Erbsen- bis Bohnengrösse geführt hatten. Die Untersuchung des Pylorus
ausserhalb der Geschwülste ergab eine diffuse Hyperplasie. Bei allen diesen
Neubildungen gutartiger Natur Hess sich ein direkter Zusammenhang der in
ihnen vorhandenen Drüsen mit den Brunner sehen Drüsen nachweisen. Die
Muskulatur hatte auf die Form und auf die Beschaffenheit der hineinge-
wachsenen Drüsen einen gestaltenden bezw. hemmenden Einfluss ausgeübt.
Eine embryonale Anlage konnte in einem Falle bei einem zehnmonatUchen
Kinde mit Sicherheit und in einem anderen mit Wahrscheinlichkeit ange-
nommen werden. Klinische Erscheinungen hatten diese kleinen Geschwülste
nicht hervorgerufen.
Nachdem er darauf hingewiesen, wie selten, auch nach dem Urteil der
Autoren, die Bindegewebsgeschwülste im Vergleich zu den epithelialen sind,
teilt Alessandri (154) die klinische Geschichte und die anatomische Unter-
suchung des von ihm beobachteten Falles mit.
Es handelte sich um eine 56jährige, erblich nicht belastete Frau, die
einen Monat vor dem Datum der Operation eine Volumszunahme des Bauches
Fertig, Verleiznngen und chirurgische Krankheiten des Magens. 689
wahrgenommen hatte. Bei der Untersuchung der Patientin konstatierte man,
dass die linke Unterbauchgegend am meisten prominierte und fühlte hier bei
tiefer Palpation eine kindskopfgrosse, durch mehr oder weniger tiefe Furchen
in viele Lappen geteilte, rundliche, deutlich abgegrenzte, hart elastische,
indolente, nach allen Richtungen, am meisten jedoch nach links und nach
oben verschiebbare und den Atembewegungen folgende Schwellung, — Bei
der Laparotomie traf man eine bimförmig gestaltete Masse an, die mit ihrem
Stiele der hinteren Magenwand aufsass; Verf. trug sie ab und resezierte
dabei eine kleine Portion von der Magenwand, deren Kontinuität er darauf
wieder herstellte.
Bei der histologischen Untersuchung erwies sich die Geschwulst als ein
Spindelzellensarkom.
Nach Besprechung der bisher in der Literatur verzeichneten Fälle von
gutartigen bindegewebigen Magentumoren, führt Verf. in aller Kürze die
klinische Geschichte und den pathologisch-anatomischen Befund der seinem
ähnlichen Fälle (im ganzen 20) an und entwirft auf Grund derselben ein voll-
ständiges Bild dieser Tumoren, sowohl bezüglich ihres pathologisch-anatomischen
Verhaltens als bezüglich ihrer klinischen Evolution. B. Giani.
Strada (202) hat eine bei einem 20jährigen Individuum abgetragene
Nabe^eschwulst, die seit der Geburt bestand und jetzt walnussgross war,
einer histologischen Untersuchung unterworfen. Die Geschwulst hatte zum
grössten Teile die charakteristische Struktur der Mukosa der Magenmund-
gegend ; nur an einer beschränkten Stelle erinnerte die Struktur durchaus an
die Darmschleimhaut mit ihren charakteristischen Lieb erkü huschen Drüsen,
becherförmigen Zellen u. s. w. — Verf. führt die in der Literatur zerstreuten,
dem seinigen ähnlichen FäUe an und verbreitet sich über die Entstehung solcher
Geschwülste. R. Giani.
Her m ans (160) interessanter Fall betraf einen 43jährigen Mann,
welcher zuerst 1 Jahr vorher wegen einer beträchtlichen Auftreibung des
Leibes in Rydygiers Klinik in Behandlung kam. Eine Operation war
damals von dem Kranken verweigert worden. Mehrmalige Pimktionen ent-
leerten jedesmal grosse Mengen blutig aussehender Flüssigkeit und brachten
vorübergehende Erleichterung. Im Laufe der letzten Wochen sammelte sich
der Ascites wieder rasch an, während Pat. mehr und mehr herunterkam.
Eine genaue Palpation war nicht möglich. Man dachte an tuberkulöse Peri-
tonitis. Bei der Laparotomie findet sich ein, den grösseren Teil des Bauches
erfüllender Tumor, welcher anscheinend vom Lig. gastrocolicum ausgehend,
zwischen dessen Blätter hineinwuchs. Beim Vorziehen des Tumors wird man
einer festen Verbindung desselben mit der grossen Kurvatur nahe dem Pylorus
gewahr. Sonst keine Adhäsionen. Nach Abtragung des Netzes dicht an der
Kurvatur und Lösung der ca. 4 cm breiten Verbindung mit dem Magen, geht
die Entfernung der Geschwulst leicht von statten. Postoperativer Verlauf
normal; keine Magen- oder Darmblutungen. Heilung.
Der Tumor, fast 3,5 kg schwer, zeigte den Bau eines Sarcoma fuso-
cellulare.
Die im Titel der Mitteilung aufgeworfene Frage, ob in diesem Falle ein
primärer Tumor des Netzes vorlag, oder ob es sich um eine von der Magen-
wand ausgegangene, zwischen die Netzblätter sekundär hineingewachsene Ge-
schwulst handelte, wird vom Verf. nicht entschieden, wiewohl ihm einige
Jahresbenoht für Chirurgie 1903. 44
X
690 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. Teil.
Momente — insbesondere der Befund von glatten Muskelfasern im Stiele —
für die Annahme eines Pseudonetztumors zu sprechen scheinen.
Im Anschlüsse bespricht Her man s ausführlich die wenigen bisher ver-
öffentlichten Beobachtungen, die mit obiger Ähnlichkeit haben, darunter zwei
FsUIe (Brodowski, Eosinski) aus der polnischen Literatur.
Urbanik (Krakau).
Lucksch (176) beschreibt einen Fall von Schleimpolyp des Magens,
welcher durch seinen Sitz und die klinischen Symptome ein Carcinoma pylori
vorgetäuscht hatte. Es fand sich ein schmerzhafter Tumor bei der 42JHhr.
Patientin: blutiges und galliges Erbrechen, freie HCl fehlte. Pat. starb ohne
Operation und bei der Sektion fand sich l^/s cm vor dem Pylorus auf einer
hypertrophischen Schleimhautfalte der hinteren Wand ein polypöses Gebilde
von 5,5 cm Länge. Der Polyp stack im stark kontrahierten, 5 mm im
Durchmesser haltenden Pylorus, ragte in das Duodenum hinein, wo er kolbig
angeschwollen erschien. Verf. glaubt, dass infolge eines chronischen Magen-
katarrhes eine Wucherung der Schleimhaut des Pylorusteiles bedingt wurde
und im Zusammenhang hiermit ein Polyp entstand. Dieser wurde durch die
vorübergleitenden Speisen gegen den Pylorus gedrängt, immer mehr verlängert
und durch den Reiz in Entzündung versetzt. Sobald der Polyp in den Pylorus
hineingelangt war, bedingte er einen vollkommenen Verschluss und führte zu
dem fortwährenden Erbrechen.
Moser (183) hat 3 Myosarkome des Magens beobachtet.
1. 41jährige Frau, bei der sich links oberhalb des Nabels ein Tumor
ausgebildet hatte, der für eine Nierengeschwulst gehalten wurde. Bei einem
Lumbaischnitt fand sich die Niere vollkommen intakt, ebenso die Milz. Weiter
nach oben und hinten wurde dann augenscheinlich extraperitoneal ein weicher
mannskopfgrosser Tumor von 1500 g Gewicht entfernt. Bei näherer Unter-
suchung zeigte sich, dass die Geschwulst von der hinteren Wand des Magens
seinen Ausgangspunkt genommen hatte, ein Stück der Magenwand wurde mit
reseziert. Heilung trat ein, nachdem noch einige Zeit eine stark sezemierende
Fistel bestanden hatte.
2. Resektion eines Tumors an der vorderen Magenwand bei einem
17jährigen Mädchen, das bald nach der Operation starb.
Verf. hat dann noch ein Präparat des pathologischen Instituts untersucht
In allen 3 Fällen handelte es sich um Myosarkome des Magens, welche
sich aus der Muskelschicht vorgewölbt hatten und die Serosa vor sich her-
schoben. Zwei der Tumoren sind in innigem Zusammenhang mit dem Mutter-
boden geblieben, während sich einmal ein kurzer Stiel gebildet hat. In einem
Falle war vielleicht ein schon lange Jahre bestehendes Ulcus von ätiologischer
Bedeutung. Die erste Patientin ist rezidivfrei.
Gross (163) schreibt über die fibröse syphilitische Strictura
intestinalis, dass sie in ihrem Wesen dadurch charakterisiert sei, dass
die Verkleinerung der Darmlichtung auf der Basis der entzündlichen Binde-
ge websneu bildung erfolge.
1. Fall. 51 jähriger Mann. Mesenterium ist besät mit Schwielen und
weissen narbigen Infiltraten mit strahligen Ausläufern. In der Pars prae-
pylorica fand sich eine fibröse Striktur 6—8 cm lang, die Wand war */« cm
dick. Weitere Strikturen sassen am Dickdarm.
2. 52 jährige Frau mit Pylorusstenose und Dilatatio ventriculi ohne freie
HCl. Bei der Operation fand sich ausgedehnte fibrös-sklerosierende Peritonitis
Mertens, VerletziiDgeii und chirurgische Krankheiten des Rektums. 691
mit strahligen Narben am Mesenterium. In der ersten Sitzung wurde ein
stenosiertes Darmstück reseziert, in der zweiten die fibröse Pylorusstriktur.
Fat. starb im Anschluss an die Operation. Der Pylorus zeigte starke
Schwielenbildung mit ausschliesslichem Sitz in der bis 1 cm dicken Submukosa.
Nach dem bisher verfügbaren Material ist noch kein sicherer Aufschluss
gegeben über das histologische Substrat der zur fibrösen Induration führenden
Veränderung in der Darmwand. Es findet sich eine grosse Ähnlichkeit zwischen
den beobachteten syphilitischen Indurationen und jenen meist dem Alkohol
zugeschriebenen Bildungen.
Marions (178) 44jähriger Patient bekam ein tuberkulöses Ulcus
an der rechten Seite des Gaumens, welches die Tonsille, Gaumensegel und
Zäpfchen befiel. Das Ulcus wurde kauterisiert und geätzt, jedoch es schritt
trotzdem immer weiter fort auf Pharynx und Larynx. Die Ernährung wurde
immer schwieriger. Patient magerte stark ab, weshalb die Gastrostomie aus-
geführt wurde. Darauf Hessen die Schmerzen nach und Pat. nahm wieder
an Gewicht zu. Dann heilte auch das tuberkulöse Ulcus sehr schnell ab. Es
blieben zwar Defekte am Gaumen, aber Pat. konnte später wieder gut essen
und trinken, ohne dass die Speisen durch die Nase kamen, die Stimme be-
hielt einen nasalen Charakter. Die Magenfistel schloss sich spontan.
xm.
Verletzungen und chirurgische Krankheiten des
Rektums.
Referent: Fr. Mertens, Bremerhaven.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
A. Allgememes.
Statistisches. Technik.
1. Aldeich-Blake, Abdomino perineal excision of the rectam by a new method. British
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ErankenhauseB zu Helsingfors.) Finska Iftkaresällskapets Handlingar 1902. Bd. XLIV.
p. 1.
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5. Chopat, Ablation d'une Yolumineux tumear de la portion recto-sigmoidale du gros
intestin. Methode abdomino-perin^ale. Lyon ra^dicale 30.
44*
692 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
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18. Sato, Zur abdominalen Exstirpation hochsitzender Mastdarmkarztnome. Wiener klin.
Wochenschrift Nr. 47.
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Operation gestalten? MOnchener med. Wochenschrift Nr. 10.
22. Witzel, Indikation der operativen Eingriffe beim Rektumkarzinom. MQnchener med.
Wochenschrift Nr. 10.
Dencker (7). Nach Huber kann im günstigsten Falle die Hälfte, ge-
wöhnlich nnr ein Viertel der Gleichgewichtserhaltungskost vom Klysma auf-
genommen werden. Dencker glaubt, dass man beim Menschen nicht langer
als 6 Tage ausschliessliche Rektalernährung vornehmen solle, Boas ist aller-
dings auf 2 — 3 Wochen gegangen. Sehr wichtig ist, das Rektum durch
Reinigungsklystiere rein zu halten; ob sie nur einmal oder wie Leube will,
vor jedem Nährkiysma angewandt werden sollen, hängt von der Individualität
der Patienten ab, namentlich davon, ob der beträchtliche Reiz öfter ertragen
wird. Anwesenheit von Fäkalien, namentlich diarrhoischer Stuhl, vermindert
den Wert der Klysmen sehr. Zu warnen ist vor gleichzeitiger Einfuhr von
Peptonen per os und namentlich Somatose, welche leicht Diarrhöen erzeugen.
Bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme per os sind auch die Chancen einer rück-
läufigen Darmbewegung viel geringer. Physiologische Kochsalzlösung ist am
leichtesten, schnellsten und in verhältnismässig grosser Menge resorbierbar.
Die Anwendung ist noch viel zu gering.
Von Eiweiss kommen in Betracht Eier und Albumosen, sogenanntes
Pepton. Beide haben Vor- und Nachteile.
Eier sind billig und leicht resorbierbar, wenn 1 g Kochsalz pro Ei zu-
gesetzt wird. Im Klystier sollen nicht mehr als drei Eier gegeben werden.
Dem Nachteil der leichten Fäulnis der Eier kann nur durch sorgfältige
Reinigungsklystiere vorgebeugt werden. Es ist nicht ratsam, ausser Kochsalz,
Wasser bis zum Volum von 200 cbm und 10 Tropfen Opinmtinktur, etwas
Hertens, Yerletzangen und chirurgische Krankheiten des Rektums. 693
hinzuzusetzen. Der Zusatz von Milch erhöhet nur die Fäulnisneigung. Pepton
Terträgt sich nicht gut mit Salz.
Kaffeezusatz kann in seltenen Fällen von Nutzen sein.
Wein hat sekretionserregende Wirkung auf den Magen und ist deshalb
oft nicht angezeigt.
Zusatz von Zuckerlösungen zu den Eiern ruft leichter Reizerschei-
nungen hervor.
Peptonlösungen werden noch besser wie Eier resorbiert, sie sind aber
teurer. Mehr als 60 g Pepton in 200 ccm Flüssigkeit darf auf einmal nicht
gegeben werden und diese Menge entspricht nur dem Nährwert von 1^2 Eiern.
Andere Zusätze, namentlich Zucker, sind nicht zu empfehlen. Sehr gut, aber
schwer beschaffbar, sind Pankreas-Fleischklystiere nach Leube.
Der Wert des Fettes für Rektalemährung ist sehr gering wegen der
schlechten Resorbierbarkeit. Auch aus der Milch wird kaum Fett resorbiert.
Von Kohlehydraten wird Traubenzucker am leichtesten und sehr schnell
resorbiert. Merkwürdigerweise wird fast ebenso gut Rohrzucker resorbiert.
Von 10 ® — 20 ® Lösungen von Rohrzucker werden 300 — 500 ccm gut vertragen.
Stuhldrang, Flatulenz, Kollern, Diarrhöen werden meist nicht beobachtet, wenn
man jedem Klystier 10 Tropfen Opium zusetzt und keine weiteren Zusätze
macht.
Von gemischten Nahrungsmitteln kommt vor allem Milch in Frage. Sie
ist am besten gar nicht zu verwerten.
Die besten Nährklystiere sind die einfachen, Eier mit Kochsalz und
Zuckerlösung mit Opium. Etwa pro Tag ein Klystier von 3 Eiern auf 250 und
zwei Zuckerklystiere von 50 auf 500. Im besten Fall werden auch davon auf
die Dauer nur Vs resorbiert. Der Bedarf des Körpers an Kalorien wird also
nie gedeckt. Bei inoperablen Karzinomen des Yerdauungskanals genügen fast
immer die blossen Salzwasserklystiere, da meist nur Durst besteht. Geradezu
gross artiges leistet die Rektalemährung beim frischen Magengeschwür und bei
Vergiftungen durch ätzende Substanzen. Auch bei schweren Fällen von Ulcus
Simplex ohne Blutungen ist sie oft zu empfehlen. Dencker empfiehlt einer-
seits Einschränkung der Indikation der eigentlichen Rektalemährung und ver-
mehrte Anwendung der Salzwasserklystiere, andererseits Anwendung nur ein-
facher Kiystiere: Eierkochsalzklystiere, Pepton- resp. Albumosenlösungen,
Zuckerlösungen.
Schmidt (17) empfiehlt ein stets gebrauchsfertiges Nährklystier, das
von der Firma v. Heyden-Rodebach fertig geliefert wird zum Preise von vier
Mark. Dasselbe ist steril und unbegrenzt haltbar und befindet sich in einem
Glastnbus mit ausgezogener Spitze. Beim Gebrauch wird die Spitze ab-
gebrochen und das Mastdarmrohr direkt angesetzt Das Klystier enthält
140 g 0,9 ^/o Kochsalzlösung,
20 g Nährstoff Heyden (sehr wenig hydriertes Hühnereiweiss),
50 g Dextrin.
Dextrin ist dem Traubenzucker vorzuziehen, da dieser leicht Darmreizung
macht, zumal bei wiederholter Anwendung; man kann von ihm nicht mehr
als 25 — 50 g einführen. Die Stärke reizt nicht, wird aber zu langsam re-
sorbiert. Dextrin ist reizlos und wird schnell resorbiert. Das Klystier ent-
hält 287 Kalorien, wovon bis zu 270 dem Körper zu gute gekommen sind,
so dass sich bei drei Klystieren ca. 800 Kalorien dem Stoffwechsel nutzbar
machen lassen.
&)4i' Jahresbericht für Chirurgie. IL TeiL
Schreiber (19). Als Lagerung für die Untersnchung des Rektums eto.
kommt nur eine einzige in Betracht, die Kniebrust- oder Knieschulterlage,
weil nur in ihr eine vollkommene pneumatische Erweiterung vom Rektum und
Sromanum erreichbar ist. Dies beruht auf dem Verhalten des Abdominal-
bruchs in den einzelnen Körperstellungen. Derselbe beträgt im Rektum bezw.
Sromanum im Durchschnitt in aufrechter Körperstellung -f" 20, Bauch-
lage + 12, Steinschnittlage -f- 9 his -f- 6,5, linke Seitenlage +6, rechte
Seitenlage -(- 2,5, vom übergebeugte Stellung (ä. la vache) -\- 1,5, Kniebrasi-
lage — 4 cm HgO.
Das ganze Rektoskop vereinfacht sich zu einem gewöhnlichen metallenen
Tubus (Serie von verschiedener Länge) nebst Casperschem Beleuchtungs-
apparate. Der mit dem Obturator verschlossene Tubus wird bis in den Be-
ginn der Ampulle eingeführt, dann der Obturator durch das Casp ersehe
Panelektroskop ersetzt und nun im Gegensatz zu den Methoden von Otis
und Kelly die weitere Einführung unter Leitung des Auges vorgenommen,
die nun leicht und schmerzlos und meist bis in die Flexur gelingt.
•Nachdem so im L Teil die Methodik besprochen, enthält der II. Teil
genaue anatomische und anatomisch-physiologische Ausführungen, die sich der
Wiedergabe in einem Referat entziehen. Der III. Teil enthält dann die
klinischen höchst interessanten Ergebnisse. Dieselben waren gewonnen aus
100 nahezu wahllos rektoskopierten Personen, d. h. an 100 Personen, die
nicht direkt im Verdacht eines Rektalleidens standen. Die reiche Ausbeute
gibt dem Verf. Recht, wenn er hervorhebt, dass die Rektoskopie es verdiene,
in die Reihe der exakten ärztlichen Untersuchungsmethoden aufgenonmien
zu werden.
Sehr bemerkenswert sind auch die topographischen Ergebnisse, welche
die grosse Verschiedenheit der Lagerung der Flexur in den verschiedenen
Fällen zeigen.
Verf. hebt hervor, dass der grosse Wert der Digitalexploration durch
die Endoskopie nicht beeinträchtigt wird.
Engel brecht (9) stellt die Mitteilung richtig, die Herr Adamkiew icz
über einen vom Verf. mit Kankroin behandelten Fall von Rektumkarzinom
gemacht hatte und die sehr zugunsten des Kankroins lauteten. Der Fall
ist tatsächlich nach kurzer scheinbarer Besserung ungünstig verlaufen. Die
Diagnose war mikroskopisch sicher gestellt. Es waren 60 g Kankroin ver-
braucht. Ebenso ist es einem zweiten Fall von Magenkarzinom ergangen, der
40 g erhalten hatte.
Faure (10) stellt einen Fall eines Mastdarmkarzinoms vor, das die unteren
und mittleren Rektumabschnitte ergriffen hatte. Vor drei Monaten war be-
reits ein Anus praeternatur. iliacus angelegt An der Hand des Falles be-
spricht Faure die Art seines operativen Vorgehens. Er empfiehlt hier ein
sakro-perineales Vorgehen und legt besonderen Wert darauf, erst das Rektum
oberhalb der Geschwulst zu umgehen und dann von oben nach unten, nach
Unterbindung der Gefässe, die Geschwulst zu exstirpieren. In diesem Falle
wird der Anus praeternatur. bestehen bleiben.
Durand (6). Die Statistik der Exstirpation des Rektumkarzinoms auf
abdomino-perinealem Wege ist bislang folgende:
Frauen 12 davon 1 gestorben = 8,33^0 Mortalität
Männer 10 davon _8 ,^ =^0,00 7o .^
Summa 22 davon 9 gestorben = 40,9 ®/o Mortalität.
Hertens, Verletzungen und chir argische Krankheiten des Rektums. 695
Blake (1) beschreibt die Entfernung eines hocbsitzenden Rektumkarzi-
noms auf abdomino-perinealem Wege bei einer Frau. Laparotomie. U-förmiger
Peritonealscbnitt zu beiden Seiten des Rektums und durch den Douglas. Dar-
nach Lösung des Rektums und des Tumors und Freimachung der Flexur, so-
dass diese bis zum Coecum herabgeleitet werden kann. An die herabgeleitete
Flexur wird das Peritoneum genäht. Der Tumor wird dann von einem hin-
teren perinalen Rapheschnitt entfernt. Der Sphinkter wird gespalten und
nicht wieder genäht. Die herabgeholte Flexur wird an den Sphinkterteil ver-
näht. Heilung.
Chopat (3) hat bei einer Frau einen Tumor des Rektums an der
unteren Flexur auf abdomino-perinealem Wiege operiert. Der Tumor war über
der Symphyse zu fühlen, vom Rektum mit dem Finger zu erreichen, war un-
beweglich und machte einen inoperablen Eindruck.
Nach Eröffnung der Bauchhöhle zeigte sich das Peritoneum gesund.
Die Flexur wurde in der Mitte durchschnitten. Unterbindung der Art. mesen-
terica inferior und Befreiung des Tumors von seiner Umgebung. Darauf wird
n Seitenlage vom Perineum aus der untere Teil befreit und das Rektum mit
dem grossen Tumor extrahiert. Bildung eines medianen Anus praetematur.
Heilung.
In der Diskussion konstatiert Goullioud, dass bei dem fraglichen
Vorgehen alle männlichen Kranken starben, während die Frauen genasen.
Wegen Entfernung eines fast das ganze Rektum umfassenden Krebs-
rezidivs im Mastdarm, wo der Tumor in die Vagina eingewachsen war und
der Mastdarm fest an der Umgebung fixiert war, bediente sich v. Bons-
dorff (3) der abdomino- perinealen Operationsmethode nach Quenu mit
gutem Resultat. Verf. hält diese Methode für indiziert ausser in ähnlichen
Fällen, in Fällen mit ausgebreiteten fixierten Tumoren, wo der Schliessmuskel
auf Grund der Lage des Tumors preisgegeben werden muss, auch in Fällen,
wo zwar der Sphinkter geschont werden kann, wo aber erst eine primäre
Laparotomie Aufschluss über die Operabilität des Tumors gegeben hat. In
Fällen, wo auf Grund des angegriffenen Zustandes des Patienten ein Anus
praeternaturalis inguinalis für den einzigen ausführbaren Eingriff gehalten
wird, wäre es denkbar, dass eine abdomino-perineale Exstirpation als sekun-
däre Massregel in Betracht kommen könnte. Autoreferat.
Sasse (16) berichtet über 4 Fälle, die er mit kombinierten Methoden
operiert hat, davon 2 Männer und 2 Frauen. Das Vorgehen war je nach den
Verhältnissen ein verschiedenes. Ein allgemein gültiges Verfahren ist über-
haupt nicht aufzustellen, sondern je nach den Verhältnissen ein verschiedenes
Vorgehen zu empfehlen. Ein Mann ist gestorben. Zweimal wurden grössere
Abschnitte des herabgezogenen Darmes nekrotisch, so dass es zu einem Anus
sacralis bezw. vaginalis kam. Seit den Operationen sind 1-3 Jahre ver-
flossen. Im allgemeinen ist zu empfehlen, bei Frauen, welche geboren haben,
den abdomino- vaginalen Weg zu wählen. Bei sehr enger Vagina bietet der
vaginale Weg keinen Vorteil.
Bei Männern dürfte gewöhnlich ein perinealer Schnitt mit Exstirpation
des Steissbeins und event. parasakraler Verlängerung genügen, jedoch wird
unter Umständen auch die Entfernung von Kreuzbeinwirbeln nötig. Der
Laparotomieschnitt soll median gewählt werden. Die Anlegung eines Anus
praetematur. hält Verf. für unnötig, ebenso die präliminare Unterbindung
696 Jahresbericht ftir Chirurgie. IT. Teil.
der Art. hypogastrica. Das proximale Daruiende soll an natürlicher Stelle
münden, womöglich mit Erhaltung des Sphinkters.
Schliesslich geht Verf. auf die Statistik der bisher operierten Fälle ein,
durch die sich ergibt, wie viel günstiger die Prognose bei Frauen ist. Die
Prognose hat sich gebessert. Von 14 Frauen wurden 13 geheilt = 93,3 '^/o,
von 14 Männern 6 = 43 ®/o Heilung.
Gouilliard (13) musste bei einer 48 jähr. Frau wegen Ileuserschei-
nungen einen Anus praetematur. des unteren Dünndarms anlegen. Nachdem
die Auftreibung des Leibes verschwunden, Hess sich nach 4 Wochen von der
Vagina ein Darmtumor fühlen. Zur Beseitigung desselben wurde am linken
äusseren Rektusrande eine erneute Laparotomie gemacht; das Kolon durch-
schnitten und der untere Rektumabschnitt mit dem Tumor exstirpiert. Nach
Lösung vom Bauch aus wurde vom Perineum aus weiter gearbeitet. Durch
diesen erneuten Eingriff war ein zweiter Anus praetematur. entstanden.
Gouilliard (13). Derselbe Fall wird vorgestellt. Beide Anus praet.
natur. bestehen noch. M. Vallas wundert sich mit Recht darüber, dass an-
fänglich ein Anus praetematur. des Dünndarms angelegt wurde und nicht
gleich ein iliakaler Dickdarmafter.
Sato (18) teilt einen Fall von hochsitzendem, mit der Prostata ver>
wachsenem Mastdarmkarzinom mit, das er per laparotomiam entfernte. Der
Analteil wurde nicht entfernt und in sich vernäht. £in Anus praetematur.
wurde in der MitteUiuie angelegt.
Cavaillon (4). Wegen eines inoperablen Tumors des absteigenden
Dickdarms wurde eine Ausschaltung des Dickdarms vorgenommen, indem der
Dünndarm unterhalb des Tumors in die Flexur implantiert wurde. Infolge
der Ausschaltung fast des ganzen Dickdarms kam es zu Durchfällen, zu deren
Beseitigung Verf. weitere Anastomosenbildungen vorschlägt, die den gesunden
Teil des Dickdarms wieder in Verwendung bringen.
Wenzel (21). Der Verf. führt zunächst aus, dass die Gefahren der
Rektumresektion, wie sie jetzt meist für Karzinome im mittleren RektumteiL
der sog. Pars pelv. recti, geübt wird, ganz erhebliche sind und die Operation
vielfach diskreditieren. Auf der einen Seite die Gefahr der septischen Wund-
infektion, auf der anderen Seite die des grossen Blutverlustes und des da-
durch bedingten Kollapses. Die Mortalität der Operation ist eine ganz er-
hebliche. Dazu sind auch die funktionellen Resultate in vielen Fällen schlechte,
sei es, dass Fisteln bestehen bleiben, die erst nach mehrfachen Operationen
oder gar nicht zu schliessen sind, sei es, dass der Sphinkter zwar erhalten
blieb, aber infolge Schädigung des nervösen Apparates nicht funktions-
fähig blieb.
Witzel will die Gefahr der Blutung vermeiden, indem er die Gefasse,
die das Rektum versorgen (Art. haemorrhoidalis inf. med. und sup.), prä-
liminar am Stamme unterbindet und die Aseptik erzielen, indem er auf die
Resektion verzichtet und prinzipiell die hohe Amputation ausführt und einen
Anus glutaealis bildet.
Nach sorgfältiger Vorbereitung durch Abführung, Darmeingiessungen,
entsprechender Ernährung wird die Operation in 5 Akten ausgeführt. Vor-
her wird noch ein elastischer Katheter in die Blase gelegt und die Anal-
öffnung, in die ein kleiner, trockner, mit Jodtinktur beschickter Tampon ge-
legt ist, mit doppelter Etagennaht von Silberdraht geschlossen. Linke Seiten-
lage. Morphium- Äthemarkose.
Mertens, Verldtznogen and chirurgische Krankheiten des Rektums. 697
1. Akt. Exstirpation des Os coccygis und präsakrale Auslösung des
Rektums.
Das Rektum wird stumpf bis zum Promontorium von der vorderen
Kreuzbeinfläche gelöst, indem die Hand sich zwischen Fascia recti propria
und Fascia pelvis parietalis hält. Dann wird das Rektum auch seitlich ge-
löst, ^obei zwei dicke Stränge bleiben, die die Art. haemorrhoidalis media
enthalten.
2. Akt. Mobilisierung der Pars ampullaris recti und Eröffnung des Peri-
toneums. Damach wird der hintere Rapheschnitt bis auf die Rektalfascie
vertieft und die Isolierung vom von Blase und Prostata mit dem Finger
vorgenommen. Dann ist das Peritoneum zu eröffnen. Die Blutung aus Venen
bei dieser Loslösung steht leicht auf Kompression. Durch eine Kompresse
wird das Peritoneum vorläufig wieder geschlossen.
3. Akt. Auslösung der Analportion. Die Analöffnung wird in Form
einer Ellipse umschnitten und das Cavum ischio-rectale eröffnet. Stumpf
auslösend bildet sich beiderseits ein Stiel, in dem die Art. hämorrhoid, inf.
unterbunden wird. Nach Auslösung der Analportion ist der untere und
mittlere Rektumteil frei und wird in Kompressen eingeschlagen. Unter-
bindung der zwei starken seitlichen Verbindungen, die bei der präsakralen
Lösung stehen blieben und die Art. hämorrh. med. enthielten, worauf sich
da,s Bektum vor die äussere Wunde herabholen lässt.
Greift das Karzinom auf das Colon pelvinum über oder finden sich er-
krankte Lymphdrüsen im Mesorektum, wird das Mesorektum und Mesosigmoi-
deum schichtweise unterbunden und die Art. hämorrh. sup. in ihrem Stamm
oder ihren Hauptästen ligiert. Dann folgt der Darm bis zur mittleren Höhe
der Flexura (25 — 30 cm) bis vor der äusseren Wunde.
Ln 5. Akt wird unter der nötigen Vorsicht amputiert und der Anus
glutaealis gebildet. Vier Querfinger neben der Mittellinie wird eine Inzision
durch die Haut gemacht, die Muskulatur stumpf durchbrochen, so dass der
Darm nicht geschnürt wird. Das obere Darmende, welches nach der Durch-
trennung mit Pacquelin durch vorherige Unterbindung und nachfolgende Naht
sofort geschlossen ist, wird durch die Inzision gezogen, bis 4—5 cm vor die
Haut. Beim Eintritt in die Glutaeen wird der Darm durch einige Nähte
befestigt. Wenn möglich soll der Eintritt unter rechtwinkliger Abknickung
des Darmes erfolgen. Die Wundhöhle wird teils vemäht, teils tamponiert,
die perineale Stelle wird bis auf eine kleine Stelle verschlossen.
Der widernatürliche After funktioniert gut, doch ist Pelotte nötig.
Für die Witzeische Radikaloperation sprechen die Erfolge. Von sämt-
lichen so Operierten ist keiner an Sepsis oder Blutung gestorben.
Nach der Indikationsstellung sind allerdings nur leichte, gut bewegliche
Fälle operiert, die auch sonst günstige Prognose bieten.
Witzel (22) hat die Resektion des Mastdarmes aufgegeben und an
ihre Stelle die glutaeale Proktostomose nach hoher Amputatio recti, wie vor-
her geschildert, treten lassen. Dazu haben ihn geführt die primäre grosse
Gefahr der Phlegmone und die sekundäre ungemeine Belästigung durch die
Fistelbildung. Ferner sei die Funktion der erhaltenen Sphinkteren beim
Manne stets eine schlechte, bei der Brau eine massige, jedenfalls keine bessere,
als sie durch seitliche höhere Einpflanzung des Darmes erzielt wurde. Nur
nach seiner Methode sei es möglich, die Operation völlig aseptisch zu ge-
698 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
stalten bei zugleich guter Sicherung gegen nennenswerten Blutverlust Von
17 operierten Fällen ist keiner an Sepsis oder Blutung gestorben.
Für die ßadikaloperation sind strenge Indikationen einzustellcB. Nur
etwa 10*^/0 der Kranken sind dafür geeignet. Das primäre Karzinom darf
die Fascia propria recti nicht überschritten haben, wenn Aussicht auf Dauer-
erfolg bestehen soll. Ausgeschlossen sind Fälle, die am Sakrum festsitzen,
Verwachsungen mit der Blase oder Prostata, grosse Lymphdrüsen im Meso-
rektum und Mesoromanum. Bei diagnostischen Zweifeln über die Ansdehnimg
des Karzinoms nach oben ist eventuell zu laparotomieren.
Bei den nicht operablen 80 ^/o der Fälle will Witzel symptomatisdi
behandeln und später seinen Anus prätematur. anlegen. Diesen hat er in
den letzten Fällen so angelegt, dass er die Schlinge unter den Sartorius darch-
zog und durch einen Hautschlitz münden liess.
Mayo Robson (15). Bei einer Frau, die nach einer Hämarrhoiden-
Operation an völliger Incontinentia ani litt, übte Robson folgende Operation.
Umschneidung der vorderen Hälfte des Anus in der Haut — Schleim-
hautgrenze. Auseinanderziehen des oberen und unteren Wundrandes, so dass
eine Längswunde entsteht. Vereinigung des Sphinkters und der Wunde in
der Längsachse. Völliger Erfolg.
Naumann (14) hat mit gutem Erfolg Lennanders praktische Ope-
ration bei Incontinentia alvi an einer 41jährigen Frau ausgeführt, die früh»
eine Resektion des Mastdarmes wegen Karzinom durchgemacht und bei der.
da eine Stenose an der Resektionsstelle entstand, ein Durchschneiden der-
selben mit plastischer Operation notwendig wurde. Nach der letzten Opera-
tion litt sie an vollständiger Inkontinenz, die durch Lenn ander sehe Operation
beseitigt wurde. Hj. v. Bonsdorff (Helsingfors).
B* Spezielles.
a) Kongenitale Störungen.
1. *Franke, Adus praeternaturalis und Anas perinealis bei Atresia ani. Dias. BresUo.
2. Galtier, Aboachement anormal da rectam, anus vulvaire. Journal de m^. de Bor-
deaux Nr. 28.
3. *Stieda, Über Atresia ani congenita und die damit verbundenen MlssbüdaBgei»
V. Langenbecks Archiv Bd. 70. Heft 2.
Galtier (2) berichtet über einen Fall von Anus vulvaris, der erst nach
3 Monaten zufallig entdeckt wurde. Der Anus war durch eine dünne Membrui
verschlossen, Sphinkter war vorhanden. Nach Inzision herrschten nomuk
Verhältnisse.
C. Entzündungen, Geschwiire, Strikture^.
1. Chaput, Des perforations du rectum survenant au cours de Fhyst^rectomie abdomiul«
et uon practicables de la sutiire simple. Leur traitement par le cloisonnement dn basis.
Bull, et mäm. de la soc. de Ghir. Nr. 22.
2. * — Tuberculose du coecum et du cölon ascendent. Pas de rteection intestinale es*
t^ro-anastomose ilöo-colique gauche par le procedö des grafes rondes. 611IL at ai^
de la soc. de Ghir. de Paris Nr. 4.
3. Czerny, Die Behandlung der Fissur und des Vorfalls des Mastdarms, v. Bransse!»
Beiträge Bd. 87. Heft 8. Esmarch -Festschrift
4. Laguenniere, Traitement ölectrique de la fissnre sphinct^ralgiqae de raooa. U
Frogr^s m^dical Nr. 84.
Herten 8, Verletzangen und chirnrgiscbe Krankheiten des Rektums. 699
5. Lewis, The eure of anal fissore without Operation; report of eight cases. Medical
newB. May 30.
6. * M u e 1 1 e r , Rektalstenose und Parametritis. A rchiv für Verdaaungskrankheiten Bd. IX.
Heft 2.
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Chirurgie 1902. Nr. 7. p. 828. (Rumänisch.)
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Cbir. de Lyon. Lyon medical Nr. 14.
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t^rocolite muco-membraneuse. La semaine m^icale Nr. 47.
11. *3chanpenach, Über pseudokarzinomatöse Infiltration des Rektum bei Adnex-
erkrankungen. Bisa. Leipzig.
12. *Winter, Eolostomie bei Proktitis. Diss. Freiburg.
Czemy (3) empfiehlt zur Beseitigung der Fissuraani ein der Whithead-
sehen Methode der Ausschneidnng der Hämorrhoiden nachgebildetes Verfahren.
Aasschneidung der Fissur und des Grundes derselben. Vomähung der gesunden
Schleimhaut an die Analhaut.
Zur Beseitigung eines Mastdarmyorfalles mittleren Grades hat Verf. die
Rektopexie in folgender Form angewandt. Von einem parasakralen Schnitt
aus wurde die hintere Mastdarmwand bis über den Sphincter hinab freigelegt
und durch eine Reihe Ton Knopfnähten, die nicht perforierten, zu einer
fingerhohen Falte geräfft. Dann wurde das Rektum mit Catgut an das Lig.
spinoso — und tuberöse — sacrum suspendiert. Nach 4 Monaten war das
Resultat noch ein gutes.
Laquerriere (4) empfiehlt die Behandlung der schmerzhaften Anal-
fissuren mit hochgespannten elektrischen Strömen, wie sie d'Arsonval ein-
geführt. Die Einführung der Elektrode in den After gelingt unter der Wirkung
des Stromes leicht und ohne wesentliche Beschwerden. Schon die erste Sitzung
(von 4 — 10 Monaten) schafft erhebliche Erleichterung und Nachlassen des
Krampfes. Die Elektrode soll ziemlich gross sein, um die Falten zu glätten.
Erfolgt nach 5 — 6 Sitzungen keine Besserung, setzt man zunächst eine Zeit
aus, dann wird der Erfolg eintreten.
Bei der Behandlung der Fissuren konnte festgestellt werden, dass auch
die Hämorrhoiden infolge der Behandlung verschwanden.
Verf. berichtete über 7 geheilte Fälle, andere berichteten über ebenso-
günstige Resultate bei Komplikationen mit Hämorrhoiden.
Lewis (5) behandelt die kokainisierte Fissur mit einer gesättigten
Lösung von Potass. permanganate und nachfolgend mit Anusolzäpfchen. Re-
zidive, die anfänglich häufig sind, schwinden leicht bei Wiederholung der Be-
handlung. Die Beschwerden schwinden sofort, ist dies nicht der Fall, beweist
es, dass noch andere Fissuren vorhanden sind.
Roussel (10). Bei der Behandlung einer Fissur mit forcierter Dehnung
beobachtete Roussel die Ausheilung einer Colitis membranacea. Daraufhin
wurden auch vier andere Fälle ohne Fissuren in gleicher Weise mit demselben
Erfolge behandelt. Vor der Dehnung ausgiebige Einlaufe, nachher Einlegen
eines antiseptischen Gazestreifens.
Chaput (1) hat bei zwei Fällen von Hysterektomie das Rektum in aus-
gedehntem Grade verletzt. Die Naht oder Resektion des verletzten Darmteils
bot wenig Chancen. Er ist dann so vorgegangen, dass er den nach der
Uterusexstirpation verbleibenden vorderen Peritoneallappen an das Rektum
700 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
über der Wunde und weiter an das hintere und parietale Peritoneum genaht
hat, so dass ein völliger Abscbluss der Bauchhöhle erzielt wurde. Die Heilang
erfolgt rasch und vor der ersten Stuhlentleerung. Die Rektalwunde selinunpft
und hält von selbst. In der Diskussion betonen verschiedene Herren, dass
sie ähnliche Wege eingeschlagen haben, andere empfehlen die direkte Naht
der Darmverletzung.
b) Verletzungen. Fremdkörper.
1. Moty, Corps ^trsDger da rectum. Bull, et m^m. de la soc. de Chir. Nr. 7.
2. TolödaDO, Extraction d'an corps ötraoger da rectam. Journal de mM. de Paris
Nr. 24.
3. Vigouroux et Charpeutier, Corps ätrangers du rectum chez an aliönö. BnlL et
mäm. de la soc. anatomique de Paris Nr. 4.
Toledano (2). Ein 35 jähriger Herr erkrankte plötzlich mit heftigen
Schmerzen im Mastdarm. Bei der Untersuchung fühlte der Finger 3 cm
über dem After einen Fremdkörper. Die Extraktion gelang leicht. Derselbe
bestand in einem Wirbelknochen eines Fisches, der 8 Tage oder 3 Monate
vorher verschluckt sein musste. Nach der Extraktion schwanden die Be-
schwerden bald.
Moty (1). Bei einem Geisteskranken wurde aus dem Rektum nach
48 stündigem Verweilen eine Flasche entfernt von 18 cm Länge und 5 cm
Durchmesser. Die Entfernung gelang nur in Narkose.
Vigouroux und Charpentier (3). Bei einem Geisteskranken stellte
sich Obstipation und Koliken ein. Als Ursache fand sich, dass die ganze
Ampulle mit Steinen und Glasstückchen angefüllt war, die der Kranke all-
mählich verschluckt hatte. In Narkose wurden 270 Stück entfernt, 100
weitere noch spontan entleert. Nachher hat der Kranke keine Steine mehr
verschluckt.
d) Geschwülste, Prolapse, Hämorrhoiden.
1. Discussion on the treatmeot of rectal cancer. Medical soc. of Loudon. The Lanoet.
May 2.
2. *AlboDnan, Tumeur polyparte p^rin^ale d<§veloppäe aux döpens du corps de Wolff.
Bull, et m^m. de la soc. de Chir. Nr. 4.
3. B a 1 1 . Od adenoma and adeno-carcinoma of the rectum. British med. Journal. Feb. 21.
Feh. 28. March 7.
4. Caird, Zur Behandlung des Mastdarmkrebses. Scottish med. and surg. Journal. ApriL
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8. *Hartmann, A propos des tumeurs pörin^ales developpöes aux d^pens du corps de
Wolff. Bull, et m^m. de la soc. de Chir. Nr. 6.
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11. E. Lieb er mann, Beitrag zur Behandlung der Hämorrhoiden. Przeglad lekarski 1902.
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12. Mitchell, A simple method of operating on piles. British med. Journal. Febr« 28.
13. Reinbach, Hämorrhoiden im Eindesalter. Zugleich ein weiterer Beitrag zur patho-
logischen Anatomie dieses Leidens. Mitteilungen aus den Grenzgebieten Bd. XIL Heft
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Hertens, VerleUungen und chirurgische Krankheiten des Rektums. 701
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15. "^L. Rydygier, Über die Behandlung maligner Neubildungen des Mastdarmes. Gazeta
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16. ^Salmanoff, Ein Beitrag zur Kasuistik der Rektaldermoide. Diss. Berlin.
17. ^WatsonCheyne, Obserrations on the treatment of cancer of the rectum. British
medical Journal. June 13.
In der Digkussion (1) spricht sich W also n Cheyne für Resektion des
erkrankten Rektuii^ ans, falls der Tumor noch beweglich ist.
Waterhonse richtet das operative Vorgehen nach dem Sitz der Ge-
schwulst ein. Bei Tumoren des mittleren Rektums empfiehlt er Resektion
auf parasakralem Wege mit schliesslicher Invagination des proximalen Endes.
Das Peritoneum ist früh zu eröffnen. Keine Kolotomie.
G 00 d seil wiU erst die Kolotomie machen und event. nach 3 Wochen
radikal operieren.
Barth er empfiehlt nur die Kolotomie.
Ball (3). Das Adenom ist eine Epithelialgeschwulst. Beim einfachen
Adenom handelt es sich um oberflächliche Zellneubildung, beim Adenokar-
zinom um Übergang auf das Ausgangsorgan, hier die Darmwand. Wenn sich
auch Adenome im ganzen Darmkanal finden, ist das Rektum doch stark be-
vorzugt. Es gibt diffuse Adenome und gestielte Adenome, letztere meist
solitär. Unter den sakro-coccygealen angeborenen Geschwülsten gibt es eben-
falls solche adenomatösen malignen Charakters. Die Symptome des einfachen
Adenoms bestehen in Blutungen, Absonderung von glasigem Schleim und den
Reizerscheinungen des Fremdkörpers.
Das Adenokarzinom des Rektums ist verhältnismässig gutartig, wenn es
noch auf den Darm beschränkt ist. Leider ist das meist nicht der Fall.
Das Adenokarzinom bildet die Hauptzahl aller malignen Rektumgeschwülste
(95 %). Sehr bösartig sind die jugendlichen Formen, klinisch lassen sich zwei
Wachstumstypen unterscheiden. Die eine ein kraterförmiges Geschwür mit
stark gewulsteten Rändern, mehr bei jugendlichen Individuen, und zweitens
ein oberflächliches Geschwür mit dem Charakter des Scirrhus, langsamen Ver-
lauf und Neigung zur Stenosierung, mehr bei älteren Individuen.
Dann geht Verf. auf die Histologie, die Symptome und die Untersuchung
ein. Hat die Untersuchung die Operabilität festgestellt, so ist je nach dem
Sitz der Geschwulst der einzuschlagende Operationsweg gegeben. Geschwülste
der Sphinktergegend werden auf perinealem, der Ampulle des Rektums auf
sakralem oder vaginalem Wege, bei sehr hoch sitzenden Tumoren auf ab-
dominalem Wege entfernt.
Wichtig für den aseptischen Verlauf ist eine genügende Vorbereitung.
Nur bei Obstruktionserscheinungen ist eine praeliminare Kolotomie zu
empfehlen.
Bei den sakralen Methoden bevorzugt er die Invaginationsmethode und
völligen Schluss der Wunde. Das Peritoneum ist möglichst frühzeitig zu
eröffnen.
Von 26 Fällen starben zwei. Bei neun früher Operierten wurde ein
Anus sacrales gebildet, 5 mal Zirkulämaht, 12 mal Invagination.
Der abdominale Weg hat gewisse Vorzüge: genaue Übersicht, Blutleere
nach Unterbindung der Art. haemorrhoidalis superior und medialis. Ent-
fernung der Lymphdrüsen, Sicherheit gegen Beschmutzung der Wunde mit
702 Jahresbericht fttr Chinugie. II. Teil.
Darminhalt. Meist wird es gelingen, das obere Ende an den Anus za bringen,
ohne weiteren perinealen Schnitt, wenn das Mesokolon nicht zu kurz ist.
Dann ist Kolotomie nötig. Der Schnitt liegt im linken Rectus. Das Kolon
wird vorgezogen und an der Stelle des längsten Mesokolon durchtrennt. Das
Mesokolon wird zwischen Klemmen bis zum Ansatz durchtrennt. Dann wird
das untere Ende aus seinen Verbindungen gelöst. Der Darm wird unterhalb
der Geschwulst unterbunden, das untere Ende gereinigt und dann durch-
schnitten. Die Schleimhaut des stehengebliebenen Afterteils' wird entferot
und das obere Ende wird durchgezogen. Drei Fälle, die so operiert wurden,
starben. Verf. empfiehlt die Methode trotzdem.
Caird (5) berichtet über 10 Fälle von höhersitzenden Karzinomen des
Rektums, die auf parasakralem Wege ohne Todesfall operiert wurden. Das
funktionelle Resultat war vollständig bei vier Frauen und einem Mann, un-
vollständig bei vier Männern und einer Frau. Es starben nach ^/s Jahr ein
Fall, innerhalb eines Jahres drei, die übrigen bis zum vierten und fünften
Jahre.
Häufiger beobachtete er Strikturen.
Auf perinealem Wege wurden vier tiefsitzende Karzinome ohne Todes-
fall operiert. Zwei starben innerhalb des Jahres, zwei nach Vh Jahr. Auch
bei perinealem Vorgehen rät er zu baldiger Eröffnung des Peritoneums vom
Douglas aus.
Von sechs Patienten, bei denen ein Anus praeter naturam iliacus an-
gelegt wurde wegen bestehender völliger Obstruktion starben vier, ein Beweis,
dass nicht bis zum Eintritt des völligen Verschlusses gewartet werden soD
mit der Operation.
Guyot (7). Ein 62 jähriger Mann war seit 5 Monaten kachektisch ge
worden. Er verlor grosse Mepgen eitrigen Ausflusses aus dem After. Als
Ursache fand sich eine polypenartige, harte, breitgestielte Geschwulst der
hinteren Mastdarmwand. Eines Tages wurde die Geschwulst vor den APer
gepresst. Der Stiel wurde an der Insertionsstelle umschnitten und exzidiert,
die Stelle kauterisiert und vernäht Danach völlige Wiederherstellung.
Der Tumor erwies sich als Karzinom, das sich wahrscheinlich aus einem
Polypen entwickelt hatte.
Reinbach (12) teilt vier Fälle von kindlichen Hämorrhoiden mit und
glaubt, dass bei entsprechend geschärfter Aufmerksamkeit in Zukunft häufiger
kindliche Hämorrhoidalbildungen beobachtet werden dürften.
Auf Grund der pathologisch-anatomischen Untersuchungen kommt Rein-
bach zur Bestätigung seiner früheren Ergebnisse. Das Wesen der Hämo^
rhoidalaffektion besteht nicht in Varizenbildung, sondern in echter Gesdiwnlstr
bildung gutartigen Charakterß, welche durch Neubildung von Blutgefässen und
Grundsubstanz ausgezeichnet ist, es handelt sich um Angiome. Häufig geseUen
sich die Zeichen einer venösen Stauung und entzündliche Erscheinungen hinza.
Wertvoll musste es für die Auffassung der Hämorrhoiden als Gefass-
geschwülste sein, auch schon im jugendlichen Alter derartige Bildungen oder
die Anlage dazu nachzuweisen. Das ist jetzt gelungen.
Die Frage, ob alle Hämorrhoiden Angiome seien, ist dahin zu beant-
worten, dass zweifellos auch reine Stauung ein ähnliches aber von der H&mor-
rhoidalaffektion zu trennendes klinisches Bild hervorrufen kann. Bisher sind
diese Veränderungen zu den Hämorrhoiden gerechnet worden.
J
Herten 8, Yerletznngen und chirargische Krankheiten des Rektums. 70B
Y. Lavandal (10). Die Therapie ist für äussere und innere Hämor-
rhoiden verschieden.
Bei äusseren Hämorrhoiden ist natürlich jeder Repositionsversuch ver-
fehlt. Sind sie entzündet, ist antiphlogistisch zu verfahren. Versagt diese
Behandlung, kann man den Knoten spalten oder mit dem Glühstift behandeln.
Wirken verödete Reste solcher Knoten reizend, werden sie mit der Schere
oder Schlinge abgetragen oder abgebunden. Fissuren, die durch sie oft ver-
anlasst werden, werden ohne Narkose mit Knopfmesser bis auf Sphinkter
gespalten. Der Kranke liegt dabei auf der Seite mit an den Bauch gezogenen
Beinen und presst den After vor. Die Fissur wird sichtbar und kann mit
einem Schnitt gespalten werden. 36 — 48 Stunden darf kein Stuhl erfolgen.
Berafsstörungen erfolgen nicht.
Die inneren Hämorrhoiden müssen bei schwächenden Blutungen, beim
Vorfall und bei Einklemmung chirurgisch behandelt werden.
Eventuelle Reposition erfolgt in der vorher beschriebenen Lage, auch
bei bestehender Blutung.
Während die bisherigen Methoden völlige Entfernung der Knoten an-
strebten, will V. Lavandal das völlige Verschwinden der allmählichen Schrump-
fung überlassen. Um diese einzuleiten genügt oberflächliche Ätzung mit
rauchender brauner Salpetersäure. Nach genügender Stuhlentleerung und
warmen Einlauf presst der Kranke die Knoten vor in der vorher beschriebenen
Lage. Über die vorgefallenen Knoten wird nacheinander ein Hartkautschuck-
zylinder gestülpt, der die Umgebung gut schützt und die Knoten festhält
Mittelst eines Wattepinsels wird die Säure nun aufgetragen bis der Knoten
schiefergrau aussieht, dann abgetrocknet und mit Vaselin oder Öl bestrichen.
So werden 3 — 4 Knoten in einer Sitzung behandelt, die dann möglichst
hoch reponiert werden.
Nach 20 Minuten kann der Kranke nach Haus gehen, ohne in seinem
Beruf gestört zu werden. 36 Stunden soll kein Stuhl erfolgen, dann Rizinus.
Für die weiteren Entleerungen wird täglich ein kaltes Klistier ge-
nommen. So lange die Knoten noch vorfallen, werden sie mit OUäppchen
reponiert. Bei zahlreichen und sehr grossen Knoten erfolgt die Ätzung in
mehreren Abschnitten. Blutung und Schmerzen sind gering, wenn man nicht
zu nahe der Kutis kommt. Gleichzeitige äussere Knoten schwinden von selbst.
Mitchell (12). Nach Dilatation des Sphinkter wird der Hämorrhoidal-
knoten mit einer schmalen langen Klemmzange gefasst, abgeschnitten und die
Schleimhautwunde mit fortlaufender Catgutnaht geschlossen, so dass der Faden
am die Zange fasst. Der Faden wird erst nach Entfernung der Zange fest
angezogen. Die Methode ist schnell auszuführen, unblutig, und die Heilung
erfolgt schnell. Die Darmtätigkeit ist nicht gestört.
E. Liebermann (15) plaidiert auf Grund von 36 in Kaders Klinik
nach Whiteheade operierten Fällen von Hämorrhoiden sehr warm für dieses
Verfahren, welchem er den Vorzug vor der L an gen b eck sehen Operation
einräumt. Von den 36 Operierten heilten 32 per primam, 4 mal erfolgte
Heilung per secundam, und zwar 1 mal infolge heftiger arterieller Nachblutung,
2 mal infolge Eiterung und Imal infolge Dehiszenz der Nähte. Über das
Dauerresultat konnten von 11 Patienten Erkundigungen eingezogen werden:
Hiervon sind 11 gesund, 1 klagt (8 Monate nach der Operation) über Stenose
des Mastdarmes, 1 über neuerliche Blutungen bei der Defäkation, während
schliesslich die Angaben des einen mit dem Resultate unzufriedenen Patienten
704 Jahresbericht far Chirurgie. 11. Teil.
ziemlich konfus sind. Ob sich gerade ans diesen Resultaten der Vorzug d^
Whiteheade sehen Verfahrens vor dem Langenbeck sehen mit zwingender
Notwendigkeit ergibt, will Referent, übrigens ein Anhänger der letzteren
Operation, dahingestellt sein lassen. Trzebickj (Krakau).
Roth er (14). Gegenüber der Resektion des Rektums bei Prolapsns
recti bildet die Kolopexie geringe Gefahren. Auch die Dauerresultate sind
befriedigende, wenn auch noch verbesserungsbedürftig. Das Auftreten von
Rezidiven beruht auf der mangelnden Festigkeit der Adhäsion zwischen Serosa
und Serosa. Deshalb hat Verf. den Darm auf eine peritoneumentblösste Stelle
genäht in einer Länge von 7 — 8 cm. Von einem hypogastrischen Schnitt
wurde der Fusspunkt der Flexur vorgezogen und der Darm einmal an die
Bauchwand, einmal auf die linke Darmbeinschaufel aufgenäht, nachdem die
betreffende Stelle von Peritoneum entblösst war. Die letztere Stelle ist vor-
zuziehen. In dem ersten Fall wurde noch wegen des sehr langen S Romaniim
eine breite Enteroanastomose zwischen Colon descendens und Colon pelvi-
num angelegt. Die Schenkel des SRomanum untereinander vernäht. Resul-
tate gut.
XIV.
Die Hernien.
Referent: E. Kammeyer, Berlin.
Die mit * verseheoeD ArbeiteD sind nicht referiert worden.
I. Allfi^emeines.
1. Abel, Zur Hernientaberkulose. Deutsche med. Wochenschrift Nr. 47. 1
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Russisches Archiv für Chirurgie 1903. Heft 1. i
3. Backer, On the treatment of gangrenous hemiae by enterectomy. Lancet. Jane 6. |
3a. — On the results of Operations for strangulated hernia. Lancet May 30. '
4. Bovo, P., Emorragia mortale per epiplocele incarcerato. II Policlinico. Sez. prstiei |
1903. Fase. 40. i
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titis. Laocet Sept 26.
6. ^Bundschuh, Zur Pathologie und Therapie der Brucheinklemmung. Dias. Heidel-
berg.
7. Cavazzani, Eine neue Methode zur Radikalbehandlung der Hemia cruralis. y. L a n gen-
becks Archiv. Bd. 72. Heft 1.
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hemia performed between 1891 and 1902. Annais of surg. June.
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10. Demosthen, Ober die in der Armee operierten Brttche mit einer lljfthr. StattstiL
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Kammeyer, Die Hernien. 705
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12. Estor, Un noavean proc^dö de eure radicale de la hernie radicale par occlosion par-
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50. *Wehner, Hernien Operationen nach Biondi-Pfannenstiel. Dies. Leipzig.
51. Weyprecht, Erfahrungen Aber die Operation des eingeklemmten Bruches. ▼. L a n gen-
becks Archiv Bd. 71. Heft 1.
52. *Wilharm, Statistik Aber Brachanlage und äusseren Leistenbruch. Disa. Bonn.
Abel (1) hat einen 22jährigen Militärhandwerker mit doppeltem, seit
der Kindheit bestehenden Leistenbrach zweimal operiert. Das erstemal kam
Patient mit der Diagnose: inkarzerierte rechtsseitige Leistenhernie ins SpitaL
Man fand einen apfelgrossen, prallelastischen, nicht reponierbaren Tumor, der
sich bei der Operation als der mit getrübter Flüssigkeit gefüllte, sonst aber
leere Bruchsack herausstellte. Er war überall stark verwachsen und am Halse
gegen die Bauchhöhle abgeschlossen. Nach Trennung entleerte sich aus der
Bauchhöhle noch V* Liter getrübtes Serum und Darm und Netz waren dicht
bedeckt mit Miliarknötchen; es besteht keine Einklemmung. Tabaksbeutel-
naht des Halses und Bassini. Nach fieberfreiem Verlauf entwickeltsich nach
14 Tagen Ascites, der auch im linken Bruchsack nachweisbar und reponier-
bar ist. Deshalb wird 3 Wochen später nochmals operiert an der linken Seite.
Hoden im Bruchsack, dessen Linenfläche stark gerötet und mit Knötchen be-
deckt ist, ebeuso wie die sich vordrängenden Därme und Netz. Hoden und
Nebenhoden stark knollig, hart und voller Knötchen. Eröffnung des Bauches,
so dass die Bauchhöhle mit Jodoformtupfern energisch ausgerieben werden
kann. Entfernung des Bruchsackes und des Hodens. Fieberfreier Verlauf;
nach 8 Wochen wieder Ascites nachweisbar, der allmählich verschwindet. Ein
Jahr p. operat. fühlt Patient sich völlig wohl. Tuberkulose durch Tierversuch
nachgewiesen.
Verf. geht auf einige Fragen aus der bezüglichen Literatur ein.
Baikoff (2) berichtet über einen Fall einer überaus grossen Skrotal-
hemie, der 24 Stunden nach der Inkarzeration in seine Behaudlung kam. Das
Skrotum reichte bis zu den Knien. Den Bruchinhalt bildeten ein Meter Düun-
darm, Coecum und ein Teil des Colon ascendens. Die Wanduogen des Dünn-
darms und dessen Mesenterium waren stark verdickt. Der Bruchinhalt konnte
nur nach Erweiterung der Bauchdeckenwunde (von der Spina ilei ant. sup.
bis zur Linea alba) und Punktion des Dickdarms reponiert werden.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Zur Frage: Anus praeternaturalis oder primäre Resektion ergreift
Back er (3) nochmals das Wort und kommt zu dem Schluss, dass eine Haupt-
bedingung für guten Ausgang die möglichst schleunige und ausgiebige Ent-
leerung des überdehnten proximalen Darmstückes ist. Nach seiner Erfahrung
muss man aber auch vor allem den Darm in einer Länge von 5 — 6 Fuss
oberhalb der Einklemmung resezieren, da die Schleimhaut dieses Dickdarm-
stückes fast inmier in sehr desolatem Zustande ist und gleichzeitig eine Läh-
mung dieser Darrapartie besteht, die eine gründliche Entleerung von dem
Kammeyer, Die Hernien. • 707
höchst infektiösen Darminhalt verhindert. Er beschreibt nun eine neue
Methode der Yernähnng der beiden aneinander gelagerten Darmenden, deren
Details (mit Zeichnung) im Original einzusehen sind.
Er hat 7 Fälle so operiert mit 5 Heilungen; die 2 Todesfalle kommen
auch nicht auf Rechnung der Anastomosennaht.
Back er (3a) hat die in 30 Jahren von ihm operierten Fälle von ein-
geklemmten Brüchen, 406 an der Zahl, zusammengestelt, wobei sich ergab,
dass in den letzten 10 Jahren doppelt so viele zur Operation kamen, als
20 Jahre vorher: ein Zeichen, dass die Erkenntnis von der Gefährlichkeit
der Taxis sich doch Bahn bricht. Er selbst vindiziert den Versuch einer
Taxis nur für ganz frische Fälle und bei sehr heruntergekommenen Patienten.
Die Mortalität sank von 53,1% in den ersten 5 Jahren auf 22®/o im
letzten Quinquennium und betrug im ganzen Durchschnitt 31,2 ®/o.
Von den insgesamt 127 Todesfällen waren 13 unbekannter Ursache,
100 fielen mehr oder minder dem krankhaft veränderten Darm zur Last.
Wäre es möglich gewesen, in all diesen Fällen den Darm nicht zu reponieren^
so wäre die Mortalität viel geringer. Back er hält allerdings die Frage der
primären Resektion des lädierten Darmes für noch nicht gelöst und ent-
scheidet sich von Fall zu Fall, ob er einen Anus praeternaturalis anlegt oder
reseziert.
Bovo (4) beschreibt einen Fall von Brucheinklemmung mit letalem Aus-
gang, der, wie er behauptet, nicht seinesgleichen in der Literatur habe. Bei
einem 72 jährigen Manne, der einen eingeklemmten Leistenbruch aufwies und
wiederholtes Erbrechen gehabt hatte, wurde der eingeklemmte Darmabschnitt
auf unblutigem Wege leicht reponiert und im Bruchsack blieb eine volumi-
nöse, als Epiploon diagnostizierbare Masse zurück. Ungefähr V« Stunde
darauf fiel Patient in Synkope und nach weiteren 10 Minuten verschied er.
Bei der Autopsie konstatierte man, dass das Epiploon fast gänzlich im Bruch-
sacke verschwunden war, aus dessen Öffnung ein etwa 4 cm dicker Stiel
heraustrat; der Quergrimmdarm war nach unten gezerrt und beschrieb eine
nach oben konkave, auf der vorderen Blasenwand verlaufende Kurve. Im
rechten Unterbauch fand sich eine kindskopfgrosse, mehr als 1 Kilo wiegende,
von einem Gerinnsel gebildete Masse, die die beiden Blätter des Magengrimm-
darmnetzes von den beiden Grimmdarmgekröseblättem losgetrennt hatte. —
Aus einem Magennetzzweige hatte also eine tödliche Blutung stattgefunden;
wahrscheinlich war während eines Erbrechens durch die Spannung des Magen-
grimmdarmnetzes die Ruptur eines seiner durch die Atheromasie schon tief
lädierten arteriellen Gefässe hervorgerufen worden. R. Giani.
Cavazzani(7) schlägt folgende Methode vor, um den Peritonealtrichter
bei der Radikaloperation der Hemia cruralis auszuschalten:
1. Freilegung des Bruchsackes so hoch -wie möglich.
2. Man führt^den linken Zeigefinger in den Bruchring ein und geht mit
der Fingerkuppe an der hintern Fläche des horizontalen Astes des Os pubis
nach abwärts, bis man den oberen Rand des Foramen obturatorium fühlt.
Man schiebt das Obturatorgefässnervenbündel nach abwärts und führt mit
der anderen Hand eine stark gekrümmte stumpfe Nadel mit 2 festen Seiden-
fäden (Nr. 3 u. 4) durch den Muscul. pectineus in den Ganalis obturat. dicht
an der unteren Fläche des Ram. horizont. ossis pubis entlang bis zum linken
Zeigefinger, welcher die Nadel empfangt und nach oben an der Hinterfläche
45*
706 •Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
des Knochens entlang gleiten lässt, bis man die Spitze der Nadel von oben
her fassen und herausziehen kann.
3. Das obere hervoi^ezogene Ende jedes Fadens wird in eine kleine
krumme Nadel eingefädelt, mit welcher man den unteren Rand des Ligam.
inguinale durchsetzt; der eine Faden lateralwärts dicht neben den Gefassen,
der andere medianwärts gegen das Lig. Gimbernati zu. Alsdann werden
die Fäden, welche durch den Canalis obturat. und das Lig. inguinale gehen,
kräftig zusammengezogen und geknüpft, so dass das Ligament in Berührung
mit dem Os pubis kommt.
4. Weitere Naht der Wunde auf gewöhnliche Art.
Verf. hat 3 mal so operiert mit gutem Resultate.
Goleys (8) Arbeit beschäftigt sich speziell mit der Frage der RezidiTe.
Er operierte 937 Leisten- und 66 Schenkelbrüche. 700 Patienten waren unter
20 Jahren, 317 im Alter von 20 bis 70 Jahren. Coley hält die Operation
bei Kindern für schwerer als die bei Erwachsenen, mit den besten Methoden
aber und grosser Sorgfalt ausgeführt für gleichwertig in bezug auf die Resul-
tate. 92 mal fanden sich doppelte Hernien. Die Schenkelhemien operiert er
nach Bassini (16mal) und vermittelst Tabaksbeutelnaht (50mal), letztere
sämtlich ohne Rezidive. 200 Leistenhernien bei der Frau wurden ohne Todes-
fall und ohne Rezidiv operiert und zwar nach Bassini. 67 Schenkelhemien
gaben 0% Mortalität und stets prima reunio nüt Ausnahme eines Falles-
14 mal fanden sich bei 9 Patienten direkte Hernien. — Die 937 Leisten-
hernien, welche nach Bassini mit Transplantation des Samenstranges ope-
riert wurden, gaben 10 Rezidive. Die 10 Fälle, in denen der Samenstrang
nicht transplantiert wurde, gaben 6 Rezidive, aber es handelte sich dabei
meist um Hernien des Goecum par glissement. Das Rezidiv tritt meist im
ersten Halbjahr (65 ^/o) oder im ersten Jahre (80 V^) auf; nach zwei Jahren
sind Rezidive so gut wie ausgeschlossen. Als Nahtmaterial bevorzugt Colej
Känguruhsehnen in Chromsäure und Catgut in Alkohol unter Druck gekocht;
er operiert mit Gummihandschuhen. Bei den 1003 Operationen gab es
30 mal Eiterung, davon aber 21 mal nur Stichkanaleiterung. Seit Anwendung
der Gummihandschuhe eiterte nur 1^/4 ®/o gegen 4,2 7o in der Vorperiode. Vor
dem 4. Jahre operiert er Kinder selten, da ca. Vs der Hernien bis dahin
unter Bruchbandbehandlung heilen; bis zum 50. Jahre operiert er Er-
wachsene stets, ältere nur bei gutem Allgemeinbefinden und wenn der Brudi
durch Bandage nicht zurückgehalten wird. Als Kontraindikation gelten ernstere
organische Störungen des Herzens, der Lunge und der Nieren, sowie sehr
grosse adhärente irreponible Hernien bei fetten Personen.
Unter 1075 Operationen bis zum Mai 1903 hatte Coley 2 Todesfalle
= ^/5 7o, einmal durch eine Ätherpneumonie bei einem 6jährigen Kinde und
das zweitemal durch eine chronische Peritonitis oder einen Volvulus bei einer
grossen irreponiblen Netzhemie. Das Risiko der Operation von bemfener
Hand ist also gleich Null im Vergleich zu der stets drohenden Einklemmung.
38 Personen litten an unvollkommenem Descensus testis, einmal vnirde der
Hoden entfernt. 4 mal fand sich eine inguino-superfiziale Hernie und 37 mal
Hernien des Goecum, der Appendix und des S romanum; femer wurden
3 Blasenhemien und 3 tuberkulöse Bruchsäcke gefunden. Bei 17 einge-
klemmten Hernien hatte der Autor 2 Todesfalle; die 15 übrigen blieben ohne
Rezidiv.
Kammeyer, Die Herniea. 709
Deanesly (9) betont besonders den kongenitalen Ursprung fast aller
Bräche; er selbst sah nie einen traumatischen Ursprung. Demgemäss ist er
auch für mögliebst frühzeitige Operation, die er schon bei einem 3 monatlichen
Kinde mit gutem Erfolge machte. Er operiert nach Kocher, lässt die Pa-
tienten nur 10 — 14 Tage im Bette und erlaubt nach 3 Wochen wieder die
Arbeit. Eine speziellere Arbeit über seine Fälle erscheint demnächst.
Demosthen (10) analisiert alle Brüche der rumänischen Armee von
1892 bis 1903. Es handelt sich um 1642 Fälle in den Militärhospitälem zu
Bukarest, Jassy, Galatz und Grajora operiert. Es waren 1149 rechte Inguinal-
brüche, 466 linke, 20 beiderseitige, 3 rechte Kruralhemien , 3 linke Krural-
hemien und 1 umbilicale. Als Inhalt: 414 enterocele, 499 epiplocele, 25 ge-
mischte, 8 appendikuläre, 22 cystocele, 12 zystische, 367 leer, 7 inkarzeriert,
der Rest nicht angegeben. Sto'ianoff (Plewna).
Eck stein (11) hebt noch einmal die Vorzüge der Hartparaffinprothesen
gegenüber denen aus Vaselin hervor, beschreibt genau die Technik und be^
richtet unter anderem über Erfolge bei Hemienbehandlung. Die Paraffin-
prothesen eignen sich besonders für Nabel- und Brüche der weissen Linie;
bei Leistenhernien drängt der ausgepresste Bruch nicht senkrecht gegen die
Paraffinpelotte, sondern hat Neigung, an ihr vorbei im spitzen Winkel heraus-
zugleiten. Die Erfolge sind daher hier nicht so sichere und hängen wesent-
Uch von der Grösse des Bruches und der Bruchpforte, von der Beschaffenheit
der Haut und dem Verhalten des Patienten p. op. ab. Jedenfalls bietet das
Verfahren noch Vorteile gegenüber der Bruchbandbehandlung bei solchen Pa-
tienten , die sich nicht zur Radikaloperation verstehen. 27 Fälle hat Verf.
derart operiert und glaubt, in einem kleinen Teil derselben auch dauernde
Reposition erreicht zu haben.
Estors (12) neues Verfahren besteht hauptsächlich darin, dass er nach
Resektion des Bruchsackes und sorgfältiger Präparation des äusseren Bmch-
ringes zwei Silberdrahtnadeln kreuzweise durch die ganze Dicke der Bauch-
wand ausschliesslich des Peritoneums legt, während ein Assistent den Samen-
strang nach unten gegen das Os pubis drängt. Dann werden die Fäden ge-
schnürt, 80 dass der Samenstrang eben Platz zum Durchtritt behält. SchliessUch
wird die Aponeurose des Oblig. extern, durch ca. ö parallele Silberdrähte in
sich zusammengefaltet und die Haut mit Silkworm genäht. Das Verfahren
wird durch die Abbildungen deutlicher, als durch diese kurze Beschreibung.
In den 24 so operierten Fällen kam es höchstens zu einer vorübergehenden
Schwellung des Samenstranges infolge der festen Knüpfung der Fäden. Die
Silberdrähte werden kurz vor ihrer Legung durch eine Spiritusflamme sterili-
siert, so dass es nie zu einer tiefen Eiterung kam.
Frank (13). Von Nicoladoni sind 1875 zuerst zwei Fälle von sog.
perihemiöser Phlegmone beschrieben, worunter er eine eitrige mit umfäng-
licher Abszedierung einhergehende Entzündung des subserösen Zellgewebes des
eigentlichen Bruchsackes versteht. Später hat Lotheissen noch drei Fälle
beschrieben und jetzt bringt Frank den sechsten, den er bei einem 15 jähr.
Arbeiter beobachtete. Dieser erkrankte an einer serösen Perityphlitis, die
nach 14 Tagen zurückging. Dann aber entwickelte sich allmählich eine
Schwellung der rechten Skrotalhälfte mit entzündlicher Beteiligung der Haut.
Patient hatte bemerkt, dass seit einem halben Jahre der rechte Hoden bald
grösser, bald kleiner wurde. Bei der Operation fand sich eine Hydrocele
testis, sowie beim Freipäparieren des Samenstranges ein kleiner Abszess mit
710 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
rahmigem, fäkalartig riechendem Eiter, der den leeren Bruchsack umspülte.
Der Eiter enthielt Bacterium coli. Drainage des Abszesses, Heilung.
Die Ursache dieser periherniösen Phlegmone ist wohl in der voraus-
gegangenen Perityphlitis zu suchen. Von hier aus waren auf dem Lymphwege
Eitererreger in das subseröse Bindegewebe des Bruchsackes eingedrungen,
ohne den Bruchsack selbst zu infizieren. Differentialdiagnostisch kommt wohl
nur die Hemia inflammata in Betracht.
Fuchsig und Haim (14). Auf der Lotheissenschen Klinik wurden
in den letzten zehn Jahren 175 Brucheinklemmungen beobachtet: 55,4^/0
Inguinal-, 35,4 «/o Krural-, SVo Nabel-, 0,6<>/o Obturator- und Ofi% Ventral-
hernien. Zwischen dem 20. und 60. Lebensjahre, den Jahren der Arbeit
ist die Zahl der Hernien in den einzelnen Dezennien eine ziemlich gleicli
grosse. 17 mal war der Leistenbruch sicher angeboren. 63 ^/o hatten rechts-
seitige Einklemmungen. Bruchbänder wurden nur Kindern mit kleinen Her-
nien und älteren Personen, für welche die Operation zu gefährlich war, rer-
ordnet. 31 mal gingen mehrfache Inkarzerationen voraus, meist bei grossen
Brüchen mit weiter Bruchpforte: Koteinklemmung. Hier ist ein gelinder
Taxisversuch erlaubt, wie denn auch 38 mal dieselbe gelang; jetzt aber sind
Verff. Gegner der Taxis. Sie versuchen sie nur in den ersten 12 Stunden
und bei älteren Personen mit organischen Veränderungen. 135 Fälle wurden
in Chloroformäthernarkose operiert. Bei Leistenhernien wurde nach B assini,
bei Kruralhernien nach Billroth oder Fabricius operiert. Bei Gangrän
des Darmes wurde zweimal der Darm vorgelagert mit tödlichem Ausgang an
Peritonitis; in 13 Fällen wurde reseziert (6 Inguinal- und 7 Kruralhernien)
mit 54 ^/o Mortalität; zwei wurden sekundär reseziert mit 50°/o Mortali^i
Bei zweifelhafter Lebensfähigkeit der Darmschlinge soll man vorlagem, bei
manifester Gangrän möglichst resezieren, wenn der allgemeine und lokale
Befund dies erlaubt; eventuell ist die Bauchhöhle dabei zu drainieren. In
12 ^/o gab es Eiterung, meist der Nähte. Dreimal kam eine Pneumonie in
der Rekonvaleszenz hinzu, und fünfmal blutige Stühle, davon drei Taxisfalle.
Die Gesamtmortalität betrug 20 ^/o, bei den operierten 23,7 **/o. Die
operierten Inguinalhernien hatten 17,1 ^/o, die Kruralhernien 23,5 **/o, die Nabel-
hernien 53,8 ^/o Mortalität, meist an Peritonitis. Sechsmal fand sich der
Wurmfortsatz und zwar dreimal isoliert im Bruchsack. Acht Fälle waren
Darmwandbrüche, siebenmal bei Weibern in sechs kleinen Schenkelhernien,
einmal in einer Obturator-Hernie, einmal in einer Leistenhernie. Als interes-
sante Befunde im Bruchsack fanden sich einmal eine Peritonealschwiele, einmal
eine Stenose des Darmes durch alte, infolge früherer Brucheinklemmung ent-
standene Schleimhautnarben. Bei 53®/o der geheilt entlassenen 141 Fälle
hatten weitere Nachforschungen Erfolg; darnach starben von diesen 18 an
Alterskrankheiten, 43 erfreuten sich relativen Wohlseins; in 14 Fällen von
75 wurde der Bruch rezidiv.
Die Arbeit enthält noch eine Reihe interessanter ausführlicherer und eine
tabellarische Übersicht sämtlicher Krankengeschichten.
Grunert (16). Die Ansichten über die Zweckmässigkeit der Hernio-
tomie im Kindesalter sind noch recht geteilt. Viele Chirurgen operieren
schon im zartesten Säuglingsalter, während die Franzosen und Engländer
sich hier mehr ablehnend verhalten. Im Magdeburger Krankenhause Suden-
burg sind nun in den letzten Jahren 13 Säuglinge (bis zu einem Jahre) operiert,
von denen bei sechs Patienten die Indikation lediglich im Vorhandensein d^
Eammeyei'i Die Heroien. 711
Bruches lag; ferner wurden 21 ältere Kinder (bis zu 10 Jahren) operiert.
Über diese Fälle referiert Grunert: 38 Hemiotomien bei 34 Kindern. Die
Säuglinge waren mit Ausnahme eines Falles vollständig gesund, nicht abge-
zehrt oder atrophisch. Trotzdem starben von den 13 Säuglingen 3 im An-
schluss an die Operation, also 23 ^/o Mortalität. Ein Kind starb an der
Narkose (A-C-E-Gemisch 80 g), das zweite 30 Stunden p. op. im Kollaps,
das dritte an einem p. op. sich entwickelnden Abszesse. Der durchschnitt-
liche A-C-E-Gebrauch betrug bei den Säuglingen 31 ccm, die Dauer der
Narkose 55 Minuten, der Operation 37 Minuten. Nach diesen Erfahrungen ist
Verf. jetzt bei Säuglingen möglichst konservativ geworden, geht aber vom dritten
bis vierten Lebensalter an unbedingt operativ vor; von den 21 älteren Kindern
ist keines gestorben. Er macht immer den Bassini. Die meisten Brüche
fielen in das erste Lebensjahr; irreponibel war der Bruch dreimal, einge-
klemmt viermal, alle im ersten Lebensjahre. Das ist eine auffallend grosse
Zahl gegenüber den Berechnungen vieler anderer Operateure. Der Phimose
spricht Verf. einen grossen Einfluss auf die Entstehung von Hernien zu. Der
Wundverlauf war in 24 Fällen per pr. mit 8 — 9 Tagen Heilungsdauer; in 8 Fällen
per sec. mit 21 Tagen Heilungsdauer. Von 23 Fällen, die erforscht werden
konnten, waren 2 rezidiv in 8,8 Vo. Bei 36 Vo waren Hernien in der Familie.
Zwei interessante Fälle, Hernie des Wurmfortsatzes mit Coecum und einge-
klemmte Ovarialhemie bei einem fünfmonatlichen Kinde werden ausführlich
beschrieben.
Hab er er (18). Drei Beispiele sehr gröblicher Darm- und Mesenterial-
verletzung nach unzweckmässiger Taxis.
Innerhalb drei Monate hat Kristinus (22) vier Fälle von Darmob-
struktion operiert, die durch Massenreduktion eines eingeklemmten Bruches
hervorgerufen waren. Im ersten Falle handelt es sich um eine Scheinreduk-
tion der im Annulus abdominalis eingeklemmten Hernie in den properi-
toneal gelegenen zweiten Bruchsack (Krönleins Hemia inguino properi-
tonealis): Patient starb an Peritonitis kurz nach der Operation. Im zweiten
und dritten Falle handelte es sich um eine typische Reposition en masse in
Form einer das Peritoneum abdominalwärts abhebenden hühnereigrossen
flachkugeUgen Schwellung. Trotzdem durch den perforierten Darm schon
Kot, Obstkeme etc. massenhaft in die freie Peritonealhöhle durchgedrungen
waren, gelang es den Patienten durchzubringen. Im vierten Falle wurde
auch die Diagnose vor der Operation gestellt und Patient mit Erfolg lapa-
rotomiert.
Zu den bis jetzt veröffentlichten 58 Fällen von Bruchsacktuberkulose
fügt Lewisohn (23) 4 neue hinzu. Zunächst gibt er von den 62 Fällen
kurze Krankengeschichten. Die Hälfte davon betrifft Kinder. Betreffs Here-
dität sind die Angaben nicht präzise genug, um verwertet werden zu können ;
dagegen fand sich bei sehr vielen in der Anamnese Tuberkulose anderer
Organe. Eine Diagnose ante operationem ist nur in fünf Fällen gemacht. Der
lokale Erfolg der Operation, die in Resektion der erkrankten Teile bestand,
war meist ein sehr guter betreffs des örtlichen Leidens, während ein grosser
Teil der Patienten allerdings an komplizierender Phthise anderer Organe starb.
Pathologisch anatomisch kann man drei Formen scheiden : 1. Miliare Knötchen
nebst Flüssigkeitsansammlung, 2. grössere und kleinere Knoten von Erbsen-
bis Mandelgrösse, 3. die Form der Peritonitis sicca adhaesiva. Betreffs der
vor der Operation zu stellenden Diagnose kommt neben anamnestischen Daten
712 JahreBbericht fQr Chirurgie. II. Teil
und Zeichen einer tuberkulösen Lungenerkrankung folgendes in Betracht:
1. Bestehen einer tuberkulösen Peritonitis, 2. reponibler, aus Flüssigkeit be-
stehender Bruchinhalt, 3. grösserer Knoten am Boden des Brucksackes, von
Hoden und Samenstrang gut abgrenzbar, 4. kleinere Knoten, die sich rosen-
kranzartig bis zum Leistenkanale hinaufziehen. Die Prognose der Operation
ist sowohl in bezug auf die Erkrankung des Bruchsackes, als auch für die
Heilung der tuberkulösen Peritonitis eine entschieden gute.
Im Anschlüsse an frühere Arbeiten auf demselben Gebiet bespricht
Liniger (24) den Zusammenhang zwischen Bauchbruch und Trauma und
kommt, nachdem eine Reihe instruktiver Krankengeschichten erwähnt sind,
zu folgenden Schlüssen:
1. Die Hemia epigastrica ist eine der wichtigsten, weil häufigsten Bruch-
arten; auf einen Schenkelbruch kommen vier Bauchbrüche, nur die Leisten-
hernie ist häufiger. Sie entsteht nur selten plötzlich, durch Unfall, macht
meist überhaupt keine Beschwerden und lässt gewöhnlich selbst die Ausführung
der schwersten Arbeit zu. Die Grösse des Bruches hat mit der Grösse der
Beschwerden nichts zu tun. Das Reichsversicherungsamt hat somit Recht
(d. d. 25. November 1896), wenn es sagt, dass der Entschädigungsanspmch
bei einem Bauchbruche nur berechtigt ist, wenn folgendes erfällt ist:
1. Muss ein Betriebsunfall oder eine den Rahmen der betriebsüblichen
übersteigende, aussergewöhnliche Anstrengung bei der Betriebsarbeit nach-
gewiesen werden.
2. Muss nachgewiesen werden, dass der Bruch frisch und plötzlich ent-
standen ist unter Schmerzen, welche das Arbeiten unmöglich und die sofortige
Hinzuziehung eines Arztes nötig machen.
Das ist derselbe Standpunkt, den das Amt auch bei der Beurteilung der
traumatischen Leistenbrüche einnimmt und zwar der richtige.
In dem Lotheissenschen Vortrag (27) betont Verf. zunächst die
Frage von dem traumatischen Ursprung der Hernie. Er steht hier im
wesentlichen auf dem Standpunkte, dass dieser nicht zu bezweifeln, aber
doch sehr selten, sei ; relativ häufig kommt er noch vor bei der Hemia epi-
gastrica. Wichtiger für den praktischen Arzt sind noch die sogenannteD
^Unfallshemien^, bei denen man annehmen muss, dass der Bruchsack stets
schon vorgebildet ist und daher muss man bei der Beurteilung eines angeb-
lich als Unfallsfolge entstandenen Bruches sehr vorsichtig sein. Auch die
Inkarzeration eines Bruches, die infolge einer Betriebsarbeit eintritt, ist als
Unfall anzusehen.
Für die Frage, ob Taxis, ob Operation, ist es schwer, allgemein gültige
Regeln aufzustellen. Lotheissen versucht stets die Taxis, sobald noch nicht
24 Stunden seit der Einklemmung vergangen sind oder wenn nicht Verdacht
auf Gangrän oder Entzündung vorhanden ist. Die Taxis muss sehr vorsichtig,
eventuell im warmen Bade gemacht werden, nicht in Narkose. Kälteappli-
kation hat bei ihm nie zur Reposition geführt. Lotheissen empfiehlt die
primäre Resektion primo loco, verwirft sie aber, wenn auch nur leichte Peri-
tonitis besteht. Er operiert die Einklemmung stets in lokaler Anästhesie,
ausser wenn die Einklemmung erst kurze Zeit besteht und der Puls noch
voll mid kräftig ist.
Maasland (28) hat in vier Fällen, nach dem Vorbilde von F ritsch,
die Bruchpforte einer Hernia femoralis von der Bauchhöhle aus geschlossen.
Die Laparotomie war in zwei Fällen ausgeführt zur Exstirpation von Uterus-
Kammeyer» Die Hernien. 713
myomen, einmal wegen Sens, die Folge von ^Reposition en masse^ einer
Hemia cmralis, einmal wegen tuberkulöser Peritonitis. Zwei Fälle waren
20 Monate resp. 1 Jahr p. o. ohne Rezidiv. In dem Fall der inkarzerierten
Emralhemie hatte der Bmchsack sich in eine Cyste verwandelt, deren In-
halt infiziert war. In einem Fall trat Rezidiv auf.
Zur Verhütung der Bildung einer Pneumatocele muss der Bruchsack
während der Naht von aussen her durch einen Tampon verschlossen werden.
Ist der Bmchsack nicht keimfrei, so wird er von aussen her geöffnet und
tamponiert und erst dann die Naht der inneren Öffnung angelegt.
Goedhuis.
Bemerkend, dass der unterschied zwischen angeborener und erworbener
Hernie darin liegt, dass im ersteren Falle der Bruchsack schon von Geburt
an gebildet ist, während er sich im letzteren infolge von zahlreichen Um-
standen langsam bildet, meint Man co (30), dass, wenn der Bruchsack einmal
gebildet ist, beide Arten sich in den gleichen Verhältnissen finden. Deshalb
sei auch bei Betriebsunfällen die angeborene Hernie zu entschädigen, wenn
der Sachverständige aus den Beziehungen, die der Zeitpunkt, wo das Ein-
geweide austrat, mit dem Betriebe hatte, urteilt, dass die Merkmale des Un-
falls bestehen. R. Giani.
Die Marti nasche Arbeit (31) ist insofern interessant, als sie über
Versuche an der Graz er Klinik berichtet, nach denen in allen Fällen von
eingeklemmten brandigen Brüchen während der letzten 4^/« Jahre die primäre
Darmresektion als ausschliessliches Verfahren angewendet wurde. Die Re-
sultate waren die besten bis jetzt bekannten: nur 19,4 ^/o Mortalität. In
allen Fällen wurde der zuführende Schenkel sehr weit abgetragen, nach Hof-
meisters Vorschlag bis zur sechseinhalbfachen Länge des eingeklemmten
Darmstückes. Die Vereinigung der Darmenden geschah früher mitMurphy-
knopf, jetzt nur durch die Kocher-Czernysche Darmnaht axial. Bei
perihemiösen Phlegmonen wurde zuerst per Laparotomie das zu- und ab-
führende Stück der eingeklemmten Schlinge aufgesucht, reseziert und axial
vereinigt, dann der Bauch geschlossen und der Bruchsack vom gewöhnlichen
Schnitt freigelegt, der resezierte Darm entfernt, das phlegmonöse Gewebe in
der Umgebung des Bruchsackes exstirpiert. Unmittelbar nach der Operation
werden Klystiere gegeben und die Kranken per os mit Flüssigkeiten ernährt,
ausgenommen bei Brechreiz oder Erbrechen; daneben wurden Kochsalz-
infusionen gemacht.
Von den verlorenen 7 Fällen kamen 42,86 ^/o auf die Anwendung des
Murphyknopfes, 57,14 ®/o auf die Darmnaht; 3 mal fand sich die Darmnaht
offen (zweimal bei Murphy knöpf, einmal bei Darmnaht); doch bestand in
allen Fällen bereits Peritonitis; in drei weiteren Fällen trat der Tod ein
durch Peritonitis, einmal durch Sepsis, einmal durch Marasmus. Es handelte
sich um 22 Krural-, 12 Inguinal- und 2 Nabelhernien. — Als Inhalations-
Anästhetikum wurde 27 mal Chloroform, 2 mal Äther gegeben, in 7 Fällen
wurde lokal Kokain oder Schleich benutzt. Letzteres wird sehr empfohlen.
11 mal wurde der Darm perforiert gefunden, von denen noch 7 gerettet
wurden. Die seitliche Anastomose nach von Frey wurde nie benutzt, da
sie zu kompliziert erschien. Bei perihemiöser Phlegmone, bei Peritonitis
und bei Unsicherheit infolge Brüchigkeit des Darmes wurde auf die nach-
folgende Badikaloperation verzichtet. Die Anlegung des Anus praeternaturalis
erscheint nur noch gerechtfertigt bei schwierigen Aussenverhäy;nis8en, in der
714 Jahresbericht ffir Chirurgie. IL TeD.
Landpraxis etc. Sonst gibt auch bei sog. aussichtslosen Fällen die primäre
Darmresektion und Naht die bei weitem besten Resultate.
Fette Personen unterliegen bekanntlich einer Reihe von Komplikation^
bei chirurgischen Eingriffen, speziell bei Hemiotomien. Deshalb empfiehlt
Fauchet (34) als Vorbereitungskur eine sehr energische Entziehungsdiät Er
liess seine Patienten ca. 14 Tage im Bett liegen, gab während dieser Zeit
nur Vh — 2 Liter abgekochtes Wasser pro Tag oder erlaubte höchstens etwas
Limonade, Salat oder rohe Äpfel. So erzielte er rapide Abnahme bis zi
20 Kilo. Die darauf vorgenommene Operation grosser Nabelhernien wurde
sehr gut ertragen.
Nach Beschreibung von 4 Ton ihm behandelten Fällen erörtert Pomara
(35) die von den verschiedenen Autoren zur Diagnose der Cystocele angegebenes
Symptome und spricht dann über die Behandlung. Bevor man mit diese
beginnt, empfehle es sich, die Katheterisation vorzunehmen und sie zu wieder-
holen, wenn man in den^Brnchsack gelangt ist, um die Blase zu entleeren
und festzustellen, ob der Bruchsack Modifikationen erfahrt. Ist der Bmcb-
sack verletzt, so nehme man eine Exploration mit dem Finger vor. Ist die
Blase verletzt, dann empfiehlt er die Naht und die Cystopexie. Ersieht der
Chirurg aus den postoperativen Symptomen, dass er die Blase reseziert li3t,
so schreite er zur Laparotomie, Unterbindung der lädierten (jefäs8e<» Cystor-
rhaphie oder Cystopexie. Nur wenn es sich um nicht grosse Divertikel handek,
könne man dieselben exstirpieren und daim die Cystorrhaphie vornehme.
R. Giani.
Pott (37) hat eine grössere Sammelstatistik über die Gefährlichkeit, den
Wert und die besten Methoden der Badikaloperation verfasst, d& seit da&
Jahre 1883, in dem Leisrinks und Segonds Sammelarbeiten erschieneii«
nichts Zusammenfassendes nach dieser Richtung veröffentlicht ist. Seine |
Zahlen beziehen sich ohne Unterschied auf freie und eingeklemmte Hemies
und er untersucht sowohl die prozentuale Mortalität sowie die einzelnen Tode»- '
Ursachen, femer die Zahl der Rezidive nach den verschiedenen MethodaL I
Nachdem Verf. kurz die letzteren aufgezählt hat, zitiert er in 151 Xumm^o |
sein Quellenmaterial und kommt dann zu den Ergebnissen und Zahlen. Einige !
seien hier genannt, Einzelheiten müssen jedoch im Original gelesen w^^kn.
Mortalität: Unter 14095 operierten Leistenhernien sind 131 (0,9**/o) Tod«s-
fälle, unter 933 Schenkelbrüchen 12 (1,3%), unter 452 Bauchbrüchen 8
(1,8 «»/o), und unter sämtlichen 23519 Brüchen sind 212 (0,9 ^/o) Todesfille \
vorgekommen. Davon fallen auf septische Prozesse 30,9 ^/o, auf akute Lungea- |
komplikationen 30,9 ^/o, auf Intoxikationen mit Chloroform, Äther, SnbUmL i
Jodoform 7,9 7o, auf Darmkomplikationen 7,9%, Nachblutung 5,7 %, Emboli« |
5,7 ^/o etc. etc. Greise haben eine Mortalität von 3,4 ®/o, Kinder 1,2 ®/o.
Die Dauerresultate betragen, ohne Berücksichtigung der einzelnen M^
thoden bei Leistenbrüchen, 81,8 *^/o, bei Frauen 84,8 ^/o, bei Schenkelbräcben
70,5 ^/o, bei Bauchbrüchen 54,7 ^/o. Zum Schluss ist die Literatur noch da-
mal nach Autor und Ort der Veröffentlichung zitiert.
Remedi (40) berichtet über 11 Fälle von Hydrocele und gibt an, dsss
er nur in 3 derselben kein Peritonealdivertikel im inneren Leistenring fand.
Dieser Befund veranlasst ihn die Schlüsse zu modifizieren, die er auf Gmcd
von 14 Fällen in einer früheren Arbeit (Clinica chirurgica 1900 Nr. 7) ge-
zogen hatte, dass nämlich zwischen Hydrocele und unvollständiger Obliteratios
des Processus vaginalis peritonaei konstante Beziehungen bestehen. Es komm
Kammeyer, Die Hernien. 715
yielmehr häufig vor, dass gleichzeitig eine Obliteration oben fehlt und häufig
sei die Koinzidenz von Hernie und Hydrocele. Er empfiehlt deshalb bei der
Behandlung der Hydrocele festzustellen, ob im Leistenkanal ein Rest des
Processus vaginalis peritonaei vorhanden ist oder nicht und ihn, falls vor-
banden, auszuschneiden. R. Giani.
Samvehozki (41) wandte bei 90 Radikaloperationen von Hernien nach
verschiedenen Methoden folgendes Nahtverfahren an. Bei der Bassini sehen
Methode zv B. werden die tiefen Nähte nicht geknüpft, sondern gekreuzt,
jedes Fadenende mit einer Nadel armiert und dann von innen nach aussen
durch die Aponeurose des M. obliq. extern, und die Haut geführt. Eben
solche Nähte werden zur Vereinigung der Aponeurose angelegt. Die Haut-
wunde wird durch Knopfhähte geschlossen. Darauf folgt das Knüpfen der
tiefen Nähte über Gazebäuschchen, wobei die Aponeurosennähte direkt geknüpft
werden, während die tiefen Nähte zu beiden Seiten des Leistenkanals mit
dem Nachbarfaden verknüpft werden. Ho hl b eck (St. Petersburg).
Die Zusammenstellung von v. Schmarda (43) umfasst eine Gruppe
von 13 Darmwandbrüchen, eine grössere Anzahl von Dickdarmhernien, einen
Fall von retrograder Likarzeration sowie eine Hernie mit Ovarium und Tube.
Die Darmwandbrüche betrafen fast ausschliesslich Frauen, und es handelte
sich dabei 7 mal um Schenkelbrüche ; das Durchschnittsalter betrug 57 Jahre.
Die Inkarzerationserscheinungen traten nicht so stürmisch auf, und mit Aus-
nahme eines gehörten alle Darmwandbrüche dem Dünndarm an. Die Prognose
ist hierbei sehr ernst, von 12 Fällen starben 3, während sonst die Mortalität
ca. 62 ^/o ist. Repositionsversuche sind hierbei ganz zu unterlassen, wie denn
überhaupt für jeden eingeklemmten Bruch die Herniotomie das einzig in-
dizierte Verfahren ist.
In 26 Fällen fanden sich Teile des Dickdarms im Bruchsack, in 5 Fällen
bildete der Wurmfortsatz den einzigen Bruchinhalt, der natürlich immer
reseziert wurde. Meist wurde nach Bassini operiert.
Sick (44) veröflfentlicht zwei interessante Krankengeschichten. Im ersten
Falle handelte es sich nicht, wie diagnostiziert war, um einen echten ein-
geklemmten Bruch mit Bruchphlegmone, sondern um eine Darmperforation
durch einen 2V2 cm langen spitzen Hühnerröhrenknochen. Die ausserordent-
lich fette 42jährige Frau war schon vor 12 Jahren wegen grosser Nabelhernie
operiert; in der Narbe hatte sich ein Bauchbruch entwickelt. Pat. kam an-
scheinend moribnd mit perforiertem phlegmonösen Bauchbruch in die
Klinik; es fand sich eine weit verbreitete Phlegmone der Bauchdecken. Im
nicht deutlich gangränösen Bruchsack eine kleinfingergrosse Fistel ; der Knochen
wurde beim Verbandwechsel in den gangränösen Bruchhüllenfetzen gefunden.
Nach einem sehr schweren Krankenlager erlag Pat. 4 Wochen p. oper. einer
Thrombose resp. Herzschwäche.
Im zweiten Falle bildete ein eigentümlich geformtes (s. Abbildung resp.
Beschreibung) Pseudodivertikel den Inhalt eines eingeklemmten rechtsseitigen
Schenkelbruches bei einem 39 jährigen Manne. Es handelte sich um eine
Illustration zu dem von Wilms geschilderten Einklemmungsmechanismus, ver-
mittelst dessen eine allmähliche Ausstülpung der Darmwand bis zu einem
Grade, dass die Schleimhaut und Muscularis auseinanderriss und die papier-
diinne dehnbare Serosa allein weiter vorgetrieben wurde, zustande kam. Pat.
wurde geheilt.
716 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Sultan (45) fasst das Hauptsächliche seines Vortrages selbst folgender-
massen zusammen:
Ein Unfallbruch darf nur angenommen werden:
1. wenn wirklich ein Unfall oder eine über das übliche Mass der
Arbeitsleistung hinausgehende Anstrengung stattgefunden hat und zwar eine
solche, die geeignet war, den intraabdominellen Druck zu erhöhen;
2. wenn nach behördlicher Forschung anzunehmen ist, dass vorher ein
Bruch an dieser Stelle nicht bestanden hat;
3. wenn der angebliche Austritt des Bruches mit sehr heftigen Schmerzen
verbunden war, die den Patienten zwingen, die Arbeit niederznlegen^ und
wenn der alsbald zu ßate gezogene Arzt auch auf Druck heftige Schmerzen
auslösen kann;
4. wird ein Unfallbruch gewöhnlich klein sein, sehr häufig noch inner-
halb des Leistenkanals sich befinden und nur ganz ausnahmsweise die Grösse
einer Zitrone überschreiten.
Die Folgen von Zerreissungen im Bereich des Leistenkanals lassen
sich nur sehr selten durch Schwellung oder Bluterguss schon äusserlich er-
kennen.
Nicht verwendbar für die Beurteilung eines Unfallbruches ist das Vor-
handensein einer Bruchanlage auch an anderer Stelle und die leichte oder
schwere Reponierbarkeit des Bruches.
Taruffi (46) berichtet über einen klinischen Fall, in welchem er die
Diagnose auf Leistenbruch gestellt hatte, den man infolge eines in der Leisten-
gegend stattgehabten Traumas entstanden glaubte, während es sich um einen
Abszess handelte, der sich zwischen den Elementen des Samenstranges lang-
sam entwickelt hatte. Da die Symptome auf Brucheinklemmung hindeuteten,
griff er eilends ein, um diese zu behandeln, fand sich aber vor einem Abszess-
sack. Patient starb 2 Tage darauf, wie es scheint infolge davon, dass sich
der Eiter den Elementen des Samenstranges entlang ins Peritoneum verbreitet
hatte. (R. Giani.)
Thorburns (47) 110 Fälle eingeklemmter Brüche, die er von 1889
bis 1900 operierte, verteilen sich auf 55 Leisten-, 37 Femoral-, 17 Nabel-
und 1 Bauchhernien. Bei den Männern überwiegen die Leistenhernien (50
zu 5 bei Frauen), bei den Frauen die Schenkelbrüche (34 zu 3 bei Männern).
Dass rechtsseitige Hernien viel öfter zur Einklemmung führen als linke, er-
klärt sich vielleicht daraus, dass sich links öfter das Netz als schützende
Decke vor dem Darm im Bruchsack findet. Trauma als Ursache der Ein-
klemmung wurde nie von den Patienten angegeben. Niemals fand sich eine
reine Netzhemie. Einmal wurde als Fremdkörper im Bruchsack ein eiähn-
liches kleines Fibrom gefunden, das wohl von dem stark granulierten Netz
abgeschnürt war. Die Mortalität betrug, ähnlich der anderer grosser eng-
lieber Spitäler, 24,58 °/o. Die Operationsmethoden wechselten mit den Jahren
doch braucht Thorburn immer chemische Antiseptika. Der Aufsatz enthält
noch mancherlei statistische Zahlen, die nicht im einzelnen referiert werden
können.
Weber (49) rekapituliert kurz die Kriterien, welche nach den Ent-
scheidungen des Reichsversicherungsamtes zu dem Begriff des entschädigungSr
Pflichtigen Unfalles resp. Bruchunfalles gehören und betont die ausserordent-
liche Seltenheit einer traumatisch entstandenen Hernie.
Eammeyer, Die Hernien. 717
Weyprechts (51) grössere Arbeit aas der Körte sehen Klinik be-
handelt die in den Jahren 1890 — 1900 ausgeführten Hemiotomien wegen ein-
geklemmter Brüche, 327 an der Zahl. 70 wurden femer ohne blutigen
Eingriff reponiert. Die Mortalität betrug 14,4 **/o; 254 mal wurde der Darm
lebensfähig, 73 mal gangränös gefunden; bei *6 Patienten wurde Reposition
en bloc beobachtet, von denen 2 starben. Aus dem grossen statistischen
Material kann hier nur einzelnes referiert werden. Von den operierten 254
nicht brandigen Brüchen starben 9 ®/o, von den 73 brandigen Hernien starben
46,6 Vo. Die Mortalität ist beträchtlich im ersten Lebenshalbjahr = 28,6 ^/o
und wird nur von der Sterblichkeit der alten Leute über 70 Jahre mit
34,1 Vo übertroffen. Am häufigsten kamen Kruralhernien zur Operation (193)
und zwar bei 174 Weibern. Sie lieferten auch die grösste Anzahl brandiger
Hernien mit 58. Unter den Leistenhernien war eine Hernia properitonealis und
eine Hernia saccata, unter den Schenkelbrüchen eine Hernia pectinea. Drei
Fälle von Nabelschnurbruch starben alle, darunter einer an Darmverschluss
vier Monate p. oper. Zwei Hemiae obturat. kamen zur Operation (einmal
mit gleichzeitiger Stieldrehung einer Ovarialcyste), femer 12 mit Einklemmung
des Processus vermiformis und zwei Tubenhemien. Die Operation wurde
meist in allgemeiner Narkose (Äther oder Chloroform) ausgeführt, doch in
den letzten Jahren mit der Einschränkung, dass bei der Magen- oder Darm-
naht kein Narkotikum gegeben wurde; ferner wurde in einigen Fällen nur
lokal anästhesiert. Für die Beurteilung der Lebensfähigkeit des Darmes ist
das Auftropfen heisser (50 7o) steriler 1 ^/o Kochsalzlösung das sicherste Zeichen;
erfolgen dabei Kontraktionen über die Einschnürungsfurchen hinweg, so
kann der Darm ohne Schaden versenkt werden. In 155 Fällen wurde der
Darm als lebensfähig versenkt, es starben dann 10 Patienten, von denen zwei
der nachträglichen Gangrän zum Opfer fielen (vor der Heisswassermethode 1).
Gangränverdächtige Schlingen wurden reponiert und ein Jodoformgazestreifen
eingeführt (44 Fälle mit 6' Todesfällen). Übemähung einer verdächtigen
Schlinge wurde 21 mal vorgenommen, doch nie ganz zirkulär; die hiemach
auftretenden 3 Todesfälle erlagen Herz- und Lungenkrankheiten. Wenn irgend
möglich, folgte die Radikaloperation nach Bassini, bei Kruralhernien auch
mit Bildung des Trendelenburg sehen Knochenlappens. Opimn wird nicht
mehr gegeben.
In 175 Fällen war der Heilverlauf ganz ungestört. Darmblutung p. oper.
wurde 5 mal (mit 2 Exitus) beobachtet. Aus allen statistischen Zusammen-
stellungen ergibt sich, dass die Gefährlichkeit der Hemiotomie wegen In-
karzeration sehr gering ist, so lange der Darm intakt ist und nicht schwere
Komplikationen oder Krankheitsdispositionen nebenher bestehen. Folglich : So-
fort operieren, wenn eine massige Taxis im warmen Bade nicht gelingt.
Gan:; gesondert müssen nach vielen Richtungen hin die gangränösen
Hernien betrachtet werden; ungefähr der 5. Teil der eingelieferten Hernien
war bereits brandig; das ist auffallend viel für eine grosse Stadt und hier
ist noch viel Besserung möglich.
SchliessUch sei noch erwähnt, dass in der Frage, ob Primärresektion
oder Anns praeternaturalis der Verfasser die Resektion für das Normal-
verfahren, dÜe Anlegung des Afters für ein seltenes Ausnahmenotverfahren
ansieht.
Viele andere interessante Einzelheiten müssen im Original nachgesehen
werden.
718 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
II. Ingttinalhemien.
1. Baldanza, A., Modo di trattare 1' aponevrosi trasYersaie di Gooper nelle emie iDgainali
recenti. Giornale medico del R. fisercito 1903. fasc. 12.
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Joarnal de m^d. de Bordeaux. Nr. 36.
3. Benjamin, Oblique inguinal Hernia. The jonm. of the Amer. Med. Ass. 1903.
Apr. 25.
4. Bobbio, A proposito deir ernia inguinale diretta nella donna. Supplemenio al Poli-
clinico. 1908.
5. *— A proposito delF ernia inguinale diretta nella donna. U Policlinico. Sex. pratica-
1903. Novbre. (KliuiBcher Fall, nach Verf. der dritte in der Literatur beschriebene)
6. *Burke, A case of strangulated inguinal hernia; Perforation of the bowel; reaeetioi
of seven inches of gangrenous gut; recovery. Lancet. June 20.
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8. Cavazzani T., Un nuovo processo della cura radicale dell' ernia inguinale. Rendicooti
deir Associaz. med.-chir. di Parma 1903. fasc. 5.
9. Gbavannaz, Un cas de cystocöle inguinale obsery^ au conrs d'une käotomie mm
de eure radicale. Journ. de m^d. de Bordeaux. Nr. 38.
10. Gurtis, A case of bernia of the bladder associated with an inguinal hernia. (Mit
Illustrationen). Brit. med. journ. July 11.
11. Guermonprex, Hernie traumatique; vari^tö para- inguinale (avec 6 fig.). Gazette
des hOpitaux. Nr. 83.
12. *Haenel, Yerscbluss weiter Leistenbrucbpforten durch gestielte Muskellappen. Gesell-
schaft für Natur- und Heilkunde in Dresden. Münchener med. Wochenschrift. Nr. 2.
13. Halsted, The eure of the more difficult as well as the simpled inguinal mptoies.
John Hopkins hospital bulletin. August.
14. *Hesse, Die Radikaloperation der beweglichen Leistenhernie. Gesellschaft fflr Nitiir-
uud Heilkunde in Dresden. Münchener med. Wochenschrift. Nr. 2.
15. vanderHoeven, Radicale operatie der nietbeklemde lieebreuken bij kinderen. Nei
Vereenig. voor Paediatrie. Ned. Tijdsch. v. Geneesk. I. pag. 916.
16. *Iwanoff, Netzstieltorsion bei Hernia inguinalis. Diss. Berlin.
17. Eiliani, Gystocele complicating inguinal hernia. New York surgical soc. Anasles of
sing. July.
18. *Mai liefert, Akute Hydrocele und Leistenbruch. 'Wiener klin. Rundschan. Nr. 24.
19. Mambrini D., Secondo caso, iinora conosciuto, che dimostra la possibilita dell' «lUi
inguinale diretta nella donna. II Policlinico. Sez. pratica 1903. fasc. 36.
20. *Ma8nata, Ernia inguinale sinistra congenita strozzata con testicolo ectopico. Ope-
razione radicale. Guarigione. Stenosi intestinale consecutiya. Occlosione cronica. Lape»
rotomia, entero-anastomosi laterale (ileocolo-anastomosi). Guarigione. Memorie chimr-
giche in onore a E. Bottini. Palermo 1903.
21. Mignow, Diverticule de Me ekel inclus dans un sac de hernie inguinale droite. BdL
et mäm. de la soc de chir. de Pai'is. Nr. 17.
22. Monzardo G., Gonsiderazioni pratiche deir ernia inguinale congenita. La Gliniea cÜ-
rurgica 1903. Nr. 12.
23. Mo restin, Gure esth^tique des hernies inguinales chez la femme. Bullet, et m^
de la soc. anat. de Paris. Nr. 3 und: La presse m^dicale Nr. 30.
24. Petrulis, Einige Modifikationen in der Radikaloperation der Leistenhernie, v. LaDgen-
becks Archiv. Bd. 71. Heft 4.
25. Po r eile V., Ernia inguinale congenita con anomalia di svilnppo nella gfaiaiidoU see-
suale. Gliniea chirurgica 1903. Nr. 10.
26. Rossini L^ Gontributo alla casistica dell* ernia inguinale dell' oyaio. Supplemesto al
Policlinico 1903. fasc. 31.
27. Rentier, Hemie inguinale congönitale r^duite en masse. Laparotomie. Goerisea*
Bull, et m4m. de la soc. de chir. de Paris. Nr. 14.
28. Schwiening, Über Leistenbrüche in der Armee. Ärztl. Sachverstfindigen-ZeitaBg.
Nr. 22 u. 23.
29. '''Stemmler, Zwei Fälle von Leistenhernien mit Ovarium als Inhalt. Diss. Leipa^
30. Stevenson, Notes on fourteen cases of Operation for radical cnre of inguinal hetaia
between September and december 1902 at the royal infirmary, Dublin. Dnbliner joora.
June 1.
J
Kamm^yer, Die ßdraien. 719
31. *Yenot, Sar nn caa de rteidive (?) poat-opöratoire de heroie inguinale. Journal de möd.
de Bordeaoz. Nr. 7.
32. Zatti C, Un nuova proceseo operatorio dell' ernia inguinale senza fiii perdaii. Gas-
zetta degli ospedali 1903. Nr. 20.
Baldanza (1) hat die Bas s in i sehe Methode etwas modifiziert. Bei
allen seit kurzer Zeit datierenden inneren und äusseren Leistenhernien prä-
pariert er die Fascia transversa nicht los; er näht den M. obliquus internus
und den M. transversus an den hintern Band des Ligamentum Pouparti, so
den hintern Teil des neuen Kanals bildend. Auf 215 so von ihm operierte
Fälle hatte er vier Rezidive, davon zwei bei Lidividuen, die mit doppelseitiger
Hernie behaftet waren. R. Giani.
B^gouin (2) empfiehlt das Verfahren nach Mugnai, nach dem er
14 Fälle operiert hat. Es besteht in einer Modifikation des Bassini,
indem der ganze Leistenkanal und das obere Durchtrittsloch für den Samen-
strang ausgeschaltet wird. Letzterer wird hinter die Bauch wand in das sub-
peritoneale Fettgewebe verlagert, so dass er die Bauchwand direkt im Niveau
des äusseren Leistenringes durchbohrt. Diese Methode empfiehlt sich durch
ihre leichte Ausführung und gibt gute Resultate.
Benjamin (3) verwirft resorbierbares und nicht resorbierbares Naht-
material, letzteres wenn es nach der Heilung nicht entfernt werden kann, bei
der Radikaloperation von Inguinalhemien. Er verwendet Silkwormgutnähte, die
unterhalb des Einschnittes durch die Haut, Lig. Poup. obliquus internus und
transversus abdominis wieder zurück durch Lig. Poup. und Haut gehen und
über Gazebäuschchen geknüpft werden. Für Hautschnitt und Obliquus ex-
temus-Schlitz wird eine zweite Nahtreihe angelegt.
Bobbio (4) berichtet über einen Fall von direktem Leistenbruch, bei
einer Frau, die auf der entgegengesetzten Seite auch einen Schenkelbruch
hatte. — Auf Grund seines und der zwei bisher veröflfentlichten ähnlichen
FäDe (Fracassini, Mambrini) behauptet er, dass die direkte Leisten-
hernie beim Weibe, in klinischer Hinsicht, die gleichen Zeichen aufweise wie
beim Manne, beim Operationsakt aber in drei Punkten sich von der Leisten-
hernie beim Manne unterscheide, nämlich 1. finde sich die Hernie nach innen von
den Oberbauchgefässen, 2. sei der Bruchsack noch von der Fascia transversa
bedeckt, 3. lasse sich das Ligamentum rotundum leicht vom Bruchsack los-
trennen. R. Giani.
Caubet (7) hat vier Fälle reiner Fetthernie im Leistenkanal beobachtet.
Sie sind hier viel seltener als im Schenkelkanal und bilden nuss- oder mandel-
grosse Fettklumpen, die sich beim Einschneiden der Obliquusfascie präsen-
tieren, einen meist sehr kleinen und leeren Bruchsack einscheiden und vom
präperitonealem Fett abstammen. Dies Lipom liegt meist im Leistenkanal,
erreicht sogar oft nicht einmal den äusseren Leistenring. Der Zusammenhang
mit dem Bruchsack ist nicht sehr innig, meist lässt sich dieser sehr leicht
isolieren; manchmal fehlt sogar ein eigentlicher Bruchsack und man findet
nur ein vorgestülptes hemiöses Lipom. Diese vom präperitonealen Fett stam-
menden Lipome sind nicht zu verwechseln mit den nicht so seltenen prävesi-
kalen Lipocelen, bei denen der Stiel des Fettes nach der Blase hinzieht.
Schliesslich sind von Bioca noch isolierte Lipome des Samenstranges im
Leistenkanal beschrieben, ohne jeden Zusammenhang mit Peritoneum oder
Blase, sie sind meist sehr gefässreich und adhärieren fest dem Samenstrang.
720 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
Merkwürdigerweise fand C a u b e t diese Hernien nicht etwa bei fettleibigen
Personen, sondern bei kräftigen muskulösen in den besten Jahren. Über die
Entstehung der Fetthernien im Leistenkanal sind die Ansichten der Antorai
noch recht abweichend.
Die Differentialdiagnose ist nach dem Obengesagten recht schwierig:
oft unmöglich, besonders nach der Seite einer irreponiblen Netzhemie.
Die operative Therapie unterscheidet sich in nichts von der sonstigen
Leistenhernie, nachdem man das Lipom abgetragen hat.
Das Verfahren Cavazzanis (8) zur Behandlung des Leistenbruches be-
steht darin, dass er das Ligamentum Falloppii bis zum Schambein herunter-
zieht und die innere Schenkelgrube, die wirkhch existiert und bei der Ätio-
logie der Hernie eine Rolle spielt, aufhebt. R. Giani.
InChavannazs Falle (9) wurde gelegentlich der Operation einer rechts-
seitigen Leistenhernie aus Versehen die Blase angeschnitten, sofort vernäht
und ein Dauerkatheter in die Blase eingelegt. Heilung.
Cartia (10) 2 Vs jähriger Knabe kommt mit einer rechtaaeitigen Leiatenhemie zar
Operation. Nach ErOfiFnnng des leeren Brnchaackea zeigte aich im unteren hinteren Tefl
desaelben eine rundliche Schwellung yon oa. 1 Zoll Durchmesser, von der man den Bmeb-
aack abpräparieren konnte. An feinatreifiger Mnaknlatur auf der Oberfläche wurde die
kugelige Vorwölbung ala die Blaae erkannt, die aich in den Anulua intemua mit einem Di-
vertikel eingeatOlpt und nun längat dea hinteren Teilea des Brnchaackea entwickelt hatte;
bis daa Ende dea Divertikels aich ala die oben erwähnte Anachwellung präsentierte, i^
in die Blaae eingeführter Katheter gelangte in daa Divertikel. Operation nach Baasioi,
wobei daa Blaaendivertikel sorgfältig durch stumpfe Eüiken beiseite geachoben reap. in <iie
Bauchhöhle zurückgebracht wurde. Heilung.
Guermonprex (11): Gut beobachteter Fall von einer durch grobes
Trauma entstandener Hernie bei einem 43 jährigen Manne, die ohne Operation
bei Rückenlage zur vollständigen Heilung gelangte. Der Verlauf im einzelnen
muss im Original eingesehen werden. Der Autor kommt zu folgenden Schlüssen:
Die präinguinale (direkte) Hernie kann traumatisch entstehen, was objektiv
noch nach acht Tagen durch das Vorhandensein von Ekchymosen und Ex-
koriationen bewiesen werden kann. Bei Rückenlage verschwand die Hernie toU-
ständig; die Bruchpforte der traumatischen Hernie war eine ganz andere, als
die der gewöhnlichen Leistenhernie; der Bruchkanal verlief nicht schräg,
sondern direkt durch die Bruchwand. Während der Heilung und Obliteration
der Bruchöffnung kann man konstatieren, dass die Bauchhaut mit der Apo-
neurose verwächst und knotenförmige Narben sich bilden, entsprechend den
subkutanen Zerreissungen der Bindegewebslager der Bauchwand.
Halsted (12) berichtet über die Veränderungen und Verbesserungen
seiner vor 14 Jahren angegebenen Operationsmethode an dem Material von
1000 Fällen. Hauptsächlich legt er Wert auf die ausgiebige Exzision des
Venenplexus am Samenstrang (118 Fälle so behandelt blieben rezidivfrei) und
auf die gute Versorgung des unteren Wundwinkels.
Dabei lässt er jetzt den Samenstrang möglichst unberührt an seinem
Platze, weil unvorsichtiges Hantieren zu Hydrocelen und Atrophie der
Hoden führt.
Halsted beschreibt noch einmal genau die einzelnen Phasen der Ope-
ration, welche durch sieben sehr instruktive Dlustrationen deutlich gemacht
wird und gibt schliesslich eine Statistik der Rezidive.
Indem van der Hoeven (15) bei Erwachsenen die Methoden von
Bassini präkonisiert , operiert er die Leistenbrüche bei Kindern nach der
Methode von Kocher oder Czerny.
Eatnmeyer, Die Hernien. 721
Wenn Behandlting mit Brachbänder nicht zum Ziele führt, will er schon
früh (vor dem 5. Lebensjahre) zur Radikaloperation schreiten. Im ganzen
wnrden 41 Kinder operiert, 13 nach Kocher, 20 nach Czerny. Bei 33
Ejindem fand Nachuntersuchung statt; nur in zwei Fällen Rezidiv.
Das eine Rezidiv betraf ein Kind, das am zweiten Tage p. o. Scharlach
bekam ; infolgedessen gingen die Wundränder wieder auseinander und erfolgte
die Heilung per granulationem.
Das zweite Kind hatte gleich nach der Entlassung aus dem Kranken-
haase wieder ein Bruchband getragen, die Narbe war atrophisch geworden.
In den übrigen Fällen erfolgte glatte Heilung ohne Rezidiv. Die Nach-
untersuchung fand resp. 6 — 1 Jahr p. o. statt. Goedhuis.
Kiliani (17) fand zweimal bei jungen Leuten gelegentlich einer Leisten-
hemienoperation eine extraperitoneale Cystocele, veranlasst durch ein Lipom.
Die Blase wurde erkannt und nicht verletzt. Blasensymptome hatten nicht
bestanden.
Die linksseitige direkte Leistenhernie beim Weibe ist bisher nur von
Fracassini (1901) beschrieben worden; einen zweiten Fall veröffentlicht
nun Mambrini (19). Es handelte sich um eine 46jährige Frau, die seit
ungefähr 6 Jahren mit einer linksseitigen Leistenhernie und einer rechts-
seitigen Schenkelhemie behaftet war; beide Hernien waren scheinbar ohne
Ursache entstanden. Die der Leistenhernie entsprechende Schwellung zeigte
mehr Neigung nach vom zu prominieren, als gegen die entsprechende Scham-
lippe hinabzusteigen. Radikalbehandlung nachNavaro rechterseits, Behand-
lung nach Bassini linkerseits. Bei der letzteren Operation konstatierte man,
dass der Bruchsack aus zwei Blättern bestand, von denen das äussere an die
Fascia transversa erinnerte ; zwischen ihnen fand sich Fettgewebe. Das Liga-
mentum rotundum liess sich vom Bruchsacke leicht loslösen und die Ober-
banchgefässe lagen nach aussen vom Sacke. Glatte Heilung. R. Giani.
Mignor (21). Bei einem 22 jährigen Patienten fand sich im Brnchsack ein Me ekel-
sches Divertikel, das an der vertikalen Richtung der Muskelfasern erkannt wurde; es war
abgeplattet und im Grunde des Bruchsackes adhärent, mass 7 cm in der Länge und war
voB der Dicke des Ileum. Seine untere Partie war verdickt und mit dicken strotzenden
YeBen bedeckt. Die Serosa war sehr schlaff und reich an Gefässen, die nur aus Längs-
moskulatur bestehende Wand verdickt ; in der Mukosa verliefen sehr regelmässig angeord-
nete transversale Falten, die an der Ansatzstelle erodiert waren. Kein Mesenterium. Das
Divertikel wurde zirkulär abgebunden, 10 mm darunter durchschnitten, die Mukosa ezzidiert,
eingestülpt und mit Lembert- Nähten geschlossen. Beschwerden hatte der Bruch nie ge-
macht. Heilung.
Nach einer Einleitung über die Anatomie des Processus vaginalis peri-
tonei berichtet Monzardo (22) über 135 von ihm operierte Fälle von Leisten-
hernie bei Kindern (114 Knaben und 21 Mädchen). In 94 Fällen bestand
die Hernie rechterseits, in 27 linkerseits, in 14 auf beiden Seiten. Der Bruch-
inhalt bestand 131 mal aus Intestina, 2 mal aus Eierstock und Tube, Imal
aus der Harnblase, 5 mal aus dem Appendix. Gute Dienste, schreibt Verf.,
habe ihm ein von ihm ersonnener wattierter Rahmen geleistet; das Kind wird
in bequemer Lagerung an demselben befestigt und kann hier Kot und Harn
entleeren, ohne den Verband zu verunreinigen. R. Giani.
Morestin (23) hat dreimal bei jungen Mädchen resp. Frauen die Hernie-
tomieinzision so angelegt, dass die Narbe in die Schamhaare fiel. Der 4 cm
lange Schnitt läuft vertikal in der Axe des Mens Yeneris nach unten bis
zur vorderen Kommissur der grossen Schamlippen bis auf die Aponeurose.
Jahresbericht fflr Chirurgie 1903. 46
722 Jahresbericht f&r Chirurgie. II. Teil.
Die entsprechende Schamb'ppe ¥rird dann lospräpariert und auf einem Haken
stark zur Seite gezogen, bis der äussere Leistenring frei liegt. Nun erfolgt
die übliche Versorgung des Sackes etc.
Diese Methode ist allerdings nur anwendbar bei kleinen, leicht reponiblen
Hernien, bei denen man auf keine Schwierigkeit zu stossen annehmen kann.
In der zweiten Arbeit gibt Morestin die Krankengeschichten und eine
Reihe von Photographien, die während der Operation gemacht sind.
Die Modifikationen von Petrulis (24) beziehen sich auf Operationen
ohne versenkte Nahte. Die Art der Nahtführung, welche gestattet, dass sich
in der Rekonvaleszenz alle Nähte wieder entfernen lassen, ist ohne Abbildung
und längere Beschreibung nicht verständlich. Verf. hat nach dem neuen
Rasumowsky sehen Verfahren 56 Hernien operiert mit 6— 8®/o Eiterung
19 Fälle wurden länger als 2 Jahre beobachtet; drei davon wurden rezidiv.
Im zweiten Teil der Arbeit empfiehlt Petrulis die Belassung des
Bruchsackes in situ, falls derselbe dünnwandig und nicht narbig degeneriert
ist, weil dadurch die Operation vereinfacht wird und das Trauma betreffs des
Samenstranges ein minimales ist. 19 mal wurde so operiert ; in den verfolgten
Fällen war das Resultat in allen Fällen augenscheinlich vollständige Oblite-
ration, nachdem allerdings bei einigen Patienten sich temporär seröse Flüssig-
keit im Sacke angesammelt hatte.
Porcile (25) trug die Geschlechtsdrüse, die sich zu einem ganz kleinen
Knoten reduziert hatte, mit dem Bruchsack ab ; bei der histologischen Unter-
suchung konstatierte man, dass der Knoten aus Epididymalgewebe bestand
und jede Spur vom Hoden fehlte. R. Giani.
Auf dem internationalen Kongress in Madrid teilte Peri zwei Fälle
von Hemia ovarii inguinalis mit, bemerkend, dass in der Literatur nur acht
ähnliche Fälle beschrieben seien. Über einen neunten Fall berichtet Rossini (26),
der ihn bei einer wegen linksseitiger eingeklemmter Leistenhernie operierten
60jährigen Frau beobachtete. Die Diagnose war auf eingeklemmten Netz-
bruch gestellt worden. Im Bruchsack war der Eierstock enthalten, der er-
kannt und nach Lospräparierung vom Leistenring reponiert wurde. Drei-
Etagennaht, Heilung per secundam. R. Giani.
Die Beobachtung von Routier (27) ist dadurch interessant, dass sich
die Reduktion en masse spontan vollzogen hatte, ohne dass irgendwelche
Taxisversuche stattfanden.
Seh wienings (28) Untersuchungen beziehen sich auf die vom 1. Oktober
1894 bis 1. Februar 1899 zum Dienst mit der Waffe eingestellten 1252795
Soldaten der deutschen Armee. Das umfangreiche Zahlenmaterial verarbeitet
er zu folgenden Schlusssätzen:
1. Von sämtlichen Eingestellten haben 157,58 pro Mille, also nicht ganz
der sechste Teil, eine Brucbanlage aufgewiesen.
2. Von sämtlichen Eingestellten haben 3,36 pro Mille einen Leisten-
bruch gehabt.
3. Von diesen hat etwas über die Hälfte (51,58 ®/o) bei der Aushebung
eine Bruchanlage besessen.
4. Bei den bei der Einstellung vorgefundenen Leistenbrüchen verhielten
sich die rechtsseitigen zu den linksseitigen und den beiderseitigen wie 1 zu
0,68:0,07.
5. Während der Dienstzeit sind 4,9 pro Mille aller zur Einstellung ge-
langten Leute an Leistenbruch erkrankt.
Kammeyer, Die Hernien. 723
6. Von diesen hatten etwas mehr als die Hälfte (51,43 ^/o) bei den vorT
hergegangenen Untersuchungen eine Bruchanlage aufgewiesen (yergl. Satz 3).
7. Bei den während der Dienstzeit entstandenen Leistenbrüchen ver-
hielten sich die rechtsseitigen zu den linksseitigen und den beiderseitigen wie
1 : 0,64 : 0,03 (vergl. Satz 4).
8. Von sämtlichen mit Bruchanlage Eingestellten erkrankten an
Leistenbruch 15,89 pro Mille.
9. Von sämthchen ohne Bruchanlage Eingestellten erkrankten nur
2,82 pro Mille an Leistenbruch.
10. Bei den mit Bruchanlage rechts eingestellten Bruchkranken
▼erhielten sich die rechtsseitigen Brüche zu den linksseitigen und den doppel-
seitigen wie 1 : 0,15 : 0,013.
11. Das gleiche Verhältnis stellt sich bei den mit Bruchanlage links
Eingestellten wie 1 : 9,7 : 0,103.
12. Dasselbe bei den mit Bruchanlage beiderseits Eingestellten
wie 1:0,72:0,37.
13. Die gleichen Verhältnisse findet man, wenn man die einzelnen Armee-
korps getrennt betrachtet.
14. Ein unmittelbarer Vergleich der einzelnen Truppenarten hinsichtlich
der Häufigkeit der Brucherkrankungen ist nicht angängig, da eine Berechnung
der Erkrankungsziffer auf die Zeiteinheit (Dienstjahr) bei der verschiedenen
Länge der Dienstzeit nicht möglich ist.
15. Unter diesem Vorbehalt betrachtet hat die Kavallerie am meisten
Bracherkrankungen (6,16 pro Mille der Eingestellten), der Train am wenigsten
(3,45 pro Mille) aufzuweisen gehabt.
16. Auch bei den einzelnen Truppengattungen sind von den mit Bruch-
anlage Eingestellten stets bedeutend mehr Leute an Bruch erkrankt als von
den Mannschaften ohne Bruchanlage.
17. Die im Satz 10—12 genannten Zahlenverhältnisse finden sich mit
geringen Schwankungen auch bei den einzelnen Truppenarten wieder.
18. Von sämtlichen wegen Dienstunbrauchbarkeit oder Invalidität aus
dem Heere Entlassenen sind rund Vio (11,02 ^/o) wegen Leistenbruch aus*-
geschieden.
19. 70,85 Prozent aller Entlassenen waren dienstunbrauchbar; davon ent-
fallen 7,11 ^/o auf Bruchkranke, bei 4,57 ^/o war der Bruch bei der EinsteUung
vorgefunden, bei 2,53 ^/o während der Dienstzeit entstanden.
20. Als Halbinvaliden sind 8,69"/o aller Entlassenen ausgeschieden,
davon fast die Hälfte, 3,89 7o, wegen Leistenbruch.
21. Als Ganzinvaliden sind 20,46 Vo aller Entlassenen ausgeschieden,
davon nur 0,04 ^/o wegen Leistenbruch.
21. Legt man allein die während der Dienstzeit erkrankten Bruchleiden-
den der Betrachtung zugrunde, so sind von denselben 38,33 ^/o als dienst-
unbrauchbar, 59,36 Vo als invalide entlassen; 2,31% sind im Dienst verbUeben.
23. Unter den dienstunbrauchbaren Bruchkranken über-
wiegen die mit Bruchanlage Eingestellten; unter den invaliden
Bruchkranken die ohne Bruchanlage Eingestellten.
24. Nur bei den Pionieren und dem Train überwiegen auch bei den
invaliden Bruchkranken die mit Bruchanlage Eingestellten.
25. Die Mehrzahl aller Brucherkrankungen fand im ersten Dienstjahre
statt; nämlich 69,99 ^/o; davon wieder 42,89 ^/o, also gut Vs im ersten Halb-
46*
724 Jahresbericht fUr Chirurgie. [I. Teil.
Jahr; anf das zweite Dienstjahr entfielen 31,43 Vo, anf spätere Jahre 5,58 ''/o
aller Erkrankungen.
26. Das Oberwiegen der Erkrankungen im ersten Jahre macht sich nodi
stärker bei den mit Bmchanlage Eingestellten geltend; von diesen erkrankten
allein mehr als die Hälfte (62,69 %) im ersten, 18,72 Vo im zweiten Halb-
jahre; 24,71% im zweiten Dienstjahre und nur 3,89 später.
27. Die gleichen Verhältnisse finden sich bei den verschiedenen Trappen-
gattungen mit Ausnahme der Kavallerie, bei welcher wegen der dreijährigen
Dienstzeit die Erkrankungen nach dem zweiten Dienstjahre naturgemäss zahl-
reicher sind als bei den anderen Tmppenarten.
28. In rund V« aller Erkrankungen (25,43 7o) ist eine Ursache für die
Entstehung des Bruches nicht festgestellt. Bei den einzelnen Armeekorps
schwankt diese Zahl zwischen 14,29 Vo (X. Armeekorps) und 47,08 Vo (XHL Armee-
korps) aller Erkrankungen.
29. Bei den mit Bruchanlage eingestellten Bruchkranken betragt die
Zahl der unbekannt gebliebenen Ursachen 32,26 Vo der betreffenden Erkran-
kungen; bei den ohne Bruchanlage Eingestellten dagegen nur 20,26%, also
12% weniger.
30. Bei den mit Bruchanlage eingestellten Bruchkranken sind 26,31 °/o,
bei den ohne Bruchanlage Eingestellten dagegen nur 13,04 ^/o aller ang^ebenen
Entstehungsursachen als Dienstbeschädigungen nicht anerkannt.
31. Die verschiedenen Ursachen sind bei den einzelnen Truppenarten
je nach den Eigenheiten des Dienstbetriebes ziemlich erheblichen Schwan-
kungen unterworfen.
Stevenson (30). Betrifft 14 Soldaten, die meist nach Kocher mit
Erfolg operiert wurden.
Zatti (32) hat in 55 Fällen von Leistenbruch die Badikaloperation
ohne versenkte Nähte ausgeführt; er führte sie selbst in den schwersten,
ältesten und in sehr komplizierten Fällen aus, in denen die Teile schon
grössere Veränderungen erfahren hatten. Er unterbindet den Bruchsack nach
dem Verfahren von Duplay und Cazui, lässt die Gefasse frei von Schlingen
und stellt die Hinterwand des Leistenkanals mittelst Zapfennähte aus Seide
her, die die vierfache Schicht an den Schenkelbogen heften. Zur Herstellung
der vorderen Wand benützt er die unteren Lappen der eingeschnittenen
Aponeurose des M. obliquus extemus, wobei er sich der gleichen Nahtmethode
bedient. Am 10. oder 12. Tage entfernt er den Verband; er traf nie die
geringste Flüssigkeitsansammlung in der Wunde an. R. Giani.
IIL Kroralheraien.
1. *Balace8cn, Radikale Operation der Kraralhemien auf ingoinalem Wege. RevisU
de Chirurgie 1903. Nr. 7 p. 331 (ramänisch).
2. Gavazzani, T., Un naovo processo per la oura radicale dell' emia cmrale. Glinica mo-
dema. N. del 1903. 22. Luglio.
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6. Mariotti G., Ernia dell' uretero ainistro nel canale crurale. U Policlinico. Sez. pratica
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Eammeyer, Die Hernien. 725
7. Penso R., Gontribato allo studio dell' ernia cmrale strozzata. Gazzeta degli ospedali
1903. Nr. 35.
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de la SOG. de chir. de Paris. Nr. 27.
9. Schiassi B., Enterocele cmrale e varicocele cmrale. Gazzeta degli ospedali 1903.
Nr. 154.
10. "^Whipple, Two cases of strangalated femoral heraia, with a comparison of the me-
thode of dealing with damaged intestine. Lancet. Sept. 19.
Cayazzani (2) empfiehlt ein neues Verfahren zur Radikalbehandlung
der Schenkelhemie bei Fällen von Hernien mit weitem Ring und dünnen fibrösen
Geweben, bei denen Rezidive zu befürchten sind und die innere Öffnung, weil
sehr weit, schwerlich durch Vemähung des Co op ersehen Bandes mit dem
Falloppio sehen (Ruggis Methode) geschlossen werden kann. Dieses Ver-
fahren ist folgendes: Man zieht das Ligamentum Falloppii herunter bis zum
Schambein und hebt die innere Schenkelgrube auf; als Stützpunkt für das
nach unten gezogene Leistenband benutzt man den horizontalen Schambein-
ast, führt den Faden unter diesen in den Obturatorkanal, fixiert ihn an das
Leistenband und zieht es nach unten und nach hinten. Nachdem man den
Faden geknotet, kann man noch einige Sicherheitsnähte zwischen Leistenband
und M. pectineus anlegen oder, wie Bossini tut, die PUca semilunaris ver-
nähen. Verf. hat nach dieser seiner Methode schon 3 Fälle operiert.
R. Giani.
Der von Girardi (3) mitgeteilte Fall von Cystocele cruralis betrifft
einen 52 jährigen Mann, der auf der entgegengesetzten Seite mit einem Leisten-
bruch behaftet war. Nach vom von der Blase fand sich eine enorme Lipo-
cele, nach deren Entfernung man auf die Muskularis stiess. Die Diagnose
wurde gestellt, weil Patient, der wach war, während der Traktionen ein starkes
Bedürfnis zu harnen fühlte. Verf. weist auf die Häufigkeit der Lipocele bei
Blasenbruch hin ; er sieht in der Weite des Schenkelrings eine Prädisposition
zur Hernie, deren Austreten durch die Lipocele begünstigt werde.
R. Giani.
Li der Literatur finden sich nur 2 Fälle von Hamleiterbruch beschrieben
(Reichel, Boari) und in beiden war der Harnleiter in den Leistenkanal
ausgetreten; Mariotti (6) berichtet nun über einen dritten, in welchem es
sich jedoch um Hemia cruralis handelte. — Patientin war eine 36 jährige
Frau. Es bestand ein grosses Lipom an der Stelle und der Bruchsack ad-
härierte am Schenkelring; rittlings auf seinem oberen Teile lag ein ziemlich
harter, gänsefederdicker, rosenroter Strang, der auf 7 — 8 cm herausgezogen
werden konnte und sich durch seinen Verlauf als der Harnleiter zu erkennen
gab. Er wurde von seinen Adhärenzen mit dem Bruchsack befreit und in
die Höhle zurückgebracht. In den ersten 24 Stunden ging nur sehr spärlicher
Harn ab und Patientin hatte ein anhaltendes Gefühl von Schwere und Schmerz
in der Unterbauch- und linken Lendengegend ; dieses Gefühl hörte am darauf-
folgenden Tage auf, während Patientin sehr reichlichen Harn entleerte. —
Glatte Heilung. — Die Tatsache, dass, trotzdem der Harnleiter auf weiter
Strecke isoliert worden war, keine nekrotischen Erscheinungen auftraten, ist
eine kUnische Bestätigung dafür, dass der Harnleiter seine eigene Zirku-
lation hat. R. Giani.
Penso (7) beschreibt das bei eingeklemmtem Schenkelbruch von ihm
befolgte Operationsverfahren; dasselbe ist folgendes:
726 Jahresbericht fQr Chirargie. II. Teil.
I. Er legt die Bruchgeschwulst, das Ligamentum Falloppii und die Apo-
neurose des M. obliquus extemus auf eine Strecke von 12 — 15 cm frei.
IL Er eröffnet den Bauch dem Aussenrand des M. rectus entlang, schützt
die eingeklemmte Schlinge mit Gaze und verschliesst die Schenkelgrube eben-
falls mit Gaze.
ni. Durchschneidung des Lig. Falloppii und Blosslegung des ganzen
Bruchsackes.
IV. Er erweitert den ins Peritoneum und in die Fascia transversa ge-
legten Schnitt bis nahe an den inneren Schenkelring und trennt mit einer
Löffelschere das Peritoneum um den inneren Schenkelring herum los.
y. Er hebt den Bruchsack in toto aus dem Bauche heraus und schützt
diesen mit Gazekompressen.
VI. Eröffnung des Bruchsackes, Reinigung der eingeklemmten Schlinge
und Resektion derselben, wenn es angezeigt ist.
VII. Reposition der Schlinge ins Peritoneum. R. Giani.
Qa^nu (8). Der im Bmchsack gefondeDe Processus vermiformis zeigte an seiner
Aiusenfläche nur eine EinsehnfiniDg, dagegen fand sich die Schleimhant mit ihren Dr&een-
lagern, die Suhmakosa und der grOsste Teü der Ringmnsknlatnr im Znstande der Nekrobioee.
Schiassi (9) beschreibt 2 Fälle: Einen von Hemia cruralis enterica
und einen von ampuDenförmiger Varicocele der Saphena externa. Den erstereu
behandelte er nach der Ruggi sehen Methode, den letzteren in der Weise,
dass er zwei Ligaturen am Ende der Ampulla anlegte und den zwischen den
Ligaturen gelegenen Venenabschnitt resezierte. R. Giani.
IT. Umbilikalhernien.
1. Escherich, Die Behandlung der Nahelhei-nien der Kinder mittelst Paraffinpeloite.
Monatsschrift für Kinderheilkunde. Nr. 4.
2. Knoop, Beitrag zur Therapie der NahelschnurbrQche. v. Yolkmannsche YortrSge.
N. 34a
3. Lucae-Gbampionni^re, Traitement palliatif de la hemie ombilicale. Les bandagea
Journal de möd. pratique. Nr. 5.
4. Menge, Zur Radikaloperation der Nabelbrüche und der epigastrischen und subumbili-
kalen Hernien der Linea alba. ZentralbL f. Gyn&kol. Nr. 13.
Es eher ich (1) hat 30 Kinder zwischen 1 — 14 Monaten mit Nabel-
hernien vermittelst der Gersuny sehen subkutanen Paraffinprothese behanddt
Er verwendet bei 39^ schmelzbares Paraffin, das in 50® warmen Wasserbade
flüssig erhalten wird. Nach Reposition des Nabelbruches mittelst der linken
Hand sticht er mit der rechten die gekrümmte Nadel der Metallspritze in
der oberen Peripherie des Bruchsackes so durch die Haut, dass die nach
oben gerichtete Spitze frei in dem leeren Bruchsacke beweglich ist. Ein Assi-
stent schiebt dann den Stempel vor, bis 1 — 4 ccm injiziert sind, während die
linke Hand mit der Kompr^^ssion nachlässt, so dass die Figur des Bruches
sich noch einmal in ganzer Grösse präsentiert. Nach 1 — 2 Minuten Äther-
spray wird die Nadel entfernt und der Stichkanal mit Kollodium geschlossen.
Über den Bruch werden alsdann zwei Gazeläppchen als Kompressen aufgelegt
und mit Zinkpflaster, resp. mit darüber gelegter zirkulärer Heftpflastertour
befestigt. Darüber kommen einige Bindentouren. Der Verband bleibt acht
Tage liegen. Alsdann liegt das Paraffin wie eine abgeplattete Pelotte auf
dem Bruchring. Am günstigsten sind Nabelhernien mit kleiner Bruchpforte,
nicht grösser als 1 cm. Doch sind auch grössere zur Heilung gekommen.
Eammeyer, Die Hernien. 727
Toxische Wirkungen, Embolien n. s. w. sind nicht yorgekommen. Einmal ent-
stand eine Stichkanaleiterung und eine kleine Drucknekrose der Haut. Wegen
der Einfachheit und Gefahrlosigkeit des Verfahrens empfiehlt Verf. es auch
für den praktischen Arzt
In der Kieler Klinik sind letzthin 3 Fälle von Nabelschnurbmch mit
gutem Erfolge operiert. Knoop (2) gibt die Krankengeschichten und einige
Bemerkungen betreffs der Operationsmethoden. Wichtig ist vor allem, dass
man sehr frühzeitig operiert, ehe der amniotische Überzug beginnt einzu-
trocknen und mortifiziert. Die rein konservative Behandlung ist nur bei grossen
inoperablen Brüchen noch gestattet, sonst soll man operieren und zwar am
besten durch Laparotomie und Verschluss der Bauchwand mit Schichtennaht.
Von den zuletzt publizierten 46 Fällen sind 32 = 96,5 % geheilt und zwar
durch Laparotomie 35 Fälle mit 25 = 71,4% Heilungen.
Nach Lucas-Championniöre (3) muss man streng scheiden zwischen
dem Nabelbruch bei Erwachsenen und dem der Kinder. Die letzteren mit
ihrer ausgesprochenen Tendenz zur Spontanheilung bedürfen ganz anderer
Bandagen als die von Erwachsenen. Alle Pelotten mit zapfenförmigem Fort-
satz in den Nabelring sind zu verwerfen. Eine gut angelegte Flanellbinde
mit einem Kissen oder noch besser ein streifenförmiger Verband von Kaut-
schnkheftpflaster genügt fast immer; Seidenbandagen reizen sehr stark
die Haut.
Die Nabelhernie bei Erwachsenen ist viel ernster zu nehmen, da sie
ständig Neigung zur Vergrösserung und Komplikationen zeigt. Bruchbänder
mit einem halb um den Leib reichenden Bügel sind unbrauchbar; selbst solche
mit zwei Bügeln, die am Rücken an zwei Kissen ihren Halt haben, sind meist
unzweckmässig, weil die Pelotte am Nabel doch keinen rechten festen Stütz-
punkt findet. Besser sind schon die Bruchbänder, bei denen die Pelotte durch
4 Stahlarme an den ringsum reichenden Gürtel angefügt ist. Handelt es sich
aber um irreponible, druckempfindliche Hernien, so sind den Bruchbändern
mit Stahlkugeln einfache Gürtel vorzuziehen, die vom eine grosse platte
weiche Pelotte aus Leder oder Sammt tragen. Meist bringen sie den Frauen
genügende Erleichterung, auch wenn der Bruch nicht radikal zurückgehalten
wird. Solche Bandagen sollen nicht ständig getragen werden, sondern öfters
am Tage muss das Bruchband abgenommen werden und der Patient hori-
zontal liegen. Sehr wichtig ist dabei die Regelung der Diät und des Stuhles.
Gelingt diese durch Vermeidung schwerer blähender Speisen und vermag man
vor allem das Körpergewicht bei den meist fetten Patientinnen um einige
Küo zu drücken, so befinden sich die Kranken meist ganz wohl.
Natürlich soll das Normalheilungsverfahren der Radikaloperation bleiben,
aber leider verbieten oft Komplikationen, wie Diabetes, J^mphysem, vorge-
schrittenes Alter den operativen Eingriff.
Man überlasse auch die Patienten nie bloss dem Bandagisten, sondern
kmnmere sich um alle die oben genannten Einzelheiten.
Menge (4) hat zwei grössere Nabelhernien und einen sehr umfang-
reichen, subumbilikalen Bruch nach Biondi resp. Pfannenstiel operiert,
welche bekanntlich die Rektusscheiden transversal, die Recti aber vertikal
vereinigen, um eine möglichst grosse Verwachsungsfläche und günstige Zug-
richtung der Muskeln gegen die Narbe zu erreichen. Er schildert den Ein-
griff folgendermassen: Querovaläre Umschneidung des Nabels in grossem Um-
kreise, Freilegung des Bruchringes, der nach Exstirpation des Sackes ange-
728 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
frischt wird. Vom Bruchring aus wird nach beiden Seiten hin das vordere
Blatt der Rektusscheide transversal bis ca. 3 cm über den medialen Rand
der diastatischen Recti gespalten. Dann folgt eine weitere vorwiegend stumpfe
Ablösung der Recti an dem vorderen und hinteren Blatte der Rektusscheide
mit möglichster Schonung der Gefässe und genauer Blutstillung. Mit dem
Zeigefinger werden nun beiderseits oberhalb und unterhalb der Bruchpforte
zwischen den diastatischen Muskeln das vordere und hintere Blatt der Rektus-
scheide bis zur Mittellinie stumpf auseinandergedrängt; in der Mittellinie ist
eine stumpfe Trennung unmöglich; deshalb wird hier das verfilzte Fascien-
gewebe durch einen auf den Fascienrand geführten transversalen Schnitt ca.
3 cm weit nach oben und nach unten in ein vorderes und hinteres Lager
gespalten. Dann folgt die transversale isolierte Vemähung der hinteren Rektus-
scheide ; die mobilisierten Recti werden durch Knopfnähte auf ca. 6 cm in der
Mittellinie vereinigt und der lange Querspalt der vorderen Rektusscheiden
durch eine fortlaufende Naht verschlossen. Fortlaufende isolierte Unterbaut-
fett- und Hautnaht.
Für die Zukunft ist noch eine Modifikation dieser Methode geplant.
y. Innere Hernien.
1. Andrew, A case of hernia into the fossa daodeoo-jejmialis. Lancet Jan. 24.
2. Atherton, Retroperitoneal heroia. Annais of sorg. Jan.
3. flilgenreiner: Zur Kasuistik der Hernia hursae omentalis. Ein Fall von Heinia
intraepiploica incarcerata. Prag. med. Wochenschrift. Nr. 48, 44, 45.
4. Leech, Notes on a case of strangnlated left duodenal (retroperitoneal) hernia» anccees-
fully relieved hy Operation. Lancet. June 6.
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becks Archiv. Bd. 71. Heft 4.
6. Sulzberger, Über einen eigentümlichen Fall von innerer Einklemmung. ünterelsSas.
Ärzteverein. Mttnchener med. Wochenschr. Nr. 34.
Gelegentlich einer Sektion fand Andrew (1) bei einem alten Manne
eine mächtige Entwickelang der normalerweise nur angedeuteten Fossa dnodeno-
jejunalis. Diese Peritonealtasche zog sich weit nach links und oben und
unten fort und enthielt fast den ganzen Dünndarm.
Atherton (2). 33 jähriger Landmann leidet dann und wann an Schmerzen in der
rechten Bauchseite. Auf sein Drängen und unter der Annahme einer chronischen Peri-
typhlitis wird der Bauch geöffnet und ein anscheinend gesunder Processus vermiformis ent-
fernt; einige im Becken adhärente Appendices epiploicae werden gelöst. Innerhalb voii
zwei Tagen begann Erbrechen, Temperatursteigerung und Pulserhöhung. Bei der Wiede^
eröffhung des Bauches findet sich in der rechten Seite ein 2Vs Zoll langes, gangränöses
und perforiertes Darmstück; Resektion von 9 Zoll Darm und Wiedervereinigung. Tod am
Abend der Operation. Bei der Sektion zeigt sich eine kleine peritoneale Tasche lateral nod
hinter dem unteren £nde des Blinddarms, in der es zu frischer Einklemmung gekommeo
war; denn alte Verwachsungen wurden nirgends gefunden. Augenscheinlich hatten die
früheren Beschwerden ihre Ursache in zeitweiligen unvollkommenen Inkarzerationen.
Hilgenreiner (3). Es sind bis 1901 ca. 100 innere Hernien beob-
achtet, davon 20 operiert mit 11 Heilungen. Verf. veröffentlicht einen bis
jetzt erst zweimal beschriebenen Modus von Einklemmung fast des ganzoi
Dünndarmes zwischen den Blättern des Omentum majus, wobei die abnorme
Eintrittsöffnung des Darmes in dem hinteren Blatte unweit der Umschlags-
stelle in das vordere Blatt gelegen war (cf. Abbildung). Der Bruchring war
für 3 Finger durchgängig und nicht besonders straff, so dass die Reposition
der Darmschlingen aus dem Peritonealtrichter leicht gelang. Der Bruchsack
Eammeyer, Die Hernien. 729
repräsentierte sich nun als eine yom Colon transversum schaff herabhängende
Tasche, die, weil Pat. kollabierte, nur der ganzen Länge nach gespalten, nicht
reseziert wurde. Günstiger Verlauf.
Die sehr interessante Arbeit von Narath (5) eignet sich leider nicht
für ein kurzes Referat. Es handelte sich um eine noch nicht beobachtete
VarietÄt der Tr ei tz sehen Hemia duodeno-jejunalis mit Perforation des
Omentum minus, so dass das ganze Dünndarmkonvolut vor dem Omentum
majus, Yor dem Colon transversum und vor dem Magen lag. Letzterer zeigte
eine Sanduhrform, die durch die fast zirkuläre Umschliugung seitens des
Dünndarms zustande gekommen war. Ausserdem fand sich eine alte Ulcus-
Schwiele auf dem Magen, an der die Dünndarmschlingen inhärierten. Eine
genaue Ej*ankengeschichte und 2 Abbildungen machen den Fall verständlich,
der noch dadurch einzigartig ist, dass er der einzige Fall von Uemiä duodeno-
jejunalis sinistra ist, der mit glücklichem Ausgange operiert ist. Verf. geht
noch insbesondere auf die Theorie der Entstehung Tr ei tz scher Hernien ein
sowie auf einige andere Punkte in Rücksicht auf die frühere Literatur.
Im Salzberger sehen (6) Falle war die innere Einklemmnng bedingt durch einen
Strang, der vom Netz zum linken Darmbeinkamm zog, wo er mit einem fingerlangen, ca.
IVt cm breiten, flachen fibrOsen Körper fest verwachsen war. Der bleistiftdicke Strang
hatte das Ilenm etwa 1 V« cm oberhalb der Yalvnia Baohini vollstftndig komprimiert; nach
Resektion war die Einklenunong zwischen Wirbelsftole und Strang sofort beseitigt Der
fibrdae Körper mag sich ans einer Appendix epiploica oder Appendix des Coecam entwickelt
haben. Heüang.
Tl. Seltene Hernien.
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Cernezzi(l) berichtet über 3 in den Jahren 1901—2 von ihm operierte
Fälle von Wurmfortsatzbruch ; in 2 derselben war dieser angeboren. Die ^-
worbenen Hernien seien, nach Verf., durch das Hinabsteigen anderer benact
barter Organe, mit denen der Wurmfortsatz leicht verwächst, bedingt In
der Tat adhärierte nach der von Baiardi veröffentlichten Statistik (Lo
Sperimentale 1895) nur bei 4 von 93 Hernien der Appendix nicht am Brock-
sacke und den anderen hemiierten Organen. Die makro- und mikroskopisden
Untersuchungen lassen Verf. den Schluss ziehen, dass am hemiierten Appesdii
fast konstant Veränderungen anzutreffen sind ; am häufigsten seien die mibno-
skopischen Veränderungen der Mukosa und Submukosa. Deshalb sei bei
solchen Hernien die Abtragung des Wurmfortsatzes stets angezeigt, die
übrigens den Operationsakt nicht kompliziere. (R. Gianl)
Colli US (3). 1. 48jfthrige Frau mit einer Richterschen Hemie. Der verdidkisi
Darm wurde vorgelagert; die bald darauf entstehende Darmfistel heilte ohne Bauehheraie m
2. Eine 64jfthrige Frau kommt anter den Symptomen einer eingeklemmten Henie
zur Operation. Dabei ergibt sich, dass ein 4 Zoll langer Kaninchenknochen den Brndsack
durchbohrt hat, ohne dnss man eine Perforation des Darmes finden kann. Heilung.
3. 45jfthrige Frau mit einem Darmwandbruch, der vorgelagert wird. Heilung olai
Darmfistel, nachdem die fixierenden Nähte am zehnten Tage entfernt waren.
Cumston (3) bringt 7 eigene Fälle von Hernia epigastrica. Einer der
Patienten hatte zwei derartige Hernien.
Friedrich (9) untersuchte Vh Jahre lang alle Patienten der innero
Poliklinik des Budapester Bezirkskrankenhauses auf Hernia epigastrica. &
fand bei ca. 15500 Patienten 33 Fälle, also ca. Ofi^lo; bei Frauen ist die
Bauchhemie halb so selten wie bei Männern. Die statistischen Angaben
anderer Autoren schwanken übrigens sehr. Betreffs der Entstehung leugnet
Kammeyer, Die Hernieir. 731
Friedrich den Einfluss der Erblichkeit, hält aber ein Trauma öfters für
Ursache des Bauchbmches. Yiäle seiner Patienten hatten keine Ahnong ihres
Leidens, nnd in solchen Fällen rät er auch nicht znr Operation, besonders
wenn die Patienten noch einen ruhigen, sitzenden Beruf haben. Die übrigen
Angaben geben Rekapitulationen aus der Literatur.
Grenier de Gardeoal nnd Board eron (10) berichten folgenden eehr seltenen
Fall: Ein 58jfthriger, kräftiger Gärtner, der ausser an einem Typhös nie krank gewesen
war wird znr Operation gebracht, weil sich bei ihm Symptome von subakatem Darm ver-
schluss zeigen. Nach Eröffnung des Braches stürzen die stark geblähten DQnndarmschlingen
vor, das Goecam and Colon ascendens sind enorm aufgetrieben, das Colon descendens liegt
flach znsammengedrückt an der hinteren Bauchwand. Das Colon transversum verlor sich,
allseits in starke ältere Verwachsangen eingebettet, in der Qegend des linken Hypochondrium.
Bei der Trennung kam es zur Perforation des Coecnm, weshalb ein Anus praeter naturalis
angelegt und der Bruch geschlossen wurde. Nach drei Tagen starb der Patient und es
fand sich, dass das Colon transversum an seiner linken Flexur durch eine 5 francstückgrosse
öfeung im Zwerchfell in den Herzbeutel hineinzog. An den Rändern der Öffnung bestanden
starke Verwachsungen, im Herzbeutel lag das Eingeweide mit fast dem ganzen Netz frei;
einige Appendices epiploicae waren gangränös. Das Herz war wenig verändert. Augen-
scheinlich handelte es sich um eine angeborene Zwerchfellhemie mit dem Netz als Inhalt;
erst letzter Zeit war wohl die Colonschlinge in den Bruchsack gelangt und eingeklemmt.
Fünf neue Beobachtungen von Dickdarmhemien par glissement (d. h.
Dickdarm ohne Peritonealüberzug im Gegensatz zu den Hernien par de-
placement, wobei der Dickdarm einen vollständigen Bauchfellüberzug hat)
geben Gross (11) Veranlassung zu ungefähr folgenden Schlüssen:
Die ziemlich seltene Form der Dickdarmhemie par glissement betrifft
meist das Coecum und das S romanum. Über Pathogenie wissen wir noch
wenig; da sie keine charakteristischen Symptome macht, ist auch ihre dia-
gnostische Abgrenzung gegen die Dickdarmhemie par deplacement meist un-
möglich. Die Prognose hängt ab von dem oft recht bedeutenden Volum, von
ihrer Repositionsfähigkeit und von den b^leitenden Verdauungsstörungen.
Einklemmung ist häufig und betrifft ebenso oft eine begleitende Dünndarm-
schlinge wie den Dickdarm selbst. Diese Form des Bruches soll stets operiert
werden, sofern nicht die bekannten Kontraindikationen seitens des allgemeinen
Status dies verbieten. Die Operation hat SpezialSchwierigkeiten wegen der
eigentümlichen Lage des Eingeweides ausserhalb des Sackes und wegen der
fast stets vorhandenen Verwachsungen. Diese müssen sehr vorsichtig gelöst
werden, um Darmgangrän zu vermeiden. Ist die Reposition schwierig oder
munoglich, so kommt die Hemiolaparotomie von Terrier und die Mesoplastie
und Kolopexie von Morestin in Frage. Geschieht die Rekonstruktion der
Bauchwand nicht sehr sorgfältig, so sind Rezidive häufig. Ist die Reposition
ganz unmöglich, so kann man die Darmschlinge an ihrem Platze belassen,
nachdem man den Bruchsack nach Möglichkeit reseziert hat oder nach
Juillard mittelst Resektion des adhärenten Darms mit enterorraphie circu-
laire operieren. Besteht zugleich Einklemmung und Irreponibilität, so muss
ein Anus praetematuralir angelegt werden. Über die definitiven Resultate
lässt sich noch wenig sagen, da die Zahl der operierten Fälle noch klein ist.
fieuström (18). 67 jährige Frau hat seit 12 Jahren eine Geschwulst auf der Innen-
seite des Schenkels unter der Leistenbeuge gefühlt. Bruchband getragen. Jetzt Inkarze-
rationssymptome, geringe Druckempfindlicbkeit. Das Howship-Romberg sehe Symptom.
Operation. Genesung. Verf. hat als Nachtrag zu filteren Statistiken aus der Literatur der
letzten zehn Jahre 57 Fälle mit 24 Todesfällen — ein grosser Teil davon operierte — zu-
sammengestellt. Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Hon seil (15). Isolierte Einklemmnngen des Proc. vermiformis sind oft
schwer von Appendicitis im Bmchsack zu unterscheiden. Theoretisch ist
732 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. Teil.
jedenfalls das erstere sehr wohl denkbar, besonders wenn man annimmt, dass
der Processus zunächst frei in der Bauchhöhle neben einer Brachpforte ge-
legen hat und nun durch eine gewaltsame Aktion der Bauchpresse plötz-
lich in die Pforte hineingedrängt ist. Schwieriger ist es, sich yorzustdlen,
dass ein bereits im Bruchsack fixierter Processus sich einklemmt. Eine
elastische Einklemmung ist dann nicht mehr möglich; hierbei wird es sich
wohl meist um primäre entzündliche Veränderungen im Processus seihst
handeln. Zur Entscheidung kommt in Frage, ob im klinischen Bilde und in
Operationsbefunde die Einklemmungs- oder die entzündlichen Symptome mehr
im Vordergrund stehen. Auch das Alter ist bestimmend: Appendicitis ist
am häufigsten zwischen dem 10. und 30. Jahre; für Brucheinklemmimg
disponiert mehr das höhere Alter.
Verfasser bringt 4 eigene Beobachtungen zweifelloser primärer Ein-
klemmung; aus der Literatur werden 79 Fälle als solche bezeichnet^ doch
scheinen dem Verf. nur 17 (im Auszug mitgeteilte) davon wirklich beweiseod
zu sein. Alle diese 21 Fälle betreffen mit Ausnahme yon einem Manne und
einem Knaben Weiber, insbesondere jenseits des 40. Lebensjahres, die sämt-
lich krurale Hernien hatten. Mit Ausnahme eines Falles waren alle Brudie
erworbene, davon 12 durch einen äusseren Anlass verursachte. Die Ein-
klemmungssymptome waren dieselben, wie bei jedem eingeklenmiten Bruche,
die als pathognomisch beschriebene Beinflexion konnte Verf. nicht beobachten;
auch charakterisierte sie sich durchaus nicht als besonders stürmische, mt
Rose, das behauptet hat. Die Veränderungen am Processus beschränkteD
sich in 13 von 21 Fällen auf Zeichen venöser Stase, in 7 Fallen bestand
Gangrän oder Verdacht auf Gangrän. Eiter, Kotmassen oder Steine wurdai
nie gefunden. Die Diagnose auf primäre Wurmfortsatzeinklemmung ist un-
sicher, die Prognose anscheinend nicht ungünstig, da sämtliche Patienten ge-
nasen, trotzdem 7 mal bei 14 Spätoperierten definitive Veränderungen am
Processus getroffen wurden. Die Taxis ist absolut zu verwerfen, dagegen
immer die Resektion auszuführen.
Die grössere Arbeit von Jeannel (16) über die Lumbalhemien kann
hier nur kurz referiert werden. Er gibt eine ausführliche Literatur und be-
ginnt mit der Anatomie der Lendenhemie. Dabei weist er nach, dass das
sog. Trigonum Petiti seu Trigonum lumbale inferius seinen Namen mit Un-
recht trägt. Petit hat nur höchst vage Angaben über Hernien in dieser
Gegend gemacht ; vielmehr stammen die genauen Beschreibungen von Luschka
1863 und Lesshaft 1870. Das zweite sog. Trigonum lumbale superius sea
Trigonum Lesshaft ist zuerst von Benno Schmidt 1860 und Luschka
1863 beschrieben und abgegrenzt, dann genau beschrieben von Grynfeltt
1866 und von Lesshaft 1870.
Als dritte Form der Lumbalhemien kommen Löcher in der Aponeurose
des Latissimus dorsi in Betracht, die zugleich Durchtritt^stellen für Nerven
und Gefasse sind oder ganz um-egelmässig gelegen sind. Nun folgt ein ans-
führlicher historischer Exkurs, worin er vor allem Grynfeltt das Recht
vindiziert, früher als Lesshaft das nach diesem genannte Dreieck beschrieben
zu haben.
Jeannel unterscheidet kongenitale und erworbene Lumbalhemien. Von
ersteren hat er 10 Fälle aus der Literatur ausführlich veröffentlicht nnd
resümiert daraus nach Entstehung, Anatomie, Symptomen, Behandlung etc.,
obgleich das Material teilweise sehr lückenhaft ist. — Als zweiter Abschnitt
Eftmmeyer, Die HernieD. 733
folgt die fast wörtliche Wiedergabe der Krankengeschichten von 53 Fällen
erworbener Hernien aus der Literatur nebst zahlreichen Illustrationen. Auch
diese Serie hat er nach obigen Gesichtspunkten sorgfältig gesichtet, ohne dass
sich gerade neue Gesichtspunkte dabei ergeben. Er kommt betreffs der Be-
handlung zu dem Schlüsse, dass jede Lumbalhernie radikal operiert werden
muss, wie eine Leisten- oder Schenkelhernie, sofern nicht der allgemeine Zu-
stand des Individuums eine chirurgische Intervention überhaupt verbietet.
Die Beobachtung zweier FäUe von eingeklemmtem Bruch des Wurm-
fortsatzes gibt Leyy (17) Veranlassung, in einer grösseren Arbeit die Frage
der Komplikation dieser Hernien zu bearbeiten. Die wichtigsten Zufälle sind
die Entzündung und die Einklemmung; weniger häufig ist eine enkystische
Form* Die Entzündung kann bedingt sein durch Trauma, durch Fremdkörper
(meist Eotsteine), sowie durch üble Zustände im Verdauungstraktus : Obsti-
pation sowohl als Diarrhöen. Auffallend häufig tritt diese Appendicitis her-
nialis im höheren Alter auf, sowie bei ^^rthritischer Diathese^. Betreffs der
pathologischen Anatomie ist nichts Neues gebracht; in dem einen der zwei
Fälle wurden aus dem Bruchwasser drei nicht genauer klassifizierte Bakterien-
arten gezüchtet. Von den Symptomen ist ein lanzinierender, streng lokali-
sierter und kolikartiger Schmerz im Bruchsack charakteristisch, sowie die
oft steinharte Beschaffenheit des Bruches. Alle anderen Symptome der Ein-
klenmmng haben nichts Spezifisches für unsere vorliegende Hernie, so dass
daher auch die spezielle Diagnose : entzündeter Wurmfortsatz im Bruch recht
schwierig und meist unmöglich ist. Die Prognose ist immer ernst, richtet
sich aber wesentlich danach , ob der ganze Wurmfortsatz, oder nur ein Teil
im Bruchsack liegt; im ersten Falle ist sie günstiger, weil ein eventuell sich
bildender Abszess leichter nach der Haut perforiert; im letzten Falle droht
eher die Gefahr der allgemeinen Peritonitis. Betreffs der wichtigen Frage,
was ist das Primäre: Entzündung oder Einklemmung, steht Verf. auf dem
Standpunkte, dass die Einklemmung nicht die Entzündung hervorruft, sondern
dass zuerst immer die Entzündung vorhanden ist. Die Symptome des ein-
geklemmten Wurmfortsatzes sind andere, als die des übrigen Darmes, da ja
, die Yerschlusserscheinungen des Darmes fehlen ; dagegen sind nervöse Er-
scheinungen im allgemeinen Status, besonders die ;, Facies grippe^ sehr ausge-
sprochen. Der Patient sieht ängstlich verfallen aus, die Atmung ist mühsam
und schwindelig, der Puls klein und frequent, kurz der Patient hat ausge-
sprochene Kollapserscheinungen.
Eine encystierte Hernie des Wurmfortsatzes ist bis jetzt erst einmal
beobachtet.
Diese nur kurze Übersicht gibt nur ein unvollkommenes Bild von der
fleissigen Arbeit, die am Schluss noch die Literatur über diesen Gegenstand
seit dem Jahre 1868 enthält.
Lucksch (18). Eine 75 jährige Frau leidet seit ca. 14 Jahren an einer
öfters zu Inkarzerationserscheinungen führenden Nabelhernie. Die Radikal-
operation verläuft gut; aber am 13. Tage stirbt die sehr fette Person an
Herzkollaps. Bei der Sektion fand sich, das die Flexura coli dextra in ca.
30 cm Ausdehnung zvnschen der rechten Stemal- und Kostalportion des Zwerch-
felles in die rechte Pleurahöhle eingetreten war. Der Sack enthielt Pleura und
Peritoneum, keine Muskulatur; nirgends sonst in der Gegend der Hernie war ein
Riss zu erkennen. Für die Annahme einer erworbenen echten Hernie spricht
die Lage an oben genannter Stelle, die physiologisch eine wenig Widerstands-
734 JahreBbericht far Chirargie. IL Teil.
fähige Partie des Diaphragma ist, sowie dass die rechte Lnnge normal g^
bildet und nur durch den Druck d^r Hernie etwas retrahiert war. Die Ur-
sachen der Entstehung sind wohl die seit Jahren aufgetretenen Inkarzerationen
von Darmteilen, die dabei meteoristisch aufgebläht und nach jener Piutie
des Zwerchfelles gedrängt wurden, zumal die Leber, welche sich sonst Tor
diesen Zwerchfellteil legt, bei der Patientin auffallend klein war. Femer
war das Zwerchfell sehr stark mit Fett durchwachsen.
Eine recht seltene Beobachtung bringt Magnanini (20):
Bei einem 2 monatlichen Mftdchen fand sich in der linken Inguinalgegend ein bvi-
grosser Tumor, der yor 14 Tagen entstanden war, nachdem daa Eind einen ähnlichen Tmaor
auf der rechten Seite gehabt hatte, der aber einige Tage vor dem Auftreten der linksseitigeB
Geschwulst verschwunden war. Der ftussere Leistenring war nicht zu fohlen; der Ton«
war nicht reponibel, nicht durchsichtig und nicht druckempfindlich. Allgemeinzastaad us-
gezeichnet Bei der Operation prfisentiert sich nach Eröffnung des Bruchsaekea der ütvos
mit einer Tube nebst Ovarium; der ftussere Leistenring umfasate das rechte UiemaboiB.
Auf ganz leichten Zug erschien auch das andere Ovarium im Leistenkanal. Die Organe
erscheinen etwas blass, aber sonst gesund. Reposition der Eingeweide, Abbindung ^
Sackes, Verschluss des Ringes mit einer Naht. Heilung.
Meyer (21) empfiehlt auf Grund neuer befriedigender Resultate Silber-
filigrannetze für die Heilung von grossen Bauchbrüchen, sofern die Bauch-
-wände noch dick genug sind.
Bei der Sektion eines Neugeborenen fand Nau (22) ausser einer Hasen-
scharte, zwei Eiemengangschondrofibromen, einer Kommunikation der Hen-
ventrikel, sowie Missbildungen an den Nieren, auch eine linksseitige Zwerdi-
fellhemie in den Pleuraraum. Sie befand sich an dem vorderen Teil des
Diaphragma und enthielt den linken Leberlappen nebst dem Fundus des
Magens. Beide Serosae waren deutlich vorhanden und beide Nervi pfarenid
gut und gleichmässig entwickelt.
Plücker (23). Das Netz hing 5 cm aus dem Interkostalraum heraus.
Resektion der achten Rippe, Inzision des Zwerchfelles, Reposition des N^izes,
Naht des Zwerchfelles; Tamponade, die aber wahrscheinlich Ursache ein«
sekundären Empyems wurde. Heilung, keine Bauchverletzung.
Verf. bespricht den Unterschied der Verletzung des Zwerdifelles vom
Thorax oder Bauch aus, sowie die Art der verletzenden Waffe etc.
Riegner (24). 35 jähriger Arbeiter hat neben anderen Verletzungen eine 13 cd
lange Schnittwunde im linken achten InterkostaLranm vermittelst eines Hirschflngen c^
halten, wobei die nennte Rippe durchtrennt ist. Aus der Wunde prolabierte ein Netxatiick
und in der Tiefe der Pleurahöhle lag ein grosser Teil des Netzes und des Magens, der bdm
Husten noch weiter durch den 8 cm langen Riss des Zwerchfells hervorgeschleudeii wurd«.
Trotz vollständigem Pneumothorax war die Respiration gut, der Puls leidlich. In 17*"^^
diger Narkose wird zuerst des NetzstOck abgetragen, dann das fibrige Netz uid Magn
reponiert und die Zwerchfellwunde mit 12 Katgutnähten geschlossen. Da ungewiss war,
ob nicht die Organe des Abdomen mitverletzt waren» wird Patient laporatomiert; im BaoA
fand sich alles intakt. Schluss der Laparotomie- und der Rippenwunde; letztere bis «of
eine kleine drainierte Öffnung. Schon am nächsten Tage hatte sich die kallaUerte Lange
wieder entfaltet. Weiterer Verlauf ohne Komplikationen.
Rotgans (26) hat viermal diese Operation ausgeführt, stets mit gataa
Resultat; ein Fall ist schon vier Jahre ohne Rezidiv.
Der Hantschnitt wird direkt über dem Po apart sehen Bande gemadil;
der Schenkelkanal wird verschlossen durch Nähte, die den Museal, obliq. int
und Transv. mit dem Lig. Cooperi vereinigen.
Oberhalb wird eine Naht zwischen Muskel und Poupart sehen Bande
angelegt. Das Poupart sehe Band wird an did. Fascia pectinea genähte
Groedhuis (Deventer).
Eammeyer, Die Hermen. 735
Schnitzt er (28). Bald nach der Gebnrt wurde bei der kleinen Pa-
tientin eine bohnengrosse linke Leistenhernie bemerkt, die mit 6 Monaten
einmal irreponibel wurde infolge einer heftigen Diarrhöe. Haselnussgrosse,
harte druckempfindliche Geschwulst, Abdomen weich, kein Erbrechen. Trotz
Fehlens von Likarzerationserscheinungen Operation. Im Bruchsack blutiges
Fruchtwasser und das linke blauschwarze stark vergrösserte Ovarium mit ober-
flächlichen Nekrosen samt Tube und Ligamentum latum; der Stiel des Ovariums
um 360^ gedreht und zwar hinter dem äusseren Leistenring. Der Leisten-
kanal so weit, dass seine Wände keinen Druck ausüben. Ligatur jenseits der
Torsionsstelle. Hadikaloperation. Heilung.
Es sind nur zwei Fälle yon torquierter Ovarialhemie bekannt, beide
bei Kindern in den ersten Lebensmonaten.
Zu den bis jetzt bekannten 4 Fällen von Hemia obturatoria ovarii yer-
öffentlicht Schopf (29) einen fünften:
68 jfthrige Arbeiterin leidet seit drei Jahren an zeitweise auftretenden heftigen krampf-
artigen Schmerzen in der linken Unterhanchgegend mit Anaatrahlung bis ans Knie, so dass
der Oberschenkel gebeugt gehalten werden musste. Dabei stets Erbrechen, aber keine
Stahl verhaltang. Beim letzten Anfall 20 mal Erbrechen and kein Stahl za erzielen; auf-
getriebenes Abdomen, beiderseits kleine freie Schenkelhernien; Uterus stark nach unten ge-
drängt, so dass die Portio vor der Vulva liegt. Bei der Laparotomie mit Schleich fallen
stark geblfthte cyanotische DQnndarmscblingen vor, Kolon stark kollabiert; eine 10 cm
lange Uenmschlinge ist eingeklemmt zwischen Bauch wand und die in den Canalis obtura-
toriuB vorgefallene Tube nebst Ovarium, lAsst sich aber aus dieser Einklemmung leicht be-
freien und zeigt leichte Kompressionsringe. Da die Tuba nicht reponierbar ist, wird die
Beraiotomie gemacht. Der obturatore Bruchsack enthielt blutig-schwarzbraunes Bruchwasser
nebst Ovarium und Tube mit Fimbrienende. Auch von' aussen lassen sich diese nicht zurück-
bringen, so dass sie exstirpiert werden müssen; Schloss der Membrana obturatoria mit
drei Nahten. Exitus nach ca. 12 Standen.
Verf. gibt eine kurze Übersicht über die betreffende Literatur und be-
merkt, dass er in 20 Jahren bei 95349 Kranken 393 inkarzerierte Hernien
aufgenommen habe, von denen 3 Hemiae obturatoriae incarceratae waren. Die
Taxis ist bei der strammen Einschnürung, die so leicht zu Gangrän führt,
besonders gefährlich, die Diagnose aus begreiflichen Gründen sehr schwierig,
oft unmöglich.
Die Operationsresultate sind besonders bei der Laparotomie jetzt viel
günstiger geworden und Verf. rät, möglichst immer auch die Radikaloperation
anzuschliessen, da Rezidive mit tödlichem Ausgang bekannt sind. Die Naht
muss sehr tief angelegt werden, damit man das innere Blatt der Membrana
obturatoria mit in die Nadel bekommt Verschluss der Bruchpforte mit Muskel-
lappen ist meist erfolglos, da der Muskel später bei Nichtgebrauch atrophiert ;
der N. obturatorius muss mitreseziert werden, damit die Verschlussnaht keinen
Druck auf ihn ausübt. Auch freie Hernien des Foramen obturatorium soll man
radikal operieren, zumal das unter Lokalanästhesie möglich ist.
Silbermark und Hirsch (31). Nach einer kurzen Übersicht der
üblichen Methoden des Bauch verschlusses empfehlen die Verff. dieLennander-
sehe, bei welcher die Eröffnung des Abdomen 2 — 3 Querfinger von der Linea
alba geschieh mit Schonung des Musculus rectus (cf. Original). Sehr wichtig
ist genaueste Blutstillung, sowie, falls Drainage notwendig ist, die Anwendung
des sogenannten Mo setig sehen Gebildes, eines ca. 20 cm langen, 3 Finger
breiten, locker zusammengerollten Jodoformgazestreifens, dessen oberes Drittel
derart yon einer Guttaperchapapierschicht umhüllt ist, dass die Gaze etwa
fingerbreit über den Rand des Papierstreifens herausragt. Die Breite der
736 Jahresbericht für Chimrgie. II. Teil.
Guttaperchahülle richtet sich nach der Dicke der Bauchdecken und mnss diese
innen und aussen um einen Finger breit überragen. Die unteren zwei Drittel
der Gaze sind nicht gerollt, sondern entfaltet : es stellt also eine Kombination
von Drain und Docht dar. Geht noch beim Verbandwechsel ein Kanal in die
Tiefe, so wird nach Entfernung des Sekretes reines Glyzerin tropfenweise in
den Kanal gegossen; durch das spezifisch schwerere Glyzerin wird alles Sekret
in die Höhenebene der Wunde gedrängt und so entfernt.
Unter 41 kontrollierten Fällen haben die Yerff. nach dieser MeÜiode
kein Rezidiv gehabt, das durch die Unzulänglichkeit der Methode entstandmi
wäre. Fettreichtum der Bauchwand brachte keinen schädigenden Einfloss.
Tereschenkow und Fedorow (32) operierten einen Fall von doppel-
seitiger Lumbalhernie (ausserdem litt der Patient an einer epigastrischen
Hernie). Die Austrittsstelle der Lumbalhemie war das Grynfeltt-Less-
haftsche Dreieck (Trigon lumbale sup.), durch welches, nach den Literatur-
studien der Yerff., häufiger die Lumbalhemien zutage treten , als durch das
Trigonum Petiti. In dem Fall Tereschenkows und Fedorows bildete
den Bruch subseröses Fettgewebe, ein Bruchsack war nicht vorhanden. Zur
Schliessung der Bruchpforte wurden der Erector trunci und M. obl. intern,
und latiss. dorsi und Obl. extern, jederseits durch Knopfoähte vereinigt.
Hohl b eck (St. Petersburg).
ViaDuay (34). 58 jähriger Mann mit einer seit 16 Jahren bestehenden mannskopf-
grossen, irreponiblen und schmerzhaften rechtsseitigen Leistenhernie. Jabonlay macht
einen grossen Laparotomiebrachschnitt bis aufs Peritonenm; der Inhalt des Bmohsackes
wird dann ohne Eröffnung des Sackes reponiert bis auf einen kleinen Rest, der aus öie-
matösen Appendices epiploicae nebt Goecum besteht und die am Collum verwachsen, sick
erst nach Eröffnung des Bmchsackes- in die Bauchhöhle zurQckbringen lassen. Sodann er-
folgt Ligatur und Resektion des Bruchsackes und Naht der Bauchwand mit Renntiersebsea
und Silkworm. Drainage der grossen Wundhöfale im Skrotum, die stark sezerniert Heilung.
XV.
Verletzungen und ehirurgisehe Krankheiten der Leber
und Gallenblase.
Referent: E. Pagenstecher, Wiesbaden.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Allgemeines.
1. Anschütz, Ober die Resektion der Leber, y. Volkmannsche Vorträge 190S. Nr. 356
und 357.
2. Balacescu, Eine neue Methode von intrahepatischer Ligatur (mit einer einflidigen KetteD-
ligatur). Revista de chimrgie 1903. Nr. 10. p. 433—455. Mit 19 Figuren. (Rum&niseL)
Pagenstecher, Yerletzangen u. ehinirg. Krankheiten der Leber u. Qallenblase. 737
8. Brewer, Some practical points in the anatomy of the gall-bladder region. Medical
NewB 1903. May 2.
4. Brion und Kays er, Kflnstliche Infektion der Gallenblase mit Pneumokokken nach
Gholedochnsresektion. Grenzgebiete der Medizin 1903. Bd. 12. Heft 5.
5. V. BUngner, Zar Anatomie and Pathologie der Gallenwege und des Pankreas, v. B r u n s-
sche Beitrage 1903. Bd. 89. Heft 1.
0. D^vö, De qaelques particnlaritte anatomiqnes et anomalies de la vMcale biliaire.
BalL et mäm. de la soc anat de Paris 1903. Nr. 8.
7. *Qilbert nnd Lippmann, Le microbisme biliaire normal. Soc. de biologie Bd. XXXI.
Heft 1.
8. ^Heidenheim, Die Erfolge der Gallensteinoperationen. Diss. Bonn 1903.
9. Kehr, In welchen Punkten ich von Riedels Ansichten ttber GaUensteinchimrgie ab-
weiche. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 17.
10. Kirmisson etH^bert, Absence cong^nitale des voies biliaires extra-höpatiques chez
an enfant pr^sentant en outre une phocomelie du membre sup^ieur gaucbe. Bull, et
m^m. de la soc. anat. de Paris 1908. Nr. 3.
11. Masnata, G., Emostasi epatica. 11 Policlinico 1908. Vol. X— C. Faso. 8.
12. — Emostasi, resezioni e snture del fegato. II Policlinico 1903. Vol. X— G. Fase. 5.
18. MathienetBoux, L'exploration ezt^rieure du foie. Gazette des höpitaox 1903.
Nr. 59.
14. ^Morihan-Beauchant et Bessounet, Le xanthome böröditaire et familiaire. Ses
relations avec la diath^se biliaire. Archives g^n^rales 1903. Nr. 37. (Nichts chirur-
gisch Wichtiges.)
15. Newbolt, Borne Operations upon the liver and gall-bladder. Medical Press 1903.
Aprü 15.
16. — Two Operations performed upon the liver through the ehest wall. British medical
Journal 1903. Jan. 24. (Nichts Besonderes).
17. Riedel, Die Pathogenese, Diagnose nnd Behandlung des Gallensteinleidens. Jena 1903.
G. Fischer.
18. Robson, On the modifications and improvements in Operations on the biliary passages.
British medical Journal 1903. Jan. 24.
19. Salinari, ä., La chirurgia delle vie biliari. Bollettino delle scienze med. dl Bologna«
1908. Fase. 4 u. 11.
20. Tripier et Payiot, Pathogenie pöritonitique de la «colique höpatiquc^ et des crises
doalonreuses ^pigastriques. La semaine m^icale 1908. Nr. 4.
21. Viannay, Colon transverse s'insinuant entre la face sup^rieure du foie et le diaphragme.
Soe. des sdences m^. Lyon m^ical 1903. Nr. 6.
22. *Wald, Die operative Behandlung der Gallensteinkrankheit und ihre Erfolge in der
Klinik des Herrn ▼. Bramann. üniv. Hall. Aug. 1903.
Anschütz (1) gibt eine ansfährliche monographische Beschreibnng
der Leberresektion, ihrer Geschichte, insbesondere der Technik nnd der
verschiedenen Methoden der Blutstillung auf ßrund kritischer Erörterungen
und der Erfahrungen der Breslauer Klinik. Er unterscheidet die repres-
siven Verfahren der Blutstillung und die präventiven Massnahmen. Mit
ersteren wird man nur bei kleinen Resektionen auskommen. Tamponade
ist indiziert bei Auskratzung erweichter Tumoren oder entzündlichen Prozessen,
war auch in verzweifelten Fällen das Rettungsmittel. Paquelin versagt bei
grosseren Gefassen. Der Dampfstrahl wird widerraten. Ob heisse Luft bei
grosseren Blutungen wirksam ist, ist fraglich. Das beste Verfahren ist Blut-
stillung durch tiefgreifende Naht, jedoch nur bei kleineren Resektionen an-
zuwenden. Bei grösseren müssen die präventiven Massnahmen in Aktion
treten; die Operation von ihrer Durchführbarkeit abhängig. Pfortaderkom-
pression ist bei Notfällen zu versuchen. Elastische Ligatur sollte nur tem-
porär angevirendet werden, ist sonst unsicher. Anschütz hält für das
beste die interl\epatischen Massenligaturen in strenger Ordnung angelegt; am
besten nach^dem Verfahren von Kusnezoff und Pensky. Mikulicz hat
Jahresbericht für Chimrsie 1903. 47
738 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
mit denselben mehrere zum Teil ausgedehnte Fälle glücklich operiert Die
Leberwnnde ist am besten intrahepatisch mit gleichzeitiger Jodoformgaze-
tamponade zn versorgen. Die Indikationen der Leberresektion sind beschränkt;
beim Krebs sind die Aussichten auf radikale Operation schlecht; dringende
Indikation besteht beim tuberösen Adenom und dem multilokularen Ek^bino-
coccus. Gummata sollten nicht operiert werden.
Mathieu und Boux (13) untersuchen die Leber, indem sie in Rücken-
lage und bei gebeugten Knien des Patienten mit dem gebeugten Finger kurze
Stösse gegen den Leib ausführen; man geht dabei von unten nach oben.
Viannay (21) demonstriert eine Leber, über welche sich bis zum Lig.
falsiforme das Kolon zurückgeschlagen unter Bildung von Verwachsnngen und
einer tiefen Druckfurche.
D6ve (6) demonstriert an Präparaten folgende Anomalien der Gallen-
blase: 1. Lagerung innerhalb von Lebergewebe. 2. Knickungen und Krüm-
mungen. 3. Ektopie, Lagerung auf der Unterfläche des linken Lappens.
Balacescu (2) studierte die verschiedene Metboden der Hämostase h&
Leberresektionen, wie diesenigen von Ceccherelli und Bianchi, Kouz-
netzoff und Pensky, Auvray, Legueu etc. Elr beschreibt sehr genau
mit schematischen Figuren seine eigene Methode an Tieren und vom Prof
Jonnescu viermal am Menschen erprobt. Die Balacescus Methode nnter-
scheidet sich ein wenig von der Auvray sehen und sie entsteht aus Durch-
stechung des Parenchyms mittelst einer stumpfen Emmetschen Nadel. In
der Mitte der Leberportion, die zu exstirpieren ist, passiert man zwei sehr lange
Fäden, kreuzt sie dann an der oberen Leberfläche, ein Faden bleibt links,
der andere rechts; einen Zentimeter weiter, rechts (oder links) mit der stumpfen
Nadel durchbohrt man das Leberparenchym und nimmt eine Öse aus dem
unteren Ende desselben Fadens und mit dem oberen Ende desselben macht
man einen chirurgischen Knoten mit der Öse^ schnürt fest um die Gliss onsche
Kapsel und das Farenchym schneidend, um die Blutgefässe zu komprimieren
und dazu macht man noch einen einfachen Sicherheitsknoten. Einen Zenti-
meter weiter nimmt man von der unteren Fläche an die obere eine zweite
Öse, die mit dem oberen Ende desselben Fadens, wie vorher, zweimal ge-
schnürt wird und so weiter bis die ganze rechte und dann Unke Hälfte der
Portion geschnürt wird und nach Ligiening der zwei Enden desselben Fadens
wird die Portion blutleer exstirpiert. Die Hämostase soll sehr gut sein, weil
die Knoten der Fäden das Parenchym ganz geschnürt und die verschiedenen
Blutgefässe des Parenchyms fest ligiert haben.
Prof. Jonnescu erprobte mit gutem Erfolg schon im Jahre 1897 beim
Menschen in vier Fällen diese Balacescu sehe Methode. Balacescu sah
in Bukarest bei Prof. Severanu in einem Fall, beim Dr. Leonte in zwei
Fällen von Leberresektion die einfache Kettenligatur mit vollem Elrfolg an-
gewandt. Stoianoff (Plevna).
Masnata(ll) forschte nach einem sicheren Mittel zur Leberhämoetase,
das weite Leberabtragungen auszuführen und das freie Eingeweide in die
Bauchhöhle zu reponieren gestatte und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die
intrahepatischen Ligaturverfahren. Zunächst konnte er die Experimente
Auvrays bestätigen, dass nämlich eine stumpfe Nadel in jeder Richtung
durch die Leber hindurch geführt werden kann, ohne dass dabei die Haupt-
gefässe verletzt werden; ebenso kann man eine mit Seidenfäden armierte
stumpfe Nadel durch die I^bermasse hindurchfuhren, ohne bedeutendere Ge-
Pagensteoher, Verleizangen n. cbirnrg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 739
ftsse za verletzen. Legt man nm ein Lebersegment eine Seidenfadenschlinge
und zieht den Faden nach nnd nach so stark wie möglich an, so durchreisst
er die Glissonsche Kapsel und durchtrennt, wie ein stumpfes Instrument
wirkend, das Lebergewebe, an den Gefässen aber innehaltend und sie stielend-
So konnte Verf. beim Hunde und Schweine mittelst nacheinander angelegter
Schlingen ausgedehnte Portionen yon der Leber resezieren. Die auf diese
Weise ausgeführte Stielung ist jedoch bei sehr dicken Lebern insofern gefahr-
bringend, als sie durch Herausreissung der Gefasse unmittelbare Hämorrhagie
und dadurch, dass die Knoten sich nicht vollständig um die Gefässhaute
herum schliessen, sekundäre Hämorrhagie bewirken kann. — Zur Hämostase
von dicken Leberportionen hat Verf. deshalb ein neues Stellungssystem er-
sonnen, das er Angulisationssystem nennt. Dasselbe besteht darin, dass
der ganze Leberstiel in eine Reihe von Winkeln segmentiert wird, die sich
seitlich berühren und wechselseitige Scheitelpunkte haben ; die Fadenschlingen
werden abwechselnd an der oberen und der unteren Leberfläche geknot-et.
Die Gefässe bleiben so im basilaren Abschnitt der Schlinge gefesselt und beim
Anziehen der Fäden finden keine ausgedehnte Gefössverrückungen statt, die
so leicht Rupturen bewirken können. Bei diesem Verfahren muss das Ein-
geweide vollständig hemiert sein. Ist dies z. B. wegen adhärierender Tumoren
nicht möglich, so empfiehlt Verf. die Leberhämostase , mittelst rasch auf-
einanderfolgender Forcipressuren vorzunehmen. Hierzu verwende
man eine lange, gekrümmte Zangensonde, mit welcher man eine Portion Leber
fasst; die Zange lazeriert beim SchUessen das Lebergewebr und presst die
Gefässe nur zusammen; mittelst einer Schlinge unterbindet und stielt man
dann die Gefässe, worauf man die Zange wieder entfernt. Diese Prozedur
nimmt man so oft vor als es der Umfang der abzutragenden Portion Leber
erheischt. R. Giani.
In einem zweiten Artikel teilt Masnata (12) die Resultate seiner
weiteren experimentellen Untersuchungen über die Hämostase, die Resektionen
und die Naht der Leber mit; in demselben beschreibt er auch eine neue
Zangensonde, eine neue Blutstillungspinzette, sowie verschiedene neue Nadeln
zu Nähten. Sodann beschreibt er die Technik, die er bei den an Milchkälbem
von ihm ausgeführten Leberresektionen befolgte, wobei er sich der besonderen
fadentragenden Pinzette und eines rasch fortschreitenden Forcipressurverfahrens
bediente. Nach ausgeführter Resektion legt er zwei Vereinigungsnähte an; eine
tiefe und eine oberflächliche. R. Giani.
V. Büngner (5) studierte an 58 Leichen genauer den Verlauf des
Choledochus in Wirsungianus mit folgendem Resultat. Der Choledochus geht
vor seinem Eintritt in das Duodenum fast stets (in 95 ^/o der Fälle) durch
die Substanz des Pankreas hindurch nnd nur selten (in 5^/o der Fälle)
am Kopfe derselben vorbei. Choledochus und Wirsungianus vereinigen sich
fast nie (nur in 1— 2%), sonden münden fast ausnahmslos (98 — ^99%) ge-
trennt am Boden der Papille. Wirsingianus verläuft in der Regel ungeteilt.
Nur selten (10 Vo) gibt er einen Seitengang ab, der an anderer Stelle in das
Duodenum mündet. Daraus folgt, dass man bei Freilegung des Choledochus
an seinem Ende stets das Pankreas spalten muss. Alle Affektionen des
Pankreas mit Schrumpfung oder Vergrösserung des Kopfes müssen beide Gänge
treffen, daher im klinischen Bild Retention des Pankreassaftes (Fettstühle,
Mellitnrie) und der Galle hervortreten. Verlegung eines Ganges muss nicht
notwendig diä er anderen nach sich ziehen.
47*
740 Jabresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
Kirmisson und Hubert (10) demonstrieren eine Leber mit ToUigem
Fehlen der ausführenden Gallenwege.
Riedel (17) gibt in seiner bekannten lebhaften Diktion nnd auf Grand
zahlreicher Krankengeschichten seine Ansichten über das Gallensteinleiden und
seiner Behandlang, wie sie von seinen früheren Einzelarbeiten bekannt sind.
Er ist ein Anhanger einer frühen Operation, die jeden Gallenstein, der Be-
schwerden macht, entfernen soll, ehe er Komplikationen henrorrufL
Kehr (9) präzisiert, in welchen erheblichen Pnnkten er von Riedel
abweicht. Beschwerden in der Indikationsstellong: Im akuten Anfall will er
nur operieren bei peritonealer Reizung. Geht der Anfall vorüber, ohne Be-
schwerden zu hinterlassen, befinden sich die Steine in Latenz, so operiert er
ebenfalls nicht (s. die ähnliche Stellung Körtes). Vor dem chronischen
Gholedochusverscbluss fürchtet er sich nicht mehr so und hält die Chole-
dochotomie rechtzeitig (nicht später als drei Monate nach Eintritt) ausgeführt
für nicht so gefahrlich. Ebenso bekämpft er die von Riedel empfohlene
versenkte Choledochusnaht ohne Tamponade.
Mayo Robson (18) bespricht seine Technik der Gallensteinoperationen:
Ich hebe hervor: Bei chronischem Ikterus wird vor der Operation Calciuin-
chlorid gegeben. Schnitt stets längs durch die Mitte des Rectus mit stumpfer
Trennung der Fasern; indem Haken die Wundränder halten, eine Hand
die Därme nach abwärts zieht und mit Finger oder Haken die Gallenblasen
nach oben gezogen werden, werden die Gallengänge in einer Linie dem Aug^
zugänglich gemacht. Ein Sandkissen von 18 Zoll Länge, 6 Breite, 3Vt Dicke
liegt unter dem Rücken. Inzisionen in den Choledochus werden bei ge-
schrumpfter Gallenblase und verhärtetem Pankreas drainiert, sonst genäht.
Bei kleiner Blase wird eventuell das Schlauchverfahren geübt. GeschrompfU
Blasen sind meist zu entfernen. Die Ektomie wird nach zwei Methoden
geübt. Bei kleiner Blase wird Isolierung ohne Verletzung der Leber möglidi.
Der Cystikus wird abgequetscht und mit Catgut unterbunden, auf den Stampf
ein Tampon. Bei grossen Blasen wird zur Vermeidung der Leberblutnng die
Serosa beiderseits längs des Leberansatzes gespalten und die ganze Dicke der
Blasenwand ausgehülst, der Cystikus abgebunden oder drainiert. Die Methode
von Mayo (Rochester U. S. A.), nur die Mukosa zu entfernen, hat Robson
nicht praktisch befunden.
Brewer (3) registriert die Resultate anatomischer Studien über die
Gallenwege und ihrer Umgebung. Besonders werden die Anomalien der Ai^
terienverzweigung hervorgehoben. Brewer fand, dass die typische Verteilung der
Art. hepatica, wie die Lehrbücher sie wiedergeben, sich selten findet, audi
der rechte freie Rand des Lig. gastrohep. häufig eine Zahl kleiner Äste des
Hep. enthält und dass solche oft den Choledochus begleiten und umflechten,
dass stärkere Äste an der Aussenseite des Cystikus und Choledochus in 34 V«
sich finden. Fünfmal an 100 Leichen fand sich die Gallenblase an einem freien
Mesenterium befestigt. Die von Mayo Robson und Morrison beschriebene,
zwischen Leber und Kolon gelegene Tasche, welche 400—500 cm Flüssigkeit
aufnehmen kann, existiert zwar, aber selten so abgeschlossen, dass (durch ein
Lig. colicophrenicum) der Abfluss von Flüssigkeit nach dem allgemeinen Bauch-
raum längs des Kolon verhindert wird.
Brion und Kays er (4) infizierten die Gallenblase von Hunden, nach-
dem nur der Choledochus unterbunden und reseziert war. Es trat Pneumo-
kokämie, aber eine Anschoppung der Lunge auf. Die eingebrachten Kokken
PageoBteoher, Verletsnngen n. chirarg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 741
liessen sich in der Galle nach mehreren Tagen nicht mehr nachweisen. Das
erkl&rt das Fehlen der Pneumokokken in der Gallenblase von Pneumoniker-
leichen. (Unwahrscheinlich ist den Aut. eine dem Gallenfluss entgegengesetzt
passierende Infektion beim Menschen.)
Tripier und Pavidt (20). Sogenannte Gallenblasenkoliken bemben
häufig auf einer zirkumskripten Peritonitis, besonders wenn kein Ikterus Tor-
handen ist und wenn sich Adhäsionen danach bilden.
Newboldt (15):
1. Gholeliihiaais. Koliken. Gholecystotomie.
2. Koliken. Zirkumskripter Abszess in Bauehdecken, zusammenhftngend mit der
Bteinbaltigen Gallenblase.
S. Perforation einer eiterbaltigen Gallenblase. Stein im Cjsticas. Laparotomie wegen
Annahme eines perforierten Uleos Tentricali. Tod an PeritonitiB.
4. Gholelitbiasis. Gholecystotomie.
5. Karzinom am Pankreas. Gholelitbiasis. Ictems. Drainage der Gallenblase. Tod.
6. Ghronisehe Pankreatitis. Gholecystotomie. Tod.
7. Echinococcns der Leber, transpleural mit Erfolg operiert
8. Echinococcus. Drainage. Tod nach 7 Wochen.
9. Typischer Leberabasess. Transpleural operiert Tamponade der Pleura. Abszess-
rftnder und aussen genftht Heilung.
Im ersten Kapitel seiner Arbeit über die Chirurgie der Gallenwege er-
örtert Salinari (19), in welchen Fällen einzugreifen sei; es handelt von den
Krankheiten, die die Durchgängigkeit dieser Wege verändern und aufheben
und infolgedessen, ausser lokalen Schäden, auch dauernde, mehr oder weniger
akzentuierte subjektive Beschwerden und Funktionsstörungen hervorrufen, von
den sogenannten primären Infektionen der Gallenwege und den seltenen
traumatischen Läsionen. Im zweiten Kapitel erörtert er, wenn einzugreifen
sei, und im dritten, auf welche Weise dies geschehen müsse. In diesem
letzten Kapitel bespricht er die verschiedenen empfohlenen Operationsmethoden,
sie auf ihren Wert prüfend und die durch sie erhaltenen Resultate anführend.
R. Giani.
8. Terletzungen der Leber und Gallenwege.
1. ^Bardenheuer, Leberverletznng. Allgem. ärzil. Verein EOln. MUnehener med. Woohen-
sehrift 1908. Nr. 18.
2. Emden, Über Schnssverletzung der Leber im Krieg und Frieden. Dias. Eael. 1908.
3. Enderlen, Zur Behandlang der Perforationen und Zerreissungen der Gallenblase.
Mflnchener med. Wochenschrift 1908. Nr. 12.
4. Francke, Zerreissnng der Leber und eines grossen Gallenganges nach Bauchpunktation
spontan geheilt. Deutsche med. Wochenschrift 1908. Nr. 20.
5. Hahn, Ein Fall von subkutaner Rnptur des Choledochus. GOschel- Festschrift. Tübingen
Lanpp 1902.
6. — Subkutane Rnptoren der Gallenwege. 82. Chir.-Kongress. v. Lan gen b ecke Archiv
1903. Bd. 71. Heft 4.
7. Earschnlin, Rnptnr der Gallenblase durch Sturz von einer Hohe; Etablierung einer
Gallenblasen-Banchwandfistel. Heilung. Wiener med.Wochen8chrift 1908. Nr. 23.
8. *Lediard, Perforations of the gall-bladder ; Treatment by invagioation. The Lancet
1908. July 4.
9. Lejars, Plaie du foie, transdiaphragmatique, par arme hfeu. Thoracotomie et laparo-
tomie combin^s. Sntnre du foie. Gudrison. BulL et möm. de la soc. de chir. 1908.
Nr. 29.
10. Lewerenz, Über die subkutanen Rupturen der Gallenwege traumatischen Ursprungs,
nebst einem kasuistischen Beitrag, v. Langenbecks Archiv 1908. Bd. 71. Heft 1.
11. Wilson, Rupture of the liver and laceration of the right kidney; recovery after
Operation. Plül. acad. of surgery. Annais of aurgery 1908. July.
12. Kurten, Gase of bullet wound of liver, right kidney and right lung. Nephrectomy.
Death. British medioal Journal 1908. Jan. 10. (Titel besagt Inhalt)
742 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil.
Enderlen (3) bezweifelt gegenüber Baldassari und G.ardini die
Zweckmässigkeit eines Verschlusses von Gallenblasenwunden mit Serosamnskel-
lappen. Dieselben werden zugrunde gehen. Beim Hund genügt ein vorüber-
gehender mechanischer Verschluss (auch in Alkohol fixiertes Gewebe), den
definitiven machen die Leberlappen, beim Menschen muss Perforation ein-
treten, wenn nicht das Netz eintritt, das von Enderlen experimentell
nützlich gefunden wurde, von Baldassari und G a r d i n i aber verworfen wird.
Hahn (5, 6) bespricht die subkutanen Rupturen an den Gallenwegeo.
Sie kommen meist durch Traumen, event. begünstigt durch krankhafte Zu-
stände der Gallenwege, zustande. Die Galle ergiesst sich ins Peritoneum,
meist entsteht keine septische Peritonitis, sondern mit der Zeit reagiert das
Bauchfell mit dicken Fibrinaufiagerungen und Verkalkungen. Anfangs findet
sich Resorptionsikterus, später verhindern die Schmerzen die Resorption.
Der Ikterus fehlt bei acholischen Stühlen. Dann bedeutende Abmagerung.
Die Therapie kann nur eine operative sein; besteht in Naht oder Ektomie
bei Sitz an Blase oder Cysticus, Tamponade oder Drainage beim Gholedochus.
Hahn stellt tabellarisch 7 Fälle von Choledochusruptur zusammen. Sein
eigener Fall ist folgender:
4jähriger Knabe wird von einem Metzgerfahrwerk fiberfahren — Zeichen innerer
Blutung fehlten. Anfangs erträglicher Zustand, Ikterus, Leib schwillt an, Schmerz nahm ab,
das Kind stand auf, magerte aber ab. Nach 6 Wochen grosse nicht verschiebliche Dimpfang
im linken Banchranm, kleinere rechts. Querschnitt entleert einige Mengen opake FlOaeig-
keit mit Schleim. Höhle von dicker Membran umkleidet, die auch Leber und Gallenwege
überzog. Chemisch Galle nachgewiesen. Kind erholte sich, es bleibt eine Retention. Haha
suchte den Gholedochus freizulegen und fand dabei eine hinter dem Duodenum herkommende
gallenhaltende BOhle und eine Fistel an der Unterfläche des queren Duodenalabschnittes, feele
Tamponade, nach einigen Tagen kehren wieder gallenhaltige Stahle, langsame Heilang.
Lewerenz (lu). 2 V« j&hrig. Knabe wird überfahren. Anfänglich starke peritoneale
Reizerscheinungen, die nachlassen. Vom 8. Tag ab Ikterus, vom 8. AnschwoHung dee
Leibes, entfärbte Stühle, grosser galliger Erguss. Allmählich schwindet Ikterus, und die
Galle aus dem Urin. Nach 10 Wochen Laparotomie. Ausgedehnte schwartige Verwach-
sungen, Höhlräume um die Leber mit grünlicher Flüssigkeit. Gallenblase und Cysticn
unversehrt. Verletzung des Gholedochus nicht gefunden, daher Blase abgelöst and im
Duodenum angenäht Sehr allmähliche Erholung infolge I^eumonie und Plearitis exsB-
dativa.
Lewerenz bespricht die Literatur der Verletzungen der Gallenwege
mit folgendem Resultat: bei subkutanen Verletzungen nicht veränderter Gallen-
wege kommt es nie zu eitriger, nur zu fibrinöser und adhäsiver Peritonitis.
Längerer Gallenaustritt führt infolge Resorption der Gallensäuren zu Siechtum.
Daher indiziert die Verletzung jedesmal rechtzeitige chirurgische Behandlung.
Punktion hat nur palliativen Wert. Statistik von 60 Fällen inklusive den
eigenen Fall.
Francke (4). Bahnarbeiter gerät zwischen zwei Puffer. Nach drei Tagen leichtes
Fieber, zunehmender Ikterus, achob'sche Stühle, Zucker und Galle im Urin, hochgradige Ah-
magerung, Erguss im Bauch. Nach einem Monat Punktion von 12 1 reiner Gralle. Nadi
14 Tagen von 9 1. Danach wieder ein kleiner Erguss, der sich spontan resorbiert. Pai
erholt sich vollkommen.
Earschnlin (7). Sturz aus 4 Meter. Sohmerz im Unterleib. Nach 13 Tagen keia
Ikterus, Erguss im Abdomen, Fäkes gallenhaltig. PleuritLsches Reiben rechts. PonktioB
ergibt gallige Flüssigkeit. Laparotomie zeigt einen abgekapselten Erguss von 5 1. Leber
stark nach oben gedrängt. Gallenblase hat am Boden ein zeigefingerdickes Loch, wird
eingenäht in die Bauchwand. Heilung.
Lejars (9). 19 jähr. Mann. Revolverechnss an der rechten Thoraxbasis im 8. LCiL
drei Finger vom Stemum schräg nach innen und unten. Innere Blutung. Resektion zweier
Rippenknorpel, Eröffiinng der Pleura, die mit Blut gefOilt ist. Zwerchfellviude nicht auf-
Pagenstecher, Verletzoiigen u. chirorg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 743
findbar. Laparotomie vom rechten Rand des Rektus ab, Spaltung des Thorax und des
Zwerchfells nach aufwärts auf 5 —6 cm. An der hinteren Flftche der Leberkonvezität wird
eine Ijeberwnnde gefunden, genäht. Naht des Zwerchfells und der Bauchwand. Heilung.
Wilson (11) stillte die Blatung des einen resp. des hinteren Randes
der rechten Leberlappen durch Jodoformgazetamponade ; ebenso Gibbon (10)
eine bedeutende Blutung an Leber und Milz.
Emden (2). Leberschussverletzung. 2 Schusskanäle. Tamponade.
Heilung.
S. Sehniirleber, Wanderleber, Lebercirrhose, Tuberkulose, Syphilis,
Aktinomykose.
1. Aievoli, E.,Ancora sul concetto dottrinale della deriYazione chirurgica delsanguedal
circolo portale. Gazzetta degli ospedali 1908. Nr. 80.
2. — Le fonti dottrinali nelP indirizzo chirurgico della derivazione del sangue dal terri-
torio portale. II Morgagni 1903. Nr. 3.
3. *AI ex andre, L'omentopezie dans les cirrhoses h^patiques. Th^e de Paris. G.Stein-
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4. ^Aulhorn, Über operative Bebandlnng des durch Leberdrrhose hedingten Ascites
(Talma). Leipzig 1903. Diss.
5. Maurice Anvray, Actinomycose du foie. Beyue de Chirurgie 1903. Nr. 7.
6. — Abcto tuberculeux intrah^patique et pärih^patite tuberculeuse. Revue de Chirurgie
1903. Nr. 9.
7. Max Ballin, Acute yellow atrophy of the liver as a sequela fco appendectomy.
Annais of snrgery 1903. March.
8i Basile, S. N., La deviazione del circolo portale con V innesto diretto della vena porta
nella vena oava inferiore secondo il processo del Prof. Tansini. Memorie chirurgiche
pahl. in onore di T. Bottini. Palermo 1903.
9. *B^rardetTh^venst, A propos de Tactinomycose du foie und Auvray, Reponse.
A propos de Tactinomycose du foie. Revue de Chir. 1903. Nr. 9.
10. *Oohn, Geheilten Fall von Ascites bei Lebercirrhose. (Talma.) Freie Chir. Ver.
Zentralblatt f. Chir. 1903. Nr. bO.
11. Gumston, Eine kurze Betrachtung der Leber • Syphilis vom chirurg. Standpunkte.
V. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 70. Heft 2.
12. — Hepatic Syphilis from a surgical stand point. Annais of surgeiy 1903. May.
18. Hess, Über die Beweglichkeit des ahgeschnfirten rechten Leberlappens bei Sehn flrleber.
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14b J. Koslowski, , Klinisches Material zur Beurteilung der Talmaschen Operation.*
Russki Wratsch 1903. Nr. 47 u. 48.
15. Morison, A case of ascites due to liver cirrhosis treated by Operation. Annais of
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16. C. Pandel es cu, Die chirurgische Behandlung der ascitischen Cirrhosen in Spitalul
Nr. 12 s. 463. 1903. (Rumänisch.)
17. Parona, F., Note ed apunti all' operazione del Talma nell' ascite da cirrosi epatica.
II Polidinico 1903. Vol. X-C. fasc. 2.
18. ^Ritzhaupt, Ein Fall von tumorartiger, sekundärer Leberaktinomykose. Dissert.
Heidelberg 1903.
19. Schiassi, Le d^veloppement chirurgical d*une double circulation compl^mentaire dans
le traitement de quelques maladies h^pato • spl^niques. La semaine mödicale 1903.
Nr. 21.
20. Sheen, Notes of a case of operative treatment for cirrhosis of the liver. British
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21. Ssaweljew, Uepatoptose, Verlagerung der Leber (Ätiologie, Symptomatologie, Dia-
gnose, Behandlung). Archiv für klin. Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 3.
22. *v. Starck, Atrophische Lebercirrhose. Med. Gesellschaft Münch. Mflnchener med.
Wochenschrift 1903. Nr. 36.
23. Ulimann, Leberresektion gegen Gumma. Wiener med. Wochenschrift 1903. Nr. 6.
21 *Weber, Ascites in early alcoholic cirrhosis of the liver. Edinburgh medical Journal
1908. ApriL
744 Jahresbericht für Chiruigie. II. Teil.
25. White, Two caees of Bscites secondary to alcoholic hepatitia treated säccessfaDy hf
Operation. British medical Journal 1908. Oct. 10.
26. Lochwood, Hepatectoiny for the removal of Riedels lobe. TheLancet 1903. Jalj2S.
Ssaweljew (21) erweitert die Mitteilung einiger Fälle von Hepato-
ptose zu einer kurzen monographischen Zusammenstellung aber den Gegen-
stand. Die Affektion ist zuerst von Heister 1754 beschrieben. Tabellarisch
werden 117 Fälle zusammengestellt (mit den eigenen). Letztere (durch gute
Abbildungen illustriert) sind folgende:
1. Frau von 50 Jahren. 7 Schwangerschaften. Von Kind anf hat Pat. geaiMM»
meist als Waschfrau. Ober die Symphyse fallender H&ngebaoch. Bechts eine nm&ns-
reiche Qeschwulst, der Leber entsprechend. Leicht verschieblich nach oben. Nicht
operiert.
2. Frau von 52 Jahren erkrankte, nachdem sie einen 20 Pfund schweren Eimer mit
Milch gehoben. Hat Schmerzen im Abdomen, Übelkeit, Kopfschmerz. Sie hat 6 mal ge-
boren, ist wegen Retroflexio operiert. Vor 4 Jahren fiel sie, bekam Schmerzen rechts and
es wurde Wandemiere konstatiert. Die Leber ist jetzt rechts 3 querfingerbreit oberhalb der
Spina zu fohlen. Wo sonst Leberschall ist, befindet sich tjmpanitischer, daneben DftmpfuDg.
schräg von rechts nach links oben.
Lockwood (26). Zungenförmiger Fortsatz der Leber. Es bestand
kontinuierlicher Schmerz seit einigen Monaten, die Diagnose war auf Ben
mobile gestellt und die Niere vorher freigelegt, aber normal gefunden worden.
Der Lappen war von der Leber durch seichte Furche getrennt; Entfemuig
durch schräge Inzisionen von Vorder- und Rückseite; geringe Blutung wird
durch Umstechung gestillt. Damach durch Enopfnähte die Wundränder der
Leber vereinigt. Heilung.
Schiassi (19). Die Pfortader besteht aus zwei gleichen Ästen, der
Lienalis und Mesenterica. Aus beiden Stromgebieten fliessen der Leber er.
toxische Substanzen zu, welche sie schädigen können. Der Omentopexie bei
Lebercirrhose ist die Splenopexie hinzuzufügen. Bei SplenomegalieB (z. B.
Malaria, B an tische Erkrankung) kann die Splenopexie zu Verkleinerung des
Organs führen. Sie leitet die Flüsse in andere Bahnen ab. Schiassi madt
einen grossen T-formigen Schnitt mit dem Winkel am Rippenbogen und bildet
einen Hautmuskellappen. Das Peritoneum wird zuerst oben quer inzidiert,
das Netz vorgezogen und auf die Peritonealaussenfläche gebreitet. Nach Be-
festigung des Schnittes wird dem äusseren Längsschnitt entsprechend einge-
schnitten und in diesem Fenster die Milz, oben und unten durch Tampons
gestützt, angenäht mit grossen runden Nadeln und tiefgreifenden Fäden.
Darüber Vernähung der Bauchdecken. Schiassi hat so 3 mal mit günstigem
Erfolg bei 2 Malaria- und einer Bantimilz operiert.
Sheen (20). Alkoholismus. Ascites. Leber nnd Müz vergrOssert Laparotomie,
Netz verdickt, z. T. der Bauchwand adhäreni Leber und MUzoberflftche mit Gazebftasdi-
oben gerieben, Netz mit 3 Suturen ans Peritoneum befestigt. Drainage im unteren Wond-
winkeL Heilang mit Wegbleiben des Ascites.
White (25). L Frau, 38 Jahre. Operation nach zweimaliger Punktion, ca. f/iJahr
nach Beginn der Ascites. Leber höckerig, noch nicht stark verftndert Milz adhlrent,
nicht vergrössert. Leberoberflftche gerieben, ebenso Zwerchfell, Leberwand angenäht. Neti
zwischen Kektus und Fascia transversa gen&ht. Drainage; vom 6. Tag an entfernt Qerioge
Ansammlung von Flüssigkeit. Sonst gutes Befinden. ArbeitsflUiig.
2. Mann, 34 Jahre. Ascites seit 4 Monaten. Noch nicht punktiert Netz verdickt
Operation wie oben. Drainage 4 Wochen lang. Eine Woche >pftter Ansammlung genich-
losen Eiters.
Neun Monate lang noch Flüssigkeit nachweisbar. Dann Erholung, der magere Pktient
wird stark und sieht gut aus.
Pagen Stecher, Verletzungen n. chimrg. Erankheiiien der Leber a. Gallenblase. 745
Morison (15). 52jftlir. Mann mit Ascites. Vorher 14 mal punktiert. Laparotomie.
Leber fein granuliert, nicht verkleinert, Milz hart, yergrOsserte Oberfläche des Peritoneum
mit Schwämmen gerieben. Das Netz mit Gatgut an der Vorderwand befestigt, unterhalb
des Nabels Glasdrain, aus welchem noch 2Vi Monate lang Flflasigkeit fliesst Alimählich
entwickelt sich ein starker Kollateralkreislanf. Photographie nach 3V> Jahren zeigt starke
Dilatation der Epigastrica auf der rechten hinteren Seite, während sie links, wo ein Bruch-
band getragen wird, ausblieb. Der Fall ist 1899 operiert.
Die grosse Bedeutung konstatierend, die auf chirurgiachem Gebiete die
Studien über den als Talma sehe Operation bezeichneten Eingriff erlangt
haben, weist Aievoli (1) darauf hin, dass man bisher fast ausschliesslich
nnr experimentelle und klinische Ergebnisse zu sammeln, die Technik zu ver-
ToUkommmnen trachtete. Aber nach seiner Meinung wurden die wissenschaft-
lichen Gründe der Erfolge, die Gesetze, an welche diese mehr oder weniger
gebunden sein können, noch nicht genügend geprüft, obgleich a priori nie-
mand die Notwendigkeit einer solchen Prüfung verkennen kann. — In einem
Kapitel die verschiedenen Fälle von chirurgischen Versuchen einer Prüfung
unterwerfend, findet er, dass zwar die Wirkung des Eingriffs auf die Ascites
nicht in Zweifel gezogen werden kann, dass aber nicht klar einleuchte^ warum
diese "Wirkung einzig und allein durch die Omentofixation oder sonst eine
künstliche Gefassanastomose bedingt sein soll; es können ja auch andere
Gründe vorliegen. Um diese Gründe zu erforschen, erörtert Verf. in mehreren
Kapiteln an der Hand der bedeutendsten Arbeiten und einer reichen Literatur
die Untersuchungen an Tieren, die allgemeine pathologische Anatomie der
Lebercirrhose nach den neuesten Forschungen, die Obliterationen der Vena
porta und der unteren Hohlvene, die anatomischen Studien über die zirku-
latorischen Wechselbeziehungen zwischen dem Pfortader- und dem Hohl-
ader-System. Nach diesen in der üblichen Weise angestellten Erörterungen
geht Verf. zu einem Gesichtspunkte über, der ihm höchst wichtig scheint und
der von den meisten Autoren ausser acht gelassen worden ist. In einem
Kapitel handelt er nämlich von der ^jPhysiopathologie der venösen
Kreislaufsysteme des Bauches mit Bezug auf die Atmungs-
mechanik^. Er prüft nicht nur den Einfluss, den die Atmung auf den
Blutdruck des Bauches im allgemeinen hat, sondern erörtert besonders den
Einfluss der funktionellen Zwerchfellmechanik auf die Bauch-
organe, auf deren Lagerung, auf deren parenchymale Zirku-
lation, auf deren Volumen, mit besondere mBezug auf die hämo-
dynamische Abhängigkeit des Pfortadersystems.
Aus der Gesamtheit seiner Studien zieht er einige Schlüsse, die übrigens
keine Aphorismen sein sollen. Er meint, dass man — ohne den Wert der
klinischen und experimentellen Studien in Abrede zu stellen, ohne zu ver-
kennen, dass die technische Richtung bewundernswert sei — sich doch nicht
dem Glauben hingeben dürfe, alles laufe auf die Herstellung neuer KoUateral-
wege hinaus. Die Erklärung werde sich, nach ihm, wissenschaftlicher gestalten,
wenn man in Betracht zieht, dass der Heilungsmechanismus der Haupterschei-
nnng, der Ascites, vornehmlich auf dem die Gleichgewichtswieder-
herstellung bewirke ndenEinfluss beruht, dendieLaparotomie
(mit oder ohne Splenektomie) auf die funktionellen Wechsel-
beziehungen zwischen Atmungs- und Zwerchfellmechanik und
Hämodynamik der Pfortader und unteren Hohlader entfaltet.
Natürlich können in einem Referat die Beweisgründe nicht aUe ange-
746 Jahresbericht für Chirtirgie. IL TeflL
führt werden ; übrigens bringt Verf. in einem Anhang neue Bel^e zur Stütze
seiner Anschauung bei. R. GianL
Dazu veröffentlicht Aievoli (2) einen Nachtrag, in welchem er den
Einfluss der Atmungsmechanik, und besonders derjenigen des Zwerchfells, auf
die Abdominalzirkulation im allgemeinen und namentlich den Kreislauf in der
Leber und der Milz vom physiologischen und pathologischen Gesichtspunkte
aus eingehender prüft. Er stützt sich dabei hauptsächlich auf die Yon Hasse
und De la Camp veröffentlichten Untersuchungen, unterlässt aber nicht,
auch die neuesten klinischen Beiträge von Greenough, Guillot, Tansini,
Hildebrandt, Basile u.a. zu verwerten. — Er spricht sich dahin aus,
dass die besonderen Verhältnisse, die erforderlich sind, um die Ausschliessuog
der Ascites zu erzielen, der hohe Prozentsatz von unwirksamen Eingriffe,
der erneuerte Erguss selbst nach gut gelungener Netzfixation und die sidi
daraus ergebende Notwendigkeit, mehrere Parazentesen vorzunehmen, um das
definitive Aufhören der Ascites zu erzielen, selbst die Wirksamkeit der Splen-
ektomie, — dass alle diese Tatsachen den Gedanken aufkommen lassen, es
sei mehr der chirurgische Eingriff, als die Bildung der Ab-
leitungswege, der wirke und die gestörten funktionellen Wechsel-
beziehungen zwischen Atmungsmechanik und Hämodynamik
modifiziere. R. Giani.
Parona (17) berichtet über 3 Fälle von durch Lebercirrhose herror-
gerufener Ascites, in denen er die Talma sehe Operation vornahm, und zwar
in 2 mit Erfolg, in 1 mit Misserfolg. Da in einem der von Heilung gefolgten
Fälle das Epiploon zu einem einfachen Strang reduziert war, so dass es nur
ganz unvollkommen fixiert werden könnt«, und da dennoch die Ascites ohne
Bildung eines Kollateralkreislaufes heilte und die Gesundheit mit der allmäh-
lichen Aussonderung von toxischem Material aus dem Organismus zuröti-
kehrte , so fragt sich Verf., ob in Fällen von Cirrhose der seröse Erguss m
die Bauchhöhle nicht auf die gleiche Weise aufhören könne , wie es bei da"
tuberkulösen Ascites geschieht. Nach Verf. sei es auch möglich , dass der
durch die Laparotomie auf das Bauchvenensystem ausgeübte Reiz einen wohl-
tätigen Einfluss auf die Pfortaderfunktion und vielleicht auch auf die, wahr-
scheinlich durch toxische Substanzen hervorgerufene Leberveränderung habe.
Deshalb seien die verschiedenen, nach Talma vorgeschlagenen Modialitit^
in der Operationstechnik von sehr zweifelhaftem Wert, ja seien, nach Verf,
die einfachsten vorzuziehen. — Der operative Erfolg hänge mehr von einer
richtigen Wahl der Fälle als von der angewendeten Methode ab.
R. GianL
Nach einem geschichtlichen Überblick über die auf die Deyiation des
Pfortaderkreislaufes sich beziehenden klinischen und experimentellen Stadiei
berichtet Basile (8) über die an 10 Hunden von ihm ausgeführten Experi-
mente, die darin bestanden, dass er mittelst der Anastomosis termhio-latenlis
nach Tansini die Pfortader an die untere Hohlvene heftete. Ans sräffl
Experimenten zieht er folgende Schlüsse:
1. Die Tiere, bei denen man die Pfortader mittelst Naht direkt m
die untere Hohlvene geheftet hat, können am Leben erhalten werden.
2. Die so operierten Tiere, wenn sie nicht mit Fleisch, sondern ein&d
mit Milch, Brod und muskelfreien Knochen gefüttert werden, weisen keine
Störung in ihrer Ernährung auf.
Pagenstecher, Verletsnngen a. chirarg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 747
3. Dieses Verfahren kann in allen Fällen von unterbrochenem Pfortader-
kreislauf angewendet werden, wenn das Hindernis entweder, wie bei der
▼enösen Lebercirrhose, in der Leber, oder auch, nahe dem Leberhylus, im
Pfortaderast sitzt.
Bezüglich der Technik des Verfahrens kommt Verfasser zu folgenden
Schlüssen:
1. Die zeitweilige Blutstillung, wenn dazu mit Gummi überzogene Pin-
zetten angewendet werden, ruft in der Intima der Venen keine Veränderung
hervor und entspricht gut dem Zwecke.
2. Eine mit ganz dünnen krummen Nadeln und Seidenfaden Nr. 0 an-
gelegte fortlaufende Naht ist vorzuziehen, weil sie sich rasch ausführen lässt
imd weil sie die Wunde regelrecht und dauernd verschlossen hält.
3. Das in Rede stehende ist von allen bis jetzt bekannten Verfahren
das einfachste und praktischste. R. Giani.
Koslowski (14) bringt genaue Krankengeschichten von 5 Fällen von
Tal mascher Operation. In allen Fällen wurde das grosse Netz in der
vorderen Bauchwand nach Talma fixiert. Nur in 2 Fällen bandelte es sich
um eine atrophische Lebercirrhose, in den anderen Fällen waren Tuber-
kulose, chronische fibröse Peritonitis die Ursache des Ascites.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Pandelescu (16) resümiert in diesem Artikel seine Doktor-Dissertation
im Jahre 1902 in Bukarest vorgelegt. Er studiert die Frage und beschreibt
die Methode des Prof. Jonnescus, die eine Modifikation der Talmas
Operation ist. Die Methode besteht in Spaltung des Epiploons der Länge
nach, Lizision der Leberkapsel an der oberen konvexen Fläche und Naht einer
Hälfte des Epiploons in dieser Leberwunde und mit denselben Knoten, Adap-
tierung des Epiploons und der Leberwunde mit dem Diaphragma, um so eine
neue Derivation: Porta accessoria zu erzeugen neben der Porta cava, die
durch Fixation der anderen Epiploonhälfte in der Scheide des Rectus abdo-
minis erzeugt wird.
Prof. Severeanu wandte die Methode von Schiari in zwei Fällen
erfolglos an, während Prof. Jonnescu in zwei Fällen die eigene, oben be-
schriebene Methode mit gutem Erfolg anwandte. Stoianoff (Plevna).
Die Zahl der bisher veröffentlichten Falle von akuter gelber Leber-
atrophie, die im Anschluss an Operationen entstanden ist, beträgt bisher 9,
denen Ballin (7) einen neuen hinzufügt. Der Kranke, ein 20 Jahre alter
Messingpolierer, hatte vor der Appendicitisoperation leichte Anfälle von Blei-
kolik und Appendicitis gehabt. Nachdem der Verlauf drei Tage lang gut
war, trat Kterus, Krämpfe, Koma, hämorrhagisches Erbrechen, Eiweiss, Ver-
kleinerung der Leberdämpfung etc. ein. Während alle sonst veröffentlichten
postoperativen Fälle von akuter gelber Leberatrophie starben, wurde Ball ins
Kranker gerettet, wie es scheint durch Aderlass (300 com) und Kochsalz-
infusion (500 ccm). Toxische Stoffe und Chloroform scheinen ätiologisch von
Bedeutung zu sein. Maass (New- York).
Auyray(6). Der tuberkulöse Leber abszess ist sehr selten. Von
10 Fällen betrafen 6 Kinder. Stets ist zugleich eine ausgedehnte chronische,
zu Verwachsung führende Perihepatitis vorhanden. In der Umgebung des
Abszesses findet sich gern eine käsige Hepatitis, ähnlich einer käsigen Pneu-
monie. Die Abszesse können multipel sein. Die Symptome sind Schmerz,
Lebervergrösserung, gastrointestinale Störungen event. Fluktuation. 7 Fälle
748 Jahresbericht fOr Chirnrgie. II. Teil.
sind operirt; 3 starben, 4 heilten. Häufig ist der tuberkulöse Ldberabszess
nur die Teilerscbeinung einer generalisierten Tuberkulose.
Nach Greene-Cumston (11 — 12) kann die Lebersyphilis daam fuhren,
dass unter einer irrtümlichen oder korrekten Diagnose das Abdomen geöChe
wird. Er stellt ein Dutzend Fälle aus der Literatur zusammen. Er aelhs
hat 3 mal deshalb operiert.
Die Lebersyphilis macht erstens Gummata, weldie dieselben physischen
Symptome hervorrufen wie andere Tumoren des Organs. Schmerz, Appetit-
losigkeit, Diarrhöe und später Ascites mit Urinveränderungen sind immer
vorhanden, variieren aber je nach dem Fall. Beim Erwachsenen ist die sklero-
gummöse Form die Begel. Verwechslungen kommen vor mit Echinokokken
Karzinom, Duodenalgeschvriir. Der einzige sichere Hinweis für die Diagnose
ist die Anamnese.
Die 3 Fälle sind:
1. 41jfthriger Maon. Syphilis verneint Seit drei Monaten Gelbsucht, Scbmen im
rechten Hypochondrinm und Schalterhlatt Leber 4 Finger breit auterm Etippenbogen-
Ascites. Probesohnitt Zwei walnosegrosse käsige Knoten inzidiert, die entstdiendeo
Hohlongen tamponiert Jodkali. Leber verkleinert sich.
2. Frau von 89 Jahren. 8 Frflhgeborten , 2 Kinder. Schmerzen im rechten Hjpo-
chondriam. Ikteros. Geringe Lenkocytosis, Lymphdrflsen nicht vergrössert knotiger LeW-
tumor im Epigastrinm. Laparotomie. Linker Leberlappen durchsetzt von mandel- bii
nnssgrossen Tumoren. Probeezclsion ergibt Gumma. Genesung unter Jod.
3. Kaufmann von 49 Jahren. Syphilis verneint Gewichtsabnahme seit 1^'f Jahren,
Schwellung im oberen Bauch, welche die Atmung behemmt. Leber reicht bis 3 Flieger
vom Nabel, schmerzhaft von unregelmässiger Oberfläche. Schnitt am rechten Rektasrui
Gestielter apfelsinengrosser Tumor der linken Leberlappeuunterfläche, verwachsen mit Peri-
toneum. Kettenligatur des 4 cm langen Stiels. Abtragung. Mikroskopisch Gantima.
Ullmann (23) resezierte bei 49 jähriger Fran eine Lebergeschwnbt,
welche heftige Schmerzen bereitete; sie sass nahe dem Leberrand, durch das
Gewebe gelblich durchscheinend; die Kapsel weisslich gefleckt nnd gefaltet
Tumor wird mit dem Lebergewebe in Grösse einer Faust reseziert; die be-
deutende Blutung provisorisch durch Kompression mit Kompressen gestillt,
grosse Gefässe isoliert gefasst, dann doppelt armiert lange Nadeln durch die
Leber geführt und unter den Bauchdecken befestigt. Heilung glatt.
Mikroskopisch fand sich Gumma.
Nach Auvray (5) gibt es eine primäre und eine sekundäre Aktino-
mykose der Leber. Bei letzterer wird das Organ infiziert meist in der
Kontinuität, seltener auf dem Blut- oder Lymphwege. Der primäre Sitz ist
der Darmkanal (Appendix, Coecum, Magen) oder die Lunge. Die primäre
ist sehr selten, nur 3 Fälle hält Auvray für ein wandsfrei. Pathologisch-
anatomisch scheiden sich 2 Formen ; bei der einen liegen multiple kleine Ab-
szesse in der Substanz des Organs, bei der andern nehmen ein oder wenige
grosse Herde einen Lappen ein. Dazu kommen die Veränderungen der Um-
gebung, Senkungen und Abszesse an Kolon, Zwerchfell etc. Klinisch wird
eine Form unterschieden, die der primären Aktinomykose entspricht und wo
die Symptome auf die Leber deuten, femer eine gastrointestinale und eine
pyämische. Der Ausgang ist stets der Tod. Die Diagnose wird aus dem
Befund an Eiter gestellt. Die Therapie beschrankt sich auf die EröfiEuin^
der Abszesse je nach dem Fall.
Pagen Stecher, VerletEungen a. chimrg. Krankheiten der Leber u. Qallenblaae. 749
4» Eehlnoeoccus der Leber und subphreniseher Abssess.
1. Anastasi G., AscesBo subfrenico per suppurazione di una cisti da echinococco sopra-
epatica. Frocesso trana-plenro-diaframmatioa. II Policlinico, Sez. pratica, 1908. faac. 43.
2. *Bär, Zur Kaanistik der Leber- nnd Nierenoyaten. Dias. Giessen 1902.
8. *Braamfiller, Ober subphrenische Abszesse. Dies. Berlin. 1902.
4. D^Yö, Snr lee rapports des kystes hydatiques da foie avec le Systeme veineox caye.
BnlL et mäm. de la soo. anat. de Paris 1908. Nr. 8.
5. "^Eisendrath, Left-sided sabphrenie abseess. Chicago sarg. sog. Annais of surgery
1903. March.
6. ^Floris, Litenrento chimrgico nelle cisti da echinococco del fegato. Gli Incarabili,
Aprile 1903.
7. Goemans, Een geyal yan snbphrenisch abces met doorbraak in de long. Ned. Tijdsch
T. Geneesk. U. pag. 118.
8. "^Heidsieds, Ein Fall yon Echinoccns hepatis mit Darchbruch in die Blase. Dias.
Kiel 1908.
9. Heinemann, Ein Beitrag^,zar operatiyen Behandlang des Leberechinococcas. Wflrz-
barg. Diss. 1888.
10. Bohenkirch, Beitrag zur Kasaistik der Fälle yon Echinococcas hepatis anter An-
führang zweier Fälle aas der ohirarg. Klinik za Kiel aas den Jahren 1899 and 1903.
Dias. KieL
11. Th. Jonnesca, Kystoms hydaticnm der Leber and des Mesenteriams. Reyista de
Chirorgie 1903. Nr. 2. p. 84 (ramänisch).
12. Mendes, Sar an procM^ pour aborder les abcte soas-diaphragmatiqaes da foie. Reyue
de Ghir. 1903. Nr. 6.
13. *Manger, Über einen Fall yon Echinococcas hydatidosas der Leber nnd Milz. Diss.
Mllnehen 1903.
14. ^Nenmmann, Ein Beitrag znr KmmmtiV des Leberechinococcas. Diss. Berlin 1902.
15. Qa^nn, Kystes hydatiqaes da foie. Techniqae op^ratoire contre Ttehinococcose
necondaire. Ball, et m^m. de la soc. de Ghir. 1903. Nr. 25.
16. Syers, A case of sapparating hydatid cyst of the liyer with gall-stones in the gall-
bladder, the Symptoms simnlating thwe of biliary colic. The Lancet 1903. April 25.
17. * V. Tabora, Zar Kasaistik der Leberechinokokken mit Durchbrach in die Gallenwege.
Dias. Giessen 1902.
18. Vaccari L., Sar an caso raro di cisti da echinococco del fegato sapparata. Glinica
chinnrgica 1903. Nr. 8.
19. Valettas, Zur operatiyen Behandlung des Leberechinococcus. Diss. München 1908.
D^y^ (4) stadierte die Beziehungen von Echinokokkencysten zu den
grossen Venen. Man findet in seltenen FäUen Thrombose oder Obliteration
oder einfache Kompression der grossen Stämme oder ihrer Hauptäste; die
Blasen können der Yenenwand sehr nahe kommen; häufig finden sich yer-
dünnte Stellen; die Methode der Ausschälung oder Exstirpation läuft daher
Gefahr, solche Venen anzureissen. Sie beruht auf der falschen Annahme, dass
um die Cyste eine chronische schwieUge Entzündung sich abspiele; diese
existiert nicht und ist die Methode zu verwerfen. Die Nähe der Venen kann
za Perforation fuhren; D6y6 stellt 11 Fälle der Literatur zusammen. Am
häufi^ten betroffen war der Stamm der Cava ; femer die Vena hepatia oder
ihre Äste. Es erfolgt entweder durch Lungenembolie sofortiger Tod, oder
es können Tochterblasen in die Lunge einwandern und dort zu Metastasen
fahren.
Heinemann (9) spricht sich auf Grund einiger Fälle der Würzburger
Klinik zugunsten des Volkmann sehen Verfahrens gegenüber dem Linde-
mannschen aus.
Quenu (15) hat in 3 Fällen, einem Echinococcus der konvexen, einem
der konkaven Fläche, einem vielblasigen der konkaven, die Cyste durch Lapa-
rotomie eingestellt, danach den Inhalt durch Hebercysten entleert, 300 ccm
750 Jahresbericht fflr Chinirgie. IL Teil.
l^/o Formallösung für einige Minuten injiziert und ebenfalls wieder entfernt
Danach wurde die Cyste entfernt und Hess sich die Blase leicht entfernen.
Eine genaue Untersuchung durch Dev6 yermittelst Inokulation ergab, dass
alle Scolices abgetötet waren. Die Leberwimde wurde danach yernaht und
es trat Heilung ein. Anfangs bestanden vorübergehend Puls- und Temperatur-
steigerung.
Syers (16). Die Symptome waren auf die Gallensteine bezogen und
letztere entfernt worden (Cystendyse). Tod an Erschöpfung. Zentraler ver-
eiterter Echinococcus.
In dem von Anastasi (1) beschriebenen Falle von suprahepatiscfa»
Echinokokkencyste war infolge von Eiterung ein subphrenischer Abszeas ^t-
standen. Es handelte sich um einen 21jährigen Mann, der, was bemerkens-
wert, als physikalisches Zeichen eine am stärksten unter dem Rippenbogen
hervorragende Anschwellung aufwies ; während die untere Dämpfungslinie, die
sich mit der des grossen Leberflügels verschmolz, vom scharfen unteren Bande
des besagten, mehr oder weniger stark nach unten verrückten Flügels be-
zeichnet war. Dieses Zeichen, auf welches Verf. die Aufmerksamkeit lenkt,
verband sich mit den gewöhnlichen vom subphrenischen Abszess gegebenen.
Der Operationsakt bestand in einem transpleuro-diaphragmatischen Verfahren.
Nach einem Einschnitt ins Zwerchfell trat ungefähr 1 Liter rahmigen faten
aus, der etwa 20 Tochtercysten enthielt. Das Zwerchfall wurde dann, ib
wäre es die Cystenmembran oder Hülle gewesen, mittelst einer V-Naht an
die Muskeln und die Haut geheftet. Drainage, Heilung. R* ßiani.
Vaccari (18) beschreibt einen Fall von Echinokokkencyste des rechten
Leberlappens, in welchem die Cyste mit der Bauchwand verwachsen war und
durch Eiterung eine Pleuritis linkerseits hervorgerufen hatte. Verf. erö&ete
die Cyste und leerte den Eiter aus ; hierauf nahm er die Marsupialisation ftH*
und legte einen Drain ein, so dass die Entleerung langsam von statten gehai
konnte und die Gefahr einer raschen Detorsion vermieden wurde.
R. Giani. 1
Im Falle Jonnescus (11) handelte es sich um eine Frau, welcher er
zweimal wegen rezidivierender Kystome der Leber operierte. Bei der letzten ,
Laparotomie fand er eine kindskopfgrosse Cyste des linken Leberlappens und i
eine gänseeigrosse Cyste des Mesenteriums. Er enukleierte die beiden und
nähte einfach mit Catgut den Schnitt des adventiven Sackes.
Stoianoff (Pleyna).
Mendes (12) empfiehlt zur Entleerung subdiaphragmatischer Abszesse
der Leber einen transdiagphragmatischen parapleuralen Weg; in einon Fall |
ist er mit Erfolg so vorgegangen. In linker Seitenlage wurde auf der neontw ;
Rippe nur inzidiert und zwei vertikale Inzisionen angefügt, die achte und neunte '
Kippe reseziert, danach die Pleura mit dem Finger von der Bmstwand ab-
wärts bis zur Umschlagestelle auf das Zwerchfell abgelöst, danach letztere aa \
der so freigelegten Stelle inzidiert. |
Goemans (7) teilt einen Fall mit von subphrenischem Abszess mt
Perforation in der Lunge, ausgegangen von Entzündung des Wurmfortsatzes.
In der Umgebung des Processus vermiformis waren keine Entzondungso^
scheinungen mehr verbanden. Zahlreiche Probepunktionen waren ohne &
folg. Die Lage des Abszesses wurde zwischen Leberkonvexität und Diaphragnu
angenommen. Bei Resektion der 10. Rippe wurden die Pleurablätter ad-
härent gefunden; der Abszess wurde nicht unter dem Diaphragma
Pagenstecher, Verlefarangen n. dürarg. Krankbeiten der Leber n. Gallenblase. 751
Im Subphrenium wurde, dort wo sich der Sitz des Abszesses vermuten
liess, ein Tampon eingeführt; einige Tage später war der Abszess in der
Bichtnng des Tampons durchgebrochen. Es erfolgte vollkommene Heilung.
Goedhuis.
5. Leberabssess.
1. Ballin, Acote yellow atrophie of the liver as a seqaela to appendeciomy. Annais
of snrgery 1908. Mareh.
2. Bai fear, Gase of multiple liver. Abeceas. The Lanoet 1903. Nov. 21.
3. Erdmann, Abscees of the liver of tranmatic origin. New York snrg. bog. Annals
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i. Qoodfellow, A case of pyephlebitis following Perityphlitis, with notee on the ocenr-
vence of nrobilinnria. The medieal chronicle 1908. Aag.
5. Kaeppelin et Morel, Abcte da foie oavert dans les bronehes; fistule bronchique
persistante; ouvertare transpleorale ; gn^rison. Lyon m^dical 1903. Nr. 42.
6. Koch, Over tropisch leverabees en de chirurgische behandeling. Ned. Tijdschr. v.
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7. *Eranan, Erfahrungen Qber Leberabszess. Freie Chir. Vereinigung. Zentralblatt fOr
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8. Ledere et Tavern i er, Abcte du foie cons^utife & un niedre simple de restomac.
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9. *Ni8hiyama, Leberabssess im Verlauf von Appendidtia. Diss. Manchen 1908.
10. ^'Rab^etFilhouland, Foie appendiculaire, abcds miliaires h staphylocoques. Mort
par infection gön^alis^. Bull, et m^m. de la soc anat. 1903. Nr. 8.
11. ^Reiohardt, Zur Kasuistik des Leberabszesses. Diss. Leipzig 1908.
12. Remlinger, Foie infectienx aigu Simulant Tabc^s h^patiqne. La presse m^icale 1903.
Nr. 6.
18. Robinson, Tropical abcess of the liver. Annals of surgery 1908. October.
14. Rogers, Biliary abscesses of the liver: with Operation. British medieal Journal 1903.
Sept. 26.
15. Schlager, Zur Diagnose des Leberabszesses nach Ruhe. Münchener med. Wochen-
schrift 1908. Nr. 82.
16. Tarnbull, Mnnson's trocar and eaaula for the treatment of liver abseess. British
medieal Journal 1908. Febr. 21.
17. *0]into de Oliveira, Dysenterische Leberabszesse bei Säuglingen. Monatsschrift
fDr Einderheilkunde 1908. Sept Bd. II. Nr. 6.
Schlager (16). Bei Leberabszess besteht eine starke Hyperleukocytose,
im Mittel 20—30000. Sie findet sich auch bei der Leberentzündnng ohne
Abszedierung. Niedrige Zahlen kommen auch bei abgekapselten Abszessen
vor. Mit der Entleerung tritt ein Sinken auf, aber erst einige Tage nach
der Operation. Komplikationen, z. B. weitere Abszesse werden durch Hoch-
bleiben der Zahl angezeigt
Nach Remlinger (12) kann bei Dysenterie eine akute infektiöse
Hepatitis einen Leberabszess Tortäuschen. Die Affektion kann spontan aus-
heilen.
Koch (6). Die tropischen Leberabszesse entstehen nur auf dem Boden
der Amöben-Dysenterie. Die epidemische und endemische Dysenterie ver-
ursacht durch Bacillus dysenteriae Shiga oder durch eine Varietät dieser
Spezies (Spronck), kommt in den Tropen wahrscheinlich auch vor, nur gibt
sie keine Veranlassung zur Entstehung eines Leberabszesses.
In den von Koch operierten 16 Fällen war jedesmal eine chronische,
rezidivierende Amöben-Dysenterie vorhergegangen. Einen Einfluss der Lebens-
gewohnheiten auf die Entstehung des Abszesses konnte er in seinen Fällen
nicht konstatieren; seine Patienten lebten alle sehr massig, einige enthielten
sich ganz vom Alkoholgenuss.
752 JakreBbericht fflr Cbinirgie. IL Teil
Die Probepunktion soll niemals ausgeführt werden unter dem Bippen-
bogen; hier mache man nur eine Probelaparotomie. Er will die Operation
sofort der Probepunktion folgen lassen.
Die Abszesse, welche sich nach der Bauchhöhle zu entwickelt habeo,
werden eröffnet durch einen Schnitt parallel am Rippenbogen. Wenn keine
Verwachsungen bestehen, wird vor der Inzisien ins Lebergewebe das Peritoneum
parietale von den beiden Wundrändern abpräpariert und an der Lieber be>
festigt. Die Eröffnung des Abszesses durch Pleura und Diaphragma hindurch
wird nach Stiles gemacht: nach Yorhergehender Rippenresektion werden
mittelst Umstechungsnaht Pleura costalis und Diaphragmatica verlässlidi ver-
einigt. Findet sich das Peritoneum mit der Leberoberfläche nicht rerwachsen,
so wird auch hier eine Steppnaht angelegt, deren Ausführung schwierig ist
War die Nahtanlage nicht zuverlässig, so wurde für 24 oder 40 Stunden
ein Tampon eingeführt. Die Eröffnung von tief ins Lebergewebe gelegenen
Abszessen geschah nicht in der gewöhnlichen Weise mit Paquelin, weil die
Blutung dabei sehr bedeutend sein kann, sondern nach Inzision der Lebe^
kapsei mit Kropfsonde und Komzange nächst einer ProbepunktionsnadeL
Bei Abszessen, die für die transpleurale Eröfoung zu weit nach unten
und für den abdominalen Weg zu hoch liegen; wird nach Lonnelongne
ein Teil des Rippenrandes reseziert.
Die Hautinzision läuft 2 cm oberhalb des Rippenrandes und panJlel
diesem; der Rippenknorpel der 8., 9., 10. und 11. Rippe wird exzidiert: Peri-
toneum und Leberoberfläche vereinigt.
Von 16 operierten Fällen sind 2 gestorben, in dem einen Fall war
Lungengangrän vorhanden; in allen anderen erfolgte der Tod infolge Ton
Perforationsperitonitis, die schon vor der Operation bestand.
Einmal waren zwei Abszesse vorhanden; der Patient wnrde geheilt.
Ein aussergewöhnlich grosser Abszess, 6 Liter Eiter enthaltend und beinak
die ganze rechte Thoraxhälfte einnehmend, wurde durch Rippenresektion zur
Heilung gebracht. Goedhuis.
Robinson (13). Von 16210 Krankheitsfällen, die März 1899 bis Man
1900 im Reservehospital zu Manila behandelt wurden, waren etwa ^Is Dysen-
terie und Diarrhöe. Bei 99 Sektionen von Leichen amerikanischer Soldaten,
die an Amöbendysenterie gestorben waren, wurden 12 mal Leberabszesse ge-
funden. Bei Eingeborenen, die ebenfalls häufig an Dysenterie erkrankten,
wurden keine Leberabszesse beobachtet, auch nicht von einheimischen Ärzten
(Spanier und Philippinos). Sektionsberichte^über Philippinoleichen liegen jedocb
nicht vor. Die Amöben wurden immer in den Stühlen nachgewiesen oder die
Symptome waren so zweifellos, dass nicht danach gesucht zu werden brauchta
Nur eine der beobachteten Leberabszesse war nicht Folge von Dysenterie, es
handelte sich hier um multiple Eiterherde. Bei manchen Kranken stellten
sich Lebersymptome gleich im Beginne der Erkrankung ein, bei anderen erst
nach zwei Jahren. Vorausgegangene schwächende Erkrankungen wie Malaria
und Typhus scheinen keine Prädisposition zur AbszessbUdung zu bewirken.
Chronische Alkoholiker scheinen dagegen sehr prädisponiert. Unter 14 Fällen
fanden sich 5 mal einzelne und 9 mal mehrfache Abszesse. Meist war dar
rechte, der linke Leberlappen nur zweimal ergriffen. Wenn auch mancherlei
Verdacht erregende Symptome vorhanden zu sein pflegen, eine sichere Dia-
gnose ist nur durch die Punktion zu machen. Diese Punktionen wurden unter
Narkose in der mittleren Kapillarlinie durch den 8. Zwischenrippenraum in
Pagenstecher, Verletzimgen a. chimrg. Krankheiten der Leber n. Gallenblase. 7SB
5 6 Yerschiedenen Bichtungen yorgenommen und waren hier ergebnislos auch
von vom. Wenn Eiter gefunden, blieb die Nadel liegen und wurde unter
ilirer Führung stumpf am besten mit dem Finger der Abszess geöffnet.
Robinson hat selbst 6 mal operiert mit 4 TodesföUen. Die hohe Mortalität
beruht darauf, dass entweder bereits zu Lebergewebe zerstört war oder dass
die Patienten durch Septikämie bereits zu geschwächt waren. Es ist daher
Frulioperation dringend geboten, und um diese rechtzeitig ausführen zu können,
soll bei den ersten verdächtigen Symptomen sofort mit ziemlich dicker Nadel
ausgiebig punktiert werden und bei Andauern der Symptome nach erfolglosen
Punktionen diese in 10 — 14 Tagen wiederholt werden. Die Punktionen haben
niemals schädliche Folgen gehabt. Die Abszesse sind meist am besten nach
Resektion der 8. — 9. Rippe von mittlerer Achsellinie aus zugänglich. Mit der'
Eröffnung des Abszesses wird man für 48 Stunden warten müssen, wenn In-
fektion der Bauch- oder Brusthöhle zu befürchten ist. Für diese Zeit wird
die Inzisionswunde bis auf die Leber tamponiert. Bei starkem Erguss in die
Pleurahöhle wird es schwer sein, diese bei Eröffnung vor Infektion zu schützen.
Hier muss das Zwerchfell an die parietale Pleura genäht werden.
Maass (New-York).
Tarnbnll (16). Drei Fälle von Leberabszess in Hongkong nach Manson mit
Punktion ond Drainage behandelt und geheilt.
Balfoar (2). Fall von mnltiplen Leberabszessen , in Ägypten beobachtet; akuter
Verlauf, keine vorausgegangene nachweisbare Dysenterie. Punktionen. Tod vor der beab-
aiclitigten Operation. Sektion.
Lee lere undTavernier (8). Grosser Leberabszess bei einer Frau mit vernarbtem
MagenschwOr. Sektionsbefdnd. Klinische Diagnose war Magenkrebs gewesen.
Erdmann (8). 41jfthriger Mann. Leberabszess, der nach Stoss gegen die Leber-
ge^end entstanden war und im Moment der Operation perforiert. Tamponade. Heilung.
Kaeppelin und Morel (5). 25jfthr. Mann. Leberabszess. Ursache unbekannt,
sobphrenischer Abszees. Dorchbmch in die Bronchien, langdanemd massiger Auswurf ans
dieser Leberinngenfistel, Abmagerung. Transplenrale Operation. Pleura parietalis und Dia-
pfaragmatica verklebt Entleerung grosser Eitermengen ans einer Leberhöhle. Drainage.
Heilung. Das eitrige Sputum hört sofort auf.
Bogers (14). Cholangitis suppurativa infolge zahlreicher Qallensteine in Ghole-
dochna, flepaticus und Blase ; Leberabszesse. Operation. Entfernung zahlreicher Steine. Tod.
Goodfellow (4) berichtet über einen Fall von Pylephlebitis, der im Anschluss an
Appendidtis entstand und bespricht insbesondere die dabei heobachtete Urobilinurie.
Ball in (1) sah nach der Eröffiiung eines appendieitischen Abszesses mit Entfernung
dee Wurms in^ Ghloroformnarkose alle klinischen Zisichen einer akuten gelben Lebei*atrophie
auftreten. Der Fall ging in Heilung über. Aus der Literatur trägt Ballin 10 Fftlle von
Leberatrophie nach Laparotomie verschiedener Art zusammen.
6. Tumoren der Leber, Gallenblase und GallengSnge.
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Jahresberioht fOr Chirurgie 1903. 48
754 Jahresbericht fOr Ghlnirgie. IL Teil.
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eines Carcinoma haematodes an der Vereinignogsstelle der drei Hanptzellengänge, nebtt
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1903. Febr. 14.
Pich 1er (21) operierte folgenden Fall von Haemangiom. 87 jähr. Fraa trägt seit
einem halben Jahre einen Tumor der rechten Oberbauchgegend, jetzt zweifaustgross, respira-
torisch verschieblich, prall, glatt, wenig nach rechts, dagegen nach links untern Rippen-
bogen teilweise verschieblich. Leberwand getrennt abtastbar, desgleichen rechte Niere keine
Beschwerden, Allgemeinbefinden gut. Probepunktion ergibt Lebersaft. Laparotomie zeigt,
dass der Tumor, mit Netz zum Teil verwachsen, von der ünterfläche des linken Lappens
ausgeht. Der Stiel wird elastisch ligiert, darnach von zwei Massenb'gaturen mit Thermo-
kauter abgetrennt Auf der Leberoberfläche sind zahlreiche kleine Angiome. Auch der
Stiel zeigt mikroskopisch bis hanfkorngrosse Tumoren. Im Überzug des Tumors laselu
von Lebergewebe. Patient heilte trotz vorübergehender peritonealer Reizerscheinnngen und
einer Unterlappenpueumonie.
Cripps (6). Kindskopfgrosser Tumor der Leber. Teils scharf, teils stumpf aos-
gelöst. Blutung steht durch Kompression. Cyste mit verkalkten Wandungen und blnügeiD
Inhalt. Angiom? Mikroskopisch .naevoid tissue*.
Caminiti (2) beschreibt zwei Fälle von solitärem Adenom der Leber
(Sektionsbefunde) ; dasselbe bildete einen gutartigen Tumor der Leber, welcher
Pagenstecher, Verletzungen n. cbimi'g. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 755
mit einer Wuchenmg des Leberepithels in Zusammenbang zu bringen ist;
beidemale waren die morphologischen und in einem die funktionellen Eigen-
schaften des Leberepithels beibehalten ; sie befinden sich in cirrhotischen Lebern
von einer Kapsel umgeben, die sich in absolutester Weise vom übrigen Paren-
chym trennt ; sie weisen keinen malignen Charakter auf und entsprechen dem
onkologischen Typus des Adenoms. Das Adenom gibt keine spezielle Sympto-
matologie. Die Behandlung kann nur eine chirurgische sein, zu der man aber
nur bei Tumoren an der Vorderfläche schreiten wird, wenn besondere Rück-
sichten einen Eingriff notwendig machen.
Tuffier (26) hielt einen apfelsinengrossen Tumor im rechten Hypo-
chondrium wegen Schmerzen und Verschiedenheit des Urinbefundes (yeränderter
Gefrierpunkt, verzögerte Methylenblauausscheidung rechts) für eine Wander-
niere. Er erwies sich aber als gestielter Tumor der unteren Leberfläche, war
leicht zu exstirpieren ; mikroskopisch Adenom.
Perutz (20) demonstriert das Präparat eines primären Leberkarzinoms,
bei welchem auch bemerkenswerte Symptome die ausschliessliche Vergrösse-
ning und Ausdehnung der Leber nach oben aufhält.
Bei einer 40jfthrigen Fraa exstirpierte Baikoff (1) einen eigenartigen Tumor, der
mit der Leber in Zasammenhang stand. Seit 12 Jahren bestanden Schmerzen in der Nahel-
iegend, woselbst seit 10 Jahren ein Tnmor fühlbar war. Fat. ist sonst vollkommen gesund
gewesen. Der Tumor zeigte respiratorische Beweglichkeit und hatte eine derbe, höckerige
Beschaffenheit. Bei der Operation warde konstatiert, dass der Tnmor yom Leberrand neben
der €külenblase ausgeht. Er liess sich leicht exstirpieren. Leberwnnde mit Catgut ge-
nftht Heilung.
Der hühnereigrosse Tumor besitzt eine ziemlich dicke, brQchige, teilweise mit Kalk
inkmstierte Wandung. Der Inhalt besteht aus einer weissen, fettigen, zähen Masse, in
deren Zentrum ein Knäuel yon grünlichem gallertartigem Gewebe liegt. Die mikroskopische
Untersuchung fehlt. Hohlbeck (St. Petersburg).
In dem von Salvia (23) beschriebenen Falle schien der klinischen Unter-
snchui^ nach eine Neoplasie der Leber Yorzuliegen, während die histologische
Untersuchung dartut, dass es sich um eine ganz besondere pathologische
Alteration handelte, die nur als eine Entwickelungsanomalie der Leber ge-
deutet werden konnte. In der Literatur kommen ähnliche Fälle nicht vor.
Seinen Fall beschreibt Verf. ausführlich, sowohl vom klinischen als vom histo-
logischen Gesichtspunkte. R. Giani.
Kehr (13) unterband erfolgreich die Art. hepatica propria wegen Aneu-
rysma.
Fat. hatte seit 2 Jahren Magenblutungen und Koliken mit Ikterus. Die Gallenblase
war als faustgrosser schmerzloser Tumor zu tasten. Sie enthielt Blut. Nach Spaltung
des Cysticus und Ausräumung von Gerinnseln kolossale Blutung. Tamponade. Ektoraie.
Die GaUengftnge wurden frei präpariert, sowie die Arteria hepatica. Darnach letztere unter-
banden, wodurch die nach Entfernung des Tampons zur Probe erfolgte Blutung sofort steht,
und durchtrennt. Sie ist bleistiftdick. Ausräumung und Tamponade des Aneurysmas.
Es erfolgte eine Nekrose des rechten Leberrandes, im übrigen glatte Heilung.
Kehr nimmt an, dass das Aneurysma in den Cysticus durchgebrochen
war und durch Gerinnsel ein provisorischer Verschluss bestand und dass be-
reits Anastomosen gebildet waren, während sonst im Experiment die Arterien-
unterbindung Lebernekrose macht. Er empfiehlt mit Langenbuch die Unter-
bindung der Arterie am Lig. gastrohepaticum in weiteren Fällen zu versuchen.
Gumert (7) berichtet aus der Krankenabteilung von Habs folgen-
den Fall.
21 jähriger Mann, Februar 1902 doppelseitige Pneumonie, dann Abszess am Ober-
schenkel. Ikterus; keine Störungen im Magendarmkanal. Nach einem Jahr Probelaparo-
tomie. Es findet sich eine massig gefüllte Gallenblase und nach Sondierung derselben
48*
756 Jabresbericht f&r Chirurgie. IL Teil.
eine pralle, elastische, apfelgrosse Oeschwalst, welche den Hepaticns allseitig umgibt imd
yerlagert hat, nicht pulsiert, aber ohne Punktion klares Blut liefert Fat. stirbt naeb d«r
Operation an Bronchitis und Schwäche. Sektion bestAtigt die Diagnose eines Aneaiysma
des Stammes der Hepatioa.
Gümert stellt aus der Literatur 34 Fälle zusammen. Bemerkenswert
ist, dass in 73% eine Infektionskrankheit vorausgegangen ist. Die Diagnose
ist nie richtig gestellt worden, weil die drei Hauptsymptome SchmerzaniS&lk
Blutungen und Dcterus weder allemal zusammen vorkommen, noch etwas
unbedingt Charakteristisches haben.
Johnson (12) operierte einen Ejrebs der Qallenblase, welcher Fundus und die
Hälfte der letzteren einnahm. Ziemliche Blutung aus der Leber, durch Tamponade gestflii
In der Blase fünf kleine Steine. Heilung. Zunahme von 25 Pfd.
Laignel-Lavastine (15). PrimArer Krebs der Gallenblase. Leber in der KoDfci-
nuitAt, nicht metastatisch ergriffen. Braune Staubpigmentierung infolge Qallenrosorpfcion.
Nebennieren intakt.
Jaboulay (Patel 19) resezierte bei 60jfthriger Frau wegen Karzinom des CboU-
dochus die Qallenblase, den Oysticus, den supraduodenalen Teil des Choledochus samt
einer Drflse und eines Stfickes Pankreas. Hepaticns wird mit dem unteren Teil des ChoU-
dochus vemftht.
7. Erkrankungen der Gallenblase, des Ductus cysticus und hepatfeia
(ausseUiessIich Tumoren).
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Hartmann (22) bat bei 46 Gallensteinoperationen den Gallenblasen-
inhalt und die Galle bakteriologisch untersucht. Es fand sich in 23 Fällen
B. coli allein, in 2 Strepto- und 3 Staphylokokken, in 1 Staph. albus, dreimal
Streptok. mit anderen Bazillen, einmal B. coli mit Staph. und Strept., einmal
B. coli und Staph. und einmal sehr feine Stäbchen, einmal keine Bakterien.
Am virulentesten sind die Colibakterien. Die Quelle der Infektion ist der
Darm. Nur die Stagnation der Galle in dem System verursacht die spater
einsetzende Entzündung, und schafft Bedingungen zu weiterer Verbreitung der
Mikroorganismen (Cholecystitis und -angitis ascendens). Bei geschwärigen
Prozessen des Darms können auch Bakterien per diapedesin durch die Wände
des Darmes und der Blase durchwandern, wie auch umgekehrt aus der Blase
ins Netz. Das ist aber selten. Hämatogene Infektion kommt wohl auch vor,
bedarf aber noch weiterer Untersuchungen über den Primärherd (Tonsillen-?
Wundkrankbeiten, Darmkatarrhe V). Die Steine halten die Bakterien zurück,
bis sie gelegentlich auflodern.
Die primäre Cholecystitis bei vorher intakter Blase, Naunyns des-
quamativer Katarrh erklärt Hartmann durch eine sich vererbende kon-
genitale Anlage, Yergrösserung des Klappensystems des Cysticus, die den Aus-
tritt der Galle erschwert, oder durch Abknickung oder Zerrung des Cysticus
durch Adhäsionen. Nicht selten sind angeborene Schwächezustände der
Muskulatur (vide die gleichzeitige habituelle Obstipation). Der Beruf der
Patienten kommt insofern in Betracht, als gerade Leute, die arbeitsam und
tätig sind, erkranken. Nicht die sitzende Lebensweise und das Wohlleben
schafft eine Disposition zur Konkrementbildung, sondern die Anspannung der
Muskulatur, vielleicht auch des Geistes. Ruhe der Muskeln bedingt Kongestion
zum Intestinalapparat und zur Leber und damit energische Gallensekretion
und Durchspülung der Gallenwege. Die Verbreitung der Bakterien wird nun
nicht so sehr durch ständig verminderten Abfluss der Galle, sondern durch
plötzliche Druckschwankungen begünstigt. Das weibliche Geschlecht disponiert
mehr, vielleicht weil Blutungen der Menstruation und der Geburt Schwan-
kungen in der Lebersekretion hervorrufen, da Ranke experimentell nach-
gewiesen hat, dass Blutungen die Gallenabsonderung bei Versuchstieren oft
plötzlich unterdrückte. Manifest wird das Gallensteinleiden erst allmählich,
PageDstecher, Yerletzimgen u. chirarg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 759
wenn die Virulenz der Bakterien gesteigert ist. Dann wird anch die Serosa
ergriffen, und während im Frühstadinm sich noch keine Adhäsionen bilden,
findet man sie regelmässig nach häufigen Anfällen.
Her t er (25) bespricht ausführlich die Bedingungen zu Eonkrement-
bildnng in der Galle mit besonderer Berücksichtigung der chemischen Kon-
stitution und Eonstitutionsveränderungen letzterer. Genaue Zahlen von
Analysen sind wiedergegeben. Im allgemeinen ist H er t er hier der Meinung,
dass bier auch noch zahlreiche ungelöste Fragen bestehen, insbesondere der
Einfluss des Gehaltes des Blutes an Gholestearin, der Alkaleszenz der
Galle u. s. w. Er schliesst sich den Naunyn sehen Ansichten über die
Entstehung der Gallensteine an; es gehört dazu das Zusammentreffen mehrerer
Momente, Infektion der Gallenwege, mechanische Störung, Bildung von Ghole-
stearin aus den katarrhalischen Produkten der Gallenwege. Konstitutionelle
Ursachen und eine bakterielle Inyasion der Gallenwege allein nicht genügend
zur Entstehung.
Fink (16) bat seit 10 Jahren als praktischer Arzt und als Leiter des
allgemeinen Kränkenhauses die interne und chirurgische Behandlung des
GaUensteinleidens betrieben und die Endresultate nach dieser Zeit ermittelt.
Danach sind bei 293 von 403 Patienten, welche fast alle von Koliken heim-
gesncht gewesen waren, bei 72 Vo die Steine latent geworden. Der Haupt-
anteil der Wirkung fällt den Thermalquellen zu (bessere Darmzirkulation, ver-
mehrte Gallensekretion, Verdünnung derselben). Es wird Ruhe im Gallen-
system herbeigeführt. Notwendig ist eine, mehrfach wiederholte systematische
Kur. Daneben bietet die Kur noch mehr: sie schafft die primären Anlagen
und kleinen Konkremente weg. Die chirurgische Behandlung hat da zu be-
ginnen, wo eine Ausspülung der durch die Steine hervorgerufenen, nicht in-
fektiösen und in einzelnen Fällen der infektiösen Veränderungen des Gallen-
systems nicht genügt. Der Grad der durch die Steine in der Blase und
Gholedochus hervorgerufenen Komplikationen ist bestimmend für die Frage
des Kurgebrauches oder die Ausführung der Operation.
Fink (Karlsbad) (17) will die Grenze zwischen balneologischer und
chirurgischer Behandlung und den Zeitpunkt bestimmen, wann erstere auf-
zuhören, letztere zu beginnen hat. Sein Material erstreckt sich auf 8 Jahre
Privatpraxis. Daher überwiegen die Schwerkranken ; die Patienten stammten
aus allen Weltgegenden. Männer zu Frauen wie 1 : 2,2. Häufig treten nach
der Entbindung die ersten Beschwerden hervor. Bis zum 60. Lebensjahr
kommen mehr Steine an den Lebenden zur Betrachtung, als bei Sektionen
im Verhältnis nachgewiesen werden, umgekehrt nach 60 Jahren. Fink
glaubt, dass sich bis zu 20 — 30 Jahren die ersten Präzipitationen bilden,
welche bei Sektionen nicht so wie fertige Steine beachtet werden. Fink
beobachtete am häufigsten Kranke mit bereits zahlreichen Anfällen, die in
fortgeschrittenem Stadium nach Karlsbad kamen, z. B. 57 ^/o mit Ikterus.
Für die Beurteilung der Karlsbader Kur gibt nur eine jahrelange Betrachtung
den rechten Massstab ab. Die Kur wirkt verschieden, je nach dem Stadium
des Leidens: 1. Bei Kranken mit Reizzuständen und entzündlichen Erschei-
nungen kommen die Steine zur Latenz. 2. Es tritt Wohlbefinden nach Aus-
stossung von Konkrementen ein. 3. Es kehrt noch eine Kolik wieder, dann
Wohlbefinden. Im ganzen guter Erfolg bei 72,8 aller Patienten. Latenz
sagt Fink nicht Heilung. Letztere tritt jedoch bei einem Teil sicher ein.
Schlechter Erfolg bei 4,93 ®/o, Besserung bei 4,9 ®/o, operiert 8,4, ver-
760 JfthrMberieht fttr Chinirgie. IL Teil.
sterben 0,48 ®/o. Summa 14,9 ®/o ohne Erfolg. Der günstige Erfolg ist dem
fräbzeitigen Knrgebrauch zu verdanken. Das gute Resultat besteht 1 bis
2 Jahre. Steinabgang wurde bei 24,5 ^/o beobachtet.
Operiert wurden 34 Patienten, deren Krankengeschichten beigegeben
sind. Weder die interne noch chirurgische Methode sind einzig geltend.
Jeder Fall bedarf eigener Behandlung.
Die Wirkung der Karlsbader Kur sind nach Fink: 1. begleitende, Be-
seitigung der auf das Gallensystem wirkenden Reize. 2. Wirkung der Thermal:
Ableitung auf den Darm, bessere Zirkulation, vermehrte Gallensekretion.
Auch grosse Konkremente durch den Gholedochus zu treiben, vermag die
Quelle nicht.
Kehr (29) berichtigt ein Missverständnis Finks über die von ihm an-
gegebene Zahl seiner Gallensteinrezidive.
Körte (32) ist nicht dafür, jeden Gallenstein zu entfernen. Nicht das
Vorhandensein von Steinen an sich, sondern die Art und der Grad der Ent-
zündung, welche sie periodisch oder dauernd erregen, indiziert die Operation.
Doch garantiert letztere nicht das Verschwinden aller Beschwerden. Körte
ist in der Indikationsstellung konservativer, der Ausführung radikaler ge-
worden. Bei Fällen, wo die Gallensteinkrankheit zwar Beschwerden, aber
keine, die Gesundheit ernstlich bedrohenden Komplikationen macht, wartet
er bei innerer Behandlung, und operiert, wenn die Anfälle sich häufiger oder
die äussere Lage des Kranken Schonung nicht möglich macht. (Hydrops,
chronische Cholecystitis.) Absolute Indikationen sind Empyem, Ikterus, Fieber,
akuteste Cholecystitis. Karzinom ist Antündikation. Körte entfernt jetzt meist
die Blase, eröjffnet den Choledochus. Bei Infektion werden die Gallengange
drainiert.
Deaver (10) bespricht die Operation der Gallensteine, mit besonderer
Rücksicht der Komplikationen, welche letztere zur Folge haben. Diese Kom-
plikationen sind Adhäsionen, chronische Pankreatitis, Eiterungen, Fisteln, Leber-
und Nierenerkrankungen und die Ursachen, dass die Mortalität im Verhältnis
zu ihrer Schwere steigt. Daher soll operiert werden, so bald die Anwesenheit
von Gallensteinen nachgewiesen ist. Deaver verwendet einen Längsschnitt
nach Mago-Robson, macht sehr häufig Ektomie, Hepaticusdrainage. Bei
chronischer Pankreatitis mit Ikterus genügt oft Cholecystostomie; wenn sie
nicht ausreicht, Cholecystoduodenostomie mit dem Knopf. Bei Magendila-
tation genügt meist die Lösung von Adhäsionen, Gastroenterostomie trübt die
Prognose der Operation.
Kuhn (35) berichtet über seine Methode der Spülung der Gallenwege.
Ein Rohr wird wasserdicht in die Gallenblase eingefugt und mit Kochsalz-
lösung unter Druck von 200 — 1000 mm Wasser gespült, 1. zu diagnostischen
Zwecken, um das Freisein der Wege beurteilen zu können; 2. zu therapeuti-
schen Zwecken, heilende Lösungen in die Gallenwege einzubringen oder
mechanisch die Passage zu beeinflussen. Eine Stromstärke unter 25 ccm in
V2 Minute bei 50 cm Wasserstand bedeutet Wegbehinderung. Die gewöhn-
lichen Werte sind 25 — 50 in einer V« Minute. Werte von 50—100 stellen
erweiterte Wege dar. Bei stärkerer Druckerhöbung entsteht ein kolikartiger
Schmerz. Nach Kuhn ist der GallensteinkoUkanfall und der Ausdruck for
eine Druckerhöhung im System bedingt durch eine Abflussbehinderung der
Gallensekrete.
Pagenstecber, Verletzungen u. ehirorg. Krankheiten der Lebern. GallenUase. 761
Elemperer (31) berichtet Aber einen Fall „echter" GallenBteinrezidiye. Patientin
^wurde auf Elemperer s Rat von Kehr operiert. Die Blase soll 300 Steine enthalten
liaben, derCysticns einen walnnssgrossen; Blase wurde entfernt, Cboledochus verdickt nnd
leer gefunden; V« Jahr nach der Operation traten aber wieder neue wenn auch weniger
Heftige Anfälle mit Abgang von neuen Cholestearinsteinen auf. Ob Hepaticusdrainage ge-
madit war, weiss K lern per er nicht; er nimmt selbst Bildung der neuen Steine der Gallen-
Sänge an (was man aber doch nicht ohne weiteres als „echtes Rezidiv" bezeichnen kann).
Schilling (51) gibt, wie das Vorwort besagt, ;, dem Praktiker eine vom
praktischen Standpunkt ausgehende kurze Beschreibung der Cbolelithiasis
nach dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens und Könnens über Ursachen,
Pathologie, Diagnostik und vor allem über die interne und operative Therapie.^
Törnqvist (56) gründet seine Darstellung auf 49 Fälle, worunter 43
operativ behandelte, über welche vollständige Krankengeschichten mitgeteilt
werden. Der Gallenblaseninhalt und bei den Choledochotomien auch die Leber-
galle ist in den operierten Fällen bakteriologisch untersucht worden. Folgende
Methoden sind zur Anwendung gekommen, a) Direkte mikroskopische Unter-
sachung im Hängetropfen oder in tingierten Deckglaspräparaten, mit Diffe-
renzierung der Färbung nach Gram verbunden; b) Kulturen in BouUion,
Gelatine und Agaragar; c) Bakterienfärbung von Schnitten der Gallenblasen-
wand. In den 21 Fällen, wo sämtliche drei Untersuchungsmethoden zur Aus-
führung gelangen, ist es immer möglich gewesen, durch eine oder mehrere
derselben, das Vorhandensein von Bakterien nachzuweisen ; und von den sämt-
lichen 57 bakteriologisch geprüften Gallen haben überhaupt alle, mit Aus-
nahme von nur zwei, bei Verwendung irgend einer der Untersuchungsmethodeh
Bakterien aufzuweisen gehabt. Besonders wichtig erscheint es, den an der
Gallenblasenwand öfters in grossen Mengen adhärierenden Schleim zu unter-
suchen, da hier oft Bakterien bei der direkten mikroskopischen Untersuchung
massenhaft angetroffen werden. Dem Gallenblasenschleime ist wahrscheinlich
eine grosse Bedeutung im Kampfe gegen die Infektion beizumessen als ein
die Bakterien auffangendes und unschädlichmachendes, und daher die Wand
selbst schützendes Medium. Auf Grund der mikroskopischen Untersuchungen,
die Törnqvist teils an normalen Gallenblasen, teils an dem bei den Ope-
rationen gewonnenen Material angestellt hat, glaubt er folgende Schlüsse ziehen
zu dürfen : Die Drüsenentwickelung ist eine Folge der irritativen Einwirkung
von Steinen und Infektion auf die Blasenwand und die Drüsenbildung ge-
wissermassen eine Schutzmassregel seitens der Blase, wodurch sie ihre schleim-
produzierende Oberfläche an Schutz gegen die Infektion zu vergrössern sucht.
Es fand sich nämlich in 12 normalen Fundusteilen keine einzige tiefliegende
Drüse vor, während in 33 Fundusteilen bei Cbolelithiasis in 15 Fällen tief-
liegende Drüsen vorkamen. Dass Steinbildung und Drüsenbildung in ursäch-
lichem Zusammenhange miteinander stehen müssen, ist einleuchtend.
Hj. von Bonsdorff.
Pruszynski (44) präzisiert seine Ansichten über die chirurgische Be-
handlung der Cbolelithiasis und ihrer Folgezustände dahin:
Eine Operation ist ohne weiteres angezeigt 1. bei Peritonitis, gleichviel
ob diese oh^e Läsion der Gallenwege oder infolge von Perforation derselben
zustande kam; 2. in Fällen von schwerer Infektion bei bestehender sogen.
fievre hepatique ; 3. bei dauerndem Choledochusverschluss, ohne Rücksicht auf
Vorhandensein oder Fehlen cholangitischer Erscheinungen; 4. bei Adhäsionen
mit hochgradigen andauernden Beschwerden oder Pylorus- resp. Duodenal-
stenosen; 5. beim Hydrops und Empyem der Gallenblase; 6. beim Gallen-
762 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil.
blasenkarzinom ; 7. bei häufig auftretenden Kolikanfällen, nachdem die medika-
mentöse Behandlung erfolglos blieb.
Hingegen kann mit einem Eingriff abgewartet werden 1. bei selten
wiederkehrenden Koliken und 2. bei akutem Choledochusverschluss.
Urbanik (Krakau).
Auf Grund eigener reichlicher Erfahrung sucht S zum an (54) die Indi-
kationen für die Cholecystostomie genauer zu umgrenzen. Die Schlussfolge-
Hingen der Arbeit werden vom Verf. selbst in folgender Zusanmienfassiiiig
gegeben :
1. In den meisten eine chirurgische Behandlung erfordernden Gallen-
steinfällen genügt die einzeitige Cystostomie zur Herbeiführung einer TÖlliges
und dauernden Heilung.
2. Komplizierte Fälle, in denen nebst der Gallenblase auch die Ginge
von schweren Veränderungen (Ulzeration der Blasenwand und Perforation,
Cysticusverschluss, septische Cholangitis) betroffen sind, erheischen eine Badi-
kaloperation, d. i. Gystektomie kombiniert mit Hepaticusdrainage.
3. Eine Obliteration des Choledochus kontraindiziert die Gystektomie
und kommt in diesen Fällen eine Cysto- oder Choledochoenterostomie resp.
eine Cysticoenterostomie in Betracht.
4. Bei Vorhandensein von Steinen und sekundären Veränderungen in
den tieferen Gängen und bestehender Atrophie der Blase ist die Choledocho-
tomie mit Drainage angezeigt. Die geschrumpfte Gallenblase lässt man un-
berührt.
5. Bei Beschränkung des Prozesses auf die Gallenblase allein und post^
operativer oder spontaner Blasenfistelbildung kann man, wenn die übrigen
Gallenwege sicher frei sind und die Galle nicht infektionsverdächtig erscheint,
nach Ausführung der Ektomie von einer Drainage absehen.
Urbanik (Krakau).
Hartman (23) hält für die Differentialdiagnose zwischen Choledochns-
stein und Karzinom das verschiedene Verhalten der Gallenblase nicht for
klinisch bedeutungsvoll, da es unsicher ist. Vorausgegangene Koliken, Fieber,
Spannung des rechten ßektus, Wechsel am Grad des Ikterus sprechen for
Stein, auch entstandener, zunehmender Ikterus, absoluter Mangel an GaDe in
den Fäces, Abmagerung sprechen für Verschluss des Ganges im^Pankreas. Bei
letzterem ist die Cholecystoenterostomie indiziert, bei Steinen versucht Hart-
mann möglichst lange interne Behandlung, besonders mit Olivenöl. Er naht
bei der Choledochotomie nie, sondern legt ein Drain dicht an die Inzision.
Die Operation wird durch ein in den Rücken geschobenes rundes Kissen sehr
erleichtert.
Murphy (42) bespricht eingehend die Differentialdiagnose der verschie-
denen durch Gallensteine hervorgerufenen Zustände. Einzelheiten müssen
im Original nachgelesen werden.
Ehret (13) stellt folgende diagnostische Sätze auf: Bei Gallensteifi-
kranken mit gefärbten Stühlen zeigen rasche und häufige Fieberanfälle ul
dass der Sitz der Steine in den tieferen Lagen zu suchen ist. ^ Häufige An-
fälle von Ikterus zeigen die Einklemmung vom Choledochus aus, besondeis
wenn heftige Schmerzen fehlen.
Baldassari und Gardini (2) führten an Hunden Experimente in der
Weise aus, dass sie die Gallenblase teilweise resezierten und dann die Plastik
an derselben vornahmen. Der implantierte Lappen bestand aus parietalein
Pagenstecber, Verletzungen n. chirorg. Krankheiten der Leber n. Gallenblase. 763
Peritoneam und war durch die unter diesem gelegenen Muskelfasern verstärkt :
Die Experimente gaben ein gutes Resultat: es bildeten sich bald Adhärenzen
zwischen dem Lappen und der Leber und dem Netze und nach längerer Zeit
fand sich keine Spur mehr von der Operation, denn die Gallenblasenwand
hatte ihre Kontinuität wiedererlangt und der Lappen war resorbiert worden.
R. Giani.
Körte (33). In einer Minderzahl von Fällen führt der cholecystitische
Anfall zu schweren lebensgefahrlichen Zuständen, Nekrose oder Phlegmone
der Blasenwand und Einsetzen septischer Allgemeininfektion, sowie Fortleitung
aufs Peritoneum. Körte hält die sofortige Operation für indiziert, während
man ja sonst gern den Anfall abklingen lässt. Er hat 18 mal operiert Gallen-
steine fanden sich 18 mal. Vielfach war das Leiden latent geblieben. Im
Yordei^rund standen peritoneale Reizerscheinungen, die Darmlähmüng lässt
an Darm verschluss denken. 4 mal bestand ein Erguss ins Peritoneum oder
die Peritonitis war begrenzt. Drohende Perforationen der Blasenwand können
durch Netz oder Darm verkleben. Die Gallenblase kann sehr stark ver-
grössert, mit Eiter gefällt sein, einmal grösstenteils nekrotisch. Operiert
wurde vorher den 2. und 9. Tag, stets fand sich hochgradigste Entzündung,
Rötung, Fibrinauflagerung; Ulzeration der Schleimhaut durch Eiterung, nicht
Steindruck. Hergang war ojffenbar ein vorheriger, dann infizierter Hydrops
durch Cysticusverlegung, Folgezustände sind: subphrenischer Abszess, difiuse
Peritonitis. 15 Fälle heilten, 3 starben. 6 mal wurde Cystotomie gemacht,
7 mal ektomiert, 5 mal reseziert.
Neben der eitrigen Entzündung der Gallenblase, welche zu Druck-
geschwüren und Palpation führen kann, gibt es nekrotisierende Formen.
Czerny (8) beschreibt folgende 2 Fälle:
1. Unter dem Bilde einer Darmetenose auftretender larvierter Gallensteinanfall mit
Nekrose der Gallenblaaenachleimhaut durch eingeklemmte Steine. Partielle Resektion der
Gallenblase, Tod uiter dem BUde chronischer Sepsis und Herzschwäche. 2. Wiederholte
larvierte Gallensteinanfillle anter dem Bilde der Darmstenose. Partielle Nekrose der Schleim-
haut Resektion der Gallenblase in zwei Operationen, Heilung.
Beide Male ist die Nekrose durch Einklemmung von Steinen imCysticus
eingetreten. Eitererregende Bakterien waren nicht nachweisbar. Die Art.
cystica, die die Rolle einer Endarterie spielt, kommt wohl in Betracht. Solche
Nekrosen der Schleimhaut leiten wohl die nach wiederholten Anfällen häufige
Blasenschrumpfang ein. Parallel laufen Verwachsungen als leider nicht immer
zu vermeidende Folgen der Gallensteinkrankheit, die man bei den Opera-
tionen in Kauf nehmen muss. Von diesem Standpunkt aus ist die Frühope-
ration zu befürworten.
Bei solchen partiellen wie totalen Nekrosen ist die Cystektomie auszu-
fuhren. Sonst exstirpiert Czerny selten, sondern macht Drainage und Sus-
pendierung der Blase an der Bauchwand. Wenn er auch zugibt, dass eine
gründliche Revision, wozu auch die Drainage des Cysticus gehört, wohl das
Zurückbleiben von Steinen und von Beschwerden durch Verwachsungen sicherer
verhüten wird, so geht Czerny doch nicht von der einfachen Methode (bei
Choledochotomie gewöhnlich die Naht) gern ab. „Denn warum sollen wegen
einem Sünder auch die 9 Gerechten leiden, bei denen ein einfacher Eingriff
mit weniger Gefahr und Unbequemlichkeit die Heilung in drei Wochen her-
beiführt?"
Mariotti (40) beschreibt 3 Fälle von infektiöser Aflfektion der Gallen-
blase (Gallensteinkrankheit mit unregelmässigem Verlauf. Im ersten Falle
764 Jahresbericht für Chirorgie. 11. Teil.
handelte es sich um eine hochakute Form, in den anderen beiden fallen war
der Verlauf ein langsamer. In allen 3 Fällen waren die Schmerzanfalle nicht
von Ikterus gefolgt. Im zweiten Falle bestand eine durch chronische Angio*
cholitis hervorgerufene hochgradige Cholämie. Verf. spricht sich zn gunsten
der Cholecystotomie aus, die er in den ersten zwei Fällen vonuJun, w^l sie
eine längere Drainage ermöglicht, die die Entleerang der Steine and der in-
fizierten Galle sichert. Im dritten Falle schritt er wegen der zahlreichen
Adhärenzen zur Cholecystektomie, um den Schmerz zu mildem.
R. Giani.
Krukenberg (34) macht darauf aufmerksam, dass man ausserordent-
lich heftige Gallenblasenkoliken finden kann, ohne dass Steine vorhanden sind;
die Blasen sind dann lang und schlaff; auch in 2 von den mitgeteilten Fällen
war das so und wurde durch Annähung und Drainage Heilung erzielt. Der
lose Zusammenbang mit der Leber ist wohl verantwortlich zu machen. Man
kann den Zustand als Wandergallenblase bezeichnen.
Rudaux (50). Gravidität disponiert zu Cholecystitis; gewöhnlich im
8. — 9. Monat; dieselbe zeichnet sich aus durch besonders schwere and stör-
mische Erscheinungen. Es droht jederzeit Perforation der eitergefiillten Grallen-
blase; im Fall die Erscheinungen nicht rasch abklingen, muss baldigst operiert
werden.
Glaser (20, 21) empfiehlt auf Grund einer Theorie, wonach infolge
einer nervösen Störung der Leberfunktion das Cholestearin im Überflass ge-
bildet wird und dadurch ausfällt, sein Chologen, eine Mischung von Hg.
Podophyllin, Menthe und Kümmel, um die Produktion guter, die Steine wieder
auflösender Galle herbeizuführen. Die nähere Mischung des in drei Arten
fabrizierten Mittels wird geheim gehalten. Er behauptet, von 100 78®/o ge-
heilt zu haben.
Courroisier (7) gibt sich die Mühe, Punkt für Punkt nachzuweisen,
dass Glaser auf Grund völlig unbewiesener Theorien und von Behauptungen,
die mit allen Erfahrungen der Gallensteinpathologie in wesentlichen Punkten
im Widerspruch stehen, vorgeht, dass er keinen Beweis bringe, wie sein Mittel
wirke. Die angeblichen Erfolge sind entweder Zufalle oder beruhen auf dem
günstigen Einfluss der zugleich geübten sorgfältigen diätetischen Anstalts-
behandlung. Mehrere Fälle , wo Glaser Heilung versprochen, bekam Cour-
roisier nachher in chirurgische Behandlung. Courroisier warnt ausdrück-
lich, auf das Chologen zu vertrauen.
Häberlin (24) bespricht den Fall eines Patienten, welche zuerst ver-
geblich 270 Stück Chologentabletten nahm und dann durch Operation geheilt
ist. Er meint, dass das Chologen vielleicht die Zirkulation des Darmes vei^
bessert, die Koliken beseitigt, nicht die Steine.
Bergs (5) Material besteht zumeist aus Patienten, welche schon lang
an Gallensteinen litten und bei denen schwere Komplikationen und erheblidie
Störung des Allgemeinbefindens hinzugekommen waren. Daher hatte er von
1898—1902 im ganzen eine Mortalität von 29 «/o.
Häufig sah Berg nach der Operation Wiederkehren von Schmerzen, zu-
meist infolge von Adhäsionen, seltener durch zurückgelassene Steine. Echtes
Rezidiv hält er für sehr selten.
Bezüglich der Technik bevorzugt er einen Längsschnitt durch den Rektos.
Die Cholecystotomie macht er mit Annähen der drainierten Blase ans Pen-
Pagenstecher, Yerletasnngea a. chirnrg. Krankheiten der Leber u. Gallenblase. 765
toneum und Verschluss des Bauches um das in die Blase eingenähte Drain.
Bei der Cboledochotomie hat er zweimal genäht, sonst drainiert.
Moynihan (41). Fftlle von Ektomie ans folgenden Indikationen: 1. Fistelbildnng
zwischen Blase und Dnodennm. 2. Karzinom der Blase. S. MembranOse Cholecystitis.
4. Chronische Cholecystitis mit eitrigem Inhalt nod Steinen. 5. Chronische sklerosierende
Cholecystitis mit multiplen Perforationen und Steine im Choledochus. 6. Gangrftn der
Gallenblase.
Richardson (47). Die Exstirpation der Gallenblase hat bestimmte
Grenzen. Notwendig ist sie bei Neubildung und bei Gangrän. Bei geschrumpften
und entzündeten Blasen mit verdickter Wand ist sie wünschenswert, insbe-
sondere wenn sie sich schlecht drainieren lassen. Bei erweiterter und in-
fizierter Blase mit dünner Wand und Steinen ist Drainage vorzuziehen, falls
nicht stärkere Veränderungen vorliegen ; notwendig ist Drainage bei akuter
Cholecystitis mit schwerem Allgemeinzustand, wenn die Blase nur erweitert,
weder geschrumpft, noch gangränös ist. Bei chronischer Cholecystitis, be-
sonders bei Stein im Choledochus, ist Exstirpation vorzuziehen ; bei einfachen
Gallensteinen ohne weitere Veränderungen Drainage , ebenso bei chronischer
Pankreatitis.
Davis (9). Da die Cholecystotomie in 17 — 20®/o keine volle Heilung
der Kranken herbeiführt, soll die Gallenblase in allen Fällen entfernt werden,
wenn nicht der Zustand desEjranken eine möglichst kurze Operation erfordert.
Die Mortalität der Gallenblasenexstirpation ist in komplizierten Fällen nach
Kehr etwa 2Vo und die Heilung sehr viel rascher als nach Cholecystotomie.
Wenn die Gallenblase nicht in erster Sitzung entfernt werden kann, ist rat-
sam, die Exstirpation später vorzunehmen. Maass (New- York).
Vincent (60) bespricht die Methode einer subserösen Ausschälung der
Gallenblase. Beim akuten Empyem ist die Cystostomie angezeigt. Bei chro-
nischen Veränderungen kann dagegen die Methode ihre Anwendung finden.
Die zurückbleibende Serosa kann zu einem Kanal für die Gallengangsdrainage
▼erwandt werden. Je nachdem die Serosa der Muscularis locker oder fester
(infolge von chronischer Entzündung) anhängt, ist das Verfahren verschieden.
Im ersteren Falle und bei freiem Choledochus kann man die Gallenblase,
ohne sie eröffnet zu haben, ligieren und entfernen. Im letzteren wird die
Blase aufgeschnitten und der Choledochus auf seine Durchgängigkeit unter-
sucht und entweder die Blase zur Anlegung einer Gallenfistel benutzt oder
nach Freimachen des Choledochus im ganzen exstirpiert.
Tuffier (57) berichtet über einige Fälle von Cboledochotomie mit Be-
merkungen nach folgenden 2 Richtungen hin: 1. Diagnose des Choledochus-
verschlusses kann erst während und selbst nach der Operation schwanken.
Touffier sah ein Karzinom des Pankreas einen Stein vortäuschen bei Frau
von 35 Jahren. Die Vergrösserung der Gallenblase kann bei Krebs des
Choledochus und Cysticus fehlen. In einem Fall machte Tuffier eine An-
astomose des entzündeten Choledochus mit dem Magen mit gutem palliativen
Erfolg, weil ein hinter dem Magen gelegener Tumor Cysticus und Choledochus
verschloss, eine Cholecystocolostomie wegen Ikterus mit Steinen der Blase
ohne nachweisbarem Hindernis am Choledochus. 2. Bei Krebs oder Induration
des Pankreas macht Tuffier Anastomose mit dem Dünndarm. Bei Stein
sucht er denselben in die Blase zu schieben, weil er deren Eröffnung für
leichter hält als die Inzision des Choledochus, bei fetten Personen oder bei
Adhäsionen. Wenn dies unmöglich, wird der Choledochus eröffnet. Denselben
näht er, wenn dies leicht ausführbar, sonsl; wird drainiert; bei gleichzeitigen
766 Jabreabericht für Ghiinrgie. II. Teil.
Steinen der Blase werden je nach dem Allgemeinbefinden einseitig beide Kanäle
eröffnet, oder zuerst die Blase, in einer zweiten Operation der Choledocbns.
Hildebrand (Basel) (27) tritt für die Cholecystgastrostomie ein. Er
hat dieselbe neuerdings in 3 Fällen (zweimal Karzinom des Pankreas, einmal
der Gallenblase mit Druck auf den Choledochus) ausgeführt, weil das Dnodemim
nicht zugänglich war und bei einer Verbindung mit dem Magen die Galle
für die Verdauung nutzbar gemacht wird. Irgend welche Beschwerden wurden
nicht beobachtet.
Thomson (55) empfiehlt für die künstliche Gallenblasendannfisiel doi
Murphyknopf.
Der Cholecystenterostomie fügt Krause (Maragliano) (39), um eine
aufsteigende Infektion zu yerhüten, eine Enteroanastomose zu. Ein Fall wird
als Beispiel mitgeteilt.
In 16 Yon Fergusson (62) operierten Fällen fanden sich Gallensteine,
während die klinischen Symptome nur auf Magendarmstörungen im allgemeiiieii
hindeuteten. 12 you diesen hatten Gallenblasenhydrops mit einem oder
mehreren sehr grossen Steinen. Fergusson glaubt nicht, dass die Kolik
meist auf suppuratiTen Prozessen und entzündlicher Schwellung beruht In Sim
50 ^/o seiner wegen Kolik operierten Fälle war die Galle aseptisch. Die
Schmerzen werden meist durch spastische Zuckungen und Druck von inm
ausgelöst. Bei einer Kranken mit Gallenblasenfistel konnte Fergusson untff
leichtem Druck jede beliebige Menge Wasser durch die Fistel in den Darm spritiea
bei starkem Druck traten sofort schmerzhafte Krämpfe auf. Dasselbe mirh
durch Sondierung des Cysticus mit dicken, nicht mit dünnen Sonden bewirkt
Fergusson Erfahrungen entsprechen nicht denen Riedels, dass Ikt^iß
in '/& der Fälle durch entzündliche Schwellung bedingt ist. Einmal &od
Fergusson den Ductus com. und einen der Lebergallengänge mit Steioei
gefüllt, ohne dass Ikterus bestand. In 52 ^/o seiner Fälle bestand bei Edik
Temperatursteigerung. Einmal konnte während des Anfalles Fergusson
das Reiben der Steine neben dem Bette stehend hören. Mit X-Strahlen hat
Fergusson keine diagnostischen Erfolge gehabt.
Wegen Gallenblasengangrän operierte Fergusson 2 mal. Der Knnke
mit entzündlicher Gangrän starb, während derjenige, dessen Gangran dura
Überdruck bedingt war, genas. Die Inzision macht Fergusson lings des
Rektus von der 9. Rippe nach unten. Ist mehr Platz nötig, wird nach obei
in der Richtung nach dem Proc. xiphoideus Haut und Fascie, nicht Muskel
und Peritoneum durchtrennt. Letztere sind so dehnbar, dass für alle Fälle
genug Raum vorhanden ist. In einem Falle von Gallenstanung hat Fer-
gusson guten Erfolg erzielt durch Eröffnung der Gallengänge in der Ldier .
Maass (New- York).
Bidwell (6). 3 Falle von einfachem eitrigem Katarrh, einer von aknter PUegMi
der Gallenblase; drei weitere, in welchen nar ein Tamor des rechten Hypochoiidna*
diagnostiziert, die wahre Natur erst bei der Laparotomie featgeatellt werden konnte. LMat
ist daher stets zu machen.
Lieble in (88) beobachtete bei einer 47 Jahre alten Fran einen ohne Beaehw«^
gewachsenen, kindsfauatgroesen Tumor rachts oben vom Nabel, welcher leicht uitarüe
rechte wie linke Kippen wand und unter die Leber verschieblich war ond bei der Opotü«
sich nicht als Niere, sondern als die am ausgezogenen Cysticus (also ohne SdinOrlapptf 3
hängende Grallenblase erwies. Im Fundus ein nussgrosser Stein. Lieblein hatte die Da-
gnose auf Karzinom einer Wandemiere gestellt.
Yillard (58). 21 jähr. Frau. Seit einem Jahre Qallensteinbeach werden, seil «is«
Abort stärker. Während einer neuen Gravidität bildet sich ein grosser Tumor in derUkar-
Pagenstecher, Verletzungen n. cbimrg. Krankheiten der Leber n. Gallenblase. 767
gegead. Operation. Entleernng der grossen steinfaalienden Gallenblase, Drainage. Pneu-
monie am 4. Tage. £9 bleibt eine Scbleimfistel, die unter heftigen Schmerzen sich eines
Tages in eine Oallenfiatel y erwandelt Im Verband finden sich kleine Steinchen. Nun
gutes Befinden, Erholung, Schlnss der Fistel, Geburt zur rechten Zeit
Bö r and (4). Galienblasenfistel mit Kommunikation mit dem Magen.
57 jähr. Frau, vor 10 Jahren Koliken. Seit 2 Jahren Abmagerung. Infiltrate und
Tomor am rechten Rippenbogen , spontaner Aufbruch, Entleerung eines kastaniengrossen
Steins. Eitrige Absonderung. In die Fistel gespritzte Flttssigkeit wird erbrochen. Ope-
ration. Fistel fahrt in die Gallenblase, in der ein weiterer Stein. Von ihr kommt man
femer in eine Öffnung nach dem Magen hin. Tamponade. Abfiuss von Mageninhalt fOr
einige Tage, dann Heilong. ^
Villard (59). Grosse Steinblase macht durch Druck anfs Duodenum Zeichen einer
Pylorusstenose. Ektomie. Heilung.
Fleck (18). Eine Frau, welche schon seit Jahren an Anfällen yon Koliken und
Ikterus gelitten hatte, bekommt ein kontinuierliches EIrbrechen. Sichtbare Kontraktionen
des Magens. Besserung durch Rektalemfthrnng. Nach einiger Zeit wird ein haselnuss-
grosser Gallenstein erbrochen, wonach die Beschwerden aufhören.
Erdmann (14). Typhus, Venenthrombose im linken Bein. Entfieberung Ende der
5. Woche. Anfang der 6. plötzlich Entstehen eioer Perforationsperitonitis. Inaision in der
rechten Fossa iliaca ergab gallige Flttssigkeit. Die Gallenblase zeigt nahe dem Cysticus
ein V« Zoll breites Loch, aus dem klare Galle fiiesst. Cholecystektomie. Auswaschung
des Bauches. Kleine Gazedrainage. Heilung. Die Blase entbiet zwei kleine Steine und
zahlreiche Schleimbautulcera. In der Peritonealfittssigkeit und der Gallenblase Coli und
Typhusbazillen. 3 Fftlle der Literatur wurden angefahrt
NeudOrfer (43). 50jfthr. Frau bemerkt im August kleine Anschwellung unterhalb
des Nabels, die sieb herunter zieht. Vor einem Jahr Schmerzanfall, der als Appendi-
citis gedeutet war. Walnussgrosser Tumor in der Bauchwand, der bei der Operation als
Schwiele um einen Fistelgang sich erweist. Letztere führt unter dem Kolon her nach der
Kuppe der (]killenblase. Letztere enthftlt zwei haselnussgrosse Gallensteine und ist am
Cysticus obliteriert. Resektion, Drainage. Heilung.
ßiyiere (49). Spontanruptur einer steinhaltenden Gallenblase. Lapa-
rotomie wegen peritonitischer Erscheinungen. Abgekapselter Erguss. Loch
in der Blase, dahinter nnssgrosser Stein. Fixation der Blase in der Bauch-
wand. Drainage. Tod. Weitere Steine in der Blase und in der Bauchhöhle
unterhalb der Leber. Cysticus durchgängig.
Schnitzler (52). bb Jahre. Plötzlich Schmerzen in rechter Bauchseite und Er-
brechen. Stuhlverhaltung. Kollaps, Ikterus. Auftreibung des Leibes. Laparotomie nach
5 Tagen. Mehrere Liter Galle in der Bauchhöhle. Die verdickte, sonst freie Gallenblase
zeigt bohnengrosse Perforation und ausserdem mehrere Schleimhautnekrosen sowie walnuss*
grossen Stein. Ektomie. Heilung.
8. Erkrankungen des Choledochus (aussehliesslich Tumoren).
1. Ardouiui Lithiase biliaire. Calcul enclavd dans le choledoqne. Choledocotomie et
cholecystostomie. Gu^rison. Rapport de Guinard. Bull, de la soc. de chir. 1903. 19.
2. Berg, Retrodnodenale Choledochotomie zur Entfernung von eingekeilten Gallensteinen
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Chirurgie 1908. Nr. 27.
3. — A proposed method of retroduodenal choledocbotomy for the removal of impacted
calcnli in the retroduodenal and papillary portions of the common bile*duct. Annais
of surgery 1903. August.
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V. Esmarch Festschrift.
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Soc. de mM. Lyon mMical 1903. Nr. SO. (Titel sagt Inhalt)
6. Clemm, Ein Spulwurm im Grallenausfahrungsgang unter dem Bilde der Leber kolik.
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768 Jahresbericht fAr Chirurgie. II. Teil.
h^patiqne. Sntore du canal; drainage par les voies biliaires aoceasoina. GqMmb.
Archives provincialea 1908. Nr. 4. Bull, de la soc. de Ghir. 10.
9. Fink, Der komplizierte akate CholedochasverBohlueB. Wiener klin. Woehensdirift
1908. Nr. 49.
10. *Gib8on, Oholecysteciomy and choledocho-daodenosfcomy. New Toik sniigjeal soc
Anoala of sargery 1908. May.
11. Kehr, Ein Fall von anagedehuier Resektion des Ductus choledochns and hepatiens
wegen Carcinoma choledochi mit nachfolgender Ektomie der Gallenblase und Hepatieo-
Duodenostomie. Mttnch. med. Wochenschrift 1903. Nr. 8.
12. — Die chimrgische Behandlang des akaten and chronischen CholedochasverachlmMes
darch Stein und Tumor. Mflnchener nied. Wochenschrift 1908. Nr. 22.
13. Körte, Operation einer narbigen Verengeraug der Choledochus-Mflndong in der Papilla
duodeni nebst Bemerkungen Aber normales Pankreas-Sekret. 32. Chiruigen-Koiigresa.
1908. Berlin.
14. — Über Operationen am Choledochus wegen Verengerung durch Narben oder Kaizinom
nebst Bemerkongen Aber normales Pankreaasekret y. Lange nbecks Arcbir 1908
Bd. 71. Heft 4.
15. Lagoutte, Deux observations d'obstmctions calculeuses du cholMoqae. Soc de Giir.
Lyon mädical. 1903. Nr. 28.
16. — Ictöre ohronique par obstruction du ehol^doque; cholecystenterostomie et entero-
anastomose. Soc. de chir. Lyon m^cal 1903. Nr. 89.
17. Ledere, Sar on cas d 'obstruction calculeose du canal cholMoque. Lyon m^dieal
1903. Nr. 18.
18. Lorenz, Mobilisierung des Duodenum und Eingriff am Gallensystem. Zentralblatt fftr
Chirurgie 1903. Nr. 21.
19. M^riel, Un nouveau cas d'h^patiootomie pour calcul. Archiyes provincialea 1901
Nr. 10.
20. Neugebauer, Ascaris im Ductus choledochus: Choledochotomie. ▼. Langenbaeks
Archiv 1908. Bd. 70. Heft 2.
21. Padula, II calibro del dotto coledoco. Annali die medieina navale, 1903. rola IL
pag. 521.
22. P^raire, Calculs biliaires dans le canal cystique, dans le canal cholMoque et dani
l'öpaisseur de la paroi ant^rieure de la vesicule biliaire. Reyne de Chiruigie 1903.
Nr. 7.
28. Po th erat etc., A propos de la lithiase biliaire et de la chol^docotomie. Discosskm.
Bull, et ro^m. de la soc. de Chir. 1908. Nr. 28.
24. Qu^nu, De la chol^docotomie sans suture et chol^ocotomie intraduodönale. BalL et
m^m. de la socde Chir. de Paris 1908. Nr. 21. Tome 29.
25. de Quervain, Zur Frage der retroduodenalen Choledochotomie. Zentralblatt ftr
Chirurgie 1908. Nr. 40.
26. *Ro8S, Gallstone in the common bile duct: cholecystotomie : recovery. British nedi-
cal Journal 1903. Jan. 24. (Titel besagt Inhalt)
27. Routier, Calculs du cholädoque indurations de la tdte du pancröas. BulL et möm. de
la soc. de Chir. de Paris 1903. Nr. 21. Tome 29.
28. Smith and Rigby, Case of hepato-broncho-biliary fistula due io impacted gall-stonea
Choledochotomy. Relief of Symptoms. British medical Journal 1903. Aug. 8.
29. Türck, Hepatic duct stones. Annais of surgery 1908. April.
SO. Vi an na y, ün cas d'abouchement anormal du cholödoque dans la petit caroncule de
Santorini. Soc. de sciences m^. Lyon mödical 1908. Nr. 18.
Bei einem gut entwickelten Erwachsenen könne, nach Padula (21), der
erste Abschnitt des Ductus choledochus einen Durchmesser von 7 — 8— 8 Vt mm
erreichen, wohingegen der zweite Abschnitt höchstens einen solchen von 5 nun,
der letzte höchstens einen solchen von 3Va mm habe. Selten verengert sich
der am Zusammenfluss des Ductus hepaticus mit dem Ductus cysticus weite
Ductus choledochus unten in seinem zum Epiploon gehörenden Abschnitt bis
auf 5 mm. R. Giani.
Viannay (30). Sektionsfall. Ausmündung des Ductus Santorini zu-
Pagenstecher/VerletznngeQ u. chirurg. Krankheitea der Leber u. Gallenblase. 769
sammeB mit dem Choledochus auf der kleinen Earunkel. Der Ductus Wir-
sungianus endet blind auf der grossen.
Berger (4) gibt eine ausführliche, durch genaue Krankengeschichten
illustrierte Darstellung der Hepaticusdrainage, wie sie von Kehr angewandt
wird. Die Einzelheiten müssen im Original nachgelesen werden. Wir geben
nur einzelne Sätze wieder. Die Hepaticusdrainage ist der Gholedochotomie
mit Naht vorzuziehen, weil sie 1. die bestehende Cholangitis zur Ausheilung
bringt, 2. nachträgliche Entfernung zurückgelassener Steine möglich macht,
3. schneller auszuführen ist. Es empfiehlt sich, sie jeder Gholedochotomie auch
bei klarer Galle nachzuschicken ; ja auch jedem Fall von Gholelithiasis, wenn
dadurch nicht erhebliche Erhöhung der Operationsgefahr bedingt ist. Sie ist
intraindiziert beim akuten Gholedochusverschluss und bei akuter eitriger Chole-
cystitis. Sie wird am supraduodenalen Teil des Choledochus ausgeführt,
der vom Gysticus aus geschlitzt wird, wenn schon vorher die Gallenblase ex-
stirpiert war, anderenfalls wird auf dem Stein inzidiert. Nach Entfernung
aller Steine im Choledochus und Hepaticus wird ein Gummirohr 4 cm weit
nach der Leber hin vorgeschoben, mit Seidenfaden an den Choledochus be-
festigt, letzterer bis aufs Bohr mit lang gelassenen Fäden verschlossen, rings-
herum sorgfältig und ausgedehnt tamponiert. Nach 14 Tagen werden die
Tampons entfernt und nun längere Zeit mit gebogenen Röhren die Gallengänge
zur Entfernung etwaiger weiterer Steine ausgespült und ausgestrudelt. Die
Bauchhöhlenwunde war verkleinert worden. Die Fistel darf man nicht eher
sich schliessen lassen, als bis man sicher alle Steine entfernt hat und die
Infektion erloschen ist, die Galle klar abfliesst. Das dauert 4 — 6 Wochen.
In 17^0 alier Fälle sollen Steine nachträglich entfernt werden.
Berg (New- York) (2) empfiehlt das von Kocher angegebene Verfahren
der Ablösung und Herumklappens des Duodenums zur Entfernung von Gallen-
steinen aus dem retroduodenalen Abschnitt des Choledochus zu verwenden.
Berg (New- York) (3) studierte die retroduodenale Freilegung des Chole-
dochus am Kadaver. Das Vorgehen ist folgendes: Ein kleines rundes Kissen wird
unter die hintere Bückengegend geschoben. Bauchschnitt durch den rechten
Rektus abwärts. Freilegung des absteigenden Duodenalastes, Leber mit Haken
aufwärts gehalten, Magen und Kolon beiseite gezogen. Längsinzision des
Peritoneum parietale 3 — 4 cm nach aussen vom Duodenum. Mit dem Finger
wird dasDduodenum bis zum inneren Band von Wirbel, Cava und Aorta gelöst
und nach links rotiert. Der Duodenalzweig der Art. pancreatico-duodenalis liegt
vor und V* Zoll weit vom Choledochus ab, die Vene genau hinter ihm, manch-
mal kreuzt ihn ein Ast der Vene dicht vor der Eintrittsstelle. Der Chole-
dochus kann leicht gefasst und eröffnet werden. Muss er drainiert werden,
80 geschieht dies im Lig. gastrohepaticum. Die erste Eröffnung wird locker
tamponiert.
de Quervain (25) weist aus der Literatur nach, dass der Weg schon
öfters benutzt worden ist und berichtet folgenden Fall:
Er machte wegen chronischen Gholedochusverschluss durch Stein die
Operation und fand nach Entfernung eines mittelgrossen Steins aus der Gallen-
blase einen weiteren im retroduodenalen Teil. Blase, Duodenum und Kolon
miteinander verwachsen. Er löste das Duodenum vom rechten Band her vom
Pankreaskopf und dem Choledochus bis an den linken Band, zwei quere Venen
und eine kleine Arterie wurden unterbunden' Der Choledochus wird durch
Umklappen des Darms so weit freigelegt, dass er mit Schonung des Pankreas
Jahrasbericht für Ghirorgie 1908. 49
770 Jahresbericht fttr Ohirargie. II. TeiL
inzidiert werden kann. Nach Entfernung der Steine wurden zwei Kop&äte
an den Choledochus gelegt, tamponiert, die Gallenblase tamponiert. Glatter
Wundverlauf.
Lorenz (18) hat Bedenken gegen die Anwendung der Koch ersehen
Mobilisierung des Duodenum bei Anlegung einer Gastroduodenostomie, da-
gegen empfiehlt er sie zur Erleichterung der Gholecystenterostomie, eTentueil
für Eingriffe am Choledochus, besonders seinem retroduodenalen Abschnitt
Ardouin (1) berichtet in der Soc. de Chirurgie über einen Fall too
Gholedochusstein, in welchem er^den Kanal vernähte. Eine Drainage durch
die Gallenblase wurde angeschlossen.
Der Berichterstatter Guinard hebt hervor, dass die Naht nutzlos sei,
eine gute Drainage stets genügt und die Heilung stets eintritt.
Kontier (27) näht den Choledochus nie, weil er ihn stets y erändert
findet und nicht isolieren kann. Er drainiert und tamponiert daher stets.
Er teilt 2 Fälle von Choledochussteinen mit, wo eine gleichzeitige Ver-
dickung des Pankreaskopfes sich nachher als Krebs erwies. In den Fällen
von Krebs des Pankreas oder der Vater sehen Ampulle, in welchen zugleich
Gallensteine vorlagen, handelte es sich stets um solitäre, grosse und maul-
beerförmige Steine.
Auch Quenu (24) betrachtet die Choledochotomie ohne Naht als dis
Normalverfahren. Wenn es auch Fälle gibt, in welchen man nach der Naht
glatte Heilung sieht, so ist doch vielfach die Entscheidung, ob es möglich,
schwer, so dass man besser stets nach der Regel verfahrt. Zur Illustration
werden einige Fälle mitgeteilt.
Gelegentlich einer Verhandlung in der Soc. de chir. in Paris berichtet
Potherat (23) über Fälle, wo eine steinhaltige Gallenblase einen Pylorus-
krebs vortäuschte und schwere Ernährungsstörungen machte, welche nach
Entfernung der Steine verschwanden.
Legueu (23) berichtet über chronische Pankreatitis mit Choledochus-
verschluss, die nach der Cholecystotomie zurückgeht.
Schwartz (23) spricht über die Schwierigkeit, einen Stein im End-
stück des Choledochus von einer Pankreatitis zu unterscheiden; erklärt sich
wie Quenu gegen die Choledochusnaht.
An 2 Fällen von Choledochussteinen hebt Lagoutte (15) hervor, bei
einem die Erleichterung des Eingriffs durch einen grossen Schnitt und das
schrittweise Vorziehen der Gallenwege vermittelst Haken; im zweiten, dass
nach Entfernung von Steinen aus der Blase sekundär zurückgebliebene in den
Choledochus wanderten.
Leclerc (17). Fall von Cholodochaseteinea im retrodnodenaleD Teil, welche u
UDstUlbarem Erbrechen geführt hatten. Nach der Choledochotomie hOrte dasselbe sofort
aaf. Auffallend war die gaUige Färbang des Erbrochenen. Der Ikterns war UDbedeatend.
Es wurden zwei kubische Steine entfernt.
Delageniere (8) geht immer so vor, dass er nach Entleerung der
Gallenblase diese Schritt für Schritt der Länge nach spaltet bis an den Chole-
dochus, dessen Bifurkation mit demCysticus so leicht gefunden und der von
hier aus leicht von Steinen befreit werden kann. Delageniere berichtet
nun über einen Fall, wo er den Hepaticus hoch oben an der Leber verstopft
und nierenbeckenartig erweitert fand. Er schnitt auf dem Stein den Gang
an und extrahierte zwei Steine. Der Gang wurde genäht, wie Delageniere
überhaupt tut, daneben durch die Gallenblase drainiert, welche ebenfalls durch
fortlaufende Naht geschlossen wird.
Pagensiecheri Yerletznngen a. chirorg. Krankheiten der Leber n. Gallenblase. 771
P^raire (22) machte im Jahre 1901 eine Cystektomie, weil sich Steine innerhalb
der vorderen Wand der Blase befanden. Danach fand er den Cjsticas and den Gholedochns
ebenfalls verstopft mit zahlreichen Konkrementen (NB. es bestand snbikterische Hautfarbe,
aber kein Ikteros der Konjaoktiva). Der Gysticas wird inzidiert und die Konkremente von
hier aus entfernt. Danach der Stumpf des Choledochus in die Bauchwand eingen&ht. Diese
Cystektomie empfiehlt P^raire, weil sie sicher das Einfliessen von Galle in den Leib
verbotet. Das Entstehen von Steinen in der Wand der Gatlengänge, nach P^raire in
den Drasenlumina, wird des näheren erörtert und die Literatur referiert.
M^riel (21). Die Diagnose war auf Choledochus verschluss gestellt; seit 2 Jahren
bestanden Koliken, seit 14 Tagen starker Ikterus, Leberschwellung, Gallenblase gross, mit
Galle und Eiter gefallt Dicht am Leberbilus wird ein Stein gefühlt und durch Incision
des Hepaticus entfernt. Er ist nicht fazettiert, olivengross. Drainage des Hepaticua und
der Gallenblase. Tod an Bronchopneumonie nach 6 Tagen. Die Sektion zeigte, dass der
Hepaticus dicht oberhalb der Einmündung des Cysticus inzidiert war.
Ttirck (29) sind Fälle, wo sich Steine im Hepaticug finden bei Frei-
sein der übrigen Wege nicht bekannt. Sein Fall ist folgender :
Korpulente Frau von 51 Jahren. Zahlreiche Koliken mit und ohne Ikterus. Zur Zeit
der Operation offenbar ebenfalls keiner. Gallenblase ausgedehnt, 6 Zoll lang, enthält klare
Galle, 2 bewegliche Steine, dritter im Beginn des Cysticus. Cysticus, Choledochus frei. Im
Hepaticus grosser Stein ein und einhalb Zoll oberhalb der Cysticusmfindung. Incision des
Hepaticas, Extraktion des 1'/« Zoll langen Steines. Naht des Ganges. Heilung.
Fink (9) konnte sieb, der allgemein adoptierten Regel entsprechend,
bei einem akuten Choledochusverschluss nicht zur Operation entschliessen und
Patient starb an plötzlicher Peritonitis durch Perforation der Gallenblase. Es
ergab sich, dass offenbar zuerst ein erbsengrosses Konkrement durch den
Cysticus trat und in die Plica vateri sich einklemmte, zugleich aber infolge
der Spannung die Perforation eintrat.
Man soll daher den Verlauf eines akuten Choledochus -Verschlusses mit
Vorsicht beobachten und sorgsam darauf achten, jede weitere Drucksteigerung
im Gallengangsysteme zu vermeiden, welche die Festigkeit ihrer Wandungen
schädigen könnte, bei gegebener Indikation aber sofort eingreifen.
Körte (13, 14) teilt 2 Fälle von Narbenstenose des Choledochus mit.
In einem bot sich Gelegenheit, das Sekret eines gesunden Pankreas gesondert
aufzufangen.
Frau, gesund bis vor 14 Wochen. Nicht kolikartige Schmerzen in Leber-
gegend und Epigastrium, seit 10 Wochen Ikterus; vorher remittierendes
Fieber, Abmagerung, Entfärbung des Fäses. Gallenblase vergrössert, Leber
geschwollen. Operation, Schrägschnitt, Blase enthält Schleim mit Eiter, keine
Steine. Choledochus daumendick, ohne Stein. Duodenum vorgezogen, in-
zidiert, in der Papilla Vateri narbige Härte, Pankreas sondierbar. Choledochus
von oben sondiert, verengt, die Öffnung wird gespalten. Drainage des Pan-
kreaticus vom Choledochus her, ebenso Hepaticus und Blase. Sonst Ver-
uähung. Entfernung der Bohre am 8. und 12. Tag. Heilung. Das Pankreas-
sekret betrug bei 1 Liter in 24 Stunden; in nüchternem Zustand gering, in
der 5. Stunde ansteigend bis 50 pro Stunde. Eiweissspaltendes Ferment fehlte
und trat erst bei Zusatz menschlichen Darmsaftes auf.
2. 40jährige Frau. Ikterus, Frösteln, Fieber, Schmerzen, eine richtige
Kolik. Gallenblase und Leber vergrössert. In Blase Galle und zahlreiche
bis haselnussgrosse Steine. Stenose des Choledochus dicht am Duodenum.
Die Stelle wird zirkulär exzidiert und End zu End vernäht. Dann Chole-
cystoduodenostomie. Tod an Blutung aus Ulcus ventriculi. Die Choledochus-
naht hatte gut gehalten. Die exzidierte Stelle enthielt nur Narbengewebe.
Ob die Steine Ursache oder Folge waren, ist nicht zu entscheiden.
49*
772 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. Teil.
Zweimal hat Körte wegen Karzinom der Papille operiert. Einmal
wurde nur eine palliative Operation gemacht, einmal der Tumor exzidieil
Es bestand Ikterus, Erbrechen, Schmerzen; Gallenblase war nicht zu fühlen.
Hakenschnitt vom Rippenrand abwärts bis unter den Nabel. Blase ver-
grössert, ohne Steine. Choledocbus erweitert Duodenum inzidiert. Kirsch-
grosser harter Tumor (Adenokarzinom) der Papille exzidiert. Choledochns
zirkulär eingenäht, ebenso Pankreaticus. Drainage yom Choledochus her,
Duodenum vernäht. Die Bohre verstopfen sich und müssen bald entfeint
werden. Vom 6. Tag an Puls frequent, Sensorium benommen, Tod. Keine
Sektion.
Körte nimmt eine retroduodenale Phlegmone infolge Durschschneiden
der inneren Nähte an.
Den gleichen Standpunkt wie Körte vertritt Kehr (12) in seinem Vor-
trag auf der Vers, amerik. Ärzte in Washington. Bei akutem Choledochns-
yerschluss wird nur in den seltenen Fällen operiert, wo der Ikterus nicht
weicht, Fieber hinzutritt und die Kräfte nachlassen, so bei hänfig wieder-
holten Koliken ohne Besserung durch interne Behandlung. Bei chronischem
Verschluss wird womöglich nicht operiert in der Zeit akuter Exazerbationen.
Weiter empfiehlt er seine Hepaticusdrainage ; bei seinen letzten 33 Fälleo
hat er keinen Operierten verloren.
Lagoutte (16) machte wegen chronischen Choledochusverschlusses,
mit grosser Gallenblase in der Erwartung, ein Pankreaskarzinom vor sich zu
haben, die Cholecystenterostomie mit der ersten Jejunumschlinge. Um die
Naht zu schützen, machte er dann eine Enteroanastomose (s. Maragliano).
Dieselbe erwies sich sehr nützlich, indem infolge Nachlassen der Naht eine
Gallenfistel vorübergehend entstand ohne Abgang von Fäces. Der Pankreas-
kopf war hart.
Pat. hat sich dauernd erholt, so dass eine chronische Pankreatitis an-
genommen wird. Lagoutte weist ebenfalls darauf hin, dass die Entero-
anastomose vor aufsteigender Infektion der Gallenwege schützt.
Kehr (11) operiert wegen chronischen CholedochasyerschlaBses mit grosaer füU-
harer 6 allenhlase und fand einen haselnasagroaaen Cyaticusatein sowie einen harten raodei
Tumor an der Bifurkationsatelle des Gyaticus und Hepaticus. Der scharf begrenzte Tomor
wurd resezieit, zuerst der Choledochus duodenalw&rts freigemacht, abgeklemmt, dorefa-
schnitten, dann nach oben präpariert und mit Gallenblase und Gyaticus reseziert. Der Behr
erweiterte Hepaticus wird nicht in den engen Choledochnsstumpf , sondern ins Duodenom
eingenäht Mikroskopisch Krebs mit spaltf&rmigen Gängen und hohem kubischem Epithel
In den ersten Tagen kam es zu einer Abknickung des hochgezogenen Duodenums mit
Gallenerbrechen. Magenspülungen, Lagerung auf die rechte Seite. Heilung.
Giern m (6) beoabachtete einen Herrn, welcher an Schmerzen und Kollken in dar
Lebergegend litt. Gelegentlich eines sehr heftigen Anfalles wird ein junger Spulwurm ron
10 cm Länge gebrochen, yon da an hörten alle Anf&lle dauernd auf. Clemm nimmt «Bt
. dass ein verschlucktes Ei oder ein junger Embryo in die Vatersche Papille und das wack-
sende Tier in den Gallengang geriet.
Neugebauer (20) hat wegen Verstopfung des Gholedochns operierend einen in
Gang steckenden Ascaris als Ursache gefunden. Es betraf eine 36jährige Patientin, welche
vor einem Jahre an Schmerzen, Schüttelfrost, Brechen und Gelbsucht erkrankte und Mü-
dem leicht ikterisch ist und an heftigen Kolikanfftllen leidet. Die Gallenblase enthielt reioe
Galle und wird exstirpiert. Der im Choledochus sitzende Wurm war 19 cm lang und lebte,
lag gedoppelt, mit der Schlinge leberwärts. Der Darm enthielt einen weiteren. Neu-
gebauer glaubt, dass frühere Steine es dem Wurm erleichterten, durchzukriechen.
Smith und Rigby (28) berichten über eine Lungengalle ngangsfistel, welche nach
Gboledochostomie und Entfernung einiger Steine heilte. 18 Monate vorher zuerst Kolik
mit Fieber und Ikterus. Dann öfters Schmerz, gelbliche Hautfarbe, kein ausgepiigt«
Ziegler, Verletzimgen and chimrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 773
Ikterus, Stühle nicht entfärbt. Ziemlich plötzlich tritt Hasten mit galligem Sputum auf,
nachdem einige Tage Schulterschmerz bestanden hatte.
9. Gallensteinileus.
1. LeBec et Malier, Infiltration des calculs biliaires dans le pylore. Stenose pylori-
qae. Pylorectomie. Mort. Bull, et m^m. de la soc. anat. de Paris 1903. Nr. 1.
2. Charnaax, Caloul biliaire monstre spontanöment övacue par Tintestin par Tinter-
mödiaire d'une fistule intestinale. Gu^rison. Bull, et möm. de la soc. anat de Paris.
1903. Nr. 10.
3. '^'Qo] Iniger, Über Darmverschluss durch Gallensteine. Diss. Freibarg 1903.
4. '^KantiUke, Über Gallenblasen und Hamblasenfistela. Diss. Bonn 1903.
5. Moynihan, Intestinal obstruction due to Gall-stones. Medical chronicie 1903. Aug.
Moynihan (5) bespricht den Verlauf und die Eigentümlichkeiten des
Gallensteinileus, im wesentlichen an der Hand einiger der Literatur ent-
nommener Fälle.
Le Bec (1). Zeichen yon Pylorusstenose ; früher Schmerzen und Brennen im Magen.
Laparotomie. Pylorus beträchtlich yerdickt, mit der steinbaltenden Gallenblase verwachsen.
Letztere wird entleert, der Pylorus nach Lösung der Verwachsungen reseziert. Tod. Das
Prftparat zeigt, dass es sich nicht, wie yermutet, um Krebs bandelt, sondern um Gallen-
steine, welche spontan von der Gallenblase durchgewandert sind und in der Wandver-
dickung liegen, w&hrend einer teilweise in das Liunen des Pylorus hineinschaut.
Gharnaux (2). Zweimaliger Abgang sehr grosser Gallensteine durch den Darm
nach heftigen Eolikanf&llen. Das erste Mal trat eine lokale Peritonitis nach dem Anfall
auf. Der zweite Stein war 7 cm lang und 4 cm breit, eiförmig.
XVI.
Die Verletzungen und cMrurgisehen Krankheiten der
Nieren und Harnleiter.
Referent: P. Ziegler, München.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Angeborene Missbildungen.
L Beck, Über Befunde von Nieren mit gehemmter Entwickelung. Virchows Archiv
1908. Bd. 173. Heft 2.
2. Beer, Über das Vorkommen zwei geteilter Malpighischer EOrperchen in den mensch-
lichen Nieren. Zeitschrift für Heilkunde 1903. Bd. XXIV. Heft 10.
3. Banker, Her m., Gystennieren einer Missgeburt. Dissert. Erlangen 1902.
4. Gador^, Felix L^on, Les anomalies congenitales du rein chez Thomme. Dissert.
Lille 1003.
5. Gathelin, Le rein ectopique croisö. Annales des maladies des org. gön.-urin. 1903.
Nr. 28. Dec.
6. Kngström, Über Dystopie der Niere in klin.-gyn. Beziehung. Zeitschrift für klin.
Medizin 1903. Bd. 49.
774 Jahresbericht fOr Chirurgie, ü. Teil.
7. Gould, Two cases of complete bilateral daplication of the nreters. Araeric jounu
of the med. scienc. 1903. Dec.
8. Ueilbronn, Jos., Ober kongenitale Nierenanomalien. Diesert. WQrzburg 1902.
9. üeuer, Clemens, Über Hafeisennieren. Dissert. Leipzig. 1902.
10. Kaestel, Die angeborene Verlagerung der Nieren in ihrer praktischen Bedeotong.
Dissert. Heidelberg 1903.
11. Kolossow, Ein Fall von Kombination einer vesica bilocnlaris mit Verdoppelung eines
Harnleiters. Russisches Archiv fflr Chirurgie 1903. Refer. Zentralblatt fttr Chirurgie
1903. Nr. 46.
12. Magenau, Fried r., Ein Fall von Geburtaerschwerung durch kongenitale Hydro-
nephrose. Dissert. Tübingen 1902.
13. Meyer, Ehrich, Ober einige Entwickelungshemmungen der >Ni6re. Manchener med.
Wochenschrift 1903. Nr. 18. Virchows Archiv 1903. Bd. 173. Heft 2.
14. Natanson, Knorpel in der Niere. Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 29.
15. Philips, Renal calcules in connexion with a .horteshoe" Kidney. British medial
journ. 1903. Febr. 21.
16. *Retel, Hans, Ober Nierenhypoplasie. Dissert Freiburg 1903.
(Noch nicht erh<lich, wird im nächsten Jahre referiert)
17. Schauerte, Dystopie der Nieren und Hydronephrose. Dissert. Halle 1903.
18. Schenkl, Die fStale Riesenniere und ihre Beziehungen zur Entwicklungsgeschichte der
Niere. Virchows Archiv 1903. Bd. 178. Heft 2.
19. Schonfeld, Ein Fall von Aplasie der rechten Niere. Dissert. Kiel 1903.
20. Schuhmacher, Ein Fall von gekreuzter Dystopie der Niere mit LageveränderuQgei
an den Geschlechtswerkzeugen. Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 29.
21. *Trier, Ein Fall von einseitiger, kongenitaler Cystenniere bei einem 27>j^rig6i
Mädchen. Heilung durch Operation. Dissert Erlangen 1903.
(Noch nicht erhältlich, wird nächstes Jahr referiert.)
22. Tonkew, Zwei Fälle von Anomalien der Niere. Russ. Archiv ftlr Chirurgie 19Q&
Heft 2.
23. *U hl, Karl, Drei Fälle von angeborenem einseitigen Nierenmangel. Dissert Wtln-
burg 1903. (Noch nicht erhältlich.)
24. Winter, Ober einseitige angeborene Nierendefekte, nebst einem Fall von Nierei-
Cyste in der Solitämiere. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 69. Heft 3.
25. ^Zimdans, Ober kongenitale Cystennieren. Dissert Greifswald 1903. (Noch nickt
erhältlich.)
Beck (1) berichtet über Befände an Nieren mit gehemmter Eni-
Wickelung (sieben eigene Fälle).
Beer (2) berichtet über Zweiteilung von M a 1 p i g h i sehen Körperchen
inklusive Bowmann scher Kapsel in der menschlichen Niere, die er zu-
fallig fand.
Bencker (3) berichtet über ein Präparat von beiderseitigen kongeni-
talen Cystennieren einer anscheinend ausgetragenen Frucht. Beide Nieren
vergrössert, Cysten auf der Oberfläche nicht zu erkennen, aber zahlreiche Ver-
tiefungen und Erhöhungen, auf dem Durchschnitt beide Nieren schwammig,
porös wie erektiles Gewebe, aus einer grossen Anzahl runder, ovaler oder nn-
regelmässiger hirsekorn- bis stecknadelkopfgrosser Cysten bestehend, mikro-
skopisch keine normalen Glomeruli, glomeruliartige Gebilde spärlich, starkes
Prävalieren des Bindegewebes, fast keine normalen Nierenelemente. Daneben
rudimentäre Blase, Situs inversus, unvollständiger Descensus, cystische Ent-
artung des Pankreas.
Cador6 (4) schlägt folgende Einteilung der angeborenen Anomalien
der Nieren beim Menschen vor:
1. Anomalien durch fehlen
a) vollständiges Fehlen des Nierensystems,
b) angeborenes Fehlen einer Niere (unter 617 eigenen Sektionen einmal),
c) relative und absolute Atrophie einer der beiden Nieren.
Ziegler, Verletzuogen and chirarg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 775
2. Überzählige Nieren.
3. Anomalien der Form der Nieren.
4. Anomalien durch Fusion,
a) Hufeisenniere unter 617 Sektionen dreimal,
b) rein konkreszent.
4. Anomalien der Lage, Beckenniere.
Catheliji (5) fand bei einem 2jährigen, an Pneumonie verstorbenem
Kinde beide n-iteinander verwachsene Nieren auf derselben Seite übereinder
liegend, diese Affektion der gekreuzten Niere ist selten, er findet ausser
seinem Fall nur 13 Fälle in der Literatur. Bei gekreuzter Niere, wo die
Form der Niere meist verändert ist, münden die Harnleiter mit zwei Mün-
dungen in vollkommen normaler Weise in die Blase ein.
0. Eng ström (6) bespricht auf Grund dreier Fälle die Dystopieen der
Niere, welche nicht selten zu diagnostischen Irrtümern und verhängnisvollen
Operationen geführt haben. Eine Dystopie kann wie eine Wanderniere
Schmerzen machen und bei einer Entbindung ein Hindernis abgeben.
Gould (7) berichtet über zwei Fälle mit vollständiger Verdoppelung
beider Harnleiter, jede Niere hatte zwei Becken mit einem vollständig ge-
trennten Harnleiter, alle vier Harnleiter mündeten getrennt in die Blase.
Heilbronn (8) behandelt die kongenitalen Nierenanomalien und zwar
zwei Hufeisennieren, dann eine angeborene Verlagerung der linken Niere mit
fünf Arterien bei normaler rechter Niere ; ohne eigentliches . Nierenbecken
entspringt der Ureter, sich gleich teilend in einzelne Äste, an der Vorder-
fläche der Niere ; dann einen Mangel der rechten Niere bei Hypertrophie der
linken; an der Stelle der normalen Niere ein haselnussgrosser als rudimentäre
Niere anzusprechender Körper mit Knorpelinseln, Nebenniere vorhanden an
normaler Stelle. Ureter vorhanden, aber im oberen Teil verdünnt, nicht zu
sondieren.
Heuer (9) berichtet über eine bei der Sektion gefundene Kuchenniere,
eine innig mit einander verwachsene, platte Hufeisenniere eines* 3 Monate
alten Kindes, das an Pneumonie gestorben war, aus verschiedenen Statistiken
aus 16535 Sektionen berechnet er unter 974 Sektionen eine Hufeisenniere.
Kaestel (10) beleuchtet die praktische Bedeutung der angeborenen
Dystopie der Niere (bisher nur in wenigen Fällen in vivo oder vor der Ope-
ration diagnostiziert) unter Anführung eines Falles und 22 ähnlicher aus der
Literatur.
Kolo8sow(ll) fand bei einem an Pyelocystitis verstorbenen 40 jährigen
Mann eine linksseitige Hydronephrose, rechte Niere in eine Cyste umgewandelt,
mit zwei Becken, aus deren jedem ein Harnleiter in die Blase führte; die
Blase war durch eine Scheidewand in zwei Abteilungen getrennt, eine vordere
obere und eine hintere untere. Der linke Harnleiter mündete in der Blasen-
wand oberhalb, der rechte obere in der Blasenwand unterhalb der Scheide-
wand, der rechte untere in der Scheidewand selbst an der oberen Seite.
M agenau (12) berichtet über einen Fall von äusserlich schon als Tumor
sichtbaren, beiderseits cystisch erweiterten Ureteren, die eine Geburtserschwe-
rung bewirkten und führt aus der Literatur eine Beihe ähnlicher Fälle an,
die ein Geburtshindemis bildeten.
E. Meyer (13) berichtet über Entwickelungshemmungen der Nieren, die
durch Sektion nachgewiesen wurden. So fand er an den normal grossen und
normal gelagerten Nieren eines 9 Wochen alten Mädchens neben anderen ver-
776 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
schiedenen Entwickelungsfehlem infarkiartige heile und tiefdunkel gefärbte
Partien, die der Oberfläche der Nieren ein geflecktes Aussehen gaben; die
Flecken erstreckten sich keilartig in die Tiefe, mikroskopisch zeigten sich die
dunklen Flecke normal, die hellen abnorm. In letzteren fehlten die grossen
Zellen der Sammelröhren, die M alp ig hi sehen Körperchen waren auffallend
klein, die geraden Kanälchen vielfach blind endigend oder massiv auslaufend.
Femer fand er bei einer kongenitalen Gystenniere bhnde, seijjiche Ausläufer
im Kanalsystem und nui* vereinzelte Malpighische Körperchen, der Ureter
teilte sich in zwei Sprossen, von denen der eine vollkommen blind endete,
während aus dem anderen kleine, blinde, sekundäre Aussprossungen hervor-
gingen. Dass die Gystenniere als eine -durch Entwickelungsstörung bedingte
Anomalie aufzufassen ist, sieht er daraus, dass noch andere Störungen der
Entwickelung gleichzeitig vorkommen, femer aus dem Vorkommen gleicher
Veränderungen bei Geschwistern, ferner aus der Sektion eines 6 jährigen
Knaben, bei dem auf der einen Seite Gystenniere, auf der anderen Seite
Hydronephrose sich fand.
Natanson (14) fand in einem Falle, wo die rechte Niere fehlte, die linke
nur rudimentär entwickelt war, in diesem Rudiment zahlreiche Knorpelinseln.
Das Kind hatte noch 54 Stunden gelebt.
Philipps (15) berichtet von einer Hufeisenniere, die er abbildet und
deren Träger an Erschöpfung zugrunde ging, beide Nierenteile waren im
Becken stark erweitert, mit Steinen gefüllt.
Schauerte (16) berichtet von einem Fall linksseitiger Nierendystopie
(Dystopie betrifft in 80 Vo die linke Niere) mit Hydronephrose bei einem
30jährigen Arbeiter; abdominale Nephrektomie; Tod. In dem Hydronephrosen-
sacke fanden sich Steine.
Schenk 1 (18) behandelt die fötale Riesenniere, die er wie die koa-
genitale Gystenniere als Hemmungsbildung auffasst. Literatur.
Schönfeld (19) berichtet von einem 4 Monate alten, an Katarrhal-
pneumoni^ verstorbenen Kinde eine Aplasie der rechten Niere, beim ersten
Anblick dieselbe nicht zu finden, Ureter normal, mündet nach oben in ein
bläschenförmiges Gebilde, wahrscheinlich das Nierenbecken, Nierenspuren in
einigen drüsigen Gebilden. Nebenniere normal.
V. Schuhmacher (20) berichtet von gekreuzter Dystopie der Niere
mit Lageveränderungen an den Geschlechtswerkzeugen. Die linke Niere lag
in der rechten Bauchseite nach unten und innen von der normal liegenden
rechten. Der Unke Ureter verläuft unter starker Abknickung zur normalen
Eintrittsstelle in die Blase. Der Uterus liegt ganz in der rechten Becken-
hälfte und ist um seine Längsachse gedreht, die Vagina weicht in ihrem
oberen Abschnitte ebenfalls nach rechts ab. Die Abnormität wurde an einem
2 monatlichen Mädchen beobachtet; in der Literatur sind nur vier ähnüche
Fälle bekannt.
W. W. Toukew (20) referiert zwei Fälle von Anomalien der Niere.
Fall L Weibliche Leiche. Die rechte Niere stark verlängert, 12,5 cm,
sie besitzt zwei Hilus, zwei Ureteren (die sich 3 cm unterhalb der Kreuzungs-
stelle mit der Art. iliaca comm. vereinigen), vier Arterien und sechs Venen.
Zwei Arterien entspringen aus der Aorta, eine aus der Art. iliaca interna.
Von den Venen münden die vier oberen in die Vena cava, die zwei unteren
in die Vena iliaca. — Linke Niere normal.
Fall II. Männliche Leiche. Die rechte Niere besitzt keinen Hilus. Die
Ziegler, Yerletzaogen and chimrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 777
Nierenbecken liegen frei auf der vorderen Fläche des Organs. Die Niere
liegt in der Höhe des 3 — 5 Lendenwirbels. Sie hat zwei Arterien, aus der
Art. lliaca communis und drei Venen, von denen zwei in die Vena cava und
eine in die Vena iliaca communis sinistra münden.
Hohlbeck (St. Petersburg.)
Winter (21) teilt einen Fall mit von Operation einer Nierencyste bei
Solitämiere, rascher Tod. Er teilt die angeborenen Nierendefekte in drei
Gruppen ein. 1. Die eigentlichen angeborenen einseitigen Nierendefekte von
Gebort an; 2. wo die beiden Nieren zu einer zusammengewachsen sind;
3. wo die zweite Niere ursprünglich vorhanden war, aber ganz atrophiert ist.
Von 237 in der Literatur veröffentlichten Fällen fehlte die Niere 129 mal
links, 98 mal rechts, bei Männern ist es häufiger als bei Frauen. Auf der
Seite, wo die Niere fehlt, fehlen gewöhnlich auch die Blutgefässe, gewöhnlich
fehlt der Harnleiter. Fehlen der Nebennieren ist häufig, ebenso Unregel-
mässigkeiten im Regenerationsapparate. Nieren- und Hamleitersteine in der
Solitämiere sind häufig. Operationen ausser der Nephrektomie sind an der
Solitämiere zu gestatten. Gjstoskopie und Harnleiterkatheterismus müssen
eine Solitämiere aufdecken, obwohl gerade hier diese Methoden wegen der
anatomischen Veränderangen oft nicht leicht sind.
2. Anatomie und Physiologie.
1. Castaigneu. Ratbery, Etade exp^rimentale de Tactioa des aolations de chlorore
de sodinm aar repitelium reDal. La semaine med. Nr. 89. 1903.
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ebener med. Wocfaenschrift Nr. 46. 1903.
3. Gallerani, Wirkung des Sublimats auf die Nieren. Ref. med. Nr. 51. 1908. Ref.
Mflncbener med. Wochenschrift Nr. 15. 1903.
4. Gayon, La chloroforme et Fappareil deTurinaire. Ann. des maladiea des org. g^n.-ur.
1908. Nr. 22.
5. Eoeppe, Physikalische Diagnostik der Nierentätigkeii Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 45. 1903.
6. Eörber, Emil, Eann Nebennierengewebe durch biochemische Reaktionen nachgewiesen
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tion. Soc. de Biologie. 4. IV. 1803. Ref. Münchener med. Wochenschrift Nr. 24. 1908.
9. Loewi, Untersuchungen zur Physiologie und Pharmakologie der Nierenfnnktion. Arohiy
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10. Notzel, Experimentelle Studie zur Frage der Ausscheidung von Bakterien aus dem
Körper. Wiener klin. Wochenschr. Nr. 37. 1908.
11. Pettit, Alterations renales consecutives ä Tinjection deserum d'unguille etdessonge.
Archives intern, de Pharmacodynamie de de Therapie. Vol. VIII, Fase. V n. VI. Ref.
Deutsche med. Wochenschrift Nr. 43. 1903.
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nierten Blutes auf die Sekretion der Niere. Archiv f. experim. Pathol. u. Pharmak.
49. Bd. 2.-5. Heft.
18. Rapp, Die physiologische Albuminurie. Deutsche militftrftrztl. Zeitschr. Heft 1.
14. Rumpel, Karl, Über Hftmochromatose der Niere. Diss. WUrzbnrg 1903.
15. Streng, Die Einwirkung gewisser Bakterien und ihrer Toxine auf die Nieren und
die Ausscheidung dieser Bakterien durch dieselben. Arbeiten aus dem pathol. Institut
zu Helsingfors. Fischer, Jena 1903. Ref. Zentralblatt fQr Chirurgie. 1903. Nr. 35.
16. Witkowsky, Gustav, Anatomische Studien an den Nieren junger und alter Katzen.
Diss. Wflrzburg 1903.
17. Zondek, Die Topographie der Niere und ihre Bedeutung. Berlin, A. Hirschwald. 1903.
778 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. Teil.
Castaigne und Batbery (1) finden Kochsalzlösungen über und unfcer
dem Gefrierpunkte von 0,78^ das Nierenepitbel schädigend, dementsprechend
scheint eine exzessiv chlorarme Nahrung und noch mehr eine exzessiv chlor-
reiche Nahrung unzweckmässig.
Ferrata (2) fand im Lumen der gewundenen Hamkanälcben ansscf-
ordentlich feine Granula, die wahrscheinlich gelöst in den Harn übergehen
als ein Produkt äusserer Sekretion der Epithelzellen der Kanälchen. Die
Epithelzellen der Tubuli der Niere im ruhenden Zustande enthalten in ihrem
Protoplasma ähnliche feine Granulationen neben den Kernen, welche sich in
der Ruhe anhäufen und mit dem Infunktiontreten der Niere verschwinden.
In den Glomeruli finden sich ähnliche Granulationen nicht.
Gallerani (3) beobachtete bei der Vergiftung mit Merkurpraparaten,
speziell Sublimat, in der Niere Niederschläge von Kalksaizen. Dieselben
können von mikroskopisch kleinen Körnchen bis zur Bildung von Mengen,
die gut mit blossem Auge zu sehen sind, gehen und bald graue Streife oder
kleine graue Pünktchen darstellen, wahrscheinlich durch eine dekalzinierende
Wirkung des Sublimats auf den Knochen, der gelöste Kalk gelange in den
Kreislauf und lagere sich in der Niere ab. Wenn man Sublimat direkt in
die Nierenkortikalis injiziert, findet man die gleichen Kalkablagerungen, hanpt^
sächlich in dem Epithel der gewundenen Hamkanälchen.
Guyon (4) bespricht die Beziehungen des Chloroforms zum Harntrakt
und hält bezüglich der Niere das Chloroform als nicht kontraindiziert bei
Nierenaffektionen , auch nicht bei Nephritiden. Selbst doppelseitige Affek-
tionen bedingen weder mittelbare noch unmittelbare Folgen nach dem G^
brauch des Chloroforms.
Koeppe (5) bringt Erörterungen über die osmotischen Vorgänge in den
Nieren. Es sind häufige Gefrierpunktsbestimmungen unter den verschiedeiKteB
Verhältnissen nötig.
Koerber (6) machte Nachuntersuchung über den von Croftan vorge-
schlagenen Weg (dieser Jahresbericht pro 1902, pag. 1010) der chemisch«i
DiiFerentialdiagnose zur Unterscheidung der Struma suprarenalis gegenüber
anderen Nierentumoren und Tumoren überhaupt und konnte keine Bestäti-
gung erbringen.
Lesn6 und Riebet (7) finden bei ihren Versuchen über Autointoxi-
kation an nephrektomierten Hunden, dass Zufuhr von ClNa die Autointoxi-
kation hinausschiebt.
Linossier und Lemoire (8) berichten über ihre Untersuchungen bei
gesunden und kranken Individuen über den Einfluss der aufrecht^i Körper-
haltung auf die Nierensekretion. Der Urin wurde alle 24 Stunden anfg^
fangen. Bei allen, ob gesund oder krank, setzt die aufrechte KörperhaHimg
die Nierensekretion herab, besonders bei letzteren. Die Uamstoffansacheidimg
ist bei aufrechter Körperhaltung nicht konstant vermindert bei gesundes
Nieren, bei kranken konstant. Die Untersuchungen müssen über längere Zeit
ö— 8 Tage, fortgesetzt werden, um Täuschungen, Beeinflussungen durch andere
Momente auszuschalten.
Nötzel (10) fand bei zahlreichen Versuchen an Kaninchen, dass bei ge
sundem Organ eine Ausscheidung der im Blutkreislaufe vorhandenen Baktenes
durch die Nieren nicht statthat.
Löwi (9) findet auf Grund seiner Versuche:
1. In der Niere, und zwar im Glomerulus, findet eine Filtration statt
Ziegler, Verletzangen und chinirg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 779
an dem sich ausser dem Wasser alle im Blute in freier Lösung befindlichen
Kristalloide beteiligen.
2. Wahrscheinlich in den Kanälchenepithelien findet eine Sekretion statt
derjenigen Exkretstoffe, die im Blut in kolloider Bindung kreisen; diese
Bindung wird in der Niere gelöst.
3. Diese Sekretion verläuft der in den echten Drüsen nicht analog.
4. Es findet in den Harnkanälchen eine Rückresorption von Wasser und
gelösten Bestandteilen statt. Die eigentliche Nierensekretion kann durch
keines der harntreibenden Mittel gesteigert werden.
Pettit (11) fand 3Vs Minuten nach der Injektion von Aaiserum bei
Kaninchen, Meerschweinchen, Igeln, Kröten und Fischen Degeneration des
Nierenepithels, die noch zunimmt, später Zylinderbildung.
Pfaff und Vejn-Tyrode (12) zeigten an zahlreichen Durchblutungs-
versuchen an isolierten Nieren, dass es unmöglich sei, diese Organe lebens-
fähig zu erhalten. Das gewonnene Sekret reagierte alkalisch, enthielt viel
Eiweiss, Blut und Zylinder.
Leitet man nach dem defibrinierten Blute normales Blut durch die
Nieren, gewinnt das erhaltene Sekret die Eigenschaften normalen Harns.
Durch intravenöse Einspritzung von Blutegelextrakt gelang es, einigemale
normalen Urin zu erhalten.
Rapp (13) behandelt die physiologische Albuminurie. Nicht jeder eiweiss-
haltige Urin bedeutet eine Nierenerkrankung. So kommt es nach Muskel-
anstrengung, kalten Bädern, nervösen Einwirkungen, während der Verdauung
zn Eiweissausscheidung.
Kumpel (14) bespricht anknüpfend an einen Fall von einem 32jährigen
Phthisiker, bei dem sich in den Harnkanälchen reichlich Pigment und in den
Glomeruli keines fand, die Bildung des Pigmentes in der Niere aus Häma-
globin.
0. Streng (15) machte Versuche über die Einwirkung gewisser Bakterien
und ihrer Toxine auf die Niere von Kaninchen und die Ausscheidung dieser
Bakterien durch die Nieren. Er injizierte den Kaninchen verschieden viru-
lente Kulturstämme, in der Kegel 24 Stunden alte Bouillonkulturen, in die
Ohrvene und untersuchte die parenchymatösen Organe, das Blut und den
Blaseninhalt kulturell und histologisch. Der Harn wurde mit einer Spritze
der Blase entnommen. Während Bacterium coli schon oft nach V2 Stunde
nach der Infektion im Harn nachgewiesen werden konnte, konnten Pneumo-
kokken, Staphylokokken, Streptokokken, Bact. typhi- und prodigiosus eine
Stunde nach der Infektion weder kulturell im Harn, noch histologisch in den
Harnkanälchen nachgewiesen werden. Pneumokokken fanden sich in 1 — 3
Stunden, Staphylokokken in 6 — 8 Stunden nach der Infektion; die längste
Zeit scheinen Streptokokken und Typhusbazillen zu brauchen. Gar nicht
nachweisbar scheint Prodigiosus zu sein. Besonders schnell scheint Bact. coli
Nierenveränderungen, speziell Blutungen, hervorbringen zu können, wovon die
Ausscheidbarkeit abzuhängen scheint. Virulentere Bakterien scheinen eine
schnellere Ausscheidung zu bewirken. Die Bouillonfiltrate , mittelst Kita-
sertos Filter von Pneumokokken, Staphylokokken, Typhus- und Kolibakterien
zu 2^/2 ccm injiziert, rufen ein schwaches, meist einige Tage dauerndes Fieber
hervor, die Staphylokokken sind am wenigsten Fieber erregend. Bei Tieren,
die der Injektion erliegen, findet man in der K^el eine Pigmentanhäufung
780 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
in den Nieren und zuweilen eine diffuse Vermehrung der Kleinzellen und
Fettdegeneration.
Witkowsky (16) findet bei der Untersuchung von Nieren alter und
junger Katzen, die durch Schlag auf den Kopf oder durch Vergiftung getötet
wurden, auch bei anscheinend ganz gesunden Tieren mannigfache pathologi-
sche Veränderungen, vielleicht Altersveränderungen, zu einem erheblidmn
Prozentsatz.
Zondek (17) bespricht in seinem Werke über die Topographie der
Niere und ihre Bedeutung für die Nierenchirurgie zuerst die Topographie
der Niere und ihrer Umgebung, dann die Gestalt der Niere und deren Ge-
fass Verhältnisse, wobei er auch die Edebohlsscbe Behandlung der chrom-
sehen Nephritis erwähnt, die er nicht günstig beurteilt. Schliesslich behandelt
er die Verlagerung der Niere, die kongenitale Heterotopie und die Wander-
niere. Atlas.
8. Nierenverletzungen.
1. Bauer, Wilhelm, 17 Fftlle von eabkataner Nierenruptar. Dies. Leipzig 1903-
2. Bechtold, Beitrag zar Kasuistik der sabkutanen Nierenquetschungen. Mflnckeacr
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5. Brewer, Raptore of the kidney. New York sorg. soc. Annids of surgery. 1903. Ju.
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Nr. 7>^ 10 u. 12.
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10. Fahr, Ein Fall von totaler Ruptur der linken Niere. Biol. Abteil, d. SrztL Yereini
Hamburg. 10. XL 1908. Mflnchener med. Wochenschrift Nr. 3. 1904.
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12. De Gaetano, Nuovo contributo alla chirurgia renale traumatica. Giomale intenuz. di
sc. medicale 1903. Fase 10.
13. Guibal, Trois cas de traumatisme du rein. Annal. des maladies des org. gte. or.
1903. Nr. 3.
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med. Wochenschrift Nr. 6. 1903.
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Sez. prat. 1903. Fase. 18.
16. Oberndorfer, Zur Frage der posttraumatischen Nephritis. Mflnchener med.WodieB-
schrift Nr. 50. 1903.
17. Riese, Zur Klinik der subkutanen Nierenverletzungen. 82. Yersamml. d. deotadiafi
Gesellschaft fflr Chirurgie. 1903. Langenbecks Archiv fflr klin. Chirurgie. 71. 6i
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18. Schmidt, Zwei Fälle subkutaner Nierenquetschung mit gO astigem Ausgang. MSb*
ebener med. Wochenschrift Nr. 17. 1903.
19. SchOnwerth, Traumatischer Niereninfarkt bei subkutaner Nierenruptar. Deotsebs
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20. Sorrentino, L'intervento nelle ferite infetto del rene. La Riforma med. Nr. 43.
Deatsübe med. Wochenschrift Nr. 46. 1903.
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22. Wolf, Ober einen Fall von traumatischer Nierenbeckenzerreissnng. Dias. Kiel 190S>
Ziegler, Verletzungen und chirnrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 781
Wilhelm Bauer (1) berichtet über die 17 in den letzten 9 Jahren in
der Leipziger chirurgischen Klinik zur Behandlung gekommenen subkutanen
Nierenrupturen, die teils operativ, teils konservativ behandelt wurden, teils
moribimd zur Behandlung gelangten.
Bechtold (2) berichtet über drei konservativ behandelte geheilte, sub-
kutane Nierenquetschungen, darunter eine bei einem 86jährigen Manne.
Boari (3) berichtet von einem Jungen, dem durch einen Messerstich
die linke Niere völlig halbiert wurde. Erst am 9. Tage wegen der bestehenden
TJrinsekretion wurde die Niere freigelegt; der obere Teil war gangränös,
deswegen zur Vermeidung einer Fistel totale Nephrektomie. Ähnliche ver-
suchsweise angelegte Schnitte an Hunden verheilten durch Naht. Er fordert
zu möglichst konservativem Vorgehen auf.
An die Beschreibung eines von ihm operierten Falles von Querwunde
der linken Niere knüpft Boari (3) klinische Erörterungen über die Behand-
lung der Nierenwunden; er berichtet dann noch über experimentelle Unter-
suchungen, die er ausführte, um festzustellen bis zu welchem Punkte die
durchschnittene oder durch Schnittwunde vom Organ losgetrennte Nierensub-
stanz lebens- und funktionsfähig bleibe. R. Giani.
Brewer (5) zeigt einen 4jährigen Negerknaben, der durch einen Fall
sich die Niere in zwei Teile zerrissen hatte; Naht der Niere; Heilung.
Brown (6) berichtet über eine quer durch den Leib gehende Pistolen-
schussverletzung in der Höhe der Niere mit Erhaltung der Niere, grosses
Blutextra vasat.
Cahen (7) berichtet von einer Nierenzerreissung durch Fall, die anfangs
konservativ, später wegen Fieber mit Entfernung der Niere behandelt wurde.
Heilung. Die entfernte Niere zeigte zahlreiche Infarkte.
Delbet (8) behandelt sehr ausführlich unter Anführung drei selbst
beobachteter Fälle^ mit zahlreichen Tierversuchen, unter Berücksichtigung
einer grossen Literatur die Pathogenese, Symptomatologie, Diagnose und
Therapie der nicht seltenen Flüssigkeitsansammlungen nach Nierenkontusionen,
die traumatische Hydronephrose und die paranephritischen Cysten. Bei Ver-
letzungen des Nierenbeckens entstehen mit Vorliebe paranephritische Ergüsse
und Cysten, bei solchen des Ureters aber Hydronephrose. Punktion hat
schlechte Besultate, Inzision oder Nephrektomie meist gute.
Engel (9) teilt zur Frage der traumatischen Nephritis einen Fall mit,
wo bei einem jungen, früher anscheinend gesunden Manne nach massiger
Quetschung des Leibes eine ca. vier Wochen lang nachweisbare Albuminurie
und Glykosurie auftrat.
Fahr (10) berichtet von einem tödlichen, totalen Querriss der linken
Niere zwischen mittlerem und unterem Drittel bei einem Lehrling durch Fall
vom zweiten Stock.
Fürbringer (11) weist unter Berücksichtigung der Literatur auf die
Bedeutung des Trauma auf die Enstehung oder Verschlimmerung der diffusen
Nephritis, besonders der chronischen Form hin.
In einem Falle von Schnittwunde am oberen Nierenpol mit starker
Blutung nahm DeGaetano (12) die Nephrorrhaphie vor; es trat vollständige
Heilung ein. Verf. zieht die Nephrorrhaphie der Tamponade vor, sie schütze
die Niere gegen Lifektion, die möglich ist, da sich eine strenge Asepsis nicht
befolgen lässt. — Er teilt dann einen weiteren Fall von Nierenverletzung
mit, in welchem die Waffe von der Vorderseite, oahe dem freien Rande,
782 Jaliz«8beneht fftr Chirargie. II. Teil.
eingedruDgen and auf der Hinterseite ausgetreten war und dabei den Hilns
gestreift und die Gefasse durchschnitten hatte. Er nahm sofort die Nephrek-
tomie vor und erzielte Heilung. R. Giani.
Guibal (13) berichtet aber drei Fälle von Nierenverletzung mit Zeichen
schwerer Blutung, wo er zur Blutstillung unter Erhaltung der Nieren laparo-
tomierte.
Grisson (14) demonstriert eine traumatische Pyonephrose, die dorcb
Zerreissung des Nierenbeckens bei einem 20jährigen Manne entstanden war;
es bildete sich rings um die Niere ein Abszess , der eröffnet wurde , und als
der Abszess doch nicht zur Verheilung kam, wurde die Niere entfernt.
Oberndorfer (16) bringt den Sektionsbericht einer posttraumatischeB
Nephritis. Nach einer leichten Prellung am Fusse traten nach 17 Tagen Bht
im Harn und Schmerzen in der linken Nierengegend auf; unter Fortdauer
der Nierenblutung, Zunahme der allgemeinen Schwäche und unt^r leichten ur-
ämischen Erscheinungen trat der Tod ein. Bei der Sektion grosser snbperi-
tonealer Bluterguss um die linke Niere, starke Muskelzerreissung der hinteren
Beckenmuskeln, an den Fettkapseln beider Nieren Bhitergüsse, starke fettige
Degeneration beider Nieren.
Biese (17) bespricht an der Hand von 491 Fällen die Chancen eim
exspektativen und operativen Behandlung bei subkutanen Nierenverletzung«!
und empfiehlt für die schweren Fälle einen ausgedehnten Lumbalschniti In
der Diskussion vertritt Körte eine möglichst exspektative Richtung; unter
31 Nierenrupturen verhielt er sich 27 mal exspektativ.
Schmidt (18) berichtet über zwei subkutane Nierenquetschungen durch
Fall, die bei konservativer Behandlung zur Heilung gelangten.
Schönwerth (19) berichtet über die Entstehung eines traumatischen
Infarktes bei einer durch Hufschlag kontundierten Niere, die wegen drohender
Eiterung freigelegt wurde; Heilung mit Erhaltung der Niere.
Sorrentino (20) berichtet über eine Stichverletzung der Niere, di«
wegen Infektion exstirpiert wurde. Wegen Infektion der Blase Cystotomie.
Heilung.
Watson (21) befürwortet auf Grund eigener Beobachtung und des
Studiums der Literatur ein mehr operatives Vorgehen bei subkutanen Nieren-
verletzungen ; bei unkomplizierten Nierenverletzungen soll eingegriffen werden:
1. wenn das Bluthamen plötzlich aufhört unter Tumorbildung in der Nieren-
gegend ; 2. wenn Harnverhaltung auftritt durch Blutgerinnsel in der Blase;
3. starke Hämaturie länger als 36 Stunden dauert; 4. schwache Hämaturie
lange fortbesteht ; 5. secundäres Bluthamen auftritt ; 6. Zeichen innerer starker
Blutung auftreten.
Wolf (22) berichtet von einem akut letal verlaufenen Fall von Nieren-
beck enzerreissung, rittlings durch Fall auf einen Balken, mit starkem Harn-
drang und Harnverhaltung ohne Hämaturie. Bei der Sektion zeigte sich eis
Einriss im Nierenhilus, Harninfiltration der Nierenkapsel, beginnende leichte
Nekrose der hinteren Bauchwand bis zur Blase, Nieren intakt. Beginnende
eitrige Peritonitis.
Ziegler, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 783
4. Wandeniieren.
1. Bardenheuer, Eine neue Methode der Nephropexie. Allgem. ärztlicher Verein zu
Köln 1902. 21. III. Mflnchener med. Wochenechria 1908. Nr. 18.
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10. Godet, Fixation of the prolapsed Kidney. The journ. of the Americ. med. Ass. 1903.
Nr. 19.
11. Goelet, Method of sutering the prolapsed Kidney. Annais of surgery 1903. Dec. Buf-
falle med. joura. 1903. Nov. New-York med. record. 1902. Dec. 20.
12. Gordon, Some obsenrations on movable Kidney. The Lancet 1903. June 6.
13. H^resco, Sur un cas de diab^te insipide guöri par nephropexie. Bull, et m^m. de
la soc de chir. 1903. Nr. 25. (Ein Fall von Diabetes insipidus geheilt durch Nephro-
pexie. Spitalul 1903. Nr. 18. (Rumänisch.).
14. *Janowsky, Über die Wandemiere. Rnsskij Wratsch 1903. Nr. 24. Ref. Deutsche
med. Wochenschrift 1903. Nr. 38.
15. Larrabee, A clinical study of 12 cases of movable Kidney. Med. and surg. reports
of the Boston city hospital 1903.
16. Lenoble u. Qnelm^, Nephroptose double avec hydronephrose. Bull, et mäm. de la
soc. anat 1903. Nr. 10.
17. Lucas-Ghampionni^re, Rein mobile et nephrurrhaphie. Joura. de m^d. pratique
1903. Gahier 21.
18. Morano, Sngli effetti della palpatione renale. Gazz. degli osp. e delle clin. 1903.
Nr. 41. Ref. nach Zentralblatt ffir Chirurgie 1903. Nr. 81.
19. Morisani, Nuovo processo di nefropessia. Memoire chir. pubL in onore di Bottini.
Palermo 1903.
20. Nasi, Metodo razionale per fissare il rene migrante in posizione relativamente nor-
male, n Nuovo Raccoglitore 1903. Fase. 3.
21. Phillips, A case of floating Kidney in an Infant. The Lancet 1903. March 14.
22. Ruggi, Sulla razionale fissazione del rene migrante in posizione relativamente nor-
male. II Policlinico soz. pratiqua 1903. Fase. 25. Zentralblatt für Chirurgie 1903.
Nr. 17.
23. Schmitz, Beitrag zur Behandlung der ren mobilis. Allgemeine med. Zentral-Zeitung
1903. Nr. 47. 75. Naturforscherversammluug 20—26. Oktober 1903. Münchener med.
Wochenschrift 1903. Nr. 41.
24. Sutherland, Orthostatic albuminaria and movable Kidney. Amer. journ. of the med.
science 1903. August.
Bardenhener (1) bespricht eine nene Methode der Nephropexie. Er
teilt den M. quadratus lumb. in zwei sich deckende Hälften und löst die vor-
dere Hälfte am oberen Rande des Beckens von der Crista ilei ab und klappt
nach oben um. Vorher hat er hinter der Leber das Bett für die Niere frei-
gemacht und schiebt die von der Caps, adipos. befreite Niere in die neu-
gebildete Tasche hinein und näht den unteren Rand der anderen Hälfte des
M. quadratus lumb. an die hintere Fläche der vorderen, vom Bauchfell be-
freiten Bauchwand an. Die Niere ruht somit mit dem unteren Pole der vor-
deren Fläche der nach oben umgeschlagenen Hälfte des Quadratus lumb. auf.
Der Erfolg war stets ein vollkommener.
Bender (2) berichtet von einer Wandemiere, die heftige Schmerzen ver-
ursachte und im Gefolge derselben eine Skoliose hervorrief.
784 Jahreebericfat für Chimrgie. II. Teil.
BoYÖe (3) weist, da die intermittierende Hydronephrose meist ilire Ur-
sache in einer Wandemiere hat, auf den Torz'dglichen Erfolg der Nephrorrhaphie
unter Anführung zweier Fälle hin.
Brown (4) berichtet von Heilung des Diabetes bei Bestehen der Wander-
niere durch Nephropexie in zwei Fällen.
Canac-Marquis (5) beschreibt ein neues Verfahren der Nephrorrhapie,
das den Vorzug hat, dass keine Nähte durch die Niere selbst gelegt werden.
Freilegung der Niere mittelst eines 11 cm langen, der 12. Rippe parallelen
Schnittes, 2 cm von ihr entfernt, teilweise Resektion der Fettkapsel. Inzision
der Capsula propria auf 8 cm, Niere auf 3 — 4 cm freigelegt. Capsula propria
abgelöst (nicht einreissen!), dann Capsula propria ringsum an die Muskeln
nähen mit Perlnaht mit Fil de Florence, Haut verschlossen mit Plattennaht,
Rückenlage 20 Tage. Unter 281 Fällen keinen Misserfolg.
Nachdem er auf die grosse Frequenz der Wandemiere hingewiesen, er-
örtert Corsini (7) die Ursachen dieser Affektion und bemerkt, dass in erster
Linie eine allgemeine Schwäche der Gewebe anzunehmen sei, die dann unter
Mitwirkung anderer hinzutretender Faktoren (Abnahme des endoabdominalen
Druckes, Zerrung durch die Last des Bauches, rasche Abmagerung, Gebraudi
des Schnürleibes, Anstrengungen, Uterus- und Mastdarmvorfall) das Zustande-
kommen der Wandemiere erleichtert. Die gewöhnlichen Symptome: Schmerzen.
Verdauungsbeschwerden, Neurasthenie, Hysterie, anführend, meint Verfasser
indessen, dass sich die Diagnose erst stellen lasse, nachdem man darch bi-
manuelle Palpation während der Inspiration und Exspiration die Bewegui^^
der Niere wahrgenommen hat. Zum Schlüsse verbreitet sich Verfasser über
die Komplikation, die die Wandemiere, sei es durch den von ihr auf die be-
nachbarten Organe ausgeübter Druck, sei es weil sie leicht von Krebs, Lithiasis
und Eitemng befallen wird, im Gefolge hat. (R. Giani.)
Nach Erwähnung der ersten glücklichen Nephropexieversuche (Hahn in
Berlin^ 1881) und der vielen weiteren, die bald darauf von Chirurgen aller
Länder ausgeführt wurden, verbreitet Giannettasio (8) sich über die vid-
faltigen Indikationen der Nephropexie, die Modalitäten und Vorzüge aller von
den verschiedenen Autoren zur Ausführung dieses Operationsaktes bisher er-
sonnenen Methoden erörternd, und beschreibt dann seine eigene: I. Simon-
scher Lumbaischnitt: Man sucht den äusseren Rand des viereckigen Lenden-
muskels auf und legt ihn sorgfaltig frei; nachdem man zur Niere gelangt ist
und deren konvexen Rand, deren vordere und zum Teil auch deren hintere
Fläche frei gelegt hat — was man durch einen dem medianen Teil des kon-
vexen Nierenrandes entlang geführten, sich über '/4 derselben erstreckenden
Vertikalschnitt und durch zwei von den Enden des ersteren ausgehende und
wie dieser nur die fibröse Nierenkapsel treffende, leicht gegen den oberen
und unteren Nierenpol divergierende, nach hinten auf die hintere Nierenfläche
ziehende Schnitte erzielt — bildet man einen viereckigen, mit seinem ad-
härierenden Rande ungefähr 2 cm vom Nierenhilus abstehenden Kapsellappen.
II. Man isoliert ein ca. l cm dickes äusseres Randbändel des viereckigen
Lendenmuskels, es oben und unten in direktei* Kommunikation mit dem
übrigen Muskelkörper lassend; durch diese Spalte des viereckigen Lenden-
muskels zieht man dann mittelst Klemmer den Kapsellappen hindurch, den
oberen und unteren Zipfel desselben leicht anziehend. III. Man schlägt den
Lappen auf die Schnittfläche um und näht ihn in der Linie des ursprüng-
lichen Schnittes an die übrige fibröse Kapsel.
Ziegler, Verletzungen and chirarg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 785
Verf. nahm seine Versuche an 15 Hunden vor, die er bis zu 330 Tagen
am Leben Hess. Er beschreibt den bei jedem Experiment gemachten makro-
und mikroskopischen anatomischen Befund und zieht aus den erhaltenen Re-
sultaten folgende Schliisse:
1. Die Methode gelingt konstant, ¥7enn der Kapsellappen mit dem
Parenchym verwächst.
2. Neubildung von narbigem Bindegewebe findet nur auf der innersten
Strecke des eingeschlossenen Muskelbündels statt; die äusseren Muskelfasern
bleiben normal.
3. Die Narbe invadiert während des Verwachsungsprozesses des Organs
nur an beschränkten Stellen das Nierenparenchym, das seine normale Struktur
bewahrt
4. Die Fixation an den viereckigen Lendenmuskel gibt der ektopischen
Niere einen Sitz, wie er gewöhnlich durch alle anderen bisher erprobten
Operationsverfahren erzielt wird.
5. Infolge dieses neuen durch die Fixation an den viereckigen Lenden-
rnnskel mittelst der beschriebenen Methode erzielten Sitzes findet keine
Deviation im Nierenhilus statt.
6. Die so erhaltene Fixation kann als stabile und dauernde bezeichnet
werden. (R. Oiani.)
In acht klinischen Fällen, die er ausführlich mitteilt, nahm Giordano (9)
wegen einer infizierten Niere die Nephrektomie vor und gleichzeitig die Nephro-
pexie an der anderen Niere, um durch physiologische Lagerung deren Funk-
tionstüchtigkeit zu sichern. Man muss bedenken, sagt er, dass eine beweg-
liche Niere, wenn sie schmerzt und wenn sie anfängt, abnormen Harn abzu-
sondern, ein günstiges Terrain für schwerere Affektionen ist, und empfiehlt
sich nun die Fixation einer beweglichen Niere schon in Fällen, in denen die
andere Niere gesund und normal gelagert ist, so wird die Nephropexie eine
Operation von höchster Wichtigkeit, wenn die bewegliche Niere die einzige
noch vorhandene ist.
Federici, der die Nephrektomie bei Pyonephrose verwirft, erwähnt
Fälle, in denen nach einseitiger Nephrektomie der Patient selbst die Vornahme
der Nephrorrhaphie verlangte. Ein jeder bedenke dann die Nachteile und Ge-
fahren, ruft er aus. Wohl hypothetische Nachteile und Gefahren, die sich
jedenfalls verhüten lassen, wenn man in Fällen, in denen man eine Niere zu
opfern gezwungen ist und in denen die andere eine abnorme Beweglichkeit
aufweist, die Nephropexie in der gleichen Sitzung vornimmt. (R. Giani.)
Godet (10) behandelt die Nephropexie.
Goelet (11) schlägt zur Befestigung der Wandemiere vor: Senkrechten
Schnitt von 3Vs— 4 Zoll Länge, parallel dem M. erector und beginnend dicht
unter der 12. Rippe. Durchtrennung der Weichteile bis auf den Quadratus
lumborum. Dieser wird zur Seite geschoben und die Fascia transvers. unter
Schonung des N. ileo-hypogastricus durchtrennt. Nachdem von der freigelegten
Niere die Fettkapsel stumpf nach beiden Seiten abpräpariert ist, wird eine
mit in 3 ^/oiger Lysollösung ausgekochtem Silkwormfaden bewaffnete Nadel in
die fibröse Kapsel eingestochen, unter die Kapsel, ohne die Niere zu verletzen,
V> Zoll lang hergeführt und wieder ausgestochen. Nachdem sie jetzt in trans-
versaler Richtung hergeleitet ist, wird sie in entgegengesetzter Richtung nach
oben wie vorher nach unten ausgestochen. Während dieser Faden etwa in
der Mitte der Rückenfläche der Niere liegt, wird der zweite an der Grenze
JahrMbttri«bt fOr Cbirurgie 1903. 50
786 Jahresbericht ftkr Chirurgie. II. Teil.
des mittleren und unteren Drittels in derselben Weise angelegt. Die Fäden
werden durch die Rückenweichteile nach aussen geführt und auf der Hast
über einen Gazebausdi geknotet. Damit das sich etwa aufblähende Kokin
nicht auf den unteren Nierenpol drückt, wird zwischen ersteres und Niero
ein Gazebausch geschoben, welcher nach 48 Stunden entfernt wird; bis auf
die Stelle des Bausches wird die Wunde geschlossen. Die Silkwommahte
werden erst am 20. Tage nach der Operation entfernt Zu beachten ist, dass
kein Eapselfett auf der Stelle der Niere liegt, es ist abzutragen. Bei beider-
seitiger Nierenoperation peinliche Rückenlage, bei einseitiger Operation neben
Rückenlage auch Lage auf der operierten Seite erlaubt.
Goelet (11) erwähnt zunächst die relative Häufigkeit der Wanderniere
auch bei Männern bestimmter Berufsklassen, z. B. den Strassenbahn- nnd
Eisenbahnangestellten im Westen Nordamerikas. Den dritten Grad d^
Wanderniere hält Goelet für eine Anzeige zur Operation, weil Bandagen in
diesem Stadium wirkungslos seien und selbst bei sogenannten symptomlo^eD
Wandernieren dritten Grades häufig 7ö^/o eine beginnende Nephritis tgt-
handen sei. Bei der Nephropexie verwirft Goelet die Eröffnung nnd dai
Abstreifen der Caps, fibr.; die Fixationsnähte müssen eine längere Strecke
zwischen der fibrösen Kapsel und der Nierenoberfläche durchgeführt werden,
damit sie nicht ausreissea Im ganzen 166 Nepbropexien ohne Todesfall und
ohne Misserfolg.
Goelet (11) hält die Nierennaht bei Wandemieren für strikte indiziert,
wenn im Stehen bei tiefer Inspiration das ganze Organ unterhalb des Rippen-
bogens fühlbar ist. Bandagen sind nur zu empfehlen bei gleichzeitiger Ent^ro-
ptose oder geringen Graden von beweglicher Niere, Pelotten verwirft er.
Gordon (12) empfiehlt auf Grund einiger Fälle die Nierennaht bei
Wandemiere, die auch in neurasthenischen Fällen Erfolg versprechen kauiL
Herescu (13) berichtet von einer durch Heben einer schweren Last
hervorgerufenen Wanderniere mit schwerem Diabetes insipidus. Durch Nephro-
pexie Heilung.
Larrabee (15) hat bei 272 Patienten seiner Poliklinik 112 mal Wander-
nieren gefunden. Nur achtmal war die Wandemiere Ursache der Klagen,
achtmal bestand allgemeine Enteroptose. Er warnt vor unnötigem Operieren
und dass man nichtsahnende Patienten auf das Leiden aufmerksam mache.
Lucas-Championniere (17) empfiehlt bei der Wandemiere die Ope-
ration, die Nähte (er näht mit dickem Catgut) müssen aber nach weiter Ent-
kapselung im Nierengewebe liegen. Unter 48 Fällen hat er keinen Zwiscbeo-
fall und kein Rezidiv erlebt, obwohl die Patientinnen nach Jahren und zam
Teil nach wiederholter Schwangerschaft untersucht wurden.
Morano (18) berichtet über die Unzweckmässigkeit der Massage bei
Wandemiere. Bei einem jungen Mädchen erzeugte er durch Massage Schmerzen
in der Nierengegend, Kopfschmerz, Eiweiss und Blut im Urin und verminderte
Urinmenge. Bei Versuchen an Kaninchen konnte er durch Massage Blutung
im Urin und mikroskopische Veränderungen in den Nieren erzeugen.
Morisani (19) beschreibt ein neues v(m ihm ersonnenes Nephropexie
verfahren. Dasselbe besteht darin, dass man die Niere an zwei aus der
fibrösen Lamellarschicht der Fascia superficiaUs gebildeten Lappen suspendiert,
welche iSchicht, beim Hunde wie beim Menschen, in der Lendengegend eine
bedeutende Dicke und Derbheit besitzt und sich sowohl von der darüber ge-
legenen areolären Fettschicht als von dem lockeren Bindegewebe, das die
Ziegler, Yerletzniigen nnd cbinurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 787
Scheide der darunter gelegenen Muskeln und Aponeurosen bildet, vollständig
lostrennen lässt. Diese Lappen, die nach innen geknickt und an die Niere
geheftet werden, vermögen zwei Bänder zu bilden, auf denen die Niere sus-
pendiert bleiben wird.
Die Anwendung seines Verfahrens am Lebenden werde, meint Verf., das
Resultat seiner anatomischen und experimentellen Untersuchungen sicher be-
stätigen und dartun, dass es den anderen bisher angewendeten Nephropexie-
verfahren gegenüber grosse Vorzüge besitzt. B. Giani.
Nasi (20) beschreibt eine von Ruggi selbst ersonnene Modifikation
seines Verfahrens, die darin besteht, dass man die fibröse Nierenkapsel un-
gefähr bis zur Hälfte ihres Umfanges lostrennt, znsammenwindet, an ihrer
Basis mit zwei starken Gatgutfäden unterbindet und diese an das äussere
Drittel der 12. Rippe fixiert. R. Giani.
Phillips (21) berichtet über eine bei Kindern seltene Wandemiere bei
einem kaum einjährigen Knaben mit schweren Anfallen.
Ruggi (22) geht von dem Grundsatze aus, dass eine rationelle Fixation
der "Wanderniere nur dann erzielt wird, wenn man die Niere in eine in Höhe
und Richtung verhältnismässig normale Lage zurückführt, sie so im Brust-
kasten lagert und dass dieser sie gehörig schützt, dafür sorgend, dass die
anatomische Struktur der Leber nicht verletzt wird, dass sie keinen Druck
von Seiten der Eingeweide, oder Zerrungen an ihrem Gefass-Nervenbündel
erfährt und dass eine prima intentio erfolgt. Zu diesem Behufe schlägt er
ein neues Nephropexieverfahren vor, das aus fünf Akten besteht. I. Akt:
Man legt von der vorletzten Rippe bis zum Darmbeinkamm einen Yertikal-
schnitt in die hintere Bauchwand, vier fingerbreit entfernt von der Domfort-
satzlinie; unten folgt der Einschnitt in der von Czerny angegebenen Weise
dem Darmbeinkamme. Nachdem man die Haut, das Unterhautzellengewebe,
die oberflächliche Aponeurose und das Zellgewebe des Trigonum lumbale
durchschnitten hat, entfernt man oben den vorderen Rand des M. latissimus
dorsi vom hinteren Rande des M. obliquus extemus und trennt diesen unten
zusammen mit dem M. obliquus internus und dem M. transversus und den
betreffenden Aponeurosen, vom Darmbeinkamme los. Man legt so das para-
renale Fettpolster frei und trägt es ab. Hierauf legt man durch einen in
die hintere Wand der perirenalen Aponeurose oder Zuckerkandischen
Binde geführten Vertikalscfanitt die Fettkapsel und dann die Niere frei, die
man von jener lostrennt H. Akt: Man macht einen Längsschnitt in den
konvexen Nierenrand, trennt mittelst einer stumpfen Sonde und zweier ana-
tomischer Pinzetten einen der Kapsellappen von der Nierenfiäche los und
rollt ihn so zusammen, dass er, mit einem langen, an den Enden mit zwei
Nadeln bewaffneten Gatgutfäden an die Basis gebunden, eine Art Ligament
bildet; auf die gleiche Weise verfährt man mit dem anderen Kapsellappen.
Die beiden der Kapsel noch anhaftenden Pole der Niere verhindern die voll-
ständige Entkapselung. UL Akt: Die die beiden Stiele umschnürenden Fäden
führt man in den zwischen der 11. und 12. Rippe bestehenden Literkostal-
raum, und zwar legt man die der hintern Fläche mehr nach hinten, die der
vorderen Fläche mehr nach vom. Hinten befestigt man das Eingeweide un-
gefiUu: auf der Grenze zwischen dem äusseren und mittleren Drittel der
12. Rippe. IV. Akt: Nachdem man die Niere in die normale Lage gebracht
hat, fixiert man durch Anziehen der Fäden einen nach unten und nach hinten
vom unteren Nierenpol gezogenen Lappen der Zuckerkandischen Binde am
50*
788 Jahresbericht f&r Chirurgie. II. Teil.
oberen inneren Teil des hinteren Randes der Lumbo-Abdomino-Kostalwimde.
Mitunter kann die zu dünne Znckerkandlschen Binde durch den vorderen
Lappen der perirenalen Aponeurose verstärkt werden. V. Akt: Nun ver-
scÜiesst man die Wunde, in den unteren Winkel einen Kapillardrain legend,
den man am sechsten Tage entfernt. Am 10. Tage entfernt man die Nähte.
— Nach diesem Verfahren operierte Verf. mit Erfolg mehrere Fälle.
B. GianL
Schmitz (23) bespricht die verschiedenen chirurgischen und interna
Behandlungsmethoden der Wandemiere und empfiehlt zur Fixierung der Niere
handbreite Heftpflasterstreifen.
Sutherland (24) berechnet, dass in 37,6 ^/o von cyklischer Albuminurie
bei jugendlichen Individuen Wandemiere vorlag, vielleicht ist übermässige
Blutüberfüllung der Niere Ursache der Lockerung des Organs.
6. Hydronephrose.
1. Anzilottin. Fattioi, Contribaio sperimentale allo studio anatomo-pfttoiogico e fisk»-
patologico deir idronefrosi et idropionefrosi. Pisa 1903.
2. Bazy, Contribation k la palhogenie de rhydronephrose intermittento. IteTue de Chir.
1908. Nr. 1.
3. Boerma, Ein FaU von hydronephrotischer Wanderniere. Monatsschrift f. Gebnrtaiiflfi
n. Qyn. 17. Bd. 2. Heft. 1903.
4. LaFascade, Emile, De Thydroneplirose dans les anomalies congenitales du rtii.
Diss. Lyon 1903.
5. Herczel, Hydronephrose , geheilt durch Uretero-Pyelostomie. Kgl. ftrztl. Verein n
Budapest. Deutsche med. Wochenschrift Nr. 19. 1903. Orvosi HetiJap. IdOS. No. 7.
6. fiochhaus, Diagnose der Hydronephrose. ärztl. Verein zu Köln. 4. V. 1903. Uta-
chener med. Wochenschrift. Nr. 39. 1903.
7. Lea, Acute recurrent hydronephrodis with notes offourcases, Medical Chronide 1901
May-Oct
8. Petersen, Ein Fall von üronephrose, geheilt durch Creterplastik und Nierenbedmi-
faltnng. MUnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 11.
9. Rjabow, Traumatische Hydronephrose. Busski Wratsch Nr. 30. 1903.
10. Werner Wiemer, Zur Kasuistik und Behandlung intermittierender Hydronephrose.
Diss. Kiel 1903.
11. Wiesinger, Demonstration eines Nierenprftparates. Biolog. Abteilung des ärztl. Yer.
Hamburg. 6. I. 1903.
Die von Anzilotti und Falbrini (1) veröffentlichte Arbeit zerfSÜBt
in fünf Kapitel: das erstere Kapitel handelt von dem pathologisch-anatomi-
schen Prozess der Hydronephrose, das zweite von der Physiopathologie der
Hydronephrose, das dritte von dem Einflüsse, den die Ligatur der Nieren-
hilusgefässe auf die Entwickelung der Hydronephrose bat, das vierte von den
Veränderungen, welche die der hamverhaltenden entgegengesetzte Niere erfahrt^
das fünfte endlich von der Umbildung der Hydronephrose in Pyonephrose.
Die Ligatur des Harnleiters bewirkt in einer ersten Periode Stase der Nieren-
venen, Hyperämie der Glomeruli und degenerative Veränderungen des Epithels,
die sowohl durch die Zirkulationsstörung als durch den auf den Epithelien
stagnierenden Harn bedingt sind. In einer zweiten Periode hat man Ektasie
der Kanälchen und der Bow mann sehen Kapseln, die zur Bildung von
cystischen Räumen führen kann; andererseits findet deutliche Proliferation
im Bindegewebe statt, die Kanälchen und Glomeruli zerstört. Schliesslich
bleibt nur noch ein einziger, von einer Wand aus sklerotischem fibrösen Ge-
webe umgrenzter cystischer Raum.
Ziegler, Verletzungen und Chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 789
Der Druck im Harnleiter, der in den ersten Augenblicken ein sehr hoher
ist, sinkt 120 Tage nach Beginn des Experiments bedeutend, bis auf 2 mm ;
und zwar sowohl infolge der Erweiterung des tubulären» Apparats als infolge
der Durchtränkung des Nierenparenchyms, als auch wegen der Menge der
abgesonderten Flüssigkeit, die in der in Retention befindlichen Niere auch
nach Entfernung des Hindernisses fortbesteht. Der Harnsäuregehalt hat eben-
falls abgenommen und in der hydronephrotischen Flüssigkeit werden häufig
Albumin, Zylinder, Blutelemente, Nierenelemente und mitunter auch Bakterien
angetroffen; diese besitzen jedoch kein oder fast kein pathogenes Vermögen.
Wird mit dem Harnleiter auch die Arterie unterbunden, dann konstatiert man
absolnte Nekrose des Organs, die viel rascher zustande kommt als bei Unter-
bindung der Arterie allein, weshalb die Verff. von der Unterbindung der
Nierenarterie zwecks Verhinderung der Hydronephrose durchaus abraten. Die
Ligatur der Nierenvene verhindert die Hydronephrose durchaus nicht.
Bei Ligatur des Harnleiters einer Seite weist die Niere der anderen
Seite Modifikationen auf, die, wie die Verff. nachweisen, durch Eintreten von
Nukleoproteiden in den Kreislauf bedingt sind und die mit den Nephrolysinen
von Castaigne und Batheus nichts zu tun haben.
Aus ihren Untersuchungen über die Hydronephrose ziehen die Verff.
folgende Schlüsse: Der wichtigste Infektionsweg bei Hydronephrose ist der
hämatogene, doch sind zum Zustandekommen der Infektion, ausser der Re-
tention, noch mehrere andere Verhältnisse erforderlich, die sich auf die patho-
genen Eigenschaften der Bakterien und die individuelle und lokale Wider-
standsfähigkeit des Organismus beziehen. Die Bakterien rufen nicht nur
Läsionen an der Nierenrinde und am Nierenmark hervor, sondern können
auch durch die Niere hindurch passieren und sich im Nierenbecken lokali-
sieren, eine rasche Zerstörung des Organs bewirkend. Die Bakterienabsonde-
rung ist bei einer hydronephrotischen Niere geringer als bei einer gesunden,
und zwar um so geringer, je stärker der hydronephrotische Prozess auftritt.
Die Ansiedlung der Bakterien in einem hydronephrotischen Sack begünstigt
den Zerfall der Nierenelemente und die Bindegewebssklerose und bewirkt
ausserordentliche Volumszunahme des Sackes.
Experimentell kommt die Hydropyonephrose hämatogenen Ursprungs
meistens nicht zustande, weil die sie begünstigenden Bedingungen fehlen;
diese bestehen dagegen unter natürlichen Verhältnissen. Bei der Hydro-
nephrose weist die Niere der anderen Seite schwere degenerative Verände-
rungen auf, die zum grössten Teile durch infektive Elemente bedingt sind,
die infolge der Resorption von Seiten der in Eiterung befindlichen Niere in
den Kreislauf gelangen. R. Giani.
Bazy (2) bespricht auf Grund von zwei mit Ureteropyeloneostomia be-
handelter Fälle und vielen Injektionsversuchen des Nierenbeckens und der
Ureteren von Neugeborenen unter Vorlage vieler Zeichnungen die intermit-
tierende Hydronephrose, deren Ursprung in einer kongenitalen Disposition des
Nierenbeckens und des Ureters liegt, in einem abnorm grossen Nierenbecken
mit Abnormitäten des obersten Ureterendes (Verengerungen, Faltenbildungen,
Drehungen).
Boerma (3) berichtet von einer operativ entfernten kleinmannskopf-
grossen rechtsseitigen hydronephrotischen Wandemiere.
La Fascade Emile (4) bespricht die Hydronephrose bei angeborenen
Störungen der Niere. Sie kann sich entwickeln bei Nieren mit angeborener
790 Jahresbericht fttr Cfairiirgie. II. Teil.
Ektopie, in der Hufeisenniere, in der Solitärniere, in Nieren mit Gefässano-
malien, häufiger beim Weib als beim Manne. Nephrektomie nur bei absoluter
Notwendigkeit.
Herczel (5) berichtet von einer mit Lendenschnitt freigelegten Hydro-
nephrose, die er dann, da sich der Ureter für eine Sonde undurchgängig er-
wies, mit dem Ureter verband, Heilung.
Hochhaus (6) bespricht an der Hand von drei Fällen die Schwierig-
keit der Diagnose der Hjdronephrose.
Lea (7) bespricht unter Anführung einiger Fälle die akute, recnmmieresde
Hydronephrose, die meist auf Wandemiere beruht und für die er die Nephror-
rhaphie empfiehlt, die meist Heilung herbeiführt.
Petersen (8) berichtet von einem kräftigen jungen Mann, an dem in
der irrtümlichen Annahme eines Nierensteines Freilegung der Niere und Spal-
tung des Nierenbeckens vorgenommen worden war und eine Urinfistel zuräck-
blieb; bei der Fisteloperation wurde der Harnleiter freigelegt, die Mündung
desselben zeigte sich weit nach oben verlagert, das Nierenbecken schien sehr
erweitert, eine stark vorspringende Klappe wurde längs gespalten und qaer
vernäht, das Nierenbecken faltig zusammengelegt und möglichst verkleioert.
Heilung.
Rjabow (9) operierte folgenden Fall:
Ein 12 jähriger Knahe erleidet am 8. Vlli. 02 einen Hufschlag in die linke Seite. Sft>
fort treten Erbrechen, Leibschmerzen und Blutbamen anf. In den daranffolgeDden Ti^i
T. bis 38,9. Unter Eis und Opium gehen alle Erscheinungen zurück. Pat. wird am 15. VUL
entlassen. Am 29. VIII. tritt Pat. wieder ein mit einem Tumor, der die ganze linke Regio
iumbalis einnimmt und nach vom fast bis zum Nabel zieht. Der Tumor prall-elastiscl.
Bei der Operation bestfttigte sich dfe Diagnose einer Hydronephrose. Letztere war don^
Verstopfung des Ureters mit Fibringerinnsel zustande gekommen; glatte Heilung.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Wiemer, Werner Theodor (10) berichtet von einem Fall inter-
mittierender Hydronephrose bei einem jungen Manne, wo der Ureter spitz-
winklig in das Nierenbecken mündete und dort eine Knickung erÄihr.
Helfer ich (Kiel) resezierte einen Teil des Nierenbeckens und ein ca. 3 cm
langes Stück des Ureters, schlitzte das Ende desselben in drei Zipfel, und
nähte dieselben in den Rest des Nierenbeckens ein. Dauerkatheter. Heilung.
Wiesinger (11) demonstriert eine Hydronephrose, die vor 52 Jahmi
durch den Tritt einer Kuh in der Nierengegend entstanden war.
6« Akute Pyelitis, Pyonephrose, Nierenabszesse.
1. Alter, Ein Fall von Niereneitemng. Deatsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 30.
2. Balatre, Emile, Gontribation k l'^tade des pyelonephrites gravidiques et de leoi
traitement. Dissert. Paris 1902.
3. Bernond, Gontribation k l'ötade de la pyelon^phrite gravidiqne. Diasertatlon Bor-
deaux 1902.
4. Blake, Some problems in the major-aurgery of the Kidneys, with a report of cu«.
Medical News 1903. April 11.
5. Bosanquet, Pyelitis as a cause of intermittent pyrezia in children. Edinboaigb
med. journ. 1903. Aag.
6. Esquerra, Sobre an caso de pielo-nefritis gravidica. Revista de medecina y cirur-
gia 1903. Nr. 5. Ref. Deatoche med. Wochenschrift 1903. Nr. 26.
7. Fawitzkya. Orlowsky, Zur Diagnose der katarrhalischen Form der Pyelo-Nepbn-
tis. Russkij Wratsch 1903. Nr. 8 u. 9.
8. *Fohlergill and Preeble, Pyonephrosis in a movable Eidney. Medical Chronicle
1908. Dec.
Ziegler, Verletzungen und cfairarg. Krankheiien der Nieren und Harnleiter. 791
9. Hartwig, Akute primftre PyelitiB der Sftugiinge. Berliner kün. WochenBchr. 1908.
Nr. 48.
10. Hollftnderi Nierenezstirpation bei einem achtmonatlichen Kinde. Verein ftlr innere
Med. Berlin. (S. IIL 1903. Deutsche med. Wochenschrift 1908. Nr. 34.
11. ^Liaughlin, Pyonephrose with Kidney-colon fistula. The joum. of the Americ. Med.
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12. Marcnse, Über Pyelitis und Pyelonephritis auf Grund von Gonorrhoe. Therapeut.
Monatshefte 1903. Nr. 2.
13. Rafin, Nöphrectomie pour uro • pyonephrose intermittente. Soc. de möd. Lyon m4d.
1908. Nr. 50.
Alter (1) berichtet über eine spontan auftretende, unter allgemein
septischen Erscheinungen verlaufende Pneumokokkeninfektion der rechten
Niere, an die sich ein Nierenabszess anschloss mit darauf folgender Abstossung
von einigen nekrotischen Nierengewebsfetzen, die deutlich als von der Niere
stammend zu erkennen waren. Heilung. Günstige Wirkung des KoUargol.
Balatre (2) bespricht die Pyelonephritis der Schwangeren, die meist
im fünften Monat der Schwangerschaft meist einseitig, aber auch doppelseitig
auftritt. Zur Behandlung empfiehlt er in den leichteren Fällen Ruhe, Milch-
diät, Blasenspülung bei bestehender Cystitis, in den schweren Fällen Ein-
leitung der künstlichen Frühgebart, in letzter Instanz Nephrotomie*
Bernoud (3) bespricht die Pyelonephritis der Schwangeren, die einer-
seits durch mechanische Störung, anderseits durch Infektion auf dem Blut-
oder Lymphweg oder durch Kontignität vom Darm oder Niere meist durch
Kolibazillen zustande kommt Prognose günstig, meist YÖllige Genesung.
Blake (4) empfiehlt bei chronisch eitrigen Prozessen an der Niere mit
Auanahme der Tuberkulose, für die ja nur die Nephrektomie in Betracht
kommt, unter gewissen Bedingungen die Nephrektomie primär unter Anfüh-
rung einiger Fälle.
Bosanquet(5) behandelt die bei Kindern, besonders Säuglingen häufige
Pyelitis, die gewöhnlich durch den Bac. coli comm. veranlasst wird, häufiger
bei Mädchen vorkommt und nach akuten Diarrhöen, akuten Infektionskrank-
heiten auftritt. Zwei Fälle.
Esquerra(6) berichtet von einer jungen, vorher gesunden Schwangeren,
infolge der Schwangerschaft Pyelonephritis.
Fawicki und Orlowski (7) besprechen an der Hand von sechs Kran-
kengeschichten die Diagnose der Pyelitis catarrhalis.
Hartwig (9) bespricht die dem Typhus ähnelnde akute primäre Pyelitis
der Säuglinge. Der Harn ist trüb, voll von Bazillen und Eiterköiperchen,
ohne Zylinder. Zur Behandlung empfiehlt er kleine Dosen von ürotropin.
Bei Säuglingsfiebem dunklen Ursprunges soll man an Pyelitis denken und
eine Untersuchung des Urins anstreben.
Holländer (10) demonstriert eine erfolgreich exstirpierte Niere von
einem 8 monatlichem Kinde, das zuerst mit Hämaturie, später Pyurie erkrankt
war, später auch einen fühlbaren Tumor an der rechten Niere hatte. Der
Tumor war ganz durchsetzt mit kleinen Eiterherden.
Marcuse(12) berichtet von vier Fällen von chronischer gonorrhoischer
Pyelitis, welche nach erfolgloser anderweitiger Behandlung durch direkte
Nierenbeckenausspülungen mit 1^/oigen Argentumlösungen zur Heilung ge-
bracht wurden.
Rafin (13)berichtet von einer tödlich verlaufenen lumbalen Nephr-
ektomie wegen Pyonephrose.
792 Jabresbericbt fttr Chirorgie. IL Teil.
7. Paranephritis. Perinephritis«
1. De blasi, Perinefrite tubercolare e curo iodica alla Darante. Gazefcta degli ospedalt
e deJle dinicbe. Nr. 21. Ref. Deutsche med. Wochenschrift 1902. Nr. 19.
2. Funke, Eine seltene Ursache für Peritonitis in den ersten Lebenawochen. Untnels.
Ärzteverein. Münchener med. Wochenschrift 1908. Nr. 10.
3. *£och, Über perinephritische Abszesse. Dissert. Jena 1903. (Noch nicht erhfililiciL)
4. Nögre,Paal, Le phlegmon perinephretique chez Tenfant. Diss. Montpellier 19QS.
De Blasi (1) berichtet von einem Falle tuberkulöser Perinephritis, in
dem nach 10 Injektionen k 0,2 Jod nach Durante das Fieber verschwand,
das bis dahin wochenlang gedauert hatte, nach 30 Injektionen konnte der
Patient das Bett verlassen.
Funke (2) berichtet von Peritonitis durch Perforation einer paranephri-
tischen Eiterung, die durch Perforation in die Bauchhöhle eines infolge an-
geborener Stenose erweiterten Ureters entstanden war, bei einem 10 Tage
alten Kinde, das nach 8 Tagen starb.
Paul Negre (4) behandelt unter Mitteilung von vier Fällen die Peri-
nephritis bei Kindern, die im Gegensatz zu der bei Erwachsenen sehr sdtes
ist, was mit der geringen Entwickelung des perirenalen Fettes beim Kinde
zusammenhängt; die Mädchen scheinen mehr disponiert zu sein als die Knaben,
während bei Erwachsenen umgekehrt. Unter den Ursachen findet er alle
akuten infektiösen Krankheiten, alle auch kleineren Eingriffe an den Ham-
wegen, Trauma, Fall, Yerkältung oft erst nach Jahren, Fortpflanzung der
Eiterung von anderen Organen her (Stein, Tuberkulose der Niere, Appendi-
citis). In ausführlicher Weise bespricht er die Differentialdiagnose mit anderen
Krankheiten, die zu einer Verwechslung Anlass geben können.
8. Tuberkulose der Nieren.
1. Asch, Über das Schicksal der in die Nierenarterien eingebrachten TnberkelbazilleB.
Zentralblatt fftr die Krankheiten der Harn- und Sexaalorgane 1903. Bd. XIY. Heft 4.
2. Bazy, Diagnostic de la taberculose du rein. Du danger de baser aar Tezamen bsc-
töriologiqae senl des indications op^ratoires. Ball, et möm. de la soc. de Chir. 1^
Nr. 26.
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de Chir. 1908. Nr. 8.
3. Cropp, Über die Verbreitung der chron. Tub. in den Nieren mit besonderer Berück-
sichtigung der Arterientuberkulose. Dissert. Göttingen 1903.
4. Edward, Oontribution to the knowledge of tubercular diseases of the feroale orinary
tract. Annais of surgery 1903. Oct.
5. GOtzl, Über absteigende Tuberkulose des Hamapparates. Prager med. Wochen-
Schrift 1903. Nr. 48.
6. Hansen, Die Ätiologie und Pathogenese der chron. Nierentuberkaloae. Nordidit
medicinskt Arkiy. Chirurgie 1902. Heft 4. Nr. 20. 1903. Heft 1. Nr. 4.
Recherches ezperimentales sur la taberculose g^n.-ur. surtout sur la tuberculose da
rein. Ann. des maladies des org. gen.-ur. 1903. Nr. 1.
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p. 513.
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Nr. 21. Soc. des scienc. möd.
12. Lew in, Nieren- und Blasentnberknlose. Verein fftr innere Med. in Berlin 1903. 2. Febr.
Deutsche med. Wochenschr. 1903. Nr. 10.
13. Lorenzo, De l'intervention chirnrgicale dans la tuberculose du rein. Dies. Paris 1903.
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Ref. Zentralblatt fQr Chirurgie 1903. Nr. 35.
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16. X. Manchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 45. Berliner klin. Wochenschrift
1903. Nr. 5ü.
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1903. Deutsche med. Wochenschrift 1904. Nr. 6.
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klin. Wochenschr. 1903. Nr. 26.
19. StOckel, Zur Diagnose und Therapie der Blasen- und Nieren tuberkulöse bei der Frau.
Beiträge zur Klinik der Tuberkulose 1903. Bd. I. Heft 2.
20. Suter, Ein Beitrag zur Diagnose und Behandlung der Nierentuberkulose. Korrespon-
denzblatt fQr Schweizer Ärzte 1903. Nr. 10 u. 11.
21. Winternitz, A., Zwei Fälle von Nephrektomie bei tuberkulöser Pyelonephritis. Buda-
pester kgl. Ärzte -Verein, Sitzung vom 25. X. 1903. Orvosi Hetilap. 1903. Nr. 45.
Asch (1) berichtet über das Schicksal von Tuberkelbazillenkulturen, die
in die A. renales von Hunden injiziert wurden. In einem Teil der Versuche
trat akute, tuberkulöse Erkrankung ein, nicht nur der Niere, sondern auch
anderer Organe. In einem anderen Teil war die Erkrankung chronisch und
es war nur die Niere tuberkulös erkrankt. Stets fand eine Ausscheidung
von Tuberkelbazillen durch den Urin statt, aber nur mit Unterbrechung,
woraus folgt, dass man bei Vordacht auf Nierentuberkulose wiederholt auf
Tuberkelbazillen untersuchen muss. Eine gesunde Niere scheidet wahrschein-
lich keine Tuberkelbazillen aus.
Bazy (2) berichtet von einem Fall, wo von anderer Seite zur Nephrek-
tomie geraten wurde auf Grund eines irrtümlichen Tuberkelbazillenbefundes,
zugleich zeigt der Fall, dass der Ureterenkatheterismus keine gleichgültige
Massnahme ist.
Bazy (2) zeigte bei einer doppelseitigen, durch die Sektion bestätigten,
tuberkulösen Niereneiterung, dass man auf Grund des uretero-vesikalen Re-
flexes (im Vorjahre hat sich pag. 960 Bazy ein Druckfehler eingeschlichen,
statt utero-vesikaler Reflex sollte es heissen uretero-vesi kaier Kefiex) allein
ohne Hamleitersondierung Niereneiternng diagnostizieren kann.
Cropp (3) prüfte an 15 Nierenpräparaten mit chronischer Tuberkulose
das Verhalten der Arterien ; er fand, dass durch Einbruch eines tuberkulösen
Käseherdes in eine Arterie, deren Lumen dadurch verengt, aber nicht ge-
schlossen wurde, eine diskontinuierliche Aussaat des tuberkulösen Virus, eine
Weiterverbreitung des tuberkulösen Prozesses auf dem arteriellen Blutwege
stattfand.
Edward (4) gibt 14 Fälle von Tuberkulose des Hamtraktes, von denen
nur in einem Falle die Tuberkulose ihren Beginn in der Blase hatte, sonst
immer in der Niere oder im Nierenbecken.
Götzl (5) betont gegenüber früheren Anschauungen die überwiegende
Häufigkeit der absteigenden Tuberkulose des Harnapparates, wie er mit Bei-
spielen belegt.
794 Jahresbtrieht fOr Chimrgie. IT. Teil
Um einen Beitrag zur Lösung der noch nicht völlig darchsichtigen Frage
nach der Ätiologie und Pathogenese der chronischen Nierentnberkoloee n
liefern, hat Hansen (6) teils eine Menge pathologisch-anatomischer, teils ex-
perimenteller Untersuchungen an Tieren angestellt. Auf Grund derselben zidit
er folgende Schlüsse:
1. Die chronische Nierentuberkulose ist gleich häufig bei Männern und
Weibern, gleich häufig in allen Lebensaltem, jedenfalls nach dem 20. Lebensjabe.
2. Sie ist sekundär nach tuberkulösen Leiden anderswo im Organianns,
besonders in den Lungen; sie entsteht durch hämatogene Infektion, und ihr
Entstehen wird durch Leiden (Retention, Traumen, Steinbildung u. s. w.), die
zum voraus in der Niere vorhanden sind, begünstigt.
3. Bei der isolierten Tuberkulose der Hamorgane fangt die Tuberb-
lose in der Niere an. Bei der kombinierten Urogenitaltuberkulose beim Mann«
ist die Niere gleichfalls oft der Ausgangspunkt des Leidens; die Tuberkulose
greift in diesen Fällen von den Harnorganen auf die Genitalien über, indem
Tuberkelbazillen durch die Urethra posterior in die Drüsengänge der Prostata
bineingelangen und eine Prostatatuberkulose hervorrufen.
4. Die ableitenden Hamwege werden durch die mit dem Harne herab-
strömenden Bazillen von der Kavität aus infiziert; von einer kontinuierlich
fortschreitenden Ulzeration über grössere Strecken ist keine Rede.
Hj. ▼. Bonsdorf (Helsingsfors.)
Hansen (6) machte ausgedehnte Versuche über die Tuberkulose im
Oeschlechts-Hamtraktus. Bei seinen Versuchen an Kaninchen ist es ihm ge-
lungen, eine einseitige, hämatogene Nierentuberkulose zu erzeugen durdi ab-
kutane Injektion von Tuberkelbazillen und durch gleichzeitige Läsion der
Niere. Bei der Blase ist es ihm nicht gelungen, eine hämatogene BImb-
tuberkulose durch Kontusion der Blase und durch gleichzeitige suMratane
Tuberkelbazillen-Injektion zu erzeugen. Dagegen ist es ihm gelungen, dircb
direkte Inokulation, besonders bei gleichzeitiger, vorübergehender Urinretention
Blasentuberkulose zu erzeugen.
111 (7) weist auf Grund von 14 Fällen von Tuberkulose des weiblicha
Hamapparates (davon neun mit Erfolg nephrektomiert) darauf hin , dasa dia
Blase nicht durch das Blut tuberkulös erkrankt, sondern dass die Tuberkvlose
von der Niere durch den Harnleiter auf die Blase fortschreitet. Nach den
Entfernen der kranken Niere heilt die Tuberkulose der Blase aus, ohne das
die letztere operativ behandelt wird. Zur Diagnose verwendet er ausser dm
Harnleiterkatheterismus und der Gystoskopie die Digitaluntersuchung von dar
Scheide aus an. Durch die letztere soll besonders die Schmerzhaftigkeit dar
Blase und der verdickten tuberkulösen Harnleiter festgestellt werden, ha
Beginne der tuberkulösen Nierenerkrankung treten Schmerzen in der Leoda-
gegend, später, wenn die Harnleiter ergriffen werden, in der Iliakalgegend tat
Johnson (8) berichtet über eine Nephrektomie wegen Tuberkulose.
Isconesco Katherine (9) findet sehr häufig bei Beginn einer Nicrw
tuberkulöse Polyurie, Phosphaturie, Albuminurie, Diazo-Reaktion, die bei dar
akuten miliaren Tuberkulose konstant ist, bei der chronischen häufig fdJt
Hämaturie und Pyurie, Zeichen einer chronischen parenchymatösen Nephritis.
Kümmel (10) zeigt vier, durch sehr frühzeitige Operation gewonnene,
tuberkulöse Nieren, bei denen durch Kryoskopie die genügende FunktioDS-
tüchtigkeit der anderen Niere festgestellt wurde. Bei sämtlichen Nq>hrak-
tomien Heilung.
Ziegler, VerletzaDgen and chirorg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 795
Leriche (11) berichtet von einem Weibe, das nach verschiedeneD
Knochenaffektionen PoUakiorie und käsige Massen im Urin aufwies. Äusser-
lich nichts zu fühlen. Mit dem Separateur von Jabaulay fand man aus der
rechten Niere Eiter kommend. Nephrektomie. Ureterektomie. Heilung. Der
Fall beweist den Wert der frühzeitigen Nephrektomie bei Tuberkulose.
Leriche (11) berichtet von der Autopsie einer vor zwei Jahren wegen
Tuberkulose nephrektomierten , 43jährigen Patientin^ die akut an Lungen-
ödem starb. Lungen und Pleuren frei, Nieren gross, mit käsigen Eiterhöhlen,
in der Umgebung Fibro-Lipomatose, in der Blase keine Spur von Tuberkulose.
Der Ureter der nephrektomierten Seite in eine weissHche Narbe verwandelt.
Lewin (12) stellt eine Kranke, die mit schwerer Blasen- und Nieren-
tuberkulöse behaftet war und jetzt spontan geheilt ist.
Lorenzo (13) bespricht die chirurgische Behandlung der Nierentuber-
kulose. Die primäre Nierentuberkulose durch die Blutbahn ist sehr häufig,
dagegen scheint die aufsteigende Nierentuberkulose selten zu sein. Bei sicherer
Einseitigkeit nach vorheriger Einzelprüfung des Urins beider Nieren lumbale
Nephrektomie.
Pousson (14) empfiehlt möglichst frühzeitige Operation der Nieren-
tuberkulöse. Von 14 Nephrektomierten leben sieben IVj — 6 Jahre nach der
Operation, während die Nephrotomierten sämtlich rasch nach der Operation
starben.
Rafin (15) berichtet von zwei erfolgreichen lumbalen Nephrektomien
wegen Tuberkulose, bei denen vorher die Prüfung der Methylenblauausschei-
dung sehr ungünstig gewesen war.
Salus (16) kann entgegen Fournier und Beaufum6 nicht bestätigen,
dass im Harn Tuberkulöser regelmässig Tuberkelbazillen gefunden werden;
dann weist er zum Nachweis von Tuberkelbazillen im Harn auf die sul)-
kutane Impfmethode hin als die sicherste Methode. Es scheint, dass aus
der Blutbahn oder dem kranken Gewebe Bazillen in den Harn ohne Nieren-
tuberkulose übertreten können, wenigstens in den fortgeschrittenen Fällen.
Schmidt (17) zeigt eine durch Nephrektomie gewonnene Niere, die
andauernde, starke Hämaturie nach schwerem Heben erzeugt hatte infolge
ulzeröser Papillentuberkulose.
Steyrer (18) berichtet von der Sektion einer 51jährigen Frau mit
tuberkulöser Verengerung eines Ureters ; die Hammenge war auf der kranken
rechten Seite ungefähr dreimal grösser als links.
Stöckel (19) hebt hervor, dass die Nieren-Blasentuberkulose viel häufiger
vorkommt als angenommen wird, weil sie häufig ganz latent verlaufen kann
und erst bei der Cystoskopie aufgedeckt wird.
Suter (20) bespricht die Diagnose und Behandlung der Nieren tuber-
kulöse. Aus der bakteriologischen Untersuchung des Harns lässt sich fast
immer die Diagnose stellen, mit Hilfe der modernen Methoden die befallene
Seite erkennen. Möglichst frühe Operation, und zwar die Nephrektomie. In
den Burkhardtschen P'ällen (19) betrug deren Mortalität nur 14 ^/o.
In dem einen Falle von Winternitz (21) war die tuberkulöse Er-
krankung mit einer Entwickelungsanomalie kompliziert: nach Entfernung der
kranken Niere und des kranken Ureters (letzterer mündete in die Urethra)
fand sich oberhalb dieser eine gesunde Niere mit normal mündendem Ureter.
Im zweiten Falle bestand zugleich eine tuberkulöse Cystitis; nach Ex-
stirpation der Niere und Fixieren des Ureter-Stumpf es in die Wunde machte
796 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Winternitz systematische Jodoform-Injektionen durch den Ureter in die
Blase, worauf die Cystitis heilte.
Derzeit sind beide Kinder gesund; von Fisteln keine Spur.
9. Nephrolithiasis.
1. Mc Arthur, Renal cystic calcolus with rigbt oephrolithotomy, righ Nephrectofnj;
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Ziegler, Verletzungen aod chirurg. Krankheiten der Nieren nnd Harnleiter. 797
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Ghir. Zentralblatt für Chirurgie. Nr. 86. 1903.
McArthur (1) berichtet über einen Nierencystenstein ; zuerst rechts
Nephrolithotomie, dann Nephrektomie, dann Anurie und links Nephrostomie ;
Heilung. Bevau meint zum Schluss einer längeren Diskussion, man solle
bei Anurie zwei Tage zuwarten, eine Katheterisation der Ureteren sei von
zweifelhaftem Werte, lieber dann Nephrotomie.
Barnett (2) bespricht die Beziehungen zwischen Nierenstein und
Gallenstein, zwischen denen manchmal eine Differentialdiagnose unmöglich
erscheint, wie er an einem Fall zeigt.
Bazy (3) berichtet von der Entfernung eines durch Radiogramm nach-
gewiesenen Steines im Ureter, wo durch das Radiogramm das Finden des
Steines wesentlich erleichtert wurde.
Boarget (4) zeigt an 13 Beobachtungen, dass bei der Diagnostik der
Nierensteine die Radiographie ein wesentliches Unterstützungsmittel ist.
Cavaillon (5) zeigt einen auf vaginalem Wege entfernten Ureterstein,
der zuvor mit einem Ureterbougie 15 cm von der Niere entfernt, als Hinder-
nis gefühlt wurde.
Crof tan (7) lobt auf Grund von vier Fällen die Behandlung hamsaurer
Nierensteine mit Ealziumsalzen.
Eppinger (8) berichtet, dass die Darstellung phosphorsaurer Steine
im Röntgenbild erst nach Einführung grösserer Luftmengen per rectum gelang.
Frey er (9) rät auf Grund von zehn operierten Fällen zur Entfernung
von Steinen im Ureter extraperitoneal vorzugehen oder, wenn Laparotomie
nötig ist, die Bauchwunde dann wieder zu schliessen und extraperitoneal zu
operieren.
Fries (10) berichtet von der Sektion eines durch Fremdkörperaspira-
üon verstorbenen alten Mannes, wo sich in beiden hydronephrotisch erweiterten
Nieren grosse Steine fanden, die im Leben in den letzten Jahren keine Be-
schwerden machten.
Gatti (11) hat in vier Fällen von Nephrolithiasis folgendes Operations-
verfahren angewendet : Er führte zwei Catgutfaden durch die Niere hindurch,
den einen am unteren, den andern am oberen Nierenpol, dabei viel Nieren-
substanz mitfassend, damit das Organ während der Operation gut fixiert
bliebe; hierauf machte er am konvexen Nierenrande, genauer gesagt an dem
dem Hilus entgegengesetzten Abschnitt, einen ungefähr 4 cm langen Einschnitt
in die fibröse Kapsel, perforierte mit dem Zeigefinger die Mark- und Rinden-
substanz bis zu den Nierenbecken, suchte mit der Fingerspitze die Steine
auf, führte unter Leitung des Fingers eine gewöhnliche Pinzette ein und zog
mit dieser den Stein oder die Steine heraus.
Der grosse Vorzug dieser Methode (die dem Verf. ausgezeichnete Re-
sultate gab), besteht darin, dass sie vollständig gegen die Gefahr einer
Blutung schützt.
Verf. hat das Verfahren an Hunden erprobt; bei der makroskopischen
und histologischen Untersuchung konstatierte er folgendes: Auf der Perfora-
tionslinie bildet sich ein Gerinnsel, das von einer kleinen Zone von klein-
zelliger und hämorrhagischer Infiltration umgeben ist (nur in einigen Fällen
gewahrte man einen oberflächlichen nekrotischen Punkt in besagter Zone);
798 Jahreebericht für Ghinirgie. IL Teil.
diese Zone wird allmählich durch eine ganz feine fibröse Narbenlinie sub-
stituiert, während im übrigen Organ (nachdem die in den ersten Tagen be-
stehende Hyperämie zurückgegangen ist) vollkommen normale Verhältsiisse
bestehen.
Die digitale Nephrotripsie verursacht also keine grösseren Verwüstungen
als eine gewöhnliche Nephrotomie und sichert ausserdem vollständig gegen
Blutungen; ihre besondere Indikation findet sie übrigens in Fällen, in d^es
man (entweder wegen Adhärenzen, die die Lostrennung der Niere von d«r
Fettkapsel und den umliegenden Geweben verhindern, oder wegen zu grosses
Volumens der Niere, das ihr Herausziehen durch den Iliaco-Eostalraum hin-
durch immöglich macht) gar nicht oder nur schwer zum Nierenhilns gelangKk
kann, um mittels manueller Kompression des Gefässstieles eine präventhe
Hämostase zu bewirken. R. Giani.
Gillet (12) bespricht die Beziehung der Nierensteinkrankheit nr
Lebensversicherung. Wer einmal eine Nierenkolik gehabt hat, den kann num
ohne Risiko nach einer Rezidivfreiheit von 3 — 6 Jahren in die Lebensver-
sicherung aufnehmen. Wenn ein chirurgischer Eingriff unternommen werdeo
musste, ist der Zeitraum seit der Operation und die Art der Operati(m
massgebend. Nach Nephrotomie ist jedenfalls eine Minderwertigkeit vorhandau
nach Nephrektomie wird Abweisung erfolgen, ebenso bei bestehenden Fistelo
und so lange diese bestehen.
Guyon (13) bespricht die diagnostischen Hauptmerkmale bei Nierah
steinen und erwartet von der Skiographie die Überwindung weiterer Schwierig-
keiten.
Guyon (13) berichtet von einem jungen Mann, der einschliesslich der
Radiographie nichts Objektives bot und seit 8 Jahren an Nierenkoliken litt
die in der letzten Zeit heftiger und häufiger wurden; Ursache Nierenstein.
Le riebe (15) zeigt einen Nierenstein, der durch Nephrotomie entfent
worden war, nachdem vorher eine grosse perinephritiscfae Phlegmone eröffnet
worden war luid keine Heilung gebracht hatte. Zufriedenstellende Anwendung
des Cat he linschen Apparates.
Lichtenstern (16) beobachtete bei einer 34jährigen Frau, die an
Cystinurie litt, seit vielen Jahren heftige Schmerzen in der rechten Nieren-
gegend, die in den letzten Jahren unter Auftreten von Harndrang zunahmen.
In der rechten Nierengegend war ein kleinfaustgrosser , höckeriger, derber
Tumor zu tasten; mit den Röntgenstrahlen ein Schatten sichtbar. Dorcb
Nephrotomie wurde ein grosser Gystinstein und viele kleine entfernt Heihmg.
L 0 u m eau (17) berichtet von einer linksseitigen Hydro- nnd Perinei^m»e
(Flüssigkeitsansammlung im Nierenbecken und zwischen Niere und Fettkapsel)
durch Steine bei einer 64jährigen Frau, die er wegen multipler Steine ^oit
reich nephrektomierte.
Lucas (18) behandelt ausführlich die Symptome und Diagnose der
Nierensteine nach Anführung eines typischen Falles. Li erster Linie wird
der Schmerz in seinen verschiedenen Formen beschi:ieben , der hauptsächlich
von der Beweglichkeit des Steines abhängig ist, dann die Hämaturie, di«
häufige Miktion, die mehr vom Grad der Eiterung als vom Stein abhängt
die Retraktion des Hodens , die Passage kleiner Steinchen , das Reiben dtf
Steine, die totale Suppression des Urins, schliesslich die X-Strahlen, die als
nicht unbedingt zuverlässig geschildert werden. Die Steine wurden durch die
Röntgenstrahlen in Guys Spital in 28 Fällen nachgewiesen, in 8 Fällen hni
Ziegler, YerleizuDgen und obirarg. Krankheüen der Nieren und Harnleiter. 799
der Chirurg Steine gefunden, wo keine durch die Röntgenstrahlen nachgewiesen
worden, in 2 Fällen fand man mit den Röntgenstrahlen Steine, wo sie der
Chirurg nicht fand. Am Schluss Differentialdiagnose.
Lucas (18) gibt nach genauer Besprechung der Diagnose der Nieren-
steine folgende differentialdiagnostische Bemerkungen:
1. Bei Tuberkulose ist die Hämaturie in den ersten Stadien charakte-
ristisch, bei Stein sehr schmerzhaft, erhöht durch körperliche Übung, fehlt
später oder ist ganz gering. Bei Tuberkulose ist Pynrie frühzeitig. Der
Schmerz bei Nierentuberkulose ist anhaltend, dumpf, nicht leicht ausstrahlend
wie bei Stein, der Schmerz nimmt zu, Schmerz überwiegt die Pjurie bei
Stein, der Eiter überwiegt den Schmerz bei Tuberkulose. Geringe Anfälle
von Fröstek mit Temperatursteigerung kommen häufig bei Tuberkulose vor,
auch Temperatur bei Nacht oft übemormal, bei Steinen selten erhöhte Tem-
peratur. Gelegentlich Befunde von Tuberkelbazillen, versagt aber oft. Bei
Frauen per vaginam, bei Männer per rectum fühlt man bei Tuberkulose oft
einen sehr empfindlichen, stark verdiddien Ureter.
2. Wandemieren geben Anlass zu Anfällen von KoUk mit Erbrechen
wie Nierensteine, bei Wanderniere Linderung durch Ruhe, klarer Urin ge*
wohnlich.
3. Bei Lithiasis kann Hämaturie und starker Schmerz auftreten, aber
nicht einseitig, und er ist leicht zu bekämpfen durch reichliches Wassertrinken.
4. Aknte Brightsche Krankheit oder Gichtniere kann Hämaturie er-
zeugen, aber der fortwährende Befund von Eiweiss, das geringe spezifische
Gewicht des Urins und die Zeichen von Arteriosklerose werden zur Diagnose
fuhren.
5. Geschwülste im Nierenbecken und bösartige Geschwülste der Nieren
können ausgiebige Blutung erzeugen, bei ihnen können bei Zerfall manchmal
Geschwulstteile im Urin gefunden werden; bei Geschwülsten der Niere ist
die Geschwulst zu palpieren.
6. Gallensteinkoliken sind für Nierenkoliken gehalten worden, die Kolik
ist mehr hypochondrisch; Prüfung des Urins ist wichtig.
7. Karies der Wirbelsäule bei Kindern kann einseitiges Rückenweh und
ausstrahlende Schmerzen erzeugen wie beim Nierenstein.
8. Kolik des Appendix ist- sehr veränderlich in Umfang und Stellung,
gewöhnlich etwas niederer, gewöhnlich ist auch der Appendix zu fühlen.
Philip (19) behandelt die Nephrolithiasis , für die es kein einzelnes
sicheres Symptom gibt, erst die Gesamtheit der Symptome; nur die Radio-
graphie liefert sicheren Beweis. Baldigste lumbale Operation, sobald die
Diagnose sicher ist, durch Inzision durch das Nierengewebe, die auch bei
Stein im Becken immer am besten ist.
Bruce Porter (20) berichtet von einem Nierenstein, der die Symptome
einer Ischias vortäuschte.
Comas y Prio (21) lobt den Wert der Röntgenstrahlen für die Dia-
gnose der Nierensteine, besonders bei Anwendung der Albers-Schönberg-
schen Kompression.
Raf in (22) zeigt einen grossen Nierenstein, den er durch Nephrotomie
entfernt hatte.
Reining (23) berichtet von einer erfolgreichen lumbalen Nephrektomie
wegen Steinniere mit paranephritischer Eiterung, Schrumpfung der Niere,
starker Schwielenbildung und beträchtlicher Fettablagerung vom Hilus aus.
800 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Kumpel (24) kommt an der Hand von 18 Fällen bei der Diagnose
der Nierensteine zu folgenden Schlüssen: 1. Die exakte, einwandfreie Diagnose
des Nierensteines ist nur durch das Röntgenverfahren zu stellen. 2. Der
Nachweis desselben ist in jedem Falle zu erbringen, gleichviel ob er im
Nierenbecken, in den Kelchen oder im Ureter seinen Sitz habe. 3. Der ne-
gative Ausfall der Röntgenplatte bei wiederholten Aufnahmen lässt ein Kon-
krement ausschliessen. 4. Die Sichtbarmachung des Steinschattens ist nnr
von der Technik des Verfahrens abhängig. 5. Man soll zur Unterstützung
der Diagnose auch die funktionellen Untersuchungsmethoden mit heranziehen.
Rumpel (24b) empfiehlt bei Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen hä
Verdacht auf Nieren- und Harnleiter steine immer zuerst eine Orientiernngs-
platte anzufertigen und die steinverdächtigen Schatten dann auf einer zweiten
Platte genauer einzustellen. Auch andere Nierenerkrankungen kann man aof
diese Weise sehen, z. B. Hydronephrose, Tuberkulose, Karzinom.
Rumpel (24c) berichtet von einer doppelseitigen Steinniere, mit abnorm
grossen Steinen, die sehr schön im Röntgenphotogramm sichtbar waren; die
Funktionsbestimmung beider Nieren wurde vor und nach der Nephrotomie
gemacht.
Sachs (25) empfiehlt die heisse Luft zur Anwendung bei Nierenstein-
koliken mittelst eines von ihm konstruierten Apparates, der die Niere mög-
lichst allein und rasch trifft.
Souques und Morel (26) berichten von einem jungen Mann, der an
Lithiasis mit Eiterung litt und vorübergehend die Symptome eines peri*
nephritischen Abszesses geboten hatte; er bekam anscheinend infolge von
Intoxikation plötzlich eine totale Lähmung aller vier Extremitäten mit Schwäcbe
des Rumpfes bei normaler Sensibilität. Rascher Tod.
Nach Treplin (27) sind sämtliche Nierensteine, ohne Rücksicht auf
Grösse und chemische Zusammensetzung, nachweisbar mittelst des Röntgen-
Verfahrens.
10. Anurie.
1. Apolant, Ober Anurie. Deutsche med. Wochenschr. 1903. Nr. 29.
2. Ascoli, Vorlesungen Aber Urämie. Jena 1908. Fischer. Ref. Deutsche med. Wochen-
schrift 1904. Nr. 12.
3. Bevan, The surgical treatment of anuria. Annais of sargeiy 1908. April.
4. Bickel, Zar Lehre von der elektrischen Leitfähigkeit des menschlichen Blutsemia
bei Urämie. Deutsche med. Wochenschrift 1902. Nr. 28.
4a.— Zu dem Aufsätze des Herrn Dr. Engelmann: Die Bestimmung elektrischer Leit-
fähigkeit von KOrperflQssigkeiten. Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 44.
4b. — Zur Lehre von der Urämie. St. Petersburger med. Wochenschrift 1903. Nr. 24.
5. Ca bot, Calculous anuria: its diagnosis and treatment. Annais of surgery. 1903. Oct
6. Gimino, Anuria calcolare e suo trattamente mediante il cateterismo ureterale a per
manenza. II Policlinico sez pratica 1903. Fase. 22.
7. Jaerisch, Der Aderlass bei Urämie. Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 13.
8. Joung, Über einen Fall von doppelten Nierenbecken und Ureter bifidus. Monats-
bericht für Urologie. Ref. Zentralblatt für Chirurgie 1903. Nr. 52.
9. Ereps, Zur Behandlung der sog. Anuria calculosa. Busski Wratsoh 1903. Nr. 18.
Peterburger med. Zeit. 1903. Nr. 52.
10. Ute au, De Tanurie au cours des n^oplasmes pelviens. Dissert Paris 1903.
11. Zaaijer, Anurie infolge doppelseitiger Nierennekrose, verursacht durch Druckerb. in
den Nieren. Grenzgebiete der Medizin 1903. Bd. XII. Heft 5.
Apolant (1) bespricht die verschiedenen Ursachen der Anurie.
As coli (2j behandelt in ausführlicher Weise die Urämie, zuerst die
Ziegler, Verletzangen and Chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 801
klinischen Symptome derselben, die Bewegungsstörungen, die Störungen des
Geistes und der Sinne, die viszerale Urämie, die geschichtliche Entwicklung,
die Anurie, die funktionelle Nierenuntersuchung mit zahlreichen Kranken-
geschichten und grosser Literaturangabe.
Bevan (3) berichtet über einen Fall von Anurie der mit doppelseitiger
Nephrotomie erfolgreich behandelt wurde. Auf der einen Seite bestand aus-
gedehnte Hydronephrose mit kaum funktionsfähiger Nierensubstanz. Auf der
anderen Seite Stauung im Nierenbecken des funktionsfähigen Organes. Die
Ursache der Stauung wurde nicht gefunden. Di^ erstere Niere wurde später
exstirpiert und die letztere funktionierte wieder in normaler Weise ohne dass
ein Eingriff an den Hamwegen, abgesehen von Sondierung, gemacht wurde.
Des weiteren wird die Anurie und ihre Behandlung als obstruktive Reflex-
und nicht obstruktive-nephritische Anurie besprochen. In den beiden ersten
Arten soll früh (dritter Tag) Nephrotomie auf der Seite des Schmerzes, der
Druckempfindlichkeit und Muskelrigidität gemacht werden. Wenn erfolglos,
ist sogleich oder in 24 Stunden auch die andere Niere zu öffnen. Wenn in
der nicht obstruktiven-nephritischen Form medizinische Eingriffe erfolglos
bleiben, kann auch hier Nephrotomie versucht werden, um Entspannung zu
bewirken und dadurch dauernde Schädigung des Epithels zu verhüten. Es
ist mit Lokalanästhesie oder mit Lachgasnekrose zu operieren. Alle grösseren
Eingriffe sind zu verschieben und nur Nephrotomie zu machen (keine Ex-
stirpation oder Plastik) Spaltung der Niere ist leichter ausführbar und zweck-
entsprechender als der Nierenbeckenschnitt. Maas (New- York).
Bickel (4) teilt einen Fall mit von durch chronische Nephritis be-
dingter, tödlich verlaufener Urämie, der völlig seinen Tierversuchen mit
Nierenexstirpation betreffs elektrischer Leitfähigkeit des Blutserums entspricht.
Bickel (4) wahrt Engel mann gegenüber die Priorität der von ihm
experimentell festgestellten Tatsache, dass bei der Urämie in der Hauptsache
nicht die Retention von Elektrolyten, sondern nur eine solche von Nicht-
elektrolyten die molekulare Konzentration des Serums bedingt.
Bickel (4) schliesst aus seinen Untersuchungen des elektrischen Leit-
vermögens von Blutserum nierenexstirpierter Tiere, dass die Erhöhung der
molekularen Konzentration des Blutes bei der Urämie durch Moleküle organi-
scher Körper, resp. Stoffwechselabbauprodukte erzeugt wird.
Cabot (5) operierte zwei Patienten wegen plötzlich aufgetretener Anurie.
Beide Kranke hatten nur je eine funktionsfähige Niere, bei einem war die
funktionslose bei dem anderen die funktionsfähige Niere vergrössert, wie
durch Laparotomie festgestellt wurde. Bei dem in beiden Fällen vergeblichen
Suchen nach einem Stein wurden die Ureteren in ihrem ganzen Verlaufe
genau abgetastet. Gleich nach der Operation stellte sich die Hamsekretion
wieder ein. Cabot glaubt, dass er durch die Manipulationen kleine Steine
herausgedrängt, obwohl auch später im Harn nichts gefunden wurde.
Maas (New-York).
Bei einer 46jährigen Frau, die seit 15 Jahren an die Bildung und
Ausstossung von Nierensand und Nierensteinen gewöhnt war und bei welcher
infolge eines grösseren nicht entfernbaren Steines die tägliche Hammenge bis
zur vollständigen Anurie abgenommen hatte, erzielte Cimino (6) durch per-
manenten Hamleiterkatheterismus Heilung. An die kurze Beschreibung des
Falles knüpft Verf. einige Bemerkungen. Die verminderte und zuletzt auf-
gehobene Harnsekretion tue dar, dass auch bei einseitiger Verstopfung der
Jahresbericht fOr Ghirorgi« 1903. 51
802 JabreBbericlit f&r Chinirgie. 11. Teil.
reno-renale Reflex Anurie hervorzurufen vermag. Der permanent im Harn*
leiter gelassene Katheter müsse eine Erweiterung des Hamleiterlumens be-
wirken; daher ein Reflex, der gleichzeitig auf die Nierensekretion wirkt nnd
den inhibitorischen reno-renalen überwindet, ganz abgesehen davon, dass
durch die Erweiterung des Harnleiters, ausser Wiederherstellung der Nieren-
funktion, die Ausstossung des Steines, wie es im vorliegenden Falle geschah,
bewirkt werden kann.
Der permanente Hamleiterkatheterismus könne also, nach Verf., in der
Therapie der durch Nierensteine hervorgerufenen Anurie ein bisher nicht ver-
mutetes wirklich wirksames Mittel bilden. R. GianL
Jaerisch (7) berichtet über die gute Wirkung eines Aderlasses, zuerst
500 ccm, am nächsten 300 ccm Blut bei akuter Urämie mit darauffolgendem
Salzwasserklystier.
Joung (8) berichtet von einer tödlich verlaufenen Anurie nach Nephr-
ektomie wegen Lithiasis, an der anderen gesund befundenen Niere befanden
sich zwei Nierenbecken, von denen das obere von einem seinen Harnleiter
völlig verstopfenden Steine ausgefüllt war.
Kreps (9) kommt, auf Grund von zwei mit Erfolg behandelten FäUen
von Anuria calculosa zu folgenden Schlüssen: 1. In allen Fällen von Anurie,
wo man als Grund derselben einen Calculus annimmt, muss sofort der Ureterea-
katheterismus ausgeführt und der Versuch gemacht werden, den Stein im
Nierenbecken zu schieben. In den Ureter eingespritztes heisses Öl oder
Glyzerin erleichtern die Aufgabe. 2. Findet man den Stein in dem eisen
Ureter nicht, so muss sofort der andere abgesucht werden. 3. Ist der Stein
gefunden und zurückgeschoben und kommt doch kein Urin, so ist sofort dö:
andere Ureter zu sondieren, da a) die Verstopfung beiderseits erfolgen könnte
und b) es möglich ist, dass in dem einen Ureter eine alte Verstopfmig
bestand, die bei ihrem Entstehen keine Anurie hervorrief, dieselbe aber verur-
sachte als der andere Ureter durch einen Stein verstopft wurde. 4. Eoih
statiert man beim geringsten Verdacht auf Nierensteine beim Ureteren-
katheterismus eine Striktur, so muss nun dieselbe rechtzeitig erweitert werden.
Hohlbeck (St. Petersburg).
U teau (10) bespricht unter Anführung von 40 Fällen aus der Literatur
die Anurie im Anschlüsse an Beckengeschwülste, vor allem des Uterus; zur
Behandlung ist die Nephrostomie vorzunehmen.
Zaaijer (11) berichtet von einer ausgedehnten Rindeimekrose an den
Nieren einer Puerpera, welche von der Geburt ab fast völlige Anurie hatte
und nach neun Tagen starb. Vorher hatte irgend eine Schädlichkeit auf die
Niere stattgefunden, wodurch eine Druckerhöhung in den Nieren statthatte.
11. Funktionelle Nierendiagnostik.
1. Barth, Über funktionelle Nierendiagnostik. 32. Eongress der Deutschen Geseilsch. flr
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Heft 5 u. 7.
8. Blaiik, Eryoskopie tierischer Organe unter besonderer Berücksichtigung der Ge£rie^
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krankheiten. Sammelreferat. Deutsche med. Wochenschrift 1908. Nn 2S. u. 24.
Ziegler, Verletzangen and chimrg. Krankheiten der Nieren nnd Harnleiter. 803
4. Cftsper, Nierentod, Niereninsaffizienx nnd fanktionelle Nierennnteraaokang. Dentsohe
med. Wochenschrift 1908. Nr. 25.
5. Ca 8p er und Richter, Was leistet die fanktionelle Nierendiagnoatik. Mitteilangen
aus den Grenzgebieten 1908. Bd. XL Heft 2.
6. Cath^lin, Des perfectionnements recents apportäs aa divisear vösical gradaä. Ann.
des mal. des org. g6n.-ar. 1903.
6a. — Details de techniqne dans Tapplication da divisear grada^ Annais des maL des
org. gön.-ar. 1908. Nr. 12.
7. Cohn, Nierenfunktion nnd Blutgefrierpunkt. Ver. für wissensch. Heilkande Königs-
berg. Deutsche med. Wochenschr. 1903. Nr. 6.
7a. — Kann der Hamleiterkatheterismas daieh Harnsegregatoren ersetzt werden? Berl.
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9. DeDomenicis, Phloridzindlabetes und Nierenpermeabilität. Wiener med. Wochen*
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Bd. Xn. Heft 2 u. 3.
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12. Fiori, Patologia sperimentale del rene. Nota I Nefrectomia ed aretero-stenosi nni-
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17. Herescu, Katheterismos der Ureteren assoziert mit Methylenblau, um den fonktio-
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20. Israel, Über funktionelle Nierendiagnostik. MitteiL aus den Grenzgebieten 1903.
Bd. XI. Heft 2.
20a.— Ober die Leistangsffthigkeit der Phloridziumethode. MitteQ. aus den Grenzgeb.
Bd. XI. Heft 2. Freie Verein, der Ghir. Berlins. Zentralblatt für Ghirurgie 1903.
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21. Kapsammer, Über üreterenkatherismns nnd funktionelle Nierendiagnostik. Wiener
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22. Key del, ^Die intravesikale Trennung des Urins beider Nieren. Mflnchener med.
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23. K oll mann, Ein neues Uretercystoskop. Med. Ges. zu Leipzig 3. H. 1903. Münch.
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48. Zangenmeister, Ober Verwertung der Gefrierpunktserniedr. des Harnes zur Bemi
der Nierenfunktion. Berl. klin. Wochenschr. 1903. Nr. 49.
Barth (1) bespricht die neuere Nierendiagnostik nach seiner Erfahmng,
nach der bei einseitigen Nierenerkrankungen der üreterenkatheterismus doch
nicht zu umgehen ist. Zum Nachweis der Nierensteine hat er nicht die gleiche
Sicherheit wie Kümmel. Mit Hilfe der funktionellen Nierendiagnostik hofft
er unnötige Nierenspaltungen zu vermeiden, was allein schon ein Gewinn wäre.
Bickel (2) machte experimentelle Untersuchungen über den Einflass
doppelseitiger Nierenexstirpation auf die elektrische Leitfähigkeit des Blutes.
Er bediente sich der Kohlrauschschen Methode. Man misst dabei des
Widerstand, den eine Lösung bei bestimmter Temperatur dem elektrischen
Strom darbietet. Die Leitfähigkeit eines Körpers ist dann gleich dem rea-
proken Werte seines Widerstandes. Als Einheit der Leitfähigkeit wird die
Leitfähigkeit eines Körpers angenommen, von dem eine Säule von 1 cm Länge
und 1 qcm Querschnitt den Widerstand von 1 cm besitzt. Das Leitvermögen,
in dieser Einheit ausgedrückt, bezeichnet man als „k^.
Ziegler, Yerletzangen und chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 805
Ans seinen Versuchen geht herror, dass die nach der Nierenausschal-
ttmg sich einstellende Erhöhung der molekularen Konzentration des Blutes
vornehmlich auf Kosten von Nicht-Elektrolyten statthat, d. i. organische Sub-
staDzen, während Salzsäure und Basengehalt nur wenig alteriert werden und
gerade diese bedingen den elektrischen Widerstand.
Blanck (3) stellte Untersuchungen an Kaninchen über den Gefrierpunkt
der Niere an, derselbe ist im Mittel —1,03^0, annähernd am gesunden Tier
gleich. Reichliche Durchspülung der Niere mit Wasser verändert den Gefrier-
punkt minimal, die mit alkalischen Wässern stärker. Erheblich wirkt die
Anregung der sekretorischen Tätigkeit durch Diuretin und Agurin. Phloridzin
ist wirkungslos, ebenso Hamstauung und Kali Chromat.
Blanck (3) gibt eine Zusammenstellung der wichtigsten kryoskopischen
Arbeiten und beschreibt auch die dafür angegebenen Apparate.
Casper (4) behauptet gegenüber Israel auf Grund von Krankheits-
berichten, dass die moderne Methodik der Nierenüntersuchung eine präzise
Diagnose des Sitzes der Nierenerkrankung gestattet, dass sie uns über die
Beschaffenheit und Funktionskraft der zweiten, nicht zu operierenden Niere
Aufscbluss gibt, wie er ehedem nicht zu erbringen war, dass sie es dadurch
ermöglicht, Nierentode zu verhüten und somit die Sterblichkeit bei Nieren-
operationen herabzusetzen geeignet ist.
Casper und Richter (5) betonen Israel gegenüber, dass sie von 88
nach ihrer Diagnose operierten Fällen keinen einzigen Nierentod zu ver-
zeichnen hatten. Fehlen der Zuckerausscheidung nach Phloridzin beweist
einen erhebUchen Grad von Nierenstörung; je mehr funktionsfähiges Nieren-
parenchym vorhanden ist, um so grösser ist die Phloridzin-Glykosurie.
Cathelin (6) hat sein Instrument mehrfach verbessert.
Cathelin (6) gibt technische Vorschriften über die Anwendung des nach
verschiedenen Richtungen hin verbesserten Urinseparators.
Cohn (7) bestreitet auf Grund seiner Untersuchungen, dass der Blut-
gefrierpunkt als Massstab für die allgemeinen Nierentätigkeit betrachtet
werden darf, eine Vermehrung der Blutmoleküle ist z.B. abhängig von der
Tätigkeit anderer Organe und von Infektion, Ernährung.
Cohn (7) kommt auf Grund der Prüfung der bisher angegebenen vier
Hamsegregatoren zum Schlüsse, dass sie alle mit dem Hamleiterkatheterismus
nicht konkurrieren können, weil ihre Anwendung schmerzhaft und ungenau sei.
Demetrian (8) empfiehlt zur Feststellung des funktionellen Wertes der
Nieren den Cathelin sehen Segregator in Verbindung mit der Methylen-
blauprobe.
de Dominicis (9) glaubt nach den bisher ermittelten Versuchsresul-
taten über Phloridzindiabetes und Nierenpermeabilität, dass Phloridzin nicht
direkt, sondern wie alle Gifte durch Vermittelung des Nervensystems auf die
lebenden Gewebe einwirkt.
Engelmann (11) zeigt einen Apparat zur Bestimmung der elektrischen
Leitfähigkeit von Körperflüssigkeiten, speziell von Blutserum und Urin zur
Ergänzung des Beck mann sehen Gefrierapparates. Der Apparat arbeitet
genau, erfordert nur wenig Flüssigkeit und dient zur Kontrolle für unsere
Gefrierpunktsbestimmungen. Konzentration und Leitfähigkeit der durch den
Ureterenkatheterismus aufgefangenen Urine verhalten sich vollkommen gleich-
massig und verändern sich in paralleler Weise. Ist z. B. die eine Niere krank,
806 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. Teil
SO bekommt man entsprechend der niedrigen Zahl für den Gefrierpunkt aoch
einen geringen Wert für die Leitfähigkeit.
Engelmann (11) liefert Beiträge zur Lehre von dem osmotischen Druck
nnd der elektrischen Leitfähigkeit der Körperflüssigkeiten. Die Zunahme der
Blutkonzentration über die Norm ( — 0,55 bis — 0,58 mit Tagesschwankmigen)
spricht für beginnende Niereninsuffizienz, d.h. für eine Erkrankung beider
Nieren, falls nicht eine andere, mit schweren Zirkulationsstörungen verbundene
Erkrankung oder eine vorgeschrittene Krebserkrankung vorliegt. Sonstige
Erkrankungen oder einseitige Nierenaffektionen verändern den Gefrierpimkt
des Blutes nicht. Grosse Bauchgeschwülste haben in der Regel keinen 'Bat-
fluss auf die Blutkonzentration. Die Niereninsuffizienz bedingt keine Er-
höhung der elektrischen Leitfähigkeit des Blutserums. Bei der Urämie findet
man stets, bei chronischer Urämie immer eine meist beträchtliche Erhöhnog
der Blutkonzentration, während die Werte für die elektrische Leitfahigkät
die Norm nicht überschreiten. Bei Erkrankung einer Niere finden sich, and
schon im Beginne, wenn andere klinische Erscheinungen fehlen, Konzen-
trationsunterschiede des getrennt aufgefangenen Urins. Auch die Elektroljt-
konzentration zeigt entsprechende Veränderungen, die den Gefrierpunkt-swerten
parallel gehen.
Fiori (12) führte an Kaninchen einige experimentelle Untersuchnngei
aus, um die einerseits nach einseitiger Nephrektomie, andererseits nach Li-
gatur eines Harnleiters auftretenden histologischen und funktionellen Ver-
änderungen nebeneinander zu studieren. Er erforschte deshalb bei den ope-
rierten Tieren, während des Zeitraums von etwa einem Monat, die eventaeUeo
Störungen in der Nierenfunktion, indem er die Albumin- und bei einigen aadi
die Harnstoff- und Chlormenge bestimmte; ferner verfolgte er verschieden
lange Zeit nach dem Eingriff die histologischen Veränderungen der gesnndoi
Niere.
Aus seinen Untersuchungen geht hervor, dass die einseitige Nephrektomie
und Hamleiterstenose Nieren- und Allgemeinerscheinungen hervorrufen. Die
efsteren kommen in klinischen Manifestationen (Oligurie, seltener Annrie,
Albaminurie, Hämaturie und Verminderung in der Aussonderung von Harn-
stoff und Kalksalzen) sovrie in histologischen Erscheinungen (Kongestionen,
Hämorrhagien, Degeneration des Epithels, besonders der gewundenen Kanälchenj
zum Ausdruck ; die letzteren bestehen in bisweilen hochgradiger Abmagerung
des Tieres.
Die Störungen in der Harnausscheidung sind zumeist nur vorübeigehend,
können aber auch längere Zeit anhalten oder nach einiger Zeit von Denem
auftreten.
Bei der Harnleiterstenose ist die nach einiger Zeit auftretende Ver-
änderung des allgemeinen Zustandes das deutlichste Merkmal und sie ver-
dankt ihre Entstehung zum grossen Teile in den Kreislauf tretenden ab-
normen Produkten des operierten Gebietes. Bei der Nephrektomie sind da-
gegen die Veränderungen im Allgemeinzustand weniger ausgeprägt, verschwinden
gewöhnlich ziemlich schnell und bleiben seltener längere Zeit bestehen.
Besonders bei der Hamleiterstenose wirken noch andere Faktoren znr
Veränderung des Allgemeinzustandes mit; so zweifellos funktionelle Insuffi-
zienzen und molekulare Läsionen der hochdifferenzierten Gewebselemente.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass die zurückgebliebene Niere den Aus-
gangspunkt abnormer Elaborations- oder Zellenzerfallsprodukte bilden kaDn*
Ziegler, Yerletzungen und chiniig. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 807
— DafiB die innere Sekretion ungenügend wird, wenn man eine Niere unter-
drückt oder verändert, ist nicht unwahrscheinlich ; und während bei Nephrek-
tomien der Ersatz ziemlich rasch und, man kann sagen, vollständig erfolgt,
wird bei der Harnleiterstenose die Funktion wahrscheinlich durch die grössere
Menge zirkulierender Gifte neutralisiert. R. Giani.
Göbell (13) hat zur Entscheidung des Streites zwischen Israel-Kümmel
über den Wert der Prüfung der funktionellen Nierendiagnostik eigene Unter-
suchnngen angestellt und ist zu dem Resultat gekommen, dass uns die funk-
tionelle Nierendiagnostik einen Einblick in die Funktion der Niere gewährt
unter Anwendung gewisser Yorsichtsmassregeln, dass man den Nierenkranken
vor der Untersuchung mehrere Tage eine allgemein verabredete Probediät
gebe, dass man zu einer bestimmten Zeit nach der Nahrungsaufnahme den
Urin beider Nieren mittelst Uretherkatheter aufnehme, dass man 2 — 3 Standen
den Katheter liegen lasse und den Urin von verschiedenen aufeinander fol-
genden Zeiträumen untersuche, dass man die Urinmenge in den verschiedenen
Perioden messe und die Molenzahl bestimme, die funktionelle Nierendiagnostik
eruiert aber nicht, wieviel funktionierendes Nierenparenchym von einer Niere
vorhanden ist, sie kann häufig, aber nicht immer angeben, dass eine Nieren-
insuffizienz besteht, aber nicht, ob eine solche nach einer Nephrektomie auf-
treten wird.
Hansen und Gröndahl (14) glauben in der Variablilität des Harns
einen Ausdruck für die Funktionsfähigkeit der Nieren gefunden zu haben.
Sie verabreichen dem Patienten zuerst drei Tage „Trockenkost^, d.h. eine
gemischte Kost aus Brot, Fleisch und Fisch und 4~-600g Milch mit einem
gesanaten Kalorienwert von 1800—2000. Alsdann erhalten die Pat. 3000 g
Milch, welche ungefähr den gleichen Kalorienwert hat. Der Pat. muss die
ganze Zeit das Bett hüten. Dieses Verfahren hat sich als zweckmässig er-
wiesen, eine hinreichend grosse Variation des Harns bei Gesunden hervorzu-
bringen. In der Trockenkostperiode ist die Diurese geringer, J oder spez.
Gewicht hoch, in der Milchperiode ist die Diurese grösser, J oder spez. Ge-
wicht zeigt eine niedrigere Zahl. Bei Nierenkranken fehlt diese Variabilität,
oder sie ist herabgesetzt.
Hartmann und Luys (15) empfehlen auf Grund ihrer Erfahrung die
Anwendung des Apparates von Luys zur intravesikalen Trennung des Urins
beider Nieren, die Anwendung ist gefahrlos, leicht und möglich auch bei
kleiner Blase.
Nach einer Darstellung der Historik der Ureterenkatheterisation und
der verschiedenen Indikationen für dieselbe sowie der Gefahren besonders
seitens der Infektion, die mit der Katheterisation verbunden sein kann, stellt
Hellström (16) folgende Indikationen auf:
I. Deutet alles auf eine einseitige Nierenaffektion und ist der Gefrier-
punkt des Blutes normal, so ist uns eine Katheterisation der kranken Seite
angezeigt.
n. Ist die Lokalisation der Nierenaffektion zweifelhaft und ist der
Gefrierpunkt des Blutes normal, so wird nur die verdächtige Niere katheteri-
siert, sofern die Blase von pathologischen Veränderungen frei ist.
in. Sollte dies nicht der Fall sein und ist vor allem die Gefrierpunkt-
berabsetzung des Blutes grösser als normal, muss es als angezeigt erachtet
werden, eine doppelseitige Katheterisation auszuführen, so auch in den Fällen,
806 Jahresbericht fttr Ohirargie. II. Teil.
WO bei einer bilateralen Affektion ein operativer Eingriff wünschenswert er-
scheinen kann. Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Herescu (17) berichtet über einen Fall, wo die Palpation eher eine
Erkrankung der rechten Niere annehmen Hess, die Sondierung der Ureteren
in Verbindung mit gleichzeitiger subkutaner Einspritzung von 0,05 Methylen-
blau zeigte, dass dieselbe vollkommen gesund war, hingegen Tuberkulose
der linken Niere bestand. Operation verweigert.
Herescu und Eremia (18) finden neben den Vorzügen des Cathelin-
schen Instrumentes bei seiner Anwendung auch Nachteile. Das Einfuhren
und Einstellen desselben ist sehr schmerzhaft, die Teilung nur für kurze Zeit
durchzuführen. Seitlich an der Blasenwand sitzende, leicht blutende Ge-
schwülste können den Harn jener Seite blutig färben und so zu falschen
Schlüssen führen. Dem üretherenkatheterismus geben sie den Vorzug.
Hock (19) hat wegen der Nachteile aller Instrumente, um den H&m
beider Nieren gesondert aufzufangen, der zu grossen Dicke, ein eigenes hi-
strument konstruieren lassen. Es besteht aus einem Blasenteil, einem dünnen
Metallkatheter mit Merci erscher Krümmung und einem Mastdarm- resp.
Scheidenteil, bei dem mittelst einer Vorrichtung eine Scheidewand durch Auf-
schrauben hergestellt, durch Zurückschrauben wieder aufgehoben werden kann.
Der Katheter wird in die Blase eingeführt, die Blase ausgespült, bis der
Inhalt klar zurückfiiesst und dieselbe ganz entleert ist. Hierauf wird der
Katheter nach der einen Seite gewendet und nun vom Rectum aus dordi
Aufschrauben des Mastdarmteiles die Scheidewand errichtet, so dass man
den Urin auf der einen Seite auffangt. Nach Entfernung der Scheidewand
wird der Vorgang auf der anderen Seite wiederholt.
Israel (20) findet die Kryoskopie des Blutes unzuverlässig. Einerseits
werde eine abnorm starke Gefrierpunktserniedrigung auch durch andere Leiden,
namentlich Tumoren, herbeigeführt, andererseits könne eine vermehrte mole-
kulare Konzentration des Blutes durch gleichzeitig bestehende Hydrämie kom-
pensiert werden. Auch die Phloridzinmethode schaffe keine genügende Unter-
lage für die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Nephrektomie, weil sie
nichts über die absolute Grösse und die Kompensationsfähigkeit der zurück-
bleibenden Niere auszusagen vermag.
Israel (20) schätzt den Wert der Phloridzinprobe niedriger wie Casper
und Richter und glaubt, dass nach der Phloridzinprobe mancher unoperiert
bleibt, der gerettet werden könnte.
Kapsammer (21) spricht über den Ureterenkatheterismus und die
funktionelle Nierendiagnostik. Während er die Einwürfe gegen den Ureteren-
katheterismus zu entkräften sucht, verdammt er die Hamsegregatoren. Anf
Grund von Versuchen am Menschen und Hund scheiden entgegen den Ver-
suchen Caspers und Richters beide Nieren in derselben Zeit ungleidie
Mengen eines ungleichen Sekretes aus. Die Filtrations- und Eliminations-
fähigkeit gehen nicht Hand in Hand.
Keydel (22) empfiehlt auf Grund eigener Untersuchungen zur getrennten
Aufsaugung des Urins aus beiden Nieren die Apparate von Luys und Cathelin,
die , da der Urin in der Blase^ getrennt aufgefangen wird , die Nachteile des
Ureterenkatheterismus nicht haben.
K oll mann (23) demonstrierte ein neues Uretercystoskop, eine Verbin-
dung des Güter bock sehen Spülcystoskops mit dem AI bar r ansehen Ureter-
Ziegler, Yerleizongen und cbimrg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 809
cystoskop. Die Bewegung der elastischen Katheterspitze erfolgt durch einen
kleinen Hebel. Es ist auskochbar.
Koziezkowsky (24) bestimmte die Ausscheidung von NaCl, P2O5 und
H2SO4 bei gleichbleibender Diät. Dieser wurde an bestimmten Tagen eine
Zulage von Kochsalz, phosphorsaurem und schwefelsaurem Natron zugefügt.
Bei drei yöllig nierengesnnden Personen trat darnach eine deutliche Steige-
rung des prozentualen und des Gesamtwertes für Kochsalz, Phosphate und
Snlfate im Harn ein; bei einem Kranken, der kurz vorher eine Bleiintoxi-
kation gehabt hatte, war die Kochsalzausscheidung nach der Zulage verzögert,
die Phosphatansscheidung vermindert. Bei einem Kranken mit schwerer
Anämie war während der ersten Zeit die Kochsalzausscheidung verzögert, die
Phosphatausscheidung vermindert, während später die Ausscheidung des Koch-
salzes, der Phosphate und Sulfate in die Höhe ging. Von drei Kranken mit
chronisch interstitieller Nephritis zeigte der eine ein Verhalten wie ein Nieren-
gesunder; bei dem zweiten war der prozentuale Gehalt an den Salzen sehr
gleichmässig trotz der SalzzuFuhr, das Urinquantum sank nach der Salzzu-
lage; bei dem dritten mit starken Ödemen sank der prozentuale Gehalt des
Harnes an Kochsalz, wenn die Ödeme zunahmen, und umgekehrt, während
die Phosphate das entgegengesetzte Verhalten zeigten. Bei zwei anderen
Nephritiden war das Verhalten ein ähnliches.
Lambert (25) empfiehlt zur Prüfung der Funktion beider Nieren
behufs Trennung des Urins beider Nieren auf Grund von 70 Fällen ver-
schiedener Nierenerkrankungen (30 Männer, 40 Frauen) den Apparat von
Luys gegenüber dem umständlicheren und manchmal nicht anzuwendenden
Uretherenkatheterismus.
Lambotte (26) führt unter Anführung der einschlägigen Literatur sein
neues Modell 1902 für getrennte Aufsaugung des Urins beider Nieren durch
eine Scheidewand in der Blase vor. Es besteht aus einem Katheter aus
Kautschuk oder Metall ä double courant, dessen Scheidewand kanalartig von
vorne nach hinten durchbohrt ist. Eine Sonde geht durch den Kanal in die
Blase hinein und steht dort ca 8 cm vor. Zieht man sie langsam zurück, so
entfaltet sich eine Kantschukmembran, welche sich, in der Medianebene dicht
schliessend, dem Boden der Blase anlegt.
Lewis (27) 'beschreibt nach Besprechung des Ureterenkatheterismus,
der für Diagnose und Therapie sehr wichtig und dessen Vornahme ohne ernste
Folgen ist, sein Modell eines Ureterencystoskopes, welches bei grösserem Ge-
sichtsfeld auch gestattet, auch über die Ecke zu sehen, so dass auch seitlich
liegende Teile übersehen werden können.
Lichtenstern (28) empfiehlt, um den Harn beider Nieren getrennt
aufzufangen, für Frauen den Lu ys sehen Segregator, dessen Anwendung ohne
besondere Vorbereitung, ohne Beschwerden, ohne Gefahr einer Infektion
möglich ist.
Löwenhardt (29) erwähnt seine im Vorjahre berichtete Methode der
elektrischen Leitungsfähigkeit als wertvolles ergänzendes nierendiagnostisches
Hilfsverfahren.
Löwenhardt (29) berichtet zur funktionellen Diagnostik der Wander-
niere und Hydronephrose. Er fand bei dislozierter Niere schon frühe eine
Herabsetzung der Konzentration des Urins im Vergleich zur normalen Seite.
Auch bei Hydronephrose erlaubt die Leitfähigkeit Schlüsse auf die Funktion
810 Jahresbericht fQr Chirurgie. II. TeiL
der Testierenden Niere zu ziehen. Bei Diabetes hat er eine so geringe Leit-
fähigkeit wie bei keinem anderen Urin gefunden.
Nach den Untersuchungen von Löwi (30) tritt gleichzeitig mit der
durch Phloridzin bewirkten Glykosurie eine Steigerung der Diurese ein. Das
Phloridzin ist kein direktes Diuretikum, sondern der durch das Phoridzm in
den Epithelien freigemachte und ins Kanälchenlumen sezernierte Zucker hält
vermöge seines Wasseranziehungsvermögens und seiner Schwerresorbierbarkeü
das in normaler Menge durch den Glomerulus filtrierte Wasser fest und
hindert es an der Bückresorption.
Lower (31) bespricht die verschiedenen Methoden, die Fonktions&hig-
keit der Nieren zu erweisen, für die beste hält er den ureteralen Kathe-
terismus.
Luys (32) hat seinen Urinseparator auch für das kindliche Alter an-
gepasst, das Kaliber beträgt nur Na 15 Charriere, die Krümmung des Bla^n-
teils ist verringert.
Mohr (35) bestimmte in seinen Ausscheidungsversuchen bei Nephritiden,
dass es bei Nierenkranken zu Retention aller einzelnen Hambestandt^ik
kommen kann, dass aber insofeme Unterschiede bestehen, als die einen Sub-
stanzen von der kranken Niere williger als andere ausgeschieden werden.
Woran dies liegt, ist zur Zeit noch nicht zu entscheiden.
De M e i s und Parascandolo (33) führten folgende Experimente ans:
Sie bestimmten den Gefrierpunkt des Harns und die ausgeschiedene Süd-
stoffmenge, den Mechanismus der Methylenblauausscheidnng und die nad
Fluoreszin-Injektionen ausgeschiedene Zuckermenge, um den Grad der Fnnk-
tionstüchtigkeit der Nieren bei experimentell hervorgerufenen chirurgischen |
Affektionen festzustellen. Die erste Experimentreihe betrifft die KryoskopJe.
Zuerst experimentierten sie an 10 gesunden Hündinnen, denen sie mehrm
Tage lang das gleiche Futter verabreichten. Sie konstatierten, dass der — p—
j\/ Y
-Wert immer höher ist als der — p Wert und dass das Verhättnis
-=- sich immer in einem gegebenen Werte erhalt; die Einführung von Naö
gibt jedoch die normalen übersteigende Werte, so dass es scheint, als liege
ungenügende Funktionsfähigkeit der Nieren vor. Diesen Fall ausgenonusai,
zeigt das Steigen von -j- über eine gewisse Grenze hinaus Insaffizieoz des
Nierenepithels an; denn bei fünf Hündinnen, bei denen sie Hydronephrose
und Pyelonephritis hervorgerufen hatten und bei denen sie den Harn ms
jedem Harnleiter apart auffingen, konnten sie dieses Steigen wahmehmeD,
sobald die Epithelien mit dem Vorschreiten des Prozesses lädiert wurdeo.
Man spricht von Insuffizienz der Nieren, wenn der ij/-Wert unter — 0,9 sinkt.
Betreffs der Hamstoffausscheidung schwanken die normalen Werte swischcn
25 und 40 g; besteht Insuffizienz der Nieren, dann sinken die Werte unter
10 ^/oo. Bei fünf Hündinnen hatten sie Hydronephrose auf einer Seite ker-
vorgerufen und dann den Gefrierpunkt des Harns der anderen Niere be-
stimmt, worauf sie die Nephrektomie der kranken Niere vornahmen. Die
Tiere, bei denen die gesunde Niere sich als funktionstüchtig erwiesen hatte,
bUeben am Leben; die anderen, bei denen die gesunde Niere Insuffizieoz uSr
Ziegler, Verletznogen und chirarg. Krankheiten der Nieren and HAmleiter. 811
gewiesen hatte — was sich dadurch zu erkennen gab, dass der Gefrierpunkt
des Harns unter — 0,90 sank — gingen zugrunde. — Weitere an sechs Hün-
dinnen vorgenommene Experimente taten dar, dass bei Tieren mit gesunden
Nieren der Wert der osmotischen Druckdifferenz zwischen Blut und Harn
J — d nie unter — 0,56 sinkt, während er bei Tieren mit renaler Insuffizienz,
wegen der grösseren molekularen Konzentration des Blutes, auf einen Minimal-
wert sinkt.
Bei einer zweiten Experimentreihe studierten sie die Methylenblauaus*
Scheidung von Seiten der Nieren, und zwar zuerst an fünf gesunden Hün-
dinnen, dann an zehn weiteren, bei denen sie, nachdem sie Hydronephrose
und Pyonephrose hervorgerufen hatten, den Harn der beiden Nieren gesondert
auffingen. Sie achteten hierbei auch auf den Rhythmus in der Ausscheidung
sowie auf den Zeitpunkt, in welchem die ersten Methylenblauspuren im Harn
auftraten; die mit dem Harn ausgeschiedene Methylenbiaumenge bestimmten
sie nach der Methode von Achard und Clerc, die mit dem Kot ausge-
schiedene nach der Eisner sehen Methode. Die Nicht- Durchgängigkeit der
Niere zeigt funktionelle Insuffizienz an , d. h. die Unfähigkeit des Nieren-
epithelfi, den im Blute als Leukoprodukt (Chromogen) zirkulierenden Farbstoff
zu reduzieren.
Bei einer letzten Experimentreihe studierten sie die Glykoseausschei-
dung nach Einführung von Fluoreszein, und zwar zuerst an fünf gesunden,
dann an zehn kranken Hündinnen. Bei den gesunden Tieren trat Zucker
20 — 30 Minuten nach der Injektion im Harn auf; bei den nierenkranken
entweder gar nicht oder mit grosser Verzögerung.
Die Verff. konstatierten durch ihre Experimente kurz und gut folgendes :
Bei gesunden Nieren weist der aus jedem Harnleiter apart aufgefangene Harn
die fixen Elemente in den gleichen Proportionen auf; bei einseitigen Nieren-
affektionen dagegen sind die Harnstoffmenge, die molekulare Konzentration,
die Methylenblau- und Glykoseausscheidung , der gesunden Niere gegenüber
um so geringer, je kleiner die funktionierende Nierenfläche ist. Waren in
ihren Fällen die Werte auf beiden Seiten insuffizient, dann hatte die Ex-
stirpation einer Niere den Tod zur Folge; daher der Wert dieser diagnosti-
schen Untersuchungen für die Nierenchirurgie. R. Giani.
Mir coli (34) hat zur Prüfung des ersten Auftretens der Funktions-
insuffizienz der Nieren bei der Mangelhaftigkeit der bisherigen Methoden ver-
sucht, durch methodische Untersuchungen des Wassergehaltes des bei regel-
mässigem Leben gelassenen Urins und aller im Wasser gelösten Stoffe die
beginnende Niereninsuffizienz zu erforschen. Die beiden Linien, welche, so
oft in regelmässigen Zwischenräumen bei normaler Lebensweise Urin gelassen
wird, aufgenommen werden und von welchen die eine Quantität oder das
Volumen des Urins, die andere die Dichtigkeit darstelUt, verlaufen normaler-
weise parallel, wenn sich dieselben kreuzen, so ist dies ein Zeichen einer
Nierenstörung und charakteristisch für parenchymatöse Nephritis. Bei ge-
mischten und interstitiellen Formen sind die Kurven ungeordnet, was Höhe
und Weite der Schwankungen anbelangt, aber bis zu einem gewissen Grad
bleibt der Parallelismus. Nur der negative Befund berechtigt zu Schlüssen
auf eine Läsion der Nieren.
Preciado y Nadal (36) hat mit den Apparaten von Cathelin und
Luys in 13 Fällen verschiedener Nierenerkrankungen den Urin jeder Niere
für sich aufgefangen und untersucht. Bei den meisten Fällen, besonders bei
812 Jahresbericht fOr Chirurgie. JI. Teil.
den cbronischen Nephritiden, waren die pathologischen Veränderungen immer
auf beiden Seiten gleich stark ausgeprägt.
Rafin (37) teilt seine Beobachtungen mit den verschiedenen Hamsegre-
gatoren mit, wagt noch kein bestimmtes Urteil, glaubt aber, dass diese Me-
thoden den Harnleiterkatheterismus in vielen Fällen ersetzen werden.
Röchet (38) hat ein Instrument zur Trennung des Urins beider Nieren
angegeben. An eine Sonde wird ein Ballon befestigt, den man aufblähfio
kann, durch eine seitliche Bewegung wird die Mündung des Ureters kom-
primiert. Anwendung beim Weibe leicht, beim Manne schwerer. ^
Rosemann (39) spricht über den Gefrierpunkt des Blutes, der bei
allen Säugetieren inkl. Mensch der gleiche ist —0,56^ mit Schwankungen
— 0,54^ bis — 0.58®; grössere Schwankungen beim Kaninchen. Er ist wegen
allfalsiger Verunreinigung gegen Entnahme des Blutes mittelst Schröpfkopf.
Roux (40) empfiehlt den von Cathelin im Mai 1902 eingereichten
graduierten Blasendivisor zur Trennung des Urins beider Nieren, in gleiclier
Weise bei Mann und Frau anzuwenden, bei grossen und kleinen Blasen, bei
schmerzhaften und unempfindlichen Blasen, einfach, leicht sterilisierbar, hä
verschiedenen Nierenkrankheiten bereits bewährt.
Rumpel (41) berichtet über die Erfahrungen, die Kümmel über die
praktische Anwendung der Gefrierpunktsbestimmungen von Blut und H&rn
bei Nierenerkrankungen innerhalb drei Jahre gemacht hat. Die Bestimmung
des Blutgefrierpunktes geschieht im Beck mann sehen Apparate. Bei der
Blutuntersuchung werden aus der gestauten Vene mittelst Einstossen ein^
scharfen Kanüle 15 — 20 ccm Blut entnommen, dasselbe in dem zur Gefnenn«
benutzten Glaszylinder aufgefangen und mit dem Platinring defibriniert)
woran sich unmittelbar die Gefrierung anschliesst. In einem zweiten Glas-
zylinder wird jedesmal der Gefrierpunkt des destillierten Wassers bestimmt.
Zur Harnuntersuchung benützen sie mit Vorliebe das von Heidenhain an-
gegebene Instrument mit dem festgelegten Nullpunkt. Der fein eingeteilte
Thermometer muss ganz in die zu untersuchende Flüssigkeit eintauchen, ohne
auf den Boden des Glaszylinders aufzustossen, femer muss die Flüssigkeit in
stetiger Bewegung mittelst des Platinrührers gehalten und wenn sie im Er-
starren ist und die Quecksilbersäule hochgeschnellt ist, so lange fortbewegt
werden, bis das Quecksilber anfängt, wieder zu fallen; der höchste erreichte
Punkt des Quecksilbers ist der Gefrierpunkt. Bei 125 Patienten ohne Er-
scheinung von Nierenerkrankung zeigte sich eine fast konstante Blutkonzen-
tration, die einem Gefrierpunkt =d = — 0,56 entspricht mit geringen Schwan-
kungen — 0,57 — 0,53. Auch tritt bei anderen Erkrankungen, wo die Nieren
intakt bleiben, keine Erhöhung der molekularen Konzentration des Blutes
ein. Grössere Schwankungen zeigt die Konzentration des Urins J = —0,9 bis
2,3 je nach der zugeführten Flüssigkeit und ihrer Ausscheidung.
Femer wurden 77 Patienten mit bestehender Nierenerkrankung (chro-
nische Nephritis, Pyelonephritis) untersucht mit Störung der Gesamtnieren-
funktion; die Blutkonzentration zeigte sich in allen Fällen erhöht, was durch
das Tiefertreten des Gefrierpunktes unter — 0,58 sich dokumentierte. Mit der
Konzentrationserhöhung des Blutes war fast in allen Fällen eine VermiDde-
rung der molekularen Konzentration des Urins nachzuweisen. Die meisten
Werte bewegen sich unter —0,9 — 0,2. Bei einseitiger Nierenerkrankung, 83
Fälle , finden wir immer normale Blutkonzentration , der Gefrierpunkt blieb
innerhalb normaler Grenzen — 0,55—0,57. Dass es sich in diesen Fällen wirklich
Z legi er, VerletzuDgen und chirarg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 81B
um einseitige Nierenerkrankung bandelte, bewies meist die Operation. Während
bei normaler Nierenfunktion die molekulare Konzentration der Sekrete beider
Nieren beinabe absolut gleich ist, tritt bei einer Erkrankung, die das Becken
oder auch die Substanz einer einzelnen Niere trifft, sofort eine ganz erheb-
liche Störung der Funktion dieser Niere auf, diese einseitige Funktionsstörung
wird nachgewiesen durch die verminderte molekulare Konzentration des Urins,
Hand in Hand gehend mit einer verminderten Harnstoffscheidung, während
die andere Niere keine Störung der Funktion zeigt. Bei normaler Konzen-
tration des Blutes besteht wenigstens in den meisten Fällen keine doppel-
seitige Nierenerkrankung, während Konzentrationserhöhung in allen Fällen
anf solche schliessen lässt. Die Wichtigkeit für Diagnose und den zu wählen-
den Eingriff veranschaulicht er an mehreren Beispielen.
Nach Rydygier (42) ergaben Gefrierpunktsbestimmungen, dass die
Chloroformnarkose auf gesunde Nieren keinen nachteiligen Einfluss ausübt.
Pruszinski hält Untersuchungen mit dem Beckmannschen Apparate
in diesen Fällen nicht für genügend zuverlässig, möchte vielmehr die Methylen-
blanprobe empfehlen.
Scheel (43) glaubt in der funktionellen Nierendiagnostik betreffs Me-
thylenblauprobe auf Grund der Literatur und eigener Untersuchungen, dass
eine Ausscheidung, die über dreimal 24 Stunden dauert in Verbindung mit
weniger als 30°/o die ersten 24 Stunden, bei normaler oder reichlicher Diurese
das Vorhandensein einer interstitiellen Nephritis anzeigt. Je stärker ent-
wickelt die Nephritis ist, desto länger dauert die Ausscheidung und eine desto
kleinere Menge wird in den ersten 24 Stunden ausgeschieden. Bei Nephritis
wird eine schnellere Ausscheidung die ersten 24 Stunden in Verbindung mit
normaler oder reichlicher Ausscheidung für einen überwiegend parenchyma-
tösen Charakter der Nephritis sprechen. Der Phloridzinprobe wird hoher
Wert zugesprochen, während der Kryoskopie des Harnes und Blutes nur be-
schränkter.
Schonte (44) gibt kritische Bemerkungen über die zur Untersuchung
der funktionellen Nierenleistung vorhandenen Methoden.
Nebst der Gefrierpunktsbestimmung von Blut und Harn kamen auch
die Hämatokritmethode und die Prüfung des elektrischen Leitungsvermögens
des Blutserums zur Anwendung.
Im Gegensatz zu Kümmel ist Verf. der Meinung, dass die Gefrier-
punktsbestimmung grosse Übung erfordert, will man einigermassen zuver-
lässige Resultate bekommen.
Es wurden in 50 Fällen Gefrierpunktsbestimmungen des Blutes vorge-
genommen; das Blut wurde jedesmal um 10 Uhr morgens einer Armvene
mittelst Aderlass entnommen.
I. Gruppe, 36 Fälle. Die Kranken bekamen am Tage vor der Unter-
suchung nur Milch und Eier und blieben zu Bett.
n. Gruppe, 9 Fälle. Ohne irgend welche Vorbereitung fand die Unter-
suchung statt.
ni. Gruppe, 5 Fälle. Die Kranken wurden nicht vorbereitet, nur be-
kamen sie 1 — 2^/2 Stunden vor der Venaesektion Mittagessen.
Aus diesen Versuchen geht hervor, dass bei der ersten Gruppe die os-
motische Konzentration des Blutes am meisten konstant ist, mit Ausnahme
der Fälle, wo chronische Nephritis sich vorfand.
Die zweite Gruppe betraf Kranke, welche — von ihrer lokalen Krank-
814 JafarMbericht für Chirurgie. IL Teil.
heit abgesehen — durchweg gesund waren; die Untersuchung ergab in den
Fällen grosse Schwankungen des Gefrierpunktes (0,572 — 0,597).
Bei der dritten Gruppe zeigte sich die molekulare Konzentration des
Blutes schwankend von 0,585—0,598. Die Hämatokritmethode ergab gani
unzuverlässige Befunde ; die Prüfung des elektrischen Leitungsvermög^is z^gte
sich nur bei stark ausgesprochenen Störungen brauchbar.
Das Resultat der Befunde wird schliesslich in folgenden Schlüssen zu-
sammengefasst.
1. Die osmotische Konzentration des Blutes lässt sich am siebenten
durch die Gefrierpunktsbestimmung feststellen.
2. Zur Gefrierpunktsbestimmung soll:
a) jedesmal Einstellung des Thermometers aufs neue stattfinden, wosa
man destilliertes Wasser gefrieren lässt,
b) die Kältemischung muss stets eine Temperatur von — 4° C oder
— ö^G erhalten,
c) das Gefrieren muss spontan eintreten; das sc^en. „Impfen^ ist zu
unterlassen,
d) das Rühren muss sehr gleichmässig stattfinden.
3. Die Gefrierpunktsemiedrigung des Blutes beträgt — 0,56 °C — 0,58'C
bei gesunden und kranken Menschen, soweit kein Nierenleiden vor-
liegt.
4. Die sub 3 genannten Werte gelten nur dann, wenn:
a) der Kranke tags zuvor zu Bett geblieben ist,
b) die Diät aus nur Milch und Eier bestand,
c) das Blut am nächsten Morgen nüchtern entnommen wurde.
Goedhuis.
St raus s (45) suchte bei seinen kryoskopischen Studien festzustelko,
wie man es erreicht, dass der nüchtern gelassene Urin möglichst wenig voo
der am Tag vorher eingeführten Nahrung beeinflusst wird. Er fand es m
besten, um 6 Uhr abends einen halben Liter einer nicht gesalzenen Milch-
suppe zu verabreichen, und die Versuchspersonen anzuhalten, abends um 10 Ulir
und morgens um 5 Uhr Urin zu lassen. Für die Nahrungsstoffe zeigte &A
bei anatomischen Nierenerkrankungen zwar eine gewisse, aber keineswegs eine
konstante Beziehung.
Tuffier und Maute (46) glauben gegenüber der Ungenügendheit der
Untersuchungsmethoden über die Funktion der beiden Nieren, dass die intr»-
vesikale Trennung des Urins beider Nieren in Verbindung mit 'der Kryo-
skopie uns über die genügende Funktion der kranken Niere und ihre Be-
ziehung zur Funktion der anderen genügend aufklären könne.
Völcker und Joseph (47) gingen von der Idee aus, dem Körper
Farbstoff einzuverleiben und deren Ausscheidung aus dem Ureterlumen cjsto-
skopisch zu beobachten und daraus zu sehen, wie sich die Nieren in die
Erledigimg der Ausscheidungsarbeit teilen. Da das bisher angewandte Methylen-
blau unzuverlässig, schwankend war, wandten die Verfasser nach verschiedeneB
Versuchen das Indigkarmin in Dosen von 0,05 an, das dem Urin eine deutlich
blaue Farbe verleiht, während es die anderen Se- und Exkrete nicht färbt»
schwer löslich, ungiftig, beständig und sterilisationsfähig ist, sich regehuiss^
ausscheidet, das Maximum der Ausscheidung findet nach 30 Minuten statt}
die Hauptmenge ist nach zwei Stunden ausgeschieden, nach zehn Stunden ist
kaum noch etwas zu ^bemerken. Es ist gänzlich ungefährlich und nickt
Ziegler, Verletznngen und chinirg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 815
reizend für die Nieren, wie Üntersuchongen an Hunden, denen künstlich eine
Blasenektopie angelegt wurde, zeigten. Gewöhnlich benützen sie 4 ccm einer
4^/oigen physiologischen Kochsalzlösung, die sie in die Glatäalmnskeln ein-
spritzen. An einigen Beispielen erläutern sie den Wert der Methode. Dilrch
die sichere und ausweichende Färbung des Urinstrahles kann man die Orien-
tierung im Blasenboden erleichtem, die Uretermündungen leicht finden, über
das Vorhandensein oder das Fehlen einer funktionierenden Niere leicht ur-
teilen. In der Diskussion erscheint es Jordan zweifelhaft, ob das Verfahren
in Fällen von Nierenerkrankungen, bei denen die Entscheidung der Funktions-
kraft der anderen Niere auf Schwierigkeit stösst, die funktionelle Diagnostik
aus dem Felde schlägt, wofür er ein Beispiel gibt. Auch bei Blutungen aus
der Niere scheint ihm die Methode nicht ausreichend zu sein zur Feststellung"*
der Herkunft des Blutes.
Zangemeister (48) bespricht die Schwierigkeit und Fehlerquellen bei
der Gefrierpunktsbestimmung des Harnes und rät, den Harn mit dem 5—15-
iachen Volumen destillierten Wassers zu verdünnen, um auf diese Weise ver-
gleichbare Zahlen zu erhalten.
12. NiereBbltttung.
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Chetwood (1) berichtet von einem jungen Manne, der seit 4 Jahren
an Hämaturie litt ohne greifbare Ursache, auch mikroskopisch ohne gröbere
Veränderungen an der Niere, wo die Hämaturie nach Freilegung der Niere
und Eapselspaltung aufhörte.
E ahn er (2) beobachtete eine einseitige Nierenblutung mit rezidivieren-
den Schmerzparozysmen ohne jede Kachexie. Nach dem Versagen der in-
ternen Therapie chirurgischer EingriflF, wobei man Niere und Nierenbecken
intakt fand, Schmerzen und Blutung sistierten. Er fand aus der Literatur
48 analoge Fälle, wobei das weibliche Geschlecht und das 3. und 4. Lebens-
dezennium überwiegt. Immer war die Diagnose unrichtig. In keinem Falle
bestand Hämophilie oder ein angioneurotischer Zustand. Sämtliche Fälle
wurden operiert, in 40 FäQen Heilung, in sechs tödlicher Ausgang, beim Rest
Wiederholung der Blutung. Der Eingriff bestand teils in einfacher Freilegung
der Niere, Nephropexie, Nephrotomie oder Nephrektomie. Die gute Wirkung
der Operation ist noch rätselhaft.
Ransohoff(3) machte Probeinzision bei einem Knaben, welcher typische
Nierensteinsymptome zeigte. Regelmässig Blut in dem klaren Harn durch
Zentrifuge und Mikroskop nachweisbar. Heftige einseitige Nierenkoliken mit
häufigem schmerzlosen Harnlassen. Die nach Stielumschnürung gespaltene
Niere erschien makroskopisch normal, enthielt keinen Stein und hatte frei
816 Jahresbericht für Chimrgie. II. Teil.
dorchgängigen Harnleiter. An einem exzidierten Stücke worde mikroskopisch
stellenweise Glomerulonephritis nachgewiesen. Nach der Operation schwanden
alle oben erwähnten Symptome danemd. Beobachtangsdauer ein Jahr nach
der Operation. Maas (New-York).
Rehn (4) hat einmal wegen Hämaturie operiert, die Patientin hit
weiter geblutet und ist gestorben, er rät zu grosser Vorsicht in der AusiraU
der Fälle.
Wulff (6) fügt den bisher bekannten sechs Schede sehen Fällen Ton
einseitiger Nierenblutung auf nervöser Basis, d. h. ohne Befund einen weiteren
Fall an, der zuerst mit Nephrotomie, dann wegen erneuter Blutung mit
Nephrektomie behandelt wurde und zur Genesung gelangte, ohne dass sich weder
makroskopisch noch mikroskopisch an dem entfernten Organ eine Verände-
rung finden liess. Wiesinger bemängelt das Unterlassen der kryoskopischen
Untersuchung. Simmonds berichtet über einen ähnlichen Fall von plötzlich
auftretenden und rasch wieder verschwindenden Blutungen bei normaJem Be-
fund der Niere, wie sich später bei der Sektion herausstellte.
13. Geschwülste und Cysten der Niere.
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Albarran (1) berichtet von glücklicher Entfemimg einer ein Kilo
schweren, mit der Leber nach oben innig verwachsenen, neben der ab-
geplatteten Niere liegenden Geschwulst eines 10 Monate alten Kindes. Nach
der subkapsulären Ausschälnng der Geschwulst mit Entfernung der Niere
zeigte sich die scharf abgekapselte Geschwulst als aus einer Menge Cysten
mit kubischem Epithel und soliden Epithelzapfen bestehend, die er auf ver-
irrte Reste des Wol ff sehen Körpers zurückführen will.
Jabresberieht fOr Chirurgie 1908. 52
818 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Albarran und Imbert (2) besprechen zuerst 1. 380 Geschwülste der
Niere bei Erwachsenen, bei 54 ^/o derselben war die Hämaturie das erste
Symptom. Zur Bestimmung einer Rezidivfreiheit schlägt er vor, 4 Jahre an-
zunehmen, darnach wären bei ihm rezidivfrei 26. Er bevorzugt die lumbale
Nephrektomie, obwohl die transperitoneale nach den Berechnungen der letzten
Jahre nicht gefahrlicher ist als die extraperitoneale. 2. 155 Geschwülste der
Niere bei Kindern, bei denen es sich meist um gemischte Geschwüre handelt
Das erste nachweisbare Symptom bei Kindern ist die Geschwulstbildung,
Hämaturie nur in 16 ®/o. Die operative Mortalität beträgt noch imm^ 25
bis 30 ^/o. Radikale Heilungen (3 — 11 Jahre, frei befinden sich 7). 3. PrimÄPß
Neubildungen des Nierenbeckens und des Harnleiters 65 Fälle. Hämaturie
häufig. Wichtig für die Diagnose sind neben einer Nierengeschwulst be-
stehende Hydro- oder Hämatonephrose, Geschwulstzellen im Urin, cystoskopisch
papilläre Wucherungen in der Blase oder an den Uretermündungen. Stets
Nephrektomie, womöglich mit Ureterektomie. 4. 84 Nierencysten. 5. 72 pan-
nephritische Geschwülste, Exstirpation, womöglich mit Erhaltung der Ni«e.
Allwood (3) entfernte bei einem jungen Neger durch Laparotomie ein
fast 10 Pfd. schweres Fibrosarkom der Niere. Heilung.
Bär (4) berichtet von einem Fall von bei der Sektion gefundenen doppel-
seitigen Gystennieren eines 60jährigen Mannes, wo auf dem Durchschnitt die
vergrösserten Nieren fast ganz aus Stecknadelkopf- bis kirsch- bis apfelgross^
Cysten bestand, daneben fanden sich auch an der Oberfläche der Leber zahl-
reiche Cystchen.
Bohl er (5) erörtert die Diagnose der Nierentumoren, speziell der Hyper-
nephrome. Im Beginne der Nierengeschwülste beherrschen oft Neuralgien das
klinische Bild; oft werden Metastasen für die primäre Erkrankung gehalten.
Die Entwickelung ist sehr langsam. Unter Anführung zahlreicher Kranken-
geschichten kommt er zu dem Schlüsse, dass man eine spezielle Diagnose ütor
die Art der Geschwulst nicht stellen kann.
Boinet (6) bringt unter Zugrundelegung der gesamten Literatur und
eines von ihm selbst beobachteten Falles eine Zusammenstellung, nach der es
wahrscheinlich erscheint, dass es mehrere Typen von angeborenen Nier^icysten
gibt, so scheinen die kleinen, kongenitalen Gystennieren atrophischer Art
syphilitischen Ursprunges zu sein, die grossen vielcystischen Nieren mit einer
Beihe von Missbildungen des Urogenitalapparates in Zusammenhang zu stehen.
Bossowski (7) berichtet über zwei transperitoneale Nephrektomien
wegen Sarkom bei Kindern im Alter von 27* und IVt Jahren, ein Todesfall,
eine Heilung seit 7 Monaten.
Nach Borelius (8) befriedigt für die Entstehung der polycystischen
Degeneration der Nieren weder die Annahme einer Betention noch einer Neo-
bildung nach einer Missbildung, sowohl nach seiner Erfahrung, die er mit
Beispielen belegt, als nach der Literatur muss man hereditäre Disposition an-
nehmen. Das häufige Vorkommen in Verbindung mit angeborenen MisslÄ-
dungen ist auffallig. Er nimmt als Grundursache der Affektion eine embryo-
nale Hemmung an. Am Schlüsse erörtert er die klinischen Erscheinungen
der polycystischen Degeneration.
Chauning und Knowlton (9) berichten von einer Nephrektomie
wegen Nierensarkom, wo 2 Monate später Lähmung und Tod auftrat Bö
der Sektion fanden sich zwei Geschwülste im Frontallappen des Gehirns.
Clairmont (10) berichtet über einen Fall von Hypernephrom in den
Ziegler, VerletzaDgen und chirorg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 819
Bronchiallymphdrüsen. Vor 10 Jahren wegen Hypemephrom der Niere mit
Eröffnung der Pleurahöhle eröffnet.
Eis er t (11) stellte genaue mikroskopische Untersuchungen an über ein
Nieren- und Nebennierenkarzinom mit verschiedenen Met^^tasen.
Guyon (12) berichtet von einem Tumor der linken Niere, deren Träger
keine Symptome vorher geboten hatte als Bluthamen ; er war von gutem Aus-
sehen und hatte keine Beschwerden.
Halbron (13) berichtet von dem zufälligen Befund bei der Sektion
eines alten, an Pleuritis verstorbenen Mannes von zahlreichen kleinen Cysten
in der Mucosa beider Nierenbecken.
Hartmann und Lecene (14) berichten von einer transperitonealen
Nephrektomie wegen eines 10 Kilo schweren Lipomyxosarkoms der Fettkapsel
der rechten Niere. Die Nierengefässe waren durch die Geschwulst vonein-
ander getrennt, was schon oft bei der Operation verhängnisvoll geworden ist.
Die Niere selbst konnte wie gewöhnlich nicht erhalten werden. Nach einem
Jahr Rezidiv. Derartige Geschwülste kommen gern bei ganz kleinen Kindern vor.
Hartmann (15) berichtet von einer von Souligoux ausgeführten,
erfolgreichen, abdominalen Entfernung eines über 9 Kilo schweren Myxo->
Lipo-Sarkoms der Fettkapsel der linken Niere eines 56 jährigen Mannes, der
vorher an keiner Störung ausser durch die Grösse der Geschwulst litt.
Hartwig (16) berichtet von einem Liposarkom der Niere, das wahr-
scheinlich von einem Lipomknoten der Rinde seinen Ausgang genommen hatte;
dasselbe wurde durch Laparotomie entfernt. Tod.
Hornborg (17) möchte an der Hand von zwei operierten, geheilten
Hypemephromen die Frage aufwerfen, ob man in solchen, scharf abgegrenzten
Fällen sich nicht mit der Enukleation oder Resektion begnügen könne, besonders
in Hinblick auf einen vor 5 Jahren, mit Ausschälung behandelten P'all, der
bis jetzt gesund geblieben ist.
Jedliöka (18) berichtet von einer Nephrektomie wegen Sarkom der
Niere, wo wegen Verwachsung das ganze Colon asc. mit weggenommen werden
musste. Ko mpensation.
Imbert (19) bespricht zuerst die Symptome der Nierentumoren bei Er-
wachsenen und Eändem.
1. Bei Erwachsenen ist die Blutung am häufigsten, das erste Symptom
in 54 ^/o, bei Kindern nur in 16®/o, leider kann die Blutung auch erst spät
auftreten.
2. Der Tumor ist bei Erwachsenen unter 257 Fällen in 20% das erste
Symptom, bei Kindern in 98 Fällen in 71*^/o.
3. Schmerz als erstes Symptom bei Erwachsenen weniger konstant in
35%, bei Kindern häufiger.
4. Beschaffenheit des Urins von geringerer Bedeutung.
5. Kompressionserscheinungen: Varikocele häufig bei Erwachsenen, fehlt
bei Kindern, erscheint spät, bei Kindern häufig Zirkulationsstörungen, Ödem,
selbst des Gesichtes, Stauung der Bauchwand.
6. Atembeschwerden, Ikterus, Anasarka, Metrorrhagien, bei Kindern
eher stärker.
7. Allgemeine Erscheinungen, leichtes Fieber bei Erwachsenen, bei Kin-
dern höher.
Der Verlauf ist bei Kindern viel rapider als bei Erwachsenen. Diffe-
rentialdiagnose.
52«
820 Jahresbericht für Chirurgie, n. TeiL
Unter 175 lumbalen Nephrektomien 23% Mortalität bei Erwachsenen,
bei 123 transperitonealen Nephrektomien 21 Vo. Von 324 Erwachsenen, seit
1890 Operierten von 184 Nachrichten. 57 weniger als 2 Jahre, 23 mehr als
2 Jahre ohne Rezidive wieder gesehen, 26 geheilt länger als 4 Jahre.
20% Todesfälle durch die Operation i
50 — 60°/o Rezidive / bei Erwachsenen,
20—30% definitive Heilung )
unter 122 Nephrektomien bei Kindern
25% Todesfälle durch die Operation J
80% Rezidive | bei Kindern.
7 Fälle länger als 3 Jahre gut '
Joseph (20) berichtet über einen Mischtumor der Niere bei einem
IV« jährigen Kinde, der 1V> Jahre nach der Ezstirpation der Niere noch
rezidivfrei war.
Kaufmann (21) berichtet über 87 Nierentumoren von Stecknadel- bis
Bohnengrösse, welche er bei 1035 Sektionen fand, es sind Adenome, ver-
sprengte Nebennierenkeime, Fibrome und Kombinationen dieser.
Ali Krogius (22) berichtet über die mit dem Nierenbecken konununi-
zierenden pararenelen Cysten.
Ein 24 jähriger Mann seit seiner Kindheit an Nierenkoliken gelitten, während vreidien
er einen schmerzenden Tumor im rechten Hypochodrium bemerkt nnd blutigen Haxn ge-
lassen hat Die Cystoskopie ergab, dass eine rötliche Flfissigkeit aas dem rechten Ureter
au^osa. Krogius nahm an, dass der grosse cystGse Tumor auf einer Erweiterung des
Nierenbeckens beruhe, fand aber bei der Operation eine kolossale pararenale Cyste, die
mit dem obersten Teil der Nierenkavitftt kommunizierte, welche ihrerseits durch eiMB
schmalen Spalt mit dem erweiterten Nierenbecken zusammenhing. Da eine einfache RxMAk-
pation der Cyste nicht zur Heilung führte, wurde eine Nephrectomie ausgefOhrt.
Krogius hat aus der Literatur neun ähnliche Fälle zusammengesteUi
Für die Ursache ihrer Entstehung hält er einen kongenitalen Bildongsfehler,
eine Ausstülpung des Nierenbeckens oder einzelner Calices; die Cysten ent-
wickeln sich allmählich, so dass sie in einem relativ späteren Alter zur Be-
obachtung kommen. Durch eine Ventilschliessung wird die Kommunikation
mit dem Nierenbecken abgebrochen ; da werden die Symptome prägnant. Die
Diagnose muss sich auf den Unterschied zwischen der durch eine Punktion
der Cyste und der durch eine Ureterkatheterisation gewonnenen Flüssigkeit,
zum Unterschied von den gewöhnlichen Hydronephrose, und auf den Wechsel
ihrer Grösse zum Unterschied von den sogen, solitären Cysten gründen. Die
Heilung kann nur durch eine sorgfältige Ezstirpation zustande gebracht
werden. Vom klinischen Gesichtspunkt bilden diese Cysten eine wohlcharaktori-
sierte Krankheitsgruppe für sich. Hj. v. Bonsdorff.
Lance (23) berichtet von einem Echinococcus, der die Niere in mehreren
Blasen ergriffen hatte. Lumbale Nephrektomie, Heilung.
Lejars (25) demonstrierte eine mittelst lumbo- abdominellen Schräg-
schnitt entfernte, linke Niere wegen Krebs bei einer 38jährigen Frau nach
vorheriger zufriedenstellender Anwendung des Apparates von Cathelin zur
Trennung beider Nierensekrete. Heilung, gute Erholung.
Loumeau (27) bespricht eine erfolgreiche lumbale Nephrektomie mit
XJterektomie bei einer 55jährigen Frau wegen eines anscheinend tuberkulösen
Tumors, der erst nachträglich durch die mikroskopische Untersuchung als
ein Nierenkrebs sich erwies.
Ziegler, Verletzangen und chimrg. Krankheiten der Nieren nnd Harnleiter. 821
Moffit (30) bespricht die Symptome der Grawitz sehen Geschwülste.
Das Hauptsymptom ist die in etwa 90 Vo der Fälle vorhandene Hämaturie,
die jahrelang vor dem Bemerkbarwerden der Geschwulst auftreten kann,
ferner Schmerz und Parästhesien, femer Geschwulst, die ihren Sitz häufig im
oberen Nierenpol hat und sehr blutreich ist, kann lange gutartig bleiben,
langsam wachsen und das Allgemeinbefinden wenig stören. Die Metastasen-
bildung erfolgt gewöhnlich durch die Blutbahn und bevorzugt Knochen, Ge*
""liim und Lungen. Sowohl die primäre Geschwulst wie die Metastasen zeigen
bisv^eilen Pulsation.
Matsuoka (28) berichtet von zwei Fällen von multiplem Papillom des
l^Tierenbeckens, wo die Wucherungen sich bis in das Nierengewebe fortsetzten.
Der eine Patient durch Nephrektomie geheilt.
Milian(29) berichtet über ein vonTuffier entferntes verkalktes Epi-
theliom der Niere; die Ealklager sind im Epithel entwickelt und nicht im
Bindegewebe des Tumors.
Mull er (31) berichtet von einer paraperitonealen Nephrektomie der
linken Niere wegen Krebs ohne Eröffnung des Peritoneums. Heilung. 'Nach
2 Jahren ein kleines Knötchen in der Narbe, sonst kein Rezidiv.
Newmann (32) erwähnt ein Alveolarkarzinom der rechten Niere, wo
er mit Erfolg die lumbale Nephrektomie gemacht hatte.
Oelsnitz und Bouchard (33) berichtet von einem bei der Sektion
Aufgefundenen beiderseitigen Sarkom bei einem 2jährigen Kinde, das im
Leben keine Symptome gemacht hatte.
Paterson (34) berichtet über eine vordere, seitliche, extraperitoneale
Nephrektomie wegen Karzinom der Niere und rühmt dabei die grosse Zu-
gänglichkeit des Schnittes, insbesondere gegen den Ureter hin, femer dass
keine Eingeweide vorfallen durch Vermeidung der Eröffnung der Peritoneal-
höhle und dass dadurch der Shock ausbleibt, andererseits kann man allerdings
kein sicheres Urteil über die andere Niere gewinnen.
Pels-Leusden (35) berichtet über die schon auf dem 31. deutschen
Ghirurgenkongress erwähnten seltenen Fälle von Zottengeschwülste des Nieren-
beokens, die sich auch pathologisch-anatomisch durch das Mikroskop als bös-
artig erweisen und für die er den Namen des Carc. papilläre vorschlagen
möchte; die eine Patientin ist auch an Metastasen zugrunde gegangen. Der-
artige Zottengeschwülste können leicht übersehen und die häufigen Blutungen
missdeutet werden.
Pfreimter (36) berichtet von einem IV« jährigen Knaben, der wegen
Adeno-Angio-Myo- Sarkom mit Metastasen in Leber und Mesenterialdrüsen zur
Sektion gelangte.
Pusateri (37) berichtet über einen Fall von Nierengeschwulst, den er
in der Klinik des Professor Carle in Turin bei einem 60jährigen Manne
beobachtete. Diese Geschwulst, die sich im wesentlichen durch Hämaturie
und Schmerzen in der linken Nierengegend kund gegeben hatte, wurde mittelst
Nephrektomie abgetragen; sie wog 400 g, nahm den Hilus und ein Drittel
der Nierensubstanz ein. Bei der mikroskopischen Untersuchung erschien die
Struktur der Nebennierenrindensubstanz ähnlich. 5 Monate nach der Ope-
ration wurde Patient wegen Rezidivs und Metastasen von neuem operiert.
Auch dieser Fall zeigt, dass, wenn operative Heilungen häufig, dauernde
bei aus abgesprengten Nebennierenkeimen entstandenen Nierengeschwülsten
doch sehr selten sind. Die Krankheit beginnt fast immer schleichend; die
822 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. TeiL
charakteristischen, fast konstanten Symptome sind Schmerz und intermittierende
HämatTurie. Letztere tritt bisweilen erst anf, wenn die Geschwulst schon fühl-
bar ist. — Verf. meint, dass, wenn die Hämaturie schon seit längerer Zat
besteht und von gewissem Belang ist, die Prognose trotz der Nephrektomie
stets eine ungünstige sei. Die Nephrektomie müsse so frühzeitig wie mö^ch
vorgenommen werden und dann sei auch die an Lymphgefassen reiche Fett-
kapsel der Niere mit abzutragen. R. Giani.
Bafin (38) bemerkt, dass Guyon schon 1881 darauf aufmerksam ge-
macht hat auf die Häufigkeit der Varikocele bei Nierentumoren, die entweder
durch Druck des grossen Tumors auf die Y. sperm. oder durch die Drüsen
entsteht. Legueu behauptet nun, jedesmal wenn Varikocele da ist, sind
auch geschwellte Drüsen da. Die Meinungen sind geteilt Rafin bringt dm
Mitteilungen, die für Legueu sprechen.
Reinach (39) berichtet von einem orangegrossen Myxolipofibrom der
rechten Niere, an dem ein 47« Jahre altes Kind zugrunde gegangen ist
Röchet (40) stellt einen gesunden 50jährigen Mann vor, den er auf
paraperitonealem Wege vor 2 Jahren nephrektomiert hatte. Er betont bei
Nierenkrebs bei Erwachsenen den langsamen Verlauf gegenüber Eindero.
Ross (41) entfernte mit Erfolg bei einem 5jährigen Knaben die Xiere
wegen Sarkom.
Rutgers und Josselin de Jong (42) fanden bei einer 41 jahrigen
Frau, die seit einem Monate fortwährend an Hämaturie litt, im rechten Nieren-
becken ein Carcinom papilläre, das das Nierenbecken grossenteils ausfällte
und ins Nierenparenchym gewuchert war. Goedhuis.
Schmid (43) berichtet von einem Echinococcus des oberen Pols der
Niere bei einer 31jährigen Frau. Resektion. Drainage. Heilung.
Seitz (44) berichtet über eine erfolgreiche, transperitoneale Nephrektomie
einer Cystenniere bei einer 55jährigen Frau.
Stegmann (45) berichtet von einem Gare. ren. sin. bei einem 57 jährigeo
Mann. Lumbale Nephrektomie. Nach fast 4 Wochen Tod unter hohem Fieber,
für das keine Ursache zu finden ist. Hohes Fieber ist immer ein schlechtes
prognostisches Zeichen, wie er aus der Literatur mit Beispielen belegt.
Thorndike und Cunningham (46) besprechen unter Mitteilnng ros
drei Fällen die Diagnose der Hypemephrome. Für dieselben ist die häufig
wiederkehrende Blutung charakteristisch, zeitweise Verminderung der ürin-
menge mit gleichzeitigem Auftreten von Nierenschmerzen und Aufhören der
Hämaturie ; das gleichzeitige Auftreten der Schmerzen mit Aufhören der Bln-
tung spricht gegen Stein. Eine erkrankte Niere mit Nebennierengeschwulsl
zeigt im allgemeinen ihre gewöhnliche Form mit knotiger Oberfläche, die Ge-
schwulst ist entweder im Nierengewebe eingekapselt oder liegt dicht unter
der Nierenkapsel. Auf dem Durchschnitt ist die Geschwulst gelblich, sie bat
ein festes, deutlich abgesetztes Struma, welches der Geschwulst ein knotiges
Aussehen verleiht. Das Nierengewebe ist entweder zerstört oder stark dnrcli
die Geschwulst zusammengedrückt.
Türk (47) zeigt ein 17 jähriges Mädchen mit wahrscheinlich angeborener
Cystenleber und beiderseitiger Cystenniere, das seit langem über Magenbe-
schwerden klagt ; Nieren beiderseits vergrössert zu fühlen, Ödeme der unteren
Extremitäten, im Harn Eiweiss.
Vegas y Cranwell (49) berichtet, dass unter 970 Fällen von Ediino-
coccuscysten 20 die Nieren betrafen; die Ausschälung zieht er vor.
Ziegler, Yerleizimgen und chirorg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 823
Vincent (50) teilt einen Fall einer 55jährigen Dame mit, die eine
grosse Cyste vor der Niere, wahrscheinlich eine Echinococcuscyste hatte. Ex-
stirpation. Heilung.
14. Operationen.
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Delaunay (1) hebt die Vorzüge seiner transversalen Schnittfühmng
bei Nierenoperationen hervor.
Nach Herescu (2) ist auf Grund seiner Erfahrung bei Nierentuber-
knlose die Nephrektomie indiziert bei Einseitigkeit des Leidens und leidlichem
Allgemeinzustand. Bei Pyonephrosis calculosa ist meist die Nephrolithotomia
indiziert, doch eventuell auch die Nephrektomie, bei sebr vielen Steinen, bei
sehr schwer zu entfernenden Steinen, bei sehr verminderter Nierensubstanz
und funktionstüchtiger anderer Niere. Ureterenkatheterismus und subkutane
Anwendung von Methylenblau können die Gesundheit der anderen Niere
erweisen.
Jonescu (3) berichtet über seine Erfahrungen bei Nephrektomie, die
er seit 1897 17 mal ausgeführt hat mit nur 3 Todesfallen. Er zieht den
transperitonealen Weg vor, mit dem er die geringste Mortalität hatte. Bei
Benützung des lumbalen Schnittes muss fast immer drainiert werden. Bei
Benützung der lumbalen Methode macht er einen langen Schnitt parallel der
12. Rippe oder, wenn diese zu kurz ist, längs der 11. Rippe. Er gibt ein
besseres Licht als alle anderen vertikalen und schiefen Schnitte. Zur Aus-
führung der paraperitonealen Nephrektomie, die besonders in Fällen von
Hamleiterfistel angezeigt ist, führt man den Schnitt vom Ende der 12. Rippe
bis zur Mitte des Poupartschen Bandes. Man löst vorsichtig das Bauchfell
ab und gelangt in die Darmbeingrube und an den Harnleiter. Ist eine lokale
Wiederherstellung des Harnleiters unmöglich, so wird derselbe nach oben hin
verfolgt und samt der Niere entfernt. Bei transperitonealer Nephrektomie
wird der Schnitt je nach der Notwendigkeit des Falles und der Grösse der
824 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
zu entfernenden Geschwulst median, halb unter, halb über dem Nabel, oder
lateral , längs dem äusseren Rande des Rektus ausgeführt. Um einen Ab-
schluss des Operationsfeldes von der Peritonealhöhle zu erzielen, wird nach
Durchtrennung des Peritoneum laterocolicum das Kolon von der vorderen
Fläche der Niere abgelöst, wodurch das Bauchfell der hinteren Bauchwand
auf eine grosse Ausdehnung, gegen die Wirbelsäule hin, freigemacht wird.
Dieses peritoneale Stück, das Kolon und dessen Gefässe enthaltend, ^rird
gegen die abdominale Öffnung gehoben und hier mit Klemmzangen gehalten.
Auf dieselbe Weise wird der laterale Teil des parietalen Bauchfelles abgelöst
und so ein zweiter peritonealer Lappen gebildet, welcher ebenfalls in die
Bauchwunde gezogen und hier mit Zangen gehalten wird Auf diese Weise
kann ein Ergiessen eventuell vorhandenen Eiters aus der Niere in die Bandi-
höhle verhütet werden.
Klesk (4) erörtert die Bedingungen zu operativen Eingriffen.
Koslensko (5) berichtet, dass Snegirew bei Pyelitis mittelst der
Dampfsäge die Niere vollständig ohne Blutverlust gespalten habe.
Langemak (6) berichtet über Versuche an Kaninchen, denen die
rechte Niere exstirpiert wurde, während die linke gespalten und wieder ver-
tiäht wurde. Es ergab sich hohe SterbUchkeit, häufige Steinbildung und zwar
durchschnittlich nach 10^/t Tagen, regelmässig Infarktbildung. Die Heilung
erfolgte stets unter partieller Nekrose, Einbusse von Nierenparenchym mit
nachfolgender Narbenbildung. Nephrotomie und dann Nephrektomie wird
besser vertragen als umgekehrt. Die Nephrotomie ist durchaus kein harm-
loser Eingriff.
Maragliano (7) gibt eine Kasuistik der gesamten Fälle von Nephro-
tomie zur Beseitigung von Nierenschinerzen mit Blutungen, von Nierenent-
zündung akuter und chronischer Art und in Fällen von Anurie.
Melzer und Sa laut (8) berichten, dass nach der Nephrektomie ein
erhöhter osmotischer Druck sich einstellt und infolgedessen eine erhöht«
Resorption, was mindestens 24 Stunden andauert; daher kommt es nach
Nephrektomien oder nach Anurie nie zu Ödemen.
Simmonds (9) zeigt eine vor zwei Jahren nephrotomierte Niere, wo
die Narbe ganz auf die Schnittfläche beschränkt geblieben ist und keine
nennenswerten Parenchymveränderungen verursacht worden waren.
Ritter v. Stejskal und Axida (10) berichten von Untersuchungen
am Hunde, wonach bei einseitiger Nierenexstirpation bis zum 4. Tage eine
stetige Verminderung der Salzsäure im Magensaft eintritt, bis sie am 4. Ts^e
ganz fehlt, um dann allmählich wieder zuzunehmen. Am 10. Tage ist der
Befund wieder normal.
Nach Theoharidi (11) ist der günstigste Weg zur Entfernung der
Niere der transperitoneale, namentlich bei voluminösen Tumoren, bei Ad-
härenzen mit den Nachbarorganen, bei unsicherer Diagnose oder bei Unsicher-
heit über den Zustand der anderen Niere, bei Hufeisenniere oder bei abnormer
Entwickelung der üreteren; er führt am schnellsten zum Hilus, ermöglicht
am besten ein exaktes Präparieren, gestattet am besten die Entfernung ey.
geschwellter Drüsen.
Verhoogen (12) berichtet über 38 Nephrektomien nebst Bemerkungen
über das Operationsverfahren.
Ziegler, Verleizimgen nnd chirorg. Erankheiien der Nieren und Harnleiter. 825
15. Akute und chronische Entzündung der Niere.
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Nach Besprechung der Grundprinzipien, die die Chirurgen bei Ausfüh-
rung der Nierenentkapselung in der Klinik leiteten, berichtet Anzilotti (Ij
über die bezüglich dieser Operation und ibres Einflusses auf die Nierenzirkc-
lation ausgeführten Experimente. Er nahm drei Reihen Experimente tot.
Bei einer ersten Experimentreihe liess er die Niere nach ausgeführter Eni-
kapselung entweder entblösst in situ oder brachte sie in einen kroentes
Muskelsack, der so beschaffen war, dass keine Zerrung des Nierenstiels statt-
finden konnte. Bei den anderen beiden Experimentreihen, die den Zweck
hatten, festzustellen, bis zu welchem Punkte die zirkulatorische Kompensation
durch die neugebildeten Gefasse gelange, nahm er an Nieren, die schon sat
längerer Zeit entkapselt waren oder die er eben erst entkapselt hatte, bald
die Unterbindung der Arterie, bald die Unterbindung oder Stenosiemi^ d^
Vene vor. Als Experim'enttiere dienten Kaninchen und Hunde, die er nuk
der Operation 24 Stunden bis 158 Tage lang am Leben liess.
Verf. berichtet ausführlich über die physikalisch-chemischen Verazide*
rungen, die der Harn aufweist, sowie über den an den verschiedenen Nieren
gemachten histologischen Befund. Er konstatierte, dass die Nierenkapsel sich
nach Verlauf von ungefähr 30 Tagen wieder bildet und dass ausgedehnte und
feste Adhärenzen mit den umliegenden Geweben zu stände kommen. Er
komimt zu dem Schlüsse, dass die Nephrolyse bei akuten degenerativen Nephri-
tiden zwar keine Indikation finde, aber bei allen akuten Kongestionszustandea
der Niere, bei denen der intrarcnale Druck eine bedeutende Steigerung er-
fahren hat und die stets durch Kreislaufstörungen bedingt sind, Besserung zu
bewirken vermag, indem die Kreislaufstörungen durch die Befreiung der Ni»e
von der sie zusammendrückenden Kapsel und durch die Bildung von neuen,
kompensatorisch wirkenden Kollateralwegen günstig beeinflusst werden. Bei
chronischen Formen sei sie angezeigt, wenn wiederholt Kongestionserschs-
nungen auftreten; dieselben werden durch die zirkulatorische Kompensation
von Seiten des in der Kapsel neu entstandenen Gefässsystems zum Aufhöroi
gebracht. Auch findet durch die arteriellen Gefasse eine bessere Emihnisg
Ziegier, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Nieren und ELamleiter. 827
der Gewebe statt, infolgedessen die Niere fonktionstiichtiger wird. Dennoch seien
weitere klinische Beobachtungen erforderlich, welche die schon bekannten be-
stätigen und über manche Punkte der Frage Licht breiten, welche durch
die Experimente an Tieren sicherlich nicht geklärt werden können.
Eine wirksame Anwendung der Nierenentkapselung, bemerkt Verf., haben
wir bei Behandlung der Wandemiere, wo auf diese Weise ein viel festeres
und wirksameres Fixationsgewebe geschaffen wird, wie dies Biondo schon im
Jahre 1900 nachgewiesen hat. K. Giani.
Asakura (2) fand bei Exstirpation der Capsula propria der Niere an
Hunden und Kaninchen, welcher Eingriff gut vertragen wurde, neue binde-
gewebige Hüllen um die entkapselten Nieren, sowie neue Gefässe in der neuen
Kapsel und auf der Nierenoberfläche. Bei Tieren mit Niereneiterung hatte
die Dekapsulation keinen Erfolg, dagegen verlief dieselbe Infektion bei Tieren
mit dekapsulierten Nieren günstiger als bei den Kontrolltieren.
Bancz-Osmolowsky (3) untersuchte bei Kaninchen die bei der Ent-
kapselung der Niere sich einstellenden pathologischen Vorgänge. Drei Tage
nach der Entkapselung der Niere hat die Anzahl der Kerne in den Zellen
des auf der Niere verbliebenen Kapselrestes um das Mehrfache zugenommen.
Stellenweise liegen je 3 — 6 längliche Kerne von verschiedener Grösse und
Form. Neben diesen Erscheinungen hyperplaptischer Natur kommen auch
atrophische Vorgänge in den Zellen zur Beobachtung. Sechs Tage nach Ent-
fernung der Kapsel findet man in ihrem auf der Niere verbliebenen Reste
eine hochgradige Wucherung der Bindegewebszellen, deren Kerne sich aus
stäbchenförmigen in ovale verwandeln. Die Bindegewebszellen der Kapsel-
reste beginnen auch um die Hamkanälchen zu wuchern. Hier sind auch An*
häxifungen von weissen Blutkörperchen zu finden. In den oberflächlichen
Hamkanälchen macht sich stellenweise ein Zerfall des Epithelprotoplasmas
in kleinen, mit Eosin färbbaren Kömchen geltend. An ihrer Oberfläche ist
die Niere mit einem sehr zarten, durchsichtigen, weisslichen, narbenartigen
Belage bedeckt. 12 Tage nach der Entfernung der Kapsel wird die narbige
Trübung der operierten Niere deutlicher, mikroskopisch ist oberflächlich eine
mächtige Bindegewebsentwickelung zu bemerken. Die oberflächlich gelegenen
Hamkanälchen und Malpighischen Knäuel werden durch die von der Aussen-
Schicht der Niere heranrückenden, bindegewebigen Elemente mechanisch kom-
primiert. Die Zellen der Hamkanälchen und Glomeruli erheblich verändert.
Stellenweise Leukocyten zwischen den der Atrophie anheimgefallenen Zellen.
Keine Neubildung von Blutgefässen, wie man angenommen hat.
Bassan (4) bespricht die chirurgische Behandlung der Nephritiden und
kommt zu folgendem Kesum6:
1. Die bewegliche Niere prädisponiert zur Entwickelung einer Nephritis.
2. Die Capsula fibrosa spielt eine wichtige Rolle bei den schmerzhaften
und kongestiven Zuständen der Nierenkrankheiten.
3. Diese Zustände kann man durch Nephrolyse, Inzision der Kapsel,
Punktion der Niere, Dekapsulation und Nephrotomie bekämpfen.
Die heutzutage unbestrittene Einseitigkeit gewisser Nephritiden spricht
zu gunsten einer chirurgischen Intervention, die auch Erfolge hat.
5. Die Doppelseitigkeit der Nierenerkrankung hindert nicht die Ope-
ration.
6. Die Urämie hindert nicht die Operation, sondern urämische Sym-
ptome werden geradezu chirurgisch behandelt.
828 Jahresbericbt ffir Chirurgie. IL Teil.
7. Die Nephrektomie ist selbst bei Funktionsstörungen der anderen
Niere mit Erfolg ausgeführt worden bei der Brightischen Krankheit oder bei
polycystischer Entartung der Niere.
8. Bei Solitämiere können alle Eingriffe ausser der Nephrektomie mit
Erfolg ausgeführt werden.
9. Für schwere akute Nephritiden ist die Mortalität bei chimrgischeD
Eingriffen 21,7 ^/o, für chronische Nephritiden 12,5 ^/o.
Bernard (5) fand erhebliche Unterschiede in der Durchgängigkeit der
Nieren zwischen chronischer interstitieller und epithelialer Nephritis; bei
letzterer sind die Nieren durchgängig, bei ersterer besteht frühzeitig Imper-
meabilität, lange durch Polyurie kompensiert.
Blake (6) berichtet, dass er in fünf Fällen chronischer Nierenentzmh
dung von der Lende aus die vollständige Entkapselung vorgenonimen hat
Bei zwei bedeutende Besserung, zwei starben einen Monat nach der Operation
Cava! Hon (8) berichtet von einer Heilung einer chronischen einseitigen
Nephritis. Durch Nephrokapsulektomie, Eiweiss ganz verschwunden, Urm-
menge bedeutend gestiegen.
Edebohls (10) hat jetzt 51 Fälle von Morbus Brightii mit Entkapselimg
behandelt; davon wurden 22 wesentlich gebessert (die Zeit ist zu kurz, am
von Heilung sprechen zu köimen), neun Heilungen mit eiweissfreiem ünn
Mortalität 13*/8^/o, direkte Mortalität nach der Operation unter 73 Fällen 1.
Fabris (11) rief bei Kaninchen mittelst Kantharidin Nephritis herror
und nahm dann die Nephrotomie an ihnen vor. Auf Grund seiner Expeih
mente meint er, dass man die Nephrotomie nur als extrema ratio vor-
nehmen dürfe, vorher sei bei Nephritis eine interne Behandlung zu versuchen
R. Giani.
Nach kurzer Darlegung der beiden Grundanschauungen, die in dem
Satze gipfeln, dass bei Nephritis mit Kapselausschneidung und Nephropexie
einzugreifen sei, berichtet Ferranini (12) über die von ihm ausgführten Unter-
suchungen. Zunächst erforschte er, welche unmittelbaren und Nachwirkungen
die Kapselabtragung hat an einer normalen Niere vorgenommen. Er ope-
rierte an Kaninchen, und zwar auf dem lumbalen Wege, machte einen Ein-
schnitt in die Kapsel und trug sie entweder vollständig ab oder Uess das
obere Blatt zurück, das er daim mittelst Catgutnaht an die untere Fläche
der Fascia transversa heftete. Er konstatierte folgendes: a) die Abtragung
der Kapsel ruft weder eine anatomische Läsion noch eine Funktionsstömng
in der Niere hervor; b) die Abtragung der Kapsel hat einen perirenalen Ent-
zündungsprozess zur Folge, der Adhärenzen zwischen der Drüse und den sie
umgebenden Geweben bewirkt und sie mit ein^ bindegewebigen Scheide um-
hüllt, die allmählich an Dicke zunimmt und schliesslich so kompakt wird,
dass sie die fehlende Kapsel vollständig ersetzt; c) durch die neugebildeten
Adhärenzen hindurch dringen von den umliegenden Organen neue Gefasse in
die Niere, die sich mit den sternförmigen Venen, mit den geradlinigen Venen
in Kommunikation setzen und zuletzt gegen den medullären TeU des Organs
vorrücken, sich zum kleinen Teile um die gewundenen Kanälchen herum ver-
teilend, ohne jedoch je in die Glomeruli zu treten; d) die neugebildeten Ge-
fasse sind an den Muskeln, am Omentum, Pankreas, Darm, die mittelst lockeren
Bindegewebes an der Niere adhärieren, am stärksten an der mittelst kom-
pakten Bindegewebes adhärierenden Milz am geringsten entwickelt; e) die
Adhärenzen kommen nach dem perirenalen Entzündungsprozess sehr rasch za
Ziegler, Verletzungen nnd chirurg. Krankheiten der Nieren and Harnleiter. 829
Stande, so dass schon nach 48 — 60 Stunden solche bestehen; am stärksten
entwickelt sind sie nach 20 — 30 Tagen, dann werden sie lockerer, so dass die
Niere nach 60—70 Tagen eine gewisse Beweglichkeit wiedererlangt.
Nachdem Verf. obiges konstatiert hatte, ging er daran, den Einfluss zu
erforschen, den die Abtragung der Kapsel bei entweder durch Gifte (Kan-
tharidin) oder durch Toxine (Diphtherietoxin) hervorgerufenen Entzündungs-
zuständen auf das Organ hat. Er nahm drei Reihen Experimente vor:
Bei der ersten Experimentreihe nahm er an Kaninchen an der linken
Niere die Kapselabtragung und Nephropexie vor und rief nach einem Monat
bei einigen Tieren eine akute, bei anderen eine chronische Vergiftung hervor.
Bei der zweiten Experimentreihe rief er eine akute oder chronische Ver-
giftung gleich nach ausgeführter Kapselabtragung und Nephropexie hervor.
Bei der dritten Experimentreihe bewirkte er zuerst die Vergiftung und
nahm dann nach fünf Tagen an der linken Niere die Kapselabtragung und
Nephropexie vor.
Bei allen diesen Experimenten waren die stets sehr schweren und sehr
ausgedehnten Nierenläsionen sowohl hinsichtlich der mikroskopischen Merk-
male als der Ausdehnung rechter- und linkerseits konstant die gleichen. Verf.
schliesst deshalb, dass beim Kaninchen die Kapselabtragung imd Nephropexie,
obgleich sie die Bildung von sehr zahlreichen, neuen Gefässverbindungen ver-
anlassen, der Niere selbst, was die Resistenz ihrer Elemente gegen die toxi-
schen Infektionserreger anbetrifft, in keiner Weise zum Vorteil gereichen.
Angesichts der Tatsache nun, dass die Kapselabtragung die Nephritis
nicht zu bessern und noch weniger zu heilen vermag und dass die Anurie
(ein Symptom, das nach einigen Autoren ebenfalls nach der Kapselabtragung
aufhören soll) selten durch den Druck der vermeintlich unausdehnbaren Kapsel
auf die Niere verursacht wird (nach seinen an Kaninchen und am Leichnam
vorgenommenen Untersuchungen und auch einigen klinischen Daten aber sei
die Kapsel stark ausdehnbar), schliesst Verf. endlich, dass bei akuter und
chronischer Nephritis der chirurgische Eingriff nicht genügend gerechtfertigt sei.
R. Giani.
Fontanie, Joseph (13) bespricht die Hämaturie bei Nephritiden der
Kinder. Sie kommt im (xefolge der verschiedenen Infektionskrankheiten vor,
bei akuten und chronischen, bei schweren und leichten Fällen von Nephritis.
Sie kann Veranlassung geben zu verschiedenen Irrtümern (Stein, Tuberkulose,
Neubildung). ' Zur Behandlung werden Medikamente empfohlen, unter anderen
auch der Nebennierenextrakt.
Ferguson (14) berichtet, dass er in 16 Fällen von parenchymatöser
und interstitieller Nephritis teils wesentliche Besserung, teils völlige Heilung
erzielt bat. Auffällig war in allen Fällen das sofortige Nachlassen der Nieren-
schmerzen und die bleibende Vermehrung der Urinmenge, wie er meint, infolge
der Entspannung der Niere und dem Ausfliessen pathologischer Flüssigkeiten
durch die Wunde sowie der Bildung neuer Gefässbahnen aus der Umgebung.
Er macht einen T-förmigen Schnitt, wobei der wagrechte Balken fingerbreit
unter die 12. Rippe kommt, ihr parallel, senkrechter am Aussenrand des
Quadrat, lumb. bis zur Crista ilei. Die Fettkapsel der Nieren muss sehr vor-
sichtig bebandelt werden, ist nur mit Instrumenten anzufassen. Auch die
Befreiung der Niere von der Fettkapsel soll recht schonend vorgenommen,
das Fett nicht zerrissen werden. Wenn leicht möglich, kann die Niere aus
der Wunde hervorgezogen werden. Die fibröse Kapsel wird durch Sektions-
830 Jahreslraricht fOr Chimigie. IL Teil.
schnitt über '/s der Niere gespalten, mit Messerstiel oder Finger al^lögt bis
zum Hilns, von den Polen abgeschoben. Danach bildet sie einen halsband-
artigen Wulst um die Gefässe. Liegt Wandemiere vor, so wird dieser Wulst
angenäht, so dass die entkapselte Niere mit der Muskulatur in Beruhrang
steht, weil von dieser aus sich am leichtesten Gefasse bilden, während die
Fettkapsel ganz ungeeignet ist. Sie wird im Zusammenhang unter den nntereu
Nierenpol gelagert. Bei den meisten Fällen wird zuletzt noch an zahlreiche
Stellen der Niere eingestochen zur Entlastung des Organs von Blut und patho-
logischen Stoffen. Die Wunde wird stets drainiert, und zwar mit einem
dünnen Bohr und reichlicher Mullpackung. In der Diskussion meint Jepson,
dass die Entkapselung die besten Resultate bei interstitieller Nephritis gibt,
besonders dann, wenn Blutergüsse unter der Kapsel liegen. Nach Mc Laren
genügt die Spaltung der Kapsel allein, um Druck zu erleichtem. Gibbons
hat bei Brightischer Krankheit die Entkapselung mehrmals mit bestem &•
folge vorgenommen. Mc Arthur berichtet ebenfalls von guten Besoltaten,
vermisst aber genaue Indikation zur Operation. Whitacre, der ebenfalls von
der Operation gute Resultate sieht, möchte aber die weisse Niere von der
Operation ausschliessen.
Ferguson (14) berichtet 17 Fälle von Nephritis, die er mit Nieren-
dekapsulation erfolgreich behandelte. Es handelte sich bei allen Krank^i um
interstitielle Nephritis, nur zweimal lag parenchymatöse Nephritis vor. Fer*
guson verlangt die Priorität, als erster bewusst diese Operation bei Nephritis
angewandt zu haben, gegenüber Edebohls, dem er sonst grosse Verdienste
um die richtige Anwendung des Verfahrens zuerkennt. Bei der Operation
wurden Stücke aus der Niere entfernt und mikroskopisch die Nephritis fest-
gestellt. Es handelte sich meist um bewegliche Nieren.
Frazier (15) berichtet von einem Kinde mit schwerer parenchyoiatoser
Nephritis, durch Dekapsulation eklatante Besserung (cf. Tyson).
Gayet und Bassan (16) bestätigen durch Injektionsversuche und mikro-
skopische Untersuchung die Ansicht Edebohls über Regeneration der Zirinb
lation der Niere nach der Dekapsulation.
Guitöras (17) berichtet auf Grund einer Sammelforschung von 120 von
anderen operierten Fällen von chronischer Brightischer Krankheit: der strenge
pathologische Begriff der chronischen Nierenentzündung ist hänfig nicht ge-
nügend präzisiert, oft auf Grund einzelner Symptome. Die makroskopische
Diagnose ist sehr schwierig, Exzision eines Stüdkchens zur mikroskopisches
Untersuchung wird angeraten. Die konservative innere Behandl9ng ist so-
lange indiziert, als das Allgemeinbefinden günstig ist; macht die Krankheit
schnelle Fortschritte und ist Herzübermüdung zu befürchten, soll opmeit
werden. Die besten Resultate gibt die Dekapsulation und die Fixation be-
weglicher Nieren. Er berechnet aus den 120 Fällen 16®/o Heilungen, 40 *>
Besserungen, 11 ^/o keine Besserung, 33 ^/o Tod. Sterblichkeit bei chronischer
interstitieller Nephritis 26°/o, bei chronischer parenchymatöser 25®/o, bei chro-
nischer diffuser 57®/o.
Henry (18) berichtet über eine Entkapselung beider Nieren bei doppel-
seitiger chronischer Nephritis. Tod durch Urämie am achten Tage. Die Kapsel
hatte sich wieder angelegt, keine Gefassneubildung.
Jaboulay(19) teilt einen Fall mit, wo bei einer 41 jährigen Frau durch
Enthülsung der rechten Niere lange Zeit dauernde Albuminurie beseitigt wurde.
Urinmenge und Harnstoffgehalt stiegen in wenigen Tagen bedeutend. £r
Ziegler, Verletzungen und Chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 831
denkt in Anbetracht des schnellen Erfolges an Vermittelung durch die Vaso-
motoren des Sympathikus.
Jewett (20) gibt einen Überblick über die bisherigen Erfolge der
chirurgischen Behandlung der chronischen Nephritis und teilt zwei Fälle mit,
einen mit tödlichem Ausgang nach anfänglichem Erfolg, einen mit Besserung.
In dem tödlichen Falle fanden sich in der Kapsel nur spärliche Blutgefässe.
Johnson (21) hat an 15 Hunden die Resultate der Dekapsulation der
Niere studiert. Es bildete sich aus den Resten der alten und dem Exsudat
immer eine neue abziehbare Kapsel, welche meist dicker war als die ursprüng-
liche. Eine Schädigung der Niere und des Allgemeinbefindens der Tiere
wurde nicht beobachtet. Anastomosenbildung der Nierengefässe mit der Um-
gebung Ton irgendwelcher Bedeutung fand nicht statt. Die Theorie von
Edebohls, welcher seine operativen Erfolge bei Nephritis auf eine durch
Anastomosenbildung bedingte reichlichere Blutzufuhr erklären will, findet dem-
nach in den ausgeführten Experimenten keine Stütze.
Maass (New- York).
Luxardo (22) berichtet über 16 Fälle, in denen Giordano wegen
schmerzhafter, hämorrhagischer oder dystrophischer Nephritis eingriff; die
Mortalität war hier keine hohe, wenn mcm in Betracht zieht, dass einige der
Patienten beim Operationsakt sich in sehr schwerem Zustande befanden
(62,5 ^/o Heilungen). Verf. empfiehlt auf Grund dieser Fälle die Nephrotomie
bei dystrophischer Nephritis, bei akuten nicht in Eiterung übergegangenen
Formen (weil die Nephrotomie der Eiterung vorbeugen kann) und bei Urämie.
Die Entkapselung biete nicht nur die Vorteile der Nephrotomie, sondern helfe
auch einer ungenügenden Blutberieselung ab. Aus seiner Abteilung erwähnt
er drei Beobachtungen, die zeigen, dass ein Einschnitt ins Parenchym auch
in Fällen, in denen beide Nieren affiziert sind, gemacht werden kann.
R. Giani.
Maragliano (23) gibt eine gedrängte kritische Übersicht über alles,
was von den Autoren der verschiedenen Länder über die chirurgische Be-
handlung der Nierenschmerzen, Hämaturien, der akuten und chronischen
Nierenentzündungen und der Anurie veröffentlicht worden ist. R. Giani.
Preciado y Nadal (24) warnt auf Gnmd von 13 Beobachtungen vor
chirurgischen Eingriffen an den Nieren bei den sogenannten L^sions renales
medicales wegen der Doppelseitigkeit, besonders bei der chronischen Nephritis.
Le Nouene (25) rät in Betreff der chirurgischen Behandlung der
Nephritis Auf Grund von 62 Beobachtungen:
1. Bei akuter Nephritis mit miliaren Abszessen Inzision der Niere.
2. Bei akuter, nicht eitriger Nephritis kann Inzision der Niere der
Eiterung zuvorkommen und eine Heilung ad integrum gestatten.
3. Bei chronischer Nephritis Dekapsulation der Niere.
4. Bei chronischer Nephritis und bestehender Urämie Nephrotomie.
Patel und Gavaillon (26) berichten von einer 44jährigen Kranken
mit chronischer einseitiger Nephritis mit schweren Nephralgien und Albumin-
urie. Lumbale Freilegung ergab fibröse Entartung des perirenalen Fettgewebes,
Verdickung der fibrösen Kapsel, gefässhaltige Verwachsungen zwischen beiden
Kapseln, Vergrössenmg der Niere mit unregelmässiger und narbiger Ober-
fläche. Nephrolyse. Verschwinden des Eiweisses, der Schmerzen. Am
günstigsten zum Eingriffe ist die Zeit, wenn die Nephritis in ein Stadium
vorübergehender Besserung eingetreten ist, die Albuminurie noch fortbesteht.
832 Jabreabericht fOr Chirargie. IL Teil.
Planer (27) berichtet, dass er einen durch Nephritis bedingten Ascites
durch Laparotomie znr Heilang gebracht habe, nachdem Punktionen erfolgte
gewesen waren.
Pousson (28) bespricht unter Anführung von 14 Erankheitsgeschidit«!
von Nephritiden und Beiziehung der bezüglichen Literatur die Berechtigang
eines operativen Eingriffes, seine Wahl und Art bei den Nephritiden. k des
akuten Fällen wurde zweimal Heilung erzielt durch Nephrotomie, in den
chronischen Fällen wurde sechsmal operiert, davon vier gebessert. Instruktiv
Abbildungen und Kurven.
Rovsing (29) teilt die chronischen Nephritiden in aseptische xmim-
fektiöse ein. Von den ersteren hat er neun Fälle operiert, meist wegen
Schmerz und hier war immer Spannung der Membrana propria. Die Los-
lösung der Niere aus den Adhärenzen war sehr wertvoll zur Beseitigong des
Schmerzes , während der günstige Einfluss einer Spaltung der Niere für ib
nicht erwiesen ist. Von den chronischen infektiösen Nephritiden hat er acht
Fälle operiert mit sehr günstigem Erfolge. Seine Untersuchungen zeigten,
dass es einseitige infektiöse chronische Nephritis gibt, die auf verschiedeo
grosse Teile der Niere beschränkt sein kann; es gibt doppelseitige infektiös
partielle Nephritiden. Bei Abszedierung und Entzündung ist die Nierah
Spaltung indiziert, bei Blutung ist ihre Wirkung fraglich. Resektion ist unter
Umständen gestattet, Nephrektomie bei einseitiger totaler Nephritis lebo»-
rettend.
Rumpier (30) bespricht den gegenwärtigen, sehr verschieden lautenden
Stand der Lehre der chirurgischen Behandlung der Nierenentzündung. Jeden-
falls kann man durch operatives Vorgehen manche Symptome zum VerschwiudeB
bringen, abgesehen von dem günstigen Einfluss der Durchtrennung bei Ver-
wachsungen. Sicher ist der gute Einfluss der Nierenspaltung bei Anurie.
Soetbeer (31) kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu folgendai
Ergebnissen: Die Gesamtmasse der geleisteten täglichen Arbeit ist bei der
akuten Nephritis und amyloiden Degeneration bedeutend kleiner als bei der
gesunden Niere. Bei der interstitiellen Nephritis entspricht sie periodenweise,
abgesehen von der Harnsäure, der normalen Niere. Bei akuter Nephritis
und amyloider Degeneration zeigt sich eine Unregelmässigkeit in der Aus-
scheidung aller Mineralbestandteile, deren Grösse von Tag zu Tag wechselt,
während die Ausscheidung der N-haltigen Bestandteile ein mehr konstantefi
Verhalten zeigt. Nur bei der amyloiden Degeneration sind Anzeichen grosserer
Mengen von oi^anischen Säuren vorhanden und bei der interstitiellen Nephritis
werden abnorm viel saure Äquivalente sezemiert.
Stern (32) schliesst sich den Israe Ischen Anschauungen an in der
Frage der chirurgischen Behandlung der chronischen Nephritis, dass es in
den Fällen von Blutungen aus anscheinend gesunden Nieren sich meist um
nephritische Veränderungen handelt und dass die Nephrotomie in diesen
Fällen günstig auf das Leiden einwirken könne , wie er selbst erfahren hat
Er empfiehlt bei Massenblutung bei chronischer interstitieller Nephritis, dann
bei durch innere Mittel nicht zu bekämpfender Anurie bei chronischer Ne-
phritis einen Eingriff.
Stern (32 a) hat 7 mal bei chronischer Nephritis operativ eingegriffen,
teils Kapsel-, teils Nierenspaltung, teils Dekapsulation unternommen; von
diesen 7 Fällen sind 2 gestorben, 2 vorübergehend gebessert, 1 bis auf eii»
Fistel, 2 vollständig geheilt.
Ziegler, Verletzangen und chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 833
Stursberg (33) zeigte an Tierversuchen, dass die Dekapsulation eine
Neubildung von Gefässverbindungen zwischen der Nierensubstanz und den
angrenzenden Geweben anregt.
Tyson (35) berichtet von einem 9jährigen Mädchen, das nach Schar-
lach schwere Nierenentzündimg mit allgemeinem Ödem, reichlich Eiweiss und
Zellengehalt im Urin und grosse Schwäche hatte. Dekapsulation der rechten
Niere, darnach rasch sich steigernde Urinmenge, Verschwinden des Ödems;
zwei Monate später Dekapsulation der linken Niere. Völlige Heilung; auch
noch nach einem halben Jahre.
Tyson und Frazier (36) berichten über das Kind, das wegen paren-
chymatöser Nephritis mit Entkapselung der rechten Niere behandelt wurde.
Nach anfanglicher Besserung Verschlimmerung; daher Entkapselung auch der
linken Niere; anfänglich auch hier Besserung, dann Verschlimmerung.
Walker (37) fasst die Literatur zusammen über die chirurgische Be-
handlung der eitrigen, akuten und chronischen Nephritis.
Whitacre (38) berichtet über einen Fall von 8 tägiger Urinverhaltung,
der durch eine Ansschälung der Nieren aus der Kapsel geheilt wurde.
16. Kasuistik und LehrbUcher.
1. Fairohild, Snrgery of the kidney. Chicago surg. soc. Annais of surgery 1908.
Jone.
2. Gheorghieff, 3 Nephrektomief&lle. Letopissi va Cetarskija sajour v. Bnlgaria 1908.
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3. Here8cu,Die Nephrektomie. Revista de Ghirorgie 1903. Nr. 2. Spitalul 1908. Nr. 2.
(Rumftnisch.)
4. Jonnescu, Die Nephrektomie. Revista de Chirurgie 1908. Nr. 5.
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krankbeiten. v. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 72. Heft 1. 82. Kongress der
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T. y. Geneeskunde I. p. 188.
13 Tansini, Contributo di chirargia renale. Memorie chir. pubbl. in onore di Bottini.
Palermo 1908.
Fairchild (1) behandelt die Chirurgie der Niere, vorzugsweise die
Nierenkontusion, die suppurative Nephritis und die chronischen entzündlichen
Zustände der Niere.
Gheorghieff (9) wandte die Nephrektomie in folgenden drei Fällen an:
1. 14 jähriger Bursche mit Calculus des linken Ureters, lumbare Nephro-
tomie-Genesung.
2. 28 jährige Frau mit Koliken in der rechten beweglichen Niere. Trans-
peritoneale Nepbjrektomie. Genesung.
3. 55jähriger Armenier mit Nephrolithiasis et ren. mobilis sinister.
Transperitoneale Nephrektomie. Genesung. Stoianoff (Plevna).
JahrMbericht fOr Chirurgie 1908. 58
834 Jahresbericht für Ghirargie. IL Teil.
Herescn (3) studiert diese Frage der Nephrektomie, gibt dem Inm-
baren Weg den Vorteil. Herescu führte zehn Nephrektomien aus: drei
wegen Pyonephrosis calculosa, zwei wegen Geschwülste, fünf wegen Tuber-
kulose. Es starben zwei: einer mit Tuberkulose der Niere und der Lungen
mit Pyonephrose, der zweite mit Krebs des Nierenbeckens mit erkranktoi
Drüsen längs der Aorta und Vena cava, mit Ulzeration eines Granglions
in der Vena cava und todbringendem Thrombus. Stoianoff (Plevna).
Th. Jonne8Cu(4) beschreibt alle seine Fälle vom Jahre 1897 bis heute,
d. h. 17 Fälle mit 14 Genesungen und 3 Sterbefällen. Es waren 3 Geschwülste,
1 Tuberkulose, 2 Hydronephrosen, 10 Pyelonephritiden. 10 mal exstirpierte
er die rechte Niere, 7 mal die linke, 2 Fälle Hufeisenniere. 4 wurden Iximbir,
4 paraperitoneal, 9 transperitoneal ausgeführt mit 1 Sterbefall für jeden Weg.
Jonnescu stimmt für den transperitonealen Weg. Stoianoff (Plevna).
Kümmel (5) hält jeden Nierenstein jetzt mit dem Röni^nverfabreD
für nachweisbar. Dann bespricht er den Wert des Ureterenkatheterismits, da
er selbst bei Blasentuberkulose für ungefährlich hält und den hohen Wert
der Eryoskopie. Bei weiterem Ausbau der Gefrierpunktsmethoden hält er
einen Nierentod für yermeidbar. Bei bösartigen Geschwülsten mit bereits
allgemeiner Kachexie konnte auch er Erniedrigung des Gefrierpunkte
erweisen.
Kümmel und Rumpel (6) berichten über ihre reichen Erfahrungen
jiber Nierenkrankheiten unter Anwendung der neueren Untersuchungsmethoden.
Betreffs Hamleitersondierung wird peinlichste Asepsis betont; die seidenen
flamleitersonden werden in gesättigter Ammoniumsulfatlösung gekocht und
trocken aufbewahrt. Betreffs Röntgenverfahren glauben sie, dass jeder Nieren-
stein auf einer guten Röntgenplatte sichtbar wird. Die Mortalität der Nephrek-
tomie beträgt jetzt 6,4 ^/o (gegenüber Schmieden früher 26,9 ^/o), währeod
die Gesamtmortalität bei allen Nierenkrankheiten 14,7 ^/o beträgt.
Maunsell (7) erwähnt zwei Nephrektomien, die eine wegen cystischer
Degeneration, die andere wegen Pyonephrose nach Uterusentfemung wegoi
Karzinom.
Rydygier (9) teilt drei interessante Fälle mit: 1. Extraperitoneale
Freilegung des ganzen Harnleiters und Entfernxmg der Steine. 2. Die Haare
eines bei einer plastischen Operation verwendeten Lappens wurden als Stein-
keme gefunden. 3. ein Grawitz scher Tumor.
Senator (11) bespricht kritisch die alten und neuen Methoden, die
bei Nierenerkrankungen angewendet werden.
V. Stockum (12) berichtet über 24 Fälle von Nephrektomie mit einem
Todesfall und 15 Fällen von Nephrotomie mit einer Mortalität von 26 ^/o.
Zur Prüfung der funktionellen Leistungsfähigkeit der zweiten Niere
wurde in der Mehrzahl der Fälle der Urin mittelst Ureterenkatheterismns
untersucht, die kryoskopische Untersuchung kam dann und wann ebenfalls zur
Anwendung.
Zweimal wurde bei malignen Tumoren nephrektomiert ; einmal wurde die
primäre Nephrektomie mit gutem Erfolge ausgeführt und in einem Falle von
querer subkutaner Durch trennung der Niere, wobei das Becken intakt war
und ein grosses retroperitoneales Blutextravasat bestand.
Eine atrophische Wandemiere gab einmal zur Exstirpation Veran-
lassung.
In einem Falle von dystopischer Niere wurde vor der Operation die
Ziegler, Yerletzongen and chirurg. Krankheiten der Nieren and Harnleiter. 835
Diagnose gestellt, nachdem eine yorgängige Laparotomie diese Yerlagemng
schon vermuten liess. Durch die yon Hochenegg zuerst empfohlene Son-
dierung des Ureters wurde der Sachverhalt zur Klarheit gebracht. Die Niere,
die in der Nähe des Promontoriums lag, wurde subskapulär mit Erfolg ex-
stirpiert durch den von Israel angegebenen extraperitonealen Schnitt.
Bei einer 70jährigen Dame mit einer grossen Pyonephrose, entstanden
durch Knickung des Ureters, wurde Heilung erzielt durch eine Bauchbinde
mit Pelotte, die freien Abfluss in der Blase ermöglichte.
Den Standpunkt prinzipiell bei Pyonephrosen zu nephrotomieren hält
auch V. Stockum in Übereinstimmung mit Israel für unhaltbar. Die von
ihm operierten Fälle sprechen zu Gunsten der primären Nephrektomie. Die
Infektionsgefahr des Ureterkatheterismus zur Prüfung der Funktion der zweiten
Niere will er nicht zu hoch angeschlagen wissen, wenn für genügende Des-
infektion der Blase Sorge getragen wird.
Ein interessantes Krankheitsbild lieferte eine Patientin mit polycystischer
Nierendegeneration und rechtsseitiger Pyelonephritis. Die Diagnose war auf
malignen, retroperitonealen Tumor gestellt worden; die linke Niere war nicht
vergrössert, die rechte nicht palpabeL
Durch cystoskopische Untersuchung wurde nachgewiesen, dass beide
Ureteren Urin lieferten; der Harn enthielt massige Eiweissmengen und wenig
Leukocyten und hyaline Zylinder. Ausserdem waren Symptome von Darm-
stenose anwesend. Bei der Operation wurde die Geschwulst als eine ver-
grösserte Niere erkannt. Die Niere wurde exstirpiert mitsamt der stenosierten
Partie des Colon ascendens. Glatte Heilung. Nach der Operation rasche
Vergrösserung der linken Niere. In einem Falle von kongenitalem Defekt
der rechten Niere und linksseitiger Pyelonephritis wurde die linke Niere
nephrotomiert. Der Prozess wurde mit Wahrscheinlichkeit als eine Nieren-
tuberkulose aufgefasst.
Bei cystoskopischer Untersuchung stellte sich das Fehlen der rechten
Ureterpapille heraus und trichterförmiges Ofifenstehen der linken Ureter-
öffnung.
Letztgenannte DifFormität wurde als die Ursache der Pyelonephritis auf-
gefasst. Nach der Nephrotomie erfreut sich Patientin ausgezeichneten Wohl-
befindens, nur dass die Fistel fortwährend sezemieren bleibt. Bei einer
Patientin mit verkleinerter tuberkulösen rechten Niere wurde in einer ersten
Sitzung die Nephrektomie ausgeführt und nachher eine Hamblasenplastik
gemacht, mit dem Zweck, die sehr empfindliche, verkleinerte Blase zu ver-
grösssem. Nach dem Vorbilde von Rutkowski und Mikulicz wurde zur
Blasenplastik eine Dünndarmschlinge herbeigeholt. Die neue Blase kann
150 cc enthalten und entleert sich alle zwei Stunden. Das Verhalten ist
seitdem unverändert gut. Goedhuis (Dev enter).
Nachdem er die verschiedenen Nierenoperationen besprochen, teilt
Tansini (13) die Fälle von Nierenchirurgie aus seiner eigenen Praxis mit,
die folgende sind:
10 Nephropexien mit 8 geheilten und 2 nicht geheilten Fällen.
Nephrotomien wegen verschiedener Affektionen: 13 wegen durch Nieren-
steine hervorgerufener Pyonephrose, 5 wegen einfacher und blennorrhagischer,
1 wegen tuberkulöser Pyonephrose, 1 wegen Nierenechinococcus = im ganzen
20 Fälle mit 6 geheilten, 8 nicht geheilten, 6 in Tod ausgegangenen Fällen.
Bei der Nephrotomie hatte er indessen nur eine Mortalität von 30 ^/o, während
53*
836 Jahresbericht für Chirargie. ü. TeiL
andere Chirurgen eine höhere hatten (Traffier 447o, Giordano 41%
Israel 40o/o).
Nephrektomien wegen verschiedener Affektionen : 18 wegen Pyelonephritis
calcolosa suppurativa, 5 wegen einfacher und blennorr hagischer eiteriger
Pyelonephritis, 3 wegen tuberkulöser Pyelonephritis, 1 wegen Lithiasis, 3 wegen
Tumoren, 1 wegen Echinococcus = im ganzen 31 Fälle mit 28 geheiltai
und 3 Todesfallen (darunter 2 tardiven). Bei der Nephrektomie erhielt er
also Resultate, die noch von niemandem erreicht worden sind, denn er
hatte eine operative Mortalität von 3^''o, und unter Hinzurechnung der
tardiven Todesfälle von 9*^/6, während die Statistik von Traffier eise
Mortalität von 16 ^/o und die von Giordano eine solche von 20®/o angibt
R. Giani.
17. Ghirur§^e der Nebenniere.
1. Bauer, NebennierentaberkuloBe. Biolog. Abt. des ftrztl. VereixiB Hamburg. 3. n.l9(&
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3. Franz, Nebennierentamor. Yer. d. Ärzte in Halle. 6. V. 1903. MflncL med. Woek»
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4. Linser, Ober die Beziehungen zwischen Nebennieren und KörperwachstonL Beikip
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5. Marchand, Atrophie der Nebennieren. Med. Ges. zu Leipzig. 20. L 1903. MöncL
med. Wochenachr. 1903. Nr. 8.
5a. — Verkaafce Nebennieren. Med. Ges. zu Leipzig. 7. IlL 1903. Mfinch. med. Woeh»
achrift 1903. Nr. 35.
6. Marchetti, Über eine Degenerationacyste der Nebenniere mitkompena. HTpertropfak
Virchows Archiv. 172. Bd. 3. Heft.
7. Oppenheim u. Löper, Syndrome snrrenal chronic ezpörimental. Arch. gintk. k
m6ä. 1903. Nr. 21.
8. Schmieden, Erfolge ezperim. Verlag, von Nebennierengewebe, ein Beitrag zur Lei»
von der Struma auprarenalea aberrat. Deutsche Zeitschrift fOr Chirurgie 1908. Bd. TU
Heft 5-6.
9. Sick, Eonrad, Flimmerepithelcysten in der NebennterenkapseL Virchows iid
Bd. 172. Heft 3.
9a. Sick, Über Lymphangiome. Virchows Archiv. Bd. 152. p. 445.
10. Simmonds, Über Nebennierenschrumpfung .bei morbus Addison. Virchows ArcL
Bd. 172. Heft 3.
11. Spillmann u. Hoche, ün cas de maladie d' Addison ä denouement rapide. Aid.
g^nör. de m^. 1903. Nr. 38.
12. *Srdinko, Beitrag zur vergL'i Anatomie und Embryologie der Nebennieren. Ciso|»
lökaru deskf ch Nr. 28. Deutsche med. Wochenschr. 1903. Nr. 32.
13. *Wolley, Ein primärer, karzinomatOser Tumor der Nebennieren mit sarkomatSsa
Metastasen. Virchows Arch. Bd. 172. Heft 2.
14. Wooliey, Adrenal tumors. Americ. joum. of the med. scienc. 1903. Jan.
Bauer (1) berichtet über einen akut tödlich verlaufenen Fall vonXebefi-
nierentuberkulose, die unter dem Bilde einer Meningitis, unter Fieber, Kopf-
schmerz, Tremor, unter Schmerzhaftigkeit und Steifheit des Nackens ohne
Bronzefarbung der Haut verlief. Tod unter dem Zeichen der Herzschwäche.
Crof tan (2) schlägt vor, die Eigenschaft des Nebennierensaftes, Gljko-
surie zu erzeugen. Stärke in Dextrose und Maltose zu verwandeln und durch
Jod gefärbte Stärkelösung zu entfärben, zu benutzen, um die Differentialdia-
gnose zwischen Nieren- und Nebennierentumoren zu machen.
Franz (3) demonstriert einen grossen Nebennierentumor, der eineai
48jährigen Fräulein entstammte. Ausser vorübergehender PulsbeschleunigoBj;
keine Störung des Heilverlaufes. Heilung.
Ziegler, Verletznogen und chirorg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 837
Linser (4) berichtet von einem grossen Adenom der linken Nebenniere,
welches in die Vena cava hineingewuchert war, bei einem 5 Jahre 7 Monate
Uten Knaben, welcher die Symptome des Riesenwuchses zeigte und das Aus-
gehen eines 15jährigen bot. Die Operation verlief tödlich. Beim Riesenwuchs
Koninien meist Geschwülste der Thyreoidea, Hypophysis, Thymus, Genital-
Drgane, Nebennieren vor, während der Zwergwuchs gewöhnlich von Hypo-
plasien dieser Organe begleitet zu sein scheint.
Marchand (5) berichtet über einen tödlich verlaufenen Fall von
Atrophie der Nebennieren bei einem 41jährigen Manne. Im Leben keine
Bronzeverfärbung der Haut, hauptsächlich Muskelschmerzen, Abmagerung und
allgemeine Schwäche, sowie gänzliche Appetitlosigkeit vorherrschend. Ein
zweiter Fall von Atrophie der Nebennieren bei einer 40jährigen Frau, der
unter dem typischen Bild der Addison sehen Bürankheit verlief, kam eben-
falls zur Sektion. In beiden Fällen betraf die Atrophie hauptsächlich die
Hinde.
Marc band (5 a) demonstriert die total verkästen, vergrösserten Neben-
nieren eines Falles von Morbus Addisonii bei einem Knaben von 14 Jahren.
Selten ist das jugendliche Alter des Patienten , bei dem sich kein weiterer
tubeiTKulöser Herd bei der Sektion im Körper fand. Im Leben war massige
Bronzefärbung der Haut, des Gesichtes und Halses vorhanden.
Marchetti (6) berichtet von einer bei einer Autopsie einer 60jährigen
Frau gefundenen grossen Degenerationscyste der rechten Nebenniere bei mäch-
tiger Hypertrophie der linken.
Oppenheim und Loeper (7) injizierten, um eine langsame Destruk-
tion der Nebennierensubstanz zu erzielen, in die Nebennieren der Meer-
schweinchen die toxischen StofFwechselprodukte des Tuberkelbacillus. Sie
verwandten einen ätherischen und einen Chloroformauszug, welch ersterer eine
verkäsende , letzterer eine sklerosierende Eigenschaft hat. Intraperitoneal
eingespritzt, waren sie ungiftig. Es entstand Yerkäsung und Sklerosierung,
die ersten Tage nach der Injektion verliefen symptomlos, gegen den 8. — 10.
Tag hin trat Gewichtsabnahme mit ausgesprochener Schwäche ein, später
Durchfalle und Temperaturemiedrigung. Zeichen von Pigmentation traten
nie auf. Tiere mit zerstörter Nebennierensubstanz scheinen gegen Gifte
(Phosphoröl) weniger resistent zu sein.
Schmieden (8) machte ausgedehnte Versuche über die Verpflanzung
von Nebennierengewebe in Nierengewebe an Kaninchen. Dabei zeigte sich
einseitige totale Exstirpation der Nebenniere absolut ohne Einfluss, während
doppelseitige tödlich verläuft. Nebennierengewebe lässt sich unter Entstehung
gewisser Rückbildungsvorgänge experimentell beim Kaninchen verpflanzen,
dabei resultiert ein Gewebe, das in auffallend ähnlicher Weise bei den Neben-
nierenstrumen wiederkehrt, diese Verlagerungsversuche lassen sich in gleicher
Weise durchführen bei Verlagerung in ein und demselben Tierkörper wie
auch von Tier zu Tier. Ein Jahr dürfte die Grenze der LebensfäUgkeit der
am günstigsten eingeheilten Keime sein.
Simmonds (10) veröffentlicht zwei Fälle von Nebennierenschrumpfung
mit Morbus Addisonii und fügt dem 24 Fälle aus der Literatur an.
Sick (9) erwähnt Flimmerepithelcysten an den äusseren Schichten der
Kapsel der rechten Nebenniere, von etwas Fettgewebe bedeckt.
Sick (9a) erwähnt ein Lymphangiom der rechten Nebenniere als zu-
fälligen Sektionsbefund bei einer 44jährigen Frau.
838 Jahresbericht für Chirargie. II. Teil.
Spillmann und Hoche (11) berichten von einer jungen Frau, die
mit den Anzeichen eines Morb. Addison, unter typhösen Erscheinungen 14 Tage
nach dem ersten Auftreten der Melanodermie zugrunde ging, dass bei der
Autopsie sich Verkäsung bei der Nebennierenkapseln und ausgedehnte, tuber-
kulöse Pelvioperitonitis fand, keine sonstige Tuberkulose. Die Anstecknug
ging von dem an ^^bazillärer^ Orchitis leidenden Manne aus.
Wolley (13) berichtet von einem primären Karzinom der NebeuniereE
mit sarkomatösen Metastasen in Lunge, Gehirn und Lymphdrüsen bei einem
43 jährigen Mann, der unter den Erscheinungen einer Meningitis oder eines
Gehirntumors endete. Für solche Geschwülste mesodermalen Ursprunges
schlägt er den Namen ;, Mesotheliom'^ vor; sie sind selten und er hat nur
21 Fälle aus der Literatur gefunden.
Wolley (14) bespricht die Geschwülste in der Nebenniere. In der-
selben kommen vor Fibrome, die meist Fibroadenome sind, Lipome, die ge-
wöhnlich fettig entartete Adenome sind, Gliome, Neurome, meist Fibrome,
Häm- und Lymphangiome; die häufigsten sind Adenome, oft doppelseitig,
Angiome sind selten. Von den bösartigen Geschwülsten kommen Tor Eir-
zinome, von denen er 22 primäre zusammenstellt, sie metastasieren gerne in
der Leber und in den Lungen, Sarkome, Endo- und Peritheliome, letzten
sind sehr selten.
18« Chirurgie der Harnleiter.
1. Bauer, Über Cysten und DivertikelbUdong der ableitenden Hamwege. DisserLWf»
barg 1902.
2. Bertram, Über die Einpflanzung des verletzten Ureters in die Blase. DiBBertitiai
Halle 1902.
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4. Cavaillon, Besection d'ane fragment d'nretöre. Soc des scienc. mM. LjonmM
1908. Nr. 18.
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sehe Beitrftge 1902. Bd. 41. Heft 1. Deutsche Zeitscbr. fttr Ghir. Bd. 71. Heft 8-i
Deutsche med. Wochenschr. Nr. 81.
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Bd. 50. Heft 8. 10. Eongr. der deutschen Gesellscb. f&r GynäkoL 190S. Ret MödcIl
med. Wochenschr. 1908. Nr. 28.
9. Hermann, Zur Frage der Ureterunterbindung. Nonriog lekarskie 1903. Nr. 5.
10. V. Hibler, Vorfall eines cystisch erweiterten Ureters durch Harnblase und Uretkn is
die Vulva bei eioem 6 Wochen alten Mädchen. Wiener klin. Wochenschr. 1903. Nr. VI.
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Heft 8.
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Wochenschr. 1908, Nr. 1 u. 12.
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Harnleiters bei Operationen. Practischeski Wratsch 1903. Nr. 22—25. ^Bef. Zentralbl.
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23. Taddei, L'uretero-uretero anatomosi con uno speciale tubo di magnesio. Riforma
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26. Toung, The surgerj of the lower Ureter. AnnaLs of surgery 1903. May.
27. Z o nde k , Zur Anatomie der üreteren in ihrer Bedeutung f. die Nierenchirurgie. 82. Chir.-
Kongr. 1903. Berlin.
Bauer (1) bespricht die Cysten, insbesondere des Ureters und Diver-
tikel der ableitenden Harnwege und führt einen zwei mannsfaustgrossen
Divertikel der Harnblase mit 2 — 3 mm dicker Wandung bei einem 68 jährigen
Manne vor. Der Divertikel umfasste alle Schichten der Blase und stand mit
der Blase durch ein rundes, 1 cm im Durchmesser haltendes Loch in Ver-
bindung. Mit Ausnahme einer leichten Prostatitis bestand kein Hindernis
for die Harnentleerung.
Bertram (2) teilt drei erfolgreiche Einpflanzungen des bei Operationen
verletzten Ureters in die Blase mit.
Cavaillon (4) resezierte ein Stück vom Ureter, nachdem er früher
mit Erfolg eine Ureteroplastik gemacht hatte, und nähte das Nierenbecken
in die Wunde, in der HofiEnung, die Niere zur Atrophie zu bringen.
Cavaillon (4 a) berichtet über eine Ligatur und Resektion eines 5 cm
langen Stückes des Ureters wegen Nierentuberkulose, in der Hoffnung, die
Niere dadurch zur Atrophie zu bringen, damit das Sekret der kranken Niere
nicht in die Blase gelange und von da aus die andere, noch gesunde Niere
infiziere. (Exciusion du rein) Tierversuche über den Einfluss der Ligatur auf
die Nieren.
Cobn (5) berichtet, dass bei einem 20jährigen Fabrikarbeiter, der von
Jugend auf an zeitweiliger Harnverhaltung und Harndrang gelitten hatte, durch
Sectio alta partieU eine in der Blase sichtbare, angeborene Cyste am Blasen-
ende eines überzähligen Ureters glücklich entfernt wurde.
Ebersbach (6) berichtet von einem Stein im Ureter rechts, der durch
Inzision und darauf folgender Naht entfernt wurde und einem Divertikel im
unteren linken Ureter, der bei der Urinentleerung in der Blase sich vorstülpte
und zu sehen war, nachher verschwand.
E n d e r 1 e n und W a 1 b a u e r (7) gelangen auf Grund ausgedehnter Studien
und Versuche über die Einpflanzung der Üreteren in den Darm zu folgenden
Ergebnissen: 1. Das Einpflanzen der Harnleiter ohne ein Stück der anliegen-
den Blasenwand in den Darm ist am besten zu unterlassen (mit einem Stück
der benachbarten Blasenwand May dl = 22 Vo Mortalität, ohne = 55^0.
2. Hat man nur die Harnleiter zur Verfügung, so verdient die Ausschaltung
840 Jahresbericht fOr Ghinurgie. 11. Teil.
des Rektums nach Gersnnys Vorgang, den Vorzug. 3. Bei Gersnnjs
Operation ist mehr Aussicht , eine Niereninfektion zu vermeiden als bei d»
Maydlschen Methode. 4. Der von Subbotin angegebene Operationsmodiiä
dürfte wenig zu empfehlen sein. 5. Die Einpflanzung der Sbimleiter mit
Blasenham in eine partieU ausgeschaltete Darmschlinge bat absolut kerne
Vorzüge vor Maydls Verfahren. Vollkommen zu verwerfen ist die ImpUn-
tation in den Processus vermiformis. 6. Das Blasenepithel bleibt einerseita
erhalten, wandert aber anderseits nicht auf die Rektalmukosa, deren Epithel
yerdrängepd, weiter. 7. Die Rektalschleimhaut erleidet keine tief ergehenden
Veränderungen. 8. Die Nieren können auch bei längerem Bestehen einer
Hamleiterdarmanastomose völlig intakt bleiben.
Franz (8) empfiehlt den Ureter folgendermassen in die Blase ein-
zupflanzen, was er erfolgreich an Hunden erprobt hat: Er fixierte in eineia
Falle von Ureterfistel die Blase seitlich an die Beckenwand, schnitt ein Loch
in die Blase, fasste den Ureter mit einem Fadenzügel und armierte dessen
beide Enden mit Nadeln. Dann führte er diese am Lochrande bis unter die
Blasenschleimhaut durch, stach nach aussen und zog durch Knüpf ung der
Enden de^ Ureter bis unter die Mukosa in die Blasenwand. Darüber Raffung
der Blasenwand durch einzelne Fäden. Tod an Lungengangrän.
Franz (8a) hat bei fünf Fällen von Ureterverletzungen und eine Ureter-
fistel den Ureter in die Blase implantiert, welcher Methode er den \oTsag
gibt. Tierversuche.
Hermans (9) u. a. Experimenten gemäss, birgt der Vorschlag von
Guyon, bei Verletzungen und Resektionen des Ureters den renalen Abschnitt
desselben einfach zu unterbinden, die Gefahr einer Hydro- resp. Pyonephrose
und Atrophie der zugehörigen Niere, in sich. Es empfiehlt sich daher, in
Fällen, wo ein Zusammennähen der beiden Enden oder eine Uretercystotomie
nicht ausführbar und eine primäre Nephrektomie kontraindiziert erscheint,
den oberen Ureterabschnitt in die Hautwunde zu leiten, dort zu fixieren, abo
eine Ureter-Bauchdeckenfistel anzulegen und die Niere sekundär zu entfernt.
Urbanik (Krakau).
V. Hibler (10) berichtet von einem Vorfall eines cystisch erweiterten
Ureters durch Harnblase und Urethra in die Vulva bei einem 6 Wochöi
alten Mädchen ; der Ureter war atrophisch abgeschlossen, während ein zweiter
auf derselben Seite offen in die Blase mündete.
Hildebrand (11) berichtet über einen Riss des Ureters kurz vor seineoi
Blaseneintritt bei einem 44jährigen Manne durch Überfahren neben anderen
schweren Verletzungen.
Israel (13) stellt einen Mann vor, der kongenital nur eine in der
Mittellinie befindliche Niere besitzt. Diese Niere wurde hydronephrotisch und
im September 1900 in einem Hospital inzidiert. Es bildete sich eine Fistel
und seit 8 Monaten floss säinmtlicher Urin durch diese Fistel ab mit des
belästigenden Folgen. Da der undurchgängige Ureter nicht durchgängig za
machen war, so ersann Israel einen künstlichen Ureter, indem er den Hohl-
raum des Nierenbeckens mit dem der Blase durch ein Röhrensystem mit den
den Abfluss des Harnes regulierenden Ventilen in Verbindung setzte. Seit
6 Monaten ist keine Störung in der Funktionierung des Apparates eingetreten,
der Patient ist stets trocken durch den Ventilverschluss , arbeitsfähig, der
Harn klar.
Eatz (14) berichtet von der Sektion eines 11jährigen Ejmben, bei dem
Ziegler, Yerletznngen und ohirarg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 841
er wegen Ekstrophie der Blase nach May dl die Ureteren in den Darm ein-
gepflanzt hatte. Tod durch doppelseitige Pyelonephritis. Die Sektion wies
aocbi andere Biidnngsfehler auf.
Legueres (15) berichtet von einer Hamleiterdurchtrennung bei einer
gynäkologischen Operation wnd zugleich Eröffnung der Blase, er pflanzte das
zentrale Hamleiterende in die Blase ein und schloss letztere. Heilung.
Muzio (16) berichtet über einen Fall von primären multiplen Papillomen
des Harnleiters, in welchen alle klinischen Erscheinungen auf eine Hydro-
nephrose hindeuteten. Er nahm die subkapsuläre Nephrektomie vor, weil die
Niere in einem enormen Sack verwandelt war, der eine zum grössten Teile
schon purulente Flüssigkeit enthielt. Patient starb 2V2 Tage nach der Ope-
ration. — Bei der Autopsie wies der linke Harnleiter in seiner unteren Hälfte
eine grosse Menge kleiner, dicht aneinander gelagerter Zotten auf. — Verf.
beschreibt den hist.ologischen Befund, sowohl hinsichtlich der villösen Pro-
duktionen im Harnleiter als hinsichtlich der Hydronephrose und prüft dann
den klinischen Fall vom pathologisch-anatomischen Gesichtspunkte, dabei die
einschlägige Literatur berücksichtigend. Er spricht sich dahin aus, dass die
Papillome durchaus keine entzündlichen Produktionen seien, sondern echte
Neoplasien, die die ausgesprochene Neigung haben, in maligne neoplastische
Formen zu degenerieren. R. Giani.
Nicolaysen (17) beschreibt folgende vier Fälle: 1. Striktur des Ureters bei seinem
Eintritt in die Blase nach einer vorher ansgefOhrten üreierimplantation. Heftige inter-
mitterende Schmerzanfftlle. Nach vergebliehen Yersachen die Striktur zu dUatieren, Nephrek-
tomie. Die Niere nm die Hftlfte ihres Yolamens verringert, das Becken unbedeutend
erweitert.
2. Betentionspyelonephrit. mit miliaren Nierenabszessen (Bac coli) und sekundärer
Steinbildnng im Becken. Eine inflammatorische Striktur auf der Grenze zwischen dem
Nierenbecken, welches massig dilatiert war und dem Ureter, dessen Lumen vollständig
geschlossen war. Nephrotomie, Dilatation der Striktur während vier Wochen. Genesung.
3. Rechtsseitige Hydronephrose mit intermittierender Entwickelung und sekundärer
Nephritis in der zweiten Niere durch Nephrotoxine hervorgerufen. Der Ureter in seinem
obersten Teil vollständig geschlossen. Uretero-pyelo-neostomie (Küster).
4. Intermittierende Hydronephrose; ringförmige Striktur zwischen dem Nierenbecken
und dem Ureter. Uretero-pyelo-plastik. Genesung.
iJicolaysen widmet der Frage von der Hamretension in der Niere
auf diese Fälle gestützt ein eingehendes Studium, wobei er besonders die
Pathogenese und konservative Behandlung dieser Krankheit ins Auge fasst.
Hj. von Bonsdorff.
Onufrowitsch (18) berichtet von einem Fall eines bei einer Operation
zufallig durchtrennten Harnleiters, dessen zentrales Ende er in die Bauch-
wunde einheilte. Nach anfänglichem Erbrechen und Eiterung im Operations-
gebiet in der Bauchhöhle und vorübergehender Rückenmarkserkrankung Hei-
lung. Wegen Herzverfettung Nierenexstirpation unterlassen.
Robinson (19) gibt die Abbildungen von Paraffinabgüssen von 10 Ure-
teren, an denen deutlich die Erweiterungen, die verengten Stellen und die
spiralförmige Drehung von rechts nach links zu sehen sind.
Rydygier jun. (20) schlägt vor, zum Ersatz von Ureterdefekten in
geeigneten Fällen (rechterseits), den am Mesenteriolum gestielten, resezierten
Wurmfortsatz zu verwenden. Urbanik (Krakau).
Steyrer (21) berichtet über einen Fall, bei dem während der Eatheteri-
sierung der Ureteren auf die Einführung des Katheters in die eine Seite plötz-
842 Jahresbericht fOr Chirnrgie. 11. TeiL
lieh ans dem anderen Ureter reichliche Entleerang sehr dünnen Urins Tornber-
gehend anftrat.
Stöckel (22) empfiehlt nach Besprechung der yerschiedenen Methoden
der Ureterimplantation den intraperitonealen Weg als den besten.
Taddei (23) hat aus Magnesium eine 1 cm lange, 1 — 3 nun weite, dmm-
wandige zylindrische Bohre mit klarinettenschnabelartig abgestumpften Enden
herstellen lassen. Dieselbe hat vier Löcher , je zwei vertikal zueinander ge-
richtete auf jeder Seite, durch welche man einen doppelten KatgutfadeoNr.O
hindurchziehen kann. Durch Kochen in Xylol wird sie sterilisiert. — Mit
vier die vier Fadenenden tragenden und in die Löcher eingeführten Nadeb
durchsticht er den Harnleiter, in der Entfernung von 2—4 mm von der
Schnittfläche, von innen nach aussen, entfädelt sie und zieht dann unter Bei-
hilfe des Assistenten die vier Fadenenden gleichzeitig an ; so erzielt er zaerst
die Einführung der Magnesiumröhre und darauf die Livagination des reiulea
Hamleiterstumpfes in den vesikalen. — Bei den an Meerschweinchen vor-
genommenen Experimenten hat sich diese Röhre bewährt. Li einer weiteren
Arbeit gedenkt Verf. über die definitiven Resultate zu berichten und aos
denselben die allgemeinen Schlüsse zu ziehen. R. GianL
Wels (24) behandelt unter Anführung eines eigenen Falles, eines 2 Vt Mo-
nate alten Kindes, bei dem der rechte Ureter an der Mündung in dieBlisi
obliteriert war und beide Ureteren erweitert waren , und 28 Falle ans der
Literatur die Atresie der Ureteren, die eingeteilt wird in angeborene, die ge
wöhnUch bei Kindern in frühem Lebensalter vorkommt und erworbene, &t
in jedem Lebensalter vorkommt und mit Hydronephrose, unregelmässiger Hanh
entleenmg beziehungsweise Anurie, urämischen Erscheinungen und Hyper-
trophie des linken Ventrikels, sogenannter renaler Herzhypertrophie einher]^
Young (26) gibt eine Beschreibung des Verlaufs der Ureteren im Beckoi
und die hier vorkommenden pathologischen Zustände des Harnleiters. Im
Anhang zu dieser Arbeit finden sich sieben ausführliche Krankengeschidit^
sechsmal Uretersteine und einmal einen Blasentumor betreffend. Die im Becken-
teil des Ureters liegenden Steine wurden auf cystoskopischem Wege, mit
Ureterkatheter und durch X-Strahlen-Photographie diagnostiziert. Die EDt-
fernung wurde extraperitoneal von einem Inguinalschnitt aus bewirkt. Die
Steine liessen sich gut von ihrer tiefen Lage nach oben schieben. Die in
allen Fällen gleichzeitig bestehenden Ureterstrikturen wurden teils vom Ureter-
schnitt aus mit Sonden erweitert oder wenn im Bereich der Blase und nicht
erweiterungsfähig nach seitlicher Eröffnung dieser letzteren vom Blaseninmes
aus inzidiert. Die Heilung war in allen Fällen eine vollständige. Die Ureter-
nähte wxurden immer vor Lizision in den durch den Stein gespannten Teil
des Harnleiters angelegt.
Wieck (25) berichtet von einer erfolgreichen Implantation der Ureteren
in die Flexur wegen angeborener Blasenspalte bei einem 2 Va jährigen Einit
Zondeck (27) zeigt an Präparaten die Anomalien des Ureters und
Nierenbeckens in Beziehung zu event« Eingriffen.
19. Adrenalin.
(Soweit 68 Beziehang zur Chirurgie hat)
1. ^Belawenz, Über die Wirkung des Adrenalins auf den tierischen OigaoisB"^
Busski Wratsch 1903. Nr. 7.
Ziegler, Yerletzangen und chirurg. Krankheiten der Nieren und Harnleiter. 843
2. Srann, Zur Anwendung des Adrenalins bei anftsthesierenden Gewebsinjektionen.
Zentralbl. für Ghir. 1903. Nr. 38.
2a. — Die Bedeutung des Adrenalins für die Chirurgie. Dentsehe med. Wochenschr. 1903.
Nr. 13.
8. Bnkofzer, Die Reaktion der Rachen- und Eehlkopfschleimhaut auf Nebenniereneztrakt.
Deutsche med. Wochenschr. 1903. Nr. 4.
4. Mac Callan, Adrenalin und Drucksteigerung, liünch. med. Wochenbl. 1903. Nr. 4.
Ensl. ophthalm. Ges. 6. Y. 1903.
5. Cartellier, Contribution k T^tude de Tadrenaüne. Dissert. Lyon 1903.
O. Gastaneda, Del empleo del clor hidra tode adrenaline en el tnbage laringes. Revista
de med. y cir. pract. de Madrid 1903. Nr. 794. Ref. Zentralblatt für Chirurgie 1904.
Nr. 4.
7. Dollard, L'adrenaline et ses applioations therap. Dissert. Toulouse 1902.
8. Gidney, Adrenalin in general surgery. Indiana med. gaz. 1903. Oct. Ref. Zentralbl.
für Chirurgie 1904. Nr. 7.
9. Grfiser, Adrenalin gegen Darmblutung bei Typhus. Münch. med. Wochenschr. 1903.
Nr. 30.
10. Joteyko, Inflnence de Tadrenaline et de quelques autres produits glandulaires sur la
contraction musculaire. Jörn. m4d. de Bruzelles Nr. 27—29.
11. Kirch, Über Adrenalin und seine Anwendung bei schweren Blutungen. Deutsche
med. Wochenschr. 1903. Nr. 48.
12. Klapp, Experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Wirkung der Nebennierenprftparate.
Deutsche Zeitsch. für Chir. 1903. Bd. 71. Heft 3—4.
18. Lange, Über die Anwendung des Adrenalin als Hftmostatikum in Fällen verzweifelter
Blutung. Munch. med. Wochenschr. 1903. Nr. 2.
14. Moresco, L'opoterapia soprarenale nel trattamento dell* atonia clinicale. Gazzetta
degli osp. e delle diu. 1903. Nr. 98. Deutsche med. Wochenschr. 1903. Nr. 36.
15. Mausset, Les principes actifs des oapsules surrönales. Dissert. Paris 1903.
16. Neugebauer, Eine Grefahr des Adrenalis. Zentralblatt für Chirurgie 1903. Nr. 51.
17. Pinelli, Laurent, L'adrenaline et ses applications en chir. Diss. Montpellier 1903.
18. K^gerat, Charles, De Femploi de Fadrenaline en Chirurgie urinaire. Dissert.
Paris 1903.
19. Rosenberg, Urticaria nach endonasaler Anwendung von Nebennierenextrakt. Berl.
klin. Wochenschr. 1903. Nr. 41.
20. Simanowitsch, Über die Adrenalinwirkung. Russki Wratsoh Nr. 27. Ref. Deutsehe
med. Wochenschr. 1903. Nr. 38.
Braun (2) berichtet über die Bedeutung des Adrenalins in der Chirurgie.
Von Takamine 1901 rein dargestellt bringt es die glatte Muskulatur, auch
des Herzens zur Kontraktion aaf die Dauer von Stunden, vielleicht ist es zu
benutzen bei Narkosetodesfällen. Auf die Gefässe wirkt es adstringierend
und blutstillend, sogar bei Hämophilie ist es zu gebrauchen. Es wirkt auf
die Schleimhaut abschwellend und daher in der Urologie zu gebrauchen bei
Strikturen u. s. w. Durch die verlangsamte Resorption infolge der Gefäss-
verengerung ist z. B. Kokain in grösserer Menge benutzbar.
Bukofzer (3) erzielte durch Bepinseln der Nasenschleimhaut mit
Adrenalinlösung Erweiterung des Nasenlumens verminderte Blutung und leich-
teren Sekretabfluss.
Mac Call an (4) hat bei Adrenalinanwendung in Glaukomfällen er-
hebliche Steigerung des intraokulären Druckes beobachtet, in einigen Fällen
auch Netzhautblutungen.
Cartellier Charles (5) empfiehlt das Adrenalin wegen seiner blut-
stillenden, dekongestionierenden, in Verbindung mit Kokain die Anästhesie
befördernden Wirkung.
Gastafieda (6) empfiehlt das Adrenalin in Verbindung mit Kokain
bei allen akuten Prozessen des Kehlkopfes mit Ausnahme der rein diphtheri-
844 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
sehen, nur einige Tropfen der Lösung werden mit einer Eehlkopfspritze ein-
geführt.
Dollard (7) bespricht die Eigenschaften des Adrenalins als Stimulans
für das Herz, zur Erzeugung von Ischämie in den Geweben und seine An-
wendung in der Ophthalmologie und in der Oto-Rhino-Laryngologie. Am
Schlüsse gibt er eine grosse, grösstenteils französische Literaturübersicht.
Nach Gidney (8) bewährte sich Adrenalin in Lösung von 1,0:1000,0
zur Blutstillung, so bei Verletzung eines grösseren Astes der A. menig. med.;
bei starken Hämorrhoidal-, Nasen-, und Zahnblutungen, bei Thiersch sehen
Transplantationen, bei Operationen an den Augenlidern und Bindehaut; bei
Entzündungen der letzteren wirkt Adrenalin 1,0 und 2,0 : 5000,0 stark anti-
phlogistisch.
Gräser (9) berichtet von der günstigen Wirkung des Adrenalins bei
Darmblutung bei Typhus (30 Tropfen Sstdl. 10 : 1000,0.
Joteyko (10) bespricht in einer ausgedehnten physiologischen Arbät
die Wirkung des Adrenalins und andere Drüsenkörper auf die Muskeb,
wobei er die anämisierende Wirkung des Adrenalins auf die Kontraktion der
Gefassmnskeln zurückführt; aber auch der Herzmuskel und der quergestreifte
Extremitätenmuskel arbeitet durch das Adrenalin viel energischer.
Kirch (11) berichtet über günstigen Erfolg der Anwendung einer
VioVo salzsauren Adrenalinlösung bei schwerem Nasenbluten, bei Blasen- und
Lungenblutung.
Klapp (12) bespricht die Wirkung der Nebennierenpräparate, denen
er neben der anämisierenden auch eine resorptionshenmiende zuerteilt, wie
Verf. an Hunden nachweisen konnte, denen er Milchzucker und gleichzeitig
Adrenalin einspritzte, wodurch eine Verlangsamung der Zuckerausscheidung
bewirkt wurde.
Lange (13) hat von der Anwendung der solut. Adren. hydrochlor. in
mehreren Fällen schwerer Blutung raschen Erfolg gesehen; ebenso bei äusseren
Blutungen, wo mit Gaze austamponiert wurde, die mit der Lösung befeuchtet
wurde, selbst bei einem Bluten.
Nach Morecso (14) entfaltet das Adrenalin bei Blasenatonie über-
raschend gute Erfolge.
Mousset (15) bespricht an Fällen die erfolgreiche Verwendung des
Adrenalins in der Oto-Rhino-Laryngologie , in der Ophthalmologie, bei ien
Zähnen, an den Hamwegen, bei anderen Blutungen, in der Phototherapie ; die
Toxizität des Adrenalins, dessen Natur noch nicht genügend bekannt ist,
wechselt, kann um 1 — 4 fache schwanken, die auf die Injektion folgende Ge-
fässzusanmienziehung ist von kurzer Dauer und ist gefolgt von einer Gefass^
erweiterung. Literaturverzeichnis.
N enge bau er (16) betont die Gefahr der Gangränbildung der Haut
bei Anwendung des Adrenalin bei Erzeugung lokaler Anästhesie.
Pinelli Laurent (17) empfiehlt das salzsaure A.drenalin für alle Arten
von Blutungen bei den verschiedensten Affektionen.
R^gerat (18) berichtet über die Anwendung des salzsauren Adrenalins
in 1^00 iger Lösung in der Chirurgie der Hamwege. Man kann es per os
xmd als subkutane Injektion geben. Es dient, um die Blutung, Kongestion
und den Krampf zu heben. In der Urethra dient es zur Beseitigung von
Verengerungen, zur Exstirpation von Urethraltumoren, an der Prostata er-
leichtert es den Katheterismus und lindert die Blutungen, in der Blase erlaubt
Ziegler, Verletznngen und chimrg. Erankbeiten der Nieren und Harnleiter. 845
es die Kystoskopie imd vermindert die Blutung, die auf verschiedene Ein-
griffe erfolgt, an der Niere stillt es bei einem Einschnitt die Blutung im
Gewebe.
Rosenberg (19) berichtet, dass auf Einführung eines mit wenigen
Tropfen von Nebenmerenextrakt getränkten Wattetampons in die Nase ein
juckender Quaddelausschlag am Körper auftrat.
20. Nierensyphilis.
1. Halbron, Gomme du rein. Bull, et möm. de la soc. anat. de Paris 1903. Nr. 8.
2. Kaisaku.Eoknbo, Über kongenitale Syphilis der Nebennieren. Zentralblatt f&r
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3. Maixner, Nieren und Syphilis. Öasapis l^karu Öesk/ch. Nr. 44. Ref. Deutsche med.
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4. Mantoux, Nephrite chez un syphilitique. Bull, et möm. de la soc. anat. de Paris 1908.
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9. TeVrien, Alfred, Gontribution ä Ntude de la Syphilis renale et au particulier du
syphilo-brightism. Dissert Paris 1903.
10. Tommasoli, Nephrectomia in un caso di lesione rara can sintomatologia strana e
rara. II Policlinico 1903. Sez. prat. Fase. 41.
Halbron (1) berichtet, dass er bei der Sektion eines Tabikers neben
mehreren kleinen ein mandarinengrosses , höckeriges Gumma, auf dem
Durchschnitt eine weiche, weisse, käsige Masse in der rechten Niere ge-
funden habe.
Kaisaku Kokubo (2) berichtet über zwei Fälle diffuser inter-
stitieller Entzündung sypilitischen Charakters.
Maixner (3) berichtet von schwerer, hämorrhagischer Nephritis im
tertiären Stadium der Syphilis.
Mantoux (4) berichtet von einer 24jährigen Frau, die, von frischer
Syphilis befallen, während der Schwangerschaft eine parenchymatöse und
interstitielle Nephritis mit hohem Eiweissgehalt akquirierte, von Urämie
befallen längere Zeit nach der Geburt eines lebenden Kindes, weicheis aber
bald starb, starb sie unter eklamptischen Erscheinungen.
Margulijes (5) berichtet von einer 26 Jahre alten Frau, die ohne
Bluthamen mit Bildung einer höckerigen Geschwulst in der Bauchhöhle mit
Fieber und wenig Eiweiss im Urin erkrankte, wo in der Annahme einer,
malignen Geschwulst der Niere eine Freilegung der Geschwulst mit Lenden-
schnitt vorgenommen wurde, starke Sklerosierung der Niereu- und Neben-
nierenkapsel, ein wenig eiterähnliche Masse nach Einschnitt in die Kapsel,
mikroskopisch Nierensyphilis bestätigt. Durch kräftige Innunktionskur in
Verbindung mit Jodkali wurde völlige Heilung erzielt.
Mühlig (6) berichtet von einer akuten Nephritis, 14 Tage nach dem
Primäraffekt und 6 Wochen vor den ersten Sekundärerscheinungen, die schnell
ausheilte nach Einleitung einer spezifischen Kur.
Pop off (7) bespricht die Spätnierenentzündungen auf syphilitischer
Basis, die sich noch sehr spät nach syphilitischer Infektion entwickeln
846 Jahresbericht fQr Ghiniigie. IL TeiL
können, sehr verschiedene Erscheinungen machen, ein oder doppelseitig, sehr
häufig mit Erkrankung anderer Organe verbunden, aber sehr zugänglich für
die Behandlung sind.
Nach Schlechtendahl (8) kann die Syphilis in einzelnen Fällen hei
ganz gesunden Nieren eine akute Nephritis hervorrufen; meist bleibt es bei
einer leichten Schädigung des Nierenepithels. Nur diese geschädigten ZeUen
werden bei der Quecksilberbehandlung zerstört und zur Ausscheidung ge-
bracht, während im übrigen Hg als spezifisches Heilmittel auch hier zu
gelten hat.
Terrien (9) rät angesichts von 24 Fällen bei einer akuten Nephritis an
Syphilis zu denken und bei einem frischen Syphilitiker vor Verkältungen za
warnen, Milchkost anzuraten und zeitweilig den Urin zu untersuchen.
Tommasoli (10) berichtet über einen Fall, in welchem, bei einer 37-
jährigen Frau, die seit drei Jahren an intermittierender Nierenkolik (der
rechten Niere) litt, die man auf eine Steinkrankheit zurückführte, die Neph-
rektomie vorgenommen wurde. Zwei Jahre vorher war Patientin, dieser
Anschauung zufolge, und ohne Erfolg einer Nephrotomie unterworfen wordoL
Im Harn bemerkte man nur einen Satz von Oxalatkristallen. — Die Nephrek-
tomie führte zur Heilung, die seit fünf Jahren anhält. Die Niere erschien
von geringerem Volumen als normalerweise, auf dem Schnitt, besonders im
Zentrum, konsistent; die mikroskopische Untersuchung wurde nicht vorge-
nommen.
Verf. erörtert die Ätiologie und die Natur der Krankheit. Die Neph-
ralgie, die Nierentuberkulose ausschliessend , meint er, dass es sich hier um
Nierensyphilis gehandelt habe. In solchen Fällen sei ein radikaler Eingriff
angebracht. R. GianL
21. Varia.
1. Broadbent, Über posturale Albuminurie. Brit xnecl. joum. Nr. 2244.
2. Gastaigne, Nierenschwäche. Soc. m^d. des bdp. 1903. Ddc Dentscke med.
Wochenschrift 1908. Nr- 6.
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6. M ellin, Beiträge zur Kenntnis der Bakteriurie bei Kindern. Finaka LäkaresäUskapet
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1903. p. 28. Zentralbl. fttr Chir. 1908. Nr. 24.
9. Pollatschek, Über Zylinderurie und Albuminurie bei Erysipel. ZentralbL ffir ümen
Medizin 1908. Nr. 20.
'10. Reese, Zur Symptomatologie der Nierenvenenthrombose. Archiv für klin. Med. 1903.
Bd. 78. Heft 5 u. 6.
11. Strauss, Zur Behandlung und Yerhfitung der Nieren Wassersucht. Die Therapie der
Gegenwart. Deutsche med. Wochenschrift 1903. Nr. 26.
12. V. 111 y 6s, G., Mit Ureterkatheterismus kombinierte radiographische Aufnahmen. Ghimig.
Sektion des Budapester kgL Ärzte-Vereins, Sitzung vom 12. HJ. 1903. Orvosi Hetil^
1903. Nr. 26.
Broadbent (1) schlägt für die geringe Eiweissausscheidung, die bei
neuropathischen Individuen nach Muskelanstrengung und bei bestimmter Be-
köstigung auftritt, den Ausdruck ^^posturale Albuminurie^ Tor. Es gibt keine
physiologische Albuminurie.
Ziegler, Verletzangen und chirorg. Krankheiten der Nieren and Harnleiter. 847
Castaigne (2) schlug den Namen ^jNierenscliwäche'' vor, wo die
Nieren allen Infektionen und Intoxikationen einen verminderten Widerstand
entgegensetzen und bei geringfügigen Veranlassungen Eiweiss mit dem Urin
hindnrchiiltrieren lassen. Bei 400 Chloroformierten konnte er bei 13 ^/o eine
vorübergehende Albuminurie feststellen. Wahrscheinlich spielt dabei die
Erblichkeit eine grosse Bolle. Sie verliert sich kaum im späteren Leben,
im Gegenteil kann sie zu dauernder Albuminurie oder zu echter Nephritis
übergehen.
Guthrie (4) bespricht im Anschluss an einen Fall von Nierenfettnekrose
Natur und Pathogenese derselben.
Löwenhardt (5) zeigt ein Präparat eines Nierensequesters, der auf
natürlichem Wege ausgestossen wurde. Die Patientin litt an Influenza, im
Urin wurden Pneumokokken gefimden, an .der Niere kein Tumor. Er hält
den Sequester für entstanden durch die Pneumokokken.
Meli in (6) hat in der Literatur nur 11 Fälle von Bakteriurie bei
Kindern, dagegen dieselbe 10 mal in einem Jahr gefunden. In 8 Fällen
konnte Bact. coli comm., 2 mal Staphylococcus albus in Reinkultur im Harn
nachgewiesen werden. Zur Behandlung wurde 3% ige Borsäurelösung oder
^!a — ^/2^/oige Lysollösung angewandt, daneben Vichywasser und Salol 0,25
3 — 4 mal täglich.
H. Merkel (7) berichtet von einem chronischen Magengeschwür, das
die linke Nierenvene arrodiert und bei dem 40 jährigen Fräulein eine tödliche
Blutung veranlasst hatte.
Nicolaysen (8) berichtet von akuter Hämatoporphinurie nach einer
Chloroformnarkose mit 40 g Verbrauch unter vier Tage währender Pulsfre-
quenz, mehrtägiger Cyanose und Zylindrurie. Nach einem Monat gesund.
Nach den Untersuchungen von PoUatschek (9) treten bei Erysipel
in 38 ^/o der Fälle Zeichen einer Nierenschädigung auf, die meist transitorischer
Natur ist.
Reese (10) belichtet von einem 19jährigen chlorotischen Mädchen, dass
nach doppelseitiger Thrombose der Saphena plötzlich eine Thrombose der
rechten Nierenvene eintrat mit plötzlichem Schmerz in der rechten Nieren-
gegend, Temperatursteigerung, Albuminurie ohne Zylinder, Verminderung der
Hammenge und Vergrösserung der Niere.
Strauss (11) bespricht das Zustandekommen und die Behandlung der
Nierenwassersucht.
Uly 6s (12) berichtet über drei Fälle, wo er den Ureterenkatheterismus
mit Radiographie kombiniert zu diagnostischen Zwecken benützte : das Röntgo-
gramm eines mit Bleimandrin montierten Ureterkatheters gibt positiven Aus-
schlag, ob ein strittiger Tumor der Bauchhöhle die Niere sei oder nicht.
In zwei seiner Fälle liess der diesbezügliche Befund die Diagnose eines
Nierentumors fallen; im dritten Falle ergab das betreffende Röntgogramm
nach Verschiebung des Tumors auf die linke Beckenschaufel einen dahin ver-
laufenden rechtsseitigen Ureter, d. i. eine Wandemiere.
848 JahreeUricht fOr Chinugie. IL Teil.
XVII.
Die Verletzungen und die chirurgischen Krankheiten
der Blase.
Referent: G. Sultan, Rixdorf-Berlin.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
L Anatomie und Physiologie der Blase.
1. Friedmann, Zar Kenntnis der zerebralen BlasenstOrongen nnd namentlich des Bindei-
zentroms für die Innervation der Harnblase. Münchener mediz. Wochensehrift. 1903.
Nr. 87.
2. Hirt, Kasuistischer and kritischer Beitrag zur Lehre von der Fanktion der Blase \ai
des Mastdarms. Münchener mediz. Wochenschrift. 1903. Nr. 87.
8. Wassilief f, De Finfluence de la rteection du canal d^f^rent sur le tonus du sphiocUr
T^cal. Annales des maladies des organes g^nito-urinaires. 1098. Nr. 5.
Einen sehr interessanten Fall, der unsere Kenntnis der zerebralen Blasen-
stöningen, namentlich im Bereich der Hirnrinde, wesentlich zu fördern p-
eignet ist, teilt Friedmann (1) mit. Ein gesunder 7 jähriger Knabe w^
von einem Ziegelstein auf die linke Kopfseite getroffen, wodurch der SchideL
links in der Mitte, zwischen Scheitel und sagittaler Mittellinie eingedröckt
und gesplittert wird. Die Wunde heilt glatt. Unmittelbar nach der Ver-
letzung stellt sich ein tonischer Krampf in der rechten Hand ein und eisige
Zeit danach noch eine gewisse Schwierigkeit beim Schreiben. Als hauptsädi-
liches Herdsymptom aber besteht von dem Unfall an eine Erschwerung des
Harnlassens, die nach neun Wochen in eine fast völlige Incontinentia uriiitt |
übergeht. Diese dauert über ein Jahr an und verschwindet im Laufe des
zweiten Jahres. Auf Grund dieser Beobachtung verlegt Briedmann dss
Blasenzentrum der Hirnrinde an die Grenze des oberen Drittels der hinterei
Zentralwindung, direkt anstossend an das obere Scheitelläppchen.
Ausgehend von der Erkenntnis, dass in gewissen Fällen von Prostati-
hypertrophie mit Hamretention die Resektion der Yasa deferentia einen Eis-
fluss auf die Harnentleerung ausübt, suchte Wassilieff (3) durch das Ex-
periment festzustellen , ob der Tonus des Muse, sphincter vesicae durch die
Resektion des Vas deferens beeinflusst wird. Die Versuche wurden an Hunden
in folgender Art angestellt: In Morphium-Narkose wurde das Abdomen io
der Mittellinie eröffnet, dann wurde von einem inzidierten Ureter aas die
Blase mit Flüssigkeit von Körpertemperatur angefüllt; am Scheitel der Blase
wurde behufs manometrischer Messung eine Punktion gemacht, und nun wnide
die Blase mit den Fingern komprimiert, bis die ersten Flüssigkeitstxopfen
aus der Urethra traten. Der hierzu notwendige Druck wurde gemessen, und
das gleiche Experiment nach Durchtrennimg des Vas deferens wiederholt
In einer zweiten Versuchsreihe wurde die AnfüUung der Blase nicht von einem
Ureter aus, sondern durch Punktion der seitlichen Blasenwand gemacht oder.
Salt an, Verletzangeii und chirargische Krankheiten der Blase. 849
falls genügend Harn in der Blase vorhanden war, nur das Manometer
eingeführt. Unter 17 so angestellten Versuchen war 12 mal ein deutlicher
Einfluss auf den Tonus des Muse, sphincter vesicae erkennbar, indem nach
der Vasektomie ein wesentlich geringerer Druck zur Überwindung des Sphink-
ters genügte. Hierauf glaubt daher Wassilieff die Besserungen bei Prosta-
tikern, denen die Vasektomie gemacht worden ist, beziehen zu können.
An der Hand eines genau beobachteten klinischen Falles erläutert Hirt (2)
die Richtigkeit der Müll ersehen Auffassung, dass die Entleerung des Urins
und Stuhles und die Ergiessung des Samens in die Harnröhre nicht im Rücken-
mark zur Auslösung gelangen, dass man hierbei vielmehr an sympathische
Einflüsse zu denken habe.
U. Allgemeines fiber Blasenchirurgie.
4. AlbarranetCottet, Le r6le des microbes ana^robies dans Tinfection urinaire. La
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12. — Des perfectionnements r^cents apport^s au diyiseur v^sical gradnö. Annales des
maladies des organes g^nito-urinaires 1903. Nr. 2.
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Jahresberieht fQr Chirurgie 1903. 54
850 Jahreabericht fOr Chirurgie. IL Teil.
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Um über die Häufigkeit und die Art der Mitbeteiligung der Blase bei
allen möglichen Krankheiten eine Übersiebt zu bekommen, haben Green e
und Brooks (30) bei 500 Autopsien die Blase einer eingehenden Unter-
suchung unterworfen. Unter diesen 500 Fällen fanden sie 107 mal deutliche
Blasenverändenmgen. Am häufigsten waren es starke Dilatationen der Blase,
und zwar 64 mal so stark, dass die Blase über ein Liter Inhalt fasste; es
handelte sich um Besinnungslose infolge von Alkoholismus, Nephritis, sep-
tischer Meningitis, allgemeiner Sepsis etc. Die Schlussfolgerungen der Verff.
sind: 1. Die häufigsten Ursachen der Blasenmitbeteiligung sind Erkrankungen
des Zentral-Nervensystems, septische Prozesse verschiedener Art und Prostata-
hypertrophie. 2. In allen Fällen, in denen Rückenmark oder Zentralnerven-
system erkrankt sind, soll die Blase häufig und frühzeitig durch Katheteris-
mua entleert werden, um Überdehnungen und eventuell Blasenrupturen zu
verhüten. 3. Der Zustand der Blase muss in hohem Grade die Prognose bei
operativem Vorgehen beeinflussen, wenn Hindernisse der Harnentleerung be-
seitigt werden sollen. Cystoskopie und die anderen Untersuchungsmethoden
sind daher von grösster Wichtigkeit. 4. Die Hypertrophie der Blasenwand
kann durch vier verschiedene Prozesse, einzeln oder kombiniert, bedingt sein:
durch entzündliche Infiltration, durch Bindegewebszunahme, durch Muskel-
hypertrophie oder durch Geschwulstbildung.
Goebel (29) hat im Diakonissenhospital in Alexandrien reichlich Ge-
legenheit gehabt, die Bilharziakrankheit mit den durch sie hervorgerufenen
Blasentumoren und Cystitis zu beobachten, und teilt seine Erfahrungen über
die chirurgische Behandlung der Krankheit mit. Die früher vielfach, und
auch von ihm selbst anfangs ausgeführte Sectio mediana hat Goebel ¥rieder
verlassen und formuliert jetzt folgende Schlüsse : 1 . Bei schweren Formen der
Bilharziacystitis ist die Sectio alta und Auskratzung der Blase ein palliatives
Heilmittel, das die Kranken von ihren quälenden Symptomen befreit und
wieder arbeitsfähig macht. 2. Bei den Bilharziatumoren ist die Sectio alta
stets indiziert, da sie die Kranken ohne weiteres von ihren hochgradigen
Beschwerden befreit und der Schaden einer bleibenden Fistel gegenüber den
Qualen des Kranken gering anzuschlagen ist.
Der wichtigste Teil des von Dobrotworski (19) angegebenen Harn-
rezipienten ist ein am Rande einer flachen Aluminiumschale befestigter, dünn-
wandiger Gummireifen, der bis zu jedem beliebigen Elastizitätsgrade aufge-
blasen werden kann. Die Schale wird an der Bauchwand durch elastischen
Druck festgehalten, der einmal durch den pneumatischen Reifen, dann durch
einen elastischen Leibgürtel hervorgerufen wird. Zwei um die Oberschenkel
54*
852 Jahresbericht für Chirurgie. II. TeiL
geschlungene Träger verhindern den Apparat, sich nach oben zu yerscluebeiL
Von der Schale aus, die als Reservoir dient, führt ein Abflussrohr in den am
Oberschenkel befestigten Gummirezipienten.
Die experimentellen Untersuchungen, welche Marcus (45) an Eanindieo
und Hunden über das Rückströmen von Harnblaseninhalt anstellte, führten
zu folgenden Ergebnissen:
1. Ein Aufsteigen von Blaseninhalt ins Nierenbecken konnte häufig fest-
gestellt werden; dies geschah entweder durch antiperistaltische üreterbeire-
gungen oder durch Blasenkontraktion bei überdehntem und gelähmtem Ureter.
2. Wurde im Nierenbecken kein Trauma gesetzt, so verteilte sich der
Farbstoff bloss in den Buchten und stieg gelegentlich in den Sammelröhren
an der Papillenspitze auf, war aber sonst nirgends in der Nierensnbstanz
anzutreffen.
3. Jene Versuche, in denen ein Eintritt von Farbstoff in die Voten
beobachtet wurde, sowie die Luftembolieversuche verliefen in genau derselbei
Weise, wie sie Lewin beschrieben hat. Es zeigte sich jedoch bei der mikith
skopischen Untersuchung, dass in allen diesen Versuchen ein Trauma des
Nierenbeckens stattgefunden hatte.
4. Auffällig war der geringe Druck (selbst bei grossen HundemereDi,
durch den bereits derartige Traumen der Niere zustande kamen.
5. Auch in diesen Versuchen konnten korpuskulare Elemente in ait-
femten Organen und dem Herzblute nachgewiesen werden, doch verliert dieser
Befund, wie sich aus dem vorhergehenden ergibt, jede Bedeutung.
6. Ein Eindringen korpuskularer Elemente durch die Sammelkanalcheii
in die gewundenen Kanälchen oder gar in die Bowm ansehen Kapseln wurde
niemals beobachtet und ist auch nach den vorhandenen Literaturangaben
völlig unwahrscheinlich.
7. Die Versuche mit Bakterien lieferten genau dieselben Resultate lie
die mit Farbstoffaufschwemmungen angestellten Experimente.
8. Die Schnelligkeit einer postmortalen Einwanderung von beweglichen
Bakterien aus dem Nierenbecken in die Nierensubstanz scheint bis zu einem
gewissen Grade von der verwendeten Bakterienart abzuhängen und erfolgt
auf dem Lymph- oder Blutwege, nicht durch die Hamkanälchen.
Beclere (6) hat in mehreren Fällen wohlgelungene stereoskopisck
Röntgenaufnahmen von Nierensteinen machen können und bringt eine gute
Reproduktion des einen Bildes.
H e u s n e r (34) empfiehlt, lackierte seidene Katheter in ParafGnöl ^/i Stnnle
lang zu kochen. Sie sind dann, wie bakteriologische Untersuchungen ergeben
haben, sicher steril und erleiden keinen Schaden. Überdies können sie direkt
verwendet werden, ohne dass man sie in Wasser auswaschen muss, wie es bei
Verwendung von Salzlösungen notwendig ist.
Gathelin (13) hat am Hunde mit gutem Erfolge den durchschnittenen
Ureter auf folgende Weise in die Blase implantiert: Nachdem der Ureter
oberhalb der Durchschneidungsstelle provisorisch abgeklemmt worden war.
wurde sein freies, abgeschnittenes Ende mit vier kreuzweise durchgelegten
Nähten armiert. Dann wurde in die Blasenwand ein Schrägschnitt bis auf
die Mukosa geführt, der in seinem vorderen Ende bis in die Blase hinein
vertieft wurde. Mit den vorher durch das Ureterende gelegten vier Nähten
wurde hier jetzt der Ureter eingenäht und der übrige Schrägschnitt in der
Blasenwandung über dem Ureter durch Knopfnähte derart vereinigt, dass die
Saltan, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blase. 853
einzelnen Nähte die üreterwand mitfassten. Dass diese Einnähung sicher
fiixiktionierte , zeigte sich am besten darin, dass nach Exstirpation der ent-
gegengesetzten Niere eine Störung im Befinden des Hundes nicht eintrat.
Frank (27) empfiehlt als Ersatz für den hohen Steinschnitt die breite
£r Öffnung der Blase vom Damm aus, ähnlich wie esO. Zuckerkandl schon
getan hat. Frank macht einen queren perinealen Schnitt, löst stumpf den
Mastdarm soweit ab, bis die hintere Blasenwand, die Samenbläschen und end-
lich die Douglassche Falte blossliegen. Nachdem die Douglas sehe Falte
mit den Fingern noch ein Stück weit von der Blase abgelöst und abgeschoben
ist, lässt sich mit Spateln ein genügend breiter, peritoneumfreier Teil der
ßlasenwand freilegen. Frank hat seine Methode 3 mal am Menschen aus-
geführt, 2 mal wegen Blasensteins, Imal wegen Papilloms. Ein Steinkranker
starb 7 Stunden nach der Operation; bei der Obduktion fand man eine hoch-
gradige fettige Degeneration des Herzmuskels, Arteriosklerose und Schrumpf-
niere, so dass der Tod nicht der Operationsmethode zur Last fallt.
In einem Falle von Hamröhrenverengerung nahm De Franchis (26)
die Epicystotomie Tor. Er tut dar, dass dieser Operationsakt der Blasen-
punktur und der Urethrotomie, besonders in Fällen von mit Infektion kom-
plizierter Hamröhrenstenose, vorzuziehen sei. B. Giani.
Gordero und Amadoni (18) nahmen experimentelle Untersuchungen
▼or, um zu beweisen, dass die Catgutnaht der Blasenschleimhaut rationell und
gefahrlos sei. Bei ihren an 9 Hunden ausgeführten Experimenten erhielten
sie stets Heilung per primam , ohne dass Tröpfelung aus den Wunden statt-
fand. Sie stellten folgendes fest: Die Naht unmittelbar nach dem Unter-
banchschnitt anzulegen, muss das Desideratum sein; am besten vernäht man
die Blase, wenn man zuerst nur die Schleimhaut mittelst unterbrochener oder
überwendlicher Catgutnaht verschliesst, dann in einer zweiten Ebene eine die
Muscularis und Serosa fassende, ebenfalls unterbrochene oder überwendliche
Seidennaht anlegt und, wenn man es für nötig hält, in einer dritten Ebene
mit einer Seidennaht die Serosa allein fasst ; das Gatgut hält an der Schleim-
haut bis zur Vernarbung vor und ist am 6. oder 7. Tage vollständig resor-
biert; zu Stein- oder Erustenbildung hat es nie Anlass gegeben; die auf be-
sagte Weise angelegte Naht verschliesst die Blase hermetisch und nie kommt
es zu Haminfiltration; die Bauch wunde kann gänzlich verschlossen werden.
— Auf den Einwand, dass beim Hunde die Blase überall mit Serosa be-
kleidet ist, erwidern sie, dass sie besonders die Schleimhaut in Berücksich-
tigung zogen, auf deren Vemarbungsprozesse die Anwesenheit der Serosa keinen
Einfluss haben kann. — Bei 4 Experimenten injizierten sie Kulturen von
pyogenen Kokken in die Blase, um festzustellen, ob die Schleimhautnaht gegen
Infektion schützt; eine Infektion hat nie stattgefunden. — Diese Methode
wendeten die Yerff. mit Erfolg auch beim Menschen an. Ihre Experimente
bestätigen ausserdem die Behauptung Albarrans, dass nämlich die Blasen-
infektion nar dann eine Kontraindikation der Naht bilde, wenn die Blasen-
wand in ihrer ganzen Dicke in Mitleidenschaft gezogen ist. Als Kontraindi-
kationen sehen sie, ausser tiefen Veränderungen der Blasenwand, ausgedehnte
Kontusionen der Ränder und intravesikale Blutungen an. B. Giani.
In dem von Cadivilla (16) beschriebenen Falle wurde vor 5 Jahren
die Plastik des Blasenhalses vorgenommen. Als diese Operation ausgeführt
wurde, war Patient 16 Jahre alt und litt seit 9 Jahren an unwillkürlichem
Harnabgang infolge einer mittelst der perinealen Gystotomie bewirkten Blasen-
854 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL Teil
sieinexstirpation. Die Diagnose lautete auf Insuffizienz im Schliessniigs-
mechanismus der Blase wegen Läsion des Blasenhalses und folglich auch des
Schliessmnskels. Cystotomia suprapubica. Man fand eine Narbe in der hin-
teren Blasenhaisregion, die quer über den Hals verlief; die Hamleitermündnng
war weit geöffnet. Exstirpation der Narbe mittelst zweier eine Ellipse ba-
denden und tief in die Fasern des Schliessmnskels dringenden Schnitte. Zvei
weitere seitwärts gerichtete Schnitte, die, von der Medianlinie der ersteren
abgehend, längs den Schliessmuskelfasem bis zur Mitte des Halses verliefen.
Die von den Schnitten gezeichnete Figur war, nach Auswärtsziehung der tob
der Vereinigung der Schnitte gebildeten Winkel, annähernd die eines Rhombus.
YerschUessung der Scharte mit 5 Gatgutnähten. Vollständige Heilung. 5 Jahie
nach der Operation unveränderter Zustand.
Nach Verf. empfehle sich dieses Verfahren in manchen Fällen von Enu-
resis, in denen in der Pubertätsperiode noch keine Heilung erfolgt ist und
in denen elektrische und andere Behandlungsmethoden erfolglos geblieben sind.
B. Giani.
Das Thema der Blasenscheidenfistelbehandlung hat stets die Aufmerk-
samkeit der Gynäkologen in Anspruch genommen, weil die Fistel leicht rea-
diviert. P e n z o (52) bespricht zunächst die verschiedenen Behandlungsmethoden
und beschreibt dann die von ihm befolgte. Er isoliert die Fistelränder mit
grösster Sorgfalt und frischt sie an, sich hierbei eines besondem langen Messer-
chens bedienend, das so konstruiert ist, dass die Klinge nach verschiedena
Richtungen gebeugt werden kann; hierauf legt er Zapfeimähte an. — Acht
von ihm nach seiner Methode behandelte Fälle sind vollständig geheilt
R. Giani.
Rosanow (54) spricht sich auf Grund von 24 Fällen von hohem Steio-
schnitt für die Blasennaht aus. Er sah in 94,1 ^/o seiner Fälle prima intentio
eintreten. Er legt die Naht in zwei Etagen an, die tiefere mit resorbier
barem Material. Den Katheter ä demeure bei der Nachbehandlung verwirft er.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Roth (55) hat in 240 Fällen die Cystotomia suprapubica ausgefährt,
und zwar in 3 wegen rückläufigen Katheterismus, in 2 wegen hartnäckige
Hamröhrenfisteln, in 224 wegen Blasensteinen, in 5 wegen Blasentuberknlose,
in 4 wegen Blasentumoren (1 Krebs, 3 Papillome), in 2 wegen partieller Pro-
statektomie. Jn jeder Gruppe gibt Verf. klinische Erläuterungen. R. Giani.
Die Brauchbarkeit der Yaselininjektion bei Incontinentia urinae beweist
auch ein von Neudörfer (49) mitgeteilter Fall, dessen Entstehungsgeschichte
interessant ist. Ein Arzt hatte der im 3. Monat schwangeren Patientin an-
geblich wegen enger Öffnung ihres Hymen und Rigidität die ganze Harnröbre
der Länge nach gespalten. Durch Naht Hess sich die Urethra über einen
Katheter vereinigen und durch Vaselininjektion nach Gersuny die Inkonti-
nenz beseitigen.
Bei einer Patientin, bei der ein um eine Haarnadel gebildeter St^
per urethram entfernt worden war, hatte sich, wie Hock (36) mitteilt, eine
hartnäckige Incontinentia urinae eingestellt. Verschiedene Operationen, darunter
zweimal Drehungen der Urethra nach Gersuny hatten das Leiden nicht zn
heilen vermocht. Dagegen konnte die Kranke durch vier Paraffininjektionen
fast vollständig geheilt werden, nur zeitweise kommt es noch zu geringem
Hamträufeln, das die Patientin nicht sonderlich belästigt, so dass sie eine
weitere Behandlung für unnötig hält.
Salt an, Verletzimgen und chirurgische Krankheiten der Blase. 855
Nach Motz und Arrese (46) kann man nicht so ganz selten Fälle
beobachten, bei denen die bei Prostatikern üblichen Blasenbeschwerden mit
Hamretention etc. vorhanden waren, bei denen aber jede Prostatahypertrophie
fehlte, ja bei denen zuweilen eine ausgesprochene Atrophie der Prostata nach-
weisbar war. Die Verff. haben 15 Blasen an Leichen Ton Kranken untersucht,
welche klinisch die Diagnose Prostatahypertrophie darboten, bei denen aber
die Drüse nicht vergrössert gefunden wurde. In 5 Fällen konnte chronische
Prostatitis, in 4 Fällen ein Adenom, in 6 Fällen ein adenoides Epitheliom als
Ursache gefunden werden. Die Blasenuntersuchungen in diesen Fällen er-
gaben 11 mal das Vorhandensein normaler Gefasse, 12 mal Hypertrophie der
Muscnlaris, 2 mal eine bemerkenswerte sekundäre Sklerose der Muscularis,
1 mal eine geringe primäre Muskelatrophie. Die Verff. schliessen daraus, dass
die Blasenatonie weder durch Arteriosklerose, noch durch primäre Muskel-
atrophie bedingt sein kann.
Die Entstehung einer Blasendickdarmfistel bei einer 64jährigen Frau
führt Hepner (33) auf den Durchbruch eines mit der Blase verlöteten Dick-
darmdiyertikels zurück. Durch eine im Breslauer Allerheiligen-Hospital von
Riegner ausgeführte Laparotomie wurde die Verbindung zwischen Darm
und Blase durchtrennt und die beiden Stümpfe durch doppelte Nahtreihen
an Blase und Darm übemäht. Ein geringer Grad von Gystitis besteht zwar
immer noch, sonst aber ist die Patientin vollkommen geheilt.
Pardoe (51) weist auf die Notwendigkeit hin, bei Harnleiden öfter als
es bisher geschieht, die Gystokopie zu Hilfe zu ziehen und teilt sechs Fälle
mit, in denen er mit Erfolg cystoskopische Untersuchungen voi^enommen hat.
An der Hand von fünf Fällen demonstriert Wathen (59) den hohen
Wert der Gystoskopie und rät zu äeissiger Ausübung derselben. Die Fälle
sind: Blasenstein um eine Haarnadel, Blasentumor, einseitige Pyonephrose,
Silkligatur in der Blase nach vorangegangener Ovariektomie , und Becken-
abszess.
Eynard (22) hat mit dem N itze sehen Operationscystoskop einen Fall
von Blasenpapillom und einen mit einfachem, chronischen Blasenulcus, das
hartnäckig allen anderen Behandlungsmethoden getrotzt hatte, durch Ab-
tragung mit der Schlinge bezw. durch Kauterisation geheilt. Eynard rühmt
die Vorzüge des Nitzeschen Instrumentes für intravesikale Operationen,
welche in Frankreich noch nicht entsprechend gewürdigt werden.
Gathelin (12) hat an seinem Urinseparator (s. diesen Jahresbericht
1902 Seite 984) einige Verbesserungen angebracht. Das Kaliber ist kleiner
geworden, das ganze Instrument leichter, die Handhabxmg der Entleerungs-
katheter ist eine sichere und bequemere geworden, die engen Seidenkatheter
sind durch solche aus Metall ersetzt und die Form der Membran ist ver-
bessert worden.
Gathelin (11) beschreibt nochmals genau die Anwendung seines Ham-
segregators und führt eine grosse Zahl der verschiedensten Fälle an, bei
denen die Anwendung seines Instrumentes von grossem Nutzen gewesen ist.
Rafin (53) rühmt die Vorzüge des Gathelinschen Hamsegregators,
den er bei 12 Kranken 16 mal anwandte und ist davon überzeugt, dass diese
Methode neben der Gystoskopie und dem Hamleiterkatheterismus sich einen
dauernden Platz in der Urologie erwerben wird.
Lichtenstern (43) empfiehlt sehr warm den Luys sehen Hamsegre-
gator, der aus zwei beniqueartig gebogenen Metallkathetem besteht, die fest
856 Jahresbericht für Chimrgie. IL TeiL
miteinander verbunden sind und zwischen deren EonkaTität eine Gummi-
Scheidewand durch eine Kette mit Trieb sich aufspannen lasst. Bei Franen
hat sich das Instrument sehr gut bewährt, es ist leicht einzuführen und ge-
stattet ohne irgend welche technische Schwierigkeiten auch dem nicht Ge-
übten, den Harn jeder Niere gesondert aufzufangen.
Um darzutun, welchen Wert die cystoskopische Diagnose haben kamt,
beschreibt Gassanello (9) einen Fall, in welchem die WahrscheinUchkeits-
diagnose auf Nephrolithiasis gestellt worden war und in welchem er, die
Gystoskopie anwendend, im Trigonum vesicae drei kleine Papillome erkennen
konnte, die er mittelst der Gystotomia suprapubica exstirpierte. Bei Er-
krankung der Hamwege erhält man durch die gewöhnlichen Untersuchnngs-
methoden keinen sicheren Aufschluss, wohingegen die Gystoskopie jeder Frage
ein Ende macht. In Fällen von chronischer Pyurie z. B. hatten manche die
Diagnose auf eitrige Gystitis, andere auf eitrige Pyelonephritis gestellt Das
Gystoskop dient nicht nur zur Differentialdiagnose zwischen einer Blasen- wi
einer Nierenläsion , sondern auch zur Differentialdiagnose zwischen den ver-
schiedenen Blasenläsionen; gewisse durch pyogene Kokken hervoi^rafene
chronische Gystitiden mit Hämaturien könnten Neoplasma oder tuberinfee
Läsionen vermuten lassen. Ein anderer Vorzug, den die Gystoskopie besitzt,
ist der, dass sie den genauen Sitz der Blasentumoren und deren Natnr er-
kennen lässt. Verf. teilt mit Bezug hierauf zwei von ihm gemachte Beob-
achtungen mit. Bezüghch der Schwierigkeiten, die den Gebrauch des Cjsto-
skops beschränken sollen, bemerkt er, dass man in Fällen von Harnröhren-
Verengerung die Gystoskopie nach erfolgter allmählicher Dilatation der Hanh
röhre anwenden kann. Andere Hindernisse bieten die Entzündungszustande
der Blasenwandung durch die Schmerzhaftigkeit und Umfangsvermindenrng
der Blase dar; in solchen Fällen warte man, bis die akute Periode yorober
ist, dann lässt sich die Gystoskopie auch bei reduzierter Blasenweite und aa
schmerzhaften Teilen vornehmen. Die Gystoskopie wurde selbst bei Blasen,
die nur 60 ccm Flüssigkeit fassten, vorgenonmien. Ist Eiter im Harn T0^
banden, dann kann man die Flüssigkeit durch wiederholte Blasenausspülnngea
aufhellen; ist mit dem Eiter Blut vermischt, dann nehme man reichliche
Irrigationen vor oder wende das Nitzesche Gystoskop an. R. Gianl
Wul Istein (62) gelang es, Phantome zum Zwecke der Gystoskopie nnd
des Ureterenkatheterismus herzustellen, welche in der Tat durch ihre Natur-
treue alle bisher dafür angefertigten Apparate weit übertreffen. Er hat seine
Phantome direkt der Leiche entnommen, nachdem er möglichst bald nach
dem Tode 150— 200 ccm Kaiserlingscher Flüssigkeit in die vorher sauber
gespülte Blase gefüllt hat. Im Zusammenhang wurden dann bei der Sektion
die Becken, Beckenorgane nebst Harnröhre, Ureteren, Nieren, Aorta, Vena
Cava inferior und die Nierengefässe herausgenommen, exakt präpariert nnd
ebenfalls in Kaiserlingscher Flüssigkeit gehärtet. Nach der Härtoog
wurden die Präparate in Alkoholglyzerin (1,7 Liter 50 ^/o Alkohol und 300 g
Glyzerin) aufgehoben. So war Wul Istein in der Lage, normale Blasen
nebst solchen mit Prostatahypertrophie, Papillomen, Tuberkulose u. a. in
vollster Naturtreue cystoskopisch zu demonstrieren.
Albarran und Gottet (4) geben eine kurze Übersicht über die Rolle,
welche anaerobe Bakterien bei den Infektionen der Hamwege spielen. Bei
den renalen und perirenalen Eiterungen kommen aerobe wie anaerobe
Bakterien einzeln oder gemischt vor , ebenso wie bei den sekundären Infek*
Salt an, Verleizimgen und chirurgische Krankheiten der Blase. 857
tionen der Nierentuberknlose. Die gleiche Beteiligung beider Bakterienaxten
trifft für die Infektionen der Blase und Prostata zu.
Unter 25 Fällen von periurethraler Harninfiltration wurden
siebenmal anaerobe Bakterien allein, sechsmal zusammen mit aeroben Bak-
terien gefunden, während sie nur in zwei Fällen vermisst wurden. Die von
ihnen isolierten anaeroben Bakterien betrafen:
Micrococcus foetidus (Yeillon) 11 mal
Diplococcus reniformis (C Ott et) 10 ^
Bacillus fragilis (Veillon et Zuber) 7 ;,
Bacillus funduliformis (HalU) 4 „
Staphylococcus parvulus (Veillon et Zuber) 4 „
Bacillus nebulosus (Ha 11 6) 2 ;,
Bacillus bifidus (Tissier) 1 ;,
Bacillus perfringens (Veillon et Zuber) 1 „
Bacillus ramosus (Veillon et Zuber) 1 ^
Bacillus fusiformis (Veillon et Zuber) 1 ^*
Die Dissertation von Forcart (25) behandelt die Frage des Antago-
nismus zwischen Bacterium coli und den HamstoJBF zersetzenden Bakterien
auf Grund der von Suter ausgeführten bakteriologischen Untersuchungen.
Die erzielten Resultate stimmen nur teilweise mit den bekannten Unter-
sacbnngsergebnissen Rovsings überein, denn Forcart kommt zu dem
Schluss, dass zwischen Bacterium coli und den Staphylokokken ein Antago-
nismus nicht besteht, dass hingegen zwischen Bacterium coli und den Strepto-
kokken zu gunsten des ersteren, und zwischen Bacterium coli und Proteus
vulgaris Hauser zu gunsten des letzteren ein Antagonismus vorhanden ist.
Gelegentlich eines Vortrages über infektiöse Erkrankungen der Ham-
werkzeuge bei Kindern kommt Cnopf (15) zu dem Schluss, »dass es Infek-
tionen der Harnblase gebe, die, ohne die Blasenwände erheblich zu reizen,
durch toxische Wirkung Allgemeinerscheinungen hervorrufen können, die sich
durch lebhafte Fieberbewegungen aussprechen, mit denen jedoch die subjek-
tiven Empfindungen nicht immer harmonieren. Um deshalb Täuschungen zu
entgehen, ist es notwendig, den Urin nicht nur nach seiner chemischen, son-
dern auch nach seiner bakteriologischen Seite hin zu untersuchen, weil uns
das Resultat der Untersuchung nicht nur eine klare Anschauung über die
Natur der Erkrankung, sondern auch die Möglichkeit eines wirksamen thera-
peutischen Eingreifens gewährt*'.
Barth und Micha uz (5) teilen einen neuen Fall von Cystitis mit, als
deren alleinigen Erreger sie den Bacillus pyocyaneus gezüchtet haben. Sie
glauben, dass in den meisten Fällen dieser Bacillus erst durch Katheterismus
in die Blase gebracht wird ; nur in einem geringen Teil der bisher publizierten
Fälle hat ein Katheterismus vorher nicht stattgefunden.
Bei einem 25jährigen Manne, der an Blasenbeschwerden und sehr
heftigen Blasenblutungen litt, fand Burgess (8) bei dem von ihm vorgenom-
menen suprapubischen Blasenschnitt ein rundes, '/4 Zoll im Durchmesser be-
tragendes, einfaches, nicht tuberkulöses Geschwür an der Hinterwand der
Blase. Nach Abschabung des Geschwürs und Betupfen des Grundes mit 5^/o
Earbollösung wurde für 3 Wochen noch die Blase drainiert, wonach voll-
ständige Ausheilung eintrat.
Folly (27) sieht in zweimal täglich anzuwendender Injektion von folgen-
der Lösung:
858 Jahresbericht fOr Chirargie. IL Teil.
20 g Antipyrin
1000 g gekochtes Wasser
5 — 10 g Laudanum
ein sehr gutes Mittel, pm die bei Gonorrhöe zuweilen mit heftigsten Schmerzen
auftretenden Blasenblutungen zum Stillstand zu bringen und die Schmerzen
zu mildem. Er fügt drei Krankengeschichten hinzu, die über günstige Er-
folge berichten.
Ferguson (23) fand bei Operation einer grossen, verwachsenen Ingui-
nalhemie, nachdem er den Bruchinhalt reponiert und den Bruchsackhals tct-
näht hatte, dicht neben dem Samenstrang eine durchschimmernde Cyste mit
extrem zarter Wandung, die er für eine Hydrocele fnniculi spermatici hielt
Nach Inzision derselben erkannte er erst, dass er eine extraperitoneale Blas^i-
hemie vor sich hatte. Blasennaht. Heilung.
Erinkoff (40) operierte eine 86 Jahre alte Frau wegen eines links-
seitigen Schenkelbruches, welcher seit 4 Tagen eingeklemmt war. Beim Iso-
lieren des Bruchsackes wurde eine Verdickung seiner medialen Wand kon-
statiert und hierselbst beim Abpräparieren des Sackes die Blase in eina: Ai^
dehnung von 5 cm eröffnet. Die Blase war fest mit dem Bruchsack verwadiseo.
Naht der Blasenwunde. In den Schenkelkanal wird ein Tampon eingefuhrL
Glatte Heilung. Im Anschluss an diesen Fall stellt Krinkoff 46 Falle ans
der Literatur zusammen. Es handelte sich 32 mal, darunter der Fall Erin-
koffs, um eine Cystocele paraperitonealis , 11 mal um eine extraperitoneafe
eine intraperitoneale, eine artefizielle und zwei unbestimmte Fälle. Eise
Lipocele wurde bei der Gyst. paraperiton. in 41 ^/o, bei der Cyst. extraperiton.
in 64®/o der Fälle beobachtet. Krinkoff tritt der Meinung Brunners
über die Häufigkeit der ^operativen^ Blasenhemie entgegen. Er glaubt, das
in den meisten Fällen, namentlich bei den extraperitonealen Blasenhemien «
sich nicht um Kunstprodukte handeln kann, dagegen sprechen bei den para-
peritonealen die feste Verwachsung der Blase mit dem Bruchsack, bei den
extraperitonealen das häufige Fehlen eines Bruchsackes und sogar einer lipo-
cele. — Von den Symptomen sind die Blasenbeschwerden das Charakteristischste,
doch bestehen dieselben nur in 23% der Fälle. Eine richtige Diagnose vor
der Operation wurde in 15% der Fälle gestellt. Während der Operation
wurde die Diagnose 31 mal (66%) und nach der Operation 9 mal (19 ^/o) ge-
stellt. — Von 46 Operierten starben vier, zwei infolge der Operation (Sepsis
und Peritonitis nach der Blasenverletzung). Verletzung der Blase bei der
Operation kam bei 31 Fällen (67 %) vor. 21 mal wurde die Verletzung während
der Operation bemerkt, dabei die Blasenwunde nur 18 mal vernäht. Nadi
der Operation wurde die Verletzung in 9 Fällen konstatiert, siebenmal ent-
standen Hamfisteln. In einem Fall ergab erst die Sektion die Blasenverletzung.
Hohlbeck (St. Retersburg).
Dass durch eine traumatische Blasenblutung beide Uretermündung^i so
fest verlegt sein können, dass eine Urämie dadurch entsteht, lehrt ein Fall
Stevens^ (58). Ein 16 jähriger Bursche war zwischen zwei Eisenbahnpuff^
geraten und hatte dadurch eine Blasenblutung mit anschliessender schwerer
Urämie davongetragen. Nachdem 3 Tage nach der Verletzung die Blase er-
öffnet und die Blutgerinnsel entfernt worden waren, schwanden die urämischen
Symptome und Patient genas.
Clark (14) berichtet über einen 50jährigen Kranken, der unter den
Symptomen von Urämie und Peritonitis zugrunde gegangen war. Bei der
Sultan, Verletzungen und cliinirgische Erankkeiten der Blase. 859
Sektion fand sich als Ursache hierfür eine mit der Blase kommunizierende
grosse alte Abszesshöhle, welche augenscheinlich schon lange als Blasenrecepta-
culum gedient hatte, da die eigentliche Blase selbst bis auf Orangengrösse
kontrahiert war. Die erwähnte grosse Harn und Eiter enthaltende Höhle
war in die Bauchhöhle perforiert. Als Ursache des ganzen Leidens musste
die vorhandene starke Prostatahypertrophie angesehen werden, während die
Entstehung der Abszesshöhle entweder auf ein sekundäres Blaseugeschwür
oder auf eine Verletzung beim Katheterismus bezogen werden musste.
Einen merkwürdigen Fall, bei dem ein retrovesikaler Abszess zum Durch-
bruch in einen Bronchus führte, teilt Legrain (42) mit. Es handelte sich
um einen 14jährigen Ejiaben, der Jahre hindurch alle 5 — 6 Monate unter
heftigen Schmerzen reinen Eiter mit dem Harn entleerte und bei dem man
während dieser Attacke vom Mastdarm her einen kindskopfgrossen, retro-
vesikai gelegenen Tumor fühlte. Nach dem Anfall war der Tumor verschwun-
den und der Harn wurde wieder vollkommen klar. Innerhalb eines solchen
Anfalles erfolgte plötzlich ein Durchbruch in einen Bronchus, der Kranke
expektorierte einen Liter des gleichen Eiters, der keine Tuberkelbazillen,
sondern nur Eiterkokken enthielt. Unter septikämischen Erscheinungen starb
der Kranke. Leider musste die Autopsie unterbleiben, so dass über die Art,
wie diese Eiterkommunikation stattgefunden hatte, etwas Sicheres nicht fest-
gestellt werden konnte.
West er man (61). Bei einem 2 jährigen Kinde, das schon ein halbes Jahr leidend
war, wurde die Blase bis zu einer Eapazitftt von 2 L. ausgedehnt gefanden. Ein Metall-
katheter konnte leicht eingeführt werden. Der Urin enthielt viel putriden Eiter. Nach
Sectio alta anfangs Besserung des Zustandes. Später entwickelte eich ein grosser gas-
haltiger AbszesB, der vom rechten Darmbein bis in das kleine Becken hinein sieh erstreckte.
Nachdem zwei Wochen später sich in der Gegend der rechten Niere eine zweite retroperi-
toneale Abssesshöhle entwickelt hatte, trat Exitus ein.
Die Obduktion lieferte folgenden Befund:
Hinter dem Peritoneum eine Abszesshöhle vop der rechten Niere bis ins kleine Becken.
Beiderseitige parenchymatöse Nephritis; Nierenbecken links und rechts ausgedehnt. Beide
Ureteren münden an normaler Stelle in der Blase ein. Parallel dem rechten Ureter eine
retroperitoneal gelegene daumendicke Röhre in der Nähe des oberen Nierenpols blind endigend.
Diese Röhre läuft bis zur Linea innominata vor dem Ureter, biegt dann nach der
Medianlinie um, läuft seitlich den Uterus entlang bis zur Blase und bildet innerhalb der Blasen-
wandung eine cystische Erweiterung. Die Blasenschleimhaut ist intakt, nur an der Spitze
des Sackes ist eine kleine öffiiung Torhaaden. Der Inhalt des Sackes besteht aus schlei-
migem Eiter. Die Wand wird von Bindegewebe und glatten Muskelfasern gebildet; das
Epithel ist zugrunde gegangen.
Die Schwierigkeiten bei der Entleerung der Blase wurden durch diesen
Obduktionsbefund aufgeklärt ; sobald das Kind zu urinieren anfing, legte sich
die Cyste vor die innere Hamröhrenmündung.
Westerman hält diese Missbildung für eine Verdoppelung des Ureters,
entstanden durch doppelte Ausstülpung des Wolff sehen Ganges; die Ent-
Wickelung der zu diesem überzähligem Ureter gehörenden Nierensubstanz ist
wahrscheinlich schon im intrauterinen Leben gehemmt worden.
Goedhuis (Deventer).
Guisy (31) extrahierte bei einer 36jährigen Frau einen etwa drei Monate
alten Fötus aus der Harnblase. Die Patientin kam mit vollständiger Ham-
retention, die seit 22 Stunden bestand, in seine Behandlung. Sie hatte einige
Jahre vorher im Anschluss an einen Abort eine Pelviperitonitis durchgemacht
und in den letzten Monaten an jauchiger Cystitis gelitten. Bei Untersuchung der
Harnröhre zeigte es sich, dass sie durch einen Fremdkörper vollständig ver-
860 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL Teil.
legt war; nach starker Dilatation der Urethra wurde dieser extrahiert und
erwies sich als ein etwa drei Monate alter Fötns. Guisy nimmt an, das«
es sich nm eine rechtsseitige Tubargravidität gehandelt hat, dass es infolge
des Torangegangenen Aborts und der Pelviperitonitis zu einer Yerlötong
zwischen Blase und Tube gekommen war und dass es nach und nach zu
einem Durchbruch in die Blase gekommen ist. Die Patientin konnte nsuch
Einführung eines Dauerkatheters und nach mehrwöchentlicher Behandlung
mit antiseptischen Blasenspülungen geheilt entlassen werden.
Englisch (21) gibt ein knappes Autoreferat über einen in der Wiener
Gesellschaft der Ärzte gehaltenen Vortrag über die Beziehung der BlasendiTer-
tikel zur Perforationsperitonitis. Nach seiner Zusammenstellung ist es auf-
fallend, dass die Entzündung der Säcke bis zum Durchbruche bei Divertikel-
steinen seltener ist, als bei der Entzündung allein, denn bei den Divertikel'
steinen fand er 12 Todesfalle an Peritonitis, während die Entzündung der
Divertikel in 250 Fällen zum Tode führte, darunter neun Perforationen. „Die
Todesursache bei entzündeten Taschen lag teilweise im Fortschreiten der Er-
krankungen der höher gelegenen Organe, vorzüglich der Niere (Urämie 16 Fälle),
teils in fortschreitendem Marasmus (2 Fälle), in Peritonitis (11 Fälle), ohne
Perforation (5 Fälle), mit Perforation (9 Fälle), in septischen Proze^en
(5 Fälle); dazu kommen noch 6 Todesfalle infolge septischer Vorgänge vom
Divertikel ausgehend. In Summa bei 39 Blasendivertikeln 5 Heilungen und
39 Todesfälle.*'
Englisch (20) macht unter Anführung einschlägiger Fälle darauf auf-
merksam, dass gar nicht so selten eine vorhandene Ischurie reflektorisch
durch Erkrankungen des Mastdarms (Fissuren, Geschwüren, Neubildungen)
oder der weiblichen Genitalien (Entzündungen und vor allem auch Uten»-
Karzinome im Beginn) ausgelöst wird. Zuweilen liegt auch die Ursache in
einer Krankheit des Gehirns (alter apoplektischer Herd) oder Rückenmaris
(Tabes) zu einer Zeit, in der die Grundkrankheit kaum Erscheinungen madit.
Wenn es gelingt, das primäre Leiden zu beseitigen, dann verschwindet die
Ischurie schnell von selbst. In gleicher Weise trifft das Gesagte auf die
Bleiintoxikation und auf chemische Alteration zu, wie sie als Gewerbeerkrankung
oder durch medikamentöse Einflüsse bedingt sein können.
Nordenhoft (50). Der Fall (Ulcus simplex vesicae) kam bei einer SOjfthiigen Frai
vor. Die Krankheit begann wfthrend einer Gravidität vor zwei Jahren mit cystitiacfaea
Symptomen. Als sie in Behandlung kam, war der Harn alkalisch, eiter- und blathaltig.
Bei Exploration war eine bedeatende Verdickung dem Trigonum entsprechend vorhandeo.
Gystoskopisch war eine grosse, blumenkohl&hnliche Intumeszenz zu sehen, stark inkmstieii
das Trigonum und die Partie um die Uretermündungen einnehmend. Durch eine Sectio
alta wird die Intumeszenz mit scharfem Löffel entfernt, danach Kauterisation. Der Prozes
war nicht tiefgreifend. Genesung. Zwei Jahre nach der Operation war an der Stelle eine
weissliche Narbe zu sehen. Mikroskopisch bestanden die entfernten Stflcke ans einem
Granulationsgewebe, das grösstenteils nekrotisch und inkrustiert war. Weder Tuberkel
noch cancerähnliche Zellen waren vorhanden.
Verf. fasst den Fall als ein Ulcus mit luxurierenden, inkrustierten Granulationen sat
Schaldemose,
ni. Ektopie, Missbildungen, Divertikel der Blase.
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71. ^Hartje, Ein seltener Fall von Bauchblasengenitalspalte. Inaug.- Dissertation. Göt-
tingen 1902.
72. Hartlej, Ezstirpation of the urinary bladder. Medical News 1908. Aug. 29. Siehe
unter Nr. 112 bei Tuberkulose der Harnblase.
73. H. J a c o b B 0 n , A case of uretero-trigono- intestinal auastomosis for the relief of exstrophy
of the bladder. The journ. of the Amer. Med. Ass. 1903. Jan. 3.
74. *K aiser ling, Über Ectopia vesicae. Inaug.-Di8sertat. Halle a/S. 1908.
75. Q. Eolossow, Ein Fall von Verdoppelung der Harnblase und eines Uretero; Ent-
stehung und praktische Bedeutung dieser Anomalien. Russisches Archiv fttr Chirurgie
1903. Heft 3.
76. '^Mejer, Ein Fall von kongenitaler Ectopia vesicae urinariae. Inaug. - Dissertation.
Kiel 1903.
77. Mttller, Abänderung der Borel ins sehen Modifikation der May dl sehen Operations-
methode bei kongenitaler Blasenektopie. Zentralblatt fttr Chimrgie 1903. Nr. 33.
78. L. Rydjgier, Ein Vorochlag zur C^eration der Blaseuspalte. Gazeta lekarska 1903.
Nr. 50.
79. Senn, Rectovesical auastomosis for exstrophy of the bladder. Chicago surgical society.
Annais of eurgery 1903. Febr.
80. Stangl, Ein Fall von ürachusfistel bei einem Erwachsenen. Wiener klin. Wochen-
schrift 1903. Nr. 40.
81. ^Stiles, A case of extrovereion of the bladder. Medical Press 1903. Jan. 28.
82. *Weydling, Ein Fall von Banchblasendarm- und Genitalspalte mit Myelocystocele.
Inaug.-Dissertation. Leipzig 1903.
En von B 1 au el (64) publizierter Fall von Bauchblasengenitalspalte weicht
von dem gewöhnlichen Typus ab durch die rudimentäre Ausbildung der Harn-
blase, durch das Vorhandensein einer nicht gespaltenen, von einer normalen
Urethra durchbohrten Eichel bei Spaltung des Präputiums und durch die
Kommunikation des Dünndarmes mit dem Blaseninnem in Gestalt einer seit-
lichen Fistel bei fast vollständig entwickeltem Dickdarm. Blauel schliesst
sich in bezug auf die Ätiologie seines Falles den Deduktionen Reicheis an.
Der Widerspruch, der in der Spaltung des Präputiums bei der gleichzeitig vor-
handenen, von normaler Urethra durchbohrten Eichel gegenüber der Reich ei-
schen Auffassung vorzuliegen scheint, sei aber nur scheinbar. Denn wenn un-
mittelbar hinter dem Eichelteil des Genitalhöckers die Bildung des Primitiv-
streifens ausbleibt, so muss auch das Präputium gespalten sein, während sich
die Glans normal entwickeln kann.
Bei einem 3 Tage alten Kinde fand Bockenheimer (65) unterhalb
eines Nabelschnurbruches eine Bauchblasendarmgenitalspalte. Auffallend war
in dem Fall die normale Entwickelung des übrigen Organismus, die hohe, voll-
ständige Entwickelung des Darmkanales, femer der Umstand, dass das
Skrotum nicht gespalten war. Dieser Befund stand also nicht mit der Auf-
fassung Refchels in Übereinstimmung, der solche Missbildungen als Hem-
mungsbildungen auffasst, welche etwa auf die 4. Embryonalwoche zurück-
862 JahreBbericht fOr Chinirgie. IL Teil.
ZQföIiren sind. Da das normal entwickelte Skrotum stark gegen das Perineum
gedrängt und platt gedrückt hier fixiert war, da weiterhin der linke Fuse
hochgradig deformiert war, so nimmt Bockenheimer an, dass änsaere
Ursachen auf die vorher normale und bereits vollendete Anlage eingewirkt
haben, vielleicht durch Enge des Amnion, Mangel an Fruchtwasser oder Blut-
ergüsse oder Myome der Uteruswand.
Auf Grund anatomischer Untersuchungen junger Embryonen kommt
Enderlen (70) zu dem Schluss, dass die Entstehung der Blasenspalte noch
in einem späteren Stadium als dem des Primitivstreifens (Reiche!) ihren
Anfang nehmen kann. Von grösster Wichtigkeit für die Entstehung der
Blasenektopie sei das Verhalten der Kloakenmembran, deren Lage und Aus-
dehnung Enderlen an verschiedenen Embryonen demonstriert. Wenn das
Zurückweichen dieser Kloakenmembran abnormer Weise ausbleibt, dann seiea
die Bedingungen für die Entstehung von Epi- und Hypospadie, von Eröffnniig
des Sinus urogenitalis und Bauchblasenspalte gegeben. Eine ausfohrlicbe
Publikation soll in der „Bibliotheca medica^' erfolgen.
Ein Fall von Blasenektopie, in welchem er das May dl sehe Ver-
fahren anwendete (dessen er sich schon in 25 Fällen bedient hatte), gibt
Arcoleo (63) Gelegenheit, sich über alle Methoden zu verbreiten, die sei
Buxtorf (1773) bis heute zur Behandlung der Blasenektopie angewendet
worden sind. B. GianL
Das von Rydygier (78) empfohlene Verfahren bei Blasenektopie
besteht im wesentlichen in der Lospräparierung der Blasenwände mit Eröff-
nung des Peritoneums und Vemähung der Blase mittelst (fortlaufender) doppel-
reihiger Naht nach Czerny.
Danach entweder Annähung des Peritoneums an die Blase im Umkreise
der Nahtstelle und sekundäre Vereinigung der Laparotomiewunde oder sofor-
tiger Schluss der Bauchdecken über der versenkten Blase, nach vorheriger
Mobilisierung der Rekti durch Schnitte am Aussenrande derselben und Ab-
meisselung ihrer Ansatzstellen am Os pubis. (Rydygier-Sch lange.)
Urbanik (Exakau).
Einen Fall von Blasenektopie operierte Senn (79) vor zwei Jahren ii
der Art, dass er zunächst eine Anastomose z¥rischen Blase und Rektum anlegte.
Er eröffnete das Abdomen in der Linea alba am Blasengrunde, zog das Bektim
bezw. den unteren Teil der Flexura sigmoidea hervor und nahte den Dam
an die Blasenwand an. Nach drei Tagen inzidierte er bis in den Darm IiiiH
ein und vernähte zirkulär die Blasenschleimhaut mit der des Rektums. Dam
schritt er zur plastischen Deckung des Defektes, indem er zuerst das sebr
lange Präputium dazu benützte, eine Knopfloch-Inzision in die Vorhaut machte,
die Glans penis durchsteckte und die Vorhaut auf den unteren Teil der Blase
und die Penisoberfläche nach Anfrischung aufnähte. Den noch übrig bleiben-
den Defekt versuchte er anfangs vergeblich dadurch zu schliessen, dass er
die Haut von der Mittellinie her mit dem Rand der Vorhaut vernähte, doch
war die Spannung zu gross. Später bildete er jederseits von dem Defekt je
einen dreieckigen Hautlappen und nähte sie beide darüber; da jedoch die
Lappenspitzen nekrotisch wurden, so gelang auch dieser Versuch nicht voll-
kommen. Nach einem Monat war der Defekt so geschrumpft, dass er nun-
mehr glaubt, ihn durch direkte Naht der Hautränder schliessen^ zu könnea
An die Mitteilung dieses in der „Chicago surgical society" vorgetragenen
Falles schliesst sich noch eine längere Diskussion an.
Sultan, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blase. 8G3
Borelius (66, 67) versuchte in einem Fall die Gefahr der aufsteigen-
den Kiereneiterung nach der Operation der Blasenektopie dadurch zu yer-
ringem, dass er zwischen den Fusspunkten der Flexnra sigmoidea eine breite
Anastomose anl^e und das die Ureterenenden enthaltende Blasenstück in
die Kuppe der Flexur einnähte. Der Verlauf nach der Operation war ein
glatter, doch ist zur Beurteilung des Dauererfolges die Zeit noch zu kurz.
Mit Bezug auf diesen Vorschlag empfiehlt Müller (77) statt der einfachen
Anastomose die unilaterale Darmansschaltung.
Ca t heiin und Sempe (69) sind imstande, 32 Fälle von doppelter
Blase zusammenzustellen, von denen sie 15, einschliesslich eines neu beob-
achteten Falles, als sicher und einwandsfrei bezeichnen, während die anderen
17 sich auf alte und teilweise zweifelhafte Beobachtungen stützen. Um mit
Siclierheit das Vorhandensein einer doppelten Blase anzunehmen, muss der
Nachweis erbracht werden, dass die zweite Blase eine Muskularis und eine
Ureteren-Öffnnng besitzt, im Gegensatz zur Divertikelbildung.
St an gl (80) berichtet über einen von v. Eiseisberg operierten Fall
Ton Urachusfistel bei einem 21jährigen Manne. Für die Entstehung der
Fistel schien eine gleichzeitig vorhandene weite Diastase der M. recti von
Wichtigkeit gewesen zu sein. In dem nach beiden Seiten obliterierten Kanal
sammelte sich von Zeit zu Zeit eitriges Sekret an, bis mit zimehmender Span-
nung in dem so gefüllten Sacke ein Durchbruch entweder in die Blase oder
nach anssen durch den Nabel erfolgte. Dann hatte der Kranke Buhe» bis
nach einiger Zeit das Spiel sich von neuem wiederholte. Durch Laparotomie
wurde der ganze, entzündlich veränderte Urachus exstirpiert und durch die
nach Spaltung der Muskelscheide vorgenommene Naht der M. recti die
Diastase beseitigt. Es trat vollständige Heilung ein.
Kolossow (75). Ein 40 jähriger Patient leidet seit sieben Jahren an
Hambeschwerden. Seit zwei Jahren ab und zu Blut im Hum, letzterer
wurde allmählig eitrig. Beim Eintritt in die Klinik bestand Fieber, eitriger
Harn, Schmerzen in der Prostata. Die Diagnose wurde auf Pyelocystitis tuber-
culosa (?) descendens gestellt. Nach 13 Tagen Tod an zunehmender Schwäche.
Die Sektion ergab: Hydronephrose der linken Niere. Die rechte Niere in
eine Cyste verwandelt. Sie besitzt zwei Becken mit je einem Ureter. Die
Harnblase ist durch eine Scheidewand in eine obere-vordere und eine hintere-
untere Abteilung getrennt. Auf Grund einer mikroskopischen Untersuchung
hält Kolossow die Anomalie der Harnblase für angeboren. Die Scheide-
wand wies alle Schichten (ausser der Serosa natürlich) der Blasenwand auf.
Hohlbeck (St. Petersburg).
lY. Yerletzungen der Blase.
83. Blech er, Zur Diagnose der Blasenruptur, insbesondere der intraperitooealen. Deutsche
Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 66. Heft 5 und 6.
84. *Blumer, Intraperitoueal rupture of the bladder: Operation two dajs after: recovery.
British medic. Journal 1903. April 4.
85. Bolton, Intraperitoneal rupture of the bladder. New York surgical society. Annais
of surgery 1903. March.
86. Brewer, Extraperitoneal rupture of the bladder, complicating fracture of the pelvis.
New York surgic. boc. Annais of surgery 1903. Jan.
87. Daily §nd Harrison, Gase of intraperitoneal rupture of the bladder, treated by
laparotomy and suture of the bladder aixty-fonr hours after rupture; recovery after
unusual complication. British med. Journal 1903. Jan. 10.
864 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL TeiL
88. Daniel Fiske Jones, Intraperiioneal raptnre of the bladder. Annals of soxgBry
1903. Febmar.
89. *Eichwald, Über die Entstehung der Hamblasenperforation. Inang.-DiaaataiioiL
Mönchen 1903.
90. Goodman, Gase of bullet wound of bladder and both hips: operaiioo: recovay.
British medic. Journal 1903. Jan. 17.
91. Hildebränd, Über die extraabdominale Versorgung intraabdominaler BlasenriaBe.
Beiirftge zur klin. Chirurgie 1903. Bd. 37. Heft 3.
92. Johannsen, Über praperitoneale Flflssigkeitsansammlungen bei Rupturen der Harn-
wege, Zentralblatt fOr Chirurgie 1903. Nr. 26.
93. Lafourgade, Double fracture verticale du bassin. Bupture intra-pöritontele de li
▼essie. Laparotomie cinquante-six heures aprös Taccident. Gu^rison. BulL ei mte.
de la soc. de chir. 1903. Nr. 30.
94. *Lawrie, Case of ruptured urinary bladder, Operation and recoYery. British medic
Journal 1903. Febr. 28.
95. Monod, Blessure de la vessie au cours d'une eure radicale de hemie inguinale;
listule urinaire consöcutiye; calcul Yösical döveloppe autour d'un fil de aoie; taSlc
hypogastrique et ablatiou du calcul; guörison de la fistule. Bull, et m^m. de la sec
de chir. 1903. Nr. 17. (Der Titel besagt das Wesentliche.)
96. Nobe, Über Blasenruptur. Inaug.-Dissertation. Breslau 1903.
97. ^Pachmayr, Über subkutane Blasenruptnren und deren Behandlung. Inang.-DisBert.
Manchen 1903.
98. Petit, Rupture de la vessie cons^utive ä Tobstruction de l'ur^thre par des ealcaüs
chez le chiea. Bull, et mto. de la soc. anatom. 1903. Nr. 6.
99. J. Seldo witsch, Über intraperitoneale Blasenrupturen. Russki Wratsch VM.
Nr. 41 und 42.
100. Stolper, Zur Diagnose der subkutanen Hamblasenrupturen. ÄrztL SachTerstindiga-
Zeitung 1903. Nr. 6.
Die Art, wie Hildebrand (91) einen intraabdominalen Blasenriss zu
einem extraabdominalen machte, wird sicherlich in Zukunft öfter zur An-
wendung gelangen. In dem von ihm operierten Fall war die Blase darch
einen grossen, median gelegenen Riss fast in zwei Hälften gespalten; Hilde-
brand vernähte nun das Peritoneum parietale der Bauch wand so mit der
Serosa der oberen und hinteren Blasenwand, dass der ganze Riss in der
Blase extraperitoneal zu liegen kam. Dann erst wurde die Blasenwnnde in
üblicher Weise vernäht.
'Wie schwierig die Diagnose einer Harnblasenruptur sein kann, zeigen
zwei von Stolper (100) beobachtete Fälle. Im ersten Fall musste besonders
auffallen, dass dem Patienten am zweiten Tage nach dem erlittenen Unfall
— Fusstritt vor den Leib — mittelst Nelaton-Katheters etwa 1 Liter völlig
klaren Harnes abgelassen werden konnten. Auch gab der Verletzte an, dass
er am ersten Tage spontan, wenn auch mit Mühe, habe Urin lassen können,
und zwar ohne Blutbeimengung. Am darauffolgenden Tage hatte sich der
Zustand des Kranken sehr schnell verschlimmert, und abends bereits trat
unter peritonitischen Erscheinungen der Tod ein. Die Sektion wies einen
intraperitonealen, 37^ cm langen Blasenriss auf.
Den zweiten Patienten, der von einem leeren Wagen überfahren worden
war, sah Stolper 52 Stunden nach der Verletzung. Auch dieser Kranke
konnte im Stehen, absatzweise ^/a Liter Urin entleeren. Mikroskopisch fandai
sich im Harn viele weisse, einzelne rote Blutkörperchen, hyaline und gekörnte
Zylinder. Die 24 stündige Harnmenge, SV» Tage nach der Verletzung vom
Kranken spontan gelassen, betrug 900 ccm. Fieber ist nicht vorhanden, und
ausser Singtdtus kein ausgesprochenes peritonitisches Zeichen. Am sechsten
Tage nach der Verletzung plötzlicher Tod. Bei der Sektion wird ein 2 cm
Saltaiii Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blase. 865
langer, intraperitonealer Blasenriss gefunden. Die Nieren erwiesen sich
makro- und mikroskopisch normal. Für den Befund von Zylindern im Harn
hat Stolper bei der Intaktheit der Nieren keine sichere Erklärung; viel-
leicht sind es vom Blut herstammende Gerinnungen gewesen, welche nur in
ihrer Form zufällig mit Nierenzylindern täuschend übereinstimmten.
Blecher (83) berichtet über einen durch Laparotomie und Naht ge-
heilten Fall von intraperitonealer Blasenruptur, bei dem es von besonderem
Interesse war, dass der betrunkene Kranke von einem erlittenen Trauma
keine Angaben machte, besonders da durch Katheterismus 2 Liter blutigen
Harns entleert werden konnten und der Kranke zunächst seine Beschwerden
verlor. Bald aber nahmen die peritonealen Reizerscheinungen wieder zu und
nun gab der Kranke an, dass er in der Trunkenheit aus dem Bett gefallen
sei. Blecher bespricht zum Schluss unter Heranziehung der Literatur ein-
gehend die diagnostischen Schwierigkeiten, die sich in solchen Fällen ergeben
können.
Bei einem 25jährigen Manne, der eine schwere Beckenfraktur erlitten
hatte und die Symptome einer Blasenruptur darbot, eröffnete Brewer (86)
zunächst die Bauchhöhle, überzeugte sich dabei, dass der Blasenriss extra-
peritoneal und vorne lag, und fand, nachdem die Peritonealhöhle wieder
geschlossen und der prävesikale Raum eröffnet war, einen Bruch des hori-
zontalen Schambeinastes, dessen eines Fragment die Blase bis in die Urethra
hinein perforiert hatte und in die Blasenhöhle hineinragte. Das Fragment
wurde in richtiger Stellung fixiert und die Blasenwunde so gut es ging durch
einige Catgutnähte geschlossen. Trotz des starken Shocks und der grossen
Schwäche, trotzdem sich eine suprapubische Blasenfistel bildete und ferner
sowohl eine ürethrotomia externa wie eine rechtsseitige Nephrotomie wegen
Pyonephrose gemacht werden mussten, ist der Verletzte doch schliesslich
gesund geworden.
Über einen merkwürdigen und nicht ganz aufgeklärten Fall von intra-
peritonealer Blasenruptur berichtet Bolton (85). Die Ruptur war bei einem
45 jährigen Manne entstanden, ohne dass ein Trauma oder eine instrumentelle
Untersuchung vorhergegangen war, auch soll, wie sich bei der erfolgreichen
Operation ergab, kein ulzerativer Prozess in der Blase nachweisbar ge-
wesen sein.
Eine Blasenruptur ohne vorangegangenes Trauma trat auch . in einem
von Daily und Harrison (87) mitgeteilten Falle auf. Es handelte sich um
einen 36jährigen Mann, der plötzlich unter Leibschmerzen erkrankte und,
ohne dass Blut aus der Blase sich entleeren liess, ddch in den nächsten
Tagen den Verdacht auf eine intraperitoneale Blasenruptur erregte. 64 Stunden
nach der Einlieferung in das Krankenhaus wurde die Laparotomie gemacht
und ein ^U Zoll langer Blasenriss gefunden. Leider fehlen Angaben über die
Beschaffenheit der Blase, welche zur Aufklärung der Ätiologie des Risses
hätten beitragen können. Die Blase wurde vernäht und heilte aus ; allerdings
wurde die Rekonvaleszenz dadurch kompliziert, dass Patient urämische Sym-
ptome bekam und in einem solchen Delirium sich die Laparotomiewunde auf-
riss, so dass ein Teil der Därme prolabierte. Nach Reinigung und Reposition
der Därme trat schliesslich vollständige Heilung ein.
Über Spontanruptur der Blase beim Hunde berichtet Petit (98). Sie
war dadurch entstanden, dass ein Blasenstein sich in die Urethra eingekeilt
Jahresbericht fOr Chirurgie 1903. 55
866 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
hatte, und nun die schon durch Cystitis geschädigte Blasenwand dem IkmäL
der angestauten Hammenge nicht standhalten konnte.
Goodman (90) berichtet über eine Blasenyerletzung infolge eines merk-
würdig verlaufenden Schusses, den sein Patient im südafrikanischen Krieg
bekommen hatte. Die Kugel war 2 cm oberhalb des rechten grossen Tro-
chanter eingedrungen und in der Gegend der linken Articulatio sacro-iliaca
ausgetreten. Die Einschussöffnung heilte schnell, während sich an der Stdle
des Austritts der Kugel unter starker Eiterung eine Blasenfist^l etablierte.
Die Heilung erfolgte glatt nach Ausführung einer Urethrotomia externa und
nach Ableitung des ganzen Harnes für eine gewisse Zeit nach dem Perineum za.
Johannsen (92) glaubt die Beobachtung gemacht zu haben, dass bä
Flüssigkeitsansammlungen im Cavum Retzii das Peritoneum stets in einer
nach oben konvexen Linie abgehoben wird, deren Scheitel in der Linea alba
sich befindet, während die Schenkel beiderseits sich bis zum Poupart sehen
Bande verfolgen lassen. Dementsprechend soll daher auch die Dämpfung^-
linie dieselbe nach oben konvexe Biegung aufweisen. Die zur Stütze di«^
Annahme ausgeführten Leichenexperimente, bei denen Johannsen die Blase
einige Zentimeter von der Bauchwand ablöste, scheinen dem Ref. nicht sehr
beweiskräftig zu sein.
Daniel Fiske Jones (88). Die seit 1892 veröffentlichten Fälle von
intraperitonealer Blasenruptur geben eine Verringerung der Mortalität von
63,5 auf 27,5 ®/o , obwohl die verstrichene Zeit zwischen Verletzung und
Operation nach 1892 durchschnittlich 4 Stunden länger war als vorher. In
der ersten Periode wurde in 31 ®/o, in der zweiten in 18 ^/o bei der Operation
Peritonitis angetroffen. Die Ursache hierfür kann nur in der sorgfältigeren
Asepsis bei Anwendung des Katheters und der Injektionsprobe zum Zweck
der Diagnose gesucht werden. Das geeignetste Material zur Naht ist Seide.
Nach Anlegung der Naht soll die Abdominalhöhle mit Gaze drainiert werden.
Ob permanente Blasendrainage einen Vorteil hat, lässt sich aus dem bisherigen
Beobachtungsmaterial nicht ersehen. Maass (New- York).
Seldowitsch (99) fand in der russischen Literatur 26 Fälle von sub-
kutanen intraperitonealen Blasenrupturen, diesen fügt er sechs Beobachtungen
aus der Zeidlerschen Abteilung am weiblichen Obuchow-Hospital in Peters-
burg hinzu. Von den 32 Kranken starben 28, 4 wurden gesund. Sämtliche
Nichtoperierten (15) starben ; von 17 Operierten genasen 4. — Differential-
diagnostisch kann die Entleerung grosser Harnmengen per Katheter von Be-
deutung sein, dieselbe spricht für einen grossen intraperitonealen Riss der
Blasenwand, durch welchen der Katheter in die freie Bauchhöhle gelangt-
Seldowitsch macht auf die Möglichkeit der Verwechselung einer Blasen-
ruptur beim Weibe mit rupturierter Extrauteringravidität aufmerksam.
Hohlbeck (St. Petersbui^).
Lafourgade (93) hatte Gelegenheit, bei einem 32jährigen Manne, der
durch Verschüttung einen Beckenbruch mit intraperitonealer Blasenruptur
erlitten hatte, 56 Stunden nach der Verletzung die Laparotomie zu machen.
Das Loch sass in der Mitte des Blasenscheitels und war 6 cm lang. Ver-
nähung der Blase, Verweilkatheter per urethram, Heilung.
Die Dissertation von N o b e (96) bringt eine Zusammenstellung der seit
dem Jahre 1900 publizierten Fälle von Blasenruptur, im ganzen 32, denen er
zwei in der Breslauer chirurgischen Klinik und einen im Barackenlazarett
Hagenau operierte Fälle hinzufügt.
Sultan, Yerletzaogen und chirurgiBche Krankheiten der Blase. 867
V. Cystitis.
101. Baisch, Die Prophylaxe der postoperativen Gystitis. Münchener med. Wochen-
schrift 1903. Nr. 38.
102. ' ^Goldherg, Zur Ätiologie der Gystitis. Allgemeiner ärztlicher Verein zu Köln.
Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 34.
103. * — Beitrag zur Ätiologie der Gystitis. Monatshefte für Dermatologie. Bd. 35. Nr. 1.
104. Motz et Denis, Anatomie pathologiquq des cystites aigues. Annales des maladies
des organes g^nito-urinaires 1903. Nr. 12.
105. — etMontfort, Quelques remarques sur les cystites chroniques. Annales des mala-
dies des organes g^nito-urinaires 1903. Nr. 16.
106. *Zuckerkandl, Über die sogen. Gystitis cystica und fiber einen Fall von cystischem
Papillom der Harnblase. Monatsberichte für Urologie. Bd. YII. Heft 9.
Bei der mikro.skopischen Blasenuntersuchung von 14 Fällen von akuter
Gystitis kommen Motz und Denis (104) zu folgenden Schlussfolgerungen:
Das Epithel ist dabei nicht verändert; die kleinzelligen Infiltrationen durch-
setzen entweder gleichmässig alle subepithelialen Schichten, oder sind durch
Bindegewebszüge von einander getrennt oder sind zu kleinen Abszessen ge-
formt. Die entzündlichen Veränderungen erstrecken sich niemals auf die
Muscularis; die Gefässe sind anfangs stark erweitert und eriahren in der
Folge eine erhebliche Vermehrung. Hat die Gystitis eine Zeit lang bestanden,
dann tritt eine Hypertrophie der Muskulatur hinzu.
Motz und Montiert (105) erläutern die Ätiologie der chronischen
Gystitis, deren Ursachen paravesikal und intravesikal gelegen sein können.
Zu den paravesikalen Ursachen gehören: 1. Erkrankungen des Intestinaltraktus,
hartnäckige Obstipation oder Blasendarmfisteln; 2. Genitalerkrankungen, und
zwar abnorme Lagerungen und Tumoren von Uterus und Ovarien, Blasen-
scheidenfisteln, Perimetritis und Perisalpingitis, schliesslich Entzündungen von
Samenblase und Prostata ; 3. Infektion der benachbarten Hamwege, Urethritis
posterior und Harnleiterentzündungen. Zu den intravesikalen Ursachen rechnen
sie: 1. Neoplasmen, Steine, Fremdkörper, 2. Blasendivertikel, doppelte Blase,
Balkenblase, 3. unvollständige Blasenentleerung und 4. schwere Erkrankungen
der Blasenwandung. Durch einige makroskopische und mikroskopische Ab-
bildungen werden die Angaben illustriert.
Die im Anschluss an, besonders gynäkologische, Operationen sich ent-
wickelnde Gystitis lässt sich, wie Bai seh (101) aus der Tübinger Frauen-
klinik mitteilt, durch prophylaktische Massnahmen wesentlich einschränken.
Die postoperative Gystitis ist, wie wir wissen, eine bakterielle Entzündung in
der durch die vorangegangene Operation lädierten Blase, wobei die Bakterien
in den meisten Fällen durch den postoperativen Katheterismus in die Blase
gebracht werden. Bai seh empfiehlt daher folgendes: 1. Wenn irgend mög-
lich, Vermeidung des Katheter ismus; 2. in Fällen der Unmöglichkeit der
Urinentleerung eine Anregung dazu durch Injektion von Borglyzerin (20 ccm
2prozentigen sterilisierten Borglyzerins); 3. ist trotzdem der Katheterismus
unvermeidlich, dann soll eine desinfizierende Blasenspülung angeschlossen
werden.
VI. Fremdkörper in der Harnblase.
107. BuUock, An unusual foreign body in the female bladder with a simple method of
expalsioD. The Lancet 1903. May 9.
108. Hirsch, M., Beitrag zur Lehre von den Fremdkörpern der männlichen Harnblase.
DeutBche Zeitschrift für Ghiinirgie 1903. Bd. 70.
55*
868 Jahreebericht fOr Chirargie. II. Teil
109. Hirsch, Ein seltener Fall von Fremdkörper in der Harnblase. Ärztl. Zentnl-Zcitong.
Wien 1903. Nr. 14.
110. Legueu, La taille sons-symphysaire chez la femme poor Teztraction de certuni
Corps ätrangers de la vessie. Annales des maladies des organes g^nito-arinaires 190i
Nr. 24.
Seine schon im Jahre 1897 empfohlene Methode der Urethrotomia ex-
terna beim Weibe unterhalb der Symphyse bringt Leguen (110) von neaem
ins Gedächtnis und erläutert sie nochmals an der Hand eines Falles von
Fremdkörpern der weiblichen Harnblase. Dieser Eingriff erscheint ihm Tiel
geringer als die Dilatation der Harnröhre und empfehlenswert zur Entfemmig
von Fremdkörpern aus der Blase, welche sich durch die nicht diktierte Harn-
röhre nicht extrahieren lassen.
Einen seltenen Fremdkörper fand Hirsch (109) in der Harnblase« näm-
lich Pflanzenfasern, Tracheiden und Markstrahlzellen, wie sie in der Form nur
den Koniferen, namentlich Fichte und Tanne zukommen. Diese Elemente
lagen ganz isoliert und zerstreut im Präparat und machten den Eindruck ton
Mazeration. Da der Patient lange Zeit wegen Gonorrhöe in Behandlung g^
wesen war, hält Hirsch es für möglich, dass unter dem Einfluss von Enpfer-
sulfat- oder Lapislösungen vielleicht Teile eines Papiermache- oder Ficfateo-
holzkatheters sich losgelöst haben, in der Blase zurückgeblieben sind und sich
schliesslich inkrustiert haben.
Einen Beitrag zu dem vielbesprochenen Kapitel der Fremdkörper in der
männlichen Harnblase liefert Hirsch (108), indem er versucht, alle seit des
Jahre 1856 publizierten Fälle zu sammeln und nebst 8 neuen Fällen der Ab-
teilung v. Mosetigs zu einem Gesamtbilde zu vereinigen. Insgesamt liegen
dieser (allerdings nicht ganz vollständigen — Ref ) Zusammenstellung 111 FäUe
zugrunde, die durch die Vielgestaltigkeit der in die Blase geratenen Fremd-
körper, sowie durch die Rolle, welche Cystoskopie und Röntgenphotographie
für ihre Erkennung spielen, nicht ohne Interesse ist.
Einer 50jährigen Frau war ein abgebrochenes Stück eines Glaskatheters
in die Blase geraten, dessen Entfernung Bull ock (107) so vornahm, dass er
mittelst eines Katheters die Blase ad maximum füllte, dann mit einem Rektom-
dilatator die Urethra stark erweiterte und nun plötzlich die Flüssigkeit dorch
die nunmehr breite Öffnung herausstürzen liess. Hierbei wurde mit grosser
Gewalt das Glasstück mit herausgeschleudert.
TU. Tuberkulose der Harnblase.
111. Bandler, Über Blasentuberkulose. Prager med. Wochenschrift 1903. Nr. 21.
112. Hartley, Ezatirpation of the urinary bladder. Medical News 1903. Aug. 29.
113. *H eiler, Über den Schwand der Harnblase durch tuberkulöse Geachwüre. Inang-
Dissertation. Greifswald 1903.
114. Motz, Gnrabilit^ de la tuberculose YÖsicale. Annalea des maladies des organes g^oito-
urinaires 1903. Nr. 14.
115. Sc herb, Beitrag zur Pathologie und Therapie der Cystitis tubercalosa. loaug.-Dissef'
tation. Basel 1903.
Die Heilbarkeit der Blasentuberkulose zeigt Motz (114) an der Hand
von acht neuen Beobachtungen. Bei sechs von diesen Kranken heilte die
Blasentuberkulose ohne jede lokale Behandlung aus, eine Kranke wurde
kurettiert und mit Instillationen von Guajaköl behandelt, ein anderer Kranker
erhielt eine Reihe von Sublimatinstallitionen 1 : 5000. Bei den erwähnten sechs
Sultao, Verletzungen und chirurgische Krankheiten der Blase. 869
Kranken trat Heilung ein, nachdem der primäre Krankheitsherd, Niere bezw.
Ureter, entfernt worden war.
Ein Fall von schwerer Blasentuberkulose, den Band 1er (111) mitteilt,
wurde durch die suprapubische Blasendrainage ganz wesentlich gebessert. Der
Kranke hatte Schüttelfröste mit hohem Fieber und litt so stark an intensiven
Schmerzen, dass er unter dauernder Morphiumwirkung gehalten werden musste.
Alle diese Erscheinungen gingen nach einfacher Sectio alta und Blasendrainage
Tollständig zurück, so dass der Patient jetzt nach 3 Jahren im Vollbesitz
seiner Kräfte und Arbeitsfähigkeit ist. Allerdings ruft jeder Versuch, die
Blasendrainage aufzuheben, die alten Symptome wieder hervor, der Kranke
mnss daher dauernd einen Hamrezipienten tragen.
Hartley(112) hat dreimal die Blasenexstirpation auszuführen Gelegen-
heit gehabt. Einmal machte er sie wegen einer sehr ausgedehnten Blasen-
tuberkulose eines 18jährigen Mädchens, nachdem durch Anlegung einer Vesiko-
vaginalfistel und später durch eine suprapubische Blasenfistel vergebliche Hei-
lungsversuche gemacht worden waren. Hartley exstirpierte schliesslich die
Blase und nähte den die Ureteren enthaltenden Teil nach May dl in die
Flexur ein. ^U Jahr später befand sich die Patientin wohl und entleerte den
Harn bei Tag drei- bis viermal, bei Nacht ein- bis zweimal. In den beiden
anderen Fällen handelte es sich um Blasenektopie, welche Hartley ebenfalls
nachMaydl mit Erfolg operierte. Das eine 3 Jahre alte Kind starb IV« Jahre
nach der Operation, nachdem es sich ganz gut befunden hatte und nur etwa
alle 4 Stunden seinen Harn entleerte, an Enteritis. Eine Sektion ist nicht
gemacht worden.
Die Dissertation von Seh erb (115) enthält neben einem allgemeinen
Überblick über die Klinik der Blasentuberkulose Mitteilungen über die von
Burckhard-Basel behandelten Fälle. Auch hieraus geht zur Genüge die
Schwierigkeit in der Behandlung der Blasentuberkulose hervor; besonders mag
erwähnt werden, dass von 12 chirurgisch behandelten Fällen — einmal mittelst
Urethrotomia externa und Auskratzen der im Blasenhalse sitzenden Ulzera-
tionen, 11 mal mittelst Cystotomie — eigentlich nur ein Fall geheilt worden
ist, während einige andere vorübergehende Besserungen aufwiesen.
Yin. Blasensteine.
116. Brongersma, Gevallen uit de arologische praktijk Ned. Vereeniging voor Heel-
kande. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. IL pag. 607.
117. DsirDB, Bericht über 292 Blasensteinoperationen. Archiv f. klin. Chirurgie. Bd. 70.
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119. De Franchis, G., Calcolosi vescicale da corpi estranei. II Morgagni 1903. Nr. 11.
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von Woronesch". Russisches Archiv für Chirurgie 1908. H. 2.
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1903. Nr. 14.
122. Greco, D., Contribuzione alla cura di calcoli vescicali. Archivio internaz. di medicina
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128. Guyon, F., Die Technik der Lithotripsie. Mit Ermächtigung des Autors übersetzt
und bearbeitet von G. Berg. Wiesbaden 1908. J. F. Bergmann.
124. Herbert, Note on an unusual form of vesical calculus. The Lancet 1908. March 7.
125. Kapsammer, Über Spontanfraktur der Blasensteine. Wiener klin. Wochenschrift
1903. Nr. 18.
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870 Jahresbericht (Ür Chirurgie. II. Teil.
127. Krüger, Bemerkungen zur «Blasensteinzertrümmerung mit nachfolgender Aspiration.'
Deutsche Zeitschrift fQr Chirurgie 1903. Bd. 68. Heft 3 und 4.
128. Monod, Calcul vösical dövelopp^ antonr d'un fil de soie. Taille hypogastrique. BaÜ.
et m^m. de la soc. de chir. 1903. Nr. 7.
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130. Nossal, Ein an einer Bassininaht fixierter Blasenstein. Wiener med. Wochenachrift
1903. Nr. 31.
131. *Pingel, Ein Beitrag zum Kapitel der Blasensteine. Inaug.-Dis8ertation. Leipzig 19(iS.
132. Rafin, Forme exceptionelle de lithiase vösicale; incrustation de la muqneose par
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133. Thierfeld, Über Lithiasis bei Kindern. Prager med. Wochenschrift 1903. Nr. 35.
134. Wieting und Effendi, Resultate des hohen Steinschnittes. ArciuT ffir klin. Chi-
rurgie 1903. Bd. 70. Heft 2.
Unter den von Nico lieh (129) wegen Lithiasis der Hamwege be-
handelten Kranken befanden sich 152 mit Blasensteinen. Von diesen wurden
85 mit Lithotripsie, 67 mit Cystotomie operiert. Die Lithotripsie ergab mit
drei Todesfällen eine Mortalität von 3,5 ®/o, die Cystotomie mit fünf Todes-
fällen eine Mortalität von 7,45^0. Einige interessante Krankengeschichteii
werden ausführlicher mitgeteilt. Gleichzeitig erstattet Nico lieh kurzen Be-
richt über die Erfahrungen, die er bei Nieren-, Prostata- und Hamröhreih
steinen gemacht hat.
Gontscharow (120). Im Laufe von 5 Jahren wurden 142 Steinschnittt
gemacht. 94 mal wurde die Sectio alta, 48 mal die Sectio mediana angewandt,
letztere nur bei ganz kleinen Steinen. Unter 142 Kranken waren nur drei
weibliche. In 84,5% der Fälle handelte es sich um Kinder. — In einem
Falle von Sectio alta riss die Blase beim Füllen mit Borlösung, was aber kerne
üblen Folgen hatte. Das Peritoneum wurde in acht Fällen verletzt, Gont-
scharow hält diese Komplikation für belanglos, falls die Öffnung rechtzeitig
vernäht wird. Die Blasennaht wurde nach Bornhaupt angelegt, wobei in
87% der Fälle prima intentio eintrat. An die Blasennaht legt Gontscharow
für 5—7 Tage ein Drain. Ein Verweilkatheter ist unnötig. In 95,7% der
Fälle trat Heilung ein, 4,3 ^'o wiesen ein schlechtes Resultat auf (zwei Todes-
fälle [bei sehr dekrepiden Kranken] und zwei Fisteln). In 40% der Fälle
war der Verlauf fieberfrei. — Von 48 Patienten, denen eine Sectio alta ge-
macht wurde, starb einer (alter Mann von 63 Jahren mit chronischer Cystitisi,
drei wurden mit Fisteln entlassen, 36 = 75% wurden völlig geheilt entlassen.
Gontscharow kommt zum Schluss, dass, obgleich die Sectio mediana die
leichter ausführbare Operation sei, sie jedoch schlechtere Resultate als die
Sectio alta gebe. Er hatte unvollständige Heilungen und Todesfalle bei der
Sectio mediana 25%, bei der Sectio alta 4,3%.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Krüger (127) teilt seine Erfahrungen über Litholapaxie mit, die bei
dem ihm zur Verfügung stehenden reichen Krankenmaterial in Wildungen
nicht ohne Interesse sind. Im Gegensatz zu der verbreiteten Anschauung,
dass zur Ausübung der Litholapaxie ein hoher Grad von technischer Fertig-
keit und langjährige spezialistische Übung nötig ist, hält Krüger diese
Schwierigkeiten nicht für so gross, für einen Chirurgen nicht grösser, als
wenn der chirurgische Assistent zum erstenmal selbständig eine Sectio alta
ausführt. Die an 105 Blasensteinkranken gewonnenen Beobachtungen ent-
halten speziell für die Technik der Aspiration und ihre Gefahren, wie für
die Nachbehandlung wichtige Hinweise.
Sultan, Yerleizungen und cbirurgische Krankheiten der Blase. 871
Mit Guyons ;. Technik der Lithotripsie", übersetzt und bearbeitet von
Berg (123) liegt nunmehr der Schluss von Guyons Werken über die Er-
krankungen der Hamorgane vor. In klarer Darstellung werden wir bis inß
allerkleinste Detail mit der Technik vertraut gemacht, die in der Meisterhand
Guyons so grosse Erfolge erzielt hat. Eine grosse Anzahl guter Abbildungen
erläutert die Ausführungen näher, so dass auch dieses Werk Guyons dem
Anfänger ebenso wie dem erfahrenen Urologen wertvolle Dienste erweisen wird.
Bei 292 Blasensteinoperationen, welche Dsirne(117) in Samara (Russ-
land) in den Jahren 1895 bis 1902 ausgeführt hat, ergab sich eine Mortalität
bei 186 Fällen von Sectio mediana von 5,37 7», bei 71 Fällen von Sectio alta
mit primärer Blasennaht von 1,47 7o, bei 34 Fällen von Sectio alta mit offener
Wundbehandlung von 2,94%, wozu dann noch ein günstig verlaufener Fall
Yon Lithotomia vaginalis kam. Dsirne bespricht eingehend die Indikationen
für die verschiedenen Operationen nebst ihren Gefahren und erklärt sich für
einen prinzipiellen Gegner der Lithotripsie.
Wegen Lithiasis bei Kindern ist nach Thierfeld (133) im Kaiser Franz
Josef-Spital in Prag vom Jahre 1888—1902 in 30 Fällen 18 mal die Sectio
alta^ 2 mal Sectio mediana und alta, 2 mal die Lithotripsie, 6 mal die Ex-
traktion durch die Harnröhre ausgeführt worden, während 2 mal der Stein
spontan abging.
Nach der Mitteilung von Wieting und Effendi (134) wurden im
Kaiserl. ottomanischen Hospital Gülhane zu Konstantinopel in den letzten
4 Jahren an 44 Steinkranken 47 Operationen vollzogen und zwar 45 mal die
Sectio alta, 2 mal die Sectio mediana; in 42 Fällen wurde die Blase primär
durch die Naht geschlossen, dreimal offen gelassen. Wenn man bedenkt, dass
ein Teil dieser Operationen von Schülern des Instituts ausgeführt wurde, so
mnss das Resultat — im ganzen zwei Todesfälle, 34 primäre Heilungen der
Blasennaht — als ein sehr günstiges bezeichnet werden.
Brongersma (116) entfernte bei einem 64jährigen Manne einen nuss-
grossen Blasenstein, der durch spastische Kontraktion der Blasenmuskulatur
festgehalten wurde gegen die Vorderwand der Blase, zwischen dieser und
der vergrösserten Prostata. Der Fall war auch insofern interessant, als die
Hämaturie den Charakter einer renalen Blutung zeigte.
Der zweite Fall betraf eine 59 jährige Frau, die seit einigen Monaten
an Hämaturie litt. Durch cystoskopische Untersuchung und Ureterenkathe-
terismus wurde festgestellt, dass nur der Urin der rechten Niere pathologische
Bestandteile enthielt. Im Sediment fand man ausser Blut- und Eiterkörper-
chen sowie Zylindern eine grosse Menge kleiner polymorpher platter Epithel-
zellen. Auf Grund von diesem letzteren Befund wurde die Diagnose auf
Epitheliom des Nierenbeckens gestellt. Die Operation bestätigte die Diagnose:
im Nierenbecken, dasselbe zur Hälfte ausfüllend, ein alveoläres Karzinom.
Eine 26jährige Dame litt während ihrer Schwangerschaften stets an
Hämaturie ohne Schmerzen; einige Wochen nach der Entbindung war der
Harn immer wieder ganz frei von Blut. In der letzten Zeit Schmerzen in
der linken Seite. Bei dem üreterenkatheterismus lieferte der linke Ureter
nach der Palpation der linken Niere bluthaltigen Urin. Tuberkelbazillen
wurden nicht gefunden, auch keine Geschwulstzellen. Der Fall war früher als
eine Schwangerschaftshämaturie aufgefasst worden. Bei der Operation wurde
die atrophische linke Niere exstirpiert, in deren Becken sich zwei grosse
872 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
Korallensteine vorfanden. Hervorzuheben ist in diesem Falle das Symptom Ton
Wyss, die Blutung nach Palpation der Niere.
Bei einer 52 jährigen Frau wurde durch cystoskopische Untersudiung
eine cystische, nussgrosse Geschwulst in der Nähe der linken üretermündniig
festgestellt. Die Diagnose schwankte zwischen Cyste und cystös degeneriertem
Myom. Die durch Sectio alta entfernte solitäre Cyste war mit normaler Blasen-
schleimhaut bedeckt; die Cystenwand zeigte auf dem Durchschnitt alle Ele-
mente der Blasenwand; die Innenwand war von einschichtigem Plattenepithel
bekleidet. Bei der Besprechung der Entstehungsweise dieser Cysten erwähnt
Brongersma die Theorien von Limbeck (Verwachsung von Schleimhaut-
falten und lokalisierte Wucherung von Blasenepithel), die er nur für die auf
dem Boden von Cystitis entstandenen Cysten gelten lassen will. Am meisten
plausibel scheint ihm die Meinung Ciados, die diese solidären Cysten ab
als Retentionscysten betrachtet, hervorgegangen aus rudimentären tubulosöi
Drüsen. Goedhuis (Deventer).
De Franchis (119) teilt einen klinischen Fall mit, in welchem mittelst
der Cystotomia suprapubica zwei Steine herausgezogen wurden, die sich ia
der Blase um Reste einer während einer Katheterisation entzweigegangeDeo
Nela ton sehen Sonde herum gebildet hatten. R. Giani.
Einen Fall von Cystolithiasis bei einem herzkranken Manne behandelte
Greco (122) mittelst Lithotripsie. Heilung. R. Giani.
Ein von Monod (128) mitgeteilter Fall von Blasenstein, der sich um
einen Seidenfaden — nach vorangegangener Operation eines Leistenbruches —
gebildet hatte, ist insofern von Interesse, als er zeigt, in wie schneller Zeit
sich umfangreiche Steine zu bilden vermögen. Vierzehn Monate nach der
Bruchoperation wurde der Stein entfernt und wies bereits eine Grösse tod
5 cm Länge und 3^'2 cm Breite auf.
Bei einem 7jährigen idiotischen Knaben diagnostizierte Herbert (124)
einen Blasenstein, und wollte ihn durch einen lateralen Perinealschnitt ent-
fernen. Hierbei fand er den Stein nicht und entschloss sich, in der An-
nahme, dass ein Divertikelstein am Blasenfundus vorliegen könnte, zur Sectio
alta. Dabei fand er zwar kein Divertikel, aber einen Stein, der von 10—12
Lagen eines geschichteten Blutkuchens umhüllt war. Der Kern wurde von
einem bohnengrossen, aus Uraten und Phosphaten gemischten Stein gebildet
Glatter Heilungsverlauf.
Kapsamma (125, 126) fand bei einem 74jährigen, an Prostatahyper-
trophie leidenden Manne, der ausserdem Blasenstein-Symptome aufwies, bei
dem von ihm ausgeführten hohen Blasenschnitt 49 Steine, welche durch
Spontanfraktur entstanden waren und sich zu zehn Steinen wieder zusammen-
fügen Hessen. Kapsamma glaubt, dass diese Spontanfrakturen allein durch
Blasenspasmen entstanden seien, unter denen Patient sehr heftig zu leiden
gehabt hatte. Obgleich diese Art der Frakturbildung schon vor langer Zeit
von Crosse, Benno Schmidt u. a. erwähnt worden war, suche man in
der deutschen Literatur merkwürdigerweise jetzt solche Angaben vergebens.
Über eine sehr merkwürdige Inkrustation der Blasenwand mit üraten
berichtet Rafin (132). Bei einer 21jährigen Frau, welche seit 20 Monaten
an heftigen cystitischen Beschwerden litt, konnte er im cystoskopischen Bilde
an multiplen Stellen der hinteren Blasenwand graugelbe, kristallglänzende
Flecken sehen, die sich bei der von ihm ausgeführten Sectio alta als Schleim-
haut-Inkrustationen darstellten. Teilweise sassen die Salze der Schleimhaut
Sultan, VerletzuDgen und chirurgiBche Krankheiten der Blase. 878
0 fest auf, dass sie nur mit dem scharfen Löffel sieb entfernen Hessen.
)ie dadurch bedingten kleinen Blutungen wurden mit dem Thermokauter
estillt. Bei der chemischen Untersuchung erwiesen sich die Salze haupt-
ächlich als Urate. Eine Erklärung für das Zustandekommen der Inkrusta-
ionen ist zunächst nicht möglich.
Englisch (118) unterscheidet in seiner Arbeit über eingesackte Harn-
teine drei voneinander verschiedene Formen: 1. Festsitzende Steine,
welche von der Blasenwand, sei es durch Veränderung der Wandung, sei es
lurch die Form des Steines, festgehalten werden. 2. Eingelagerte Steine,
leren Lagerstätte enger oder wenigstens nicht weiter ist als die Öffnung,
lurch welche sie mit der Blase oder Urethra kommunizieren. 3. Einge-
kapselte Steine, deren Lagerstätte grösser ist, als die Kommunikations-
iffhung mit der Blase.
Zunächst bespricht Englisch die in das untere Ende eines Harn-
eiters eingekapselten Steine, ihre Anatomie und die bisher vorliegenden Er-
"ahningen. Im ganzen sind 55 derartige Fälle publiziert worden, von denen 38
jeheilt, 17 gestorben sind. Der empfehlenswerteste Operations weg sei die Sectio
dta. Weiterhin werden die zwischen die Schichten der Blasenwand einge-
lagerten und die in der Umgebung des mittleren Prostatalappens gelegenen
äteine, femer die hinter dem Ligamentum interuretericum liegenden, dann
iie sogenannten abgeschnürten Steine und schliesslich die am häufigsten vor-
kommenden Divertikelsteine abgehandelt. Durch eine tabellarische Übersicht
werden die wegen Divertikelsteinen vorgenommenen Operationen und ihre
Erfolge eingehend dargestellt. Den Schluss der erschöpfenden und übersicht-
lichen Arbeit bilden Mitteilungen über Steine am Blasenhalse und am oberen
Teil der Pars prostatica urethrae und über Steine im oberen Teil der pro-
statischen Harnröhre.
IX« Blasengeschwülste.
135. Arcoleo, £., La cistectomia parziale nel trattamento dei tomori vescicali. Riforma
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Vortrag über primäre und sekundäre Blasentumoren, ihre Diagnose und Behandlung
nebst einigen Bemerkungen über Cystoskopie.
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1903. Nov. 28.
144. Kolosse w, H., .Zur Lehre von den Blasentumoren, mit besonderer Berücksichtigung
der Karzinome''. Russisches Archiv für Chirurgie 1903. H. 5.
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Lyon mödical 1903. Nr. 33.
146. Montfort, Contribution ä T^tude du role de la prostate dans les tumeurs Epitheliales
infiitr^s de la vessie. Annales des maladies des organes g^nito-urinaires 1903. Nr. 11.
874 Jahresbericht für Chirurgie. 11. Teil.
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148. Woolsey, Carcinoma of tho bladder; complete exetirpaiion of the bladder; redil
implantation of one Ureter. New-York surgical society. Annals of surgery 1903. S«pt
149. *Z immermann, Ein Fall von Blasenpapillom mit Prolaps durch die Hamröbe.
Inaug.-Dis&ertation. Tabingen 1903.
F e d o r o w (139) berichtet über 26 Fälle von operativ behandelten Blasen-
tumoren. 9 mal handelte es sich um gutartige und 17 mal um bösartige Ge-
schwülste. Die Sectio alta wurde 17 mal angewandt, die anderen Fälle wurdea
endovesikal operiert. Fedorow meint, dass nur absolut gutartige, gestielte
Geschwülste mit Hilfe des 02)erationscystoskops operiert werden sollten. Das
Endoskop von Kelly verwirft er ganz. Die Sectio alta ist die idealste
Methode. Von 17 operierten Kranken starb nur einer infolge der Operation.
Von 12 Kranken, denen der hohe Blasenschnitt zur radikalen Entfernm^
eines Karzinoms gemacht wurde, sind 4 im Laufe von 1 — 3 Jahren rezidiv-
frei geblieben. Der grösste Teil der Tumoren sass am Blasengrunde oder in
der Umgebung der üreterenmündung. Die Exstirpation des Tumors und die
nachträgliche Versorgung der Blasenwunde wird nach Fedorows Angaben
durch von ihm ersonnene Klemmzangen bedeutend erleichtert. Zur Naht g^
braucht Fedorow Catgut, d. h. für die in der Blase angelegten Nähte. Die
äussere Blasenwunde, sowie die Bauchwand wird mit Seide vernäht. Fedoroir
warnt dringend vor dem Abreissen oder Ausschaben nicht nur der bösartige
Tumoren, sondern auch der gutartigen Papillome. Entweder entferne man
die Geschwulst weit im Gesunden, oder unterlasse die Operation.
Hohlbeck (St. Petersburg}.
Den Ausgangspunkt für die Arbeit C o hns (136) bildet folgende interessante
Krankengeschichte :
Ein 20 jfthriger Mann leidet seit der Geburt an StOrnngen der Hamentleerong, iate
entweder Inkontinenz, oder zu andrer Zeit stundenlang andauernde Retentition des Hmes
auftrat. Später schwand die Inkontinenz, dagegen trat in Zwischenräumen von einips
Tagen bis mehreren Wochen Harnverhaltung auf, welche V* bis Vjt Tage anhielt Bti
cystoskopischer Untersuchung sah man einen länglichen, von glatter Schleinahant äkr-
zogenen Tumor, dessen Längsachse einer Verlängerung des rechten üreterenwnlstes «d-
sprach. Durch Sectio alta (Garrd) wurde der cystenartige Tumor freigelegt and &eiv
vordere Wand abgetragen, worauf man einen wallnussgrossen, mit blasser Schleimhaat an-
gekleideten Hohlraum vor sich hatte. Die Blutung wurde mit dem PaqueJin gestillt, äi
Blasenwunde geschlossen. Heilung.
Aus der Literatur führt Cohn noch 40 weitere analoge BeobachtnngeQ
an, denen trotz einzelner anatomischer Verschiedenheiten das gemeinsam ist
dass sie durch ein Hindernis bedingt sind, welches distalwärts von derCy^
die Harnleiterlichtung verengt. Eine genaue Analyse der bisher bekannt»
Fälle, eine Darstellung der entwickelungsgeschichtlich wichtigen Momente md
ein ausführliches Literaturverzeichnis beschliesst die Arbeit.
Die Dissertation von F engl er (140) enthält neben einer allgemeine
Übersicht über die Tumoren der Harnblase den Bericht über 30 in der Bre-
lauer chirurgischen Klinik vom Jahre 1891 bis 1901 beobachteten Falk
Darunter befanden sich von selteneren Geschwülsten ein Angiom, ein Mpa
und ein Rundzellensarkom. Bei gutartigen Tumoren wurde die Sectio aha
9 mal, bei bösartigen 7 mal ausgeführt; in ersterem Falle 7 mal mit Erfok.
2 mal ohne solchen; bei den bösartigen Geschwülsten war das Resultat 2mi
ein gutes, 5 mal ein schlechtes.
Sultan, Yerletznngen und chirurgische Krankheiten der Blase. 875
Montfort (146) hat 84 Tumoren der Blase einer genauen makro-
skopischen und mikroskopischen Untersuchung unterzogen, um über die Be-
ziehungen, welche zwischen den epithelialen, infiltrierenden Blasentumoren und
der Prostata bestehen, Klarheit zu erhalten. Er bestätigt die Untersuchungen
von Motz, der in der Mehrzahl der Fälle die gleichzeitige Beteiligung der
Prostata festgestellt hat; das primäre Blasenkarzinom ist, wenn es überhaupt
vorkommt, sehr selten.
Bei einer Zahl von 1753 Sektionen fand Kolossow (144) 17 mal Blasen-
tumoren. In 9 Fällen handelte es sich um ein primäres Blasenkarzinom, in
den übrigen um Metastasen. Die mikroskopische Untersuchung ergab in
4 Fällen Plattenzellenkrebs , Imal Carcinoma medulläre (Metastase), Imal
Myxo-cysto-adeno-carcinoma (Metastase), bei den übrigen fehlen nähere An-
gaben. 3 mal handelte es sich um gestielte Geschwülste. Dass das Trigon.
Lieutaudii als Prädilektionsstelle für den Sitz von Blasentumoren anzusehen
ist, konnte Kolossow nicht bestätigen. Hohlbeck (St. Peterburg).
In dem von Arcoleo (136) beschriebenen Falle hatte sich ein Klein-
zellensarkom der Schleimhautschicht an der rechten anterolateralen Fläche
und der Spitze der Harnblase entwickelt. Verf. nahm die partielle Resektion
der Blase vor, rekonstruierte diese in einer zweiten Zeit und legte einen
permanenten Katheter ein. Es können nun 70 ccm Wasser in die Blase inji-
ziert werden, ohne dass Patient Schmerzen oder Unbehagen verspürt.
R. Giani.
Frank (141) hat ein Blasenpapillom durch den perinealen Blasenschnitt
nach Zuckerkandl sich sehr gut freilegen und mit dem Paquelin abtragen
können. In die Blasenwunde wurde ein Drain eingeführt, die Wunde mit
Jodoformgaze tamponiert, femer von vorne her ein Verweilkatheter eingelegt.
Glatte Heilung.
Newman (147) hatte bei einer 64 jährigen Frau wegen Blasenpapilloms
den hohen Blasenschnitt gemacht und den Tumor entfernt. Bei dieser Ope-
ration hatte er Gelegenheit, einen auffallenden Befund zu erheben : Er hatte,
während er mit seinem Finger die Inzisionsöffnung der Blase verschloss,
mittelst eines Katheters Borlösung in die Blase laufen lassen und nahm nun
wahr, dass während der Ausdehnung der Blase die Ränder der Inzisions-
wunde sich um seinen Finger kontrahierten. Er meint, dass infolge dieser
Neigung, die Wundränder einander nahe zu halten, die Blasenwunden häufig
8o auffallend schnell heilen (? Ref.).
Wegen eines Karzinoms, welches die ganze Blase eines 37 jährigen Mannes
anfüllte, machte Woolsey (148) die Totalexstirpation der Blase, und zwar
anter Loslösung vom Peritoneum, ohne dieses zu eröflFnen. Beide Ureteren
worden abgetrennt; in den rechten, welcher erweitert war und Eiter ent-
hielt, wurde ein Katheter eingeführt, welcher mit einer Naht an den Ureter
befestigt und in ein Gefäss nach aussen geleitet wurde; der linke Ureter
wurde in das Rektum eingenäht. Im weiteren Verlauf wurde der von der
rechten Seite gelieferte Harn bald eiterfrei und klar, und nach 2 — 3 Wochen
konnte der vom linken Ureter in das Rektum geleitete Harn mehrere Stun-
den zurückgehalten werden. 3V2 Monate nach der Operation starb der
Patient und die Obduktion ergab das Vorhandensein einer doppelseitigen
Pyelonephritis.
Schon im Jahre 1899 (s. Jahresb. 1899, p. 769) berichtete Herring (143)
über die Erfolge, welche er bei Blasenpapillomen durch Injektionen einer
876 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Argentum nitricum-Lösung von 1,0 : 2000,0 erzielt hatte. Er fügt 3 neue
Fälle hinzu, in denen diese Injektionen gute Dienste geleistet haben, in einem
Fall, nachdem post Operationen! ein Rezidiv aufgetreten war.
XVIII.
Die Verletzungen und ehirurgisehen Krankheiten der
männlichen GenitalieiL
Referent: Ernst Kirchhoff, Berlin-
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Allgemeines. Penis. Skrotum.
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Münch. med. Wochenschrift 1903. Nr. 18.
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Archiv 1903. Bd. 69. Heft 3.
4a. *Burmei8ter, Über einen merkwürdigen Fall von Perforation des Präputium. Zeninl-
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5. Colmers, Über Sarkome und Endotheliome des Penis; im Anschluss an die Beob-
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Bd. XXXIV. Heft 3.
6. *Demars, Hermaphrodlsme. Ectopie testiculaire double. Bull, et m^m. de la sot
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7. *D'Hoenens, Les complications g^nitourinaires de la grippe chez Thomme. Le Pn^
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8. El bogen, Plastischer Ersatz der ganzen Penishaut. Wiener med. Wochenschrift 1933.
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10. — Das Peniskarzinom. Wiener med. Wochenschrift Nr. 1, 2, 3.
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KIeiiiwächter(12) demonstrierte in der Wiener Gesellschaft der Ärzte
einen 2 Jahre 10 Monate alten Knaben mit abnorm mächtiger Entwickelung
der Sexualorgane. Der Penis war im schlaffen Zustand 7 cm lang und hatte
einen Umfang von 8,5 cm. Er war erektionsfähig. Die beiden Hoden hatten
eine Länge von 3,5 cm und einen sagittalen Durchmesser von IVs cm. Die
Prostata war infundiert. •
Bockenheimer (4) beschreibt einen typischen Fall einer Bauch-
blasendarmgenitalspalte (Fissnra vesico- abdominalis). Ausgezeichnete
Abbildungen illustrieren den Text.
Kraemer (14) beweist durch Experimente die Gesetzmässigkeit der
Ausbreitung der Urogenitaltuberkulose aus dem natürlichen Sekretstrom beim
Tiere nnd schliesst daraus, dass auch beim Menschen, wenigstens beim Manne,
die Urogenital tuberkulöse unter diesem Gesetz stehe.
Die Nieren- und Hodentuberkulose kann auf dem Blutwege oder durch
kongenitale Infektion stattfinden.
Bei der Hodentuberkulose können auch die Lymphbahnen in Frage
kommen.
Die Latenz der Tuberkulose spielt besonders bei der Hodentuberkulose
eine viel grössere Rolle, als man bisher annahm.
Kraemer nimmt bestimmt eine Ausscheidungstuberkulose durch die
Niere an.
Die Fortleitung seiner von aussen (Koitus) akquirierten Tuberkulose auf dem
Schleimhautwege zu Nieren und Hoden erledigt sich mit dem Wegfall der
Ausbreitung gegen den Sekretstrom.
In welcher Weise sich der Gang der tuberkulösen Erkrankung nach
Kraemer in den einzelnen Organen des Harn- und Geschlechtsapparates ge-
gestaltet, wird ausführlich auseinandergesetzt.
Woodgat (26) empfiehlt bei angeborener Phimose an Stelle der Livium-
inzision folgende Operation: Die Vorhaut wird soweit als möglich zurück-
gezogen, darauf wird am Dorsum eine Längsinzision gemacht, durch welche
die quere Richtung erreicht wird.
878 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL TeiL
Matzenauer (19) beschreibt einen nenen Phimosendilatator. Derselbe
besteht aus vier in Gelenken beweglichen Lamellen, welche durch eine Schraube
auseinandergetrieben werden. Der Dilatator wird mit zusanunengel^en
Branchen eingeführt und nur soweit geöffnet, dass er ohne weitere Fix^im
von selbst an dem gespannten Vorhautrand hält, der sich in die S-foimig
nach aussen abgebogenen Lamellen des Instrumentes hineinlegt.
£1 bogen (8) hat bei einem Soldaten, bei dem im Anschloss an &b&
geringfügige Verletzung die ganze Penishaut gangränös geworden war, in
folgender Weise einen plastischen Ersatz geschaffen. Das erhalten gebliebene
Vorhautblatt wurde gespalten und damit ein Teil des Defektes gedeckt. Zur
Deckung des Restes wird ein doppelt gestielter Lappen aus der Skrotalhant
gebildet und an die unteren und die beiden Seitenflächen des Penis t^-
schoben.
Das Resultat befriedigt in jeder Beziehung.
Von einem Versuch, den Defekt durch Thierschsche TransplantatioB
zu schliessen, war Abstand genommen worden, da die Erektionen die Heilung
wohl sicher verhindert hätten.
Englischs (9) umfangreiche Monographie stützt sich auf 540 FÜIe
von Peniskarzinomen, die teils selbst beobachtet, teils aus der Literatur n-
sammengestellt sind.
In 328 Fällen liessen sich Angaben über den Ausgangspunkt erhalten:
95 mal ging der Krebs von der Vorhaut aus, 20 mal von der äusseren Hänh
röhrenmündung, 160 mal von der Eichel, 42 mal von der Haut oder den SchweO-
körpem des Gliedes aus.
Das Peniskarzinom kam am häufigsten zwischen dem 50. und 60. Lebens-
jahre vor.
Was diej Krebsform betrifft, so handelte es sich 49 mal um Epitheliom,
6 mal um Scirrhus, 34 mal um Carcinoma medulläre.
Therapeutisch ist die Entfernung mit dem Messer jeder anderen Me-
thode vorzuziehen. Die Resultate sind günstig.
Colmers (5) hat Untersuchungen über Sarkome und Endo theliome des
Penis angestellt.
Am seltensten und gleichzeitig am bösartigsten sind die Blutgefiss-
endotheliome des Penis. Ihre Diagnose ist sehr schwierig. Trotz eingehendste
Untersuchungen ist häufig nur eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose zu stellen.
2. Hüllen des Hodens und Samenstranges.
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Madden (6) schiebt das häufigere Vorkommen der Hydrocele in tropi-
schen Ländern auf zwei Umstände: 1. Auf die mangelnde Stütze des Hoden-
sackes infolge der mangelhaften Bekleidung im Gegensatz zu den eng an-
schliessenden Beinkleidern der Europäer und 2. auf die Neigung der Orien-
talen zu sexuellen Exzessen.
Beides führt eine Hyperämie des Hodens und seiner Adnexe herbei und
begünstigt so das Zustandekommen eines serösen Ergusses.
Die Filaria, der von anderen Autoren eine grosse ätiologische Bedeutung
zugesprochen wird, ist von Madden niemals in der Hydrocelenflüssigkeit
gefunden worden.
Was die Therapie betrifft, so kommt die Punktion und die Punktion
mit nachfolgender Injektion einer reizenden Flüssigkeit nur bei den früheren
Stadien in Betracht, da die Wände des Hydrocelensackes später zu dick und
induriert sind. Diese länger bestehenden Fälle sind durch die Inzision,
häufig auch durch die Exzision eines grossen Teiles der Tunica vaginalis,
zu heilen.
Faugeres (3) Modifikation der Doyen sehen Hydrocelenoperation be-
steht darin, dass die nach diesem Verfahren umgestülpte Tunica vaginalis
fest mit der Nachbarschaft des Nebenhodens durch eine Naht vereinigt und
dadurch die Bildung eines toten Raumes verhindert wird.
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Harnblasensphinkters. Allgem. med. Zentralzeitung 1903. Nr. 46.
Riedel (17) bespricht die verschiedenen Methoden, welche in neuerer
Zeit angegeben worden sind, um den Leisteuhoden im Hodensack zu fixieren.
Das Wichtigste bei der Operation des Kryptorchismus ist das Ver-
schiebbarmachen des Hodens. Der Hoden lässt sich nicht eher hinreichenl
verschiebbar machen, als bis die Vasa spermatica vom Samenstrang getrenot.
hoch oben retroperitoneal bis in die Beckenschaufel verfolgt und dort m
den umgebenden Geweben gelöst sind, so dass sie gedehnt werden können
Durch die Anspannung des Samenstranges wird der Hoden nicht festgehalten.
sondern lediglich durch die ünnachgiebigkeit der Vasa spermatica.
Diese ausgiebige Freilegung der Vasa spermatica ist demnach, wenigstem
für die meisten Fälle, das dringende Erfordernis, um den Hoden ganz abwärts
verschieben zu können.
Calot (6) empfiehlt rein möglichst konservative Behandlung der tuber-
kulösen Hoden- und Nebenhodenentzündung. Er behauptet, seit 10 Jahren
in 20 Fällen von Erkrankung der Hoden lediglich durch Injektionen tob
Kampfernaphthol mit Seeaufenthalt Heilung erzielt zu haben.
Benenatis (4) Fall betrifft einen 49jährigen Patienten, der seit
frühester Jugend nur einen rechtsseitigen Hoden hatte. Vor 3 Jahren be-
merkte er im linken Hypochondrium eine hühnereigrosse Geschwulst, die
rapid wuchs und unter Inanitionserscheinungen zum Ende führte. Bei der
Sektion zeigte es sich, dass die Geschwulst aus dem Ligamentum colico-lienale
hervorkam, mannskopfgross war und aus Knoten mit fibrösen Septen und
Cysten bestand. Das Ganze umhüllt eine fibröse Kapsel.
Es handelte sich um ein Myosarcoma stricellullare. Und wenn
auch kein Hodengewebe mehr in dem Tumor nachzuweisen war, so dürfte dieser
doch mit ziemlicher Sicherheit für die beiden verlagerten Hoden angesehen
werden. Die Muskelfasern stellten versprengte embryonal angelegte Keime yot.
Bogoljuboff (5) konnte durch Tierexperimente nachweisen, dass sich
die durch Nebenhodenresektion unterbrochene Kontinuität der ableitenden
Sanienwege mit Hilfe einer Anastomosenbildung wiederherstellen liess. Es
wurde zweierlei Operation gemacht.
Kirchhoffi Yerletzungen und chirarg. Krankheiten der männlichen Grenitalien. 881
Typus I: Totale Resektion des Nebenhodens mit darauffolgendem Ein-
nähen des Vas deferens in den Hoden.
Typus 11: Resektion der unteren Nebenhodenhälfte und Einnähen des
Yas deferens in die Substanz der oberen Nebenhodenpartie.
Die Operation wurde von den Tieren meist gut überstanden und verlief
auch günstig. Das eingenähte Vas deferens verwächst unbehindert mit dem
Hoden und Nebenhoden. An der Verwachsungsstelle bildet sich eine An-
astomose durch Vermittelung eines intermediären Hohlraumes, in welchem
einerseits das Vas deferens, andererseits die Kanälchen des Hodens, resp. des
Nebenhodens, münden.
Andry und Dalons (1) haben bei einer gonorrhoischen Epididymitis
wegen Verdacht auf Tuberkulose ein Stückchen des Nebenhodens exstirpiert und
auseinander geschnitten. Sie kamen zu dem Resultat, dass die gonorrhoische
Epididymitis eine erosive und zugleich proliferierende Epithelentzündung mit
sekundärer phlegmonöser Lymphangitis sei.
Wassiljew (22) ist der Ansicht, dass der funktionelle Erfolg der sog.
sexuellen Operationen bei Prostatahypertrophie auf eine Verminderung des
Tonus des Blasensphinkters infolge von Reilexwirkung zurückzuführen sei.
Er nimmt an, dass bei der Prostatahypertrophie neben dem mechanischen
Hindernis der vergrösserten Prostata und der verminderten Form der Harn-
röhre auch die Erhöhung des Sphinktertonus eine Rolle spiele, dass derselbe
unter Umständen bis zum Spasmus gesteigert werden und dann wahrschein-
lich zur akuten Retention führen könne.
Dementsprechend ergab auch in Fällen mit akuter Retention die sexuelle
Operation die besten Resultate.
Durch die Wassiljew sehe Anschauung würde sich auch erklären,
warum die Operation zu einem so schnellen Erfolg, oft noch an demselben
Tage, nach wenigen Stunden führen kann.
Später vermag dann die Beseitigung des Sphinktertonus die Zirkulations-
verhältnisse der Blase günstig zu beeinflussen und damit eine dauernde
Besserung herbeizuführen.
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56*
884 Jahresbericht fflr Chirurgie. 11. Teil.
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kÜD. Wochenschrift 1903. Nr. 44
Krüger (36) stellte bei 2 Patienten, die an chronischer Prostatitis
nach Gonorrhöe litten, durch die Prostataraassage vorübergehende Albu-
minurie fest.
Bonn (7) konnte bei einer Urethritis anterior niemals Prostatitis nach-
weisen, hält vielmehr das Vorhandensein einer Prostatitis immer für ein An-
zeichen einer Urethritis posterior.
Wiederholt fand BonnProstatitis beim Fehlen einer nachweisbaren
Prostatavergrösserang. Diese und der örtlichen Druckscbmerzhaftigkeit legt
er bei der Diagnosestellung nur geringen Wert bei. Für ihn ist wichtiger
eine ungleichmässige Konsistenz, speziell die Tastbarkeit follikulärer Knötchen,
doch stellt er die Diagnose Prostatitis nur aus dem mikroskopischen 'Sach-
weis gehäufter Leukocytose im exprimierten Prostatasekret oder in Fadtn
der nach der Massage gelassenen Harnpartien. Bei reichlicher Spermabei-
mengung ist stets an die Möglichkeit einer Spermatocystitis zu denken. Eine
gewisse Garantie, dass die Leukocyten aus der Prostata stammen, geben die
spezifischen kleinen Prostataepithelien mit grossem, fast den ganzen Zellkib
ausfüllenden Kern, die oft in ein netzartiges Stroma eingelagert erscheineL
Femer betont Bonn das häufige häkchen- und kommaartige Aussehen
der Prostatafäden.
Gonokokken fand Bonn in 6^'o der Fälle.
Therapeutisch wendet er in erster Linie die digitale Massage an, ferner
Ichthyol- und Jodkalisuppositorien, Oidtmannsche Ichthyolklysmen, Sondeo-
behandlung, Instillation und Spülungen der Urethra posterior.
Waelsch (64) konstatierte bei 200 chronischen Gonorrhöen 162 (81 ^
chronische Prostatitiden. Nur in 3 Fällen fehlt eine Urethritis posterior. Bä
den meisten Fällen waren die Symptome sehr geringfügig. Prostatorrhoe
fehlte meist. In 6 Fällen waren die charakteristischen nervösen Beschwerden
vorhanden.
Bezüglich der Heilbarkeit ist Waelsch der Ansicht, dass durch die
üblichen Behandlungsmethoden wohl ein Teil der Fälle definitiv geheilt werdet
kann, dass aber in zahlreichen, besonders veralteten Fällen, Heilung oder
dauernde Besserung nicht erzielt werden kann.
Durch energische Therapie kann oft eine Verschlimmerung herbeigefnW
werden.
Montfort (43) hat an 84 epithelialen Blasentumoren Untersuchungen
angestellt, um die Frage zu entscheiden, welche Bolle die Prostata bei dieser
Erkrankung spielt.
Bisher gingen die Ansichten der Autoren hierüber sehr auseinander.
Die Resultate Montforts lassen zwei Gruppen unterscheiden: I. Tn-
moren, welche sich vom Blasenepithel ableiten lassen, IL Tumoren, die iii«
anderes Epithel aufweisen.
Die Tumoren der ersten Gruppe können lang auf die Blase beschrinb
bleiben, wobei es gleichgültig ist, ob sie eine typische oder atypische Form
zeigen, ob sie die Blasenwand infiltrieren oder nicht.
Die Tumoren der zweiten Gruppe haben ihren primären Sitz in einem
andern Organ. Die Infiltration der Blasenwand ist bei ihnen konstant, ifl*
Kirchhoff, Verletzungen and chirorg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 885
folge eines direkten Übergreifens von der Nachbarschaft her oder von Meta-
stasen. In der Mehrzahl dieser Fälle geht der Tumor von der Prostata aus,
vor allem, wenn es sich um ein echtes Karzinom handelt. Doch ist dies nicht
iaiiner durch die makroskopische Untersuchung allein festzustellen, oft muss
das Mikroskop mit herangezogen werden, um den Nachweis der karzinoma-
tösen Entartung der Prostata zu bringen.
Kapsammer (35) beschreibt einen Fall von Sarcoma enchondromatodes
der Prostata, welcher auch durch seine Krankengeschichte von Interesse ist.
Der 40 jährige Patient hatte seit einigen Monaten zunehmende ürinbesch wer-
den. Die Prostata erwies sich trotzdem nachher normal; erst nach 4 Wochen
liess sich eine zunehmende Vergrösserung konstatieren. 6 Monate nach Be-
ginn der Erkrankung wurde per urethram ein Gewebsfetzen entleert, der sich
mikroskopisch als Sarkom erwies. Eine Operation wurde verweigert. Die
Prostata vergrösserte sich zunächst fortwährend, doch gingen allmählich immer
mehr Tumorstücke ab, so dass die Prostata nach 2 Monaten wieder kleiner
war. Dann traten heftige Kreuzschmerzen und Fieber auf, es kam zu einer
Parese der rechten unteren Extremität und 8 Monate nach Beginn der Er-
krankung trat der Exitus letalis ein.
Levys (38) Fall betrifft einen 4jährigen Knaben, der wegen Harnver-
haltung in das Krankenhaus gebracht worden war. Am Darm befand sich
eine halbkugelige, pseudofluktuierende, gänseeigrosse Geschwulst, von unver-
änderter Haut bedeckt, vom Mastdarm aus palpierbar. Es wird zunächst der
hohe, dann, 14 Tage später, der breite Blasenschnitt gemacht. Die Geschwulst
wuchert in rapider Weise weiter, so dass 3 Wochen nach der Aufnahme die
ganze Gegend vom Skrotum bis über den Anusfundus von einem blumenkohl-
artig bis zur Höhe von 3 cm über die Umgebung sich erhebenden Tumor
eingenommen war. Das Kind ging bald zugrunde. Die Sektion ergab , dass
der Tumor, im wesentlichen ein Myxosarkom, von der Prostata seinen Aus-
gang genommen hatte und dass diese vollständig in der Geschwulst auf-
gegangen war.
0 raison (48) führt 2 Fälle von zirkumskriptem Prostatakarzinom an,
bei denen die radikale Operation günstige Erfolge hatte. Im Anfangsstadium
ist es freilich schwierig, die Diagnose zu stellen, indessen ist in allen zweifel-
haften Fällen, in denen bei vergrösserter Prostata der Verdacht auf Karzinom
vorliegt, die Operation indiziert. Desgleichen in allen zweifelhaften Fällen,
in denen das Karzinom nur auf die Drüsen beschränkt ist.
Am meisten empfiehlt sich das Albarr ansehe Verfahren der Prostata-
tomie. Ist die Urethra prostatica mitergriffen, so ist die totale Prostatatomie
mit Perforation der Urethra prostatica auszuführen. Ist das Karzinom be-
reits über die Grenze der Prostata hinausgewuchert, so ist am besten jedes
operative Eingreifen zu unterlassen.
Doerfler (15) beschreibt ein Prostatakarzinom bei einem 62jährigen
Manne, welcher fast gar keine lokalen Symptome, vor allem keinerlei Störung
in der Urinentleerung bewirkt hatte.
Bei der grossen Schwierigkeit der Frühdiagnose des Prostatakrebses ist
die ausführ Uch mitgeteilte Krankengeschichte von besonderem Interesse.
Rothschild (53) hat 30 Vorsteherdrüsen von Männern, die im Alter
von 30 — 50 Jahren gestorben waren, untersucht. Ausgeschlossen von der
Untersuchung waren die Drüsen von Individuen, die an akuten Infektions-
886 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
krankheiten, Lues oder irgendwelchen Entzündungen der Hamwege gelitte
hatten.
In 27 Fällen (90*^/o) fanden sich pathologische Veränderungen in der
Drüsensubstanz und im interstitiellen Zwischengewebe. In 24 Fällen waren
Eiterzellen im Drüseninhalt, teils als geringe Beimengung, teils denselben toU-
ständig erfüllend. In 20 Fällen Hess das Epithel charakteristische Verändeningeii
erkennen.
Die am meisten veränderten Drüsen stammten von Männern zwischen
40 und 45 Jahren.
In 7 Fällen bestand eine mit dem blossen Auge sichtbare Hypertrophie;
doch ging das Gewicht der betreffenden Drüsen nicht über die als normal .
bezeichnete Grenze hinaus. I
Clarke (11) weist darauf hin, dass die Prostata, um Störungen her-
vorzurufen, nicht immer vergrössert zu sein braucht.
Wenn es sich um fibromatöse, und nicht um adenomatöse Bildung in
der Drüse handelt, ist die Prostata kleiner als normal.
Auch hier ist therapeutisch die Enukleation der ganzen Drüse oder einer
Hälfte derselben angezeigt.
Bei gestielten Mittellappen empfiehlt Clarke die Resektion.
Sind Gefässveränderungen vorhanden, so ist die Kauterisation vor-
zunehmen.
Bar tri na (3) ist der Ansicht, dass bei den meisten Fällen von Prostata-
hypertrophie (infolge der Hypertrophie der Seitenlappen) eine seitliche Ab-
plattung der Harnröhre bestehe, wodurch die bekannte Verkrümmung der
Harnröhre kompliziert wird. Er hat daher einen seitlich abgeplatteten
Katheter mit M er cier scher Krümmung konstruiert, mit dem der Kathete
rismus in schwierigen Fällen leicht gelingen soll. Die Breite des abgeplattetao
Katheters beträgt etwas mehr als die Hälfte der Höhe.
Thomson bevorzugt bei der Behandlung der Prostatahypertrophie die
Frey ersehe Enukleationsmethode und macht auf folgende Punkte auf-
merksam :
I. In den meisten Fällen bilden die Seitenlappen das Hindernis far die
Urinentleerung.
U. Aus dem bei der Rektaluntersuchung gewonnenen Befund lässt sick
kein Schluss auf die Grösse des intravesikalen Tumors ziehen.
III. Zwischen der Grösse der Prostata und dem Grade der ürin-
beschwerden braucht kein Zusammenhang zu bestehen. Je kleiner die Ge-
schwulst, desto schwieriger ist die Enukleation.
Southam (57) hält, ebenso wie Thomson, die Frey er sehe Methode
für die leistungsfähigste von allen angegebenen Operationsmethoden.
Nur bei massiger fibromyomatöser Vergrösserung ist sie nicht anwend-
bar. Dann kommt die partielle Prostatektomie oder die Cystotomie und
Blasendrainage zur Anwendung.
Zuweilen empfiehlt es sich, statt nach Frey er die einzelnen Adenom-
knoten extrakapsulär, dieselben intrakapsulär zu enukleieren.
Vogel (62) berichtet über die in der Bonner chirurgischen Klinik g^
machten Erfahrungen. I
Er macht vor allem darauf aufmerksam, wie gefahrlich es ist, bei leerer \
Blase zu operieren. Die leere Blase legt sich in Falten zusammen, und da |
Kirchhoff, Verletzungen and Chirurg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 887
kann es leicht passieren, dass man bei Drehnng des Instrumentes nach der
Prostata hin eine dieser Falten verletzt.
Einige Chirurgen füllen die Blase bei Ausführung der Bottini sehen
Operation mit Luft.
Zuckerkandl (67) beschreibt ausführlich die beiden Verfahren, welche
heutzutage fast ausschliesslich zur Vornahme der Totalexstirpation der Pro-
stata in Betracht kommen: Die perineale und die suprapubische Prostata-
tomie.
Frey er (22) bespricht zunächst die anatomische Struktur der Prostata.
Die Drüse stellt nicht, wie vielfach angenommen wird, ein einheitliches Organ
dar, sondern sie besteht aus zwei getrennten Lappen, von denen jeder von
einer Kapsel umgeben ist. Ausserdem ist aber das ganze Organ noch von
einer gemeinsamen Kapsel eingeschlossen.
Auf dieser anatomischen Struktur beruht das Operationsverfahren
Freyers. Er enukleiert bei Adenombildung in der Prostata, um die es sich
ja in der Mehrzahl der Fälle von Prostatahypertrophie handelt, nur die ein-
zelnen Prostatalappen mit ihrer Capsula propria, lässt aber die gemeinsame
Kapsel intakt. Hierdurch wird ein Schutz gegen Urininfiltration gewährt.
Sobald die Blase eröffnet ist, wird nur noch stumpf operiert.
Über seine Operationen selbst hat Frey er zu wiederholten Malen ein-
gehenden Bericht erstattet.
Elsworth (18) beschreibt einen nach Freyers Methode operierten
Fall, der sich durch eine besonders grosse Prostata auszeichnete. Der Erfolg
war sehr günstig. Am Ende der dritten Woche ging die Urinentleerung
spontan von statten.
Durand (16) tritt für die Prostatatomia perinealis ein.
Harri so n (28) hält den Prostatakrebs für eine viel häufiger vor-
kommende Erkrankung als gewöhnlich angenommen wird.
Die Frühdiagnose ist stets schwer. Häufig vorkommende Begleit-
erscheinungen sind Lumbago und Ischias. Später schwellen die Inguinal-
drüsen. Die Drüse selbst fühlt sich auffallend hart an. Zeitweise kommt es
zu leichten Blutungen. Allmählich werden die Patienten kachektisch. Cysto-
skopisch lässt sich nichts nachweisen, da der Tumor meist nur wenig in die
Blase vorspringt. Die Prostatektomie gibt bei Krebs der Prostata schlechte
Resultate, dahingegen ist die Anlegung einer suprapubischen Fistel emp-
fehlenswert.
Nico lieh (46) zieht die totale perineale Prostatatomie dem Bottini-
schen Operationsverfahren vor. Er hält sie für ungefährlich und spricht ihr
besten Erfolg zu.
Die Technik der Operation wird ausführlich geschildert.
Nachtrag.
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23. Gardini, A., Sulla ritenzione testicolare inguinale in rapporto con Temia. Atti deff
Accad. d. sc. med. e naturali di Ferrara 1903. Nr. 1.
24. Carta, F., Nuoyo metodo di sospensione nella cura radicale del yariocele. Giomak
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25. Vir da, A. , II yariocele e sua cura chirurgica moderna. Riforma medica 19(^
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27. Delli Santi M., SuH' epididimite tubercolare primaria, Riforma medica 1908. Nr. 34.
28. De Francesco, D., Contributo alla cura della tuberculosi orchioepididimaria. RiyisU
yeneta di sc. med. 1903. fasc. Novbre.
29. Moresco, G., Contributo al trattamento chirurgico deir idrocele della yaginale del
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30. Marri, E., Un caso di idrocele comunicante con testicolo atrofico ed ectopico. Clinica
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81. Pepere, A., Sui teratomi testicolori. Clinica moderna 1903. N. del 25 Noy.
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Kirchhoff, Verletzungen und chirarg. Krankheiten der männlichen Genitalien. 889
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35. Gangitano, F., Deir ectopia del testicolo e del sao trattemenio con an nuoYo pro-
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36. Tornaselli, 6., Solle alterazioni delle tuniche seröse nel proceso varicoso. Gazzetta
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ospedali 1903. Nr. 107.
38. Gasparini, G., Contributo alla cura deir ectopia inguinale del testicolo coli' orchi-
dopessia. Gazzetta degli ospidali 1903. Nr. 137.
Bako (1) macht Mitteilung über fünf Fälle perinealer Prostatektomie
bei Hypertrophien der Prostata. Ein Fall endete tödlich, vier wurden ge-
heilt; zwei von letzteren urinieren ohne Residualharn, bei den zwei anderen
betrug die Menge desselben nach der Operation zwischen 25 — 80 g.
Bako hält diese Operation für indiziert: 1. bei inkompletter Retention,
im Falle eine hartnäckige Blasenentzündung besteht; 2. bei kompletter Re-
tention — wenn eine gewissenhafte, systematische Katheterisierung nicht
durchführbar ist, oder es bestehen häufige Blutungen oder ebenfalls eine hart-
näckige Cystitis. J. Dollinger (Budapest).
Vermey (2) empfiehlt in diesem Vortrag zur Behandlung der Prostata-
hypertrophie die Kastration, wenn die Katheterbehandlung nicht zum Ziele
geführt hat und der Allgemeinzustand die Prostatektomie nicht gestattet. Er
hat in mehreren Fällen die Kastration gemacht und vorzügliche Resultate
damit erreicht. Psychische Störungen hat er niemals beobachtet. Von der
Vasektomie hat er meistens nicht die geringste Besserung der Beschwerden
gesehen. Bei einem 49 jährigen Manne, bei dem er die Prostatektomie aus-
führte, wurde das Rektum verletzt und entstand eine Urethralfistel. Durch
eine Nachoperation wurde diese Fistel und die Incontinentia aivi zur Heilung
gebracht. Das Endresultat war ausgezeichnet. Der Urin wird 6 — 7 Stunden
aufgehalten. Kein Residualurin. Ein Jahr p. op. war von Hodenatrophie
noch nichts zu verspüren. Er hält die Prostatektomie für eine eingreifende
Operation, die nicht bei kachektischen Individuen auszuführen sei.
Bei der Diskussion bemerkt Brongersma, dass, seiner Meinung nach,
der Katheterismus und Prostatamassage die Hauptbehandlung der senilen
Dysurie sein müssen, und dass diese Behandlung in den meisten Fällen zum
Ziele führen wird. Lässt sie sich nicht durchführen, dann proponiert er die
Prostatektomie.
Schoemaker tritt warm für die Freyer-Fenwicksche Methode ein.
Benssen hat mit Vesikopexie nach Goldmann gute Resultate be-
kommen.
van Stockum wendet in seiner Klinik die Bottinische Methode,
nach sorgfältiger cystoskopischer Diagnose, als Normalmethode an.
G 0 e d h u i s.
Van der Hoeven (3) demonstriert ein Sarkom der Prostata bei
einem einjährigen Kinde. Nachdem zuerst die bestehende Urinretention
durch Urethrotomia interna aufgehoben war (das Einführen eines Katheters
war nicht möglich), musste eine suprapubische Blasenfistel angelegt werden,
weil der Katheter fortwährend durch die Perinealfistel herausgetrieben wurde.
Nach einigen Monaten wuchs der Tumor durch die suprapubische Fistel
nach aussen. Das Sarkom hatte Kindskopfgrösse und durchwucherte die
hintere Blasenwand. Goedhuis.
890 Jahresbericht für Chirargie. ü. TeU.
Die Therapie der Prostataabszesse besprechend, warnt Ciechomski {4«
eindringlich vor der Spaltung derselben vom Mastdarm aus und empfiehlt
den perinealen Weg. Urbanik (Rrakaa).
Weber (5) kommt auf Grund eines von ihm operierten nnd genau
untersuchten teratoiden Tumors des Hodens zu folgenden Schlüssen ; Die sog.
Dermoide des Hodens sind komplizierte Geschwülste, die aus Abkömmlingen
aller drei Keimblätter bestehen, daher sind sie richtiger als Embryome zu
bezeichnen. Die teratoiden Geschwülste des Hodens und des Ovarimns sind
analoge Bildungen. Die Entstehung der Embryome des Hodens wird am
besten durch die Theorie von Bonnet-Marchand erklärt. Vom patho-
logisch-anatomischen Standpunkt sind die Embryome gutartige Geschwülste.
Im klinischen Verlauf können sie bösartigen Neubildungen gleichen.
Höh Ib eck (St. Petersbuj^).
Um über den Einfluss der Resektion des Vas deferens auf die Harn-
entleerung bei Prostatahypertrophie Aufschluss zu erlangen, experimentierte
Wassiljew (6) an Hunden. Es gelang ihm in 12 von 17 Fällen, einen
Einfluss der Resektion des Vas deferens auf den Sphinktertonus festzustellen.
Die Versuche wurden derart angestellt, dass unter Morphium die Tiere laparo-
tomiert wurden. Die Blase wurde vom Ureter aus oder direkt durch Punk-
tion mit Wasser gefüllt (war die Blase mit Harn gefüllt, so fiel das wegi.
Durch den Blasenfundus wurde ein Manometer eingeführt, dann die Blase
gedrückt und nun beim Erscheinen des ersten Tropfens aus der Harnröhre
am Manometer vor und nach Resektion des Vas deferens abgelesen. In zwSd
Fällen wurde ein Unterschied von 100—400 mm konstatiert. Wassiljew
kommt zu dem Schluss, dass die Resektion des Vas deferens den Tonus des
Blasensphinkters herabsetzt. Hieraus erklärt sich auch der Einfluss der
Vasektomie bei der Harnretention der Prostatiker.
Hohl b eck (St. Petersburg).
Herescu (7) wandte neunmal die perineale subtotale Prostatektomie
und dreimal die suprapubische nur mit einem Todesfalle an. Genesung in
allen anderen. Er machte den Hufeisenschnitt und meistens das Morcellement
der Drüse mit Öffnung und dann Naht der Urethra, Drainage.
Stoianoff (Plevnaj.
Im Fall Stefan escu-Gal atz (9) handelte es sich um traumatische
Striktur der Urethra in der Regio penis, für eine Bougie filiforme durch-
gängig. Resektion eines 1 cm langen Stückes, dann Naht auf einer Sonde
Nr. 17. Nachträgliche Dilatation. Genesung. Stoianoff (Plevna).
Carl Wettergren(ll): Bei einem 55 jährigen Manne hatte sich, nach
einer heftigen Anstrengung während des Verlaufes von 25 Jahren allraählidi
eine bilokulare Hydrocele funiculi entwickelt, deren skrotaler Teil mannskopf-
gross war und deren ungefähr gleich grosser abdominaler Teil in der Mittel-
linie zwischen dem Nabel und der Symphyse lag. Die Säcke enthielten 4,51
Flüssigkeit. Durch Exstirpation des Sackes wurde eine radikale Heilung er-
zielt Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Von den seltenen primären pigmentierten Sarkomen am Penis teilt
Key (12) einen Fall mit. Früher sind nie Fälle bekannt gemacht worden.
Es handelt sich um einen 74jährigen Mann^ der vor 4 Jahren eine „Wunde**
am Penis gehabt hatte, welche exzidiert wurde. Nach einem halben Jahr er-
folgte ein Rückfall, der zum Gegenstand einer erneuten Operation wurde. Jetzt
bemerkt man am Frenulum einen nussgrossen pigmentierten Tumor, soi^ie
Kirchhoff, Yerletzmigexi und chirurg. Krankheiten der mftnnlichen Genitalien. 891
zwei kleinere ähnliche Geschwülste in der Umgebung, die alle durch Am-
putatio penis entfernt wurden. Key referiert Untersuchungen aus den letzten
Jahren über die Natur und den Ursprung der Geschwulstzellen der pigmen-
tierten bösartigen Neubildungen sowie die Bildung des Pigments und dessen
chemische Zusammensetzung. Er spricht sich für die Ansicht aus, dass die
Naevuszellen in der Regel epithelialer Natur seien, wenn sie auch in ver-
schiedenen Fällen verschiedenen Ursprungs sein können. Auf Grund einer
mikroskopischen Untersuchung hält er die Geschwulst für ein hämor-
rhagisch-pigmentiertes Sarkom, was auch die gute Prognose an-
gesichts des Rezidivs erklären kann. Hj. von Bonsdorff (Helsingsfors).
Da der 73jährige Mann oft an totaler Retention litt, die ihn zwang,
sich in Krankenhauspflege zu begeben, erachtete Bäärnhielm (13) eine
Prostatektomie indiziert. Hufeisenförmiger Schnitt vor dem Anus, mit der
Konvexität nach vorn. Beide Lappen wurden enukleiert. Eine 2 cm lange
Kuptur entstand in der Urethra. Ein halbes Jahr nach der Operation war
das Resultat gut. Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Nyberg (14) führte Totalexstirpation der Prostata auf perinealem
Wege aus bei einem 72 Jahre alten Manne, der an totaler Hamretention litt.
Die lateralen Loben wurden exstirpiert. 2^/2 Monate nach der Operation war
das Resultat gut, indem der urethrale Sphinkter gut funktionierte, der Mann
urinierte mit vierstündigen Intervallen; Residualham 150 ccm.
Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Howley (16) hat an drei Leichen mit Prostatahypertrophie mich
Zucker kandis Perinealschnitt den Rectourethral - Muskel vom Bulbus
nrethrae abgetrennt, den Levator ani auf beiden Seiten durchschnitten, die
Kapsel der Prostata gespalten und Teile der Drüse entfernt, ohne Harnröhre
und Blase zu öffnen. Schon nach Durchtrennung der Muskeln und Kapsel
sinkt die Prostata bedeutend herab und nach Exzision der Stücke aus der
Drüse selbst verstrich die hintere Tasse der Blase ganz und wurde der Aus-
fluss vollständig frei. Howley empfiehlt dies Verfahren als Frühoperation.
Am Lebenden hat er es nicht ausgeführt. Maass (New- York).
Nachdem er die Anschauungen der verschiedenen Autoren über den
Gegenstand angeführt, berichtet Spangaro (20) über die von ihm ausgeführte
histologische Untersuchung der Hoden von drei Individuen, bei denen (beim
ersten 12 Tage, beim zweiten 6 Monate, beim dritten 2 Jahre vorher) zwecks
Behandlung einer Prostatahypertrophie, die Resektion des Ductus deferens
vorgenommen worden war. — Nach seinen Beobachtungen bemerkt Verf., be-
stätige sich die allgemeine Meinung, die Ligatur des Ductus deferens führe
zur Hodenatrophie durchaus nicht, ja er neige zur Annahme, dass die am
Hoden eines alten Individuums ausgeführte Ligatur des Samenleiters entweder
keine Hodenatrophie bewirke oder, wenn sie solche nach sich zieht, dieselbe
erst nach ziemlich langer Zeit und vielleicht unter besonderen Verhältnissen,
wie infolge von Gebrauch des Organs, zustandekomme. R. Giani.
Stori (21) berichtet über einen Fall von Lipom des Samenstranges;
das Lipom, das von ihm abgetragen wurde, wog 8900 g. Verf. meint, dass
es sich aus dem Fette des Samenstranges entwickelt und mit dem subperito-
nealen Fettgewebe und dem der inneren Darmgrube in keiner Beziehung ge-
standen habe. Er hält es deshalb für ein primäres Samenstranglipom. — Er
führt auch die bisher bekannt gewordenen Fälle an. R. Giani.
Casati (22) teilt drei Fälle mit, in denen die Impotenz durch enorme
802 Jahresbericht ffir Chirurgie. II. Teil.
Anschwellung der dorsalen Penisvenen bedingt war und in denen er die tief-
gelegene dorsale Vene unterband, wonach die Erektion wieder zustandekam.
R. GianL
Über die Hodenretention und ihre Beziehungen zur Hernie sich ver-
breitend, meint Gardini (23), dass man die Hernie radikal behandeln und
den Hoden im Skrotum fixieren müsse; nur in extremen Fällen, in denen der
Samenstrang übermässig kurz ist, sei eine Abtragung des Organs angebracht.
R. Giani.
Carta (24) beschreibt eine neue Methode zur Behandlung der Varicoc^.
Nachdem er von den varikösen Venen des vorderen Bündels so wenig wie
möglich reseziert hat, suspendiert er den Hoden, indem er die vom Kremaster
und der T. vaginalis communis gebildete Muskelfaserschicht, die er vorher
wie einen Handschuhfinger vom Samenstrang isoliert hat, an den äusseren
Leistenring näht. Nach dieser Methode hat er 22 Fälle operiert; in keinem
stellte sich Rezidiv ein. R. Giani.
V i r d i a (25) behandelt die Ätiologie und die klinischen Formeo
der Varicocele, sowie die zu ihrer Behandlung angewendeten Methoden.
Er zieht die Phlebektomie und die Phleboorchiektomie der Orchiektomie und
dem Paro naschen Verfahren vor, die nach ihm bei nicht sehr voluminösen
Varicocelen und bei solchen mit einfach ektatischen Venen indiziert seien. Er
hat 12 Fälle operiert, davon vier mittelst Ligatur der hochgradig varikösen
Venen (zwei von diesen auch mittelst lateraler Skrotalwandabtragung) , fünf
mittelst Ligatur und Abtragung der Venen und Suspension des Hodens (Ver-
fahren von Jacobsen-Bennet), drei nach kombinierten Methoden. In
allen Fällen erhielt er ein ausgezeichnetes Resultat, das nach mehreren Monaten
noch unverändert fortbestand. R. Giani.
Nach ausführlicher Darlegung der Anatomie und Physiologie der Pro-*
stata und des pathologisch - anatomischen Bildes, das, was. man gewöhn-
lich als Prostatahypertrophie bezeichnet, berichtet Lasio (26) über
die an Hunden von ihm ausgeführten Experimente. Er studierte näm-
lich das Verhalten der Prostata nach thermogalvanischen Einschnitten und
konstatierte, dass dieses wesentlich darin besteht, dass die mit dem Thermo-
kauter zerstörte Prostataportion nicht durch neugebildetes Gewebe ersetzt
wird, sondern eine mit Epithel sich auskleidende Höhlung zurücklässt. Hierauf
behandelt er die Technik der Prosta tatomie und die hauptsächlichsten bei
der Prostatahypertrophie angewendeten Behandlungsmethoden und kommt auf
Grund von zahlreichen Experiifienten zu dem Schlüsse, dass bei Prostata-
hypertrophie der radikale chirurgische Eingriff häufiger und einen grösseren
Erfolg hat, wenn er im ersten oder zweiten Stadium der Krankheit unter-
nommen wird. — Schliesst man alle auf dem Wege der Geschlechtsteile aus-
geführte Operationsmethoden, die mediane, urethrale Prostatektomie u. s. w.
aus, dann bleiben zur Radikalbehandlung der Prostatahypertrophie nur die
Bottinißche elektrogalvanische Prostatektomie, die Prostatectomia perinealis
und die Prostatectomia suprapubiana. Ein einfaches, zuverlässiges, der patho-
logisch-anatomischen Natur der Krankheit entsprechendes therapeutisches Ver-
fahren besitzen wir bis jetzt nicht. Dieses Problem zu lösen bleibt der Zu-
kunft vorbehalten. R. Giani.
Delle Sarti (27) führte an vier Meerschweinchen Experimente aus,
um festzustellen, ob der Tuberkelbacillus, wenn er in die Harnröhre eingeführt,
in den Nebenhoden und Hoden gelangt. Er konstatierte, dass der Bacillus
Kirchhoff, VerletzuDgen und chirarg. Krankheiten der m&nnlichen Genitalien. 893
bis zu 45 Tagen in der Harnröhre verbleibt, ohne Infektion hervorzurufen
und erst Wurzel fasst, wenn besondere Ursachen hinzutreten; eine dieser
Ursachen ist die durch Ligatur der Samenstranggefässe bewirkte venöse Stase.
Im Nebenhodenkanal wird alsdann der primäre Tuberkel angetroffen. Beim
Koitus sei demnach direkte Ansteckung durch Virus aus infizierten weiblichen
Genitalien möglich. R. Giani.
De Francesco (28) beschreibt zunächst das pathologisch-anatomische
Bild der tuberkulösen Infektionen der Geschlechtswege und erörtert dann
deren Pathogenese, bezugnehmend auf die bisher aufgestellten Hypothesen:
direkte Infektion vom Blute aus, Infektion von den Nieren aus, Infektion
durch Koitus, Infektion durch Kontiguität des durchgängigen Proc. peritonealis
mit dem Samenstrang (bei Kindern). Er meint, dass die Läsion selten eine
primäre Hodenläsion sei ; meistens entstehe sie in der Prostata und den Samen-
bläschen, entweder durch Lokalisation von aus der Niere kommenden Keimen
in diesen oder, was weniger wahrscheinlich, durch Infektion nach Koitus auf
dem Wege der Harnröhre. — Was die Behandlung anbetrifft, meint er, sei,
wenn die Infektion auf dem Wege des Blutes erfolgt ist und kein weiterer
Herd im Organismus, der erkrankte Teil auszuschneiden, und zwar möglichst
nur dieser. Ist die Läsion von den Nieren aus erfolgt, dann sei eine All-
gemeinbehandlung erforderlich, anstatt der Kastration nehme man lieber eine
Resektion des Ductus deferens vor. Er berichtet über 18 von Giordano
operierte Fälle, in denen sich kein Rezidiv in situ einstellte, in vier traten
nur Erscheinungen auf der anderen Seite auf. Er rät an, die Kastration,
wenn nur irgend möglich, zu unterlassen, schon der Illusion wegen und auch
um psychische Schäden beim Patienten zu vermeiden. R. Giani.
Moresco (29) empfiehlt ein neues Verfahren zur chirurgischen Behand-
lung der Hydrocele der Vaginalis; dasselbe ist eine Kombination des Tuillard-
K och ersehen und des Volkmann sehen Verfahrens und hat diesen beiden
Verfahren gegenüber den Vorzug, dass es eine dauernde Heilung per primam
bewirkt. Er schneidet die Vaginalis ein, lässt die Flüssigkeit austreten, rese-
ziert ein grosses Stück Serosa und näht die Ränder der durchschnittenen Vaginalis
an die Bänder der von der Kutis losgetrennten T. dartos ; hierauf legt er an
den Wundrändem einige Seidennähte, die er nicht knotet und tamponiert, die
Vaginalishöhle mit Jodoformgaze. Nach Verlauf von 48 Stunden zieht er die
Tampons zurück und knotet die Seidennähte; die Heilung erfolgt so per
primam. — Nach dieser Methode behandelte er 12 Fälle von Hydrocele; alle
kamen nach 9 — 12 Tagen zur Heilung. Rezidive haben bis jetzt nicht statt-
gefunden. R. Giani.
In einem Falle von Hydrocele, in welchem diese mit einem atrophischen,
ektopischen Hoden kommunizierte, nahm Marri (30) die Orchiektomie vor.
Verf. schritt zu dieser Operation, weil die Ektopie dem Patienten solche
Schmerzen verursachte, dass er seinen Beschäftigungen nicht nachgehen konnte,
weil zahlreiche Adhäsionen den Hoden in seinen Bewegungen behinderten und
ein Eingriff am Sacke nicht möglich war und endlich wegen der Nutzlosigkeit
eines ektopischen Hodens. Er erklärt jedoch, dass in seinem Falle das Vor-
handensein von Spermatozoen durch die histologische Untersuchung klar und
deutlich festgestellt wurde. R. Giani.
Pepere (31) beschreibt in pathologisch -anatomischer Hinsicht eine
Hodengeschwulst, die er bei einem 66 jährigen Manne abgetragen hatte. Die-
selbe stellte eines der vollständigsten Teratome dar, weil in demselben Ge-
894 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
webe und Organe ans allen drei Embryonalplatten gewachsen waren. Verf.
findet keine hinlänglichen Unterschiede, um zwischen Teratomen undEmbryomen
der Geschlechtsdrüsen streng zu unterscheiden, denn die Beihenfolge im Wachs-
tum der Gewebe ist nach ihm, der bei beiden Tumoren gleichen G^iese
gegenüber, von nebensächlicher Bedeutung.
Er neigt zur Anschauung, dass die Teratome der Geschlechtsdrüsen, die
wahre rudimentäre Parasiten sind, keine besondere Klasse unter den Miss-
bildungen darstellen, sondern den fötalen und den echten parasitären Ein-
schlüssen, die eine Reihe von verhältnismässig vollkommeneren Phasen durch-
laufen haben, gleichwertig seien. R. Giani.
Nachdem er die verschieden, zur Eadikalbehandlung der Hydrocele er-
sonnenen Methoden kurz besprochen, berichtet Salvolini (32) über em&i
mittelst der Lorgnet sehen Methode glücklich von ihm operierten FaU.
Lorgnet nimmt auch, wie Royen, die extraseröse Transplantation des
Hodens vor, befolgt dabei jedoch eine etwas einfachere Technik (nach einem
Einschnitt in die darüber gelegenen Schichten legt man eine Öffnung in die
Tunica vaginalis, durch welche man den Hoden hinausschiebt, den man dann
in eine mit dem Finger im Skrotum geschaffene Höhle bringt).
R. Giani.
In einem kurzen Artikel bemerkt Gatti (33), dass die von ihm und
Pascal e ausgeführte Anastomosis intertesticularis nicht mit der Synorchidie
zu verwechseln sei. Dieses letztere, von Mauclaire empfohlene Verfahren
ist eine einfache Aneinanderheftung der beiden Hoden, d. h. eine Pexie, wo-
hingegen die von ihm und Pascal e geübten Verfahren eine wirkliche Anar
stomose zwischen den Samengängen herzustellen bezwecken, mag nun zur
Anastomose die Innenseite (die vorzuziehen) oder die Durchschneidung des
Nebenhodens an den Ausführungsgängen (Gatti), oder das Corpus Higbmori
(Pa Scale) gewählt werden. Dieser letztere Weg verbürge nicht die Erhal-
tung des Hodennervenapparats. R. Giani.
Da frühere Autoren die Wiederherstellung der Samenabfühmngswege
nach Läsion des Ductus deferens, sei es durch die Anastomosis termino-ter-
minalis (Poggi-Ingianni, Arpini-Alessandri u. a.), sei es durch die
Anastomosis termino-lateralis (van Hook) oder die Anastom. latero-lateraUs
(D'ürso und Trocello) des Ductus deferens selbst, oder endlich durch die
Anastomose des Ductus deferens mit dem Corpus Highmori (Bardenhener,
Scaduts) schon versucht hatten, nahm sich Gatti (34) vor, den Hoden,
dessen Abführungswege durch operative oder traumatische Läsion des Ductus
deferens unterbrochen waren, mit dem anderen, unversehrte Abführungswege
besitzenden Hoden direkt zu anastomosieren. Der Hoden mit durchschnittenem
Samengang musste sich also die erforderlichen Samenabführungswege dorch
die Samenkanälchen, das Rete testis Halleri, den Nebenhoden und den Samen-
gang des anderen Hoden hindurch schaffen, denn die beiden Hoden vmrden
durch Adhäsion ihrer Innenflächen an einer der T. vaginalis propria beraubten
Stelle aneinandergeheftet.
Die Experimente führte Verf. unter Beihilfe von Ferrari aus. Nach
einem Einschnitt ins Septum wurde die Anastomose mittelst eines, mit dem
Bistouri von der Innenfläche der Didymis ausgeschnittenen, Vk cm langen,
8 mm breiten und tiefen Drüsengewebskeils hergestellt. 9 Hunde wurden so
operiert und bei den 2 letzten wurde nur ein Ellipsoidlappen aus der T. vagi-
nalis ausgeschnitten. Die Resultate der Experimente waren folgende:
Kirchhoff, YerletzuDgen und chirnrg. Krankheiten der mAnnlichen Genitalien. 895
Auf das durch die Anastomose hervorgerufene Trauma reagieren die
beiden Hoden immer mit Degenerationserscheinungen ; diese stehen in direktem
Verhältnis zur Intensität des operativen Traumas und sind bei sehr zartem
Traxima ganz leichte. In diesem Falle treten die Degenerationserscheinungen
in kleinen Kanälchenzonen, mehr oder weniger nahe der Anastomosenlinie,
anf, viele Zonen normalen Gewebes zwischen ihnen lassend, wobei aber das
Volumen des Organs vollkommen normal bleibt. Auf die Degenerations-
erscheinungen, wenn sie nicht zu schwere sind, reagiert der Hoden mit Rege-
nerationserscheinungen, bei welchen alle Gewebe der beiden Organe:
das Bindegewebe, die Gefässe, die Nerven, das Epithel, beteiligt sind. Das
Epithel sucht durch den Regenerationsprozess nicht nur das Drüsengewebe in
der Hodenmasse wiederherzustellen, sondern auch eine tubuläre Anastomose
zwischen den Drüsensubstanzen der beiden aneinandergehefteten Hoden zu
schaffen. Die Regeneration des Epithels wird eingeleitet und begleitet von
einer aktiven Regeneration der Gefässe und Nerven, die durch die Anasto-
mosenlinie hindurch die Gefäss- und Nervennetze der beiden Hoden in direkte
Kommunikation miteinander setzt. An der Anastomosenlinie entwickelt sich
Bindegewebe, das in den am besten gelungenen Fällen sich in einen ganz
feinen Streifen reduziert, der an einigen Punkten auch fast fehlen kann; es
wird wahrscheinlich auch von der T. vaginalis propria produziert. — In den
Fällen, in denen das operative Trauma weniger schwer war, blieb zum Teile
auch die Spermatogenese bestehen. — Verf. gedenkt das Studium des Gegen-
standes fortzusetzen. R. Giani.
Nach einem geschichtlichen Überblick über die Frage der Hodenherab-
steigung bespricht Gangitano (35) die Hodenektopie , d. h. die abnormen
Positionen, die der Hode bei setner Herabsteigung einnehmen kann. Die
Hodenektopien lassen sich in drei Gruppen teilen: Die durch Migrations-
hemmung entstandenen (E. abdominalis renalis, E. pelvi-pubica, E. inguinalis,
E. cruro-scrotalis), die durch Migrationsfehler bedingten (E. cruralis, E. peri-
nealis) und die von Hernie begleiteten. Verf. berührt die noch streitige Ätio-
logie der Hodenektopie und handelt dann von der pathologischen Anatomie
des (in seiner spermatogenen Form gewöhnlich gehemmten) ektopischen Hodens
und den infolge der Ektopie auftretenden zufälligen Erscheinungen. Was die
Behandlung anbetrifft, sind die Fälle, in denen die Ektopie von Hernie be-
gleitet ist, zu unterscheiden, denn in diesen muss ein blutiger Eingriff vor-
genommen werden; in den anderen könne man noch eine tardive spontane
Evolution abwarten. In den mit Hernie komplizierten Fällen sei, wegen der
drohenden Gefahr einer Einklemmung, wegen der Schwierigkeit, Kontertiv-
apparate anzuwenden und wegen des möglichen Auftretens von Nervenerschei-
nungen, Entzündungen, neoplastischen oder Regressiverscheinungen, ein früh-
zeitiger Eingriff angezeigt.
Das vom Verf. empfohlene und in 5 Fällen von ihm angewendete Ver-
fahren ist folgendes : I. Einschnitt in die Haut, das Subkutangewebe und die
Aponeurose des M. obliquus extemus bis zur Freilegung des ektopischen
Hodens. IL Man legt einen Schnitt in den den Hoden umgebenden Processus
vaginalis und reseziert ihn so weit, dass nur noch so viel übrig bleibt, um
der Drüse ihre Serosabekleidung wiedergeben zu können. Man befreit den
Processus vaginalis von den Elementen des Samenstranges bis zur Höhe der
inneren Öffnung des Leistenkanals, unterbindet ihn, wenn er durchgängig ist,
so weit oben wie möglich, schneidet den daruntergelegenen Abschnitt ab und
896 Jahresbericht fftr Chirurgie. II. Teil.
versenkt den Stiel in die Bauchhöhle. Hierauf isoliert man den Samenstning
dem ganzen Verlauf des Leistenkanals entlang und oben bis zur Freilegnng
der Oberbauchgefässe. III. Rekonstitution der T. vaginalis mittelst fortlaöfen-
der Catgutnaht, Rezision der Oberbaucharterie und -Vene zwischen zwei Liga-
turen und Dilazeration des daruntergelegenen Abschnittes der Fascia tram-
versa bis zum Schambein. Zieht man nun den Samenstrang nach unten, so
kommt dieser mehr in die Mitte zu liegen und der Hoden gelangt leicht ins
Skrotum. IV. Man fixiert den Hoden am Grunde des Skrotum mittelst einer
Catgutnaht, die den unteren Drüsenpol in seiner ganzen Dicke fasst nnd tod
aussen nach innen durch das Skrotum hindurchgeht. V. Anlegung einer Tabaks-
beutelnaht am Zellengewebe der inneren Hodensackfläche. VI. Vemähung der
dreifachen Schicht am hinteren Rande des Poupart sehen Bogens, oberhalb
des straff angezogenen Samenstranges. VH. Vemähung der Aponeurose desM.
obliquus extemus und der Tegumente.
In den so operierten Fällen waren die Samendrüsen nach einigen Monaten
an Ort und Stelle.
Auch auf Grund eines histologischen Befundes, nach welchem bei eineiB
ektopischen Hoden eines 62jährigen Mannes auch die Interstitialzellen tod
Atrophieprozess in Mitleidenschaft gezogen waren, ohne dass atypische Woche-
rungen konstatiert werden konnten, hält Verf. bei Hodenektopie die Orchido-
pexie für die rationellste Behandlungsmethode. R. GianL
Nachdem er die Anschauungen der Autoren über diese Frage angefahrt,
berichtet Tornaselli (36) über die mikroskopische Untersuchung, die er ao
varikösen Venen der unteren Extremitäten und des Samengeflechts ausgefabrt
hat; er gelangte zu folgenden Schlüssen:
1. Die vom varikösen Prozess befallenen Venen weisen zunächst eine
passive Erweiterung auf, welcher eine Hypertrophie der Muskelelemente der
T. medica nachfolgt.
2. Dass die Endophlebitis stets absolut die erste Veränderung sei, die
in den varikösen Venen angetroffen wird, wie Janni behauptet, lasst sid
nicht annehmen. Diese Bindegewebsneubildung hat in der ersten Zeit aus-
schliesslich in der titima ihren Sitz und tritt meistens unter der Form von
ein ganz feines Netzwerk von neugebildeten elastischen Fasern aufweisenden
Knoten auf.
3. An diesen bindegewebigen Knoten zerfasert sich die innere elastische
Lamelle in ganz dünne Bündelchen, die, sich zerteilend, das Netzwerk zu einem
dichteren machen.
4. Mit dem Vorschreiten der Affektion kommt an den erwähnten Stellen
eine Mesophlebitis zustande, die in bedeutender Zunahme des Bindegewebes
besteht.
5. In weit vorgeschrittenen Stadien beobachtet man trophische Störungen
der Muskelfaserzellen und schliesslich deren Schwund.
6. Die elastischen Elemente sind nicht mehr gleichmässig verteilt und
fehlen im äusseren Teile der T. media; diese unregelmässige Verteilung im
Verein mit der Bindegewebshyperplasie erklärt die Tortuosität der varikösen
Venen.
7. Die oben beschriebenen Veränderungen treten viel deutlicher an den
Venen der unteren Extremität als an denen des Samenstranges auf.
R. Giani.
Neck, Yerletznngen and chinirg. Eranklieiten der oberen Extremität. 897
Viscontini (37) machte unter der Leitung Paronas Studien über
die Klappen der Samenadem und kam zu dem Schlüsse, dass die Variocele
nicht, wie DallaVechova behauptete (Policlinico 1899, Nr.), infolge von
angeborenem Defekt der Klappen entsteht, da dieser immer, auch in der
linken Samenader vorhanden sind, sondern infolge davon, dass sie entweder
mit dem Vorrücken des Alters oder durch Anstrengung erlahmen. Nach
Darlegung seiner Studien verbreitet er sich über die Behandlungsmethoden
(R^clus, Volkmann, Navatti undParona) und meint, auf Grund einer
Statistik von 39 Operierten, dass die wirkliche Radikalbehandlung nur durch
die Paronasche Methode (Policlinico 1899) möglich sei. Dieselbe besteht in
der Suspension des Hodens mit Einklemmung des varikösen Plexus in die
umgekehrte VaginaUs. Mikroskopische Untersuchungen taten dar, dass trotz
der Veränderungen, die zuerst das Kanälchenepithel befallen, nach einer ge-
wissen Zeit die normale Funktion des Hodens sich wieder herstellt.
R. Giani.
Über einen Fall von Ectopia testis inguinaUs berichtend, weist Gas-
parini (38) auf die Gefahren hin, denen ein mit dieser Anomalie Behafteter
ausgesetzt ist und tut dar, dass die Orchidopexie den Patienten von seinem
Leiden befreit und die Gefahren beseitigt; und da sie eine sehr einfache
Operation ist, sollte sie in jedem Falle ausgeführt werden. R. Giani.
XIX.
Verletzungen und ehirurgfische Krankheiten der
oberen Extremität.
Referent: C. Neck, Chemnitz.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Angeborene Krankheiten, Missbildungen, Entwickelungshemmungen etc.
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1903. Nr. 7.
3. *B lenke, £in Beitrag zur sogenannten Klumphand. Zeitschrift fflr Orthopäd. Chi-
rurgie 1903. Bd. XU. Heft 3.
4. Blnmenthal, Über hereditäre angeborene doppelseitige Supinationsstörnng des Ell-
bogengelenkes. Zeitschrift für Orthopädie 1903. Bd. 12. Heft 1 und 2.
5. *Bonsqnet, ün cas de malformation de ]a main, pince de bomard et syndactilie Le
Progrfes M6dical 1903. Nr. 7.
6. Collet et Bentter, Oed^me cong^nital du membre sup^rienr. Lyon m^dical 1903.
Nr. U.
JahrMberieht Ar Chirurgie 1903. 57
898 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
7. Cntnston, Un cas de lozation cong^nitale de F^panle. Archives provindalea 1903.
Nr. 4.
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Aprü 11.
9. *Drenkhahn, Ein Fall von seltener Missbildang der Vorderarme. Zeitschrift tb
Orthopftdie 1903. Bd. XL Heft 3.
10. Dnn, Deformities of the hands and feet Glasgow med. Journal 1903. Sept
11. *6altier, De quelques difFormitte cong^nitales des doigta. Journal de m^ de Bor-
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12. — De quelques difformit^s cong^nitales des doigts. Journal de möd. de Bordeaux 190S.
Nr. 49.
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p^ie 1903. Nr. 4.
14. Gross, Über angeborenen Mangel der Schlttsselbeine. MOnchener medizin. Wocbea-
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Schaft Berliner klin. Wochenschrift 1903. Nr. 10.
16. *Hirscb, Über einen Fall von doppelseitigem, angeborenem Hochstand der Schnlto^
blfttter. Zeitschrift für Orthopädie 1903. Bd. 12. Heft 1 und 2.
17. *K. Jazuta, Zwei Fftlle von Mangel der Epitrochlea humeri, mit Sesambeinen in den
Bändern des Ellenbogengelenks in einem Falle. Russisches Archiv f&r Chirurgie 19(^
Heft 3.
18. *Jeney, Über einen eigenartigen Fall von Kombination einer Polydaktylie mit Sj^
daktyÜe, nebst daraus resultierenden Bemerkungen zur Lehre der Polydaktylie. Wiens
med. Wochenschrift 1903. Nr. 50.
19. Katzenstein, Neues Verfahren zur Operation der Syndaktylie. Berliner med. Gesell-
scbaft Berliner klin. Wochenschrift 1903. Nr. 45.
20. Kays er, Über Hochstand des Schulterblattes mit kongenitalen Hals- und Schulter-
muskeldefekten. Deutsche Zeitschrift fQr Chirurgie 1903. Bd. 68. Heft 3 und 4.
21. *Kiefer, Congenital dislocation of both ulnae at the wrists. Phil. aead. of surgery.
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22. Kienböck, Über Varietäten des Ellbogengelenkes. Patella cubiti und Processns aogiü
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23. *Kiwall, Kongenitale Difformität an der oberen Extremität. Fortschritte auf dem Ge-
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24. Manasse, Erworbener Hocbstand des Schulterblattes. Berliner klin. Wochenschiift.
Nr. 51. Diskussion: Med. Gesellschaft. Nr. 45.
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27. *Michelsohn, Ein Fall von toUlemDefekt des Radius. Zeitschrift f. Orthopädie ]903l
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28. *Mohr, Zur Kasuistik des beiderseitigen angeborenen Schulterblattbochstandes. Zdt-
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29. Monchat, La sur^l^vation cong^nitale de l'omoplate. Gazette des höpitanx 1903.
Nr. 99.
30. *Nordhof, Ein Fall von Polydaktylie. Mfincbener med. Wochenschrift 1903. Nr. 45.
31. Preleitner, Zwei Fälle von angeborenem partiellem Klavikulardefekt. Wiener klio.
Wochenschrift 1903. Nr. 3.
32. *Picquä, Considörations anatoroo - pathologiques, pathogeniques et Operations sur U
syndactylie. Revue d'orthop^die 1903. Nr. 1.
83. Redard, Du traitement chirurgieal de la main böte cong^nitale. Revue d'oitbop^«
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34. i'Reval, Syndactylie. Soc. de m^d. Lyon m^dical 1903. Nr. 31.
35. ^Robertson, A case of supemumerary and webbed fingers. The Edinburgh mei
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36. *Rothschild und Brunn er, Angeborene Makrodaktylie. Revue d'hygitoe et de
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37. Schmidt, Fehlerhafte Keimanlage als Entstehungsnrsache angeborener Fuss-, Haad-
Neck, Verletzungen nnd chirurg. Krankheiten der oberen Extremität. 899
und Schädelverbildangen, insbeeondere des Klampfasses und des Schrägkopfes. Zeli-
sebrift fttr Orthopäd. Obimrgie 1903. Bd. XII. Heft 3.
38. *Soubeyran et N^marin, Elephantiasis congönital du membre snp^rieur. Bull, et
möm. de la sociötä anatomique de Paris 1903. Nr. 4
39. ^Vogel, Spalthand und Spaltfuss. Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen.
Bd. VL Heft 1.
40. *Wittkower, Über Hyperphalangie am Daumen mit Valgusstellung der Endphalanx.
Dias. Berlin 1908.
41. Wolff, Ist das Os naviculare carpi bipartitnm und tripartitumG rubere das Produkt
einer Fraktur? Nebst Mitteilung eines Falles angeborener beiderseitiger Teilung des
Naviculare carpi. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 3—4.
Bei dem 12jährigen Mädchen, über welches Gross (14) berichtet, setzten
sich an das Mannbrium Stemi beiderseits 2 cm lange, frei endigende Stümpfe
der Schlüsselbeine an. Die Arme waren trotz des Defektes der Schlüsselbeine
YöUig gebrauchsfähig. Neben dem Defekt der Schlüsselbeine bestanden bei
dem Kind noch anderweitige Verbildungen. Der Brustkorb sah einer rachi-
chitischen Hühnerbrust ähnlich, aber ohne fühlbaren Rosenkranz. Die Kopf-
form war quadratisch, die Stirn- und Scheitelbeinhöcker prominierten stark.
Die Stirnnaht war erhalten. Daneben fanden sich „mangelhaftes Längen-
wachstum, Störungen der Zahnentwickelung und Anomalien am Gaumen^.
Gross nimmt an, dass es sich bei dem Schlüsselbeinmangel um eine
wahre Hemmungsmissbildung handelt.
Bei einem 12jährigen Knaben und dessen Sjähriger Schwester stellte
Preleitner (31) — bei völliger Entwickelung der Länge und Dicke nach —
in jeder Clavikel eine symmetrisch gelegene Trennungslinie fest.
Bei dem Knaben waren die akromialen Fragmente beiderseits 3 cm,
die stemalen beiderseits 6 cm lang. Die nach dem Akromion zu gelegenen
Stücke hatten bei dem Mädchen eine Länge von 3 cm, die stemalen Teile
von 5 cm.
Nach der erhobenen Anamnese und dem symmetrischen Sitz der Defekte
muss der Defekt bereits bei der Geburt vorhanden gewesen sein.
Durch Geradehalter wurde die etwas beeinträchtigte Atmung freier.
Funktionelle Störungen der Arme bestanden nicht.
Bender (2) berichtet über zwei Fälle von Schulterblatthochstand. Ein-
mal war der Hochstand angeboren, das andere Mal erworben. Bender unter-
suchte die Kranken im speziellen darauf, ob angeborene Muskeldefekte, nament-
lich des CucuUaris, vorhanden seien (Kau seh). Nur am Gucullaris bestand
eine geringe Atrophie in dessen mittlerem und unterem Abschnitte. Diese
Atrophie ist nach Ansicht des Verfassers erst sekundär entstanden und kann
nicht die Ursache des Hochstandes bilden. Bei beiden Kindern ;,zeigten die
Scapulae am Process. coracoid. oberen inneren Winkel und Spina annähernd
gleiche, bei der erworbenen Deformität zweifellos, bei der kongenitalen wahr-
scheinlich rachitische Veränderungen, durch welche sie mehr oder weniger
fixiert waren. Das Punctum mobile des CucuUaris war in ein Punctum fixum
verwandelt.'' Dadurch ist nach Ansicht des Verfassers der Muskel der Atrophie
verfallen. Bender meint: Wenn sich weiterhin ergeben sollte, dass für den
angeborenen und erworbenen Schulterblatthochstand gleiche Ursachen bestehen,
z. B. Rachitis, so wären die beiden Formen nicht in so strenger Weise von-
einander zu scheiden.
Schliesslich teilt Bender die Krankengeschichte eines 10jährigen Knaben
mit, bei welchem sich ein Schulterblatthochstand im Anschluss an eine Anky-
57*
900 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
lose des Schultergelenkes entwickelt hatte, was dafür spricht, dass auch beim
erworbenen Schulterblatthochstand sehr verschiedenartige Prozesse zugrunde
liegen können.
Kay 8 er (20) teilt eine Beobachtung von linksseitigem Schulterblatt-
hochstand und Defekten der cervico-dorsa-skapularen Muskulatur mit. Es
handelte sich um einen 19jährigen Arbeiter ohne Zeichen überstandener
Rachitis. Die Bewegungen im linken Schultergelenk waren nur wenig ge-
stört. Der linke Muscul. stemocleidomast. fehlte völlig, der Muscul. trapezios
teilweise.
Das rechte Schulterblatt war bei der 19jährigen Patientin Manasses
(24) 7 cm in die Höhe gerückt und zwar infolge eines tonischen Krampfes
des Muscul. rhomboideus und Muscul. levator angul. scapul. Sekundär warea
die gedehnten antagonistischen Partien im Muscul. cucuUaris und MuscuL
serrat. antic. major geschwächt.
Da eine interne Behandlung nicht zur Beseitigung des Leidens führte,
wurde die Duxchschneidung bezw. Resektion und Exstirpation der vom Krampf
befallenen Muskeln vorgenommen und so schUesslich nach dreimaligem opera-
tiven Vorgehen ein gutes Resultat erzielt.
Bei den durch reine Muskelkontraktur bedingten Fällen von Schulter-
blatthochstand soll vor dem operativen Eingriff immer erst der Versuch ge-
macht werden, das Leiden durch anderweitige Mittel zu beseitigen.
Cumston (7) bekam den mit der Scbulterluxation behafteten Jungen
in seinem fünften Lebensjahre zur Behandlung. In der Familie des Jungen
waren keine Missbildungen beobachtet worden.
Die Geburt des Kindes war ohne Kunsthilfe leicht erfolgt.
Zwei oder drei Tage nach der Geburt bemerkte die Mutter bei dem
Kinde eine fehlerhafte Haltung des rechten Armes. Er war nach innen ge-
dreht. Wenn man den Arm in die Höhe hob und ihn dann los Hess, fiel er
sofort wieder herunter. Aktive Bewegungen konnten nicht ausgeführt werden.
Schmerzen hatte das Kind nicht. Allmählich besserten sich die Bewegungen
des Vorderarms, des Handgelenkes und der Finger. Als Verfasser das Kind
untersuchte, konnte es den rechten Arm nicht zur entgegengesetzten Schulter
erheben oder die Hand an den Mund führen.
Der linke Arm war gut entwickelt. An der rechten Schulter fehlte die
normale Rundung völlig, die Schulter erschien weniger breit. Unterhalb des
Akromions war ein Absatz vorhanden. Der Oberarm stand abduziert und
nach innen rotiert. Das Akromion war sehr gut abtastbar. Unterhalb und
nach vom vom Akromion war ein Knochenvorsprung zu fühlen, welcher nach
seiner Form dem Process. coracoideus zu entsprechen schien. Unterhalb des
Process. coracoid. fühlte man einen zweiten kugeligen Vorsprung, der sich
bei Bewegungen des rechten Oberarmes mitbewegte und der nach allem dem
Humeruskopf entsprach. Auf dem Röntgenbild wurde die Diagnose bestätigt
Eine Sensibilitätsstörung war nicht vorhanden.
Die Muskeln reagierten auf beide Stromarten bei der elektrischen Unter-
suchung.
Bei der Operation fand sich die Cavit. glenoidal., ebenso der Humerus-
kopf gut ausgebildet, wenn auch nicht völlig normal. Der Kopf wurde an
die richtige Stelle gebracht, und nachdem ein 3 cm breites Stück aus der
Gelenkkapsel exzidiert war, wurde die Wunde geschlossen (Kapselnaht, Haut-
naht). Glatte Heilung. Später wurde noch massiert und elektrisiert.
Neck, Yerletzangen und chirurg. Krankheiten der oberen Ezhremitftt. 901
14 Monate nach der Operation konnte das Kind mit der rechten Hand
an die Nase und das Kinn gelangen und bequem essen. Mit einiger Mühe
kam es auch auf den behaarten Kopf. Auch nach hinten konnte der Arm
nnnmehr geführt werden.
Einen seltenen Befund bot ein 31 jähriger Bäckergehilfe, bei welchem
Kienböck (22) durch klinische und radiographische Untersuchung an der
Streckseite beider Ellenbogengelenke ein überzähliges Skelettstück feststellte,
das viel Ähnlichkeit mit einer Kniescheibe zeigte.
Es hatte scheibenförmige Gestalt und war nach dem Oberarmknochen
zn mit Knorpel überzogen und durch eine Facette in zwei Hälften geschieden.
Die Knochenscheibe lag in der Tricepssehne oberhalb des Oberarmes links,
etwas höher als rechts. Links befand sie sich in Kantenstellung und war an
ihrer ünterfläche zerklüftet, was auf ein hier erlittenes Trauma zurückgeführt
wird. In den Ellenbogengelenken bestanden nur geringe funktionelle Störungen.
So erfolgte die Streckung nicht völlig. Supination und Pronation waren gleich-
falls etwas behindert. Vier ähnliche Fälle wurden früher von Chenal,
Tillesen, Pfitzner und Virchow beobachtet.
Schliesslich teilt der Verf. zwei Fälle mit, bei welchen sich scheiben-
förmige Knochenfortsätze an der hinteren Grenze der Tuberositas olecrani
vorfanden. Auch hierbei handelt es sich um kongenitale Anomalien.
Von praktischer Bedeutung wird die Kenntnis dieser Anomalien bei Be-
gutachtung Unfallverletzter, worauf der Verf. besonders hinweist.
Blumenthal (2) stellte als Ursache für die Supinationsstörung bei dem
3 Vs jährigen Knaben links eine Art Subluxationsstellnng des Badiusköpfchens
nach oben und rechts eine Luxation nach hinten fest. In diesen veränderten
Stellungen war eine feste Verbindung zwischen Badius und Ulna eingetreten.
Rechterseits bestand eine Verbiegung von Ulna und Radius, was wahrschein-
lich damit zusammenhängt, dass die Verwachsung der Knochen schon früh-
zeitig eintrat und das spätere Längenwachsum des Knochens nur unter Aus-
bildung der Verbiegung stattfinden konnte. Links bestand eine geringere Ab-
biegung der Ulna und des Radius.
Beugung im Ellbogengelenk gelang sogar besser als gewöhnlich, Streckung
war nur rechterseits nicht vollständig auszuführen.
Bemerkenswert ist noch das Fehlen anderer Verbildungen und die Ver-
erblichkeit der Deformität in der Familie (Schwester, Vater, sowie Gross-
mutter väterlicherseits hatten dieselbe Verbildung).
Redard (33) hat nach Versagen aller anderen Massnahmen chirurgisch
eingegriffen, um die Klumphandstellung zu beseitigen. Zuerst wurde eine starke
Verbiegung der Ulna in deren Mitte subkutan durchtrennt, darnach wurde
in einer zweiten Sitzung am unteren Ende der Ulna ein Stück reseziert, um.
die starke Neigung der Hand radialwärts abzuweichen, zu beseitigen. Seit
2 Jahren ist die Deformität beseitigt geblieben; das funktionelle Resultat war
nach der Heilung ein sehr gutes.
Auf Grund seiner Literaturstudien kam Wolf (41) bereits früher schon
zu der Ansicht, dass das Naviculare bipartitum und tripartitum von Grub er
und Pfitzner als Bildungsanomalie beschrieben, häufig mit alten Frakturen
des Os naviculare verwechselt worden ist. ;,Es sind diejenigen Fälle, bei
denen die Stücke des Naviculare sich mit knöchernen vom Charakter ver-
dichteter Spongiosaflächen oder von Schliffflächen berührten; die ersteren
waren zuweilen durch spärliches Bindegewebe verbunden, gewöhnlich bestand
902 Jahresbericht fttr Chirurgie. II. TeiL
gar keine Verbindung dnrch Zwischengewebe ; die Stücke standea in mmittd-
barem Kontakt^. Er lässt nur solche Fälle als Naviculare bipartitam gdtai,
bei denen die sich berührenden Flächen einen Knorpelüberzug tragen.
Das Vorkommen des Naviculare carpi bipartitum ist sehr viel sdteDcr
als man bisher annahm (P fitzner V^Vo).
Wolf hat selbst bei einem 34jährigen Mann durch Böntgenbild beider-
seitig neun Handwurzelknochen gefunden und er glaubt, dass es sich in diesem
Fall um ein wahres Naviculare bipartitum handelt.
Der Bericht Amreins (1) über eine Kranke mit Hexadaktylie ist da-
durch interessant, dass sieben Geschwister und der Vater ebenfalls mit Poly-
daktylie behaftet waren.
Einen Beitrag zur Kasuistik der doppelseitigen Hexadaktylie liefert
Schmidt («S7) in seiner Arbeit. Er glaubt, dass es sich hier um eine primäre
abweichende Keimanlage handelt und stützt diese Ansicht darauf, dass sieb
diese Missbildung in gleicher Weise bei 11 Familienangehörigen vorfand und
dass sie sowohl an männlichen wie weiblichen Familienmitgliedern weiter Ter-
erbt wurde.
Celle t und Beutter (6) machen Mitteilung über einen Fall von kon-
genitalem Ödem des linken Armes. Das kongenitale Ödem erstreckte sidi
über die untere Oberarmhälfte linkerseits über den ganzen Unterarm, die
Hand und die Finger. In dem vom Ödem befallenen Abschnitte betrug der
Oberarmumfang 6 cm mehr als rechterseits, der Unterarmumfang 14 cm mehr
als rechts an derselben Stelle gemessen, der Handumfang 8 cm mehr als
rechts.
Eine Verkürzung des von dem Ödem befallenen Armes bestand nicht
Anderweitige krankhafte Störungen wurden bei der 27 jährigen Fraa
nicht gefunden.
Die Verff. glauben, dass für das Zustandekommen des Ödems eine &
krankung des Rückenmarkes verantwortlich zu machen ist Zu dieser An-
nahme veranlasst sie vor allem die segmentäre Lokalisation des Ödems.
Bei dem 3 jährigen Mädchen mit symmetrischer Verbildung der Daumen,
welche Hei hing (15) darstellte, bestand beiderseits eine seitliche Abbiegang
des Nagelgliedes mit ulnarwärts offenem Winkel, der links 90^, rechts ca. 130^
betrug. Diese abnorme Stellung der Endglieder war durch Einfügung einer
keilförmig gestalteten mittleren Phalanx bedingt. Dieses Zusanunentreffen tod
Hyperphalangie des Daumens und seitlicher Abbiegung der Endphalanx ist
sehr selten. Von Joachimsthal wurde im Jahre 1900 ein gleicher Fall
mitgeteilt. Weitere derartige Beobachtungen konnten nicht gefunden werden.
Hei hing hat links die überzählige Phalanx entfernt und rechts eine
Keilexzision vorgenommen und so die hochgradige Missgestaltung der Daumen
völlig beseitigt.
Schlechte Erfahrungen (Narbenkontraktur, Nekrose der Haut), welche er
mit anderen Methoden machte, gaben Katzenstein (19) Veranlassung, bei
einem 5 Monate alten Kinde mit Syndaktylie zwischen Ring- und Mittelfinger
nach Trennung der Syndaktylie einen dreieckigen Hautlappen in den Defekt
am Ringfinger einzupflanzen, während der Defekt am Mittelfinger durch Naht
geschlossen wurde. Die Spitze des Lappens, lag am Metakarpophalangeal-
gelenk IV. Die Längsschnitte des Lappens wurden über das Handgelenk hinans
in divergierender Richtung verlängert, etwa um die Länge des abgelösten
Hautlappens. Die nun folgende Naht dieser Schnitte wurde so vorgenommen,
Neck, Verletzungen UDd chirarg. Krankheiten der oberen Extremität. 90B
dass eine beliebige Stelle vom Iimei\};eil (der distalwärts verschoben werden
sollte) einer distalwärts gelegenen der Aussenseite gegenüber lag. Es wurde
so jeder Punkt des Innenteils um seine eigene Verschiebbarkeit plus der
Verschiebbarkeit der weiter zentralwärts gelegenen Stellen disloziert^ und
dabei die Haut des Unterarmes und Handrückens so weit nach vorn ver-
schoben, dass sich der Ebiutlappen bequem in den Defekt am Ringfinger
hineinlegte.
Das Endresultat war gut.
2. Krankheiten der Haut.
1. Härtens, Gescbwnlst der Hand. Berliner med. Gesellschaft. Berliner klin. Wochen-
schrift 1908. Nr. 10.
2. Sicard, Actinomycose cntann^ du doigi La Fresse m^icale 1908. Nr. 65.
3. Talke, Über Hydradenids axillaris. ▼. Em ns sehe Beitrftge 1908. Bd. 88. Heft 1.
Talke (3) hat die exzidierte Haut eines mit Hydradenitis axillaris be-
hafteten Mannes mikroskopisch untersucht und gefunden, dass nach Ablauf
der akuten Entzündung, vorausgesetzt, dass es nicht zur Abszessbildung kommt,
in den grossen Schweissdrüsen Schrumpfung und Atrophie der Drüsenläppchen
auftritt. Dadurch wird wahrscheinlich die Selbstheilung eingeleitet, indem so
die Funktion des Parenchyms völlig aufgehoben wird.
Bei frischeren Stadien der Entzündung fand sich vor allem massenhafte
Dnrchsetzimg des Drüsenepithels mit polynukleären Leukocyten, Proliferations-
Yorgängen am Epithel (Mehrschichtigkeit) und im Bindegewebe.
An Stelle der kleinen Enäueldrüsen fand sich schliesslich nur noch zellig
infiltriertes, schrumpfendes Narbengewebe.
Für die grossen Knäueldrüsen konnte der Verf. dieses Schlussstadium
in seinen Präparaten nicht nachweisen.
Innerhalb 6 Wochen war bei der 12jährigen Patientin M arte ns(l) die
maulbeerartige, gestielte, klein walnussgrosse, leicht blutende Geschwulst ent-
standen. Dem Aussehen nach konnte es sich um eine Botryomykose handeln.
Die nach Exzision der Geschwulst vorgenommene histologische Untersuchung
ergab aber ein Angiosarkom der Haut
Si Cards (2) 39jährige Kranke hatte sich beim Zusammenlegen von
Getreidebündeki an einer Ähre auf der Beogeseite des linken Zeigefinger-
grundgliedes gerissen.
Die oberflächliche Wunde wurde von der Kranken nicht weiter beachtet
und heilte zu. Acht Tage später bemerkte die Frau eine schmerzhafte Span-
nung am linken Zeigefinger. Gleichzeitig schwoll der Finger und Handrücken
stark an. In den nächsten 48 Stunden steigerten sich die Schmerzen stark.
Im Bereich der kleinen Narbe traten einige Bläschen auf. Die Haut wurde
hier rot und. fühlte sich heiss an. Eine Lymphangitis oder Lymphadenitis
bestand nicht.
Es bildeten sich mehrere kleine Hautabszesse; von solchen wurde auch
allmählich die Haut auf der Beugeseite des U. Zeigefingergliedes befallen.
Als die Kranke in Behandlung des Verfs. kam, bestanden auf der Beugeseite
des Zeigefingers Ulzerationen. Der aktinomykotische Prozess hatte bis auf
den Knochen übergegriffen. Unter äusserlicher und innerlicher Anwendung
von Jodpräparaten heilte der Prozess völlig ab.
904
Jahresbericht far Chlrargie. IL TeiL
8« Erkrankang^n der LjrmphgefSsse und Lymphdrüsen.
1. Eatholicky, Lyropbangioma cavernosum der oberen Extremität. Wiener klin-Wodieii-
Bchrift 1903. Nr. 10. (Aus der k. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien. 27. Februar 1903.)
2. *Macnanghton-Jones, Reports on a dact canoer in isolated axillare gland aod
other-cases. Medical Press 1903. Dec. 23.
In der K. K. Gesellschaft stellte Katbolicky (1) einen 14jährigen
Patienten vor, der ein seltenes Lymphangioma cavernosum der oberen Ex-
tremität darbot. Von dem Angiom waren die Finger, Hand und der Vorder-
arm befallen. An der Ulna war bei der Betastung ein grosser Defekt des
unteren Drittels vorhanden, ausserdem war auf dem Röntgenbild zu sehen,
dass die Phalangen sämtlicher Finger nur noch in minimalen Rest-en vor-
handen waren. Die Metakarpalknochen waren ganz geschwunden, die Hand-
wurzelknochen nur angedeutet. Weiter bestand eine deutliche Atrophie der
Vorderarmknochen. Da der zerstörende Prozess einen progredienten Charakter
hatte, wurde die Amputation der Extremität vorgenommen.
4. Erkrankungen und Verletzungen der GefSsse.
1. *Delanglade, Sutnre circa! aire des arteres radiale et cubitale. BolL et möm. de la
soc. de Chir. 1903. Nr. 14.
2. De Gaetano, L., Anenrisma tranmatico dell' omerale. Asportazione e sntura deO*
arteria. Giornale internaz. di sc. med. 1903. Fase. 12.
3. Gödecke, Spontane Gangrän an den vier Extremitäten. Freie Ghirorg.-Vereinigius.
Zentralblatt fOr Gbirargie 1903. Nr. 50.
4. *Gunkel, Debonstration eines Falles von Gangrän der Fingerspitzen der linken Hand.
Berliner med. Gesellschaft. Berliner med. Wochenschrift 1903. Nr. 25.
5. Jakobsthal, Beiträge zur Statistik der operativ behandelten Aneoiysmen. IL Das
Aneurysma der Arter. subclaviae. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie. Bd. 68. p. 239.
6. *Läwen, Ober die genuine diffuse Phlebarteriektasie an der oberen Eztrenütit
Deutsche Zeitschrift fUr Chirurgie 1903. Bd. 68. Heft 3 und 4.
7. *Lilienfeld, Ein Fall von kavernösem Angiom der Finger, durch AlkoholinjektioBea
geheilt, v. Brunssche Beiträge 1903. Bd. 38. Heft 2.
8. Pelagatti, M., Sulla patogenesi della elefantiasi. Studio istologico e critico. Glxniea
cbirurgica 1903. Nr. 11.
9. Santoro» G.» Un raro caso d' aneurisma falso tranmatico alla piega del gonüto destre.
II Foliclinico. Sez. pratica 1903. Fase. 32.
10. Tavernier, Dilatation d'une veine profonde de Tavant-bras. Soc. des sciences m^
Lyon medical 1903. Nr. 5.
11. Taylor, Traumatic aneurysm of the left subdaviar artery produced by fracture of
the claviclo. Dubb'n Journal 1903. September.
Im Anschluss an einen mit peripherer Ligatur behandelten und seit zwei
Jahren geheilt gebliebenen Fall von Aneurysma der rechten Arteria subclavia
bei einem 51 jährigen Mann bespricht Jakob sthal (5) die bisher bei den
in Frage stehenden Aneurysmen erzielten operativen Erfolge.
Er trennt die vor dem Jahre 1890 ausgeführten Operationen von den
darnach gemachten und fand folgendes:
Bis 1890 operiert
Seit 1890 operiert
Mortalität der Operation . .
Gflnstige Erfolge überhaupt
, Heilungen •
davon definitive Heilungen .
73 0/0 (55 von 75)
22,7 > (17 von 75)
9,3<»/o (7 von 75)
1,30/0 (1 von 75)
le^/o (4 von 25)
70.80/0 (17 von 24)
500/0 (12 von 24)
20,80/0 (5 [Exstirpationen
von 24)]
Neck, Yerletzungen und chirarg. fijrankheiten der oberen Extremität. 905
Die für die Zeit von 1890 ab erzielten besseren Resaltate fuhrt der
Verf. auf die Verbesserung der Aseptik und die vervollkommnete Technik
zurück.
Für die Behandlung der Subklavia-Aneurysmen zieht der Verf. aus seinen
Studien folgende Schlüsse:
Als Idealmethode kann ohne Zweifel die Exstirpation gelten. Abgesehen
davon, dass sie bei ihrem Gelingen eine Radikalheilung garantiert, beseitigt
sie auch die Störungen, die auch nach vollständiger Thrombosierung des Aneu-
rysma in Form von Schmerzen zurückbleiben können. Leider ist sie aber
nur für einen Teil der Fälle verwendbar. Ist das Aneurysma nicht throm-
bosiert, sondern mehr oder weniger dünnwandig und pulsierend, so kann zur
Exstirpation nur geraten werden, wenn dasselbe wenig voluminös ist und
keine stärkeren Verwachsungen zeigt. Wichtig ist die breite Freilegung des
Operationsterrains mit Resektion (am besten temporärer) der Clavicula. Ist
das Aneurysma gross, so kann diese Operation auch noch mit Erfolg durch-
geführt werden, wenn der Sackinhalt grösstenteils thrombosiert ist, bei Ver-
wachsungen mit Clavicula und Vena subclavia, sind die davon betroffenen
Teile gleichzeitig mitzuentfemen.
Ist die Exstirpation nicht ausführbar, so ist, wenn möglich, die proxi-
male Ligatur auszuführen. Jedoch ist daran festzuhalten, dass der Ligatur
der Anonyma auch heute noch trotz sicherer Aseptik Gefahren anhaften, die
in der Ligaturmethode als solcher begründet liegen.
Breite Freilegung mit Resektion der Clavicula und des Manubrium stemi
{Bardenheuer) ist erforderlich. Tritt nach zentraler Ligatur eine Konso-
lidierung des Sackinhaltes nicht ein, so ist die distale Ligatur hinzuzufügen.
In den Fällen, bei welchen nur die distale Ligatur ausgeführt werden
kann, muss die Aussicht auf eine Dauerheilung als zweifelhaft betrachtet
werden.
In einem Falle, in welchem die Oberarmarterie in der Quere auf drei
Viertel ihres Umfanges durchschnitten war, vernähte De Gaetano (2) die
Wunde und schnitt ein traumatisches Aneurysma spurium ein, das sich ge-
bildet hatte. Patient genas vollständig. — Verf. führt nach Beschreibung
dieses Falles 29 Fälle von Arteriennaht an mit 20 Heilungen, 2 Gangränen,
1 Todesfall und 1 unbekannten Ausgang. In keinem dieser Fälle war in
zweiter Zeit ein Aneurysma entstanden, was mit den Resultaten übereinstimmt,
die Verf. bei seinen Experimenten über die Regeneration der Arterien er-
halten hatte. R. Giani.
Delanglade(2) hat bei einem 22jährigen Mann, bei welchem durch
eine Verletzung die Arteria radialis und cubitalis dicht unterhalb des Ellen-
bogengelenks durchtrennt waren, und zwar an einer Stelle, an der die Vorder-
armarterien noch keine KoUateraläste abgegeben hatten, die Naht der durch-
trennten Gefässe ausgeführt.
Die Arterienstümpfe wurden durch je 6 Nähte, welche Adventia und
Media mitfassten, wieder vereinigt. Die Naht hielt dicht. Die Pulsation
war am oberen Ende deutlich fühlbar, am unteren Ende aber nicht.
Die Zirkulation stellte sich aber dennoch am ganzen Vorderarm so-
fort her.
In dem von Santoro (9) berichteten Falle bestand ein traumatisches
Aneurysma spurium an der Beuge des rechten Ellbogens. Die Wunde war
13 Tage vorher durch ein Federmesser hervorgerufen worden, das von oben
906 Jahresbericht für Chirargie. II. Teil.
nach unten und von aussen nach innen mitten in die Ellbogenbeuge einge-
drungen war. Gleich nach dem Trauma hatte ein Arzt die Wunde freigelegt»
ohne jedoch die Ursache der Blutung zu finden, — die indessen immer mdr
abnahm, — und hatte die Wunde vernäht. Am 5. Tage trat eine pulsierende
Schwellung auf, die immer mehr zunahm , bis Patient ins Krankenhaus «ii-
genommen wurde. Ein Blutträufeln aus der Wunde hatte indessen inuner
fortbestanden und am 13. Tage fand plötzlich, ohne Ursache, eine bedeutende
Blutung statt. Nachdem man eine Ligatur am mittleren Drittel des Obe^
arms angelegt hatte, hörte die Geschwulst zu pulsieren auf; doch gleich danof
fand eine ziemlich starke Arterienblutung statt, die erheischte, dass man das
Gefäss unterhalb der Geschwulst unterband. Da hierbei die Oberarmfasde
freigelegt und ein darunter gelegenes Gerinnsel entfernt wurde, fand man zwei
3 mm lange Löcher, eines in der Speichen- und eines in der Enibogenaiterie,
die in longitudinaler Richtung die vordere Arterienwand durchsetzten; hier
hatte die Blutung ihren Ursprung. Ligatur beider Arterien ober- und unt^h&ib
der Kontinuitätstrennung, Vernähung der Weich teile; Heilung per primam.
Das Hunt er sehe Verfahren hatte sich also in diesem Falle von Aneu-
rysma spurium als unzulänglich erwiesen. R. GianL
Anlass zur vorliegenden Arbeit gab Pelagatti (8) ein Fall von Be-
phantiasis der linken oberen Extremität, in welchem er das erkrankte Gli^
amputierte.
Patient litt an Malaria and hatte viele Jahre vorher ein Phlegmon ao der linbe
Hand gehabt, das vollstftndig geheilt war. Ohne scheinbare Ursache entstand ein abtes
Phlegmon, das die axillären Lymphdrüsen und das sie umgebende Gewebe interessiot«:
bald darauf ham es zu reichlicher Eiterung. Nach Ausleerung des Eiters blieben noch laagi
Zeit Fistelgftnge bestehen. Wenige Monate darauf begann der elephantiastische ZnstiBi
der zuerst nur auf den oberen Teil des Armes beschrftnkt blieb, sich aber nach und nid
auf das ganze Glied verbreitete und weder von Ljmphangitis noch von Fieber begiotel
war. Der amputierte Arm gab bei der anatomischen Untersuchung folgenden Befmd:
Hypertrophie der Wand der Oberarmarterie mit sehr unregelmässigem, engem Lamen, Ob-
struktion der Ellbogenarterie, Thrombosierung der Venen ; um die Gefässe herum eine Maaaa
von kompaktem fibrösem Gewebe, Muskelfasern degeneriert und durch Bindegewebe tob*
einander getrennt, fibromatOse Haut; Hypersarkosis am ausgeprägtesten in den ikhn^
Hautschichten. Diese Veränderungen waren am stärksten am Oberarm, weniger ao^
sprechen am Vorderarm, fast ohne Belang an der Hand. Die Lymphgefäsae und -Rlm«
wiesen als einzige Veränderung eine Dilatation auf.
Nach Verf. sei iu diesem Falle die Elephantiasis durch chronische Ent-
Zündung der Blutgefässe hervorgerufen worden. Er bespricht dann die beida
zur Erklärung der Elephantiasis aufgestellten Theorien und kommt zu dem
Schlüsse, dass die Krankheit ein persistierender, fortschreitender chroniscber
Entzündungsprozess sei, der sich primär in den venösen Gefässen entfalte
und sich in gegebenen Fällen sekundär auch auf die Lymphge&sse Ter*
breite und der sehr verschiedene Ursachen habe (Dermatosen, Lifektion, Ett*
sipel, Phlegmon, eitrige Drüsenerkrankungen, Geschwüre u s. w.).
K Giani.
Tavernier (10) fand bei einem 25 jährigen Mann auf der Bengeseite
des Unterarms etwas abwärts von der Ellenbeuge einen reichlich walniss-
grossen Tumor, der Flüssigkeit enthielt und bei Druck völlig versdiwaiid,
beim Nachlassen des Druckes aber sofort wieder zum Vorschein kam.
Der Kranke bemerkte die Geschwulst, die ihm bei schwerer Arbeit
Schmerzen verursachte, seit 5 Jahren und gab an, dass er sie eines Tages
nach dem Handdreschen entdeckt habe.
Die Geschwxdst (Varix) wurde entfernt.
Neck, VerletzoDgen und chirnrg. Krankheiten der oberen Extremität. 907
Als Ursache der im Anschluss an eine Peritonitis nach Pyosalpinx-
Operation aufgetretenen Gangräne an den vier Extremitäten fand Gö decke (3)
nur Verstopfungen der Haut- und Muskelgefässe dicht oberhalb der Gangrän-
grenze. Ausser der bestehenden Sepsis schuldigt der Verf. eine luetische In-
fektion, welche die Kranke durchgemacht hatte, für das Zustandekommen
dieser Verstopfungen an.
Taylors (11) 62jähriger Patient fiel auf die linke Schulter und brach
das Schlüsselbein. Er kam nach 48 Stunden in Behandlung mit starker
Schulterschwellung, 14 Tage später wurde Pulsation und ein lautes Geräusch
bemerkt. Der Tumor füllte den unteren Teil des hinteren Halsdreieckes aus,
reichte nach vorn bis unter den Stemocleidomast., nach unten unter die
Clavicula. An der Frakturstelle bestand grösste Prominenz und Fluktuation.
Es bestanden ferner Schmerzen und Parästhesien im Arm und der Hand.
Der Badialpuls war links kleiner als rechts. Das Röntgenbild zeigte einen
rechtwinklig vom inneren Ende des äusseren Fragments nach unten ragenden
Knochensplitter, durch den die Entstehung des Aneurysmas verursacht wurde.
Zunächst wurde Ruhe und Jodkali angewendet. Wegen drohender Per-
foration machte sich dann die Operation nötig. Nach Anlegung eines Winkel-
schnitts am äusseren Rande des Stemocleido und oberen Rande der Clavicula
wurden 2 Zoll vom inneren Fragment mit Drahtsäge reseziert. Alsdann Ver-
such temporärer Ligatur der A. subclavia zentral vom Aneurysma. Wegen
starker Blutung aus einer Halsvene musste dieser Versuch aufgegeben werden.
Damach Spaltung des Sackes und Ausräumung der Blutgerinnsel unter digi-
taler Kompression erst von der Wunde aus, dann proximal vom Aneurysma.
In der oberen und vorderen Arterienwand fand sich eine für eine dicke Strick-
nadel durchgängige Öffnung. Beim Versuch, die Arterie mit der Aneurysmen-
nadel zu umgehen, zeigte sich die Vene stark adhärent. Um Verletzung der-
selben zu vermeiden, wurde die Öffnung in der Arteria mit Klemmen geschlossen.
Tamponade. Die Klemmen wurden nach 12 Tagen entfernt. Die Heilung
erfolgte dann ohne weitere Störung.
5. Erkrankungen und Verletzungen der Nerven.
1. Allesandrini» Trattamento chirurgico ortopedia della paralisi del radiale. Archivio
di ortopedia 1908. Faac. 1.
la.B lenke, Über Lftbmungen des Nervös radialis nach Oberarmfraktar und Über die
Behandlung derselben durch Operation. Monatsschrift für ünfallkunde 1903. Nr. 1.
2. *Coob, Report of a case of recurrent dislocation of the ulnar nerve cured by ope*
ration. Annala of aorgery 1903. November.
3. *— Ein Fall von tranmatiacher Lähmung des Nervus radialis durch Operation gebessert
Ärztliche Sachverst&ndigen-Zeitung 1903. Nr. 7.
4. ^Ehrich, Amputationsneurom des Plexus brachialis. Stammnenrome. Rankennenrome.
Rostoeker Ärzte-Verein. Müncbener med. Wochenschrift 1903. Nr. 20.
5. Galeazzi, Gontribnto clinico e sperimentale allo studio delle lesioni del plesso brachiale
d'origine traumatica. Archivio di ortopedia, 1903. fasc. 1.
6. *6uibal, Fribrome du nerf cubital du bras gauche. Extirpation. Bull, et m^m. de
la aoc. anat. de Paris 1908. Nr. 10.
7. *Eeen and Spiller, Whist drop from fracture of the humeous injuring the mnsculo-
spiral nerve (N. radialis). Suture after 10 weeks; early restoration of Sensation and
later of motion. Archives internationales 1903. Vol. I. Fasc. 1.
8. Kennedy, Suture of the brachial plexus in 4birth paralysis of the oppon extremitj.
Britisch medical jonmal 1903. Febr. 7.
9. Kissinger, Luxation des Nervus ulnaris. Monatsschrift ftti* Unfallheilkunde 1903.
Nr. 6.
906 Jahresbericht fttr Ghintrgie. ü. Teil.
10. ^LannoisetLejarB, lUsaltats des Operations liböratrices da neuf radial a la snte
des fractQres de rhum^ms. Revae de Chirurgie 1903. Nr. 5.
11. Mombarg, Die Luxation des Nervus ulnaris. v. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 70.
Heft 1.
12. Nannatti, A., Peritelioma primitive del nervs mediane. Glinica modenia, K. dd
15. Aprile 1903.
13. * Peru et. Die operative Behandlung von Nervendefekten an der oberen Extmiitil
mit Eontinuit&tsresektion des Knochens nach L5bker. Dies. Bonu 1903.
14. "^Reisinger, Kasuistischer Beitrag zur Nervenlösung bei Radialialfihmung nach Ober-
armfraktur. Beiträge zur klin. Chirurgie. Bd. 36. Heft 3.
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Nr. 16.
Nannotti (12) operierte mit Erfolg einen Fall von Gesch¥mlst d^
Nervus medianus. Da die Enukleation der Geschwulst nicht möglich war,
schritt Verf. zur Resektion des N. medianus und brachte die Enden mitteisl
Catgutschlingen aneinander; nach dieser Operation trat Gefühls- und Moti-
litätsparalyse in dem vom N. medianus innervierten Gebiete auf. Da nacb
einer hastigen Bewegung des Patienten die Buptur und Lösung der Schhng^
stattgefunden zu haben schien, nahm Verf. eine Neuroplastik vor, indem er
zwischen die beiden Stümpfe des N. medianus den mittleren Hautnerven an-
pflanzte, der stark entwickelt erschien. Nach einem Monat kehrte die
Sensibilität zurück, später, am Ende des dritten Monats, waren auch die Be-
wegungen wieder vollkommen. Bei der histologischen Untersuchung fand nun
eine mit reichlichen Gefässen versehene Geschwulst von alveolärem Bau, mit
Erscheinungen von hyaliner Degeneration; die Degeneration war jedoch nur
eine partielle und auf einige Stellen der Gefasswände an der Peripherie der
Geschwulst beschränkt. In ihrem zentralen Teile hatte sie das Bindegewebs-
stroma und die neugebildeten Gefässe befallen; Wucherung der Zellen der
T. adventitia bei den grösseren Gefässen; ausserordentUche Wucherung des
Perithels bei den neugebildeten Gefässen. Auf Grund dieser Merkmale wurde
auf Uämangioperitheliom erkannt. R. Giani.
Galeazzi (5) berichtet über einige Fälle von traumatischer Läsion
des Armgeflechts, die er in der Carl eschen Klinik in Turin zu beobachte
Gelegenheit hatte.
Im ersten Falle deuteten die Symptome auf eine Läsion der YIII. Hals-
nervenwurzel hin; ein Schusterkneif war zwischen zwei Querfortsätzen, wahr-
scheinlich zwischen dem YII. cervikalen und dem I. dorsalen, eingedrungen
und schien oberhalb der Abgangsstelle der mit dem Halssympathikus kommuni-
zierenden Zweige, die VIII. Halsnervenwurzel durchschnitten zu haben, wie
dies aus dem vom Patienten aufgewiesenen Dejerine-Klumpk eschen
Symptomenkomplex zu folgern war.
Neck, Verletzungen und chirarg. Krankheiten der oberen Extremität. 909«
Im zweiten Falle waren durch einen Schuss der Vagus und das Arm-
nervengeflecht der linken Seite verletzt worden. Welches die Natur und
Schwere der Vagusläsion war, gestatteten die Symptome, die Patient im
Augenblicke der Untersuchung aufwies, nicht festzustellen. Dagegen konnte
der Sitz der Armgeflechtsläsion genau festgestellt werden. Da yollständige
Paralyse der kleinen Handmuskeln und eine Parästhesie längs dem Kubital-
rande des Vorderarmes und der Hand bestanden, schloss man, dass die Läsion
in der von Grenet als III. Segment bezeichneten Armgeflechtsportion ihren
Sitz haben musste. Die Radiographie tat dar, dass die Kugel sich in einer
in der Höhe der II. Hippe gelegenen Horizontalebene des Thorax befand.
Da nun Verf. durch Untersuchungen am Leichnam festgestellt hatte, dass der
in Frage kommende untere sekundäre Ast des Geflechtes beim Erwachsenen
eine mittlere Länge von 2 — 2,5 cm hat, hinter der A. subclavia gelegen ist
and der I. Rippe aufliegt, schloss er, dass die Kugel unter dem Nervenast
ihren Weg genommen hatte und ihn also nicht verletzt haben könnte. Für
den Augenblick war deshalb deren Entfernung zwecklos.
Zum Schlüsse berichtet Verf. über eine durch Rotation nach links er-
folgte Luxation des V. Halswirbels mit erhöhter Lage des Gelenkfortsatzes
und mit Paralyse des Armgeflechts, sowie über eine durch Rotation nach
rechts hervorgerufene Luxation des HI. Halswirbels mit Verschiebung des
Gelenkfortsatzes und mit Kompressions-Parästhesie der IV. Halsnervenwurzel.
R. Giani.
Duchenne beschrieb 1872 vier Fälle von Paralyse der oberen
Extremität, welche während der Geburt entstanden waren. Die Symptome
sind identisch mit den Fällen von Paralyse bei Erwachsenen, die Erb 1874
beschrieben hat. Der Erb sehe Punkt ist der Ort der Läsion, d. h. die
Teilungsstelle des 4. und 5. Cervikalverven. Über die Art der Läsion gehen
die Ansichten auseinander.
Der Hauptfaktor bei der Entstehung der in Frage stehende Lähmung
bei der Geburt ist nach Kennedy (8) starkes Herabziehen der Schulter,
wälirend der Kopf stark nach der entgegengesetzten Seite gebogen und gleich-
zeitig rotiert' ist.
Den gebräuchlichen Behandlungsmethoden: Massage, Elektrizität und
passive Bewegungen schreibt der Verfasser keinen Wert zu. Fälle mit leichterer
Läsion (Zerreissung von Nervenfibrillen oder Fasern) stellen sich von selbst
wieder her, bei schwerer Läsion (Zerreissung von Nervenstämmen) tritt trotz
dieser Behandlung kein Erfolg ein.
Die Spontanheilung wird verhindert durch narbige Umwandlung der
umgebenden Gewebe, besonders bei Zerreissung des Stemocleido mast.
(Torticollis).
Kennedy empfiehlt Behandlung wie bei Läsion anderer
peripherer Nerven. Zuerst 2 — 3 Monate exspektatives Verfahren:
können dann mit farad. Elektrizität Zuckungen in den gelähmten Muskeln
erzeugt werden, so ist Aussicht auf Spontanheilung (Verfasser hat einen Fall
derart beobachtet). Anderenfalls rät er zur Operation.
Operationsmethode. Schnitt vom äusseren Rande des Stemocleido
an der Grenze zwischen unterem und mittlerem Drittel nach unten aussen
zur Grenze zwischen äusserem und mittlerem Drittel der Clavicula. Von diesem
Schnitt aus Blosslegung des Plexus und sorgfältige Befreiung von Adhäsionen.
In allen Fällen Kennedys waren die Nerven narbig verdickt: Resektion der
910 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL TeiL
narbigen Partien, im Gesunden unter Umständen nach Erweiterung der Wunde.
Vereinigung der Nervenstümpfe durch je eine Chromsäurecatgutnaht dnrdi
die ganze Dicke des Nerven. Hautnaht.
Eenned j hat bisher 8 Fftlle operiert, von denen aber nur einer gentigend lange
beobachtet ist.
Fall I. Zangengeburt 6 Wochen nach der Gebart nntersncht Paralyse des reekiea
Arms. 4 Wochen später: Moskulatur ftlr galvanische StrOme erregbar, nicht f&r faradisdw.
Operation. 2'/« Monat darnach leichte Bewegungen des Armes. 9 Monate daraadi bat
normale Bewegungsfähigkeit. Leichte Behinderung der Supination.
Im IL Falle [14 jähriges Mädchen (in Steisslage geboren) nach starken rechtaeitiga
TorticoUis] waren 5 Monate nach der Operation erst faradische Zuckungen, DeÜoidai«
nachweisbar, keine aktive Bewegung.
III. Fall : Querlage, Wendung, Armfraktur. 6 Monate post partum Operation. 3 Mo-
nate darnach faradische Zuckungen. Beltoides und Biceps. Verschwinden der InnenrotaüiNL
Blencke (la) stellte 68 Fälle zusammen, bei welchen wegen Badiafis-
lähmung nach Oberarmbrächen operiert wurde, und fügt eine eigene Beob-
achtung hinzu.
Ein junger Mann hatte sich durch Sturz einen Oberarmbruch zugezogen. Vi» Mo-
nate später stellte Blencke eine typische Badialislähmung fest Durch operativea Dt-
griff wird der Nerv aus dem ihn umgebenden Nervengewebe befreit und der kantige Enoda
geglättet, y Schon am Tage nach der Operation war der Patient imstande, die Finger n
strecken." unter Anwendung von Massage, Elektrizität und Gymnastik war die LikmiB$
nach 40 Tagen fast vOllig beseitigt
Unter den 68 operierten Fällen konnte festgestellt werden, dass es skl
20 mal um eine primäre, 35 mal um eine sekundäre Lähmung handelte. 12iiuJ
war der Nerv völlig durchtrennt, 4 mal interponiert, 4 mal war er durch dk
Fragmente alteriert.
In 41 Fällen wurde eine völlige Heilung der Lähmung erzielt, in 6 eias
^fast vollständige'', in 8 eine ;,erhebliche Besserung^ und in 3 eine gerinn
Besserung.
Li einigen Fällen musste wegen Rezidiv der Lähmung eine zweite, &it
mal sogar eine dritte Operation ausgeführt werden.
8 mal stellte sich bereits nach wenigen Tagen eine Besserung ein. Mdst
aber vergingen mehrere Wochen und Monate, bis eine Besserung eintrat. Die
früh vorgenommene Operation gibt bessere Aussichten, als die später aas-
geführte. In einem Fall wurde erst 3V« Jahre nach dem Unfall mit Erfolg
operiert.
Lannois und Lejars (10) operierten einen Mann wegen Radialislfthmnng, die m
Ansehlttss an eine Humerusfraktnr aufgetreten war. Die Operation wurde 4 Monate Bvk
dem Unfall aasgeführt. Es zeigte sich, dass der Nerv in einem Kanal lag, dessen Wal-
dung aus neugebildetem Knochen bestand. Befreiung des Nerven. Nach 8 Monataa «v
völlige Heilung der Lfthmung eingetreten.
Bei Brüchen am unteren Humerusende mit transversal oberhalb is
Kondylen verlaufender Bruchlinie fand Savariand (15) viermal böi KindffD
Lähmungen im Gebiet des Nervus ulnaris, medianus oder radialis. Bei zw«i
operierten Kindern zeigten sich die vorliegenden Nerven (Radialis und Mediasos)
durch das nach unten und vom verschobene obere Fragment in die H5be
gehoben und gedrückt. Das eine dieser Kinder wurde nach 20 Tagen operiert
und rasch wiederhergestellt, das zweite Kind vier Monate nach dem statt-
gehabten Trauma ohne Erfolg operativ behandelt.
Einmal trat Heilung der Lähmung ohne Operation nach einem Jab
auf. Das vierte der Kinder zeigte das Bild einer Medianusalt«ration äS
der Bruchstelle, der hier freigelegte Nerv bot aber keine sichtbare V«^
änderungen. Nach der Operation trat eine Besserung nicht ein.
Neck, Verletzangen und Chirurg. Krankheiten der oberen Extremitftt. 911
Nach den Erfahrungen Savariands scheinen diejenigen Fälle von
frühzeitig auftretenden Lähmungen, welche mit Retraktion von Muskeln ein-
hergehen, und bei denen alle drei Nerven an der Lähmung beteiligt sind, jeder
therapeutischen Massnahme zu trotzen.
Vialle (19): Bei Ellbogenluxationen kommen am ehesten Medianus-
lähmungen, an zweiter Stelle Ulnarisläbmungen vor. Selten sind Radialis-
Ehmungen im Gefolge der Luxation verzeichnet. Im vorliegenden Fall scheint
die Lähmung durch Zerrung des Nervs veranlasst worden zu sein.
Es trat völlige Entartung des Radialis ein. Trotz angewandter Massage
und Elektrizität blieb die Lähmung bestehen.
Kissinger (9) teilt zwei Fälle von Luxation des Nervus ulnaris mit.
Bei einem öOjährigen Bergmann war die Luxation im Anschluss an
einen Stoss gegen den Ellbogen bei gebeugter Stellung des Armes aufgetreten.
Bei extremer Beugung luxierte der Nerv nach vom, bei Streckung glitt
er vrieder in seine Rinne. Eine Operation schlug der Mann ab, andere Be-
handlung hatte keinen Erfolg.
Im zweiten Fall hatte ein 20 jähriger Mann einen Oberarmbruch am
Übergang vom unteren zum mittleren Drittel erlitten.
Nach einiger Zeit bekam der Verletzte ^ziehende Schmerzen in dem
verletzten Arm^. Bei der Untersuchung wurde die Luxation der Ellennerven
entdeckt, die jedesmal bei Beugung im Ellbogengelenk auftrat.
Momburg (11) hat bei einem Soldaten, der beim Turnen am Quer-
banm — in Stützstellung Armbeugen — plötzlich im rechten Ellbogengelenk
Schmerzen bekam, eine Luxation des Nervus ulnaris festgestellt. Durch
Operati(H) — Bildung eines Sehnen-Muskellappens aus dem Muscul. triceps
brach., der unter dem Nerv durchgeführt und mit seinem freien Ende wieder
am Triceps angenäht wurde — wurde der Mann geheilt.
Gelegentlich dieses Falles untersuchte der Verfasser 116 Soldaten und
fand in 23 Fällen Luxationen des Nervus ulnaris, ohne dass die Betre£fenden
irgendwelche Beschwerden hatten.
Meist war der Sulcus und innere Condylus abgeflacht.
Verfasser kommt auf Grund seiner Feststellungen zu folgenden Schlüssen :
1. Die Luxation des Nerv, ulnar, ist häufig.
2. Dass die Luxation bisher so selten beobachtet worden ist, beruht
anf dem seltenen Auftreten einer Entzündung der Nerven, durch welche die
Luxation erst beschwerlich wird.
3. Es gibt zwei Arten von Luxatio nerv, ulnar., die kongenitale, die
sehr häufig, und die rein traumatische, die sehr selten ist.
4. Zwischen beiden stehen die Subluxationen, bei denen häufig durch
eine heftige Kontraktion des M. triceps eine Luxation entsteht.
5. Die Therapie richtet sich nach der Nervenentzündung. Die Luxation
an und für sich ist belanglos, erst die hinzutretende Entzündung des Nerven
macht eine Therapie notwendig.
Bei einem Mädchen, das als Ausgang einer Poliomyelitis anterior
acuta eine Paralyse des rechten Radialnerven aufwies, implantierte Alessan-
drini (1) den M. palmaris longus in den M. digitorum communis extensor
und in den M. pollicis abductor longus ; er erhielt ein ausgezeichnetes funktio-
nelles Resultat. R. Giani.
Schefflers (15) Kranker hatte durch einen 1,5 cm über dem Condyl.
extern, eindringenden Stahlsplitter eine Verletzung des Nerv. radiaUs erlitten.
912 Jahresbericht fOr Chirurgie. II. TeiL
Bald nach dei^ Verletzung wurde anderwärts der beinahe Töllig durchü^nnte
Nerv, radial, profundus genäht. Nach Heilung der Wunde wurde täglich
elektrisiert. Etwa vier Monate nach der ersten Operation wurde der Xerr
noch einmal freigelegt, weil noch keine Besserung der Lähmung eingetretea
war. Nach abermals eingetretener Wundheilung Verwendung von Massage
und Elektrizität. Nach einem Jahr konnte „die Hand ein klein wenig und
nur für kurze Zeit gestreckt werden^. Fingerstrecken war unmöglich.
Jetzt wurde der Elex. carp. radialis auf den Extensor überpflanzt So
wurde die Hand dorsal- und radialwärts gestellt. Der periphere Stumpf des
Elex. carp. radial, wurde in den Palmar, longus eingenaJit
Bei dieser Behandlung erhielt Scheffler folgendes Resultat (Befund
nach 6 Wochen): ;,Die Hand steht im Handgelenk in Mittelstellung zwischen
Beugung und Streckung, zwischen Abduktion und Adduktion; sie kann im
Handgelenk in normalen Grenzen dorsal und volar flektiert werden. Die
Einger können vollkommen einzeln gestreckt, gespreizt und gebeugt werden.
Der Daumen wird normal abduziert, adduziert und opponiert. Nicht ais-
führbar sind: a) Überstreckung der Einger in den Metakarpo-Phalangeal-
gelenken; b) Abduktion und Adduktion der Hand im Handgelenk. Die Supi-
nation des Vorderarmes kann nur mit geringer Kraft ausgeführt werden. Der
Händedruck ist zur Zeit noch schwach.
Die galvanische Prüfung ergibt: Der N. radialis ist vollkommen reaktioitf-
los. Sämtliche Streckmuskeln zeigen noch quantitativ starke Herabsetzung
der Erregbarkeit, jedoch keine Entartungsreaktion, besonders der ExieDS.
digit. communis und der Extens. carp. ulnar.
Der überpflanzte M. flex. carp. radial, reagiert auf elektrischen Beb
nicht isoliert, sondern nur zugleich mit den Elexoren.
Das Resultat hat sich in den folgenden Wochen dauernd gebessert, in-
sofern, als die Kraft der Bewegungen immer höher wurde.^
6. Erkrankungen und Verletzungen der Muskeln, Sehnen, SehnenseheideB
and Fascien«
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9. Lenzemann, Unblutige Behandlung der Bupuy trenschen Fingerkontraktar. Deotecfac
med. Wochenschrift 1903. Nr. 28.
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Schrift 1908. Nr. 48.
18. ZOppritz, Über die Resultate der Exstirpation des tuberkntösen Sehnenscheiden-
hygroms der Hand. y. Br uns sehe Beiträge 1908. Bd. 89. Heft 8.
Fer6 et Demanche (6). Die Kontraktur der Palmarfascie hatte sich
bei dem nenropathisch belasteten Mann im Anschlnss an einen typischen
Radinsbrach rasch entwickelt. Die Verff. nehmen an, dass bei der Verletzung
eine Kompression des Ulnaris stattgefunden habe. Die Schädigung des Nervs
führte die Kontraktur herbei. Die vom Ulnaris versorgten Muskeln waren
atrophisch und in dem vom Ulnaris versorgten Gebiet der Hand war eine
Herabsetzung des Gefühlssinnes vorhanden.
Perassi (15) meint, dass hammerförmige Finger durch eine paralytische
Kontraktur in Beugestellung bedingt seien. Als Radikaloperation sei die
keilförmige Resektion der Phalangen, aber mit einer Sehnenanastomose ver-
banden, ausgezeichnet. R. Giani.
Neutra (12) sah die Dupuytrensche Kontraktur einmal bei gleich-
zeitig vorhandener Tabes dorsalis und multipler Sklerose und in einem zweiten
Fall im Verlaufe einer Tabes auftreten. Verf. hält es für wahrscheinlich,
dass in diesen beiden Fällen ;, infolge der Unterbrechung der Reflexbahn im
Rückenmark die Ernährungsregulation der Palmaraponeurose^ ausblieb ;,und
zur Proliferation und Schrumpfung des Gewebes^ führte.
Therendts (16) 51 jähriger Kranke hatte linkerseits eine ausgesprochene
Kontraktur der letzten drei Finger. Der Daumen zeigte Andeutung von Beuge*
kontraktur. An der rechten Hand waren nur die beiden letzten Finger von
der Kontraktur befallen.
Gleichzeitig hatte bei dem Kranken mit der Erkrankung der Hände
eine Lungentuberkulose eingesetzt und Verf. glaubt, dass die Dupuytrensche
Kontraktur auf tuberkulöser Basis (Toxinwirkung) entstanden sei.
Lengemann (9) hat bei der Behandlung der Dupuytrenschen Kon-
traktur die Erfahrung verwertet, dass Thiosinamin subkutan verabreicht derbe
Narben erweicht und verschieblich macht.
Li einem leichten Fall von Fingerkontraktur wurde ^^eine fast völlige
Restitutio ad integrum erreicht^ und in einem mittelschweren Fall ;,ein voU-
auf befriedigendes Resultat. Ob nicht Rezidive eintreten, ist nicht sicher zu
sagen, ebenso wenig, ob nicht ein Teil der Fälle dieser Behandlung trotzt^.
Es wurde täglich in die Umgebung der erkrankten Stelle 1 ccm folgen-
der Lösung injiziert: Thiosinamin 2,0, Glyzerin 4,0, Aq. destillat. 14,0.
Zöppritz (18) standen 35 operierte Fälle von Sehnenscheidenhygrom
zur Verfügung. Li vier Fällen war seit der Operation ein Jahr vergangen,
in 7 Fällen lagen 2 — 3 Jahre, 8 mal 4 — 6 Jahre, 6 mal 7 — 12 Jahre und
10 mal 13 — 15 Jahre zwischen Operation und Nachuntersuchung. Von 31 Fällen
teilt er das Endresultat mit. Li fünf Fällen war nach einem Jahr, bei 6 Fällen
Jahresbericht fOr Chirturgie 1908. 58
914 Jahreebericht für Chirurgie. IL Teü.
nach 3 Jahren, bei 8 Fällen nach 4—6 Jahren, bei 3 Fällen nach 7 — 12 Jahres,
bei 3 Fällen nach 3— 15 Jahren kein Rezidiv vorhanden. 9 mal traten Rezi-
dive auf.
Durch eine zweite Operation wurden — abgesehen von zwei Kranken,
die sich nicht mehr operieren Hessen — alle übrigen geheilt.
Funktionelle Störungen der Hand waren nach der Operation 1 1 mal überhaupt
nicht vorhanden. In 13 weiteren Fällen bestand nur geringe Funktionsstörung,
hauptsächlich Herabsetzung der Kraft. Einmal war nach der Operation völlige
Steifheit von drei Fingern zurückgeblieben.
Franz (7) beschreibt sieben FäUe von Ganglien in der Gegend de
Metakarpophalangealgelenkes. Sechsmal sassen die erbsengrossen Geschwülste
seitlich von der Mitte, einmal in der Mitte. Diese zuletzt genannte Ge-
schwulst gehörte der Sehne selbst an, während die übrigen mit der Sehnen-
scheide in Verbindung standen.
Bei Druck oder Bewegnngen hatten die Kranken starke Beschwerdeo.
Sechsmal konnten für die Entstehung der Ganglien Traumen — akute oder
chronische — festgestellt werden. Auf Grund der mikroskopischen Unter-
suchung von vier Ganglien, die durch Exstirpation gewonnen worden waren,
kommt der Verf. zu dem Resultate, dass es sich um traumatische Degene-
rationscysten im paratendinösen bezw. tendinösen Gewebe handelte und zwar
war nicht nur schleimige, sondern auch hydropische Degeneration vorhanden«
Payer (17) entfernte bei einer Frau fünf Monate nach dem erlittenen
Unfall ein Stück einer Häckelnadel, welches der ersten Phalange des Zeige-
fingers auf der Beugeseite dicht anlag. Es lag grösstenteils im Periost zwischen
Sehnenscheide und Knochen und nur ein kurzes Stück mit dem Häckchen
der Nadel ragte in die Scheide hinein. Verf. erklärt sich die Erscheinung
des ^Schnellens^ dadurch, dass beim Beugen des Fingers die Beugesehne über
den stumpfen Teil des Fingers glitt, dass sie sich aber beim Strecken an dem
zentralwärts stehenden spitzen Hakenende einspiesste und dass eine weitere
Streckung erst nach einer weiteren Kraftanstrengung plötzlich erfolgte. Nach
Entfernung der Nadel war die Funktion des Fingers wieder eine normale.
Becker (2) hat dreimal Luxation von Extensorensehnen beobachtet.
Einmal war die Luxation nach starkem Spreitzen der Finger entstanden.
Dabei war das Zwischensehuenband zwischen Zeige- und Mittelfingerstredi-
sehne unmittelbar an letzterer abgerissen. Die Sehne des Mittelfingers konnte
darnach leicht durch den Zug des nach dem vierten Finger laufenden Zwischen-
sehnenbandes luxiert werden. Nach Durchtrennung dieses Zwischenseimen-
bandes — ein Vorschlag, der ursprünglich von Bahr gemacht worden —
wurde aus dem die luxierte Strecksehne umgebenden Gewebe eine Art Sehn^h
scheide gebildet. Der Enderfolg war gut.
In den beiden anderen Fällen war die Luxation der Strecksebnen des
Mittelfingers einmal im Anschluss an einen Hufschlag auf den Handrücken
entstanden, einmal traf ein schweres Brett den Handrücken des Verletzten.
Mit einem operativen Eingriff waren diese beiden Kranken nicht einverstan-
den. Bei jeder Flexion der Finger rutschten die Sehnen über das Capitnl.
metacarpi und lagen darnach im Spat, interosseum. Das Abrutschen der
Sehnen erfolgte unter Schmerzen.
Die Luxation der Sehne des Extensor digit. V. proprius war bei dem
19 jährigen Verletzten Hempells (8) wahrscheinlich durch eine forcierte
Dorsalflexion der Hand entstanden und wurde erst bei der Operation ent-
Neck, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der oberen Extremität 915
deckt. Bei den Bewegungen der Hand und bei Betastung entstanden Schmerzen
in der Gegend des rechten Uhiarköpfchens, weiter bestanden Beschwerden bei
der Faustbildung, als der Kranke etwa 7 Monate nach dem Unfall in die
Kieler chirurgische Klinik kam. Das dorsalwärts subluxierte Ulnarköpfchen
wurde freigelegt. Dabei zeigte sich, dass die genannte Sehne nach der Volar-
seite der Ulna verlagert war. Nach Reposition der Sehne wurde sie durch
einen Periostknochenlappen in ihrer Lage fixiert.
Der Verletzte konnte schliesslich gebessert das Krankenhaus verlassen.
7. Erkrankungpen der Knochen und Gelenke.
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48. Yulpius, Über die Arthrodese des paralytischen Schlottergelenkes der SdniUtf-
v. Langenbecks Archiv 1908. Bd. 69. Heft 1 und 2 und v. E8march-Fe8t8cbi&
Büdinger (11) kommt in seiner Arbeit über den Spongiosabau der
oberen Extremität zu folgendem Resultat:
I. In technischer Beziehung:
Es genügt nicht, die Knochen nur in einer oder den Hauptrichtungöi
zu zerlegen, sondern es ist für ein genaues Studium notwendig, Schnittein
den verschiedensten Richtungen zu untersuchen.
Neck, YerletzoDgeD und chimrg. Krankheiten der oberen Extremität 917
IL Bezüglich der Anordnung der Spongiosa:
1. Unsere Betrachtungen über die Gesamtarchitektur ganzer Knochen
oder grösserer Abschnitte von Knochen können gegenwärtig nur in Vermutungen
bestehen, welche sich nicht nach Prinzipien der technischen Wissenschaften
konstruieren lassen.
2. Als feststehende Tatsache ist die funktionelle Anordnung der Spon-
giosa in räumlich enger begrenzten Knochenabschnitten zu betrachten, welche
den einzelnen Beanspruchungen genügt. Diese sind:
a) Strukturen, welche der direkten Beanspruchung durch die Muskeln
entsprechen ;
b) Strukturen, welche den Beanspruchungen der Gelenke entsprechen;
c) Strukturen, welche speziellen Beanspruchungen relativ schwächerer
Knochenteile entsprechen.
Hucking (19) operierte einen 12 jährigen Patienten wegen paralytischen
Scblottergelenkes der Schulter infolge von Kindeslähmung. Die vollständig
nnbrauchbare Extremität wurde nach der Arthrodese und fünfmonatlicher
Behandlung mit Massage und Gymnastik so weit gebrauchsfähig, dass Patient
sich selbst ankleiden und schwere Gegenstände heben konnte.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Vulpius (48) hat die Arthrodese des Schultergelenks bei isolierter Mono-
plegie der Schulter nach Kinderlähmung sechsmal ausgeführt. Bei vier der
Operierten sind bereits zwei Jahre seit der Operation verstrichen. Nur weim
die Hand und Finger frei beweglich sind und auch im Ellenbogengelenk eine
gewisse Beweglichkeit vorhanden ist, ist der operative Eingri£f angezeigt.
Vulpius empfiehlt nach Eintritt der Lähmung zunächst ein Jahr zu
warten, dies in der Absicht, unter entsprechender Behandlung die etwaige
Wiederkehr aktiver Bewegungen abzuwarten. Ist nach Ablauf dieser Frist
keine Besserung eingetreten, so tritt die Arthrodese in ihr Recht. Bei der
Freilegung des Gelenkes bevorzugt der Verf. den Längsschnitt.
Der Knorpel des Oberarmkopfes und der Pfanne wird entfernt. Damach
werden zwei im Kopf sich kreuzende Silberdrahtnähte durch das Akromion
bezw. Cavitas glenoidalis oder das Os coracoideum gelegt.
Nach der Operation wird der Arm durch Gipsverband drei Monate
lang ruhig gestellt. Nach Abnahme des Gipsverbandes wird auf weitere drei
Monate bis zur sicheren Ankylosierung des Schultergelenkes ein Hülsenapparat
angelegt. Durch die Verödung des Gelenkes wurde eine knöcherne Ankylose
erzeugt.
Das funktionelle Resultat war in günstigen Fällen ein sehr gutes: Der
vor der Operation schlaff herabhängende Arm wurde wieder gebrauchsfähig
und dem Willen des Kranken unterworfen. Eine Verkürzung des Armes hat
Vulpius nach seinen Arthrodesen nicht beobachtet.
Ausser der Ankylose des Ellbogengelenks bestand bei dem Kranken
Bergers(5) eine Radialislähmung, die auf eine Einbettung des Nervs in die
im Bereich des ankylosierten Ellbogengelenkes vorhandenen Schwielen bedingt
wurde. Nach Lösung des Nervs trat bald funktionelle Besserung ein. Auch
die Gelenkfunktion wurde zufriedenstellend.
Die von Mari an i (30) empfohlene Modifikation besteht darin, dass man
die Sehne des M. triceps wie gewöhnlich Z-förmig einschneidet und sie gleich
nach vollzogener Gelenkoperation ausgezogen vernäht. R. Giani.
918 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil
Vogel (47) hat bei einem Sjabrigen Mädchen die durch Nekrose infolge
Osteomyelitis yerloren gegangene Diaphyse des Radius durch einen Elfenbeb
Stift ersetzt. Abgesehen von geringer Behinderung bei aktiver Pronation imd
Supination sind keine funktionellen Störungen an dem erkrankt gewesenoi
Arm vorhanden. Nach einem Jahre zeigte sich, dass sowohl an den erhaltenen
Epiphysen Ejiochenneubildung zu sehen war, als auch im Bereich der Db-
physe in Form „einzelner Schalen und Spangen'^ (Röntgenbild).
Ehrhardt (17) berichtet über 6 Fälle, bei welchen die MüUerEcb
Operation ausgeführt wurde. Es handelte sich um Erkrankungen der HetA-
karpalknochen. Nur einmal war die Grundphalanx eines Fingers gleichzeitig
miterkrankt. In diesem FaUe wurde ein Periostknochenlappen aus derTibi&
überpflanzt, in den übrigen Fällen aus der Ulna.
Die Operierten, welche nachuntersucht wurden, sind rezidivfrei geblieben
Die Finger wurden beweglich und nicht deformiert.
Bei einem 17 jährigen Jungen, über welchen von Quenu und Renon{39i
berichtet wird, wurde wegen Schulterblattsarkom das ganze Schulterblatt ent-
fernt. Das Oberarmende wurde an das Schlüsselbein durch Naht befestigt
ausserdem wurden sorgfaltig die einzelnen Muskeln genäht.
Das funktionelle Resultat war nach Abschluss des Heilverfahrens gut
Der Kranke konnte den Arm nach vom und der Seite bis zur Hori-
zontalen erheben. Nach der Entlassung aus dem Krankenhause nahm der
Kranke seine frühere Beschäftigung als Telegraphist in vollem Umfange
wieder auf.
Die Verf. sammelten aus der Literatur noch 38 Fälle von totaler Re-
sektion des Schulterblattes wegen maligner Geschwülste.
10 mal war neben dem Schulterblatt ein Teil des Schlüsselbeins foit-
genommen worden. 5 mal blieb dasAkromion erhalten und 24 mal wurde das
Schulterblatt allein entfernt.
Unter den 39 Beobachtungen ist in 25 FäUen ein befriedigendes Re-
sultat erzielt worden. Bei diesen 25 Fällen wurde jedesmal der Hamems
durch Naht fixiert.
Die Verf. legen grosses Gewicht darauf^ dass der Humerus durch Naht
fixiert wird und dass die Muskulatur sorgfiütig genäht wird, weil nur ein
derartiges Vorgehen ein zufriedenstellendes funktionelles Resultat sichert.
Burci (10) hat 51 Fälle aus der Literatur zusammengestellt, in äeim
wegen maligner Tumoren das Schulterblatt reseziert wurde; die hierbei er-
haltenen Resultate mit den durch totale Skapulektomie erhaltenen vergleichend,
tut er dar, dass nach der erstgenannten Operation die Funktion besser ran
statten gehe, als nach der letztgenannten, nur müsse man den Knochen in
einer gewissen Entfernung vom Sitze der Geschwulst in seiner ganzen Dicke
durchschneiden. Lässt sich jedoch die Gelenkportion des Schulterblattes nicht
erhalten, dann sei eine schonende Operation ganz nutzlos; denn man gehe
der funktionellen Vorteile verlustig, die eine solche Operation rechtfertigen.
— Bevor man jedoch zur Operation schreitet, sei es von Nutzen, die Natur,
die Struktur und die genetischen Beziehungen der Neoplasie zu kennen und
nehme man eventuell eine Explorativoperation vor; denn bei Neoplasierormen,
die deutliche Merkmale von Bösartigkeit aufweisen, müsse man auf den Vor-
teil eines guten funktionellen Resultats verzichten und nur die vollständige
Exstirpation ins Auge fassen. Heilung könne auch bei voluminösen Sarkomen
periostalen Ursprungs erfolgen, welcher Charakter sich durch die üntersuchong
Neck, Yerletznngen und chirarg. Krankheiten der oberen Extremität. 919
eines der Geschwulst entnommenen Partikelchens erkennen lasse (wie dies auch
Verf. tat), und zwar durch die Enochenbildungen, die in der Geschwulst vorhanden
sein können. Jedenfalls sei eine schonende Operation frühzeitig vorzunehmen ;
aber auch wenn Axillardrüsen bestehen, die abgetragen werden müssen, seien
die mit der Geschwulstkapsel in Beziehung stehenden Muskeln systematisch
zu opfern (wie dies auch Verf. tat). — Was die Operationstechnik anbetrifft,
vermeide man gefahrliche Blutungen; zu diesem Zwecke unterbinde man vor
der Resektion und Abtragung der Geschwulst die suprakapsulären Ge^se. —
Rezidiv könne auch nach 2—3 Jahren auftreten ; deshalb überwache man den
Operierten längere Zeit.
In seinem Falle, in welchem es sich um ein gewöhnliches Spindelzellen-
sarkom handelte, das seit 3 Monaten bestand, erhielt Verf. vollständige Heilung,
und diese Heilung dauert nun schon seit 7 Jahren; und auch das funktionelle
Resultat ist hier ein ausgezeichnetes, indem der Operierte 5 Kilo Gewicht
mit gestrecktem Arm ohne grosse Anstrengung zu heben vermag.
R. Giani.
Serapin (42) teilt einen von Prof. Weljaminow operierten Fall von
Tumor des rechten Schulterblattes mit. Die Operation bestand in einer
Amputatio interscapulo thoracica. Nach sechs Monaten war Fat. rezidivfrei.
Die mikroskopische Untersuchung ergab ein Chondroma mjxomatodes. Die
Neubildung war in raschem Wachstum begriffen und ging vomAkromion aus.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Kindskopfgrosses Myxofibrom, entfernt durch totale Skapulektomie nadti
Picque und Dartegues (20).
Das Herabsinken des Armes wurde dadurch einigermassen verhütet, dass
der Deltoideus um den Humeruskopf herum sackförmig vernäht wurde; nun
mit Stützapparat leidliche Gebrauchsfähigkeit.
5 Monate später ohne Rezidiv. Goedhuis.
Nedselzky (34) konnte aus der Literatur 127 Fälle von Amputatio
interscapulo-thoracica zusammenstellen. Wegen bösartiger Neubildungen wurde
105 mal, wegen Verletzungen 17 mal und wegen kariöser Prozesse 4 mal operiert.
Diesen Fällen fügt Nedselzky einen von Prof. Kuznezow (Warschau)
wegen Sarkoms mit Erfolg operierten Fall (nach 10 Monaten rezidivfrei) hinzu.
Hohlbeck (St. Petersburg).
In dem von Viscontini (46) beschriebenen Falle von Sarkom der
Schulter nahm Paronadie Exartikulation der Articulatio interscapulo-thoracica
nach dem Berg er sehen Verfahren vor. Patient genas und ist jetzt, 1 Jahr
nach der Operation, noch am lieben. Nach der Statistik ist diese Operation
in 262 Fällen (in Italien in 21) ausgeführt worden und zwar fast immer wegen
maligner Tumoren. Angesichts der guten Resultate, die durch diese Operation
erzielt werden, empfiehlt Verf. einen unmittelbaren ergiebigen Eingriff bei
solchen Erkrankungen des Humeruskopfes. R. Giani.
In einem Falle von Sarkom des Humeruskopfes musste Pascale (35)
diesen resezieren; er stellte dann eine Nearthrose mit Silberfaden her. Die
Funktion des Gliedes ist wieder hergestellt, die Projektionsbewegungen nach
vom und die Flexion, sowie die Projektion nach hinten und die Extension
sind vollkommen, die Adduktions- und Elevationsbewegungen dagegen sind
stark beeinträchtigt. — Verf. berichtet dann über einen anderen Fall, in
welchem er den Femurkopf wegen Subluxation und Fraktur des schlecht kon-
solidierten Femurhalses resezieren musste und die Nearthrose mit Metallfäden
920 Jahresbericht für Ohirargie. IL Teil.
herstellte. Das Glied hat eine korrekte Stellung beim Aafrechtstehen, Patient
stützt sich nur auf ein Glied, kann sich aber ohne Stütze setzen und er-
heben; nur die Flexion des Oberschenkels ist keine sehr ausgeprägte.
R. GianL
V. Bergmann (6) erstattet Bericht über ein 9 Monate vorher wegen
zentralen Sarkoms im oberen Abschnitt des Humerus operiertes Kind.
Es wurde die Ausschälung der Geschwulst vorgenommen. Ein RezidiT
war nicht aufgetreten. Die Bewegungen des um einige Zentimeter Terkänten
Armes erfolgten nach der Heilung vöUig frei.
Haberern (21a) hatte vor 2 Jahren einen 48 jährigen Matrosen wegen
eines zentralen, myelogenen Osteosarkom des Radius operiert; es gelang be
Exstirpation des unteren Dritteiles des Radius die Amputation zu umgeheL
Nun kommt der Kranke mit einem etwa bohnengrossen Rezidiv. Nach-
dem die Radiographie den Knochen unverändert zeigt, betrachtet Haberern
nach Exstirpation des Knotens den Kranken wieder als gesund und arbeits-
fähig. Dollinger (Budapest).
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Bd. 70. H. 3-4.
Muns (17) bat unter 1200 Kindern der Eopenhagener Gebäranstalt und
unter 500 Kindern der Filialen 18 bezw. 4 Klaviknlarfraktnren gefunden.
Eine doppelseitige Fraktur wurde nicht beobachtet. Zweimal so häufig fanden
sich die Frakturen bei Kindern von Mehrgebärenden.
Bezüglich der Geburtslagen wurden bei den 18 Kindern, welche in der
Gebäranstalt mit Klavikularfrakturen geboren wurden, genaue Aufzeichnungen
gemacht. Dabei stellte sich heraus, dass das bei der Geburt nach vom ge-
richtete Schlüsselbein 15 mal, das nach hinten liegende 3 mal gebrochen war.
Fünfmal wurde die Fraktur nach Anlage der Zange beobachtet. In vier
Fällen fanden sich Klavikularbrüche, ;, trotzdem die Schultern ganz spontan,
ohne jede Hilfe von Seiten der Hebamme, geboren sind^. Die Frakturen
Sassen immer im mittleren Drittel des Schlüsselbeines. Sie heilten in 1—2
Wochen.
Da Klavikularfrakturen demnach auch bei völlig spontanen Geburten
entstehen, neigt der Verf. zur Ansicht, „dass die Fraktur sicher während der
Passage der Schultern durch das Becken entsteht, und dass sie allein durch
die WehentHtigkeit verursacht werden kann. Man könnte sich die Sache so
vorstellen, dass die Wehen die vordere Schulter gegen die Hinterfläche der
Symphyse pressen, und dass dadurch häufig die Fraktur der vorderen Klavi-
ktüa entsteht; die seltenere Fraktur des hinteren' Schlüsselbeines könnte dann
durch die Passage am Promontorium vorüber hervorgerufen werden.^
Eine durch Muskelzug beim sogen. ;,Armbiegen^ entstandene Fraktur
des rechten Oberarmes unterhalb der Mitte beschreibt Bracke 1 (2).
Diese Kraftprobe wird bei rechtwinkelig gebeugtem Unterarm ausgefahrt Die beiden
Gegner sitzen sich an einem festen Tisch gegenüber. Die rechten Ellbogen werden fest
auf den Tisch aufgestemmt. Die beiden mit den Yolarflftchen zugewandten Hftnde werden
so ineinander gelegt, dass der Daumenballen der einen in die Hohlhand der anderen zu
liegen kommt. Es kommt nun darauf an, aus dieser Fixationsstellnng heraus den Unter-
arm des Gegners nach aussen hinUberzudrUcken, bis die Dorsalseite des Unterarmes und
922 Jahresbericht fOr Chinirgie. IL Teil.
der Handrfieken die Tischplatte berflhren. Hierbei entfaltet nach Brackelder Bnduilis
internus die grösste Eraftanstrengung und dnrcb seine Kontraktar wird der zwiaebeii dan
Schaltergelenk einerseits und dem auf der Tischplatte angestemmten EUenbogragelak
anderseits fest fixierte Oberarmknochen Aber seine Elastizitfttsgrenze nach innen geboga
and gebrochen.
Sörensen (22). Die Fraktur, eine 4—10 cm über dem ElleDbogen-
gelenk sitzende Torsionsfraktur, entstand bei einer bestimmten Kraftprobe,
;,Armbiegen^ bei einem 22jährigen Manne. Zwei yerö£fentlichte , bei der
gleichen Kraftprobe entstandene Fälle werden besprochen.
Schaldemose.
Wen dt (24) schickt seiner Besprechung der Frakturen am imtera
Humerusende im Röntgenbilde, eine Anzahl Radiogramme zur Darstelhmg da
Knochenkeme des kindlichen Ellenbogens voraus. Die Kenntnis dieser Kene
ist zur Vermeidung diagnostischer Fehler im Röntgenbild ja von grosser Be
deutung.
Bei diesen Untersuchungen fand Wen dt neben bereits Bekannte
einiges , was von den bisherigen Mitteilungen abweicht. So erhält sich der
Knochenkem im Epicondylus extemus viel länger, als gewöhnlich angenommeB
wird. Verf. fand ihn bis zum 18. Jahre noch nicht völlig verschmolzen.
Der gewöhnlich im 7. — 8. Jahre im Röntgenbild nachweisbare Knodjeih
kern im Condylus extemus konnte der Verf. noch bis zum 19. LebensjaltR
nachweisen.
Von 134 Brüchen am unteren Humerusende, die verwertet wurden, wira
51 suprakondyläre Frakturen. Bei der Extensionsfraktur steOte Wen dt in
der überwiegenden Mehrzahl seiner Fälle fest, dass die Bmchlinie von bintei
innen oben nach vom aussen unten verUef.
Hervorgehoben muss noch werden, dass der Verf. bei einer veraltet»
Luxation nach hinten und aussen mit Fraktur des Epicond. intern, gleidh
zeitig eine solche des Epicondylus extemus beschreibt.
In gutgelungenen Röntgenbildern werden die verschiedenen bekanntea
Bruchformen — ausgenommen Brach des Condylus internus, der nicht zur
Beobachtung kam — zur Darstellung gebracht.
Die suprakondyläre Fraktur des Oberarmes bespricht Hil genreiner (lU
Dieser Bruch wurde an der Wölfl er sehen Klinik in den letzten 4 Jatea
unter 110 Oberarmbrüchen 21 mal beobachtet. Jedesmal wurden Böntpa*
bilder angefertigt, eine Anzahl solcher gut gelungener Bilder ist der AiM
beigegeben.
Bei der Extensionsfraktur empfiehlt der Verf. zur Beseitigung der Dis-
lokation der Bruchstücke den Arm im Ellenbogengeienk in Beugestellung eto-
zugipsen und zwar je nach dem Grad der Dislokation eine mehr oder wen^
starke Beugung zu wählen. Bei der Flexionsfraktur soll der Arm in Sfcred-
Stellung fixiert werden. Zur Vermeidung eines Cubitus varus oder vaig« ist
entsprechende Kontrolle durch Verbandwechsel erforderlich.
In sechs Fällen, in denen so in Verbindung mit einer entsprecheodeo
Nachbehandlung vorgegangen wurde, betrug die Heiiungsdauer „bis zur nor-
malen Funktionstüchtigkeit 11, 7, 13, 8, 8 und 3 Wochen^, womit der Vct
eine bedeutende Besserung gegenüber älteren anders behandelten Fällen fest-
stellte, da dieselben ausnahmslos eine mehrere Monate lange Behandlung be-
anspruchten. Den Wert dieses Erfolges schlägt Hilgenreiner um so höher
an^ „als es sich in '/s dieser Fälle um vollständige Verlagerung des Bnic^
Stückes nach hinten handelte.'^
Neck, Verletzungen und Chirurg. Krankheiten der oberen Extremität. 923
Manninger (15 a) gibt vor allem eine systematische Darstellnng der
Brüche der Ellenbogengegend, wobei er die Nomenklatur Kochers akzeptiert.
Die Gründnngsprinzipien der Therapie bilden eine exakte Adaptation rnid
eine je früher einsetzende orthopädische Nachbehandlung ; durch erstere wird
auch jede überflüssige Eallusbildung vermieden.
Im zweiten Teile seines Vortrages bespricht Mannin ger jene Frakturen,
welche die EUenbogenluxation komplizieren und stellt selbst drei operierte und
geheilte Fälle vor. Beim ersten war die Luxation mit dem Bruche des Radius-
kopfes kombiniert; beim zweiten mit dem des Epicondylus extemus; beim
dritten wieder war die Luxation von der Absprengung der ganzen kubitalen
Epiphyse der UIna gefolgt. In sämtlichen Fällen erzielte Mann in ger ein
ToUkommenes funktionelles Resultat.
In der anschliessenden Diskussion teilt Do 11 in ger auch seine Prin-
zipien in der Behandlung dieser Epiphysenbrüche mit. Sind nach ihm die
Brachenden mittelst einfacher Distraktion reponierbar und ist so ihre Fixation
möglich, dann verwendet Delling er zur Adaptation seinen distrahierenden
Gipsschienenverband; wenn nicht, so wird operativ vorgegangen und unter
genauer Adaptation die Knochennaht bewerkstelligt. D o 1 1 i n g e r führte letztere
sehr häufig aus, hält sie in geübter Hand auch nicht für gefährlich.
Chudovszky (8a) weist auf die Notwendigkeit hin in der Behandlung
von Oberarmbrüchen nicht nach traditionellen, sondern nach rationellen Mass-
regeln vorzugehen. Es soll nach ihm
1. vor allem der Charakter des Bruches, wenn nur möglich auch mittelst
Radiographie festgestellt werden.
2. Eine rationelle Behandlung schmiegt sich der genauen Diagnose des
Bruches wie seiner Komplikationen an.
3. Im Falle eines unkomplizierten Bruches ist Chudovszky Gegner
des blutigen Eingriffes.
4. Auf eine frühzeitige orthopädische Nachbehandlung legt er grosses
Gewicht. Do Hing er (Budapest).
Im Verlauf von P/a Jahren kamen Lilienfeld (15) 7 isolierte Brüche
des Os scaphoideum zu Gesicht. Sämtliche Brüche waren dadurch entstanden,
dass die Gewalt bei dorsalflektierter Hand senkrecht in der Richtung der
Achse des Vorderarmes wirkte. Der Bruch entsteht nach Ansicht des Verf.
dadurch, dass das Os scaphoideum bei der genannten Stellung der Hand
zwischen Os capitat. und Radius zusammengepresst wird. Von Wichtigkeit
ist hierbei noch die Radikalabduktion der Hand.
Der Verf. hat auch durch Leichenversuche auf diese Art Brüche des
Os scaphoideum erzeugt. Die Bänder und Gelenkkapseln zeigten sich erhalten.
Nion (18) hat 10 mal Brüche des Kahnbeins gesehen, welche alle durch
Fall auf die Hohlhand bei vorgestrecktem Arm entstanden waren. Die Brüche
Sassen sämtlich in der Mitte des Kahnbeins. Einmal fand Nion einen Bruch
des Mondbeins.
Erst das Röntgenbild gab Aufschluss über die Verletzungen; wodurch
auch zeitig die richtige Behandlxmg ermöglicht wurde. Nur zweimal trat In-
validität ein.
Pagenstecher (19) beobachtete bei einem 30 Jahre alten Maime eine
einige Zeit vorher durch Sturz auf die seitlich ausgestreckte rechte Hand ent-
standene Fraktur des Os naviculare:
924 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. TeiL
Bei Druck war die Gegend des Os naviculare empfindlich, bei passifen
Bewegungen fühlte man feines Krachen. Das Röntgenbild ergab einen Qücr-
bruch des Eahnbeins. Die Muskulatur des rechten Armes war stark abge-
magert.
Der Verletzte wurde mehrmals behandelt wegen seiner Schmerzen imd
Schwäche in der Hand, bis das Röntgenbild Aufschluss gab über die Ursache
der Beschwerden.
Es wurde zur Operation geschritten. Dabei wurde festgestellt, das
„eine klaffende Spalte, intrakapsulär, aber dicht am Kapselansatz gelegen^
den Knochen in zwei Stücke trennte, „welche aber nach der volaren und
ulnaren Seite noch durch Kapsel- und Bandmassen aneinander hafteten. Die
beiden Bruchflächen leicht sattelartig, konkav resp. konvex^ waren j,geg«h
einander abgeschliffen, knorpelig glatt^. Verfasser glaubt, dass die Pseudarthrose
dadurch zustande kam, dass infolge mangelnder Ernährung der Bnichstüdce
die Kallusbildung ausblieb. Er erinnert dabei an die Verhältnisse beim intra-
kapsulären Schenkelhalsbruch. Er vermutet, dass in den Fällen, in welches
Konsolidation eintrat, die Bruchiinie peripher von jener SteUe verlief, aa
welcher die Handgelenkkapsel ansetzt.
Verfasser empfiehlt nur die Entfernung des Gelenkteiles des gebrocbenen
Kahnbeines vorzunehmen, weil nach totaler Exstirpation die Hand Neigimg
zu radialer Abduktion hat und weil bei der Entfernung des peripheren Teiles
des Knochens ^unnötige Weichteilquetschungen^ verursacht werden. Das funk-
tionelle Resultat ist bei dem vom Verfasser operierten Verletzten „ein toII-
kommenes^ geworden.
Wolff (26) kommt anf Grund des Studiums an sechs Präparaten n
folgendem Schlussresultat :
An den sechs Navicnlaria, zwei rechtsseitigen und vier linksseitigen, l>g
eine alte, nicht zur knöchernen Vereinigung gelangte Fraktur vor, weiche den
Knochen in ein ulnares (proximales) und ein radiales (distales) Fragment ge-
spalten hat. Einmal war zugleich von dem dorsalen Rand der Gelenkflädie
zum Gapitatum ein kleines Knochenstück ausgesprengt, das nicht wieder ein-
geheilt ist.
Die Kallusproduktion war sehr geringfügig gewesen und reichte besten
Falls aus, die geöffneten spongiösen Markräume abzuschliessen.
Es war bei drei Fällen nicht einmal eine bindegewebige Vereinigung
erfolgt; ob sie bei den anderen vorlag, konnte nicht mehr festgestellt werden.
Dreimal lag eine Fraktur mit Kompression an der radialen Seite for;
einmal war eine eingekeilte Fraktur vorhanden, es war noch die Einkeiinng
des ulnaren in das radiale Fragment zu erkennen.
Von Veränderungen der Knochen im Anschluss an die Fraktur worden
bemerkt:
a) solche atrophischer Art: partielle Rarefaktion der Spongiosa und
mechanische Abschleifung der Bruchflächen;
b) solche entzündlich deformierender Art: Chondromalacie, Ebumeation.
Exostosen mit entzündlicher Beteiligung der Knochen, Kapseln und Bänder
des ganzen Handgelenkes.
Bei zwei Fällen hatte sich zwischen den Bruchstücken ein Pseudo-
Intemavikulargelenk von dem Typus einer gekehlten Rolle entwickelt, so d&ss
die Bruchstücke zwei selbständigen durch Artikulation verbundenen Knochen
ähnlich waren.
Neck, Verletzungen und chirarg. Krankheiten der oberen Extremität 925
Der Bruch verlief bei allen Präparaten ;,in fast derselben Weise^. Er
begann jedesmal in dem radialsten Abschnitt der Gelenkfläche zum Radius
und endete in der Pfanne zum Capitatum, hier entweder an ihrer proximalen
Umrandung, oder in ihrer Mitte, oder in ihrer distalen Hälfte. Die Spaltung
näherte sich im ersten Fall der queren Achse durch das Handgelenk, in den
anderen Fällen lag sie schräg zu ihr bis etwa zu einem Winkel von 45^ hin
von radial proximal nach ulnar distal.
Bei den vielfach beschriebenen akzessorischen Skelettstücken der Hand-
wurzel nimmt "Wolff (27) an, dass es sich häufig um Frakturen gehandelt
habe. Dabei blieben die Bruchstücke unvereinigt, wie aus operativen Befunden
hervorgeht.
Die Beschaffenheit der namentlich von Pfitzner beschriebenen akzesso-
rischen Knochen der Handwurzel zeigten vielfach derartige pathologisch-
anatomische Veränderungen, dass sie durch Verletzungen entstanden sein
konnten.
„Demnach ist bei Untersuchungen auf Varietäten am Handskelett die
Erwägung, ob solche auch durch Frakturen und Absprengungen erzeugt werden,
mehr in Rechnung zu ziehen, als es früher nötig erschien, wo man derartige
Verletzungen nicht kannte.^
Bei einem 23 jährigen Postkondukteur sah Witt eck (25) durch Fall
anf die vorgestreckte Handfläche eine Fraktur des volaren Gelenkrandes des
Radius und des Processus styloideus rad. et ulnae zustande kommen. Eine
Reposition der Bruchstücke gelang trotz aller Bemühungen nicht. Schliesslich
stand die Hand in Subluxationsstellung (volar) und radial abduziert. Bezüg-
lich der Entstehung der Fraktur nimmt Verfasser an, dass es sich bei der
Radiusfraktur um eine „Stauch- oder Kompressionsfraktur ^ handle. Der
Process. styloid. ulnae wurde nach eingetretener Radiusfraktur abgerissen.
Bei einem zweiten Verletzten war durch Sturz auf die dorsalflektierte
Hand eine Fraktur des Os triquetrum und eine Abrissfraktur des Process.
styloid. ulnae entstanden, wie einige Wochen nach dem Unfall durch das
Röntgenbild festgestellt wurde.
„Die Funktion der Hand war nach einem halben Jahre nach der Ver-
letzung keine normale geworden. Dabei bestand immer eine leichte Schwellung
und Schmerzhaftigkeit des Handgelenkes vor dem Proc. styl, uln.^
9. Luxationen.
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926 JahrMbericbt fQr Chirurgie. IL TeiL
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33. — Ober die Luxationen des Handgelenkes. Monatsschrift fdr Unfallheilkunde 19(IS>
. Nr. 8.
Gross mann (13) hatte Gelegenheit, die seltene Luxatio ciaTicuhe
supraspinata bei einem 53 jährigen Manne zu beobachten. Der Verletzte wurde
von einem schweren umstürzenden Kessel gegen die linke Schulter getroffen.
Neck, Verletzungen and ohirurg. Krankheiten der oberen Extremität. 927
Bei der Betastung der linken Schulter fand sich das Schlüsselbein im Akromial-
gelenk luziert. Das seitliche Ende des linken Schlüsselbeins war unter dem
Musculus trapezius dicht über der Spina scapulae zu fühlen.
Das laterale Ende des Schlüsselbeins wurde vom Trapezius umschlungen
und es gelang die Reposition erst in Narkose. Zur Reluxation bestand keine
Neigung, was Verf. darauf zurückführt, dass Teile der Bänder zwischen Glavi-
cula und Process. coracoideus erhalten waren.
Unter Heftpflasterbänden trat völlige Heilung ohne funktionelle Stö-
rung ein.
Katzen stein (18) berichtet über einen 17 jährigen Buchdruckerlehr-
ling, welcher eine Maschine zu bedienen hatte. Hierbei wurde namentlich
das rechte Stemoklavikulargelenk stark in Anspruch genommen und es kam
hier zur Verrenkung. Später bekam der Junge Beschwerden und wurde operiert.
Das Schlüsselbein wurde nach Eröffnung der Kapsel durch eine Drahtnaht in
seiner richtigen Lage fixiert. Nach einiger Zeit wurde der Draht entfernt.
Bald darnach war auch die Luxation des Schlüsselbeins wieder aufgetreten. Da
sich auch wieder starke Schmerzen einstellten, wurde durch eine zweite Ope-
ration eine Ankylosierung des Gelenkes erstrebt und erreicht. Nach dieser
zweiten Operation trat die Luxation nicht mehr auf, die Beschwerden waren
beseitigt. Verf. kommt auf Grund seiner Studien zu folgenden Schlüssen:
Es gibt eine auf Grund eines chronisch wirkenden Traumas allmählich
entstehende Luxation des stemalen Endes der Klavikula.
Sie ist bisher im ganzen 5 mal und zwar nur bei jugendlichen Individuen
beschrieben worden, einmal nach hinten (Co oper- Davis), viermal nach vorn
und oben (Lotzbeck, Cazin, Farden, Katzenstein).
Primäre Symptome im Gelenke sind entweder sehr gering oder können
ganz fehlen. Sekundäre Symptome sind bedingt durch Druck der verlagerten
Klavikula auf benachbarte Organe: Ösophagus (Cooper-Davis) und Plexus
brachialis (Katzenstein).
Die Therapie ist eine abwartende in den Fällen, in welchen sekundäre
Beschwerden fehlen, und bezweckt beim Vorhandensein von Folgeerschei-
nangen eine operative Ankylosierung des Stemoklavikulargelenkes.
Do Hing er (8) fand bei sieben veralteten subkorakoidealen Schulterver-
renkungen als Hindernis der Reposition nicht, ;,wie es bisher angenommen
wurde, neugebildete Bindegewebsschwarten oder Verwachsungen im Bereiche
des alten Kapselrisses, zwischen dem Pfannenrande und dem anatomischen
Halse^, sondern den retrahierten und sklerosierten Musculus subscapularis,
^uBter welchem Muskel bei dieser Luxationsform der Gelenkkopf zu liegen
kommt und dessen Insertionspunkte einander genähert werden.^ Es wurde
durch Athrotomie die Sehne des Subscapularis freigelegt. Nach Durchtrennung
der Sehne am Humeruskopf gelang die Reposition ohne Schwierigkeiten.
Dollinger hält es deshalb für angezeigt, ;,nach Misslingen eines kunst-
gerechten Repositionsversuches zur Tenotomie zu schreiten.
Verf. macht zur Zeit auch noch Versuche, die dahin gehen sollen, durch
elastischen Zug den geschrumpften Muskel zu dehnen, so dass er die Repo-
sition nicht mehr hindert.
In Fällen veralteter Schulterluxationen , die auf unblutige Weise nicht
reponibel sind, durchschneidet Dollinger (6a) den Sehnenansatz desM. sub-
scapularis, worauf die Reposition meist leicht gelingt ; schon des öfteren wies
928 Jahresbericht fOr Ghirorgie. II. Teil.
er darauf hin, dass das häufigste Hindernis der Reposition eben die Retraktion
dieses Muskels sei. Seine neueren Erfahrungen diesbezüglich sind folgende:
1. Die Verkürzung des Muskels durch kontinuierliche Aussenrotation in
einem fixierenden Verbände zu bekämpfen, misslang.
2. Während der unblutigen Repositionsyersuche wird der PfanneDnud
oft verletzt, die sich spannende Gelenkkapsel verwächst daselbst und nnsB
bei der blutigen Reposition, nach Durchtrennung des M. subscapularis, eigens
vom Rande der Fossa glenoidalis abpräpariert werden.
3. In einem Falle wieder war durch brüske Repositionsyersuche der
vordere Rand der Fossa glenoidalis tief in den Kopf des Humems eingekeiH
Hier gelang die Reposition neben Durchschneidung des M. subscapularis erst
nach Ablösung der Insertion des M. deltoideus. Heilung per primam.
Dollinger (Budapest).
An dem Falle Jakimiaks (16) ist bemerkenswert, dass die beiderseitige
Luxatio humeri subcoracoidea bei einem 35 jährigen, sehr muskulösen — da-
mals bettlägerigen — Manne während eines Brechanfalles, durch die heitip
Muskelaktion allein, entstanden sein soll. Einen Monat nachher wurde die
Verrenkung als solche erkannt und in Narkose reponiert.
Urbanik (Erakan).
Kuhn (19) berichtet über eiuen Mann mit habitueller Schultergelenk-
verrenkung, bei welchem unter Verwertung des Lange nbeck sehen ReseküoDi'
Schnittes ein elliptisches Stück der Kapsel exzidiert wurde. Die beiden Kapsel-
ränder wurden übereinander verschoben und in dieser Lage durch Gatgatniüite
erhalten. Funktionell wurde ein sehr gutes Resultat erzielt. Ein Bezidii
trat nicht auf.
Bei eiuem Patienten mit typischer Syringomyelie, multiplen GelenkTe^
änderungen u. s. w. fand Nalbaudow (22) eine habituelle Schulterverrenknng
linkerseits. Da, wie bekannt, bei der Syringomyelie leicht spontan Fraktara
auftreten, so rät Nalbaudow bei der Einrenkung solcher Fälle zur Vorsicht
Hohl b eck (St. Petersburg).
Der 21jährige Verletzte Hands (lö) war vom Rad gestürzt und httte
sich dabei nach Ansicht des Verfs., dadurch die Luxation der Elle zogezogeD,
dass er auf die Kleinfingerseite der Hand bei gestrecktem Arm auftraf. ,,Der
Druck des Bodens wirkte in der Achse der Ulna, das Körpergewicht als
Gegendruck auf den Humems und drängte letzteren gegen die vordere innere
Kapselpartie, so dass die Trochlea die Gelenkkapsel durchriss und heraustrat,
die Uhia sich hierbei nach hinten und oben verschob.*' Die Reposition ging
leicht von statten. Bei entsprechender Nachbehandlung wurde der Arm wieder
völlig gebrauchsfähig.
In einem Falle von alter hinterer EUenbogenluxation musste D'ürso(30),
da alle blutigen Repositionsversuche fehlgeschlagen hatten, die Resektion Tor-
nehmen. Er zog eine partielle Resektion vor und an der Palmarfläche der
Ulna und zum Teil auch jener der Speiche, unter der Gelenkkontur, eine
ausgedehnte knorpelig aussehende Fläche bestand, gegen welche die Trochlea
des Humems gestemmt war, verwertete er diese und nahm eine atypische
kubito-radiale Hemiresektion vor. Dieselbe schien ihm den Charakter einer
modellierenden Resektion zu haben, insofern als sie Nearthrosen in den nor-
malen am meisten sich nähernde morphologische und dynamische Verbfiltnisse
versetzt und ausserdem den Vorteil bietet, dass die Erhaltung der ausgedehnten
normalen und neugebildeten Knorpelflächen gegen die Gefahr einer Ankylose
Neck, Verletzaogen und chirurg. Erankheiien der oberen Extremität. 929
schützen kann. Natürlich kann Verf. kein endgültiges Urteil über das funkti-
nelle Resultat fällen, da die Funktionalität des Ellbogens keinen Charakter
Yon Stabilität erlangt hat; aber in morphologischer und statischer Hinsicht
meint er, verdiene in besonderen Fällen diese atypische partielle Resektion
in Erwägung gezogen zu werden. R. Giani.
Abadie (1) hat die progressive Luxation des Handgelenke bei einem 28 jährigen
£och beobachtet. Der Mann war in seinem 8. oder 9. Lebensjahr von einem Baum ge-
atürzt und hatte sich dabei eine Verletzung des Anns unbekannter Art zugezogen. Der
linke Arm blieb kürzer als der rechte. In seinem 14. Jahre bemerkte der Kranke, dass
sich bei der Arbeit die linke Hand immer mehr verschob. Schmerzen oder Störungen bei
der Bewegung im Handgelenk waren dabei nicht vorhanden , auch bestand keine Herab-
setzung der groben Kraft.
Verfasser stellte bei dem Manne eine Verrenkung des Handgelenkes nach der Beuge-
Seite zu fest, weiter eine radiale Abduktion und Verschiebung der Hand und eine starke
Verkürzung des linken Vorderarmes. Am unteren Ende des Radius bestand eine Ver-
biegang und ebenso in seinem mittleren Drittel. Weiter fand sich am unteren Radius*
ende auf dessen Ulnarseite eine Exostose. Die funktionellen Störungen im linken Hand-
gelenk waren geringgradig.
Abadie nimmt an, dass durch den Fall auf die linke Hand oder den Vorderarm
eine Epiphysenlösung am unteren Radiusende zu stände kam. Durch Wachstum sstOrungen
im Bereich der Epiphyse wurde die Exostose erzeugt und durch Wirkung der Beugemusku-
latur des Vorderarms die Verbiegung des Radius.
Verfasser hat 75 Fälle von Subluxation des Handgelenkes in der Lite-
ratur verzeichnet gefunden. Von besonderem Interesse ist Gu6pins Be-
obachtung, der die Luxation bei einer grösseren Anzahl (12) von Familien-
gliedem fand.
Soweit dies erwähnt war, waren in der überwiegenden Mehrzahl Frauen
befallen, seltener Männer. Etwas häufiger fand sich die Erkrankung doppel-
seitig, seltener einseitig.
Traumen waren unter 38 daraufhin gefragten Kranken 7 mal als vorher-
gegangen angegeben worden.
Verfasser ist geneigt, für die Entstehurg der grösseren Mehrzahl der
Fälle eine Spätracbitis anzunehmen.
Cnopf (5). Bei einem 14 Vs Jahre alten Mftdcben wurde seit 2Vs Jahren ein ab-
normes Vorspringen des Handgelenkendes der rechten Ulna beobachtet Ohne Besehwerden
und ohne belftstigende Störungen in den Bewegungen nahm die Subluxationsstellung der
Hand zu.
Auf dem Röntgenbild wurde festgestellt, dass die Ulna am oberen Ende eine ErOm-
mong in zwei Ebenen gegen den Radius zu konvex und dorsalkonvez und am unteren Ende
eine Achaendrehung von 90^ hatte. Der Radius zeigte im oberen Drittel eine kürzere»
dorsal konkave Krümmung. Über die unteren zwei Drittel desselben erstreckte sich eine
mftssige, volarkonkave Ausbiegung. Am unteren Ende nahe der Gelenkfifiche bestand eine
Art volarer Knickung (volarwftrts und in leichterem Qrade ulnarwftrts), so dass die Gelenk-
flftche des Radios stark nach der Vola und schräg gegen die Ulna sah und der volare An-
teil des Gelenkflächenrandes des Radius als leicht palpable Leiste an der Volarseite des
Handgelenkes zu fahlen war. Auf der Ulnarseite bestand Luxation des Os pyramidale
▼olarwärts und aufwärts, auf der Radialseite war eine Luxation zwischen Carpus und
Radius nicht vorhanden.
Hier handelt es sich also nur um eine Verbiegung des Radius bei der
Entstehung der sogenannten spontanen Luxation des Handgelenkes, wie
Delbet und Duplay, im Gegensatz zu Madelung, für alle derartige
Fälle anzunehmen geneigt sind.
Wolff (33) bespricht auf Grund des hierüber zusammengestellten Mate-
rials die Handgelenksluxationen.
Er hebt insbesondere hervor, dass eine reine Luxation, deren Vorkommen
früher an der Hand anatomischer Präparate ja sichergestellt wurde, durch
Jahresbericht fllr Chirurgie 1908. 59
930 Jahresbericht Air Chirurgie. II. Teil.
Böntgenbilder noch nicht zur Anschauung gebracht worden ist. Meist sind
bei den Luxationen der Hand noch anderweitige Verletzungen im Carpns
vorhanden.
Sechsmal fand Verfasser reine Luxationen im Interkarpalgelenk in der
Literatur verzeichnet.
Bei Luxationen im Interkarpalgelenk mit gleichzeitiger Fraktar der
randständigen Knochen, namentlich des Navikulare, hält der Verfasser die
Luxation für das Sekundäre.
Marshalls (21) Verletzter hatte neben der Luxation des Handgelenke!
eine Radiusfraktur.
Elg (10) berichtet über eine partielle Verrenkung des Kahnbeins nach
dem Handrücken zu. Gleichzeitig bestand ein Bruch des Processus stjIoTdens
der ülna.
Nach Abschluss des Heilverfahrens waren durch die Verletzung keine
funktionellen Störungen zurückgeblieben.
Des tot (7) sah bei einem 42 jährigen Mann, der zwei Stock hoch her-
untergefallen war, neben einem Bruch des Processus styloideus radii eine
Drehung des Os scaphoideum derart, dass es vertikal stand und an die Stelle
des nach aussen verschobenen Process. styloid. rad. zu liegen kam.
Einen operativen Eingriff gestattet« der Verletzte nicht. Es bestand
bei der Entlassung eine hochgradige Versteifung des Handgelenkes und der
Finger.
Die Luxationen der Handgelenkknochen sind häufiger, wie es nach den
Angaben in der Literatur scheint. Die Verletzung wird oft nicht erkannt
und mit Radiusbrüchen verwechselt. Hessert (14) berichtet einen Fall, in
dem obige Verletzung durch Fall aus grosser Höhe bei einem Erwachsoien
entstand. Die Hand war vier Wochen nach der Verletzung absolut unbrancb-
bar und musste daher das auf dem Pronator quadratus nach vorn dislozierte
Os scaphoi'd. und Lunatum entfernt werden. Nach der Operation trat wesent-
liche Besserung in der Gebrauchsfähigkeit der Hand ein.
Maass (New- York).
Gross (12) teilt den Operationsbefund von zwei Fällen von Luxation
bezw. Subluxation des Mondbeines mit. Für den ersten Fall nimmt er an,
dass hierbei die Verrenkung des Mondbeines durch Druck des Radius ent-
standen sei und zwar in folgender Weise: Die Hand geriet in Extension
(Dorsalflexion) und ülnarflexion. In Konsequenz der letzteren forcierten Be-
wegung zerriss das Ligament, radiale later. Der Radius entfernte sich von
dem Naviculare, da dieses bei eintretender Supination der Hand mit letzterer
nach dem Dorsum entwich. Die ulnare Seitenkante des Radius suchte an
dem Os lunatum eine feste Stützfläche und erhielt sie, bis dessen dorsale
Befestigungsbänder nachgaben und zerrissen. Im selben Moment fahr der
Radius nach der Vola zu aus und riss das Lunatum mit sich.
Die volaren an der radialen Seite gelegenen Bandmassen werden zaerst
gedehnt, vielleicht partiell zerrissen, halten aber Stand, bis das Lunatum mit
seiner volaren Spitze am Carpus einen Fixationspunkt gewinnt ; um ihn er-
folgt die Drehung des Mondbeins, um seine transversale Achse in tote also
um 270^
Im zweiten Fall hat sich nach Annahme des Verfassers im Radiokarpal-
gelenk eine brüske Bewegung vollzogen im Sinne der Ulnar- und Dorsalflexioa
Der Radius geriet zum Lunatum in volles Kontaktverhältnis, drängte zugleici
Neck, Verletzungen und jDhirnrg. Krankheiten der oberen Extremität. 931
gegen die hintere Konvexität des Lunatum und riss dieses durch seinen nach
der Vola zu gerichteten Verstoss (Dorsalflexion des Carpus) rücklings vom
Garpus ab.
Schliesslich teilt Gross noch drei Fälle von Fraktur des Mondbeines
mit. In einem von diesen war nur das Mondbein gebrochen, in den beiden
anderen gleichzeitig auch der Radius. Auch für die Entstehung dieser Frakturen
nimmt der Verfasser einen der Luxation analogen Mechanismus an.
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8. *Mauclaire, Cbacune de cheval ayant n^cesit^ la d^sarticulation de l'^paule. Injection
präventive de s^rum antit^tanique. T^tanos attönue, traitä par le chlorai et les saignees.
Goörison. Bull, et m^m. de la soc. de chir. 1903. Nr. 14.
9. *Morestin, Volumineux lipome de Taisselle chez une artog^naire. Ball, et m4m. de
la soc. anat. de Paris 1903. Nr. 4.
10. Nicoladon i, Weitere Erfahrungen Aber Daumenplastik, v. Langenbecks Archiv
1903. Bd. 69. Heft 8.
11. Panzaochi, Lo spazio interrosseo nelle varie posizioni deir avambraccio. Archivio
di ortopedia 1903. fasc. 5.
12. Seor6tan, Greffe de Textr^mit^ amputöe d'un doigt, une heure et demie apr^s l'acci-
dent. Revue mddicale 1903. Nr. 6.
18. * Schulz, Eine seltene Fingerverletzung. Monatsschrift für Unfallheilkuunde 1903.
Nr. 9.
14. *Th^bault, De Tintervention pr^coce dans les phlegmous de la main chez les aoci-
• dentis du travail et des soins consöcutifs ä cette intervention. Le progr^s mädical
1903. Nr. 89.
15. *~ Amputation traumatique des doigts. Le Progr^s mödical 1903. Nr. 80.
Seit der im Jahre 1890 erschienenen Arbeit Volkmanns sind 145 neue
Fälle von primärem Krebs der Extremitäten veröif entlicht worden, v. B r u n n (4)
stellte in seiner Zusammenstellung fest, dass häufiger die untere Extremität
vom Karzinom befallen war, seltener die obere.
Bei Frauen sass die Erkrankung überwiegend an der oberen Ex-
tremität.
Meist entstanden die Krebse im Anschluss an chronische Entzündungen,
nur vereinzelt nach einmaligem Trauma.
Die karzinomatöse Erkrankung der Lymphdrüsen erfolgt spät.
Ein Drittel der Operierten blieb dauernd geheilt.
Panzacchi (11) hat an 10 Leichen den Zwischenknochenraum des
Vorderarms gemessen. Aus den mittleren Werten seiner Messungen schliesst
er, dass die beiden Knochen des Vorderarms am weitesten auseinanderstehen,
wenn die Hand sich in der Mittelstellung zwischen Pronation und Supination
befindet. Es sei deshalb angezeigt, diese Stellung zu wählen, wenn man bei
59*
932 Jahreebericht fttr Ghinugie. II. Teil.
Fraktur des Vorderarmes die beiden Knochen recht weit voneinander entfernt
halten möchte. B- GianL
Bericht über einen zweiten Kranken, welchem Nicola doni (10) aa
Stelle eines völlig verloren gegangenen Daumens die zweite Zehe aufpflanzte.
Die Zehe blieb frei von jeder Nekrose. Beweglich wurde sie nicht. Die Sen-
sibilität ist an der überpflanzten Zehe sowohl in diesem wie in einem frülier
veröffentlichten Fall wiedergekehrt.
Der Hauptwert des neuen Daumens besteht darin, dass sich die übrigen
Finger gegen ihn anstemmen können.
Auf einen ^h cm langen Daumenstumpf pflanzte Luksch (7) einen Ter-
steiften, aus Grund- und Mittelphalanx bestehenden Zeigefinger über, derart,
dass er eine volare Emährungsbrücke bildete, die nach 3 Wochen durchtrennt
wurde. Knochen, Beuge- und Strecksehnen wurden sofort genäht. Der Mann
erhielt so einen zum Arbeiten brauchbaren Daumen.
In dem von Bardellini (I) mitgeteilten Falle war die rechte Hand
eines Individuums zwischen zwei glatte, in umgekehrter Kichtung rotierende
Zylinder geraten und hatte sich infolge einer am unteren Ende des Vorder-
arms auf der Radialseite erfolgten Spaltung die Haut der ganzen Hand nnd
der Finger handschuhartig umgekehrt. Verf. nahm die Amputation des Vorder-
arms an dessen unterem Drittel vor. R. Giani.
S6crätan (12) hat bei dem Verletzten die darch eine Masckiiie al>getreBnte peri-
phere Hälfte des Endgliedes des Mittelfingers mehrere Standen nachher wieder mit volkm
Erfolg angenäht. Der Begleiter des Verletzten hatte den abgetrennten Fingerteil in «ia
Zeitnngspapier eingepackt dem Arzt übergeben.
Über traumatisches Ödem des Handrückens berichtet Borchard (S).
Bei einem 41jährigen Mann, der auf die rechte Hand gefallen war, schwoD
diese unter Schmerzen stark an. Eine Entzündung bestand nicht, eben-
sowenig ein Knochenbruch. Die Schwellung begann allmählich oberhalb
des Handgelenks und erreichte ihre Höhe auf der Mitte des Handrückens.
Auf die Hohlhand griff sie nur wenig über. Die Finger waren deutlich
gleichmässig geschwollen. Spätere Überanstrengungen und Verletzungen
führten immer wieder eine Verschlimmerung herbei und langsam stellte sich
eine erhebliche Gestaltsveränderung und Funktionsstörung der Hand ein. Die
Schwellung hatte grosse Härte und derbe Konsistenz und war nicht mit Ödem
zu verwechseln. Dieser Befund ist besonders charakteristisch für die bereite
mehrfach beschriebene Erkrankung. Auf dem Köntgenbild war eine entzuod-
liche Atrophie der Knochen (Sud eck) vorhanden.
Der Erkrankung soll nach Ansicht des Verf. eine starke Quetschung der
kleineren Gefässe und der Lymphbahnen zugrunde liegen, wodurch es zu
Flüssigkeitsaustritt in die Gewebe kommt. Hierdurch würde wiederum die
Zirkulation auch in den peripheren Abschnitten gestört. Eine Quellung imd
Verdickung des Bindegewebes bedingt wahrscheinlich schliesslich die harte
Konsistenz.
Bei einem zweiten vonBorchardt beobachteten Fall war der Erkran-
kung ein Sturz vom Pferde auf den Handrücken vorausgegangen. Auch hier
zeigte das Röntgenbild Veränderungen , welche mit der akuten entzündlichen
Knochenatrophie übereinstimmten.
Die Behandlung leistet nicht viel. Am meisten Erfolg hat Borchardt
von der Anwendung heisser Luftbäder (Temperatur 50 — 60^) gesehen. Es
kommt darauf an, dass die Kranken von vornherein solange in Behandlung
bleiben, bis jede Schwellung und alle Schmerzen verschwunden sind.
Schnitze, Verletznngen und chimrg. Krankheiten der nnteren Extremität 933
Über die gleiche Erkrankung macht anch Gheinise (5) Mitteilung.
Zur frühzeitigen Feststellung von Erkrankung des Knochens beim Pa-
naritium empfiehlt Hahn (6) die Anfertigung von Röntgenbildern.
Bei einer Daumenphlegmone mit Sequesterbildung der Grundphalanx
stellten sich unter konservativer Behandlung — die Verf. in allen geeigneten
Fallen empfiehlt — an der stark veränderten Grundphalanx schliesslich — wie
das Röntgenbild zeigte — fast normale Verhältnisse der Knochenkonfiguration
her. Auch funktionell wurde ein leidliches Resultat erzielt.
XX.
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten der
unteren Extremität
Referenten: F. Schnitze, Dnisburg, A. Borchard, Posen, F. Snter,
Basel.
Die mit * yeraehenen Arbeiten sind referiert worden.
Angeborene Missbildnngen nnd Difformitäten der unteren Extremität.
Referent: F. Schnitze, Dnisbnrg.
1. Kongenitale Luxation des Hüftgelenkes.
.1. Canbet, Lnzation cong^nitale de la hauche chez une yieille femme.
2. Clarke, Lorenz 's Method of treating congenitai dislocation of the hip.
3. Cohn, Dreimonatlicher Sftugling mit angeborener HQftgelenksloxation. Berliner klin.
Wochenschr. 1908. Nr. 84.
4. *6ayot, Lnzation cong^nitale double des hanches, reduotion parfaite du cdt^ ganche ;
complet du cöt^ droit. Journal de m^d. de Bordeaux 1903. Nr. 47.
5. *Le Demanty, La lnzation congönitale de la hauche. Reputations des theories,
pathog^niqnes. Discussion des traitements actuels. Etüde cotique et exp^rimentale,
Revue de Chirurgie 1908. Nr. 12.
6. Discussion on congenital dislocation of the hip. British med. joum. 1903. Aug. 29.
7. Fröhlich, Deuz observations de lnzation congönitale double de la bauche trait^es
par Tost^otomie sous-trochantärienne. Operat. de Eirmisson. Revue d'orthop. V.
1903.
8. Guyot, Du ressant cotyloidien spontan^ ou signe de gerdy pourle diagnostic präcoce
de la lnzation cong^nitaJe de la hauche. Archiv, provinc. de chir. Nr. 11. 1908.
8a. Horväth, M., Erfahrungen in der Behandlung der kongenitalen Haftgelenksluzation.
Chimrg. Sektion des Budapester kgl. Ärzte -Vereins. Sitzung vom 12. XI. 1903. Buda-
pest! Orvosi Ujsäg. 1903. Nr. 87.
9. Heusner, Über Hilfsapparate bei der Behandlung der angeborenen HUftluzation.
Zeitschr. f. orthopftd. Chir. Bd. XII.
10. Eirmission, Des rteultats formis par la m^thode non sanglante dans le traitement
des luzations congönitales de la hauche. Rev. d'orthop. Nr. 8. 1903.
10a. W. Zapinski, über die unblutige Reposition der angeborenen HQftgelenks Verrenkung.
Gazeta lekarska 1903. Nr. 43 u. 44.
934
Jahresbericht für Chinxrgie. IL Teil.
11. Menciöre, Lerier special poar faciliter la r^action non sanglaDte extempoimte de
la laxatlon congönitale de la hauche. Arch. proY. de chir. 1903. Nr. 5.
IIa. M Ott a, Lo State attuale della qaestione della cora deUa lassazione congenita delT
anca e la mia esperienza personale dal 1884 in poi. Archivio di ortopedia 1908.
Fase. 3.
12. Müller, Über die obere Altersgrenze für die Behandlung der angeborenen Hüftra^
renkung. Therapie der Gegenwart Nr. 2. 1903.
12a.Narath, Onbloedige bebandeling der congenitale heuplozaties. Nederl. Yereenig. tmt
Heelkunde. Nederl. Tijdschr. voor G^eneesk. I. p, 654.
13. Schultze, Zur Behandlung der kongenitalen Hüftluxation. Deutsche Zeitschzill filr
Orthopftdie. Bd. XII. 1903.
14. * Smith, Congenital displacement of tbe hip. The Lancet 1903. May 2.
14a.Slomann, Behandlingen of den nudfödte Hofteluxation. (Ober die Behandlung der
angeborenen Hüftgelenkluxation.). Nordisk Tidsskrift for Terapie. Copenhagen 19<&
p. 205.
Um breit, Ein Beitrag zur Behandlung der kongenitalen Hüftgelenksluxation. Disscri
Freiburg 1903.
Walter, Beitrag zur Behandlung der kongenitalen Hüftgelenksluxation. DissertFtci-
bürg 1903.
15
16.
Narath (12a). Im ganzen wurden 150 Fälle behandelt, 68 einseitige
82 beiderseitige Luxationen.
Bei 21 Gelenken war Reposition nicht möglich; es handelte sich m
diesen Fällen um ältere Kinder. Wirkliche Reposition gelang in 126 Fällen
(62 unilaterale, 64 bilaterale); 18 Kinder befanden sich zur Zeit der Mit-
teilung noch im GipsYerband, bei 8 Kindern konnte die Untersuchung nicht
stattfinden. Es bleiben also zur Beurteilung der Resultate 100 Fälle übrig
(52 unilaterale, 48 bilaterale).
Anatomische Resultate:
Wirkliche Reposition gelang in 86^0 der Fälle, bei 73 ^/o war es eine
Repositio concentrica, bei 13 Vo eine Repositio excentrica (26 7o der uni-
lateralen, 4^0 der bilateralen Gelenke).
Subluxation nach oben-vorn wurde in 7^/o der Fälle konstatiert, Be-
luxation nach oben-vorn kam in 6^/o vor. Diese Verschiebungen des Kopfes
wurden bei unilateralen Luxationen öfter beobachtet als bei bilateraleu. Be-
luxation nach hinten-oben kam nur einmal vor bei einseitiger Luxation.
Für die Beurteilung der funktionellen Resultate können nur jene Falle
in Betracht gezogen werden, die schon ein Jahr ohne Gipsverband sind; das
sind im ganzen 85 Fälle.
Anatomisches Resultat
Funktionelles Resultat
Beschaffenheit des Gelenkes
Zahl der
Gelenke
Ideal
sehr gut gut
mfissig ' schledit
Repositio concentrica . . .
. excentrica . . .
Snhluxation nach oben vom
Reluzation nach oben vom
a nach oben hinten
Total
59
12
7
6
1
34
U
4
34
40<'/o
21
24,1^0
64,7«/o
91,70/0
28
2Vlo
3,5'/o
4,7»^
Schaltze, Verletzungen und chirnrg. Krankheiten der unteren Extremität. 935
Narath ist im Gegensatz zu Loren'z der Meinung, dass nicht die
funktionelle Belastung, sondern die mögliebst feste Fixation des reponierten
Gelenkes den Schwerpunkt bildet bei der Behandlung der kongenitalen Hüft-
gelenkluxation. Am zweckmässigsten ist es dabei, in den Gipsverband auch
noch das gesunde Gelenk und das Kniegelenk der kranken Seite mit hinein-
zunehmen. Bei doppelseitigen Luxationen werden beide Gelenke gleichzeitig
reponiert und reicht der Gipsverband bis zur Mitte beider Unterschenkel.
Überstreckung ist dabei nicht nötig. Die Abduktion wird niemals kleiner
als 90^ genommen; die Aussenrotation beträgt ebenfalls immer 90^. Unter
116 reponierten Gelenken hat er bei + 90° Abduktion 0*^/o Verschiebungen
des Kopfes beobachtet, bei 90^ Abduktion 2Va *^/o und bei — 90^ Abduktion
20®/o Verschiebungen.
Bei Innenrotation trat in mehreren Fällen Reluxation auf. Bei den
folgenden Verbänden wird die Abduktion kleiner genommen.
Der erste Verband bleibt 3 Monate liegen, die folgenden Verbände 6
bis 8 Wochen.
Die ganze Fixationszeit dauert mindestens 8 Monate. Goedhuis.
Nach Zapinski (10a) gehört die Zukunft in der Behandlung der an-
geborenen Hüftluxation der unblutigen Reposition. Diese Methode liefert
regelmässig ein funktionell ausgezeichnetes Behandlungsresultat und vielfach
auch eine anatomische Restitution. Eine frühzeitige Behandlung hat hier
grosse Vorzüge. Als niedrigste Altersgrenze soll die zweite Hälfte des zweiten
Lebensjahres gelten. Von einer übermässigen Forcierung schwieriger Ein-
renkungen ist abzusehen; es empfiehlt sich, in solchen Fällen zweiseitig zu
arbeiten. Besonders ungünstige anatomische Verhältnisse lassen manchmal
— namentlich bei älteren Kindern — eine gleichzeitige Osteotomie erforder-
lich erscheinen.
Die Röntgenaufnahmen sind in aufrechter Stellung vorzunehmen.
Urbanik (Krakau).
' Aus 152 von ihm studierten Fällen (192 Luxationen) kommt Motta (IIa)
zu folgenden Schlüssen: Vor dem zweiten Jahre seien die Luxationen mit
Manipulationen, Massage, Abduktion und Aussenrotation, Gewichtsextension,
Kontentivapparaten zu behandeln. Dadurch werde eine Verschlimmerung der
Deformität verhindert und manchmal auch Heilung erzielt. 2. Nach dem
zweiten Jahre sei die unblutige Einrenkung angezeigt. Verf. erkennt die
Vorzüge der Lorenz sehen Methode an, erhielt aber auch mittelst der nicht
modifizierten Paci sehen Methode gute Resultate. 3. Die einzige empfehlens-
werte blutige Behandlungsmethode in hartnäckigen oder irreponiblen Fällen
sei die Decapitatio femoris nach Margary-Heusner. R. Giani.
Horväths (8a) Erfahrungen erstrecken sich auf 57 Kranke mit ins-
gesamt 80 Luxationen. Seine Mitteilungen sind folgende.
Die Prognose der Reposition fand er bei einer Verkürzung von 3 — 4^/2 cm
am besten; bei einer Verkürzung von 5 — 77» cm muss wegen der Gefahr
einer event. Zirkulationsstörung oder Nervenverletzung Patient noch einige
Tage sorgfältigst überwacht werden; 8cm Verkürzung oder gar darüber schliesst
die Reposition schon aus. Ausserdem betrachtet Horväth eine übermässig
leichte Reposition gleichbedeutend mit einer unsicheren Retention.
Bei der Reposition selbst lässt Horväth die präliminare Distraktion
weg. Den Fuss fixiert er ohne Ausnahme in 90*^iger Abduktion, Hyperex-
tension und maximaler Aussenrotation. Tritt Reluxation ein, dann wiederholt
^dß Jahresbericht fOr Chirurgie, n. TeiL
er die Reposition erst spät^ nach Monaten, bis sich die Weichteile etwas Ter-
kürzt ; eine gewisse Spannung von seiten der letzteren ist für ein soffizientes
Gelenk unbedingt erforderlich.
Ähnlich anderen Orthopäden versuchte auch Horväth die Behandlangs-
zeit zu verkürzen, — bislang jedoch ohne endgültigem Resultate.
Dollinger (Budapest).
Kirmisson (10) berichtet über 27 Luxationsfalle aus den letzten fönf
Jahren im Alter von 2V2 — 13V«.
Von drei normal Reponierten wurde einer im dritten Jahr nach der
Behandlung mit einer Verschiebung nach oben vorgefunden. Die anderen
beiden wurden nicht lange genug beobachtet. Zehnmal stellte sich der Kopf
in Höhe der Spin. ant. inf. und hat sich dort gehalten. Im allgemeinea
waren die Resultate gut. In fünf Fällen war die Verkürzung beseitigt, die
übrigen hatten eine mehr oder weniger grosse Verkürzung. Gang war gat,
nur nicht bei den alten Fällen.
Einmal wurde die Epiphyse abgerissen.
Unter 27 doppelseitigen Fällen wurden 21 unblutig reponiert. In den
meisten Fällen hat man eine mehr oder weniger zufriedenstellende Trans-
position nach vorn erreicht.
In einigen Fällen stellte sich der Kopf fast normal ein; viermal Re-
lu3cation, dreimal auf einer, einmal auf beiden Seiten. In zwei FäUen var
uns eine einseitige Reposition möglich.
Bei zehn doppelseitigen und sechs einseitigen hat eine Einrenkung nickt
stattgefunden.
Bei Beurteilung der Enderfolge muss man rechnen mit der Verkürzong,
femer mit der Art der Feststellung des Kopfes, sowie mit der Stellung der
Extremität. Radikale Heilung ist selten. Meist erreicht man eine Trans-
position, aber gute Funktion.
Nach Kirmisson ist die Zeit bis zum siebenten Lebensjahr für die
Einrenkung am günstigsten.
Kirmisson macht die Einrenkung durch Flexion, Abduktion und Kreis-
bewegungen, Gipsverband. Nach zwei Monaten Verminderung der Abduktion
in Narkose, dann nach zwei Monaten ein dritter Verband. Die Behandlaog
dauert sechs Monate.
Müller (12) gelang die Einrenkung bei einer 15 Va Jahre alten Patientin
Älteren Patienten von 28 und 49 Jahren wurde durch Apparate-Behandlung
wesentlich genützt. Er schliesst, dass jenseits der allgemein angenommenen
Altersgrenze eine Reposition mögUch ist, dass femer die älteren Patienten
durch portative Apparate eine erhebliche Linderung ihrer Beschwerden er-
fahren können.
Fröhlich (7) beobachtete zwei Fälle von doppelseitiger kongenitaler
Luxation im Alter von 7 bezw. 9 Jahren mit Hochstand der Köpfe von 3 bis
7 cm. Die Adduktion war hochgradig, so dass die Knie sich kreuzten, Ad-
duktion aufgehoben, sehr starke Lordose. Daraus resultierte eine fast völlige
Gebrauchsunfähigkeit des Hüftgelenks. Es wurde die Osteotomie nach Kir-
misson ausgeführt, und zwar auf der Seite, wo der Kopf sehr hoch stand
in schräger, wo derselbe tief stand in querer Richtung, nach vorheriger Ten-
otomie resp. Zerreissung der Adduktion und auf einer auch der des Sartorius
und des Tensor fasc. lat. Der Erfolg war ein ausgezeichneter, nach einigen
Monaten funktionell und kosmetisch gutes Resultat.
Schultze, VerletzuDgen und chirorg. Krankheiten der unteren Extremität. 937
Clarke (2) berichtet über fünf Fälle, welche nach Lorenz behandelt
wurden.
Cohn (3) demonstriert einen dreimonatlichen Säugling mit linksseitiger
LiLxation. Als Symptom bestand Flexion des Femur und Unterschenkels, so
dass letzterer dem Femur anlag.
Ein trocknes Knacken verbunden mit einer sprungartigen Bewegung des
Kopfes im Hüftgelenk bei aktiver Extension und Flexion, soll als ein von
Gerdy aufgefundenes Symptom die Diagnose Luxation bei kleinen Kindern
erleichtem. Guyot (8) ist der Ansicht, dsss dies Geräusch dadurch zustande
kommt, dass der total luxierte Schenkelkopf über eine Unebenheit des Hüft-
knochens gleitet. Im vierten Monat ist es zu konstatieren, es verschwindet,
sobald die Kinder gehen.
Caubet (1) hat an einer 50jährigen Frau durch Sektionsbefund die
Veränderungen des luxierten Hüftgelenkes studiert. Er betont die Unregel-
mässigkeit der Kopfkonfiguration, dann die der alten Pfanne, welche sehr
radimentär, 1 Frankstückgross.
Walter (16) beschreibt einen nach Kraske operierten Fall von Lux.
congenitalis der rechten Hüfte. Dreimal war der Versuch gemacht worden,
die Hüfte unblutig einzurenken. Kraske reponierte dann blutig den Kopf,
die überhängende Gelenkkapsel wurde reseziert, und ein gebildeter Periost^
läppen mit dem Kapselrest vernäht. Ein festes Widerlager für den Kopf
wurde erreicht. Die von Kraske gewährte Methode ist eine Modifikation
des von König angegebenen Verfahrens.
Umbreit (15). Bei altem kongenitalen Luxationen der Hüfte emp-
fiehlt Kraske die Osteotomia subtrochanterica cuneiformis. Bei einem
11jährigen Mädchen wurde durch diese Operation das Hinken beseitigt.
Heusner (9) benutzt zur Nachbehandlung der kongenitalen Luxation
einen Schienenhülsenapparat, verbunden mit Korsett. Die Abduktion und
Rotation nach innen soll dadurch unterhalten werden. Die Rotation nach
innen wird durch Drahtspiralen besorgt.
Als zweiten Apparat empfiehlt Heusner seinen Osteoklasten zur Ein-
renkung von Luxationen. Das Becken wird im Osteoklasten fixiert und dann
die Einrenkung vorgenommen.
Men eiere (11) demonstrierte auf dem internationalen Kongress zu
Madrid einen Hebel zum Einrenken der Lux. congeoitalis, selbst wenn die
manuelle Methode im Stich lässt.
Es ist ein zweiarmiger Hebel, welcher auf einem an der unteren Tisch-
ecke befindlichen Stempel balanciert. Zentral trägt derselbe eine Pelotte,
welche auf den Trochanter wirkt und etwas peripher einen Riemen, welcher
ca. die Mitte des Oberschenkels umfassen soll.
Schnitze (13) demonstriert einen Lagerungsapparat zur Behandlung
der kongenitalen Hi^tluxation, welcher den Gipsverband entbehrlich macht.
Die Konstruktion und Lagerung lässt eine Relnxation nicht zu. Vorzüge sind
die stete Kontrolle des Gelenkes, femer die freie Beweglichkeit des Ober-
körpers. Der Transport mit dem Brett lässt sich leicht ausführen. Die Dauer
der Lagerung deckt sich mit dem Tragen eines festen Verbandes, meist drei
bis vier Monate, alsdann bleiben die Patienten ihrem Schicksal überlassen
und bringen durch Übung ihr Bein allmählich in die normale Stellung.
938 Jahr68l>eriebt fflr Chirurgie. II. Teil.
2. Coxa yara.
1. Aithoff, Nenn F&lle von Coxa vara. Inaug.Diss. Kiel 1903.
2. Blum, Die Coxa vara als BelastungsdeformitAt. v. Langenbeeka Archiv Bd. LXTI.
Heft 4.
3. Borchard, Zar Ätiologie der Coxa vara. Archiv für Orthopädie Bd. I.
4. Codivilla, Behandlung der Coxa vara. (II. Eongreas der deutschen Geaellaehaftftr
orthopädische Chirurgie.)
4a. — Malata di coxa vara operata di osteotomia. Bnlletino delle sciense medid» i
Bologna 1903. fasc. 10.
5. Cohn, Zur Coxa vara infolge FrührhachiÜs. Jahrbuch fdr Kinderheilkunde 1901
Bd. 38. Heft 3.
6. CoTÜle, Decollement ^piphysaire du col de f^mur simulant une coxa vara de IW
lescence. Revue d'orthop. 1903. Nr. 2.
7. *Evans, A case of coxa vara in a youth. Medical Press 1903. May 6.
8. Froelich, Beitrag zur Ätiologie der nicht symtomatischen Coxa vara. Zeitsdnift
f. Orthopädie 1903. Bd. 12. 132.
9. Joachimsthal, Coxa vara. Kongress der deutschen Gesellschaft f&r ortbopidii^
Chirurgie 1903.
10. *Petri, Über Coxa vara. Diss. Manchen 1903.
11. Reiner, Über die Beziehungen von kongenitaler Coxa vara und kongenitalem F6iw>
defekt. Berliner klin. Wochenschrift 1908. Nr. 27.
12. Schanz, Coxa vara — die statische Belastungsdeformität des Schenkelhalset. Zdtr
Schrift f. Orthop. Bd. XU.
13. *Schoenewald, Zur Kasuistik der Coxa vara. Diss. Leipzig 1908.
14. *Schwartz, Pr^entation d'on malade atteint de coxa vara gauche. BnlL et imb.
de la soc. de chir. 1903. Nr. 35.
15. * Verhandlungen über Coxa vara. Orthop. Kongress 1903. Zentralblatt fUr Chinnigii
1903. Nr. 33.
An der Hand von Röntgenbildernpräparaten und Krankheitsfalls be-
spricht Joachimsthal (9) die Coxa vara. Er unterscheidet die kcnigem-
talen, die rachitischen, die statischen Schenkelbalsverbiegangen. Eongenitak
Coxa vara beobachtete Joachimsthal an einem 5jährigen Mädchen nsi
einem 11jährigen Knaben. Das Röntgenbild zeigte einen langgezogenen, wsbefi-
förmig gestalteten Kopf, fast ohne Hals. Als eine weniger typische Form be
zeichnet er die mit angeborenem Oberschenkeldefekt in Beziehung steh^
Form der Coxa vara congenita. Bei einem 4 jährigen Knaben konstatieiU
Joachimsthal eine hochgradige Coxa vara, die nicht allein den HiiSr
sondern auch das obere Femorende betraf. Anch bei sogen, intranterina
Frakturen beobachtete Joachimsthal die in dem letzten konstatierte V«"
zögerang der Ossifikation in dem abgebogenen Teil des Oberschenkels. Dk
rachitischen Coxa vara zeigen sich in einer Verkleinerung des ScbenkeDu^
winkeis oder in dem Herabgleiten des Kopfes in der Epiphysenlinie nnd nt-
anlasst zur Annahme einer Erweichung in der Ossifikationsgrenze.
Die statische Form der Coxa vara ist ätiologisch noch völlig dankd.
Spätrachitis, Osteomalacie^ Überanspruchung des Collum femoris werden als
Erklärung angeführt.
Zum Schluss bespricht Joachimsthal noch die bei Osteomalacie, Osteo-
myelitis, Ostitis fibrosa und Arthritis deformans auftretenden Verbiegnsga
des Schenkelhalses.
Cohn (5) stand das Material des pathologischen Museums zur Verffigm^
Aus seiner Untersuchung zieht er den Schluss, dass pathologische Zustindt
welche die klinische Erscheinungen der Coxa vara hervorgerufen hatten, seites
zu konstatieren waren. Messimgen ergaben das seltenere Vorkommen ra
Schnitze, Yerletzoogen and chimrg. Krankheiten der nnteren ExtremitAt. 939
höheren Graden von Schenkelhalsverbiegmigen , so von Yerbiegung der Epi-
zur Diaphyse. Jedoch wurden leichtere Abbiegungen des Schenkelhalses nach
unten, geringer Hochstand des Troch. maj. häufiger vorgefunden. Anschliessend
teilt Cohn einen Fall mit dem typischen Symptomenkomplex der Coxa vara
mit und zwar links, rechts bestand eine einfache Abwäxtsbiegung des Schenkel-
halses bis 98 Grad.
ßlum (2) konnte bei einem 9jährigen Kinde durch Röntgenbild, Tro-
chanterhochstand und Innenrotation die Coxa vara auf eine übermässige Be-
lastung zurückführen, da an der anderen Hüfte eine tuberkulöse Coxitis be-
bestand. Einer früher überstandenen Rachitis legt Blum keine Bedeutung
bei, sondern nur der durch die Coxitis bedingten einseitigen Belastung der
Hüfte. An vielen Skeletten konnte Blum denselben Befund erheben. Blum
hält die Coxa vara für eine statische Knochenveränderung, welche ihre be-
günstigenden Entstehungsmomente findet in der Rachitis, Ostitis fibrosa,
Osteomalacie, Tuberkulose, dann in der Wachstumsperiode.
Borchard (3) publiziert einen Fall von Coxa vara nach Schenkelhals-
bruch bei einem 17 jährigen Mädchen. Nach seiner Ansicht repräsentieren
die Coxa vara kein Krankheitsbild, sondern einen Symptomenkomplex, be-
dingt durch die verschiedensten Abweichungen von der normalen Gestalt.
Coxa vara auf rachitischer Basis glaubt er nur bei Vorhandensein von rachi-
tischen Symptomen konstatieren zu dürfen. Alle im Bezirk der Pars trochan-
terica und Gelenkpfanne vorkommenden Störungen der Festigkeit des Knochen-
gefüges sind imstande unter Einfluss von Belastung das Bild der Coxa vara
zu erzeugen. Borchard empfiehlt konservative Behandlung und nur in ex-
tremen Fällen bei hochgradigen Funktionsstörungen den operativen Eingriff.
Froehlich (8) teilt die Coxa vara in zwei Gruppen, symptomatische
und essentielle.
Bei den symptomatischen Coxa vara zeigt sich eine Knickung nahe dem
Trochanter, hingegen bei den essentiellen nahe am Kopf. Somit unterscheidet
Froehlich Coxa vara trochanterica und Coxa vara cervicalis. In zwei Fällen
konnte Froehlich bakteriologisch Staphylococcus albus nachweisen. Er ist
der Ansicht, dass ätiologisch die Osteomyelitis in Frage kommt und glaubt,
dass diese als schleichende Form auch bei Genu valgum, bei Paralyse, bei
Skoliose eine Rolle spielen kann.
Reiner (11), welcher die Beziehungen zwischen kongenitaler Coxa vara
und kongenitalem Femurdefekt beleuchtet, weist darauf hin, dass im frühen
Entwickelungsstadium sogenannte schwache Stellen vorhanden sind. Diese
letzteren geben, je nach der Läsion, Veranlassung zur Ausbildung von Coxa
vara, Femurdefekt oder zu Zwischenstadien. An einem sechsmonatlichen
Skelett zeigt er eine Kontinuitätstrennung mit Prendarthrosionbildung der
Regio subtrochanterica.
Schanz (12) spricht über die Coxa vara als statische Belastungsdefor-
mität des Schenkelhalses.
Coville (6) beobachtete bei einem 12 V« jährigen Knaben Coxa vara.
Das Leiden wird auf einen Unfall — Rückstoss eines Wagens — zurück-
geführt. Nach 3Vs Jahren hatte sich Coxa vara herausgebildet, welche durch
Böntgenbild bestätigt.
Althoff (1) teilt neun Fälle mit, welche meist konservativ, Streckung
in Narkose mit nachfolgendem Extensionsverband und Thomas scher Schiene
behandelt wurden, nur einer wurde osteotomiert. In einem Falle fand sich
940 Jahresbericht für Ghimrgie. II. Teil
auf der anderen Seite ein Schenkelhalsbmch, in einem weiteren auf derselben
Seite eine Tuberknlose des Ejiiegelenks, ein dritter Fall war kompliziert mit
Ischias.
Codivilla (4) bringt eine nene Osteotomie zur Behandlung der Coia
Tara. In der Regio intertrochanterica zwischen Kapsel und Maskelansatz iriid
durchtrennt und zwar mit krummen Meissel, so dass eine bogenförmige linie
resultiert, deren Konkavität medianwärts gelegen ist.
Codivilla zieht leichte Abduktion vor, sowie starke Extension, er warnt
vor starker Abduktion.
Der Osteotomie und des Traktionsverfahrens hat sich Codivilla (4ä)
auch in diesem Falle von Coxa vara bedient. Das Mädchen wurde der Ver-
sammlung 20 Tage nach der Operation vorgeführt; der Nagel stak noch im
Fersenbein, ohne dass Patientin durch denselben irgendwie behelligt wurde.
Die erzielte Verlängerung von 3Vt cm hat keinerlei Beschwerde hervorgemfen.
B. Giani.
3. Genu valgum.
1. *v. Brann, Über die snprakondjUre Osteotomie des Femnr bei Genu valgom mit
besonderer Berttcksichtigang der definitiven Enocheuformen. v. Brnnssche Beitrafe
1903. Bd. 40.
la. van. Bessern, Over de behandeling yon het genu valgum. Mededeelingen nit de
chirurgische kliniek van Prof. Narath. Ned. Tijdsch. v. Geneesk. I. pag. 1443.
2. *Bucher, Über Genu valgum und seine Behandlung. Diss. Heidelberg 1903.
2a. Bernabeo, G., Nuovo proceaso operativo per la cura del ginocchio valgo. AUi delli
R. Accad. med.-chir. di Napoli 1903. Nr. 2.
3. *Kirmisson, Des causes de disparition de la difformit^ constitnant le genu nlfim
pendant la flexi on du genou. Revue d*orthop. 1903. Nr. 2.
4. Milo, Eine Behandlungsmethode des doppelseitigen Genu valgnm adolescentiaB.
D. Zeitschr. f. Orthop. 1903.
5. Ombr^danne, Le genu valgum k Evolution d'Ongston. Revue d*orthopedie 19(4
Nr. 2.
6. Reiner, Über die unblutige operative Epiphysiolysis zur Behandlung des (jenn raigan
adolescentium. Zeitschrift für orthop. Chirurgie Bd. 11. Heft 2.
7. Scheffczyk, Erfolge der Osteotomie bei Genu valgum. Dias. Breslau 1903.
Mi Ig (4) gibt einen Schraubenapparat an, unter dessen Einwirkung bei
Streckstellung und Einwärtsrotation der Beine die Korrektur der X-Beine er-
reicht werden soll. Das Resultat wird durch Gipsverband erhalten.
Ombredanne (5) weist auf die Genua valga hin, welche osteomyeliti-
schen Ursprungs und dementsprechend ihre Vorgeschichte haben. Es soliei
gerade bei diesen Fällen hochgradige Deviationen vorkommen, welche er oacii
Ogston operiert wissen will. Er kompliziert die letztere Methode noch
durch Entfernung einer 1 cm breiten Knochenplatte.
Reiner (6) empfiehlt die unblutige Epiphjsiolyse als prinzipiell richtig
Verfahren für die Korrektur des Genu valgum adolescentium. Die lisioD
der Epiphyse heilt gerade so gut, als wie jede Fraktur, gute Repositionen
vorausgesetzt. Nach Reiner findet eine Wachstumsstörung nur für kme
Zeit statt. Mittelst eines abgerundeten Keiles, welcher an die Epiphysenlini«
gelegt wird, sowie unter Gurtfixation, wird durch den Druck der stetig nnd
langsam redressierenden Hand die Trennung bewirkt. Bei den jüngeren
Patienten findet die Trennung an der Knorpelgrenze statt, bei den älteren
innerhalb der Knochenschicht. Nachbehandlung bezieht sich auf 5 — 7 Wochen
Fixation, dann Massage etc. Die untere Altersgrenze ist 8, die obere 17 Jahra
Schultze, Verletzungen und chirnig. Krankheiten der unteren ExtremitAt 941
Scheffczyk (7) berichtet über 47 Fälle von Genu valgum aus den
letzten 10 Jahren der Breslaner Klinik. Behandelt wurden 76 Genu valga mit
85 Osteotomien.
van Bessem (la) berichtet über 87 Fällen von Genu valgum, die in
der Klinik zur Behandlung kamen. 13 mal wurde das langsame Redressement
angewendet, mittlere Behandlungsdauer 26 Wochen ; bei 12 Fällen wurde die
Methode Mikulicz-Gersuny geübt; nach ungefähr 15 Wochen waren die
Kranken wieder arbeitsfähig. Die Methode kam nur bei geringen Graden
von Genu valgum zur Anwendung, in zwei Fällen wurde Rezidiv beobachtet
(17 Vo).
Redressement force wurde in acht Fällen vorgenommen.
Behandlungszeit ca. 12 Wochen. Rezidiv O^/o.
Die Verbiegung war in diesen Fällen gering.
Die Mac Even sehe Osteotomie wurde in 49 Fällen in Anwendung ge-
zogen. Rezidiv O^/o. Behandlungsdauer ca. 11 Wochen. Zumeist waren es
schwerere Fälle. Nur zweimal wurde geringe Gelenksteifheit beobachtet.
Die Vorteile dieses Verfahrens sind:
1. Rezidiv ist fast ganz ausgeschlossen.
2. Die kurze Behandlungszeit.
3. Die Einfachheit des Operationsverfahrens.
4. Die günstigen Resultate. Goedhuis.
Bernabeo (2a) führt in der Höhe des Gelenkhöckers des Adductor
femoris magnus einen zugespitzten Haken, dicht am Femur vorbei, durch die
ganzen Weichteile des Oberschenkels hindurch; auf der anderen Seite des
Schenkels angelangt, befestigt er eine Gillische Säge am Haken, zieht diese
durch den Stichkanal und durchsägt den ganzen Knochen. Mit der Säge
unter der Sehne des M. quadriceps angelangt, zieht er sie heraus und bringt
das Glied in die richtige Stellung. R. Giani.
4. Genu recurvatum.
1. Delanglade, Genu recurvatum cong^nital. Anatomie pathologique. Deductions thera-
peatiques. Rev. d'orthop. 1903. Nr. 3.
2. Derocque, A propos d'un cas de genu recurvatum congönital. Rev. d'orthop. 1903.
Nr. 1.
8. Kirmisson, Le genu recurvatum cong^nital, su pathogenie, son traitement. Revue
d'orthop. 1908. Nr. 5.
Delanglade (1) fand bei einem mit 8 Monaten geborenen Mädchen
doppelseitiges Genu recurvatum neben anderen Missbildungen, doppelseitigen
Klumpfuss, Hydrocephalus, Spina bifida lumbalis, durch deren Ruptur das
Kind 10 Stunden später starb. Die Tibiaflächen waren nach vom geschoben.
Patella stand oberhalb des unteren Femürrandes. Delanglade fasst diese
Fälle als inkomplette Luxationen des Knies auf. Die veränderte Spannung
der Extensoren, der Flexoren dient zur Unterhaltung der Luxation. Therapie
besteht in Reduktion, Fixation.
Derocque (2) behandelte ein öVa Monate altes Kind mit beiderseitigem
Genu recurvatum, welche seit der Geburt bestanden, bedingt durch eine
Luxation des Unterschenkels nach hinten. Durch Flexion und Extension er-
folgte das Redressement. Rechts wurde normal anatomisches Resultat er-
reicht, links wurde der Fall durch eine Kondylenfraktur kompliziert.
942 Jahresbericht fOr Chirurgie, n. Teil.
Kirmisson (3) beobachtete Patellardefekte bei einem beiderseitigBn
Genu recairatum. Die Entstehung führt er, wie beim Klnmpfass, auf die
Verändemngen der Form und Lage der Knochen, sowie der Muskulatur zorod.
Therapie Redression, Massage.
5. Angeborene Verrenkung des Fussgelenks.
I. Freiberg, Congenital luxation of the ankle. Annals of sorgery 1903. Octob.
Freiberg (1) beobachtete bei einem 2jährigen Kinde eine Verrenkung
des Fusses nach aussen. Fibula war vorhanden und im unteren Drittel sebr
stark nach einwärts gebogen, entstanden durch amniotischen Druck. Ope-
ration, supramalleoläre Osteotomie wurde abgelehnt.
Tl. Plattfuss.
1. Engels, über den normalen Fiua and Plattfoas. Zeitschrift für Orthopäd. Chkm^
Bd. xn.
2. Herbold, Der funktionelle Plattfass mit besonderer Berficksichtigung aeinea Entsinke»
dnrch Trauma. Deutsche Zeitschrift fQr Chirurgie Bd. 66. pag. 336.
8. Heusner, Beitrag zur Pathologie und Therapie des Plattfasses. Archiv fttr Ortb-
pftdie etc. Bd. I. Heft 1.
3a. Heyes i, £., Neue Methode der Behandlung des statischen und rachitischen Pbii-
fusses mittelst Sehnenoperationen. XXXII. Wanderversammlung ungarischer Ärzte i^
Naturforscher. Sitzung der chirurgischen Sektion vom 9. IX. 1903. Orvoai HetiUp ISOI
Nr. 47.
8b. — Neue Operationsmethode des angeborenen Klumpfasses mit Hilfe von Sdmsr
Verschiebung. XXXII. Wand er -Versammlung uogarischer Ärzte und Natorforse^
Sitzung der chirurgischen Sektion vom 9. IX. 1903. Orvosi Hetilap 1903. Nr. 48.
4. Hofmann, Zur Anatomie und Mechanik des Platt- und Hackenfusses. Deutsche Z@^
Schrift fttr Chirurgie Bd. 67.
5. V. Hovorka, Supinationsschwäche bei Plattfass und ihre Behandlang. Zeiiaefanft fe
orthop. Chirurgie Bd. 12.
6. Kirmisson et Bize, Contribution ä Fanatomie pathologique du pied plat Talge
douloureus.
7. Lange, Neue Plattfasseinlagen aus Zellnloid-Stahldraht Mttnchener med. Wocba-
schrift 1903. Nr. 7.
8. MQller, Sehnentransplantation und Verhalten der Sehnen beim Plattfosse. ZeatnI-
blatt für Chirurgie 1903. Nr. 2.
9. Petersen, Zum Mechanismus des Plattfasses, v. Langenbecks Archiv Bd. 6S.
10. Spitzy, Der Pes planus. Orthopftd. Kongress 1903.
II. Vogel, Einige neue Apparate zur gewaltsamen Redresbion von FossdefonnitiBeB.
Zeitschrift für orthop. Chirurgie Bd. XII.
Engels (1) hat in bestimmter Anordnung eine grosse Serie von Dnrtt-
leuchtnngen des Fusses und seiner einzelnen Knochen ansgefohrt, um n
studieren, was die Spongiosastruktur über den Aufbau des Fusses lehren kasfi.
Die Anordnung der Spongiosa im Fussskelett zeigt uns, dass das Foss-
skelett ein kompliziertes System geradliniger Streben darstellt, welche dwck
Muskel und Bänder der Fusssohle in ihrer gegenseitigen Lage erhalten werdei.
Wir unterscheiden Haupt- und Nebensysteme, welche sich ergänzen. D»
vordere Verstrebung läuft in das Metatarsusköpfchen aus, die hintere in d^
Tub. calcanei.
Die vordere Hauptstrebe ist durchweg geradlinig und setzt sich ä«
den ersten drei Metatarsen, den Keilbeinen, Schififbein, Taluskopf und B^
zusammen.
Schultze, Verletzaugen und chirarg. Krankheiten der unteren Extremit&t. 943
Die vordere Nebenstrebe besteht aus Metatarsus IV und V, Würfelbein
und Fersenbein bis zur hinteren Gebfläche.
Vordere Haupt- und Nebenstrebe vereint sind als Hohlrinne angeordnet,
die durch Muskelzug und die konzentrierte Wirkung der Belastung selbst zu-
sammengehalten wird.
Die hintere Strebe reicht von der Talusrolle bis zum Tub. calcanei.
Dieselbe trifft mit der vorderen Hauptstrebe in der Talusrolle zusammen, mit
der Nebenstrebe direkt unterhalb des hinteren Galcaneusgelenkes.
Weiterhin bespricht Verf. den Aufbau des Fusses durch das Ineinander-
arbeiten aller Elemente, der Knochen, Bänder und Muskeln. Zum Schluss
beschreibt Engels noch seinen Apparat, welcher zur gleichmässigen Auf-
nahme von Böntgenbildem des Fusses dienen soll.
Hoff mann (4) berichtet über die Knochen und Gelenke, sowie über
die Muskelverhältnisse beim Platt- und Hakenfuss und zwar auf Grund eines
diesbezüglichen Sektionsmaterials, welches ihm in der Nicoladon i sehen Klinik
zur Verfügung stand.
Im Verhalten der Muskulatur zeigt sich bei den beiden Fusstypen ein
wesentlicher Unterschied, am meisten in der oberflächlichen Wadenmuskulatur
und in der Sohlenmuskulatur. Letztere ist histologisch normal beim Haken-
fuss, hingegen fettig degeneriert beim hochgradig ausgebildeten Plattfuss. Nico-
lad oni hat die Wichtigkeit der Sohlenmuskulatur für die Erhaltung des Fuss-
gewölbes betont. Durch Lähmung der oberen und tieferen Wadenmuskeln
entsteht ein Hohlfuss; durch Lähmung der Sohlenmuskulatur und Erhaltung
des Triceps surae kommt es zum Einsinken des Fussgewölbes.
Nicoladoni (Bd. 67 d. Zeitschr. f. Chirurg.) legte dem M. tibial. post.
als Gewölbe spannenden Muskel eine grosse Bedeutung bei, konstruierte seinen
Operationsplan in der Weise, dass er durch Spaltung des Triceps surae dessen
halbe Kraft auf den Tibialis posticus übertrug. Diesen Plan hat Nicoladoni
zugunsten der Sohlenmuskulatur verlassen und die Bedeutung des Tibial.
post. als Sohlenspanner in .\brede gestellt.
Nach Untersuchung des M. tib. post. und seines Antagonisten des Muse,
peronaeus longus kommt Ho ff mann zu dem Schluss, dass eine Neigung zur
Plattfussbildung durch Inferiorität des Tibial. postic. nicht erhöht wird.
^Weiterhin hat er durch seine Untersuchungen bewiesen, dass die Insertion
der Sehne des Tib. post. am Oscuneiform UI und Metatarsus III eine An-
einanderpressung der Mittelfussknochen vermittelt, welche ein Einsinken der
Fusswölbung in transversaler Richtung verhindern muss.
Die tiefe mediale Längsfurche sieht Nicoladoni als einen Ausdruck
der gut funktionierenden Sohlenmuskulatur an.
Herbold (2) bespricht den funktionellen, d. h. den erst beim Stehen
oder beim belasteten Stehen erkennbaren Valgusfuss. Er unterscheidet zwei
Gruppen. Die erste umfasst solche Fälle, welche bei belastetem Fusse neben
der Valgität ein Einsinken des Fussgewölbes durch den Abdruck erkennen
lassen; die zweite Gruppe weist nur die funktionelle Valgität auf, ohne Ein-
sinken des Fussgewölbes. Durch einzelne Krankengeschichten wird dann der
der Beweis geführt, dass diese Zustände unter dem Einfluss eines Traumas
erhebliche Störungen, Plattfussbeschwerden verursachen können.
Kirmisson (6), welcher bei einem 15jährigen Knaben mit doppel-
seitigem Plattfuss nach Ogston operierte, konnte an dem gewonnenen Material
folgendes feststellen. Nur eine mit der entsprechenden Gelenkfläche des
d44 Jahresbericht fttr Ohirargie. 11. Teil.
Kahnbeins artikulierende Taluspartie war verändert, rötliche Verfärbung, An-
deutung von Fazettierung. Mikroskopisch finden sich die Plattenzell^ der
oberflächlichen Knorpelschicht vermehrt, starker abgeplattet, geschichtet. Ebenso
ist die Zwischensubstanz geschichtet und abnorm fibriilär beschaffen. Ke
Rundschicht ist vermehrt, die Interzellularsubstanz vermindert, der Knochea
ist an den am meist erkrankten Stellen rarefiziert und das Mark injiziert
Die Erscheinungen decken sich mit dem Bilde jeder chronischen Gelcookeiii-
Zündung.
An der Hand von zahlreichen Zeichnungen bespricht Petersen (9) des
Mechanismus des Plattfusses. Der Plattfuss ist eine Stellung des Fnsses in
äusserster physiologischer Stellung. Unter diesem Einfluss kommt es zu ab-
normen Druck der einzelnen Knochen aufeinander. Eine starke Fiexionastel-
lung im Talokruralgelenk kann durch Druck des hinteren Schienbeinrandes
auf die hintere Talusrolle bis zur Knochenwucherung reizen. Die Pes Flexas-
Stellung entwickelt sich dadurch, dass das Fersenbein mit seinem vorder»
Fortsatz sich dem Boden nähert und die vordere Fläche des Sprungbeiih
kopfes mehr nach unten als nach vom sich wendet. Durch Drehung um seine
Längsachse nähert sich die äussere Fläche des Galcaneus dem Malleol. extern.
es bildet sich der Pes pronatus. Durch Überstreckung im GhopartscheA
Gelenk entsteht der Pes reflexus; aus der Abweichung des vorderen Teiles
des Fusses nach aussen entsteht der Pes abductus. Petersen bringt daim
die pathologischen Veränderungen der Knochen und Bänder zur Spradie.
Dehnung der Bänder, Schwund oder Verlängerung der Knochen durch Drock
bezw. Zug. Die klinischen Erscheinungen, welche aus den anatomischen Ver-
änderungen resultieren, sind am intensivsten da wo die Spitze des äusseres
Knöchels auf die Peroneussehnen drückt. Reflexkontraktur.
In seiner Arbeit, welcher eine Summe klinischer Beobachtungen, sowie
Messungen von 300 Säuglingsfüssen und Gefrierschnitten von Neugeboreoee
und Erwachsenen zugrunde liegt, stellt Spitzy (10) die Existenz des Pes
planus in Abrede. Seine Untersuchungen haben ergeben, dass zwischen dsm
Fusse des Neugeboren und dem des Erwachsenen ein arcbitekturischer Unter-
schied im Knochenbau nicht besteht. Spitzy plaidiert für Beseitigung de
Nomenklatur Pes planus.
Müller (8) pflanzt zur Korrektur des Plattfusses die Sehne des Mose
tib. ant. in einen Kanal des Os naviculare und fixiert das nach oben vm-
geschlagene Ende der Sehne mittelst Drahtnähte. Vor dieser Operation macbt
Müller die Tenotomie der Achillessehne ; nach 4 wöchentlichem Gipsverband
werden Gehübungen etc. vorgenommen.
Vogel (11) beschreibt drei Apparate zur Korrektur des Pes vams,
valgus und excavatus. Mittelst Schraubenpelotten erfolgt das Redressement,
während der Fuss in einfacher Weise fixiert wird.
V. Hovorka (5) hat ein Supinationsbrett — zwei unter einem Winkel
von 160 — 165® festgefügte Bretter — angegeben, auf welchem die Patientoi
ihre täglichen Gehübungen ausführen.
Heusner (3) empfiehlt für die Behandlung des kontrakten Plattfusses
seine Spiralschiene, wodurch die Füsse einwärts gedreht und in Supinations-
stellung gebracht werden. In die Tagesschuhe werden Plattfusseinlagen aus
Aluminium gelegt.
Lange (7) empfiehlt eine neue Plattfusseinlage. Die nach dem Gips-
abguss gearbeitete Einlage muss leicht, haltbar und billig sein. Da bei zirka
Schnitze, Yerletzungen und Chirurg. Krankheiten der unteren Extremität. 945
20^/0 der Patienten die Einlage nicht passt, so müssen sich am Gewölbeteil
Änderungen yomehmen lassen, sei es, dass erhöht oder erniedrigt wird. An
der Aussenseite ist die Einlage etwas umgebogen und hat eine schiefe Ebene
von innen nach aussen zur Bekämpfung der Yalgusstellung. Die Einlage ist
aus Quer- und Längsgurten, Zelluloid und Stahldraht angefertigt. Bei 1500
Patienten konnte nur 2°/o Misserfolg konstatiert werden.
Hevesi (3 a) operiert bei schweren Plattfüssen folgendermassen.
Nach gewaltsamer Bedression des Fusses wird in einer Sitzung die
Achillessehne plastisch verlängert, zugleich der M. tibialis posticus stark ver-
kürzt; letzterer wird noch durch einen abgespaltenen Teil der Soleussehne
verstärkt. Im zweiten Abschnitte der Operation wird die Sehne des Muse,
tibialis anticus transostal nach E. Müller auf die Plantarseite des Os navi-
cnlare verlagert, nebstbei diese Sehne durch Verpflanzung des M. extensor
hallncis longus verstärkt; den peripheren Sehnenabschnitt des letzteren im-
plantiert Hevesi in den M. extensor digitorum communis.
Hevesis Methode beruht auf der Ausschaltung schädlich wirkender
Muskelfunktionen und bestmöglichsten Ausnützung der zweckentsprechenden;
er erprobte sie in vier Fällen schwersten Plattfusses und erreichte in 2— 3
Monaten stets ein sehr gutes Besultat. Dollinger (Budapest).
Hevesi (3b) erreicht die Korrektur des angeborenen Klumpfusses da-
durch, dass er den M. peronaeus brevis vor den äusseren Knöchel luxiert,'
ihn dann verkürzt, event. noch durch den M. peronaeus longus verstärkt.
Als Vorteile seiner Methode betont Hevesi die kurze, kaum zwei Mo-
nate in Anspruch nehmende Dauer der Behandlung und den Wegfall jedweder
orthopädischen Nachbehandlung; auch Rezidive sollen nicht vorkommen.
Dollinger (Budapest).
TII. Klumpfoss, Hohlfuss, Spitcfuss.
1. Frommhols, Zur Oeschichte der Taraektomie beim Elompfass. Diasert Würz-
borg 1908.
2. Keller, Zar Ätiologie angebomer Klampfftsse und Gtolenkkontraktaren. Archiv fOr
Gynäkol. Bd. 67. Heft 2.
3. Wolff, Über die Ursachen, das Wesen nnd die Behandlnng des Klompfnsses. Berlin
1903. A. Uirschwald.
4. EirmisBon, D^viations des pieds en varas, avec chevanchement des orteils et ulc^-
rations tropbiqnes, consöcntives k un traumatisme ancien du rachis. Revue de ortho-
pMie 1908. Nr. 6.
5. Mayer, E., Zar Redression des angeborenen Klompfusses bei Erwachsenen. Zeit-
schrift f. orthop. Chir. Bd. XIL
6. *ye8lin, Pied bot varus ^qain cong^nital chez ane fillette de 7 ans. Rev. d. orthop.
1903. Nr. 3.
7. Broca, Indications gän^rales du tractement dans le pied bot vams-^qain cong^nital.
Gazette des höpitaax 1903. Nr. 49.
8. Valpias, Die Behandlang des Elampfasses. Archiv f. Orthop. Bd. I.
9. Heusner, Demonstration neuer Apparate zar Behandlang des Klampfasses. Zeit-
schrift f. orthop. Chir. Bd. XII.
10. Gerson, Apparat zar Mobilisierung des Hüftgelenkes and zur Behandlang vonKlump-
und Plattffissen. Deutsche Zeitschrift fttr orüiop. Chir. Bd. XII. 8.
10a. Ghillini, C, Trattamento del piede torto. BoUettino delie sc. med. di Bologna 1908.
fasc. 10.
11. V. Oettingen, Zur Yerbandstechnik der KlumpfOsse Neugeborener. 32. Chirurgen-
Eongress 1903. Beriin.
12. Ghillini, Die Behandlung des Elumpfusses. Deutsche Zeitschrift f. orthop. Chirargie
Bd. XII. 3.
Jahresbericht fQr Ghimrgio 1903. 60
94G JAhresbericbt fAr Chirurgie. 11. Teil.
13. Laaensteip, Za Ogstons Operation des rebellischen Klampfdsses. ZentrmlbUtt fiOr
Chirurgie Nr. 89.
14. y. Fried lä oder, Beitrag zur operatiyen Behandlung des Elunipfasses und des Flatt-
fnsses. Wiener klin. Wochenschrift 1908. Nr. 40.
15. *Little, Fhelps Operation for Clnmbfoot. British medical Journal 1903. Oct. 17.
16. Lucas-Championnidre, Double pied bot congenital chez un homme de TingtUt
ans, parablation de tour les os du tarsi. Deformation extreme en Tams. Marcbe ex-
cellente. Moules et radiographies. Importance de Fablation parielle du caicaneonu
17. Guyot, Pied-bot congdnital trait4 sans rösoltat par taraodasie ; deform aüon de rastn-
gale et du scaphoide. Journal de m^. de Bordeaux 1908. Nr. 40.
18. — Pied-bot ^quin par hömiphl^gie spasmodique; tenotomie et redreasement sous thlon-
forme; rteuitat functionnel persistant Journal de möd. de Bordeaux 1903. Nr. 40.
19. Heusner, Über die Entstehung und Behandlung des Hohlfassea. Archiv f&r klii.
Chirurgie Bd. 69.
20. *Herbold, Hysterischer Spitzfuss nach Trauma. Monatsschrift für Unfallheüknade
1903. Nr. 5.
21. ^Teayne, Ober Pes calcaneus. Diss. Berlin 1903.
Broca (7) nimmt in der Klumpfasstherapie einen etwas abweichendai
Standpunkt ein. Verfasser empfiehlt die Behandlung des Neugeborenen t<»i
ersten Tage an, in mindestens drei Sitzungen pro Woche. Zuerst Redressement
der Adduktion, Fixation durch Wickelung mit Flanellbinden; nach einigen
Wochen offene Tenotomie der Achillessehne. Führt diese Methode nicht zxm
Ziel, so verwendet er bis zum 3. Lebensjahr das modellierende Redressement
nach Lorenz. Später macht er die Tarsektomie oder Resektion der Gelesk-
köpfe des Talus und Calcaneus. Phelps Methode verwirft er als ungenügend,
er zieht die erwähnten Methoden dem unblutigen Verfahren vor, weil er damit
schneller zum Ziele zu kommen glaubt.
Frommholz (1) gibt eine geschichtliche Darstellung der Tarsektomie
und schildert im Anschluss daran seine Leidensgeschichte als doppelseitiger
Klumpfusspatient. Im ersten Lebensjahr von Langenbeck mit Achillo-
tenotomie Redressement und Gipsverband behandelt. Ln 7^/2 Lebensjahr —
Rezidiv, bedingt durch nicht zweckmässig angefertigte Schuhe — wurde durch
Schönborn links mittelst Heftpilasterverband, Massage imd redressierende
Übungen Besserung erzielt, rechts Keilosteotomie ohne Erfolg, weshalb Talns-
exstirpation und Resektion der Spitze des Mall. ext. angeschlossen wurde.
Hierdurch wurde rechts Heilung erzielt, hingegen musste links im Alter von
22 Jahren durch Wolff eine subkutane Trennung der Achillessehne jwA
Plantarfaszie vorgenommen werden. Links gutes Resultat, rechts Verkürzmig
des Fusses, beim Gehen auffallend.
Heusner (19) nimmt für die Entstehung des Hohlfusses auch die von
ihm aufgestellte Theorie über die Entstehung des Klumpfusses an. Einen
hartnäckigen Hohlfuss konnte Heusner durch die von ihm angegebenen
Ringhebel korrigieren. Zur Nachbehandlung benutzte er einen Redressions-
apparat, bestehend aus b;*eitem Lederriemen und Eisenplatte, welch ersterer
über den Spann laufend, die Korrektur besorgte. Fussform war in einigen
Wochen normal.
Keller (2) beschreibt einen Fall von angeborenen Klumpfüssen mit
Ankylosen beider Hüftgelenke, welchen er als intrauterine Belastungsdeformität
deutet und auf abnormen Fruchtwassermangel zurückführt
Kirmisson (4) beobachtete bei einer 54jährigen Frau, im Anschlug
an ein vor 17 Jahren passiertes Trauma der Wirbelsäule — Sturz auf ein
Eisengitter aus beträchtlicher Höhe — , trophische Störungen und Ulzerationen
Sehaltze, Verletzungeo und ohirarg. Krankheifen der unteren Extremitftt. 947
n den Füssen, doppelseitige Klumpfassstellung sowie Deviationen der Zehen
is zur Luxation. Diese erwähnten pathologischen Zustände entwickelten sich
rst 10 Jahre nach dem Unfall.
Wolff (3) bespricht in den ersten drei Abschnitten seiner durch
oachimsthal publizierten Arbeit die funktionelle Pathogenese der De-
ormitaten auf Grund des Transformationsgesetzes. Der vierte Abschnitt
wandelt von der funktionellen Orthopädie des Klumpfusses. Verfasser wider-
egt andere Autoren (Kocher, Volkmann, Lorenz, Hoffa) und be-
Echreibt seine Methode des Etappenredressement.
In der Arbeit bringt Vulpius (8) ein Referat vom Madrider inter-
lationalen Kongress. Der Verf. behandelt sowohl den angeborenen als para-
ytisclien Klumpfnss. Der angeborene Klumpfuss soll im zweiten Lebensmonat
3ebaiidelt werden und mit täglichem Redressement , sowie redressierender
Planellbinde; im vierten Monat vollendet das Lorenz sehe Redressement die
B[orrektur. Nur wenn letzteres Verfahren versagt, ist ein operativer Eingriff
indiziert. Der primäre blutige Eingriff ist ein Kunstfehler.
Beim paralytischen EJumpfuss handelt es sich 1. um Behandlung der
Deformität, 2. um Behandlung der Lähmung. Die Deformität wird durch das
modellierende Redressement beseitigt, die Lähmung wird durch Transplantation
bekämpft und zwar erreicht man dadurch eine günstige Mittelstellung —
tendinöse Fixation — oder auch eine aktive Beweglichkeit. Da wo sämtliche
Muskeln gelähmt sind, ist die Athrodese indiziert.
Schienenhülsenapparate werden in den Fällen, welche eine andere Be-
handlung nicht gestatten, appliziert.
Mayer (5) hat einen 50 jährigen Patienten mit linksseitigem Klumpfuss
mit Erfolg korrigiert, teils manuell, teils mit dem Osteoklasten und mittelst
Tenotomien.
Lauenstein (13) hat in drei Fällen : — im Alter von 6 Monaten,
1 Jahre und 2^2 Jahren — nach Ogston operiert durch Entfernung der
Knochenkeme aus den einzelnen Fusswurzelknochen. Lauenstein betont
die aus dieser Operation resultierende leichte Modellierfähigkeit des Fusses.
Lucas-Championniere (16) korrigierte einen doppelseitigen hoch-
gradigen Klumpfuss durch Resektion des Tarsus.
Guyot (17), welcher bei einem 6 jährigen Kinde V/2 Jahre lang blutiges
Redressement mit ca. 12 Sitzungen erfolglos ausführte, korrigierte dann blutig
durch Ezstirpation des Talus und Os scaphoideum.
Guyot (18) korrigierte bei einem 12jährigen Knaben mit paralytischem
Klumpfuss mittelst Achillotenotomie und Redressement.
Ghillini (12) ist radikaler Anhänger der Phelpssahen Methode. Er
beginnt kurz nach der Geburt mit redressierenden Manipulationen. Kommt
er nicht zum Ziel, so operiert er schon im ersten Lebensjahr nach Phelps.
Operationen am Knochen weist er in engste Grenzen zurück. Die unblutige
Methode wird von Ghillini nicht geschätzt. Er nimmt einen sehr ein-
seitigen Standpunkt ein, welcher seinen eigenen Worten zu entnehmen: ;,Ich
gestehe, dass ich Osteoklasten noch nie angewandt, da ich den Gebrauch der
Hände vorziehe und im negativen Falle die blutige Methode anwende.*^
(Ghillini wird sicherlich ein Anhänger des Osteoklasten, sobald er gelernt
hat mit demselben zu arbeiten. Zweifellos wird sein gegenwärtiger Stand-
punkt in Fachkreisen berechtigterweise eine scharfe Kritik erfahren. Ref.)
60*
948 Jahresbericht ftlr Chimrgie. II. Teil.
von Friedländer (14) hat einen hartnäckigen Elumpfoss
operiert. Mittelst Bogenschnitt legt er das Talocalcaneusgelenk frei, meissek
den Talnskonvex, den Calcaneus konkav aus, so dass ein Kugelgelenk m
grossem Badius entsteht. Durchschneidung sämtlicher Bänder am Chopart-
sehen Gelenk unterstützt die Korrektur. Dies Verfahren auch auf scbrert
Plattfussformen anzuwenden, schlägt Verf. vor.
Im Anschluss an die Besprechung der Mechanik des angeborenen Elonp-
fusses weist von Öttingen (11) auf die Innenrotation hin, welche im Knie-
gelenk zu suchen ist. Da die Rotation im Kniegelenk nur in FlexionssteDmig
ausgeführt werden kann, verlangt von Öttingen Redressement und Fixatk
in rechtwinkeliger Stellung des Kniegelenkes. Zu diesem benutzt er die
Heusnermasse mit einer haarigen Köperbinde. Bei rechtwinkeliger Stdhni;
des Kniegelenkes wird der Vorderfuss durch Bindenzügel in der AbduktioD
überkorrigiert. Gips, Apparate, Tenotomie kommen in Wegfall.
Heusner (9) demonstriert verschiedene Hebel, welche für die EorrebGr
des Klumpfusses von grossem Werte sind. Es sind lange Hebel mit Ösen
für Einstellung des Fusses, welche starke Gewalt auszuüben gestatten.
Gerson (10) beschreibt einen einfachen nach Zander schem Pnmip
konstruierten Widerstandsapparat. Die für den Fuss bestimmte Tretfläde
kann für Platt- und Klumpfüsse in Adduktion resp. Abduktion geet^
werden.
In dieser Arbeit, die Ghillini (10a) auf dem XIV. int-emat. medim
Kongress in Madrid verlas, bespricht er die verschiedenen bei Klumpfass u-
gewendeten Behandlungsmethoden. R. GianL
8. Hallux valgus.
1. A i e V o l i , R., Nota complementare bvl la patogenesi statico-meccaiiica deli' Hallux Talgis.
Archivio di ortopedia 1902—08.
2. *Balace8ca, Ein Fall von symmetrischer Hallux valgaa. In Bevista de chinii|ieL
Nr. 8. p. 128 (mit 2 Photographien und 1 Radiographie) 1903 (rumänisch).
3. *Gotterill, The pathology of Hailax rigidus. Brit. med. Joum. Nr. 28.
4. Röpke, Über Hallux valgus. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. 71. 1903.
5. Thomas, The treaünent of Hallux valgus, or hammertoe. Med. Presse 1903. Mas.i
6. *Tubby, The pathology and treatment of Hallux rigidus, Hallux flexus aod Haliix
extensus. Brit. med. joum. 1903. Oct. 17.
Röpke (4) schildert die pathologisch-anatomischen Veränderangente
Gelenkes, die mediane Abweichung des Metatarsus I und Rotation der gro^a
Zehe und des zugehörigen Metatarsen nach aussen. Therapie besteht in Be-
sektion des prominierenden Eopfteils in der Längsrichtung und keilförmiger
Resektion des Metatarsus mit medialer Basis.
Während Thomas (5) den Hallux valgus mit der keilförmigen Exzion
des Metatarsus behandelt, empfiehlt er für die Hammersche seinen ^Tonuto
Splint^ aus Aluminium, Zelluloid oder anderem Material gefertigt.
Schon im Jahre 1895 hat Aievoli (1) diese Läsion vom patbog^^^
tischen Gesichtspunkte aus studiert und die vielfältigen Daten gesanmielt, die
ihn zu der Behauptung veranlassten: der Hallux valgus habe eine
statisch-mechanische Pathogenese. Drei Jahre später konnte &
durch neue Studien diese Deutung bestätigen und sah dann den G^enstand
in durchaus autonomischer Weise von He üb ach, aus der Roseschen Schale,
behandelt. — Gelegentlich einer neuen Publikation von Griffith über die
Schnitze, Verletzungen und chirnrg. Krankheiten der unteren Eztremitftt. 949
normale Stellung des Hallux nahm er nun seine Studien wieder auf. Die
anatomischen Untersuchungen Griffiths führen, obgleich auf anderem Wege,
zur klaren Bestätigung der statisch-mechanischen Verhältnisse, auf denen die
Valgusstellung der ersten Zehe beruht. Verf. besteht deshalb auf seiner An-
schauung, dass die Valgusstellung, je nach den individuellen
statischen Verhältnissen und der Art und Weise, wie sich der
Fuss und die untere Extremität überhaupt den Belastungs-
gesetzen mechanisch anpasst, statischen Anforderungen und
der Muskelmechanik entspricht. Diese neue Anschauung finde immer
mehr Anklang. So stellt Mauclaier sie unter die jetzt vorherrschenden,
und Sheldon bringt neue Beweise herbei, auf Grund deren er die arthri tische
Pathogenese des Halhis valgus verwirft und die mechanische gelten lässt.
R. Giani.
8. Rachitische Deformitfiten,
1. Eoelliker, Osteotomie und Osteoklase bei rachitischen Deformit&ten der unteren
Extremitftt. Aroh. f. klin. Ghir. Bd. 69.
2. Ssemenow, ,,Zar Frage von der Behandlung der Gleuna valga und vara mit Hilfe
der J. Wo Iff sehen Etappenverbftnde." Russki Wratsch. Nr. 20 u. 21. 1903.
Koelliker (1) führte 60 Operationen an der unteren Extremität aus,
47 Osteotomien, 13 Osteoklasten. Bei rachitischen Kurvaturen der Tibia im
unteren Drittel mit vorderer Konvexität wird stets die Keilosteotomie gewählt.
Bei Kindern werden einfachere Behandlungsmethoden vorausgeschickt, die Ope-
ration bildet die Ausnahme, und zwar meist nie vor dem fünften Lebensjahr.
Bei Osteotomie des Oberschenkels benutzt Koelliker die von ihm angege-
benen Schutzhebel, welche sich nicht ins Fleisch hineinbohren, bei Osteotomie
des Unterschenkels macht er Querschnitt ins Periost. Die Osteoklase, welche
stets versucht, wird entweder manuell oder mittelst des Osteoklasten ausgeführt.
Ssemenow (2). Im Laufe von acht Jahren (1894 — 1902) wurden im
Petersburger Obuchow-Hospital 38 Fälle von Verkrümmungen der unteren
Extremitäten, darunter 25 Genua valga, 6 Genua vara und 7 Fälle von ver-
schiedenen Difformitäten, mit Etappenverbänden behandelt. Die Patienten
standen im Alter von 13 — 18 Jahren. Die Erfolge waren nach Ssemenow
sehr gute. Hohlbeck (St. Petersburg).
9. Kongenitale Defekte.
L * Engel, Ober kongenitale Anlcylosen an den Gelenken der Hände und Ffisse. Bissert.
Berlin 1902.
2. *F o s t e r , Zur Kenntnis der Hemmangsmissbildungen der unteren Körperhftlfte. Dissert.
Freiburg 1908. '
8. Haberer, Ein Fall von Polydaktylie des Fasses. Wiener klinische Wochenschrift.
Nr. 20. 1903.
4. Hain, Über angeborenen Mangel der Fibula. Archiv f. Orthop. etc. 1903. Bd. 1.
5. Joachimsthal, Angeborener Oberschenkeldefekt und Coxa vara. Freie chirurgische
Yereinigung. Zentralblatt für Chirurgie 1903. Nr. 9.
6. Most, Ein Fall von kongenitalen Bildungsanomalien : Intrauterine Belastungsdeformi-
tftteo der unteren Extremitftt. Anonychia und Onycha trophia congenita. Allgemeine
Zentralzeitung 1903. Nr. 8.
7. *Nolte, Ein Fall von kongenitalem totalen Tibiadefekt Dissert. Leipzig 1903.
8. * Schmidt, Fehlerhafte Eeimanlage als Entstehungsursache angeborener Fuss-, Hand-
und Schftdelmissbildungen, insbesondere des Klnmpfusses und des Schr&gkopfes. Zeit-
schrift f. Orthop. 1903. Bd. XU.
9. *Wanner, Amputation cong^nitale par le cordon et enroulement du cordon. Revue
m^icale de la Suisse romande 1903. Nr. 8.
950 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
Most (6) demonstriert ein neun Wochen altes Kind mit linksseitigem
Klnmpfuss, dessen Unterschenkel stark nach innen rotiert ist und im Knie-
gelenk und Hüftgelenk kontrahiert ist. Patella fehlt. Rechts besteht Pcs
calcaneus valgns mit einem um 90^ nach aussen rotierten Unterschenkel, Eoih
traktur des Knie- und Hüftgelenks, Defekt der Patella. An den Fässeo
normale Nägel, hingegen an den Händen Anonychie und OnychatropUe.
Letztere Anomalien bestanden bei den 4 Greschwistem, ebenso beim Vater
des Kindes, dessen 5 Brüder und Mutter.
Hab er er (3) demonstriert an einem 17 jährigen Menschen einen Fas
mit 8 Zehen. Die 4 äusseren Zehen waren normal, die nächste hatte einen
gemeinschaftlichen Metatarsus mit 2 vollständig ausgebildeten Zehen.
Die letzte median gelegene Zehe trägt eine Endphalanz mit zwei toU-
ständig getrennten Nägeln.
Joachimsthal (5) zeigt ein Kind mit hochgradiger Verkürzung da
Oberschenkels, welcher anfangs als Oberschenkeldefekt diagnostiziert wurde.
Die wiederholten Kontrolluntersuchungen durch Röntgenstrahlen ergeben, das
eine fortschreitende Ossifikation der Diaphyse eingetreten war, welche in
Sinne der Coza vara verkrümmt war.
Haim (4) beschreibt einen Fall mit Totaldefekt der Fibula und Defekt
des vorderen Anteils vom Calcaneus, femer das Os cuboides, das Os cand-
forme HI und die ganze 5. Zehe. Ätiologisch führt Verfasser den Defd:t
auf mangelhafte Keimanlage zurück.
10. Essentielle Paralyse (Sehnenplastiken).
1. *Biera8t, Zar Kasuistik der Sehnentransplantation bei Einderl&hmangen und Üb-
mungsdeformit&ten. Dissert. Berlin 1908.
2. CodiTÜla, Meine £rfahnmgen über Sehnen Verpflanzungen. Zeitachr, f. Orthop. IMl
Bd. xn.
8. Jones, Certain Frindples and methodes in the snrgeiy of the Paralysea of chfldnL
The Lancet 14. Febr. 1908.
4. * — The treatment of infantile spastic paralysis. Annais of sorgery 1908. MaicL
5. Tubby, Advances in the treatment of paralytie Deformities. The Lancet Manch 2Sl
1908.
Tubby (5) behandelt in einem kurzen Aufsatz die Fortschritte in der
Behandlung der paralytischen Deformitäten, die Sehnen-Muskelplastik, die
Athrodese, sowie die Nervenplastik.
Codivilla (2) hat 260 Operationen an 160 Fällen vorgenommen. Xad
üblicher Prüfung der Funktionen wird erst die Beseitigung der Deformitit
ajX unblutigem Wege ausgeführt, später folgt die Sehnenplantation. Codi-
yilla weist auf die Änderungen der Muskelfunktion hin, welche durch Ab-
lenkung des normalen Sehnenverlaufs erreicht werden kann. Sehnenrerlänge-
rungen sucht er auf funktionellem Wege zu erstreben, Verkürzungen erreicht
er durch schiefe Trennung und Naht.
Jones (3) bespricht die Sehnenplastik und Athrodese bei der akutea
infantilen Paralyse und im Anschluss daran die spastische Cerebralparalrse
mit ihren einzelnen Typen sowie deren operative Behandlung, verbunden mit
mechanischen Übungen und Massage.
Borchard, Verletzimgen und chimrg. Krankheiten der unteren Extremit&t. d51
Yerletznngen der Knochen nnd Gelenke der nnteren Extremität.
Referent: A. Borchard, Posen.
!• AUgememes über Frakturen und Luxationen der unteren Extremität.
1. Blecher, Satteltaschenschienen für Oher- und Unterschenkelbrüche. Deutsche militAr-
ärztliche Zeitschrift 1903. Heft 8.
2. Codi Villa, Come si possa rendere efficases follerata una forte trazione applicata all'
arte inferiore. Memorie Chirurg, publ. in onore di Bottini. Palermo 1903.
3 Bollinger, Die Behandlung der Oberschenkel- und Oberarmfrakturen Neugeborener
und kleiner Kinder. Deutsche Zeitschrift fttr Chirurgie. Bd. 65.
4. Lossen, Ein einfacher Gehstfltzapparat. Mflncbener medizinische Wochenschrift 1903.
Nr. 35.
5. Rossi, La cura de amhulatoria delle fratture delP arto inferiore. La clinica chirurg.
Nr. 7. 1903.
6. Rotgans» Fractuurbehandeling. Oenootschap ter bevorderiog der Natuur-Genees- en
Heelkunde. Nederl. Tijdschr. voor Geneesk. I. p. 1263.
Blecher (1) hat sich zwei Aussenschienen von etwas leichterer Aus-
führung wie eine Binde aufrollen lassen. Die eine Bolle ist 8 cm hoch, hat
einen Umfang von 23 cm und wiegt 200 g. Die andere hat eine Höhe von
10 cm, einen Umfang von 26 cm und ein Gewicht von 250 g. Beide Schienen
lassen sich bequem in einer Satteltasche unterbringen. Die erste Schiene ist
85 cm, die andere 130 cm lang. Die Schienen können 3— 4mal gebraucht
werden. Der Preis der Schiene beläuft sich auf 60—45 Pfennig.
Die gewöhnlichen Traktionsapparate, darunter die Gewichtstraktion,
sind unzweckmässig, weil bei ihnen viel von der angewendeten Kraft verloren
geht. Codivilla (2) wendet eine Methode an, die sehr zweckmässig ist und
die ihm schon in mehreren Fällen von deformem Femurkallus gute Resultate
gegeben hat. Um den Druck zu verhüten, den ein Gipsapparat auf den Fuss
ausüben kann, lässt er diesen frei und überträgt die Kraft mittelst eines
durch das Fersenbein hindurchgeführten Nagels direkt auf das Fussskelett.
Die Hüftgegend schützt er durch eine ausgepolsterte halbmondförmige Platte,
die er in passendster Weise am Gipsapparat anbringt und in diesem ein-
schliesst. Nachdem der Patient auf einen S che de-Eschba um sehen Tisch
gelegt worden ist, wenden die gewünschten Traktionen auf den Nagel aus-
geübt. In dieser Lagerung wird der Gipsverband angelegt, der sich vom
Becken bis zur Hälfte oder zum unteren Drittel des Unterschenkels erstreckt ;
an denselben werden auf der Aussen- und Innenseite des Unterschenkels zwei
bis zum Nagel reichende eiserne Stäbe befestigt. Das untere Ende dieser
Stäbe wird am Nagel eingehakt, um das Fersenbein fern zu halten. Der
Patient bleibt auf dem Tische bis der Gips fest geworden ist. — Die Trak-
tionen können von 20 — 25 Kilo bis zu 70 — 80 Kilo Gewicht gesteigert werden.
Mitunter sind jedoch unangenehme Manifestationen von seiten des Zentral-
nervensystems dazwischen getreten, die zu massiger Traktion rieten. Zur Ver-
hütung solcher empfiehlt Verf., zuerst massige Traktionen auszuüben, nach
einigen Tagen den Gipsverband mittelst einer G ig li sehen Säge zirkulär zu
durchschneiden und dann neue stärkere Traktionen vorzunehmen. Der Ver-
band wird durch neuen Gips wieder vervollständigt. — Verf. hat die Methode
bisher nur in Fällen von deformem Femurkallus angewendet ; er meint jedoch.
952 Jahreabericbt fOr Chinirgie« II. TeU.
sie lasse sich auch nach schräger Osteotomie zwecks Verlängerung des onierai
Gliedes, bei Goxa vara und vielleicht auch in frischen Fällen von Femur-
fraktur mit Erfolg anwenden. R. Giani.
Dollinger (3) bespricht die Nachteile, die alle den bisher ablieben
Verbänden bei Oberschenkel- und Oberarmbrüchen kleiner Kinder und Neo-
geborener anhaften , zumal dieselben nur in unvollkommener Weise auf die
Beseitigung der Verkürzung und Abknickung Rücksicht nehmen können. Er
wendet deshalb Gipsschalen an, die beim Oberschenkel in einer FlexioDsstel-
lung von 100—110^ im Hüftgelenk exakt angelegt werden, während das Bein
genügend eztendiert wird. Die Schienen, eine für die hintere, die andere
für die vordere Hälfte des Beines, reichen vom Fuss bis zum Nabel. Nach
Polsterung mit Watte werden sie angelegt und täglich nachgesehen. Es sind
für die Heilung mehrere derartiger Schienen nötig, da sie leicht durch den
Urin etc. unbrauchbar werden. Die Oberarmschiene wird in ähnlicher Weise
gemacht, der Arm bis zu einem Winkel von 130® abduziert, der Vorderarn
bis zum rechten Winkel gebeugt und supiniert. In dieser Stellung wird als
Stützpunkt einesteils die Seitenfläche des Brustkorbes, um den der Verband
an der entsprechenden Stelle breit fasst, anderenteils die Längsfläche des
Vorderarmes benutzt.
Lossen (4) hat einen Gehstützapparat kombiniert, der sowohl Krücken
als Stöcke hat. Beide sind abnehmbar in beliebiger Höhe zu verstellen —
die Krücken auch in der Breite. Die Krücken ruhen auf Federn, sind elastisdi
und um ihre Längsachse drehbar. Der Apparat ist in zwei Grössen zu 18
und 25 Mark bei Heldmann und Bender in Bensheim zu kaufen.
Botgans (6) wendet in den letzten Jahren die ambulante Behandlung
der ünterschenkelfrakturen vielfach an. Im ganzen ist er mit den Resultaten
zufrieden, hat dennoch auch dann und wann verlangsamte Kallusbildung bei
sekundärer Verschiebung der Fragmente beobachtet. Bei leicht zu reponierenden
Frakturen, bei denen die reponierte Stellung auch leicht zu erhalten und die
Dislokation gering ist, kann mit dieser Methode gleich angefangen werden
und kann sie vorzügliches leisten.
Ist starke Dislokation vorhanden, so ist 14tägige Bettlage anzuraten,
ausgenommen bei älteren Leuten. Botgans demonstriert einen 82 jährigen
Patienten, der vor 9 Wochen mit einer komplizierten Fraktur des Unter-
schenkels zur Behandlung kam. Nach Reposition wurde ein aseptischer Ver-
band angelegt und das Bein eingegipst. Nach zwei Tagen konnte der Ver-
letzte umhergehen. Jetzt ist fast vollkommene Konsolidation vorhanden; die
Zirkulation ist ungestört geblieben. Goedhuis.
In weiteren 100 Fällen von Fraktur der unteren Extremität: 23 von
Femur- und 77 von Unterschenkelfraktur, nahmRossi(5) die ambulatorische
Behandlung vor mittelst eines Apparates, den er abbildet und den er bereits
in einem früheren Artikel (Archivio di ortopedia 1902) beschrieben hat Er
erzielte gute Resultate, sowohl was die Länge des frakturierten Gliedes (in
der grossen Mehrzahl der Fälle fand fast gar keine, in sehr wenigen nur eine
Verkürzung um 1 cm statt), als was die Bewegung, besonders des Knies und
der Fussbiege, anbetrifft. R. Giani.
Borch«rd, Verletzungen und chirnrg. Krankheiten der anteren Extremit&t. })53
2. Frakturen und LuxaUonen im Bereich des Beckens.
1. Donth, Ein Fall von Beckenfraktnr. Prager med. Wochenschrift 1903. Nr. 25.
2. Feldmann-Fiacher, Ein Fall von Pffthlungsverletzang des weiblichen Beckens.
Prager med. Wochenschrift 1903. Nr. 49.
3. Lafourrade, Double fractnre verticale du bassin. Rupture intra*pöriton6ale de la
vessie. Laparotomie cinquaute-siz henres aprds Taccident. Guärison. Bull, et m^m.
1903. Nr. 30.
4. Riedinger, Totalluzation einer BeckenhAlfte. Archiv f. Orthopädie etc. 1. Bd. H. 3.
4a. — Mflnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 34.
5. ^Thövenot, Fractures multiples du bassin. Soc. des sciences med. Lyon mäd. 1903.
Nr. 15.
Riedinger (4) beobachtete die Totallnxation einer Beckenhälfte, d. h.
eine derartige Verschiebung, dass beide Hälften des Beckens vollständig ausser
Kontakt geraten sind, bei einem 2 Jahre alten moribunden Knaben. Die
Verletzung war durch Überfahren zustande gekommen.
Ein 32jähriger Mann zog sich durch Yerschüttung einen doppelten
vertikalen Beckenbruch und intraperitoneale Zerreissung der Blase zu. Erst
48 Stunden nach dem Unfall wurde die Erlaubnis zur Operation gegeben.
Der 6 cm lange Blasenriss ging vom Gipfel der Blase nach hinten und unten
(Lefourrade [3]).
Der Fall von Donth (1), in welchem es sich um eine Beckenfraktur
handelte, ging mit Quetschung der Harnröhre einher: Urethrotomie wurde
nicht gemacht. Nach langem Fieber und Eiterung im prävesikalen Raum
kam Patient nach 5 Monaten zur Entlassung.
Feldmann-Fischer (2) berichtet über einen Fall von Pfählungsver-
letzimg des weiblichen Beckens, bei dem es sich um eine Perforation des
Rektum mit gleichzeitiger Verletzung des Peritoneums (Peritonitis) handelte.
Da erst nach Ablauf der ersten zwei Erkrankungstage die Behandlung ein-
setzte, so wurde der abgekapselte Herd im Peritoneum von der Wunde aus
drainiert und Heilung erzielt.
8. Luxationen im Hüftgelenk.
1. Borchard, Ein Beitrag zu der Luxatio suprapubica, kompliziert durch Fraktur des
Trochanter major und eine üernia praevascularis. Denteche Zeitschr. f. Chirurgie 1903.
Bd. 66. Heft 5 n. 6.
2. *Deni8, A propos du traiteraent des luxations traumatiques et irr^dnctibles de 1«
hauche; variöt^ poat^rieure. Revue d'orthopödie 1908. Nr. 2.
8. Elgart, Eine neue Repositionsmethode für hintere üttftgelenksverrenkungen. Zentral-
blatt für Chirurgie. 1903. Nr. 34.
4. Haedke, Blutige Reposition einer irreponiblen Hüftluxation. Deutsche Zeitschrift für
Chirurgie 1903. Bd. 66. Heft 8 u. 4.
5. Salaguier, Luxation traumatique de la hauche gauche chez un enfant de dix ans.
R^uction apr^s yingt deux jours. Bull, et mäm. de la soc. de Chir. 1908. Nr. 29.
6. Mouchet, Luxation paralytique de la hauche (vari^t^ iliaque). Bull, et m^m. de la
soc. anat. 1908. Nr. 6.
7. Schoenmaker, 0 ver de behandeling van yerouderde heuplnxaties. Nederl. Yereenig.
voor Heelkunde. Nederl. Tijdschr. v. Geneesk. I. p. 155.
Borchard (1) teilt einen Fall von Luxatio suprapubica mit, der wegen
anderweitiger schwerer Verletzungen ad exitum kam und bei der Obduktion
äusserst interessante Nebenbefunde bot. Die grossen Gefässe waren durch
den Schenkelkopf zur Seite gedrängt und verliefen stark gespannt über dem-
selben. Die Weichteile, besonders die Adduktorenmuskulatur war vom hori-
954 Jahresbericht fQr Ghirargie. II. Teil.
zontalen Schambeinast abgescheert und durch diese Brücke hatte sich unter-
halb der Lig. Poup. eine hemienartige Bauchfelltasche gebildet, die anch be-
züglich ihrer Lage alle Erscheinungen der von Narrath beschriebenen Henüa
praevascnlaris bot. Ausserdem bestand eine Abreissung des Trochant major
(Rissfraktur). Die übrigen Symptome der Luxation waren Streckung, massige
Abduktion und starke Rotation nach aussen.
Traumatische Hüftgelenksluxationen bei Kindern sind selten. Sala-
guier (5) sah eine Luxatio iliaca, bei einem 10jährigen Knaben durch Fil
entstanden. Die Reposition gelang nach 22 Tagen noch leicht.
Im Falle Mouchets (6) handelte es sich um eine Luxatio iliaca iih
folge essentieller Kinderlähmung. Ausserdem bestand Klumpfuss. DasRöo^en-
bild ergab eine Atrophie des Femurkopfes, Verkleinerung des Schenkelhalsei
und Vergrösserung des Winkels, den der Hals mit dem Schaft bildet, so dia
ersterer fast in der Verlängerung des letzteren stand. Mouchet weist asf
die Seltenheit dieser Luxationsform bei der essentiellen Kinderlähmung im.
Elgart (3) sah in einem frischen Falle von Luxatio ischiadica, bd
deren Reposition ihn die Kochersche, Middeldorpfsche Methode, vm
das alte Traktionsverfahren im Stich gelassen hatte, von folgendem Vorgeki
guten Erfolg. Das im Kniegelenk rechtwinklig gebeugte Bein wurde über das
Knie des Operateurs gelegt, durch Druck auf das unterste Ende des Unter-
schenkels, somit ein kräftiger, aber dosierbarer Zug am Oberschenkel ansgeük
Gleichzeitig wurde der Unterschenkel nach auswärts gedrückt, wodurch mt
Innenrotation am Femur ausgeübt wurde und durch direkten Druck anf da
Femurkopf nach aussen die Passage desselben über den Limbus cartilagineos
erleichtert. Durch die Flexion wird der luxierte Kopf dem Kapselriss g^go-
über gestellt, durch die Innenrotation des Lig. ileofemorale entspannt, dmd
die Hebelung wird ein Zug in der Richtung der ursprünglichen traum&tisdieD
Kraft ausgeübt.
Haedke (4) teilt einen Fall von 10 Wochen alter Luxatio iliaca mit,
welche auf blutigem Wege reponiert wurde. Als Repositionshindemis enries
sich bei der Operation die Ausfüllung der Pfanne mit neugebildetem Gewebe.
sowie die straffe Verkürzung der Weichteile. Das Gelenk wurde durch da
Kocherschen Schnitt freigelegt, die Weichteile vom Trochanter abgdösi
die Pfanne gesäubert. Die Reposition gelang durch Flexion, Aussenrotatioi
und direkten Druck von hinten her. Das funktionelle Resultat war ein sehr gnUs.
Schoenmaker (7) reponierte mit gutem Erfolg eine veraltete Haft-
luxation (Luxatio iliaca), die schon 13 Jahre bestand«
Die Nachbehandlung bestand darin, dass die Extremität in Abdoktions-
stellung in einem Gipsverband fixiert wurde. Goedhuis.
4. Frakturen des Schenkelhalses.
1. Alt hoff, 9 Fälle von Coza vara. Inaag.-Dissert. Kiel 1908.
2. Bender, Demonstration eines Apparates für Schenkelhalabruch. Cliirorg.-KoDsr. 1901
8. Bertelsmann, Über Schenkelbalefraktaren im jagendlichen Alter. NatorforselMr
Yersammlang. Münchener med. Wochenschrift 1908. Nr. 89.
4. — Über einen eigenartig yerlanfeDOD Fall von Schenkelhalsfraktnr bei einem 15jilir.
Jungen mit Ausgang in Coza-vara-StellaDg. Arztlicher Verein Hamburg. MtachoKr
med. Wochenschrift 1908. Nr. 9.
5. Hoffa, Über Schenkelb aisbrache im kindlichen und jugendlichen Alter. Zeitschiift
fttr Orthopädie 1908. Bd. IX. Heft 8.
5a. — Zentralblatt f&r Chirurgie 1908. Nr. 9.
Borchard, Verletznngeii und chimrg. Krankheiten der unteren Extremität. 9d5
6. Sulliard, Ober die isolierte Abrissfraktar des Trochanter minor, y. Langenbecks
Archiv 1908. Bd. 72. Heft 1.
7. Lieblein, Zar Easaistik der Goza yara infantum. Prager med. WochenschrifC 1908.
Nr. 43.
8. Mayer, Ein Fall yon traumatischer Fraktur des Oberschenkelhalses bei einem yier-
j&hrigen Kinde. Inaug.-Dissert. Kiel 1908.
9. Neck, Beitrag zur Kenntnis der isolierten Frakturen des Trochanter major. Monats-
schrift für Unfallheilkunde 1908. Nr. 8.
10. Thomson, Treatment of fracture of the neck of the femur. The joum. of theAmer.
Med. Assoc. Jan. 8. 1903.
Hoffa (5) teilt 11 von ihm beobachtete Fälle von Schenkelshalsbrüchen
im kindlichen und jugendlichen Alter unter Demonstration von Röntgenbildern
mit. In 7 älteren Fallen musste wegen schlechter Stellung oder Schmerzen
die Resektion oder Osteotomie subtrochanterica mit gutem Resultat gemacht
werden.
Es handelt sich meist um traumatische Epiphysenlösungen, seltener um
Brüche im Schenkelhals selbst. Es kommen vollständige, unvollständige Brüche
sowie Epiphysenlösungen mit mehr oder minder ausgedehnter Zerreissung des
Periosts vor. Im ersteren Falle wird der stumpfe Schenkelhalswinkel in einen
mehr rechten yerwandelt, im letzteren stellt sich die Epiphysenebene oft
nahezu vertikal. Oft lag bereits eine krankhafte Veränderung (Coxa vara)
vor. Die Diagnose wurde im Anfang selten gestellt Die Prognose ist nicht
sehr günstig. Es ist zweckmässig, noch ein Jahr lang hindurch einen Schienen-
hülsenapparat mit Beckengürtel und Abduktionsvorrichtung tragen zu lassen.
Die erste Behandlung besteht in Extension.
Bertelsmann (3) zeigt die Röntgenbilder yon Schenkelhalsfrakturen
bei einem 15 jährigen Jungen und 13 jährigen Mädchen. Beide zeigten deut-
liche Varusstellung.
Mayer (8) teilt in seiner Dissertation die Krankengeschichte eines vier-
jährigen Kindes mit, welches drei Wochen vor der Aufnahme aus dem Fenster
gestürzt war und anfangs nur über das Knie geklagt hatte. Später fand sich
an der Hüfte eine Flexationskontraktur von 35^ Adduktionskontraktur von
20^, Innenrotation 15^. Der Trochanter stand 2^h — 3 cm höher als der
linke. Die Hüftgelenksgegend ist leicht geschwollen. Die Röntgendurch-
leuchtung ergab einen Schrägbruch des Collum femoris im mittleren Drittel,
Epiphysenlösung massigen Grades zwischen Caput und Collum femoris.
Unter Extensionsbehandlung wurde ein gutes Resultat erzielt. Mayer
glaubt, dass das anfänglich gute Resultat sich in vielen Fällen durch Yer-
biegung des Schenkelhalses späterhin verschlechtere.
Der 82jährige Patient Julliards (6) zog sich durch Fall eine Ver-
letzung der Hüfte zu. Es zeigte sich eine starke Ekchymose daselbst, voll-
ständige Aussenrotation, keine Längendififerenz. Die Diagnose auf Schenkel-
halsfraktur wurde durch die Autopsie nicht bestätigt. Vielmehr fand sich
eine Abreissung des Trochanter minor (durch den Muscul. ileo psoas) vom
Femur, mit dem er nur durch einen Periostfetzen zusammenhing. Julliard
geht des Genaueren auf die anatomischen Verhältnisse der Trochantergegend
ein, bespricht die Ätiologie, den Mechanismus sowie die klinischen Symptome
dieser bis dahin noch nicht beobachteten Fraktur.
Bender (2) demonstriert eine Schiene zur Behandlung von Schenkel-
halsfrakturen, der eine Vereinfachung der komplizierten H ess in g sehen
Schienenhülsenapparate darstellt und in wenig Stunden angefertigt werden
956 Jahresberiobt für Chirurgie. II. TeiL
kann. Die Schiene, die das Bein an Länge übertrifft, wird in Abduktion an-
gelegt ; die Extension geschieht gegen eine stählerne Sohle. Gleichzeitig wird
die Aussenrotation korrigiert. Der Apparat ist auch als Gehschiene zu be-
nützen.
Die schlechten Heilungsresultate von Schenkelhalsfrakturen alter Leute
sind nach Thomson (10) durch unzweckmässige Behandlung bedingt. Der
Extensionsverband ist nicht leistungsfähig, die Fraktur muss in Narkose durch
Zug und Abduktion reponiert werden und dieser Stellung durch einen das
Bein und den Rumpf bis unter die Arme umfassenden Gipsverband fixien
werden. In einem derartigen Verband kann durch Lage Wechsel Pneumonie
und Decubitus verhütet werden. Belastung des Beines darf nicht vor Ablauf
von drei Monaten stattfinden. Wenn diese Behandlung fehl schlägt, ist Ope-
ration indiziert. Maass (New-York).
Althoff (1) berichtet über 9 Fälle von Coxa vara, von denen in einem
Falle die Osteotomie des Schenkelhalses ausgeführt wurde mit gutem Resultat
Li den übrigen Fällen wurde durch eine durchschnittlich 3 — 4 Wochen
dauernde völlige Bettruhe in Verbindung mit einem Streckverband bei leichter
Abduktionsstellung die Schmerzhaftigkeit beseitigt nnd mehrmals die Ab-
duktionsfähigkeit gesteigert. Die Patienten wurden mit Thomasschiei^
entlassen.
Lieble in (7) berichtet aus der Klinik Wolf 1er über 4 Fälle von
Coxa vara infantum, von denen in 2 zweifellos Rachitis die Ursache der
Schenkelhalsverkrümmung war. Bei dem ersten 9jährigen Kinde ergab das
Röntgenbild, dass der Schenkelhalswinkel ersetzt war durch den Schenkelhals-
bogen, der seine Konvexität nach aussen und oben kehrt und direkt über-
geht in die rachitische bogenförmige Verkrümmung der Oberschenkeldiaphjse.
Es war also eine ;, bogenförmige^ Coxa vara. Im zweiten Falle war der Be-
fund ein ähnlicher, nur war der Schenkelhals sehr stark verdickt. Die beiden
anderen Fälle boten wesentlich andere Bilder, in dem die Abknicknng ledig-
lich am Schenkelkopf oder im Schenkelhals sass. Auch in diesen Fällen kann
Lieb lein nicht anders als eine gewisse pathologische Nachgiebigkeit d^
Knochens annehmen, da jedes wenigstens einigermassen erhebliche Traum»
in der Anamnese fehlt.
Neck (9) berichtet über einen Fall von isolierter Fraktur des Trocbant»
major, der einen 24 jährigen Arbeiter betraf. Der Bruch war ohne Einwirkung
einer direkten Gewalt zustande gekommen und hatte in Abreissnng ein^
kleinen Knochenscheibe auf der Aussenseite bestanden, hervorgerufen durch
eine forcierte Aussendrehung bei fixiertem Beine. Die Störungen waren
relativ gering, so dass Patient zum Teil weiter gearbeitet hat. Die Wichtig-
keit der Mitteilung liegt darin, dass einmal Brüche der Troch. major über-
haupt selten sind, zweitens aber solche durch reinen Muskelzug bis dahin
kaum beobachtet waren.
5. Frakturen des Oberschenkels.
1. Codivilla, Solla correzione delle defonnata da frattu'a del femoro. Ball, delle sciene.
med. di Bologna 1903. Fase. 5.
la. Delbet, A propos de l'appareil de marche dans les fractures de ooisse. Ball, et
m^m. de la soc. de Ghü-. 1903. Nr. 26.
2. Hennesqain, A propos des fractures de cuisse. Ball, et möm. de la boc. de Chir. 1903.
Nr. 25.
Borchard, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der unteren Extremität. 957
3. Hue, Fracture sons-trochant^rienne spontan^e du femur par contraction musculaire
chez un adulte; radiograpbie. Bull, et m^m. de la boo. de Chir. 1908. Nr. 37.
4. Jonnescn, Juxta epiphysftre Auslösung des unteren Endes des Femur. In: Bevista
de Chirurgie. Nr. 11. 34. 1903 (rumänisch).
5. Klapp, Ein Beitrag zur Behandlung der Oberschenkelbrttche. ▼. Langenbecks
Archiv 1903. Bd. 69. Heft 1 u. 2.
6. Metz, De behandeling der schnine dybeen breneken. Geneesknndige Bladen 10a. Beeks.
Nr. 8.
7. Bossi, Ün nnovo metodo di cura delle fratture diafisarie del fernere nel neonate. Arch.
di ortopedia 1902. Fase. 6.
Die Oberschenkelbrüche sind diejenigen, bei welchen eine frühzeitige
Bewegung der Gelenke noch während der Konsolidation selbst beim Extensions«
verbände auf Schwierigkeiten gestossen hat. Klapp (5) ist diesem Übelstande
in erfolgreicher Weise dadurch entgegengetreten, dass er den Heftpflaster-«
verband nur bis zum Ejiie reichen liess und das Bein in die von ihm schon
früher beschriebene (Dt. Zeitschr. für Chir. Bd. 61) Schwebe von Trikot-
schlauch lagerte. Da einfache Längsstreifen von Heftpflaster für die starke
Extension nicht genügen, so werden 2—3 breite Streifen von der Aussen- und
Innenseite spiralig um den Oberschenkel angelegt und an ihrem peripheren
Binde mit eisernen Klammern, in die die Eztensionsketten kommen, versehen.
Während der Behandlung können nun die Gelenke bewegt werden und es
wird auch auf diese Weise das Schlottergelenk im Ejiie vermieden. Bei
Frakturen des unteren Oberschenkeldrittels ist der Verband nicht zu ver-
wenden.
Hennesquin (2) bespricht einen Fall von Bruch des Oberschenkels,
den Delbet in einem immobilisierenden Gipsverbande hatte umhergehen
lassen. Später hatte er ihn als Zeichen der günstigen Erfolge, welche mit
den Gehverbänden erzielt werden, vorgestellt. Hennesquin ist dieser An-
sicht nicht, da er durch Nachuntersuchung des Patienten feststellen konnte,
dass eine Verkürzung des Beines von 5 cm bestand.
Delbet (la) tritt entgegen Hennesquin für die Brauchbarkeit des
Apparates für die ambulante Behandlung der Oberschenkelfrakturen ein.
Metz (6) gibt in diesem lesenswerten Aufsatz eine neue Extensions-
methode an zur Behandlung schräger Oberschenkelfrakturen. Die genaue Be-
schreibung der Methode eignet sich nicht zu einem Referat und ist im Ori-
ginal nachzulesen. Das Wesentlichste des Verbandes ist die Extension des
Beines in einer Richtung nach unten, unter einen Winkel von 20^ und die
Suspension der Extremität, wobei man bestrebt ist, auch die Dislocatio ad
peripheriam auszugleichen.
24 Fälle wurden nach dieser Methode behandelt. 5 Schenkelhals-
frakturen, 8 Frakturen unterhalb des Trochanters, 7 Frakturen in der Mitte,
4 in der unteren Femurhälfte.
Die Resultate sind wie folgt:
Von den 4 Schenkelhalsfrakturen 1 Todesfall, 1 nicht konsolidiert, 2 mal
keine Verkürzung, Imal */2 cm Verlängerung.
Von den 8 Frakturen unterhalb des Trochanters Imal 1 cm Ver-
kürzung, 4mal keine Verkürzung, 1 mal ^/s cm Verlängerung, 2mal 1 cm
Verlängerung.
7 Frakturen in der Mitte der Diaphyse:
Imal P/2 cm Verkürzung, Imal keine Verkürzung, Imal */2 cm Ver-
längerung, 2 mal 1 cm Verlängerung.
958 Jahreebericht fOr Chlnii^e. II. Teil.
4 Frakturen in der unteren Hälfte:
Imal 2 cm Verkürzung, Imal Vh cm Verkürzung, Imal S'i an Ver-
längerung, Imal IVt cm Verlängerung.
Verf. rühmt seinem Verfahren folgende Vorzüge nach: Die Rrankea
können im Bette sitzen, sich selbst heben etc., durch die Beugung im Hüft-
gelenk wird das obere Bruchstück in der Richtung des unteren gebracht
Die Rotation nach aussen wird durch die Suspension an Riugen, ik
an der Aussenseite des Beines befestigt sind, vollkommen ausgeglichen.
Die Methode erlaube eine sehr bedeutende Belastung ohne Sdunerzen.
Das Kniegelenk kann während der ganzen Behandlung bewegt werden,
die Steifigkeit ist äusserst gering. Goedhnis.
Bei einem Neugeborenen, das sich in einer unvollständigen Becken-
endlage präsentiert hatte, war durch Ausgleiten der an die Hinterbacken ajh
gelegten Geburtszange der linke Femur an seinem oberen Drittel frakturiert
worden. Rossi (7), der das Kind 8 Tage nach der Geburt behandelte, in-
mobilisierte das frakturierte Bein, wobei er dasselbe in die gleiche StelliiDg
brachte, in welcher es sich bei der unvollständigen Beckenendlage gefunden
hatte. Er wurde hierzu durch die Beobachtung veranlasst, dass das Kind
dem gesunden Bein die fötale Stellung zu geben suchte. Jeden Tag nahm
er, zwecks Massage des Gliedes, den Verband ab. Die Behandlung danerte
ungefähr 20 Tage. Glatte Heilung, ohne Verkürzung des Beines; wie die
Radiographie dartat, auch keine winkelige Abweichung. R. GianL
Codivilla (1). Die Methode, die Verf. zur Reparation der DeformitAten
anwendet, ist in dem Referat über seine Arbeit ^Come si possa rendere
efficace e tollerante una forte trazione applicata all^ arto inferiore^ angegeben
(s. diesen Jahresbericht). R. Giani.
Hue (3) berichtet über eine Fractura subtrochanterica, die bei einem
44 jährigen Manne durch Muskelzug beim Tragen schwerer Säcke entstanden
und mit sehr starker Kallusbildung geheilt war.
Die Untersuchung des Patienten ergab keine Anhaltspunkte for eine
eventuelle Brüchigkeit der Knochen.
Der Fall Jonnescus (4) soll sehr selten sein. Es handelte sich um
einen 17 jährigen Knaben, dessen Fuss in den Speichen eines Rades gefangen
wurde. Enorme Wunde des Oberschenkels, Auslösung des unteren Endes des
Femurs mit gewisser Luxation nach hinten, die reduziert und geheilt wird.
Am 3. Tage plötzlicher Tod. Die Autopsie zeigte eine Thrombose der Vena
Poplitea. Stoianoff (Plevna).
6. Knie.
1. Fischer, Ein Fall von doppelseitiger Luzatio tibiae anter. compL
2. Giron, Luxation laterale externe compUte du genou droit. Redoction, guörison. Bali
et m^m. de la soc. de Ghir. 1903. Nr. 30.
3. *Le Clerc, Luxation du genou en dehors. Bull, et möm. de 1a soc. de Chir. 190i
Nr. 19.
4. Pöraire, Luxation paralytique complöte du genou. BulL et möm. de la soc uut
1903. Nr. 7.
5. Roinitz, Kasuistischer Beitrag zur Verrenkung des Kniegelenkes. Luxat tibiae ant,
Deutsche Zeitschrift fClr Chirurgie 1903. Bd. 70. Heft 1 u. 2.
6. Rossi, Gontributo alia cura omenta delle lusaazione del ginocchio. Arch. di ortopei
1903. Fase. 1
7. Stori, Sopra 2 casi di Inssazione traumatica anteriore del ginocchio. Fireoxe 19QS.
8. John, H. n. Sheldon, M. D., Posterior dislocation of the head of the tibia. AnnaU
of surgery January 1903..
Borcbard, YerletzuDgen und chirarg. Krankheiten der unteren Extremität. 959
Fischer (1) beobachtete die äusserst seltene Verrenkung beider Unter-
schenkel nach Tom, die bei einem sonst gesunden Manne dadurch zustande
gekommen war, dass ihm beim Durchgehen der Pferde vor einer Sähmaschine
die eiserne Yerbindungsstange in die Kniekehle getroffen hatte. Die Repo-
sition gelang unter Zug und massigem Druck ausserordentlich leicht, das
funktionelle Resultat war sehr gut. Ein beigegebenes Röntgenbild veranschau-
licht die Verletzung. Zirkulationsstörungen bestanden nicht. Dass die Festig-
keit des Gelenkes nach der Reposition eine so gute war, glaubt Fischer
auf das Erhaltensein der Seitenbänder zurückführen zu müssen.
Die Mitteilung von Reinitz (5) betrifft einen 36 Jahre alten Mann,
der durch Ausgleiten beim Tragen einer zwei Zentner schweren Last eine
Verrenkung des Sjiiegelenkes (Luxatio tibiae anterior) erlitten hatte. Es be-
stand bei dem typischen Bilde keine nennenswerte Dislocatio ad axin. Auf-
fallend war an der Vorderseite des Kniegelenkes ein Wulst von Weichteilen,
der sich durch eine tiefe Einziehung gegen den Oberschenkel abhob. Letzteres
war wohl bedingt durch den Umstand, dass die Patella infolge ihrer Verbin-
dung mit der Gelenkkapsel verhindert war, dem Zuge des Quadriceps zu
folgen. Die Reposition gelang leicht durch Überstreckung mit nachfolgender
Beugung. Das funktionelle Resultat war bei geringer seitlicher Beweglichkeit
ein gutes.
Stör i (7) teilt zwei Fälle von traumatischer vorderer Kniegelenksluxation
mit. In einem derselben nahm er die Amputation des Oberschenkels nach
Gritti vor, weil infolge von Thrombose der Arteria poplitea, der A. tibialis
antica und der A. tibialis postica Gangräne am Fusse und Unterschenkel auf-
getreten war. Im zweiten Falle reponierte er die Luxation mit vollständigem
Erfolg und stabiler Heilung. — Er bespricht sodann die einschlägige Literatur,
in welcher er 70 ähnliche Fälle beschrieben fand; zum Schlüsse verbreitet
er sich über die Ursachen dieser Luxation und die verschiedenen Behand-
lungsmethoden. R. Giani.
In einem Falle von lateraler Aussenluxation des Kniegelenkes, die sich
sekundär in eine hintere verwandelt hatte, musste Rossi (8), da die Kapsel
sich gürtelartig um den Condylus internus geschlungen hatte und dadurch die
Einrenkung verhinderte, einen blutigen Eingriff vornehmen. Vollkommenes
funktionelles Resultat. Verf. hat auch Experimente am Leichnam ausgeführt,
um den Mechanismus der Läsion zu studieren, jedoch ohne Erfolg.
R. Giani.
Durch Fall eines schweren Gegenstandes (Girpn [2]) auf die Aussen-
lläche des Oberschenkels bei fixiertem Unterschenkel entstand eine vollständige
äussere Luxation des Knies. Die Reposition gelang leicht durch Zug, Drehung
um die Längsachse und halbkreisförmige Bewegung des Unterschenkels. Im
Anschluss hieran berichtet der Referent B a z y noch über eine unvoll-
ständige äussere Luxation des Knies.
Bei der Patientin P6raires (5), die noch andere Erscheinungen der
essentiellen Kinderlähmung bot, Hess sich am linken Knie folgender Befund
erheben. Das Femur sass nach vorn luxiert, das Glied ist halb gebeugt im
rechten Winkel. Eine Reduktion ist wegen Kontraktur der Weichteile nicht
möglich. Flexion ist möglich. Die Vorderfläche der Patella sieht direkt
nach unten.
960 Jahresbericht fttr Ghirargie. IL TeU.
7. Luxation der Patella.
1. *B ade, Die habitaelle Luxation der Patella. Zeitschrift fflr OrÜiop&die. 190S. Bi XL
Heft 3.
2. "^Labanowski, Contribntiun ä T^tude des lazations pathologiques diies »»habitiieUH*'
de la rotule. Arch. de möd. et de pharm, militaires. Mai 1903.
3. Lanz, Loxatio pateLlae. Genootschap ter bevorderiDg der Natnnr-Genees- en BbA-
knode. Nederl. Tijdschr. ▼. Geneesk. 11. pag* 636.
4. So 1 i e r i, Sopra 3 casi di lossazione della rotala. R. Acoad. dei fisiscatici in 8iem UQl
Fase 3-4.
Der Fall Yon Lanz (3) betrifft eine beiderseitige habituelle Luxatio
patellae nach aussen. Am linken Beine wurde die Sehnenüberpflanzung des
Musculus gracilis gemacht mit ausgezeichnetem Erfolg. Goedhuis.
Drei von ihm behandelte Fälle von lateraler Aussenluxation der Knie-
scheibe mitteilend, erörtert Solieri (4) die Ätiologie, Symptomatologie und
Behandlung dieser Läsion; die verschiedenen empfohlenen Behandlnngsme-
thoden beschreibt er ausführlich. R. Giani.
8. 8treckapparat des Knies.
1. Bftrlocher, Zar Behandlnog des Kniescheiben bruches. Korrespondenzblatt f. Schweixs
Ärzte 1903. Nr. 4.
la. *Bandoin, Traitement des fractores de la rotale; fractore ancienne dataot de ax
mois. Arthrotomie soiyie d'evidemoDt des fragments, sntiire et Cerclage. Qaenwa.
Arch. de m^d. et de pharm, militaire 1903. Nr. 4.
2. Bazy, A propos de la sntnre ponr fracture de la rotule. Bull, et m^m. de la socd»
Ghir. 1908. Nr. 10.
3. Chaput, Traitement des fractures de la rotnle et de Tolöcrftne par la m^lfcode m
sanglante. La Presse m^cale 1903. Nr. 93.
4. — Fractures de rotule et d'ol^crftne traiteäs par la ponetion et la compreaaion. BoIL
et mäm. de la soc. de Ghir. 1903. Nr. 29.
5. Diskussion, Traitement des fractures de la rotale. Bull, et mem. de la soe. di
Ghir. 1903. Nr. 8.
5a. Delling er, J., Naht der Patella nach Sehnenverlängemng amM. quadricepa. düroig.
Sektion des Budapester kgl. Ärzte-Vereins, Sitzung vom 7. XIL 1903.
6. Fowler, The operative treatraent of fracture of the patella. Medical News 19(@l
March 28.
7. Heinlein, Über EniescheibeDbrttche. Nürnberger med. Gesellschaft. MOnchener md.
Wochenschrift 1903. Nr. 21.
8. L^jars, Fracture de la rotule; hämicerclage mobilisation rapide. Bull, et m^m. de Ii
soc. de Ghir. 1903. Nr. 13.
9. *Lucas-Ghampionniöre, La snture de la rotale, 6tude pratiqae sur le traiteBieiit
de la fracture de rotule par la suture. Archives internst, de Ghirargie 1903b Vol. L
Fase. I.
10. ^Maison, Rupture compl^te du ligament, rotulien trait^e par la suture mötalliqQe,
gu^rison et restauration fonctionelle. Arch. de möd. et de pharm. 1903. August.
11. *Mandelli, Gontributo allo studio delle fratture longitudinali della rotala. Gazettt
medica lombarda 1903. Nr. 16.
12. Quänu, Fracture de la rotule: De la suture transversale de la rotule et de l'h^mi-
cerclage. Bull, et m^m. de la soc. de Ghir. 1903. Nr. 7.
13. Ricard, Pourquoi dans la pratique couraute la fracture de la rotule ne doit pasft^
traitöe par les m^thodes sanglantes, mais reste encore soumise aus andens mojeis
thörapeutiques. Gazette des höpitaux 1903. Nr. 36.
14. '^Roberts, The treatment of transverse fracture of the patella by subcutaneans pm^
Bestring satures. The Journal of the Amer. Med. Assoc. Jan. 13. 1903.
15. Scarrone, La sutura orrea nella frattura della rotula. Gazetta degU espedali 1903^
Nr. 98.
Borohard, Verletzangen and chirarg. Krankheiten der unteren Extremität. 961
16. Schanz, Eine neue Operation zur Behandlung veralteter Kniescheibenbrüche. Mflnchener
med. Wochenschrift 1903. Nr. 80.
17. — 82. Chirurgen-Kongress 1908.
18. Schmidt, Entstehung und Behandlung der Kniescheibenbrüche bei HeeresangehOrigen.
Deutsche militär. Zeitschrift. Nr. 6. 1908.
19. — Über die Entstehung und Behandlung der Kniescheibenbrüche mit besonderer Be-
rücksichtigung der Dauererfolge, v. Br uns sehe Beitrftge 1903. Bd. 89. Heft 3.
20. ^Schwoener, Über subkutane Verletzungen des Kniestreckapparates. Dissert. Frei-
bürg 1908.
21. Stevens, A case of fractured patella. The Lancet. April 18. 1908.
22. Sträler, Zur operativen Behandlung der veralteten Fateliarfraktur. Zentralblatt für
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23. — Operatieve behandeling der veronderde Patelfractuur. Nederl. Yereenig. voor Heel-
künde. Nederl. Tijdschr. voor GeneesL I. p. 659.
24. Wesselowsorow, Zur Frage von der operativen Behandlung der Kniescheibenbrttche
Busski Wratech Nr. 84. 1908.
25. '^'Wharton, Simultaneus ruptnre of both quadriceps eztenson femoris tendones. An-
nais of surg. 1908. Marcb.
Von den 28 Patellarfrakturen , die Bär loch er (1) seinem Bericht zu-
grunde legen konnte, war eine einzige sicher als indirekte zu bezeichnen.
Alle übrigen Brüche scheinen durch direkte Gewalt zustande gekommen zu
sein, wenn auch ein Muskelzug mit Sicherheit nicht überall auszuschliessen
ist. Einmal wurde eine Längsfraktur beobachtet, die, weil sie offen war, ge-
näht wurde. Die Operation wurde fast in allen Fällen um ein oder zwei
Tage nach dem Spitaleintritt vorgenommen und zwar mittelst Längsschnitt.
Nach Entfernung der Blutgerinnsel durch Auftupfen, Beseitigung des inter-
ponierten Periostfetzens wurde durch starke Seidennaht der Kapselriss beider-
seits von der Patella und dann die Patellarfragmente durch zwei oder drei
parostale Seidennähte vereinigt, welche Periost und inneres Blatt der Bursa
praepatellaris umfassten. Waren an einem Hauptfragmente noch weitere Ab-
sprengungen, so wurden sie nur genäht, wenn das zur Erhaltung der Konti-
nuität des Streckapparates notwendig war. Die Extremität wurde durch-
schnittlich 4 Wochen immobilisiert und dann mit der Massage, Faradisation,
besonders aber aktiven Bewegungen begonnen. Von den 28 Fällen hatten 20
einen durchaus normalen Verlauf. Li 5 Fällen traten kleinere Störungen ein,
bei den drei übrigen auch Störungen in der Asepsis, Delirium, schwere Kom-
plikationen. In 20 zur Nachuntersuchung gebrachten Fällen ist das funktio-
nelle Resultat ein vollkommenes, in zwei weiteren Fällen besteht eine geringe
Beschränkung der Beugefähigkeit, nur zwei haben Beschwerden beim Treppen-
hinuntergehen , bei ihnen besteht ligamentöse Vereinigung. Li einem dieser
Fälle handelt es sich um die Operation einer Refraktur, die zum erstenmal
nicht knöchern geheilt in der ligamentösen Vereinigung durchrissen war. Es
wurde eine einfache Naht ohne Anfriscbung vorgenommen. Verf. empfiehlt
die operative Behandlung der Kniescheibenbrüche mit parapatellarer Naht
auf das Wärmste.
He in lein (7) berichtet über die vier letzten Fälle von frischen Knie-
scheibenbrüchen, nachdem er zuvor die Struktur- und Bruchverhältnisse, sowie
die Behandlungsmethoden besprochen hat, bei denen er nach Punktion des
Blutergusses eine Testudo inversa mit Wattepolsterung oberhalb der Basis
der Kniescheibe anlegte. Die Bruchstücke kamen bis zur Berührung ihrer
Flächen in Annäherung. Während der ersten 10 Tage wurde die ganze Ex-
tremität durch Pappschienen richtig gestellt. Dann wurden Gehversuche im
Jahnsbericht für Ghirargie 190S. 61
962 Jahreebericbt f&r Ghirargie. IL TeiL
Verbände bis zur Mitte der dritten Woche gemacht. Wenn der Verband sich
auch nur etwas gelockert hatte, wurde er erneuert. Um die Mitte der drittel
Woche wurde der Verband entfernt und das Resultat durch Anl^ung einfö
Koch ersehen Elammerapparates gesichert. Daneben 3 mal täglich Massage.
Die erzielten Resultate waren bei inniger Berührung der Bruchflächen seir
gute. Eine Lockerung der Verbindungen zwischen den Bruchflachen trat
nicht ein.
Schmidt (18) bespricht die verschiedenen Behandlun^arten der Knie-
Scheibenbrüche bei den Heeresangehörigen. Er vertritt den vermittelndeii
Standpunkt, bei Stossfrakturen mit Übungen, Massage, bei Rissfrakturen ope-
rativ zu behandeln. Erstere überwiegen bei weitem in der Armee. Von 38
Fällen, in denen die Behandlung genau angegeben war, wurden sieben wieder
dienstfähig. Von diesen waren vier funktionell, drei operativ behandelt.
Schmidt (19) berichtet über 52 Einzelßllle von Patellarfraktnren bri
51 Patienten, über welche bis auf drei v. Mikulicz bereits im Brit. m«L
jour. 1902 berichtet hat. (cf. Fortschritte der Chirurgie 1903). Vier ver-
altete Frakturen kamen nur zur Begutachtung, unter den 48 behanddteii
Patellarfrakturen wurde bei 31 Patienten 32 mal die Knochennaht ausgef&krt
während bei 17 lediglich Massage und medicomechanische Therapie Anwen-
dung fand. Die auf Grund strenger Auswahl der einzelnen Fälle durch die
entsprechende Behandlung erzielten Erfolge waren sehr gute. (Über die Prio-
zipien der Unterscheidung der Riss- und Stossfraktur, die Kombination beider
Formen, die Operations- und Behandlungsmethode ist das leicht zugängliche
Original nachzusehen).
Bazy (2) stellt einen 58jährigen Patienten vor, der in seinem 17 Lebens-
jahr einen Bruch der Patella erlitten hatte. Trotz einer Diastase von 12 cm
war die Funktion eine gute, was hauptsächlich auf den Umstand zurückgefalirt
werden muss, dass der Pat. die Fraktur in einem sehr jugendlichen Alter er-
litten hatte, sich also an den Zustand gewöhnen konnte und dass ein Teil
der Seitenligamente sich bei der Extension straflF anspannte. Ungeacht^
dieses vorzüglichen funktionellen Resultates geht doch die Meinung in der
Diskussion dahin, dass die Operj^,tion die Methode der Wahl selbst bei hohem
Alter der Patienten sei.
Chaput (3) berichtet über eine Querfraktur der Pat^lla bei einem
28 jährigen Diabetiker. Die Diastase der Fragmente betrug 3 cm. Es wurde
die Punktion und Kompression gemacht. Das funktionelle Resultat war ein
ausgezeichnetes. Der feste fibröse Kallus betrug 1 cm. An derselben Patella
hatte der Patient schon eine Fraktur gehabt, die operativ behandelt wurde.
Die Beweglichkeit des Beines war nach der Refraktur mit der angegebenen
Behandlung eine bessere wie vorher. In ähnlicher Weise hatte Chaput eine
Olekranonfraktur behandelt und dieselbe mit knöchernem Kallus zur Heilung
gebracht. (Der Pat. war Nephritiker).
Ein 48 jähriger Mann war wegen einer Fraktur und Refraktur der rechten
Patella zweimal mit gutem Erfolg operiert worden. Dann erlitt er einen
Bruch der linken Kniescheibe durch Ausgleiten. Zwei Tage später wurde von
Lejars (8) die Operation mit nach unten konvexem Bogenschnitt vorge-
nommen. Die Blutkoagula wurden entfernt. Es fanden sich zwei Fragmente:
ein oberes kleineres von 1 cm Länge. Deshalb wurde durch das untere Frag-
ment 1 cm vom Frakturrande entfernt und oben durch die Dicke der Sehne
ein Aluminiumbronzedraht geführt. Die Kapsel und fibrösen Teile wurden mit
Borch«rd, Verletzongen und ohirurg. Krankheiten der unteren Extremitftt. 963
>atgat yereinigt. Hantnaht. Am 12. Tage stand der Patient auf. Er hält
lie frühen Bewegungen für das Wichtigste bei. der ganzen Behandlung.
Einen Fall von Kniescheibenfraktur behandelte Scarrone (15) mittelst
^Cnochennaht. Verf. prüft dieMalgaigne sehe Methode der Behandlung mittelst
.\.pparate und die Tillmannsche, die in frühzeitigen Bewegungen und Massage
gesteht und erklärt, dass er die Yemähung der Bruchstücke vorziehe, weil
1er fibröse Eallus die Funktionsfähigkeit immer beeinträchtigt und Kompli-
kationen bedingen kann. Die Statistiken tun dar, dass der Erfolg ein aus-
gezeichneter ist (Lucas-Championniere behandelte so 68 Fälle, die alle
heilten), wenn man strengste Asepsis befolgt. Der Verband wird nach 12 Tagen
entfernt und dann beginnt man mit Bewegungen und Massage. R. Giani.
Quönu (12) empfiehlt bei der Naht der frakturierten Patella den Silber-
draht transversal durch die Fragmente resp. durch das eine Fragment und
die Sehne des Quadriceps zu ersetzen. Lucas-Championniere kann sich
dem Vorschlage nicht anschliessen , sondern hält die gewöhnliche Naht für
das bessere. Er legt deshalb ihr einen grossen Wert bei, weil sie technisch
eiafacher ist und die vorläufige Fixation der Fragmente bei möglichst baldiger
Bewegung am meisten gewährleistet. Li der Diskussion (5) sprechen Lejars,
Berger, Schwartz, Reynier, Roulier, Simier für die gewöhnliche
Naht oder für die parostale Naht der Patella aus, teilweise unter Hinweis
auf die grossen Gefahren, welche ein Fehlschlagen der Asepsis mit sich bringt.
Lifolgedessen sind die nichtoperativen Methoden diejenigen, welche als Mittel
der praktischen Ärzte nicht ausser Acht gelassen werden dürfen. Im all-
gemeinen wird dem Verfahren der Cerclage der Vorzug gegenüber der gewöhn-
lichen Patellamaht gegeben. Zum Schluss teilt Championniere noch ein-
mal seine auf Grund reicher Erfahrungen (über 60 Fälle) gewonnene Ope-
rationsmethode mit. Die Diskussion gibt ein sehr anschauliches Bild über
die in Frankreich üblichen Methoden der Patellarnaht.
Ricard (13) nimmt Stellung gegenüber der Ansicht, die zum Schluss
der Sitzung der Societe de la Chirurgie von den Anwesenden dahin präzisiert
wurde, dass die operative Behandlung der Kniescheibenbrüche die Methode
der Wahl sei. Bei den hohen Anforderungen an die Antisepsis und Asepsis
könne diese Behandlungsmethode niemals Eigentum des praktischen Arztes
werden. Letzterer müsse die alten konservativen Behandlungsmethoden, Kom-
pression, Ruhigstellung, Massage weiter pflegen und kann damit ausgezeichnete
Resultate erzielen.
Die Patella war in dem Falle Stevens (21) quer durchbrochen. Die
Bruchenden standen 1 Zoll voneinander. Nach 24 Stunden wurden die Bruch-
enden durch Längsschnitt freigelegt, die Fragmente durch zwei Silbernähte,
die aber die hintere Gelenkfläche der Patella intakt Hessen, vereinigt. Naht
der übrigen Gewebe und der Haut. Am 8. Tage wurde mit passiven Be-
wegungen begonnen, am Ende der dritten Woche ging Patient umher.
Wesselowsorow (24) spricht sich für die operative Behandlung der
Kniescheibenbrüche aus. Im Laufe von 10 Jahren wurden am Obuchow-
Hospital in St. Petersburg (Trojanow) an 11 Patienten 12 mal die Knie-
scheibennaht ausgeführt. Die Resultate waren befriedigende. Eine syste-
matische Nachbehandlung wird besonders betont. Ein Fall vereiterte und
ging an einer Pneumonie zugrunde. — Den Hautschnitt legt Trojanow bogen-
förmig unterhalb der Kniescheibe an (Textor).
Hohlbeck (St. Petersburg).
61*
964 Jahresbericht f&r Ghirursie. IL Teil.
Fowl er (6) betrachtet als Kontraindikationen gegen ein operatives Vor-
gehen bei Patellarfrakturen schlechten Allgemeinzustand des Patienten, so dass
anch andere Operationen nicht ausgeführt werden würden, Längsfrakturen der
Kniescheibe, einige Fälle von Kommunitivbrüchen, in denen eine Umfahmi)^
naht gemacht werden konnte, Querfrakturen, bei denen der übrige Banl-
apparat des Knies mehr oder weniger intakt ist. Die funktionellen fiesoltale
nach sekundärer Naht der Patella sind bei weitem nicht so gut, wie die bei
primärer. Letztere soll ö — 14 Tage nach dem Unfall vorgenommen weiden.
Den Bericht schliesst die Mitteilung von 9 operativ behandelten Fällen.
Schanz (16) glaubt, dass bei Diastasen der Patellarfragmente über 6 cm
durch knöcherne Vereinigung keine völlige Funktion des Gelenkes zu erzielen
sei , da die Beugefähigkeit immer behindert bliebe. Es müssen deshalb die
Methoden, welche auch bei grösserer Diastase die Möglichkeit einer Fnnktions-
herstellung bieten, Wert besitzen. Bei einem 25 jähr. Maime, der vor 5 Jaken
einen Bruch der rechten Kniescheibe erlitten hatte, bestand bei Streckstelling
eine Diastase von 12 cm. Die Fragmente Hessen sich nur auf 10 cm aa-
einander bringen. Der Reservestreckapparat war fast völlig zerrissen, nur an
der Aussenseite liess sich ein stärkerer Strang, des Faszienstrang des Tensor
fasciae latae nachweisen. Bei der Operation wurde ein Schnitt von dem An-
satzpunkt des Sartorius an der Patella vorbei bis zur Mitte des Oberschenkels
geführt , der Sartorius aus seinem Bett gehoben , die Haut bis jenseits der
Bruchstücke der Patella abpräpariert. Zwischen beiden Bruchstücken fuid
sich ein dünner fibröser Kallus. Von den Bruchstücken wurden etwa die
vorderen */» abgemeisselt und so eine Hohlrinde gebildet, in welche der Sar-
torius gelagert und durch Drahtnähte am Knochen fixiert wurde, während das
obere Bruchstück stark nach abwärts gezogen wurde. Ebenso wurde der
Muskel mit dem fibrösen Kallus durch Nähte vereinigt. Hautnaht. 6ips?«r-
band in Streckstellung. Ende der dritten Woche stand der Patient mit &n«
kleinen Schiene auf. Die Funktion des Sartorius stellte sich in kurzer Zeit
her. Auch die Reste des Quadriceps begannen wieder zu funktionieren. Secfcs
Wochen p. o. war Streckfähigkeit des Beines eingetreten. Pat. ist imstande.
Treppen zu steigen und auf abschüssigem Terrain zu gehen. Die Vorzüge
der Methode bestehen darin, dass sie selbst bei den grössten Diastasen an-
gewandt werden kann und dass eine Eröffnung des Gelenkes nicht nötig ist
so bald es zur Ausbildung eines dünnen fibrösen Kallus gekommen ist.
S träter (22) nahm jjei einem Falle von alter Patellarfraktur, bei dem
die Fragmente sich nicht aneinander bringen Hessen, eine Z förmige Einkff-
bung der Quadricepssehne vor. Da auch hiemach noch eine Diastase tod
] cm zurückblieb, so musste die Abmeisselung der Tuber. tibiae yorgenonuneo
werden. Trotz oberflächlicher Wundinfektion war das Resultat gut. Beuguug
im Knie bis zu 160®.
Denselben Fall hat St rät er in der Nederl. T. v. Geneeskunde be-
schrieben.
Der 37jährige Kranke Dollingers (5a) erlitt vor IV2 Jahren einen
direkten, subkutanen Querbruch der Kniescheibe; die Bruchstücke waren auf
7 cm Entfernung verschoben.
D o 1 1 i n g e r beschloss die sekundäre Knochennaht. Nachdem jedoci
trotz stärksten Zuges an den angelegten Silbersuturen, trotz Abpräparierung
der Verwachsungen des Ligamentum patellae die Bruchstücke nicht genügeD^l
ßorohard, Verletzungen nnd ehirtnrg. Krankheiten der unteren Extremiiftt. 965
Aneinander zu bringen waren, verlängerte er durch Tendoplastik die Sehne
des Qnadriceps und dadurch gelang die Adaption.
Nach 5 Wochen waren die Bruchstücke (durch Muskelzug!) wieder auf
1 cm disloziert; Dollinger vereinigte sie von neuem und erzielte nun, wie
Auch das Radiogramm zeigt, einen vollkommenen Erfolg. Die Funktion des
Knies ist sehr zufriedenstellend. Dollinger (Budapest).
9. Verletzungen der Semilanarknorpel, Kreuzb&nder etc.
1. Bovin, Über traumatische Meniskusstörungen im Kniegelenk, üpsal. lekare foreninga
Förhandlingen. Neue Folge. Bd. YUL 1903. Heft 8 u. 4.
2. *Delbet, Luxation de semilunaire. Bull, et m^m. de la soc. anat. 1903. Nr. 7.
3. *Manter, Über Verletzungen des Eniegelenkapparates durch MantelgeschosBe. Dissert.
Berlin 1908.
4. Pagenstecher, Die isolierte Zerreissung der Kreuzbänder des Knies. Deutsche med.
Wochenschrift 1908. Nr. 47.
5. Robson, Ruptured cmcial ligaments and heir reparation by Operation. Annais of snrg.
May 1903.
6. Schnitze, Die Luxation der Semilunarknorpel des Kniegelenkes. Archiy für Ortho-
pädie 1908. Bd. 1. Heft 1.
Bovin (1) behandelt ausführlich die Anatomie und Physiologie der
Kniegelenkmenisken. Er stützt sich auf eigene Untersuchungen an 15 un-
gehärteten Gelenken und 36 Gelenken, die mit Formalin nach H. Virchow
gehärtet und in verschiedenen Stellungen fixiert wurden. Pangats Dar-
stellung der ;,ligaments menisceux antörieurs^ wird als schematisch und zum
Teil unrichtig bezeichnet. Von den verschiedenen Ansichten über die Be-
deutung der Menisken für die Funktionen des Kniegelenks wird die Ansicht
Yirchows als die richtigste bezeichnet. Die klinische Darstellung stützt
sich auf ca. 200 in der Literatur vorkommende operierte Fälle und femer
auf 10 ausführlich beschriebene Operationsfälle aus Krankenhäusern in Stock-
holm und Upsala. Bei Operationen hat man den medialen Meniskus 6 — 7 mal
öfter lädiert gefunden als den lateralen. Die dabei beobachtete Lokalisation
und Richtung der Meniskusabreissungen wird in folgender Tabelle dargestellt:
1. Vordere Inserteni
2. Hintere ;,
3. Kapselinserteni ganz (isolie
4. ^ nach vorne ;.
5. „ nach hinten „
6. In der Substanz der Länge nach
7. ;, ;, ;, quer
Abnorm beweglicher Meniskus ohne
Rupturen 22 „ 4 ^
Bemerkenswert ist die grosse Frequenz isolierter Kapselinsertions-
rupturen. Bei frischen Meniskusverletzungen soll das Gelenk für drei bis
vier Wochen immobilisiert werden. Bei den inveterierten Schäden hat man
zwischen Bandagebehandlung und Operation zu wählen. Bei letztgenannter
erhält man im allgemeinen ein normal funktionierendes Gelenk, wie die Zahlen
des Verfassers beweisen. Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Schnitze (6) vervollständigt die Br uns sehe Zusammenstellung über
die Luxation der Semilunarknorpel des Kniegelenkes und fügt ausserdem
Medialer Meniakas:
Lateraler Meniskus
59 Fälle
8 Fälle
9
V
4
n
ert) 20
n
2
7)
14
ff
0
n
4
n
1
n
16
n
1
n
10
»
0
n
966 Jafareabericht fOr Chirurgie. II. Teil.
noch 2 eigene Beobachtungen hinzn, in denen es sich um Lnx&tian des
Meniscus internus handelt. Beidemal wurde durch Exstirpation des abge-
sprengten Stückes Heilung mit gutem funktionellen Resultat erzielt.
Pagenstecher (4) entwirft auf Grund von drei selbst beobaditeteo
und operierten Fällen sowie gestützt auf Leichenexperimente ein Bild toq
der isolierten Zerreissung der Kreuzbänder des Knies. Er glaubt, dass diese
Verletzungen nicht allzuselten vorkommen, dass sie aber wegen ihrer Ter-
steckten Lage mehr geahnt als diagnostiziert werden. Zerrung, Einrisse,
Ausreissung aus der Insertion mit oder ohne Knochenknorpelstück ist als
innere Distorsion im Gegensatz zum Därangement interne zu bezeicben
Rotation, Hyperflexion, Hyperextension können die Verletzung herromifen.
Im klinischen Bilde herrschen Hämarthros, Schmerzhaftigkeit vor. Sur bei
sehr starker Gewalteinwirkung und bei Beteiligung des übrigen Bandapparates
kommt es zur abnormen Beweglichkeit. Die Heilungsbedingungen sind Bidt
sehr günstig.
Therapeutisch empfiehlt Pagenstecher ein operatives Vorgehen, wem
nach Ablauf der entzündlichen Erscheinungen ein stärkerer Bluterguss oder
Beschwerden zurückbleiben, um etwaige abgesprengte Knochenstücke zn ent-
fernen oder bei Schlottergelenk die Zerreissung des Kreuzbandes zu näheL
Er selbst hat dies Verfahren mit gutem Erfolg angewandt. Das SyiB-
ptom des ^^schnellenden Knies^ (Thiem) boten die Patienten Pagen-
stechers nicht.
Robson (5) berichtet über die Naht der Ligam. cruciata d^ Knie-
gelenks 2^'2 Monate nach der Verletzung. Das Gelenk wurde durch vorderei
Querschnitt geöffnet und beide Lig. cruc. mit Gatgut genäht. Das vordere
an die Synovialmembran und Gewebsreste an die Innenseite des äasseien
Kondylus, das hintere nach Verlängerung durch Spaltung an die SjnoTial-
membran und dem Knorpel an der Aussenseite des inneren Knöchels. Das
Schlottergelenk wurde dadurch vollständig beseitigt und blieb so. Veröffent-
licht 7 Jahre nach der Operation. In der Literatur hat Robson nur eisea
gleichen Fall gefunden. Maass (New-York).
10. Unterschenkel.
1. Bayer, Über Spiralbrache des Unterschenkels. Deutsche Zeitschrift für Chir. 1981
Bd. 69. Heft 5—6.
2. Des tot I De la fracture sus-mall^olaire. Soc. de Gbir. Lyon m^dic. 1903. Nr. 17.
3. — Sar diff^rentes variät^s de fractnres de jambes. Soc. de Gbir. Lyon m^ \^
Nr. 18.
4. Franke, Eine Absprengungsfraktur des anteren Torderen Tibiarandes in frontaler Itee.
y. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 72. Heft 1.
5. Goldammer, Zur isolierten Verletzung der Tibia. Deutsche milit Zeitschrift Nr. 9.
1903.
6. Guitard, De la m^thode ambulatoire dans les traumatismes osseuses du membreis-
förieur. Paris 1903.
7. ArbuthmotLane, Onthe methode of production of fractures of the lower extn-
mity by indirect violence. The Practitioner. March 1903.
8. Mehnert, Ein seltener Fall von Splitterfraktur der oberen Tibiaepiphyse mit Zer-
reissung der Arteria popIitea und nachfolgender Gangrän des Unterschenkels bei eioa
Tabiker. Inaug.-Dissert. Eie] 1902.
9. Patel, Fracture de Teztremit^ införieure du tibia (fracture juxta epiphysaire) öelste-
ment de la moitiö post^rieure. Soc. des scienc. mäd. Lyon m^d. 1903. Nr. 7.
10. Rebentisch, Freie autoplastische Deckung eines nach komplizierter Fraktar eot-
standenen Schienbeindefektes. Monatschrift fOr Unfallheilkunde 1903. Mr. 29.
Borchard, Verletzongen und Chirurg. Krankheiten der unteren Extremität. 967
11. *Scherpe, Über Frakturen der Tibia am oberen Ende. Diasert. Leipzig 1903.
12. Sender, Einige praktische Winke für die Behandlung der Frakturen der unteren Ez-
tremit&ten. Rusb. Arch. f. Chirurgie. Heft 8. 1903.
18. — Ein Fall von beiderseitiger Fraktur des FibulakOpfchena. Russki Wratsch. Nr. 8.
1903.
14. Smirnow, Ein Fall von Embolie der Lungenarterie bei Fraktur beider Extremitäten.
Russ. Archiv f. Chirurgie. Heft 1. 1903.
15. Sator, Diagnostische Irrtümer bei Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen nebst Bei-
trag zur Kenntnis der Fibulafrakturen, v. Langenbecks Archiv 1908. Bd. 72.
Heft 1.
16. Tachetti, ün caso di embolia grassosa pulmonale segoita a trauma. Annali di med.
navale 1903. Vol. H. p. 532.
17. *Tridon, Fracture du p^ron^, hasse, isol^e ä trait longitudinal et sans d^placement.
Revue d'orthop^die 1903. Nr. 8.
18. Weber, A propos de la d^couvertä de la vraie nature d'une l^sion du genou (fissure
osseuse) möconnue jusqu'ä pr^ent. Revue m^. de la Soisse romande 1903. Nr. 11*
Sender (12) macht auf die Häufigkeit und Wichtigkeit der Dislocatio
ad peripheriam bei Frakturen der unteren Extremitäten aufmerksam. Beim
lebenden Menschen und beim Kadaver, welche in Rückenlage liegen, haben
die Oberschenkel die Tendenz zur Aussenrotation, so dass die Längsachsen
der Füsse einen rechten Winkel bilden. Um die Dislocatio ad peripheriam
zu vermeiden, muss das Bein in dieser leichten Aussenrotationsstellung fixiert
werden, um die Funktion des Fussgelenkes zu sichern, muss der Fuss mit
dem Unterschenkel einen rechten Winkel bilden.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Im Kölner Bürgerhospital (Bayer [1]) kamen in 3V* Jahren 2332 Frak-
turen zur Behandlung. Darunter waren 496 subkutane Unterschenkelbrüche
und unter diesen 75 Spiralfrakturen. 18 Spiralbrüche betrafen Kinder von
1 — 14 Jahren. Unter den 57 Erwachsenen waren 47 Männer und 10 Frauen.
30 mal handelte es sich um isoUerte Tibiaspiralfrakturen und zwar überwog
hierbei der Prozentsatz der Kinder bei weitem. Beim Spiralbruch der Tibia
bricht auch die Fibula mit Vorliebe hoch oben. Die Behandlung bestand in
Extension, die auch an den Unterschenkel quer ober- und unterhalb angreift
und so die Fragmente einander entgegenbringt.
Weber (18) teilt eine Beobachtung der zuerst von Schlatter in den
Beiträgen zur Chirurgie Bd. 38 beschriebenen Längsfissur des oberen Endes
der Tibia am Ansatz des Lig. patell. mit und gibt eine schematische Ab-
bildung. Die Beschwerden treten bei dem 14jährigen Patienten ohne bemerkte
Veranlassung beim Laufen, nach längerem Gehen, bei starker Anspannung
des Quadriceps ein und waren genau auf die Vorderfiäche der oberen Tibia-
epiphyse lokalisiert entsprechend der Tuberositas tibiae. Die Heilung erfolgte
bei fixierendem Verbände.
Goldammer (5) berichtet über zwei seltene Fälle von isolierter Tibia-
verletzung auf Grund von Röntgenaufnahmen, von denen der eine Bruch zu
deuten ist als Biegungsbruch. Im anderen Falle war ein keilförmiges Stück
auf der einwirkenden Gewalt gegenüberliegenden Seite herausgesprengt.
Mehnert (8) berichtet über eine Splitterfraktur des oberen Endes der
Tibia bei einem 48jährigen Tabiker, die dadurch zustande gekommen war,
dass Patient auf der Strasse stolperte und auf einen Stein fiel. Es war das
Lig. patellae am Ansatz an der Tibia abgerissen und hierdurch ist es nach
der Annahme von Mehnert erklärlich, dass die ganze Gewalt des Sturzes
sich auf das nach hinten subluxierte obere Gelenkende der Tibia fort. Da
968 Jabresbericht für Ghimrgie. IL TeiL
hierzu noch der Fall anf den Stein kam, so ist der Brach demgemäss als
kombiniert aus Eompressions- mid Abknickungsbruch aufzafassen. Darcli das
nach hinten vorragende Bruchende war die Arter. popt. durchrissen, während
die Vena stark komprimiert war. Wegen Gangrän des Beines wurde die
Amputation nötig.
Sender (13) beschreibt einen Fall von beiderseitiger Fraktur der Fibula-
köpfchen infolge von Hyperextension der Kniegelenke.
Patient 28 a. a. wurde von einem Treibriemen erfasst and zweimal heramgesefawakt
wobei er zweimal mit den Hacken anf dem Boden aafschlag. Beide Fibalaköpfchen wuea
abgerissen, das linke in drei Stücke gebrochen. Beiderseits waren die Nn. peronei dsicb-
rissen. Es bestanden pedes eqaino-vari. Der Versucb» den Peroneus links zu näben, mvt-
lang, da die Nervenenden nidit aufgefunden werden konnten. Naht der KnoehenendcD,
welche aber spater auseinanderging. Hohlbeck (St Petersburgi
Sator (15) berichtet über zwei Fälle von Fibulafrakturen, bei deoeo
eine Durchleuchtung von vorn nach hinten ein negatives Resultat ergeben
hatte, während die seitliche Durchleuchtung die angenommene Fraktur deut-
lich zeigte. Es handelte sich beide Male um eine Fraktur im untersten
Teile des Wadenbeines, die mit beinahe frontaler Querachse von hinten oben
nach vom unten verlief. Es war gar keine laterale Verschiebung der Frag-
mente vorhanden. Dieselben deckten sich in sagittaler Richtung in voll-
kommener Weise. Sator glaubt, dass die Frakturen dadurch zustande
kommen, dass bei extremer Plantarflezion auch zu gleicher Zeit eine gewalt-
same Adduktion des Fusses vorhanden war, welche einen Druck von innen
nach aussen bewirkt und so den postero-anterioren Druck des Calcaneus direkt
auf das Fibulaende erst recht ermöglicht.
Patel (9) demonstriert das Röntgogramm einer isolierten Fraktur der
unteren Hälfte der Tibia. Es war die Lösung neben der Epiphysenlinie er-
folgt und hatte nur die vordere Hälfte des Knochens betroflfen. Von hier
aus ging der Bruch schräg nach oben und hinten, so dass ein hinteres drei-
eckiges Stück der Tibia gewissermassen abgetrennt war. Der Fuss stand
nach hinten, so dass auf den ersten Anblick eine Verrenkung im Tibiataisal-
Gelenk nach hinten vorgetäuscht wurde. Die Reduktion ging leicht.
Unter Beifügung sehr schöner Röntgenbilder bespricht Laue (7) die
Pott sehe Fraktur des Unterschenkels, sowie die Spiralfraktur des Unter
und Oberschenkels^ mit deren operativer Behandlung er ausgezeichnete Re-
sultate erzielt hat.
Franke (4) bringt einen weiteren Beitrag zu der von Volkmann und
Lauenstein beschriebenen Absprengungsfraktur des unteren vorderen Tib«-
randes in frontaler Ebene, der deshalb so bemerkenswert ist, weil weitere
Nebenverletzungen nicht bestanden und der Mechanismus der Verletzung klar
lag. Ein Dragoner sprang, um nicht zu fallen, von einer Treppe 7 Stufen
hoch herunter. Er blieb nach dem Sprung aufrecht stehen, verspürte aber
gleich heftige Schmerzen im Fuss. Das Röntgenbild zeigt, dass von dem
vorderen unteren Tibiaende in frontaler Ebene ein glattes Knochenstück ab-
gesprengt war, dessen Breite an der Basis etwa 2 cm betrug und welches,
nach oben sich verjüngend, mit einer schmalen Brücke von 7 mm Breite
dem Knochen anhaftete. Der hierdurch entstandene Spalt im imteren Gelent-
ende der Tibia betrug an der Basis 2 cm und ragte 4 cm tief in den Knochen
hinein. Die Heilung erfolgte bei Wiederherstellung der Dienstfähigkeit. Die
Verletzung ist also bei stark dorsal flektiertem Fuss erfolgt und es wurde
durch den Sprung der vordere Abschnitt der Talusrolle in senkrechter Richtung
Borchsrd, Verletzungen nnd ohirarg. Krankheiten der unteren Extremität. 969
gegen die vordere untere Schienbeinkante mit grosser Gewalt gepresst. Da-
durch, dass der Verletzte nicht zu Fall kam, wurden andere Verletzungen
Terhütet.
Im Anschluss an die Vorstellung einer Kranken mit einer im Verlauf
von 2 Monaten nicht geheilten Unterschenkelfraktur bespricht Destol (3),
nachdem er in der Sitzung vorher sich schon über das Thema geäussert hatte,
eine Art der supramalleolaren Frakturen, die sich von den übrigen Bruch-
arten der unteren Extremität wesentlich unterscheiden. Sie entstehen durch
indirekte Gewalt und gewöhnlich durch einen Fall auf den Fuss aus geringer
Höhe. Man kann 2 Typen unterscheiden, deren einer einen Schrägbruch von
oben und vom nach unten und hinten, deren anderer einen solchen von unten
vorn nach oben hinten darstellt. Die Reposition und Retention dieser Brüche
ist sehr schwer. Ferner zeigt er zwei Malleolenfrakturen mit einem dritten
hinteren Fragment und bei einem Patienten den Bruch des Calcaneus in
verschiedene Stücke, einen Bruch des Talus, der Malleolen und eine doppelte
Längsfissur der Tibia. Eine Fraktur des Wadenbeines schien sich in ihrem
schrägen Verlauf auf die Tibia fortzusetzen. Zum Schluss demonstriert der-
selbe Autor eine Fract. intracondylica des oberen Endes der Tibia bei einer
60 jährigen Frau.
Ein 39 jähriger Patient Smirnows (14) zog sich einen doppelseitigen
Unterschenkelbruch zu. Rechts war derselbe kompliziert. Gipsverbände. Vom
16. Tage an vorsichtige Massage. Drei Wochen nach der Verletzung wurde,
um die Stellung der Bruchenden zu korrigieren, links ein neuer Gipsverband
angelegt. Va Stunde danach Tod unter dyspnoischen Erscheinungen. Die
Sektion ergab einen verzweigten Embolus in der linken Art* pulmon. An
beiden Beinen waren die Venae tibial. ant. und post. thrombosirt. — Auf
Grund einer Statistik von 37 aus der Literatur gesammelten einschlägigen
Fällen kommt Smirnow zum Schluss, dass die Diagnose der Thrombose
nicht sicher zu stellen ist, man soll daher stets an die Möglichkeit derselben
denken und danach die therapeutischen Massnahmen einrichten.
Hohlbeck (St. Petersberg).
Tacchetti (16) beschreibt einen Fall von geschlossener vollständiger
Fraktur des rechten Unterschenkels mit raschem letalen Ausgang; Ursache
des Todes war eine Fettembolie, die sich über den grössten Teil der Lungen-
fläche verbreitet hatte, aber nicht in den grossen Kreislauf gedrungen war.
R. Giani.
Bei einem Falle von komplizierter Unterschenkelfraktur hatte das obere
Bruchende die Haut durchbohrt in einer Länge von 4 cm (Rebentisch [10]).
Da erst 24 Stunden nach der Verletzung die Reposition vorgenommen wurde,
so fiel dies Stück der Trockennekrose anheim, so dass schliesslich eine wal-
nusgrosse Wundhöhle an der Stelle des Schienbeines neben dem völligen
Fehlen jeder KaUusbildung enstand. Es wurde der Knochendefekt durch freie
Autoplastik aus derselben Tibia gedeckt. Das Resultat war ein sehr gutes.
11. Luxationen im Bereich des Fusses.
1. Bannes, Ober Lnxstionen im Lis fr an eschen Gelenke. Deutsche Zeitschrift für
Chirurgie. Bd. 69. 2—4.
2. *Bardellini, La lussazione dell* alluce in basso complicata irriducibile. Clinica
Chirurg. 1908. Nr. 10.
970 Jahresbericht fflr Chirurgie. II. Teil.
3. BerteUmann, Ein Fall von Loxation des Foeses sab talo nach innen ud lünta.
Münchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 9.
8a. Deutsche Zeitschrift fttr Chirurgie. Bd. 69. Heft 2—4.
4. *Cottard, Subluxation du pied en arridre en dedans aree fracture des os de jaak
Prtoentation de radiographies arec fracture des oa de jambe. Ball, et m^m de U ne.
anat. 1903. Nr.'9.
5. Engelhardt, Eine seltene Hftftgelenksluxation. Deutsche Zeitschrift f&r Chirurgie.
Bd. 69. Heft 5>6.
6. Müller» Beitrag zur Kasuistik der Fnssgelenksluxationen nach hinten. Disseii Beifii
1902.
7. Remedi, ün caso di Inssazione antica completa interna della linea di Chopari GuefcU
degli ospedali 1903. Nr. 20.
8. Vaccari, La lacerazione del legamento astragalo-culcaneare. La clinica chirorgia
1903. Nr. 11.
Bertelsmann (3 n. 4) teilt eine Beobachtung von Loxat pedis sub
talo mit, die entstanden war durch eine heftige Plantarflexion, verbnnden
mit einem kräftigen Schub nach hinten und einem Supinationsimpnls. An^er
der Verschiebung nach hinten bestand auch eine solche nach innen. Der
Talus hatte seine Gelenkflächen am Calcaneus und Os naviculare yerbtss^i,
während seine Verbindung mit der Gabel des Fussgelenkes ganz intakt war.
Verletzungen des Knochens waren nicht vorhanden. Die Reposition gding
in tiefer Narkose durch Verstärkung der Plantarflexion und kräftigen Zug ii
der Richtung der Unterschenkelachse.
Eine sehr seltene Fussgeienksluxation beschreibt Engel bar dt (5.
Über den Hergang der Verletzung ist genaueres nicht zu ermitteln gewföa
Ausser anderen Beschädigungen am übrigen Körper bestand am rechten Fose
eine Luxation des Fusses mit der Fibula nach hinten. Sonst war das Wadeih
bein intakt, nur am Malleolus internus findet sich eine kleine Abrissfraktor.
Die Einrichtung in Chloroformnarkose durch Plantarbeugung, Extension imil
spätere Dorsalflexipn gelang nur schwer. Das funktionelle Resultat war dordi
Vereiterung eines Blutergusses kein gutes.
Aus einem Falle von Fuss Verstauchung mit Lazeration des Ligamentai
astragalo-calcaneum, den er behandelte, zieht Vaccari (8) folgende ScUässe;
a) eine solche Distorsion erfolgt bei mit Extension verbundener Adduköons-
bewegung des Fusses; b) sie unterscheidet sich von dem typischen Sympi»
durch ein Gleitegeräusch, das man bei Seitwärtsbewegungen des Fersenbäss
unter dem Sprungbein vernimmt; c) bei dieser schweren Affektion mnss der
Fuss auf längere Zeit immobilisiert werden; d) sie ist als eine reduzierte Sab-
astragalusluxation zu betrachten. R. Giani.
Bannes (1) sah bei einem 19jährigen Manne eine Luxation des Hittei-
fussknochens nach der medialen Seite hin, die dadurch zustande gekomiea
war, dass dem mit gespreizten Beinen stehenden Patienten ein schwerer
Gegenstand von innen und hinten an den betreffenden Fuss traf. Die B^
sition gelang unter Spinalanästhesie leicht durch Zug am Yorderfnss uoi
direkten Druck auf das luxierte Knochenende. Das funktionelle Resultat nr
insofern kein gutes, als der Patient noch lange Zeit Schmerzen in dem Fosse
empfand.
Im Anschluss an diese Mitteilung stellt Bannes 32 Fälle von TotÄl-
luxation und 33 von isolierten Luxationen im Lisfrancschen Gelenk as
der Literatur zusammen.
Borchard, Verleizangen und Chirurg. Krankheiten der unteren Extremität. 971
Remedi (7) berichtet über einen Fall von vollständiger innerer Luxa-
tion des rechtsseitigen Mediotarsalgelenkes ; dieselbe war durch Sturz vom
Pferde hervorgerufen worden. Die in der Literatur beschriebenen Fälle heran-
ziehend, kommt er zu dem Schlüsse, dass es zwei Varietäten gebe: die laterale
äussere Luxation und die innere ; diese letztere könne, je nachdem das Fersen-
bein seine Beziehungen mit dem Würfelbein verliert oder bewahrt, eine voll-
ständige oder unvollständige sein. Was den Mechanismus derartiger Luxationen
anbetrifft, bemerkt er, dass zur Hervormfung der vollständigen inneren Lu-
xation die Durchschneidung des Ligamentum calcaneo-cuboidum plantare und
die Durchtrennung der beiden Sehnen der Wadenmuskeln erforderlich seien.
R. Giani.
12. Frakturen im Bereich des Talus und Galcaneus.
1. Bahr, Zar Easuistik der Fersenbeinhrüche. Archiv fQr Orthopädie etc. 1903. Bd. 1.
Heft 1.
2. ^Lehmann, Ein Beitrag zur Kasuistik der Fersenbeinbrache. Monatsschrift für Uu-
fallheilkunde 1908. Nr. 10.
Bahr (1) weist nochmals auf eine Beobachtung Malgaignes hin, der
bei einem Präparat den Calcaneus von Frakturlinien durchsetzt fand, ohne
dass äusserlich am Calcaneus viel nachzuweisen gewesen wäre und teilt im
Anschluss daran eine Beobachtung mit, bei dem das Röntgenbild ca. ^/a Jahr
nach der Verletzung nur die Absprengung eines kleinen Stückes aus der Corti-
calis ergab, während die Abtastung des Calcaneus während der Operation an
der äusseren und unteren Fläche Rauhigkeiten ergab, die sich nur durch
kleinere Knochenverletzungen an diesen Stellen erkennen Hessen.
Der Patient hatte bis zur Untersuchung immer über Schmerzen in der
Ferse geklagt.
13. Frakturen im Bereich des Mittel- und Yorderfusses.
1. Blecher, Entstehung der Fussgeschwulst. Deutsche militärftrztiiche Zeitschrift 1903.
Heft 1.
2. *Caccia, Le frattnre dei metatarsi in segaito a marcie. Giomale medico del R. Ezer-
cito 1903. Vol. 51. Fase. 4.
3. II Policlinice 1903. Vol. I. C. Fase. 1.
4. Dupray, Les fractures du mötatarse par cause ibdirecte (pied forc^, Fussgeschwulst
des soldats). Revue möd. de la Suisse romande 1903. Nr. 7.
5. Hoffa, Zur Prognose der kleinen Fusswurzelknochen- und der Metatarsalbrüche. Ärztl.
SachyerstäDdigen-Zeitung 1903. 1 n. 2.
6. '''Jacobs, Ober indirekte Frakturen der Metatarsalia. Dissert. Zürich 1993.
7. N i 0 n , Zur Statistik der Mittelf uBsknochenbrüche. Deutsche uilitfträrztl. Zeitschr. 1903.
Heft 4.
8. Tobold, Zur Kasuistik der Mittelf ussknochenbrüche. Deutsche militarztliche Zeit-
schrift 1903. Heft 9.
9. Vergely, A propos des fractures des mätatarsiens par choc direct. Journ. de möd
de Bordeaux 1903. Nr. 34 u. folg.
Hof fa (5) teilt eine Anzahl von Röntgenbildern bei Verletzungen der
Mittelfassknochen und der kleineren Fusswurzelknochen mit, die zumeist
längere Zeit nach der Verletzung aufgenommen wurden , durch ihren Befund
a.ber geeignet waren, die angeblichen Beschwerden der Patienten zu erklären.
So zeigte sich, dass der Knochenkallus noch lange nach der Fraktur von yer-
bältnismässiger Mächtigkeit ist und dass femer Dislokationen der Bruch-
972 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
enden sehr häufig sind. Da nun besonders die Metatarsalknochen Yon einas
dichten Nervengeflecht umsponnen sind , so können durch diesen Druck er-
hebliche Beschwerden entstehen. Bei yoUständigem Ausbleiben der knöchernen
Vereinigung bohren sich die Bruchenden bei jeder Belastung in die Weichteik
des Fusses ein. Bestehen nun derartige Beschwerden längere Zeit, so bildes
sich durch das Bestreben der Patienten, die schmerzhaften Bewegungen n
vermeiden, Haltungsanomalien des Fusses aus. Es entstehen Klmnpfosse,
Plattfüsse , Knickfüsse mit erhobenem äusseren Fussrande , Hackenfüsse ek.
Es können sich schwere pathologische Veränderungen der Gelenke einsteDen
Hoffa stellt die Prognose obiger Frakturen ziemlich ungünstig qnoad fDn^
tionem. Eine Besserung liesse sich vielleicht erzielen, wenn der Fnss eist
nach vollständiger Erhärtung des EaUus belastet würde.
Vergely (9) teilt 4 Beobachtungen mit, in denen es durch direkte Ge-
walt, Auffallen eines schweren Gegenstandes auf den Vorderfuss, zu Braclieo
einmal des 2. und 3., dann des 2., ferner des 4. und des 2. Mittfussknochens
gekommen war. Seiner Meinung nach sind diese Knochenbriiche durch direkte
Gewalt viel häufiger als man gewöhnlich annimmt. Vielfach werden sie nick
diagnostiziert. Am meisten sind der 2., 3., 4. Metatarsalknochen betroffeL
Als sekundäre Erscheinungen stellen sich Veränderungen in den Fussgelenkes,
schmerzhafte Plattfüsse ein. Man muss hierauf beinahe mehr das Augenmerk
während der Behandlung richten als auf die Fraktur selbst.
Im allgemeinen muss man 2 Monate Behandlujigszeit bis zur Wieder-
aufnahme der Arbeit annehmen.
Die Brüche der Metatarsalknochen durch indirekte Gewalt kommen da-
durch zustande, dass ein Teil des Knochens direkt oder indirekt fixiert ist,
während auf den anderen Teil eine starke Gewalt einwirkt. So können dnrck
forcierte Beugung Rissi'rakturen entstehen und Distorsionsfrakturen dorcli
forcierte Supination. Dupray (4) teilt eine Beobachtung mit, nach derdurck
indirekte Gewalt ein Bruch des 2., 3., 4. Metatarsalknochens an der Basis
zustande gekommen war.
Blech er (1) nimmt an, dass Bruch und Knochenbau tentzündung der
Mittelfussknochen nur als gradweise verschiedene Befunde bei der Fnss-
geschwulst aufzufassen sind und nur bedingt sind durch die Verschiedenheit
der Stärke der Gewalteinwirkung und der Festigkeit der Knochen. Die Fuss-
geschwulst entsteht durch eine abnorme Belastung des mittleren, normaler-
weise nicht belasteten Mittelfussknochen, sie tritt entweder durch eine plötz-
liche Einwirkung äusserer Umstände, wobei eine bestimmte zeitlich ran-
schriebene äussere Veranlassung angegeben wird oder infolge Einsinkens des
Mittel fussknochengewölbes bei starker Erniedrigung ein. Im letzteren Falle
wird keine Ursache oder die Marschanstrengung im allgemeinen angegeben.
Die Fussgeschwulst ist eine Krankheit des Soldaten, weil dieser durch die Ver-
hältnisse des Dienstes öfter gezwungen wird, in ermüdetem Zustande weiter
zu marschieren.
Auf Grund von 12 von ihm beobachteten Fällen und der sehr spärlicien.
die er in der Literatur beschrieben fand, entwirft Caccia (3) ein Bild der
durch Märsche hervorgerufenen Metatarsalknochenfrakturen. Die Fälle be-
treffen Soldaten. — Die Metatarsalknochenfraktur ist ziemlich häufig und die
Diagnose ist meistens ohne Radiographie möglich, weil man den Mechanismiis
der Fraktur kennt. Die Fraktur erfolgt am häufigsten an der Grenze zwisciien
Borchard, YerleizungOD und chirnrg. Krankheiten der unteren Extremität. 973
dem vorderen nnd mittleren Drittel der Diaphyse und beim ü. Metatarsal-
knochen ist sie an der Basis möglich. Nach einer Überanstrengung der Fuss-
mnskeln ist es nie geraten, einen Dauerlauf ausführen zu lassen, weil dann
das in Rede stehende Trauma leicht stattfindet. Die Diagnose ist auch vom
gerichtsärztlichen Gesichtspunkt sehr wichtig und wird sich auf eine ring-
förmige Verdickung stützen, die dort besteht, wo im Augenblicke des Unfalls
sich der Schmerz lokalisiert hatte. Die Ekchymosis, das Knistern, die ab-
norme Beweglichkeit werden sich leicht feststellen lassen. — Die Prognose
ist eine günstige. — Die Behandlung besteht darin, dass man den Patienten
ruhen lässt und Massage und Mobilisation vornimmt; Brucheinrichtung ist
nie notwendig. R. Giani.
Während des 2 jährigen Bestehens sind auf der Bxintgenstation in Berlin
nach Nion(7) im ganzen 575 Fälle von schmerzhafter Schwellung des Mittel-
fasses zur Beobachtung gekommen beim Fehlen jeder vorhergegangenen direkten
Gewalteinwirkung. Bei 330 der photographisch untersuchten Fälle konnte eine
Veränderung an den Mittelfussknochen festgestellt werden, bei 245 wurde eine
Beteiligung derselben nicht gefunden. 118 mal war der linke, 115 mal der
rechte Fuss betroffen. 112 mal der zweite, 98 mal der dritte, 17 mal der vierte,
6 mal der fünfte Mittelfussknochen gebrochen. 4 mal war an demselben Fuss
zweiter und dritter, Imal zweiter und vierter Mittelfussknochen gebrochen;
in 4 Fällen an beiden Füssen je ein Knochen, und zwar 2 mal beide zweite,.
1 mal beide dritte, 1 mal zweiter und dritter Mittelfussknochen. Stärkere Ver-
schiebungen der Bruchenden wurden nur selten gesehen. Nur 74 mal wurde
eine bestimmte Angabe über die Ursache der Verletzung gemacht. In 97 Fällen
liess sich nur eine Verbreiterung des Knochenschattens, keine eigentliche Bruch-
linie entdecken. Bei 30 Patienten waren niemals Beschwerden vorhanden ge-
wesen. Die Verletzung wurde zufallig entdeckt. Die geschilderten Verletzungen
wurden fast ausschliesslich bei Rekruten beobachtet. In der ganzen Zahl
fanden sich nur 3 Unteroffiziere.
Tobald (8) legt seiner Arbeit das stattliche Material von 1500 in
5 Jahren beobachteten Fällen von Fussgeschwulst zugrunde. Unter diesen
fanden sich in 67,3 ^/o krankhafte Veränderungen an den Mittelfussknochen,
und zwar frische Brüche in 49,7 Vo, Knochenhautentzündungen in 11,9 ®/o,
alte Brüche in 5,7 ®/o. In 32,7 ®/o war der Befund negativ. Der linke Fuss
wurde in 26,3 Vo, der rechte in 22,5 7o der Fälle betroffen. Am häufigsten
war der zweite linke Mittelfussknochen (13,2 ^/o), dann der zweite rechte
(10,8 Vo), dann der dritte linke (10,3 <>/o), der rechte (8,7 ^/o) betroffen. Erheb-
lich geringer waren die Brüche des ersten, vierten und fünften Mittelfuss-
knochens. Am seltensten waren die Frakturen des ersten Metatarsus. Ge-
legentlich kamen mehrere frische Brüche an einem Fusse zur Beobachtung.
In einer grösseren Anzahl von Fällen wurde die Erfahnmg gemacht, dass bei
wiederholten Knochenbrüchen an einem Fuss der dem verheilten Knochen-
bruch benachbarte Metatarsus mit Vorliebe zu brechen scheint. In der über-
wiegenden Mehrzahl sass der Bruch in der vorderen Hälfte der Mittelfuss-
knochen.
974 Jahresbericht far Chirurgie. IL Teil.
Die Erkrankimgen der unteren Extremität mit Aasschluss der u-
geborenen Missbildnngen, der DiiTormitaten, Frakturen and Lnxationei.
Referent: F. Suter, Basel.
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48. — Primo tentativo di trapianto auto • plastico di cartilagina epifisaria eseguito nell'
uomo. Arch. di ortopedia 1902. Nr. 5 u. 6.
Um das Wachstum der unteren Femur- und der oberen
Tibiaepiphyse zu studieren, hat Ludloff (21) eine möglichst voll-
ständige Reihe von Radiographien des Kniegelenkes gesammelt, die vom ersten
Lebensjahre bis ins Greisenalter reichen. Er hoffte damit eher dazuzukommen,
die Frühdiagnose der tuberkulösen Erkrankungen der Kniegelenkgegend stellen
zu können. Aus seinen Untersuchungen kann er folgende Schlüsse ziehen:
976 Jahresbericht fQr Ghirargie. II. Teil.
1. Die Epiphysenfnge an beiden Knochen persistiert bis zum 15. Jahre.
Von 2^/4 — 8 Jahren ist hier ganz besonders lebhafte Enochenprodukticm. Von
7 — 16 Jahren entwickelt sich rasch die Tuberositas tibiae.
2. Der Condylus medialis wächst besonders rasch von 2 — 3^/« Jahren,
der C. lateralis dangegen im 4. Lebensjahre; von da an geht das Wachsbim
gleichmässig.
3. Der C. medialis ist in der Radiographie grösser und von weniger
dichter Spongiosa gebildet als der C. lateralis; der letztere zeigt speziell eine
stärkere und dickere Entwickelung von Längsknochenbälkchen.
4. Vom in den Kondylen bleibt ein querer Raum ohne Knochenlängs-
bälkchen.
5. Vom 2. Jahre entwickeln sich auffallend starke Querbalkenzäge in
beiden Knochen.
6. Sobald die Kondylen sich knöchern voneinander differenzieren, treten
in der Incisura intercondyloidea Quer- und Schrägbalkenzüge auf.
7. Vom 25. Jahre ab treten in der Femurepiphyse Merkmale t<ä
Knochenatrophie auf.
In ihrer Publikation handeln Ghillini und Ganevazzi (11) vb
neuem von den statischen Verhältnissen des Femurs, um zweiUn-
genauigkeiten in einem von Bahr über denselben Gegenstand veröffentlichta
Artikel (Zeitschr. f. Orthopäd. Chirurgie Bd. VE) zu rektifizieren. Bahr gibt
zwar zu, dass die Muskeln einen Zug auf das obere Ende des Knochens aie-
üben, lässt sie jedoch, wo er von den statischen Verhältnissen des Femnrs
spricht, unberücksichtigt, sich so in eine Lage versetzend, die dem wirklicha
Tatsachenbestand ganz und gar nicht entspricht; daher die Ungenauigkeita
in seiner Auffassung. Femer behauptet er, dass die Eul ersehe Formel zor
Bestimmung der Last, die der Femur zu tragen vermag, sich nicht auf diesen
Fall anwenden lasse, da der Knochen eine doppelte Flexion und in der Mitte
keine Krümmung hat, wobei er übersieht, dass die in Rede stehende Theorie
nicht nur den Fall eines Gliedes mit frei rotierbaren Enden in Erwign^
zieht, sondern auch den, in welchem die besagten Enden wirklich vinknlist
sind oder auch längs der Achse an intermediären Stellen Muskeln existiercL
(Siehe auch Jahresbericht 1902 p. 1153 und ff.) R. Giani.
Die von Parona (29) beschriebene seltene Anomalie besteht darin
dass der innere Kopf des zweiköpfigen Wadenmuskels oben, statt wie gewdlm-
lich, sich an dem hinteren oberen Teile des Condylus internus des Femur aa-
zuheften, sich gänzlich longitudinal auf der unteren hinteren Medianlinie
des Femur inserierte und so eine mediane Scheidewand zwischen Kniekehlea-
ader und -Arterie bildete. Die Vene war infolgedessen mehr nach ausses.
mehr gegen die Oberfläche gelagert und beschrieb eine krumme, nach inneo
konkave Linie, wohingegen die Arterie, nach innen in einer Sehnenhautscbeide
verlaufend, den Condylus internus des Femur in krummer, nach aussen kon-
kaver Linie streifte. — Verf. führt die in der Literatur beschriebenen dein
seinigen ähnlichen Fälle an. R. GianL
Über die Verkürzungen der unteren Extremitäten und ihre Messunp-
methoden berichtet Schmidt (36) in allgemeiner Weise; er unterscheidet
neben den allgemein geläufigen reellen und scheinbaren Verkürzungen die
Adduktionsverkürzung, bedingt durch Verschiebung der beiden Beckenhälften
zueinander und die Schrittverkürzung, welche zustande kommt durch Eom-
Suter, Yerletsuiigeii and chirnrg. Krankheiten der unteren Extremität. 977
bination der Addaktionsyerkürzung mit der oben genannten. Seine Messnngs-
methoden differieren nicht an dem allgemein Bekannten.
Havemann (14) beschreibt ein 2 kg schweres Holzbein, das mit
einer Holzhülse den Stumpf umschliesst nnd eine nene Art von Metall-
schamieren besitzt, die sich bei der grössten Belastung weder sperren noch
verbiegen. Ein billiges nnd fiir die Massenpraxis sich eignendes Stelzbein,
das ans Metall gearbeitet ist, aber nicht schwerer sein soll als ein Holzbein,
beschreibt y. Hoyorka(16). Dasselbe besteht aus einer Drahthülse, die mit
Factis (in der Gummifabrikation verwendet) gepolstert ist, aus einer Stelze
aus einem Stahlrohr und einem drehbaren Ansatz mit Gummipuffer. Er emp-
fiehlt femer warm, die Amputation nach Rücksprache mit dem Orthopäden
so zu machen, dass überhaupt eine gute Prothese angelegt werden kann ; denn
der Stumpf soll sich nach der Protheee richten. Femer verlangt er eine
zielbewnsste Nachbehandlung nach Amputationen, die in Massage und Gym-
nastik des Stumpfes zu bestehen hat. — Eine Lederhülse für das Knie-
gelenk beschreibt Köhler (19). Dieselbe ist kurz, trägt seitliche Stahl-
schienchen, die durch Nietenschamiere yerbunden sind, über das Knie ein
Stück Gummistoff und hinten Sämisleder. — Abnehmbare Gehyerbände aus Gips
mit Zelluloid überstrichen empfiehlt Ritschi (32); er beschreibt die Technik
dieser Verbände eingehend. Sie empfehlen sich ganz besonders bei Verletzungen
der unteren Extremität, die eine frühe Mobilisation der Gelenke und Be-
handlung der Muskeln yerlangen. Die Methode passt aber für alle Arten yon
abnehmbaren Verbänden.
Die Möglichkeit der Transplantation des Epiphysenknorpels
yon einem Knochen auf den anderen hat Zoppi (47, 48) durch Tierexperimente
(wie früher schon andere) nachgewiesen, und die Operation auch am Menschen,
wie er glaubt, mit Erfolg ausgeführt. Bei einem 12 jähr. Mädchen, bei welchem
durch Osteomyelitis die Tibia hinter der Fibula im Wachstum zurückgeblieben
war, weil der Epiphysenknorpel im zentralen Teile zerstört war, wodurch eine
Varusstellung des Fusses erfolgte, machte Zoppi eine keilförmige Osteotomie
der Fibula und entnahm ihr mit dem Knochenkeil einen Teil des Epiphysen-
knorpels. Die Tibia osteotomierte er linear und pflanzte an die Stelle, wo
deren Epiphysenfuge sich im Radiogramm zerstört zeigte, den der Fibula ent-
nommenen Keil ein. Der Keil mit dem Epiphysenknorpel heilte ein und war
2 Monate später radiographisch nachweisbar. Zoppi hofft, dass der Knorpel
auch funktionieren, d. h. wachsen werde, weil er bei Tieren nachgewiesen
hat, dass bei erwachsenen Tieren, bei denen der Epiphysenknorpel seine
Tätigkeit aufgegeben hat, auch ein transplantierter Epiphysenknorpel rasch
der Atrophie anheimfällt und nach 15 — 20 Tagen nur noch in Resten yor-
handen ist.
Bei 291 skiagraphischen Fussaufnahmen hat Nion (28) 13 mal, d. h. in
4,4% das yon Bardenheuer beschriebene Os trigonum angetroffen, das
dem Os lunatum der Hand entspricht. Dasselbe liegt an der hinteren Sprung-
beinfläche und stellt eine 10 — 17 mm grosse Knochenscheibe dar, das fälsch-
licherweise oft für ein yom Sprungbein abgesprengtes Knochenstück gehalten
wurde. Über einen solchen Fall, bei dem das Os trigonum anfänglich falsch
gedeutet wurde, berichtet Mosel ey (26).
Voll brecht (43) betont speziell Keim gegenüber und auf 2 yon ihm
pubUzierte Fälle yon isolierter Talusfraktur hinweisend (Fortschritie auf dem
Gebiete der Röntgenstrahlen Bd. m), dass praktisch die Frage, ob ein
Jahresberiehfc fOr Chirargie 1903. 62
978 Jahresbericht f&r Chirurgie. II. TeiL
abgebrochenes Tuberculum taii posticum oder ein in seiner Bandfizabon Ter-
letztes Os trigonum vorliege, ganz irrelevant sei, wenn eine Störung der
Funktion des Sprunggelenkes und ein zirkumskripter Dmckponkt des Kuocheu
zu konstatieren sei. Es liegt dann eben eine Verletzung des Bandappanies
an der Rückseite des Sprunggelenkes vor.
Schmidt (37) präparierte an Leichen den Streckapparat des
Kniegelenkes und stellte anatomisch das fest, was klinisch aus derPatko-
logie der Patellarbrüche allgemein bekannt ist, dass die Patella und dasUg.
patellare nicht die einzige Fortsetzung der Extensoren sind, sondern dass oock
ein seitlicher Hilfsstreckapparat besteht. Zur Bildung dieses letzteren ver-
flechten sich die Fasern der allgemeinen Körperfaszie entsprechend dem lig.
intermusculare extemum und intemum, die Fascia lata, endlich die Sehneai
des gesammten Muskelapparates. Dieser Reservestreckapparat erklärt ^
dass bei Patellarfrakturen die Streckfunktion trotz des Bruches eriiattes
sein kann.
Die Lage der Achillessehne bei verschiedenen Fussstellungen und bei
Kontraktion der Wadenmuskulatur hat Athahegian (3) durch exakte
Messungen und Berechnungen zu bestimmen versucht. Es resultiert aus dies»
Beobachtungen, dass die Krümmung der Achillessehne, welche eine nach jcm
konvexe Linie darstellt, bei gestrecktem Knie und Erhebung auf die Zehei
grösser ist als bei gebeugtem Knie und Sohlenstand des Fusses.
Die Frage, ob man die Muskeln der Aussen- und Innenseite des Ober-
schenkels an die Kniescheibe annähen könne und für die Streckfunktion
ein Resultat erziele, hat Stiassny(41) experimentell an Kaninchen geprüft
Er unternahm die Prüfung in der Absicht, zu untersuchen, ob sich die Me-
thode für veraltete Patellarfrakturen eignet. In seinen Versuchen hat er tob
einem Längsschnitt aus den Quadriceps quer durchschnitten, dicht an der
Patella, und die nächstgelegenen Muskelgruppen nach Ablösung von ihm
Insertionspunkten von der Aussen- und Innenseite des Oberschenkels mit im
oberen Kniescheibenrande vernäht und den retrahierten Quadriceps mit ünm
verbunden. Die funktionellen Resultate waren gut, nach 4 Wochen branchtai
die Tiere ihr Bein in der altgewohnten Weise. Auch aliatomisch zeigte sick
bei der Autopsie Erhaltung des operativ erzielten Resultates. Vulpius(44)
hat ähnliche Sehnenüberpflanzungen am Oberschenkel an 20 Kranken zur
Vermeidung der sekundären Beugekontraktur mit gutem Erfolge ausgefilirt
(nach Heusner). Er näht die von zwei hinteren Schnitten aus abgetrenntai
Muskeln vom an den oberen Elniescheibenrand an. Er zieht das Verfabroi
der Sehnenverlängerung durch Seidenzöpfe (nach Lange) vor.
Zur operativen Behandlung der Per oneus-Lähmu ng macht Deutsch-
land er (8) einen Vorschlag. Er hat in 2 Fällen eine Methode gebraucht
die er für allgemein brauchbar hält und deshalb empfiehlt. Zuerst wird durch
die Bayer sehe Plastik die Achillessehne verlängert, um den Fuss bequem
in Dorsalflexion bringen zu können. Dann wird der periphere Sehnenstuopf
des Tibialis anticus lateral um den Knöchel gezogen* und in die Achillessehne
eingepflanzt. Das periphere Sehnenende des Extensor dig. communis wird ia
die Sehne der Flexur dig. communis vernäht. Die Muskelstümpfe des M.
tibialis ant. und Extensor dig. communis werden mit der Kreuzungsstelle ihrer
verlagerten Sehnen vernäht und der Fuss nach Naht der Hautwunden ü
starker Dorsalflexion eingegipst. Die Vorteile, die Deutschland er diesen
seinem Verfahren nachrechnet, sind alle theoretischer Natur ; die 2 operieriefl
Snter, Verletzongeii nnd ckimrg. Krankheiten der unteren Extremität. 979
F&Ile haben noch keine fertigen Erfolge aufzuweisen. — Witt eck (46) ver-
breitet sich über die Sehnentransplantation für die choreatischen Formen
infantiler Kinderlähmung. Er hat in einem Falle, der hauptsächlich die unteren
Extremitäten betraf, eine ganze Reihe von Sehnendurchtrennungen am Ober-
schenkel vorgenommen und Beugemuskeln an die Patella genäht und Spasmen
xmd choreatische Bewegungen zum Teil ganz verschwinden gesehen; auch
wurde eine ganze Reihe willkürlicher Bewegungen möglich. Als Ursache der
Besserung vermutet Witt eck die Einschaltung neuer zentripetaler Reize durch
die Sehnentransplantation. — Moullin (27) hat wegen einer hartnäckigen
Bengekontraktur im Kniegelenk infolge rheumatischer Arthritis die Sehne des
Biceps auf den Streckapparat transplantiert.
Jones (17) hat 839 Fälle von spastischer Paralyse bei Kindern
gesammelt, wovon 510 hemiplegisch, 30 monoplegisch, 142 paraplegisch und
157 diplegisch waren. Die Behandlung der infantilen Hemiplegie ist viel
weniger aussichtsvoll als die der Diplegie. Die wirksamen Mittel bei allen
spastischen Zuständen sind monatelange Lagerung in der den spastischen
Muskeln entgegengesetzten Stellung, Tenotomie und Sehnenüberpilanzung. Doch
wird mit all diesen Mitteln sehr wenig an Dauerresultaten erreicht, wenn
nicht eine lange sorgfältige Nachbehandlung folgt, bei der man dem Kinde
Interesse an seinen Übungen einflössen muss und es vor allem nicht durch
Ungeduld und Tadel entmutigen darf. Maass (New- York).
Jaboulay hat ohne Erfolg die Anastomose von Arterie und
Vene versucht in der Hoffnung, in Fällen von Arteritis obliterans der unteren
Extremität, die zur Gangrän des Beins führt, die drohende Gangrän vermeiden
zu können. Über den Fall berichten Gallois und Pinatelli (10). Dem
betreffenden Kranken war schon die eine Extremität amputiert worden, die
andere zeigte auch Anfänge von Gangrän. Es wurde, um dem Unterschenkel
arterielles Blut zuzuführen, eine seitliche Anastomose zwischen Vene und
Arteria femoralis gemacht. Ein Erfolg wurde aber nicht erzielt. Aus den
anatomischen Verhältnissen, aus Tierversuchen von anderen Beobachtern erklärt
sich der Misserfolg so, dass die Venenklappen dem arteriellen Blut ein un-
überwindliches Hindernis sind.
Die Gangrene foudroyante teilt Kropäö (20) folgendermassen ein:
1. Gangrene foudroyante Fraenkel s. Scierosis emphysematosa Fraenkel,
durch Infektion mit dem B. emphysematosus Fraenkel. Charakterisiert durch
primäre Gasentwickelung mit fortschreitender Sklerose, die oft in Gangrän
übergeht und ohne alle Entzündung verläuft.
2. Phlegmone emphysematosa. Phlegmone mit gemischter Infektion, pri-
märer Bildung von Eiter, sekundärer von Gas und häufig von Gangrän.
3. Oedema malignum gehört nicht zu den gasbildenden Affektionen;
ist eine selbständige Infektionskrankheit, charakterisiert durch Ödem und In-
filtration und nebensächlicher Gasentwickelung.
Krop&ö beschreibt in seiner Arbeit einen Fall der ersteren Art, eine
Scierosis emphysematosa, die nach einer Schussverletzung aufgetreten und
durch den spezifischen Bacillus hervorgerufen war.
Zur Freilegung des Hüftgelenkes empfiehlt v. Bergmann (5)
den Larghischen Bogenschnitt. Derselbe folgt von der Spina ant. zur Spina
post. der Crista ilei. Der Musculus glutaeus maximus medius und minimus
werden von ihren Ansatzstellen losgelöst. Das Periost wird bis zur Incisura
ischiadica geschont und erst von hier ab mit dem Weitteillappen abgelöst.
62*
980 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil
Dadurch wird die Art. glutaealis sup. geschont y. Bergmann hat sich bei
50 Operationen von partiellen und totalen Darmbeinresektionen zum Teil mit
Hüftgelenksresektionen überzeugen können, dass der Schnitt das Hüftgelenk
übersichtlich und schonend frei legt und dass die funktionellen Resultate git
sind. Auch bei veralteten traumatischen und angeborenen Hüftluxationen ist
der Schnitt zu empfehlen. Bei einem 22jährigen Mädchen, mit angebcffener
Hüftverrenkung hat sich der Schnitt so bewährt und sich trotz seiner Gras
als so schonend erwiesen, dass v. Bergmann glaubt, denselben auch für
Hüftgelenksreduktionen jüngerer Individuen empfehlen zu dürfen.
Die Exarticulatio interileo-abdominalis hat Morestin (24
und 25) bei einer jungen Frau mit Beckensarkom gemacht. Die Fran starb
und Morestin will sich für Beckensarkome nicht mehr zu dieser Openitioi
entschliessen. Bei schweren fistulösen Koxitiden mit Erkrankung des Dano-
beins rät er, die Operation zweizeitig zu machen. In der ersten Sitzong
wird der Oberschenkel exartikuliert und in einer späteren das DarmbeiD
ausgeschält.
Über die Erfolge, welche man durch die Hüftexartikulation be
Sarkomen des Femur erzielt, verbreiten sich Qu^nu und Desmares (311
Sie sind überrascht, wie wenig gute Dauererfolge trotz guter Technik m^
guter operativer Erfolge erzielt worden sind. Von 60 aus der Literatur g^
sammelten Fällen überlebte 1 das zweite, 1 das dritte, 2 das fünfte, 2 das
sechste und 1 das siebente Jahr. Da von verschiedenen Seiten auf das frühzeitig»
Eindringen der Femursarkome in die Weichteile hir^ewiesen wird, spesiell
in die Adduktoren, machen Verfif. Vorschläge zur Änderung der Methode,
um die Erfolge womöglich zu bessern. Sie verlangen Abtragung der Beckeih
muskulatur und der Adduktoren hart an ihren Ursprüngen. Sie bilden evm
inneren Lappen und unterbinden zuerst die Schenkeigefasse, dann werden dk
am Os pub. und isch. entspringenden Muskeln an ihren Ansatzstellen am
Knochen abgetragen und zur Deckung der Beckenfläche nach Elxartiknlatioii
des Femur nur der M. glutaeus max. erhalten. — Sie operierten nach dies«
Methode am 1. Dezember 1899 eine Frau mit Sarkom oberhalb des Knies
und dieselbe befand sich im März 1903 noch ganz wohl.
Die Frage, ob man einen Kranken besser helfe, wenn man ihn in der
Hüfte exartikuliere oder wenn man ihm ein stark verkürztes Bein erhalte, hat
Rose (33) dahin beantwortet, der Zehschuh sei vorzuziehen. Er hat einer
Patientin mit Hüftluxation rechts, Synostose der linken Hüfte in schlechter
Stellung, winkliger Knickung des linken Oberschenkels, linkem Schlotterknie,
die rechte Hüfte reponiert, die linke Hüfte und das Knie reseziert, den linkei
Oberschenkel osteotomiert, ein 18 cm zu kurzes Bein erzielt und die Kranke
mit einem Zehschuh statt mit einem exartikuliertem Bein und ganzer Bein-
prothese zum Gehen gebracht.
Marion (22) beschreibt die Resektion des Knies ohne Eröff-
nung der Kapsel, die er als neue von ihm inaugurierte und an 9 Kranken
mit gutem Erfolg in Anwendung gebrachte Methode beschreibt, eine Methode,
die von Kocher und anderen schon längst im Prinzipe Verwendung findet
Marion macht einen vorderen Lappenschnitt, präpariert die vordere Gelenk-
fläche, schält den oberen Rezess aus, durchsägt den Femur, isoliert die hintere
Gelenkkapsel und durchsägt die Tibia. Die Patella bleibt an der Kapsel;
sie wird vom Quadriceps abgetrennt; Marion entfernt nach gemachter Be-
Sektion die E s mar ch sehe Binde, um eine exakte Blutstillung zu machen.
Snter, Verletzungen und ohirarg. Krankheiten der unteren Extremität. 981
Das Ligamentum pat^llare wird mit der Quadricepssebne vereinigt, die Wunde
bis auf zwei Drainstellen geschlossen. Von den 9 so operierten Fällen ver-
liefen 7 gut, einer wurde infiziert und später amputiert. Bei ^inem gelang
die völlige Exstirpation alles Kranken nicht, da die Tuberkulose die Kapsel
überschritten hatte und der Kranke erlag der Fisteleiterung und fortschreiten-
der Tuberkulose. In einem weiteren Falle ist der Erfolg nicht absolut gut,
da die Konsolidation keine völlige geworden ist. — Der Nachteil der Methode
besteht darin, dass man von vorneherein 6 — 7 cm Knochen opfert, ohne
sicher zu wissen, ob eine so ausgedehnte Resektion wirklich nötig ist, dafür
hat man aber den Vorteil, nach einer guten, kurzen und eleganten Methode
zu operieren und sicher keine sekundären Impfungen mit tuberkulösem Material
zu machen. Die Methode ist deshalb in allen Fällen angezeigt, die klinisch
als primäre Knochentuberkulose imponieren.
Ein warmer Verteidiger der osteoplastischen Amputation nach
Gritti ist Balacescu (4). Nur sie allein gibt sicher tragfähige Stümpfe:
Die Methode von Sabanejeff, die ein gesundes, oberes Ende der Tibia
verlangt, ist weniger sicher und weniger allgemeiner Anwendung fähig. Bala-
cescu hat 111 nach Gritti operierte Fälle zusammengestellt, die 103 Hei-
lungen und 8 Todesfälle gaben, also eine Mortalität von 7®/o. Aucjh Bus-
siöre (6) empfiehlt die Grittische Methode aufs wärmste und wünscht der-
selben speziell in Frankreich mehr Verbreitung, wo immer noch die Knie-
exartikulation mit Entfernung der Patella gemacht wird. Auch gegenüber
der suprakondylären Amputation hat die Grit tische Methode Vorzüge, die
in der grösseren Länge des Stumpfes, in einer geringeren Atrophie des Quadri-
ceps und in dem Umstände bestehen, dass die Endfläche des Stumpfes in
gleiche Höhe mit der Gelenklinie des anderen Beines fällt. Bussifere hat
mit einigen Modifikationen an der klassischen Methode vier Kranke operiert
und ist mit den Resultaten sehr zufrieden. So sägt er die Patella und den
Femur schräg ab und fixiert die erstere mit Silberdraht. Ferner näht er die
Oberschenkelsehnenstümpfe an den Seiten wänden der Patella fest. — Roux de
Brignoles (34) empfiehlt ebenfalls aufs wärmste die Grittische Operation,
da sie ihm in drei Fällen ausgezeichnet leistungsfähige Stümpfe geliefert hat.
Über den einen der Fälle berichtet er einlässlich. Meriel (23) teilt einen Fall
Grit tischer Operation mit, den er 3 Jahre nach der Amputation untersuchen
konnte. Der Unterschenkel war bei dem 38 jährigen Manne wegen eines
Sarkoms der Tibiaepiphyse entfernt worden. Der Dauererfolg war ein vor-
züglicher und Meriel empfiehlt die Methode als weitaus die beste aller Ober-
schenkelamputationen.
DieosteoplastischenUnterschenkelamputationen der Rehn-
schen Abteilung stellt Amb erger (2) zusammen und vergleicht besonders die
Resultate der Bier sehen Operation mit der viel einfacheren Methode der
Markauskratzung nach Bunge. Unter 15 nach Bier operierten Fällen kamen
3 operative Misserfolge vor; nach 3—4 Wochen musste der Knochendeckel
entfernt werden, da er nekrotisch wurde. In einem weiteren Falle trat diese
Lösung nach einigen Monaten ein und machte den Stumpf schmerzhaft und
unbrauchbar, während in den 3 anderen Fällen das Resultat auch ein gutes
war. Die nach Bunge operierten Patienten (Nachauskratzung und Periost-
lappenbildung) zeigten bei späterer Radiographie weder Mark noch Periost-
kallus und hatten alle sehr gut funktionierende Stümpfe. Für alle Fälle, für
die nicht eine sichere Primärheilung zu erwarten ist, wäre also das Bunge sehe
982 JahreBberioht fOr Ghirargie. IL Teil.
Verfahren von vorneherein das bessere. — Auch die Mitteilungen von F rommer|9)
beweisen, dass die Bier sehe Methode häufig Nekrosen mit schlechtem Eol-
resultate gibt. Als Ursache dieser Nekrosen des Enochendeckels sieht Frommer
die Loslösujfg desselben von Hautmuskeln an. Seine Verbesserung bestellt
darin, dass er einen Hautperiostknochenlappen bildet, nach einer g^um be-
schriebenen Methode. 30 Fälle hat er so operiert und bei keinem kam es
zur Knochennekrose, es heilten fast alle primär. Schon nach wenigen Tagm
war der Stumpf gegen starken Druck unempfindlich. Das Verfahren ist for
Frommer das Normalverfahren bei Amputationen in der Diaphyse desObei-
oder Unterschenkels. Es hat den Nachteil, dass es technisch etwas schwierig
ist und deshalb in Fällen, wo sich eine sehr rasche Amputation empfiehlt,
nicht zur Anwendung kommen kann.
Manninger (21a) empfiehlt als einfachstes Verfahren, um braachbve
Amputationsstümpfe für unmittelbare Belastung zu erreichen, angelegentlicbi
die Bunge sehe Methode (Bunge, Deutsche medizin. Wochenschrift 1899.
Br. 22—23).
Die Vorteile derselben gegenüber den anderen Methoden sind folgende:
1. Die Bildung des Stumpfes verlangt die einfachste Technik.
2. Nach aseptischer Heilung ist der Stumpf für unmittelbare Belastang
geeignet.
3. Ein weiterer Vorteil des B ungesehen Stumpfes gegenüber den (»teo-
plastischen Stümpfen ist der, dass er um 4 — 5 cm noch länger ist als jene
(wir ersparen das zur Osteoplastik nötige Knochenstück der Tibia!).
4. Unmittelbar nach der Wundheilung können wir die provisorisclie
Gipsprothese anwenden, wodurch die Nachbehandlung sich sehr verkürzt
5. Die definitive Prothese selbst ist höchst einfach, verlangt keinen ge-
übten Mechaniker, wie ansonsten; dabei ist sie billig und macht denKrankeD
vollkommen arbeitsfähig.
Manninger begründet seine Erfahrungen nach einer vergleichesdeD
Durchführung der osteoplastischen Methode von Pirogoff-Lefort mrf
Gleich, der langwierigen Methode von Hirsch und der geschilderten B unge-
sehen Methode, — im ganzen bei 11 Fällen des letzten Jahres.
Quenu (30) hat nach Bier in einem Falle ein vorzügliches Besaltit
erzielt. Er hatte bei einem 22 jährigen Manne wegen traumatischer Gangiio
des Fasses wegen des septischen Zustandes erst eine einzeitige Ampnt&tioii
über dem Fusse gemacht und später sekundär mit dem Bier sehen Verfahreo
den Unterschenkel amputiert. Er hat nur die Tibia gedeckt, die Fibnla 5 an
weiter oben als die Tibia durchsägt.
Jonnescu (18) operierte 3 mal nach einer Methode, die sehr ähfilidi
der Bier sehen Operation aussieht und welche in der Bevue de Chirurgie in
Jahre 1897 vom Verf. beschrieben wurde. Stoianoff (Pleyna).
Cornil und Morestin (7) suchen sich die Tatsache zu erklären, dass
bei Kindern nach Amputation eines langen Röhrenknochens (Femur, Hamens)
eine progressive Verdünnerung und Zuspitzung des Knochens vor sich gd»t,
so dass sieb spitz-konische Amputationsstümpfe bilden. Sie berichten über
einschlägige Beobachtungen und histologische Untersuchungen. Histologisch
handelt es sich in solchen Fällen um eine Osteitis rareficans des Knochen-
stumpfes, die zur Ausfaserung und Zuspitzung des Knochens fuhrt. Hencr-
gerufen ist sie durch das Wachstum des Knochens, der rascher als die Weick-
Sater» Verletsungen and chirarg. Krankheiten der anteren EztremitAt. 963
teile wächst. Der Dmck der Weichteile irritiert dann den Knochen und führt
zur rarefizierenden Entzündung.
Auf Grund von zahlreichen, in der chirurgischen Klinik in Florenz von
ihm ausgeführten Fussrektionen veröffentlicht Stori (42) eine vollständige
mit vielen Illustrationen versehene Monographie über den Gegenstand. Verf.
beschreibt zunächst 11 Fälle von Sprunggelenkresektion bei 3 — 40 jährigen
Individuen. Er bediente sich stets des von Colzi seit 1886 in der Floren-
tiner Klinik angewendeten Verfahrens , das folgendes ist: S-förmiger Schnitt
auf der Aussenseite des Tibiotarsalgelenks ; derselbe beginnt 6 cm oberhalb
des äusseren Knöchels, zieht nach unten bis hinter das Wadenbein, umkreist
den Knöchel, verläuft nach vom bis gegen die Sehne des vorderen Waden-
mnskels und dann wieder nach unten, eine Strecke weit der genannten Sehne
folgend. Den Schnitt vertiefend, durchschneidet und verlagert man die Sehnen
der Mm. peronei, hebt die Sehnen der Streckmuskeln samt dem Nerven und
den vorderen Schienbeingefassen in die Höhe und legt so den ganzen vorderen
Teil der Sprungbeingelenkkapsel, den vorderen äusseren Teil des Sprungbeins
mid die Articulatio astragalo-scaphoidea frei, welche letztere man eröffnet.
In die Fusswurzel eindringend, durchtrennt man die Verbindungen zwischen
Sprungbein und Fersenbein, durchschneidet das Lig. calcaneo-peroneum und
das Lig. peroneo-astragalicum ant., jede Verletzung der Sehnen der Mm. peronei
vermeidend, schneidet den vorderen Teil der Gelenkkapsel ein dort, wo sie
sich am Schienbein inseriert und drängt dann durch eine Adduktionsbewegung
des Fusses das Sprungbein aus der Wunde heraus; das Sprungbein, das man
mit der Hand oder mit einer Pinzette fasst, lässt sich nach Durchtrennung
des Lig. deltoides, des Lig. astragalo-peroneum und des Lig. astragalo-cal-
caneum post. leicht entfernen. Von der Wunde aus kann man, durch einen
den hinteren Teil des Schien- und des Wadenbeins streifenden Schnitt, das
Schienbein-Wadenbeinende leicht luxieren und resezieren. Man kann dann
das Sprungbeingelenk in allen seinen Winkeln gut übersehen und die erkrankte
Synovialmembran vollständig abtragen.
Der postoperative Verlauf war in allen Fällen ein ausgezeichneter, so
dass der erste Verband nach ungefähr einem Monat entfernt werden konnte.
Die endgültigen Resultate waren sowohl in orthopädischer als in funktioneller
Hinsicht gute. In allen Fällen fand unmittelbare Vereinigung statt; nur in
2 Fällen traten nach einem Jahre zirkumskripte Manifestationen der Krank-
heit auf, die nach Eröffnung des Abszesses, der sich gebildet hatte, heilten;
auch in diesen Fällen war das endgültige Resultat ein gutes.
Hatte die Tuberkulose im vorderen Tarsus ihren Sitz, dann operierte
Verf. nach dem Obalinsky sehen Verfahren; hatte sich die Affektion auch
auf den hinteren Tarsus erstreckt, dann trug er gleichzeitig auch das Sprung-
bein ab. Auch in diesen (6) Fällen erhielt Verf. befriedigende orthopädische
und funktionelle Resultate.
In 14 Fällen von Eingriffen am Fersenbein hatte Verf. 11 Heilungen
und 3 Rezidive. — In 4 Fällen von zirkumskripter Resektion des Tarsus hatte
er keine guten orthopädischen Resultate: Fes valgus in 1 und Pes varus in
2 Fällen. — In Fällen von angeborenem Klumpfuss (11 Operationen) wurde,
je nach der Art der Verunstaltung, die Astragalektomie nach dem Colzi-
schen Verfahren oder die keilförmige Tarsektomie vorgenommen; die ortho-
pädischen und funktionellen Resultate waren sehr gute.
d84 JahreBbericht Ar Cbinirgie. II. Teil.
In Fällen von paralytischem Elampfnss (7 Operationen) wurde die Ar-
throdesis vorgenommen mit gutem orthopädischen Resultat. B. GianL
Die osteoplastische Resektion des Fasses nach Mikulicz
findet inWieting (45) einen warmen Befürworter. Da, wo nicht die Mög-
lichkeit, eine gute Prothese zu bescha£fen, besteht, ist eine plastische Open-
tion von gewaltigem Vorteil. Wieting erläutert an 5 Beispielen aus seiiier
operativen Tätigkeit die vielseitige Verwendbarkeit der Methode, die bei der
Entfernung einzelner Teile und fast des ganzen Fusses sich gleichmassig bewährt
Schon in einer früheren Arbeit (s. diesen Jahresbericht 1902, p. 1162)
hat Samt er (35) über 8 Fussexartikulationen, die mit dem Zirkelschoitt
operiert wurden, berichtet ; die Zahl der Operierten beträgt jetzt 12. Wo die
Pirogoffsche oder Symesche Operation nicht mehr möglich sind, bietet
diese Methode den Vorteil des langen tragfahigen Stumpfes ; hauptsachlich lut
die Operation bei der arterio-sklerotischen Gangrän ihre Bedeutung, denn sie
ist in kürzester Zeit ausführbar und macht die Konstriktion des Ghedes nicht
nötig, verlangt nur eine kleine Hautbedeckung, die gute Emährungsverhilt-
nisse hat, so dass die Stümpfe in allen Fällen belastungsfähig wurden. Wem
Sa mter seine 22 Fälle arteriosklerotischer Gangrän mit 40 Fällen der Jenenser
Klinik vergleicht, wo die Amputatio femoris gemacht wird, so ergibt sich fol-
gendes Mortalitätsverhältnis : Einfache Fälle arteriosklerotischer Gangrän ge1)en
in Jena 47,8 ®/o, bei Samt er 8,3 °/o resp. mit 2 nicht operierten Fällen 21,4 V
Mortalität. Diabetische Gangrän in Jena 78 Vo, bei Samt er 25°/o, resp. nrit
2 nicht operierten Fällen 50 ^/o Mortalität.
Gibbon (12) hat bei einem 50jährigen Manne wegen schwerer Fn»
gelenkstuberkulose die Unterschenkelamputation machen müssen und ist dabei
mit lokaler Anästhesierung der Nerven durch Kokain ausgekommen
Er legte unter Infiltrationsanästhesie mit Schi eich scher Lösung denNenus
ischiadicus und femoralis frei und injizierte in die Nervenstämme 1 7o Kokam-
lösung. Nach 8 Minuten trat Anästhesie ein, die für die Unterschenkel-
amputation eine vollkommene war. — Alderich(l) berichtet über eine hol»
Unterschenkelamputation, die bei einer 38 jährigen Frau wegen Tibianekrose
und Hautulzerationen unter Hypnotismus ohne Schmerzen für die Patientin
vorgenommen wurde.
B. Erkrankung^en und Yerletsungen der Weiehteile.
a) Haut und Anhangsgebilde.
1. Die hl, ünterschenkelgeschwfire. Priessnitz, Aderlass, Lichtbehandlang. Zeitsdinfi
fOr diätetische und phyBikalische Therapie 1903. Bd. YII. Heft 7.
2. Hardouin, Kyste söreax cozigönital de la jambe avee öpithölinm k cils vilmtSei-
Arohiires provinciales 1903. Nr. 4.
3. Markowicz, Das Protargol in der Therapie der ünterschenkelgeschwttre. Medidmflekf
Blätter 1903. Nr. 13.
4. Ohmann-DnmeBnil, A good method of treating chronic olcos croris. Si Lods
med. ant. sorg. joom. 1903. December.
5. Riese, £in Fall von Schindung des Beines. Freie Vereinigung der duralen Berlin
13. Juli 1903. Ref. Zentralblatt far Chirurgie 1903 Nr. 50. p. 1376.
6. Tonsey, An Operation for paronychia, or "run-round". Medical News 1903. Aprflll
7. Vladir, M. F., Atheroma praepatellare. Orvod Hetilap. 1902. Nr. 43.
Zur Behandlang des Ulcus cruris empfiehlt Ohmann-Dumesnil (4)
Auskratzen derselben und Abtragen der aitfgeworfenen Bänder; die Bluton;
Sater, YerletzuDgen udd chinirg. Eranklieiteii der unteren Extremität. 965
wird durch Kompression gestillt und die Nachbehandlung mit Borinin-Kom-
pressen gemacht. Die Überhäutung und Heilung wird so rasch erzielt. —
Markowicz(3) empfiehlt zur Behandlung des Ulcus 10 ^/o Protargolglyzerin-
lösung, oder eine Protargolpaste und hat gutes von dieser Therapie gesehen.
— Diehl (1) empfiehlt für einfache Fälle Priesnitzüberschläge und elastische
Kompression, bei Infiltration in der Umgebung Blutentziehungen, bei Schwierig-
keiten der Epidermisierung blaues elektrisches Bogenlicht, bei atrophischen
Zuständen mit glänzender Haut Massage, heisse Duschen und Bestrahlung mit
rotem elektrischen Licht.
Über einen Fall von Schindung des Ober- und Unterschenkels be-
richtet Riese (ö). Die vorgeschls^ene Exartikulation wurde von dem 16 jäh-
rigen Kranken verweigert. Derselbe machte einen Tetanus durch und ¥nirde
dann in 3 Sitzungen durch Transplantationen hergestellt. Beim zweiten und
drittenmal musste die Haut von den vorher schon verwendeten Stellen ent-
nommen werden.
Zur Operation der Paronychia empfiehlt Tonsey (6), nicht die
Haut zu durchschneiden, sondern dieselbe vom !NlgeI mit einem Messer zu
trennen, damit der Eiter Abfluss habe und die Höhle sich desinfizieren lasse.
Eine angeborene Cyste, die von Flimmerepithel ausgekleidet war
und Apfelgrösse hatte, hat Hardouin (2) vom Unterschenkel einer 25jährigen
Patientin entfernt. Dieselbe lag subkutan und wurde ausgeschält. Er konnte
in der Literatur 2 analoge Fälle finden.
Vladär (7) beobachtete ein hühnereigrosses Atherom der Begio prae-
patellaris, welches teils seiner Lokalisation, teils seinen klinischen Erschei-
nimgen nach zu einer Verwechslung mit einem Hygroma praepatellare geführt
hatte.
b) Der Blutgefässe.
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Nr. 30, 88, 34.
35. Walter, Rupture spontanes de Tartdre f^m orale. Gaz. des h6pitaux 1903. Nr. 77.
Die spontane Ruptur der Arteria femoralis beobachtete Wal t er |3&i
bei einem 65 jährigen Manne, der plötzlich ein lebhaftes Stechen in der Mitte
des Oberschenkels fühlte. Es bildete sich an der Stelle eine Schwelluiig, isit
der Patient 8 Tage herumging, bis er sich zur Operation stellte. Bei der
Operation wurden 8 cm des atheromatösen Arterienrohres reseziert.
Ferguson (16) berichtet über eine mit schlechtem Erfolg aosgefobtie
end-to-end- Anastomose der durchschossenen Popliteal-Arterie. Es be-
stand bei dem 38 jährigen Patienten bei der Aufnahme eine starke pnlsieroi^
Schwellung der rechten Poplitealgegend und fehlende Pulsation, Sensibilität ifl^
Mobilität am Unterschenkel. Bei der Operation zeigte sich die Poplitealarterie
völlig zerrissen; es wurde das verletzte Stück reseziert, das zentrale Rohris
das periphere ca. V« Zoll weit eingeführt und durch 4 Fixationsnähte vsd
eine zirkuläre ITaht mit Seide fixiert. Sofort nach der Operation flo6s dtf
Blut durch das neugebildete Rohr. Ein Muskellappen vom M. semimembranosss
wurde dazu benutzt, das neugebildete Arterienrohr einzuwickeln. Die Wandt
wurde geschlossen, aber drainiert. Das Bein wurde im stumpfen Winkd «
einem Gipsverbande fixiert. 41 Stunden nach der Operation trat unter fH^
lichem Schmerz Unterbruch der Zirkulation, die bis dahin gut gegangen w,
ein und es bildete sich in der Folgezeit Gangrän des Vorderfusses, weldi^
die Amputation benötigte.
Sater, Verletsungen und chinirg. Krankheiten der unteren Extremitftt. d87
Über die Folgen der Unterbindnng der Vena femoralis am
Lig. Pouparti bringt Franz (18) eine neue Zusammenstellung von 54 Fällen
der Literatur. Nur in zweien trat Gangrän des Beines ein und zwar war
in einem Falle der Grund eine ausgedehnte Verdickung und Thrombose der
unterbundenen Vene. Verf. selbst unterband in einem Falle bei Exstirpation
vereiterter Inguinaldrüsen die linke V. iliaca und sah, dass sich nach 14 Tagen
in dem betreffenden Beine die Zirkulation wieder herstellte. Er glaubt, dass
die Ligatur der V. femoralis gefahrlos sei, wenn sie nicht durch die seitliche
Venennaht umgangen werden kann. — Demgegenüber betont Halber-
staedter (19), dass die Ligatur der Vena femoralis unterhalb des Lig*
Pouparti durchaus kein harmloser Eingriff sei. In der Königsberger Klinik
war einer solchen Unterbindung Gangrän der Extremität und Tod gefolgt.
Wenn ja auch weitere Komplikationen zur Herbeiführung eines solchen
schlechten Ausganges nötig sind, so sind dieselben doch nicht zu vermeiden.
Deshalb ist, wenn immer angänglich, die Venennaht vorzunehmen. Ist die
Besektion nicht zu vermeiden, so soll möglichst wenig reseziert werden. Die
Unterbindung der Arterie muss unter allen Umständen vermieden werden.
Sorgfältige Blutstillung, Elevation und Suspension der Extremität sind unter
allen Umständen nötig.
Drei Fälle von Schoenwerth (30) sprechen sehr zugunsten der Venen-
naht. In allen drei handelt es sich um Verletzung bei Operation vereiterter
Leistendrüsen. In allen drei Fällen blieb die Naht der Gefässwand dicht,
es bildeten sich keine Ödeme, keine Thrombosen, keine Nachblutung, trotzdem
es sich um eiternde Wunden handelte. Die Naht ist also nicht nur in Fällen,
in denen primäre Heilung erwartet werden darf, am Platze, sondern auch in
allen anderen.
Der Ligatur und Kompression der Arteria iliaca communis
widmete Dreist (15) eine Studie, die angeregt wurde durch eine Ligatur
dieser Arterie wegen Verletzung der Femoralis durch Christel in Metz. Die
Literatur schliesst sich an die Zusammenstellung von Keimeil, die bis ins
Jahr 1884 reicht, an, und berücksichtigt ein reiches Material auch von noch
nicht publizierten Fällen. Der Unterbindung von Christel folgte eine
Gangrän des Unterschenkels, die eine Amputation in der Höhe der Tuberositas
tibiae erfordete. Eine Vereiterung des Hämatoms am Oberschenkel kom-
plizierte den Fall. Von 13 Fällen, die zusammengestellt werden, bei denen
die Ligatur der Art. iliaca wegen Blutung, Aneurysma und zur Vorberei-
tung von Eingriffen am Becken gemacht wurde, starben 10. Die Mortalität
(inklusive Fall Christel) beträgt also 66**/o. 79 Fälle der vorantisep-
tischen Zeit dagegen gaben eine Mortalität von 78%. Das Resultat der intra-
peritonealen Ligatur ist in beiden Serien schlechter als das der extra-
peritonealen. Von den 46 Todesfällen der vorantiseptischen Zeit fallen 27
direkt den Folgen der Unterbindung, die anderen akzidentellen Wundkrank-
heiten zur Last. Von 6 Fällen der antiseptischen Reihe mit Beingangrän
starben nur 2. Durch die Antisepsis sind demnach die Resultate besser ge-
worden. — Da die Ligatur immerhin ein recht schwerer Eingriff ist, so ver-
snobte man sie, wo angänglich durch temporäre Ligatur oder Kompression
zu ersetzen. Die Kompression wird entweder durch ein Gummiband oder
durch ein Kompressorium gemacht (Travers, Schönborn, Faure) oder
durch extraperitoneale (H. Braun) oder intraperitoneale Digitalkompression
(Mac Burney, Madelung) oder durch instrumenteile Kompression mit
988 Jahreebericht ftr Ghtrnrgie. ü. Teil.
einem intrarektal applizierten Instrument (Davy). Alle diese Methoden haben
gates geleistet, aber Dreist reicht der intraperitonealen Kompression die
Palme, die unter strenger Asepsis ausgeführt sicher und ungefährlich ist. Eia
von Madelung in der Art erledigter Fall wird genau mitgeteilt. Über dies«
letzteren Fall berichtet Madelung (23) selbst. Der betreifende Mann war
3 Wochen vor der Spitalbehandlung oberhalb des Poupart sehen Bandes
durch einen Messerstich verletzt worden. Es entwickelte sich rasch ein retro-
peritoneales arterielles Hämatom, dem Madelung folgendermassen zu kam.
Es schien die Arteria iliaca ext. dext. verletzt. Bei der Operation wurde
in Beckenhochlagerung die rechte untere Extremität blutleer gemadii,
das Peritoneum wie zur Appendixoperation eröffnet. Die Hand eines Assi-
stenten komprimierte nun intraperitoneal die Iliakalgefässe, sie gegen da
Beckenrand drückend. Nun wurde das Aneurysma freigelegt und konstatiert,
dass die Art. iliaca ext. und die Epigastrica int. verlezt waren. Beide wurdai
ohne Blutverlust ligiert. Der Kranke genass. Madelung empfiehlt iu
Verfahren, das, wie aus obigem ersichtlich, von Mac Burney 1897 ud
Battle 1898 angewandt worden war, sehr warm. In Deutschland hat Made-
lung dasselbe zum ersten Male verwendet
Orecchia (29) berichtet über einen Fall von. Verletzung des Ober-
schenkels mit Läsion der Schenkelarteria und -Vene, in welchem er dkst
Gefasse und die Saphena magna unterbinden musste. Patient starb mtk
einigen Tagen infolge von Gangräne des Gliedes, die eine Exartiknlation des
Hüftgelenkes erforderlich gemacht hatte. Verf. studierte die einschlägig
Literatur und da er fand, dass in einigen Fällen von Unterbindung der
Schenkelarterie und -Vene Gangrän aufgetreten war, in anderen nicht, nabn
er Experimente an 8 Hunden vor, dafür sorgend, dass alle nur mögUcheft
Bedingungen zum Zustandekommen der Gangrän gegeben wären; in keroem
Falle jedoch erzielte er eine solche. Er nimmt deshalb an, dass beim Mensdia
entweder die Gewebe zartere seien, infolgedessen sie unterliegen, ehe sich der
Kollateralkreislauf hergestellt hat, oder die Gefasse eine grössere Neignng zoi
Erkrankung besitzen. R. Giani.
Mit gutem Erfolge hat Shepherd (31) die digitale Kompression eiM
Aneurysmas der Art. iliaca externa angewandt. Es handelte sich um ein
fusiformes Aneurysma der rechten Leistengegend, für das die Operation, —
die Art. iliaca communis hätte müssen unterbunden werden — verweigert
wurde. 24 Stunden lang wurde nun die Digitalkompression ausgeführt dnitt
12 Studenten, die abwechselnd 5 Minuten komprimierten. Die Kompressioc
war sehr schmerzhaft, die Pulsation hörte aber nach 12 Stunden auf. In der
Folgezeit wurde das Aneurysma dann kleiner und härter und 6 Monate später
war nur noch der harte Arterienstrang, keine Pulsation mehr zu fühlen. -
D'Antona (7) hat in einem Falle beide Diacae intemae unterbanden lud
zwar mit gutem Erfolg, obschon 25 vom Verf. aus der Literatur gesammelte
Fälle eine Mortalität von 40 7o ergaben. Es handelte sich um Aneurysma
der Art. hypogastrica an gleicher Stelle; die Operation wurde in einen
Intervalle von 4 Jahren ausgeführt. Als krankhafte Folgezustände der Unter-
bindungen traten vorübergehende leichte Paresen auf und ein massiges Öden
des Beins, das noch nach 7 Monaten bestand. Morris (28) berichtet über
eine Operation nach der Methode von Matas bei ziemUch grossem spindel-
förmigen Aneurysma der Kniekehle. Die Methode ist die folgende: Es wird
durch Umschnürung des Oberschenkels Anämie erzeugt und dann der Anen-
Sater, Verletzangen und chirorg. Krankheiten der unteren Extremität. d88
rysmensack gespalten und die Blutgerinnsel ausgeräumt. Hierauf werden mit
feinem Gatgut die tie&ten Teile der Wand in einer Ausdehnung von 3 Zoll
so zusammengenäht, dass ein neues Arterienrohr entsteht, das das Kaliber der
normalen Arterie besitzt. Über diese Naht wird eine zweite Nahtreihe ge-
legt, welche die Wand des Sackes noch einmal vereinigt. Nach Abnahme
der Binde erwies sich das Rohr suffizient und pulsierte gut und die Wunde
^«irurde geschlossen. Der Erfolg der Operation war ein vollständiger.
Für ein femorales Aneurysma hat Crawford (12) die Iliaca externa
extraperitoneal unterbunden. Das Aneurysma war durch einfache Kontusion
bei einem 38 jährigen syphilitischen Alkoholiker entstanden und hatte sich am
3. Tage nach dem Trauma entwickelt. Die ansehnliche Geschwulst ging nach
der Ligatur auf ein Drittel ihrer Grösse zurück und der Mann wurde wieder
arbeitsfähig. — Cropper (13) berichtet über einen Fall von traumatischem
Femoralaneurysma im Hunt er sehen Kanäle, das durch eine Stichverletzung
entstanden war. Die Arterie und die Vene (die bei der Operation verletzt
-wurde) wurde unterbunden, der Sack exstirpiert und der Kranke geheilt. —
Martin (24) hat ein durch Schussverletzung entstandenes Aneurysma der
Iliaca externa durch Ligatur der Iliaca communis zur Heilung gebracht. Die
Ligatur wurde intraperitoneal ausgeführt, das Aneurysma nicht entfernt.
Der von Bobbio (8) mitgeteilte Fall von spontanem Aneurysma der
hinteren Schienbeinarterie betrifft einen 36jährigen Mann, der erblich nicht
belastet und auch frei von Syphilis war, der nur vor langer Zeit einen Typhus
durchgemacht und einige leichte rheumatische Anfälle gehabt hatte.
Die Affektion hatte 6 Monate vor Eintritt dea Patienten ins Krankenhaus mit neoi^
al^^iachen Schmerzen am rechten Unterschenkel begonnen, die darch lokale Mittel nicht
beschwichtigt werden konnten; objektive Erscheinungen hatten nicht bestanden. 2 Monate
später war der ganze Unterschenkel angeschwollen und in der Nähe der Kniekehle hatte
sich ein dentlieher harter, nicht pulsierender Knoten gebildet. Einige Tage darauf waren
nach einem längeren Marehe die Schmerzen heftiger geworden ; der Unterschenkel schwoll
immer mehr an, gleichzeitig traten Fieber und Appetitlosigkeit auf. 12 Tage vor Eintritt
des Patienten ins Krankenhaus hatte der behandelnde Arzt zwei Einschnitte in die Schwellung
gemacht, doch war nur Blut ausgetreten.
Bei der Untersuchung im Krankenhaus hielt man wegen der enormen
Anschwellung des rechten Unterschenkels, wegen des schlechten, von Fieber
begleiteten Allgemeinzustandes, wegen der in der rechten Schenkelgrube vor-
handenen Drüsenschwellung und mit Rücksicht auf die Anamnese das Bestehen
einer vom Knochen ausgegangenen malignen Geschwulst für wahrscheinlich, um
so mehr als die Tibia verlagert erschien und schmerzte. Vor Ausführung der
Amputation beschloss man, die Diagnose zu sichern, und man erkannte nun,
dass die Geschwulst von einem enormen, zum grössten Teile geronnenes Blut
enthaltenden Sack gegeben war und dass diese Blutansammlung aus einem
geborstenen Aneurysma der hinteren Schienbeinarterie herrührte. Ligatur der
hinteren Schienbeinarterie oberhalb des Aneurysmas, Ausräumung der ganzen
Höhle, Ausschneidung fast des ganzen Sackes, Tamponade. Der postoperative
Verlauf war ein guter; nach zwei Monaten verliess Patient geheilt das
Krankenhaus.
Verf. hält den Fall für interessant, sowohl wegen der relativen Selten-
heit eines spontanen Aneurysmas der hinteren Schienbeinarterie als auch wegen
der von ihm aufgewiesenen klinischen Merkmale. R. Giani.
Becker (9) und Stein (33) berichten über die von Müller in Aachen
und Rostok ausgeführten Varicenoperationen. Von den 138 Operationen
900 Jahresbericht fQr Chinirgie. IL Teil.
wurden 117 in allgemeiner Narkose, die anderen unter Schi eich scher Lokal-
anäfithesie ausgeführt. 20 mal wurde die Operation wegen Thrombophlebi&
gemacht, wobei der noch nicht thrombosierte Yenenstamm unterbunden und
reseziert und dann die thrombosiert^e Vene ausgeräumt wurde. 38 mal wmde
die Saphena unterbunden und durchschnitten, 69 mal wurde ein Teil der Vene
entfernt, 40 mal die Totalezsürpation nach Madelung gemacht. Einmtl
der Ober-, einmal der Unterschenkel amputiert. — 52 Patienten konnten laAr
untersucht werden; von den nach Trendelenburg Operierten hatten 50^)«
ein gutes Resultat, von den nach Madelung Operierten 86 ^/o. Ein wirk-
licher Dauererfolg darf also nur von letzterer Methode erwartet werden. In
der Dissertation von Stein wird ein Auszug samtlicher Erankengeschicbtsi
gegeben. Zweimal wurde die Entwickelung eines Karzinoms auf Ulcus be-
obachtet. — Trendelenburgs Methode ist eine Mitteilung von Tentschinski
(34) gewidmet, die dieser die Methode von Trojanow-Trendelenbnrp
möchte getauft wissen, da ersterer in Russland 1888 die Methode nnabhäog^
schon gemacht hat. Trendelenburg selbst bat die Operation 21 mal ge-
macht mit 67 Vo guten Erfolgen. Misserfolge sind dadurch zu erklaren, dass die
Vene sich oft schon sehr hoch oben teilt und dass dann einzelne Äste unimter-
bunden bleiben. Trendelenburg empfiehlt deshalb einen bogenfoimigeD
Schnitt über der Einmtindungsstelle der Saphena zu machen, von dem aus ancb
die obersten Abzweigungen unterbunden werden können. — Über 30 Patientai
aus dem Krankenhaus in Nürnberg, die nach Madelung operiert wnidea
berichtet Fraenkel (17). Es wurden 35 Operationen gemacht, der operstire
Erfolg war immer gut. 21 Fälle konnten nachuntersacht werden, in drei
Fällen davon war der Erfolg nicht befriedigend, in zwei Fällen war der Er-
folg nur ein teilweiser, in 16 Fällen war er gut. Die oft 60 — 70 cm lan^
Narben führten nie zur Beeinträchtigung der Bewegung. Ebenfalls zu Un-
gunsten der Trendelenburgschen Methode sprechen zwei Beobachtungen
von Ledderhese (22). Derselbe sah in den beiden Fällen nach Unterbin-
dung und Durchschneidung der Vena saphena nach Jahren Regeneration des
Gefässes, indem die abgeschnürten Enden wieder wegsam wurden und durdi
einen neugebildeten varikösen Blutraum der zentrale und periphere Tal des
Saphenastammes wieder in Verbindung traten. — Lobend über die Erfo^
der Saphena -Unterbindung spricht sich im Gegensatz zum obigen Camp-
bell (11) aus. Es muss die Vene eben ganz hoch oben unterbunden werde«.
Um diesen Ort aufzufinden, gibt Campbell einige Anhaltspunkte an. £a
ist eine vorläufige Unterbindung zu machen und wenn diese nicht genügt, die
noch fehlenden Äste auch zu unterbinden. Campbell ist mit den Erfolgen
in 50 Fällen zufrieden , gibt aber keine Mitteilungen über seine Erfolge in
speziellen. — Über 26 Fälle von Exzision von varikösen Venen referiert
Kennedy (21); nach seiner Ansicht handele es sich um eine kongenital
Disposition. Er hat die ganze Saphena mit allen Varikositäten exzidiert bei
13 Patienten, von denen keiner nach IV« — 3^/2 Jahren ein Rezidiv bekomzaei
hat. In den übrigen Fällen hat er sich mit partiellen Exzisionen und mit
der Operation von Trendelenburg begnügt, aber keine befriedigenden
Resultate erzielt, so dass er als allein sicheres Verfahren die totale ExzisioD
der erkrankten Saphena empfiehlt — Kaiser (20) berichtet über die vi®
Riedel operierten Fälle von Varicen. Es sind 61 Fälle aus Jena und 10 Filfe
aus der früheren Tätigkeit Riedels. Nachuntersuchungen über den Erfdg
fehlen. 62 Fälle sind nach Madelung, 9 nach Trendelenburg operiert
Snter, YerletaEangen und ehirnrg. Erankheiten der unteren Extremität 991
worden. — Riedel ist demnach auch ein Anhänger der ersten Methode, die
er übrigens schon vor Madelungs Mitteilungen praktiziert hat.
Sorbi (32) behauptet, dass die Behandlung der Varicen mittelst der
yerschiedenen heutzutage üblichen Methoden fast immer gute und oft auch
dauernde Resultate gebe, besonders wenn die ganze Saphena entfernt wird.
Anzuraten sei sie in Fällen von Varicen mit deutlicher Klappeninsuffizienz,
in denen keine Ulzerationen und keine schwere trophische Störungen bestehen,
d. h. in Fällen, in denen die Erscheinungen von verändertem Kreislaufmechanis-
mus vorherrschen. Ganz nutzlos sei sie dagegen dort, wo ohne schwere Ver-
änderung der Kreislaufsmechanik hartnäckige, rezidivierende Ulzerationen und
andere Manifestationen trophischen Ursprungs bestehen. In diesen letzteren
FäUen hält es Verf. für passender, die Ausdehnung oder die Dissoziation des
Nerven, der das Gebiet des Geschwürs durchkreuzt, vorzunehmen, mit oder
ohne nachfolgende kruente Behandlung, nach dem von Delbet und Chipault
geübten Verfahrens. Wo gleichzeitig schwere Nerven- und schwere Zirku-
lationsstörungen bestehen, sei es ratsam, beide Operationen vorzunehmen, zu-
mal da sie keine grossen Gefahren darbieten. R. Giani.
Brault (10) ist nach Misserfolgen mit verschiedenen Verfahren zur
Heilung derUlcera varicosa, zu folgender Methode gekommen. Er macht
einen Zirkelschnitt durch Haut und Faszie am Unterschenkel, der aber die
Haut vorne von der inneren Tibiakante bis zum Wadenbein schont, also nur
ca. '/4 der Peripherie trifft. Es werden die Gefässe unterbunden und dann
genäht. Die Heilung der Geschwüre nimmt dann 2 — 3 Wochen in Anspruch
und die Varicen werden ober- und unterhalb des Schnittes kleiner. Der Haut-
bezirk vorne wird geschont, weil er schlechte Heilungschancen bietet und weil
er wenig Varicen enthält.
In acht Fällen von Varicen des Unterschenkels bediente D a 11 ' A c q u a (14)
sich des Moreschi sehen Operationsverfahrens, das in ober- und unterhalb
der varikösen Geschwüre geführten zirkulären Inzisionen besteht. Bei fünf
von den Operierten stellte sich Rezidiv ein, bei zwei fand leichte Besserung
statt, die jedoch, wie Verf. meint, nicht lange anhalten werde, von einem
liegen keine Nachrichten vor. — Verf. führte auch Experimente an Hunden
aus, aus denen hervorgeht, dass durch das Moreschi sehe Verfahren die
Kommunikation zwischen dem oberflächlichen und dem tiefen Blutstrom nicht
unterbrochen werde und sich auch die Diffusion des Thrombus nicht be-
wirken und die Bildung neuer Wege zwischen den beiden Abschnitten der
durchschnittenen Venen nicht verhindern lässt. R. Giani.
Um den an varikösen Geschwüren Leidenden das Unbehagen einer ge-
zwungenen Ruhe zu ersparen, nimmt Monzardo (27) eine ambulatorische
Behandlung nach folgender Methode vor: ist das Geschwür nur klein und
nicht stark eiternd, so legt er, nachdem er es mit resorbierenden Pulvern be-
streut und mit Mull abgetupft hat, vom Fusse bis zum Knie einen definitiven,
weder zu schlaffen noch zu stark komprimierenden Kleisterverband an; ist
das Geschwür ausgedehnt, so lässt er vor Anlegung des Verbandes den
Patienten erst 8 — 10 Tage ruhen, das Bein täglich behandelnd ; den Kleister-
verband erneuert er alle 8 — 10 Tage bis zur Heilung. R. Giani.
«
992 JAhresbericbt f&r Chirmgie. IL Teil.
c) Der Nerven.
86. Barth, W. E., Ein Fall aufsteigender Neoritis nach Tiaama. NezreDdehuiuig. Bm
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anteriore della gamha. Qiomale medico del R. £sereito 1908. fasc. 10.
88. Bann, Sature of the great sciatie nerve. Journ. of the Americ Med. Abboc ISQl
Mai 16.
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Bd. 1. Heft 8.
40. Hofmann, Die Geftssverhältnisse des Nervös isehiadicns nnd ihre Bemking a
DehnungslShmung. v. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 69. Heft 3.
41. NeisserE. n. Pollack, Beitrag zar Kenntnis der Roth - Bemhardtschen ]£era]gii
and ihrer operativen Behandlang. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Median lai
Chirurgie 1903. Bd. X. Heft 3 u. 4.
42. Vialle, Entorse du genou. Soc. de Chir. Lyon mädical 1903. Nr. 12.
In einem von Donati (37) beschriebenen Falle handelte es sich m
eine Nervenläsion, die durch eine vordere Kniegelenkslnxation henor*
gerufen worden war; der Fall ist interessant und scheint in der Litentar
seinesgleichen nur in einem von Kaarsberg unvollständig beschrieb^e
Falle zu haben (siehe weiter unten). Er betrifft einen Soldaten, der 7 V« MoDSti
vorher bei einem Sprunge eine vordere Luxation des rechten Unterschenkeb
erlitten hatte, eine Luxation, die durch den von Malgaigne angegebena
Mechanismus zustande gekommen war und die andere für eine aussergewöb-
liehe hielten. Die Einrenkung war sofort vorgenommen worden; aber unmittel-
bar nach dem Trauma war Paralyse der Muskeln an der vorderen äi^sem
Unterschenkelseite aufgetreten. Bei der Untersuchung konstatierte man Para-
lyse des N. ischiadico-popliteus extemus, mit degenerativer Atrophie der m
seinen Ästen innervierten Muskeln und multiplen Sensibilitätsstönmgen der
darüber gelegenen Haut. Verf. beschreibt diese sehr interessanten Stönmget
ausführlich und meint, es handle sich um eine Einklemmung des Nerren, die
dadurch bewirkt wurde, dass der Kerv bei Zustandekommen der Luxitioo
eine ausserordentliche gewaltsame Dehnung erfuhr.
Das Nichtbes.tehen von Erscheinungen einer aufsteigenden Neuritis be-
stätige die Theorie , nach welcher die traumatische Läsion eines Nerren far
sich allein keine aufsteigende Neuritis hervorzurufen vermag, sondern das
diese immer durch eine hinzugetretene Infektion oder Litoxikation bedingt sei
R. Giani
Ein ganz analoger Fall ist der folgende:
Nach einer nicht schweren Distorsion des Kniegelenks ohne Verletnag
des Knochens beobachtete Vialle (42) direkt im Anschluss an das Traun^
bei einem Soldaten motorische und sensible Lähmung des Nervus peroness.
Er glaubt, es handelte sich um eine Überdehnung dieses Nerven im Momeat
der Distorsion.
Einen Fall aufsteigender Neuritis nach Trauma teilt Barth(36)
mit. Ein 23 jähriger Soldat bekam einen Stoss gegen den Unterschenkel, iß-
folgedessen eine nicht heilen wollende Ulzeration entstand, dazu bestanden
Schmerzen neuritischer Natur in den medialen Teilen des ganzen Beines. D»
in 3 Monaten keine Besserung mit den gewöhnlichen Behandlungsmethoden
zu erzielen war, wurde das Geschwür exzidiert und so langsam zur Heilung
gebracht. Da damit aber die Schmerzen nicht schwanden, wurde derNerros
ischiadicus gedehnt, aber damit kein Erfolg erzielt, — Über Dehnungs-
Sater, Yerletzangen und ohimrg. Krankheiten der unteren Extremität. 993
lähm u Hg des Nervus ischiadicns nnd deren Beziehung zu den Gefässverhalt-
nissen des Nerven schreibt Hof mann (40). Es ist bekannt, dass der Nervus
peronaeus häufig Schädigungen ausgesetzt wird und die Muskeln seines Ge-
bietes häufig gelähmt werden, nicht nur durch direkte Traumen, sondern auch
bei Überd^nungen, wie z. B. bei der unblutigen Hüftluxation-Reposition.
Hierbei ist nun der Ischiadicus und Peroneus der gleichen Schädlichkeit ausge-
setzt, und doch ist der letztere häufiger affiziert. Diese Tatsache erklärt nun
nach Hofmann die Gefäss Versorgung, denn der Tibialis erhalt doppelt so
viel arteriellen Zufluss als der Peroneus, und zwar ist die getrennte Gefass-
yersorgung bis zum Oberschenkel hinauf vorhanden, da im Stamme des N.
ischiadicus die beiden Nerven schon getrennt vorhanden sind. Durch Über-
dehnung des N. ischiadicus wird so der peroneale Teil viel mehr geschädigt
als der tibiale. Auch die Geburtslähmungen des Peroneus sind so zu erklären
nnd nicht durch anatomische Anordnung der austretenden Wurzeln. Die Tat-
sache, dass bei den Peroneuslähmungen die sensiblen Fasern meist intakt
sind, lässt sich allerdings nach der obigen Weise nicht erklären. Verf. sucht
die Erklärung in den reichlich vorhandenen peripheren Anastomosen.
Einen Fall von Roth-Bernhardtscher Meralgie im Gebiete des
Nervus femoralis berichten Neisser und Pollack (41). Es bestand im Ge-
biete des Nerven Parästhesie und bei allen Bewegungen Schmerzhaftigkeit.
auch war der Nerv druckdolent. Derselbe wurde freigelegt, er fand sich unter
dem Ligamentum ileo-inguinale durch den scharfen Ligamentrand gedrückt.
Das Ligament wurde eingekerbt, der Kranke geheilt.
Hartmann (39) empfiehlt zur unblutigen Dehnung des Nervus
ischiadicus nicht die Flexion des gestreckten Beines zu machen, sondern bei
gestreckten und fixierten Beinen den Oberkörper des Kranken zu erheben
und derartig den Beinen zu nähern, dass der Oberkörper eine kleine Neigung
nach der kranken Seite erfahrt. Die Wirkung auf den Nerven soll so aus-
giebiger sein, da der Tonus der Muskulatur an der Rückseite des Ober-
schenkels so geringer ist und der Wirkung auf den Nerv weniger Widerstand
entgegensetzt.
Die Naht des Nervus ischiadicus hat Dünn (38) gemacht. Es
handelte sich um eine Sensenverletzung des Oberschenkels mit fast völliger
Trennung der Muskulatur und Trennung des Nerven bei einem 19 jähr. Farmer.
Die Naht wurde 48 Stunden nach der Verletzung mit Catgut gemacht bei
beginnender Eiterung der Wunde, die stark drainiert werden musste. Nach
4 Wochen waren die Wunden geschlossen , nach 6 Wochen kehrte die Sensi-
bilität wieder, nach 10 Monaten konnte der Mann seine Landarbeit wieder
machen, nach 4Vs Jahren bestand noch geringfügige Parese und Atrophie im
Gebiete der vorderen Wadenbeinmuskeln und verminderte Sensibilität im Ge-
biete des N. saphenus major und plantaris extemus, geringe Steigerung des
Kniereflexes und Ulcus perforans pedis an der Ferse.
d) Der Sehnen, Sehnenscheiden, Fascien, Muskeln, Schleim-
beutel, Lymphgefässe und Lymphdrüsen.
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Bordeaux 1908. Nr. 42.
Bokor (45) berichtet über einen Fall von Luxation der Peroneus-
sehne. der bei rascher Drehung um den einen am Boden fixierten Fuss zu-
stande gekommen war. Die Reposition gelang leicht und die Reluxation
ebenso leicht. Bokor legte einen Heftpflasterverband an und darüber für
5 Wochen einen Gipsverband. Die Heilung war dann eine vollkommene.
Norris (66) hat 303 Fälle von operativ behandelten Fällen von Ruptur
der Quadricepssehne gesammelt und zieht daraus den Schluss, dass das
funktionelle Resultat dieser Methode meist ein gutes und die Heilungsdauer
eine kurze ist. Er selbst hat einen Kranken 2^1 2 Monate nach der Verletzung
operiert und ein vollkommenes funktionelles Resultat erzielt. — Aron-
heim (44) hat einen gleichen Fall frisch in Behandlung bekommen und mit
Eisbeutel und frühzeitiger Massage behandelt. Er empfiehlt für partielle Rup-
turen diese Therapie, da sie ihm einen guten Erfolg gegeben hat. — Bor-
chard (46) hat ebenfalls 18 Fälle von Ruptur der Quadricepssehne beobachtet
und operiert. Ein Kranker (Diabetiker) starb an Lungenembolie. Eine Ruptur
des Lig. patellare hat er durch Naht in 2 Monaten wieder vollkommen her-
gestellt. Er berichtet weiter über 5 Fälle von Kniescheibenfrakturen, die er
operiert hat. 3 frische Fälle gaben eine ideale Heilung, 2 veraltete Fälle
Besserung der Funktion. Marcus (63) berichtet über einen Fall von teil-
weiser Zerreissung des Kniegelenkstreckapparates. Solche Fälle können ohne
operativen Eingriff durch frühzeitige mechanische Behandlung hergestellt
werden.
Die wenigen Falle von Entzündung und Fibrombildung des Schleim-
bentelsüber dem Tuber ischii hat Friend (53) aus der Literatur ge-
sammelt. Es wurden Hämatome, fibröse, fibrinöse, tuberkulöse und seröse
Entzündungen beobachtet, Reiskörperchen, papilläre Wucherungen, freie Körper.
Friend entfernte bei einem Reiter beide Schleimbeutel, die chronisch ent-
zündet waren und Reiskörper enthielten. Die mikroskopische Untersuchung
ergab, dass es sich um chronische Entzündung der Wand handle.
Teale (73) bespricht die Eiterung des Schleimbeutels über dem
Trochanter und weist darauf hin, dass die Möglichkeit einer Verwechslung
mit Coxitis bei oberflächlicher Untersuchung vorliegt und dass diese Ver-
wechslung häufig ist. Der Entzündung des Trochanterschleimbeutels fehlt der
Coxitis gegenüber die muskuläre Rigidität und die Fixation des Gelenkes,
die wenigstens in Narkose nie besteht. Es fehlt die Dolenz des Gelenkes.
Anamnestisch spielt häufig ein Fall auf den Trochanter eine Rolle. Bei der
operativen Behandlung ist vor allem die straffe breite Sehne des Glutaeus
maximus zu berücksichtigen, da dieselbe oft der Grund der schlechten Heilung
ist. Dieselbe ist zu durchschneiden.
Nobl (65) unterzieht die Bursitis achillea profunda einer Be-
sprechung, die bei Gonorrhöekranken nicht sehr selten ist und den sogen.
Fersenschmerz bedingt. Er hat die Affektion bei 5 Kranken doppelseitig be-
obachten können; dieselben waren gleichzeitig an anderen blenorrhoischen
Metastasen erkrankt. Die Affektion äussert sich in Form eines Tumors ober-
halb des Fersenhöckers und ist durch Entzündung eines Schleimbeutels pro-
voziert. Die Affektion tritt plötzlich auf und ist sehr schmerzhaft. In einem
63*
d96 Jahresbericht fOr Chirurgie, ü. Teil.
Falle konnte N ob 1 Gonokokken nachweisen. — Lipffert (62) berichtet über
3 Fälle von Hygrom der Bnrsa trochanterica profunda ans der Tübing^
Klinik. Er bespricht die Topographie der Trochantergegend und gibt eine
zusammenhängende Beschreibung der Affektion unter Benützung der Falle der
Literatur.
Über einen Fall YonAchillodynia syphilitica berichtet Schirren (72).
Es bildete sich bei dem Kranken, der noch andere Symptome tertiärer Syphilii
aufwies, beiderseits neben der Achillessehne eine dolente Geschymlst, die einer
Schmierkur wich.
Über 2 Schleimbeutelcysten in der Gegend des Kni^elenks be-
richten Patel und Viannay (67). In einem Falle handelte es sich ran den
Schleimbeutel des Semimembranosus und Biceps, im anderen um ernen
Scbleimbeutel in der Höhe der Tuberositas interna tibiae zwischen der tiefcB
und oberflächlichen Faszienlage, der nicht konstant vorkommt und sich viermal
bei 15 untersuchten Leichen fand.
Hau und Latarjel (56) haben im Verlaufe einer tödlich endenda
Pneumonie die Vereiterung eines präpatellaren Hygroms beobachtet und in
Eiter Pneumokokken nachgewiesen.
Einen Fall von Lymphangiom an der hinteren inneren Seite des
rechten Oberschenkels beobachtete De Qaetano (54) bei einem 31 jährigen
Manne. Der Tumor wurde abgetragen, aber nach 2 Jahren traten nahe der
Narbe neue Geschwulstmassen und zahlreiche Hautbläschen auf, welche letz-
teren sich über das ganze Bein verbreiteten und beim Bersten eine enorms
Menge einer milchartigen Flüssigkeit (bis zu 20 Litern innerhalb 24 Stondei)
aussonderten. Die histologische Untersuchung tat dar, dass es sich um ein
kavernöses Lymphangiom handelte. Die Flüssigkeit enthielt zahlreiche, fet%
entartete Lymphocyten und erwies sich bei der chemischen Untersnchnng als
aus Albumin, Fibrin, Kohlenhydraten und vielem Fett bestehend.
R. GianL
Tuffier (75) berichtet über die Lymphgefässvaricen bei der
Gravidität. In seinem Falle entwickelte sich die Geschwulst im zweiten iianai
der Gravidität in kurzer Zeit zu Zweifaustgrösse. Es war eine weiche höckerig
Geschwulst mit kleinen Bläschen in der Haut, die sich durch Druck entleer«
Hess. Die Geschwulst wurde exstirpiert. Bei der Operation wurden Lympi-
gefässe von klein Fingerdicke eröffnet. Schindler (71) beschreibt ein«
Fall von Lymphextravasat nach subkutaner Kontusion des Oberschenkel
9 Fälle von tuberkulösen Leisten- und Krural-Lymphdrüsentumorei
hat Dowd (52) zu behandeln Gelegenheit gehabt. In 7 Fällen — bei barfuss-
gehenden Kindern — konnten als Ort der Infektion Wunden der Fü3se nack-
gewiesen werden. Die Prognose ist gut, wenn die Lymphdrüsen entfemik
werden. Die Operation erheischt Vorsicht, da die Drüsen oft bis an die Liaa
externa oder communis reichen.
Zur Behandlung der venerischen Inguinalbubonen empfiehlt
Scaduto (70) einen horizontalen einfachen Schnitt bei oberflächlichen BuboneE.
Handelt es sich um Affektion der tiefen Drüsen, so müssen dieselben, me
eine rasche Heilung zu erzielen, radikal exzidiert werden. Von einem hori-
zontalen Schnitte aus, unter lokaler Anästhesie, werden die Drüsen mit den
Finger stumpf entfernt. Die Stelle wird dann tamponiert und heilt per
secundam. — Pousson (69) empfiehlt ein viel energischeres Vorgehen: Ex-
Suter, YerletzaDgen und chirurg. Krankheiten der unteren Extremität. 997
stirpation der Drüsen und der infiltrierten Gewebe und dann Hantnaht, nm
eine Primärhefinng zn erzielen.
Eakoris (60) hat bei einem 45jährigen Manne in der Tiefe der Hinter-
backe einen Abszess inzidiert, der Torher von verschiedener Seite für einen
inoperablen Tnmor gehalten wnrde und völlige Heilung erzielt. Der Ausgangs-
ort der Infektion blieb unbekannt.
Tuffier (74) beobachtete bei einem Manne nach Tuberkulininjektion
Tuberkulose der Nates, die zu jahrelang dauernder FistelbiJdung und
Eiterung führten.
Ein Fibrosarkom, das von der ünterschenkelfascie ausging und den
Nervus peroneus und das Wadenbeinköpfchen bedeckte, operierte M or e s t i n (64)
bei einer 30jährigen Frau.
V6not (76) berichtet über einen Fall von rezidivierendem Sarkom der
Nates, bei dem sich Metastasen im Gehirn (Facialislähmung) und den Lungen
nachweisen lassen. — Lacouture (61) berichtet über einen Fall, bei dem noch
keine Metastasen nachweisbar waren und bei dem die Geschwulst von den
Muskeln der Nates auszugehen schien. Der Kranke ist 59 Jahre alt —
Poncet (68) beschreibt einen Fall von Aktinomykose der Nates, unter
dem Bilde einer ausgedehnten Phlegmone dieser Gegend mit Beteiligung der
äusseren hinteren Partien des linken Oberschenkels. Sein Patient ist ein
57 jähriger Bauer; als Eintrittspforte wird das Rektum angenommen.
Über einen Fall von spontan vereitertem PiChinococcus der Ober-
schenkelmuskulatnr berichtet Delbanco (51). Es handelt sich um ein zwölf-
jähriges Mädchen mit kleinapfelgrosser derber, diagnostisch unklarer Ge-
schwulst, die spontan vereiterte und eine Echinokokkencyste entleerte. Del-
banca beschäftigt sich nun eingehend mit den histologischen und tinktoriellen
Eigentümlichkeiten dieser Membran, die sich hauptsächlich durch ihre Säure-
festigkeit nach Färbung mit Karbolfuchsin auszeichnete. Histologisch fanden
sich zwischen den Schichten des Balges Eiterzellen und Streptokokken. —
Zwei Fälle von Geschwulst des Musculus Psoas und zwei von Ge-
schwulst des Musculus iliacus teilt Jacobsthal (58) mit. Analoge Beob-
achtungen sind in der Literatur kaum vorhanden. Die Psoasgeschwülste stellen
sich für Untersuchung und Operation wie Hernien, die Iliacus - Geschwülste
wie Beckentumoren dar. Ein gutartiges Myxofibrom des Psoas betraf einen
26jährigen Mann; der betreffende war ein Jahr nach der Operation noch am
Leben. Auch eine Iliacus-Geschwulst war mikroskopisch gutartiger fibro-
matöser Natur, die 47 jährige Kranke starb aber einige Monate nach der
Operation. Die beiden anderen Kranken litten an Sarkomen und erlagen
denselben; ein 37 jähriger Mann mit Spindelzellensarkom des M. iliacus und
eine 31jährige Frau mit einer Spindelzellengeschwulst des Psoas. Die zwei
Psoastumoren waren mit Nierentumoren verwechselt worden. — In einem
Falle von Czerny (50), unter dem Titel ;, Tumoren und Pseudotumoren der
Adduktorengegend^ kam man bei der Inzision auf eine Geschwulst in der
Hüftgelenksgegend, nicht auf eine bösartige Geschwulst oder eine entzünd-
lich veränderte Hüftgelenkskapsel, wie man vermutete, sondern auf einen
tuberkulösen Abszess an der unteren Kante des horizontalen Schambeinastes,
der einen Knochenseguester enthielt.
Über Muskelhernien verbreitet sich Cahier (48). Bei der wahren
Muskelhernie tritt der unverletzte Muskel in erschlafftem Zustande durch
einen Faszienriss und die Verwölbung verschwindet bei der Kontraktion. Bei
996 Jahresbericht für Ghirargie. IL TeiL
der falschen Muskelhernie ist der Mnskel anch zerrissen und die Vonrölbimf
bildet sich bei der Kontraktion oberhalb des Faszienrisses. Wie für die
Unterleibsbrüche, so besteht auch für die Muskelbrüche eine PrädispositioD
und unter dem Einfiuss starker Muskeltätigkeit entsteht die wahre Hnskel-
hemie. Ca hier hat einen Fall lelzterer Art beobachtet, der bei einem
Soldaten nach einem starken Schlag mit dem Messerstiel gegen den Unter-
schenkel entstanden war. Cahier operierte; er resezierte die vorspringende
ca. V« Orangengrosse Muskelmasse und yemähte den Riss so gut es gins,
indem er die Bänder einander näherte und ein Seidenfadennetzwerk dazwischen
bildete.
Isolierte Lähmung des linken Glutaeus medius und minimus sah
Joachimsthal (59) bei einem 43jährigen Patienten als Folge eines Hnf-
schlages gegen den grossen Trochanter entstehen. Der Gang war ähnlidi
wie bei der angeborenen Hüftverrenkung, diese war aber auszuschliessen. Der
Kranke konnte nicht auf dem kranken Beine stehen, da das Becken beim
Versuche, das zu tun stark nach abwärts sank. Beim Gehen zeigte sich das
Trendelenburgsche Symptom und durch Ausschluss anderer Möglichkeitai
(Coxa vara) kommt Joachimsthal zu der obigen Diagnose.
Die Myositis ossificans traumatica haben Haga und Fnji-
mura (55) an Hand von drei Fällen von Bajonettierknochen, einem von Reit-
knochen und einem von Schusterknochen einem genauen Studium unterzogeL
Ätiologisch kommt ein einmaliges oder ein wiederholtes Trauma in Frage.
Der Muskel reagiert auf dasselbe mit Entzündung und verknöchert als Folge
davon. Der Prozess hat nichts mit dem Periost zu tun und ist rein myogCEer
Natur und die Hypothesen von abgesprengten Periostteilchen beruhen nickt
auf Beobachtung. Mikroskopisch beobachtet man in frischen Fällen, dass
das Bindegewebe in und zwischen den Muskelbündeln stark wuchert und mit
Rundzellen infiltriert wird. Die Muskelfaser selbst schwillt an, verharrt in
Kontraktur und geht zugrunde. An deren Stelle tritt junges zellenreidiK
Keimgewebe, entstanden durch Wucherung des intramuskulären Bindegewebes,
das die Tendenz hat, sich in Knorpel und Knochengewebe umzuwandeb. Die
Yerff. haben den Prozess auch experimentell erzeugen können ; bei KaninckB
brauchte es dazu starke Gewalteinwirkung. Die Fälle progressiver Fora
hatten sie in Japan nicht Gelegenheit zu studieren.
Einen merkwürdigen Fall von Perimysitis und Tendovaginitis
crepitans schildert Brauer (47). Die AflFektion entwickelte sich am rechte
Bein bei einem sonst gesunden Manne, der den linken Knöchel gebrocben
hatte. Es kam zur Bildung einer krepitierenden Gonitis und Tendovaginitis
in der Umgebung des Knies und dann zu einer Erkrankung der Oberschenkel-
muskulatur, die sich dadurch äusserte, dass bei allen Bewegungen heftiger
Schmerz und Krepitation auftrat. Das Geräusch liess sich zwischen Muskeh
und Faszie lokalisieren. Durch lange Behandlung wurde zwar der Schiaen
vermindert, die Krepitation aber nicht beseitigt. Histologisch muss es sick
um einen entzündlichen, zu fibrinösen Auflagerungen führenden Prozess handeh-
der einerseits das Perimysium, andererseits die Innenseite der Faszien befillt-
Nur zwei analoge Fälle kennt die Literatur.
Herb et (57) beobachtete als einzige Lokalisation von Osteom-
Bildung solche im Musculus obturator internus und pyramidalis bei einer
ca. 50 jährigen Frau, die auf der Anatomie seziert wurde. Die Osteome waren
Suter, Verletzungen und chinirg. Krankheiten der unteren Extremität. 999
absolut unabhängig vom Periost und also nach Annahme Herbets das Produkt
einer ossifizierenden Myositis.
e) Varia.
77. Albert in, B^ction des oerfs honteox internes. Soc. de chir. Lyon m^dical 1908.
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98. Schaeffer, Über Unterschenkelgangrän im primär afebrilen Wochenbette. Münch.
med. Wochenschrift 1908. Nr. 45.
99. — Nachtrag zu meinem Aufsatz .Über Unterschenkelgangrän im primär afebrilen
Wochenbette. Mttnchener med. Wochenschr. 1903. Nr. 49.
100. Schuster und Kern, Ein Fall von peripherischer Gangrän nach Ileotyphus. Deutsche
militärärztlicbe Zeitschrift 1903. Heft 1.
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1908. June 18.
105. Wahlmann, Ad., Zur Kasuistik der diabetischen Gangrän nach Erfahrungen in der
chirwrgisohan Klinik zu Kiel. 1908.
1000 Jahresbericht f&r Chirurgie. IL Teil.
Ein Zweisoustück, das 33 Jahre im menschlichen Körper verweilt hatte,
exzidierten Snyers und Coulon (101). Der betreffende Kranke hatte in
Krieg von 1870 einen Schnss dnrch den Geldbeutel ins Bein erhaltoi. Ans
der Wimde wnrde das Geschoss und ein Geldstück entfernt. Die Wunde
heilte langsam und 2 Jahre später entwickelte sich in der Kniekehle eb»
kleine Geschwulst, die auf Faustgrösse wuchs, lange stationär blieb, und die
erst seit 2 Jahren wieder wächst und schmerzhaft wird. Bei der OperatioD
fand sich eine wohl eingekapselte Höhle, die graue zähe Massen und eii
verbogenes Geldstück enthielt. Heilung nach Exzision der Abszessmemfarui
— Gibbs (87) hat eine Kugel aus einem Bein exzidiert, die 2Vt Jahre is
demselben lag. Dieselbe verursachte Schmerzen und Schwäche des CHiedes
und beunruhigte den Kranken, indem sie auf die Femoralvene drückte und
Stauung verursachte. — Über einen Fall von Schussverletznng des Unter-
schenkels, der amputiert werden musste, berichtet Campbell-Horsfall(W„
aus dem Grunde, weil im Anschluss an die Operation (der Urin war Torker
nicht untersucht worden) Albumosurie auftrat ; dieselbe dauerte einige Tage.
Chipault (82) hat, ermutigt durch die Erfolge der Nervendehnung
bei Neuralgien seit 1894 die Nervendehnung auch bei Ulcus cruris und
Mal perforant ausgeführt und berichtet in einer Monographie über seine
und anderer Autoren (37 Autoren, 67 Arbeiten) Erfahrungen mit dieser M^
thode in 137 Operationen. Wie die Nervendehnung wirkt, ist einstweiko
nicht zu entscheiden; experimentell wirkt sie auf Wunden bei KanincheD
günstig ein. Chipault glaubt, dass durch den Eingriff durch Vermitteimf
des sympathischen Nervensystems die trophische Energie der Gewebe erhöht
werde.
Die Behandlung der Ulcera simpl. und perforant. zerfallt in 2 Etappen,
in die der Reinigung des Geschwürs und die dier Nervendehnung und lolden
Behandlimg des Geschwürs. (Exkochleation, Abtragen der Hautränder, Eoi-
fernen von nekrotischem Gewebe, event. Exzision und Naht.) Je nach Lage
des Falles wird gedehnt beim Mal perforant entweder der N. tibialis, wo
der Plantais lateralis abgeht, oder der N. peroneus superficialis, oder der
N. cutaneus dorsalis pedis lateralis. Die Plantarzweige des Tibialis findet
man hinter dem Malleol. int. in der Gefassscheide meist über, seltener unter
den Gefässen. Die Zweige des N. peroneus superficialis sind 4 Finger breit
vor der äusseren Knöchelspitze auf dem Fussrücken direkt unter der Hant
zu finden. Der N. cutan. dorsal, ped. lat. ist in der Längsrichtung des Unter-
schenkels neben und hinter der Spitze des Malleolus lateralis neben der Van
saphena ext. zu erreichen. — Für das Ulcus cruris kommen in BetracU
1. der N. saphenus major, der unter dem Sartorius etwas unterhalb des
Schenkelkanals auf der breiten Sehne des M. adductor magnus gefunden wird.
2. Der N. peroneus communis, der entweder oberhalb der Kniekehle an
Innenrande des Muse. Biceps, oder hinter dem Wadenbeinköpfchen, oder
unterhalb des Wadenbeinköpfchens gefunden und gedehnt wird- 3. Der S.
cutaneus dorsal, pedis. lat., der weiter oben aufgesucht wird, als für das Mal
perforant. Bei der Operation zieht Chipault Ghloroformanästhesie der
lokalen vor. Die Nerven werden peripherwärts ohne allzugrosse Kraßao-
wendung gedehnt.
Chipault glaubt seine Methode, da sie leicht, unschädlich und erfolg-
reich ist und bei Aflfektionen Anwendung findet, die bis jetzt fast für unheil-
bar gehalten wurden, empfehlen zu dürfen, da sie in der Mehrzahl der Fälle
Suter, Verletzangen und chirarg. Krankheiten der unteren Extremität. 1001
primäre oder sekundäre Heilung gibt. Es ist nur zu beachten: 1. dass das
Greschwür im Bereiche des gedehnten Nerven liegt, 2. dass die Operations-
stelle die richtige Distanz vom Geschwüre habe, dass die Dehnung von einer
ßeschwürsbehandlung begleitet sei. — Auf 2 Fälle, in denen das Mal per-
forant als Folge einer Ischiadikusverletzung aufgetreten ist, weist Sattler
'97) hin. Es handelt sich um eine Schuss- und um eine Stichverletzung des
N^erven mit mehr oder weniger Lähmung und Regeneration. In beiden
Fällen ist das erst spät auftretende, hartnäckige Mal perforant als Folge der
Anästhesie aufzufassen. (Siehe auch unter ;,Erkrankung der Nerven^ den
Pall von Sutur des Nervus ischiadicus von Dann.)
Aus 6 Fällen von Mal perforant, die Titschack (103) mitteilt, geht
abereinstimmend die Bedeutung der Heredität hervor, in dem in allen Fällen
las Leiden sich als ein familiäres erwies.
Zur Bekämpfung der heftigen Schmerzen bei einer chirurgischen Gystitis
and um zugleich einen Pruritus vaginalis zu beseitigen, hat Albert in (77)
ainer Frau die Nervi pudendi interni reseziert und ein sehr gutes
Elesnltat erzielt (siehe Tavel 1902 und Röchet 1903).
14 Fälle von intermittierendem Hinken beobachte Idelsohn
[90). In allen Fällen fand sich Fehlen oder Abschwächung des Pulses in den
Pnssarterien. Dreimal endete das Leiden &it Gangrän. Die Kranken standen
im Alter von 27 — 60 Jahren; gerade bei den jüngsten fanden sich sonstige
Zeichen von Arteriosklerose. — Bei den 14 Fällen bestand 8 mal Plattfuss.
[delsohn nimmt an, dass beim Plattfuss die Art. dorsaUs pedis beim Durch-
tritt zwischen Metatarsus I und U gedrückt und so zur Sklerose disponiert
werde. Bei Juden, und das weist auch auf den Zusammenhang der beiden
Leiden hin, ist der Plattfuss und das intermittierende Hinken häufig.
Über einen Fall von Sklerodermie, der einen 37jährigen Arbeiter
betraf, berichtet Monro (93). Der Fall ist dadurch auffallig, dass die
Affektion zuerst an den Beinen begann und diese hauptsächlich erkrankten.
Durch äusserliche AppUkation von Lebertran und innere Medikation mit
lemselben Medikament und mit Arsanik wurde eine wesentliche Besserung
erzielt. — Über einen Fall von Elephantiasis der unteren Extremitäten,
1er durch leichte Diät, Bettruhe, Massage, Elektrisieren und heisse Bäder
bedentend gebessert, ja fast geheilt wurde, berichten El der und Matthew
[84). Symmetrische Gangrän der Haut und der Unterhautgebilde an
leii Knöcheln und den Unterschenkeln bei einer sonst gesunden Frau beob-
äichtete Bronson (79). Die Gangrän entwickelte sich langsam an Stellen,
lie viele Jahre lang hyperästhetisch und entzündlich verändert waren. Die
Ätiologie des Leidens ist unbekannt. Heilung erfolgte nach Exzision der
iLranken Stellen und Transplantation. Die Affektion rezidivierte aber.
Angeborene Hypertrophie der zweiten Zehe, kombiniert mit Lipom
3er Planta pedis beschreibt Gaubet (81) bei einem 4jährigen Knaben. Wie
lie anatomische Untersuchung der exartikulierten 7 — 8 mal zu grossen Zehe
srgab, handelte es sich um eine allgemeine Hypertrophie des Knochens, des
Qnterhautzell- und Fettgewebes und der Haut.
Schwere Gangrän des Unterschenkels sah Bernard (78) sich infolge
3iiier Angina, die mit Phlebitis kompliziert war, entwickeln. Ein sonst ge-
mnder Soldat kam mit Angina und leichter Influenza zur Aufnahme. Unter
schweren Shockerscheinungen, Erbrechen, Kollaps trat dann plötzlich unter
deftigen Schmerzen in der rechten Fossa iliaca eine Schwellung des betreffenden
1002 Jahresbericht f&r Chirargie. IL Teil
Beines auf, ähnlich einer Phlegmasia dolens alba. Es entwickelte sich GangräD
des Unterschenkels, welche eine Amputation erforderte. Gibson (88) beob-
achtete in 3 Fällen Gangrän des Unterschenkels im Anschluss an croupliie
Pneumonie. Die Gangrän trat am 15., 11. und 12. Tage nach der Entfiebenog
ein und war embolischer Natur. Der Embolus sass zweimal in der Arteria
Poplitea, einmal in der Tibialis. Die Erscheinungen treten akut m oni
Gibson nimmt an, dass die Gerinnsel aus der kranken Lui^e stammten,
da ein anderer Abstammungsort sich nicht nachweisen liess. Bei den drei
Kranken, die 33, 61 und 67 Jahre alt waren, wurde das gangränöse ßlied
amputiert. — Einen weiteren Fall von Gangrän im primär afebrilen Wochö-
bett teilt Schaeffer (98) mit. Die Gangrän setzte am 19. Tage ein ud
betraf die von peripheren Ästen der Art. tibialis versorgten Hautpartien n
Fuss und Muskeln am Unterschenkel. Zur Erklärung des Zastandekommen
dieser Gangrän führt Schaeffer Gonorrhöe, schlechte Ernährung, CUoroee.
Phlebektasien am Unterschenkel und plötzlichen Einschub einer grösBeia
Menge wenig virulenter Kokken in die Blutbahn an, und in einer spato«
Mitteilung (99) weist er darauf hin, dass auch Ergotin eine Rolle spieba
könne. — Loeb (92) bat eine Unterschenkelgangrän durch Thrombose der
Arteria femoralis, wahrscheinlich grippaler Natur, bei einem Diabetiker he
obachtet. Mühsam (94) berichtet über einen Fall, in dem beide Ober-
schenkel amputiert werden mussten wegen Gangrän der Unterschenkel. Die
Gangrän war allem nach embolischer Natur und die Folge einer Inflnenzi.
Der Kranke war septisch, als er zur Operation kam, überstand aber die
beiden an zwei aufeinander folgenden Tagen vorgenommenen Operations goL
Ein anderer nicht operierter Fall von Gangrän beider Beine ging septkcb
zugrunde. Hier stammte die Embolie aus einem Aneurysma des fiidni
Ventrikels und sass auf der einen Seite in der Art. iliaca, auf der anderai
in der Art. hypogastrica. — Auch Taylor (102) berichtet über einen FsH
von doppelter Amputation. Turner (104) hat einem 35jährigen Manne vega
Eisenbahnverletzung zu gleicher Zeit beide Beine amputiert und den Man
davongebracht. Elsworth (85) amputierte einem Mädchen, das 1 Jib
9 Monate alt war, beide Beine unter dem Knie wegen Gangrän beider Unttf-
schenkel. Die Gangrän schien durch akute Epiphysitis entstanden za seil.
Murray (95) amputierte einem 82jährigen Greise einen Oberschenkel ^tg^
Fussgangrän und erzielte Heilung. Fish er (86) amputiert ein^a ältea
Manüe wegen diabetischer Gangrän 2 Zehen, und zwar symmetrische Zeka
an jedem Fusse ; an einem war trockene, am anderen Fusse feuchte Gsngrü-
Eine Unterschenkelgangrän im Verlaufe eines leichten Typhus beok-
achtete Dodds (83) bei einem 22 jährigen sonst gesunden Manne. Es witi
amputiert, der Kranke erlag aber weiteren Embolien in die Lunge. -
Schuster und Kern (100) stellen eine ganze Reihe von GbwgranfaU^ is
Verlaufe von Typhus zusammen, die in der deutschen Armee beobAcbt^
wurden. Sie selbst haben eine teilweise Gangrän des Fusses im Veriaifc
eines leichten Typhus beobachtet; sie nehmen an, es habe sich um eoe
Embolie gehandelt. Sie raten sehr zu einer abwartenden Behandlung, das)
nichts Unnötiges operativ geopfert wird. — Nammack (96) hat bei ein^
29 Jahre alten Manne im Verlaufe eines Typhus mit letalem Ausgang Gangitf
beider Beine beobachtet. Die Gangrän setzte in der dritten Krankheitswodi
ein und wird auf autochthone Thrombose der Bifurkationsstelle der Aoiti
bezogen.
Suter, YerletzuDgen and chinirg. Krankheiten der unteren Extremität. 1003
Weitere 8 Fälle von Grangrän bei Diabetischen referiert Wahlmann
(105) aus der chirurgischen Klinik in Kiel. In 3 Fällen erzielte man durch
Zehenexartikulation Heilung, in 4 Fällen war die hohe Amputation nötig und
diese Fälle gingen zugrunde, in einem Fall wurde keine Operation mehr ge-
wagt und der Kranke erlag unoperiert. 2 Fälle von Hirschfeld (89), die
' beide Gangrän der unteren Extremität bei diabetischen Nephritikem betrafen
und in denen der Gangrän ein bedeutendes Trauma vorherging und auch
Arteriosklerose bestand, geben Veranlassung, die Schwierigkeiten zu besprechen,
welche der Begutachtung in solchen Fällen im Wege stehen bei Entscheidung
der Frage, ob zwischen Gangrän und Trauma ein ursächlicher Zusammenhang
besteht.
G. Yerletzung^en und Erkrankungpen der Knochen.
a) Des Beckens.
1. Aievoli, E., Exostosi Bolitaria epifisiforme del pnbe e dell' ischio. Archivio di orto-
pedia 1903. Nr. 5.
2. Gross, Die Lokalisation der Osteomyelitis in den Seitenteilen des Os sacrum nnd ihre
Beziehung zu den Wachstamsvorgängen. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie 1903. Bd. 68.
Heft 1 und 2.
8. *Krflger, Über das Sarkom der DarmbelnschaufeL Bisa. Greifswald 1903.
4. Lorenz, Ein riesiges Osteoidohondrom des Beckens. Wiener med. G^sellsch. Münch.
med. Wochenschrift 1903. Nr. 24.
5. Picqu^, Präsentation d'un Osteome de la cuisse. Bull, et mdm. de la soc. de Chir.
1903. Nr. 13. ^
6. S]gnorelli,A., Echinococco delF anca simulante una coxite tubercolare. II Poli-
clinico. Sez. pratica 1903. Fase. 51.
7. Stamm, M., Resectioif of the left pelvis for osteosarcoma. Medical News 1903.
August 8.
8. Viannay, Ostäite tuberculeuse du pubis avec envahissement de la Symphyse pubienne.
Soc. des Sciences m4d. Lyon mädical 1903. Nr. 49.
Die von Aievoli (1) vom klinischen, operativen und pathologisch-ana-
tomischen Gesichtspunkt beschriebene Epiphysenexostose hatte am Scham-
und Sitzbein auf der rechten Seite ihren Sitz. Der Fall betrifft ein 17 jähr.
Mädchen, das erblich nicht belastet war und vorher keine krankhaften Zu-
stände aufgewiesen hatte. Die abgetragene KUochengeschwulstmass 7 V4X'^^/s cm.
Sie bestand aus spongiösem Knochengewebe und war von einer knornaligen
Hülle umgeben, so dass sie einer Epiphyse glich. ^
Verf. hat die einschlägige Literatur durchgesehen und . sich überzeugt,
dass dem seinigen ähnliche Fälle sehr selten sind. Sich besonders über die
Pathogenese verbreitend, tut er durch Zitate dar, dass die Anschauung bezüg-
lich dieser seit CuUevier einen grossen Umschwung erfahren hat; er weist
anf Weber, Virchow, Soulier, Volkmann, Bessel-Hagen, Poncet
u. a. hin. — Da er in seinem Falle eine auf Störungen in der Knochenent-
wickelung zurückführbare embryonale Entstehung annehmen zu müssen glaubt,
erörtert er die von Gegenbaur, Rosenberg und Petersen über die
embryogene Entwickelung des Scham- und Sitzbeins ausgeführten Studien,
sich zum Schlüsse dahin aussprechend, dass bei Erklärungsversuchen so dunkler
und doch so wichtiger Prozesse die Studien Roux' über die Entwickelungs-
mechanik der Organismen nicht übersehen werden dürfen. R. Giani.
Lorenz (4) beschreibt ein Präparat von riesigem Osteoid Chondrom
des Beckens. Die Geschwulst bestand 22 Jahre und hatte sich bald nach
1004 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teü.
ihrer Entstehung zur definitiven Grösse entwickelt. Anfänglich war sie ireick
und wurde für ein Sarkom gehalten, später wurde sie hart und als Enchon-
drom gedeutet. Ihre Vereiterung führte den Tod des 47 jährigen Mannes
herbei.
Wegen Osteosarcoma hat Stamm (7) einem 25jährigen Mannedi«
eine Beckenhälfte reseziert (siehe auch unter „Allgemeines^); der Betreffoide
starb aber 5 Stunden nach der Operation. Stamm glaubt, dass hauptsäch-
lich das Durchmeisseln der Knochen starken Shock provoziert habe und würds
in einem anderen Falle eine elektromotorische Säge verwenden.
Picque (5) beschreibt ein Osteom, das er aus den Adduktoren eines
Irrsinnigen entfernt hatte ; dasselbe sass mit seiner Basis am Schambein fest
und reichte pyramidenförmig nach unten, von den Muskelfasern bedeckt.
Yiannay (8) demonstriert das Becken eines Mannes, das eine tuber-
kulöse Osteomyelitis mit Beteiligung der Symphyse aufweist. Charakte-
ristisch für den letzteren Prozess ist eine grosse Schmerzhaftigkeit der Sym-
physe bei allen Erschütterungen, die den Körper treffen. Der betreffcäde
Kranke war kachektisch zugrunde gegangen.
Gross (2) verbreitet sich an Hand von sechs Beobachtungen über die
Osteomyelitis in den Seitenteilen des Os sacrum, eine Affektion, die von d^
Osteomyelitis der Wirbelteile des Sakrums zu trennen ist, da die Seitenteüe
den Rippen entsprechen. Diese Massae laterales sind nun ganz besonders häofi;
von Osteomyelitis betroffen und Gross glaubt, dass das auf die Form- mi
Wachstumsverhältnisse und die Wichtigkeit der Ossifikation dieser Teile zurück-
zuführen sei. Gross hat neben seinen Fällen noch 10 aus der Literatur ge-
sammelt. Von diesen 16 sind 10 gestorben. Von 7 schweren Fällen sind
alle gestorben, von 8 leichteren 3. Die Behandlung ist eine operative und
hat dem Abszesseiter Abfluss zu verschaffen , was durch Besektion der Sym-
physis sacroiliaca zu geschehen ])at, da sonst Psoasabszesse entstehen.
Bei einem Individuum, das an Urämie infolge von Nephritis gestorb®
war und bei welchem gleichzeitig eine Echinokokkencyste der Leber und Sym-
ptome von Coxitis linkerseits, mit vollständiger Atrophie der Muskehnassci
bestanden hatten, fand Signorelli (6) bei der Autopsie in der innerai
Darmgrube eine alte degenerierte Echinokokkencyste mit Usur des Dana-
beins, der Pfannengrube und des Femurkopfes, die das symptomatische B31
einer tuberkulösen Coxitis realisiert hatte. R Giani.
b) Des Oberschenkels.
9. Börard, Ostäomy^lite prolong^e du fämur. Soc. de Cbir. Lyon m^dicai 1903. Nr. äS.
10. Borcbard, Zur Resektion der Oberschenkel - Diaphyse bei malignen Tmnorei.
V. Langenbecks Archiv 1903. Bd. 71. Heft 3.
11. Coley, W. B., Sarooma of the femur. New York surgical society. Annala of soigerr.
January 1903. p. 98.
12. *Döpievoi8, Sarcome ä my^loplaxes d^veloppö aus d^pens da condyle interne di
fömur. Journal de m6d. de Bordeaux 1903. Nr. 27.
13. Griffiths, Gase of sarcoma of tbe feraur with description of a recent method rf
amputation at the hip-joint. British med. Journal 1903. Deo. 19.
14. H erbet, Ezostoses du f^mur et ossification partielle du muscle croraL Ball, etmoa
de la soc. anat. 1903. Nr. 10.
15. *Hoffmeyer, Ein Fall von beweglichem parostalen Osteom des rechten Oberscbenkek
Diss. Erlangen.
16. Marcarini, G., Un caso di adeno-carcinoma osteoplastico metastatico del femore. U
Clinica chirurgica 1903. Nr. 10.
Suter, Verletzungen nnd chirurg. Krankheiten der unteren ExtremitAt 1005
17. Mouchet et Dreyfus, Inflexion de T^piphyse inf^rieure du fömur Simulant la
Inxation en arrldre du tibia dans une ost^o-arthrite tuberculeuse du genou. Revue
d'ortbop^e 1908. Nr. 5.
18. Biethus,0., Exostosis bursata bei freien Knorpelkörpern. Beiträge zur klin. Chirurgie.
Bd. 37. Heft 3.
19. Robinson, Separation of the acetabular epiphysis of the femur. British medical
Journal 1908. Oct. 10.
20. Rogers, Sarcoma of the hip-joint. New York surgical soc. Annais of surgery 1908.
Jan.
21. Soubeyran et Martin, Ost^osarcome ä grandes cellules de Textrömit^ införieure
da f^mur. Archiyes proyinciales 1908. Nr. 10.
22. Tixier, P^riostite albnmineuse du f^mnr d'origine probablement syphilitique. Soc. de
Ghir. Lyon mödical 1908. Nr. 15.
28. Wagon, Ost^osarcome de T^xtr^mit^ införieure du f^mur ayant simulö une arthro-
pathie. Bull, et m4m. de la soci^t4 anatomique de Paris 1903. Nr. 3.
Eine merkwürdige Stellungsveränderung der Oberschenkelepiphyse
bei Kniegelenkstuberkulose beschreiben Mouchet und Dreyfus (17). Bei
der 32jährigen Patientin, bei der die Gelenktuberkulose 11 Jahre dauerte,
fand sich bei der Resektion eine Umkrümmung der Femurepiphyse nach
hinten, so dass die Gelenkfläche nach hinten-unten sah. Verflf. nehmen an,
es handle sich um eine trophische Störung, die unter dem Reize der chroni-
schen tuberkulösen Entzündung sich entwickelte; ähnliche Störungen wurden
noch nicht am Femur, dagegen häufig an der Tibia gefunden.
Eine ausgedehnte Eontinuitätsresektion des Oberschenkels hat Bor-
chard (10) bei einer Frau mit Oberschenkelsarkom gemacht, bei der
sich die Geschwulst langsam entwickelte und zur Spontanfraktur des Knochens
führte. Es Hess sich die Geschwulst leicht ausschälen (myelogenes Sarkom),
es musste aber ein 26 cm langes Stück des Knochens entfernt werden. Die
Knochenenden wurden dann vereinigt und im Laufe von Monaten bildete sich
eine knöcherne Vereinigung und ein gut funktionierendes Bein, da die an-
fänglich viel zu langen Muskeln sich verkürzten und ihre Funktion wieder
aufnahmen. Mit hohem Schuh geht die Patientin gut. Borchard hofft,
eine Dauerheilung erzielt zu haben und glaubt, dass wenn nicht die Spontan-
fraktur dagewesen wäre, auch die Exkochleation der Geschwulst genügt hätte.
Im Anschluss an diese auf dem Chirurgenkongress gemachte Mitteilung be-
richtet Goldmann über drei Fälle von malignem Tumor der Tibia; in zwei
Fällen war auch die Kontinuitätsresektion nötig. In einem Falle hat er zur
Herstellung der Kontinuität eine Resektion der Fibula mit Knochennaht der
Tibia gemacht, im anderen durch Implantation der Fibula in den zentralen
Tibiastumpf. In beiden Fällen wurde das Resultat sehr gut und die Fat.
blieben fast 3 Jahre rezidivfrei. Auch Körte hat ähnliche Operationen ge-
macht, in einem Falle 21 cm des Femur reseziert wegen periostalen Spindel-
zellensarkoms. Der Operierte ist jetzt 3Vs Jahre nach der Operation gesund.
In einem anderen ähnlichen Falle hat er später wegen Verdachts axif Rezidiv
reseziert.
Ein periostales Rundzellensarkom des Oberschenkels bei einem
10jährigen Manne, der jede Operation verweigerte, hat Coley (11) neun
Stunden lang mit Röntgenstrahlen beleuchten lassen mit dem Erfolge, dass
die Geschwulst fast völlig verschwand. Die Diagnose war durch Probeinzision
gestellt worden. — Einen diagnostisch ungemein schwierigen Fall, in dem es
sich scheinbar auch um die Heilung eines histologisch diagnostizierten Spindel-
zellensarkoms des Oberschenkels in der Hüftgelenkgegend handelt, publiziert
1006 Jahreebericht ffir Chirargie. II. Teil.
Rogers (20). Eine 26jährige Fran brach zweimal spontan den Schenkelhals
imd zeigte einen Tumor der Gegend. Sie wurde als inoperabel mit Strepto-
kokkenserum behandelt und heilte dann im Laufe der Jahre. Später ent-
wickelten sich bei ihr typische syphilitische ülzerationen der Nase, so dass
das histologisch sichergestellte Sarkom des Oberschenkels vielleicht ein Produkt
ihrer Syphilis war. — Ebenfalls diagnostische Schwierigkeiten verarsachte der
Fall von Wagon (23), der eine 38jährige Frau betraf. Es handelte sidi um
ein Osteosarkom des unteren Femurendes, man glaubte aber eine Gel@ik-
syphilis vor sich zu haben. Da eine Schmierkur eine Yerschlimmernng der
Sachlage zur Folge hatte, wurde amputiert unter der richtigen Diagnose. —
Auch Griff iths (13) berichtet über ein Oberschenkelsarkom, für das er na(4
einer im Original beschriebenen neuen Methode die Exartikulation gemacht
hat. — Soubeyran und Martin (21) beschreiben ein grosszelliges Osteo-
sarkom des unteren Endes des Femur.
Marcarini (16) beschreibt einen Fall von metastatischem osteo-
plastischen Adenokarzinom des Femur bei einer Frau, die Navaro
mittelst Exartikulation des Femur operierte. Fünf Jahre vorher war der
Patientin eine Mamma amputiert worden wegen einer Geschwulst, die nidit
histologisch untersucht wurde, aber die wahrscheinlich eine maligne war. De*
nicht deutliche histologische Befund gibt dem Verf. Gelegenheit, den geseo-
wärtigen Stand unserer Kenntnisse über die Endotheliome zu präzisiereiL
denen die von ihm beobachtete Geschwulst sich sehr nähert, und er komist
zu dem Schlüsse, dass die histologische Untersuchung allein zu einer Diagnose
nicht genüge; diese müsse aus der Gesamtheit aller klinischen sowohl ak
anatomischen Merkmale erhellen. R. Giani.
Die Exostosis bursata ist selten und Fälle mit Bildung tmec
Knorpelkörper sind erst drei beschrieben. Riethus(18) teilt den vierten mit
Ein 16 jähr. Mann mit multiplen Exostosen stiess sich gegen eine solche a&
Knie und es bildete sich eine Geschwulst hier. Bei der Operation ze^
sich eine um die Exostose fest aufsitzende Cyste, die 200 Knorpelkörp^cbfc
und einen serösen Inhalt enthielt. Gegenüber der Spitze der Exosto^ hui
sich in der Gystenwand das oben abgehobene Ende der Exostose und die
Bildung der Knorpelkörperchen ist so zu denken, dass das an der Bmchflidie
freiliegende Knorpelgewebe wucherte und die Wucherungen dann durdi im-
chanische Insulte abgebrochen und frei wurden.
Herb et (14) demonstriert die Femora einer Anatomieleiche mit grosa
Exostosen, die am Femur breit aufsitzend in den Kruralmnskd eisg^
wachsen waren und hier als Fortsetzung mit der femoralen Exostose nicki
mehr zusammenhängende Osteome aufwiesen. Die Affektion fand sich be
einem 60jährigen Manne, sie war doppelseitig, rechts mehr entwick&H
als links.
Tixier (22) hat eine Periostitis albun^inosa operiert, die einei
Erguss von 200 ccm gelber Flüssigkeit enthielt. Die bakteriologische Unter-
suchung ergab die Anwesenheit von Staphylokokken im Inhalt Die histe-
logische Untersuchung der Wand glaubt ein syphilitisches Gumma annehma
zu dürfen. Obschon eine Schmierkur auf die Heilung keinerlei Kinflns« hatte«
glaubt Tixier doch eine seltene Form syphilitischer Periostitis vor sich m
haben. Berard (9) berichtet über eine chronisch verlaufende Osteomyelitis
des Oberschenkels.
Sater, Verletzangen and chimrg. Krankheiten der anteren ExtremitAt. 1007
Über Lösimg der Pfaimenepiphyse des Femur, die zwischen dem 1. und
20. Lebensjahre auftreten kann, verbreitet sich Robinson (19). Sie führt
zu Veränderungen, die denjenigen der Coxa vara gleichen und es empfiehlt
sich, die gelöste Epiphyse zu entfernen.
c) Des Unterschenkels.
24. Back, M., Exostosis cartilaginea tibiae. In.-Dissertation. Kiel 1902.
25. Bayer, Zur Behandlang der EnochenhGhlen in der Tibia and im Galcaneos. Zentral-
blatt fOr Cfairargie 1903. Nr. 19.
26^ Bloodgood, J. C, Giant cell sarcoma of bone. Johns Hopkins Hospital. Jale 1908.
p. 146.
27. Gas teil vi, C, Origen heredosifilitico de la Osteitis deformante o enfermed ad de Paget.
Reyista de med. y cir. pract. de Madrid 1903. Nr. 791 a 796.
28. Jambon, Ost^omyelite bibolaire da tibia droit avec arthrites sappar^es secondaires
de Tarticnlation tibio-tarsienne et de l'articalation da genou correspondante. Soc. des
m^d. Lyon m^dical 1903. Nr. 49.
89. *Jiana, J., Verkürznng der Tibia, Fehlen derFibala, Pes Taras eqainos. Spitalal 1903.
Nr. 16. p. 588. (Ramftnisch.)
80. Jones, Resection of two tiiirds of the fibnla for central sarcoma. Medical Press 1903.
April 15.
81. Kirmisson, Deformation consid^rable da membre inf^riear gaache, cons^cutive k ane
ostäomyelite andenne avee psendarthroae da tibia et hypertrophie compensatrioe du
p^on^. Revne d'orthop^die 1903. Nr. 5.
32. — Des rögles qai doivent prüder h Fintenrention op^ratoire dans les incanrationa
rachitiquea da tibia. Revae d'orthop^die 1903. Nr. 2.
33. ^Eleinschmidt, Über einen Fall von zentralem verknöcherten Enchondrom der Tibia
Diss. Freibarg 1903.
34. Laconnt, Ebomation tubercaleose da tibia. Le Progrös medical 1908. Nr. 9.
35. V. Mangoldt, Zar Behandlang der Knochenhohlen in der Tibia. Archiv fOr klin.
Chirargie 1903. Bd. 69. Heft 1 u. 2. Gesellschaft fQr Natur- a. Heilkande zu Dresden.
Mfinchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 4.
86. Monod etMacaigne, Sarcome da tibia trait^ par ^videment ; ga^rison. Ball, et m4m.
de la soc. anat 1902. Nr. 9 et Soc. de chir. 1903. T. XXIX. p. 5.
37. Mar r eil, A case of osteo-myelitis of tibia, simolating acute rheomatism. Medical
Press 1903. Jaly 1.
88. *Beinhard, Zwei Fälle von sehr anfCallender DifTormitftt nach Osteomyelitis tibiae.
Diss. Erlangen 1903.
89. Riegner, Aasgedehnte Kontinaitätsresektion an der anteren Extremität. Beiträge zar
klin. Chirargie 1903. Bd. XXXYIII. Heft 3.
40. Schmieden, V., Beitrag zur Kenntnis der Osteomalacia chronica deformans hyper-
trophica (Paget). Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Bd. LXX. p. 207.
41. Soubeyran, Myxome sous-p^riostique du tibia. Ablation. Evidement osseux. Gu^rison.
Bull, et m4m. de la soc. anat. 1903. Nr. 9.
42. Winters, Über einen Fall von Exostosis tibiae. Diss. Kiel 1903.
43. Wortmann, J., Ein FaU von Enchondrom der Tibia. In.-Di88ertat. Kiel 1902.
Nach V. Mangoldt (35) handelt es sich bei der Behandlung der Knochen-
höhlen der Tibia hauptsächlich darum, sich zuerst skiagraphisch über deren
Sitz und Grösse zu orientieren, um einen exakten Operationsplan machen zu
können. Nach seiner Ansicht ist von Plombierungen und osteoplastischen
Fällungen nicht viel Gutes zu erwarten, hingegen glaubt er, die Transplan-
tation als ein rasch und sicher wirkendes Mittel empfehlen zu müssen, wenigstens
für die Diaphyse. Für Höhlen in der Epiphyse scheint ihm das beste die
Hautperiostlappeneinstülpung entweder zungenförmig oder viereckig. Die nach
letzterem Verfahren bebandelten Höhlen füllen sich im Laufe der Zeit aus,
während die transplantierten Höhlen bestehen bleiben. Durch eine Reihe von
1006 Jahresbericht fOr Chirurgie. TL Teil.
Krankengeschichten einschlägiger Fälle, die mitgeteilt werden, illnstrieit
T. Mango! dt seine Ansfühmngen.
Bayer (25) hat nach folgenden Verfahren in kurzer Zeit ansgedehntfl,
breite, rinnenförmige Höhlen nach Nekrotomien zor Überhäntung gebndri
Die Höhle wird erst gesäubert und ansgeglättet, die seitlichen Enochenradff
werden nach Znrückpräparieren der Weichteile abgetragen und die Höhle »
abgeflacht. Hierauf werden die Weichteillappen einfach auf den Knochen p-
klappt ; es kommt darauf eine Jodoformgazerolle , die die Höhle ausfallt und
durch Nähte, die beiderseits seitlich fassen und über der Rolle geknüpft
werden, wird die Rolle fest auf die Haut und damit diese fest auf den
Knochen gepresst. Auch für Höhlen im Calcaneus eignet sich das Vs-
fahren.
Monod (36) berichtet über die Heilung eines Riesenzellensarkoms da
Tibiakopfes bei einer 41jährigen Frau durch Auskratzen. Die Diagnose wir
skiagraphisch gestellt worden ; der Knochen bildete um den Tumor nur ei»
ganz dünne Schicht. Heilung mit Ankylose des Knies, das bei derOpentki
nicht eröffnet wurde. — Einen ganz analogenFall teiltBloodgood (26)fflit
Es wurde der Tibiakopf, der ein zentrales Riesenzellensarkom enthielt, atlig^
meisselt, zum Teil reseziert und ausgekratzt. Im Anschluss an diese Mit-
teilung berichtet Bloodgood über 42 Fälle von Extremitätensarkom üsd
hebt hervor, dass auch bei periostalen Sarkomen die Resektion gelegentM
gute Erfolge gibt. — Ein subperiostales Myxom der Tibia, der inneren Flid»
derselben in der Mitte aufsitzend, beobachtete Soubeyran (41). Die Ge-
schwulst wurde samt dem darunter liegenden hypertrophierten Knochen eot-
femt, rezidivierte nach 2 Monaten und wurde in gleicher Weise operiert.
Mikroskopisch handelte es sich um ein periostales Myxom, das in den Kn<x:ba
den Ha V er 8 sehen Kanälchen folgend, hineinwuchs. Soubeyran hat seck
Fälle von Myxom des Periost aus der Literatur finden können. — Ein zen-
trales Sarkom der Fibula hat Jones (30) beobachtet und zwei Drittel des
Knochens reseziert.
Winters (42) beschreibt in seiner Dissertation eine Exostose der oberei
Epiphyse der Tibia, die gegen die Kniekehle gewachsen war und aus spongiöaer
Knochensubstanz mit Resten hyalinen Knorpels an der Oberfläche bestaod.
Die Geschwulst war nach einem Trauma rascher gewachsen. — Über weitoc
Fälle von Tibiaexostosen berichten Bach (24) und Wortmann (43). Ii
Bachs Fall handelte es sich um eine 28jährige Frau, deren Tumor billari-
kugelgross von der oberen Tibiaepiphyse ausging und in der Kniekehle unter
den Wadenmuskehi sass. Im Falle Wortmanns sass die Geschwulst bei
einem 20 jährigen Manne an der unteren Epiphyse des linken Unterschenkels»
zerfiel in zwei Teile und war mehr knorpeliger Natur.
Kirmisson (34) formuliert die Gesichtspunkte, die massgebend seis
sollen zur Beantwortung der Frage , wann in Fällen von Verkrümmung der
Tibia eine Operation nötig ist. Er empfiehlt diese nur dann, wenn die
Belastungslinie des Beines, die als Senkrechte vom Hüftgelenk normalerweise
die zweite Zehe trifft, nicht den normalen Unterstützungspunkt trifft Aih4
in Fällen hochgradiger Verkrümmung kann man bei wachsenden Kindern ab-
warten, falls diese Bedingung erfüllt ist.
Eine äusserst interessante kompensatorische Hypertrophie des Wadoi-
beins bei bedeutender Diflformität des Beins mit guter Funktion bei Tibia-
pseudarthrose infolge alter Osteomyelitis beschreibt an Hand eines Falle
Sater, Yerletzangen and chirarg. Krankheiten der unteren Extremität. 1009
Kirmisson (31). An der Tibia, die erkrankt gewesen war, fehlte jede kom-
pensatorische Enochenneubildung , hingegen hypertrophierte das Wadenbein
bedeutend, krümmte sich hackenförmig und übernahm als Stütze die Funktion
der Tibia.
Riegner (39) berichtet über eine ausgedehnte Resektion von Femur
und Tibia, die bei einem 16jährigen Manne gemacht wurde, um einen alten
osteomyelitischen Prozess zur definitiven Heilung zu bringen. Das resezierte
Stück des Knochen war 16 cm lang, die Enochenenden wurden mittelst Elfen-
beinstiftes zusammengenagelt und völlige Konsolidation erzielt, so dass eine
Prothese angelegt werden konnte.
Murr eil (37) berichtet über einen Fall von Osteomyelitis tibiae, der
unter dem Bilde eines akuten Gelenkrheumatismus verlief, aber pyämisch zu-
grunde ging, obschon erst die Osteotomie und dann die Amputation gemacht
wurde. Bei der Autopsie fanden sich alle inneren Organe von embolischen
Abszessen durchsetzt. Eine Injektion von Antistaphylokokkenserum blieb ohne
Erfolg.
Eine progrediente Eiterung von einer Verletzung der Planta pedis aus-
gehend und sich medullär und subperiostal bis zum oberen Ende der Tibia
und ins Fussgelenk und Kniegelenk fortsetzend, beschreibt Jambon (28).
Bei dem Kinde, das so betroffen war, wurde ein Oberschenkel amputiert und
Heilung erzielt.
Die Pagetsche Krankheit führt Castellvi (27) wie Lannelongue
auf hereditäre Syphilis zurück; er stützt sich dabei auf 3 Fälle, bei denen
sich sowohl andere Symptome fanden, als auch ex juvantibus sich auf die
Natur der Krankheit schliessen liess. Schnieden (40) im Gegenteil be-
schreibt'den Fall einer 58 jährigen Frau mit der gleichen Affektion (Osteo-
malacia chronica deformans hypertrophica), der sicher keine syphilitische Ver-
gangenheit hatte. Es entwickelte sich bei der Frau langsam ein Riesenwuchs
des rechten Schienbeins unter Schmerzen und Versteifung des Kniegelenkes.
In 3 Jahren wurde die Tibia bogenförmig verkrümmt, ihre Grista abgerundet,
die Unterschenkelhaut auffallend glatt und zart und zeigte braune Pigmentflecke.
Bei der Frau wurde erst die Keilosteotomie im Tibiakopfe zur Korrektur der
Stellung gemacht, dann die Knieresektion wegen arthritischer Beschwerden
und endlich die Oberschenkelamputation wegen endloser Fistelbildung und so
konnte Schnieden das Bein histologisch untersuchen und konstatieren, dass
der Knochen und das Gelenk alle Eigentümlichkeiten der Pag et sehen Krank-
heit zeigten.
d) Knochen des Fusses.
44. Abadie, ün cas de sarcome du calcanöns. Archives provinciales 1903. Nr. 12.
45. Blecher, Entstehnng der FussgeschwoLst. Deutsche milit&rftrztliche Zeitschrift 1903.
Heft 1 u. 3.
46. Bollinger, Über primftre Aktinomykose der Fasswurzelknocben. Münchener med.
Wochenschrift 1908. Nr. 1.
47. Qoiat- Wellen barg, Calcanensexostose. Dias. Kiel 1903.
48. Nion, Zur Statistik der Mittelfuss-KDochenbrOche. Deutsche militärftrztliche Zeit-
schrift 1903. Heft 4.
49. Scheiber, Über einen Fall von Arthropathia tabidornm (Pied tab^tiqne). Wiener
med. Wochenschrift 1903. Nr. 24 u. 25.
50. Schramm, Beitrag zur Kenntnis der Tuberkulose der Knochen und Gelenke am kind-
lichen Fusse. Wiener med. Wochenschrift 1903. Nr. 16—19.
Jahresberieht fllr Ghinirgie 1003. 64
1010 Jahrasbericht Ar Oiiniigie. II. TaiL
51. Schwarti, Tarul^ie da piad droit tans pied plat^ rebella aa traüement iumi naffuL
Tarseetomie cundiforme. Agrafe de JacolL Bull, at m^nL de la soe. de Ghk. 19(KL
Nr. 20.
52. Tobold, Znr Kasuistik der MitteUassknoehenlirlldie. Deutsche mflitiiinüidn lA
Schrift. Sept 1908. Heft 9.
Über 200 Fälle von Tuberkulose des kindlichen Fusses be-
richtet Schramm (50). Unter den Fällen handelt es sich 62 mal umTaber-
kulose der Zehen und Mittelfuasknoch^a, 23 mal um Tuberkulose der Keil-
beine, Würfel- und Kahnbeine, 17 mal um Tuberkulose des Fersenbeins, 98otti
um Tuberkulose des Fussgelenks mit 74 nachgewiesenen primären KuodieD-
herden und mit 5 mal nachweisbaren primären STnovialiserkrankungmi. Für
die anderen Fälle war der Ausgangspunkt nicht nachzuweisen. Der Behaod-
lungserfolg für die verschiedenen oben angefahrten Lokalisationsgruppes ist
der folgende:
1. Zehen und Mittelfussknochen: von 62 Fällen 82®/o geheilt, davon 31
nachuntersucht und 64 Vo geheilt gefunden.
2. Vordere Fusswurzelknochen: von 23 Fällen 65 ^/o bei der Enthtssu^
geheilt; 12 wurden nachuntersucht und bei 58 ^/o Heilung konstatiert
3. Fersenbein: 17 Fälle gaben 82 ^/o Heilung beim Austritte; es wnrfa
8 nachuntersucht und 87,5 ^/o geheilt gefunden.
4. Von 98 Fällen mit Sprunggelenkserkrankung sind 70% unmitteibir
geheilt und von den 48*^/o Nachuntersuchten 58,3 ®/o. — An Tuberkulose stari»
während der Behandlung 8, nach derselben 8, an anderen unbestimmten Knok-
heiten starben 10.
Einen Fall von Aktinomykose der Fusswurzelknochen beschrak
Bollinger (46). Die Lokalisation ist selten und entspricht dem in da
Tropen beobachteten Madurafusse. In dem Falle ist von speziellem Interew
die lange Dauer der Inkubation. Der betr. 64 jährige Kranke hatte sich ik
11 jähriger Junge mit einer Hacke am Fuss verletzt. Er war dann sbiok
gesund, bis im Alter von 48 Jahren im Anschluss an eine Überanstreogmi
der Fuss erkrankte und nicht mehr heilte ; unbrauchbar war der Fuss aDo^
dings erst als der Kranke 61 jährig war. Der Fuss wurde amputiert and der
Kranke geheilt Die klinische Diagnose war Tubwkulose.
Blecher (45) präzisiert von neuem (siehe letztjährigen Jahresb.) mbi
Ansichten über die Fussgeschwulst; nach ihm handelt es sich dabei eit*
weder um Knochenbruch oder um Periostitis. Klinisch lassen sich die beides
Formen nicht unterscheiden. Unter 87 Fällen handelte es sich 30 mal ob
Knochenbriiche. Gebrochen ist am häufigsten der 2. Mittelfussknochen, u |
seltensten der 4. Der 1. und 5. brechen nie. Der Bruch sitzt in der Mitte |
oder im distalen Teile des Knochens. Ursache ist fast nie ein FeUtnti,
sondern der Marsch. Der jüngste Jahrgang der Soldaten ist deshalb ancb mit
85,2% vertreten. Nach der Ansicht Blechers entsteht die Verletzmig duiri
Einsinken des Fussgewölbes infolge der Muskelermüdung b^m langen Ma^
schieren, wobei dann auch die mittleren Mittelfussknochen, die für gewokii-
lieh den Boden nicht berühren, auf denselben aufkommen. Durch das Tniutt
entsteht dann entweder die Periostitis oder wenn dasselbe starker wirkt, die
Fraktur.
In 1500 Fällen von Fussgeschwulst, die nach Tobold (52) radiograpliiscl
untersucht wurden, fanden sich in 49,7 ®/o frische Brüche, Periostitis in 11,9 ">
alte Brüche in 5,7%. In 32,7 % war der radiographische Befund negstiV.
Sater, Yerleizungen und chinirg. Krankheiten der anteren ExtremitAt. lOll
ft der grossen Mehrzahl der Fälle (ca. 50®/o) war die AflFektion beim Mar-
chieren entstanden. — Nion (48) berichtet über die radiographischen Be-
linde bei 575 Fällen von Fussgeschwulst. In 245 Fällen war der Befund ein
egativer. In 330 Fällen war eine Veränderung der Mittelfussknochen da.
33 mal fand sich ein Bruch, 74 mal eine Verdickung des Knochens, die wohl
•eriostaler Natur war.
V. Gulat-Wellenburg (47) berichtet über eine gänseeigrosse, solitäre
norplige Exostose, die bei einem 14 jährigen Knaben breit von der Aussen-
md Unterfläche des Fersenbeins ausging, v. Gulat-Wellenburg nimmt
ji, es handle sich um Wucherung des Epiphysenknorpels infolge von trau-
aatischer Beizung.
Scheiber (49) beschreibt einen radiographisch untersuchten Fall von
Irthropathia tabetica vom Typus der hypertrophischen Form mit gut-
krtigem Charakter. Die Affektion ist allein auf das proximale Ende des
»raten Mittelfussknochens beschränkt. Die Affektion ist ü'ophischen und nicht
raumatischen Ursprungs.
Über ein Osteosarkom des Calcaneus bei einer 40 jährigen Frau, die
m Knie exartikuliert wurde, berichtet Abadie (44) einlässlich. Der Cal-
saneus war aufgetrieben, enthielt unter einer dünnen kortikalen Knochen-
Schicht eine von Sarkomgewebe ausgefüllte Höhle.
Schwartz (51) hat bei einem 20jährigen Manne mit Tarsalgie des
rechten Fusses, die immer rezidivierte, aber keine Plattfussstellung bedingte
and sich durch Behandlung mit Gipsverbänden nicht bessern liess, die keil-
förmige Tarsektomie gemacht und nachher die Knochen mit Erfolg mit einer
Jacoi Ischen Agraffe vereinigt.
D. Erkrankungen der Gelenke.
a) Des Hüftgelenkes.
1. ^Berger, Das Haftweh. 2. vermehrte Aufl. Berlin 1903. H. Steinitz.
2. Bertelsmans, Ein Fall von Spontanluxation des linken Haftgelenkes im Verlauf
eines schweren Scharlach. Orth- Festschrift 1903. A. Hirschwald.
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berg 1903.
4. Burci, Gontributo di casuistica clim'ca. Lo Sperimentale 1903. fasc. 5.
5. Engelmann, Zur Kasuistik der Spontanluxationen des Haftgelenkes. Freie Ghir.-
Vereinig. Zentralblatt fOr Chirurgie 1903. Nr. 9.
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ortopedia 1903. fasc. 6.
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8. Guyot, Coxalgie suppur^e de la hanche droite; immobilisation prolong^e et ponction;
gu^rison locale; möningite mortelle. Journal de m^d. de Bordeaux 1903. Nr. 40.
9. Hall, A case of dislocation of the hip in acute rheumatism. Annais of surgery. 1903.
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10. Hei hing, Die Behandlung koxitischer Kontrakturen mittelst der Osteotomie. Freie
Vereinigung der Chirurg. Berlins 1903. 14. Dez. Ref. Zentralblatt far Chirurgie 1904.
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11. Honssel, Weiterer Beitrag zur akuten Osteomyelitis im Gebiete des Haftgelenkes.
V. Br uns sehe Beitr&ge 1903. Bd. 39. Heft 3.
12. König, F., Die tuberkulöse Coxitis wesentlich des Kindesalters. Deutsche Klinik
12a. Mannin g er, W., Über die operative Behandlung der Coxitis tuberculosa. Mitteilung
aus der chirurgischen Klinik — Direktor Prof. Kocher — in Bern. Orvorsi Hetilap.
1908. Nr. 10-13. (Ist im Jahresbericht fttr 1902 p. 1193 referiert.)
64*
1012 Jahresbericht fDr Chirurgie. IL Teil.
13. Meriel, Ossification partielle de la capsole coxo-f^morale. Bnll. et möm. deUeot
anat 1903. Nr. 7.
14. *Cherzweiler, Über die Yerbreitong koxitischer Abszesse. Dias. Freiboig 19(^1
15. Eessina, 6., Resezione deir anca per cozite tubercolare suppnrata eon seni fistft]«j
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16. Morestin, D^sarticalation de la hanehe poor coxalgie andeime multifistiileiiae. M
et m4m. de la soc. anat. de Paris 1903. Nr. 3.
17. Poncet, Rheamatisme tobercoleux, morbus coxae senilis d'origine tabercnleose. 6<i^
des höpitaux 1903. Nr. 136.
18. * Schlick, Die operative Behandlung der tuberkulösen Coxitis und ihre Efiderfd^
Dias. Bonn 1903.
19. SchQssler, Eine intrakapsulftre Meiselresektion des HUftgelenks. Heilung, v. L taget-
becks Archiv 1908. Bd. 69. v. Esmarch-Festschrift Heft 1 n. 2.
20. *Tubby, Die Tuberkulose des HOftgelenks. Clinical Journal 1903. June 10.
21 . Vincent, Osteotomie et Ostectomie fdmorale dans les^ankyloses videnses de la baoek
Lyon m^dicale 1903. Nr. 14.
22. Zoppi, Della cosidett« pseudoartrosi flottante dell' anca consecutiva ad ont msüi
osteomielitica. Archivio di ortopedia 1903. &sc. 5.
König (12) widmet der tuberkulösen Coxitis der Kinder eiDeBe-
sprechang nnd geht hauptsächlich auf die konservative Behandlung: Extensiia,
Gipsverband, Jodoforminjektion und deren Erfolge ein. 294 Fälle hat erksh
servativ behandelt Über 92 von diesen Fällen fehlen die Nachrichten. Tob
den anderen 202 sind 140 geheilt; 114 davon gehen frei, 55 sind gestoita
7 sind ungeheilt. Die konservative Behandlung gibt also gute Resultate ni
ist in jedem Falle zu versuchen, für eine Reihe von Fällen ist aber dieOp^
ration* nicht zu umgehen. Abszesse sind keine Indikation zur Reseküon; m
sollen erst mit Punktion und Jodoforminjektion, dann mit Inzision bebanddl
werden und erst, wenn das nicht zum Ziele führt, mit Besektion. Es bleibE
also für Resektion Fälle mit schwerer destruktiver Knochenaffektion; Yik
mit Fisteln, mit Fieber, mit Luxation, oder solche, die mit der konsenatiTe:
Methode nicht bessern wollen, ohne Abszesse oder Fisteln aufzuweiseD. Je
jünger das Individuum, um so eher kann man die Resektion umgehen. Hin-
gegen sei bemerkt, dass die Verkürzung dieselbe ist, ob reseziert wird ote
nicht, wenn langdauemde Eiterung und schwere Veränderungen am Gelenk:
bestehen. — Bei Erwachsenen gibt die Coxitis ohne Operation absolut schleitc
Prognose; von 29 Operierten zwischen 20 und 60 Jahren sind 8 geheSt
14 starben bald, 4 erst später und 3 gehen schlecht. Die wenig günstig
Prognose der Operation ist im Vergleich mit der Prognose der Krankbel
noch eine gute.
Hei hing (10) präzisiert den Standpunkt, nach dem an der Universitäis-
poliklinik für orthopädische Chirurgie in Berlin koxi tische Kontrak-
turen behandelt werden. Da die rein mechanischen Behandlungen uicti
ganz ungefährlich sind und nicht vor Rezidiven schützen, so wird nur &
subtrochantere subkutane Osteotomie gemacht mit Tenotomie der Adduktom
und des Tensor fasciae. Durch Extension wird dann die Kontrakturatellitt?
beseitigt und eine reelle Verlängerung des Beines erzielt. Für 6 Wochen vW
ein Gipsverband angelegt ; eine weitere Nachbehandlung ist nicht nötig. -
In seiner Mitteilung macht Helbing auf eine sekundäre kompensatorisck
Belastungsdifformität als Folge der Adduktion aufmerksam, auf das Gew
valgura, das sich bei stärkeren Adduktionskontrakturen häufig findet und eiS
nach Beseitigung der Hüftkontrakturen auffällig wird. Es ist unschwer duri
einen redressierenden Gipsverband zu beseitigen. — Einen ähnlichen StAD^
Suter, Verletzangen und chirorg. Krankheiten der unteren Extremität 1013
»unkt nimmt Vincent (21) ein. Nur wo bei spitzwinkligen Kontrakturen
[er Prozess im Hüftgelenk noch nicht abgelaufen ist, kommt ein Eingriff an
[er Hüfte, nnd zwar die Resektion in Frage. Wo aber der Prozess fertig
3t, soll man die Stellnngsahomalie am Oberschenkel korrigieren. Er empfiehlt
»ei spitzwinkliger Flexionsankylose, den Femur unterhalb der Trochanteren
reizulegen und den peripheren Knochen in eine in der Rückseite des zen-
ralen auszuhöhlende Vertiefung zu implantieren; der Knochen wird dadurch
erlängert und sicher fixiert. In einem Fall doppelseitiger (adduzierter) Au-
slose hat Vincent auf der einen Seite reseziert, auf der anderen eine Keil-
Lektion unterhalb des Trochanter gemacht. Beides mit gutem Erfolge. In
linem weiteren Falle von starker Verkürzung des Knochens nach Fraktur hat
o: die Knochen gelöst, treppenförmig angefrischt und mit der Loren zschen
>chraube die Distension erzielt.
Guyot (8) hat eine eitrige Coxitis der rechten Hüfte beobachtet,
lie unter Punktion und Immobilisation ausheilte. Eine Meningitis führte aber
mm Tode.
Morestin (16) hat bei einem 21jährigen Manne, der von Jugend an
)in6 multifistuläreCoxitis hatte, das Bein exartikuliert. Er glaubt für
K)lche Fälle den schweren Eingriff gerechtfertigt, wo die Resektion und alles
Mögliche nicht zu einem Erfolg geführt haben. In solchen Fällen sind natür-
lich auch die kranken Teile des Beckenknochens zu resezieren und vor allem
äuch die kranken Weichteile aufs exakteste.
Poncet (17) empfiehlt in einem klinischen Vortrage auch in Fällen
scheinbar einwandsfreier seniler Coxalgie an Tuberkulose zu denken, um
nicht gelegentUch durch therapeutisches Fiasko und unerwarteten Verlauf der
Krankheit überrascht zu werden.
Schüssler (19) hat in einem Falle veralteter Schenkelbalsfraktur die
intrakapsuläre Meisselresektion gemacht und berichtet über diese
Methode.
In einem Falle von tuberkulöser Coxitis, kompliziert mit intra-
und extraartikulären Abszessen und Lostrennung des Femurkopfes, erzielte
Messina (16) durch Resektion des Hüftgelenkes Heilung per primam. Es
handelte sich um einen Knaben, und Verf. schreibt seinen Erfolg dem von
ihm angewendeten Giordanoschen Verfahren (beschrieben in Clinica chirur-
gica 1898) zu, das uns durch weite Freilegung des Gelenkes in den Stand
setzt, eine sorgfaltige Toilette in der Region auszuführen. R. Giani.
Bussi (4) berichtet über drei an demselben Individuum wegen
Gelenktuberkulose ausgeführte Resektionen grosser Gelenke
der unteren Extremitäten mit gutem Endresultat.
Verf. ist der Meinung, dass, wenn die Affektion keine übermässig aus-
gedehnte Resektion erheischt und wenn keine zu schweren Läsionen bestehen
und das Alter und der Allgemeinzustand die Reparation gestatten, mit einer
chirurgischen Operation einzugreifen sei, durch welche die erkrankten Teile
entfernt werden und das Glied zu einer ausreichenden, wenn auch mehr oder
weniger unvoUkonunenen Funktion erbalten bleibt. Dies beweist ein von ihm
beschriebener klinischer Fall, in welchem er drei Resektionen nacheinander
vornahm, nämlich: die Resektion des linken Hüftgelenkes, 2 Jahre darauf
die Resektion des rechten Knies und 1 Jahr nach dieser die Resektion des
rechten Hüftgelenkes. Vollständige Heilung. R. Giani.
1014 Jahresbericht fOr Chirargie. IL TeiL
Spontane Hüftgelenksluxation im Verlaufe eines aknten Gehok-
rheumatismus beobachtete Hall (9) bei einem 10 jährigen Enaben. Die
Luxation trat nach 6 Wochen langem Bestehen der Krankheit auf, nadidn
längere Zeit ein Erguss im Hüftgelenke bestand. Die Reposition gelang kadit,
hingegen trat der Kopf wegen der Fliissigkeitsansammlung im Gelenk nidit
normal tief in die Pfanne ein. Es wurde drei Wochen lang extendiert, dan
machte der Kranke mit grossen Bewegungsstörungen GehTersnche und nadi
einigen Monaten blieb nur ein leichtes Hinken zurück. Einen analogen FiS
beobachtete Bertelsmann (2) bei einem 8jährigen Mädchen, das eineB
schweren Scharlach durchmachte mit vielfachen GelenksschwellnngeiL Die
Luxatio iliaca erfolgte ohne nachweisbares Trauma und ohne grobanatomixk
Knochenveränderungen (Radiographie). Bei einem Repositionsversnch brad
der Oberschenkel unterhalb des Trochanters. Das Bein wurde in AbduktioiB-
Stellung eingegipst. Als das Kind aufstand, erfolgte 3 Monate nach di^er
Fraktur eine Spontanfraktur des anderen Oberschenkels. Die Fraktur wir
eine eingekeilte, so dass das Kind noch auftreten konnte; die Knochen wua
ineinander hineinverschoben (Intubationsfraktur). Der Ausgang war ein
günstiger. — Eine Spontanluxation während eines Typhus bei einem lOjäk-
rigen Mädchen beobachtete Engelmann (5). Es trat erst eine typlü»
Coxitis ein , der die Luxatio iliaca folgte, ohne dass Patientin dieselbe wahr-
nahm. Wie bei einer kongenitalen Luxation wurde die unblutige Repositi»
vorgenommen, die nach manueller Extension leicht gelang. Vor derselb«
war der Trochanter 4 Vi cm über, der Roser-Nelaton sehen Lim'e ge-
standen. Während drei Wochen lag ein Gipsverband. Es wurde välip
Heilung erzielt.
Z 0 p p i (22) beschreibt drei Fälle der wenig bekannten Form toe
Pseudoarthrose des Hüftgelenks, die einer osteomyelitischen Coxitis
folgt. Die Diagnose sei oft schwierig; denn die Anamnese, die allein da
Weg weisen könnte, ist gewöhnlich negativ und die Symptome simnlieree
diejenigen der angeborenen Hüftgelenksverrenkung. Nur die Radiographie
ermögliche eine sichere Diagnose, dadurch, dass sie das Fehlen des Femur-
köpf es nachweist. R. GianL
Die Arbeit Garavinis (6) über willkürliche Luxation der
Hüfte ist von grosser Wichtigkeit, denn in der Literatur findet sich nur
ein dem seinigen ähnlicher Fall (von Appel) beschrieben. Die Ursache dieser
willkürlichen Luxationen sei, nach Verf., die vollständige Lähmung der Musket
wobei w^enigstens bei einem Teile der Muskeln die Lähmung zurücktretö
kann; wohingegen bei den stabilen spontanen paralytischen Luxationen meistens
nur eine Muskelgruppe von der Paralyse betroffen ist. Der Bildungsmecb-
nismus dieser Luxationen werde im wesentUchen durch die mechaniscbe
Theorie von Hüter und Volkmann erklärt. — Codivilla, der den Pati-
enten operierte, schnitt das Ligamentum rotundum aus, durchschnitt die
übergrosse Gelenkkapsel, nachdem er sie losgetrennt, hoch oben, löste in
Periost und die Kapsel bis zum Pfannenrande los und rekonstruierte d«
Pfannendach. Codivilla meint, dass es in gewissen Fällen angezeigt sei
das Ligamentum rotundum, nachdem man Sein oberes Ende durch einen is
den Femurkopf gegrabenen Gang gezogen hat, an den Femurhals zu fixierei
die Pfanne auszuhöhlen und eventuell Sehnenplastik vorzunehmen.
ß. Giani.
Über Osteomyelitis des Hüftgelenkes bringt Honsell (11) eine
Soter, yerletzongen und chirarg. Krankheiten der unteren Extremität 1015
Mitteilung an Hand von 16 Fällen, eine Fortsetzung einer Publikation von
Honseil mit von BrnnSy in der vor 4 Jahren über 106 solche Fälle aus
der Tübinger chirurgischen Klinik war berichtet worden. Pathologisch-
anatomifidi handelte es sich immer um primäre Erkrankung des Schenkel*
halses, die, wie Skiagramm und Autopsie zeigten, zu schweren Veränderungen
des Gelenkes, Epiphysenlösungen, Schenkelhalsverbiegungen, Aufrichtung des
Schenkelhalses führten. Meist bilden sich Abszesse, die zu schweren Weich-
teilerkrankungen führen können. Prognostiflch günstig sind die FaUe in
frühester Kindheit, ungünstig verlaufen multiple Herde, Rezidive, Komplika-
tionen mit inneren Erkrankungen. Von den insgesamt 121 Fällen heilten
89 ; davon 38 mit Gelenkversteifung, mit Spontanluxation 29, mit Epiphy sen-
lösaug 21. Es wurden 19 reseziert; von diesen starben 3. ExartikuUert
wurden 3 mit 2 Todesfällen. Gestorben sind 12 (ohne Operation). Ein-
greifende Operationen waren also nur in 17 ^/o der FäUe nötig.
Meriel (13) beschreibt ein anatomisches Präparat von Ossifikation
der vorderen Teile der Hüftgelenkkapsel, im speziellen des Lig. Bertini, die
einseitig bei einer Anatomie-Leiche gefunden wurde.
b) Des Kniegelenkes.
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Wiener med. Wochenschrift 1902. Nr. 49.
Eingehend behandelt Bade (24) die Bedeutung der Radiograpbie
für die Diagnose der Erkrankungen des Kniegelenkes. Er demonstriert auf
seinen Bildern die Entwickelung des Gelenkes. Tuberkulose gibt im frühai
Stadium nichts Typisches. Knochenherde im Beginn der Krankheit sind Dicht
Suter, Verletzungen nnd chinirg. Krankheiten der unteren EztremitAt. 1017
ZU erkennen. Eine verwaschene Struktur der Aufhellung im Schatten der
Kondylenepiphyse setzt schon eine weitgehendere Zerstörung voraus. Die
späteren Knochenveränderungen und die Ausgänge nach Operation stellen sich
auf der Platte gut dar. — Rachitis zeigt immer erhaltene aber verwaschene
und zackig gestreifte Epiphysenlinien, aufgetriebene und verbreiterte Kondylen
und Epikondylen. Die fötale Rachitis, Chondrodystrophia hyperplastica cha-
rakterisiert sich durch Mangel des Epiphysenspaltes. Die epiphysären Enden
sind kolbig aufgetrieben, die Enorpelenden mit Höckern und Ausbuchtungen
▼ersehen. Die Diaphysen sind schmal und dünn. Bei kongenitaler Lues
finden sich die Epiphysenlinien und die Knorpelenden gezackt. — Bei
Wachstumsschmerzen in der Kniegelenksgegend zeigt die Röntgenplatte oft
nnregehnässig gestaltete Knochenkeme oberhalb der Tuberositas, die den Ein-
druck einer Epiphysenlockerung machen. Für traumatische Veränderungen
ist der Wert der Radiographie allgemein bekannt. Bade zeigt einige inter-
essante Radiographien. Für Gelenkmäuse und verschiedene andere Affek-
tionen, die von der Radiographie klinisch nicht zu diagnostizieren waren, gilt
das gleiche.
Die britische medizinische Gesellschaft hat die Frage der Behandlung
der vorgeschrittenen Kniegelenkstuberkulose nach einem Referate
von Wright und Haslam (66) der Diskussion unterzogen. Die Referenten
vertreten den Standpunkt, die Operation sei indiziert, wenn eine 3 Monate
dauernde konservative Behandlung kein Resultat gebe, oder wenn Zeichen
käsigen Zerfalles da sind. Bei zu weit gehender Erkrankung oder bei sehr
schlechtem Allgemeinbefinden ist die Arthrektomie kontraindiziert. Die Reff,
sind nicht für typische Operationen, sondern für die Arthrektomie, die alles
Kranke entfernt. Die Kniescheibe wird dabei durchsägt und nachher wieder
genäht. Künstliche Blutleere ist meist anzuwenden. Drainage ist nur bei
septischer Erkrankung indiziert. Zwei Jahre lang ist nach der Operation eine
Schiene zu tragen zur Vermeidung des Zustandekommens einer Kontraktur-
steUung. Auf Beweglichkeit wird verzichtet. Bei Kindern wird die Resektion
nie ausgeführt und auch bei Erwachsenen womöglich nicht. Die Kniescheibe
wird^ wenn immer möglich, gelassen. Wright glaubt, dass die Tuberkulose
meist primär in der Gelenkkapsel entstehe und selten von latenten Knochen-
herden ausgehe. Die Ansichten, die zu diesen Äusserungen sich hören liessen,
lassen eigentlich nur in nebensächlichen Punkten Differenzen erkennen. So
empfiehlt Ward Cousins bei jungen Individuen die Arthrektomie, bei älteren
möglichst Knochen sparende Resektion und bei schweren Fällen die Ampu-
tation. Keetley will diese Unterschiede nicht machen; überall ist alles
Krankhafte zu entfernen. Monsarrat empfiehlt einen Längsschnitt durch
die Patella, um den Streckapparat des Unterschenkels nicht zu zerschneiden
und Kontrakturstellung zu vermeiden. Er operiert ohne künstliche Blutleere,
macht aber genaue Blutstillung. Tubby durchtrennt die Patella quer und
näht nachher mit Draht. White rät zur Frühoperation, da die konservative
Behandlung keine Vorteile bietet. Sie gibt ein schwaches, kaum bewegliches
Gelenk mit Gefahr des Rezidivs, während die Resektion ein starkes steifes
Bein gibt, bei dem Rezidive nicht zu fürchten sind. Unter 31 Resektionen
hat er 28 mal knöcherne und 3 mal derbe fibröse Vereinigung erzielt. Auch
Robinson plädiert für die Frühoperation, spez. bei Erwachsenen, er wendet
die künstliche Blutleere nicht an. Auch Mitchell ist Anhänger der Früh-
operation. Salimer zieht die Resektion der Arthrektomie vor und wird
1018 Jahresberichi für Cbimrgie. IL Teil.
hierin von Ferguson unterstützt, der nach derselben Femur und Tibia doich
eine Drahtnaht vereinigt. Lloyd hat nach Resektion bei Kindern oft Kon-
trakturen gesehen, dagegen bei jüngeren Erwachsenen gute Resultate. — Eunig
Owen sieht in der Resektion nicht das allein Richtige; er ist der Änflidft,
dass manchem Kranken mit der Amputation ein besserer Dienst gdeistet
werde als mit der Resektion. Dieser letzteren Behauptung widerspricht Whright,
der im übrigen vor zu raschem Operieren warnt. Er hält die Operation in
etwa 10 Vo der Fälle für erforderlich.
Auch König ^41) bespricht die Frage, wieweit bei der Kni^knb-
tuberkulöse eine konservative Behandlung, wann die Operation anzorateD sd
Für Kinder hat sich im allgemeinen die Ansicht eingebürgert, es sei eil
möglichst konservatives Verfahren einzuschlagen. Für die Erwachsenen hemtki
noch keine Einigkeit. König stellt nun fest, dass die konservative Behand-
lung beim Erwachsenen 2 — 3 Jahre dauere und dass sie ein gut-es Resulttt
auch nicht einigermassen garantiere. Häufig wird die Resektion, nicht selten,
wenn der Prozess schon zu weit gediehen ist, die Amputation nötig. Beoer
sind die Chancen der Operation, die auf ein bewegliches Knie, das die kon-
servative Methode auch nicht garantiert, verzichtet, dafür aber mit ziemlicher
Sicherheit in absehbarer Zeit Heilung garantiert. Wie König, so tritt ud
Damianos (32) für die operative Behandlung der Kniegelenktuberkukn
ein; er basiert dabei auf die Fälle der Abteilung von v. Mos et ig. Die
Resektionsmethode ist die allgemeine, hingegen bringt die Arbeit von Da-
mianos als Neues Mitteilungen über die Anwendung der Jodofonnplomb»
bei diesen Operationen. Er berichtet über 22 Kniegelenkresektionen, ba
denen die Jodoformplombe zur Anwendung kam. In 9 Fällen konnte m
Nachuntersuchung in späterer Zeit gemacht werden, wobei 6 mal dauernde
Ausheilung konstatiert ist. Interessant ist das Verhalten der Plomben, nacb-
dem sie einmal in die vorher mit heisser Luft ausgetrockneten Höhlen eis-
gegossen sind. Dieses Verhalten kann radiographisch studiert werden. Die
Plombe erstarrt eine Minute nach dem Eingiessen. Späterhin wird sie kleiw
und kleiner, um endlich ganz zu verschwinden. Die Granulationen zehra
sie Allmählich auf und schliesslich wird sie durch Narben oder Knocheoge
webe ersetzt.
Eine moderne Methode, die Gelenkstuberkulose, im speziellen die Täte-
kulose des Kniegelenks und auch die der Hüfte, zu behandeln, besdireibt
Men eiere (47). Er empfiehlt am Anfang interstitielle und intraostale md
intraartikuläre Injektionen mit Jodoformäther zu machen und ganz speziell
die ;,Ph6no-poncture^. Unter Phenopunktur versteht Men eiere Injektion«
von reiner Karbolsäure (nach Phelps) in die Knochen hinein und in die
kranken Weichteile. Er hat spezielle Instrumente zur Ausführung dieser
Methode erfunden. Er macht die Injektion perkutan und ä ciel ouvert osii
empfiehlt besonders die letztere Methode. Sie wird an mehreren Stellen n-
gleich in einer Sitzung gemacht und dann während einiger Monate mehmMis
ordentlich die Jodoforminjektionen. Das gilt für die Fälle im Beginn. Für
ältere Fälle wird entweder die Arthrektomie oder die Resektion gemacht, je
nach Lage des Falles, gefolgt von der Phelp sehen Karbolapplikation.
Monsarrat (48) hat in den letzten Jahren 15 Fälle von Kniegeleuksinber-
kulose operativ behandelt und 11 in ihrem Verlaufe weiter verfolgen könneD.
Sechs von diesen Fällen waren primäre Synovial-, fünf primäre KnocheD-
tuberkulösen. Von diesen 11 Fällen wurden 10 durch die Operation geheilt
Suter, Verletzungen und Chirurg. Krankheiten der unteren Extremität 1019
einer kam wegen Rezidiv und Sepsis zur Operation. In fünf Fällen heilten
die Knochen fibrös zusammen und zwei zeigten keine Tendenz von Flexions-
kontrakturbildung, bei den anderen drei dagegen musste eine Flexion korri-
giert werden; bei den übrigen vier Fällen kam keine Kontraktur zustande.
Nach Monsarrat entsteht die Tendenz zur Flexionsbildung, wenn der Streck-
apparat lädiert wird und ist also durch Naht desselben nach der Operation
zu vermeiden. Um die Durchtrennung überhaupt zu vermeiden, empfiehlt
Monsarrat den schon weiter oben erwähnten Längsschnitt, der die Quadri-
cepssehne, die Patella und das Lig. patellare der Länge nach teilt und nach
Monsarrats Erfahrungen ausgezeichneten Zutritt zum Gelenk gibt. Wenn
eine Bedression wegen Flexionskontraktur nötig ist, so macht sie Monsarrat
nur, wenn er sich durch Tuberkulininjektion davon überzeugt hat, dass kein
Kezidiv da ist. Für die Indikationen zur Operation hat Monsarrat folgen-
den Standpunkt : Fälle von Synovialtuberkulose werden operiert, wenn inner-
halb 3 Monaten konservativer Behandlung keine Besserung eintritt, die anderen
Fälle sind zu operieren.
Lucas-Championniere (44) demonstriert vor der Soci^tö de Chirurgie
in Paris eine Patientin, der er vor 18 Jahren das Kniegelenk reseziert hat
und die seitdem arbeitsfähig gewesen ist. Von 120 Operierten hat er keinen
Fall an den Folgen der Operation verloren.
Den Verkrümmungen des Beines nach Kniegelenksresektion im
Kindesalter widmet Hofmeister (38) eine eingehende Arbeit, die das Mate-
rial der Tübinger Klinik verwertet. Bei Patienten, die zur Zeit der Operation
das 14. Altersjahr überschritten haben, kommen diese Flexionskontrakturen
nicht mehr vor, sind dagegen im Kindesalter nach Resektion und Arthrektomie
häufig und um so häufiger, je jünger das Kind zur Zeit der Operation war.
Hofmeister stehen 107 Fälle zur Verfügung, die im Alter von 3—13 Jahren
operiert wurden und über die 1 — 17 Jahre nach der Operation Nachricht zu
erhalten war. Von diesen sind 27,1 ^/o gerade geheilt, massige Verkrümmung
(140—160^), weisen 28 >, starke Verkrümmung (130<> und weniger), 45^/0
auf. Die Krümmung ist hervorgerufen entweder durch winkelige Knickung
an der Resektionsstelle, oder bogenförmige Krümmung des unteren Femur-
endes. Die Ursache für die Knickung an der Resektionsstelle sucht Hof-
meister in mangelhafter Konsolidation durch Bindegewebe oder Knorpel-
bildung des resezierten Gelenkes. Die Verkrümmung des Femur sucht Hof-
meister durch eine abnorme Beanspruchung der physiologischerweise weniger
resistenten Epiphysenlinienbezirke zu erklären. Die Beugemuskulatur bringt
die Verkrümmung oder Einknickung zustande.
Therapeutisch kommt bei knöcherner Winkelankylose an der Resektions-
stelle und bei der Verkrümmung des Femur nur die blutige Operation in
Betracht. Für diejenigen Fälle, in denen die Flexion noch auf die Epiphysen-
gegend lokalisiert ist und wo das Röntgenbild und das Alter des Patienten
noch eine knorpelige Epiphysenlinie erwarten lassen, schlägt Hofmeister
vor, durch forcierte Flexion eine Epiphysenlösung hervorzurufen, die Beuge-
muskulatur zu durchtrennen und zu redressieren. Für das Wichtigste hält
aber Hofmeister schon prophylaktisch die Wirkung der Flexoren auszu-
schalten und zwar durch Verlagerung der Flexoreninsertionen an den Ober-
schenkel. Für Kinder unter 8 Jahren sollte diese Operation prinzipiell an
die Resektion angeschlossen werden. Bei älteren Kindern empfiehlt Hof-
meister abzuwarten.
1020 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
Mohr (46) kommt in bezng auf die Häufigkeit der Verkrammnugei
nach Knieresektion zum gleichen Resultat wie Hofmeister. Bei Kindern
unter 13 Jahren treten gewöhnlich Verkrümmungen ein. Er teilt einen Fall
mit, bei dem im 4. Lebensjahre reseziert wurde; erst im 10. Jahre, nachdem
die Stützschiene weggelassen wurde, bildete sich die schlechte Stellung. Der
Unterschenkel kam in eine Flexionsstellung nach hinten und innen und zu-
gleich drehte er sich nach innen. Radiographisch zeigte der Intennediär-
knorpel eine Wucherung nach yome und unten und das untere Oberschenkel-
ende eine Verkrümmung nach hinten.
Bei fibrösen oder teilweise knochigen Anchylosen des Knies, bei desen
dieses gegen den Oberschenkel flexiert ist, injiziert Nota (50), um die Re-
position leichter bewerkstelligen zu können, ungefähr 45 ccm einer physio-
logischen Lösung in die Gelenkhöhle. Die Repositionshindemisse werde»
dadurch beseitigt und die Deformität lässt sich dann ganz leicht korrigieren.
Er berichtet über 5 Fälle, in denen er durch diese Behandlung ein ausge-
zeichnetes Resultat erhielt. R. Giani.
König (42) macht in einer historischen Skizze, die Esmarch g^
widmet ist, der 1872 die Gelenkneurosen beschrieb, darauf aufmerksam, däss
durch die Eröffnung des Kniegelenkes und durch die Untersuchung mit
Röntgenstrahlen Fälle von Gelenkneurosen selten geworden sind, und diss
man in den meisten Fällen anatomische Substrate, kleine freie Gelenkkörper,
kleine Geschwülste, Zerreissungen von Menisken usw. als Grund für die
Schmerzen aufdecken kann. König illustriert das an einigen Fällen und empfiehlt
zur Vermeidung von Infektionen, ganz speziell am Kniegelenk, das Operieren
ohne den direkten Gebrauch der Finger. — Über 3 sich sehr in ihren Symptomen
gleichende Kniegelenksleiden berichtet Hof f a (37). 1. Die arthritische Muskel-
atrophie, die reflektorisch durch Reizung der Gelenknerven bedingt ist naci
vorhergegangener Kniegelenkaffektion. Der erschlaffte Quadriceps spannt
die Kniegelenkkapsel nicht richtig, so dass sich Falten derselben im Gdeok
einklenmien können und so die Beschwerden hervorrufen. Die Therapie be-
steht in Massage der Muskeln. 2. Dörangement interne als Folge von M^
niskusloslösung; meist reisst die vordere Insertion des inneren Meniskus ab.
Die Symptome sind leichte Flexion im Knie und Rotation des Cnterschenkeis
nach der dem Meniskus entgegengesetzten Seite. Die Therapie ist operatir
(Entfernen des Meniskus). 3. Lipome im Kniegelenk, klinisch erkennbar ao
einer Schwellung dicht unterhalb und nach innen von der Patella, pseudo-
fluktuierend, das Lig. patellae in die Höhe hebend. Die Therapie ist operatir.
Taylor (59) hat bei einem 19jährigen Mädchen ein Osteom Yon
Nussgrösse aus dem Kniegelenk entfernt. Dasselbe war in Verbindung mit
der Unterseite der Patella und ging von der Plica patellae synovialis überklödet
zwischen die 2 Kondylen. Es machte schwere Störungen der Kniegelenk-
funktion und wurde radiographisch vor der Operation nachgewiesen. Der Er-
folg der Operation war ein vollkommener. — Wilson (65) berichtet über
einen ähnlichen Fall. Ebenfalls nach einem schweren Trauma blieb eine
Versteifung des Knies (bei einem 36 jährigen Mann), welche, wie Radiographie
und Operation ergab, durch die Anwesenheit eines zum Teil mit Knorpel
überzogenen Knochenstückes, das mit der Tibia in fibrösem und vaskuläröD
Zusammenhang war und von deren Oberfläche schien abgesprengt zu sein.
Das Knochenstück war 2 Zoll lang, V» Zoll dick und 1— V« Zoll breit; nach
der Ansicht Wilsons ist der Knochen nach seiner Loslösung gewadisen.
Suier, Verletzangen und chirarg. ErankheiteD der anteren Extremität. 1021
Auch hier war die Funktion des Knies nach der Operation eine gute. Rigal
(52) hat bei 5 Soldaten freie Gelenkkörper entfernt. In allen Fällen
ging kein schweres Trauma voran und Rigal nimmt die Entstehung der
Körper durch Arthritis sicca an. Es entstehen erst gestielte Körper und ein
leichtes Trauma genügt dann, den Stiel abzureissen und den Körper frei-
zumachen. — Sprengel (58) teilt in seiner Dissertation einen weiteren Fall
mit^ der kein spezielles Interesse bietet. Als zufalligen Obduktionsbefund
fand Hu eilen (39) im Schleimbeutel des M. gastrocnemius der einen Seite
zwei, in dem des M. semimembranosus ein freies Knorpelstück. Da eine
Verbindung dieser Schleimbeutel mit dem Gelenk zur Zeit der Autopsie nicht
bestand, war über die Herkunft der freien Knorpel kein sicheres Urteil zu
gewinnen.
Eine Gelenkmaus, die wohl auch infolge von Osteochondritis
dissecans durch Absprengung eines Knorpel-Knochenstückes entstanden und
ziemlich gross war (21 mm zu 18 mm zu 6 mm), entfernte Delbet (33)
kurz nach dem Trauma aus dem Kniegelenk eines jungen Mannes. Die
Knochenstelle, an der die Maus herausgebrochen war, kam bei der Operation
nicht zur Sicht, hingegen stammte die Maus der Form nach von einem Con-
dylus femoris. Die Absprengung war nicht durch einen direkten Stoss, sondern
durch eine Torsion zustande gekommen. Der Gelenkerguss war nicht blutig,
sondern bestand in leicht blutiger Synoyialflüssigkeit.
Über weitere freie Gelenkkörper, die wohl auch teilweise Produkte der
Osteochondritis dissecans Königs sind, berichtet Godman (31). Wenn ein
Trauma den inneren von der Kniescheibe nicht geschützten Condylus trifft,
werden nach Godman leicht Knorpelstücke samt dem darunter liegenden
Knochen abgesprengt. Sie können event. noch liegen bleiben und erst durch
ein späteres Trauma frei werden. Godman hat aus einem Knie 4 Mäuse
entfernt ; eine hing noch wie an einem Scharnier am Knochen. Diese Gelenk-
körper, da sie immer Knochen enthalten, sind radiographisch nachweisbar
und in dem erwähnten Falle waren die Mäuse schon vor der Operation radio-
graphisch nachgewiesen. Auch Gelenkmäuse, die äusserlich betrachtet nur
aus Knorpel bestehen, enthalten im Innern Knochenbälkchen, wie Godman
radiographisch nachgewiesen hat. Die Stellen, von denen die Mäuse stammen,
stellen sich noch lange Zeit nach der Lossprengung als strahlige Narben im
Knochen dar und sind von Godman bei der Operation oft gesehen worden.
Ein an der Leiche gewonnenes Präparat von Osteochondritis dissecans
demonstriert auf dem Ghirurgenkongress W. Müller (49). Symptome hatten
intra vitam keine bestanden bei dem 46jährigen Manne. Im Gondylus medialis
femoris findet sich ein länglich rundes Knorpel -Knochensegment in beweg-
licher Verbindung mit der Umgebung. Am Bande des beweglichen Körpers,
wie am Knorpelrand des Bettes sind kleine Knorpelwucherungen zu beobachten.
Keine Zeichen von Arthritis deformans. Im Gelenk besteht etwas blutiger
Hydrops. Dieser, einige Ekchymosen und eine feine Fissur am Bande des
beweglichen Körpers sprechen für traumatische Entstehung der Aflfektion.
Dem Lipoma arborescens widmen Painter und Ervin g (51) eine Ab-
handlung, die sieben genau beobachtete Fälle wiedergibt. Sie kommen zu
den Schlüssen, dass das Lipoma arborescens sehr häufig sei, dass es keine
Neubildung, sondern eine Hypertrophie vorhandenen Fettgewebes sei, durch
chronische Entzündungen veranlasst sei und histologisch sich als chronisch
entzündliches Gewebe darstelle, das durch Hyperplasie und fettige Entartung
1022 Jahresbericht für Chirurgie. IL Teil.
der Synovialzotten entstanden ist. Die Diagnose ist klinisch nnsicher, die
Prognose ohne operativen Eingriff schlecht Die Behandlung hat in Arthrek-
tomie zu bestehen.
Über zwei Fälle von intraartiknlären Lipomen des Kniegelenks, beide
von der äusseren seitlichen Kapselwand ausgehend, berichtet Bornemann (281
In beiden Fällen war das lipoma zwischen Patella und Condyl. ext. femoris
eingeklenunt und hatte Schmerzen und Exsudation im Gelenke verursacht.
Schaldemose.
Auch Hoffa (36) weist auf die Bedeutung der pathologischen Yerände-
rung des Fettgewebes im Kniegelenk, das besonders in Form entzündhdi
fibröser Hyperplasie erkrankt und da es sich als Plicae alariae und Plicae
synov. med. patell uüter dem Lig. patellae, und unter die Patella und seitiiek
und nach hinten ins Gelenk erstreckt, leicht zu funktionellen Störungen im
Knie führt. Die Veränderungen folgen meist einem Trauma mit Erguss, ver-
ursachen Schmerzen und Einklemmungserscheinungen und weichen auch eins*
Verbandbehandlung nicht. Diagnostisch bezw. differentialdiagnostisch vonMenisr
kusluxation, die die gleichen Veränderungen hervorruft, ist charakteristiscli
die Vortreibung zu beiden Seiten des Ligamentes durch die Fettmassen. Die
Therapie hat in der Exzision des entarteten Fettes zu bestehen, das derb,
gelb-hämorrhagisch , zottig und fibrös ist. Alle Fälle von Hoffa wurden
durch die Operation geheilt, nur ein Fall machte eine Ausnahme, da hier die
Wunde längere Zeit musste offen gehalten werden. Die Diagnose wurde in
allen bis auf einen Fall gestellt.
Böcker (27) berichtet über einen Fall von freien Gelenkskörpem in beiden
Kniegelenken mit doppelseitiger habitueller Luxation der Kniescheibe nach
aussen (Osteochondritis dissecans nach König) bei einem 32 jähr. Manne. Seit
20 Jahren hatte der Betreffende in beiden Knien Einklemmungserscheinungen und
freie bewegliche Körper; seit 10 Jahren bestehen die Luxationen. Anatomisck
fand sich bei der Operation in beiden Knieen am Condylus int. ein unregelmässiger
Defekt von 4 cm Durchmesser, dessen Grund bereits verknorpelt war und der
dazu gehörige freie Gelenkkörper. Daneben fanden sich in beiden Knieen noch
andere Gelenkkörper. Zur Beseitigung der habituellen Luxation der Patella, die
durch Schlaffheit des Muse. Quadriceps bedingt war, wurde der Muse semi-
membranosus mit dem inneren Rande der Patella vernäht, um für den Quadri-
ceps ein Gegengewicht herzustellen. Resultat gut. — An der Hand von 12
Ejrankengeschichten schildert Abbot(23) einlässlich die Bedeutung der Wudie-
Hingen der Synovialzotten für die Erkrankungen des Kniegelenkes. Ursache
für die Wucherungen ist oft ein Trauma, in anderen Fällen eine Dehnung der
Gelenkkapsel und der Gelenkbänder, die nach Abbot häufig als Folge des
Plattfusses vorkommt. Pathologisch-anatomisch handelt es sich um Vergrösse-
rung der Oberfläche der Synovialmembran , die sich dann in Zotten abhebt
Die Beschwerden werden durch Einklemmung der Zotten zwischen die Ge-
lenkenden provoziert und bestehen in plötzlichem heftigen Schmerz mit Un-
möglichkeit der Bewegung. Oft folgt solchen Einklemmungen ein Erguss. Die
Behandlung besteht vor allem in Beseitigung der Ursachen (Plattfuss), und
dann, wenn der Fall frühzeitig zur Behandlung kommt, in Applikation heisser
Luft und Konstriktionsbinden. Bei grossen Wucherungen, die von aussen za
fühlen sind, soll man operieren. Das Gelenk wird von zwei seitlichen In-
zisionen aus eröffnet, die Zotten entfernt und ein Gipsverband angelegt, zwei
Wochen nach der Operation beginnt Massage und Bewegungstherapie.
Suter, Verletzang«!! and chirarg. Krankheiten der unteren Extrem! tftt. 1023
Eine Geschwnlst, die mit einem breiten Stiele von der äusseren Kapsel-
wand ausging, beschreibt Bornemann (29). Sie hatte einen sarkomatösen
Bau mit Riesenzellen , Spindelzellen und Rundzellen, der an den Bau einer
Epulis erinnert. Sie kam bei einem 46 jährigen Mann vor und hatte zu an-
fallsweifl auftretenden Schmerzen Anlass gegeben. Schaldemos e.
Das Eindringen von Luft ins Kniegelenk nach Trauma beobachtete
Be8ta(26). Durch einen Hufschlag war der obere Kniegelenksrezess eröffnet
worden. Luft war ins Gelenk getreten und durch Verschiebung der Haut
hatte sich die Öffnung geschlossen. Das Gelenk war aufgetrieben, gab tym-
panitischen Schall und feine Krepitation wie bei Hämarthros. Die Therapie
bestand in einem einfachen komprimierenden Verbände.
Die Behandlung des Kniegelenksergusses macht Schmidt (55) nach
folgenden Grundsätzen: Jeder akut entstandene traumatische Erguss soll
punktiert werden, da die Heilung rascher vor sich geht, als wenn nicht punk-
tiert wird. Es soll spätestens am 3. Tage nach der Verletzung punktiert
werden, eine Spülung ist nicht nötig. Bei den mehr chronisch entstandenen
oder rtickfälligen oder nach früherer Gonorrhöe aufgetretenen Ergüssen soll
nicht punktiert werden. Dieser Standpunkt lässt sich nach Ansicht des Ref.
wohl kaum rechtfertigen. Wie günstig bei einem chronischen rezidivierenden
Hydrops die Punktion wirken kann, beweist ein Fall Ton Wiesinger (64).
Seine 40jährige Patientin litt an intermittierendem Hydrops, der alle 10 Ta^e
für einen Tag erschien, um für die Qeun folgenden Tage wieder zu verschwin-
den. Wiesinger entleerte während des Anfalls durch Punktion ein klares
gelbes Serum und injizierte 10 ccm Jodoformglyzerin. Die Patientin wurde
geheilt. Nach Wiesingers Ansicht handelte es sich bei intermittierendem
Hydrops im wesentlichen um ein örtliches Leiden, wobei der Hydrops als
Symptom verschiedener Krankheitszustände aufzufassen ist. — Scholz (56)
bemerkt zu der oben referierten Mitteilung Schmidts, der die Entleerung
des Blutes bei Hämarthresie durch einen mittleren Troikart und mit Hilfe von
Kneten und Drücken empfiehlt, dass er dieser letzteren Manipulation die
Aspiration mit einer Spritze vorziehe.
Fälle von Luxation des Semilunarknorpels beschreiben Schulze (57)
und Zimmermann (67). Schulze hat zwei Fälle beobachtet; einmal in-
folge von Fall auf die Füsse mit gestreckten Beinen, das andere Mal nach Fall
auf das linke gebeugte Knie. Die Operation ergab beide Male ein abgesprengtes
Stück des inneren Meniskus, der einmal mit einem torquierten Stiele noch fest-
haftete. Im Falle Zimmermanns war die Verletzung beim Weitspringen
bei einem Soldaten entstanden. Derselbe glitt beim Aufspringen nach dem
Sprung mit dem rechten Fusse aus und das linke Knie wurde bei nach aussen
gedrehtem Unterschenkel stark gebeugt. Es entstand heftiger Schmerz und
'A Jahr lang wurde er von Zeit zu Zeit behandelt und dann operiert, weil
man den vorstehenden inneren Meniskus fühlen konnte. Derselbe zeigte sich
zerrissen und wurde entfernt. Die funktionelle Herstellung erfolgte erst nach
längerer Zeit. — Über einen weiteren Einzelfall berichtet Johnsohn (40).
Er hat den abgerissenen inneren Meniskus, der sich von Zeit zu Zeit bei
seinem Patienten einklemmte und einen Erguss provozierte, entfernt und
völlige Heilung erzielt. Der Mann hat nur einen elastischen Kniestrumpf zu
tragen.
Vogel (63) berichtet über zwei Männer (36 und 48 jährig), bei denen
er infolge von Verletzung des Kniegelenks (wahrscheinlich Zerreissung der
1024 JahroBbericht fOr Ghirargie. II. Teil.
Kreuzbänder) zu Sabluzation der Tibia nach hinten gekommen war, die in
einem Falle habituell war. Er steckte in den zwei Fällen das Bein in eina
Hülsenapparat, der nur Flexion und Extension und keine seitliche oderSnb-
luxationsbewegung gestattete. Robson (53) behandelte eine Zerreissung der
Ligg. cruciata operativ. Bei einem Manne war infolge von Verschüttung eine
grosse Schwäche des rechten Kniegelenks zurückgeblieben und zwar so, dass
bei Erschlaffung der Oberschenkelmuskulatur die Tibia nach hinten ratschte
bis sie durch das Lig. patellae aufgehalten wurde. Bei der Operation fandeo
sich beide Kreuzbänder zerrissen. Mit Gatgut wurde das vordere Band a
die Innenseite des äusseren Condylus, das hintere Band an der Aussenseite
des inneren Condylus an der Synovialmembran fixiert. Der Erfolg war «ii
guter, denn 8 Monate später war das Bein kräftig und nur die Beugung etwas
beschränkt.
Die Kniegelenkssyphilis beim Kinde bespricht Broca (30) speziell in
differentialdiagnostischer Beziehung. Sie wird häufig mit Tuberkulose Ter-
wechselt, unterscheidet sich aber von dieser häuptsächlich durch die Schmen-
losigkeit. Das Kind hinkt, es ist ein leichter Erguss und Verdickung der
Synovialis und des unteren Femurendes vorhanden. Muskelatrophie und Be
wegungsbeschränkung entwickeln sich lange nicht so rasch wie bei Syphilk
In dem speziellen Falle, der Anlass zu der Mitteilung wurde, bestanden Hoden-
syphilis und spezifische Hautveränderungen. Anatomisch handelte es sich mi
eine diffuse gummöse Epiphysenosteomyelitis; ob es sich dabei um hereditäre
oder um tertiäre Erscheinungen einer im frühen Kindesalter erworbam
Syphilis handelt, lässt Broca dahingestellt. Therapeutisch genügt Bettrabe
neben der spezifischen Behandlung.
Zur Behandlung der septischen Kniegelenksaffektionen empfiehlt Thiriar
(61) die Sauerstoffmethode, die er seit mehreren Jahren nicht nur hier, sod-
dem auch bei allen anderen Phlegmonen, bei Erysipel, bei Gelenkvereiternngen,
komplizierten Frakturen, Anthrax, Furunkeln, Infektionen der serösen Hinte
verwendet. Es wird einerseits Sauerstoffwasser gebraucht, das zum Irrigiereü
dient, und andererseits das Gas, das beständig mit Hilfe von Schläuchen ifi
die Wunde, die Körperhöble und in den Verband geleitet wird. Es handelt
sich also um eine konstante Ventilation der Wunden mit Sauerstoff. Die B^
sultate scheinen beachtenswert; besonders bei Vereiterung des Kniegelenks
gelang es, die Asepsis herzustellen und konservativ zu behandeln, wo ohne
die Sauerstoffbehandlung zweifellos hätte amputiert werden müssen.
Gerster (35) empfiehlt^ um eine gehörige Drainage des Kni^eleob
bei schweren septischen Prozessen zu erzielen, die Mayosche Schnittföhronf
zur Eröffnung des Gelenkes: das ist ein transversaler Schnitt von Kondylus
zu Kondylus oberhalb der Patella. Noch übersichtlicher klafft das Gelenke.
wenn man nach Ollier auch die Ligamenta cruciata entfernt. Solange die
Sekretion stark ist, soll das Bein zur Erzielung eines guten Abflusses des ge-
bildeten Eiters in einer Beugestellung von 45° gehalten werden. Barnard(?5
illustriert durch die Mitteilung von 9 Krankengeschichten sein Verhalten der
eitrigen Gonitis gegenüber. Alle schweren und akuten Fälle, ganz speziell
traumatischer Natur, behandelt er mit einer vorderen und einer hinteren b-
zision. Wenn die Infektion weniger heftig und nicht traumatischer Katar,
genügen oft zwei seitliche Inzisionen mit Auswaschung und Drainage des Ge-
lenkes. Dabei ist aber das Gelenk wie ein aseptisches zu behandehi und m
verbinden, um jede sekundäre Infektion zu vermeiden. Genügen aber die
Hoffa, VerletKimgen and chirarg. Krankheiten der Wirbelsäule etc. 1025
zwei seitlichen Inzisionen nicht, am in 1 — 2 Tagen die Temperatur zur Norm
SU bringen, so müssen auch die hinteren Rezesse des Gelenkes breit eröffnet
cmd drainiert werden.
c) Des Fussgelenkes.
BS. Hasebroek, Über Mittel-Vorderfossbesch werden nnd deren Behandlang. Zeitschrift
f. orthopftd. Chir. 190a. Bd. 11. Heft 2.
Mittel -Vorderfussbeschwerden, die als besonderes Krankheitsbild ohne
Plattfuss bestehen können, sind nach Hasebroek (68) auf eine chronisch-
entzündliche Affektion des Chopart sehen oder Lisfr an eschen Gelenkes
srarückznführen und entstehen meist auf rheumatischer oder gichtischer Basis.
Dabei sind Druckpunkte an den Gelenken vorhanden und die Pronation und
Snpination ist behindert. Die Therapie hat in Massage-Gymnastik desFusses
zu bestehen und in Unterstützung des Fusses durch speziell in Celluloid ge-
formte Einlagen.
XXI.
Die Verletzungen und chirurgfischen Krankheiten der
Wirbelsäule und des Rüekenmarks.
Referent: A. Hoffa, Berlin.
Die mit * yenehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
Frakturen, Liixatfoneii und sonstige Yerletsungen der Wirbelsäule.
1. Ab dl, Über einen FaU von chronisoher ArtbritiB ankylopoetica der Wirbelsäule, Fraktur
der Wirbelsäule und Quetschung der Cauda equina. Dias. Bonn 1908.
2. Fasquelle, Dela diminution de la distance stemo-cricoidienne comme signe d'affaisse-
ment de la coionne cenricale. Bevue de Chir. 1908. Nr. 6.
3. Federmann, Fall von Schussverletzung der Brustwirbelsäule und Hämatom jelie.
Freie Chirurgenvereim'gung. Zentralblatt fOr Chirurgie 1903. Nr. 50.
4. Ffirnrohr, Wirbelsäulen- und RUckenmarksyerletzungen. Deutsehe Zeitschrift fttr
Nenrenheilknnde 1908. Bd. 24 Heft 1 und 2.
5. Gondesen» Beobachtungen Aber den Heilungsverlauf der seit dem Jahre 1900 in der
Kieler chirurgischen ElinU^ behandelten Fälle von Wirbelbrachen. Dies. Kiel 1903.
6. MouchetetCläment, Luxation de la 6« vertdbre cenricale surla?« avec fracture
des deux apophyses articulaires sup^rieures et des deux apophyses transverses de
la 7«. Bull. S0& anat Paris 1908. Nr. 8.
7. Oliver» The qoestion of anrgical intenrention in cases of iignries to the spine. Annala
of sorgery 1908. February.
8. Owens, Fractures of the vertebrae. Annais of surgery 1903. Sept.
9. *Patel, Deux cas de luxation de la coionne cenricale. Qazette des höpitaux 1908.
Nr. 90.
JahroslMrielit fOr Chinirgie 1903. 65
1006 Jahxesbericht fOr Caünirgie. IL T«L
10. Pestemalzogia, Diastasis d«a vwlÄliraBu Th^se de Paris 1902. StttiiheiL
11. Riedinger, Ober einen Fall von Rotationaliixation der LendenwiibelaSale. Fhjaikil-
med. GresellBcbaft zu Wflrzbnrg. MOnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 34.
12. — Über Rotationslozation der LendenwirbelsAnle. Archiv fOr Orthopfldie 1908. Bd. H
Heft 1.
18. *Spier, Easaistischer Beitrag zar Lehre der Wirbelverletznngen. Dias. Kiel 1903.
14. Sud eck, Die DaisteUang der WurbelsftaleneiAuttakmigen dorch die BGa ige nach«
Strahlen. Archiv für Orthopfldie 1903. Bd. 1. Heft 2.
15. ^inley, Fractnre of the fifth cervical vertebra. The Lancet 1908. Not. 28.
16. Williams, Fraetore of the spine. Three caaes. Medioal News 1903. Maj 23u
Federmann (3) berichtet über eine Schussverletznng der Wirbekanle.
bei der erstere Störungen seitens des rechten Anges, des rechten Annes
und in einer typischen Brown-Söquardschen Halbseitenläsion bestand.
Die Augen- und Armstörungen waren direkt Schussverletznng, während £e
Halbseitenläsion durch eine Hämatom; elie im 7. und 8. Dorsalsegment erklirt
werden kann.
Fürnrohr (4) bespricht die verschiedenen Arten der Wirbel- und
Rückenmarksverletzungen und gibt die Krankengeschichten von sechs Fälki
mit Beteiligung des Lumbal- und Sakralmarks wieder, bei denen genauere
Niveaudiagnosen versucht wurden. Für die einzelnen Muskelgmppen As
unteren Extremität gibt Verf. Angaben über die Lokalisation der Vord^iioni-
kemgebiete. Die Zentren für die Funktion der Blase , des Mastdarms und
der Genitalapparate nimmt Verf. als im sympathischen Nervensystem ge-
legen an.
Riedinger (11, 12) bespricht einen Fall von Rotationsloxation des
4. Lendenwirbels nach rechts, der durch einen Fall von einer Scheune zustande
gekommen war. Nach vier Wochen langer Lähmung des rechten Beines kennte
Pat. das Bett verlassen. Es bestanden bei der Untersuobung, ^/t Jahr nach
der Verletzung, Knickung der Lendenwirbelsäule nach links, sekundäre, linb
konvexe Dorsalskoliose, Hochstand des linken Beckens und Drehung desselben
um die Längsachse des Körpers nach vom, scheinbare Verlängerung des rechten
Beins, Diastase zwischen 4. und 5. Lendenwirbel, Seitenabweichung des Dora-
fortsatzes des 4. Lendenwirbels nach rechts, Bewegungsbeschränkung der Len-
denwirhelsäule. Durch starke Anteflexion und nachträgüclie Retroflexion der
Wirbelsäule trat Selbstreduktion ein.
Mouchet und Clement (6) legten der Soc. anat. de Paris ein Pii-
parat vor, das sie durch Sektion eines Mannes gewannen, der sich durch einee
Sturz aus einer Höhe von 3 m eine Verletzung der Halswirbelsaule zuxog.
Die oberen und die unteren Extremitäten waren gelähmt, ebenso die Sphiok-
teren von Blase und Darm. Man hatte nach dem Unfall die Diagnose auf
Fraktur des 6. Halswirbels gestellt; der Verletzte starb nach zwei Tagen
und man fand bei der Autopsie die in der Überschrift erwähnten Verletzungai
Abdi (1) beschreibt einen Fall von Arthritis ankylopoetica der Wirb^
Säule, die durch eine artefiziell entstandene Wirbelfraktnr kompHzi«rt wtft
eine Fraktur, die durch den Versuch, die ankylosierten Hüftgelenke bew^di
zu machen resp. eine bessere Stellung derselb^i zu erzielen, hervorgerufsi
worden war. Durch den einige Monate später erfolgt^i Tod des PatieDta
wurde Abdi in die Lage versetzt, die pathologisch-anatomischen Yeraiide-
rungen an der Wirbelsäule und den grossen Gelenken und namentlich ae
der Frakturstelle selbst zu studieren. Diese Veränderungen waren so hodh
gradig, wie sie nur wenig in der Literatur veröffentlichte Fälle darbietes.
Hoffa, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Wirbelsäule etc. 1027
Tegen der Fraktur war die Laminektomie des 1. und 2. Lendenwirbels vor-
änommen. Patient war aber kurze Zeit danach infolge ausgedehnter Deku-
italgeschwüre gestorben. Beide Hüftgelenke waren zur Zeit der ersten Auf-
ahme in rechtwinkliger Stellung ankylotisch; das rechte wurde später durch
risement forc6 ausserhalb des Krankenhauses beweglich gemacht und bot
BS Bild eines Schlottergelenkes dar. Verf. warnt vor dem von anderer Seite
upfohlenen Brisement der yersteiften Hüftgelenke; auch von der Resektion
erselben verspricht er sich nicht viel.
Für beginnende Fälle empfiehlt Ab di, um einer abnormen Stellung, der
iTirbelsäule und des Kopfes Einhalt zu tun, die frühzeitige Anwendung von
tützapparaten mit Kopfhalter.
Gondesen (5) berichtet über die seit Januar 1900 in der Kieler Klinik
eobachteten 43 Fälle von Wirbelbrüchen, über deren Sitz und Ausdehnung
erf . in Form einer Tabelle berichtet, aus der hervorgeht, dass die Abschnitte
er Wirbelsäule, in denen die Beuge- und Streckbewegungen hauptsächlich
DB statten gehen, nämlich die Strecke von den mittleren Halswirbeln bis
um 1. Brustwirbel und dann der Übergangsteil von Brust- und Lenden-
rirbelsäule, die Lieblingsstelle der Wirbelbrüche sind, insbesondere derjenigen
^irbelbrüche , die durch indirekte Gewalt entstanden sind. Von diesen 43
V^irbelbrüchen waren 17 mit ausgesprochenen Markverletzungen verbunden;
0 TOD diesen 17 Fällen endeten nach kurzer oder längerer Zeit mit dem
Tode, während die übrigen 7 Patienten am Leben geblieben sind, aber meistens
(kit grossen Beschwerden zu kämpfen hatten. Verf. gibt zunächst die 26
[rankengeschichten kurz wieder und kommt auf Grund der Nachuntersuchung
tieser zu dem Resultat, dass man sich bezüglich wirklich dauernder Heilung
:einen grossen Illusionen hingeben darf. Von den 20 Patienten, über deren
emeres Schicksal sichere Erhebungen angestellt werden konnten, ist nur ein
inziger beschwerdefrei geblieben. Die anderen Verletzten sind alle später
rieder mit geringeren oder grösseren Beschwerden behaftet vorgefunden worden,
md zwar der Regel nach in um so höherem Masse, je mehr Zeit nach der
Verletzung vergangen war. Im 2. Teil seiner Arbeit bringt dann Gondesen
lie übrigen 17 Fälle mit Markverletzungen, an deren Hand er dann die ver-
ichiedenen Symptome bei verschiedenem Sitz der Verletzung, die Prognose
md Therapie dieser Erkrankungen bespricht.
Sudeck (14) zeigt in dieser Arbeit, dass die Röntgenuntersuchung bei
ffirbelsäulenerkrankungen den klinischen Befund häufig zu sichern, manchmal
iuch durch Torher nicht erkennbare Befunde eine bestimmte Diagnose wohl
SU ermöglichen vermag, so besonders bei Verletzungen in der Unfallpraxis.
fedoch ist es nicht immer möglich, eine bestehende anatomische Verände-
rung nachzuweisen, selbst nicht bezüglich der Knochenteile. Nach einigen
^chnischen Winken und allgemeinen Ratschlägen für die Betrachtung von
Wirbelsäulenbildem bespricht der Verf. 19 in mechanischer Reproduktion
triedergegebene einschlägige Röntgenbilder, hauptsächlich Spondylitiden und
Frakturen der Wirbelkörper und Fortsätze.
Pestemalzogin (10) beobachtete einen Fall von tödlicher Diastase
der Halswirbelsäule nach Sturz auf den Nacken beim Reckturnen. Es bestand
eine totale Zerreissung der Bänder vom Lig. nuchae bis an das Lig. longi-
tudinale ant. und Lösung der Bandscheibe zwischen 5. und 6. Halswirbel.
Die Rückenmarkshäute sind unversehrt, das Rückenmark selbst zerfällt bei
der Herausnahme an der Stelle der Wirbelverletzung. Verf. hat ausserdem
65*
1028 JahreBbericht für Chirurgie. II. TeiL
28 Fälle von ähnlichen Verletzungen aus der französischen Literatur zusammen-
gestellt.
Die Entscheidung der Frage, ob bei Wirbelverletzungen chimrj^sch fk-
gegriffen werden soll, hängt nach Oliver (7) davon ab, ob das Röckenmaik
vollständig zerstört ist oder nicht. Es scheint, dass entgegen bisherigen Aih
nahmen die Abwesenheit von Bewegung, Gefühl und Patellarreflex nidit eise
vollständige Durchtrennung mit Sicherheit anzeigt. Nur wenn obiger ZnsUod
permanent bleibt, bedeutet er Zerstörung des Rückenmarks. Um operative
Misserfolge zu vermeiden, ist es daher zweckmässig, einige Tage nacli dir
Verletzung zu warten. Da Kompression durch Blut meist rasch vorübergekt
und Kompression durch Knochenstücke meist keine dauernde Schadigoog
des Rückenmarks bedingt, stehen demAbwarten keine ernsten Bedenken ent-
gegen.
Oliver begründet seine Schlüsse aus der Literatur und durch 57 M
von Wirbel Verletzungen aus dem Cincinnati-Hospital. Für diese letzteren stdl
sich die Mortalität der Halswirbelbrüche bei operativer und nichtoperatirer
Behandlung gleich etwa 95 ^/o. Bei nichtoperierten Rückenwirbeln gleich ein
73®/o, Lumbalwirbeln =:56®/o und Dorsolumbalbrüchen =öO^/o. Eine wkeb-
liehe Besserung dieser Mortalität ist durch operative Behandlung nur bei dei
Rückenwirbeln erzielt worden. Maass (New-Yorkii
Fasquelle (2) hat im Anschluss an einen Fall von Kümmelsdier
Krankheit — Steifigkeit des Halses, Schmerzen bei Drehbewegungen, erschweiK
Atmung durch die Nase und allmählich sich ausbildende Halskyphose n^
Fall eines Bündels Heu auf den Kopf — systematische Messungen von is
Mitte der Cartilago cricoidea bis zur Incisura sterni angestellt, die ^ bä
100 Fällen 40—45 mm gross fand. In dem angeführten Falle, sowie is
einem zweiten von Kümmel scher Erkrankung betrug der Abstand 15 re^
25 mm.
Williams (16) führte zweimal, bei Fraktur des 5. Brustvrirbelbogtt!
und bei Fraktur des Processus spinosus des 12. Brustwirbels und des B<^
des ] . Lendenwirbels, wegen der durch die bedeutende Rückenmarksquetschoi;
bedingten nervösen Erscheinungen die Laminektomie aus, jedoch beide Mak
ohne Erfolg. Im ersten Fall trat nach 86 Tagen, ohne dass sich der Nen»
zustand gebessert hatte, der Tod ein; im zweiten Falle kam es zu einer !>•
fektion der Wunde durch Urin und septischen Meningitis.
Owens (8) empfiehlt bei Wirbelfrakturen , wenn das Rückenmark le-
letzt ist, oder wenn Blutgerinnsel im Wirbelkanal vorhanden sind, die Laaii-
ektomie zu machen, die der Reduktion ohne Operation entschieden vorzuziäa
ist. Bei Luxationen der Halswirbel ohne Fraktur kann die Reposition g*
Erfolge geben.
Osteomyelitis, traumatische Erkrankungen und ehronisehe Entsfindui«
der WirbelsSule.
1. Arapow, «Über typhöse Spondylitis*. Rassisches Archiv fOr Chirurgie 1908. Heft &
2. Barg, Über masknlftre Rflckenversteifung mit besonderer Berficksichtignng des tat
matischen Urspnings. Dias. Berlin 1903.
3. Bettmann, über die lokalisierte traumatische Wirbelsäalen- Ankylose an der Hui
eines Falles von Ankylose der Lendenwirbelsäule. Archiv fQr Orthopftdie 190S. Bii
Heft 1 und 2.
4. Brauer, Die chronisch- ankylosierende Entzündung der Wirbelsfiule. YereiDsblaU^
Pf&lzischen Ärete 1903. April.
Hoffa, Verleizuigen und chirarg. Krankheiten der Wirbelsäule etc. 1029
5. Brehmer, Über die sogen. Spondylitis traumatioa. Diss. Greifswald 1903.
6. Brodnitz, Die Kflmmelsche Wirbelerkrankung. Zeitschrift für Orthopädie 1903.
Bd. 12. Heft 1 u. 2.
7. Gheinisse, La spondylite infectieuse. La semaine mödicale 1903. Nr. 45.
8. Fiehtner, Über Spondylitis typhosa. Deatsche militärftrztliche Zeitschrift 1903. Nr. 2.
9. Focken, Über chronische ankylosierende Entzflndong der Wirbelsäule. Mitteilungen
aas den Grenzgebieten 1903. Bd. 11. Heft 5.
0. — Über chronisch ankylosierende Entzündung der Wirbelsäule. Diss. Heidelberg 1903.
1. Fränkel, Über Erkrankungen des roten Knochenmarks, besonders der Wirbel bei
Abdominaltyphus. Mitteilungen aus den Grenzgebieten 1903. Bd. 11. Heft 1.
.2. — Über chronisch ankylosierende Wirbelsäulenversteifung. Fortschritte aus dem Ge-
biete der Röntgenstrahlen. Bd. YIL Heft 2.
.3. Grisel, De l'ostöomy eilte vert^brale aiguQ primitive des vertebres. Revue d'oi'tho'
p6die 1903. Nr. 6.
14. Gr&tzer, Tabische Osteoarthropathie der Wirbelsäule. II. Kongress für orthopädische
Gliinirgie 1903.
[5. Henking, Über primäre akute Osteomyelitis des Kreuzbeins. Russisches Archiv für
Chirurgie 1903. Heft 6.
16. "^KrGner, Über die chronische ankylosierende Entzündung der Wirbelsäule (Spondylosis
rbizomelica). Diss. Leipzig 1903.
L7. Milner, Beitrag znr chirurgischen Bedeutung der Influenza; akute chronisch rezidi-
vierende Spondylitis mit Schwielenbildung , Kompressionslähmung und Purpura nach
Influenza. Mitteilungen aus den Grenzgebieten 1903. Bd. 11. Heft 3.
18. Müller, Ein Fall von chronisch - ankylosierender Entzündung der Wirbelsäule auf
traumatischer Grundlage. Monatsschrift für Unfallheilkunde 1903. Nr. 7.
19. *Pic et Bombes de Yilliens, Spondylose rhizomölique et tuberculose. Lyon
mödical 1908. Nr. 40.
20. *Poncet, Discussion: Trois cas de Spondylose rhizom^lique d'origine probablement
tuberculeuse. Soc de m6d. Lyon mödical 1908. Nr. 35.
21. Quincke, Über Spondylitis infectiosa. Mitteilungen aus den Grenzgebieten 1903.
Bd. 11. Heft 5.
22. *Romme, Spondylose rhizomölique et tuberculose. La Presse mödicale 1903. Nr. 85.
23. *Siven, Zur Kenntnis der sogen, ankylosierenden Entzündung der Wirbelsäule. Zeit-
schrift für klin. Med. 1903. Bd. 49. Heft 1-4.
24. Viernstein, Über einen Fall von Arthritis deformans mit Pierre-Marieschem
Symptomenkomplez. Diss. München 1903.
25. Weber, Über die akute primäre Osteomyelitis der Wirbelsäule. Deutsche medizin.
Wochenschrift 1903. Nr. 19.
Weber (25) bespricht im Anschluss an eine genau mitgeteilte Kranken-
geschichte eines von ihm operativ geheilten Falles von Osteomyelitis der
Lendenwirbelsäule Diagnose, Therapie und Prognose dieser Erkrankung, die
er mit Recht als eine sehr seltene bezeichnet. Ausser schweren Allgemein-
erscheinungen, wie sie auch sonst bei Osteomyelitis auftreten, berechtigten
ausserordentlich heftige, im Rücken, in der Gegend einer teigigen, später
fluktuierenden Anschwellung lokalisierte, nach vom ausstrahlende Schmerzen
zu der Diagnose, die durch die Operation bestätigt wurde. Der in der Mittel-
linie vom 10. Brustwirbel bis zum Kreuz herabgeführte Schnitt eröffnete eine
grosse Abszesshöhle, der Domfortsatz des 2. Lendenwirbels war rauh, nach
Entfernung der Dornfortsätze des 1. — 3. Lendenwirbels mit Meissel und
Knochenschere fand sich auch der zugehörige rechte Querfortsatz und Bogen
erkrankt. Nach ihrer Resektion ergoss sich aus dem Wirbelkanal zwischen
Knochen und Dura hervor dicker, staphylokokkenhaltiger Eiter. Der 15 jäh-
rige Kranke genas, nachdem noch ein durch das Foramen ischiadicum maj.
nach aussen vordringender, heisser Senkungsabszess geöffnet war, in zwei
Monaten. Die Prognose ist keine gute, nach der Zusammenstellung von
Hahn (41 Fälle) starben 60 >.
1030 JahreBberioht für Ghinirgie. ü. Teil.
Henking (15) operierte mit Erfolg einen Fall von akuter Osteomye-
litis des Kreuzbeins.
Bei einem 15 jährigen Jungen entwickelten sicli im Anschluss an einei
Fall Schmerzen im Kreuzbein, Fieber, Schüttelfrost, allgemeines UnwollseiB.
Am 5. Tage konstatierte Henking starke Schmerzen in der Ereuz-Std»
beingegend, die in das rechte Bein ausstrahlten. Temperatur 39,7, Pub 130.
Verstopfung. Rechte untere Extremität wird flektiert gebalten. Hüfigeleiike
frei. Weichteile über dem Kreuz hin unverändert. Das Kreuzbein st^ts
druckempfindlich. Per rectum in der Höhe der Steissbeinbasis ein glatter,
elastischer, halbkugelförmiger Tumor, der sehr druckempfindlich zu fohlen iiL
Der Tumor liegt auf der vorderen Fläche des Kreuzbeins. Um an den Bl«r-
herd heran zu können, wählte Henking den Weg durch das Foramen ischiadi-
cum majus. Es entleerte sich eine Menge Eiter und während der Nad-
behandlung mehrere kleine Knochensequester. Heilung.
Hohlbeck (St. Petersburg;'.
Grisel (13) bespricht an der Hand von zwei Wirbelosteomyelitis, die
nach einfacher Spaltung heilten, eingehendst die in der Literatur nieder-
gelegten Fälle und kommt zu dem Schluss, dass therapeutisch die einlack
Inzision und Sorge für den leichten Abfluss des Eiters in den meisten Fak
genügt. Wo diese von keinem Erfolg begleitet ist, haben auch die eiDgröib-
den Operationen nichts mehr genützt.
Brehmer (5) beschäftigt sich in seiner Arbeit mit den Yerletxanga
der Wirbelsäule, speziell mit der von Kuemell als ^traumatische Spondj-
litis^ charakterisierten traumatischen Veränderung derselben. Er ist der
Ansicht, dass bei dieser bei einem schweren Trauma, und wenn es sich u
einen nach verhältnismässig kurzer Zeit auftretenden Gribbus handelt, Fnt-
turen und Fissuren vorgelegen haben, in den Fällen dagegen, in denen ei
sich um ein geringfügiges Trauma handelte, Knochenquetschungen. Er er
klärt sich den Prozess folgendermassen: die Knochenquetschung hat zahlrejciic
minimale Brüche der Knochenbälkchen und Knochenlamellen, sowie ei»
grössere oder geringere Zerreissung der Blutgefässe in den Haversiscbea
Kanälen und jener des Knochenmarks zur unmittelbaren Folge. Der Knocb
ist bezüglich seiner Festigkeit und Widerstandskraft geschädigt. Es komm
normalerweise zur Gallusbildung und Resorption. Da die für die Verböcbe-
rung des Callus notwendige Bedingung, Immobilisierung der lädierten EnodMi,
durch zu frühzeitige Bewegung und Belastung der Wirbelsäule nicht erfuft
wird, so entwickelt sich aus der durch den traumatischen Reiz henorge
rufenen, zur Gallusbildung notwendigen Entzündung eine chronische hsr
Zündung, eine Ostitis traumatica, die ihrerseits die Bildung eines gefässreichc
Granulationsgewebes in den Knochenkanälen zur Folge hat. Dieses bewirkt
eine Einschmelzung der Knochenbälkchen und Resorption der Kochsalze, so
dass schliesslich der Wirbelkörper durch die Last der auf ihm mhendeD
Wirbelsäule einsinkt. Dieser Prozess wird noch durch die geschwächte
Widerstandskraft, durch die geringere Festigkeit des lädierten Knochenä
unterstützt.
Die zuweilen auftretenden Störungen von Seiten des Nervensystems lassen
sich durch die Annahme einer Erschütterung des Rückenmarks erklären.
Als weiteren kasuistischen Beitrag führt Verf. vier diesbezügliche Filk
an und bringt deren Knochengeschichten.
Uoffa, VerletBoxigen und ohirnrg. Erankbeiten der Wirbelsäale etc. 1031
Brodnitz (6) beschreibt einen Fall von reiner traumatischer Wirbel-
Erkrankung im Sinne Kümells, bei dem ein kurz nach der Verletzung und
8 Wochen später aufgenommenes Bontgenbild normale Verhältnisse der Wirbel-
säule ergab, während sich 4 Monate nach der Verletzung ein Gibbus des 1.
lind 2. Lendenwirbels zeigte. Das jetzt angefertigte Röntgenbild zeigte schwere
IKnochenveränderungen. Es handelte sich mithin nicht etwa um eine Eom-
pressionsfraktur oder Fissur, bei der eine zu frühe Belastung den Gallus zur
^Erweichung und Einschmelzung hätte bringen können, sondern um eine reine
S ü m e 1 1 sehe Wirbelerkrankung.
Bettmann (3) yeröffentlicht die Krankengeschichte eines Falles von
traumatischer Ankylose der Lendenwirbelsäule, die im Anschluss an eine
Stauchung des Rückgrates durch Fall auf das Gesäss entstanden war. Die
Lendenwirbelsäule war hier im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Fällen
der sog. K um eil sehen Spondylitis in lordotischer Haltung fixiert. Li seinem
über den Fall abgegebenen Gutachten, dem das zuständige Schiedsgericht zu-
gestimmt hat, erklärt Bettmann die Erkrankung, die sich nachweislich erst
nach dem Unfall entwickelt hatte, als Unfallfolge und den Patienten als renten-
bedürftig. Den Prozess selbst hält er für stationär, da er seit zwei Jahren
keine Fortschritte gemacht hat; eine Besserung sei aber nicht zu erwarten.
Betreffs der Ätiologie ist der Verf. der Ansicht, dass es sich im vorliegenden
Falle wahrscheinlich nicht um einen Bruch oder eine Fissur eines Wirbels ge-
handelt hat, sondern ;,dass die ganze Reihe der Lendenwirbel hauptsächlich
an der Stelle ihrer Gelenkverbindungen, an den Free, articulares und den
Bandscheiben, von dem heftigen traumatischen Reiz im Sinne einer Quetschung
getroffen worden sind, wobei zugleich auch die Gelenkbänder eine Zerrung
and teilweise Zerreissung erfahren haben. Dieser traumatische Reizzustand
bat schliesslich zu Veränderungen geführt, die den Ausgang in Ankylose be-
wirkten.^ Die anatomische Grundlage der Erkrankung sieht Bettmann in
einer Verwachsung der Wirkelkörper miteinander unter kompletter Verknöche-
mng der Bandscheiben und Gelenke. Bettmann rät unter Hinweis auf
diesen Fall zur Vorsicht mit der Annahme der Simulation oder Übertreibung
in .der Beurteilung von Fällen von Rückgratverstauchung und Quetschung.
Barg (2) bringt die Krankengeschichte eines Falles von muskulöser
Rückenyersteifung (Rigiditas dorsalis myopathica Senator), die bei einem bis-
her gesunden Arbeiter im unmittelbaren Anschluss an einen Fall auf den
Rücken und Kopf entstanden war. Der Patient, der erst 6 Monate nach
dem Unfall zur Beobachtung kam, wies eine totale Versteifung der ganzen
Wirbelsäule auf, zerebrale und spinale Erscheinungen fehlten, die Rücken-
muskulatur war atrophisch, ihre mechanische Erregbarkeit war erhöht, ihr
Verhalten dem elektrischen Strom gegenüber völlig normal. Ein gutes Röntgen-
bild ergab einen völlig normalen Zustand der gesamten Wirbelsäule. Die
Diagnose einer rein myogenen Versteifung, die schon auf Grund dieses Röntgen-
bildes gestellt wurde, konnte durch eine Narkotisierung des Patienten be-
stätigt werden, da nach Erschlaffung der Muskeln eine absolute Beweglichkeit
der Wirbelsäule eintrat. Verf. schloss nun nach Analogie mit anderen Fällen
auf einen Bluterguss in den Snbarachnoidealraum der Rückenmarkshäute, der,
wie schon Hoffa hervorgehoben hat, auf reflektorischem Wege zu Muskel-
kontrakturen führte. Dass die Lumbalpunktion im vorliegenden Falle negativ
verlief, spricht nicht gegen diese Auffassung, da in den 6 Monaten, die nach
dem Unfälle verstrichen waren, der Bluterguss längst Zeit gehabt hatte zu
1082 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL TeiL
gerinnen und sich zu organisieren. Sofort nach der Narkose trat eine sidit-
liche Besserung der Symptome ein, die unter weiterer Behandlung mit Ein-
reibungen, Massage, warmen Bädern und Gymnastik, sowie unter Darradnmg
von Jod und Brom ää fortschritt. — In seiner kritischen Betrachtung dieses
Falles sowie der in der bisherigen Literatur über myogene Rückenveisteifinf
aufgefundenen Fälle erklärt Barg die Versteifung ohne Eyphosenbildimg für
ein charakteristisches Symptom des Leidens im G^ensatz zu den der Beck-
t er ewschen Form angehörenden Fällen, bei denen fast immer das Yorhandefi-
sein einer kyphotischen Verkrümmung ang^eben wird. Als Hilfsmittel ftr
die Differentialdiagnose empfiehlt Barg die Durchleuchtung mit Röntgen-
strahlen sowie die Untersuchung in der Narkose. Femer schlägt er Yor, die
alte Einteilung in eine Bechterewsche und eine Marie-Strümpellsche
Form aufzugeben zugunsten der Einteilung in eine myogene und eine osteo-
arthrogene, ^wobei man sich stets vor Augen zu halten hätte, dass die enteie
Form der Therapie zugänglich ist, die letztere nicht^.
M ü 1 1 e r (18) yeröffentlicht die Krankengeschichte eines Falles yon chromacli-
ankylosierender Wirbelsäulenentzündung, die darum besonderes Interesse Ter
dient, weil die Krankheit nachweislich direkt im Anschluss an ein Tnnmi
(Fall auf das Gesäss) aufgetreten war. Die Versteifung der Wirbelsäule hatte
sich binnen vier Jahren von der Lendenwirbelsäule aufsteigend entwickelt
und auch die Halswirbelgelenke ergriffen. Affiziert waren ausserdem die
Hüft- und Schultergelenke, sowie das rechte Ellenbogengelenk. Der Patient
der bis zum Tage des Unfalls schwere Arbeit verrichtete, war bis dahin immer
gesund und hat nie rheumatische Beschwerden gehabt.
Brauer (4) beschreibt zwei Fälle von beinahe völliger Versteifung der
Wirbelsäule, bei denen auf dem Röntgenbild nichts Abnormes zu sehen war.
Fränkel (12) beobachtete vier Fälle von ankylosierender WirbelsauleD-
versteifung, die sich weder in den Bechterewschen noch den Harie-
Strümp eil sehen Typus einreihen lassen. Die Erkrankung beginnt mit euer
Ankylosierung der Gelenkverbindung der Proc. artic., während die Spangen-
bildung zwischen den Wirbelkörpem und Wirbelbögen sekundärer Natur und
eine Folge der veränderten Statik sind. Verf. rechnet die EbrkrankuQg. zs
der Gruppe der Arthritis chronica ankylopostica im Gegensatz zu der Spos-
dylitis deformans der Wirbelsäule, bei der es sich hauptsächlich um eine
Deformierung der Wirbelkörper handelt. Fränkel führt diese Fälle ak
einen weiteren Beweis der Ansicht neuerer Forscher aus, dass eine strenge
Trennung der beiden Erankheitstypen des Bechterewschen und desMarit-
Strümp eil sehen — sich nicht durchführen lässt.
Li der Arbeit von Vi ernstein (24) handelt es sich um einen 44 jahrigen
Mann, bei dem sämtliche Extremitätengelenke von einer Arthritis defoimu»
befallen waren. Ausserdem waren sämtliche Halswirbel bis zum ersten Bmstr
wirbel beim Beklopfen sehr schmerzempfindlich. Von den BewQgangen des
Kopfes, der leicht gegen das Stemum zu nach vorne geneigt ist» war keine
einzige ausführbar.
Besonders bemerkenswert erscheint dem Verf. der Umstand, dass der
Patient mit ungemeiner Präzision auf Witterungs- und Temperaturwechsel
reagierte. Nach Vi ernste ins Ansicht handelte es sich im vorliegenden
Falle um eine allgemeine, und zwar aus chronischem Gelenkrheumatismus
hervorgegangene Arthritis deformans mit Anwesenheit des Pierre-Marie-
schen Symptomenkomplexes, um eine Kombination zweier für gewöhnUcb nicht
Hoffa, Verletzangen und ohirnrg. Erankheiten der Wirbelsäale eto. 1033
auf ein und dasselbe Individuum zusammenfallender Krankheitstypen: der
Wirbelsäulensteifigkeit und der deformierenden Entzündung der peripheren
£xtremitätengelenke, um eine Kombination, die sehr selten ist.
Focken (9) beschreibt vier Fälle von chronisch ankylosierender Ent-
zündung der Wirbelsäule, bei denen in einem Fall die Erkrankung wohl auf
Gonorrhöe, in einem anderen auf rheumatische Afifektionen zurückzuführen
ist. Er zählt sie zu der grossen Gruppe der Spondylitis deformans, ohne in
ihnen ein besonderes Krankheitsbild zu sehen.
Grätzer (14) berichtet über einen Fall von Osteoarthropathie der
Wirbelsäule bei Tabes, in dem es bei gleichzeitiger Osteophysenbildung zur
Fraktur des 3. und 4. Lendenwirbels und zur Subluxation derselben gegen
den 2. und ö. Lendenwirbel, sowie zur seitlichen Luxation des 2. gegen den
1. Lendenwirbel gekommen war.
Quincke (21) berichtet über zwei Fälle von Spondylitis im Anschluss
an Pneumonie resp. Pleuraempyem und fasst diese als Pneumokokken resp.
Streptokokkenosteomyelitis auf. Er hält sie der Spondylitis typhosa gleich-
wertig und fasst alle diese Wirbelerkrankungen als Spondylitis infectiosa zu-
sammen. Aus seinen wie aus den Beobachtungen Fränkels (11) zieht er
den SchlusS; dass das Knochenmark der Wirbel bei Infektionskrankheiten
dieselbe Rolle spiele wie die Milz.
Milner (17) berichtet über Influenzaspondylitis des 10. bis 12. Brust-
wirbels mit teilweiser Kompressionslähmung, die bis auf eine Steifigkeit des
linken Beines zurückging. Eine grosse Ähnlichkeit hat diese Erkrankung
mit der Spondylitis im Anschluss an Typhus abdominalis.
Fichtner (8) berichtet über zwei Fälle von Spondylitis typhosa, die
12 Tage resp. 4. Wochen nach der Entfieberung aufgetreten war. Der eine
verlief mit ataktischen Störungen und Fehlen der Patellarreflexe, bei dem
anderen traten keine Rückenmarkserscheinungen auf. Beide heilten mit Ver-
steifung der Lendenwirbelsäule aus, der eine mit Gibbusbildung.
Fränkel (11) hat bei 13 an Typhus gestorbenen die unteren Brust-
und die oberen Lendenwirbel untersucht, 10 auch bakteriologisch, und in
allen 10 Fällen im Wirbelmark Typhusbazillen durch Kulturverfahren nach-
weisen können. Mikroskopisch fand Fränkel neben anderen, gewöhnUch
bei Infektionskrankheiten vorkommenden Veränderungen noch Netze feinster
Fibrinfasem, in deren Maschen nekrotische Zellen oder deren Trümmer liegen.
Da dieser Befund auch erhoben werden konnte, wenn auch intra vitam
keine Typhusbazillen im Blut nachgewiesen werden konnten, so ist das ein
Beweis dafür, dass das Knochenmark bei Infektionskrankheiten eine grosse
Rolle spielt. Andererseits gibt es auch Andeutungen über die Entstehungen
von Knochenerkrankungen bei Typhus.
Arapow (1) beschreibt zwei Fälle von typhöser Spondylitis.
I. Bei einem 26 jährigen Bauer traten die Erscheinungen ca. einen Monat
nach Beginn der Krankheit langsam auf. Bei der Einlieferung bestanden
starke Schmerzen im Bereich des I. und 11. Lendenwirbels, Harnverhaltung,
Temperatur abends 39,4. Die Bewegungen der Wirbelsäule sind stark einge-
schränkt, die normalen Krümmungen verstrichen. Positiver Vidal. Bei der
gewöhnlichen Typhustherapie, ruhiger Lagerung des Kranken auf eine Wasser-
matratze gingen die Erscheinungen zurück.
II. Ein löjähriges Mädchen erkrankte am 15. Dezember 1901 an
schwerem Typhus abdominalis. Am 2. Februar 1902 bereits in der Rekon-
1034 Jahresberieht fftr Chinirgie. 11. TeiL
yaleszenz, traten plötzlich starke Schmerzen im Lendenteil der Wirbelsäak
auf. Temp. subfebril. Vidal positiv. Kyphose der Lendenwirbel. Jede Bewegaog
der Wirbelsäule wird vermieden. Nach Anlegung eines Gipskorsetts sdurandeo
die Schmerzen. Heilung. Hohlbeck St. Petersburg.
Spondylitis tuberculosa.
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24. — Über die Tuberkulose der Wirbelsäule, besonders ihrer hinteren AbechdtU, a*
I über die Entstehung retropharyngealer Abszesse, v. Langenbecks ArebiT 19(11
Bd. 71. Heft 2.
Hoffa, Verletzungen und chirarg. Krankheiten der Wirbelsftule etc. 1035
Joachimstlial (13) stellte in der S^zung des Vereins für innere
Medizin in Berlin am 6. April 1903 einen Patienten vor, dessen interessante
Krankengeschichte kurz folgende ist:
Ein jetzt 9jähriger Knabe erkrankte an Spondylitis dorsalis, weswegen
er mit Extension, später Korsetts behandelt wnrde. Ein Jahr nach Beginn
der Spondylitis bildeten sich spastische Lähmnngen der unteren Extremitäten
mit Incontinentia nrinae aus. Ein Versuch mit Calotschem Redressement
scheiterte. Diesen Zustand fand Verf. vor, als er den Patienten in Be-
handlung nahm. Es wurde ein Gipsbett nach Lorenz angelegt. Nun bildete
sich ein Kongestionsabszess, welcher unterhalb des M. stemocleidomastoideus
zutage trat Wegen der Nähe der grossen Gefässe wurde auf Punktion ver-
zichtet, dafür aber der Abszess breit eröffnet; es entleerte sich ca. ^/s Liter
Eiter. Dies geschah etwa ^/s Jahr nach Beginn der Lähmungserscheinungen.
Schon am Nachmittage des Operationstages hatten die Spasmen nachgelassen ;
die Inkontinenz verschwand am nächsten Tage und die Beweglichkeit der
unteren Extremitäten kehrte ebenso rasch zurück. In 3 Wochen konnte der
Knabe ohne Stütze umherlaufen. Die zurückbleibende Fistel sezemierte lange,
ist aber jetzt seit Monaten geschlossen. Der ungewöhnliche Weg, welchen
der Senkungsabszess genommen hat, ist wohl auf die dauernde horizontale
Lagerung des Patienten zurückzuführen. Das schnelle Verschwinden der
Lähmungserscheinungen ist aus der Aufhebung des durch den Druck des
Abszesses hervorgerufenen Ödems (infolge Behinderung des venösen Abflusses
aus den Duravenen) zu erklären.
Bevor Melhorn(18) in die Besprechung der einzelnen Fälle näher ein-
tritt, gibt er in Kürze ein Bild der Spondylitis tuberculosa und bringt dann
71 Krankengeschichten von Patienten, die in der Kieler Klinik nach den
üblichen Grundsätzen der Therapie behandelt wurden. Ohne Kompressions-
erscheinungen wurden 54 entlassen, mit solchen 9 ; ohne Kompressionserschei-
nungen starben 4, mit solchen auch 4. Nachuntersucht wurden 35 ®/o; Nach-
richt erhielt Verf. ausserdem noch von weiteren 37 7o. Die Laminektomie
wurde 8 mal ausgeführt; von diesen 8 Patienten wurde 1 völlig geheilt, 2 ge-
bessert entlassen, 1 ungeheilt und 4 starben. Ohne Gibbus waren 5, mit
Senkungsabszessen 23. Dem Verf. fiel es auf, dass die Fälle mit Kompression
nie mit Senkungsabszessen verbunden waren, obgleich 4 Sektionen Eitersäcke
neben dem Wirbelherde feststellten. Es ergibt sich nach Meiboms Ansicht
daraus die Möglichkeit, dass die Kompression nicht durch die Abknickung der
Wirbelsäule, sondern durch den Druck des am Abfluss gehinderten Eiters
entsteht. 2 mal war der Halsteil betroffen; 1 mal Hals- und Brustteil, 43 mal
Brustteil, 3 mal Brust- und Lendenteil, 23 mal Lendenteil. Die Dauer der
Krankheit war bis zu vorläufigem Stillstand oder völligem Abschluss bis 1 Jahr
bei 16 (4 f), bis 2 Jahr bei 8 (4 f), bis 3 Jahr bei 4 (1 f), bis 5 Jahr bei
1 (t), bis 10 Jahr bei 1 (f) ; unbestimmt bei 9 (f). Noch nicht abgeschlossen
bei 16. Dauererfolge sind in 13 Fällen zu verzeichnen, wovon 8 ganz ge-
sund, 5 ohne oder trotz Fistein arbeitsfähig sind.
Bartels (2) beobachtete zwei Fälle von Tuberkulose der Symphysis
sacroiliaca, bei denen sich durch Fortschreiten der Entzündung vom Knochen
auf die Dura eine Pachymeningitis caseosa entwickelt hatte, die auf die Nerven
der Gauda equina drückte.
Bäärnhielm (1) berichtet über einen 46jährigen Mann. Spondylitis
seit 5 Jahren, Lähmung seit ^h Jahr. Gibbus den 7. — 11. Dorsalwirbel um-
1036 Jahresbericht fftr Chirurgie. 11. Teil
fassend. Der Fall ist interessant in der Beziehung, dass die Lähmung un-
mittelbar nach der Laminektomie absolut und beständig zurückging.
Hj. von Bonsdorff (Helsingfors).
Heineke (11) bringt die Krankengeschichten dreier Fälle von Kom-
pression der Medulla bei Wirbelkaries mit ganz verschiedenem Verlauf, aus
denen hervorgeht, dass die Krankheitsbilder der Karies der Wirbelsäule mit
Kompression des Rückenmarks in den einzelnen Fällen ganz ausserordentlich
voneinander abweichen können. Auch die kavernösen Symptome sind oft
durch den Umstand stark variiert, dass der Kompression nicht eine einheit-
liche Schädigung zugrunde liegt, sondern eine Reihe von pathologischen Pro-
zessen in verschiedener Kombination und Intensität. Weiterhin ist auch der
Sitz und die Grösse für die wechselnde Ausdehnung und Schwere der Er-
krankung von grosser Bedeutung.
Näher auf die einzelnen Krankengeschichten, die in der ausführlichsten
Weise wiedergegeben sind, und auf den genauen Sektionsbefund, der dem
1. Falle beigegeben ist, einzugehen, würde mich hier zu weit führen. Sie
müssen schon im Original nachgelesen werden.
Hügels hof er (12) hat 215 Fälle von tuberkulöser Spondylitis, die in
einem Zeitraum von 20 Jahren im Kinderhospital zu Basel zur Behandlung
gekommen sind, zusammengestellt und kritisch beleuchtet; 68 dieser Fälle
konnten nachuntersucht werden. Nach diesen statistischen Untersuchungen
kam die Spondylitis häufiger beim männlichen Geschlechte vor, und zwar war
das frühe Kindesalter, speziell das dritte Lebensjahr,' besonders bevorzugt
Der Prädilektionssitz der Erkrankung fand sich im ersten Lendenwirbel. In
'/5 aller Fälle wurden Senkungsabszesse beobachtet, am häufigsten Psoas-
abszesse. 10 ^/o der Fälle waren mit Lähmungen kompliziert, von diesen
endeten ^/s letal. Amyloide Degeneration wurde in etwas mehr als ^/lo, sonstige
tuberkulöse Erkrankungen in */5 aller Fälle konstatiert. Die Prognose ist
recht zweifelhaft, da die Mortalität 57,6 ®/o beträgt; vollständige Heilung tot
nur in 31,3 ^/o der Fälle ein. Die definitiven Heilungsresultate des Baseler
Spitals bezeichnet Hugelshofer in kosmetischer Beziehung als mangelhaft
was aber die spätere Bewegungsfähigkeit und Erwerbsfähigkeit anbetrifft, ak
befriedigend. Der Gang der Therapie unterscheidet sich in nichts Wesentr
lichem von der heutzutage allgemein üblichen.
Nach Xillmanns (21) entstehen die spondylitischen Lähmungen fast
stets durch Druck auf das Rückenmark ; nur in seltenen Fällen sind sie dorcb
tuberkulöse Erkrankung des Markes, eine Myelitis tuberculosa, bedingt. Ein
Druck durch Knochen ist gleichfalls selten, er kann durch vorspringende
Knochenkanten bei gleichzeitigen Adhäsionen des Markes und durch Knochen-
Sequester entstehen, die in dem Wirbelkanal disloziert sind. Femer kann auch
durch kallusartige, regenerative Knochenneubildungen und durch epidurak
Bindegewebswucherungen das Lumen des Wirbelkanals so verengert werden,
dass eine Kompressionslähmung des Rückenmarkes zustande kommt. Am
häufigsten entstehen die spondylitischen Lähmungen durch epidurale Exsudate,
Abszesse, käsige Zerfallsprodukte und durch peripachymenitische Granu-
lationen, also durch Weichteilkompression. Dieser Druck ruft Zirkulations-
hemmungen und damit Ernährungsstörungen des Rückenmarks hervor, wo-
durch die betrefi'enden Ganglienzellen und Nervenfasern eventuell für immer
zugrunde gehen. Eine Regeneration findet nicht mehr statt, sobald die auf-
Hoffa, Verletzuiigen and Chirurg. Krankheiten der Wirbelsftule etc. 1(B7
und absteigende Degeneration der Nervenbahnen mit sekundärer Bindegewebs-
proliferation eingetreten ist. Im allgemeinen ist die Daner des Druckes
weniger schädlich als die Intensität. Besteht ausser der motorischen eine
sensible Lähmung und ist gleichzeitig die Funktion der Blase und des Mast-
darmes gestört, dann ist eine intensivere Druckwirkung vorhanden, als wenn
eine motorische Druckwirkung allein beobachtet wird. Bei jeder spondyliti-
sehen Lähmung ist zunächst die unblutige (orthopädische) Behandlung durch
Extension, durch allmählich redressierende und fixierende Lagerungs- und
Stützapparate anzuwenden. Nach T i 1 1 m a n n s Erfahrungen und den ihm zu-
gänglichen Statistiken sind die Gasamtresultate dieser unblutigen Behandlungs-
weise nicht günstig. Führt diese Therapie nicht bald zum Ziele, so wendet
Tillmanns ^in geeigneten Fällen^ die Frühoperation an. Er führt dann
eine seitliche Freilegnng der Wirbelkorper aus mit möglichster Ausräumung
der tuberkulösen Herde und sucht durch Entleerung der Exsudate teils direkt,
teils indirekt den auf dem Rückenmark lastenden Druck zu verringern oder
zu beseitigen. Die Resektion der Wirbelbogen, die Laminektomie , ist bei
Karies im Bereiche der Wirbelbogen indiziert, bei noch bestehender Karies
der Wirbelkörper ist sie nicht ausreichend. Die Wahl des passenden Ein-
gri£Fs hängt also ab von einer exakten Diagnosenstellung. Die Erfolge der
operativen Behandlung der spondylitischen Lähmungen sind bisher noch nicht
befriedigend, so dass Tillmanns zu dem Schlüsse kommt, dass sich allge-
mein gültige Regeln für die Behandlung spondylitischer Lähmungen noch nicht
aufstellen lassen. Jedenfalls soll die unblutige Behandlung, falls keine wesent-
liche Bessenmg eintritt, nicht zu lange fortgesetzt werden, damit die Heilungs-
aussichten sich nicht verschlechtem, sondern man soll baldigst operativ vor-
gehen. Den Schluss der Arbeit bildet eine tabellarische Übersicht über 11
operativ behandelte Fälle.
Wieting (23) beobachtete einen Fall von spondylitischer Lähmung,
deren Ursache mit ziemlicher Sicherheit festgestellt werden konnte. Die Läh-
mung war bei einem 11jährigen Knaben gleichzeitig mit Ödemen der unteren
Extremitäten ziemlich plötzlich eingetreten etwa im zweiten Jahre der Er-
krankung. Da grosse Senkungsabszesse bestanden mit hohem intermittieren-
den Fieber, entschloss sich Wieting zur Operation; er fand eine Abszess-
höhle, die noch bis zum Halse, nach unten bis in die Nierengegend reichte,
ein anderer kommunizierender Abszess führte ins kleine Becken. Exitus eine
Stunde nach der Operation unter Depressionserscheimmgen. Die Sektion er-
gab eine Tuberkulose sämtlicher Brustwirbelkörper. Das Wichtigste war eine
fast rechtwinklige Knickung der Aorta, deren Lumen erheblich verengert war,
so dass nur eine bleistiftdicke Passage freiblieb. Aus der 10. Interkostal-
arterie ragte ein kleinfingergliedgrosser gereifter Thrombus, der sich von unten
hinten her in die Passage hineinlegte. In beiden Yenae iliacae sitzen noch
Reste frischer Thromben, beide Lungenarterien sind durch einen grossen,
frischen reitenden Thrombus verlegt. Der in die Aorta hineinwachsende
Thrombus hatte in kurzer Zeit den arteriellen Blutzufluss in die unteren
Körperregionen beschränkt, es handelte sich also um ein ischämisches Odem.
Die Ischämie, die ihren Grund in der Knickung und Thrombenbildung in der
Aorta findet, hatte auch, wie die histologische Untersuchung des Markes er-
gab, die Parese der Beine verschuldet. So erklärt sich auch die Koinzidenz
der medullären Symptome mit dem Ödem der Beine. Der Fall ist deshalb
von besonderem Literesse, weil dieser Modus der Rückenmarksaffektion bei
1038 Jahresbericht fOr Chirurgie. ]I. Teil.
Spondylitis ausser in dem Hof faschen Lehrbuch nirgends erwähnt wird, abo
bisher wenig Beachtung gefunden zu haben scheint.
Wieting (24) beobachtete unter 20 Wirbeltuberkulosen 9 Fälle, indenes
die Bogen, Dorn- und Querfortsätze befallen waren. Difierentialdiagnostiscli
ist diese Lokalisation der Karies in den hinteren Partien der Wirbel ?on (kr
gewöhnlichen meistens dadurch abzugrenzen, dass bei der Spondylitis posterior
nur direkte Druckschmerzen auftreten, während die Belastungsschmelzen
fehlen. Auch bei Bewegung der Wirbelsäule braucht sie nicht vorhanden zu
sein. Abszesse treten fast stets in und an der Dornfortsatzlinie auf, breiten ,
sich nach Durchbruch der Fascie unter der Haut aus, haben aber wenig
Neigung zum Wandern. £in Gibbus fehlt, Rückenmarksaffektionen sind häufig,
hervorgerufen durch tuberkulöse Granulationen im Wirbelkanal. Die Be-
handlung sollte stets operativ sein, muss aber energisch ausgeführt werden.
Wieting beschreibt alsdann zwei Retropharyngealabszesse, die von
tuberkulösen retropharyngealen Lymphdrüsen und nicht von einer Affekiion
der Halswirbelsäule ihren Ausgang genommen hatten.
Duroquet (7) lässt sich bei der Behandlung der beginnenden Spondy-
litis von den allgemein anerkannten Grundsätzen leiten: Immobilisation und
Entlastung der erkrankten Teile, Fürsorge für das Allgemeinbefinden des Kranken.
Er verwendet je nach dem Sitz der Erkrankung permanente Extension, Re-
klination und eventuell Kopfstützen. An seinen Gipskorsetts lässt er Bn^
und Bauch möglichst frei, es bleibt nur ein schmales Band oberhalb der
Symphyse stehen, eine Halskravatte eventuell mit Kopfstütze und zwei vorn
über die Schultern nach den Seitenteilen laufende Verbindungen.
Gilette (9) gibt an, dass die beste Behandlung der Paralyse der Pott-
schen Krankheit (Spondylitis) absolute Immobilisation der Wirbelsäule ist,
welche am besten so vorgenommen wird, dass der Patient auf einem harten
Lager ruht mit Extension und Kontraextension oder auf dem Bradford-
sehen Bett, einem mit Segeltuch überzogenem Stahlrahmen, welcher herum-
getragen werden kann und auf welchem auch Extension und Kontraextension
angewandt werden kaim.
Taylor (20) hat mit seinem Apparat bis 1863 100 und seitdem noch
500 Fälle von Kyphose nach Spondylitis behandelt, von denen 150 Fälle
5 Jahre und länger in Beobachtung waren. Von diesen konnten 40 Patienten
10 — 37 Jahre lang beobachtet werden. Nach den Beobachtungen des Verfi
sind die Resultate bei der Behandlung der letzten 40 Fälle folgende:
1. Sofortiges Aufhören aller Schmerzen, aller akuten Erscheinungen, so-
wie Besserung des Allgemeinbefindens bei der Anwendung der Rtickenstüt».
2. Heilung in 33 Fällen mit gutem Allgemeinbefinden, guter Figur und
Funktion.
3. In der Hälfte der Fälle war das Resultat in bezug auf die Deformität
ein gutes. In 13 Fällen konnte eine Vergrösserung verhindert werden oder
es war eine Verminderung erzielt.
4. In bezug auf das Endresultat waren am günstigsten die Halsspond;-
litiden, dann kam die Lendenwirbelsäule und am wenigsten günstig war die
Dorsalspondylitis.
5. Die Rückenstütze muss meistens noch lange nach erfolgter Heünng
getragen werden, da die Wirbelsäule aus statischen Gründen die Neigung hat,
sich noch mehr zu verbiegen.
Hoffa, Verletzimgen und cMroig. Krankheiten der Wirbelsftule etc. 1039
6. Die Ankylose tritt später und seltener anf als man annimmt und ist
weniger umfangreich nnd schwächer.
Kirmisson (15) berichtet über einen Fall, bei dem im Alter von
6 Jahren die Wirbelsäule bei Pott scher Kyphose nach Resektion mehrerer
Domfortsätze redressiert wurde. Trotz langer Nachbehandlung entstand doch
ein hochgradiges Rezidiv.
Joseph (14) berichtigt eine falsche Auffassung seines seinerzeit in
der Berliner med. Gesellschaft gehaltenen Vortrags durch Vulpius. Er will
nicht die Heilung des spondylitischen Gibbus durch ^Einkeilung der erweichten
Wirbelkörper^ zustande bringen, sondern betont, dass durch die Streckstellung
die erkrankten Wirbelkörper nicht eingekeilt, vielmehr aus ihrem eingekeilten
Zustande befreit werden und viele Monate voneinander getrennt bleiben. Erst
später tritt eine Kontaktsynostose der gesund gebliebenen Teile der Wirbel-
körper ein.
Nonne (19) demonstrierte einen Fall, bei dem die klinische Diagnose
auf Cervikalspondylitis mit Senkungsabszess lautete, während das Röntgen-
bild einen derben Schatten zu beiden Seiten der mittleren und unteren Hals-
wirbel zeigte. Die Operation ergab ein Sarkom. Das Umgekehrte war in
einem weiteren Fall vorhanden, wo ein Tumor angenommen war, während sich
bei der Operation eine tuberkulöse Karies herausstellte.
Ausser der Demonstration von Röntgenbildern, die Eompressionsfrakturen
der unteren Brustwirbel erkennen liessen, ist noch von Interesse, dass in einer
Wirbelaufnahme bei Poliomyelitis im Röntgenbild die Wirbelkörper das Bild
der Sudeckschen Atrophie deutlich erkennen lassen.
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med. Wochenschrift 1908. Nr. 24.
54. Weissenstein, Zur klinischen Bedeutung der Halsrippen. Wiener klin. Rundschau.
17. Jahrg. Nr. 21 u. 22.
55. Wohrizek, .Korrektor*, Apparat für korsettfreie Behandlung der Rflckgratsdeformi-
tAten. Areh. f. Qrthop., Mechanotherap. und Unfallschir. Bd. L Heft 2.
Ottendorf (37) beschreibt 11 Präparate yon skoliotischen Wirbelsäulen
und Wirbelsänlenteilen vom Pferd, Rind, Kalb, Schwein und einigen nicht
mehr bestimmbaren Zweihufern ans der Sammlung der Tierarzneischule in
Hannover.
Arnd (1) spricht über die Bolle, die nach Anschauung der verschie-
denen Autoren den Rückenmuskehi in der Ätiologie der Skoliose zukommt.
Die Ansichten divergieren auch darüber, ob und in welcher Weise sich nach
Liähmung der Rückenmuskeln eine Skoliose entwickele. Messner-Kirmisson
vertreten den Standpunkt, dass bei paralytischer Skoliose die Konvexität auf
der gesunden Seite des Rumpfes liege, während sich die gelähmten resp. pare-
tischen Muskeln auf der Konkavseite finden, eine Anschauung, die im wesent-
lichen von H off a, Lorenz und Schul t he ss geteilt wird. Andere Autoren
bestreiten dies Verhalten oder fassen die z. B. bei Kinderlähmung auftretende
Skoliose als eine statische Deformität i. e. S., als Folge der Missbildung der
Beine auf.
Arnd studierte die Frage der Bedeutung der Rückenmuskulatur für die
Ausbildung der Skoliose experimentell an jungen Kaninchen. Unter den er-
forderlichen Kautelen (Vermeidung von Nebenverletzungen, von retrahierender
Narbenbildung etc.) exzidierte er ein mehr oder minder grosses Stück des
M. erector trunci. In den ersten Wochen veranlasste der Defekt des einen
Elrector trunci scheinbar ein Überwiegen der Aktion des anderen, indem die
Tiere beim Hüpfen zunächst eine laterale Deviation der Wirbelsäule mit Kon-
vexität nach der operierten Seite darboten. Bald aber änderte sich das Bild ;
aus der Konvexität wurde eine Konkavität und aus der anfänglich leicht
korrigierten Haltungsanomalie eine Skoliose zweiten oder dritten Grades.
Bei den anatomischen Untersuchungen fand Verf. stets eine laterale
Deviation der Wirbelsäule mit der Konvexität der Krümmung nach der der Ope-
ration entgegengesetzten Seite. An den Wirbeln Hessen sich durch mühsamu
Messungen Asymmetrien und Formveränderungen (analog den Keil- und Schräg-
wirbeln bei menschlicher Skoliose) feststellen. Die Processus spinosi und die
übrigen Fortsätze waren nach der jeweiligen Konkavität der Krümmung ge-
richtet. Eine Deviation in sagittaler Richtung (im Sinne einer Kyphose) liess
sich in keinem Falle nachweisen. — Eine Anzahl yon Abbildungen illustriert
die Befunde.
Bei der Entstehung der Skoliose bei Quadrupeden kann die Belastung
keinen grossen Einfluss haben, wenn auch ein Druck durch Muskelzug aus-
geübt wird.
Arnd zieht aus dem Umstände, dass die geschwächte Muskulatur in
der Konkavität der Krümmung lag, den Schluss, dass man bei Behandlung
JahreBbericlit für Chirnrgie 1908. 66
1042 JfthreBlMricbt Ar Ghinugie. IL Teil.
der habitaellen Skoliose besonders die konkavseitige Mnsknlatiir zur EnUrid»-
lang zu bringen sich bemühen solle.
In der vorliegenden Veröffentlichnng hat Nicoladoni (36) denScUo»
stein zn einer Reihe von Arbeiten über die Skoliose gelegt, die ihn seit mk
als zwei Jahrzehnten beschäftigt hatten. Er hat darin nach gründlicher Dnrck-
sicht der bisher festgestellten anatomischen Tatsachen und der daraus ge-
folgerten Theorien folgende Anschannngen zweifellos sicherstellen können:
^Die Skoliose ist eine Deformität, hervorgerufen dorch abnorme ex-
zentrische Belastung der Wirbelsäule, bei der es, abgesehen von der seitliehen
Abweichung, zu einer Torsion kommt, welche einesteils den Einzelwirbel be-
trifft, dessen Körper dabei durch Rotationsbewegung der Konvexität aick ss-
wendet, hauptsächlich aber die Relationen der einzelnen Wirbelabschnitte n-
einander in horizontaler, frontaler und sagittaler Projektion tief stört Der
in diesen Bewegungen ruhigste Teil ist das Segmentum interarticulare posterioE.*
Um zu diesen Resultaten zu kommen, hat Nicoladoni zunächst du
Skelett der Skoliose Erwachsener studiert und die Topographie der Eingewede,
die Veränderungen der inneren Organe und die Anatomie dnzelner skolioti-
scher Wirbel, sowie das Verhalten der Bänder und des Zwerchfells in über-
sichtlicher Weise dargestellt. Ein weiterer Abschnitt seiner Arbeit behaodek
die Architektur der kindlichen, habituellen und rachitischen Skoliose. Er leigt
hier an Horizontal- Vertikal- und Frootalschnitten die entschiedene Anpaonng
des Knochengefüges an neue statische Anforderungen. Aus dem reidien In-
halte des Kapitels über den Mechanismus der Skoliose sei hervorgehobei,
dass die Torsion der Wirbelsäule stets dort vollständig fehlte , wo die ein-
seitige Reklination ausblieb ; ^^sie ist daher kein Attribut der einfachen seit-
lichen Neigung der Wirbelsäule, kein Attribut der reinen SkoUose^. Dm
Skoliose des Lendensegmentes hat eine gesonderte Betrachtung gefanden. Hier
konnte Nicoladoni feststellen, dass auch eine beträchtliche LendenskoBo»
nie stark torquiert ist. Die Skoliose des Lendensegmentes bezeugt aufs neue,
wie es der durch einseitige Belastung ungleich verteilte Markdruck ist, welcber
in seinem stetigen Wirken von innen her die gleichmässige EjiochenstniUsr
stört und dadurch die äussere Gestalt des Wirbels asymmetrisch nmfoiiBi
Eine Besprechung der neueren Arbeiten über den Mechanismus der Skoliose
und die aus ihnen zu ziehenden Sdüussfolgerungen bilden den Schloss der
ebenso gründlichen wie interessanten Arbeit
Die dem Werke beig^ebenen instruktiven Abbildungen stellen zumeist
Präparate dar, welche Nicoladoni selbst angefertigt und zum grössten Teil
auch gezeichnet hat; ein kleiner Teil ist nach Photogriqphien wiederg^beo.
Becher (8) beginnt zunächst mit der Beschreibung der skoliotischen
Wirbelsäule und ihrer einzelnen Segmente an der Hand eines Präparates tob
einer schön ausgebildeten rechtskonvexen Dorsalskoliose, die dem lordoüaches
Typus angehört. Er gibt eine eingehende Schilderung des Keilwirbels, gekt
dann nach oben und unten fortschreitend die übrigen Wirbel der Reibe niA
durch , wobei er sich als Vergleichsobjekt der entsprechenden Wirbel einer
normalen Wirbelsäule bedient, und fasst am Schlüsse des besseren Überblieb
wegen noch einmal den anatomischen Befund in seiner Gesamtheit znsamm^.
N^er auf die einzelnen Details einzugeben, würde den Rahmen eines knna
Referates weit überschreiten und aus diesem Grunde muss ich schon dw«a
verzichten und kann nur dringend auf das Original verweisen. Es bietet eine
Fülle von neuen Gesichtspunkten und eine Fülle von Anregungen für i^
Hoffa, Yerletzaiigen und chirnrg. Krankheiteo der Wirbelsäule etc. 1043
er sich mit dieser Materie näher beschäftigen will. Zahlreiche Abbildungen
md Tabellen tragen zur Yeranschanlichung dieses Bildes wesentlich bei. Im
weiten Teile sucht dann Becher zu eruieren, welcher Art die geschilderten
Sracteinungen sind und auf welche Art und Weise sie zustande kommen,
Lucli hierbei kann ich mich nur auf kurze Andeutungen beschränken. Nach
techers Ansicht wird durch irgend ein Missverhältnis zwischen Belastung
md Tragfähigkeit der Wirbelsäule letztere auf Biegung und Knickung bean-
prucht; die Biegung vollzieht sich analog dem physiologischen Verhalten
mter Drehung des auf der Scheitelhöhe befindlichen Wirbels nach der Seite
ler Konvexität zu. Infolge der engen Verbindung müssen die Nachbarwirbel
lie Drehung in entsprechend geringerem Grade mitmachen. Infolge Fort-
bestehens des die erste Biegung veranlassenden Moments bleibt auch die
Elotationsstellung der abgewichenen Wirbel bestehen und erfahrt noch eine
V^erstärkung durch die Belastung. Der nicht mehr vertikal wirkende Druck
steigert die Drehung immer mehr, indem er den Scheitelwirbel weiter seitlich
tiinansdrängt, derselbe rotiert hierbei um eine freie Achse. Die enormen Form-
ireränderungen der skoliotischen Wirbel sind lediglich Erscheinungen des Druckes,
lessen veränderter Einwirkung die Wirbel durch Änderung ihrer Form ge-
recht werden. Nicht nur der knöcherne Teil der Wirbelsäule, sondern auch
das gesamte Bumpfskelett mit Bändern, Muskulatur und den inneren Organen
der Brust- und Bauchhöhle wird in Mitleidenschaft gezogen. Das sind die
Hauptsätze der Becher sehen Ausführungen im zweiten Teil der äusserst
interessanten und lehrreichen Arbeit, die sich würdig den Albert sehen,
Riedingerschen und Schulthessschen Abhandlungen über dieses Thema
anreiht und einen weiteren schätzenswerten Beitrag liefert zu einem der
schwierigsten Kapitel der Orthopädie.
Im Verein für Schulgesundheitspflege zu Berlin hielt Hoffa (25) einen
Vortrag über die Entstehung der Skoliose als Schulkrankheit. Hoffa spricht
sich energisch für die Notwendigkeit aus, mehr als bisher bei der Erziehung
der Jugend neben dem Pädagogen dem Arzt Sitz und Stimme einzuräumen,
und zwar durch Anstellung besonderer Schulärzte, da nur hierdurch das er-
strebenswerte Ziel der Erziehung ;,mens sana in corpore sano^ gewährleistet
werden könne.
In der klinischen Vorlesung bespricht Hoffa (24) die Ätiologie, Sym-
ptome, Diagnose und Therapie der Skoliose.
Vulpius (52) behandelt in der von Leyden und Klemperer heraus-
gegebenen ;,Deutschen Klinik '^ das Kapitel der Rückgratsverkrümmungen,
sowohl der Kyphosen, einschliessUch der Spondylitis, wie der seitlichen Ab-
weichungen. Knappe und präzise Ausdrucksweise, sowie genaue Besprechung
der therapeutischen Massnahmen zeichnen seine Darstellung aus.
Becher (9) hat in ca. ß^h der Skoliosen bei Kindern zwischen 6 und
12 Jahren den von Bedard zuerst angegebenen Zusammenhang von adenoiden
Vegetationen im Nasen-Rachenraum mit Thoraxverkrümmungen und Skoliosen
beobachtet, die nach Entfernung der adenoiden Wucherungen unter Gymnastik
und Massage zurückgingen.
Veras (49) bespricht zuerst die Ursachen anatomischer Verhältnisse
und Formen der Skoliose. Von den zur Erklärung der Entstehung der Skoliose
gegebenen Theorien erwähnt er die muskuläre, ligamentäre und ossäre Theorie,
welch letztere die Skoliose als Folge einer Art Spätrachitis auffasst. Es folgen
66*
1044 Jahresbericht fQr Chirurgie. IL Teil.
Angaben über Skoliosen-Messungen und über die znr Kontrolle der erbaltenei
therapeutischen Resultate dienenden Tafeln.
Die Prognose ist nach Verf. um so ernster zu stellen^ je firüher die
Skoliose auftritt.
Die Behandlung der ausgebildeten Skoliosen soll zwei Indikationeii er-
füllen: 1. sie soll die Deformation so gut wie möglich redressiereo, 2. den
Organismus und die Wirbelsäule unter solche Bedingungen bringen, dass die
Reduktion definitiv bleibt. Verf. empfiehlt horizontale Lagerung mit Ex-
tension, Suspension, methodisch-orthopädische Übungen (täglich 1 Stande) und
ein passend gearbeitetes Korsett. Von Apparaten erwähnt er den Sayre-
schen Suspensionsapparat und den Lorenz sehen Wohn.
Das nicht abnehmbare Gipskorsett verwirft Verf., weil es die MnskuUtor
schwäche, die Atembewegungen beeinträchtige und eine Gymnastik hinda^
Er zieht das abnehmbare Korsett vor. Das leichtere Filzkorsett stützt naek
Veras den oberen Teil der Wirbelsäule nicht genügend.
Dass die abnehmbaren Gipskorsetts eine bessere Fixierung bewiiktai
als aus leichterem Material hergestellte Korsetts, ist nicht richtig. Abgeaehee
vom Filzkorsett haben wir vor allem in den zuerst von He s sing konstmierteii
Stoffkorsetts (mit Stahlschienen und -bügeln), die bei hochsitzenden Deviationeü
mit Kopfstütze versehen werden können, geradezu ideale Stützapparate. —
Der Wert der nicht abnehmbaren Gipskorsetts liegt darin, dass sie eine for-
cierte Redression schwerer Skoliosen in Etappen ermöglichen; die unter don
Korsett erfolgte Abmagerung der Muskulatur muss man durch nachfolgend
Massage und fieissige Gymnastik bekämpfen.
Lovett(29 — 31) sucht in der zweiten experimentellen Arbeit denBeweb
für die gleichzeitige Rotation der Wirbelsäule bei Seitwärtsverbiegong «f
rein mechanischer Basis zu erbringen. Auf folgenden allgemeinen Gesetaei
basieren die Experimente des Verfassers: ein gerader biegsamer Stab kam
in einer Ebene ohne Drehung gebeugt werden, doch dann kann er nicii:
gleichzeitig ohne Verdrehung in einer zweiten gebeugt werden; ein gerader
biegsamer Stab kann ohne Seitwärtsbiegung gedreht werden, ist ein soldifr
aber bereits in einer Ebene gebogen, so kann er nicht mehr ohne eine Seit-
wärtsbiegung gedreht werden. Die vom Verfasser für die Wirbelsäulenve^
hältnisse aus der Arbeit gezogenen Schlüsse sind : 1. Die Processus articnlans
bewirken nicht die Torsion der Wirbelsäule bei Skoliose; 2. die Torsion der
Wirbelsäule bei Skoliose wird nicht dadurch verursacht, dass die Wirbeisank
aus zwei Komponenten aufgebaut ist, der Säule der Körper und der Saufe
der Bögen (Meyer); 3. die Wirbelkörpersäule ist der ausschlaggebende Faktixr
bei der Bewegungsassoziation; 4. die Wirbelkörper säule allein und die ganze
intakte Wirbelsäule verhalten sich gleich und zwar so wie ein biegsamer Sub
von derselben Form, Länge und Elastizität. Quoad Behandlung hält Verf.
in der ersteren Arbeit für eine Reihe von Fällen Drehbewegungen und passiTe
Drehungen für von therapeutischem Werte.
S Chol der (45) hat durch Untersuchungen einer grossen Anzahl toi
Schulkindern beiderlei Geschlechts nachgewiesen, dass der Unterschied in dff
Frequenz der Skoliose bei beiden Geschlechtem bei weitem nicht so gross ist
als es die meisten Orthopäden angeben. Danach kommt die Schulskolio»
sowohl bei Knaben als bei Mädchen ungefähr in gleichem Verhältnis vor, aaf
23 7o skoliotischer Knaben kommen 26,7 ®/o skoliotischer Mädchen. Dafür,
dass die Schule als determinierende Ursache der Skoliose angesehen werden
Hoffa, YerletzaDgen und chirarg. Krankheiten der Wirbelsäule etc. 1045
üUBSy spricht das unglaubliche Vorwiegen der linksseitigen Totalskoliosen;
iron diesen Skoliosen waren 79®/o rein habituell. Die Progression der Skoliosen-
sähl nahm standig von einer Klasse zur nächst höheren zu. Mit dieser Zahl
äer Skoliotischen hielt die der Myopien Schritt, d. h. sie nahm ebenfalls von
Erlasse zu Klasse zu. — Für den wichtigsten Teil der Skoliosentherapie er-
klärt Scholder mit Recht die Prophylaxe. Um sie zur Anwendung zu
wringen, fordert Scholder die Elimination folgender schädlicher Momente,
Beelche die Schule mit sich bringen kann: 1. Ungenügende Beleuchtung der
Eüassenzimmer ; 2. die prolongierte sitzende Haltung der Schulkinder ; 3. Schul-
bänke, die der Grösse der Kinder nicht angepasst sind; 4. fehlerhafte Heft-
iage ; 5. die Schrägschrift. Im Anschluss hieran definiert er die hygienischen
Forderungen, die unbedingt erfüllt werden müssen, um den Schreibakt zu
einem möglichst unschädUchen zu machen, und geht kurz auf die Therapie
der ausgebildeten Skoliose ein, die er sehr pessimistisch beurteilt. Den meisten
Elrfolg gewährleistet hierbei noch die Behandlung in einem orthopädischen
Institut, das von einem wissenschaftlich gebildeten Arzte geleitet ist. Im
allgemeinen ist er ein Gegner des Korsetts, hält es aber doch in gewissen
Fällen für indiziert, so bei schmerzhaften Skoliosen und femer bei hoch-
gradigen, mit Respirationsstörungen verbundenen Skoliosen. Dagegen lassen
sich in den übrigen Fällen durch Bedressionsgymnastik verhältnismässig gute
Resultate erzielen.
Athanassow (3, 4) hatte in dem Institut von Schulthess Gelegen-
heit, eine angeborene Skoliose bei einem 8 jährigen Mädchen zu beobachten.
Es handelte sich hier um ein Fehlen oder eine rudimentäre Entwickelung
einer Wirbelhälfte des 3. Lendenwirbels und eine abnorme Gestaltung des
4. und in geringerem Grade des 2. Lendenwirbels. Gleichzeitig bestand eine
Spina bifida lumbalis. Im Anschluss an diesen Fall bespricht und klassifiziert
Verf. 31 in der Literatur beschriebene einschlägige Fälle. Davon waren 17
einfache und 14 komplizierte angeborene Skoliosen, und zwar bestand die
Komplikation 3 mal in Spina bifida, im übrigen in anderweitigen Deformitäten.
In 28 Fällen waren BildungsanomaUen wie Wirbelkörper angegeben, grössten-
teils Fehlen oder mangelhafte Ausbildung einer Wirbelkörperhälfte und der
Intervertebralscheiben. Bezüglich der ursächlichen Momente konnte auch
Athanassow nichts Positives ermitteln. Sicher ist nur, dass die SkoUose
einige Zeit braucht, bis sie manifest wird. Für die frühzeitige Erkennung
leichterer Fälle ist in der Radiographie ein neues Mittel gegeben, das eine
sichere Diagnose gestattet.
Maass (33) berichtet über einen Fall von angeborener linkskonvexen
Totalskoliose bei einem 3 Monate alten Mädchen, die, wie er annimmt, bei
dem Fehlen aller übrigen in Betracht zu ziehenden Momente als durch intra-
uterine Belastungsdeformität zustande gekommen ist.
Vogel (51) beobachtete ein 1^/* Jahre altes Mädchen, das ausser einer
kongenitalen Hüftluxation eine angeborene starke, kurzabgebogene, rechts-
konvexe Skoliose des untersten Kreuz- resp. Steissbeins, mit umgekehrter Ver-
biegung im Lumbaiteil aufwies. Da das Kind nur wenige Wochen, bevor es in
Behandlung kam, gelaufen war, ist eine statische Skoliose wohl auszuschliessen.
Zeichen von Bachitis sind nicht vorhanden. Die ganze linke Beckenhälfte
steht um mehrere Zentimeter höher als die rechte, weswegen das reponierte
Bein zu kurz erscheint.
1046 Jahrmbericht fOr Ohinugie. 11. Teil.
Fr ö lieh (17) berichtet über die Kombination von angeb(Nrener SkolioK
mit Klumpfuss. Beide Deformitäten wurden sofort nach der Entbindung be-
merkt. Es soll wenig Fruchtwasser vorhanden gewesen sein. Im übrig«
keinerlei Deformitäten in der Familie.
Der zur Zeit 3 jährige Knabe weist keinerlei Spuren von Rachitis auf.
Es besteht eine starke rechtskonvexe Lumbodorsalskoliose mit starker Torsios.
Kompensatorische linkskonvexe Skoliose im oberen Dorsalteil. Das ganze Ab-
domen und der Thorax erscheinen nach rechts verschoben. Die rechte Becken-
hälfte ist gesenkt. Der ganze Rücken ist entlang den Domfortsätzen stad
behaart , namentlich im Bereiche eines knöchernen Vorsprungs , der auf isx
Seite der Konvexität der Lumbalwirbelsäule gelegen ist. Das Rontgenlnld
lässt erkennen, dass die Wirbelkörper des Lumbaiteils miteinander verschmobeo
sind. Die Lendenwirbelsäule scheint aus zwei Knochenmassen zusammeDgesetzi
zu sein , die Wirbelkörper erscheinen voluminöser als normal und nur dnrck
einen hellen Zwischenraum getrennt. An der Brustwirbelsäule kann man die
12 einzelnen Wirbel deutlich erkennen. Ein überzähliger Wirbel ist nickt
vorhanden. Das Becken erscheint asymmetrisch. Zwei Abbildungen sind der
Arbeit beigegeben,
Arnold (2) bespricht die bisher bekannten Formen der ScoUosis isdiia-
dica und bringt ausführlich eine eigene Krankengeschichte dieser Affektion
Es handelt sich um eine heterologe Skoliose mit leichter Kyphose im Leah-
und geringer Lordose im oberen Brustteile. Die Nervenaffektion ist auch a£
den Plexus sacrolumbalis übergegangen, und zwar auf die hinteren Äste dem-
selben. Verf. bespricht dann die mannigfachen Theorien, welche das Zustande-
kommen der verschiedenen Formen der Scoliosis ischiadica zu erklären socb
und glaubt, für seinen Fall die heterologe Skoliose teils mit einer Entlastongsr
haltung , teils durch die Insuffizienz der Muskulatur der kranken Seite Dsd
besonders durch den krampfartigen Kontraktionszustand der gesundes Ant-
agonisten erklären zu können.
Der Ansicht Schüdels, Higiers, Fischer-Schönwalds, Sacks',
Vulpius', welche eine skoliotische Verkrümmung der Wirbelsäule mit seit-
licher Verschiebung des Rumpfes nur bei Übergreifen des EntzündungsproMses
auf höher gelegene Nervenbahnen, besonders auf den Plexus lumbosacralis fr
möglich halten , räumt Verf. auch auf Grund seines Falles ausgedehnte Be-
deutung ein.
Ranzi (39) veröffentlicht zwei Fälle von Halsrippen, die wegen der Be-
schwerden, die sie verursacht hatten, zur Operation kamen. Es handelte sii
beide Male ausschliesslich um nervöse Erscheinungen; Parästhesien, Kälte-
gefühl im Arm, Abnahme der Kraft und Atrophien. Bei dem einen Fall b^
stand auch eine leichte Skoliose der unteren Halswirbelsäule. Entfernt wurdei
die Halsrippen von einem Schnitt aus, der vom hinteren Rand des Muscote
stemocleidomastoideus bis zum vorderen Rand des Musculus cucullaris reickte.
Sie wurden mit Periost entfernt; eine Verletzung der Pleura fand nicht statt
Hei hing (23) hat 13 Fälle von Halsrippen beobachtet, in denen es
sich um Rippenrudimente handelte, die nur wenig über die Querfortsatae des
VH. Halswirbels hinausragen und mit einer Spitze frei endigen. Klinisch ij*
Halsrippenskoliose — die ungefähr 2 Vo aller Skoliosen beträgt — durch ihrei
hohen Sitz, ihre Starrheit und die dem TorticoUis ähnliche Haltung des Kopfes
charakterisiert. Es handelt sich nach dem Verf. bei der Kürze der Hak-
Hoffa, Yerleizimgen und diirarg. KrankheHen der Wirbelsäule eio. 1047
rippen nicht um ein mechanisches Hindernis, sondern um eine reflektorische
Skoliose, ähnlich wie bei der Scoliosis ischiadica.
Weissenstein (54) publiziert einen Fall von linksseitiger Halsrippe,
der sich durch vollständiges Symptomenbild auszeichnet. Es handelt sich um
eine 23 jährige Phthisika, die seit ihrem 11. Lebensjahre über Störungen im
linken Arm zu klagen hatte. Diese Störungen, bestehend in Taubsein, Kälte-
gefühl, Unfähigkeit zu feineren Arbeiten, resultierten aus dem Vorhandensein
einer vollständig ausgebildeten winkligen Halsrippe, über die die Subclavia
stark gespannt hinwegzog. Geringe Bewegungen des Armes wie des Kopfes
genügten, um den Puls durch die entstehende Kompression zum Verschwinden
zu bringen. Ausserdem zeigte Patientin im linken Arm und der Hand aus-
gebreitete Atrophien, Paresen und Störungen der Sensibilität. Nach Exstir-
pation der Rippe verschwanden die Erscheinungen.
Bender (11) beobachtete als eine seltene Ursache seitlicher Wirbel-
sänlenverkrümmung eine Wandemiere. Die bei der 22jährigen Patientin vor-
handene Neigung der Lendenwirbelsäule nach der kranken Seite hin erklärt
sich aus dem unwillkürlichen Bestreben, die schmerzhafte Lendenpartie zu
entspannen, die Nerven daselbst von Druck und Zug zu entlasten. In Bücken-
lage hörten die Schmerzen, die sich bei der Patientin zu Paroxysmen steigerten,
auf. Die Skoliose, die in Extension noch völlig ausgleichbar war, wurde nach
den üblichen Begeln behandelt; ausserdem wurde, da die vorgeschlagene Nephro-
raphie verweigert wurde, eine grosse Pelotte nach Art eines Bruchbandes an-
gefertigt, ^welche die Niere nach hinten und oben halten soll.^
Veras (48) beschreibt in seiner Arbeit zwei Fälle von mit Gibbus ein-
hergehender Goxitis, bei welcher sich gleichzeitig eine Skoliose ausbildete. Im
ersten Falle war es eine rechtskonvexe Brustskoliose, im zweiten Falle links-
konvexe Dorsolumbalskoliose.
Was die Erklärung betrifft, so glaubt Verf. nicht, dass die Skoliose
etwa auf reflektorischen Muskelkrampf, wie bei schmerzhaften Arthritiden
zurückzuführen sei, da keine Rückenschmerzen vorhanden waren (Fall 1), resp.
die Skoliose erst nach dem schmerzhaften Stadium sich entwickelte (Fall 2).
Eine statische Skoliose ist ausgeschlossen deswegen, weil die Konvexität
nach dem gesunden Bein zu liegt. Erklären kann Verf. sich das Entstehen
nur durch die Lage, die Pat. im Bette einzunehmen pflegten, wobei man
allerdings annehmen musste, dass unterhalb des Pott sehen Buckels, in dessen
Bereich die Wirbelsäule schon ankylosiert war, dieselbe noch flexibel ge-
wesen wäre.
Eine andere Erklärung wäre die, dass schon auf seiten des kranken
Gliedes eine primäre Lumbaiskoliose bestand, dass die Dorsalskoliose nur kom-
pensatorisch sei. Die Totalskoliosen können unter dem Einfluss der Ruhe
sich entwickelt haben.
Auch könnte man schliesslich noch die halbsitzende Stellung der Kox-
algiker im Bette verantwortlich machen, bei welcher sie bei ankylotischem
Hüftgelenk nur Bewegungen in der Wirbelsäule machen können. Die Kranken
beugten sich wohl dabei mehr nach der Seite der Konkavität wie der Kon-
vexität. In der umgekehrten Richtung waren Torsion und Bewegungen im
Rücken nützlich.
Borchard (12) beobachtete unter 18 Fällen von Syringomyelie mit
Knochen- und Gelenkaffektionen 17 mal eine begleitende Wirbelsäulenverkrüm-
mung, die er durch gewisse trophische Störungen erklärt. Die Erkrankung
1048 J»hre»berioht Iftr Ghirargie. 11. Teil.
beginnt meistens bei einzelnen Wirbeb, besonders den unteren Hals- und
oberen Brostwirbebi und kann in jedem Stadium stillstehen. Es handelt sich
dabei meistens um eine Kyphoskoliose mit Torsion.
Vi e weger (50) führt zunächst die hauptsächlichsten Theorien über die
Pathogenese der Syringomyelie an, schildert das klinische Bild in anschau-
licher Weise, wobei er besonders auf die drei Kardinalsymptome aufmerksam
macht, auf die Muskelatrophie, die dissoziierte Empfindungslähmung und die
trophischen Störungen, zu denen er auch die Gelenkerkrankungen, die Spon>
tanfrakturen und die Verkrümmungen der Wirbelsäule zählt, die so häu%
sind, dass sie einen gewissen diagnostischen Wert haben. Nach einigen knrzeD
Bemerkungen über die Ätiologie bringt View eger sieben Krankengeschichten
aus der Herrenabteilung der Leipziger medizinischen Poliklinik, von denen
die ersten sechs Fälle im wesentlichen den typischen Verlauf der Syringomyehe
zeigen. Nur der 7. Fall zeigt ein atypisches Verhalten, da anfangs keines der
drei Hauptsymptome vorbanden war. In drei Fällen waren Wirbelsänlenrei^
krümmungen vorhanden. Alle sieben Fälle betrafen Männer; in keinem war
Heredität nachweisbar.
Hagelstam (21) berichtet über zwei Fälle von Syringomyelie und be-
tont das häufige Vorkommen von Rückgrats- und Thoraxverkrünmumgen \m
Syringomyelie. Am häufigsten sind Skoliosen, seltener Kyphoskoliosen und
Lordosen beobachtet worden.
Jawin (28) hat an Leichen die Lage der Speiseröhre, der Luftröhre und
der Aorta bei verschiedenen Verkrümmungen der Wirbelsäule untersacht und
dabei gefunden, dass die Aorta und andere Gefässe, die sich mit ihreii
Zweigen an der Wirbelsäule festhalten, den Krümmungen derselben folgen.
Ebenso ist dies der Fall mit der Trachea, welche auch mit der Wirbelsäule
ziemlich fest verbunden ist. Die Speiseröhre bildet dort, wo sie hinter der
Trachea und der Aorta liegt, ebenfalls Krümmungen, sowohl in der sagittalen
wie in der frontalen Ebene. Unterhalb der Bifurkation entfernt sie sich von
der Wirbelsäule und nimmt ihre Richtung als Sehne oder Bogen von grösseren
Radius über die Wirbelsäulenkrümmung hinweg. Nur wenn das hint^- ihr
liegende lockere Zellgewebe durch pathologische Prozesse, wie z. B. durcii
Lungen- oder Mediastinaldrüsentuberkulose, unnachgiebig geworden oder ge-
schrumpft ist, folgt auch die Speiseröhre den Verkrümmungen der Wirbelsänk
Raymond (70) beschreibt eine hysterische Wirbelsäulenverkronuming
bei einem Manne, die sich ganz plötzlich nach vierstündiger Bewnsstlosigkeü
und zwar sofort in ihrer ganzen Vollständigkeit eingestellt hatte. Diese Ver-
krümmung war merkwürdigerweise eine totale Lordose der Wirbelsäule, deren
Scheitel in der Lendengegend lag. An einem von Raymond nicht näher
angegebenen Punkte der Wirbelsäule liess sich ein Druckpunkt nachweiseo,
der so empfindlich war, dass ein länger fortgesetzter Druck unfehlbar eine
Attacke herbeigeführt „hätte^. Die Rückenstrecker waren stark kontrahiert
Hysterische Stigmata waren zwar nicht nachweisbar, doch kommt in diesem
Falle für die Diagnose nur Hysterie in Betracht. Angaben über den Verlauf
der Erkrankung fehlen leider.
Fla tau (15) beobachtete einen Fall von hysterischer Skoliose, die bei
einem Arbeiter infolge Tragens einer schweren Last entstanden sein soll. Die
Verbiegung der Wirbelsäule, bei der keine Torsion vorhanden war, glich sidi
in Bauchlage vollkommen aus. Sie war durch eine Kontraktur des rechts-
seitigen Erector trunci entstanden. Gleichzeitig bestanden anderweitige
Hoffa, Verletzangen und ohinurg. &aiikheiten der Wirbelsäale eto. 1049
nervöse Störungen, so dass die hysterische Natnr des Leidens als sicher-
gestellt gelten kann. Darch Anlegung eines Stützkorsetts konnte der Patient
geheilt werden.
Stephan (46) berichtet über einen Fall von hochgradigster Kypho-
skoliose. Die Atmungsbreite beträgt nur 1 cm, doch finden Herz und Lunge
in der stark vorspringenden Hühnerbrust Platz zum Entwickeln. Dadurch
und durch die gute Ausdehnungsfähigkeit des Brustkorbes nach oben erklärt
es sich auch, dass der Patient trotz seiner schweren Deformität imstande
war, seinen überaus anstrengenden Dienst als Segelschiffmatrose zu versehen,
ohne Atembeschwerden zu leiden.
In dem Bericht vom 3. internationalen Eongress von Ärzten der Ver-
sicherungsgesellschaften, der in Paris vom 26. bis 28. Mai stattfand, bespricht
Redard (41) die Hauptpunkte, die ein Arzt bei der Beurteilung eines
Kranken mit Verkrümmungen der Wirbelsäule oder des Thorax in bezug
anf eine Lebensversicherung beobachten muss.
Dieser Bericht enthält eine genaue Analyse der allgemeinen und für
jeden Fall besonderen Ursachen, die die Prognose beeinflussen, und richtet
das Augenmerk besonders auf die Komplikationen von Seiten der Brustorgane,
die einen vorzeitigen oder plötzlichen Tod hervorrufen können.
Port (38) sieht die Ursache der habituellen Skoliosen in einer Er-
müdung der Bückenmuskel, besonders der langen Rückenstrecker, wobei die
Knochendeformität sekundiären Ursprungs und als Folge des ungleichen
Wachstums anzusehen ist. Nach dieser Theorie greift er daher die Behand-
lung der Skoliose auch an der Muskulatur an und legt das Hauptgewicht auf
die Stärkung und Kräftigung der konvexseitigen, gedehnten und daher ge-
schwächten Muskulatur. Er hat einen portativen Apparat konstruiert, der
eine Extension zwischen einem Beckenteil und Kopfteil gestattet, jedoch auch
gymnastische Übuugen in Extension zulässt.
Busch (13) berichtet über 112 Skoliosen, die in der Zeit vom I.April
1898 bis 1. April 1902 auf ca. 25000 poliklinische Patienten kamen. Von diesen
112 kamen aber nur 70 in Behandlung, und während von diesen wieder 20
früher oder später aus verschiedenen Gründen die Behandlung unterbrachen,
haben nur 50 eine regelrechte Behandlung erfahren. Diese 50 dienen dem
Verfasser als Grundlage für seine Arbeit, in der er zunächst einige statistische
Angaben bringt, die wohl wegen der geringen Zahl nicht von Interesse sein
dürften. Bezüglich der Ätiologie sei hier der eine Fall erwähnt. Es hatte
eine Fraktur eines Dorsalwirbels bestanden, und zwar war dieselbe durch
einen Fall aus dem Bett verursacht worden, war aber symptomenloe ver-
laufen. Als das Kind sich nun nach sechs Jahren wegen Skoliose in der
Poliklinik vorstellte, fiel der eigentümlich hohe Sitz derselben sowie die Ver-
schiebung der Schulterblätter auf. Auf der Böntgenplatte war die Fraktur
deutlich nachweisbar. — Verf., hält es mit Schede für durchaus wichtig,
eine korrigierte Stellung des Körpers durch ein abnehmbares, aber unnach-
giebiges Korsett festzuhalten, und diese Forderung wird für ambulatorische
Behandlung erst recht ihre Geltung finden müssen. Vor der Anlegung eines
Korsetts muss eine möglichst vollständige Mobilisation erstrebt werden durch
Turnen, Übungen etc., die einzeln aufgeführt werden. Verf. hält die Alu-
miniumbronzekorsetts für die besten, die alle Vorteile, die an ein solches
Korsett zu stellen sind, vereinen. Der Preis ist allerdings 70 — 100 Mark.
Busch will es angewendet wissen bei ganz schweren Kyphoskoliosen, bei
1050 Jahresbericht fttr Chirurgie, ü. Teil.
Fällen schwerer oder redressierbarer Skoliose ond bei leichten überhängenda
Skoliosen. Von den 50 Patienten wurden 3 nur mit Turnen behandelt, 9 be-
kamen ein leichtes Korsett mit eingenähten Stahlspangen, 38 bekamen m
festes Korsett, 28 ein Gips- und 10 ein Aluminiumbronzekorsett Dk
Krankengeschichten der letzteren bringt er mit Photographien. HinsichtKeh
des Erfolges drückt sich Verf. insofern etwas vorsichtig aus, als er sagt, das
in keinem Falle die Anwendung des Korsetts von einem direkten Misserfolg
begleitet war. In vier Fällen war das Resultat ein gutes. Den Bemerknnga
über die Korsetts mit Zelluloid und Leder betreffs der Haltbarkeit ete.
kann Ref. nicht zustimmen; nach seinen Erfahrungen stehen nameDtfick
erstere den Aluminiumskorsetts in keiner Weise nach, haben aber noch da
Vorteil, dass sie billiger sind.
Schanz (43) empfiehlt das etappenweise Redressement für dieBekasJ-
lung der meisten habituellen Skoliosen. Das Gipskorsett reicht von denTith
chanteren bis über den Hals, wobei kurz vor deren Erstarren eine manneDe
Korrektion vorgenommen wird. Nach mehreren derartigen in kurzen hUs-
Valien angelegten Gipsverbänden wird ein Gipskorsett mit Kopfhalter &
6 — 12 Wochen in der jetzt erreichten Stellung angelegt. Das Resultat wirf
durch Massage, Gymnastik und ein abnehmbares Korsett bewahrt.
Goldthwait (19) hat, um die durch die Kleiderlast verursachten runden
Schultern zu verhindern, eine Taille konstruiert, die hoch an den Hak hiuMf-
reicht und die durch zwei Riemen gestützt wird, welche nahe am Halse 11^
und sich unmittelbar hinter dem Nacken kreuzen. An diesen werden dui
die Röcke und die Strumpfbänder befestigt. Dieser bringt die Last aii(dei
hinteren und inneren Teil der Schultern und hat eher die Tendenz, sie röd*
wärts als vorwärts zu ziehen.
Teschner (47) empfiehlt bei der Behandlung der Skoliose seine scha
früher ausgesprochene Methode der Übungen und verwirft jede Immobilisatio
des Rückens. Seine Übungen haben sich in hunderten, auch in sehr schwers
Fällen gut bewährt. Er fordert strikte, dass jedoch nur der Arzt die Üboogs
vornimmt und überwacht, und dass die Kinder nicht Masseusen oder schw«fr
sehen Gymnasten überlassen werden. Diesem Übelstande schreibt er eioas
Teil der ungünstigen Resultate zu , den die amerikanischen Orthopäden zna
Teil mit seiner Übungsmethode gehabt haben.
Das von Marcuse (34) geschilderte Verfahren zur Beseitigung der seit-
lichen Rückgratsverkrümmungen weicht in keinem wesentlichen Punkte ^
dem jetzt überall üblichen ab. Der Verf. präzisiert die bekannten Au%ate
der Therapie folgendermassen : Vor allem sind richtige statische Verhate«
zu schaffen, d. h. die Wirbelsäule soll gestreckt und detorquiert werden \d
ihre seitliche Verschiebung muss beseitigt werden ; sofort und gleichzeitig Ö
für eine möglichst ungestörte Funktion (soweit dies eben erreichbar ist) xa
sorgen. Dieses Ziel sucht Marcuse durch portative, oft zu wechselnde Gips-
verbände zu erreichen, die er im Beelyschen Rahmen anlegt. Zum Redres-
sement bedient er sich ausser der Extension nur der Händekrafb ; er verackte*
auf jede Polsterung , was doch bedenkUch erscheint. Noch bedenklicher isi
der Umstand, dass seine Gipskorsetts nur bis zur Achselhohle reichen, t^
eine im oberen Dorsalteil sitzende Skoliose kaum beeinflussen werden. De@
Muskelschwunde sucht er schon imEtappenverbande dadurch entgegenziiarbeit».
dass er durch Fenster die Muskulatur des Rückens und der Brust elektrisi^
Ist die denkbar feste Korrektion in Etappenverbänden erreicht, so gibt «^
Hoffa, Verletzangen and chimrg. Krankheiten der Wirbelsänle etc. 1051
abnehmbare Stützkorsetts (Hessing) und kräftigt die Mosknlatnr energisch
diu*ch Massage, Faradisation und gymnastische Übungen.
Scheffler (44) beschreibt den in der Schanz sehen Anstalt gebrauchten
Skoliosenredressionsapparat , der eine wesentliche Vereinfachung des Spiral-
detorsionsapparates von Lorenz darstellt. Er besteht aus einem Beely-
schen Stehrahmen, dessen vertikale Balken zwei C-f5rmige, 150 cm lange Eisen-
schienen tragen ; die eine dieser Schienen springt nach vom, die andere nach
hinten vor. An ihrem senkrechten Schenkel sind ringetragende, leicht ver-
stellbare Eisenklötzchen angebracht. An diesen Bingen wird das Spiralband
befestigt und auf diese Weise der Spiralzug in der gewünschten Bichtung aus-
geübt. Das Becken des Patienten wird natürlich vorher an einem in zweck-
entsprechender Höhe eingestellten Querholz mittelst eines Gurtes fixiert. Um
auch die obersten Teile der Wirbelsäule beeinflussen zu können , trägt das
oberste Querholz eine Beihe von Haken, die es gestattet, den Kopf nach der
einen oder anderen Seite der Mittellinie schräg einzustellen.
Wahl (53) demonstriert einen Bedressionsapparat, der die Anlegung
von Gipskorsetten in sitzender Stellung mit Beckenschiefstellung ermöglicht.
Wohriczek (55) geht von dem Grundsatze aus, dass das Korsett in
der Skoliosentherapie nicht das leistet, was man von ihm erwartet. Es ist
kein Mittel von aktiv umgestaltender Wirkung, sondern ein Prohibitivmittel.
Aber auch das nicht ganz. Die Kraftleistung des Korsetts ist nicht gross
genug, um eine skoliotische Wirbelsäule zu entlasten und der Torsion Wider-
stand zu leisten. Ausserdem überwiegen die Schädlichkeiten infolge der Im-
mobilisation der Muskulatur weitaus den Nutzen der Korsetts. Hiervon aus-
gehend hat er einen Apparat ;, Korrektor^ konstruiert, durch den er die
redressierende Wirkung beliebig lange Zeit an dem skoliotischen Wirbelsäulen-
abschnitt anwenden kann. Der Apparat besteht in der Hauptsache aus ver-
stellbaren Pelotten, die auf die Bippenbuckel eingestellt werden. Eine kleine
Abänderung gestattet, den Apparat auch für Kyphosen zu gebrauchen, indem
eine Pelotte auf die Mitte des runden Bückens drückt, während durch Biemen
die Schultern und, bei Dorso-Gervikalskoliosen, auch der Kopf zurückgehalten
werden. Eine Kombination ermöglicht es, die Kinder beliebig lange im
^ Korrektor^ zu halten und sie während der Zeit mit Lesen etc. zu be-
schäftigen.
Becker (10) bespricht die anatomische und klinische Grundlage des
orthopädischen Korsetts, dessen Zweck die Fixation, die Stützung bezw. Ent-
lastung, die Extension und die Bedression der Wirbelsäule sein soll. Er führt
im einzehien aus, wie diesen vier Indikationen am zweckmässigsten zu ge-
nügen ist und zieht die Nutzanwendung auf spezielle klinische Fälle, die eine
Korsetttherapie erfordern können. Es sind dies 4 Gruppen von Wirbelsäulen-
deformitäten: 1. die neurogenen, 2. die rachitischen, 3. die spondylitischen
und 4. die habituellen. Bezüglich der Konstruktion des Korsetts verwirft
Becker alle Korsetts, „die ihr Heil in einer stützenden Armkrücke suchen:
das sind in allererster Linie die Hessingschen Korsetts'^ Ein solches
Korsett kann nur dann einen gewissen Halt gewähren, wenn es ausserordent-
licb fest geschnürt wird; dass es dann aber grossen Schaden anrichtet, ist
klar. Becker selbst benützt Lederkorsetts, die durch aufgenietete Stahl-
Schienen verstärkt werden; den Gipsabguss dazu nimmt er in Suspension.
Unmittelbar unter der am stärksten prominierenden Partie wird eine Polste-
rung auf das Gipsmodell aufgenagelt. Achselkrücken, die höchstens die
1Ü52 Jahrasberidit fQr Chirargie. IL Teil.
Schultern zurückhalten können, Pelotten, Gurte oder elastische Züge Ter-
wendet er so gut wie nie. Das Roth sehe Detorsionskorsett hält Becker
für unzulänglich, während er das Wullst einsehe Verfahren für anatomisch
einwandfrei und für den grössten Fortschritt in der Skoliosentherapie erklart.
Hier sei das Skoliosenkorsett das, was es stets bleiben wird, nämlich nur ein
Glied in der grossen therapeutischen Kette. Bedenken gegen diese Methode
erweckt allein ihre lange Dauer und der dadurch erwachsende Kostenaufwand.
Daher lässt sich diese Behandlung für die minderbemittelten Klassen nur dann
durchführen, wenn sich die grösseren Städte zur Errichtung orthopädischer
Institute entschlössen, die sich namentlich der Skoliosenbehandlung zu widmen
hätten.
Im Gegensatz zu Becker zieht Hasebrock (22) das Hessingsche
Stoffstahlkorsett den starren Korsetts vor. Einige Krankengeschichten er-
läutern die Vorzüge desselben.
Bade (5) berichtet auf dem H. Kongress für orthopädische Chirurgie
über seine Erfahrungen bei der Behandlung von 187 Skoliosen aus einem
Zeitraum von 3 Jahren. Von diesen wurden 117 allein heilgymnastisch, 47
allein mit Korsett behandelt, während 23 forciert-redressiert wurden und zur
Nachbehandlung einen Stützapparat bekamen.
Er benutzte Hessingkorsetts, Leder-, Aluminium-, Gummiluftpelottoh
korsetts sowie einen neuen von ihm hergestellten Redressionsapparat. Bade
kommt bei seinem Material zu dem Schluss, dass am wirksamsten in der Be-
handlung schwerer Skoliosen das forcierte Redressement ist, dass das dadurch
erreichte Resultat durch die gebräuchlichen Portativapparate in den meisten
Fällen nicht völlig erhalten bleibt, dass die Portativapparate aber bisweilen
den positiven Nutzen haben, indem sie in vereinzelten Fällen sehr minimal
korrigierend auf Torsion und Deviation einwirken, das Überhängen jedoch in
leichten Fällen beseitigen, in schweren mildern.
Bade hat, da das definitive Resultat bei den forciert redressierten am
besten war, zwei neue Portativapparate konstruiert, das Gummilaftpelotten-
korsett und seinen Redressionsapparat, die das durch die Redression erzielte
Resultat besser bewahren wie die gebräuchlichen und verbessern. Das Gummi-
luftpelottenkorsett hat sich nicht bewährt, weil der Gummi auf die Dauer
nicht dicht hält, wogegen Bade mit seinem Redressionsapparat sehr za-
frieden ist.
Roth (42) wendet sich gegen Bade, dessen Ausfuhrungen er nicht bei-
stimmen kann. Er beschreibt einige Verbesserungen an seinem Korsett, wo-
gegen Bade (7) bei seiner Auffassung über das forcierte Redressement, Ex-
tension und Eingipsung von Pelotten bei der Behandlung von Skoliosen bleibt
Lovett (29) wählt, wie aus der von Schulthess übersetzten Ab-
handlung zu ersehen ist, die horizontale Bauchlage für das Anlegen eines
Gipskorsetts, wobei er die Beine senkrecht herabhängen lässt. 'Er glaubi
dass die Wirbelsäule, die in horizontaler Lage nicht so extendiert ist, dadurch
leichter einer seitlichen Korrektur zugänglich ist. Seine Methode, die er
durch Kadaverexperimente erprobt hat, hat er in einigen Fällen zur Zufrieden-
heit angewandt.
Lubinus (32) benutzt zur Redression des Rippenbuckels anstatt der
gewöhnlichen starren Pelotten Gummiluf tpelotten , die miteingegipst werdai
und von aussen durch das Korsett hindurch durch ein Ventil mit einer Luft-
pumpe aufgeblasen werden. Verf. benutzt für seine Thoraxverbände den
Hoffa, Verletzungen and ehirarg. Krankheiten der Wirbelsäule etc. 1053
Eoffaschen Sitzrahmen, an dem er eine veränderte Sitzvorrichtung ange-
bracht hat, die das Herstellen einer schiefen Ebene, das Höherstellen einer
Beckenhälfte und Rotation des Beckens gestattet. Auch für in horizontaler
Lage hergestellte Verbände hat er durch eine sinnreiche, einfache Vorrichtung
den Rahmen modifiziert.
Gerson (18) beschreibt einen durch eine Pelotte hergestellten „Re-
dressionsbügel"; der sich leicht an der Massagebank anbringen lässt, und
eine gleichfalls an der Massagebank anzubringende Kombination von Redression
und Extension.
Fenn er (14) empfiehlt den von Bloom angegebenen Lagerungsapparat,
der aus je einer Schulterstütze und einer Beckenstütze besteht. Dazwischen
befindet sich eine Netzschraube, die unter den Buckel gebracht werden kann,
durch deren Anziehen der Gibbus leicht gehoben und eine Extension der
Wirbelsäule erzielt wird.
Modlinsky (36) hat für die Behandlung von Rückgratsverkrümmungen
einen Apparat konstruiert, der sich für alle Arten anwenden lässt. Es handelt
sich um eine abnehmbare Prothese, bei der durch Extension zwischen Becken
und Kopf der Rumpf gestreckt und immobilisiert wurde. Zwischen Becken-
und Kopfteil können Pelotten angebracht werden, um einen genau regulier-
baren Druck auf irgend eine Stelle der Verkrümmung auszuüben.
Der von Huhn (27) angegebene Apparat beruht auf dem Prinzip des
Tantographs. Hohlbeck (St. Petersburg).
Bade (6) führte bei einem 33jährigen Patienten mit hochgradiger
rechtskonvexer Kyphoskoliose eine Rippensektion aus. Die Absicht bei der
Operation war nicht, den Rippenbuckel zu verkleinern, sondern die Schmerzen
zu beseitigen, die dadurch entstanden, dass das vordere Ende der 7. linken
Rippe nicht am Stamm fixiert war und nun bei jeder Atembewegung das
Individuum reizte. Die Operation hatte den gewünschten Erfolg.
Hoke (26) beschreibt in einer Abhandlung eine Reihe von Operationen,
die er zwecks Redressement einer starken veralteten Skoliose bei einer Pati-
entin vorgenommen hat. Wenn auch so leicht niemand in Deutschland den
Mut haben wird, derartig tiefgreifende Operationen nachzumachen, so ist es
doch zum Verständnis der ganzen Prozedur notwendig, etwas ausführlich
darauf einzugehen.
Es handelt sich um eine 16 jährige Patientin mit stark rechtskonvexer
Dorsalskoliose. Verkrümmung zuerst mit 9 Jahren bemerkt. Vom 10. Jahre
ab behandelt mit Massage, Gymnastik, Gradhalter. Der Zustand verschlimmerte
sich immer mehr. Mit 16 Jahren kam Patientin in die Behandlung des Ver-
fassers. Nach langer Übung wurde durch Korrekturstellung und Muskel-
anstrengung eine ziemliche Geradehaltung bewirkt, die Patientin für einige
Minuten innehalten konnte, doch konnte dieselbe wegen der knöchernen Thorax-
deformität und Wirbelkörperdrehung nicht eingehalten werden. Deshalb ent-
Bchloss sich Verfasser zur Operation. Um eine brauchbare Operationsmethode
zn finden, machte er zunächst Versuche am Kadaver. Er fand hier erst ein-
mal, dass durch Durchschneidung der kortovertebralen Bänder eine bedeutend
grössere Beweglichkeit der Rippensektoren bewirkt wurde, doch genügte diese
nicht, um den Rippenbuckel zu beseitigen. An einem Thoraxsegment eines
Hammelkadavers nahm er nun Durchschneidungen der Rippen der einen Seite
an drei Punkten vor und erhielt so eine starke Modellierfähigkeit des Thorax.
Diese Erfahrungen übertrug er auf Tierexperimente. An 6 Hunden machte
1054 JahreBberiefat für Chiroigie. II. Teil.
er Yersuchsoperationen. Dabei fand er die grösste Schwierigkeit in der Aos-
lösnng des zu resezierenden Rippenstückes ans seinem Periost, ohne die Pleura
oder grössere Nerven nnd Oefässe zu verletzen. Er konstruierte ach dum
6 Instrumente : Ein Kostotom, eine Lochzange nnd 4 verschiedene gebogene
Elevatorien resp. Kaspatorien. Mit seinen so gemachten Erfahrungen und
neuen Instrumenten ausgerüstet, ging er am 6. Dezember 1902 an die erste
Operation bei obiger Patientin. Dieselbe gestaltete sich wie folgt
Äthernarkose. Pat liegt auf dem Bauch. Hautschnitt vom 5. Wirbel
nach aussen etwas ausserhalb des Ang. inf. scapulae. Zweiter Schnitt reicfate
Yom Ang. inf. scapulae bis zum 12. Rückenwirbel Dieses so gebildete Drei-
eck wurde blossgelegt. Mit den Fingern wurde M. dorsi und trapezius sepi-
riert. Lange Klemmen an den Trapezius senkrecht zu seinem Faserv^laof
gelegt und zwischen denselben 2 Zoll weit auseinander gezogen. Der Bbom-
boid. maj. wurde durchschnitten. Durch Zurückziehen der Haat und Mndceh
und durch nach vom und aufwärts-Ziehen der oberen Extremität wurde das
Thoraxskelett freigelegt. Die 5., 6., 7. und 8. Rippe wurden zur Operati(Hi
ausgewählt, weil dieselben am meisten abgeflacht waren und sich am meistea
der Gegenrotation wiedersetzten. Das Periost wurde H-förmig eingeschnitta
und mit den Elevatorien abgehoben. Unter die vom Periost entblösstai
Rippenteile Gazestreifen gezogen, die Rippen durch das Kostotom durchtremit
und schmale Stücke, nach oben und unten kleiner werdend, reseziert Die
Rippenstümpfe wurden durchlocht. Ein Assistent drückte von der reditea
Seite auf die Rippenbuckel, bis sich die Fragmente übereinander l^ten. So
reitend werden sie durch Silbemabt vereinigt. Das Periost wurde darüber
genäht. Matratzennaht mit Seide durch die Muskeln. Hautnaht. Gipsverbanl.
Dauer der Operation 3 Stunden 30 Minuten. Shock. Pat. erholt sieb bis
zum Abend. Weiterbehandlung mit Gipsverbänden. Resultat kein genügendes,
deshalb
20. Februar 1903 zweite Operation. Äthemarkose. Pat. liegt auf der
linken Seite. Es war geplant, je zwei Rippendurchtrennnngen zu maeha
Yon der 5. bis zur 10. Rippe einschliesslich. Hautschnitt ähnlich wie bei der
ersten Operation, nur länger. Der M. latis. dorsi wurde 5 Zoll, der M. tn-
pezius IV» Zoll quer durchschnitten. Vor der Operation wurde ein Gips-
abguss vom Rücken in vorgebeugter Haltung genommen. Davon wurde «b
Positivabdruck genommen und über diesen nach Anfüllen der eingefallene
Seite und Modellierung des Rippenbuckels ein Gipsbett gemacht. In diesem
Gipsbett wurde Pat. nach vollendeter Operation mit 12 RippendurchtremmDgcD
hineingelegt und mit demselben eingegipst. Dauer der Operation 2 StaodeD
und 20 Minuten. Auch durch diese Operation war der Buckel nicht gim-
lich beseitigt, noch die linke Seite ganz ausgefüllt. Deshalb
26. Juni 1903 dritte Operation. Äthemarkose. Patientin li^ auf d^
rechten Seite. Die Technik, die Rippen freizulegen, war dieselbe wie in d®
vorigen Operationen. In dieser dritten Operation wurde die 12. Rippe ein-
mal, die 11. zweimal, die 10. dreimal, die 9. dreimal, die 8. dreimal, die T.
zweimal, letztere beiden nach aussen von der Resektionsstelle bei der errt«
Operation geknickt resp. durchschnitten. Die Pleura war dabei an einer
Stelle durchstochen. Dauer der Operation 1 Stunde 40 Minuten. D&r 6ip^
verband wurde dann auf einem dazu konstruierten Rahmen angelegt, aof dea
mittelst Druck durch drei Schrauben zwei hinten rechts, eine vom Imks de»
Thorax, der jetzt leicht zu modellieren war, hinten flach und vom symmetriscli
Hoffa, Verletzungen und chirnrg. Erankheitan der Wirbelsftule etc. 1055
gebogen wurde. Anghffspimkie der Kraft seitlich in Rotationsdruckrichtung.
10 Tage nach der Operation Verbandwechsel. Knöcherne Verheilting, Pat.
kann sich nach allen Seiten gleichmässig biegen. Nachbehandlung: Gips-
korsett in vierwöchentlichem Wechsel. Später abnehmbare Korsetts. Massage.
Resultat August 1903. Die Wirbelsäule ist nicht gerade, jedoch gerader
Yiie vorher und die Körperumrisse sind mehr symmetrisch. Wenn die Pat.
auf dem Bauche gestreckt liegt, ist die Wirbelsäule gerade. Der Körper ist
noch sehr biegsam, schon durch ganz leichte Kleidung fällt er etwas zusammen.
Verfasser hält es für unmöglich, solch schwer deformierte Brustkörbe voll-
ständig symmetrisch zu machen. Trotzdem will er fortfahren mit blutigen
Operationen bei Skoliose und denkt die Skoliosentherapie in Zukunft folgender-
massen zu gestalten:
1. Massage und Gymnastik mit dem einzigen Ziel Beweglichkeit der
Wirbelsäule.
2. Blutige Operation, wodurch die abgeflachte Seite soviel wie möglich
ZOT normalen gestaltet wird und jeder erhebliche Widerstand gegen die Drehung
der Wirbelkörper aufgehoben wird.
3. Eine Reihe von Gipsverbänden, wobei der Rippenbuckel als Angriffs-
punkt eines Druckes zur Erhaltung einer Gegenrotation benutzt wird bis zur
knöchernen Konsolidierung der durchtrennten Rippen.
4. Die Krümmungen an den Rippen der prominenten Seite müssen durch
blutige Operation soviel wie möglich abgeflacht werden.
5. Eine Reihe Korrektivgipsverbände muss angelegt werden, bis die
bestmögliche Korrektion und knöcherne Vereinigung der Rippen erreicht ist.
6. Abnehmbares Korsett und tägliche Übimgen.
Verf. will über weitere Operationen später berichten.
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Exner (6) beobachtete einen 22 jährigen Patienten, bei dem sich ssi
■/* Jahren eine Geschwulst der linken Lendengegend entwickelt hatte, die foi
ein von der Muskulatur ausgehendes Sarkom gehalten wurde. Bei der Ope-
ration stellte sie sich als eine Exostose heraus, die als platter Knochenfori-
satz der Seitenfläche des 4. Lendenwirbels aufsass. Resektion. Heilang.
J. Israel (14) bespricht einen Fall, bei dem er ein Chondrosarkom ai
der rechten Hälfte des VL Brustwirbelkörpers entfernt hat. Die klinischen
Erscheinungen waren zuerst Schmerzen in der rechten Oberbauchgegend, dMB
Schwäche im rechten, später auch im linken Bein, bis 3 Monate spater eine
vollständige Parese beider Beine und Blasenstörungen auftraten. Nach der
Operation von den Zehen nach oben zu wiederkehrende Motilität und Sensi-
bilität, so dass die Pat. nach 3 Monaten die ersten Gehversuche machen
konnte. Anzeichen eines Rezidivs sind 8 Monate nach der Operation noci
nicht vorhanden.
Hoffa, Verletzangen and chinirg. Krankheiten der Wirbelsäule etc. 1057
Port (19) beschreibt einen präsakralen Tumor bei einem neugeborenen
Mädchen, der zwischen Steissbein und After etwa 8 cm herabhing. Die Ope-
ration bestätigt die Diagnose präsakrales Gystofibrom.
Hoppe (11) beschreibt einen Fall von angeborener Kreuzsteissbein-
geschwnlst bei einem männlichen, reifen, totgeborenen Kinde. Mikroskopisch
fanden sich Anhäufungen kleiner Drüsenkanälchen, ähnlich dem Nierengewebe,
Nervengewebe von himgyrusahnlichem Bau und osteoides Gewebe. Es ist
mithin der Tumor aus Bestandteilen sämtlicher Kemblätter zusammengesetzt.
Verf. sieht darin einen sicheren Beweis für die von Stolper und Calbet
aufgestellte Theorie, dass alle Geschwülste der Kreuzsteissbeingegend, beson-
ders die an der Rückseite des unteren Wirbelsäulenendes bigermalen Ur-
sprunges sind.
Muthmann (18) berichtet von einem kavernösen Angiom im 6. Brust-
wirbelkörper, welches das Rückenmark komprimiert hatte. Intra vitam be-
stand bei der 61 Jahre alten Patientin eine Kyphose der Brustwirbelsäule,
die schmerzhaft war, eine Paraplegie der unteren Extremitäten.
Preindlsberger (20) gibt die Krankengeschichte von zwei Teratomen
der Sakralgegend wieder.
Hen sehen (10) berichtet von einem Rückenmarkstumor, der spontan
zurückgegangen ist. Es handelte sich um einen Patienten, der im Alter von
26 Jahren an multiplen Geschwülsten litt, von denen einige, die exstirpiert
wurden, als Pseudoneurome diagnostiziert werden konnten. 13 Jahre später
stellten sich nervöse Erscheinungen ein, die auf einen Tumor in der rechten
Seite des Gervikalmarkes hindeuteten, die sich allmäMich besserten, ohne
irgendwelche Störungen zu hinterlassen. Henschen glaubt, dass es sich
dabei ebenfalls um ein Pseudoneurom gehandelt habe, das infolge seines
lockeren, fettreichen Gewebes besonders leicht resorbiert werden kann.
Schnitze (24) beobachtet 10 Fälle von extramedullären Tumoren, bei
denen in 9 Fällen durch die Operation oder Obduktion die Diagnose bestätigt
wurde. 7 wurden operiert, von diesen wurden «S geheilt, 1 dauernd ge5essert,
während 3 starben. Die Tumoren waren meistens Fibrome und Sarkome.
Differentialdiagnostisch kommen in Betracht: multiple Sklerose, die unter
dem Bilde der Myelitis transversa verlaufen kann, chronische Pachy- und
Leptomeningitis, intramedullarer Tumor und Wirbelkaries.
Muskens (17) berichtet über 3 Fälle von Rückenmarkstumoren. In
einem Fall wurde die Niveaudiagnose genau gestellt und ein extradurales
Sarkom im Y. Dorsalsegment mit Erfolg exstirpiert. Die heftigen Schmerzen
und Störungen der Blasenentleerung besserten sich sehr rasch. 4 Monate
später Tod an Sarkom des Darmes.
Der zweite Fall betrifft einen 45jährigen Maim; hier wurde bei der
ersten Operation das U. Cervikalsegment blossgelegt, der Tumor aber nicht
gefunden. Bei der zweiten Operation wurde in der Höhe des dritten Hals-
wirbels ein extradurales Fibrom entfernt. Exitus einige Tage später. Bei
der Autopsie wurde etwas höher ein zweiter grösserer Tumor freigelegt, der
das Hahunark komprimierte.
Der dritte Fall wurde in der Klinik von Gow-ers beobachtet und be-
trifft eine 36 jährige Frau. Der Tumor wurde höher gefunden, als man nach
den Symptomen vermutet hatte und wurde bei einer zweiten Operation ent-
fernt in der Höhe des 5. Dorsalwirbelbogens ; der Tumor, ein Myxom, lag
JahrMberioht fOr Oblnirgie 1908. 67
1068 JahreBberichfc f&r Chirurgie. II. Teil.
extradoral. Alle Symptome yerschwanden mit der Zeit^ 3 Jahre spater ht-
findet sich die Patientin ganz wohl. Goedhius.
Putnam, Kranss und Park (21) berichten über einen Fall toi
Rückenmarkstomor, der mittelst Laminektomie entfernt wurde. Es handehe
sich um einen 45 jährigen Mann mit Yollständiger Anästhesie Ton den
Schlüsselbeinen abwärts, Verlust der Motibilität des linken Armes und Beins,
beinahe YÖllige Lähmung der rechten Extremitäten, Erhöhung der Reflexe,
Blasen- und Mastdarmstörungen. Die klinische Diagnose lautete: Tumor de
III. Cervikalsegments. Bei der Operation — Laminektomie des 3. und 4. Hals-
wirbelbogens — fand sich ein bleistiftdickes intradurales BundzeUeDsaikoa
Besserung.
Sonnenburg (26) hat ein intradurales Fibrom nach Resektion der
Wirbelbogen und des Dornfortsatzes des 8. und 9. Brustwirbels entfernt Er
empfiehlt keine temporäre Resektion der Wirbelbögen zu machen, da die
nicht wieder einheilenden Enochenstücke einen Reiz auf die Meningen aus-
üben. Im vorliegenden Falle ist die Narbe so fest, dass sich wahrscheiolkk
wieder eine knöcherne Brücke yon dem Periost aus gebildet hat.
Hadlich (9) bespricht einen erbsengrossen, kavemösen Tumor, der ohne
scharfe Abgrenzung im Lendenteil des Rückenmarks lag.
In dem Falle Yon Joppich (13) handelte es sich um ein lljahrips
Mädchen, das 2 Jahre lang in der Greifswalder Kinderklinik behandelt wurde,
bis endlich der Exitus eintrat. Die Krankengeschichte ist in der ausfuhr-
liebsten Weise wiedergegeben. Die Sektion ergab, dass es sich nm eb
Angiosarkom des Rückenmarks handelte. Verf. bringt eine genaue Besdir«*
bung des gehärteten makroskopischen Präparates, sowie des mikroskopischai
Befundes des Tumors sowohl wie auch des Rückenmarks. Die Geschinilst
sass im Wirbelkanal vom 12. Brustwirbel an abwärts bis zum 4. Lendeih
Wirbel herabreichend, intradural. Sie war weich, glasig, markig und batU
das Rückenmark zum Teil von aussen umwuchert. Der Druck des Tomois
hatte einmal das Rückenmark stark abgeplattet und femer durch Atrc^bie
der Substanz der Wirbelkörper zu einem Gibbus der Wirbelsäule geführt
£ine Kompressionsmyelitis in Höhe des unteren Teiles der Lendenanschwelluiif
erklärte die aufsteigende Degeneration der beiden Rückenmarkshälften, in
einigen Stellen war die Marksubstanz von Tumorgewebe infiltriert Yoi
therapeutischen Standpunkt aus musste der Fall als unbedingt hofinangsl»
gelten.
Die klinische Diagnose einer Spondylitis tuberculosa schien gesichert
als der spitzwinkelige Gibbus sich zeigte, ein ungewöhnliches Yorkonunob
bei intravertebralen Tumoren. Verf. konnte bei Durchsicht der Literatur
der Rückenmarkstumoren keinen Fall finden, bei dem im Anschluss an eine
intrayert^bral gelegene Geschwulst ein deutlicher Gibbus entstanden wäre.
Selbst bei den umfangreichsten Tumoren ist wohl ein Verstreichen der dot*
malen Krümmung der Wirbelsäule beobachtet, aber nie ist von einem aos-
gesprochenen Gibbus die Rede.
Spiller, Musser und Martin (27) berichten über einen Fall, indem
bei der Operation in der Höhe zwischen 1. und 3. Lendenwirbel eine 2^/tcffl
lange dünnwandige Cyste gefunden wurde. Die klinischen Erscheinungen der
schon 3 Jahre bestehenden Erkrankung waren Schmerzen in der Krenzbem*
gegend , später in der Lendengegend , die in das linke Bein ausstrahlt«D mit
Erhöhung der Reflexe. Im weiteren Verlauf stellte sich Taubheitsgefuhl i»
Hoffa, Yerletzungen und Chirurg. Krankheiten der Wirbelsftale etc. 1059
linken Fusse, motorische Schwäche des linken Beines mit Herabsetzung der
Reflexe, sowie Schwäche nnd schliesslich Paralyse des rechten Beines ein.
Nach der Operation fast völlige Heilung. Sodann geben die Verff. 11 Fälle
von Markgeschwulst wieder, die nicht operiert wurden und von denen auch
nur drei für eine event. Operation geeignet waren.
Seiberg (25) bespricht vier von Krause operierte Fälle. Bei dem
ersten handelte es sich um eine Spina bifida mit intraduralem Lipom, bei dem
zweiten um eine Arachnitis tuberculosa, bei dem dritten Fall war ein inope-
rables Angiosarkom der Pia mater des 12. Dorsal- und 1. Sakralwirbels
vorhanden. Im letzten Falle war wegen Spondylitis tuberculosa operiert
worden.
Sachtleben (23) zählt zunächst alle Arten der Spina bifida auf,
schildert die normale Entwickelung der in Frage kommenden Teile, um dann
zur Besprechung der einzelnen Formen überzugehen, der Entstehung dieser,
ihrer Prognose und Therapie. Heutzutage wird wohl fast ausschliesslich nur
noch die Radikaloperation angewandt. Verf. will alle jene Fälle von der
Operation ausgeschlossen wissen, die mit irreparablen, ein längeres Leben mit
Sicherheit ausschliessenden Missbildungen oder mit schweren Lähmungen kom-
pliziert sind. Der Zeitpunkt der Operation soll möglichst früh sein. Sacht-
leben konnte aus der Breslauer Königl. Universitätsklinik 30 Falle aus den
Jahren 1891 — 1903 zusammenstellen, bei denen der Sitz des Leidens 28 mal
die Lenden- bezw. Kreuzbeingegend, 2 mal an der Halswirbelsäule war. 18 mal
wurde die Radikaloperation ausgeführt, Imal die Injektionsmethode; 11 mal
wurde aus oben angeführten Gründen von einer Operation abgesehen. Von
den 18 Operierten starben sechs an den Folgen der Operation, 12 wurden
als lokal geheilt entlassen. Die Todesfalle sind nach Sachtlebens Ansicht
darauf zurückzuführen, dass früher nicht streng genug bei der Indikations-
stellung zur Operation verfahren wurde; denn von den 12 nach 1896 zur
Operation gekommenen Patienten ist nur einer gestorben. Von den 12 ge-
heilten waren gesund 5, nur lokal geheilt 7, es starben bis 1 Jahr nach dem
Eingriff 6, die alle vorher paraplegisch waren. Zwei völlig geheilte starben
an interkurrenten Krankheiten. Es leben demnach noch 6, von denen 4 voll-
ständig gesund sind, einer ist bis auf eine Blasenlähmung gesund, der andere
hat ein lokales Rezidiv und befindet sich in einem traurigen Zustande. Die
guten Dauerresultate sind durch atypische Vemähung der Sackwand resp. der
Haut ohne Muskel- oder gar Knochenplastik erzielt. Am Schlüsse der Arbeit
finden wir eine ausführliche Tabelle, auf der die Einzelheiten der erwähnten
30 Fälle zusammengestellt sind.
Völker (29) veröffentlicht einen Fall von Spina bifida occulta bei einem
23 jährigen Patienten, deren Komplikationen Elephantiasis des rechten Unter-
schenkels, motorische Schwäche der linken Peroneusgruppe mit beginnender
Klumpfussbildung, Schmerzen im linken Hüftgelenk und Hyperästhesie und
Analgesie in einer 25 cm hohen ringförmigen Zone am linken Unterschenkel
waren. Bei der Operation fand sich, dass der Wirbelkanal durch eine un-
regelmässige Wirbelplatte, die die Stelle der Dornfortsätze des HI. und
IV. Lendenwirbels vertrat, sowie durch einen davon ausgehenden exostosen-
artigen Vorsprung verengt wurde. Dieser, sowie ein fibröser Strang, der die
Dura umspannte, wurden entfernt.
1060 Jahresbericht für Chinirgie. IL Teil.
Traumatische Bfickemnarkserkraiiknngeii.
1. Bernstein, Zar Diagnose and Prognose der BückenmarksTerletKongen. Ein M
▼on Lazation mit Fraktar des Epistropheos. Deatsche Zeitschrift fDr Ghirorgie. 1906.
Bd. 70. Heft 1 a. 2.
2. Fttrnrohr, Ein Fall von Brown-S^qaardscher Halbseitenlfislon nach Sticfaverietziig
des Rflckentnarks. Deatsche Zeitschrift fttr Nerrenheilkande. 1902. XXII.
3. Guillain, La forme spasmodique de la syringomylie. La n^vrite asoendante ai li
traamatisme dans T^tiologie de la syringomy^lie. Thdse de Paris. Steinheil 1902.
4. Krön, Experimentelle Beiträge zur Lehre von der Hemmnng der Reflexe nach haS^
seitiger Darchschneidong des Rückenmarks. Deatsche Zeitschrift f. NervenheilknidL
1902. XXIL
5. V. L e y d e n and Granmach, Die Röntgenstrahlen im Dienste der Rdckenmarksknik-
heiten. Archiv f. Psychiatrie. Bd. 37. Heft 1.
6. Laxenbarger, Experimentelle Stadien über Rückenmarksverletzongen. Wieabada
1903. I. F. Bergmann.
7. Mathyas, Beitrag zur Lehre yon den Rückenmarksveränderangen nach Extremititei-
veriast. Zeitschrift f. Heilkunde. 1903. Bd. IV. Heft 1.
8. Mixte r and Walton, A case of laminectomy for broken Neck. Boston med. asi
sarg. joum. 1903. April.
9. *Nonburg, Spinal cord injury. So called concnssion of the cord. Medieal Nevi
1903. April.
10. Pilcher and Onuf, Perforating gnnshot wound of the cervical portion of Üie spinl
cord. Annais of sarg. 1903. Dec.
11. Schlittenhelm, über einen Fall yon Stichverletznng des Rückenmarks (Bnvi-
Söquardsche Lähmung) mit besonderer Berücksichtigung des LokalisationsvecmögEia.
Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde 1902. XXII.
12. S toi per, Die Beziehungen der Rückenmarksverletzungen zu den chronischen Bflck»
markskrankheiten vom gerichtlich- und versicherungsrechtlich medizinisdi»! Sind-
punkte. Zeitschr. f. Medizinalbeamte 1903. Heft 22.
13. *We7, Ober Laminektomie. Dias. Zürich 1903.
14. Windscheid, Tabes und Trauma. Münchener med. Wochenschr. 1903. Nr. 26.
Luxenburger (6) hat eine Reihe von experimentellen üntersuchnngeB
über Rückenmarksverletzungen angestellt, nm ein mögliebst genaues Bild tod
den Rückenmarksläsionen, besonders der sogen. „Rückenmarkserschüttenmg'
zu bekommen. In drei Versuchsreihen beobachtete er am Kaninchen im Be-
reich der Brust -Lendenwirbel — im Halsteil, wo diese Verletzungen beim
Menschen vorzugsweise sitzen, liessen sich die Experimente nicht machen—*
Distorsionen, direkte Quetschung des Rückenmarks, wozu er das Rückenmark
bis auf die Pia freilegte, und Zerrung des Marks, wobei er durch einen Stun
der Tiere die Körperachse plötzlich dehnte.
Das Resultat dieser Versuche ist, dass die Nervenfasern leichter ge-
schädigt werden als die Gefässe, dass daher intramedulläre Blutungen nur bä
sehr schweren Quetschungen in Betracht kommen, extramedulläre Blutungen
nicht die Bedeutung haben, wie sie ihnen früher beigelegt wurden. Bei der
Beurteilung der Quetschungen unterscheidet er leichte und schwere, langsame
und schnelle. Die schwersten Markverletzungen beobachtete er, wenn sie schneli
vor sich gehen, wogegen langsame Quetschungen selbst schwerer Natur nnr ge-
ringe Substanzverschiebungen und häufig gar keine Blutung hervorriefen. Bei
den Zerrungen fand Luxenburger meist nur geringe Blutungen in der
Gegend der grösseren Gefässöffnungen.
Mithin ist die hauptsächlichste Schädigung bei Distorsionen eine Quet-
schung des Rückenmarks, während eine reine traumatische Hämatomyelie ohne
gleichzeitige Quetschung nicht vorkomme.
Hoffa, Verletzungen und chirurg. Krankheiten der Wirbelsäule etc. 1061
'Wenn wesentliche Blutergüsse fehlen, ist die Differentialdiagnose zwischen
Zerrung und Rückenmarkserschütterung zu stellen. Auch letztere erklärt
Luxenburger als eine durch Druckscb wankungen der Cerebrospinalflüssig-
keit entstandene Zerrung der Nervenfasern.
Krön (4) hat bei seinen experimentellen Untersuchungen der Reflexe bei
partieller Rückenmarksdurchtrennung gefunden, dass nach Durcbschneidung des
Rückenmarks eine Hemmung der Reflexe auftritt, dass aber die Annahme von
Reflexhemmungsbahnen unrichtig ist. So tritt bei halbseitiger Durchschneidung
des Cervikalmarks in dem Stillstand der Atmung keine Hemmung in Kraft,
da die Atmung nach Durchtrennung des Phrenikus der anderen Seite wieder
einsetzt.
Matth7as(7) kommt nach den Untersuchungen von zwei Fällen, in denen
der linke Unterschenkel 2 Jahre Yor dem Tode resp. der linke Unterschenkel
3 Monate und der linke Vorderarm 3 Jahre vor dem Tode amputiert waren,
zn dem Ergebnis, dass die Durchtrennung eines Nerven die zugehörigen Gan-
glienzellen in ihrer Ernährung und Funktion beeinträchtigt, und dass die
Ganglienzellen sich nicht in ihrer Konstitution halten können, wenn die funk-
tionierende Tätigkeit fehlt.
Schlittenhelm (11) bespricht an der Hand eines genau beschriebenen
Falles von Rückenmarksverletzung das Lokalisationsvermögen. Es handelte
sich nm eine Stichverletzung zwischen 5. und 6. Halswirbel, bei der unmittel-
bar nach der Verletzung totale Lähmung des rechten Armes und Beines,
sowie Blasen- und Mastdarmstörungen vorhanden waren. Die Lähmung ist
jetzt, nachdem 9 Jahre vergangen sind, fast ganz geschwunden bis auf Spas-
men im Bein und Atrophie der rechtsseitigen Muskulatur und Schwäche
einzelner Muskelgruppen. Die Sensibilitätsprüfung ergab auf der rechten Seite
eine Hyperästhesie für Schmerz und Temperatur, auf der linkeu Seite eine
Thermanästhesie und Analgesie (Brown-S6qu ardscher Typus). Bei der
Prüfung des Lokalisationsvermögens kommt Verf. zu dem Ergebnis, dass das-
selbe um so mehr gestört ist, je grösser die Störungen in der Motilität imd
Sensibilität ist und dass die Lokalisation bei Behinderung beider Funktionen
mehr geschädigt ist, als wenn nur eine von beiden in Mitleidenschaft ge-
zogen ist.
Pilcher und 0 n u f (10) beobachteten eine Schussverletzung, bei der die
Kugel radiographisch in der Mittellinie zwischen 5. und 6. Halswirbel fest-
gestellt werden konnte. Die Einschussöffnung lag dicht oberhalb des Manu-
brium stemi. Sofort nach der Verletzung traten Lähmungen aller Extremi-
täten, Blasen- und Mastdarmlähmung auf, von denen innerhalb 3 Wochen die
letzteren verschwanden. Da Verff. annahmen, dass Knochensplitter auf das
Halsmark drückten , machten sie die Laminektomie , ohne jedoch nach Ent-
fernung der rechten Bogenhälften der 3. — 6. Halswirbel das Geschoss oder
Knochensplitter zu finden. Es bestand auch keine Verletzung des Halsmarkes
an der Stelle. Nach dem nach einem Jahre aufgenommenen klinischen Be-
funde musste es sich um eine Verletzung des 8. Gervikalsegmentes gehandelt
haben.
In dem Falle von Fürnrohr (2) handelte es sich um eine typische
Halbseitenlähmung infolge Verletzimg des oberen Brustmarkes (Messerstich in
der Höhe des H. Brustwirbels).
Bernstein (1) teilt 3 interessante Fälle von Rückenmarksaffektionen
mit, die auf verschiedene Ursachen zurückzuführen waren. Im ersten waren
1062 Jahresbericht fflr Chirurgie, n. Teil.
im Anschluss an einen Fall beim Ringen symmetrische Lähmnngserscheinnsgen
beider Radialneryen aufgetreten, die schon am Morgen nach dem Traina
zurückgingen, um rasch gänzlich zu yersch winden. Es handelte sidi hier
höchst wahrscheinlich nicht um eine Erschütterung, sondern mn eine Bluhmg
in die Substanz des Rückenmarks, die rasch resorbiert wurde. Aus anatomi-
schen Gründen muss es sich um eine Verletzung einer Arteria fissurae imterioiis
an der Stelle ihres Eintritts in die graue Substanz eines der drei untersten
Cervikalsegmente des Rückenmarks gehandelt haben. Nur von hier ans konnte
sich das Blut aus einer Rissstelle in beide Vorderhömer, teilweise audinoch
in beide Hinterhömer ergiessen und dort so lange die Funktion der Mea
der Radialiswurzeln durch Druck aufheben, bis es zur Resorption gelangt war.
Gleichfalls eine Blutung, aber in das Lendenmark und die Cauda equina war
auch im zweiten Falle erfolgt, wie hauptsächlich aus dem raschen Rückgang
der Symptome geschlossen werden konnte. Hier war die Bengemuskukto
des rechten Beines paretisch, die Sensibilität des rechten Oberschenkels herab-
gesetzt, die des Unterschenkels und Fusses aufgehoben ; lanzinierende Schmerzen
längs der Beugeseite des rechten Beines, Reflexe erloschen. Erst aus dem
überraschend günstigen Verlauf wurde auf eine Blutung als Ursache der ner-
vösen Störungen geschlossen. — Die dritte Verletzung bestand in einer LuxatioD
des Epistropheus , die erst 4 Wochen nach der Verletzung zur Behandlung
kam; von einer Reposition wurde daher abgesehen. Lähmungserscheinnngei
irgendwelcher Art bestanden nicht. Erst am 72. Tage zeigten sich nervöse
Erscheinungen, die in eine spastische Paraplegie übergingen; schliesslich stellte
sich Phrenikuslähmung und Decubitus ein. Exitus am 101. Tage nach dem
Unfall. Die Sektion ergab eine Drehungsluxation im Atlanto-Epistrophem-
gelenk und einen Eallus an der Innenfläche des Epistropheusdomfortsatzes,
der offenbar durch sein Wachstum allmählich stärker auf das Rückenmark
gedrückt hatte. Die histologische Untersuchung des Rückenmarks steht nod
aus. In der Literatur sind nur zwei ähnliche Fälle bekannt, die das TöUige
Fehlen medullärer Erscheinungen während eines so langen Zeitraumes nad
der Verletzung aufweisen und das allmählich erfolgende Einsetzen derselben
Mixt er und Wal ton (8) berichten über einen Fall, bei dem sie die
Laminektomie wegen totaler Lähmung von den Brustwarzen abwärts und teS-
weiser Lähmung der Arme infolge Halswirbelbruchs ausgeführt haben. Der
Erfolg war ein guter, es blieben nur eine motorische Lähmung des linken
Beines und Erhöhung der Reflexe zurück.
Stolper (12) ist der Meinung, dass ein Zusammenhang zwischen Räcken-
marksverletzungen und chronischen progredienten RückenmarkserkrankungeB,
wie Syringomyelie , Tabes, multipler Sklerose, progressiver Muskelatrophie,
spastischer Spinalparalyse nicht bestehe, wenigstens ist bisher kein einwands-
freier Fall bekannt. Die Rückenmarksverletzungen haben meistens bis m
einem gewissen Grade die Neigung zu heilen, vor allem aber nicht fortzo-
schreiten. Ebensowenig bewiesen ist das Vorkommen der sogen. ^Rücken-
markserschütterung^.
Guillain (3) bespricht in dem ersten Teil seiner Arbeit 5 Kranken-
geschichten der spastischen Form der Syringomyelie und geht dann in dem
zweiten Falle auf die Erörterung der Ätiologie, soweit sie die Neuritis Äsceo-
dens und das Trauma betreffen, über. Zwei Krankenjournale führt er fSr
die Neuritis ascendens an. Li dem ersten Falle entwickelte sich bei einem
ca. 30jährigen Manne im Anschluss an eine Phlegmone der Hand eine fort-
Hoffa, Yerletznogen and chirurg. Krankheiten der Wirbelsäule etc. 1063
schreitende Muskelatrophie, Yon der aus sich allmählich alle Symptome der
Syringomyelie herausbildeten. Bei dem zweiten Falle kam es nach einer
Fingerinfektion mit Achseldrüsenvereiterung zu Gefühlsstörungen, die Verf. für
erstes Anzeichen der Syringomyelie hält.
Was das Trauma als ätiologisches Moment anbelangt, so ist Verf. über-
zeugt, dass ein solches gegen die Wirbelsäule von grosser Bedeutung ist. Als
Beweis dienen zwei von den angeführten Krankengeschichten. In dem ersten
Fall entwickelte sich die Syringomyelie drei Jahre nach einem Unfälle —
Sturz auf den Kopf aus 3 — 4 Meter Höhe, bei dem zweiten lagen einige Jahre
vor Feststellung der Syringomyelie zwei Unfälle vor, Hufschlag gegen die Stirn
und Sturz von der Treppe. Zum Schluss deutet Verf. auf die Wichtigkeit des
Zusammenhangs der Syringomyelie und Trauma in forensischer Beziehung.
Windscheid (14) bespricht den Zusammenhang zwischen Tabes und
Trauma und will einen derartigen Konnex nur dann annehmen, wenn jeder
andere ätiologische Faktor direkt sicher ausgeschlossen werden kann. Dieses
ist, besonders bei der Syphilis, äusserst schwierig. Bei der Beurteilung der-
artiger Fälle ist ausserdem noch wichtig, ob nicht schon vor dem Trauma
die ersten Anzeichen der Tabes bestanden haben. Eine Verschlimmerung der
Tabes durch Unfälle ist wohl möglich.
An der Hand von 19 genau untersuchten Fällen von Rückenmarks-
erkrankung, von denen 10 primäre Erkrankungen der Wirbelsäule mit sekun-
därer Beteiligung des Markes, die übrigen 9 Fälle primäre Erkrankungen des
Rückenmarkes und seiner Häute darstellen, weisen v. Leyden und G run-
in ach (ö) die Bedeutung der Röntgenuntersuchung auch auf diesem, bisher
noch wenig beobachteten Gebiete nach. Besonders interessant sind die bei
einigermassen umfangreichen Myelitiden, Meningitiden und Perimyelitiden nicht
nur in der Wirbelsäule, sondern auch in dem unterhalb der Läsionsstelle im
Rückenmark gelegenen Knochensystem röntgographisch nachgewiesenen osteo-
porotischen Veränderungen. Besonders stark ist die Knochenatrophie in fort-
geschrittenen Fällen von Tabes dorsalis, bei welcher nach den chemischen
Untersuchungen Reynards der Kalkgehalt von 48 Vo bis auf 1 1 7o sinken kann.
Anhang. Italienische Literatur.
1. Aievoli, Spina bifida. Studio sulla morfologia e topografia dello strato granuloso
dell' ectoderma. II Morgagni 1903. Nr. 11.
2. *Ferlito, ün caso die meningocela della regione cenricale. Glinica chirargica 1903.
Nr. 11. (klinischer Fall).
3. Giani, Contributo allo studio dei teratonii sacrali. La Glinica chirurgica 1903. Nr. 11.
4. *Motta, Nuovo contributo alla cnva della scoliosi. Archi^no di orthopedia 1903.
fasc. 6.
5. *Negri, Le fratture della colonna yertebrale in rapporto agli acoidenti del lavoro.
Cliniea chirurgica 1903. Nr. 6. (synthetische Bundschau).
6. Pellicelli, Sulla cura della spina bifida. Bendiconti dell' Associaz. medicho-chir. di
Parma 1903. fasc. 7.
7. Penze, Sulla dassificazioni dei tumori congeniti della regione sacrale. Archivio per
le scienze medicale 1903. Nr. 3.
Penze (7) führt zunächst die von den verschiedenen Autoren aufge-
stellten Klassifikationen der sakralen Teratome an, und nachdem er dargetan,
dass Fälle vorkommen, die sich sehr schwer klassifizieren lassen, besonders
solche, bei denen man im Unklaren ist, ob eine Mischgeschwulst oder ein
10G4 Jahresberieht für Chirurgie. II. Teil
fötaler Einschluss vorliege, schlägt er vor, die angeborenen AffektiooeD i&
Kreuz-Steissbeingegend wie folgt zu unterscheiden:
1. Produktionen, die durch Bildungsanomalien (am häufigsten durch Eni-
wickelungshemmung) in besagter Gegend bedingt erscheinen.
2. Produktionen, die bedingt sind durch abnorme Entwickelimg ein«
zweiten Fötus, der als Parasit auf Kosten des gewöhnlich gut entwickehen
und wohlgestalteten Autositen lebt.
3. Gewöhnliche Tumoren, die, wie bei Erwachsenen, wenn auch sdten
bei Neugeborenen .entstehen können.
Verf. teilt dann die klinische Geschichte eines in der Bassinischen
Klinik von ihm beobachteten Falles mit und berichtet auch über die von ik
vorgenommene histologische Untersuchung desselben. Der Tumor sass hier
am vorderen Steissbeinrande und Hess zahlreiche Bildungen erkennen, die auf
aus embryonalen Resten des postanalen Darms hervorgegangene Darmstrecken-
rudimente hindeuteten, sowie ein rudimentales Augensubstrat, d. h. eine Cjste
mit pigmentierter, gänzlich mit Epithel bekleideter Wandung, welches Epithel
eine einfache, ununterbrochene Lage bildete und identisch war mit dem der
pigmentierten menschlichen Retina. Dieses Teratom gehörte nach Verf. einem
parasitären Monstrum an. R. GianL
Nach gedrängter Zusammenfassung der zur Erklärung der sakr&IeD
Teratome aufgestellten Theorien gibtGiani(3) eine ausführliche makro- und
mikroskopisch pathologisch-anatomische Beschreibung von 4 in der chimr^sch-
pädiaü-ischen Klinik in Florenz von ihm beobachteten Fällen.
Im 1. Falle wurde in der abgetragenen grossen Geschwulst der ümriss
einer unteren Extremität erkannt, sowie ein Komplex von Geweben, der den
hohen Schlundröhrenabschnitt darzustellen schien.
Im 2. Falle bestand der Tumor zum grössten Teil aus Fett, in welchem
ein Fleischknoten eingebettet lag, der sich bei der mikroskopischeo Unter-
suchung als der Umriss eines wirklichen fötalen Kohlkopfes erwies.
Im 3. Falle erkannte man bei der mikroskopischen Untersuchung eisen
wirklichen Pankreas neben Lebergewebe und tubulären Höhlen, die alle Merk-
male%des Darms besasseu.
Im 4. Falle lag ein Gystensack Yor, der mit einer keine besondere
Struktur aufweisenden Flüssigkeit angefüllt war.
Verf. erklärt alle 4 Fälle durch die Calbet-Stolpersche bigerminak
Theorie. R. Giani.
Aievoli (1) veröffentlicht eine wesentlich histographische Arbeit, die
jedoch, in Anbetracht der Provenienz des von ihm studierten Materials und
wegen der Schlüsse, die hinsichtlich der chirurgischen Pathologie sich affi
denselben ziehen lassen, auch für Chirurgen von einigem Interesse sein dürfte,
Verf. beschreibt, auf Grund von Präparaten, die er selbst anfertigte, und
unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Literatur das Stratum granu-
losum von normalen Organen, von Narbengewebe, von tuberkidösen Kon-
dylomen, verschiedenen (ekto- und endodermalen) Neoplasmen und Dennoid-
Cysten und lenkt seine besondere Aufmerksamkeit auf die Tegumente einer
von ihm operierten Spina bifida (Varietät: Meningocele lumbosacralis). In
einer beigegebenen Tafel stellt er dar, was er beobachtete, und aus dieser
lässt sich ersehen, welch grosser Unterschied besteht zwischen den Elementen,
wie sie gewöhnlich beschrieben werden und den von ihm im Stratum grano"
losum angetroffenen, die gross, polygonal, mit grossem bläschenförmigen Kern
Schönstadt, Verletzungen und chirurg. Krankheiten des Pankreas. 1065
und sehr zahlreichen Eleidinkörnchen versehen und so nebeneinander gelagert
sind, dass sie eine ununterbrochene Lage bilden. Verf. tut auch die Unter-
schiede dar, die zwischen diesen Elementen und jenen der darunter gelegenen
Malpighi sehen Schichte bestehen. Eine einleuchtende histogenetische Er-
klärung vermag er nicht zu geben, aber er vermutet, dass es sich um
epitrichiale Reste handle, die vielleicht ebenso durch eine,
gestörte embryonale Entwickelung bedingt sind, wie man es
von der Spina bifida selbst annimmt, über deren Genese man
noch nicht im klaren ist. R. Giani.
Pellicelli (6) berichtet über 3 Fälle von Spina bifida, die er durch
die Majo-Rovisonsche Behandlungsmethode und die Osteoplastik nach
Döllinger zur vollständigen Heilung brachte. R. Giani.
xxn.
Die Verletzungen und chirurgischen Krankheiten des
Pankreas.
Referent: A. Schönstadt, Berlin.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
1. Allen, Chronic intralobular pancreatitia. Annais of snrgery 1903. May.
2. Barling, Gase of chronic Pancreatitis with an acconnt of the post mortem Exami-
nation. The British med. Journal 1903. April ^.
3. Buka, Zur Kasuistik der intraabdominellen Fettgewebsneurose. Wiener med. Wochen-
schrift Nr 14.
4. Brat, Fall von gutartiger hftmorrhagischer Pankreascyste. Berliner med. Gesellschaft
1903. 11. Nov.
5. Brown, Gangrenous pancreatitis with extensive retroperitoneal necrosis. Annais of
surg. June. New York surg. soc. 1903. Febr. 25.
6. Bunge, Zur Pathogenese und Therapie der akuten Pankreasbämorrhagie und abdomi-
nalen Fettgewebsnekrose. Archiv fflr klin. Chirurgie Bd. 71. Heft 3.
7. Chiari, Über Beziehungen zwischen Autodigestion des Pankreas und Fettgewebs-
nekrose. Verhandlungen der deutschen patbol. Gesellsch. 1903.
8. CorniletChevassu, Epithelioma de l'ampoule de Vater. Bull, et möm. de la soc.
de Paris 1903. Nr. 2.
9. Cumston, A case of pancreatic cyst with remarks on the pathology and snrgical
treatment Annales of surgery 1903. Febr.
9a.— ün cas de kyste du Pancreas. Revue de Chirurgie 1903 Nr. 6.
10. Ehler, Über einen Fall von Pancreatitis indurativa. Wiener klin. Wochenschrift.
Nr. 51.
11. Ehrlich, Ein Beitrag zur Kasuistik der Pankreasgeschwübte. Mttnchener medizin.
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SchGnstadt, Verletzungen und chirurg. Krankheiten des Pankreas. 1067
Bei einer wegen narbiger Striktur des Ductus choledochus vorgenom-
menen Operation drainierte Körte (22) den Ductus pancreaticus.
Er konnte dann feststellen, dass die täglich abgesonderte Menge von
Pankreassaft ca. 700 ccm bis 1 Liter betrug. Die Absonderung war im
nüchternen Zustand gering und stieg bis zur fünften Stunde nach der Ver-
dauung an.
Als besonders wichtig ist die Beobachtung Kört es zu bezeichnen, dass
in dem Pankreassekret Fett und stärkespaltendes Ferment nachgewiesen werden
konnte, dass dagegen in dem ohne Berührung mit dem Darmsaft aufgefangenen
Sekret ein eiweissspaltendes Ferment fehlte.
Erst nach Zusatz menschlichen Darmsaftes zeigte sich Eiweissspaltung.
Das Pankreassekret enthält demnach nur ein Proferment des Trypsins, das
durch Berührung mit Darmsaft aktiv wird.
Körte schliesst daraus, dass der Darmsaft eine sehr bedeutende Ein-
wirkung auf das Yerdauungsgescbäft hat und die Wirkung des Pankreassaftes
bedeutend verstärkt.
In übersichtlicher Weise gibt uns Hart (14) ein Sammelreferat der in
den letzten Jahren erschienenen Arbeiten über Physiologie, Anatomie, patho-
logische Anatomie, Symptomatologie und Therapie der Pankreaserkrankungen.
Ebenso bespricht Moynihan (35) in knapper, für den Praktiker leicht
lesbaren Form die Symptomatologie und Therapie der Pankreaserkrankungen.
Mikulicz (32) begründet die langsame Entwickelung der Chirurgie des
Pankreas erstens mit den topographischen Verhältnissen, zweitens mit den
Schwierigkeiten der Diagnose, drittens mit der Gefährlichkeit der Operation
am Pankreas selbst, dieselbe wird bedingt
a) durch den Reichtum an Blutgefässen und der Schwierigkeit der Blut-
stillung,
b) durch das Ausfliessen von Pankreassekret und die hierdurch bedingte
Fettnekrose.
Er kommt auf Grund statistischer Zusammenstellung zu dem Schluss,
dass nach allen Operationen, in welchen das Pankreasgewebe in erheblichem
Umfange blossgelegt wird, die Bauchhöhle an der entsprechenden Stelle zu
tamponieren resp. zu drainieren ist.
Hierauf bespricht er die Verletzungen des Pankreas. Er beweist, dass
die Prognose derselben — sich selbst überlassen — fast ausnahmslos infaust
ist, und dass wir bei den heutigen schon erfreulichen operativen Erfolgen die
Pflicht haben, in jedem Falle, in dem eine schwere Pankreasverletzung in
Frage kommt, die Laparotomie möglichst bald auszuführen.
Alsdann wendet er sich der akuten Pankreatitis zu. Er fasst dieselbe
als eine im Pankreas verlaufende akute Phlegmone auf und er folgert daraus,
dass wie bei der gewöhnlichen Phlegmone es auch bei der Pankreasphlegmone
nur eine rationelle Therapie geben kann: die Eröffnung des Infektionsherdes
mit dem Messer; die Entleerung und Drainage des toxischen und infektiösen
Exsudates.
Mikulicz scheint nach seinen Ausführungen sich mehr der Ansicht
der Autoren zuzuneigen, die das Organ direkt in den Kreis ihrer operativen
Tätigkeit gezogen wissen wollen, wenn er auch den von Hahn empfohlenen
kleinen Eingriff mit Durchsuchung der Bauchhöhle nicht für völlig zweck-
los hält.
1068 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL Teil.
In den Fällen von chronischer Pankreatitis weist er noch einmal auf
die engen Beziehungen zn der Cholelithiasis hin. Er spricht sich für die Ope-
ration aus und rät^ entweder eine Gallenblasenfistel anzulegen oder die Choie-
cystenterostomie mit anschliessender Enteroanastomose zu machen.
Mit wenigen Worten weist er noch auf den 1902 im Lancet Teröffent-
lichten Fall Yon Moynihan hin, der einen Pankreasstein diagnostizierte und
glücklich entfernte.
Zum Schluss stellt er die 31 Fälle von Pankreasoperationen zusamn^
die in den letzten 12 Jahren in der Breslauer Klinik ausgeführt wurden.
Bei dem Studium experimentell Diabetes insipidus zu erzeugen, injizierte
Hess (16) Fett in die Ausführungsgänge des Pankreas und erzielte hierdard
Totalnekrose des Pankreas, Blutung, Fettgewebsnekrose und schnellen Tod der
Tiere, ein durchaus der Pankreasapoplexie klinisch wie pathologisch-anatomi^^h
analoges Krankheitsbild.
Hess versuchte diesen ;,Pankreasfetttod^ beim Tiere vom Darmtraktos
aus hervorzurufen und hier ein Analogen event. zu der Pankreasapoplexie da
Menschen zu finden.
Seine Versuche hatten kein positives Ergebnis.
Zum Schluss stellt er noch die Hypothese auf, ob nicht der schneDe Tod
bei der Pankreasapoplexie durch eine ^Seifenvergiftung*^ zu erklaren sei.
Bunge (6) beobachtete einen Fall von Pankreasapoplexie mit Fe%-
websnekrose, der unter der Diagnose eines hochsitzenden Darmverschlosse
zur Operation kam.
Durch eine durch die Nekrose entstandene Öffnung im Lig. gastrocolicnni
drainierte er die Bursa omentalis und führt ein zweites Drain unter das em-
porgehobene Kolon und Netz.
Die Kranke genas und Bunge glaubt auf Grund dieses Falles die La-
parotomie mit anschliessender Tamponade der Bursa etc. empfehlen zn könneiL
Seine Experimente , die er im Anschluss an diese Beobachtung machte üDd
deren Ergebnis er in Kürze mitteilt, verdienen besondere Erwähnung deshalb,
weil es ihm gelang, durch Abbinden der Arterien und Ölinjektion in die ab-
gebundenen Adern bei Tieren das getreue Bild der Pankreasapoplexie uri
Fettgewebsnekrose zu erzeugen.
Franke (13) beschreibt einen Fall von Fettgewebsnekrose, der iiD
pathologischen Institut in Rostock zur Sektion kam, bei dem Fettnekiosen
gefunden wurden, ohne wesentliche Verletzimg des Pankreas.
An der Hand dieses Falles sucht er Truhart zu widerlegen, der &
die Entstehung der Fettnekrosen , durch die Wirkung des Pankreassafte,
eintritt.
Franke stellt die Theorie auf, dass das Fettgewebe schlechter ernährt
sei als die übrigen Gewebe des Organismus und fasst die Nekrose als ein-
fache Ernährungsstörung auf und der besondere Charakter der Fettspaltoi^
sei der das Ferment enthaltenden Blutflüssigkeit zuzuschreiben.
Alsdann bespricht er die experimentellen Studien von Langerhans,
Hildebrand, Flexner und fasst sein Urteil dahin zusammen, dass in der
Tat derartige starke Eingriffe Nekrose und vielleicht vermöge der Anwesen-
heit von Pankreasferment einen besonderen Charakter derselben, nämlick
Fettspaltung, bewirken können. Einen Wert dieser Versuche für das Ver-
ständnis der menschlichen Fettnekrose lehnt er ab.
SchOnstadt, Yerletzangen und cfairorg. Krankheiten des Pankreas. 1069
Alsdann bespricht er von seinem Standpunkt aus die bekannten Fälle
von Simmonds, Schmidt und Peiser.
Er führt die Fettnekrose des abdominalen Fettgewebes darauf zurück,
dass durch irgendwelche toxische oder andere Einflüsse eine Anämie des Fett-
gewebes eintritt und dem Ferment des Blutes die Spaltung des Fettgewebes
ermöglicht wird.
Brown (5) berichtet von einer 34jährigen Frau, die 2 Jahre vor ihrer
schweren Erkrankung ein relativ leichtes Trauma der Oberbauchgegend er-
hielt. Sie erkrankte plötzlich mit den Erscheinungen von Urinverhaltung und
Schüttelfrost.
Als sie zwei Monate nach ihrer akuten Erkrankung ins Hospital kam,
fand Brown einen Tumor, der sich vom Epigastrium bis ins kleine Becken
erstreckte.
Bei der Probelaparotomie ergoss sich nun beim Anheben des Terwachsenen
Mesokolons sofort Eiter in die Bauchhöhle. ^
Brown machte nun eine Lumbalinzision auf der linken Seite und er-
öffnete eine grosse mit Detritus angefüllte Höhle.
Nekrotische Massen, die sich aus derselben ausstiessen, erwiesen sich
mikroskopisch als Pankreasgewebe.
Nachdem noch auf der rechten Seite ein gleicher Abszess eröffnet war,
trat Genesung ein.
Im Anschluss hieran spricht sich Brown für die lumbale retroperi-
toneale hizision aus im Gegensatz zu der transperitonealen.
Woolsey, der den Fall auch sah, äussert sich dahin, dass das Krank-
heitsbild in keiner Weise auf eine Pankreaserkrankung , sondern ganz und
gar auf eine Nierenaffektion hinwies.
Buka (3) beobachtete zwei Fälle von Fettgewebsnekrose, der erste be-
traf einen 42jährigen Mann, der lange Alkoholiker war und plötzlich unter
Ileuserscheinungen erkrankte und schnell zugrunde ging. Bei der Autopsie
fand sich das Pankreas von Fett durchwuchert mit reichlichen Fettnekrosen.
Im anderen Falle begann die Erkrankung am rechten Samenstrang und spielte
sich der Prozess hauptsächlich im pro- und retroperitonealen Fettgewebe ab.
Das Pankreas war mikroskopisch normal. Über mikroskopischen Befund wird
nichts berichtet.
An der Hand von vier Fällen beweist Chiari (7), dass die Zerstörung
des Pankreasgewebes und die frischen Fettgewebsnekrosen im Bereiche des
Pankreas durch die Wirkung des Pankreassaftes hervorgerufen werden. Er
glaubt, dass der Pankreassaft durch sein Trypsin das Pankreasgewebe selbst
angreife und zerstöre, gleichzeitig gelange das Fettferment in das zwischen
den Pankreasläppchen gelegene Fettgewebe und bedinge die Fettgewebsnekrosen.
Chiari glaubt, dass alle Momente, die zur intravitalen Selbstverdauung
des Pankreas führen, sekundär die multiple Fettgewebsnekrose hervorbringen.
Als ätiologische Momente für die Selbstverdauung des Pankreas führt er an
1. das Trauma, 2. Zirkulationsstörungen, 3. Stauung des Pankreas-
sekretes.
Für den letzteren Fall misst er der Cholelithiasis keine geringe Bedeu-
tung zu; dass Magensaft, der in den Ductus Wirsungianus nach Hlavas
Theorie eindringt, Ursache der Selbstverdauung des Pankreas werden könnte,
hält er für den Menschen für ausgeschlossen. Zum Schluss weist er noch auf
drei Punkte hin, die der ferneren Lösung harren.
1070 Jahresbericht für Chirurgie. II. Teil.
1. Ob das Fettferment des Pankreas allein die Fettnekrosen herrorrnft
oder ob auch dem Trypsin hierbei eine Rolle zufalle.
2. Wie die entfernt Tom Pankreas entstehenden Fettgewebsnekrosen za
erklären seien.
3. Wie die alten abgekapselten Fettgewebsnekrosen zu deuten seim.
Zum Schluss schliesst er sich yoll und ganz der Hilde b r an dschei
Theorie an, dass Pankreasnekrose und Fettgewebsnekrose zusammengehören
und auf die schädigende Wirkung des Pankreassaftes zu beziehen seien.
Hochhaus (17) berichtet von drei Fällen von Pankreaserkranknng,
die er beobachtet hat; in den beiden ersten wurde die Diagnose durch dk
Autopsie gesichert, während im dritten, in dem es sich um ein anamisck^
junges Mädchen handelte, die Sektion nicht gemacht ist.
Bemerkenswert war im Fall H das Vorhandensein einer reicUichen
Zuckermenge im Urin, ebenso im Fall HI Spuren von Zucker.
In der Therapie rät Hochhaus, nur symptomatisch vorzugehen, vor
allem weist er den chirurgischen Eingriff im akuten Stadium zurück.
Hoyarth (19) beobachtete einen 75jährigen Mann, der nach einer
reichlichen Mahlzeit unter Symptomen erkrankte, die an einen Darmversdilass
oder Magenperforation denken Hessen. Unter wechselnden Symptomen «^
sich die Krankheit ca. 20 Tage hin. Alsdann bildete sich in der Oberbauck-
gegend ein Tumor, den Hoyarth und Moynihan für die vergrösseite
Gallenblase oder für einen Erguss in die Bursa omentalis deuteten. Bei der
Operation wurde die Bursa omentalis eröffnet, dieselbe enthielt Blut and
Detritus, in ihrem Grunde lag das nekrotische Pankreas.
Bei der Autopsie fand man einen grossen Gallenstein, Fettnekrosen und
Nekrose des Pankreas bis auf einen kleinen Teil des Kopfes.
Moynihan (36) beobachtete einen 13 jährigen Jungen, der ein Jahr, nadh
dem er einen Typhus durchgemacht hatte, unter Erscheinungen von GaUeih
steinkoliken erkrankte. In der Annahme, dass es sich um eine steinhaltige,
durch Typhusbacillus infizierte Gallenblase handle, eröffnete Moynihan die
Gallenblase.
Die Gallenblase enthielt keine Steine, ebensowenig die Gallengange, da-
gegen war das Pankreas auf das Doppelte vergrössert und steinhart Ein-
nähen und Drainage der Gallenblase. Die steril aufgefangene Galle enthielt
Typhusbazillen.
Moynihan führt die Vergrösserung des Pankreas auf Inf ektion mit
Typhusbazillen zurück.
Kirste (21) berichtet über einen Fall von Pancreatitis haemorrhagica.
der innerhalb 24 Stunden tödlich verlief. Im Pankreas grosse Infarkte. Von
Fettnekrosen ist nichts berichtet; dies spricht auch nach Ansicht des Ret
dafür, dass das Pankreassekret eine gewisse Zeit gebraucht, um seine deletäre
Wirkung auf das Fettgewebe auszuüben.
Krone (24) berichtet über einen Fall von Pankreatitis, den Ref. selbst
in vivo gesehen und als solchen diagnostiziert hat. Hinzuzufügen zu den Aus-
führungen des Autors wäre wohl nur, dass jedes linksseitige subphrenische
Exsudat unseren Verdacht auf eine eventuelle Pankreaserkranknng lenken soD.
Mikulicz (33) gibt hier im wesentlichen das, was wir in seiner Ver-
öffentlichung in den Grenzgebieten finden. Zum Schluss fügt er noch einen
Fall von akuter Pankreatitis an.
SchöDstadt, Verletzungen und cbirurg. Krankheiten des Pankreas. 1071
Derselbe war unter der Diagnose innerer Abschnürung durch Adhäsionen,
die von der Gallenblase ausgingen, laparotomiert worden.
Bei der Operation fanden sich Fettnekrosen ; deshalb wurde das Pan-
kreas freigelegt, dasselbe vergrössert und dunkelrot gefunden; das peripankrea-
tische Gewebe wurde inzidiert und drainiert.
Patient überstand die Operation.
Als nach einiger Zeit sich wieder Schmerzen einstellten, wurde eine
zweite Laparotomie gemacht. Hierbei wurde das Pankreas gesund gefunden
bis auf eine kleine mit Detritusmassen angefüllte Höhle im Kopf desselben.
Es erfolgte Heilung.
Noll (37) untersuchte einen Fall von Pankreasnekrose mit multipler
Fettnekrose genau mikroskopisch und kommt zu dem Schluss:
1. Dass die Lange rh aussehen Inseln mit der Erkrankung in keinerlei
ursächlichem Zusammenhang stehen, da sie keinerlei Veränderungen zeigen.
2. Dass femer die Fettgewebsnekrose nicht durch bakteriellen Einfluss
entstehe.
3. Dass sie vielmehr auf den Austritt und Diffusion des Pankreassaftes,
im speziellen durch die Einwirkung des Steapsins zurückzuführen sei.
4. Dass femer die Nekrose des Pankreasgewebes eine direkte Folge der
Fettgewebsnekrose sei, und dass femer — im Gegensatz zu Langerhans —
die Zerlegung des Fettes an der Peripherie der Fettläppchen beginne und von
hier allmählich in das Innere vorwärts schreite.
Pels-Leusden (39) fügt seinem schon in den Charite-Annalen von
1902 beschriebenen Fall von akuter eitriger Pankreasentzündung einen zweiten
zu. In diesem handelt es sich um eine 53 jährige, an Alkoholgenuss gewöhnte
Frau, die plötzlich unter heftigen Schmerzen in der Bauchhöhle an Erbrechen
erkrankte. Bei der Laparotomie, die 10 Tage nach Beginn der Erkrankung
gemacht wurde , fand Verf. den Darm kollabiert , aber überall massenhafte
Fettnekrosen. Tamponade der Bauchhöhle durch einen auf das Foramen
Winslowii gelegten Jodoformstreifen und Naht der Operationswunde.
Gleich nach der Operation Hess das Erbrechen nach und das Allgemein-
befinden besserte sich. Patientin genas.
Von den Schlussfolgerungen, die Pels-Leusden aus semen Fällen zieht,
ist hervorzuheben, dass er warm für ein chirurgisches Vorgehen eintritt, schon
deshalb, weil die subjektiven Beschwerden des Kranken hierdurch auf das
beste beeinflusst werden.
Woolsey (46) beobachtete drei Fälle von akuter Pankreatitis, die er
operierte und die sämtlich durchkamen. Im Anschluss an die Kranken-
geschichten bespricht er die Diagnose und Therapie. Er glaubt, dass man
aus dem Symptomenkomplex die Diagnose stellen kann, dass die Diagnose der
akuten Pankreatitis leichter ist als die der subakuten Formen.
Eine Fehldiagnose ist nur möglich mit solchen Krankheiten, die gleich-
falls eine sofortige Operation verlangen.
Die Behandlung soll in frühzeitiger Operation, Entleerung der Bauch-
höhle und Drainage unter Lokalanästhesie bestehen.
Jede eingreifende Operation hat zu unterbleiben.
Im Anschluss an den Vortrag in der New York surgical society berichten
noch Lilienthal (27) über einen Fall von akuter Pankreatitis, der in hoff-
nungslosem Zustand ins Hospital kam und nach Operation heilte.
1072 Jaliresbericht fOr Ghirargie. 11. Teü.
Femer Erdmann über einen tödlich verlaufenen Fall, der mit ChoW
lithiasis kompliziert war and Hotchkiss aber einen nach Operation ge-
heilten.
Allen (1) gibt uns die Krankengeschichte einer SOjährigeo Frau, die
lange Jahre an Schmerzen in der Oberbanchgegend litt. Da im Urm Eiter
war, wurde die Diagnose zwischen tuberkulöser Erkrankung der Niere und
einer Affektion am Intestinaltraktus, Magen, Pankreas offen gelassen.
Bei der Operation fand man zwei Cysten des Pankreas, die eingenilit
und drainiert wurden. In der einen Cyste fanden sich zwei Pankreassteine.
Die Patientin ging zugrunde und die Autopsie zeigte multiple Abszese
der rechten Niere, während die linke Niere gesund war. Im Pankreas fand
sich noch eine dritte Cyste, ausserdem ein Stein im Ductus Wirsnngiunii.
Die Schmerzen, die die Patientin nach der linken Seite lokalisierte nsd
die auch deshalb den Anschein erweckten, dass die linke Niere erkrankt sä,
glaubt Allen als differentialdiagnostisches Moment für Pankreassteine gega
Choledochussteine verwerten zu können.
Die mikroskopische Untersuchung zeigte eine Pancreatitis interlobolvk
chronica.
Barling (2) berichtet über den weiteren Verlauf eines Falles m
chronischer Pankreatitis, über den er im Jahre 1900 schon Näheres mitgeteik
hat. Da sich die Schmerzen wieder einstellten, machte er 4 Jahre nach der
ersten Operation die Cholecystotomie. Er fand Gallensteine und nähte dk
Gallenblase ein. So lange die Gallenfistel bestand, waren die Schmerzen ?er-
schwunden, stellten sich aber sofort ein, sobald sich die Fistel schloss.
Er beschloss nun, um den Patienten von seiner Gallenfistel zu befreia
die Gholecystenterostomie zu machen. Die Operation war durch alte Ver-
wachsungen äusserst erschwert. Er machte dann mittelst Murphyknopfs m
Anastomose zwischen Gallenblase und Kolon.
Patient überstand den Eingriff ausgezeichnet, ging dann 14 Tage spater
an einer profusen Blutung zugrunde.
Bei der Obduktion fand man eine Ulceration in der Gallenblase oto*
halb der ajiastomosierten Stelle. Der Pankreas erwies sich als chronisdi
interstitiell verändert.
Klippel und Lefas (23) imtersuchten die Beziehungen der hyper-
trophischen Lebercirrhose zu Erkrankungen des Pankreas an der Hand toi
8 Fällen. Sie fanden, dass bei der hypertrophischen Lebercirrhose das Pan-
kreas häufig besonders in dem drüsigen Teil verändert ist, und dass derselbe
pathologische Prozess in beiden Organen auftritt. Die Autoren glauben ato
nicht, dass die Veränderungen des Pankreas die Folgen der Verändernngeii
in der Leber sind. Sie weisen darauf hin, dass die Veränderungen der Lebe
nur ein Teil der Gesamterkrankung darstellt, die alle drüsigen Organe i&
Leibes, Milz, Pankreas angreift.
Ehler (10) berichtet von einer 56jährigen Patientin, die unter den
Erscheinungen eines schweren Ikterus in Behandlung kam, man fand in der
Mamillarlinie unterhalb des rechten Rippenbogens eine elastische Geschwnl^
und operierte unter der Annahme, dass es sich entweder um ein KarzinoBi
der Gallengänge oder um eine Obturation derselben durch einen Stein bandele.
Bei der Operation fand man die Gallenblase ausgedehnt, aber weder
in ihr noch im Ductus einen Stein. Dagegen fand man in der Tiefe eine
höckerige Geschwulst, die man als ein Karzinom des Pankreaskopfes an-
SchOnatadt, VerletKiiDg«ii and chirorg. Krankheiten des Pankreas. 1073
sprach und deshalb nach Exstirpation der yergröeserten Gallenblase die
Bauchhöhle schloss.
Die Autopsie lehrte, dass es sich um eine chronische interstitielle
Pankreatitis mit Cystenbildung gehandelt habe.
Als ätiologisdies Moment kommt nach Ansicht des Verfassers in diesem
Falle eine hochgradige Arteriosklerosis in Betracht.
Alsdann weist Ehler darauf hin, dass das Bard-Picsche Syndron
für diesen Fall genau gepasst habe, also für Pankreaskarzinom nicht in jeder
Beziehung charakteristisch wäre.
Er empfiehlt diese Fälle zu operieren und nach dem Vorschlage von
Mikulicz die Cholecystenterostomie zu machen.
White (45) beobachtete einen Fall von chronischer Pankreatitis, der
sich nach Probelaparotomie ohne Einnähen der Gallenblase bald völlig erholte.
Er schliesst daraus, dass es bei der chronischen Pankreatitis nicht not-
wendig sei, die Galle durch eine Gallenfistel abzuleiten.
Ausserdem weist er auf die ausserordentliche Seltenheit der Fälle von
chronischer Pankreatitis hin, indem unter 19000 Obduktionen des Guys-
Hospital nur ein bis zwei Fälle existieren, in denen man die chronische
Pankreatitis als Todesursache annehmen kann.
Schon aus diesem Grunde glaubt er, dass die Frage der Operation bei
chronischer Pankreatitis äusserst eingeschränkt werden muss.
Hoff mann (18) gibt zuerst einen Überblick über die Tumoren der
Oberbauchgegend. Zu diesen gehört auch der Tumor, der durch eine chro-
nische interstitielle Entzündung des Pankreaskopfes entsteht. Als ursäch-
liche Momente erwähnt er die Sekretverhaltung, sei es nun durch Entzün-
dangSYorgänge im Ausführungsgang, sei es durch Konkremente herrorgerufen,
diese können sowohl Gallen- wie Pankreassteine sein. Als weiteres Moment
gibt er Syphilis und Alkoholismus an; zum Schluss verweist er auf die Be-
deutung der Cholelithiasis for die Pankreaserkrankung.
Alsdann erwähnt er fünf Fälle, die er als chronische Pankreatitis
deutet und kommt alsdann zur Symptomatologie und Differentialdiagnose
gegen Pankreaskarzinom.
Der letzte Abschnitt ist der Therapie gewidmet, und er bezeichnet den
operatiTon Eingriff für das ^^souveräne Mittel^ bei der chronischen Pankreatitis.
Auf Grund zweier Fälle von Lebercirrhose , die Pirone (41) mikro-
skopisch zu untersuchen Gelegenheit hatte, kommt er zu dem Schluss, dass
sich beim Prozesse der Lebercirrhose das Pankreas analog wie die anderen
Abdominalorgane in einem chronisch entzündlichen Zustande befindet; dass
feiner die Intensität der Veränderungen in der Bauchspeicheldrüse parallel
ist den Vorgängen in den anderen Organen.
Brat (4) berichtet über einen Fall von Pankreascyste, dieselbe war,
wie es häufiger vorkommt, schon einmal völlig verschwunden, dann später
nach einer Punktion schnell bis Mannskopfgrösse gewachsen. Die Cyste
wurde später von Sonnenburg zweizeitig operiert und der Kranke geheilt
entlassen.
C ums ton (9) gibt die Krankengeschichte einer 26 jährigen Frau, bei
der sich im Anschluss an ein Trauma in der Oberbauchgegend Beschwerden
einstellten, die man als Gallensteinkoliken deutete. Bei der Operation fand
man einen hinter dem Magen gelegenen cystischen Tumor. Derselbe wurde
in die Bauchwunde eingenäht, inzidiert und drainiert. Heilung nach 6 Monaten.
Jahresberieht fOr Chirargie 1903. 68
1074 Jahresbericht fflr Chirurgie. IL TeiL
Im Anschlnss hieran bespricht Verfasser die pathologische Anatomie,
Ätiologie und Therapie der Pankreascysten.
Herzberger (15) gibt uns die genaue Beschreibung eines Falles Ton
cystischer Entartung des Pankreas. Es handelte sich um eine au^etn^mie
Frucht, deren Geburt so schwierig war, dass sie erst nach Zerstückelung des
Fötus gelang.
Man fand bei der genauen Untersuchung ausser einer hocfagradigai
cystischen Degeneration der Nieren eine Cyste, die retroperitoneal lag und
sich als eine Pankreascyste erwies.
Jasinski (20) gibt eine monographische Darstellung des pathologischen
und klinischen Bildes sowie der Therapie der Pankreascysten, stellt die
neuere Kasuistik (seit Körtes Publikation 38 Fälle) zusammen und fugt
derselben einen in Rydygiers Klinik mit Einnähung des Sackes in die
Bauchwunde, Eröffnung und Drainage der Cystenhöhle erfolgreich behandeken
FaU zu. Urbanik (Erakau).
Bei einem 26 jährigen Manne bildete sich nach heftigen HostenanfaUeo
innerhalb weniger Tage eine grosse Cyste der Oberbauchgegend, dieselbe
wurde von Lardy (26) als Pankreascyste diagnostiziert, die Cyste eröffiiet
und in die Bauchwunde eingenäht. Es trat Heilung nach einigen Monatm
ein. Das sich aus der Fistel ergiessende Sekret zeigte die Abwesenheit aller
Fermente.
Lardy deutet seinen Fall als Pseudocyste des Pankreas. Hierfür
spricht auch das Fehlen der epithelialen Elemente in der Cystenflüssi^eit
femer die schnelle Rückbildung der Cyste nach ihrer Eröffnung.
Lange (25) beobachtete einen Patienten, bei dem sich nach ein^o
schweren Trauma im Epigastrium ein grosser Tumor entwickelte, von dem
der Mann an Digestionsbeschwerden zu leiden anfing. Bei der Operation
wurde eine Cyste in dem Pankreas angetroffen, welche an das Peritoneoii
parietale fixiert, inzidiert und drainiert wurde. 1770 com gelbe, trübe, duiuie
Flüssigkeit ging ab. Hj. y. Bonsdorff ^elsingfors).
Mariani (30) berichtet über einen Fall Ton cystischem Pankreasadenom.
Bei einer 65jährigen Frau hatte sich in der Oberbauchgegend langsam eise
Geschwulst entwickelt, die bedeutende Dyspepsie und kolikartige SchmeizeD
hervorrief. Weder Trauma noch sonst eine Krankheit waren vorausgegangen, Di«
Diagnose schwankte zwischen cystischem Lebertumor und cystischer Geschwulst
der rechten Niere. Hammenge 500 — 700 g innerhalb 24 Stunden; weder
Zucker noch Lidikan, noch Eiweiss im Harn; Stuhl normal. — Unter sub-
kutaner Eokainanästhesie wurde die Operation vorgenommen. Man kon-
statierte eine multilokulare Geschwulst des Pankreaskörpers und -Schweifes,
die sich im Netzbeutel eingeschlossen fand, der Magen war nach oben, der
rechte Grimmdarmwinkel nach unten verlagert, die Cyste stand mit der Leber
und der rechten Darmgrube in Kontakt und komprimierte den Harnleiter.
Verf. resezierte einen grossen Teil des Cystensackes mit Marsupialisation des
Restes. 2 Jahre und 3 Monate nach der Operation war Patientin vollständig
geheilt; sie verträgt jetzt auch die gewöhnliche Kost. Die Fistel blieb
1V> Jahre lang offen, verursachte jedoch nur ganz geringe Beschwerden.
Mikroskopische Untersuchung; cystisches Pankreasadenom ; die in der Cyste
enthaltene Flüssigkeit hatte alle Merkmale des Pankreassaftes.
Verf. bemerkt, dass nur wenige Fälle von gutartigen cystischen Pankreas-
tumoren bekannt sind; denn gewöhnlich werden solche Cysten mit Retention»-
Schonstadt, Verletzungen and chirurg. Krankheiten des Pankreas. 1075
csysten und malignen Cystomen des Pankreas verwechselt. Bei cystischen
f ankreastumoren sei die Diagnose im allgemeinen schwierig; bei den in der
Xiiteratur zerstreuten Fällen war die Diagnose nur dann leicht, wenn sich
cleutlich konstatieren Hess, dass der Tnmor im Netzbeutel sich befand. Er
erörtert sodann die Indikationen zu den verschiedenen Operationsverfahren;
in seinem Falle operierte er auf dem transepiploischen Wege. Betreffs des
Wölffl ersehen Vorschlages, in Fällen von Fistel den zurückgebliebenen
Cystenteil in zweiter Zeit zu resezieren, meint er, dass dieser Eingriff in
keinem Verhältnis stehe zu den geringen Beschwerden, die die Pankreasiistel
verursacht. R. Giani.
Monprofit und Morel (34) geben die Krankengeschichte einer
43 jährigen Frau, die seit 7 Jahren einen ca. apfelgrossen Tumor in der Höhe
der linken Spina anterior superior beobachtet hatte. Derselbe vergrösserte
sich plötzlich so erheblich, dass der Umfang des Leibes der Frau einer
Schwangerschaft im 7. Monat entsprach. Man glaubte einen Ovarialtumor
Tor sich zu haben, trotzdem ein Zusammenhang mit den Organen des kleinen
Beckens nicht festge8tell|b werden konnte. Bei der Operation wurde der
Tumor zuerst punktiert und 5 Liter Flüssigkeit entleert. Es zeigte sich nun,
dass er seinen Ursprung aus der oberen Bauchhälfte nahm. Er war mit dem
Papkreas und der Müz fest verwachsen und in seiner Wand verlief die Ar-
teria splenica. Resektion eines Stückes des Pankreas, an dem der Tumor
feststeht, femer Entfernung der Milz.
Die Kranke genas.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass die Cyste mit Zylinder-
epithel ausgekleidet war, ebenso die kleinen Erhabenheiten, die sich auf der
Cystenwand fanden.
Pich 1er (40) gibt uns die Krankengeschichte eines Mannes, der einen
Hnfschlag gegen die Oberbauchgegend erhielt und bei dem sich eine Geschwulst
in der Oberbauchgegend entwickelte. Dieselbe wurde mehrfach punktiert und
dann inzidiert und in die Bauchwunde eingenäht.
Erwähnenswert ist der Fall deshalb, weil sich im Verlauf der Heilung
ein Diabetes einstellte, der aber mit fortschreitender Heilung wieder ver-
schwand. P ichler glaubt auf Grund dieser Erscheinung sich gegen die
D ö de rl einsehe Ansicht aussprechen zu können, dass Inzision und Drainage
der Pankreascyste gegen Diabetes schütze.
Femer fand P ichler in seinem Falle, das von Naunyn als für Pan-
creas diabetes als charakteristisch angegebene Symptom, dass die Salizyl-
reaktion im Harn nach Saloleinfuhr verspätet eintrat.
Steiner (44) demonstrierte eine Kranke mit einem Tumor, den er
wegen seiner geringen respiratorischen und palpatorischen Verschieblichkeit
als einen retroperitonealen vom Pankreas ausgehenden ansprach. Die Operation
bewies die Richtigkeit seiner Diagnose. Die Kranke wurde nach Gussenbauer
operiert. Der Tumor war eine maligne Neubildung mit Cystenbildung.
Cornil und Chevassu (8) berichten über einen Fall von schwerem
Ikterus, der nach einer Cholecystenterostomie zugrunde ging. Bei der Autopsie
fand man, dass der Ductus choledochus durch ein Neoplasma verlegt war,
das sich auch bis zum Ductus Wirsungianus erstreckte. Das Pankreas selbst
war unverändert.
Ehrlich (11) berichtet über zwei Fälle von malignem Tumor des Pan-
kreas, die beide unter der Diagnose Pankreascyste zur Operation kamen. Im
68*
1076 Jahresbericht fttr ChiniTgie. IL Teil.
ersten handelte es sich um ein Endotheliom, im zweiten um ein Sarkom.
Beide Geschwülste hatten eine zentral gelegene gleichmässig gebaute Höbk,
die mit Flüssigkeit gefüllt war. Für den zweiten Fall nimmt Ehrlich eine
primäre Pankreascyste mit sarkomatöser Degeneration der Cystenwand an.
Er kommt zum Schlass seiner Ausführungen zu dem Ergebnis, das
man bei der Diagnose grosser Pankreascysten, die nicht traumatischen Ur-
sprunges sind und bei Leuten in yorgeschrittenem Alter auftreten, stets die
Möglichkeit im Auge behalten muss, bei der Operation eine bösartige Noh
bildung vorzufinden oder eine solche im Laufe der Nachbehandlung entsteh«
zu sehen.
Ehrlich widerrät die Probepunktion vorzunehmen, da sie einerseits
kein einwandfreies Resultat gibt, andererseits aber eine Infektion der Banclh
höhle durch den Inhalt -des malignen Tumors stattfinden kann.
Auf Grund von 5 genau untersuchten Fällen von primärem Karzinom
des Pankreaskopfes glaubt sich Fabozzi (12) zu der Annahme bereditigt,
dass die Genese des primären Krebses des Pankreas fast stets in den EpitM-
Zellen der Lang erb ans sehen Inselchen zu suchen ist.
Lotheisen (29) berichtet über einen Fall von Pankreastumor, dern
einer Duodenalstenose geführt hat.
Die Patientin wurde operiert und eine Gastroenterostomie, sowie eine
Cholecystenterostomie gemacht.
Interessant ist aus der Krankengeschichte, dass 10 Tage post operationec
eine Nekrose des Unterhautzellgewebes eintrat. Lotheisen bespricht at
dann die Erscheinungen des Dnodenalverschlusses durch Tumoren des Pan-
kreas, die Differentialdiagnose zwischen Pancreatitis chronica und Karzinon
und wendet sich alsdann der Therapie zu.
Er weist die Exstirpation des Pankreaskopfes, wie sie beim Kaninoei
nötig wäre, zurück und spricht sich für die Cholecystenterostomie, bei gleicb-
zeitigem Duodenal verschluss für die Kombination mit der Gastroentero-
stomie aus.
Er verwirft die Anschauung Robsons, beim Karzinom des Pankreas-
kopfes von jeder Operation Abstand zu nehmen und tritt warm fär die
Palliativoperation ein, die zwar den Kranken nicht retten, aber sein traoriges
Los erleichtern kann.
Martin (31) beobachtete einen 72jährigen Mann, der mit schweren
Ikterus erkrankte. Vergrösserung der Gallenblase. Abendliche Temperatoren.
Man eröffnete die Gallenblase. Die Gallengänge für Sonden undurchgäi^
Tod 8 Tage nach der Operation. Bei der Obduktion fand man ein Kiu^inoo
des Pankreaskopfes, das die Gallengänge völlig komprimierte.
In der sich anschliessenden Diskussion berichtet Bard über diti Fälle
von Pankreaskarzinom. Er teilt dieselben in zwei Gruppen:
1. solche, in denen der Tumor vom Drnsengewebe des Pankreas ausgeht,
2. solche, in denen der Tumor von den Epithelien der Gallengänge oder
des Gholedochus entsteht.
Im ersten Fall entwickelt sich der Tumor enorm schnell, jede Therapie
ist vergebens.
Im zweiten ist das Wachstum langsam und kommt die Cholecystentero-
stomie in Betracht.
Bennecke, Verletsangen and ohirarg. Krankheiten des Herzens etc. 1077
XXIII.
Die Verletzungen und ehirurgfisehen Krankheiten des
Herzens und Herzbeutels, der Gefässe der Brusthöhle,
des Mediastinums.
Referent: E. Beimecke, Berlin*).
Die mit * versehenen Arbeiten sind referiert worden.
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pissi na lekarskija sajouz v. Bnlgaria 1903. Nr. 10—11. p. 490 (bulgarisch).
2. D'Arcj Power, Aneurysm of Üie abdominal aorta. Royal med. and chir. soc. The
Lancet 1908. Jane 27.
8. Bandoain, Les bijoux en forme d'organes humains. Le coeur yend^en. Gazette m4di-
cale de Paris 1908. Nr. 36, 36, 37.
4. Brauer, Die Eardiolysis und ihre Indikationen, v. Laugenbecks Archiv. Heft 1.
5. Clemens, Ein mit Tai mascher Operation behandelter Fall von Synechia pericardii.
Mflnchener med. Wochenschrift 1903. Nr. 22.
6. *Colombino, Un caso fortunato di sutura del cüore per ferita penetrante del ventri
colo destro. Giomale della R. Accademia di medicina di Torino 1903.
7. Cornillon, Plaies du coeur; röparation spontan^. Bull, et möm. de la soc. anat.
1903. Nr. 7.
8. Coutts, A case of purulent pericarditis of unusual duration in a child. British medical
Journal 1903. Aug. 15.
9. Dangschat, Beiträge zur Genese, Pathologie nnd Diagnose der Dermoidcysten und
Teratome im Mediastinum anticnm. Beiträge zur klin. Chirurgie 1903. Bd. XXXVIIJ.
Heft 3.
10. V. Eiseisberg, Zur Therapie der Dermoide des Mediastinum anticum. v. Langen-
becks Archiv 1903. Bd. 71. Heft 8.
11. Faure, Sur un cas de plaie du canal thoracique. Bull, et möm. de la soc. de Chir
1908. Nr. 38.
12. Fei dt, Zur Diagnose maligner Brusthöhlengeschwülste intra vitam. Deutsche med.
Wochenschiift 1903. Nr. 28.
18. *Giordani, E., Due suture del ventricolo sinistro per ferite da punta e taglio. Gior-
naie intemaz. di so. mediche 1908. Fase. 1.
14. "Giordano, T., Due suture del ventricolo sinistro per ferite da punta e da taglio.
Gazzetta degli ospedali 1903. Nr. 49.
15. Hess, Ergänzende Bemerkung zu dem Vortrage von Dr. Clemens: Ein mit Tal ma-
scher Operation behandelter Fall von Synechia pericardii. MQnchener med. Wochen-
schrift 1903. Nr. 24.
16. Joannidös, Über Perikarditis mit Berücksichtigung der chir. Behandlung der eitrigen
Perikarditis. Diss. Berlin 1902.
17. Msnardi, L., ün caso fortunato di sutura del cuore per ferita. Clinica chirurgica 1903.
Nr. 6.
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besonderer Berücksichtigung der plötzlichen Todesfälle bei Thymus-Hypertrophie. Diss.
Berlin 1903.
*) Prof. Bennecke, unser treuer Mitarbeiter, wurde uns durch den Tod genommen.
Das Referat blieb deshalb unfertig. Hildebrand.
1078 Jahreabericht fOr Chirurgie. II. Teil.
19. Kelynsck, Lectnre on primary maligDant intra-thoracic iamoora. Medical Pre« 1901
Sept. 28.
20. Kienböck, Ein Fall von SchassYerleiznng des Herzens mit Einhellnng des Projektils
im Herzen und Mitralinsaffizienz. Wiener med. Presse 1903. Nr. 5.
21. Lein er, Mediastinales Emphysem bei tracheotomierten Eandem. Jahrbach ftrEJods-
heilknnde 1903. Bd. 58. Heft 2.
22. Lncksch, Ein Fall von multipler chron. Intimatuberkulose der Aorta. Prager lui
Wochenschrift 1903. Nr. 89.
23. Madelung, Über Exstirpation eines Dermoid des Mediastinum anticum. t. Brom-
sehe Beitrage 1903. Bd. 41. Heft 1.
24. *Mancini- Janari, C, Ferita da pnnta e taglio delle base del ventricolo suistndel
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27. Niemann, Über Druckstauung (Perthes) oder Stauungsblutnngen nach Bompftgo-
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37. Reynier, A propos de la mobilit^ du päricarde. Bull, et mäm. de la soc. de CÜk
1903. Nr. 33.
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1903. Nr. 53.
39. Salomon, M^diastinitö suppur^e consöcutiTe k nn abcte latöro-phaiyngien. Bd
et möm. de la soc. anat. 1902. Nr. 9.
40. Schloff er, Über embolische Verschleppung von Projektilen nebst Bemerkongeo fib«
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1903. Bd. 37. Heft 3. v. Esmarch-Fesischrift.
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Chirurgie 1903. Bd. 69. Heft 1.
Isn^rdi (17) hat mit glücklichem Erfolg eine Herzwunde yernäht Di^
Wunde bestand an der Vorderwand der rechten Herzkammer, nahe der Spiti«,
BeDDecke, Yerletzangen und chimrg. Krankheiten des Herzens etc. 1079
UBd war IV« cm lang. Bevor er zur Operation schritt, bewirkte er eine
Kongestion in den Gliedern dadurch, dass er an der Wurzel eines jeden eine
nur die Venen verschliessende elastische Binde anlegte. Hierauf legte er
eine Bresche in den Thorax, die von der mittleren Brustbeinlinie bis 6 cm
von der Insertion der IV. und V. Rippe am Brustbein reichte (diese zwei
Bippen resezierte er) ; mit den Fingern die Blutung stillend, vernähte er nun
mit Metallfäden die Herzwunde, heftete das Perikardium an die Bänder der
äusseren Wunde und legte einen Drain in diese. Da sich zufälligerweise die
linke Pleura geöffnet hatte, trat Pyothorax und Pyokardium auf, über welche
Verf. dadurch Herr wurde, dass er für eine ergiebigere Drainage sorgte, die
Eostotomie in der vorderen Axillarlinie vornahm und in der Paravertebral-
linie eine Gegenöffnung schuf. Trotz ausgedehnter Adhärenzen mit dem Peri-
kardium befindet Patient sich wohl und kann wieder arbeiten wier zuvor. —
Verf. meint, dass er den Erfolg der weiten Thoraxeröffnung und der ergiebigen
Drainage zu verdanken habe. B. Giani.
Der von Mancini-Janari (24) mitgeteilte Fall betrifft ein 20 jähriges
Individuum, das an der Basis der linken Herzkammer eine Stich- und Schnitt-
wunde erlitten hatte. Nach Eröffnung des Thorax mit vierseitigem Lappen
nach Bracchini vernähte Verf. die Wunde; nachdem er auch das Perikard
in fast seiner Totalität vernäht hatte, verschloss er den Thorax. 74 Stunden
darauf starb der Verletzte. — Es wäre dies der 43. chirurgisch behandelte
Fall von Herzverletzung in der Literatur ; zählt man auch die neun Fälle von
alleiniger Perikardverletzung hinzu, so liegen 51 Fälle vor mit 19 Heilungen.
— Verf. bespricht die verschiedenen vorgeschlagenen Thorakotomieverfahren
und meint, dass das von Bracchini empfohlene mit bezüglich der Weite
modifiziertem Bott ersehen Lappen (d. h. die beiden Horizontabschnitte
werden in der Höhe des oberen Bandes der U. und des unteren Bandes der
V. Rippe geführt und der Vertikalschnitt 2 cm nach aussen von der Mamma-
papille) allen Anforderungen am besten entspreche. Es lässt sich schnell aus-
führen, gestattet ohne Gefahr für das Perikard die Knochenschere in den
Thorax einzuführen und schafft eine sehr weite Bresche.
Die Thorakotomie müsse man unbekümmert um die Lage der Aussen-
wunde und die Unversehrtheit oder Verletzung der Pleura vornehmen. Nach
Besichtigung der Pleurahöhle und der Lunge schneidet man mit der in den
Thorax eingeführten Schere das Perikard in der ganzen Höhe ein, fasst das
Herz mit der linken Hand, schliesst die Wunde mit den Fingern und vernäht
mit der rechten das Myokard, mit stark gekrümmter Nadel Einzelnahte aus
mitteldicker Seide anlegend. Hierauf vernäht man mittelst überwendlicher
Naht das Perikard und verschliesst den Thorax, in dem unteren äusseren
Winkel einen ausreichenden Drain zurücklassend. B. Giani.
Giordano (14) behandelte zwei Fälle von Herzverletzung ; in einem
derselben legte er die Naht an der Area nuda des Herzens an, die Pleuren
unversehrt lassend und derselbe kam zur Heilung. B. Giani.
Giordani (13) beschreibt zwei Fälle, indem er eine Herznaht anlegte:
in eiaem Falle bestand am freien Bande der linken Herzkammer, nahe der
Spitze, eine Wunde ; wenige Stunden nach der Vernähung trat wegen Anämie
der Tod ein; im anderen Falle bestand die Wunde an der Vorderwand der
linken Herzkammer und in diesem erfolgte Heilung. Die Thorakotomie nahm
Verf. im ersten Falle nach der Ninnischen Methode (transpleurale Methode)
1080 Jshresberieht ffir Ghirargie. IL Teil.
vor, die er znr Freilegang des Herzens für die beste hält ; im zweiten Falb
bediente er sich der extrapleuralen Methode, weil die Waffe in die im
media des Herzens gedrungen war. Nach seiner Meinong bewiiJLe der doitk
das Perikardium geführte Faden, wenn er sonst aseptisch ist, keinen tbd-
stand, denn der ^ch bildende Thrombus wird durch Narbengewebe sabstitoieri,
das sich nachher mit Endothel bekleidet. R. GianL
Revenstorff (35) hat an der Hand eigenen anatomischen Matoriak
unter Berücksichtigung der einschlägigen Literatur Studien über tranmatisdie
Rupturen des Herzens mit besonderer Berücksichtigung des Mechanismus ihrer
Entstehung angestellt und fasst die Ex^ebnisse derselben folgenderweise n-
sammen, wobei direkte Verletzungen durch spitze Enochenfragmente vng^
schlössen sind.
1. Eine Herzruptur kann durch direkte Quetschung zustande komma.
Eine direkte Quetschung findet in jedem Falle von Herzruptur statt; sie ist
aber nur dann für das Zustandekommen der Ruptur Terantwortlich zu machen,
wenn die Rupturstelle besondere Charakteristika besitzt: Sugillationen nnd
Zusammenhangstrennungen der Aussen- und Innenwände des Herzens an eii-
ander entsprechenden Stellen und in gleicher Höhe, Zerfetzung und Zermal-
mung der Muskulatur oder der Gefässhäute. Die Diagnose der Quetschonp-
ruptur wird aber erschwert dadurch, dass auch die anderen Entstehungaartei
von Herzrupturen eine direkte Quetschung schwächeren oder stärkeren Grades
zur Voraussetzung haben. Trotzdem muss zur Hauptsache daran festgekakei
werden, dass in allen Fällen, in denen sich die genannten Befunde nicht hia-
reichend deutlich ergeben, die direkte Quetschung nur als begleitender, erefi-
tuell die Herzruptur begünstigender Umstand betrachtet werden kann.
In Adjaroff8(l) ersten Fall handelte es sich um ein 14 jährigea Mad-
chen mit Pericarditis exsudativa rheumatischer Natur, bei welchen qnaa
in Agonia zwei Punktionen mit Potainschem Aspirator mit Erfolg aus-
geführt wurden. Da die Asphyxie und Dyspnoe gleich zurückkehrte, ffihite
Adjaroff unter Lokalanästhesie nach Schleich, eine Perikardotomie naeh
Olli er aus, es entleerte sich 1 Liter wässerige, eitrige Flüssigkeit. Drainage.
Genesung nach zwei Monaten, die noch nach 6 Monaten andauerte.
Im zweiten Falle handelte es sich um einen 20jährigen Artilleriesoldata),
bei welchem sich nach einer Phlegmone des Unterschenkels, aus weicher
man nur wenig Blut entleerte, ein atypisches Fieber mit Hypertrophia iieniS;
Parotitis, Pleuritis sicca und schliesslich auch eine Pericarditis suppuratin
entwickelte. Zwei Punktionen erfolglos. Perikardotomie nach Olli er mit
glatter Genesung, dann Tod an Peritonitis 7 Tage nach der Operation. Die
Autopsie bestätigte alle diese Diagnosen. Stoianoff (PlevDa).
Pels-Leusden, Verl^izangen und chinirg. Krankheiten der Urethra. 1061
XXIV.
Verletzungen und ehirurgisehe Krankheiten der
Urethra,
Referent: F. Pels-Leusden, Berlin.
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
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12. Christen, Beiträge zur Pathologie imd Therapie der Hamröhrenstrikturen auf Grund
einer Reihe von 400 F&Ilen. Zentralblatt fQr die Krankheiten der Harn- und Sexual-
organe. 1908. Bd. 14. p. 523. (Eine sehr ausführliche Arbeit mit ausgedehntem, syste-
matisch geordnetem Litteraturverzeichnis. Der Begriff, die Ätiologie, Diagnose, Sym-
ptomatologie, Art der Behandlung und der Resultate, die Komplikationen der Behandlung,
Alles das wird im Einzelnen genauer besprochen. Im Original nachzusehen.)
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15. — R^ultats durables du traitement des röträcissements de Turötre. La Presse m^i-
cale 1908. Nr. 46. p. 433.
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Annales des mal. des org. g^nito-urin. 1903. Bd. 21. p. 1479 und Monatsschr. f. prakt
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1082 Jahresbericht f&r Cbirurgie. IL Teil.
17. Forgue, La döcouverie pröprostatiqne du beut post^riear de Tardtre dans rar^trotoBK
externe sans coodactenr. La Presae mediale 1903. Nr. 84. p. 733.
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27. Lookwood, A demonstration of the Operation of internal urethrotomj and of a er»-
throtome. British med. Journal 1903. Jan. 17. p. 123.
28. Min et, Expörience sur l'^lectrolyse circulaire de Turdtre. Association fran^aiae d'nr»'
logie. VII. Session. 1903. Anoales des malad, des org. g^nito-nrin. 1903. Band. 21
p. 1661.
29. Mo ran, De la valeur de Tölectrolyse lin^aire dans le traitement des r^tr^dssemeBii
de Fur^tre. Annales des mal. des org. g4n.-nr. 1903. Bd. 21. p. 84.
SO. Motz et Bartrina, Contribntion k l'ötude des abcds p6rin6anz et des phlegEMK
diffus d'origine urethrale. Annales des malad, des org. g^to-nrin. 1902. BaadÜ
p. 1661.
31. *Motz, Traitement des uräthrites chroniques. Annales des maL des org. g^oito-inL
1903. Bd. 21. p. 419.
82. Nov^-Josserand, Hypospadias p^rin^al opör^ par la methode de la greffe aiU>
plastiqne. Annales des mal. des org. gönito-urin. 1903. Bd. 21. p. 1355.
33. *Paege, Zwei Beiträge zur Harnröhrenchirurgie. Dissert inaug. Heidelberg 19(^
84. Pfeiffer, Über Bakterienbefunde in der normalen nüUmlichen Crethra ond ^
„Syphilisbacillus" Max Josephs. Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 26. p. 78.
(F. hält den Bacillus Joseph für einen ganz harmlosen, in der Urethra normalerm*
zu findenden Pseudodiphtheriebacillns.)
85. Plummer, A case of foreign body in the Urethra. Lancet 1903. Oct 84. p. 11&
Durch Sectio mediana aus dem hinteren Teil der Urethra entfernte Hainade).
36. Preindlsberger, Über Urethrotomia interna. Wiener med. Presse. 1908. Nr. 4Sk
p. 2113.
37. Rafin, Observations cliniques sur la valeur de l'ölectrolyse lin^aire dans le traiteiwä
des rötr^cissements de Turötre. Lyon m^cal. 1903. Bd. 35. p. 441.
38. Reboul, Retrteissement congönital de Turdtre. Assoc. frao^aise d'nrologie VH Sessin.
1908. Annales des mal. des org. g^nito-urin. 1903. Bd. 21. p. 1662.
39. — Rötr^issement de Fur^tre produit par Tintroduction d*un corps ötranger. JBbtuk
p. 1662.
40. Rosenstein, Impermeable Hamröhrenstriktur. Berliner klin. Wochenschrift l^^
Nr. 51. p. 1203. cf. Jahresber. 1902.
41. Rotgans, Epispadie. Need. Yereeniging voor Heelkunde. Ned. Tijdsch. v. Geatot
II. p. 700.
42. Ry ebner, Traitement de l'ur^trite totale blennorrbagiqne par Tichtharigan. Aasiks
des mal. des org. gönito-urin. 1903. Bd. 21. p. 1281.
48. S a r d , Qn cas de papillome de l'urdtre chez Thomme. Assoc. fran^. d'nrologie TU
Session 1908. Annales des mal. des org. gänito-urin. 1908. Bd. 21. p. 166S. (Gnfcart^M
Papillom der Harnröhre, 37' cm von der äusseren Hamröhrenmündong, entfernt ivA
Spaltung der Urethra und Abtragung, Heilung.)
44. Savariaud, Mobilisation des deux bouts de Turdtre pour rem^ier a noe perii^
substance de ce conduit. La presse mödicale 1903. Nr. 14. p. 177.
45. Sorrentino, F., Contribnto alla cura della rottura dell* uretra. Bi&unsa
1903. Nr. 41.
Pels-Leusdeo, Verletzungen and chirurg. Krankheiten der Urethra. 1083
46. Sonheyran, L*^pith41ioma primitif de Tur^tre chez Fhomme. Gazette des höpitaox
1903. Jhg. 76. p. 1181.
47. Satton, L'asage interne da hlea de m^thjUne comme moyen de faciliter le diagnostic
des fistnles urötro-p^rin^ales. La aemaine niädicale 1903. Nr. 87. p. 304. Empfehlang
des innern Qebranchs von Methylenblau, am za konstatieren, ob Fisteln am Perineam
mit der Urethra kommunizieren.
48. Timm er, Hypospadie. Genootschap ter bevordering der Natuur- u. Genees-en Heel-
kunde. Ned. Tijdsch. v. Geneesk. IL p. 1225.
.49. Ty rmos, Zar Heilung von Defekten der Harnröhre mittelst Implantation von Schleim-
haut. Rass. chir. Archiv. 1902. Heft 5. cf. Zentralbl. f. Ghir. 1903. p. 324.
50. deVlaccos, Contribution k Tätude des ruptures de Tur^tre male anrtout au point de
vne de leor traitement Revae de chir. 1903. Bd. 28. p. 83.
51. Whiteford, Gase of extemal orethrotomy treated by continaous retention of a rubber
catheter held in position by a perineal stop. British medical joamal. 1903. Nov. 28.
p. 1399.
Noy6-Josserand (32) stellt einen 6 Jahre alten Knaben vor, dem er
nach seiner Methode (cf. diesen Jahresbericht 1897 S. 849 und 1898 S. 898)
wegen perinealer Hypospadie operiert hat. Der stark durch eine frenulum-
artige Schleimbautfalte nach unten gekrümmte Penis wurde zunächst nach
querer Inzision der Falte und des Faszienüberzuges der Corpora cavernosa
und Vereinigung der Wunde in der Längsrichtung redressiert und dann die
damals genauer beschriebene Operation Yorgenommen mit gutem Resultate.
Auch in zwei älteren Fällen hat Nove-Josserand ein sehr gutes Dauer-
resultat erzielt.
Timm er (48) operierte 12 Fälle mit Glanshypospadie und zwei mit
Penishypospadie. Die letzten 10 Patienten wurden alle operiert nach der
Methode von Beck. Er demonstriert fünf Knaben, die alle mit kräftigem,
normalem Strahle urinieren. Goedhuis.
Rotgans (41) operierte einen 5jährigen Knaben mit totaler Epispadie
nach der Methode Höftmanns, nur modifizierte er diese Methode in der
Weise, dass die Corpora cavernosa penis in ihrer ganzen Länge mit einem
Troikart durchstochen wurden. Durch diesen Kanal leitete er die neue Urethra
heraus.
Das Resultat war:
1. Fast vollkommene Kontinenz;
2. die Herstellung einer Urethra von der Länge des Penis, die es er-
möglicht, den Urinstrahl beliebig zu richten.
3. Geraderichtung des Penis. Goedhuis.
De Vlaccos (50) unterscheidet zwischen unvollständigen (Kontinuität
des Kanals zum Teil erhalten) und vollständigen Rupturen der Urethra. Die
vom Verf. operierten vier Fälle sind solche von unvollständiger Durchtren-
nung durch Fall auf das Perineum und von vollständiger durch Beckenbruch.
In allen Fällen wurde Heilung erzielt, im ersten durch Boutonniere und exakte
Vemähung auf einem Yerweilkatheter , im zweiten durch Boutonniere und
partielle Vemähung, im dritten (vollständige) durch Boutonniere, Einlegen
eines Verweilkatheters und Zusammenbringen der Hamröhrenstümpfe mittelst
zweier Seidennähte ohne exakte Naht, im vierten durch Boutonniere, Auf-
suchen des zentralen Hamröhrenendes mittelst Katheterismus posterior und
möglichst exakte Naht auf einen Verweilkatheter.
In dem von Calzolari (11) beschriebenen Falle hatte durch Fall auf
ein Eisengitter Ruptur der membranösen Harnröhre stattgefunden; die Stümpfe
1064 Jahresbericht fOr Chirurgie. IL Teil.
standen 3 cm auseinander. Verf. Hess die Yemarbung per secandam er-
folgen, indem er eine permanente Sonde nnd Tampon znrückiiess.
R. GianL
In den YonSorrentino (45) beschriebenen zwei Fällen war durch 8tQ65
gegen die untere Fläche der Schambeinfuge Ruptur der Harnröhre herrorp-
rufen worden. Verf. legte eine, die Mukosa nicht mit fassende Catgntnalit ao^
legte hinten einen Tampon ein und führte einen elastischen Katheter in die
Blase ein, den er 20 Tage lang an Ort und Stelle Hess. — Unter Trocken-
haltung des Wundbodens suchte er den zentralen Hamröhrenstumpf anf md
drang durch ihn mit einem Katheter in die Blase ein. K. GianL
Asakura (2) hat in einer ziemlich grossen Anzahl von Fällen, sorolil
in den GenitaUen der gesunden Frau, wie auch der Harnröhre des Mamns,
Streptokokken saprophytisch wachsend gefunden. Man muss daher in ik
Anschuldigung von Streptokokken als Erreger von Krankheiten der Harnröhre
Torsichtig sein.
Ry ebner (42) gebraucht zur Behandlung der Gonorrhöe in allen Stadkt
des Ichthargan und zwar in V« — Va^/oo Lösungen zu Waschungen and la-
jektionen, in 2 ^o zu Instillationen. Am besten bewährten sich die Waschimge),
welche aber nicht poliklinisch ausgeführt werden können. Anf Grund sms
Erfahrungen (22 Krankengeschichten werden mitgeteilt) glaubt Rychner das
Ichthargan in der Praxis warm empfehlen zu können.
Engelbreth (16) hat die Kapazität der vorderen Harnröhre and dk
Spannung des Sphincter vesicae exakt bestimmt, um einen genauen Massstal
dafür zu haben , wieviel Flüssigkeit und unter welchem Druck man sie ab-
spritzen soll. Er ist zu dem Resultat gekommen , dass die Spritz 25 oa
fassen muss und der bei der Einspritzung angewandte Druck Vio Atmosphirf
nicht übersteigen darf. Die von ihm angegebene Spritze, welche leicht sterit
sierbar ist, besteht aus einem Behälter für die einzuspritzende Flüssigkeit und
einem Kautschukballon, um den nötigen Druck herzustellen. Zwischen beidec
ist, wenn Ref. es recht versteht, eine Art Sicherheitsventil eing^chahet
welches zu starken Druck verhindern soll. Die genaue Beschreibung der a&-
scheinend recht praktischen Injektionsspritze ist im Original , welches anck
mehrere Abbildungen enthält, nachzusehen.
Motz und Bartrina(30) geben zunächst einen kurzen Überblick ob»
das, was man unter Urinfiltration versteht, wobei sie denen beistimmen, weide
die Urinverhaltung als eine diffuse Phlegmone ohne Mitwirkung von in die
Gewebe ergossenem Urin ansehen. Genaue pathologisch -anatomische ÜDte^
suchungen darüber haben sie dann dahin geführt, die Rolle zu studierai,
welche die verschiedenen in der Nachbarschaft des bulbären Teiles, der Har»-
röhre gelegenen Drüsen, die Samenblasen, Prostata, Littr eschen und Co«*
per sehen Drüsen und die intrabulbären spielen. Sie sind zu dem Besnltate
gekommen, dass von allen diesen Drüsen ohne Verengerung der Hamrobe
perineale Abszesse, diffuse Phlegmonen, Urinabszesse u. s. w. ausgehen köiuiea
und zuweilen ausgehen. Die Entzündungen dieser Drüsen treten in die &
scheinung 1. als versteckte Eiterungen, welche nur bei der Autopsie gefnodei
werden, 2. in Gestalt perinealer, umschriebener Eiterherde mit schwereB
klinischen Symptomen, 3. in Form von diffusen, der Regio perinealis über-
schreitenden Phlegmonen. Diese Eiterungen können sekundär die WazidaDg
der Urethra durchbrechen und von dieser Perforationsöffnung aus kann dann
Urin in die Eiterhöhlen und benachbarten Gewebe ergossen, die Entzösdna;
Pels-Leusden» Verletzungen and ohinirg. Krankheiten der Urethra. 1085
Terschlimmert nud weiter yerbreitet werden. Klinisch soll man daher in allen
Fällen diese verschiedenen Drüsen kombiniert vom Rektum und Perineum aus
untersuchen.
In dem von Gailia (20) referierten Falle von Periurethralabszess hatte
sich der Prozess nicht auf die Harnröhre verbreitet und wurde durch die
Kulturen die Anwesenheit des alleinigen Gonococcus dargetan. Solche Abszesse,
deren charakteristisches Symptom das Austreten von mit Blut vermischtem
Eiter ist, heilen schneller als die von anderen Krankheitserregern hervoi^-
rnfenen. R. Giani.
Der FaU Cristeas (13) soll ein recht seltener sein: Bei einem 17jähr.
Knaben, welchem eine Fistel nach einer Sectio perineal is wegen Stein zurück-
blieb, fand man eine tuberkulöse Ulzeration und mikroskopisch sah man eine
Infiltration von Rundzellen mit Follikeln von epithelioiden Zellen, ringsherum
einiger Riesenzellen. Keine Kochbazillen nachweisbar.
Stoianoff (Plevna).
Bazy und Decloux (7) suchen an der Hand eines mikroskopisch ge-
nau untersuchten Falles nachzuweisen, dass die Strikturen der Pars mem-
branacea nicht ausschliesslich traumatischen Ursprunges seien, sondern dass
daselbst auch gonorrhoische vorkommen, welche sich dann aber immer von
der Pars bnibosa aus bis hierher fortsetzen.
Hamel (22) veröffentlicht die in der Helfer ich sehen Klinik in Kiel
in den Jahren 1899 — 1901 behandelten Fälle von Hamröhrenstrikturen. Die
angewandten Methoden waren Dilatation und Urethrotomia externa. Mit
letzterer wurden behandelt die elastischen Strikturen, die rasch nach Dilatation
rezidivierenden, solche bei sehr reizbaren, empfindlichen Individuen, die mit
schweren Cystitiden komplizierten und die sogen, impermeablen. Nur einmal
ist die Resektion der Harnröhre mit nachfolgender Naht, einmal ohne letztere,
sonst die einfache Urethrotomia externa ausgeführt worden. In letzteren
Fällen wurde prinzipiell für 4 — 10 Tage ein Verweilkatheter eingelegt. Nach-
behandlung mit Bougieren. Die erzielten Resultate, soweit Nachrichten über
die Patienten zu erhalten waren, sind gute gewesen. Aus der Arbeit ist noch
hervorzuheben, dass bei der Dilatationsbehandlung durch strenge Asepsis und
nachfolgende Blasenspülungen mit Borlösung das Auftreten von sog. Katheter-
fieber fast ganz vermieden werden konnte.
Min et (28) hält die zirkuläre Elektrolyse bei Behandlung von Strikturen
für gefahrlos, wenn man einen Strom von 4 Milliampere ungefähr 8 Minuten
oder einen solchen von 6 Milliampere 6V> Minuten einwirken lasse. Zu diesem
Resultat ist er auf Grund von Untersuchungen an der Hundeurethra ge-
kommen.
Bei einem jungen Soldaten, welcher stets schwer urinieren konnte und
bei dem sich im 18. Lebensjahre mehrmals unter heftigem Pressen Gries ent-
leert hatte, fand sich in der Pars bulbosa ein Hindernis, welches bei der
Sondierung unüberwindlich war. Da die Harnröhre sonst vollkommen gesund
war und die Vorgeschichte nichts Ätiologisches ergab, so nahm Bonnet (10)
eine kongenitale Striktur der Urethra durch Klappenbildung an. Diese Diagnose
wurde bei der Operation bestätigt. Die Klappe, welche zwei enge Öffnungen
besass, wurde abgetragen und der Längsschnitt in der Urethra auf einen
Yerweilkatheter exakt vernäht. Nach anfangs mangelhafter Kontinenz — das
zentrale Hamröhrenende war sehr stark erweitert gewesen — trat völlige
Heilung ein. Derartige Klappenverscblüsse an der Mündung der Harnröhre
1086 Jahresbericht fOr Chimrgic. IL Teil.
nnd in der Fossa navicularis sind schon lange bekannt, während die kongeni-
talen Verengerungen in der Pars bulbosa noch nicht beschrieben sind.
Bazy glaubt, dass diese Klappenbüdung auf eine entwickelungsgeschicfat-
liche Störung zurückzuführen sei, indem sie sich an derjenigen SteUe finde^
an welcher sich das Urogenitalrohr mit der Urogenitalrinne vereinige. In
einem besonderen Aufsatz setzt er (6) diese seine Ansicht an der Hand tod
vier schematischen Zeichnungen noch etwas spezieller auseinander. Die Ekppe
soll danach eine persistierende Membrana urogenitalis sein. In einigen FilleD
hat Bazy an dieser Stelle, also nach Torn von der Pars membranacea in
der Pars bulbosa ein deutliches Hindernis gespürt. Er glaubt danach drei
Arten von Strikturen, kongenitale, pathologische und traumatische unterschei-
den zu müssen. Endlich will Bazy durch eine solche rudimentäre Klappe
bildung gewisse Fälle von Enuresis nocturna erklären, auch rasch nach einer
Gonorrhöe entstandene Strikturen damit in Verbindung bringen. Für beide
Möglichkeiten werden kurze Krankengeschichten angeführt.
Reboul (38) berichtet über eine 11 cm von der äusseren Hamrohrsh
mündung entfernt sitzende, angeblich kongenitale Elappenstriktur der Harn-
röhre, welche er mittelst Urethrotomia interna erweiterte und durch syste-
matische Dilatation weit erhielt.
Bar tri na (5) fügt zu der alten Dilatationsbehandlung die oüt Massage
hinzu, erstens um die so häufig bei Strikturen vorhandene chronische Ure-
thritis zu beseitigen, zweitens um die Infiltrate zur Verteilung und Resorpti«
zu bringen und die narbige Bückbildung derselben zu vermeiden. Zu dem
Zweck massiert er in jeder Sitzung, in welcher er 2 — 3 aufeinanderfolgende
Bougienummem einführt, von denen die erste der stärksten Nummer da
letzten Sitzung entspricht, wenigstens 5 Minuten lang auf dem Bougie der
Harnröhre und Prostata. Unter diesen Umständen kam er mit der Dilatati(ffl
rascher und sicherer voran, der Ausfluss verminderte sich schneller und ver-
schwand schliesslich ganz. In 14 so behandelten Fällen hatte Bartrinanä
einer einzigen Ausnahme — es handelte sich um eine sehr empfindliche Urethra
— ausgezeichnete Resultate erzielt, was durch die mitgeteilten Krankenge-
schichten erhärtet wird.
Der von Bakaleinik (4) angegebene hydraulische Dilatator scheini
Ref. an dem Mangel zu leiden, dass man nur Strikturen, welche leicht zs
sondieren sind, damit angreifen kann, da ja der ziemlich dicke Dilatator docä
erst in die strikturierte Stelle eingeführt werden muss, ehe man ihn wiita
lassen kann. Wenn das, wie Verf. schreibt, nur unter Leitung des Uredtro-
skops geht, so ist die Methode viel zu umständlich und durch ältere nni
leichter ausführbare längst übertroffen.
Mo ran (29) hat, trotzdem er mit Misstrauen an der Erprobung der
Methode herangegangen ist, 20 lineare Elektrolysen ohne den geringste
Zwischenfall weder während noch nach der Operation gemacht. Dabei legte
er sich folgende Fragen vor. 1. Welche sind die für die lineare Elektroijse
geeigneten Fälle? 2. Welche die Kontraindikationen? 3. Wie ist die M^
thode anzuwenden? 4. Welche Resultate kann man dem Kranken in Aussidt
stellen und welche Massnahmen soll man ihm nach der Operation empfehkn''
Nicht geeignet für die Elektrolyse sind vor allem die traumatischen Striktsres
und die sehr harten und engen. Für diese wird Urethrotomia interna eis^
fohlen. Verf. hat aber in schweren Fällen durch langsame Dilatation w(t
filiformen Bougies und Liegenlassen derselben während einiger Stunden es
Pels-Lensden, Yerletenngen und chirorg. Krankheiten der Urethra. 1067
stets erreicht, dass die Einführung des elektrolytischen Instrumentes leicht
gelang, also ohne dass dadurch Schaden getan wurde und dass mit Strömen
geringer Stärke (5—6 Milliampere) das gewünschte Resultat erreicht werden
konnte. Um die lineare Elektrolyse anwenden zu können, muss die Striktur
für ein Instrument von 10 Charriere durchgängig sein, unter Umständen vorher
soweit vorsichtig dilatiert werden, sorgfaltig gereinigt und womöglich mit 1 7o
Kokainlösung anästhesiert sein. Stärkere Ströme wie 10 Milliampere sind
nicht anzuwenden und zwar für die Dauer von einigen Sekunden bis höchstens
drei Minuten. Beim Herausziehen des Instrumentes soll man das Blatt des
Elektrolysators auf der entgegengesetzten Wand zurückführen, auf der es ein-
geführt worden ist, um die Wirkung zu vergrössern. Den Patienten ist zu-
nächst zu eröffnen, dass es ein Radikalheilmittel für Strikturen nicht gebe,
also auch die Elektrolyse ein solches nicht sei, und dass sie sich hinterher
in bestimmten Zeitabschnitten einer Bougiebehandlung unterziehen müssten.
Mitteilung von 20 genauen Krankengeschichten.
Auf Grund von neun genauer mitgeteilten Krankengeschichten kommt
Bafin (37) zu dem Schluss, dass die lineare Elektrolyse kein Radikalmittel
für Strikturen sei, dass sie vielleicht weniger Gefahr bringe, wie die Urethro-
tomia interna, zuweilen nicht gelinge, während gerade in diesen Fällen die
Urethrotomia interna leicht ausführbar war, dass sie nicht bei allen Strikturen,
besonders nicht bei den mit Veränderungen im Nachbargewebe einhergehen-
den angewendet werden dürfe, und dass man in allen Fällen, auch wenn sie
ohne besondere Schwierigkeiten gelinge, nicht einer Dilatationsnachbehand-
lung entraten könne.
Andre (26) ist im wesentlichen derselben Ansicht. Auch er rät, nur
schwache Ströme bis 10 Milliampere und nur für 1 — 2 Minuten anzuwenden.
So sei die lineare Elektrolyse gefahrlos. Am geeignetsten dafür seien die
nicht zu engen, nicht zu zahlreichen und nicht zu langen Strikturen. Für
solche eigne sich die Urethrotomia interna besser. Ohne nachfolgende Bougier-
knr sei die lineare Elektrolyse wertlos. Mitteilung von 23 Fällen.
Desnos (14) hält die lineare Elektrolyse nur für anwendbar bei leicht
dehnbaren Strikturen. Er selbst bedient sich der Methode von New man
(cf. Jahresbericht 1902) der zirkulären Elektrolyse unter Anwendung von
5 — ^6 Milliampere während 10 — 15 Minuten. Momentan sei die Wirkung
gleich Null, zeige sich aber im Laufe von einer bis mehreren Wochen. Die
Methode gebe gute und dauernde Resultate, sei aber eine langwierige und
stelle an die Geduld von Arzt und Patienten hohe Anforderungen. In Fällen,
in welchen andere Heilbestrebungen versagt haben, geht Desnos daher jetzt
etwas anders vor, um schneller zum Ziel zu kommen. Er benutzt bei diesem
Verfahren, welches er elektrolytische Dilatation nennt, entweder gewöhnliche
B^niquesche Metallsonden, eventuell zum Aufschrauben eines filiformen
Leitbougies eingerichtet, oder Sonden, welche zum Teil mit einem Firnis be-
deckt sind, so dass der Strom nicht auf die ganze Harnröhre, sondern nur
auf die strikturierte Stelle einwirkt, ersteres besonders dann, wenn es sich
um multiple periurethrale Infiltrationen handelt. Ein solches Bougie wird
so weit eingeführt, dass es von der Striktur deutlich festgehalten wird, so-
dann die negative Elektrode einer kleinen Trockenbatterie mit der Sonde
▼erbnnden, die positive auf den Oberschenkel oder das Epigastrium aufgesetzt
und bei grösstenteils äberfimissten Sonden ein Strom von 3 — 4 Milliampere,
bei nichtüberfimissten ein solcher von höchstens 6 — 8 Milliampere für 5—12
lOeB JalireBberiebt für Cbinirgie. IL Teil.
Minuten hindarchgeleitet. Wesentliche Beschwerden sollen die Pati^itaii
weder während noch nach der Operation, welche etwa alle 8 Tage zn wieder-
holen ist, haben. In den mitgeteilten 25 Fällen, bei denen die Methode m
3 mal versagte, nnd von denen 4 über 10 Jahre geheilt geblieben sind, wirea
im Durchschnitt 11 Sitzungen notwendig.
In einer kurzen Besprechung der Strikturendiagnose und Behaaidlinig
empfiehlt Desnos (15) nochmals die oben genauer geschilderte elektrolytiack
Dilatation.
Lookwood (27) demonstriert die Ausführung einer Urethrotomii
interna in allen ihren Einzelheiten mit einem Instnmient, welches dem alta
MeisonneuTOSchen im wesentlichen nachgebildet ist.
Preindlsberger (36) verwendet, nachdem er sich in der Klink
Guyon von dem hohen Wert der Methode überzeugt hat, die Urethrotonii
interna bei jenen hochgradigen Strikturen, bei welchen es sich um eine ndi
zu ermöglichende Ei^tleerung der Blase, also bei hochgradiger Cystitis, handelt,
femer, wenn die Kur abgekürzt werden muss und endlich, wenn die Dik-
tationsbehandlung nicht zum Ziele führt. Nur Hamabszess und UriniiiiS-
tration gebe in solchen Fällen eine Kontraindikation ab. Die Operation viinle
mit dem in der Klinik Guyon gebräuchlichen, nicht näher bezeidmeteo In-
strumente ausgeführt. Sie schliesst eine nachfolgende Dilatationsbehuidlaii
nicht aus. In 10 Fällen hat Verf. gute Erfolge mit der Methode gehabt, ei
Patient starb, jedoch konnte der Tod nicht in Zusammenhang mit der Ope-
ration gebracht werden, da es sich um schwere aufsteigende Yeränderuoge
in Blase und Nieren handelte.
Firstenberg (19) tritt für ausgiebigere Anwendung der Urethrotook
interna ein. Die allmähliche Dehnung der Striktur sollte häufiger, als 6
geschieht, durch die Urethrotomia interna unterstützt werden. Der äos^en
Hamröhrenschnitt soll nur bei Fällen von impermeabler oder kallöser Striktir
mit Fistelbildung angewandt werden. Hob Ib eck (St. Petersbnii^
Savariaud (44) verwendet die Beck-Hackersche Hamröhrenmobili-
sierung auch bei schweren Substanzverlusten der Harnröhre nach Zerreissoo;
derselben und bei ausgedehnten meist im Anschluss an Traumen beobachtetea
Narbenstrikturen. In einem Fall der letzten Art führt Savariaud die Ope-
ration aus. Die Isolierung der Urethra nach Resektion einer 2,2 cm hopi
strikturierten Stelle gelang nach beiden Seiten hin leicht (einige Abbildmipi
illustrieren das Vorgehen von Savariaud). Die Vereinigung der Endo
geschah mit Catgutnähten über einem Verweilkatheter. Nach einigen nnaqg^
nehmen Zwischenfällen wurde ein gutes Resultat erzielt, jedoch konnte t«
einem Dauerresultat bei Veröffentlichung des Falles noch keine Rede m
Ref. bemerkt dazu, dass in der Königschen Klinik die Mobilisierong der
Hamröhrenstümpfe nach Resektion schon seit vielen Jahren in zahlreicbei
Fällen mit gutem Erfolge geübt worden ist.
Tyrmos (49) deckte einmal einen 10 cm langen Defekt der Harnrote
mit einem der Schleimhaut der Unterlippe entnommenen Lappen, ein andfl"
mal einen 8 cm langen Defekt durch einen Schleimhautlappen, welcher deo
wegen Blasen-Mastdarmfistel resezierten unteren Mastdarmende entnommeo
war. In beiden Fällen wurde schliesslich Heilung erzielt.
Gibson (24, 21) hat sich das Auf finden des zentralen Endes derHam
röhre bei narbigen Strikturen dadurch sehr erieicfatert, dass er vom JW*
darm aus die Prostata anhackte und an dieser einen Zug nach hinten aos-
Pels-Lensden, Verietzangen und chirorg. Eianklieiten der Urethra. 1069
ibte. Durch diesen Zag spannte sich die Harnröhre und kann im Grunde
les Perinealabschnittes leicht gefühlt werden. Gibson ist auf diese Weise
n allen schwierigen Fällen immer leicht zum Ziel gekommen.
Maass (New-York).
Zu vorstehendem Referat bemerkt Ref., dass Gibson die Methode mehr
wie zwanzigmal geübt und keinen unangenehmen Zwischenfall erlebt hat. Da
iber immerhin die Gefahr der Vereiterung der Prostata beim Anhaken vom
äektum aus bestehe, so will Gibson die Methode nur für besonders schwie-
rige Fälle bei geschwächten Individuen mit kranken Nieren, im septischen
Zustande bei Urininfiltration angewandt wissen.
Forgue (17) weist zunächst auf die Schwierigkeiten hin, in einzelnen
ß'äilen von alten blennorrhoischen Strikturen mit Fistelbildung das zentrale
Ebide der Harnröhre bei der Urethrotomia externa zu finden, und auf die
[Jnannehmlichkeiten, welche die dazu gemachte Sectio alta mit nachfolgen-
lem Katheterismus posterior macht. Zu diesen Unannehmlichkeiten rechnet
er die nur mangelhaft durchzuführende Asepsis, die Unmöglichkeit, die Blase
genügend anzufüllen und die Gefahr der Fistelbildung über der Symphyse.
Elr schlägt daher vor, in solchen Fällen das zentrale Hamröhrenende nicht
von der Blase, sondern von der, auch bei abnormen, durch chronische Ent-
zündungen bedingten Verhältnissen, leicht nach anatomischen Prinzipien auf-
findbaren Austrittsstelle der Urethra aus der Prostata aus zu suchen. 8 in-
struktive Zeichnungen erläutern das Vorgehen Forgues. Es wurden bei
dieser Operation dieselben Regeln wie bei der Prostatektomie verfolgt. Zur
Ausfuhnmg der Operation wird der Patient in Steinschnittlage mit stark er-
hobenem Perineum gebracht, ein auf der linken Seite des zu Operierenden
stehender Assistent hält die bis zur impermeablen Stelle der Striktur ein-
geführte Sonde genau in der Mittellinie fest und zieht zu gleicher Zeit mit
einer Pinzette das Skrotum nach oben. Ein halbmondförmiger Schnitt, zwei
Querfinger breit vor dem Anus, nach vom konvex von einem Sitzknorren
zum anderen, durohtrennt Haut und subkutanes Fettgewebe. Dann wird zu-
nächst der Bulbus freigelegt, und es werden durch quere Schnitte die Raphe,
die nach vom ausstrahlenden Fasern des Musculus sphincjber ani externus
durohtrennt, wodurch der Bulbus isoliert wird und mit einer Museuxschen
Zange nach oben gezogen werden kann. Nach Durchschneidung der tiefen
Muskelfasern, welche vom Sphincter ani nach vorn ausstrahlen, kann man
nunmehr stumpf mit den gekrümmten Zeigefingern in den Raum zwischen
Rektum und Prostata eindringen. Man isoliere nur soweit, dass man eben
deutlich die hintere Prostatafläche sieht. Durch starkes Zurückziehen der
hinteren Wundfläche mit einem flachen, breiten Haken macht man sich das
Gesichtsfeld noch freier und kann nun leicht die Austrittsstelle der Urethra
aus der Prostata finden. Sie wird hier in der Längsrichtung eingeschnitten
und jeder Wundrand mit einer Koch er sehen Klemme gefasst. Danach ge-
lingt dann der retrograde Eatheterismus leicht.
Whiteford (51) rät zur sicheren Fixierung eines Verweilkatheters
von der perinealen Wunde aus eine mit einer Art Widerhaken versehene
. Arretierung in das Lumen des Katheters einzuführen, der nunmehr weder
vor- noch zurückgezogen werden könne.
Legueu und Duval (25) beschreiben eine Methode, den vorderen Teil
der weiblichen Urethra abzutragen und den Stumpf in die Scheide einzu-
pflanzen. Sie lösen zunächst mit einem nach der lüitoris zu konvexen Schnitt
Jabresberieht fQr Chirurgie 1903. 69
1090 Jahresbericht f&r Ghinirgie. IL TeiL
die Urethra yod der Symphyse ab, umschneiden dann die äussere ürethni-
mündung bogenförmig und fügen einen Längschnitt soweit wie nötig dnrdi
die vordere Vaginalwand auf die Urethra hinzu. Dadurch wird letzter«, so-
weit es notwendig erscheint, von der Scheide isoliert und sodann womöglidi
vom von dem Sphincter vesicae abgetragen, nachdem man sich den hinterei
Stumpf durch zwei provisorische Nähte fixiert hat. Die Abtragmig gescbieh
in Flötenschnabelform, so dass also von der oberen Urethralwand etwas melir
stehen bleibt. Sollte die Öffnung noch zu eng sein, so wird die unten
Urethralwand mit einem kleinen Längsschnitt gespalten und nunmehr der
Stumpf im obersten Teil des vaginalen Längsschnittes fixiert, die Wunde im
übrigen vernäht. Die von anderen mit der Methode erzielten Rotste
wären in funktioneller Beziehung mangelhaft, indem die Kontinenz riel a
wünschen übrig Hess. Verff. haben in der oben beschriebenen Weise emi
operiert bei einer Frau, bei der die Diagnose auf ein Epitheliom des vordereD
Teiles der Harnröhre gestellt worden war, die mikroskopische Untersadnog
aber eine Tuberkulose der Harnröhre nachwies.
Soubeyran (46) veröffentlicht eine Zusammenstellung von 24 in der
Literatur beschriebenen Karzinomen der männlichen Harnröhre. Erörtenuig^
über Ätiologie, pathologische Anatomie, Symptomatologie, Diagnose, Progno«
und Behandlang. Diese Karzinome entwickeln sich zuweilen auf dem Boden
einer Striktur, sind ausserordentlich bösartig, müssen daher sehr gröndlick
entfernt werden, und in allen Fällen sind die regionären Lymphdrüsen mit
fortzunehmen.
In dem von Bobbio (8) beschriebenen Falle handelte es sich xmm
Epitheliom des perinaeo-bulbären Hamröhrenabschnittes, das am Sitze einer
alten, von periurethralen Abszessen und Fisteln begleiteten Hamröhrenstenose
entstanden war. Der Fall betraf einen 59 jährigen Mann, der ?orher lasp
an Stenose, die durch vorgeschrittene Blennorrhagie hervorgerufen worden
war, gelitten hatte und deshalb, aber ohne Erfolg, mehreren OperatiossD
unterworfen worden war (Dilatation, innere und äussere Urethrotomie, dies
letztere 2mal mit Urethroplastik). Patient wies, als er am 10. Januar 19(6
wieder in die Klinik aufgenommen wurde, eine Geschwulst am Damme ad,
aus welcher nach vorgenommener Spaltung etwas Eiter austrat. Ein der
Geschwulst entnommenes Partikelchen liess •— wie dies auch später wSirend
des Lebens und nach dem Tode ausgeschnittene Partikelchen taten — bei
der histologischen Untersuchung erkennen, dass es sich um eine maligos
Epithelialgeschwulst handelte. Vollständige unbezwingbare Stenose. DieG^
schwulst nahm rasch an Volumen zu und infiltrierte den ganzen Damm und
beide Glutäakegionen ; in ihrem Zentrum kam es zu ausgedehnter Geschwürs-
bildung, und aus diesem Krater trat aller Harn aus. — Keine Radikal-
behandlung; auch mit Chinininjektionen ?nirden Versuche gemacht, aber
ohne Erfolg. Patient starb 8 Monate nach seinem Eintritt in die Klinik tf
schwerer Krebskachexie. Bei der Autopsie konstatierte man ausgesprochen
Anämie der inneren Organe; keine Erscheinung von Viszeralmetastase. Du
Geschwulst war 3 mal so gross wie die Faust eines Erwachsenen nnd hatte
den ganzen perinaeo-bulhären Hamröhrenabschnitt, den Damm und zum Tel
auch die Corpora cavemosa zerstört. Beim Schnitt erschien sie von weiss-
lieber Färbung und wie morsch, nicht sehr saftreich. • Die an allen SteDea
der Geschwulst vorgenommene mikroskopische Untersuchung tat dar, das «s
sich um ein tubulärgelapptes Epitheliom handelte mit reichlichen perlformigeB
Pels-Lensden, Verletznogen ond chirarg. Krankheiten der Urethra. 1091
Bildimgen und mit diffaser schleimiger Degeneration in vielen Zonen, besonders
in den ältesten. — Die mikroskopische Untersuchung schliesst aus, dass die
Geschwulst von der Cutis ausgegangen sei ; zwei Erscheinungen sprechen da-
gegen für einen urethralen Ursprung: die eine, dass auf den Schnitten von
Stellen, wo vom perinaeo-bulbären Hamröhrenabschnitt mit blossem Auge keine
Spuren mehr wahrzunehmen sind, eine mit Epithel umsäumte Spalte ange-
troffen wird, die an das unregelmässige Lumen einer durch chronische Pro-
zesse entzündeten Urethra erinnert, die andere, dass, je weiter von der Peri-
pherie und je näher dem Zentrum die Nekrose, die schleimige Degeneration,
die Verhomung sich immer mehr ausdehnen, so mit fast absoluter Gewiss-
heit bezeugend, dass die ältesten, die primären Teile der Geschwulst in der
Tiefe lagen. Der klinische Verlauf scheint mir diese Hypothese zu stützen;
aber weder dieser noch die mikroskopische Untersuchung lassen absolut aus-
schliessen, dass die Geschwulst aus einem alten periurethralen Fistelgang
hervorgegangen sei.
Verf. bespricht zum Schlüsse die in der Literatur zerstreuten Fälle (die
sich auf etwa 40 belaufen) und erörtert auf Grund dieser die Pathogenese,
Symptomatologie und Behandlung der in Rede stehenden Affektion.
B. Giani.
Frendl (18) teilt mit, dass ein Sanitätssoldat zu Bougierungszwecken
sich eine 12 cm lange und 5 mm im Durchschnitt haltende Zeitungspapier-
rolle in die Urethra gesteckt hatte, welche nicht wieder entfernt werden
konnte. Patient bekam ö Glas Wasser zu trinken, nach einer halben Stunde
wurde unter leichtem Druck mit einer Tripperspritze Oleum olivarum in die
Harnröhre injiziert und der Patient angewiesen, kräftig zu pressen. Dabei
wurde der Fremdkörper mit grosser Vehemenz hinausgeschleudert.
Ein Patient Bebouls (39) hatte sich durch einen zu masturba torischen
Zwecken eingeführten Federhalter eine Verletzung der Harnröhre, 5 — 6 cm
von der äusseren Urethralmündung entfernt, zugefügt, welche ohne Gonorrhöe
zur langsamen Ausbildung einer engen Striktur führte. Heilung mittelst
Urethrotomia interna und Dilatation.
69*
1092 Jahresbericbt ftlr Gbirargie. 11. Tefl.
XXV.
Die Verletzungen und chirurgfisehen Krankheiten der
Milz.
Referent; F. Hofmeister, Stuttgart
Die mit * versehenen Arbeiten sind nicht referiert worden.
Anatomie.
1. Roch er, Les rates surnumendres chez Tenfant Joomal de mMecine de BoHmol
Nr. 51.
Roch er (1) fand bei Sektionen von Kindern auffallend häufig Nebec-
milzen (statistische Aufzeichnungen hat er aus Mangel an Material nicht g^
macht). Die relative Häufigkeit der Nebenmilzen bei Kindern erklärt er mit
Picou durch die Annahme, dass diese Gebilde später schwinden, wofür er
auch durch histologische Untersuchung Beweise erhalten hat. Am häufigste
fand Rocher zwei bis sieben Nebenmilzen, sie sassen im Stiel der Milz, k
Lig. gastrosplen. , im Lig. pancreatico-splen. und im grossen Netz. Diege-
setzmässige Anordnung hängt zusammen mit der embryologischen Entwick«-
lung im dorsalen Mesenterium.
Verletzungen.
1. Bell, A case of roptured spieen, Operation, recovery. The Lancet. Sept 26.
2. Brennfleck, Bericht flher eine durch Schassverletziing bedingte Splenektomia. Mb-
chener med. Wochenschrift Nr. 14.
8. Gaudiani, Un caso di splenectomia per rottora della milza. U Poh'elinico, Sat
pratica. fasc. 26. R. 6ia>L
4. Monchet, Gontasion abdominale par coap de pied de cheval, mptore de la itt^
spl^nectomie ä la huitidme heure, gu^rison. Ball, de l'acad. de mM. Nr. 24.
5. Schrira, Über die sabkutane Milzraptor. In.-Diss. Berlin 1902.
M euch et (4) gibt die detaillierte Beschreibung eines durch Splenektoioie
(8 Stunden post trauma) geheilten Falles von Milzruptur durch Hnfschhf
Die Exstirpation war erschwert durch Adhäsion der Milz am ZwerchfeD. Nsk
ohne Drainage. Primärheilung; der in den ersten Tagen bedrohliche Allgemeiii'
zustand wurde durch tägliche Kochsalzinfusionen bekämpft. Die exstirpierte
Milz wies eine grössere Zahl von Rissen auf, deren Details im Original uacli-
zusehen sind. Zahl der roten Blutkörperchen noch nach 2 Monaten vermindert
(2900000), Verhältnis zu den weissen 1 : 268; anfänglich 1 : 104; kemhaltip
rote Blutkörperchen wurden nicht gefunden. DrüsenschweUungen fehlten.
Bell (1) berichtet über die erfolgreiche Exstirpation einer durch einen
Schlag rupturierten 2 V« fach vergrösserten Malariamilz bei einem Chinesen.
Die Heilung wurde durch einen am 6. Tag einsetzenden Malariaanfall (Parasitea
im Blut nachgewiesen) kompliziert. Auf Chinin Abfiebenmg in 24 Stunden.
Hofmeister, Verletzungen nnd obinirg. Krankheiten der Milz. 1093
Bei dem von Brennfleck (2) beschriebenen Fall ergab die Laparo-
tomie 1V> Stunden nach der stattgehabten Schnssverletziing eine vollständige
Zweiteilung der Milz und zwei Löcher im Zwerchfell. Splenektomie, Naht und
Tamponade der Zwerchfellwunde. Heilung durch ein Streptokokkenempyem
der Pleura kompliziert, das nach Aspiration von 1 Liter Eiter zurückgeht.
Die während 5 Monaten fortgesetzten Blutuntersuchungen ergaben konstant
normale Werte.
Ln Anschluss an einen von König (Berlin) durch Splenektomie ge-
heilten Fall Yon Milzruptur, der genauer beschrieben wird, bespricht Sehr ira (5)
das klinische Bild der subkutanen Milzruptur. Die Statistik von Lewerenz
(1900) vermehrt er um 23 Beobachtungen, von denen aber nur einige Kranken-
geschichten als Paradigmata in die klinische Besprechung eingeflochten sind.
Gaudiani (3) beschreibt einen Fall von Milzruptur bei einem 50 jähr.
Manne, der (durch Umsturz eines Karrens) in der rechten Lendengegend ver-
letzt worden war. Das Auftreten der Peritonealsymptome war schleichend,
mid erst 30 Stunden nach dem Unfall gaben sich Zeichen von schwerer innerer
Blutung kund, die jedoch immer noch weniger deutlich waren als die S3rm-
ptome von schwerer Peritoneum- und Zwerchfellreizung (Erbrechen, Schluchzen,
Husten, Bauchschmerz und -Spannung). Bei der Laparotomie konstatierte
man eine enorme Milz (1960 g) und eine Blutung am Hilus, die sich auf keine
Weise stillen Hess, weshalb man zur Abtragung des Organs schritt. 7 Stunden
darauf trat der Tod ein.
Verf. erörtert die Symptomatologie des Falles und legt nach Baratier
auf die in der Lendenregion und am Bauche lokalisierten ekchymotischen
Flecken grosses Gewicht, die jedoch erst einige Stunden nach dem Trauma
aufgetreten und nicht genügend beachtet worden waren. — Auf die statisti-
schen Daten sich stützend, hält er die Prognose der Milzruptur für sehr un-
günstig. — Was die Symptome anbetrifft, misst er namentlich dem von
Baratier beschriebenen eine grosse Bedeutung bei. Bezüglich der Behand-
lung gelangt er zu dem Schlüsse, dass frühzeitig die explorative Laparotomie
vorgenommen werden müsse und eventuell die Splenektomie, die um so un-
schädlicher sein werde, je früher man die Diagnose stellt und eingreift.
R. Giani.
Milzabszess.
1. Es au, Ein Fall von Milzabszess nach Typhus abdomlDalis nebst Bemerkungen über
über Müzabszesse überhaupt. In.-Diss. Greifswald 1908.
2. Stavely, Sylenic infections. Annais of surgery. June.
Esau (1) beschreibt einen an der Moritzschen Klinik beobachteten,
von Bier mit Erfolg inzidierten Milzabszess, der Typhusbazillen in Reinkultur
lieferte. Daran anknüpfend teilt er die Krankengeschichten von 16 ein-
schlägigen Fällen aus der Literatur mit. Den zweiten Teil der Arbeit bildet
eine fleissige Besprechung der Ätiologie und Pathogenese der Milzabszesse
überhaupt.
Nach einigen einleitenden Bemerkungen über die Entstehung von Milz-
abszessen referiert Stavely (2) eine Beobachtung von Co 11 ins, die er als
Milzabszess mit Perforation in die Niere und Entleerung von Eiter per
urethram deutet. Durch lumbale Inzision des Abszesses, in dessen Tiefe die
Niere gefühlt wurde, wurde Besserung erzielt; eine Fistel blieb zurück (der
Beweis, dass es sich um einen Milzabszess gehandelt, scheint mir in der
1094 Jahresbericht für Chinirgie. TL. TeiL
Krankengeschichte nicht erbracht zu sein. Ref.). Stavely selbst ezstirpieiie
bei einer 32 jährigen Frau eine Malariamilz, welche von einem grossen peii-
splenitischen Abszess umgeben war und deren Stielgefässe sämtlich tbrombosiert
waren, mit glücklichem Erfolg. Blutbefund vor der Operation E. = 3584000,
L. = 20— 25600; schon am vierten Tag nach der Operation E. = 4580000;
L.= 11916. Die ganze Milz war infarziert, die Stielgefässe thrombosieri
Schliesslich referiert Stavely noch einen Fall von Colli nsWarrei
von Exstirpation einer rupturierten und infarzierten Milz mit tödlichem Aus-
gang am 4. Tage. Die Sektion ergab Thrombose der Pfortader und Veu
lienalis.
Wandermilz.
1. Badinger, Ober Stieldrehong der Milz und Ätiologie der Wandermilz. Wiener Ua.
Wochenschr. Nr. 10.
2. Qrandi, Contribato clinico alla cnra conservativa della milza. II nuovo BaocogliUR.
fasc. 1. B. GiaAL
3. Hall, Splenopexy for wanderiog spieen. Annale of snrgery. April.
4. Mariani. Splenopeesia per milza mobile ipertrofica malariea. Gazetta degli ospedit
Nr. 58. R. Giiol
5. Pozzi, Ectopie de la rate avec älongation snccessive ou torsion ancienne et ni^
de p^dicule k la saite d'one megaloepl^oie paladique. Spl^nectomie, ga^risoo. M,
et m^m. de la soc. de chir. Nr. 29.
6. Walther, Rate hypertrophi^e adh^rente k Fatäms, simolant nn fibrome nterin. fiaL
et möm. de la boc. de chir. de Paris. Nr. 28.
Büdinger (1) hat bei einer Splenektomie wegen aknter Süeltorsias
festgestellt, dass die Milz nicht nur nm die Querachse, sondern auch um die
Längsachse um 180^ gedreht war und dass eine grössere Dislokation im
übrigen fehlte. Diese beiden letzteren Eigentümlichkeiten unterscheiden da
Fall von den übrigen in der Literatur bekannt gegebenen Beobachtungen m
Stieltorsion der Milz.
Für die Entstehung der Wandermilz macht Büdinger, gestützt aif
anatomische Ausführungen Zuckerkandeis, ein Ausbleiben der normaia
Anheftung der Milz durch Hemmung der embryonalen Entwickelung (DeUik
siehe im Original) verantwortlich. Dem Trauma kann er eine entscheidende
Bolle in der Ätiologie der Wandermilz nicht zuerkennen, wohl aber bei dem
Zustandekommen einer Stieldrehung.
Als Indikation für die operative Behandlung der Wandermilz gelten ihm
zeitweise oder dauernd vorhandene Beschwerden; die Furcht vor einer evcB*
tuellen Stieldrehung genügt ihm für sich allein nicht zur Splenektomie.
In der Diskussion zu Pozzis (5) Mitteilung, deren wesentlicher Inhak
in der Überschrift enthalten ist, erwähnt Lejars einen Fall, wo er iuit£r
der Annahme eines malignen Tumors des Netzes oder Mesenteriums die La-
parotomie machte, und eine grosse harte, mit Netz und Därmen verwachseoe
Milz mit zweimal gedrehtem Stiel vorfand und exstirpierte. Die Pai erla^
dem EingrifiF.
Walther (6) demonstriert eine 516 g schwere Milz, die er bei einer
30 jährigen Frau unter der Diagnose üterusfibrom exstirpiert hat Der Tumor
war mit dem Uterus verwachsen und wurde zusammen mit den erkrankten
rechtsseitigen Adnexen entfernt. In der obigen Diskussion (5) ergänzt er
seine Mitteilung dahin, dass es der Pat. gut geht und dass sie in ihrer Jugend
schwere Malaria durchgemacht hat.
Hofmeister, Yerletzongeii und ehirurg. Krankheiten der Milz. 1095
Hall (9) fand bei der Laparotomie, die er bei einer 30jährigen Frau
wegen einer, starke Beschwerden yemrsachenden, Wandermilz vornahm, eine
förmliche Isthmusbildung durch eine tiefe Inzisur zwischen dem imteren Milz-
pol und dem übrigen Organ. Er benutzte dieses anatomische Euriosum zur
Fixation der Milz in der Art, dass der untere Pol extraperitoneal gelagert
und Peritoneum und Fascie um den Isthmus herum fest zusammengenäht
wurde. Glatte Heilung, die Milz blieb fest fixiert; Pat. war ein Jahr nach
der Operation vollkommen beschwerdefrei.
In einem Falle von hypertrophischer Wandermilz nahm Mariani (4)
mit gutem Erfolg die Splenopexie vor. Er empfiehlt bei gesunder ektopischer
Milz, die ein gefahrliches Inkognito darstellt, sowie bei einer Milz mit leichten
pathologischen Veränderungen, wenn sie nur funktionsfähig ist, stets so ein-
zugreifen, dass sie, wenn möglich, erhalten bleibt. Er zitiert 14 Fälle von
Splenopexie (Parona, Giordano, Margarucci), bei denen in sieben die
Heilung und die korrekte Lagerung des Organs eine bestimmte Zeit lang an-
hielten. Auch die postoperativen Ausgänge sprechen zu gunsten der Milz-
erhaltung. Zum Schlüsse führt er die Meinungen der Autoren für und gegen
die Splenoplexie an und beschreibt die Parona sehe Operationsmethode als
die geeignetste. R. Giani.
Grand i (2) berichtet über drei Fälle von ektopischer, hypertrophischer
Malariamilz, in denen er die Splenopexie vornahm. In einem vierten Falle
nahm er ausser der Splenopexie auch eine partielle Milzresektion vor; es
handelte sich hier um Milzechinococcus. R. Giani.
Hypertrophie, Tumoren, Cysten.
1. Finkelstein, Ein Fall von Splenektomie and Talmascher Operation bei Malaria-
ascites. Rasski Wratsoh. Nr. 22. Hohlbeck (St. Petersburg).
2. Qoinard, Spltoeotomie ponr m^alospUnie palndique. Archives provinciales Nr. 7.
8. *Heinrioin8, Über die Cysten der Müz nnd Aber ihre Behandlung speziell durch
Splenektomie. Archiv fOr klln. Chirurgie. Bd. 72. Heft 1.
4. Levison, Splenectomy for Banti's disease. Annais of snrg. Nov.
5. Monnier, Zur Kasuistik der Milzcysten. Beiträge zur klin. Chirurgie. Bd. 41. I.
6. Qu^nu et Duval, De la spltoectomie dans la spl^nomägalie avec h^patopathie cir-
rhotique. Rev. de chir. Nr. 10.
7. Roger, La splänectomie dans la maladie de Banti. La Presse mädic Nr. 59.
8. RouzdeBrignolles, Quelques remarques au siget d'un cas de spltoomägalie pa-
lustre, trait^ avec suoote par la spl^nectomie. Arohiv. provino. Nr. 2.
9. *Sal8ia, ün caso di pseudoleuoemia splenica infantile curata con la splenectomia.
Giomale dell' Associaz. napolit. di medici e naturalistL fasc. 2. Giani.
10. S e a g e r , Note on a case of hydatid cyst of the spieen. The Lancet. March 7.
11. V. Stark, Über die Bantische Krankheit. Med. Qes. zu Kiel. Münch. med. Wochen-
schrift Nr. 86.
12. Villar, Du choiz de la m^hode d'intervention dans le traitement des l^stes hydati-
ques de la rate et du pancr^as. Joum. de m4d. de Bordeaux. Nr. 10, 11.
13. Von der Weyde und van Yzeren, Chronische Tumor der milt als gevolg van
Thrombose der Yen. Portae. Nederl. Tijdsch. v. Geneesk. L p. 32. Goedhnis.
14. *Petit, Deux oas de sarcome tdlangieotasique de la rate et de Täpiploon chez le
chien. Bull, et m^m. de la soc. anat 1903. Nr. 10.
Mit Bantis Krankheit beschäftigen sich mehrere Arbeiten. Qu^nu
und Duval (6) berichten nach einer einleitenden Besprechung der Geschichte
und der Festlegung des Begriffes der Maladie de Banti über einen Fall
(21 jähriges Mädchen), wo sie die Splenektomie mit ausgezeichnetem, unmittel-
barem und dauerndem Erfolg ausgeführt haben. Patientin ist 4 Jahre nach
1096 Jafareabericht fttr Ghinirgie. H Teil.
der Operation beobachtet, hat sich verheiratet und ist Mntter zweier ge-
sunder Kinder.
In der Indikationsstellung gehen die beiden französischen Autoren nidit
so weit, wie Bessel-Hagen, für den die Diagnose Bantische Krankheit
zu jeder Zeit die strikte Indikation zur Splenektomie liefert, sie wollen die
Operation vielmehr abhängig machen von der Grösse des Milztumors re^
den dadurch bedingten Beschwerden, stehen übrigens auch auf dem Stand-
punkte, dass eine Heilung ohne Splenektomie nicht vorkomme.
Mit ebensogutem Erfolg splenektomierte Levison (4) einen 27jährigeB
Mann, der an sehr schwerem Morbus Banti erkrankt und schon mehrere
bedrohliche Magenblutungen durchgemacht hatte. Roger (7) berichtet über
zwei gleichfalls erfolgreiche Splenektomien, die er in Ägypten, wo nach seiner
Ansicht das Leiden häufiger vorkommen soll , ausgeführt hat (50 jähr, und
35jähr. £ingeborenenfrau). Die sämtlichen vier Beobachtungen sind dnrcli
ausführliche Krankengeschichten, mit mikroskopischem Befund und Blntante^
suchung (bei Qu6nu und Levison auch noch längere Zeit post op.) für die
wissenschaftliche Beurteilung wertvoll.
Einen unglücklichen Fall hat v. Starck (11) erlebt. Der Operierte
(63 jähriger Mann) ging in der ersten Nacht an Nachblutung zu gnmde.
Roux de Brignolles (8) hat bei einer 27jährigen Frau eine 1700g
schwere Malariamilz mit gutem Erfolg exstirpiert. Die Blutuntersuchimg e^
gab am dritten Tskg eine Leukocytose von 95000, die aber in wenigen Tagen
zur Norm (7200) absank, während die Erythrocyten nach vorübergehaMkoi
leichtem Abfall in der dritten Woche die Norm wieder erreicht hatten.
Mit gleich gutem Erfolg entfernte Groinard (2) in Algier bei einem
16jährigen Mädchen die 2600 g schwere Malariamilz. Die Malariaanfalk
kehrten später trotz der Milzexstirpation wieder, worauf Goinard aoBdröd-
lieh hinweist.
Aus Krönleins Klinik berichtet Monnier (5) über eine Milzcjsle
unbekannter Provenienz bei einem 21jährigen Mädchen; durch Splenektomie
wurde Heilung erzielt ; eine seröse Pleuritis, die eine Woche post op. zur M
Wickelung kam, heilte auf Aspiration von 700 cc Exsudat. Die Resaitafe
der sorgfältigen Blutuntersuchungen sind im Original nachzusehen, ihre Deih
tung ist durch die interkurrente Pleuritis erschwert. Monnier f and nod
13 Fälle von grossen Milzcysten in der Literatur, die sämtlich zur Heihiqg
kamen.
Villar (12) exstirpierte bei einem Patienten, den er 1900 wegen Leber-
echinococcus operiert hatte, im Juli 1902 zunächst 12 Cysten, welche im
Netz und Mesenterium sassen, zwei weitere fanden sich in der Milz; daTOD
wurde eine nebst dem grössten Teil der Milz exstirpiert, ein Rest der zweiteo
zurückgelassen und in die Bauchwand eingenäht, schliesslich noch eine Ueioe
Cyste im Pankreas mit Capitonnage nach Delbet behandelt, da dieExstir-
pation nicht möglich war. Heilung.
Daran anknüpfend liefert er eine kritische Besprechung der Operatioos-
methoden mit folgendem Resultat: Punktion und Injektion sind zu verwerfen;
Exstirpation der Cyste und Capitonnage nach Delbet sind vorzügliche Ver-
fahren, aber nur ausnahmsweise möglich; die Splenektomie ist die Methode
der Wahl bei fehlenden oder leicht lösbaren Adhäsionen; an ihre Stelle toitt
als Notbehelf die Marsupialisation bei schweren Verwachsungen. DieEchiDo*
coccuscysten des Pankreas sind, wenn möglich, mit Exstirpation oder Capi-
Hofmeister, VerletzuDgen nod duriiTg. Erankbeiten der Milz. 1097
.onnage zn behandeln; wo diese nicht ansföhrfoar (Yereitenmg , Verkalkung
1er ^and), ist die Marsupialisation angezeigt. In letzterem Falle empfiehlt
i^illar eine lumbale Gegenöffnung hinzuzufügen; diese wird unbedingt nötig»
¥enn die Cyste so klein ist, dass sie nicht mit der vorderen Bauchwand yer-
läht werden kann.
Seager (10) fand bei einem 11 jährigen Knaben eine kleinorangengrosse
Ekjliinokokkencyste der Milz. Der freigelegte Tumor wurde punktiert, eine
licke Gysteqwand ausgeschält, die Höhle mit der Haut vernäht und drainiert,
platte Heilung. Die Cyste enthielt keine Tochterblasen.
Bei einer 35jährigen Patientin, die seit 12 Jahren an hartnäckiger
Malaria litt, entfernte F in ke Istein (1) die 1800 g schwere, 30 cm lange,
20 cm breite Milz und machte die Talma sehe Operation. Heilung.
Hohlbeck (St. Petersburg).
Bei einer 44jährigen Frau, deren einzige Klage in einem ungemein
stark ausgesprochenen Ermattungsgefühl bestand, waren Erscheinungen von
Cyanose zugegen und konstatierte manHyperglobulie (7600,000 in einem cbmm),
leichte polynukleäre Leukocytose und als Hauptsymptom einen kolossalen
harten Milztumor. Drei Wochen nach der von Prof. Narath (13) ausge-
führten Splenektomie folgte Exitus letalis.
Bei der mikroskopischen Untersuchung der Milz konstatierte man den
Schwund der Malp ig hischen Körperchen und starke Wucherung des Binde-
gewebes.
Die Obduktion lieferte folgenden Befund:
Starke Dilatation der Gefässe im Gebiete der Y. portae, grosse kol*
laterale Yenae von der Milz zum Diaphragma, akute und chronische Throm-
bose der V. portae, Yerdickung infolge chronischer Entzündung des Liga-
mentum hepato-duodenale. Leukämie, Malaria, Syphilis, B an tische Krankheit
und anderweitige Ursachen waren auszuschliessen. Für chronische Stauungs-
milz war kein ätiologisches Moment zugegen. Die Lidikation zur Splenektomie
wurde gegeben durch das fortwährende Wachstum des Milztumors, während
die Blutuntersuchuug keine starke Abweichung von dem normalen Befund
zeigte.
Die Todesursache war in diesem Falle die Thrombose der Y. portae;
sie war die Folge einer Schädigung der Wand der Yen. portae (Yerdickung
und Yerengung). Die Sklerose der Milz ist zweifellos dieser Yerengerung zu-
zuschreiben. Der Yerengerung der Yenae portae ist aller Wahrscheinlich-
keit nach Yerdickung des Lig. hepato-duodenale aus unbekannter Ursache
vorangegangen. G o e d h u i s.
Milzexstirpation.
1. CetDarowsky, Zwei weitere Fülle von Milzexstirpation. Przeglad lekarski. Nr. 19.
2. Jordan, Die Ezstirpation der Milz, ibre Indikationen und Resultate (an der Hand
von sechs erfolgreichen Splenektomieu). Mitteilungen aus den Grenzgebieten. Bd. 11.
Hefts.
3. * — Die Indikationen zur Exstirpation der Milz. Berliner klin. Wochenschr. Nr. 52.
A. *— Die Exstirpation der Milz, ihre Indikationen und Resultate. Nat. med.Yer. Heidel-
berg. Münchener med. Wochenschrift Nr. 9.
5. *— Indikationen der Splenektomie. 51. Yers. mittelrhein. Ärzte. Münchener med.
Wochenschr. Nr. 25.
6. *— Beiträge zur Milzchirurgie. Verb. d. d. Ges. f. Ghir. Berlin.
7. Latarjet, Deux cas de spdnectomie. Lyon möd. Nr. 51.
1096 Jahresbericht fttr Chirurgie. IL Teil.
8. Rantenberg, Beobachtnog von Blatverftodeningeii nach Milzexstirpation. Mflocii.
med. Wochenschrift Nr. 16.
9. Rieppi, Dae splenectomie esegnite. Riyista veneta di sei. med., 31 Maggie.
10. Stryoharsky, Drei Fälle von Milzexstirpation. Wiener med. Wochenschrift Nr. 6.
11. Vanverts, Des voies d*acc^s snr la rate. Utility de la r^section extrapleorsle da
rebord costal poar faciliter^ dans certains cas, la d^couverte de cet organe. Diacai»
sion. Ball, et möm. de la soc. de Chir. de Paris. Nr. 27.
12. * Webster and Tilken, A case of saccessfal removal of an enlarged spieen. Tli
joom. of the Amer. med. Assoc. April 11.
Gestützt auf 6 eigene Fälle von erfolgreicher Milzexstirpation (snbkataoe
Ruptur, Blutcyste, Echinococcus, Sarkom, idiopathische Hypertrophie etc.) und
unter eingehender Berücksichtigung der grossen Literatur gibt Jordan^)
ein wohl abgerundetes Bild von dem heutigen Stand der Splenektomiefrage.
Seine Schlussfolgerungen harmonieren durchaus mit den heute Ton den deut-
schen Chirurgen wohl allgemein akzeptierten Anschauungen. Das Studium
des an interessanten physiologischen und klinischen Details reichen, tob
wissenschaftlich kritischem Geiste durchwehten Originals sei hiermit wärm-
stens empfohlen.
Vanverts (11) empfiehlt als Zugang zur normal gelagerten Milz oiDeo
Schnitt entlang dem Rippenbogen von der Mitte zwischen Mammillar- und
Medianlinie bis zur mittleren Axillarlinie. Genügt das Emporheben des
Rippenbogens nicht, so reseziert er die Knorpel der 8., 9. und 10. ffippe.
Am Lebenden hat er sein Verfahren noch nicht geprüft.
Rautenberg (8) hat in dem von Simon (siehe letztjährigen Bericht)
beschriebenen Fall von Splenektomie wegen Milzsarkom (Klinik Garr^} die
Blutuntersuchungen bis zu 10 Monaten post op. fortgeführt.
Aus Trzebickys Klinik beschreibt Strycharski (10) ausführlich drei
Fälle von Milzextirpation :
1. 46jährige Frau, Milztumor 2600 g. Tod am 2. post op. an Hen-
schwäche, Endokarditis, Mitralinsufif.
2. 46 jährige Frau, Milztumor 1800 g. Heilung kompliziert durdi Heix-
schwäche, Pneumonie, Bauchdeckeneiterung.
3. Frau; Malariamilz, 3690 g schwer; Heilung; in der Rekonvatesoiz
mehrere typische Malariaanfalle. Als Kuriosum sei erwähnt, dass die Milz in
diesem Falle retroperitoneal lag.
In den beiden ersten Fällen wird die Natur des Tumors vom Verf. io
suspenso gelassen (keine Leukämie).
Latarjet (7) referiert über zwei von Delore in derselben Woche
ausgeführte Splenektomieen. Die erste betraf eine 25jährige Frau mit einer
1100 g schweren Echinokokkencyste der Milz; ausserdem zwei EdiinokokkeB-
cysten des Netzes gleichzeitig entfernt; im anderen Falle handelt es sich bei
einem 18 jährigen Mädchen um Splenomegalie unbekannter Provenienz. Beide
Kranke sind auf dem Wege der Genesung (3 Tage post op.).
Rieppi (9) berichtet über zwei Fälle von Splenektomie: Im ersten be-
stand Perisplenitis und die Milz war mit dem Magen und dem Zwerchfdl
verwachsen; die AfiFektion verursachte der Patientin Gastralgie und unerträg-
liche Schmerzen im Unterbauch. Die Operation hatte einen glücklichen Aus-
gang, denn alle Schmerzen hörten auf. Im zweiten Falle bestand primäre
Splenomegalie mit Anämie ; Patientin erfuhr durch die Operation bedeutende
Besserung. Der an der Milz gemachte histologische Befund war dem ▼<»
Banti beschriebenen ähnlich. — Verf. führt noch einen im Jahre 1881 tob
Pertz, Die Anwendnng der Röntgensirahlen in der Ghimrgie. 1099
Pennati operierten Fall von Ban tischer Krankheit an; der Operierte lebt
noch und erfreut sich der besten Gesundheit, was beweist, dass durch die
chirurgische Behandlung die Krankheit zum Stillstand gebracht und das Leben
verlängert werden kann. R. Giani.
Anschliessend an den Bericht Strycharskis über Splenektomien aus
der Abteilung Trzebickys teilt Cetnarowski (1) zwei weitere Fälle aus
demselben Material mit.
1. 40 jfthrige Frau. Myelogene Leukämie. 50000 Leakocyten (neutrophile 47 ^/o,
Hyelocyten 82 7o» Mastzellen 5*^/o); Verhältnis der weissen za den roten Blutkörperchen
1:68; Hb-Gehalt 55% (Gowers). Exstirpation der volumiDösen (5000 g) Milz. Keine
Tamponade der Milzgegend. Tod nach 48 Stunden durch parenchymatöse Blutung.
2. 20 jähriger Mann mit Malariahypertrophie. Blutbefund: Erythrocyten 2,506000,
Leukocyten 2600; Verhältnis 1:963,8; Bb 39 ^^.'o; Normoblasten ; keine Plasmodien. Spien-
ektomie. Bei Lösung der Adhäsionen heftige Blutung aus der eingerissenen V. splenica.
Gewicht der Milz 3700 g. Im Anschluss an die Operation neutrophile Leukocytose, geringe
Steigerung der Erythrocytenzahl und des Hämoglobinprozentsatzes. Allgemeinbefinden gut.
In der 4. Woche fanden sich im Blute Plasmodien (pigmentierte und unpigmentierte Quoti-
dianaformen) vor. Kein ]<1eber. Ghininbehandlung ohne Einfluss auf den Plasmodienbefund.
Nach zwei Monaten Entlassung des völlig beschwerdefreien Patienten. Blutbefund jetzt:
Plasmodien weniger zahlreich, keine Halbmonde; Verhältnis der Blutkörperchen 1:462;
fib 49 > G. ürbanik (Erakau).
XXVI.
Die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Chirurgie.
Referent: A. Pertz, Freiburg i./Br.
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Nebenräume das Röntgenbild des Gesichtsschädels den Operationsplan, diese Hohl-
räume durch äussere Eingriffe freizulegen, modifizieren? Fortschr. a. d. Gebiete der
Röntgenstrahlen. Bd. VI. p. 79 u. folgde.
238. Wittek, Zur Technik der Röntgenphotographie (Lendenwirbel, Blasensteine). Fort-
schritte a. d. Geb. d. ROntgenstr. Bd. YII. p. 26.
239. Wolff, Über Frakturen des Os naviculare carpi. Freie Vereinigung der Chirurgen
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240. — Ist das Os naviculare bipartitum und tripartitum Grubers das Produkt einer Frak-
tur? Nebst Mitteilung eines Falles angebomer beiderseitiger Teilung des Naviculare
carpi. Deutsche Zeitschrift f. Chir. Bd. LXX. p. 254.
241. — Über das Röntgenbild der Handwurzel in Hinsicht auf die Luxationsstellungen des
Handgelenkes. Monatsschr. f. ünfallheilk. 1903. 7.
242. *Zeisler, Radiotherapeutio observations. The Journal of the Americ. medic. Assoc.
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Die Vorteile, welche die praktische Chirurgie aus der Anwendung der
Röntgen-Strahlen gezogen hat, sind in dem Berichtsjahre 1903 sehr erheb-
liche gewesen.
Dieser Fortschritt liegt sowohl auf diagnostischem, wie therapeutischem
Gebiete. Auf jenem Gebiete wurden zweifelhafte Ansichten sichergestellt,
wie der Nachweis von Nierensteinen, oder neue Gebiete der radiologischen
Diagnostik erschlossen. Man lernte auch einfache Knochenentzündungen und
solche spezifischer Natur im Anfange erkennen. Auf dem therapeutischen
Gebiete begann eine gänzlich neue Ära, darf man wohl ohne Übertreibung
sagen. Vor allem vrurde die Röntgentherapie aus tastenden Versuchen zu
festen Normen geführt und ihr der Nimbus eines Allheilmittels genommen,
so dass auch der Skeptiker sie unter die Zahl der brauchbaren Heilfaktoren
hat aufnehmen müssen. Dass sich dabei das Verwendungsgebiet verkleinerte,
ist nicht zu beklagen, im Gegenteil, dadurch wurde dem praktischen Rönt-
genologen ein grosser Ballast an vergeblicher Arbeit und verschwendeter Zeit
abgenommen. Dafür hatte er das Bewusstsein mit Aussicht auf Erfolg in
der Mehrzahl der Fälle beginnen zu können. Auch auf literarischem Gebiete
war das Jahr 1903 ein gesegnetes. Wie bei jedem neuen Schritt vorwärts
in der Medizin, gab es auch auf radiologischem Gebiete viele Mitarbeiter.
Dass nicht alle dazu berufen waren, die Feder zu ergreifen, um unser Sonder-
gebiet zu fördern, werden die folgenden Seiten lehren: es ist eben hier noch
notwendiger, wie bei Besprechung der Literatur anderer Zweige der Chirurgie,
die Spreu von dem Weizen zu sondern. Man braucht ja nur das vorange-
stellte Literaturverzeichnis durchzublättern, um bei den aufgeführten 242
Nummern zu entdecken, was alles veröffentlicht wird. Die Zusammenstellung
dieser Literatur ist zur Zeit nicht gerade eine sehr leichte Aufgabe. Die
einzelnen Artikel stehen sehr zerstreut, man kann nicht von vornherein er-
kennen, ob die betreffende Abhandlung von Interesse für den Chirurgen ist,
und so mag es kommen, dass die eine oder andere Arbeit fortgelassen wurde,
trotzdem sie auf berechtigte Beachtung zu rechnen gehabt hätte. Grössere
und wichtige Artikel oder gar Monographieen sind aber dem Referenten wohl
kaum entgangen. Unterstützung fand Referent von seiten der betreffenden
70*
1106 Jabresbericht fOr Ghinugie. IL Teil
Autoren nur in einem Falle, von Seiten der Verleger iraren wenigstens drei
in liebenswürdiger Weise bereit, durch Übersendung von Referat-Exenqilare&
den Jahresbericht zu fördern.
Der Besprechung voranstellen möchte Referent einige BemerkangeiL
welche Holzknecht (99) gelegentlich eines Aufsatzes macht, in dem er aaf
die Schädigung hinweist, welche die chirurgische Diagnostik durch das
Röntgenverfahren erlitten hat. Er verlangt mit Recht, dass sich besonders
der angehende Chirurg nicht auf das Röntgen-Verfahren verlassen solle, io-
sofern er dadurch die eingehende Untersuchung des Falles einschrankt fid-
mehr habe die Stellung der Diagnose einmal auf Grund der üblichen Unter-
suchung und zweitens auf Grund der Röntgen-Untersuchung zu erfolgen. A«
dem Ergebnis beider wird schon der richtige Endschluss gezogen werdeo.
Besonders warnt er vor OberÜächlichkeit, schon aus dem praktischen Grande,
weil ein Röntgenbild eines komplizierten Falles nicht leicht zu deuten isl
Um gute Röntgen-Aufnahmen zu erhalten, schlägt er vor, die racUologisdie
Untersuchung der klinischen vorangehen zu lassen, damit der Patient nidd
erst durch letztere aufgeregt ¥rird und die für die Aufnahme notweodige
ruhige Lage vermissen lässt.
Wir wenden uns jetzt zur Besprechung der neu erschienenen Lehr- wi
Handbücher. In zweiter Auflage erschien in vortrefflicher Ausstattung in
Druck, Papier und Illustration das wohl jedem Röntgenologen bekannte Hud-
buch der Röntgen-Lehre von Gocht (69). Dasselbe stellt einen wesentlicL
dickeren Band dar, als wie vor 8 Jahren. Die Fortschritte der Tedmit
sind vor allem berücksichtigt worden, wie die neuen Induktionsapparate mj
Unterbrecher. Neu hinzugekommen ist die Blendentechnik und das Kapitei
über die Stereoskop-Aufnahmen. Der so wohltuende einfache Stil ist beibe-
halten, ohne dass die knappe Fassung das Verständnis beeinträchtigte. M«
merkt beim Durchlesen sofort, dass man es mit einem Röntgenologen zu xm
hat. dem alle Einzelheiten auf das beste geläufig sind. Von nicht zu unter
schätzender Bedeutung ist das dem Buche beigegebene Literaturverzeichius
welches allein 80 Seiten engsten Druckes einnimmt und nahezu yollstiDd^
genannt werden darf.
In ebenfalls zweiter Auflage erschien Donath (47), die EinrichtoDg»
zur Erzeugung der Röntgenstrahlen, welches sich hauptsächlich mit der teck-
nischen Seite des Verfahrens beschäftigt und ein treffliches Lehrmittel bildet
Gegenüber dem oben besprochenen Buche betont es mehr entsprechrad den
Berufe seines Verfassers die physikalischen Grundlagen in einer ausserordent-
lich klaren und prägnanten Weise.
Ein weiteres Buch gab Steche w (200) heraus. Dasselbe beschäftigt
sich hauptsächlich mit der Einrichtung einer Röntgenstation , wie sie bei
Militärlazaretten anzuraten ist. Die sehr praktischen und meist einfacba
Hilfsapparate, zum Teil vom Verfasser selbst erdacht, werden mit Vorliebe
benutzt und ihre Anwendung in weiteren Kreisen empfohlen. Eline eingehende
Besprechung findet dann noch die, die Militärärzte begreiflicherweise so sekr
interessierende Fussgeschwulst. Eine gute historische Einleitung macht das
Buch noch besonders für Nichtmilitär-Chirurgen wertvoll.
Anschliessend hieran soll eine Arbeit von Thöle (209) erwähnt werdsD.
weil dieselbe sich gleichfalls mit der Verwendung dw Röntgenuntersnchmf
beim Militär und besonders im Kriege beschäftigt. Verf. kommt zu dem fr
gebni^;, dass der Röntgenapparat notwendig für das Feldlazarett sei, um dei
Pertz, Die Anwendaag der Röntgenstrahlen in der Chirurgie. 1109
Nachweis yon (xescliossen , die wegen irgend welcher Störungen zu entfernen
sind, zu erbringen. Die in der Zeit der chinesischen Wirren gemachten Er*
fahrungen hat Haga (78) in einer Arbeit zusammengestellt, welche sich mit
den Schussverletzungen beschäftigt, die im Reservelazarett zu Hiroshima be-
handelt wurden. Entsprechend früheren Autoren kommt er zu dem Ergebnis,
dass das Mantelgeschoss wegen seiner Härte, geringeren Deformierbarkeit und
grösseren Geschwindigkeit weniger hochgradige Knochenverletzungen wie das
Bleigeschoss hervorruft. Eine Reihe gelungener Bilder lässt den Leser selbst
den Vergleich ziehen.
Ein Sammelwerk stellt das Buch von Dessauer und Wiesner (46)
dar. Entsprechend dem extremen Standpunkte des Physikers bietet die Dar-
stellung des physikalischen Teiles einen etwas einseitig zugeschnittenen Leit-
faden, der bei dem knappen Räume zwar bemerkenswert eingehend gehalten
ist, aber doch auch noch sehr stark angezweifelte Behauptungen enthält, so
dass eine Orientierung über die einschlägigen Verhältnisse nur einem schon
in physikalischen Dingen beschlagenen Chirurgen gelingen dürfte. Der chirur-
gische Teil des Leitfadens ist von Hoffa (92) verfasst und gibt kurz die
Leistungen bei dem heutigen Stande der Technik wieder ohne wesentlich Neues
zu bringen. Eine ähnliche kurze Zusammenfassung gibt Fraenkel (60).
Hervorzuheben ist, dass Verf. keine einzige Röntgenverbrennung sah. Ferner
hält er bei der Lokalisation von Fremdkörpern alle erfundenen Apparate für
überflüssig und behauptet, stets mit zwei Hilfsmitteln ausgekommen zu sein,
nämlich 1. Durchleuchtung resp. Aufnahmen in verschiedenen Richtungen;
2. Bestimmung der Exkursionsgrösse event. unter Zuhilfenahme eines fakul-
tativen Fremdkörpers. Dazu möchte Ref. nur bemerken, dass der Verf. zu
beneiden ist, bisher immer solches Glück gehabt zu haben! Unbekanntes
bringt die Arbeit sonst nicht. Eine ähnliche Zusammenstellung ist eine Arbeit
von Delphey (45), welcher bei Aufzählung der notwendigen Apparate mit
Vorliebe der Influenzmaschine gedenkt, die bei uns in Deutschland gänzlich
ausser Betracht bleibt. Damit sind wir zur Besprechung der neuen techni-
schen Hilfsmittel gekommen, die im Jahre 1903 erfunden wurden. Es ist als
eingehendstes Werk das von Albers-Schönberg (2) verfasste Buch her-
vorzuheben. Es ist dem röntgenographierenden Chirurgen auf das dringendste
anzuraten, die hier aufgestellten Grundsätze zur Erzielung bestmöglichster
Aufnahmen sich einzuprägen. Wenn man auch sagen muss, dass Verf. der von
ihm eingeführten Kompressionsblende einen reichlich weiten Raum gewidmet
hat, so gibt er doch für alle möglichen Körpergegenden die eingehendsten
Vorschriften in bezug auf Lagerung und technische Anordnung des Aufnahme-
apparates. Diese spezielle Technik dürfte das Wertvollste an dem Buche sein.
In einer zweiten Arbeit beschreibt Albers-Schönberg (1) die Schutz Vor-
kehrungen, welche für den Patienten, Arzt und Fabrikanten zu treffen sind.
Die Maximalbestrahlungsdauer soll im einzelnen Falle 4 Minuten nicht über-
steigen bei einem Abstände von 30 cm. Die Untersuchung soll höchstens
3 mal an demselben Tage vorgenommen werden, wobei man anamnestisch zu
erheben hat, ob der Patient nicht schon von anderer Seite untersucht wurde.
Zum Schutze der nicht zu bestrahlenden Körperpartien dient eine Bleiplatte,
welche unter der Röhre als Blende angebracht ist. Auch die Augen des Pat.
sind während der Anordnung der Röhrenstellung durch ein Tuch gegen Ver-
wundungen durch herumfliegende Glasscherben zerberstender Röhren zu
schützen! Er empfiehlt dann noch eine Erdleitung an die Metallteile der
1110 Jahresbericht fllr Chirurgie. II. TeiL
Blenden u. s. w. anzulegen, um keine Stromübergänge auf den Patienten za
erleben.
Der Arzt soll vor allem seine Hände durch Benutzung der verschiedeDeii
Härtegradmesser schützen und femer soll der ganze Körper durch Hineia-
treten in ein Bleihäuschen vor dem Auftreffen von Röntgenstrahlen bewabrt
werden. Ref. möchte empfehlen, diesen Blei-Panzerturm auch noch drehbar
zu machen, damit man völlig den Eindruck erhält, man befände sich an Bord
eines Kriegsschiffes!
Um ein besseres Material als das bisher gebräuchliche Walzblei zu Sehnt
tafeln verwenden zu können, empfiehlt Holzknecht (100), solches Walzblei
von 2,5 mm Dicke mit dünnem Kautschuk beiderseitig zu überziehen, to-
durch die Modellierbarkeit nicht leidet und das lästige Abfärben vermiedeii
wird. Während die meisten Röntgenologen heute auf dem Standpunkt stehen,
dass durch die Abbiendung der Sekundärstrahlung die erhebliche Besserniig
in der Schärfe der Bilder erzielt werde, misst Witte k (238) auch nocheineiB
anderen Verfahren einen grossen Wert bei. Er bemerkte gelegentlich einer
Röntgenuntersuchung des Magens, welcher mit Luft aufgebläht war, dasB &
hinter demselben gelegenen Lendenwirbel sehr detailreich herauskamen. Y«'-
suche bestätigten ihm die Tatsache, dass durch Luftaufblähung eine leichte
Darstellbarkeit eines Blasensteines erzielt wurde.
Stegmann (203) erhofft von seiner ;,neuen'' Methode der Injektion einer
Wismutlösung in die Gangsysteme des Körpers wichtige Aufschlüsse über &t
Grösse und Ausbreitung pathologischer Prozesse.
In ähnlicher Weise bringt Weil (228) die Stirn- und Kieferhöhlen zur
Darstellung, indem er schwefelsaures Blei eingiesst. Wismut-Kartoffelhra
wandte Brun (23) an bei einem Divertikel des Ösophagus. Das Radiograom
Hess deutlich das Divertikel als zarten Schatten erkennen. Eine zylindrische
Erweiterung des Ösophagus konnte auf gleiche Weise Loeb(132) bei schrapr
Durchleuchtung diagnostizieren.
Vorläufig weist Bened[ikt (16) darauf hin, dass häufig direkt untei
der Kontur des Schädelknochens eine zweite gleichlaufende Kontur zu seheo
sei, welche dem von vom nach hinten verlaufenden Sinus falciformis ent-
spricht und besonders scharf hervortritt, wenn der Sinus mit Aufiagernngsi
bedeckt oder ganz prall gefüllt ist, in einer anderen Gruppe von Filla.
„wenn durch eine meningeale seröse Schwellung eine besonders durchlasse
Schicht zwischen dem Knochen und dem Gehirn vorhanden ist."
Wir wenden uns nun der Besprechung jenes Teiles der Röntgenunter-
suchung zu, welchem seit der Entdeckung dieser Strahlen von jeher der LöweB-
anteil am Erfolg zufiel, den Fremdkörpern. Wenn man jetzt auch allgemeii
davon zurückgekommen ist, jeden Fall, bei dem der Nachweis eines Fremd-
körpers in dem menschlichen Körper gelungen ist, zu veröffentlichen, so ge-
währt es doch noch Interesse , solche Fälle der Allgemeinheit zugänglich a
machen , die entweder durch ihren Sitz besondere Schwierigkeiten für dee
Röntgennachweis boten, oder bei denen die Folgeerscheinungen interessant
sind oder schliesslich trotz langen Verweilens des Gastes im Körper an ge-
fährlicher Stelle die nur geringen Unannehmlichkeiten des Wirtes erstaTinlict
erscheinen. Levy-Dorn und Jacobsohn (129) teilen die interessante Tat-
sache mit, dass auch innerhalb des menschlichen Körpers noch Zertrümmemif
eines eingeheilten Nadelstückes vorkommen könne. Der Nachweis Ton Zahn-
prothesen im Ösophagus gelang Wichraann (232) und Bergonie et
Ports, Die Anwendung der BOntgensiralilen in der Ghinirgie. 1111
Du no gier (19), welch' letztere eine kleine experimentelle Studie über die
Durchlässigkeit der bei Anfertigung von Zahnprothesen gebräuchlichen Mate-
rialien anfügen und zu dem Schlüsse kommen, dass bei guter Technik alle
Zahnprothesen nachweisbar sind. Umso bemerkenswerter ist ein von Du ne-
gier (49) veröffentlichter Fall, bei dem der Nachweis einer ausYulkanit mit
goldhinterlegten Z&hnen und Goldhäkchen bestehenden Prothese nicht gelang,
obwohl dieselbe vorhanden sein musste, wie ihr Abgang auf natürlichem Wege
nach mehreren Tagen bewies. Eine Messerklinge aus der Lunge entfernte
Baldwin (9), sowie Tuffier (217) eine Kugel an der linken Vorkammer
des Herzens. Die interessante Beobachtung eines Geschosses an der hinteren
Herzwand erwähnt Kienböck (110); er sah Bewegungen der Kugel synchron
mit den Herzkontraktionen und konnte ihren Sitz durch Durchleuchtung in
verschiedener Richtung feststellen. Eine eigentümliche Ursache für das Phä-
nomen des schnellenden Fingers erbrachte Payr (171), indem die Röntgen-
untersuchung zeigte, dass bei jedesmaligem Streckversuche sich das Häkchen
einer zwischen Sehnenscheide und Knochen zum grössten Teil fest ins Periost
eingebetteten Häkelnadel in die vorübergleitende Sehne fest verhakte. Wie
vorsichtig man aber mit der Deutung von Röntgenbefunden sein sollte, zeigt
die Veröffentlichung von Mittler (150). Ein schwer luetischer Patient wurde
an den Oberschenkeln einer Röntgenuntersuchung unterzogen, wobei man eine
Platte erhielt, die unregelmässig verteilte, zahlreiche, tropfenartige Gebilde
zur Darstellung brachte, welche für Röntgenstrahlen im höchsten Grade un-
durchlässig sein mussten. Verf. spricht dieselben als Verkalkungsherde an, die
sich in der Umgebungsstelle von multiplen Jodipininjektionen bildeten. Die
an diese Demonstration sich anschliessende Diskussion zeitigte auch einen
Namen für die neuentdeckte Krankheit, indem man sie als Perimyositis ossi-
ficans bezeichnete und annahm, dass es Verknöcherungen im Bindegewebe
seien infolge von Überanstrengung. Ob das Jodipin schuld sei oder nicht,
blieb dahingestellt. Unmittelbar darauf veröffentlichte Stegmann (202) Be-
obachtungen, die einfach ergaben, dass es sich um nichts weiteres als Resi-
duen der Jodipininjektionen handelt. In gleichem Sinne äusserte sich Lan-
dow (121), welcher ähnliche Befunde erhalten hat.
Über die Extraktion im Körper stecken gebliebener Fremdkörper exi-
stieren wieder mehrere Arbeiten, die sich hauptsächlich mit der Extraktion
von Kugeln aus der Schädelhöhle beschäftigen, v. Anger er (7) wandte in
einem Falle das Verfahren nach Stamm (Zentralbl. für Ghir. 1902 Nr. 12)
an und fand die Kugel. Das Lob, welches infolge dieses Erfolges dem Stamm-
schen Verfahren gezollt wird, ist unverdient, denn im Falle ,v. Anger er s
wurde die Kugel nur gefunden, weil sie dicht an dem verwandten Blechstreifen
lag. In ähnlicher Weise versuchten auch Wieting und Raif (233) den Sitz
einer Kugel im Schädelinneren zu bestimmen. Sie machen eine Röntgenauf-
nahme von vom und eine von der Seite, während zwei kreuzweise aufeinander
befestigte, gebogene und federnde Stahlbandstreifen in sagittaler und trans-
versaler Richtung den Kopf umgreifen. Die Lage dieser Streifen wird genau
durch Höllenstein auf dem Kopfe markiert. Sie hatten Erfolg 1 Dieses Ver-
fahren ist noch schlechter als das von Stamm. Auffallend ist dennoch die
von den Verff. verlangte Exaktheit bis auf ^/s mm, da das Gehirn bei Lage-
änderungen des Kopfes auch seine Lage ändere. Sie schreiben Jeder hält
die von ihm geübte Methode für die geeignetste.'' Hoffentlich ^jübt'' der Verf.
diese Methode nicht weiter, denn es dürfte doch wohl ungerechtfertigt sein,
1112 Jaäratltori«ht für düratgi«. IL TaiL
im Gehirn nach einem Geschoss zu suchen, wenn mati sich Torfaer
kann , dass die angewandte Ortsbestimmung nicht mathematisch genau mi
kann, zamal uns heute Methoden zur Verfügung stehen, die absolut eukte
Resultate auch ohne komplizierte Apparate geben. Allerdings muss man äck
die Mühe nehmen, dieselben kennen zu lernen. Es ist auch heute eben nodi
immer der Satz gültig, ein Punkt im Baume wird durch drei sich scfanetdeode
gerade Linien bestimmt, nicht nur durch zwei! Dieser Grundfordenug ge-
nügt der von Bermbach (20) erfundene Appajrat, welcher nicht onhandlkk
zu sein scheint. Zur vorläufigen Orientierung, ob ein Fremdkörper sich diesseiti
oder jenseits vom Knochen befindet, benutzt Macewen (138) die Umkeiiniif
des bisher gebräuchlichen Verfahrens, den Bariumschirm ruhig zu halten laA
die Extremität zu bewegen, indem er die letztere ruhig hält und den Schin
mit ihr auf und ab bewegt. Wenn der Fremdkörper sidi auf der Röhies-
seite des Knochens befindet, wird sein Schatten sich im Sinne der Scbint-
bewegung mitbewegen, die Knochenschatten als Fixationspunkt genommen,
sonst umgekehrt. Bewegt sich der Schatten nicht gegen den KnochenschaUea,
so muss der Fremdkörper dem Knochen sehr nahe an-, oder in demaalbeD
liegen. Wie weit anerkannte Autoritäten des Bdntg^ifaches in der abaprecfaea-
den Beurteilung des Lokalisationsrerfahrens gehen, zeigt die Arbeit von Hol>
knecht (97), welcher behauptet, dass alle bisher bekannten Methoden da
Hirnlokalisation ungenau und unbrauchbar seien, wenn es sich um tiefaitie&de
Fremdkörper handle. Die von ihm selbst angegebene Methode (Dnrdilenchtiiog
während der Operation von zwei verschiedenen Lichtquellen aus) ist ans des
oben angeführten Grunde mindestens ebenso ungenau wie unverständlidL Es
dürfte nicht dem Geschmack des modernen Chirurgen entsprechen, bei eioer
solchen Operation das Instrumentarium noch durch Einfugen des ganzen
Bontgenapparates zu komplizieren.
Der Böntgenuntersuchung bei Grosshimerkrankungen widmet Pancoast
(169) eine Arbeit. Er verfügt über 8 Fälle von Hirntumoren, Epilepsie n. a. i.
und fand in allen Fällen zirkumskripte Schatten. In einem Falle toi
Tumor cerebri entsprach dem Sdiatten eine Flüssigkeitsansammlung dickt
unter der Dura. Bei einem Falle von Jacksonscher Epilepsie fand man bei
der Operation eine chronische Meningitis und Verwachsung der Dura mit im
Gehirn und Knochen. Im Böntgenbilde war von dieser Stelle ein ganz schwadff
Schatten zu sehen (?). Von grosser Bedeutung ist die VeröffentlichuDg tob
Fittig (56). Die Verhältnisse lagen hier deshalb günstig, weil der Tunor
verkalkt und der Kranke noch jung war. Die ungefähre Lokalisation gelai^g
und war deshalb besonders wichtig, weil die klinischen Symptome za einer
falschen Lokalisation geführt hatten. Die beigefügten Böntgenbilder lasse»
in der Tat den Tumor sehr gut erkennen. Die auf Grund dieser Bilder a«-
geführte Operation ergab richtig als Sitz des Tumors die rechte Seite. Die
Schatten der Böntgenbilder rührten von drei etwa haselnussgrossen flöUei
her, deren Wände verkalkt waren. Böntgenaufnahmen des exstirpi^ten
Tumors ergaben auch Bilder der verkalkten Partien, welche in ihren FonneB
dem Schatten auf den Schädelbildem entsprachen.
Einen interessanten Beitrag zum Beweise der Nützlichkeit des Böntgen-
verfahrens bei der Untersuchung der Blase auf Fremdkörper bringt Hirsch (90).
Er bezeichnet diese Art des Nachweises als das schonendste diagnostisch«
Verfahren und unter Umständen als die einzige innerlich anwendbare Unter-
suchung. Zahl, Grösse und Lage der Fremdkörper werden gut zur AnschauoiC
Pertz, Die Anwendang der ROnigeiMtnihleo in der Chirurgie. 1113
gebracht. Zwecks Orientiernng , wie die am häufigsten in der Blase gefun-
denen Gegenstände sich auf dem Röntgennegative darstellen, machte Verf.
eine Aufoahme von den verschiedensten Eatheterarten und Bougies, ferner
eines Wachskerzchens, Haarnadel und Bleistiftes. Er kommt zu dem Resul-
tate, dass Wachskerze, Bleistifte xmd französische Katheter unter der Grenze
der Nachweisbarkeit stehen, während Glas, englische Katheter — und zwar
diese wegen der Bleibeschwerung der angewandten Seide — , Metallkatheter,
Bleibougies und metallische Fremdkörper nachzuweisen sind.
Über den Nachweis von Blasensteinen schreibt B 6c lere (13, 15). Die
Schwierigkeit der Darstellung hängt ab von der Grösse des Steines, seiner
cbemischen Zusammensetzung und der Dicke des untersuchten Abdomens.
Zufällige Flecke auf der Platte können oft täuschen. Man schützt sich da-
gegen am besten durch eine stereoskopische Aufnahme, weil auf beiden Platten
der Abstand des Steinschattens von der Plattenebene grösser sein muss als
die Transversalfortsätze der Wirbel. Dabei betont er noch, dass die Radio-
akopie nur ausnahmsweise zum Ziele führt.
Der Diagnose des Nierensteines widmet Rumpel (184) eine grössere,
ausgezeichnete Monographie. Gleich im Anfang gibt er der Überzeugung Aus-
druck, dass ;, jeder Stein, mag er im Nierenbecken, in den Kelchen oder im
Harnleiter sitzen, mag er aus Oxalsäure oder aus Harnsäure, aus phosphor-
saarem Kalk oder Gystin bestehen, mag er die Grösse einer Erbse oder die
eines korallenartigen Ausgusses des Nierenbeckens und der Kelche haben, mag
er endlich von einem schlanken oder auch korpulenten Menschen beherbergt
werden, dass jeder Stein — sagen wir — auf der photographischen
Platte mittelst Röntgenstrahlen dargestellt werden kann, unter
der Voraussetzung einer gut durchgeführten Technik.^ ^^Ein negativer
Röntgenbefund schliesst die Steinannahme aus^. Es standen ihm
21 Fälle zur Verfügung, welche sämtlich durch die Operation kontrolliert
wurden. Theoretische und praktische Versuche stellten fest, dass die chemische
Zusammensetzung der Steine bei weitem keine so bedeutende Rolle spielt,
wie gemeiniglich angenommen wird. Vielmehr beanspruchen technische Mass-
nahmen hauptsächlich Berücksichtigung. Der Arbeit, deren Studium auf das
wärmste zu empfehlen ist, sind prachtvolle Abbildungen beigefügt, die be-
sonders durch die Gegenüberstellung des Steinschattens vor und nach der
Operation instruktiv wirken.
Mit Hilfe eines etwas anderen technischen Hilfsmittels gelang es Ep-
pinger (54) Nierensteine zur Darstellung zu bringen. Er blähte das Kolon
mit Luft auf nach der Methode Witteks, die oben beschrieben wurde und
vrandte keine Bleiblenden an. Die Operation bestätigte seinen Befund. Da-
gegen liegt es mit der Diagnose von Gallensteinen noch recht im argen.
Treplin (215) gelang es, einige Male Cystikus- und Gholedochusteine dar-
zustellen.
Über eine radiographisch nachweisbare Veränderung der proximalen
Knochenfragmente bei Frakturen berichtet Wertheim-Jalomonson (231)
kurz folgendes: der proximale Teil des frakturierten Knochens erschien auf-
fällig wenig lichtdurchlässig. Die beigefügten zwei Abbildungen zeigen dieses
Phänomen in der Tat sehr ausgeprägt. Die Erscheinung versucht Verf. zu
erklären und vermutet, dass es sich um einen Abschluss der arteriellen Blut-
versorgung des proximalen Fragmentes (Läsion der Art. nutritia) handelt. In-
folgedessen stelle sich eine venöse Hyperämie ein, die während der ersten
1114 Jahresberiehi für Chirurgie. IL Teil.
Zeit wenigstens mit einer Kalkablagerung einhergehe. Eine Bestätigung dieser
Mitteilung hat Ref. nicht gefunden. An dieser Stelle sei auf eine Arbeit tob
Bayon (10) hingewiesen, in welcher der Verf. sich experimentell unter aus-
gedehnter Benützung des Röntgenverfahrens mit dem Einflnss des Schild-
drüsenverlustes und der Schilddrüsenfütterung auf die Heilung von Knochen-
brüchen beschäftigt. An einer anderen Stelle dieses Jahresberichtes dürfite
sich eine Besprechung der Arbeit vorfinden. Hall-Edwards (85) fand bei
schweren Distorsionen der Gelenke häufiger Längsfissuren der Knocheneudeai
durch die Röntgenuntersuchung, wie z. B. am Radius, an der Tibia und an
den Phalangen. Dass es sich bei schweren Gelenkdistorsionen nicht inuner
um solche Fissuren handelt, zeigt ein von Bade (8) veröffentlichter Fall
Der Fat. war 11 Wochen lang wegen einer Gelenkquetschung des Knies be-
handelt worden, ehe man durch das Röntgenbild aufdeckte, dass es sich nm
einen Schuss in den Oberschenkel mit steckengebliebener Engel handdte.
Eine recht seltene Komplikation einer Klavikularfiraktur nach einfachem Fall
teilt Taylor (208) mit. Wie die Röntgenuntersuchung ergab, war ein spitze
Knochensplitter, welcher senkrecht vom medialen Bruchende nach abwärts
nach der Art. subclavia ging, in letzteres Gefass eingedrungen und hatte die
Entstehung eines traumatischen Aneurysmas veranlasst.
Ähnlich der vor einigen Jahren erschienenen Monographie von Oberst
über die Frakturen und Luxationen der Hand und der VorderarmknocheD
behandelt sein Assistent Wen dt (230) die Frakturen am unteren Humems-
ende. Der Arbeit sind vier Tafeln ausgezeichneter Reproduktionen ein-
schlägiger Fälle beigegeben, die fast sämtliche Frakturen dieser Region in
mehreren Altersstadien vorführen. Besonders hebt Verf. hervor, wie not-
wendig es ist, die normalen Verhältnisse am Ellenbogen des Kindes zu kennou
um nicht durch Epiphysenlinien irregeführt zu werden. Dementsprechend
bildet er kindliche Ellenbogen in verschiedenen Entwickelungsstufen ab und
erklärt die etwas komplizierten Verhältnisse. Die einzelnen Frakturfomm
werden dann eingehend besprochen und manche bisher herrschende Ansicbt
über Entstehung, Verlauf der Bruchlinie und Dislokation der Fragm^ite be-
richtigt. Zum Schluss warnt Verf. vor allzu eifrigem operativen Voi^ehen,
indem er auf Grund seiner Bilder anführt, dass es eine Reihe geringfügiger
Deformitäten gibt, die das funktionelle Resultat absolut nicht beeinträchlj^
Auf einem ähnlichen Standpunkte steht Graessner (73), welcher an der
Hand von mehreren Röntgenbildern die Wirkimg der Bardenheuer sdi^
Extensionsbehandlung bei der Fractura supracondylica humeri zeigt Eines
Beitrag zu dem Kapitel der abnormen Sesambeine liefert Kienbock (112).
Er beschreibt ein grosses, kniescheibenförmiges Sesambein dicht über dem
Olekranon, welches beiderseitig vorhanden war. Ein sehr seltenes Vorkomm-
nis, das natürlich leicht eine Olekranonfraktnr vortäuschen kann. Die Hand-
gelenksverstauchungen sollen nach Nion (166) in 15% mit Brüchen der
Hand Wurzelknochen einhergehen. Unter seinen 11 Fällen war 10 mal dtf
Kahnbein, 1 mal das Mondbein gebrochen. Die Bruchlinie bei ersterem ler-
läuft stets in der Mitte dort, wo es einen Winkel bildet Eine Dislokation
wurde nicht beobachtet. Bei diesen Handgelenksverletzungen gibt die Röntgen-
untersuchung die einzige Möglichkeit, die Diagnose zu stellen. Dieses betont
auch Dartigues (42) und Pagenstecher (168), welcher noch weitere
Einzelheiten über den Kahnbeinbruch hinzufügt, die an anderer Stelle nach-
gelesen werden mögen. Eingehend beschäftigt sich auch Wolff (241) mit
Perts, Die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Chirargie. 1115
den Brüchen des Kahnbeines. Er führt sechs Fälle an, bei denen eine Kon-
solidation ausgeblieben ist, trotzdem die Dislokation der Fragmente nur eine
sehr nnbedeutende war. In einer weiteren Arbeit begründet Wolff (239,
240) eingehend die Ansicht, dass das Os bipartitnm und tripartitum navicu-
]are der Anatomen im allgemeinen nicht als wahre Varietät, sondern als
Folge einer Fraktur anzusehen sei. Vor allem verlangt er den Nachweis von
den Anatomen, dass die Berührungsflächen beider Schififbeinteile vom Knorpel
überzogen sind, um sie als selbständige Knöchelchen ansprechen zu können.
Er kommt zu dem Schlüsse, dass die Teilung des Os naviculare extrem selten
sei. Ein Fall ist von ihm sichergestellt, in dem beiderseits neun Handwurzel-
knochen vorhanden waren. Bevor wir uns zu den Frakturen der unteren
Extremität wenden, erwähne ich noch die Abhandlung Sudecks (206) über
die Darstellung der Wirbelsäulenerkrankung. Dieselbe bringt zum ersten
Male eine systematische Zusammenstellung von Röntgenaufnahmen der Wirbel-
säule und zwar finden wir wiedergegeben die normale Wirbelsäule, 3 Kom-
pressionsfrakturen der Lendenwirbelsäule, 2 Brüche des siebenten Halswirbels,
1 Bruch des Domfortsatzes, des fünften Lendenwirbels, 1 multiple myelogene
Sarkomatose, 7 Tuberkulosen, 3 ankylosierende Spondylitiden.
Goldammer (70) teilt zwei Krankengeschichten mit, die beim Militär
durch Hufschlag entstandene Tibiafrakturen beschreiben. Bei dem einen
Soldaten handelte es sich um eine Aussprengung eines keilförmigen 7 cm
langen Knochenstückes an der Grenze des oberen und mittleren Drittels.
Die Basis des Keils entspricht der hinteren Tibiafläche. Bei dem zweiten
Patienten ergab die Röntgen-Untersuchung einen Spalt von der Hinterfläche
her, der die vordere Kortikalis nicht mitbetraf. Einen Erklärungsversuch
schliesst Verf. an und rät dringend, auch seitliche Aufnahmen zu machen.
Vier leider recht schlechte Holzschnitte dienen zur Illustration. Eine Zu-
sammenstellung von 32 Spiralfrakturen des Unterschenkels, welche sämtlich
geröntgt wurden, bringt Lauen stein (123), der anrät, genügend grosse
Platten zu nehmen, da bekanntlich die Fibula hoch bricht. Dass durch einen
Druck der Talusrolle von unten her gegen die Tibiagelenkfläche eine Ab-
sprengung oder Abquetschung des vorderen Tibiarandes entstehen kann, be-
weist die Mitteilung Frankes (62). Suter (207) glaubt sich vor diagnosti-
schen Irrtümern bei der Beurteilung der Röntgenbilder von Frakturen durch
seitliche Aufnahmen ausser solchen von vom her schützen zu sollen und führt
als Beweis zwei FäUe an, bei denen die Bruchlinie der Fibula von hinten
oben nach unten vom ohne seitliche Dislokation verlief. In einem Falle war
eine Abrissfraktur des inneren Malleolus dabei. Ref. glaubt, dass eine gute,
detailreiche Platte, welche Strukturzeichnung der Knochen aufweist, auch
solche Brachlinien erkennen lässt bei der Aufnahme von vom. Allerdings
muss als nicht gering anzuschlagendes Hilfsmittel eine vorzügliche Beleuch-
tung des Negativs während der Mustemng stattfinden. Leichter führen zu
Täuschungen Abnormitäten an den Fusswurzelknochen. So teilt Nion (165)
9 Fälle mit von Vorhandensein des Os trigonum tarsi. Alle waren wegen
Quetschung oder Verstauchung des Fussgelenks mit Röntgenstrahlen unter-
sucht. In allen Fällen sah man bei seitlicher Aufnahme ein etwa bohnen-
^osses' Knochenstück dicht am hinteren Ende des Talus. In 4 Fallen kam
es beiderseitig, in 3 Fällen einseitig vor, dann war aber auf der gesunden
Seite der Proc. posticus tali sehr stark entwickelt. Durch Palpation ist es
nicht nachweisbar. Sein Vorkommen beträgt 4,4 ^/o. Auch über die Brüche
1116 Jabresb«rieht fOr Ghinngie. IL T«iL
der Mittelf ussknocben bringt Nion (164) eine Statistik. Es handelt sidi un
575 Fälle. 330 zeigten Veränderungen an den Knochen. 233 mal konnte
eine dentliche Bruchlinie nachgewiesen werden. Die rechte und linke Seite
weisen keinen Unterschied in der Häufigkeit auf. Über noch grösseres
Material yerfügte Tobold (210) bei der Abfassung seiner Statistik. Unter
1500 Fällen von ^Fussgeschwulst^ stellte er in 67,3 Vo Yerändenmgen ao
den Mittelfnssknochen fest, bei 49,7 ^/o Brüche und Einbrüche, bei ll,9*/i
Knochenhautentzündung, bei 5,7 ^/o alte Brüche und bei 12,7^)0 hatte er ein
negatives Ergebnis. Wie sorgfältig Tobold seine Negative durdunostert,
zeigt sein dabei angewandtes Verfahren. Mit einem Dermatographen be-
zeichnet er sich auf dem Fussrücken den Punkt, an welchem der Patient
Schmerz empfindet bei einem senkrecht zum Mittelfnssknochen ausgeübtes
Drucke. Der Abstand zwischen diesem Schmerzpunkt und der entsprecheih
den Zehenspitze wird mit dem Zentimetermass gemessen. Diese Entfernung
wird auf der Negativplatte abgetragen und bietet einen Anhaltspunkt fir
das Auffinden feinster Knochenveränderungen. Tobold führt auch einen
Fall an von Bruch des inneren Sesambeins des ersten rechten Mittelfos»-
knochens. Referent glaubt, dass es sich hier doch wohl um eine aj^eborene
Zweiteilung des betreffenden Sesambeines handelt, wie sie von Pfitznerin
seiner leider in Röntgenfachkreisen so wenig bekannten Abhandlung ^Die
Sesambeine des menschlichen Körpers^ auf Seite 608 beschrieben und auf
Tafel XXVI abgebildet ist. Erwälmenswert ist noch von prophylaktischen
Vorschlägen des Verfassers, den Parademarsch vor einer Übung, zu welcher
Zeit sich die Muskulatur noch in frischem, leistungsfähigem Zustande befindet,
auszuführen, wodurch seiner Ansicht nach der Truppe manch ein Mittelfoss-
knochenbruch erspart würde.
Die Veröffentlichungen über Luxationen, bei denen durch die Röntgeo-
strahlen beachtenswerte Fortschritte erzielt wurden, sind naturgemäss weniger
zahlreich erfolgt. So berichtet Delbet (44) über einen Fall, bei dem die Doreii-
leuchtung eine ausgedehnte Geschwulst des oberen Humerusendes mit dfinner
Enochenschale zeigte. Die Diagnose lautete demnach auf Sarkom. Nacb
einigen Monaten trat eine Fraktur ein, die gut heilte. Es stellte sich heraos,
dass der 7 jährige Knabe schon häufiig seine Schulter verrenkt hatte, nsd
dass es sich also um einen stark hypertrophischen Kallus handeln musste.
Mit der Technik der Aufnahmen des Handgelenkes bei vermuteten Ver-
renkungen in demselben beschäftigen sich zwei Arbeiten. Lilienfeld (131)
demonstrierte 4 Aufnahmen, welche eine Luxation des Mondbeines nach der
Volarseite betreffen. Er warnt davor, bei solchen Verletzungen allein nack
einer Durchleuchtung weder bei positivem noch negativem Ergebnis eine
sichere Diagnose zu stellen. Um in solchen Fällen eine einheitliche Projektion
der einzelnen Gelenkteile zu erhalten, gibt Wolff (241) Vorschriften über
die technische Anordnung der Röhre, des Objektes und der Platte zu einander,
deren Einzelheiten im Original nachgelesen werden mögen.
Um auch die Röntgenuntersuchung für die Diagnose entzündlicher Ver-
änderungen der Knochen verwertbar zu machen, hat Ludloff (135) die nor-
malen Veränderungen in dem Bau und der Struktur der unteren Femar-
epiphyse untersucht und bringt viele wertvolle Ergebnisse. Lexer (130)
untersuchte die Beziehungen der Knochenarterien zu den Entzündungsherden
und stellt die Veröffentlichung einer Zusammenstellung seiner Bilder in Aus-
sicht. Aber schon der jetzt vorliegende Anfangsteil der Arbeit bietet so yid
Pertz, Die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Chirurgie. 1117
des Interessanten und Wissenswerten, dass das Studium desselben nur
dringend empfohlen werden kann. Eine eingehendere Würdigung wird indes
erst nach Abschluss der Untersuchungen möglich sein. Haim (83) berichtet
über die bei akutem Gelenkrheumatismus auftretenden Enochenveränderungen.
Elr sah schon in den ersten Tagen eine diffuse Aufhellung der Knochen, Ver-
wischung der Struktur- und Konturzeichnung der spongiösen Gelenkenden.
Hieraus muss auf ein Übergreifen des entzündlichen Prozesses schon in den
ersten Tagen der Erkrankung auf die Gelenkenden geschlossen werden. Die
radiographischen Veränderungen sind die Folgen von einer akuten Erweichung,
Hyperämie und Schwellung der Gelenkenden: Ostitis der Epiphysen, Ähn-
liche Bilder erhielt Kienböck (113) bei gonorrhoischer Arthritis und be-
zeichnet sie als ;, akute Knochenatrophie ^. Es kommt zu einer Aufhellung
des Schattens und Verschwommenheit der Kontur- und Strukturzeicbnung, die
zuerst herdweise, unregelmässig, später diffus auftritt. Es handelt sich um
bedeutende Resorption der Kalksalze. Eine eingehende Beschreibung eines
Präparates von Kniegelenkstuberkulose bringt Ludloff (134). Die Röntgeno-
graphie ergab einen bobnengrossen Herd an der Knochenknorpelgrenze des
Condylus medialis. In diesem Herd waren sämtliche Bälkchen gleichsam aus-
radiert. An dieser Stelle konnte man nicht nur die degenerativen, sondern
auch regenerative Veränderungen studieren. Zu berücksichtigen ist hierbei,
dass an dieser Stelle gerade die Vasa nutritia in den Knochen eintreten. Als
cbarakteristische Merkmale der Knietuberkulose bei Kindern von 3 — 7 Jahren
sind folgende Angaben wertvoll: 1. Verminderung oder Vernichtung der Pro-
tnberanzen an der Knocbenknorpelgrenze, besonders des Condylus internus,
Auftreten von Rauhigkeiten an der Knochenknorpelgrenze im 7. Jahre;
2. zapfenförmige Knochenneubildung an der Unterfläche der Kondylen;
3. Vergrösserung der knöchernen oder verknöcherten Teile der Kondylen, der
Patella, der Tibia und des Fibularköpfchens, welche wie aufgeblasen er-
scheinen ; 4. Vergrösserung des Epiphysenfleckes und grössere Durchlässigkeit
für Röntgenstrahlen.
An der Hand von vier Fällen bespricht Köhler (118) die Differential-
diagnose zwischen Lues, Tuberkulose und Arteriosklerose. Die aus früheren
Arbeiten bekannten ossifizierende und rarefizierende Periostitis und gummös-
osteomyelitischen Prozesse fand er auch bei seinem ersten Falle. Die übrigen
Fälle boten radiologisch nicht so typische Befunde, um die sichere Diagnose
Lfues stellen zu können. Während bei zweien die sonstigen Befunde datür
sprachen, lässt Verf. bei dem dritten Falle die Diagnose zwischen Arterio-
sklerose oder Lues offen. In einer weiteren Arbeit desselben Verfs. (117) be-
schreibt er die Röntgenbefunde, welche bei Osteoarthritis deformans zu finden
sind. Er weist besonders auf die charakteristischen Veränderungen des Proc.
styloideus ulnae hin, der an seinem Ende eine breite, durch eine dem Tri-
quetrum parallele Linie begrenzte Fläche darstellt, offenbar eine Abschleifung
der beiden Knochen gegeneinander. Ferner ist eine Deformation des Radius-
köpfchens im Sinne der Hypertrophie vorhanden, wobei häufig auch eine Nach-
giebigkeit gegenüber der Eminentia capitata des Hamerus auftritt.
Folgezustände einer ausgeheilten Kniegelenkstuberkulose bildet Eijk-
man (51) ab, ohne etwas Neues mitteilen zu können, während Hofmeister (93)
über dieselbe Erkrankung an der Hand zahlreicher Röntgenaufnahmen inter-
essante Beobachtungen über die Verkrümmungen des operierten Beines an-
stellte. Eine Besprechung der Diagnose der Hüftgelenkserkrankungen gibt
1118 Jalireeb6richt ffir Ghimrgie. n. TeiL
Immelmann (104), wobei er der Ansicht Ausdruck verleiht, dass dieV«-
biegung des Schenkelhalses auf rachitischer Erkrankung beruhe, ab^ nidit
auf einer Schenkelhalsfraktur. Mit den entzündlichen Erkrankungen der Wirbel-
säule beschäftigten sich Graetzer (74) und Müller (161); es gelang letz-
terem nicht, bei einem 220 Pfund schweren Patienten ein positives Resultat
zu erzielen.
Wenden wir uns jetzt zu den Geschwülsten der Knochen, so haben drei
Autoren Arbeiten über die kartilaginären Exostosen geliefert Grünfeld (76)
konnte durch das Röntgenbild eine grössere Anzahl palpatorisch nicht feststeD-
barer Exostosen nachweisen. Kienböck(lll, 115) beschreibt eingehend seine
Ergebnisse bei Untersuchung von neun Fällen mit multiplen, kartilaginären
Exostosen. Die Spongiosa geht in die Spongiosa der Diaphyse über; sie ist
bedeckt von einer dichten, unregelmässig verdickten Compacta, die wiederum
durch eine helle Zone, den hyalinen Knorpelüberzug, von der Umgebung ge-
trennt ist. Ihr Sitz ist regelmässig in der Nähe der Epiphysenlinie und zwar
in dem Teil, welcher das stärkste Wachstum zeigt. So sitzen sie am Vorder-
arm und am Oberschenkel im distalen Epiphysenabschnitte, am Unterschenkd
und am Oberarm im proximalen. Daneben finden sich bedeutende Verkürzungen,
besonders der Phalangen und Metakarpen resp. Metatarsen oder bei den langoi
Röhrenknochen charakteristische Verkrümmungen und Verbiegungen der Ge-
lenke. Die betroffenen Skeletteile selbst zeigen hochgradige Veränderungen in
ihrer Struktur. Das ganze Ende der Diaphyse ist spindlig verdickt und diffus
aufgetrieben bis zur Gelenkfläche ; letztere ist meistens nicht deformiert. Da-
bei ist die Kortikalis verdünnt, die Spongiosa weitmaschiger. Verf. schlagt für
diese, das ganze Skelett betreffende chondrale Dysplasie den Namen „Exostosen-
dysplasie^' vor. In gleich ausführlicher Weise bespricht Kienböck (114) die
radiographische Anatomie des traumatischen intramuskulären Osteoms an der
Hand von 8 neuen Fällen.
Beck (12) bespricht die Differentialdiagnose zwischen Cyste und Tumor
der Röhrenknochen. Er verlangt bei einer Cyste : Regelmässigkeit der dünnoi
Kortikalis ; die Höhle selbst soll absolut durchsichtig sein ; die Konturen der
Höhle müssen regelmässig sein und parallel zur Corticalis stehen, y. Berg-
mann (18) weist auf die Möglichkeit der Verwechslung der epiphysaren Ge-
schwülste mit Tumor albus hin, während zentrale Sarkome mit Osteomyelitis
verwechselt werden können. Für Cysten ist charakteristisch, dass sie an der
Epiphyse Halt machen, Tumoren tun dies nicht; solche Cysten sind teilweise
von einem riesenzellenhaltigen Geschwulstgewebe umgeben, teilweise ohne solche
Begrenzung, sie liegen dicht an der Epiphyse, erreichen aber den Epiphysen-
knorpel nicht. Auf dem Röntgenbilde sieht man hellere und dunklere Kreise
Bei in der Diaphyse sitzenden Tumoren bringt die Röntgenuntersuchang keine
Entscheidung. Zwecks Unterscheidung der scharf gegen die Umgebung ab-
gegrenzten oder der diffusen Riesenzellensarkome ist das Röntgenbild Yon Vor-
teil, "wie L es sing (125) mitteilt. Auch Tumoren der Stirnhöhlen sind nach-
weisbar durch die Röntgenstrahlen.
Birch-Hirschfeld (22) berichtet über ein Osteom dieser Gegend. Es
zeigte sich ein scharfbegrenzter Schatten, welcher der Stirnhöhle angehörte,
aber von der vorderen Wand derselben durch einen schmalen Spalt geschieden
war. Derselbe reichte bis über die Medianlinie nach der anderen Seite und
sandte einen Fortsatz in die Orbita, wodurch der Bulbus nach aussei ge-
drängt wurde. Dieser Befund Hess den, wie die Operation ergab, berechtigtes
Pertz» Die Anwendang der Röntgenstrahlen in der Chirurgie. 1119
Schluss zu, dass ein Hantknochenlappen aus dem Stirnbein freien Zugang
schaffen würde. In ähnlicher Weise können vor einer Operation auch wich-
tige Beziehungen zwischen Stirnhöhle und Siebbein festgestellt werden, die
von entscheidendem Einflüsse auf die Operationsmethode sind. Auch retro-
bulbäre Erkrankungen geben charakteristische Bilder, wie Franke (61) an
einem Falle nachweist.
Besonders wertvoll ist die Röntgenuntersuchung bei Mediastinaltumoren
nach einer Arbeit de la Camps (28), wenn in verschiedenen Durchmessern
die Strahlen einfallen. Es ist dabei auf Pulsation zu achten, die sicher zu
erkennen nicht so leicht ist. Für den Ausgangspunkt hat die Röntgenunter-
suchung keine Bedeutung.
Über die Darstellbarkeit der Weichteile liegt eine Arbeit von Lynn
Thomas (137) vor. Es wird hier eine Photographie publiziert eines Fusses
nach Tenotomie der Achillessehne, auf der man die auseinandergewichenen
Sehnenstümpfe sehr gut sieht. Kleinere Sehnen dürften aber doch nach An-
sicht des Ref. keinen so intensiven Schatten werfen, um eine eventuelle Kon-
tinuitätstrennung zu sehen. Die grösseren Sehnen, wie Quadriceps, Triceps-
sehne und das Lig. patellare inferior sind sichtbar.
Ein dankbares Feld bieten für die Röntgenuntersuchung die Deformitäten.
Banzi (177) beschreibt zwei Fälle mit Halsrippen, bei denen eine Verbindung
der Halsrippe mit der ersten Rippe durch einen rechtwinklig ansetzenden,
*/i cm langen Knochenfortsatz bestand. Haberer (77) fand bei einer Polydak-
tylie auch eine Verdoppelung des Os cuneiforme ausser der Verdoppelung aller
Phalangen und des Metatarsalknochens. Wagner (224) liefert einen Beitrag
zur Kenntnis der Brachydaktylie. Kiwull (116) beschreibt einen Patienten
mit einer mangelhaften Entwickelung des Humerus nebst fester knöcherner
Yerwachsung desselben mit dem Vorderarme. An Stelle des Radius und der
TJIna findet sich eine Knochenplatte, die als Verschmelzung eines rudimentären
Radius mit einer rudimentären Ulna anzusehen ist. Die rechte Hand zeigt
normale Knochenverhältnisse, abgesehen von einer abnormen Kleinheit. Charak-
teristische Röntgenbilder von kongenitalen Hüftgelenksluxationen bringt die
Ufonographie von Narath (162). Joachimsthal (105) fand bei der Röntgen-
stafnahme eines Kindes eine so hochgradige Verkürzung des Oberschenkels,
lass ein angeborener Defekt angenommen wurde. Bei späteren Aufnahmen
^rgab sich jedoch ein viel grösserer Teil des Oberschenkels als vorhanden in-
folge der verspätet eingetretenen Ossifikation. In einer ausführlichen Studie
iber den anatomischen und statischen Bau des normalen Fusses und des Platt-
'nsses hat Engels (53) sich hauptsächlich des Röntgenverfahrens bedient:
L . zur Darstellung der Spongiosazüge und 2. zur Bestimmung der gegenseitigen
^jagerungsverhältnisse der Fussknochen bei unbelastetem und belastetem Fusse.
Zwecks Gleichmässigkeit der Resultate gibt er zwei Apparate an, die es er-
gaben, den belasteten Fuss von oben immer in genau derselben Stellung zu
öntgenographieren und auch seitliche Aufnahmen des belasteten Fusses eben-
alls in völlig übereinstimmender Stellung bei verschiedenen Individuen her-
ostellen. In einem Anhange werden diese beiden Apparate genau durch
kizzen erläutert. Sie sind in der Tat einfach und zweckmässig, besonders
ärfte sich die seitliche Aufnahme mit genannter Vorrichtung als Grundlage
är weitere Vergleichsaufnahmen empfehlen.
£s erübrigt noch die Veröffentlichungen zu besprechen, welche sich mit
er therapeutischen Anwendung der Röntgenstrahlen beschäftigen. Es ist
1120 Jabresberidit fttr Ghinurgie. IL Tefl.
DAtürlich, dass eine fast unübersehbare Zahl solcher Mitteilungen erschiciia
ist. Dieselben haben bis auf wenige nur einen kasuistischen Wert, inden
Einzelfalle veröffentlicht werden, bei denen die Röntgenstrahlen günstig oder
ungünstig gewirkt haben. Solche kein weiteres Interesse bietende Arbeita
sind nicht eingehend referiert worden, weil num zum grössten Teü sdioi
allein aus dem Titel das wesentliche des Inhalts erfahrt. Ebenso sind Im
auf das von auswärts eingesandte Referat einer Mitteilung über die Wirbog
der Becquerelstrahlen sämtliche über dieses Thema erschienenen Abhandlmipi
nicht berücksichtigt worden aus dem Grunde, weil einmal diese Th^apie ski
noch im Stadium des Experimentes bewegt, weil zweitens von einer Illg^
meineren Anwendung infolge der Schwierigkeit der Beschaffung des Ebui>
tionskörpers noch nicht die Rede sein kann und weil schliesslidi drittens
irgendwelche nennenswerte Fortschritte für die Chirurgie bisher nicht errekh
wurden. Aus ähnlichen Gründen glaubte Ref. auch die sonst therapeutisA
ai^ewandten Methoden, wie die Hochfrequenzströme, das gewöbnlicke ind
konzentrierte Sonnenlicht, das Glühlicht, das gewöhnliche und konzentrierte
Bogenlicht, das Funkenlicht, das Glimmlicht, die fluoreszierenden und ph»
phoreszierenden Substanzen und schliesslich die Ghromotherapie ausser uk
lassen zu dürfen, denn entweder ist diese Therapie nur auf ein spezielles Ge-
biet anwendbar, welches der Chirurgie femer steht, wie die FinsenbehandluBg
des Lupus, oder sie wird erst seit so kurzer Zeit wissenschaftlich verwertet
dass hervorragende Erfolge bis jetzt noch nicht 'erreicht werden konnteo.
Drei Arbeiten beschäftigen sich mit einer Zusammenstellung der Ait
der Anwendung und der Erfolge der therapeutischen Verwertung der Röntg»
strahlen. Die techniche Seite bespricht Schürmayer (193) m einer il(t»
graphie. Seine Ausführungen sind besonders für angehende Radiotherapent«
verwertbar, dürften jedoch durch eines der eingangs erwähnten Lehrbickr
überholt worden sein. Scholz (192) und Schmidt (189) geben kurze Zi-
sammenfassungen über den heutigen Stand der Radiotherapie ohne weseotiid
Neues zu bringen. Das grösste und eingehendste Werk hat Freund (63) er-
scheinen lassen. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei einem so jusgoi
Gebiet die in dem Grundriss aufgestellten Regeln nicht unumstösslich sind,
doch haben sie den Vorteil, dass einem mit der Radiotherapie nicht Veitraatei
eine sichere Handhabe geboten wird, seine Versuche zu beginnen, ohne Ge-
fahr zu laufen, mit Verschwendung von Zeit und Geld od^r gar mit SchiA-
gung der Gesundheit seiner Patienten rechnen zu müssen. Freund beginnt
mit den einfachsten Regehi der Elektrizitätalehre , bespricht dann die not-
wendigen Apparate, wobei die neuesten Konstruktionen der Indnktoriet oni
Unterbrecher beriicksichtigt sind und wendet sich zunächst zur BehandlBog
mit Hochfrequenzströmen, welches Kapitel Ref. hier ebenso wie die spitara
Kapitel über die Becquerelstrahlen und die Phototherapie aus den oben »
geführten Gründen ausser Bereich der Betrachtung lässt. Als dritter Ab-
schnitt, welcher auch äusserlich den grössten Raum einnimmt, folgt die Be-
handlung mit X-Strahlen. Zuerst berichtet Freund über die EDtstebug
und Eigenschaften der Kathoden- und Röntgenstrahlen, um nach EikUffBOg
der verschiedenen Röhrentypen praktische Ratschläge für eine passende In-
stallation zwecks therapeutischer Verwendung anzuschliessen. Der Entvicb-
lung dieser therapeutischen Anwendung ist das folgende Kapitel gewidioet
welches vor allem zum ersten Male in erschöpfender Zusammensteliong ukI
bester ÜbersichtUchkeit die ersten Versuche und Entdeckungen Mögt Mit
Pertz» Die Anwdndnng der Röntgenstrahlen in der Ghirargie. 1121
Recht betont Verf., dass eine Wirkung anch ohne nennenswerte Reaktion der
bestrahlten Partie eintreten kann. Die Methode der Anwendung der Strahlen
schildert Verf. eingehend und befürwortet, mit einer weichen Röhre bei IV«
bis 3 Ampere Stromstärke in einer Entfernung von ca. 10 cm 5 Minuten
lang zu belichten, so lange, bis der therapeutische Erfolg, d. i. die ersten
Zeichen der Reaktion (Turgeszenz der Haut, Änderungen in der Pigmentation
der Hautgebilde, Erythem, Haarlockerungen und subjektive Symptome), sich
einstellt. Dabei empfiehlt er eine kurze Probebestrahlung bei jedem neu ein-
tretenden Falle, um eine eventuelle grössere Empfindlichkeit zu erkennen.
Eine Beschreibung seiner Schutzvorrichtungen für den Patienten schliesst
diesen Teil ab, indem er zuletzt noch betont, dass Schutzmassregeln für den
Radiotherapeuten selbst überflüssig sind. Unter den Indikationen ist für den
Chirurgen interessant ausser den Hautkrankheiten im engeren Sinne das Ulcus
rodens angeführt zu finden. Über den Lupus berichtet Freund von mehreren
Dauerheilungen, gibt aber doch der Finsenbehandlung den Vorzug. Das
Ulcus rodens soll nur dann mit Röntgenstrahlen behandelt werden, wenn noch
keine Infiltration der regionären Lymphdrüsen vorhanden ist. Als wirksames
Agens dieser Therapie fasst Freund die X-Strahlen selbst, sowie die Ent-
ladungen der an der Röhrenoberfläche angesammelten Spannungselektrizität
auf. Dieselben könnten, wie Verf. als möglich hinstellt, sich in fluoreszenz-
fahigen Bestandteilen der Gewebe in Fluoreszenzlicht umsetzen, wodurch erst
die chemischen Veränderungen in den Geweben hervorgebracht würden. In
dieser Beziehung schienen ihm die leim gebendenden Gewebe eine Verwandt-
schaft mit der Bromsilberg elat ine zu besitzen I Den Schluss der Abhand-
lung macht ein Kapitel über die Röntgenstrahlendermatitis , deren klinische
Erscheinungen besprochen und dann histologische Untersuchungen angeschlossen
werden, ohne dass hier neue Tatsachen vorgebracht werden könnten. Bei der
Behandlung der schweren Rontgenulzera redet Freund derjenigen mittelst
strahlender Wärme durch 100 kerzige Glühlampen das Wort, wodurch sowo'hl
das lästige Jucken beseitigt, wie auch die Überhäutung ganz auffallend schnell
in Gang gebracht wurde. Hartnäckige Ulzera sollen dagegen recht tief und
gründUch exzidiert und die Defekte plastisch gedeckt werden. In einem kleinen
Nachtrag wird noch das Chromoradiometer von Holzknecht erwähnt.
Dasselbe Kapitel behandelt auch Stre bei (205) in kurz gefasster Form.
Er beginnt mit einer ausführlicheren Besprechung des Nutzens und der
praktischen Verwertung des Chromoradiometers , welches er für äusserst
praktisch erklärt. Die Wirkungen der Röntgenstrahlen teilt er ebenfalls in
vier Stadien ein, betont dabei aber besonders, dass man auf viele Abweichungen
der Dermatitis von der Regel gefasst sein muss. Eine Probebestrahlung hält
er für ^antiquiert^, da das Chromoradiometer alle Sicherheit bietet'. Es folgt
eine Besprechung der verschiedenen Dosierungsmethoden. Die Methoden von
Kienböck (vier verschiedene Arten), von Freund^ Scholtz, Lion und
Quelin sind beschrieben und es wird eine Methode von Stre bei noch hinzu-
gefügt. Weiches Rohr auf 25 cm Abstand 10 Min. lang, um sich möglichst
rasch der Reaktion zu nähern, die weiteren Sitzungen geschehen entweder mit
hartem Rohr 10 — 15 Min. lang auf gleiche Distanz, täglich bis zweitäglich
unter Kontrolle des Chromoradiometers so lange, bis die gewünschte Verfär-
bung der Reagenzkörper erreicht ist oder mit massig weichem Rohr auf etwa
50 cm Entfernung unter gleichen Bedingungen. Dann wird ausgesetzt, um
eventuelle Reaktion abzuwarten. Tritt diese nicht ein, wird mit hartem Rohr
JahreAberieht fQr Chirurgie 1903. 71
1122 Jabrosbericht fOr Chimrfia. IL TeQ.
auf 25 cm, mit weichem Rohr auf 60 cm weiierbestraUt. Sehr wichtig ist
der ausgedehnteste Bleischutz. Von der nun folgenden Besprechung der mit
X-Strahlen zu behandelnden einzelnen Affektionen interessiert hier am meistefi
die Behandlung des Karzinoms.
Verf. vertritt den Standpunkt, dass es heute nicht mehr als nnwistea-
schaftlich gelten darf, wenn man die Behandlung eines Karzinoms oder Sa^
koms mit Röntgenstrahlen unternimmt, besonders in Fällen, wo das
Messer des Chirurgen bereits versagt hat.
Holzknecht (95) teilt mit, dass in einzelnen Fällen sdir bald sack
Bestrahlung mit harten Röhren eine Vorreaktion eintrete, wie Rötung, leicht«
Brennen und Hyperästhesie. Sie dient zur Verstärkung der viel spater
einsetzenden Reaktion. Holzknecht vermutet, dass es sich um Wirkoag
von bis jetzt unbekannten Strahlen handelt. Femer teilt derselbe Autor (96)
vier Fälle mit, bei denen er nach der eingetretenen Röntgendermatitis gm
Allgemeinerkrankung mit hohem Fieber auftreten sah, das abends remittierte;
zuweilen zeigte sich auch ein papulöses Exanthem mit Desquam^ttiou. Er glaiilit
an einen toxämischen Ursprung. Leviseur (126) beschreibt als Folgen einer
länger dauernden Bestrahlung der Mägel mit Röntgenstrahlen BraunfarboBg,
Rauhigkeiten, Längs- und Querfurchung derselben, an welche Erscheinusp
sich sekundäre Paronychien anschliessen können. Wird das schädliche Ago»
entfernt , so zeigt sich Heilungstendenz. Über die Röntgendermatitis wurde
eine Inauguraldissertation von Hu hm an n (101) veröffentlicht, welche zvei
neue Fälle den bisher bekannten hinzufügt. Beide zeigen recht schwere Ulzen-
tionen, welche zur Heilung lange Zeit erforderten. Der Grund fiir die 6«-
schwürsbildung lag beide Male in zu häufiger diagnostischer AnwendoDg der
X-Strahlen. Die kleine Arbeit führt noch die verschiedenen Theorien über
die Ursache der Einwirkung, die Art derselben und die Therapie in solcbee
Fällen an. Wie hartnäckig solche Dermaütiden sein können , zeigt m Fal
von Matzenauer (143), der einen Knaben mit Psoriasis vulgaris demon-
strieren konnte, bei dem seit IV» Jahren eine ausgedehnte Dermatitis des
ganzen Kopfes besteht. Am Rücken sind Residuen einer solchen in Gestalt
von ausgedehnten, hellroten Gefassektasien mit dazwischen liegenden, nvhig
atrophischen Stellen zu sehen. Noch unglücklichere Folgen beschreibt Ti o-
Edged Sword (219). Es entwickelte sich auf einer Röntgenverbramuogs-
narbe ein Karzinom und ein Röntenulcus am Unterschenkel zeigte TeDdoi
zur Malignität, so dass amputiert werden musste. Bei einem Arbeiter, welcbei
mit Anfertigung von Röntgenröhren beschäftigt war, sah Sick (197) sä
langem bestehende starke Veränderungen der Haut, wie Rauhigkeiten, Bisse,
Pigmentierungen an den Armen, am Hals und Gesicht und starken Haaraos-
fall. Auf dem rechten Handrücken bestand seit Jahren ein Ulcus, das tiotz
Behandlung nicht heilte. Die Grösse betrug 3 Quadratzentimeter, es war übsr
das Niveau erhaben, pilzförmig, die Kubitaldrüsen frei. Exzision, Naht, Hei-
lung. Der mikroskopische Befund ergab ein Kankroid der Haut out kleioeo
Krebsknoten in der Cutis. Über die pathologisch-histologischen Yeräadenis^
der Gewebe bei diesen Nekrosen berichtet EUis (52) an der Hand yod w
Fällen. Es fanden sich Nekrose des Parenchyms und Stromas, Vermehraflg
des elastischen Gewebes, homogene Ablagerungen in den Blutgefässen, aber
keine kleinzellige Infiltration.
Über den therapeutischen Wert der ^Röntgenstrahlen bei den äoselnei
Affektionen be8t.ehen eine grosse Zahl von Veröffentlichungen von Einzdbe-
Pertz, Die Anwendung der RSotgenstrahlen in der Chirurgie. 1123
obachtnngen, von deBen die wichtigsten folgen mögen. Keinen günstigen Ein-
flnss der X- Strahlen sah Gamlen (66) bei einem Epitheliom der Zmige.
Geheilt wurde von Riehl (178) ein Fall von Mycosis fungoides, von Fittig (58)
ein solcher mit Rhinosklerom. Bei Rhinophyma wandte Strebel (204) eine
sehr energische Bestrahlung an, so dass eine ausgedehnte Dermatitis entstand.
Nach Abheilung derselben war das Resultat ein ausgezeichnetes. Bei der
seltenen Afifektion Acne follicularis necroticans der Oberlippe erzielte Schiff
(187) nach 20 Sitzungen Heilung. Uli mann (220) sah bei einer Ganities
praematura, dass dunkel gefärbte Haare nachwuchsen. Morton (168) be-
strahlte einen Karbunkel mit dem Erfolg, dass die Erweichung rascher ein-
getreten sein soll, so dass der Durchbruch spontan erfolgte. Ref. glaubt
trotzdem, dass sich die Inzision mehr empfiehlt Sehr viele Sitzungen wandte
Nobel (167) bei Lupus erythematodes an. Er belichtete je 5 — 10 Minuten
lang, im ganzen 113 mal. Die lupösen Stellen verschwanden zwar, dafür gab
es tiefe Narbenbildung und Ulzerationen. Er hält die Röntgenbehandlung
bei dieser Affektion nicht für angebracht, weil die X-Strahlen eine entzünd-
liche Oefässreizung hervorrufen und bei obiger Krankheit ebenfalls eine ent-
zündliche Gefässveränderung besteht. Die glänzendsten Erfolge will Childs (30)
haben. Ein Epitheliom des Nasenflügels wurde geheilt einmal in 42, das
andere Mal in 30 Sitzungen, Lupus erythematodes an Nase und Oberlippe in
26 Sitzungen, chronisches Ekzem in 8 Sitzungen; tuberkulöse Halsdrüsen
wurden unter Röntgenlicht gegen den Sommer besser! Das geschieht hier in
Freiburg auch ohne Röntgenlicht t Lungentuberkulose beider Spitzen mit Tuberkel-
bazillen im Sputum wird von Childs geheilt mit 76 Sitzungen; Hodgkin sehe
Krankheit bessert sich unter Röntgenbehandlung. Relata refero I
Die so ausserordentlich wichtige Frage können wir durch die Röntgen-
strahlen das Wachstum maligner Tumoren verhindern, beschäftigte naturgemäss
in ausgedehntestem Masse die Chirurgen. Eine Klärung ist noch nicht er-
reicht, wie ein Blick auf die Literatur zeigt, wo „völlige Heilungen^ neben
gänzlichen Misserfolgen mitgeteilt werden. In einer statistischen Zusammen-
stellung rechnet Allen (5) 50 7o Heilungen der Karzinome und 25®/o Besse-
rungen heraus. Allerdings umfasst sein Material nur 47 Fälle, von denen
denonach etwa 23 geheilt und 12 gebessert wären. Dagegen beurteilt Hol-
ding (94) die Röntgentherapie bedeutend weniger günstig, indem er nur von
einem „verhältnismässigen Erfolge^ bei mehreren Karzinomen spricht und das
„völlig geheilt*' der anderen Autoren sehr skeptisch aufiFasst. Was die Art
der Applikation der Strahlen anbelangt, so schlägt Morton (160) vor, 3—4 mal
wöchentlich 15 — 20 Minuten lang zu belichten unter Schutz nur für Haare
und Augen. Für wesentlich erklärt er es in verschiedenen Strahlenrichtungen
einzuwirken, also z. B. von vom nach hinten und dann umgekehrt. Im Gegen-
satz zu anderen fürchtet er die Bildung eines Geschwüres. Cleaves (32)
nähert die Röhre möglichst der zu bestrahlenden Partie und hat sich deshalb
Röhren anfertigen lassen, welche in die natürlichen KörperöflFnungen, wie Mast-
darm, Scheide, Blase, Uterus eingeführt werden. Auf diese Weise heilte er
ein Uteruskarzinom bei vaginaler Applikation. Ausser der Strahlenwirkung
möchte Massey (142) der Behandlung noch die Kataphorese hinzugefügt
wissen. Lassar (122) rät grosse Vorsicht bei der Behandlung an, nicht
mehr wie 2 — 2,5 Ampere und 15 Minuten Dauer. Er ist sehr skeptisch in
bezug auf den Erfolg, da er auch Verschlimmerungen eintreten sah. In der
sich anschliessenden Diskussion betonte v. Bergmann: 1. Die Operation
71*
1124 Jahreebericht fUr Caurargie. 11. TeiL
ist die eigentliche Behandlung für Kankroide. 2. Bei der Ope-
ration können die Drüsen mitentfemt werden.
Dieser Standpunkt dürfte wohl für den praktischen Chirurgen auch jetzt
noch der einzig richtige sein. Bei einer Erkrankung so ernsten Charakters,
wie sie das Karzinom darstellt, ist es nicht angängig, erst noch Yersuche und
Experimente anzustellen, um womöglich die beste Zeit unbenutzt verstreichen
zu lassen. Dieselbe Ansicht findet sich fast in allen Arbeiten wieder ausge-
sprochen , welche von Fachchirurgen verfasst sind. Die von anderer Seite.
Dermatologen hauptsächlich, veröffentlichten Erfahrungen bringen leider häufig
diesen Standpunkt nicht genügend zur Geltung und huldigen der Verschlep-
pungstherapie , was die Behandlung mit X-Strahlen bei operablen Tumorai
auch jetzt noch immer ist. Durchaus nicht richtig ist es, zu behaupten, vie
Coley (35) tut, dass die Röntgenstrahlen auf alle Arten maligner Tumorai
einen hemmenden Einfluss ausübten; glückUcherweise will er die Behandlung
nur bei inoperablen Geschwülsten angewandt wissen. Eine schmerzstilleDde
Wirkung scheint man jedoch im allgemeinen erwarten zu dürfen. BesondeR
hebt dies Newcomet (163) hervor, ohne dass sonst Nebenwirkungen aoai-
genehmer Art auftraten, während van Allen (4) Fieber beobachtete. And
Schrumpfung und Nekrose haben die meisten Autoren bei ulzerierten qbiI
nicht ulzerierten malignen Tumoren gesehen. Scully (194) sah solcbe
Schrumpfung eines Karzinoms schon nach wenigen Sitzungen eintreten, voruf
bald ein schalenartiges Abstossen der nekrotischen Partie und Heilung erfolgte.
In einem anderen Falle trat Yemarbung ohne Nekrose ein. „Geheilt" bat
Hyle (103) einen Scirrhus der Brust, sah bei rasch wachsenden Krebsen aber
keine Besserung. Dieses sequesterähnliche Abstossen beschreibt auch Exner (55^
Es handelte sich um 3 inoperable Mammakarzinome und ein Melanosarkon
mit Metastasen. Durch eine Sitzung mit einer mittelweichen Röhre konnte
er eine Beschränkung der Jauch ung erreichen, worauf sich eine rein gnm-
lierende Fläche bildete nach Abstossung eines faustgrossen Tumors. Die meta-
statischen Melanosarkomknoten verschwanden zum Teil.
Hyde, Montgomery und Ormsby (102) schreiben: Da eine Idio-
synkrasie gegen X-Strahlen offenbar besteht, muss der Beginn der Be-
handlung mit den Strahlen sehr vorsichtig ausgeführt werden und sofort
eine Pause eintreten, sobald sich Bötung oder Pigmentation zeigt. Die Effekte
der X-Strahlen weichen in verschiedenen Punkten von denen des Lidit«
ab. Bei der X-Strahlenbehandlung erscheinen die Effekte langsamer in ein,
bis zwei oder mehr Wochen nach Behandlung , sie dringen tiefer in die Ge-
webe ein, die Haut wird durch vorausgegangene entzündliche Reaktionen
empfindlicher gegen die Bestrahlung, während die Belichtung den umgekehrtei
Effekt hat. Die Effekte der X-Strahlen können sich über Monate ausdehne
während bei der Belichtung die definitiven Resultate sich gewöhnlich in koner
Zeit zeigen. Die X-Strahlenbehandlung oberflächlicher Hautk&rzinome hat
immer gute Resultate gegeben, was bei tiefergreifenden nicht der Fall w»r.
Die harten Ränder der Karzinome werden am besten mit dem scharf en Löffel
entfernt. Wenn tiefergreifende Geschwülste durch die Bestrahlung nur unToll-
kommen zerstört werden und die Umgebung dabei entzündlich gereizt wir4
so scheint ein rascheres Wachstum und grössere Neigung zu Metastasen ein-
zutreten. Bei Lupus gaben Licht- und X-Strahlenbehandlung gleich guteResultatft
Psoriasis wird durch X-Strahlen sehr günstig beeinflusst, neigt nach Heihag
aber zu Rezidiven, die dann meist leichter der Behandlung weichen als die
Pertz, Die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Chirurgie. 1125
Eklten primären Affektionen. Ansserdem wurden mit X-Strahlen erfolgreich
behandelt Hypertrichosis, Akne, Sykosis, Keloide, Ekzem nnd Intertrigo, Blasto-
DQycosis cutanea und Mycosis fungoides. Auf Ringwurm der Kopfhaut hat
die Behandlung keinen Einfluss. Alopecia areata, rosacea und Teleangi-
ektasien wurden erfolgreich mit Licht behandelt. Bei umschriebenen Haut-
karzinomen ziehen die Verff. die operative Behandlung der Bestrahlung vor.
Die Gefahren der X- Strahlenbehandlung der Karzinome werden nicht ge-
nügend beachtet. Maass (New York).
Am ausführlichsten beschrieben Mikulicz und Fittig(149) einen Er-
folg mit der Radiotherapie. Es handelte sich um ein gänseeigrosses Ulcus
in der Gegend der linken Mammilla bei einem Manne mit Metastasen in beiden
Achseldrüsen. Diese kranken Lymphdrüsen wurden exstirpiert und eine Probe-
inzision in der Randzone des Ulcus vorgenommen. Mikroskopisch erwies sich
die Erkrankung als ein Carcinoma simplex. Im ganzen wurden 6 Bestrah-
lungen gegeben. Die ersten 5 folgten unmittelbar aufeinander (weiche Röhre,
4 cm Funkenlänge, Abstand 12—15 cm, 7 Ampfere Intensität, 2 — 3 Unter-
brechungen pro Sekunde, Expositionszeit zuerst 5, dann dreimal 10 und zu-
letzt 25 Minuten). Es trat eine Rötung auf, weswegen ausgesetzt wurde.
3 Monate nach Beginn der Behandlung war völlige Vemarbung eingetreten.
Die VerflF. glauben an eine elektive Wirkung der Strahlen auf die Epithelien;
dadurch werden die lokalen Heilungsvorgänge, wie Schrumpfung, unterstützt.
Deshalb sei diese Therapie nur aussichtsvoll bei oberflächlich liegenden und
langsam wachsenden Tumoren, sonst soll das Messer angewandt werden. Der
interessanten Frage über die Art der Einwirkung der Röntgenstrahlen auf
die Gewebe tritt Perthes (172) näher. Er betont die verschiedene Empfind-
lichkeit der einzelnen Personen. Weiche Röhren sollen deshalb besser M'irken,
weil von ihrer Strahlung in einer wenig tiefen Oberflächenschicht relativ viel
absorbiert werde. Er konnte an 17 Fällen von Warzen mit 15 Rückbildungen
genaue histologische Untersuchungen anstellen und fand überall degenerative
Erscheinungen an den epithelialen Zellen. Dieselben Veränderungen zeigten
sich auch bei Karzinomen. Versuche ergaben einen hemmenden Einfluss der
Strahlen auf in Zellteilung begriffene Epithelien, ein Zurückbleiben der Über-
häutung und eine Behinderung des Wachstums eines Hühnchenflügels. Weniger
günstige Erfolge hatte Hahn (81). Er behandelte 11 Fälle von bösartigen
Neubildungen und zwar : 4 Mammakarzinomrezidive, ein Magenkarzinomrezidiv
in der Bauchhaut, ein Schilddrüsenkarzinom, ein Ösophaguskarzinom und je
ein Ulcus rodens des Kopfes, der Stirn und des Handrückens und ein Sarkom
der Axillargegend. Die Schmerzen sistierten bei allen Fällen, sonst konnte
aber nur bei einem Mammakarzinom ein Zurückgehen der Knoten konstatiert
werden, in zwei Fällen von Hautkarzinom nur eine Wehdung zum Besseren
ohne definitive Heilung. Die Sarkomknoten der Haut verschwanden zwar, da-
für traten aber in den nicht bestrahlten Partien neue Herde auf. Die Wir-
kung der X-Strahlen tritt nach Hahn nur dann ein, wenn die Erkrankung
in der Haut liegt, bei tiefer liegenden Tumoren ist nichts zu erwarten. Des-
halb sind nur solche Fälle zu behandeln, welche der Chirurg
für inoperabel erklärt hat. In einer Übersicht über die Anwendung
der Röntgenstrahlen für den Praktiker, welche Lowe (133) veröffentlichte
sind für die Chirurgen interessant die ausserordentlich günstigen Erfolge bei
Mammakarzinom, Magenkarzinom, Karzinom des Larynx, Mediastinalsarkom ;
ja sogar ein unter chirurgischer Behandlung nicht zur Heilung zu bringender
1126 Jahresbericht för Chirurgie. II. Teil.
Wespenstich im Glutaeus vernarbte glatt! Ob die chirurgische Behandlung Ib
letzterem Falle wohl die richtige war? Arbeiten, welche mehr kasnistifidier
Art sind, wurden von Delavan (43) über die Resultate der Röntgentherapie
bei Larynxkarzinom gemacht. Er beobachtete einen günstigen Einfloss uf
einen inoperablen Kehlkopfkrebs, doch starb der Kranke während cl6rB^
handlang! Sequeira (195) verfügte über 100 Fälle von mit RöntgenstraUeB
behandelten Ulcera rodentia. Er sah Heilungen bis zu 2 Jahren 8 Monato,
obgleich es sich um lauter inoperable Fälle handelte.
y arney (222) berichtet über 50 mit Röntgenstrahlen behandelte maHgoi
Tumoren. Von 13 Brustkrebsen wurden 5 geheilt. Die pathologisch gleidiei
Formen reagierten nicht gleichmässig auf die Bestrahlung. Die Schmen-
haftigkeit schwand fast in allen Fällen. Manchmal stellten sich Ersch»-
nungen von Toxämie ein, Kopfschmerz, Kältegefühl und leichtes Fieber. Yqq
13 Sarkomen wurde nur ein Fall geheilt Es stellte sich bei diesem ab«r
schon nach 4 Monaten ein rasch zum Tode führendes Rezidiv ein. Voi
37 Epitheliomen wurden 12 geheilt. Die indurierten Ränder wurden m»st
mit der Curette entfernt, da sie durch die Bestrahlung wenig beeinfliiest
werden. Auch gleichzeitige Anwendung einer schwachen Arsenikpast« iit
empfehlenswert. Von 12 Lupusfällen wurden 10 geheilt. Ausserdem wuidsi
verschiedene Hautkrankheiten der Bestrahlung unterworfen. Zwei so be-
handelte tuberkulöse Gelenke heilten ebenfalls. Maass (New-Yorkl
Kronfeld (120) erlebte eine ^^dauemde^ Heilung bei einem inoperabl»
Mammakarzinom mit Metastasen in der Haut. Die Oberfläche war zerfaUen.
Schon nach der 3. Bestrahlung liessen die lanzinierenden Schmerzen nack
und im Verlaufe von 4 Monaten bildete sich eine glatte Narbe aus. Bei
einem inoperablen Fall von Pag et scher Krankheit mit ausgedehnter kanir
nomatöser Infiltration bis in die Achselhöhle sah Holzknecht (98) schon
beim Auftreten der ersten Reaktion einen Beginn der Überhäutung. And
Meck (146) beobachtete bei derselben Erkrankung einen Erfolg. Dag^
konnte ein rasches Wachstum eines schon mehrmals erfolglos operierten
Melanosarkoms am Rücken, wie Marsh (140) mitteilt, nicht gehemmt werden
Nach jeder Bestrahlung wurden Blutkörperchenzählungen vorgenommen, wobei
sich eine Abnahme der Leukocyten ergab. Zum Schlüsse mögen noch zvei
Veröffentlichungen referiert werden, welche über die erfolgreiche Behandlpg
zweier inoperablen Sarkome berichten. Bei Chrysospathes (31) handelte
es sich um ein Rundzellensarkom von Kindskopfgrösse, das mit dem Dann
fest verwachsen war und vom rechten Ovarium wahrscheinlich ausging. Dan
bestanden flache sarkomatöse Geschwüre um eine früher gesetzte Jh^obeh^aro-
tomienarbe mit einer Dünndarmfistel. Bestrahlt wurde mit mittelweicher
Röhre jeden 2. oder 3. Tag 2 — 3 Minuten lang in einer Entfernung toi
30 cm mit 3,5 Ampere. Später Erhöhung auf 4—5 Ampere 5—10 Minuten
lang in 15— 20 cm Entfernung; zuletzt nur noch 2 oder eine Sitzung wöcheni-
lieh. Zuerst liessen die Schmerzen nach, dann schloss sich allmählich die
Fistel, die Geschwüre überhäuteten sich, es trat subjektives und objektives
Wohlbefinden ein. Der Tumor blieb aber 5 Wochen gleich gross, seitdem
verkleinerte er sich, schliesslich war er verschwunden. Anschliessend erwähst
Verf. noch kurz einen Fall von inoperablem kleinzelligem Rundzellensarkoü
des Halses, bei dem erst nach Spaltung der bedeckenden Haut sich eine Ein-
wirkung der Röntgenstrahlen zeigte. Er rät deshalb, eventuell die Hast,
welche die in der Tiefe hegenden Geschwülste bedeckt, zu beseitigen.
Pertz, Die AnwenduDg der Röntgendtrahlen in der Chirurgie. 1127
Der zweite äusserst interessante Fall wnrde von Krogius (119) mit-
geteilt. Ein Tom Periost ausgehendes Randzellensarkom der Regio occipitalis
von 14 cm Länge, 8 cm Breite und ca. 6 cm Dicke ist von normaler Haut
mit Haaren bedeckt. Metastatische Tumoren finden sich an der Stirn. Schon
zweimal wurde früher erfolglos eine Exstirpation versucht. Die Röntgen*
Behandlung begann täglich 10 Minuten lang in einer Entfernung von 15 — 20 cm
mit harten, mitunter auch weichen Röhren. Zuerst erstreckte sich die Therapie
auf die Stirntumoren. Nach 8 Tagen waren sie in auffälligem Grade ver-
kleinert, 14 Tage nach Beginn der Behandlung völlig geschwunden. Jetzt
ging es an den Hinterhauptstumor. Von Tag zu Tag wurde er weicher und
kleiner. Bei der Entlassung des Patienten nach 10 Wochen waren sämtliche
Tumoren verschwunden. Der Haarwuchs war nahezu gänzlich an den be-
strahlten Partien verloren gegangen. 4 Monate nach der Entlassung war
Patient noch rezidivfrei und an den kahlen Stellen hatte sich dichter Haar-
wuchs wieder eingestellt.
Verf. betont ausdrücklich, dass keinerlei entzündliche Reaktion während
des Yerschwindens der Tumoren auftrat; ohne vorhergehende Schwellung oder
Schmerzhaftigkeit begannen die Geschwülste unter dem Einfluss der Röntgen-
behandlung ganz einfach ihr Volumen zu vermindern, während ihre härteren
peripheren Teile weicher wurden ; die Resorption schritt sodann gleichmässig
und sicher fort, bis von den Tumoren nichts mehr zu fühlen war. Sie schmolzen
zusammen ,,wie Schnee vor der Sonne^.
Im Gegensatz zu Mikulicz und Pitt ig (s. o.) glaubt Verf. die prompte
Wirkung in solchen Fällen darauf zurückzuführen, dass die Geschwulst an
und für sich ein dankbares Objekt für die Röntgenbehandlung darbieten muss,
nicht, dass es darauf ankommt, ob normale Haut die Penetrationskraft der
Strahlen hemmt oder nicht. Wir vermögen aber jetzt nicht im voraus zu
sagen, welche Geschwülste für die Behandlung geeignet sind und welche nicht.
Deshalb sind operable Fälle unbedingt zu operieren. Erst wenn
die Operation aus diesem oder jenem Grunde kontraindiziert ist, soll Röntgen-
behandlung versucht werden. Als geeignet schlägt Verf. vor vor allem die
Schädelsarkome, die Sarkome der langen Röhrenknochen, sowie die Hals-
sarkome. Unter den Karzinomen in erster Linie die flachen, ulzerierenden
Krebse. Bei tiefer gelegenen soll zuerst mit dem Messer so gründlich als
möglich der primäre Tumor entfernt werden. Zum Schluss erhofft Verf. auch
Erfolg bei Pagets disease of the nipple.
Gegen die Röntgenverbrennung und Ekzeme empfiehlt er das Bepinseln
der betroffenen Stellen mit Thiolum liquidum. Da es für Röntgenstrahlen
ziemlich undurchlässig ist, kann es vielleicht auch in prophylaktischem Sinne
zum Schutze der nicht zu behandelnden umgebenden Hautpartie gebraucht
werden.
Goldberg (71) behandelte einen Fall von Ulcus rodens nasi und einen
Fall von Ulcus rodens regionis zygomaticae durch Bestrahlung mit Rhadium-
bromid (Buchler). Im ersten Falle betrug die Gesamtbestrahlung 7 Stunden
in 27« Monaten. Die erste Sitzung, 75 mg Rhadiumbromid, dauerte Vh Stunden,
die späteren V> Stunde mit Pausen von einer Woche. Im zweiten Fall: erste
Sitzung 75 mg, 2 Stunden; zweite Sitzung nach 20 Tagen, 30 mg, 1 Stunde;
dritte Sitzung 30 mg, 1 Stunde. Glatte Heilung in beiden Fällen. Ohne
Schmerzen, unter teilweiser Nekrotisierung des Geschwürsgrundes, ging die
Epidermisierung vor sich. Hohl b eck (St. Petersburg).
1128 Jahresberioht f&r Cbinirgie. II. Teil.
xxvn.
Die Lehre von den Instrumenten, Apparaten und
Prothesen.
Referent: 0. Hildebrand, Basel
1. Bavoni, Q., Di ana nnova siringa a doppia cörrente. (Hzzetta degli oepedali 1908.
Nr. 95. (Verf. beschreibt eine von ihm eraoDDene Spritze.)
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Auf Grund eingehenden Studiums der Literatur kommt Axhausen (ll
zu folgenden Schlussfolgerungen:
1. Der Gehalt einer Wunde an Keimen sdbst pathogener Art ist as
sich noch nicht für die Infektion der Wunde beweisend.
2. Die Infektiosität einer Wunde hängt von der Virulenz der pathogenen
Keime und von den anatomischen Wundverhältnissen ab.
3. Es hat als fast ausnahmslose Regel zu gelten, dass Eriegssckusi-
wunden als nicht primär infiziert anzusehen sind.
4. Infizierte Wunden können durch chemische Antiseptika nicht desinfi-
ziert werden; die primäre Desinfektion frischer Wunden ist dahern
unterlassen.
5. Der einfache trockene antiseptische Okklusivverband ist in soner
Wirksamkeit ein aseptischer Verband; die antiseptische Imprägnatios
ist als zwecklose und zuweilen peinliche Reminiszenz der antiseptisch^
Ära zu unterlassen.
6. Auf den Verbandplätzen sind die aseptischen Anforderungen des eisten
Verbandes und der Notoperation erfüllbar.
7. In den Feldlazaretten sind die Anforderungen einer strengen Aseptik
erfüllbar.
8. In den Feldlazaretten hat nach Möglichkeit eine Trennung der sep-
tischen und aseptischen Wunden nach Raum, Behandlang und Pflege
stattzufinden.
In dem von Bima (2) beschriebenen Falle hatte sich nach Schassve^
letzung der Arteria tibialis postica an der betreffenden Stelle ein falsches
Aneurysma gebildet, infolgedessen der Fuss in Gangrän übergegangen war.
Amputation des Oberschenkels an dessen unterem Drittel; Heilung.
R. GiafiL
Seydel, KriegBchinu^ie. 1131
Reinecke (18) schildert anf Grund der im Burenkriege gesammelten
Erfahrungen die Tätigkeit der Ärzte in einem Feldlazarett, die Lokalanästhesie,
Antiseptik und Asepsis, des weiteren die Art und Weise, wie die Schädel-
ßchüsse, die Brust- und Bauchschüsse, sowie die komplizierten Frakturen im
südafrikanischen Kriege behandelt wurden.
Seine Erfahrungen decken sich vollkommen mit denen von Prof. Dr.
Küttner, Dr. Matthiolius und Dr. Hildebrandt.
Brunner (3). Die vorliegende Arbeit liefert ein genaues Bild der
Kriegschirurgie des 14. bis 18. Jahrhunderts in den Schweizer Heeren, gleich-
zeitig aber auch ein schönes Bild der gesamten Verwundeten- und Kranken-
pflege der damaligen Zeit. Wir sehen, dass die Truppen der Eidgenossen-
schaft stets von Chirurgen, Feldscheren genannt, begleitet wurden. Aus der
Zahl derselben gingen Männer hervor, wie Pfalspeundt, Brunschwig,
Gerssdorff, Wirtz, deren Namen mit der Geschichte der Kriegschirurgie
innig verknüpft sind.
Wenn das Buch auch nur geschichtlichen Wert hat, so werden speziell
in dieser Hinsicht unsere Kenntnisse wesentlich erweitert und hat sich Ver-
fasser durch seine archivalischen Studien sicher grosse Verdienste erworben.
Delleman und V arges (4). Das Gesamtergebnis dieser Arbeit lässt
sich in folgenden Punkten zusammenfassen:
1. Das in der Neuzeit ziemlich allgemein verbreitete Vorurteil gegen
den Gebrauch der Schwämme in der Chirurgie erscheint nicht ganz
berechtigt, da sich sowohl neue, als bei Operationen gebrauchte
Schwämme bei geeigneter Behandlungsweise in verhältnismässig kurzer
Zeit sicher sterilisieren lassen.
2. Die Mitverwendung der immer von neuem verv?endbaren Schwämme
bedeutet im Kriege eine bedeutende Ersparnis an aseptischem Material.
3. Anstatt der in der Kriegssanitätsordnung angegebenen Verpackungsart
der Schwämme in leinenen Beuteln erscheint die Aufbewahrung in
steriler Pergamenthülle in komprimiertem Zustande zweckmässig.
4. Die nach der Kriegssanitätsordnung vorschriftsmässige 5^/oo Sublimat-
lösung wurde von den von uns nachgeprüften Desinfektionsmitteln
zur Schwammsterilisation für den Kriegsgebrauch als die geeignetste
befunden.
5. Nach vorheriger Entfernung der dem Schwammgewebe mit dem Blut
und Eiter anhaftenden Eiweissstoffen wird unter ungünstigen Verhält-
nissen durch eine zweistündige Einwirkung der genannten Sublimat-
lösung vollkommene Keimfreiheit gewährleistet.
Her man (7). In diesem am XII. pobischen Chirurgenkongress er-
statteten Referat werden kurz die in den Feldzügen der letzten Jahre ge-
wonnenen Erfahrungen skizziert. Urbanik (Krakau).
Hildebrandt (8) kommt auf Grund seiner Erfahrungen zu nachfolgen-
den Schlüssen in betreff der Entstehung der Explosionsschüsse.
1. Die Explosionsschüsse sind zurückzuführen auf die Wirkung in Be-
wegung gesetzter Teile des flüssigen Mediums, nicht auf die Über-
tragung einer Druckspannung.
2. Die Bewegungen, welche ein fliegendes Geschoss in einer Flüssigkeit
hervorruft, sind genau dieselben, und gehen mit derselben Regel-
mässigkeit vor sich, wie die Widerstandsströmungen um einen mit
1132 Jahresbericht fOr Chinirgie, II. Teil.
geringer GeBchwindigkeit vorwärts bewegten Körper von derselben
Gestalt.
3. Die rückwirkende Kraft des Projektils, d. h. die Bewegung von Teilen
des Mediums in der Riebtang auf den Schützen zu, erklärt sich daraas^
dass die gedrängte Flüssigkeit an der Vorderseite des Geschosses,
welche unter hohem Drucke steht, nach dem Gebiete des Minder-
druckes auf der Rückseite strömen muss.
4. Da das absolute Druckmaximum mitten vor dem Geschosse, das ab-
solute Druckminimum hinter demselben liegt (in der Botationsach&e
des Wirbelringes), die Druckhöhe nach der Seite hin ab- resp. zi^
nimmt, so verringert sich auch die Geschwindigkeit der rückläufigeii
Strömung in der Flüssigkeit nach der Seite zu, d. h. die räckförkende
Kraft ist in der Richtung auf den Einschuss zu am grössten.
5. Durch das Projektil werden im flüssigen Medium femer in der SchusB-
richtung Wellen- und Wirbelbewegungen hervorgerufen, durch wdche
der Stoss des Geschosses einmal auf ein breiteres Feld und zweiteie
auf einen grösseren Zeitraum verteilt wird, während das Projekt]]
selbst wie eine Stanze wirkt.
6. Da die Geschwindigkeit der Wellen vor resp. hinter dem Geschosse
am grössten ist, um in den schrägliegenden Seitenästen abzunehmen,
so ist auch die Wirkung des Projektils nach vorne in der Richtung
auf das Ziel am intensivsten und verringert sich nach der Seite at
7. Die Seiten Wirkung ist abhängig von der Kohäsionskraft der Moleküle
des Mediums ; je grösser letztere, desto kleiner erstere ; es ist dieselbe
daher im Leben kleiner als nach dem Tode, wenn die Zellen ais
ihrem Zusammenhange gelöst sind.
8. Die Sprengung des Schädels bei Schüssen aus naher Distanz erklärt
sich durch den Angriff der Gewalt nur in der nächsten Umgebui^
der Schussöffnungen ; die zirkulären Spaltungen stellen Biegungsbröcbe
dar, die radiären sind die Folgen der Keil Wirkung der Kraft.
9. Sämtliche Teile des Mediums, welche durch das Projektil in Bewe-
gung gesetzt werden, nehmen ihren Lauf einmal entlang dem Schosa-
kanale und zweitens in der Richtung des geringsten Widerstandes;
hierauf gründet sich die Erklärung der Krön lein sehen Schädel-
schüsse.
Hohlbeck (9) teilt die Erfahrungen der Ambulanz des Russischen Roten
Kreuzes während des südafrikanischen Krieges mit. Von 1 1 1 Verletzten han-
delte es sich in 82 Fällen um Schussverletzungen durch Mantelgeschosse.
Der grösste Teil der Verletzten kam erst am 2.-3. Tage nach der Schladit
ins Lazarett, oft in sehr verwahrlostem Zustande. Nichtsdestoweniger vct-
eiterten von 38 Mantelgeschoss -Weichteilschüssen nur vier, dagegen von 32
Weichteilknochenschüssen 12. Unter 6 Fällen von Weichteilknochensdiüsseii
durch Artilleriegeschütze trat fünfmal Eiterung auf, von 18 Weichteilver-
letzungen vereiterten neun. — Eine Verletzung grösserer BlutgeÄsse durch
Mantelgeschoss wurde dreimal beobachtet: 1 Art. femor. im unteren Drittel
mit Bildung eines Aneurysma spurium, 2. Art. tib. post, Amputation wegen
schwerer septischer Phlegmone des Unterschenkels, nach vergeblichem Versuch
konservativer Behandlung, 3. Art. maxill. interna bei einem Unterkieferschuss,
Nachblutung am 9. und 11. Tage. — Von vier Schädelschüssen, die alle am
dritten Tag nach der Verletzung infiziert ins Lazarett kamen, starben drei;
Seydel, Kriegschirargie. 1133
zwei von den letzteren wurden am vierten resp. sechsten Tage nach der Ver-
letzung wegen Zunahme der Hirnsymptome trepaniert. Im geheilten Falle
handelte es sich um einen Schuss durch den linken Stimlappen. Alle acht
beobachteten Lungenschüsse verliefen günstig. Hämothorax bestand in allen
Fällen, Bluthusten fehlte zweimal. Emphysem wurde in zwei, Pneumothorax
in einem Falle beobachtet. In einem Fall von Shrapnellschussverletzung der
linken Lunge, des Zwerchfells und der Leber bildete sich ein Empyem, welches
operativ mit günstigem Ausgang behandelt wurde. — Sechsmal handelte es
sich um Bauchschüsse, darunter zweimal um intraperitoneale Blasenschüsse.
Alle sechs Fälle wurden Umstände halber exspektativ behandelt. In fünf
Fällen war der Verlauf ein günstiger, der sechste Fall entzog sich der Beob-
achtung. Hohlbeck (St. Petersburg).
Nach einer historischen Einleittmg über Pfeilgifte bespricht La Garde (11)
die Möglichkeit der Wundresektion durch moderne Geschosse. Durch die Hitze
der Explosion wird weder das Pulver noch der Pfropfen oder das Geschoss
sterilisiert. Auch die modernen Geschosse mit hoher Geschwindigkeit können
infektiöses Material beim Durchschlagen durch Kleidungsstücke etc. aufnehmen
oder Teile der letzteren mit in die Wunde reissen. Tetanus-Bazillen haften
sehr wahrscheinlich ursprünglich nicht den Patronenteilen an, sondern stam-
men aus dem Lauf, der Kleidung oder Haut. Maass (New- York).
Möllers (12). Nach der übereinstimmenden Ansicht sämtlicher Autoren
verdient im Hinblicke auf die verhältnismässig geringe Anzahl der über diese
Verletzungsform veröffentlichten Arbeiten und kasuistischen Mitteilungen das
Decollement der Haut und der darunterliegenden Schichten eine weit grössere
Beachtung, als ihm im allgemeinen bisher zuteil geworden ist. Schon vom
rein wissenschaftlichen Standpunkte aus müssen wir ihm unser vollstes Inter-
esse zuwenden, da es, sowohl durch seine Ätiologie und seine klinischen und
anatomischen Erscheinungen, wie auch besonders durch seine Therapie sich
von allen übrigen Verletzungen wesentlich unterscheidet und mit Recht als
eine selbständige Verletzungsform hingestellt werden muss. Möllers bespricht
eingehend die traumatische Loslösung der Haut durch Friedensgewalten, sowie
das kriegschirurgische Decollement.
Perassi (13) bemerkt, dass auf dem Schlachtfelde die Tätigkeit des
Chirurgen bei der ersten Hilfe sich auf einen antiseptischen Verband und
eine möglichst konservative Behandlung beschränken müsse. R. Giani.
Über die Frage bezüglich der Natur und Frequenz der direkt durch
die modernen langen und dünnen, mit Metallhülle versehenen Projektile oder
indirekt durch die Verschiebung von Knochensplittern hervorgerufenen Ge-
fässverletzungen herrscht noch keine völlige Übereinstimmung. Perassi (14)
nahm nun Versuche vor, um die physikalische Erscheinung der Verschiebbar-
keit und Ausdehnbarkeit, die von solchen Projektilen getroffene elastische
Körper aufweisen, experimentell zu reproduzieren. Zu diesem Zwecke be-
festigte er an einem rechtwinkeligen Rahmen, in vertikaler Richtung, meh-
rere annähernd das Kaliber der Schenkel- oder Speichenarterie besitzende,
mit 0,75^/oiger Chlornatriumlösung angefüllte Drainröhren. An einem an-
deren Rahmen Hess er die Röhren hinten an Bretter von weichem Holz sich
anlehnen, damit sie sich nicht so leicht von vorn nach hinten verschieben
konnten. Ein mit viereckigen Feldern versehener Pappdeckel machte hinten
den Durchgang der Projektile durch den Rahmen kenntlich. Aus einer Ent-
fernung von 100 m wurden mit einem Gewehr (Modell vom Jahre 1891)
1134 Jahresbericht fOr Cfaimrgie. II. Teil.
288 Schüsse auf die Rahmen abgefeuert. Einige Röhren wurden tob den
Projektilen gestreift und erfuhren einfache, mehr oder weniger zirkumskripte
Einkerbungen oder parietale Kontinuitätstrennungen ; andere wurden diametral
perforiert mit einem etwas erweiterten Eintritts- und einem liniaren, spalt-
förmigen Austrittsloch; noch andere, von 3 mm Durchmesser, wurden tob
6^/t mm dicken Projektilen in der Achse perforiert. Keine Röhre erschien
vollständig durchschnitten. Die Bretter an der Hinterwand des einen Rahmens
bewirkten keine bemerkenswerten Änderungen in den Resultaten. — Bei einem
anderen Versuch umgab er die Röhren mit in besonderen Kästchen einge-
schlossener Fleischgelatine; hier wurden einige Rohren durchschnitten, während
andere vorzugsweise am Eintritts- und Austrittsloch eine qnergerichtete Tren-
nung aufwiesen. Diese Experimente reproduzierten die im menschlicbea
Körper von den Gefäss- und Nervenästen und bis zu einer gewissen Greiize
auch vom Dünndarm dargebotenen Verhältnisse treuer als es die der froheren
Autoren (Kocher, Imbriaco u. a.) taten. Es lässt sich nämlich aus ihnen
erkennen, dass die Gefassverletzungen durch Schüsse beim Lebenden vid
weniger schwer sein müssen, als sie es beim Leichnam sind, dessen leere
tote Arterien sich nicht mehr im Zustande der Rhythmik befinden und keiner
mehr oder weniger kräftigen aktiven Kontraktion fähig sind. R. Giani.
Perthes (15) hat die Firma Max Arnold in Chemnitz zur Herstdbif
gebrauchsfertiger Verbandstoffe veranlasst. Dabei wurden folgende Punkte
berücksichtigt:
1. Die einzelnen Verbandpakete enthalten nur das für den einzrinen
Zweck notwendige (Einzel verband nach Dührssens).
2. Die Sterilisation geschieht erst nach vollständig beendeter Ver-
packung.
3. Wenn die Pakete zum Gebrauch durch Abreissen des verschliessendoi
Streifens eröffnet sind, so erscheint die innere FiltrierpapierhüUe ns
die Verbandstoffe. Ein eingelegter Pergamentstreifen gibt die Möglidi'
keit, diese FiltrierpapierhüUe in eine aseptische Unterlage zu T«r-
wandeln, auf der die Verbandstoffe — von der Hand gänzlidi unbe-
rührt — freigelegt sind. Damit ist die Möglichkeit gegeben, audi
mit nicht desinfizierten Händen den Verband aseptisch fertig za
stellen.
Remedi (19) berichtet über zwei Fälle von durch den Strahlexq^ib
hervorgerufenen Läsionen; beide hatten einen hyperplastischen Verlauf. In
einem Falle war das Neoplasma in der rechten Tonsille lokalisiert und wurd«
mit einem Lymphosarkom verwechselt; aber sowohl das Resultat der Jodbe-
handiung als die mikroskopische Untersuchung taten dar, dass es sich ma
Aktinomykose handelte. Im anderen Falle war die Affektion unter der Fora
eines Holzphlegmons in der hinteren Halsgegend aufgetreten; die Jodbehand-
lung und die vorgenommene Operation waren ohne Erfolg. Verf. unterwtff
den Eiter, der aus zwei Fistelgängen austrat, sowie Stücke vom Neofdasau
einer mikroskopischen Untersuchung und nahm femer mit dem Eiter Kultor-
versuche, mit den Gewebsstücken Impfversuche an Meerschweinchen vbA
Kaninchen vor. Aus den Resultaten glaubt er folgern zu können, dass der
Strahlenpilz der pathogene Erreger war. Die Affektion war vom Schlundkopf
ausgegangen und der therapeutische Misserfolg war wahrscheinlich durch die
pyogenen Kokken bedingt, die mit dem Aktinomyces v^gesellschaftet warea
und dessen Virulenz wohl gesteigert hatten. R. Giani.
Nachiarag: Auslftnclische Referate. 1135
Nach einer geschichtliohen Einleitung über die Behandlung von Schnss-
verletzimgen beschreibt Westerman (21) den Fall eines Schrotschusses in
der Ellenbogengegend. Der Fall kam nach sebr starker Eiterung zur Heilung,
dennoch waren eine grosse Zahl Schrotkugeln ohne Reaktion eingeheüt.
Die Eigenschaft der meisten Metalle, eine hemmende Wirkung auf die
Entwickelung der Bakterien auszuüben, erklärt das Einheilen der Geschosse
selbst in entzündetem Gewebe. Sehr eigentümlich ist es, dass Gold in der
Form Yon Münzen und wie es von Zahnärzten angewendet wird, das Wachs-
tum hemmt, während ausgeglühtes Gold diese Eigenschaft verliert.
Goedhuis.
Zielinski (22). Erfahrungsgemäss treten bei Schrotschussverletzungen
auffallend oft schwere lokale und allgemeine Infektionen auf. Dasselbe gilt
Ton den Platzpatronen wunden, denen sich häufig Tetanus anschliesst. Die
Ursache ist einerseits in den durch den anatomischen Charakter dieser Läsionen
bedingten ungünstigen Wundverhältnissen, andererseits in dem Umstände, dass
in diese Wunden so häufig Teile der Pfropfen mit hineingerissen werden, zu
suchen. Für die Annahme einer Infektionsmöglichkeit durch eingedrungene
Pfropfenteile sucht Verf. strikte Beweise zu erbringen. Er hat die verschie-
lensten Sorten von Filz- und Fliesspappepfropfen einer bakteriologischen
Jntersuchung unterzogen. Das Resultat der Züchtungsversuche war — wie
vorauszusehen — durchweg positiv. Es fanden sich zahlreiche Arten sporen-
)ildender Saprophyten vor, also widerstandsfähige Mikroorganismen, welche
rotz thermischer und chemischer Einflüsse bei der Umarbeitung des Roh-
toffes der Vernichtung entgangen sind. Wiewohl pathogene Mikroorganismen
nsbesondere Tetanusbazillen nicht nachgewiesen wurden, liegt es jedoch nahe
nznnehmen^ dass solche sehr leicht in die aus Hadern und Lumpen berge*
teilten Pfropfen hineingeraten können. Die praktische Konsequenz dieser
'^oraussetzungen ist, dass Schrotschussverletzungen aus nächster Nähe als
ifizierte Wunden zu betrachten und demgemäss — abweichend von dem
>nst den Schussverletzungen gegenüber akzeptierten Grundsatz des primären
septischen Okklusivverbandes — mit breiter Spaltung, Aufsuchung und Ent-
unung der Pfropfenteile und Schrotkömer und Drainage zu behandeln sind.
Urbanik (Krakau).
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Westerman (20) demonstriert einen 3 monatlichen Fötus mit Tollstäs*
digem Mangel aller Finger der rechten Hand und aller Zehen des rechten
Fusses; am linken Fasse ist nur die grosse Zehe vorhanden. Die Ursadie
dieser Deformität war hier wahrscheinlich auf einen amniotischen Stxaßg
zurückzuführen.
An der Hand dieses Falles bespricht Westerman die Theorien lur
Erklärung des Entstehens dieser Entwickelungsanomalie. Auch die HaseD-
scharten entstehen aller Wahrscheinlichkeit nach in vielen Fällen nicht durch
Defekte in der Keimanlage, sondern durch äussere Einwirkungen (amniotische
Stränge u. s. w.). Die in diesen Fällen vielfach bestehende Hereditat mnffi
wahrscheinlich so erklärt werden, dass nicht die Hasenscharte als solche eii)-
lich ist, sondern die veranlassende Ursache des Defektes wird vererbt. Zur
Stütze dieser Meinung wird über eine Familie berichtet, bei welcher Vater
und Mutter eine rechtsseitige Hasenscharte zeigten ; beim Kinde war die Spalte
linksseitig. Diese Vererbung wird schwerlich auf Defekte in der Keimao-
läge zurückzuführen sein. Goedhuis.
Bei einem Eisenbahnbeamten mit Fractura capitis humeri sinistri öffnete
Severeanu (16) die Artikulatio, reponierte die schlecht geheilten beidäi
Fragmente , glich sie aus und nähte mit Silberdraht , sowie auch die zwei
Akromionstücke. Heilung.
Cotton (5). Ein sehr grosser Prozentsatz der Ellbogenverletzungen der
Kinder sind Epiphysenlösungen mit nur geringer Beteiligung der Diaphyse.
Die Ellenbogenverletzungen der Kinder und Erwachsenen werden in den Lehr-
büchern irrtümlich meist noch als identisch behandelt. Für praktische Zwecke
genügt es zu untersuchen a) Frakturen des äusseren Kondylus, b) suprakondy-
läre und kondyläre Frakturen einschliesslich der Lösung der ganzen Epiphjse«
c) Frakturen des inneren Epikondylus.
Nachtrag: Anslftndiflche Referate. 1137
Die wichtigsten Lageverändenrngen bei Frakturen des äusseren Eondylus
entstehen durch Rotation. Reine Epiphysenlösnngen ohne Beteiligung der Dia-
physe scheinen sehr selten zu sein. Bei den Epiphysentrennungen mit Be-
teiligung der Diaphyse fallt grosse Häufigkeit der Komplikationsfrakturen auf.
Warum Epiphysentrennungen im ersten Lebensjahr so selten sind, ist bei der
Leichtigkeit diese Verletzung an der Leiche zu machen schwer verständlich.
Bei suprakondylären Frakturen ist das untere Fragment fast durchgehends
nach hinten verschoben. T- und Y förmige Frakturen scheinen Kindern ausser-
ordentlich selten zu sein. Die Frakturen des inneren Kondylus, welche bei
JEIrwachsenen anscheinend nicht ungewöhnlich sind, kommen bei Kindern offen-
bar sehr selten vor. Entsprechend den anatomischen Verhältnissen scheint
bei Kindern die Fraktur des internen Epikondylus das Gelenk in Mitleiden-
schaft zu ziehen. Isolierte Trochleafraktur ist bei Kindern mit Sicherheit
nicht beobachtet. Kapitullumfraktur bei Kindern ist einmal beschrieben. Von
Frakturen des äusseren Epikondylus sind sichere Beispiele auch nur bei Er-
wachsenen gefunden. Der Häufigkeit nach ordnen sich die EUenbogenver-
letzungen bei Kindern so, wie sie oben unter a, b und c angegeben sind.
Rasche Wiederherstellung der Beweglichkeit scheint in erster Linie vom Alter
abzuhängen, je jünger je früher. Massage vor der vierten Woche schadet
offenbar eben so viel wie sie nützt. Pro- und Supination kehren zuerst wieder
und sind fast nie dauernd geschädigt. Die funktionellen Endresultate sind
meist sehr zufriedenstellend, auch wenn der Zustand in den ersten Monaten
nach der Verletzung wenig versprechend aussieht. Varusstellung als dauernde
Deformität fand üotton nur, wenn die Fraktur oberhalb des Gelenks lag,
niemals nach Fraktur eines der beiden Kondylen. Dauernder Knochenvor-
spnwg an der Frakturstelle war unter Gottons Fällen nur bei Frakturen
vorhanden, die den Condylus extemus ausschliesslich betrafen. Auf Grund
von wiederholten X- Strahlenuntersuchungen glaubt Cot ton, dass diese De-
formität auf dem Wachstum kleiner mit dem Periost abgerissenen Stückchen
beruht. ÄhnUche Deformitäten finden sich bei Nichtverheilung des abge-
brochenen Condylus extemus. Auf den Grad der schliesslichen Beweglichkeit
scheint die Art der Verletzung keinen Einfluss zu haben, doch war die Art
der Beschränkung verschieden je nach dem Sitz des Bruches. Bei Frakturen
des äusseren Kondylus konstatierte Gotton nur Streckbeschränkung, bei
suprakondylären Brüchen bestand teils Streck-, teils Beugebescbränkung. Bei
einem Falle starker Beugebeschränkung stand das obere Fragment stark nach
vorn vor. VaJgusstellung kann nach jeder Verletzung eintreten, ist aber viel
seltener als Varusstellung. Die Annahme, dass derartige Formyeränderungen
durch Wachstumsstörungen im Epiphysengebiet entstehen, ist wahrscheinlich
irrtümlich und schlechte Beposition wohl meist verantwortlich dafür. Frühe
Mobilisationsversuche kürzen die Behandlung ab, gefährden aber die Konsoli-
dation. Bei Frakturen des äusseren Kondylus empfiehlt Gotton Verband
unter spitzem Winkel. Bei suprakondylären Frakturen wird unter rechtem
Winkel auf einer Schiene der Arm so mit Heftpflaster zu fixieren gestattet,
dass keine Bückverschiebung des unteren Fragmentes möglich ist. Nach etwa
14 Tagen Streckung bis ca. 135®, um eventuelle Valgusstellung zu beseitigen.
Bei epitrochlearen Frakturen ist die starke Flexionsstellung am besten even-
tuell früher Massage und Bewegung. Die Arbeit ist reich illustriert mit
.Röntgenbildern, Photographien und Umrisszeichnungen.
Maass (New York).
Jahresbericht für Chirurgie 1903. 72
1138 JahreBberieht für Chirurgie, ü. Teil
Matas (10) operierte ein arteriell-venöses Aneurysma des zwischen Skak&is
gelegenen Abschnittes der Arteria und Vena subclavia, welches durch Schoa-
verletzung entstanden war, am 9. Tage nach der Verletzung. Es folgte Gan-
grän mehrerer Finger, des grösseren Teiles der Ulna und der Vorderaim-
muskeln. Die bleibenden Finger wurden steif und der ganze Vordenn
dauernd gefühllos. Matas schiebt dieses Resultat zum Teil auf dieDrebong
des zentralen Arterienendes vor der Unterbindung, die er behufs grössererSidwr-
heit gegen Nachblutung anwandte und wodurch die Ausbildung kollateralen Kreis-
laufes erschwert wurde. Es folgt eine Besprechung von 15 ans derLiteiatv
gesammelten einschlägigen Fällen, von denen nur vier zur Operation bma
Von diesen letzteren starb einer. Bei 11 nicht operierten kam es einmal a
Gangrän, bei den 4 operierten ebenfalls einmal. Ein Vergleich der einfachen
Arterienverletzung mit der zweiseitigen Arterienvenen Verletzung ergibt, das
es von ersterer Gruppe 1,7— 3Va®/o Gangräne und von der zweiten 13^' «
Gangräne ergab. Bei frischen derartigen Verletzungen soll durch Kompresskn
und Tamponade zunächst die Blutstillung besorgt werden. Hat der Kranke
sich erholt, soll zur Unterbindung in der Wunde geschritten werden, wem
der Blutverlust gross und die Blutstillung schwierig und wenn weitere groeseR
Blutungen drohen, wie es kleinere Blutungen andeuten. Wohl entwickelte
arteriell-venöse Aneurysmen soll man nur dann angreifen, wenn sie schwere
Zirkulationsstörungen im Arm machten. Maass (New- York).
Bplton (1) berichtet über 2 Fälle von subkutaner Zerreissung des Hein
brachialis. Bei der Operation fanden sich die zerrissenen Nerven im Gram-
lations- und Bindegewebe derartig eingebettet, dass Beilegung und Vereinigmif
der Nervenenden unmöglich war. Maass (New- York).
Brist ow (3) berichtet über drei Fälle subkutaner Zerreissnng de»
Plexus brachialis. Ein Fall wurde nicht operiert. Bei einem zweiten gelaif
es bei der Operation nicht, die Enden zusammenzubringen und wurden Cat-
gutfaden zur Überbrückung benutzt. Der Arm blieb lahm. Bei einem drittea
Fall gelang die Vereinigung und hatte sich, als der Fall veröffentlicht wank,
das Gefühl der Oberarmhaut wiederhergestellt, keine Beweglichkeit. Ausser
den Gefühls- und Bewegungsstörungen waren Zeichen von Sympathikl]m^
letzung (enge Pupille etc.) vorhanden. Der Fall ist genau beschrieben vsA
eingehend besprochen. Maass (New-York).
Severeanu (15). Es handelte sich um einen 23jährigen Mann, weicte
Holzschläge am ganzen Körper von einem Kameraden bekam. EkchymoGCG
am linken Akromion, Spina scapulae und auf der rechten Sutura fronto-pam-
talis, unter welcher eine grabenähnliche, schmerzliche Einbuchtung (enfonce-
ment) sich fand. Die linke obere Extremität unbeweglich , Sensibilität er-
halten. Severeanu nimmt eine zentrale Ursache der Paralyse an. Er-
holung nach Elektrotherapie. Stoianoff (Plewna).
Sava (14). Bei einem 23jährigen Soldaten entwickelte sich seit einen
Jahre eine kleine Geschwulst der rechten Palmae manus. Die nussgrosse
Geschwulst hinderte die Bewegung der letzten zwei Finger. Die Hant un-
verändert. Exstirpation der Geschwulst, salbenartige graue Masse, Cbole-
stearin, Eiter Fett etc. enthaltend. Genesung.
Ref. hatte einen ähnlichen Fall, aber an der linken Hand eines Mannes.
Stoianoff (Plewna).
Vasilin (19). 43 jähriger Petrolverkäufer, bei welchem an der linken
Schulter, auf welcher er seine Ware trug, seit mehreren Monaten fistulöse
Nachtrag: Auslftndisohe Referate. 1139
Trajekte sich entwickelten. Die Sonde geht direkt auf die Scapula. Aus
den Fisteln Eiter und eine Menge kleine Hydatiden. Inzision, Ausschälung,
antiseptische Auswaschung. Patient noch in Behandlung.
Stoianof f (Plewna).
Bei einem Fall von chronischer Osteomyelitis in Scapula war Len-
nander (9) gezwungen, nicht nur die ganze Scapula (ausser Spina scapula und
Akromion), sondern auch die degenerierten Mm. infra- und supraspinat., Sub-
scapular- und die Gelenkkapsel zwischen Scapula und Humerus zu exstirpieren.
Da hierdurch der Arm unbrauchbar wurde, wurde folgende Operation aus-
geführt. Der Humeruskopf wurde mit einem starken Bronzealuminiumdraht
an Clavicula und Akromion fixiert, durch eine Muskelplastik wurde eine feste
Mnskelwand an der medialen vorderen und lateralen hinteren Seite des neuen
Gelenkes gebildet. Der gelöste Musculus deltoideus wurde an Clavicula und
Musculus trapezius festgenäht. Hj. v. Bonsdorf f (Helsingfors).
Ungarische Literatur vom Jahre 1908.
Referent: J. Dollinger, Budapest.
1. Baron, J., Fremdkörper im Stirnbeine. Bndapester kgl. Ärzte -Verein, Sitzong vom
14. II. 1903. Onrosi Hetilap 1903. Nr. 11.
2. Dollinger, Aufgaben des nngarischen Erebekomitees. Eröffnungsrede, gehalten am
17. IV. 1903. Orvosi Hetilap 1903. Nr. 17.
8. — - Die Bubkatane Entfemang tuberkulöser Lymphdrüsen in der Gegend des Halses,
des Nackens, vor dem Ohre und unter dem Kiefer. Dollinger, Chirurg. Methoden.
II. Bd. Orvosi Hetüap 1903. Nr. 50-52.
4. V. Herczel, E., Pyämie mit Abszessen in der Leber, unter dem Zwerchfell und in
der Prostata ; Operation, Heilung. Bndapester kgl. Ärzte- Verein, Sitzung vom 31. 1. 1903.
OrYOsi Hetilap 1903. Nr. 6. Magyar Orvosok Lapja 1903. Beilage zu Nr. 10.
5. Hevesi, E., Über die Sehnentransplantation und Sehnenplastik bei Muskellähmungen
und Kontrakturen. Orvosi Hetilap 1903. Nr. 31—37.
6. V. Navratil, E., Über die operative Behandlung der traumatischen Jackson sehen
Epilepsie. Chirurg. Sektion des Bndapester kgL Ärzte-Vereins, Sitzung vom 19. II. 1903.
Orvosi HetUap 1903. Nr. 12, 13 u. 14.
7. Onodi, A., Operierter Fall einer Struma accessoria am Zungengrnnde. Orvosi Hetilap
1903. Nr. 5.
8. Pannz, M., Über den rhinogenen Gebirnabszess. Orvosi Hetilap 1903. Nr. 7, 8 u. 9.
9. Winternitz,A., Retrograde Zurttckschiebung steckengebliebener, glatter Fremdkörper
des Ösophagus in den Mundrachenraum, vom freigelegten Ösophagus aus. Orvosi
Hetilap 1908. Beilage zu Nr. 35.
10. Zimmermann, E., Fall von Staphylomykose. XXXIL Wanderversammlung ungar.
Ärzte und Naturforscher. Sitzung der chirurgischen Sektion vom 7. IX. 1903. Orvosi
Hetilap 1903. Nr. 44.
Baron (1) entfernte aus der linken Stirnhöhle eine 8 cm lange und
2 cm breite Messerklinge, die der Kranke 9 Jahre in sich herumtrug. An
die damals stattgehabte Verletzung erinnert sich Patient nur dunkel ; das mit-
verletzte rechte Auge wurde vor ungefähr 7 Jahren enukleiert.
Dollinger (2) empfiehlt, abweichend von den üblichen statistischen
Schemen, zur Eruierung der Verbreitung des Krebses in Ungarn folgende
Modifikationen.
In den Fragebögen, auszustellen am 15. Oktober 1903, forschen spezielle
Punkte nach Krebserkrankungen bei Haustieren.
72*
1140 Jahresbericht fttr Ghinugie. II. TeiL
Die Frage nach postoperativen Rezidiven, der Art und Lokalisation der-
selben, wurde präzis formuliert.
Eigene statistische Bögen (weisse) sind für die Daten derjenigen Kranken
bestimmt, die am Tage der Zusammenschreibung in Behandlung des betreffen-
den Arztes stehen; während andere wieder (gelbe) die Angaben über j^ie
Kranken enthalten, die am selbigen Tage zwar nicht in Behandlung sich be-
finden, doch nach Wissen des Arztes noch am Leben sind. Über letztere wird
nachträglich geforscht.
Zur technischen Durchführung dieser Statistik gelang es den Bemühungrai
Dollingers mit Bewilligung des Handelsministers das KgL ung. statistische
Zentral- Amt zu gewinnen, welches durch seinen gesetzlichen Wirkung^eis
die besten Chancen einer getreuen Statistik liefert. Ist einmal eine solche
geschaffen, dann erhält erst das Erebskomitee die Basis einer zielbewussteo
Arbeit.
Schon seit 11 Jahren bemüht sich Dollinger (3) tuberkulöse Lymph-
drüsen des Halses so zu entfernen, dass die zurückbleibende, oft entstellende
Narbe verdeckt bleibe. Dollinger bedient sich dazu eines Schnittes, welcher
hinter dem Ohre, der Höhe des äusseren Gehörganges entsprechend, in der
zwecks gründlicher Desinfektion rasierten behaarten Kopfhaut, etwa 1 cm
weit von deren Rande beginnt und stets in gleicher Entfernung vom Haar-
saume, ungefähr 6 cm lang nach abwärts und hinten verläuft.
Die Ausschälung der Lymphdrüsen geschieht stumpf mit Hilfe des Ele-
vators oder Fingers; demgemäss ist die Blutung meist minimal.
An der Hand veranschaulichender Abbildungen folgt die Besprechung
der allgemeinen Begeln dieses Operations -Verfahrens, des weiteren die spezielle
Anwendungsweise bei den Lymphdrüsen der verschiedenen Halsregionen ; letzten
beruht auf den sorgfältigsten anatomischen Studien.
Bisher wandte Dollinger dieses sein Verfahren in 128 Fällen an; da-
von heilten p. p. 107,. in 21 Fällen wurde die beginnende Eiterung durd
Drainage baldigst kupiert.
Die Methode verlangt grosse Übung, genaueste anatomische Kenntnisse
und zuweilen sehr viel Geduld, — Gründe, welche eine allgemeine Verbreitung
dieses Verfahrens im voraus ausschliessen; auch sind nur solche Lymphdrüsen
geeignet, welche noch beweglich und nicht entzündet sind. Halten wir m&
streng an diese Indikationen, so ist in dem gewählten Falle das Resultat
ein glänzendes.
Der Kranke Her cz eis (4) verletzte sich vor 3 Monaten an toten Fischeo.
Nach Heilung eines lokalen Karbunkels bekam der Kranke 6 Wochen vor
seiner Aufnahme ])lötzlich Schüttelfröste und es entstand im rechten H3rpo-
chondrium, wie die Operation es erwies in der Leber, ein faustgrosser Ab-
szess; 10 Tage hierauf wurde ein rechtsseitiger subphrenischer Abszess er
öffnet und nach weiteren 3 Wochen ein gewaltiger Prostata-Abszess.
Weitere Metastasen traten nicht auf; die Heilung verlief ungestört
Hevesi (5) bespricht — nach einem geschichtlichen Rückblick auf die
Entwickelung der Sehnenoperationen — die Indikationen der Sehnentrans-
plantation. Eine solche wäre nach Hevesi erheischt: bei Sehnendefekten.
wenn eine Plastik unmöglich; bei gewissen peripheren und zentralen Läk-
mungen; bei verschiedentlichen entzündlichen Kontrakturen. Relativ am gün-
stigsten lägen die Verhältnisse bei der spinalen Kinderlähmung. Alle Sehnen-
transplantationen sollen planmässig bewerkstelligt werden; eine gewissenhafte
Nachtrag: AoBländische Referate. 1141
Untersuchung und Bestimmung der Muskelfunktionen muss der Operation
vorausgehen.
Es folgt nun eine übersichtliche, doch kritische Darstellung der ver-
schiedenen Arten von Sehnentransplantation, Sehnenverteilungen und der
neueren Methoden zur Funktionsübertragung der Muskeln; die stufenförmige
Transplantation von Vulpius, die indirekte Methode von Mainzer, die
Sehnenverschiebung von Hevesi; die Transplantation (eventuell mit Hilfe von
Seidenfaden, sog. künstl. Sehne) auf das Periost von Lange, auf den Knochen
von Wolf f und durch den Knochen von E. Müller; schliesslich die minder
empfehlenswerte Muskeltransplantation. Jede dieser Methoden hat ihre Vor-
teile wie Nachteile ; ist man nicht voreingenommen, so kann man bei ein und
demselben Falle auch verschiedene Methoden kombinieren, um die Verletzung
auf ein Minimalstes zu beschränken. In letzterem Falle nämlich haben wir
den besten funktionellen Erfolg in Aussicht.
Den Schluss der Arbeit bildet eine nach Körperregionen systematisch
geordnete Übersicht derjenigen Lähmungen und Kontrakturen, die bisher durch
Sehnenoperationen in Angriff genommen wurden; der mit grossem Fleisse
zusammengestellten Kasuistik fügt Hevesi noch reichlich eigene Beobach-
tungen zu.
In seinem Vortrage wie in seiner Abhandlung befasst sich Navratil (6)
mit den Erfahrungen, die er während der Zeit von fast ^/4 Jahrhundert in
der Gehirnchirurgie gesammelt hat. Zur Erläuterung dienen die Kranken-
geschichten von 8 Fällen typischer Jackson scher Epilepsie.
Navratil empfiehlt die Frühoperation derselben, möglichst noch im
ersten Jahre. Kontraindikation bilden nach ihm Alkoholismus, organische
Erkrankungen, Neurasthenie, desgleichen Kombination mit genuiner Epilepsie ;
auch bei langem Bestehen der Jacksonschen Epilepsie, wenn die Krämpfe
sozusagen schon habituell wurden, operiert Navratil nicht.
Onodi (7) berichtet über eine 26jährige Kranke, bei der sich seit
9 Monaten an der linken Seite der Zungenwurzel eine Geschwulst entwickelte ;
unter Lokalanästhesie^ wurde selbe entfernt und erwies sich histologisch als
aus Strumagewebe bestehend. Glatte Heilung.
Es folgt ein Rückblick auf die diesbezügliche Literatur: Ghamisso
publizierte 15 Fälle, v. Eiseisberg 2, Semon 3; dazu gesellt sich Onodis
Beobachtung. Sämtliche Fälle bezogen sich auf Frauen.
Paunz (8) reiht den in der Literatur mitgeteilten ca. 30 diesbezüg-
lichen Fällen einen sehr sorgfältig beobachteten neueren zu.
Bei einem 16 jährigen Mädchen traten 2 Wochen nach Akquisition eines
starken Schnupfens die Symptome eines Gehimabszesses «auf; es wurde trepa-
niert und aus einem Abszesse des linken Stirnlappens ungefähr 80 ccm Eiter
entleert. Vorübergehende Besserung ; 5 Monate nachher erlag die Kranke einer
eitrigen Meningitis. Bei der Autopsie fanden sich noch multiple Eiterherde
des Gehirns und eine eitrige Ethmoiditis; letztere bildete somit durch Ver-
mittlung der Lamina cribosa die Ursache des verhängnisvollen zerebralen
Prozesses. Die bakteriologische Untersuchung des Falles ergab Diplo-Strepto-
kokken in reiner Kultur.
Seinem Falle anschliessend bespricht Paunz eingehend die Symptomato-
logie, Diagnose und Therapie der von den Nasenhöhlen ausgehenden Gehirn-
eiterungen.
1142 JahreBbericht fttr Ghirargi«. IL TeiL
Nach Winter nitz (9) sind, wenn man die moderne Ösophagoskopie in
Betracht zieht, heutzutage Fremdkörper der Speiseröhre anf blutigem Wege
nur dann zu entfernen, wenn 1. die Extraktion des Fremdkörpers wegen seiner
Beschaffenheit (spitz, scharf etc.) zu einer Verletzung des Ösophagus fohrai
würde ; 2. der Fremdkörper zwar glatt, doch wegen seiner Grösse oder L^e
zu einer Mobilisierung (sei es nach unten oder oben) nicht geeignet ist.
Aber auch in letzterem Falle soll, wenn uns nicht ein Kon8titatioD8fdd&
(Kyphosis, Struma, Caput obstipum etc.) hindernd entgegentritt, der Operation
stete die Ösophagoskopie vorausgesandt werden: so nur können eingekeSte
Fremdkörper schonend durch die Wunde der Ösophagotomie entfernt werda
Im mitgeteilten Falle hatte das zweijährige Kind ein 10 g Messio;-
gewicht geschluckt; alle Versuche, den Fremdkörper abwärts zu stossen ok
ihn eventuell mit Hilfe des Ösophagoskopes zu extrahieren, waren vergeblicL
Winternitz legte den Ösophagus mit einem seitlichen Halsschnitte links,
wobei er am hinteren Rande des M. stemocleido-mastoideus vordrang, bequem
frei und es gelang ihm, den Fremdkörper, ohne Eröffnung der Speise-
röhre, nach einer einfachen Umgreifung der letzteren, zu mobilisieren; an-
schliessende Effleuragebewegungen beforderten dann das verschluckte Messing-
gewicht in den Rachen. Winternitz empfiehlt diesen Handgriff in F&Uei
eingekeilter glatter Fremdkörper vor der Eröffnung des Ösophagus selbst stets
noch zu versuchen.
Zimmermann (10) berichtet über eine 19jährige Kranke, die seit
Vh Jahren an Prof. DoUingers Klinik in Behandlung steht.
Die Kranke kam damals mit einem Furunkel des Unterarmes anf die
Ambulanz; es entwickelte sich eine langsam fortschreitende, zu Eitemag
führende Entzündung des subkutanen Fettgewebes. Der Prozess wanderte
über beide oberen Extremitäten, den Rücken und die Brust hin und sclireitä
nun allen möglichen Eingriffen (Inzisionen, Umschneidung, Pacquelin a. s. w.i
und Medikationen (Inunktionskur, Dunstverbände, Jodoform-Glyzerin; inner-
lich Furunkulin, Jodkalium, Arsen u. s. w.) zum Trotze ruhig nach «k-
wärts fort.
Der Urinbefund ist normal ; die Blutuntersuchung weist nur eine ge-
ringe Anämie auf; das Nervensystem zeigt keine pathologische Verändenu)^
Aus dem Eiter wurde Staphylococcus pyogenes aureus rein gezüchtet.
IIL Teil.
Historisches; Lehrbücher; Berichte.
Aufsätze allgemeinen Inhalts.*)
*) Za meinem Bedauern war ich nicht in der Lage, das Referat in der erwünschten
Weise auszuführen. Es wird im nftchsten Jahre nachgeholt werden. Hildehrand.
I.
Geschichte der Chirurgie.
Referent: 0, Hildebrand, Basel
1. Bandonin, Noaveanx docmnents Bur mie femme m^dedoe da IL siMe et d'origine gre-
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Tübingen 1903. H. Lanp.
3. Gzerny, Über die Entwickelnng der Chimrgie wfthrend des 19. Jahrhanderts und ihre
Beziehang zam Unterricht Leipzig 1903. Th. Thomas.
4. — M. J. ▼. Chelias, G. 0. Weber, G. Simon. Heidelberg 1903. C. Winters Univ.-Bach-
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8. Jayle, Les chirargiens soas Henri IL La Presse mödicale 1903. Nr. 56.
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16. Hahn t Deutsche Zeitochrift für Chirurgie 1903. Bd. 68. Heft 3 u. 4
17. Payr, Nicoladoni \. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 68. Heft 1 u. 2.
18. Nicoladoni als Förderer der Orthopftdie. 1903. Bd. XL Heft 3.
19. M. Schede t. Zeitschrift f. Orthop&die 1903. Bd. XL Heft 3.
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blatt fttr Ghimrgie 1908. Nr. 15.
Nekrologe.
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15. V. Eiseisberg, Gassenhauer f. Wiener klin. Wochenschrift 1903. Nr. 31, 82.
16. Hahn f- Deutsche Zeitschrift für Ghirnrgie 1908. Bd. 68. Heft 8 u. 4.
17. Payr, Nicoladoni f- Deutsche Zeitschrift für Ghirurgie 1903. Bd. 68. Heft 1 u. 2.
18. Nicoladoni als Förderer der Orthopädie. 1903. Bd. XL Heft 3.
19. M. Schede t. Zeitschrift f. Orthopädie 1903. Bd. XL Heft 8.
20. ^ Schede, Max t- Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie 1903. Bd. 68. Heft 5 a. 6.
21. Schede f. Zentralblatt f. Chirurgie 1903. Nr. 4.
1148 JihrMberieht fttr Ghirurgi«. m. TeiL
Zehn seiner Schüler teilten die Anfarbeitnng des so reichen, kasuisti-
schen StoflFes für den speziellen Teil — nach obigen Prinzipien.
In Kurzem ein vollständiges Bild aller erwähnten Operationstypen wieder-
zugeben, wäre unmöglich; und wenn wir nun im folgenden einzelne Opera-
tionsmethoden hervorheben, sind es weniger klinische Liebhabereien, sondern
Verfahren, die — ohne dabei andere zu schmalem — durch ihre Vorzöge
dem Verfasser sich bewährt haben.
Bei den chirurgischen Krankheiten des Kopfes (von Dr. Eugen Polya)
ist besonders der Exstirpationen des Ganglion Gasseri zu erwähnen, welche
Do Hing er unter 9 Fällen achtmal mit Erfolg angewandt (1 Fall, bei einem
Endoarteritiker, endete wegen sich zugesellender Phlegmone und Sinosthrom-
bose letal). Dollinger zieht bei der Ausrottung den temporalen Weg H&r tlej-
K raus es dem sphenoidalen Wege Roses vor; die Art. mening. media unter-
bindet er jedoch nicht, wobei keine beträchtliche arterielle Blutung entsteht
die Operationsdauer hingegen auf 20 Minuten reduziert wird. Eän entspre-
chender Zelluloid-Augenschutz verhütete in sämtlichen Fällen eine neoroparar
lytische Entzündung der Hornhaut.
Der Abschnitt über Erkrankungen des Rückgrates zeigt sich haupt-
sächlich in seiner Abhandlung über Skoliose und SpondyUtis sehr aasfahiüdi
und gab seinem Verfasser (Dr. Eugen Kopits), der zugleich Leiter der
eigens konstituierten orthopädischen Ambulanz der Klinik war, Gelegenheit
zur Besprechung der verschiedentlichsten Do Hing ersehen Fixation»- Apparate
für die Wirbelsäule. Redressements nach Galot werden nicht geübt; Dol-
linger ist ein Freund vorsichtiger, langsamer, temporärer Redressierung.
Im folgenden Abschnitt«, über chirurgische Krankheiten des Halses
(von Dr. M. Arnold Winternitz), findet sich eine nähere Bearbeitung der
subkutanen Exstirpation hyperplastischer Lymphome nach Dollinger — mit
Hautschnitt am behaarten Nackenrande und stumpfer Exstirpation der Hals-
lymphdrüsen somit von oben.
Den Gegenstand des nächsten Abschnittes bilden die chirargiacben Er-
krankungen des Thorax (von Dr. Josef Pfann). Prof. Dollinger zeigt
sich als ein Freund der Kocher sehen Radikaloperation beim Broslicrebs; —
bei purulenten, pleuritischen Exsudaten wurde die Dollingersche Thoraco-
punktion mit Einführen eines konstanten Drainrohres durch die Troikax-Scheide
erfolgreich ausgeführt.
In der Abhandlung über die Erkrankungen der Bauchwände (ron Dr.
Wilhelm Manninger zusammengestellt) sind besonders die vorzüglichen
Erfolge von 83 nach Bassini und von 6 nach May dl operierten Inguinal-
resp. Umbilikal- und Abdominal-Hemien zu erwähnen.
Die chirurgischen Krankheiten der Bauchhöhle (von den Assistenten
Dr. Johann Kaczvinsky und Dr. Karl Zimmermann), dann die Er-
krankungen der E[am- und Geschlechtsorgane (vom Assistenten Dr. Geza
von Uly 6s) bilden die zwei nächsten Abschnitte. Am ersteren finden wir
Eingriffe auf fast jedes Organ des Abdomens mit gebührender Ausführlich-
keit verzeichnet, darunter 20 Gastroenteroanastomosen (antecol. ant.), 21 Epi-
typhlitis-Operationen (zumeist nach Sonnenburgs Methode), wie anch 21
chirurgische Eingriffe an den Gallenwegen; -~ der letzterwähnte Abschnitt
wieder enthielt als Einleitung eine ausführliche Abhandlung über die an
der Klinik viel geübten cystoskopischen und kryoskopischen Untersuchnngs-
methoden.
Hildebrand, Lehrbücher der chirurgischen Diagnostik etc. 1149
Als letzte Abschnitte des Buches folgen nun die Erkrankungen der
oberen, dann der unteren Extremitäten (gemeinsam von den Herren Dr. Eugen
Holzwarth, Dr. Eugen Kopits und Dr. Stefan Räcz bearbeitet). Bei
den verschiedenen Brüchen und Luxationen finden wir eine stattliche Beihe
durch Delling er teils verbesserter, teils geschaflfener orthopädischer Appa-
rate; des weiteren zu gedenken einer intensiveren Abhandlung über den
Do Hing er sehen Redressions- und Fixationsverband zur abulanten Behand-
lung der Koxitis — sowie eines mit trefflichen Abbildungen illustrierten
Abdruckes seiner im Jahre 18D8 erschienenen Publikation über die ^^ambu-
lante Behandlung der Knochenbrüche an den unteren Extremitäten^, — des
sogenannten Dollinger sehen Gips-Gehverbandes.
Alles in allem: das vorliegende, klar und anziehend geschriebene Werk
ist etwas Eigenes seiner Art ; durch seine zweckmässige Gliederung ist es die
tatsächlich höchst belehrende Sammlung des dreijährigen klinischen Materials,
— durch die übersichtliche und streng wissenschaftliche Verarbeitung des ge-
waltigen Stoffes ein ausführlicher Batgeber über diagnostische Merkmale so-
wohl, wie über therapeutische Methoden.
Nicht unerwähnt sei noch, dass Wiederholungen und Widersprüche, die
beim Zusammenarbeiten mehrerer oft unvermeidlich scheinen, merkwürdiger-
weise so gut xie gar nicht vorkommen. Bef. Gergö.
Dollinger (12) publiziert seine pädagogische Methode, nach welcher
er an seiner Klinik den Unterricht systematisierte.
Die Studierenden betreffend ist sein Prinzip, sie mögen den Kranken
nicht nur in einem Stadium, im Bahmen eines einzigen glänzenden rhetori-
schen Vortrages sehen, sondern sie mögen ihn bis zum Schlüsse seiner Be^
handlung, in jeder wichtigeren Phase seiner Erkrankung beobachten. Es
betritt bei ihm jeder Kranke die Klinik förmlich durch den Hörsaal und
verlässt sie auch vor den Hörern.
Und so wird während der zweistündigen Vortragszeit zunächst über die
tags vorher operierten Kranken, mit event. Demonstration von Präparaten,
berichtet; die nötigen Hauptverbandwechsel werden vor der Hörerschaft vor-
genommen; dann folgt die gruppenweise Vorstellung jener Kranken, welche
die Klinik verlassen oder in Abwesenheit der Hörer operiert werden und
zum Schlüsse wird über einen wichtigen Fall eingehender vorgetragen und
dann derselbe in Anwesenheit der Hörer operiert. Dieses Programm erleidet
nur insoferne eine Änderung, als zeitweise auch die ambulanten Kranken, so
wie sie kommen, Thema des Vortrages bilden, oder im Falle einer Sektion
die Hörer an dieser teilnehmen.
Die sogen, kleine Chirurgie lernen die Hörer am reichhaltigen Material
der Ambulanz kennen; letztere teilte Dollinger teils ihrer Frequenz wegen
(im Durchschnitte täglich bei 200 Kranke!), teils aus didaktischen Gründen
auf drei Sektionen: die eine befasst sich mit den orthopädischen Erkran-
kungen, die andere mit den urologischen, während die letzte und grösste
Gruppe die übrigen chirurgischen Erkrankungen in Behandlung nimmt. An
jeder dieser Abteilungen, die unter Führung eines älteren Hilfsarztes der
Klinik steht, nehmen die Mediziner gruppenweise teil.
Die Einübung grösserer operativer Eingriffe geschieht an konservierten
Leichen während der im Wintersemester gehaltenen Operationskurse.
Im folgenden bespricht Dollinger das Arbeitsprogramm der Operations-
zöglinge ; ihre Ausbildungszeit wurde auf sein Bemühen wieder auf die frühere
A I
1150 Jahrmbericht fOr Chimrgie. III. Teil
Dauer von zwei Jahren erhöht. Die Operations-Zöglinge beteiligen sidi zum
Teil auch an der Verfassung des klinischen Jahrbuches, welches an Stelle der
bisherigen dreijährigen Ausweise tritt. Es sind sowohl Gründe der Didaktik,
als auch das wissenschaftliche Ziel, welche eine baldige kritische Zusammen-
stellung der klinischen Arbeit erheischen.
Dollinger (13). Das 518 Seiten umfassende Werk, an dessen Zu-
sammenstellung neben Dollinger und gemäss seiner Weisung nodi sechs
seiner Schüler mitgewirkt, bildet die Folge des vor drei Jahren erschienenen
ersten Bandes.
Ähnlich diesem bilden die Grundlage auch der neuen Folge Auszüge d^
Krankengeschichten der letzten drei Jahre: vom Universitatsjahre 1900/1901
bis inkl. 1902/1903.
Das äusserst reichhaltige Material liess Dollinger nach der Einteilung
des Handbuches der praktischen Chirurgie (v. Bergmann, t. Bruns,
T. Mikulicz) systematisch ordnen und bildet die Einleitung zn jedem Ab-
schnitte teils eine statistische Übersicht, teils eine eingehende Schüdenmg
der angewandten Methoden und ihrer Erfolge. Wo seit dem Erscheinen des
ersten Bandes keine neueren Operationsverfahren eingeführt wurden, wiid
auf die entsprechende Stelle des I. Bandes verwiesen.
Auf alle Einzelheiten des Werkes kann nicht eingegangen werden; es
bilde, wie Dollinger im Vorworte betont, für den jungen Operationszö^ing
der Klinik den sichersten Führer, für den Praktiker ein kritisches Sacb-
schlagebuch und für den gewesenen Hörer zugleich eine nützliche Erinnemiig
an bekannte Fälle seiner klinischen Studienzeit. Grössere Abschnitte mopD
eine gesonderte Besprechung finden.
ra.
Jahresberichte von Krankenhäusern etc.
Referent: 0. Hildebrand, Basel.
Die mit * yeraelienen Arbeiten sind referiert worden.
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1903. Nr. 28.
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Nr. 5.
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1903. Nr. U— 15. p. 548 (mmftnisch).
4. — Statistik der Operationen (des Spitales in Yidra). Revista de Chirorgie 1903. Nr. t
p. 59 (rumftnisch). 119 kleinere and mittlere Operationen; 29 mit Chloroform, 45 vä
Kokain, 45 ohne Anästhesie. Stolanoff (Plerna).
5. Chlnmsky, Über Bau and innere Einrichtang einer chirnrgischen Klinik. Deniscke
Zeitschrift f. Chirorgie 1908. Bd. 68. Heft 8 a. 4.
Hildebrand, Jahreeberiohte von Erankenhftusern etc. 1151
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8. Fanre, Statistiqae du aervice de clinique chir. de Thötel-Dieu. Gazette des hdpitaux
1908. Nr. 70.
9. Favre, Operazioni chimrgiche eseguite negli stabilimenti sanitari militari del regno.
Dati statistici del 1902. Giomale medico del R. Esercito 1903. Nr. 9.
10. FoDtoynout, Statistiqne des Operations pratiqnäes & Tanarive sur les Malgaches,
d'avril 1898 ä jnillet 1908. Arohives provinciales 1908. Nr. 12.
11. *Here8cu und Stefanescn- Galatz, Operative Tätigkeit des Spitales Filantropia
„Abteilung der Hamorgan-Erankheiten*' fQr das Jabr 1902. Spitalul 1908. Nr. 6. p. 205
(mmftnisch).
12. Jabresbericbt der Heidelberger Klinik fOr 1902. Beiträge zur klin. Chir. 1908. Bd. 39.
Supplement-Heft,
18. Elaussner, Bericht über die kgl. chirurg. Üniversitäts-Poliklinik zu München 1902.
Münch. med. Wochenschr. 1903. Nr. 7.
14. König (Fritz), Das neue Operationshaus zu Altena, eine moderne chirurgische Ar-
beitsstätte. Archiv f. klin. Chir. 1908. Bd. 10. Heft 4.
15. Krön lein, Die aseptischen Operationsräume der Züricher chir. Klinik und ihre Be-
deutung für den chirurgisch-klinischen Unterricht, v. Brunssche Beiträge 1908. Bd. 37.
Heft 3. V. Esmarch -Festschrift
16. Legrand, Organisation du service chirurgical et gyn^cologique ä Fhöpital europ^en
d'Alexandrie. Archives provinciales 1903. Nr. 12.
17. Maass, Bericht über die chirurg. und Orthopäd. Erkrankungen in der Neumann-
schen Kinder -Poliklinik 1896-1902. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1903. Bd. 68.
Heft 5 u. 6.
18. Pantaloni, La clinique de Chirurgie de Marseille. Archives provinciales 1908. Nr. 1.
19. AI. Popescu, Bericht über die im Jahre 1902 ausgeführten chirurgischen Operationen
im Bezirks-Spitale zu Garacal. Revista de Chirurgie 1903. Nr. 2. p. 65 (rumänisch).
54 verscbiedene, auch grössere Operationen. Stolanoff (Plevna).
20. *A. Raisz, E. Kurzbacher, H. Unterberg und D. Balas, Krankenbewegung an
der n. chirurg. Klinik — Direktor Ftof. Em er ich von R^czey -— der kgl. ung. Uni-
versität zu Budapest in der Zeit vom 1. Jänner 1899 bis inkl. 80. Juni 1902. Orvosi
Hetilap. 1903. Beilagen zu Nr. 27—80.
21. Roths Jahresbericht. Berlin 1903. Jahrg. XXVin. Mittler u. Sohn.
22. Ronx de Brignoles, Contribution ä Tötude clinique de quelqes affections chirurgi-
cales. Statistique de nos Operations en 1902. Archives provinciales 1903. Nr. 10.
23. M. J. Serbanescn, Bericht über die Jahre 1902 im Spitale Filantropia ausgeführten
Operationen. Revista de Chirurgie 1903. Nr. 6. p. 256 mit 6 Figuren (rumänisch).
855 fast alle gynäkologische Operationen. Stolanoff (Plevna).
24« Sorel, Statistique des Operations pratiqu^es en 1902. Archives provinciales 1903.
Nr. 3.
25. 0. Yasilin, Bericht über die im Ploiester Stadtspitale im Jahre 1902 ausgeführten
Operationen. Revista de Chirurgie 1903. Nr. 6. p. 267 (rumänisch). 186 mehr kleine
Operationen. Stolanoff (Plevna).
Godivilla (6) veröffentlicht einen statistischen Bericht über die Fälle,
die in der Mailänder Anstalt für Rachitische in einem Zeitraum von sechs
Monaten zur Behandlang kamen. R. Giani.
Herescn und Stefanescu-Galatz (11). Von den 273 Operationen
seien erwähnt: 57 Urethrotomiae intemae, 20 extemae, 13 Prostatotomien,
13 perineale Prostatektomien, 3 vesikale (eine der Prostata wog 286 Gramm!),
10 Sectiones altae, 3 Nephropexien, 2 Nephrolithotomien, 5 Nephrektomien
und dazu noch 113 verschiedene rein allgemeine chirurgische Operationen.
S toi an off (Plevna).
Burghele (3). Von den 1462 Kranken, die im Spitale Vidra (Putna)
behandelt waren, wurden 852 geheilt, 413 gebessert, 119 blieben ungebessert,
33 Sterbefälle und 43 blieben noch in weiterer Behandlung.
1A52 JahroBberieht fQr Chirurgie, m. Tefl.
Es waren sehr viele chirurgische Fälle nnd wurden 119 Operationen
ausgeführt. Stoianoff (Plevna).
Raisz (20). Innerhalb von 37« Jahren wurden auf der Klinik 5752
Kranke gepflegt, an denselben im ganzen 3722 Operationen vollzogen. Wäh-
rend dieser Zeit besuchten die Ambulanz 34698 Kranke; hier belänft sich
die Zahl der chirurgischen Eingriffe auf 16468.
Der Bericht schliesst mit einem Rückblick auf die Statistik der letzten
10 Jahre, d. i. der Zeit, wo Prof. v. R6czey an der Spitze der Klinik steht
Innerhalb dieses Lustrums waren auf der Klinik 13613 Kranke g^egt
worden, ambulatorisch wurden 79516 Personen behandelt; die Gesamtzahl
der chirurgischen Eingriffe beläuft sich auf 43 955 , darunter 1 147 in
Narkose.
IV.
Aufsätze allgemeinen chirurgischen Inhalts.
Referent: 0. Hildebrand, Basel.
Die mit * yersehenen Arbeiten sind referiert worden.
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widmet Wien 1903. W. BraumfiUer.
155. Arbeiten der chirurgischen Uniyersitätsklinik Dorpat. Herausg. y. Wilh. Koch. 5 Hefte.
1. Hftlfte. Dorpat 1903. Anderson.
Wilson (151). Die Leukocytose ist entweder absolut, indem die Ge-
samtzahl der Leukocyten vermehrt ist, oder relativ, indem die Gesamtzahl
nicht, sondern nur die Prozentzahl einer bestimmten Zellform (die polymorpho-
nnkleären) vermehrt ist. Ein hoher Prozentgehalt (80—85^0) der Polymorpho-
nukleären bei Abwesenheit von absoluter Leukocytose deutet auf Eiter oder
schwer entzündlichen Prozess und gleichzeitige geringe Vitalität hin. Die
Zählungen müssen bei demselben Kranken wiederholt und regelmässig vor-
genommen werden. Einmalige Zählungen haben keinen Wert. Die Leuko-
cytose hat diagnostischen Wert nur, wenn sie im Verein mit anderen Sym-
ptomen beurteilt wird. Sie hat niemals eine solche Bedeutung, dass auf sie
allein die Diagnose basiert werden kann. Dem Aufsatze sind 7 Kranken-
geschichten beigefügt Maass (New- York).
Kinn am an (67) hat Versuche darüber angestellt, welchen Einfluss die
Temperatur bei der Entstehung des Shocks hat. Er kommt dabei zu dem
Schluss, dass die Temperatur der Hauptfaktor sowohl in der Ursache des
Shocks ist, als auch das wichtigste Mittel, um ihn in Schranken zu halten
ind zn mildem. Maass (New-York).
V. Willebrandt (149). Nach einer verhältnismässig kurzen Behand-
ungszeit wurden bei den meisten Fällen ganz bemerkenswerte Resultate er-
lalten. Die Verbesserung betraf meistens solche Gelenkaflfektionen, bei wel-
chen eine sehr energische Badbehandlung fast ganz erfolglos geblieben war.
lerf. erörtert die Frage, wie so hohe Wärmegrade von der menschlichen
laut ohne Nachteil ertragen werden können, und gelangt zu denf Schlüsse,
iass sowohl die starke Schweissabsonderung als auch die lebhafte Blutströ-
Qung den Organismus gegen die exzessive Hitze schützen. Das wesentliche
>Bi dieser Methode sei die dadurch hervorgerufene Hyperämie, durch welche
1er lokale Stoffwechsel gesteigert und die Flüssigkeitsströmung lebhafter wird.
Herbei zerfallen in erster Linie die Krankheitsprodukte und werden resor-
iert. Hj. von Bonsdorff (Helsingfors.)
Den diagnostischen Wert der Blutuntersuchungen besprechend, geht
[arwacki (65) zunächst auf das Leukocytenphänomen ein. Seiner Ansicht
ach bedeutet die Verwertung der Leukocytenzählung einen grossen Fort-
[^hritt unseres diagnostischen Könnens. Es gilt dies insbesondere für die
.ppendix-Eiterungen. Aber auch bei andersartigen akut infektiösen Pro-
dssen werden durch sie sichere Anhaltspunkte für die Diagnose und Prognose
Bwonnen. Selbstverständlich ist dabei Vorsicht und Berücksichtigung des
y-mptomenkomplexes geboten. Unbrauchbar erweist sich diese Methode bei
Dsartigen Geschwülsten, da sie hier sehr wechselnde Resultate gibt.
1158 Jahresbericht ffir Chirurgie. III. Teil.
Im weiteren bespricht Earwacki seine Beobachtungen über die Seio-
diagnostik chirurgischer Infektionskrankheiten. Es wurden Agghttination-
proben bei Tuberkulose, Strepto- und Staphylomykosen und kolibazillären t
fektionen ausgeführt. Unter zehn klinisch sicheren Tuberkulosen wurde ii
7 Fällen die agglutinierende Wirkung sowohl des reinen als auch des m-
dünnten (bis auf V&o) Serums auf das Koch sehe Keagens konstatiert Der
Grund für den negativen Ausfall der Reaktion in den übrigen Fällen dürfte
in einer Erschöpfung des Organismus an Keaktionskraft liegen. Die Strepto-
und Staphylokokkenerkrankungen lieferten ebenfalls positive Reaktionen, je-
doch nur bei einer Allgemeininfektion. Bei Pyämie war die Reaktion sogar
bei Verwednng eines auf ^/eo verdünnten Serums positiv. Bei örtlich be-
schränkten Affektionen blieb die Reaktion stets aus. In den Fällen tos In-
fektion mit Bacterium coli (Appendicitis, subphrenischer Abszess) aggintinierte
das Serum in einem Mischungsverhältnis von ^/so — Veo allemal, in einem Falle
sogar in einer Verdünnung bis auf ^/aoo.
Allgemeine Schlüsse zieht Verf. aus seinen Beobachtungen nicht.
Urbanik (Krakaa).
Mazzini-Volpe (96) berichtet über einen Fall, in welchem dn Neu-
geborenes folgende Anomalien aufwies: Atresia ani, zwei Hodensäcke, zvei
Ruten und zwei mit zwei Harnblasen konmiunizierende Harnröhren, zni
dicke in die Blasen mündende und mit zwei Deocökalklappen versekiK
Därme; ferner nur eine Niere mit einem Harnleiter und einem Hoden. As
diesen Fall anknüpfend erörtert Verf. vom embryologischen Gesichtspunkt«
die Anomalie der Doppelrute. Nach ihrn kommen drei Arten von in Über-
zahl der Rute bestehenden Anomalien vor: die Hasta bifida, die Hasti
omni-septa, die Hasta duplex. Embryogenetisch betrachtet Bei die
Hasta duplex, da sie aus 2 Keimen hervorgeht, von der Hasta bifidi
und der Hasta omni-septa, die auf Entwickelungshemmung eines einzigen
Keimes hindeuten, zu unterscheiden. Die Hasta duplex setzt das Vor-
handensein eines doppelten Enddarmes und einer doppelten Blase voraus,
wohingegen bei der Hasta omni-septa und der Hasta bifida jene Or-
gane entweder normal oder mehr oder weniger vollständig in zwei geteiS
sein können. Die Hasta duplex sei eine viel seltenere Anomalie, als man
bisher geübte, sei seltener als die Hasta bifida und die Hasta omni-
septa. R. GianL
Fumaioli (38) verbreitet sich über die Vorzüge, die die Röntgen-
strahlen, sei es beim Aufsuchen von Fremdkörpern, sei es bei gewaltsame
Verletzungen und Knochenkrankheiten, darbieten. R. Giani.
Masnata (93) hebt die ungeheuren Schwierigkeiten hervor, die bei
den am Lebenden vorgenommenen Operationen, zum Unterschied von da
am Leichnam ausgeführten, wegen der Blutungen bestehen und meint, dass
der am Leichnam erteilte Unterricht in der Operationslehre von keinen
grossen Nutzen sei. Er empfiehlt deshalb, die Studenten VivisektionsübungeD
an Tieren vornehmen zu lassen, zumal da fast alle Bauchoperationen eben-
sogut an Tieren als am Menschen ausgeführt werden können. Der Leichnam
sollte bei den Operationsübungen nur zum Vergleich dienen. Die Studaiten
wiirden sich dann auch in allen zu einer Operation erforderlichen Manuali-
täten (Sterilisierung der Hände, der Gaze, der Fäden und Instrumente. Rei-
nigung der zu operierenden Teile usw.) und in der Anwendung der Nark(»e
Hildebrand, AafsAtze allgemeinen chirurgischen Inhalts. 1159
üben können, Vorbereitnngen, die sie in den Kliniken nicht gehörig kennen
lernen. 6. Giani.
Korteweg (72). 1. Erschwertes Döcanulement nach Tracheotomie.
Bei einem 2 jährigen Knaben mit polipoiden Wucherangen, entstanden nach
Tracheotomie inferior, führte die Intubation nicht zum Ziele.
Es wurden nun durch die erweiterte Tracheotomie die Granulationen
exstirpiert und ein mit einem Faden durchstochenes Kautschukdrain in die
Trachea und Larynx hineingeschoben (retrograde Intubation).
Die Röhre wurde mittelst des Fadens an einem auf die Wunde gelegten
Tampon festgehalten.
Eine Woche später konnte der Drain fortgelassen werden; 3 Wochen
post op. geheilt entlassen. Die beste Prophylaxe der Granulationsstenose ist
das frühzeitige D^canulement.
2. Aneurysma traumaticum der Arteria yertebralis. Ein 13 jähriger
Knabe bekam nach einem Messerstich hinter dem linken Ohre ein Aneurysma
der Art. yertebralis. Der Ausgangspunkt des Aneurysmas war der Teil der
Arterie, der zwischen Proc. transv. epistrophei und atlant. gelegen ist.
Nach querer Durchtrennung des M. stemocleidomast. gleich unter dem
Proc. mastoideus und der M. M. trapez., splenius und semispinalis capitis
wird das Aneurysma blossgelegt. Der proximale Gefassabschnitt wird erst
gefunden, nachdem der grösste Teil des Sackes exstirpiert und der Boden
eingeschnitten wurde in einer den Faserverlauf des Obliq. inf. kreuzenden
Richtung; er wird isoliert und abgebunden.
Der zerebrale Gefassabschnitt kann nicht isoliert werden, dennoch ge-
lingt es, die Einmündungsöffnung in den Sack durch vier Doyen sehe Ar-
terienpinzetten zu verschliessen. Die Wunde wurde tamponiert. Am «zweiten
Tag nach der Operation wurden die Pinzetten entfernt und am folgenden
Tage die Wunde unter lokaler Anästhesie geschlossen. Drei Wochen später
geheilt entlassen. Die Beweglichkeit des Kopfes ganz normal.
Die Art. yertebralis gibt zwar keine grösseren Äste in ihrem Halsteil
ab, sondern mehrere kleine. Die Ligatur des proximalen Gefässabschnittes
allein genügt also nicht, das Aneurysma zur Heilung zu bringen.
Autoren-Register.
Abadie 183, 287, 346, 374, 460,
925, 1009, 1025.
~ et Brandeis 876.
Abbamondi 141.
Abbe 271, 336. ,
Abbot 277, 1045.
— and Sbatiock 174, 360.
Abel 704.
Abelsdorff 287.
AbikoBoif 282.
Ackermann 622.
Ball' Acqua 985.
Adam 625, 993.
AdamkiewicK 232, 233.
Addicks 196.
Adenot 343, 655.
— et Gadet 426.
— et Thövenot 133.
Ader 70.
Adjaroflf 1077.
Adrian 218, 223.
Adolph 141.
Agricola 141.
AhlBtröm 287.
Aiello 888.
Aievoli 743, 948, 1003, 1063.
Alapy 575.
Albanas 482.
Albarran 700, 816.
— u. Imbert 816.
— et Cottet 849.
Albers-Schönberg 1099, 1152
Albertin 999.
Aldeich-Blake 691.
Aldrich 974.
Alesandrini 907.
Aleasandri 224, 680.
Alexandre 139, 213, 311, 743.
Allaria 402.
van Allen 1099.
Allingham 1146.
Allingham and Bridges 616.
AUbut 70.
AUen 233.
Allport 287.
Allwood 816.
Alt 287.
Altenburg 169.
Alter 790.
Althoff 988, 954.
AJthorp 662.
Alvarez 662.
Amberg 158.
Amberger 974.
T. Anunon 287.
Amrein 897.
Anastasi 749.
Anderson 615.
Andr^ 1081.
Andrew 811, 453, 728.
Andrewes 52.
Andrews 537.
y. Angerer 262, 655, 1099.
D'Anna 224.
Anschfltz 628, 736.
d'Antona 985.
Antonelli 566.
Anzilotti 825.
— et Fattini 788.
Anzoletti 195.
Apelt 925.
Apert 570.
Apolant 800.
— u. Embden 224.
Arapow 1028.
Arcoleo 860, 873.
D*Arcy-Power 238, 622, 662,
1077.
Mc. Ardle 756.
Ardooin 767.
Arenzio 166.
Arkwright 42.
Arloing 881.
Armour 171, 562.
Arad 1039.
Arnold 609, 1039.
Amsperger 482.
Aronheim 262, 993.
Aronson 426.
Arron 915.
Mc. Arthur 120, 796, 1152.
Asakura 825, 1081.
Ascoli 800.
Asch 76, 792, 1162.
Aschauser 1128.
Ashe 566, 662.
Ashton Berg 1081.
Atbabegian 974.
Athanassow 1039.
Athe 691.
Athenton 728.
Anbertin 259.
Audrj 230.
— et Daloe 879.
Anlhom 743.
d'Auria 197.
Austin 174.
Aavray 748.
Avanzmo 655.
Avellis 382.
Axenfeld 287.
Baach 421.
Baas 287.
Bacaglia 277.
Bach 402, 1007.
Bachiali 852, 545.
Bade 960, 1015, 1039, 1099.
Bftftmhielm 888, 1089.
Bahr 183, 971.
B&hler 816.
Bär 287, 749, 816.
B&rlsdier 960.
Baermann 879.
Baginsky 131.
Baäoff 704, 758.
Baikow 656.
Bailey 262.
Baillet 570.
Bainbridge 562.
Baisch 867.
Bakabinik 1081.
Baker 321, 704.
Bakö 887.
Balacescu 616, 704, 736, 948,
974.
— o. Cohn 426.
Balatre 790.
Balao Ventora 262.
Baldanza 7ia
Baldassari 469.
— e Finotti 637.
— e Gardini 756.
Baldnzzi 570.
Autoren-Register.
1161
BAldwin 1099.
Balfonr 741.
Salger et Fonquet 821.
3f^700.
3allaban 287.
^aUance 172, 281.
- and Stewart 172, 386.
3allin 570, 748, 751.
Bamberg 52.
iamberger 52.
SancY-Osmolowsky 825.
iaDdler 868.
Bang 1028.
iannes 969.
Baotrina 881, 1081.
jantach 876.
r. Baracz 104, 109.
)aradat 70.
Barbarin 811.
3ard 280, 557.
)ardellini 981, 969.
iardenheaer 172, 188, 410,
741, 783. 876.
iardescu 178, 262, 680.
Bars 141.
)anon et Cade 878.
iarker 8, 570, 622.
iarling 570, 1065.
iarnard 912, 1015.
iaron 374, 1189.
Jaroni 886.
)arr 756.
kirraja 3.
Bartels 259.
Bartb 178, 195, 570, 802, 992.
Barth et Michaux 849.
Bartha u. Onodi 821.
Bartholomäos 288.
Bartel 1084.
Barwell 402.
le Barj 259.
Basbford 224.
Basile 748.
Bassan 82'>.
Bastianelli 687.
Baudouin 960, 1145, 1150.
Baaer 780, 886, 888.
Baum 158. 582.
Bftumler 570.
BaToni 1128.
Bavon 188, 402, 1099.
Bayer 966, 1007, 1084.
Bayet 881.
Baxv 482. 788, 792, 796, 879,
881, 960, 1081.
Beale 52, 1128.
Beard 280.
Beateon 469.
Beaussent et Bender 288.
je Bec et Malier 778.
Becher 460, 912, 984, 1089.
1128.
Becbtold 780.
Beck 188, 166, 195. 197, 460,
570, 773, 1100, 1152.
r. Beck 188.
Becker 8, 141, 169, 570.
Becker, Hermann, ErOnlein
Beckmann 52, 188.
B4cldre 828, 458, 849, 1100.
Beduschi e Boasi 410.
Beeckmann 915.
Beer 570, 778.
B^ouin 570, 718.
Behm 882.
Behr 1152.
Behrens 460.
T. Behring 65, 70.
Belawenz 842.
Belbege 283.
Bell 469, 1092.
Below 1152.
B^uard 687.
Bencher et Daniel 912.
Bender 280, 288, 783, 897,
954, 1089.
Bendix 288.
Benedikt 1100.
Benenati 879.
Beoiamin 718.
Benker 773.
Bennecke 1146.
Benneta 920.
Beoson and Symes 288.
Bentier 259.
Bentz 70.
Bönard 288. 379, 557, 570,
756. 915, 1004.
— et Tavel 615.
— et Thövenot 748.
Berchonz 622.
Berdey 1100.
Berend 453.
Bereut 218.
Berg 562. 756, 767.
Bergö 288.
Berger 154, 767. 915, 1011.
Bergheimer 426.
y. Bergmann 164, 174, 196, 915,
974, 1100.
— Y. Bmna, ▼. Mikulicz 1146.
— , Gerhard, Liebreich, Martin
1146.
— u. Rochs 1146.
Bergmann u. Steinhaus 1055.
Bergner 288.
Bergonier et Dunogier 1100.
Berlin 288.
Berlizheimer u. Meyer 65.
Bemabeo 940.
Bemard 825, 849.
Bemays 570.
Bembach 1100.
Bemdt 8.
Bernhard 811, 999.
Bernkopf 197.
Bemond 790.
Bernstein 1060.
Bertelsmann 954, 970, 1011.
Berthod 1152.
Beirtram 288, 888.
van Bessern 941.
Besta 1095.
Betti 288.
Bettmaon 137, 1028.
de Beurmnnn et Ramend 137.
Beutter 410.
Bevan 800.
Bezancon 1152.
Bezold 811.
Biagi 257.
BiChat 570.
Bickel 482, 800, 802.
BidweU 756.
Biehl 259.
Bielsky 288.
Bier 1152.
Bieraat 950.
Biggs 1100.
Bilfinger 692.
Bima 1129.
Binaghi 622.
Bindi 88.
Bing 141, 280.
Binnie 141.
Björkst^n 1152.
Birch-Hirschfeld 288, 1100.
Bishop 587, 1152.
Bishopp and Fripp 616.
Blake 402, 582, 562, 662, 790,
825.
Blaker 475.
Blanc et Caubet 625.
Bland-Sutton 582.
Blank 802.
De Blasi 792.
Blau 811.
Blauel 259, 882, 860.
Blecher 259, 868, 951, 971,
1009.
Blenck 174.
Blenke 897, 907.
Bloch 178, 871, 458.
Bloodgood 609, 1007.
Blum 188, 925, 988.
Blumefeld 8.
Blumenthal 288, 897.
Blumen 868.
Boari 780.
Boas 288, 555.
Bobbio 811, 656, 718, 984,
1081.
Bockenheimer 861, 876.
Bodo 58.
Boeckel 545.
Becker 105.
Boege 269.
Böhm 122.
Boerma 788.
B5mer 183.
Boemer 218.
Böshagen 259.
Böttcher 628.
Boettiger 277.
Bofinger 1128.
Bogdanovici 8.
Bogoljuboff 879.
Bogovad 482.
Boguaat 460.
Boinet 69, 775, 816.
— et Stephan 197.
Boisson 1081.
Bokor 998.
Bollinger 224, 1009.
Bolton 656. 863. 1185.
de Boncard 352.
1162
Jahresbericht ftir Chirurgie. III. Teil.
BoDcart 3.
Bong 52.
Bonie 475.
ßooD 881.
Bonnamonr 570.
Bonnet 1081.
Bonnikoll 402.
y. BoDsdorff 680, 691.
Borberger 402.
Borchard 120, 141, 188, 262,
915, 981, 938, 958, 993, 1004,
1039.
Borchardt 352, 1128.
BorelioB 557, 816, 861.
Boniemann 915, 1015.
Bomhaupt 570.
Borris löU.
Borst 141.
y. Borszöky 460, 475.
y. Borsz^ky a. y. Genenich
628.
Bosanquet 790.
Böse 1055.
Bosg et Abadie 104.
Bossowski 545, 816.
Bonchot 1055.
Bouerag« 379.
Bouglä et Marie 570.
Boasnaud 931.
Boulay et Gasue 458.
Bouma 169.
BoasQoet 897.
Boatillier 570.
Bonrget 796.
Bouyeyron 70.
Boayier 1128.
Boyöe 783.
Boyin 965.
Boyis 33.
Boyo 704.
fiowen 288, 878.
Bowken 122.
Bowlby 562, 609.
Box and Wallace 570.
Braatz 155.
Bracchi 262.
Brackel 920.
Bradford, Dench 311.
y. Bramann 133.
Brand 224.
Brandt 530, 629, 659.
Bransford 838.
Brat 1065.
Brauer 70, 993, 1028, 1077.
Brault 109, 985.
Braumttller 749.
Braun 3, 117, 852, 545, 609,
622. 843.
Brechet 881.
Brehm 616.
Brehmer 1029.
Breiger 122.
Breinl 1055.
Brenet 277.
Brenn 233.
Brenner 662.
Brennfleck 1092.
Brenske 277.
Brentano 662.
Brewer 737. 780.
Brescendorff 131.
Brewer 863.
Bneger 281.
O'Brien 123.
Bnn 915.
Brindei 374.
Brinkman 475.
Brion u. Bayser 737.
Brissaud 218.
Bristow 1135.
Broadbent 846.
Broca 46, 915, 945, 1015.
— et Tridon 195.
Brock 426.
Brodnits 663, 1029.
Br5er 1152.
Bröse 469.
Broesike 1146.
Bronner 821.
Bronowski 825.
Bronstein 467.
Brougersma 869.
Brottson 137, 999.
Brown 562, 704, 780, 783, 1065.
Browne 288.
Bruaudet 230.
Bruce 173.
Brflhann 109.
Branef 233.
Bmhns 137.
Brau 262.
y. Brunn 166, 352, 482, 931,
940, 1100.
Bmoner 421, 426» 663, 1129,
1145.
Bmns 382.
y. Bruns 321, 410, .446.
Brunne 224.
Buchanan 1100.
Bucher 940.
Bück 663.
Bfldinger 915, 1094.
y. Bftngner 737.
Bttschenhoff 288.
Boka 1065.
Bnkofzen 843.
Bull 288.
Bolloch 867.
Bum 1100.
Bundschuh 704.
Bunge 257, 1065.
Bunke 718.
Burci 915, 1011.
— e Anzilotti 195.
Borckhardt 3, 70, 374.
Burgens 158. 446, 562.
Burgen 849.
Burghard 920.
— u. Blumenthal 402.
Bnrghele 1150.
Burk 321.
Bunneister 876.
Bums 1100.
Burrows 562.
Burton-Fanning 1152.
Busacchi 559.
Busalla 453.
Busch 1039.
Buschke 101.
Bnsk 53.
Bussi^re 974.
Butlin 359, 426.
Bntters 571.
Butzon 321.
C.
Gabot 68, 800.
Caceia 971.
y. Cackoyic 537, 566.
Cador^ 773.
Caher 780.
Cahier 566, 571, 609, »i
Gaird 557, 700.
— and Cathcard 1146.
Calabi und Giardoni 609.
Calderaro 288.
CaUari 680.
BCac Callar 402, 843.
Calot 879.
Calzolari 1081.
Camaggio 410.
Camelot 571.
Cameron 571.
Caminiti 467, 753.
— Vinci 566.
de la Camp 1100.
Campbell 537, 984.
— HorsfaU 999.
yan Campen 410.
Cannon 537.
Canta 888.
Cantas 571.
Ganter 410.
Gapaldi 35.
Mc. Cardie 5.
Garini 402.
Carless 359, 421, 663.
Garo 3.
GarteUier 843.
Garwardine 537.
Gasati 33, 571, 861, 88&
Gasper 808, 881, 1146.
— und Richter 803.
Gassac-Marquia 38, 78S.
Cassanello 352. 410, 849. S31
Castaigne 846.
— et Ratbery 777.
Castoneda 848.
Du Castel 359.
GasteUyi 1007.
Gastresana 288.
Gathälin 773, 803, 849.
— et Semp« 861.
Gatterina 269, 537.
Gattle 196.
Caubet 718, 933, 994, 999.
Cayaillon 230, 260, 421, 4«l
482, 537, 663,691,767,795.
825, 838, 925.
Gayazzani 238, 609. 704, IM
724, 825.
Mc. Gaw 1153.
Gazeneuye 321.
Gazin ei Gros 571.
Ceccherelli 637.
Autoren-Register.
1163
Gernezzi 729.
Cetnarowsky 1097.
Chalade 402.
Chalmers de Costa 283.
Ghaiiii|ioiinidre 46, 224.
ChaDDing and KDowlton 816.
Chanoz 1100.
Chapnt 557, 562, 688, 960.
Ghaqnet 141.
ChamauK 753, 773.
ChaufEard 59.
Ghaavel 571.
Chavannaz 262, 718.
— et MoDgoor 615.
Chermont 469.
Cheinisse 661, 931, 1029.
Gbetwood 815.
Ghdrie-Ligniöre 159.
Gherzweiler 1012.
Ghevalleran et Ghaillons 288.
Watson Cheyne 701.
Gheyne 46.
Ghiari 545, 1065.
Gbetwood 882.
Ghilds 1100.
Chipault 178, 999.
Gblumsky 1150.
Cbolini^ 281.
Gbompret 382.
Chopat 691.
Chormshitzky 446.
Ghristen 1081.
Cbristian 183, 571.
CbryROspathes 238, 1100, 1158.
Chudowsky 920.
Giechowski 888.
Gimino 421, 800.
GirineioDe 288.
— und Calderaro 288.
GipoUina 70.
Glairmont 609, 816.
Glamann 920.
Glandot 475, 915.
Glark 849.
Glarke 46, 233, 882, 983,
1034.
Glandias 50.
Glaosen 288.
Glayton 3.
Gleaves 1100.
Glelard 382.
Mc. Clellan 1153.
OlemeDs 1077.
Glementi 382.
Gleram 767.
Glenezzi 888.
Le Giere 958.
de Clomesnil 288.
Cnopf 849, 925.
Cobb 172.
Coby 879, 1004.
GodiviUa 849, 938, 950, 951,
956, 1151.
Godman 105, 1100.
Goenen 321.
Gohen 281, 482.
Gohn 53, 137, 743. 803, 888,
849, 873, 986, 938.
Gole 8.
Coley 233, 704, 1100.
Collet et Beatter 260, 897.
Colley 262.
Gollina 271, 410, 729, 882.
Gollomb 288.
Colmers 876.
Golombino 1077.
Comby 196.
Concetti 197.
Gondamin 537, 550.
Del Conte 609, 767.
Connal 821.
Connel 8, 562.
Gonnell 1128.
ConnoD 70.
O'GoDDor 484, 622.
O'Conor 550, 1153.
Consentino 173.
Le Gonte 1135.
de Gontos 446.
Contra 109.
Corte 65.
De Cortes 828.
Coob 907.
Cook 65, 172, 336, 753, 1129.
Corando 446.
Cordes 155.
Cordero e Amadoni 849.
Cordoa 628.
Corner 609.
Comil 469.
— et Ghevassn 1065.
— et Morestin 974.
Comillon 1077.
Corsini 783.
Cosma 109.
Gosse 288.
Cossmann 1158.
Costa 796, 1100.
Da Costa 1146.
Goste 548, 659.
Cottam 257.
Gottard 970.
Götter und Aller 174.
Gotteril 948.
Gotton 1185.
Coulbon 346.
Courmont et Andrö 482.
Conrt 8.
Courtade 3.
Conrtin et Galtier 571.
Courvoisier 756.
Coutts 453, 1077.
Coville 938.
Mc Coy 272.
Graik 213.
Gramer 197, 1153.
Crampe 537, 1153.
Crawfoi-d 984.
Credo 53. 122.
V. Criegern 482.
Crile 421. 482, 562, 1128.
Gripps 753.
Crisp-English 609.
D. Cristea 1081.
Groftan 796, 886.
Croner 224.
Cropf 183.
Cropp 792.
Cropper 985.
Croslard 262.
Cronpel 915.
Camston 729, 743, 898, 1055,
1065.
Gunöo et Francois - Daivoille
410.
— et Vear 846.
Cunliffe 280.
Cnno 446.
Carl 218.
Curti 65.
Cnrtis 262, 402, 718, 898.
Cnshing 172, 836.
Cutler 288.
— u. Gibson 173.
Czemy 70, 698. 756, 994, 1145.
— u. Völker 882.
D.
Dacconto 4.
Daconto 4.
Daeschler 912.
Dablynen 628, 663.
Daily and Harrison 863.
Dalimann 530.
Daily 359.
Dalton 1158.
Dalziel 828.
Damboin et Delaonay 668.
— et Papin 562.
Damianos 197, 270, 426, 628,
1015, 1160.
Dandridge 566, 571.
Dangscbatt 1077.
Daniel 371, 571, 1100.
Dansauer 88.
Dartigues 920, 110.
Darico 230.
Davis 756.
Dawbam 555, 571.
Deanesly 70, 410, 704.
Deaver 402, 756.
Debaat-Memoir 233.
Deetz 70.
Degay 874, 446.
Deumann 224.
Delagönidre 829, 767, 1151.
Delamare et Conor 260.
Delange 1153.
Delanglade 904, 915, 941.
Delatour 915.
Delaunay 823.
Delaup 1135.
Delavan 1101.
Delay 550, 668.
Delbanco 133, 288, 994.
Delbet 218, 482, 780, 882, 920,
925, 956, 1015, 1101.
Dolore 70, 168, 402, 680.
Delpbey 1101.
Demans 876.
Le Demanty 938.
Demetrian 803.
Demmler 482.
Demosthen 704.
1164
Jahresbericht fttr Chirurgie, m. Teil.
Demonlin 469.
Dempsey 446.
Dencker 311, 692.
Dencks 58.
Denis 958.
Dennis 257.
Le Dentu 852.
Depangher 1128.
D^pioovis 1004.
Depoaia« 359.
Derocqne 172, 410, 941.
Dertinger 283.
Desfosses 1145.
— et Dacroqaet 1084.
— et Martinet 1153.
Desnos 1081.
Desonrteaux 288.
Dessauer a. Wiesner 1101.
Destot 475, 920, 925, 966.
Deubler 402.
Deatschl&nder 974.
D6v6 737, 749.
Devle et Gallavardin 238.
Dhont 288.
Diddens 571.
Diehl 410, 984.
Diel 410.
Dieterich 687.
Dietericbs 114.
Dietrich 729.
Diliberü 537.
Dien 421.
Dieulafoy 59, 571.
Dimmer 288.
Dine 70.
Dittmer 628.
Djimil-Pacha 120, 453.
Doberaaer 196.
Dobromysslow 426.
Dobrotworski 849.
y. Dobry^niecki 382.
Dobson 625.
Dodd 288.
— and de Mallen 260.
Dodds 999.
Doebbelin 482.
Dölger 311.
DGnitz 4.
Doepke 104.
Doerller 882.
Dollar 1128.
Dollard 843.
Dollinger 410, 446, 475, 575,
925, 926, 951, 960, 1139,
1146.
De Domenicis 803.
Donath 272, 402, 537, 1101.
Donat e Martini 197.
Donati 174, 992.
— et Micheli 233.
Donog4ny 321.
Dood 411.
Dor 104. 196, 214, 402.
Doagall 571.
Douglas 535.
Doumer u. Memoire 1101.
Douth 953.
Dowd 680, 994.
Downie 321.
Doyen 687.
Dragomiroff 277.
Drave 233.
Dreher 359.
Dreisler 122.
Dreist 985.
Dremo 122, 137.
Drenkhan 898.
Dreyfus 104, 122, 283, 920.
Dsime 869.
Dubar et Potel 1146.
Dubreoilh 321.
— et Morin 117.
Duchenne 803.
Duclaux 571.
Ducroqnet et Bezancon 183.
Dudley 561.
Dnelos 288.
y. Döring 101.
Dnjon 660.
Dunbar 4.
Dunham 426, 1128.
Dunlop 166.
Dünn 172, 537.
Dnnogier 1101.
Dupont 426.
Dupuy-Dutemps 288.
Durand 453, 692, 700, 756,
882
Durante 174, 230, 663
Duret 174.
Duroquet 1034.
Duroux 122, 321.
Dutoit 289.
Dutt and Sowson 277.
Dnyal 561.
van Duyse 289.
Dworezky 53.
£astham 4.
Eastmen 882.
Ebbinghans 467.
EberU 289.
Ebersbach 838.
Eberth 879.
Eccles 571. 663.
Eckel 196.
Eckstein 329. 705, 1153.
Edebohls 825.
Edington 915.
Edward 792.
Ehrhardt 446. 915.
Ehrenroth 1153.
Ehler 1065.
Ehret 756.
Ehrich 907.
— 174, 230.
Ehrlich 1065.
Ehrmann 371.
Eichert 289.
Eicbholz 460.
Eichwald ^64.
y. Eicken 453.
Eijkman 1101.
Einhorn 426.
V. Eiseisberg 622, 1077, 1145.
Eisendrath 571, 749,
Ekehom 616.
Elbogen 876.
Eider 663.
- and Mathew 999.
Elgart 622, 953.
Eliot 411, 469.
Ellis 469, 1101.
Elmgren 783.
Elsässer 59.
Eisberg 562.
Elschmg 289.
Eisner 663.
Elsworih 882, 999.
Elter 214.
Elting 550, 571.
Elwortly 65.
Ely 926.
Emden 741.
Enderlen 687, 741, 861.
- und Walbanm 838.
Engel 780, 942. 948.
Engels 1101.
Engelbrecht 692. 1081.
Engelmann 156, 803, 1011.
Engelhardt 970.
English 663, 849, 869, 873, 876.
Engström 77a
Ensor 289.
Eppinger 796. HOL
Erdm^n 262, 663, 751, 756,
882, 926.
Esau 1093.
Eschmauer 289.
Eschenbogen 482.
Escher 411. 562.
Escherich 726.
Escomel 374.
Esbner 815.
D'Este 172, 330.
Estor 705.
Esquerra 790.
Ettinger 1034.
Ettlinger 426.
Eulenstein 281, 311.
Eyans 663, 938.
Eve 218, 811, 571, 756.
Eyers 535.
Eyersbusch 329.
Ewald 426, 550.
Ewart 262.
Ewing 289.
Exner 158, 195, 233, 1055, 1101.
Eynard 849.
F.
Faber 571.
Fabian 281.
Fabozzi 1065.
Fabris 174, 852, 825.
Fage 289.
Fahr 469. 780. 846.
Fahrenholtz 289.
Fairchild 833.
Falkenburg 532.
Fantino o. Valan 197.
Farina 411.
Autoren-Regisier.
1165
Farland 59.
La Fftsoade 788.
Fasqnelle 1025.
Faag^ 878.
Paure 289, 886, 411, 426, 427,
537, 692. 1077, 1151, 1158.
Favre 1151.
Pawitzky 790.
Pajrsse 233, 882.
Pedermann 482, 571, 1025.
Federachmidt 109.
Pedorow 411, 637, 873.
Peichl 277.
Pej6r 289.
Peilcheofeld 4.
Peinberg 224, 225.
Peldmann 283, 637.
Fischer 953.
Peldt 1077.
FelgDer 882.
Felu 821, 482.
Felki 262.
Fengler 873.
Fenlito 1063.
Feoner 1039, 1128.
För^ et Demanche 912.
— et Papin 262.
Ferguson 758, 825, 849, 985.
Ferrand 912.
Ferranini 825.
Ferrari 729.
Ferrata 777.
Ferraton 141.
Ferner 571.
Fichtner 1029.
Fickennann 550.
Fiedler 70, 571. 680.
FiÜmowski 571.
Finger 101.
FuSi 756, 768.
Pinkelstein 262, 1095.
Pinsen 122.'
Piomenich 1075.
Piori 402, 803.
Piorani 469.
Pirstenberg 1082.
Fischer 33, 288. 277, 311, 427,
656, 958, 999.
Pisk 359.
Pittig 277, 321, 1101.
Pix 562.
Plataa 4, 289, 1039.
Pleck 756.
Pleischl 811.
Pleischmann 173.
Fleming 262.
Pleraton 1129.
Plesch 141.
Pliess 281.
Florange 692.
Floren 622.
Plorence 359.
Plöns 749.
Pocker 1029.
Poederl 124.
Poderl 821. 637.
Foisy 4, 729.
Polet 1153.
PoUy 849.
Fontani4 825.
Fontoynont 1151.
Forbescue-Briekdale 58.
Forcart 849.
Pordyce 141.
Forgae 1082.
— et Isanbran 656.
Fomardi 668.
Fomet 53.
Forssell 71.
Forster 550.
Fossataro 262.
Fester 949.
Fothergill 1039.
— and Preeble 790.
Foarnier et Beaafom^ 71.
Fowler 571, 960.
Fox 122, 1101.
Fracanini 234.
Fraenkel 195. 559, 985, 1101.
Frftnkel 1029.
De Francesco 888.
De Franclin 850.
Francis 874.
De Francis 860.
Frank 133, 537, 705, 850, 878.
Franke 289, 460, 698, 741,
966. 1066. 1101. 1158.
Franz 886. 838, 912, 985.
Fräser 633.
Frates 729.
Fratti 4.
Frattini 550.
Frazier 825.
— u. Spiller 172.
Fredet 637.
— et Ghevassi 411.
Freiberff 942.
Freidank 382.
Frendl 1082.
Fröndenberg 850, 882.
Freudentbai 71.
Freund 661, 1101.
Preyer 796. 873, 882.
Freytag 311.
Friedel 59.
Friedenberg 289.
y. Friedläoder 270, 946.
Friedman 71, 284. 848.
Friedrich 811. 729.
Friend 994.
Fries 796.
Frieser 53.
Fripp u. Swan 359.
Fritz 141.
Frizzoni 346.
Fröhlich 933, 938, 1039-
Frohwein 550.
Frommholz 945.
Frommer 974.
Frotscher 65.
Fuchs 4. 195.
Fuchsberger 1153.
Fuchsig 321, 545. 659.
— u. Haim 705.
Fürbringer 780.
FQmrobr 1025, 1060.
Fütb 48.
FunaioU 257, 1153.
Funke 792.
Fummi 411.
Funkenstein 402.
FurlkrOger 234.
De Gaetano 158, 234. 780, 904.
994.
Gaertner 4, 756.
Galazzi 907.
Galerin 262.
Gallavardine et Savy 411.
Galleazzi 174.
Gallemaerts 289.
Gallerani 777.
Galletta 411.
Galli 1145.
Gallia 1082.
Galli-Yalerio 53.
Gallina 280.
Gallois et Pinatelli 159, 974.
Galtier 262, 698. 898, 915.
Gamler 122, 1101.
Gangitano 4, 889.
Gandiani 4.
Garavini 1011.
Garcher 359.
Garchery 609.
U Garde 1130.
Gardiani 1092.
Gardini 888.
Gardner 4, 661.
Garrö und Quincke 482.
Gasparini 889.
Gatti 796, 888, 889.
Gatzweiler 329.
Gaukel 915.
Gaudin 572.
Ganthier 637.
Gautier 1145.
Gavin 374, 705.
Gayet 262, 277, 587, 637, 882.
— et Bassan 825.
Gaylord 166.
Gebauer 262, 482. 609.
Gebele 109.
Geeriinff 131.
van Gebuchten 173.
V. Genersich 537, 629.
G4n^yaier 214.
Genth 289.
Georgi 566.
G^rand 113.
— et Miquot 460.
Görard 811. 537.
Gerber 65. 289. 311.
Gerling und Uueber 446.
Gerngross 572.
Gerota 56.
Gershuny 131.
Gerson 945. 1046. 1128.
Gerster 1015.
Gersuny 311, 1153.
Ghillini 945.
— e Cannevazzi 974.
Gheorghieff 833.
Giari 1063.
1166
Jahresbericht fiUr Chirnigie. III. Teil.
Giacomelli 115, 681.
Giani 196.
Giannettasio 788.
Gibieon 566, 974.
Gibbs 999.
Gibert 821.
Gibson 469, 692, 768, 882, 999,
1082.
Gidnez 848.
Gigas 262.
Gilbert und Lippmann 737.
Gilchriat and Stokes 122.
Gilette 1034.
Gill 68.
Mac Gillarez 915.
Gillet 796.
GJDsberg 289.
Giordano 562, 788, 1077.
Girard 263.
Girardi 724.
Giron 958.
Glas 421.
Glaser 65, 756.
Glenard 587, 637.
Gley 154.
Glack 212, 421, 446.
Glück 109.
Gnisjr 856.
Gobulow 482.
Gocht 1101.
Godlee 1153.
Goebel 850.
Göbell 803.
Göckeritz 1011.
Goedlain 550, 559.
G&decke 904.
Goelck 218.
Goelet 783.
Goellner 113.
Goemans 749.
Goepel 48.
Goering 166, 289.
Görl 869.
GOschel 537.
Goetjes 572.
Goette 530.
G«tzl 792.
Goinard 1095.
Goldammer 966, 1101.
Goldberg 867, 1101.
Goldenberg 234.
Goldmann 114, 557.
Goldthwaith 1040.
Goldzieher 289.
GoUinger 773.
Golowin 289.
Goodfellow 751.
Goodman 864.
Gordon 271, 783.
Gore Gillon 535.
Goris 446.
Y. Gosen 169.
GoBsner 212.
Gottheil 1101.
Gouber 1040.
Goubermann 56.
Gouchsen 1025.
Gonilliard 692.
Gould 38, 774.
Goollioad 559, 687.
Gonsel 898.
Goatscharow 869.
Goardon 1034.
Goyot 359.
de Graag 35, 402.
Gradle 374.
Graef 109.
Graepel 557
Gräser 843.
Graessner 1101.
Grässner 920.
Graetzer 1101.
Grätzer 1029.
Graf 230, 268, 572.
Grandi 1094.
Graham 572.
Grashoff 681.
Mc. Grath 1146.
Granl 550.
Graut 321, 112a
Green und Gannay 1102.
Greene and Brooks 850.
Gregor 622.
Grekow 289. 566.
Greoier de Cardenal etBourde>
ron 729.
Grevsen 4.
Griffith 46, 469, 1004, 1136,
1153.
Griffon et Nattan-Larrier 557.
Grigorescu und Galacescu 109.
Grimaldi 289.
Grisel 460, 1029, 1158.
Grisson 780.
Groh^ 687.
Gross 137, 427, 681, 729, 898,
926, 1003, 1153.
Grosse 52.
Grosskopf 33.
Grossmann 411, 926.
Grove 663.
Grube 610.
Grnber 1153.
— und Pirquet 1153.
Grünbaum 120.
Grüneberg 141.
Gi-ünfeld 197, 1102.
Grunert 811, 705, 754.
— und Schulze 311.
Guörin 53.
Guermonprez 705, 718.
Guibal 169, 780, 907.
— et Roland 572.
Guillain 1060.
Guinard 234, 359, 867, 879.
Guilard 966, 1158.
Guisez 269, 427.
Guit^ras 825.
GulatrWellenburg 1009.
Gullard and Wallace 572, 610.
Gunkel 904.
Guth und Rosenfeld 131.
Guthrie 846.
Guyon 777, 796. 816, 869.
Guyot700, 933, 946, 1011,1055.
Haag 1158.
Haan 71.
de Haan 754.
Haasler 610.
Haberer 705, 949.
Haberlen 289. 270, 312, 628.
915, 1102.
Habs 115a
Hackenbrach 172, 336.
V. Hacker 257, 427, 537, 5».
637.
Hadlicb 1055.
Häberiein 757.
Haeckel 289, 352.
Haedke 953.
Haenel 71&
Hähnle 183, 289.
H&nkel 754.
Haya 1102, 1130, 1153.
— u. Fiqimiira 994.
Hagelstamm 1040.
Hagemann 183.
Hagen 289.
Haylund 1102.
Hahn 4, 741, 931, 1102, 114i.
Hain 949, 1102.
Halasz 312, 371.
Halberstftdter 985.
Halbron 402. 816, 845.
Hall 194, 637, 1011.
— -Edwards 1102.
Halm 1128.
Halshead 446, 7ia
Hamilton 71, 1102.
Hamm 321.
Hammer 402. 446, 659.
Hammond 886.
Hammes 4.
Hammesfahr 48y 637.
Han et Latarjet 994.
Hannequin 1&.
Hannsa 115.
y. Hansemann 71, 446, 571
Hansen 280, 792.
— u. GandaU 808.
Hausmann 52.
Hard 926.
Hardonin 984.
EEarcourt 4.
Harff 427.
Harm 131.
Harmer 379.
Harrihausen 460.
Harrison 882.
Haralöf 610.
Haut 1066.
Harle 562.
Hartje 861.
HarÜey 861, 86a
Hartleib 164.
Hartmann 141, 173, 321, 5ia
572, 700, 757, 882, 992, IIA
— et Lecdne 681. 816.
— u. Luys 803.
— -Souligoux 816.
Hartog 4.
Hartwig 290, 791, 816.
Aatoren-Begisier.
1167
Hasebrock 411, 1025, 1040,
1128.
Hasselwender 974.
H&nter 260.
Hanffe 187.
Hang 812.
Hauptmann 610.
Haasberg 281.
Haaser 280.
Haasy 482.
Hawemann 974.
Uawkes 882.
Hawley 882.
Hayew 668.
Hayentown 289.
Heaton 281.
Heany 42.
Hebel 482.
Hebing 898.
Hebtwig 850.
Hechinger 225.
Hechold 277.
Heeve 1102.
Hegetschweiler 812.
HeUer 868.
Heidenhain 787.
Ueidsieds 749.
Heilbronn 774.
Heüe 58, 196.
Heimann 482.
Hein 729.
Heinatz 234.
Heine 812.
Heineke 197, 1084.
Heinemann 749.
Heinlein 408, 460, 475, 960.
Heinrich 188, 195, 1102.
Heinrichsdorff 548.
Heinricins 585, 1095.
Heinzelmann 104.
Heitz 482.
Heitzmann 71.
Helbing 1011, 1040.
Heldt 284.
Helferich 188, 1146.
HeUendaU 421.
Heller 48, 408, 469.
— -Wagener 557.
HeUmaier 1154.
Hellström 808.
Hempell 912.
Hening n. Hasslauer 1154.
Henke 196.
Henking 915, 1029.
Henn 38.
Henneqnin 956.
Henrici 446.
^ o. Eikuchi 281.
Henricson 4.
Henriksen 171.
Henry 825.
Henschen 1055.
HenÜe 281.
Hepner 850.
Herber 411.
Herbet 610, 994, 1004.
— et Gardy 915.
Herbert 869.
Herbig 681.
Herbold 946, 1128.
T. Herczel 575, 687, 788, 1189.
Häresco 788.
Heresca 808, 828, 888, 888.
— et Stefanesca-Galatz 1151.
Herbold 705.
Herman and Bradbarne 268.
Hermann 281, 668, 681, 888.
Hermes 572.
Hemheimer 488.
Herring 878.
Herrmann 65, 812.
HeHiel 290.
Herter 757.
Hertz 421.
Herz 156.
Herzberger 1066.
Herzog 1128.
Hess 196, 748, 1066, 1Ö77.
Heue 588, 718, 974.
Henbner 197.
Hener 774.
Heaert 926.
Hearteux 281.
Heasner 850, 988, 942, 945,
946.
Heuss 850.
Hensthorne 920.
HenstrGm 729.
Hevesi 942, 1189.
Hewetson 408.
Hewitt 4.
V. Hibler 888.
Hildebrand 172, 178, 271, 886,
757, 888, 864, 1180.
Hilgenreiner 566, 728, 920.
Hinsberg 269, 446.
y. Hippel 50, 101, 215.
Hirsch 867, 868, 898, 1102.
Hirschberg 290.
Hirschfeld 284, 729, 999, 1154.
Hirt 848.
Hobbs 71.
Hobensack 1102.
Hoch 882.
Hoche 681.
Hochhaas 788, 1066.
Hocbsinger 408.
Hock 808, 850.
Hodgson 724.
HGdImoser 427.
Hoeftmann 1154.
Höbeher 109, 812, 1128.
d'Hoenens 876.
Höpfner 159.
van der Hoeven 843, 718, 888.
Hofbaner 408.
Hoflfa 141, 214, 954, 971, 1015,
1040, 1102, 1146.
Hoffmann 122, 181, 580, 572,
628, 659, 1060.
— u. Salkowski 122.
Hofmann 4, 174, 615, 942. 992.
Hoftneister 427, 622, 628, 1015,
1102.
Hofimeyer 1004.
Hogart n. Moynihan 1066.
Hohenkirch 749.
Hohlbeck 59, 1180.
Hoke 1040.
Holding 1102.
Holunder 791, 1145.
Hollis 668.
Holmes 290, 562.
Holub 65.
Holzknecht 1102, 1154.
- u. Grünfeld 1102.
Holzow 559.
Homön 1154.
Honda 225.
Honigmann 4.
y. Honoszkiewicz 403.
Honssel 1011.
Hopff 628.
Hopkin 1154.
Hopkins 183, 112a
Hopmann 874, 460, 467, 876.
Hoppe 281, 1056.
Hoppeler 754.
Horand 469, 888, 580, 625.
Homberg 816.
Hombarger 610.
d'Hoone 446.
Horsath 988.
Horsley 460, 538.
Hotchkin 263, 483.
Hotchkiss 281, 705.
D'Hötel et Gueiliot 131.
Hotz 290.
Hoosell 729.
Houszel 168, 427.
Houzel 700.
y. Hovorka 942, 974.
Howe 257.
Howley 888.
Hrach 821.
Hrasch 42.
Hober 71.
Hubmann 1102.
Hue 957.
yan Huellen 1045.
Hueter 876.
Hatwohl 408.
Hugelshofer 1034.
Hoggard 4.
Hnguenin 668, 754.
Huhn 1040.
Hunter 1154.
Huntington 408.
Hutchinson 846.
Huth 272.
Hyde,Montgomery and Onnsby
1102.
Hyle 1102.
Hynitsch 627.
Ibrahim 661.
Idelsohn 999.
Ibrig 46.
111 792.
Hott 852.
y. Ilyös 629, 846.
Imbert 816, 850.
— et Gagniöre 188, 195.
Imbriaco 1130.
1168
Jahresbericht f&r Chirurgie. IIL TeiL
Imhof 329.
ImmelmaDn 1102.
y. InuMy 668.
IndemanB 272.
Ingals 446.
Ingianni 850.
Ir^anni 888.
Ucooeeco 792.
Uidori 122.
Unudl 588, 1077.
Israel 225, 622, 808, 888, 1056.
Ito 71.
— u. Sinnaka 141.
ItEerott 142.
Iwanoff 46, 718.
Jabonlay 225, 825.
Jacob 920.
Jacobelli 427.
Jacoboyici 724.
Jacobs 971, 1154.
Jacobson 859, 572, 861.
Jacobsihal 904, 994.
Jacoel 188.
Jacqaes 821.
— n. Durand 269.
Jaenicke 58.
Jaerisch 800.
Jaff« 572, 610.
Jahr 859.
Jakimiac 926.
Jalaffnier 882, 572, 958.
Jamben 1007.
James 171.
Janet 555.
Jankan 290.
Janssen 215, 411.
Janowsky 788.
Jarin et Fronst 882.
Jasinski 1066.
Jastreboif 882.
Jawin 1040.
Jayle 1145.
— et Gottschalk 1154.
Jaznta 898.
Jeannel 729.
Jean-Roger 572.
Jeney 89a
Jedliöka 816.
Jefferiss 852.
Jensen 159, 225.
Jesionek 137.
Jeasett 610.
Jewett 825.
Jiann 1007.
Joachimsthal 934, 949, 994.
1024. 1108.
Joannid^ 1077.
Johannsen 864.
Johnson 188, 284, 754, 757,
792, 825, 1015, 1103.
Johnston 133, 882.
Jonas 225, 926.
Jones 796, 864, 915, 950, 957,
974, 1007.
Jonnescn 178. 272, 403, 566.
749, 823, 833, 888, 1136.
Joaon 188.
Joppich 1056.
Jopson 268.
Jordan 71, 101, 188, 572, 879,
1097.
Jore d'Aroes 1108.
Joseph 821, 816, 1034.
Josephson 483.
Nove-Josserand 877.
Joteyko 843.
Joung 800.
Jowers 263.
Julien et Tellier 42.
Jnlliard 548, 628, 955.
Jongblut 427.
Jnngnickel 427.
Juvara 271.
Kabler 447.
Kachel 214.
Kaeppelin et Morel 751.
Kaestel 774.
Kafemann 1154.
Kahane 173.
Kaisake 845.
Kaiser 169, 986.
Kaiserling 861.
Kakoris 994.
Kallionzis u. Tsahona 427.
Kammener 663.
Kander 458.
Kankahe 773.
Kantorowica 1154.
Kapkn 408. 1077.
Kaposi 1146.
Kapper 59.
Käppis 260.
Kapsammer 808, 869, 882.
Karewski 475, 483, 1103.
Karg 117, 263.
Karlinski 109.
Karlow 572.
Karaitzki 290.
Karschulin 741.
Karwacki 1154.
Käst 234.
Katbolicki 183, 904.
Katz 427, 535, 681, 838.
Katzenstein 898, 926, 1154.
Kattowitz 101.
Kaufmann 681, 816.
Kaosch 588.
Kayser 268, 548, 898.
Kaz 359.
Kaznma Kakn 122.
Keays 663.
Keen u. Spiller 907.
— and Swet 1103.
Kehr 737, 754, 757, 768.
Keith 659.
Keller 754, 945.
Kelling 225, 681.
Kelly 234, 572, 1128.
Kelynack 1078.
Kempe 615.
Kennedy 172, 411, 907, 986.
Kent^by 616.
Mc. Kennon 312.
Kenel 290.
Kessina 1011.
Key 888.
Keydei 803.
Keyes 876.
Kiak 284.
Kiefer 898.
Kienböck 142, 195, 197, 215.
898, 1678, 1103.
KiessUng 447.
Kilian 532.
Kiliani 277, 718.
Killian 453, 483.
Kimmel 999.
Kindt 290.
King 212.
Kinnaman 1154.
Kipp 290.
Kirch 848.
Kirchner 6a
Kirkpatrik 4.
Kirmisson 411, 916, 983, Ml
941, 945, 1007, 1034.
~ et Bize 942.
— et Hubert 787.
— et Rieffei 545.
Kissinger 137, 172, 907.
Kirshe 1066.
KiwaU 898, 1108.
Klapps 843, 957.
Klanssner 878, 1151.
Klein 290.
Kleinschmidt 1007.
Kleinwftchter 876.
Klempener 757.
Klesk 823.
Klieneberger 663.
Klingmflller 71.
Kliper 281.
Klippel a. Lefas 1066.
Knaggs 281.
Knappe 290, 681.
Knoop 726.
Knotz 290, 637.
Kohlhaas 610.
Koch 559, 572, 668, 6S1, 7^1,
792.
Kocher 638.
Köhler 195, 705, 974, HOS.
Koelliker 949.
Königin, 290,488,572.1011,
1016, 1128, 1151, 115i
— , Pntz 411.
Königshöfer n. Lepmaon 298.
Koeppe 777.
Kofmann 411, 1154.
Kohl 359.
KoUmann 803, 1128.
Kolossow 774, 861, 873.
Komoto 290.
Kompe 1154.
Konopka 52.
Körber 777.
Koerber 290.
Koeff 4.
Kömer 312, 1154. ^
Körte 172, 386, 668, 757, 76a
1066.
Aatoren-Register.
1169
Eorsch 170.
Korteweg 234, 1154.
Koslenko 1154.
Koslowaki' 748.
Kossei 71."
Kozieczkowsky 803.
Eräbermann 263.
Eraemer 71, 876.
Krafft 572.
Kraft 156. 550, 638.
Eramm 751.
Kraske 1154.
Kraus 137, 382.
Krause 272,277,278, 312,638.
— u. Hartog 403.
Krauss 5, 1034.
Erawkow 5.
Krebs 321, 379.
Kredel 453, 616, 622.
Kreflft 270.
Krentz 164, 290.
Kreps 800.
Krepuska 382.
Erenker 610, 616.
Kriiikoff 850.
KristinuB 705.
Kroemer 5.
KrOner 1029.
KrOnig 5.
Erogiaa5, 260, 550, 816, 1103.
Erompecher 231.
Krön 1066
Kronacher 371.
Erone 1066.
EroneDberg 447.
Eronfeld 469, 1103.
Erop4c 974.
Eropak 38.
▼. Krüdener 290.
Krüger 173, 271, 870, 882,
1003, 1016.
Kmkenberg 757, 1151, 1154.
Krjmow 5.
Eühn 5, 1159.
EOmmel 321, 792, 833.
~ u. Rumpel 833.
Efimnel 312.
Eüttner 156, 329, 572.
Kuh 929.
gCuhlo 882.
Jahn 5, 538, 757, 1128.
{ulescha 225.
iCuliga 545.
^alm 616.
^ampf 538.
^unow 71.
Carpjuweit 681.
Cntner 850.
Catz 411.
laban^anu 1056.
labanowski 960.
labarre 821.
.abbö 469.
Ic. Lach] an 585.
•acoant 1007.
.acootane 994.
Johrosbericht fQr Chirurj^ie 1903.
Ladisch 196.
LÄgel 757.
Lftmmerhirt 447.
Laenzerer 1056.
Lftwen 904.
Lafoarcade 953.
Lafoarzade 864.
Laguenniire 698.
Lagoutte 768.
Lagrange 290.
Laigael-Lavastine 133, 530,535,
557, 754.
V. Lallich 359.
Lamb 5.
Lambeii; 803.
Lambotte 803.
Lambrecht 475.
Lance 572, 817.
Landau 532.
Landow 1103.
Landsberger 475.
Landström 5.
Lane 610, 966.
Lange 142, 290, 483, 663, 823,
843, 942, 1066.
Langemaak 142, 218, 228, 346,
828.
Langer 610, 628.
Langblin 791.
Lannay 530. 555.
Lannois et Lejars 173, 908.
— et Le March'hadonr 312.
Lanz 403, 572, 960, 1154.
Lapar 101.
Lapersonne 290.
— et Rochor-Duoiqueand 290.
Lardz 10, 66, 1154.
Larrabee 783.
Lashowaki 888.
Lasio 817, 888.
Lassar 71, 284, 1108.
Labarjet 681, 873, 916, 1097.
Latax;)et et Gazet 920.
Lathon und Pendieburg 411.
Latz 260.
Lanenstein 5, 142, 946, 1103.
Launaj 926.
y. Lavandel 700.
Lawril 864.
Lea 788.
Ledere 352, 768.
— et Tavernier 751.
Le Clerk 6, 72.
Ledderhose 986.
Ledermann 812.
Lediard 741.
Lee 312.
Leech 728.
Leefhelm 882.
Leewelyn 403, 622.
L^g^ 290, 291.
Legilloii 291.
Legrand 411, 1151.
Leguen 882, 868.
— et Dusal 1082.
Legueme 888.
Lehmann 196, 971.
Lejars 668, 741, 817, 960. 1146.
I Leichthom 109.
Leimer 812, 1078.
Lejars 159, 183, 234, 483, 572.
Lemoine 1154.
Lengemann 912.
Lenhartz 42, 1154.
Mac Lennan 822, 538.
Lennander 916, 1136.
Lenoble et Quelm^ 783.
L^o 920.
Leonard 1103.
Leone 65.
Leonhardt 196, 257.
Leotta 780.
Leredde 142.
Leriche 793, 796.
Lermoyez et Guisez 453.
Leschnew 548.
Lesuö et Riebet 777.
Lesuiowski 555.
Lesser 122.
Letarjet 538.
Letouz 545.
Lettan 572.
Letulle 573.
Leven et Fron 757.
Levesque 234.
Levisenr 1103.
Levison 1095.
Levy 573, 729, 888.
Levy-Dom 1103.
— und Jacobsohn 1103.
Lewerenz 741.
Lewis 284, 263, 312, 699, 793,
808.
Lewisohn 705.
Lexer 56, 196, 1108.
y. Leyden 225.
— und Grunmach 1060.
Libman 35.
Lichtenstein 796, 803, 850.
Lichtwitz 278.
Liebermann 700.
Lieblein 757, 955, 1154.
Liek 1155.
van Lier 5.
Ligorio 312.
Lib'eufeld 173, 904, 926, 1103.
Lilienthal 411, 460, 555, 573,
916, 1066.
Lindner 427, 538.
Lininger 705.
Linossien et Lemoine 777.
Linsen 196, 836.
Linz 196.
Lipffert 994.
Lipman-Wulf 1082.
Lipp 916.
Lippay 291.
Lippert 197.
Lissauer 322.
Lissmann 1066.
Littaur 411.
Little 946.
Littlewood 550, 663.
Lloyd 5.
Lochwood 744.
Lockwood 427, 1155.
Lodi 610.
Loeb 225, 999, 1103.
74
1170
Jahresbericht f&r Chirurgie. III. Teil.
Löffler 231.
Loeper et Esmonet 879.
Löwe 322.
Loewenhardt 804, 846.
Löwi 804.
Loewi 777.
Loewy 343.
— and Müller 5.
Lombardi 705.
Lomer 234, 877.
Long 453.
Longard 5, 879.
Longnet 878.
Loock 663.
Lookwood 1082.
Lorentowicz 817.
Lorenz 183, 663, 788, 916,
1003, 1155.
Lorenzo 793.
Lorrain 754.
Lorraine 530.
Loesen 281, 427, 951.
Lotheisaen 5, 427, 557, 705,
1060.
Lothrop 270, 322.
Lotin ^1.
Loumeaa 796, 817, 1136.
Lonis 559.
Lovett 1040.
Low 573.
Lowe 1103.
Lower 804.
LowBon bSS.
Labinus 1040.
Lnblinski 403.
Lucas 796.
— -Ghampionni^e 46, 53, 71,
263, 278, 573, 726, 783, 946,
960, 1016.
Lnciani 65.
Lnckett 65.
Lucksch 225, 681, 729, 1078.
Ludloff 214, 974, 1103.
Luke 5.
Loksch 931.
Lamniczer 663.
Land 566.
Landnack 427.
y. Luniewski 291.
Lann 729.
Lnrz 883.
Lascardo 825.
Lastgarten 329.
Latord 1155.
Luxenbarger 1060.
Luy 804.
Lays 850.
Lydston 883.
Lyle 469, 1104.
Lyon 573.
Lyot 550.
Maag 1155.
Maass 104, 545, 1046, 1151.
Maasland 705.
Macacci 638.
Macewen 1104.
Macfadyen 71.
Machaiski 573.
Macintjme 234.
Mack 411.
Mackenzie 573.
Maclennan 343.
Macnaaghton-Jones 904.
Madden 403, 878.
Madelung 5, 113, 986, 1078.
Madsen 559.
Maethber 142.
Mfthter 912.
Magenaa 774.
Magnani 5.
Magnanini 30, 1155.
Magin 291.
Magnas 681.
Mahr 234, 1016.
MaiUard 71.
Maillefert 718.
Maison 960.
Makara 322.
Malapert 530.
Malantrez 609.
Maldanescu 40.
Malgaigue et Sonligoaz 663.
Malme 705.
Mally et Richon 212.
Maly 71.
Mambrini 718.
Manasse 403, 538, 898, 1104.
Manco 705.
Mandelberg 427.
Mancini-Janai 1038.
Manger 749.
Manninger 920, 974, 1011.
Mandelli 960.
y. Mangoldt 1007.
Mansell 663.
Mant^ et Aabomy 880.
Manti 573.
Mantle 754.
Maragliano 71, 638, 757, 823,
825.
Marcarini 1004.
Marcel 880.
Marchand 263, 836, 1155.
Marchetti 336, 467, 656, 836.
Marcos 850, 994.
Marcnse 101, 791, 1040.
Margarini 555.
V. Margulijes 845.
Mariani 50, 530, 916, 1066,
1095.
Marie 573.
Marion 272, 681, 877, 912, 974.
Mariotti 724, 757.
Mariqae 1078.
Markowicz 984.
Marley 184.
Marath 1104.
Marri 888.
Marsh 1104.
Marshall 926, 1104.
Martell 71.
Martens 475, 903.
Martin 184. 530, 573, 878, 986,
1066.
— et Machard 1034.
Martina 50, 453, 705, 1129.
Martinen^ 460, 898.
Marvi 312.
Manro 197.
Marwood 705.
Maser 371.
Masnata 718, 737, 1155.
Masse 322.
Masselin 71.
Massez 1104.
Massini 986.
Mastresimore 359.
Masti 71.
Masüglo 196.
Matas 1136.
Matgen 66, 403.
Mathiea 898.
— et Roox 663, 737.
Mathio et Broaquezlo 278.
Mathyas 1060.
Matignon 1145.
Matos 164.
Matsnoka 184, 817.
Matzenauer 101, 877, llOi
Maaclaire 329, 469, 532. 566.
931, 1155.
— et Beanoy 1155.
Maansell 833.
Maony 1155.
Maosset 843.
Maximow 117.
Mayda 291.
Maydl 538.
Mayer 945, 955, 986, llOi.
Mayo 638.
Mayen 1104.
Mazzini-Volpe 1155.
Meek 1104.
Mehnert 966.
Meige 1145.
Meinel 663.
De Meis o. Parascandolo 8(M.
Melaskey and Porter 281.
Meibom 1034.
Meilin 846.
Melzer u. Salant 823.
Mendelsson 142.
Mendes 749.
Menetrier et Gaackler 6$L
Menge 726.
Mengen 41.
Mercad^ 483.
Mänard et Gaillaame i60.
Mercidre 934, 1016. 1129.
M^riel 550, 768, 975, 1011.
Merkel 1146.
Mertens 1129.
Metschnikoff o. Koox 101.
Metz 957.
Metzger 566.
Meyer 35, 40. 71, 184,8».
427, 610, 730, 774, 861.
— a. Remsau 59.
— Geo 225.
— Jul. 122.
— Willi 5. 573. 916, 888.
Michael 291.
Michalski 573.
Michel 196.
Aatoren-Regiater.
1171
Michel et Gross 578.
»Aichelson 1104.
hüchelBohD 142, 898.
tfichor 883.
MEicIesen 562.
StficaliczI1066.
Middeldorpf 573.
lAignon 263, 382.
Mignow 718.
Ifiklaschewsky 411.
IT. Mikulicz 427, 550. 628.
— u. Fitüg 469, 1104.
Milde 343.
Miliar 817, 1029.
Milligan 1155.
Milo 940.
Bfiltor 38.
lAinelli 550.
MiDet]1082.
Afinici 705.
Rünkowski 272.
bfintz 427.
Miodowski 681.
Mircoli 804.
Bürror 573.
Mitchell 663, 700, 1155.
Mittler 1104.
Mitulescu 71.
Mizter and Walten 1060.
Modlinskv 1040.
MoeUer 874, 469.
MOUers 1180.
MOnckeberg 475.
Mofitt 817.
Mobr 234, 804, 898.
Moissonier 291.
MoU 154.
Mollica 453.
Moltrecht 453.
Momborg 172, 460, 968.
Monaiquand 71.
Mondam 1104.
Moneiquand 403.
Monks 538.
Monod 411, 483, 864. 870, 1104.
— et Macaiqae 1007.
Monprofit 638, 681.
Monro 999.
— and Laren 681.
Monsarrat 1016.
Montagne and Lake 322.
Montfort 873, 883.
Montgomery 109, 1155.
Montprofit 1129.
— et Morel 1066.
Monzardo 718, 986.
Moore 754, 1136.
Mooris 263.
Moran 1082.
Morano 783.
Idorax et Mair 59.
Morel 483.
MoreU 213.
Moresco 663, 843, 888.
Morestin 138, 231, 234, 312,
322, 329, 346, 347, 352, 382,
467, 469, 550, 718, 877, 916,
931, 975, 994, 1011, 1078,
1155.
Morgan 622, 1104.
Mori 578.
— a. Rlkiyi Yamamoto 291.
Moriban-Beanchant et Besson-
net 737.
Morisani 783.
Morison 743.
Morris 164, 986.
— u. Dore 123, 1104.
Morrow 101.
Morti 877.
Morton 535, 1104.
Moschcowitz 550, 573.
Moseley 975.
Moser 225, 681.
y. Mosetig-Moorhof 727.
Most 137, 949.
Moszkowicz 566, 1155.
MoUir 291.
Motto 934, 1063.
Motz 475, 573. 700, 868, 1082.
— et Arvese 850.
— et Bantrina 1082.
— et Denis 867.
— et Montfort 867.
Mouchet 622, 898, 953, 1092.
— et Clement 1025.
— et Dreifiis 1005.
Moullin 573, 882, 883, 975.
Monnier 656, 1065.
Mounin 225.
Mouniqnaro 382.
Moore 447.
Moariqaard 322, 562.
Monsannat 225.-
Mowat 66.
Moyen 573.
Moynihan 616, 627, 638, 661,
664, 757, 773, 1066.
Mracek 101.
y. Zur Mühlen 412.
MOhlig 845.
Mühsam 573, 999.
Müller 42, 115, 184, 212, 218,
234, 322, 353, 861. 916, 934,
942, 970, 1016, 1029, 1104,
1155.
— Emil 573.
— Friedrich 312.
— Jos. 291.
Maeller 698.
Mair 58.
Muller 817.
Mummery 213, 475.
Muns 921.
Munteann 681.
Murphy 562, 638, 663, 757.
Murray 343, 538, 561, 999.
MurreÜ 1007, 1155.
Mnrich 475.
Musheus 1056.
Muthmann 1056.
— u. Sauerbach 278.
Muyio 838.
Myles 883.
Mynber 578.
Mychent 920.
' Mynber 1186.
N.
Preciado y Nadal 825.
Nadoleczny 312.
Nagano 538, 850.
Nalbandow 926.
Nammads 999.
Nancrede and Hutcbings 850.
Nannoti 174, 908.
Narath 117, 638, 728, 934.
Narsholm 225.
Nash 234.
Nasi 548. 783.
Natanson 774.
Nathan 475.
— -Lannier 71.
Nattan-Larrier 557.
Nau 730.
Nann 698.
Naumann-Lennanders 692.
V. Nayratil 822, 1139.
Neayen 291.
Nebelthau 71, 557.
Neck 955.
Zur Nedden 291.
Nedselsky 916.
NefiF 291.
Nögre 792.
Negri 5, 68. 469, 1063.
Nehrkom 555.
Neisser n. Pollak 178, 992.
Netter et Salomon 58.
Neuber 46.
Neudörfer 757, 850.
Neufeld 822, 421, 447.
Neugebauer 5, 768, 843.
Neuhaus 573.
Neukirch 104.
Neumann 59, 101, 123, 749.
Neutra 913.
Neuweiler 628, 638.
Newbolt 610, 737.
Newcomet 1104.
Newman 383. 817, 874.
Nicoladoni 931, 1040, 1145.
Nicolaysen 839, 846.
Nicolich 870, 888, 1078.
NicoU 172, 263, 578, 888.
Niculescu 5, 383.
Niedhammer 154.
Niehues 453.
Niemann 1078.
y. Niessen 101.
Ninni 548.
Nion 921, 971, 975, 1009, 1104.
Nishiyama 751.
Nobel 1104.
Nobl 215, 864, 994.
Nötzel 777, 1155.
Nösske 374.
Noethe 142.
Noetzel 56.
NoU 1066, 1078.
Nolte 949.
Noltenius 879.
Nonbury 1060.
Nonne 1084.
Nordenhoft 850.
74*
1172
Jahresbericht fQr Chirurgie, m. Teil.
Nordhof 898.
Nordmann 582.
Norrie 994.
Nosaal 870.
Nota 1016.
Nothnagel 573.
Le Nontoe 825.
Noaese 312.
NoYöJosserand 5, 1082.
Nuthal and Emann 681.
Nyberg 888.
Obemdorfer 780.
Oberthttr 483.
Ochsner 427, 573, 638, 1186.
Oefele 1145.
Oehler 71, 196.
Oelnitz n. Banchard 817.
Oemsby ^34.
Oentgen 218.
örtgen 184.
y. Oeltingen 945.
Oettinger 681.
Offeryeld 1155.
Ohmann-Dumesnil 984.
Olinto de Oliveira 751.
Oliyer 383, 1025.
Oioff 475.
Olssen 273.
Ombr^danne 329, 940.
— et Martin 551.
Onodi 379, 1139.
Opie 1066.
Oppe 573.
Oppel 573.
Oppenheim o. Löper 836.
Oppenheimer 281, 312, 470.
Oraison 883.
Orecchia 986.
Orlandini 291.
Orlow 383, 421.
Orth 71.
Ortner 538, 629.
Ossig 263, 829.
Osterroht 291.
Ostmann 312.
Ott^ 403.
Ottendorf 1040.
Ounfrowitech 839.
Oaston 312.
Owen 343, 1078.
Owens 1025.
Pacchioni 197.
Pachmajr 864.
Padnla 688. 768.
Paege 1082.
Pagenstecher 965, 921, 1104.
Paget 263, 322, 566, 1155.
Painter and £rving 214, 1016.
Pal 483
Palitzsch 659.
Paltaaf 1155.
Panas 291.
Pancoast 1104, 1105.
Pandelesca 743.
Paniohi 829.
Pank 566.
Pankow 174, 610.
Pansa 610.
Panse 318.
Pantaleone 1155.
Pantaloni 1129, 1151.
Panzacchi 931.
Papon 71.
Pappenheim 1125.
Pardol 850.
Parhon und Goldstein 196.
Pannentier 313, 322.
Parona 743, 975.
Parry 158.
Parsons 291, 322.
Pascale 257, 916.
Pasher 260.
Pasmanik 322.
Patel 263, 557 574, 681, 754,
916, 966, 1025.
— et Cavaillon 550, 825.
Viannay 913, 994.
Paterson 574, 817.
Patschkowsky 483.
Parchet 625, 705.
Paul 538.
Paulus 131.
Paunz 269, 1139.
Payne 403.
Payr 188, 159, 234. 403, 574,
913, 1105. 1129, 1145.
Pearson 475, 483.
Pech 470, 538.
PecheU 5.
Peching 225.
Peck 829, 574.
Pedersen 877.
Peiser 574.
Pelagatti 183, 904.
Pellanda 877.
Pellicelli 1063.
Pels-Leusden 527, 817, 1066.
Pelzl 1155.
Pendieburg 574.
Penso 725.
Penze 1068.
Penzo 850.
Pepere 888.
P6raire 142, 359, 411, 768, 958.
— et Bender 574.
Perassi 72, 913, 1130.
Perez 42, 50.
Pemet 172.
Perrolini 184.
Perthes 115, 234, 1105, 1130.
— und Klier 1105.
Peru 475.
Pes, Orlando 291.
Pescatone 616.
Peschel 291.
Pestemalzogin 1026.
Petenkin 877.
Peters 548.
Petersand 1078.
Petersen 269, 638, 788, 942.
Petersen 38, 488.
Petit 291, 427, 864, 1095.
Petitjean 1078.
Petri 934.
Petrilli 214.
Petroff 681.
Petrulis 718.
y. Pettenkofer 408.
Pettit 777.
Pevar 926.
Peyton 53.
Pfaff und Oyn-Tyrode 777.
Pfahler 1105.
Pfannenstiel 5.
Pfaundler 197.
Pfeiffer 174, 214, 1082L
Friedbeiger 1105.
Pfisterer 483.
Pfleiderer 1155.
Pfreimter 817.
PhiUp 790.
Philipowicz 616.
Philippson 123.
Philips 774.
Philipsthal 483.
PhiUips 7a3.
Pie et Bombes de yillieDsl029.
Pichler 754, 1066.
Pichs 234, 235.
Picqu« 104,318,574,898.926^
1008.
— et Bender 574.
— et Joubert 353.
Pieniazek 453.
Piem 1129.
Pierrot 1130.
Pietiizikowsky 72.
Pilcher 453, 470.
— and Onuf 1060.
Pinem848.
Pingel 870.
Pinkuas 551.
Piperkoff und Tantiloff 1136.
Pipping 454.
Pirone 1066.
Planer 825.
Plesch 184.
Plicque 72.
Plücker 780.
Plummer 1082.
Poenarr 566.
Poirier 386, 581, 107a
Polard 551.
Politzer 313.
PoUack 628.
Pollard 681.
Pollatschek 41, 846.
PoUock 668.
Polya 629.
— et Nayratil 574.
Pomara 705.
Poncet 72, 878, 994. 1011, 1029.
— et Maillard 214.
— et Thövenot 104.
Ponfick 1066, 1146.
Popesco 1151.
Popoff 845.
Porcil© 718.
Port 1040, 1056.
Porter 796, 880.
Posoer 883.
Aatoren-Register.
1173
Possek 291.
Post 285.
Potherat 371. 454, 483, 768.
916.
Pott 705.
PoQsson 566, 798, 825, 994.
PoQzol 291.
Powell 285.
Power 225, 662.
— d*Arcy 530.
Powers 171, 411.
Pozzi 688, 1094.
Prat 427.
Preciado y Nadal 804.
PreiDdlsberger 5,195,231,1056,
1082.
Price-Jones 72.
y Prio 796.
Prior S., 5.
Pritchard 68.
Ftoca 109.
PrSbstinfc 291.
Pro« 27a
Proust 883.
Prowazek 225.
PrflsinaDn 530.
PmszYDski 757.
Prntz 538. 754.
Psaltoff 551.
Pngnat 822. 371.
Pnlleitner 898.
Papovac 403.
Pnrrin 883.
PuTves 48.
Pnsateri 551, 817.
Pusez 291.
Pust 408.
Potaann. Krauss, Park 1056.
Patyuriana 476.
Pysey 1105.
Q.
ijaeoen 285.
Juänu 421, 532, 574. 725,
749, 768, 916. 960. 975.
— et Desmarest 975.
— et Daval 1095.
— et Kenon 916.
juercioli 278.
ie Qaervain 225, 628, 768.
^ttinke 1029.
flabö et Filbouland 751.
[Übel 313.
Elab^ne 1078.
iachoodaskj 699.
ttaciDe Q. BruDS 59.
ftacoyiceanu-Pitesti 5. 874, 408,
567.
Safin 757, 791, 793, 796, 804,
817, 850, 870, 1082.
[Ijahow 788.
iUin 59.
iaisz. Borzbacher, Ünterberg
u. Balas 1151.
Ralag^ropnlos 428.
Ramoni 705.
Ramondde 271.
Ramsay-Maitlard 291.
Ramson and Willis 476.
Randall 1130.
Randell 281.
Ranke 757.
y. Ranke 38.
Rankin 164.
Ransperger 476.
Rausoboff 257, 815.
Ranzi 41), 1040. 1105.
Rapp 291, 777.
Rasnmowski 557.
Ratimoff et Vainisch-Slano-
gennsky 877.
Rantenberg 359. 1078. 1098.
Ravenna 133, 231.
Raw 72. 483.
Raymond 263, 1040.
Re 292.
Reale 88.
Rebaud 705.
Rebentisch 625. 966.
Reboul 574. 1082.
Recloa 235, 359. 411. 530.
— et Ghevassu 411.
Redard 898. 1040, 1147.
Reerink 883.
Reese 846.
Reeye 460.
R^gnanlt 88. 196.
Regnier 538.
Rebn 574, 815.
Reinach 817.
Reinbach 700.
Reicbard 142.
Reichardt 751.
Reiche! 184. 467.
Reinecke 1130.
Reiner 142. 934. 940.
Reinhard 822. 1007.
Reinig 796.
Reinitz 958.
Reinking 56.
Reinsholm 159.
Reis 292.
Reisin;<er 173. 555. 908.
Reissig 6.
Reitmann 428.
Reitzenstein 610.
Remedi 59, 705. 970, 1130.
Remlinger 751.
Renton 173.
de Renzi u. Boeri 532.
Rebel 774.
R^thi 879.
Renas 235.
Renssen 538.
Reval 898.
Revenstorflf 1078.
Reverdin 871, 403, 1129.
Reynier 574, 1078.
— , Lejars. Tuffier 1078.
Ribbert 574.
Ricard 531. 916. 960. 1129.
Richardson 757.
Ricbelot 6, 235, 880.
Rieben 921.
Richter 174, 822, 859, 379.
754.
Ricketts 483.
Riddell 285. 622.
Ridont 757.
Riebold 428.
Riedel 218.403. 411. 555. 57i
787, 880, 883.
Rieder 123. 1155.
Riedinger 142, 953, 1026.
Riegner 736, 1007.
Riehl 1105.
Rienhoff 470.
Rieppi 610. 1098.
Riese 117. 780, 926, 984.
Riethus 197, 1005.
Rigal 411. 1016.
Rigby 622.
Rimini 313.
y. Rindfleisch 215.
Ringel 460. 681.
Ringleb 412.
Risel 109.
Ritcher 412.
Ritschi 184, 916, 975. 1129.
1153.
Ritzhaupt 748.
Rive 388.
Riyero 292.
RiyiÄre 428, 757. 888. 1115.
Robb 46.
Roberts 960.
Robertson 225, 898.
Robin 663. 682.
Robinson 751. 839. 1005, 1056,
1105.
— and Fletscher 213.
Robson 538. 688. 682. 692.
737, 965. 1016. 1155.
Rocher 196. 270, 313. 1092.
Röchet 699. 817.
Rocket 804.
Roe 883.
Römer 235. 574. 682.
ROpche 308, 813, 454. 948.
Rössler 58.
Roger 1095.
- et Garnier 218.
Rogers 225, 751. 1005.
Rohde 1016.
Rolleston and Treyon 488.
Rollet 292.
RoUins 1105.
Romme 574. 883, 1029. 1078.
Rommel 545.
Roos 196. ,
Roque et Baacel 403.
Daila Rosa 50.
Rosanow 850.
Rose 195. 975.
Roselli 292.
Roaemann 891.
Rosenbach 72.
Rosenbaam 428.
Rosenberg 421. 447. 848.
Rosenberger 470.
Rosenfeld 663.
Rosenstein 1082.
1174
Jahresbericht für Chirurgie. III. Teil.
Rosenthal 628.
Ross 548, 768, 817.
Rosset 682.
Rossi 951, 957, 958.
Rossini 718.
Rost 622.
Rostowski 142.
Rostowzew 574.
Rotgans 158, 383, 730, 951,
Roth 6, 139, 850, 1040, 1151.
Rother 701.
Rothniann 235.
Rotschild 883.
Rothschild u. Brunner 898.
Rotondo 347.
Rotter 551.
Roaghtor 347.
Roussel 699.
Roath 235.
Roatier 538, 718, 768.
de Rouyille 833.
Le Ronx 268.
Ronz 804.
— de Brignoles 975, 1095,
1151, 1155.
Rovsing 668, 826, 888.
Rowley 476.
Roy 383, 1156.
Le Roy des Barnes 561.
— Melardy 388.
Rubesch 174, 412.
Rudanz 757.
Rudis- Jicinsky 1105.
Rudioff 281, 322.
Rudolf 532.
Rudolph 114.
Rüdinger 1156.
Rüge 532, 535.
Ruggi 783.
Rumpel 777, 796, 804, 1105.
Rumpier 826.
Runge 72.
Ruotte 926.
Rnppel 551.
Rutgers 638.
— u. Joss. de Jong 817.
De Ruyter 225.
Rycbner 1082.
Rydygier 574. 638, 701, 804,
833, 839. 861.
Rygge 383.
Sachanskv 313.
Sachs 796.
Sacbtleben 1056.
Sack 120.
Sainsbury 42.
Sakata 428.
Salinari 737.
Salmanoff 701.
Salomoni 159, 421, 467.
Salsia 1095.
Saltzkow 142.
Salus 793.
Salvja 754.
Salvolini 888.
Salzer 548.
Salzmann 292.
Samberger 142.
Samochozki 705.
Samter 975.
Sandlos 625.
Santi 705.
Delii Santi 888.
Santlus 531.
Santoro 904.
Santucci 411, 555.
Sard 1082.
Sargnor 447.
Sasse 692.
Sassone 159.
Sato 692.
Sator 967.
Sattler 114, 171, 411, 999.
Sauerbroch 574, 656.
Saunders 66.
Sauplier 225.
Sauricki 322.
Sautier 1156.
Sava 1136.
Savai 318.
Savariaud 545, 968, 1082.
Scaduto 995.
Scarrone 960.
Schaaf 292.
Schablowski 214.
Schäfer 6, 548.
Schaefer 1129.
Schaeffer 999.
y. Scbaldemose 235.
SchaUer 548.
Schamberg 1105.
Schanz 72, 142, 934. 961,
1040.
Schauerte 774.
Schanpenach 699.
Scheck 1145.
Scheel 804.
Scheffler 908, 1040.
Scheffczyk 940.
Scheibe 313.
Scheiber 1009.
Scheidemandel 754.
Scheidl 184.
Scheidtmann 235.
Schein 460.
Schemel 184.
Scherb:868.
Scbeuhl 174.
Schenpe 966.
Schiassi 725, 743.
Schiff 1105.
Schilling 428. 757.
Schillinger 292.
Schindler 72, 994.
Schink 1156.
Schinnen 994.
Schlager 751.
Schlagintweit 850.
Schlechtendahl 845.
Schlemmer 921.
Schlesinger 559, 1156.
Schley 470.*'
Sohliok 1011.
Schlittenhelm 1060.
Schloffer 329. 551, 559. 1078,
1156.
y. Schmarda 705.
Schmieder 195, 836, ICm.
1105.
Schmidt 53, 115. 137. 2S1.
383, 411, 470, 692, 730. 780.
793, 898. 949, 961, 975, IICÜ^
1156.
— n. Marknse 123.
— -Rimpler 292.
Schmitz 159, 783.
Schmorl 38.
Schneider 403, 1156.
Schneiderlein 6, 627.
Schnelle 281.
Schnitzlein 545.
Schnitzler 638» 663, 730, 757.
Schoeffer 257.
Schon 880.
Schöne 610.
Schoenewald 934.
SchSnfeld 774.
Schönholzer 682.
Schoeomaker 953.
SchOnwerth 575, 780, 986.
SchOtz 730.
Scholder 1040.
Scholz 72. 115, 1016, 1105.
Schenke 804.
Schopf 730.
Schott 757.
Schottelins 72.
Schramm 532. 1009.
Schrammer 975.
Schreiber 692, 883.
Schridde 353, 622.
Schrisa 1092.
Schroeder 38.
y. Schrötter 403, 476.
y. Schuckmann 66.
Schüler 123. 1066.
Schüller 225.
SchOrmayer 1105.
SchQssler 428, 1011.
Schütz 72.
Schütze 59.
Schüz 292.
Schuhmacher 774.
Schulhof 627.
Schulte 975.
Schultes 575.
Schultz 931.
Schultze 218, 682. 934. 96d.
1016, 1050.
Schulz 6, 174, 877.
Schulze 292.
— -Berge 273.
Schumann 66.
Schumbnrg 48.
Schur 170.
Schuster u. Klau 999.
Schwab 551.
Schwartz 172. 388, 628, 90a
926, 934, 1010.
Schwarz 263.
Schwerin 1078.
Schwienhorat 8$9.
Aatoren-Regiater.
1175
Schwiening 718.
Schwoener 961.
Scott 292.
ScDlIy 1105.
Scystiowski 483.
Sczypiorski 114.
Seager 1095.
Söbileau 822, 829, 871, 879,
353,888.411,428,454,1156.
Secrötan 120, 981.
Seegers 257.
SeefiginaDn 285.
Sega! 192.
Seggel 292.
Segond 235.
Seibold 411.
Seiffarth 428.
Seige 72.
Seitz 817.
Seiberg 1056.
Seldowitsch 428, 864.
Sempd et Villard 292.
Semon 822. •
Sempert 174.
Senator 838.
Sender 966.
Senn 50, 582, 861.
Senni 1078.
Sequeira 188, 285, 1105.
Serafini 408.
Serapin 872, 916.
Serbanescu 1151.
Serenin 58, 54.
Semis 214.
Severeana 196, 563, 1136.
Severi 292.
Shaw 58.
Shearen 575.
Sheev 748.
Sheldon 926, 958.
Sheno 1156.
Shepherd 568, 986, 1186.
Shleen 1105.
Shoemaker 195, 688.
Shötz 421.
Shnyers et Coulon 999.
Sicard 908.
Sick 285, 575, 706. 836, 1105.
Sidler-Hoffuenin 292.
Siebert 470.
Sigal 292.
Signorelli 1008.
V. Siklosay 292.
Silbermark 197.
— u. Hirsch 730.
Silberstein 197.
Süberschmidt 292.
äilhol 1156.
Simanowitsch 848.
^iznmoDds 828, 836.
3iinon 85, 52, 859, 908.
Simonis 154.
Jimonaohn 661.
Jinding Larsen 58.
Unger 488
JiiiDbaber 688.
Hippel 447.
(iutenis 1156.
Uver 1029.
Skels 460.
Slomann 934.
Smirnow 967.
Smith 568, 622, 768, 934,
1146.
— .Moeler 1180.
— Pye 278.
Snell 196, 292.
Snow 470, 1105.
Sobemheim 292.
Sobotta 1146.
Sölmgen 888.
Sörensen 921.
Soerensen 551.
Soetheer 826.
Solieri 285, 960.
— und Zanellissi 815.
Solomon 1078.
Soltykow 281.
Sommerfeld 41.
Sonnenbnrg 582, 610, 1056.
Sorbi 986.
Sorel 1151.
Soret 1105.
Sorger 72.
Sorrentino 780, 1082.
de la Sotra y Lastra 447.
Soubeyran 104, 1007, 1088.
— et Martin 1005.
Nömami 898.
Souligoux 476.
Sonqnes et Morel 797.
Somrdille 292.
Southam 575, 888.
Sonthworth 411.
Spandri 412.
Spangaro 888.
Speiser 567.
Spencer 428.
Spengler 488.
Sperling 184.
Spicker 663.
Spiegel 6, 1196.
Spier 1026.
Spiller Masser and Martin 1056.
Spillmann und Hoche 836.
Spinlas 225.
Spira 313.
Spishamy 273.
Spitzig 142.
Spitzy 214. 942, 975.
Sporberg 476.
Sprengel 588, 688, 1016.
Springer 142, 260. 476.
Srdinko 836.
Ssaweljew 748.
Ssemenenow 949.
Stadelmann 263.
Stadler 575.
Staffel 916.
Stahr 231.
Stamm 1003.
Stamston 562.
Stangl 133, 861.
Stanischew 181.
Starck 428.
y. Starck 748, 1095.
y. Statzer 115.
Stayely 1093.
Stechow 1105.
Stedman 1105.
Stedmann 1156.
Stefanescn-Galatz 888.
Steffelaar 6.
Steffen 170.
Steger 638, 682.
Stegmann 817, 1105.
Stein 6, 260, 986, 1129.
Steindorff 292.
Steiner 178, 292, 555, 1066.
Steinhaner 627.
Steinhaus 72.
y. Styskal n. Azisa 828.
Stemmler 718.
Stenger 263, 281.
y. Stenitzer 476.
Stephan 1040.
Stephenson 292.
Stern 142, 826.
Stemberg 225, 1156.
Steyens 196, 851, 961.
Steyner 798, 889.
Stiassny 975.
Stich 638.
Stieda 822, 698.
Sticulin 916.
Stiles 861.
Stimson 1136.
Stirying 879.
Stock 292.
y. Stockum 833.
Stöckel 793. 889.
Stoenesco 115.
Stoeltzner 197.
Stolanoff 538.
Stoker 329.
Stolper 864. 1060, 812.
Stolz 6, 260.
Stoney 131.
Stori 196, 888, 958, 975.
Strada 682.
Sträler 961.
Strauss 804. 864.
Strebe] 1105, 1106, 1156.
Streit 281, 313, 322.
Streng 777, 1156.
Strominger 567.
y. Strümpell 235.
Stmthers 6.
Strycharsky 1098.
StObinger 285.
Stukky 538.
Stnnemann 72.
Stursberg 826.
Snber 793.
Suckstorff 313.
— u. Henrici 281.
Sadeck 6, 1026, 1106.
Snel 6.
Sugar 318.
Suker 292.
Sukiennikow 454.
Suiten 706, 1106.
— n. Schreiber 1146.
Sulzberger 728.
Sundholm 447
Sutcliffe 412, 575.
Suter 1106.
1176
Jahresbericht für Chirurgie. IIL Teil.
Sutheriand 783.
Sutton 1083.
Swain 551.
Syers 749.
Synmann 758.
Syme 281.
Symonds 603.
SzendrO 166
Szleifatein 1156.
T.
V. Tabora 749.
Tachetti 967.
Taddei 35, 839.
Tailliens 5, 45.
Takabatake 313, 1156.
Talke 532, 903.
Tansioi 833.
Tappeiner u. Jesionek 123.
Tapie 403.
Taptaa 6.
Tarantino 235.
Taruffi 706.
Tashiro 196, 213.
Tasso 38.
Taube 454.
Tavel 41, 154, 156, 454, 610.
Taveraier 904.
Taylor 133, 142, 610, 625. 904,
999, 1016, 1034, 1106.
— Rassel etc, 663.
Teacher 548.
Teale 994.
Teayne 946.
Tödeuot et Delbet 883.
Teller 263.
Tellier 347, 383.
Tempelhof 293.
Templemann 225.
Tentschinski 986.
Terescheukow 33.
— u. Fedorow 730.
Terrier 104, 845.
— et Morax 293.
Terrile e Rolando 173.
Teschner 1040.
Tessier 66.
Thaon et Le Ronz 359.
Thöbault 460, 931.
Theoharidi 823.
Theisen 322.
Th^venot 104, 412, 329, 383,
913, 953, 1016.
Thiemann 263.
Thierfeld 876.
Thierry 293.
Thies 730.
Thillier 293.
Thirian^lOie.
Thöle 1106.
Thomas 622, 883, 948.
Thompson 754.
— Stratton 83.
Thomson 447,758,883,955,1078.
Thorburn 706.
Thorndike andCunningham817.
Tielicke 826.
Tietmeyer 235.
Tietze 575.
Tilmann 142, 383.
Tillis 38.
Tillmanns 1034, 1156.
TUton 663.
Timmer 1083.
Tinley 1026.
Titschals 999.
Tittel 131.
Tixier 329, 916, 1005.
Tobold 971, 1010, 1106.
Törnquist 758.
Török 1106.
Tokujiro Suzuki 123.
Tol^ano 700.
Tollers 372.
Tomaselli 159, 889.
Tomasczewki 1106.
Tommasoii 845.
Toms 706.
Tonarelli 353.
Tonkew 774.
Topolaoki 293.
Topp 269.
Tomatola 293.
Toubent 428.
Tousey 984, 1106.
Townsend 1106.
Trabold 257.
Trampp 447.
Trebs 880.
Treitel 383.
Tr^moli^res 532.
Trendel 638.
Trendelenburg 173.
Treplin 797, 1106.
Treupel 483.
Treves 1146.
Tridon 967, 1106.
Trier 774.
Tripier et Paviot 737.
Trischler 270.
Trömer 174.
Troje 72.
Truc 293
Tubby 72, 172, 908, 948, 950,
1011.
Türck 768, 817, 1078.
Tuffier 46, 235, 278, 428, 538,
663, 692, 754, 758, 879, 921,
994, 995, 1078, 1106.
— et Maut6 804.
Turner 999, 1106.
Turk 6, 538.
Tumball 751.
Turner 42, 322, 383.
Turton 741.
Twinböver 174.
Tymann 313.
Tyrmos 1083.
Tyson 826.
— and Frazier 826.
Tytler and Wüliamson 1056.
üffenrode 421.
Uhi 774.
ÜUmann 548, 743, 817, 1106.
ümbreit 934.
Urban 926.
Urwin and Boyd 360.
Urbantschitach 313, 1156.
D'ürso 926.
üteau 800.
Vaccari 551, 749, 970.
Vachel and Stevens 754.
Vacher 293.
Vagedes 196.
Valan e Fantino 197.
Valentin 313.
Valeriani 38.
Valerio 483.
Valettas 749.
Vallaa 470, 531, 551. 6^ 656.
Valle 412.
Valude 293.
Vanverts 538, 1098.
Vaquez et Laabry 1157.
Varatees 293. '
Varenhorst 11^6.
Variot 661.
Vamey 1106.
Vasilin 1136, 1151.
Vaughan 622, 926.
Vauenborst 1106.
Vautrin 538.
Veges y Cr an well 817.
Vegrassat et Arabian 412.
V6not 995.
Vens^ 231.
V^ras 1041.
Vergely 971.
Verhosgen 823.
Vermes 293.
Vermey 887.
Vermoyen 622.
Veslin
Vialle 263, 908, 992.
Viana 218.
Viannay 730, 737, 768, lOÄ
Viedeny 263.
Viemstein 1029.
Vieweger 1041.
Vignard 322.
— et Ginardeau 532.
Vigonnoux etCharpentierVeioi
700 719
Villar 470,' 1078. 1095.
Villard 263, 293, 758.
— et Gilibert 758.
— u. Rox 293.
Villemin 197.
Vincent 758, 817, Uli.
VioUet 313.
Viquard et Gallavardin ^35.
Virda 888.
Viscardi 888.
Viscontini 889, 916.
Vitey 281.
de Vlaccos 1083.
Vlad6r^984.
Voelker 883, 1056.
— u. Joseph 804.
Vogel 198, 235, 476, 916, 91^,
942, 1016, 1041.
Autoren-Register.
1177
Yogi 883.
Yomn et Nathan 1156.
Yoitnriez 1156.
YoUbrecht 975, 1106.
Yonenen 1016.
Yonschalte 404.
Yorhastner 278.
Yo83 72, 282, 329.
Yulpias 142, 916, 945, 975,
1041, 1129.
W.
Wabler 575.
Waelsch 888.
Wagner 46, 118, 1005, 1106.
Wahl 1041.
Wahlam 999.
Wahlmann 166.
Wainwright 884, 888.
Waitz 322.
Wallant 877.
Wald 737.
Walker 638, 826, 1156.
Wallace 575.
Waller 6.
Wallis 622.
Walnewens 46.
Walsham 323, 551, 1106.
Walther 66, 484, 548, 567,
575. 880, 1094.
Walter 293, 934, 986.
Walters 575.
Wandel 616.
— u. Höhne 48.
Wanner 949.
Warhasse 171.
Warhurg 195.
Wassermann 575.
Wassilieff 848, 880, 883, 888.
Wathen 851.
Watowski 484.
Watson 780.
Weher 6, 72, 214, 235. 706.
743, 889, 967, 1029, 1106.
— u. Miohels 166.
— et Kohler 1156.
Webster and Tilken 1098.
Weege 616, 628.
Wegert 174.
Wehner 706.
Weichert 131.
Weight 235.
Weil 1106
Weiller 627.
Weinberger 379.
Weingärtner 476.
Weise 235.
Weiss 293, 1106.
WeissensteiD 412. 1041.
Weljaminow 101.
Weller 551.
— van Hook 460.
Wel8chll034.
Welz 839.
Wende 133.
Wendel 184, 1156.
Wenden 313.
Wendt 921, 1106.
Wennerström 264.
Wentscher 118.
Wenzel 692, 851.
Werkmeister 688.
Werner 123, 293.
Wernicke 293.
Wemitz 42.
Wersin 293.
Wertheim 184.
— Salomonson 1106.
Werther 123.
Wemley 1156.
Wesselowsarow 961.
Westenhoeffer 72.
Westenmann 428, 851, 1130,
1136.
Wettergner 888.
Wey 1060.
Van der Weyde u. van Yzern
1095.
Weydiing 861.
Weyert 33.
Weyprecht 706.
Wharton 270, 961.
Whipbam 428.
Whipple 725.
Whitacre 412. 826.
White 285, 313, 744.
- Haie 1066.
Whitefield 174.
VYhiteford 50, 1083.
Whitehead 360.
Whitelock 195.
Wichmann 1106.
Widenmeyer 196.
Wieck 839. 1056.
Wieling 975.
Wiemer 72, 788.
Wiesinger 113, 214, 260, 447,
788. 1016.
W^ieting 1034.
- und Effendi 260, 264, 870.
Wild 6, 264, 1106.
Wildiero 48.
Wilharm 706.
Willard 1056. 1107.
William et Hopkins 912.
Williams 183, 470, 1026, 1107.
Williamson 1157.
Willebrandt 1157.
Williger 383.
Willis 313.
Wills 123.
Wilms 264. 616. 171, 913.
- und Sick 195.
Wilson 741. 1016.
Winckler 328, 1107.
Windrath 6.
Windscheid 1060.
V. Winkel 6.
Winkler 379.
Winter 699, 774.
Winternitz 460, 793, 1139.
Winters 1007.
Wirsaladze 66.
Witkowsky 777.
' Wittek 921. 975, 1107.
' V. Wittemberski 293.
I Wittmaack 323.
Wittkower 899.
Witzel 692.
Wohrizek 1041.
Wölfflin 293.
Wölfler 404. 1145.
Wolf 428, 780.
Carl thor Straten Wolf 470.
WolfiF 235. 617, 899, 921, 926,
945. 1078. 1107.
Wolffheim 270.
Wolley 836.
Wooleay 1066.1
Woolsey 879.
Wollstein 412.
Wood 575.
Woodburg 888.
Woodgatt 877.
Woodward 328.
Woolcombe 551.
WooUey 281.
Woolsey 278, 358.
Workmann 872.
Worth 298.
Wortmann 1007.
Wostressenskv 379.
Wright and Haslaur 1016.
Wulflf 815.
Wullstein 412, 851.
Wurmb 198.
Wyeth 166.
Y.
Yonge 823. 447.
Young 839.
Z.
Zaaijer 800.
Zaalberg 282, 313.
Zabludowski 1147.
Zarofirescn 35.
Zangenmeister 804.
Zapinski 983.
Zatti 688, 719.
Zaufal 813.
Zawadzki 278.
Zeisler 1107.
Zeller 142. 575.
Zesas 6, 214.
Zia 298.
Ziegler 257.
Ziegner 1157.
Zielinski 1130.
ZiUichens 285.
Zimdans 774.
Zimmer 886.
Zimmermann 476, 878, 1016,
1189.
Zintsmaster 860.
Zöppritz 918.
Zolk 874.
Zondek 777. 839.
Zoppi 197, 975, IQll.
Zuckerkandel 867, 884.
Zum Busch 622, 626.
Zuppinger 428.
Zurhorst 758.
Zutanski 404.
Zwillinger 264.
Sach-Register.
Es sind hierin nur die referierten Arbeiten beräckstchtigt, nicht die Titel der Lätentnr-
Verzeichnisse.
A.
Abdominalpanktions-
flflssigkeit, chemische
üntersnchaDg 529.
Abszess der Glnt&algegend
997.
— Retropharyngeal- 1038.
— retrovesical 859.
— tuberkulöser d.Addiiktoreii-
gegend 997.
Abszesse, perineale 1084.
— sabpbrenische 521.
Absorption oder Transsn-
dation bei Transfusion 158.
Achillessehne, Lage der
978.
Achillodynia syphilitica
996.
Achsendrehungen des
Darmes 617.
A den 0 f i br o ma sudoriparum
107.
Adenoide Vegetationen,
Entfernung 375.
Adenokarzinom mammae
240.
Adenoma congenitale
nmbilicale 689.
Adenome sebac^ circon-
scrit. 232.
Adenom mit Zysten der
Mamma 251.
Adrenalin 25—28, 31, 842
-845.
— Dosierung 26, 27.
— Hautgangrän 27.
--Spülungen bei Krebs
.. 247.
Äther- Chloroformnar-
kose 16-17.
» mitBraunschem Apparat 16.
— Beginn mit Lachgas 16.
— nach Witzel 16, 17.
Athermasken von Sudeck
15.
— vonWaguer-Longard 14, 15.
Äthermasken von Wsn-
scher-Grossmann 14.
Äthernarkose 18—16.
— Einflnss auf Stoffausschei-
dung 15.
— mit Morphium-Skopolamin-
iniektionen 15.
— Tropfmethode nach Witzel
7, 14.
— bei Typhnsperforation 564,
. 565.
Ätherransch 16.
Äthylchloridnarkose,
Apparat von Ormsby 17.
— Gio verscher Apparat 19.
— zur Einleitung anderer Nar-
kosen 17, 18.
— Julliardsche Maske 18.
Akne rosacea 323.
A k o i n in der Ophthalmologie
31.
Akromegalie 196, 204.
— Radiodiagnostik bei — 835.
Aktinobazillose 106, 107.
Aktino mykose 104—107,
1134
— Ätiologie 105, 106.
— des Bauches 528.
— Behandlung 106.
— des Darmes 557, 559.
— Diagnose 104.
— der Fusswurzelknochen
1010.
~ der Haut 130, 903.
— Kasuistik 105, 106.
— d. Nates 997.
— pathol. Anatomie 105.
— Sitz der 106.
— Therapie 105.
— Verbreitung n. H&nfigkeit
106.
Albuminurie, pfaysiolog.
177, 846.
Albumosurie nach Ope-
rat 1000. .
Alkohol-Äther-Chloro-
formmiztur 8.
Alkoholmi8 8brauch,Ne&
ritis bei 181.
AlnminiambroDzedraht
bei Sehnenoperatiooen 152.
Amputatio intencapolo
thoracica 919.
Amputation, Bierecbe Me-
thode 982.
— Bungesche Methode 9^,
982.
— der Oberschenkel, doppelte
1002.
— osteoplastische 981, 982.
— des Untersehenkels 1C02.
Anftsthesin, Dosierung SQ.
— in der LaryDgoIogie 29, 30.
Anästhesie, regiooftre 23.
29.
mit K okain- AdrenaliB2!i
Nervendegenention bei
29.
Anastomose, arteriell-ve-
nöse 162.
— der Art. poplitea 986.
Anastomosen des Darmes.
laterale 681.
Anastomosis intertesti-
cularis 894, 895.
— Tierezperiment 894.
A nesthol 20.
A n e u r y 8 m a , arteriell- veads.
nach Schussverletzong 164.
— einer Art. intercoatalis 191.
— der Art vertebralis 1159.
— Gelatineinjektion bei 165.
— Naht von 165.
A n e u r y s m e n , intrakraniafe
164 f., 418, 904—907, 1138.
— der Art. iÜaca ext., Digi-
talkompression 988.
— Operationstaüfitik 904, 90d,
906. 907.
— Thrombosierang durch Sü-
berdraht 531.
— der unteren Extremität»
Behandlung 989.
Sach-Regisier.
1179
Aneurysmen der anteren
£xtremitftt, Kasuistik 989.
Angina, exsudative ulzeröse
374,
— Ludovici 413.
— des Wurmfortsatzes 604.
Angioma cavernosum, abge-
kapseltes 167
— racemosum 135.
— der SyDovialis, der Muskeln
220.
— Heilung durch Elektrolyse
167.
An^iorraphie 163.
— Histologie des Reparations-
prozesses 163.
— Vereinigung des Endotheb
163.
Angiosarkom der Haut 903.
Angiosklerose der Darm-
arterien 630.
Anonychia congen. 950.
Antiseptika 52—56.
Antistreptokokken-
serum 41, 42.
Anoria calculo8a801,802.
Anurie 900 ff.
Anns vulvaris 698.
Aorta, Instrument zur Kom-
pression 501.
— traumatische Ruptur 513.
Apolymphome 227.
Apparate 1128, 1129.
Apparat für steriles Wasser
Appendicitis 569, 570.
— Ätiologie 575.
— ä chaud-Operation 581, 586.
— chronische, mit postope-
rativem Ikterus 34.
— und Darmperforation 565.
— Disposition 576.
— Drainierung 584.
— Fehlen des Schmerzes bei
596.
— in der französischen Armee
607.
— Frahoperation580,582,584,
585.
— mit Gallenblasenerkran-
kung 602, 603.
— Gelegenheitsursachen 577.
— Geschichte der — in Eng-
land und Frankreich 608.
— granulosa in den Tropen
582
— Heredität bei 577.
— hemiäre suppurative 569.
— in Hernien 597, 598, 599.
— Leukozytose bei 579, 583,
584, 588, 589, 590, 591.
— linksseitige Beschwerden
606.
— Indikation zur Operation
579, 580, 581, 584, 585, 586,
608, 609.
— interne Behandlung 605.
— obliterans 577.
— Operation 587.
Appendicitis, Operations-
technik 579, 580.
— Opium bei 586. 605.
— Pathogenese 577.
— Puls bei 579, 585.
— Rezidiv 577.
— Ruhigstellung des Darms
586.
— Schnittfahrung 581, 583.
— in der Schwangerschaft 592.
— bei Situs in versus des Kolon
630.
— spontane bei Tieren 608.
— Symptome bei 586, 587.
— Temperatur bei 679.
— tubercnlosa 588.
— Tvphussymptome bei 605,
— Zunahme in den letzten
Jahren 578.
Appendix, Anatomie der
578.
— im Bruchsack 592.
— Eingeweidewürmer in der
601.
— kongenitaler Defekt 601.
— Mekonium im 578.
Appendixkarzinom, pri-
märes 599, 600.
Anpendixoperation,
Schnittfahrung bei 602.
Appendixstumpf, Versor-
gung des 601.
Arachnitis tubercnlosa
1059.
Arteria femoralis, Spontan-
ruptur 986.
Unterbindung 988.
— hepatica, Aneurysma 755,
756.
propria, Unterbindung
755.
— hypogastrica, Ligatur 503.
— iliaca communis, Ligatur
und Kompression 500, 987,
988.
int., Unterbindung 988.
— thyreoid. sup., Anomalie
419.
inf., Aneurysma d. 419.
Arteriennaht 905.
— mittelst Magnesiumpro-
these 160.
— quere 160.
— zirkuläre 159.
Arthritis chronica adhae-
siva 215.
amylopoetica der Rinder
215.
— deformans 1117.
mit Affektion der Hals-
wirbel 1032.
Operation bei 216.
— gonorrhoica 1117.
Nervenveränderungen
bei 217.
— bei Influenza 214.
— bei Masern 213.
Arthrodese 146.
Arthrodese bei Paralyse
950.
Arthropathie, hämophile
158.
— bei Tabes 199, 219, 1011.
Arthropathia psoriatica
218.
Arthrotomie 191.
— Bewegungsübungen nach
— 192.
— Kontraindikation gegen 192.
Ascites 529.
— chyliformis bei Rundzellen-
sarkom 530.
— Lecithin im 529.
— bei Pankreaskarzinom 530.
— tuberkulöser, Heilung nach
Operation 527.
Ascitespunktion, Verlet-
zung epigastrischer Gefässe
bei 506.
Aspiration, Magensonde
mit Gummiballons gegen 543.
Aspirations verfahren,
Perthessches 481.
Atherom der Palma manus
1138.
— der Regio praepatellaris
985.
Atropin und Ileus 635.
Auge, Chirurg. Krankheiten
des äusseren 287 ff.
— Fremdkörper 267.
— Lokalanästhesie b. äusseren
Operationen 310.
— Veränderungen n. Schädel-
trauma 295.
— Verletzungen des äusseren
287 ff.. 293, 294, 295, 310,
330, 331.
Augenmuskeln, Verlet-
zungen der 294.
Autointoxikation bei
Ileus 629.
B.
B a c i 1 1 e septique aörobic. 593.
Bacillus perfringens 39.
Bacteriaemia staphylo- '
coccica 45.
Bacterium coli und Harn-
stoff zersetzende Bakterien
857.
B an tische Krankheit 1095,
1096.
B a se d o wache Krankheit 407
-409.
Atemstörun^en bei 407.
Blutdruck -Verhältnisse
407, 408.
Forme fruste 409.
Kausalkonnex zu ande-
ren schweren Erkrankungen
408.
— — Sympathikusresektion
bei 409.
Bauchaktinomykoae 559.
1180
Jahresbericht ftlr Chirurgie. III. Teil.
Bauchascites 528.
—binden 502.
— blaeengenitalspalten 861,
862.
— bruch nach Appendicitisope-
ration 602.
— bmcb nach Laparotomie,
Verhütung 507.
— brüche 509.
— nach Operationen 605.
— Therapie 754-776.
— und Unfall 712.
— fellentzflndung, Entstehung
519, 520.
— felltuberkulose 526.
— Dauerheilungen durch ope-
rative Behandlung 525.
— experimentelle, Laparoto-
mie bei 524.
— geschw&lste, Diagnostik der
531.
— höhlenyerunreinignng, Spü-
lungen bei 632.
— kontosion, stumpfe 512, 513.
-> muskeldefekte, kongenitale
506.
— naht, Achtertour bei 502.
— ohne Bauebbruchgefahr 507.
— schÜHSe, operative Behand-
lung 514.
— Schussverletzung, penetrie-
rende 465.
—schusswunden, Anus praeter-
naturalis bei 514.
— Stich- und Schusswunden
513.
-Stichwunde mit Hernie des
Magens 514.
— Verletzungen 512.
—wand, Chirurgie 497.
— Erkrankungen der 504.
—wunden, penetrierende 514.
Becken abszessdrainage
durchs Foraroen ischiadicum
500.
— blutgefttsse, intraperitoneale
Digitalkompression 500.
— bruch, Netz im 534.
— Epiphysenezostose 1003.
» — Frakturen und Luxationen
953.
— Osteoidchondrom 1003, 1004.
— Resektion 1004.
— Tumoren 1004.
Bil harziakrankheit 851.
BindenzÜgelgipsver-
band 188.
Blase, anatomisches 846 ff.
— cerebrale Störungen 848.
— Chirurg. Krankheiten 848 ff.
— Physiologisches 848 ff.
— Verletzungen 848 ff.
— weiteres s. Harnblase.
Blasenatonie 855.
— dickdarmfistel 855.
— divertikel, Beziehung zur
Perforationsperitonitis 860.
— ektopie, Behandlung 862,
Blasenhemie 858.
krurale 858.
—steine, eingesackte 873.
— Kasuistik 871, 872, 873.
— 869-873.
— Operationsstatistik 870, 871.
— Spontanfraktur 872.
Blastomyceten bei ma-
lignen Tumoren 228, 229.
Blastomycetische Septi-
kftmie 140.
Blastomykose 140.
— im Bauch 528.
— Hefetherapie 140.
Blattern, Behandlung mit
rotem Lichte 131.
B 1 e i k o 1 i k nach Appendicitis
594.
Blepharoplastik 308.
Blut brechen bei Peritonitis
519.
— ersatz, künstlicher 157.
— gefAsse, Verletzungen und
Chirurg. Krankheiten 154.
— köiperchen, Zahlung 590.
— yerluste, schwere, Sanerstoff
im Blute bei 157.
Botriomykose 107, 108.
— Erreger 107.
— Patholog. Anatomie 107,
108.
Boutonnidre 1013.
Branchiogene Cysten 414,
415.
Brand Schorfe in der Bauch-
höhle 501.
Braunscher Apparat 16, 17.
— Kombination mit Bennets
Inhalation 16.
Brightsche Krankheit
828, 830.
BromAthylnarkose 7,20.
Bronchiale Lymphdrüsen
topographisch 454, 455.
Bronchialf ist ein, Empyem
nach 478, 479.
Bronohiektasie 489.
Bronchus 455 ff.
— Fremdkörperoperation 456,
457, 458.
— Fremdkörperentfernung
454, 491, 492, 495.
Bruch anläge bei der Deut-
schen Armee 722—724.
— einklemm ungen , Statisti-
sches 710.
— des Wurmfortsatzes 730,
731.
—sack, Processus vermiformis
im 726.
— Tuberkulose 711, 712.
Brustdrüse, Adenombil-
dung der versprengten 470.
— Amputation,ästhetische473.
— angeborene Störungen 467 ff.
— entzündliche Störungen
467 ff.
— Exstirpation bei gutartigen
Geschwülsten 472.
Brustdrüse, GeackwtÜUte
468. 469 ff.
— Hypertrophie 470.
— Syphilis, gunimöse470, 471.
— Tuberkulose, primäre 470l
— überzählige 470.
BrustschussverletEung, peae-
trierende 465.
—wand, NeubilduBg 479, 480.
— Tumoren der 464.
Bubo ingninalis, Operatim
996.
Bulbus, Carcinom dee 3<^.
— Doppelte Perforation durch
Fremdkörper 295.
— Ezenteratio 30&
— Protrusio 301.
— ruptur 294.
— Siderosis 295.
Bursa trochanterica, Hygroc
996.
Bursitis achillea bei Go-
norrhöe 995.
C.
Calcaneus, Behandlung der
Knocheohöhlen lOOa
— Osteosarkom 1011.
Calciumchloridlöanng
bei Hämophilie 158.
Caput obstipnm, nea^ Ope-
rationsverfahren 417.
Carcinoma recti 702.
Abdomino-pertneale Ex-
stirpation 695, 696.
Behandlung mit Kankroio
694.
Sacro -perineale Exstir-
pation 694, 695.
Carcinoma yentriculi 682—
688.
Behandlung mit Röntgea-
strahlen 687, 688.
Diagnose 682, 683, 684.
Gastroenterostomie 6S4.
Kasuistik 684—688.
Operationsresultate 683£
Prophylaxe 682.
Verhalten der Leoko-
cyten 682.
Carotis, Unterbindung dop-
pelseitige 418, 419.
— Unterbindung nach Hemi-
plegie 418.
Catgut-Steriliaation50
-52.
— mit Jod 50, 51.
— mit Jod-Jodkalium 51.
— nach Claudius.
— mit Silberfluomr 51.
Cava inferior, Naht der 50ä.
Cephalohydrocele tna-
matica 270.
Cheiloplastik 349. 350.
Chinin bei Krebs 247, 248.
Chinosol 56.
Chirurgie, spezielle 255 £
Sach-Register.
IJBl
Chirurgische Methoden
von Prof. DoUinger 1147—
1150.
Cblorftihylanästhesie
mit Kokain 25.
~ bei Zahnoperationen 25.
Chloroform- Äthemarkose,
8. Äther- Chloroformnarkose.
— narkose 11—13.
— Dosierung 11.
— in der Gynäkologie 7.
— TodesfÄlle 11.
—Nasenmaske 11.
— Sauerstoffoarkose 11—13.
— Apparate zur 12, 13.
Chlorom 317.
Chole cysto ktomie-Indi-
kationen 762, 765.
Cholecystenterostomie
766, 1073. 1076.
Cholecystitis acuta in-
fectiosa 763.
Cholecystitis u. Appen-
dicitis 603.
— gravidarum 764.
Cholecystogastrostomie
766.
Gholecystotomie 766.
—Indikationen 762.
Choledochotomie 765,766,
770, 771.
— retroduodenale 769, 770.
Choledochus, Ascaris im
772.
— Durchmesser 768.
— erkrankungen 767.
— maDdungs-Anomalie768,769.
—Narbenstenose 771, 772.
—Spulwurm 772.
— steine , Differentialdiagnose
762.
—verschluss 771.
— chron. 772.
Cholelithiasis 740, 1069.
— und Appendicitis 603.
— Behandlung 764, 765.
— gravidarum 766, 767.
— Indikation zum chirurg.
Eingriff 760.
Chondrodystrophia
hyperplastica 205.
Chorioidea, Adenocarcinom
metastatisches 305.
Ghromoradiometer 1121.
Cinnamon-Solution bei
Krebs 247.
Ci real US vitiosus, Anatomie
651.
nach Gastroenterostomie
643.
Cökumperforation bei
Dickdarmstenose 553.
Cökumtuberkulose und
Appendicitis 594.
Colitis 555.
— chronica ulcerosa 556.
— luetica 605.
— polyposa 556.
Collessches Gesetz 102.
Conjunctiva, Cyste 306.
— Enithelioro der 305.
—Molluscum contagiosum 306.
Cornea, Angiom d. Limbus
306.
— Plattenepithelcarcinom d.
305.
— Sarkom der 305.
Cruralhernien 724 ff.
— Operationsverfahren 725,
726.
— Radikalbehandlung 725.
C 0 X a vara 938—940, 950, 952,
956.
— Ätiologie 939.
— durch Belastung 939.
— Beziehungen zu Femur-
defekt 939.
— Osteotomie nach Codivilla
940.
Coxalgie, senile 1013.
Coxitis, eitrige 1013.
— multifistulftre 1013.
— tuberculosa 1012—1013.
Cyste in der Appendix 600.
— falsche 232.
— des Ileum 531.
— lateral-retroperitoneal 536.
— des Unterschenkels 985.
Cysten der langen Röhren-
knochen, multiple 210, 211.
Cystenartige Gebilde im
Subkutangewebe 138.
Cy8.titis 867, 1001.
— Ätiologie der chron. 867.
— durch Bac. pyocyaneus 857.
— Prophylaxe postoperativer
867.
Cystocele 714.
— cruralis 725.
Cystolithiasis, s. Blasen-
steine.
Cysto skopie 56^ 855.
Cysto tomia perinealis 853.
— suprapubica 854.
D.
Dakryoadenitis 307.
Dakryocystitis, Therapie
der 296, 297.
Dakryops 306.
Darm abbindung, aber 629.
— ausschaltung, bilaterale 540,
549.
— unilaterale 540, 549.
— blasenfistel durch die Ap-
pendix 602.
— divertikel und Tumor 552.
— erkrankungen,maligne,Früh-
diagnose von 552.
— fibrom 551.
—fisteln, Darmausscheidung
bei 540.
— multiple nach gangränösem
Nabelbruch 569.
— Radikaloperation 568.
— Resektion bei 541.
Darm, Fremdkörper im 548.
—gifte bei Ileus 612.
-inkarzeration, retrograde
611.
— invagination, Pathogenese
623.
— kanal, kongenitale Durch-
trennung 547.
— karzinom, klin, Verlauf 552.
— klemme , hufeisenförmige
544.
— ^knopf, resorbierbarer 542.
— kompression an der Duo-
denojejunalgrenze durch die
Mesenterialwurzel 635.
— kongenitale Störungen 545.
-krebs und Darmperforations-
geschwülste 566.
— motilitfit, Störungen der 631.
—naht, neue Methode der 545.
— Okklusion durch Eindringen
in die Blase 612, 613.
— nach Streckung der Flex.
coli sin. 615.
— durch Meckelsches Diver-
tikel 626.
— ohne Perforation, Todes-
ursache bei 611.
— paralyse,Atropinbehandlung
-Perforation 562, 715.
— nach Bauch kontusion 549.
— nach in Bauchhöhle zurück-
gelassener Kompresse 549.
— Blutdruck bei 563.
— Diagnose 563, 565, 674.
— durch Fremdkörper 565.
— durch Hufschlag 513.
— Therapie 563.
— durch Trauma 565.
— bei Typhus, Operation bei
633, 634:
— nach TyphusgeschwUr 563,
564.
— resektion 706, 707.
— Murphyknopf bei 542.
— Resorption bei 541.
— Ruptur 657.
—Sarkom, Kachexie bei 552.
— Stenose durch Tänien 627.
— einfache entzündliche 559.
— multiple, Diagnose 560.
— SülitÄre 560.
— Strangulation, Mechanismus
617, 61>5.
— tumoren 550.
— der Regio iliaca sinistra 553.
— Verengerung, kongenitale
546.
—verschluss 609.]
— nach Appendicitis 606.
— durch Aäcariden 627.;
— nach Bauchkontusion 549.
— funktioneller 612.
— innerer angeborener 546.
— Lokaldiagnose bei 611.
— multipler 547.
— Operation bei 611.
— Pathogenese 610.
1182
Jahresbericht fOr Chirurgie, m. Teil.
Darmyerschlnss bei Schwan-
gerschaft 614.
— verletzangen 548.
— und Chirurg. Krankheiten
5:57 f.
— yerstopfangen, Klinik der
Daumen, symmetrische Yer-
bildung 902.
Daumenplastik 982.
Däcolleraent traumatique
1183.
Decubitus, Vermeidung des
158.
Dehnungsgangrftn bei Ab-
knickung des Oökum 620.
— des Gökum bei Achsen-
dreh nng der Flexur 620.
Dermatolysis od. Mollus-
cum elephantiasticum 132.
DermoiacYSte, retroperi-
toneale 585.
Dermolampe 125.
Desinfektion derHände49.
— der Handschuhe 49.
— der Instrumente mit Seifen-
spiritus 49.
— smittel, Seifenzusatz bei 48,
49.
Diabetes 1075.
— insipidus 1068.
— Intestinalkarzinom bei 258.
Diagnostizierung von
Frakturen durch Auskultat.
und Perkuss. 187.
Diaphragma laryngis, an-
geborenes 448.
Dickdarm, inoperabler Tu-
mor.
Anastomosenbildung
696.
— ausschaltuDg, partielle 632.
— resektion 555.
— mehrzeitige 542.
Differentialdiagnose bei
Appendicitis 594.
Dilatation des Darmes,
idiopathische 561.
— kongenitale des Kolons 577.
Diphtherie 555.
— nach Laparotomie 556.
D i u r e s e bei Transfusion 158.
Divertikel des Darmes 566.
Darmverschluss bei
567.
erworbene 567.
und Karzinom 568.
und Perityphlitis 568.
Divertikel in karzeration
in einer Hernie 650.
Divertikulitis 511.
Dolores noctnmae bei luet.
Gelenkaffektion 108.
Drainage, kapilläre bei pe-
netrierenden bauchwunoen
549.
— nach Laparotomie 501.
Ductus choledochus, Tumor
1075.
Ductus cysticus , Erkran-
kungen 756 ff.
— hepaticus, Erkrankungen
756 ff.
— laryngo-trachealis, primäre
Heilung einer Wunde 447.
— omphalo-entericns, persi-
stierender 511.
— pancreaticus, Drainage 1067.
— thoracicus, Implantation in
die Jngularis mtema 419,
420.
— thyreoglossus 418, 414.
Dünndarm atresien 545.
— aosschaltung 540.
— divertikel und Appendicitis
601.
— erOffnung bei Peritonitis 569.
— invagination, Resektion bei
685.
— -resektionen , ausgedehnte
542.
— riss bei Rektumkarzinom
555.
— Stenosen 546.
— multiple 560.
— tuberkulöse 558.
— striktur, narbige 560.
— solitäre, Histologie bei 688.
— tuberkulöse 559.
Dünn- und Dickdarmvorfall
bei Krebsoperation 569.
Duodenalgeschwür, ein-
seitige Duodenumausschal-
tung bei 566.
— Perforation 566.
Duodenalstenose, Gastro-
enterostomie bei 688.
Duodenum, einseitige Aus-
schaltung 540.
—fisteln 568.
— kompression durch Dflnn-
darmmesenterium 684.
Dupuytrensche Kontrak-
tur, Behandlung mit Thio-
sinamin 913.
bei Tuberkulose 913.
Dura, Spindelzellensarkom
280.
Dysenterie 555.
— chronisch-eitrige 556.
— follikulär-chronische 556.
Dysmenorrhoe bei Appen-
dicitis larvata 582.
K.
Echinokokkencysten,
Einnähen von Netz in 532.
Echinococcus im Becken
118, 1004.
— Fälle von 582.
— intrakranieller 113.
— in Netzhemie 581.
— der Oberschenkelmusknla-
tur 997.
— postoperative Pfropfung von
118.
Echinococcus in Si^oa-
bürgen 581.
— Verbreitnag in Elttas-
Lothringen 118.
Eierschalenreste ii der
freien Bauchhöhle naeh Ap-
pendicitis 607.
EingeweideproUpse b
den Thorax nach Diiphni-
maverletzungen 515.
Ektropinm, Narben^tropi-
um 808.
— Snellensche Suturen ^7.
EktropiumoperatioD307.
Elephantiasis des Araea
906.
— des Hodensackes 131.
— des Oberschenkels 132.
— der unteren ExtremitSt»
1001, 1059.
Ellbogengelenk, Supiot-
tionsstörung 901.
— Varietäten im 901.
Embolie und BlinddtrmcDt-
zfindung 608.
— der Lungenarterie bei Frak-
tur 909.
— nach perityphlitischem Ab-
szesse 603.
Emphysem, Ätiologie I3i
Empyem, Berieselon^ der
Pleura bei 605.
— chron. 480, 481.
— nicht tuberkulös 481.
— tuberkulöses 481, 482.
— veraltetes 463, 464.
Encephalocelen 269, 270.
Enchondromatose der
Gelenkkapsel 221.
Endocarditis septica 44.
Endometritis septica nad
Appendicitis 590.
E n d 0 1 h e 1 i o m mnltiplee23^-
Enophthalmus, tnuiDiü-
scher 299.
Enteroanaatomose 5ld.
— bei Darmstenose 560.
Enterokvstom, einfaches
551
Enteroptosen 642. G60.
Enteroptose, Patholegie
und Therapie 540.
EntzOndangen des Dana«
555.
Enukleation bei Paoopkw
mie 809.
— Paraffininiektion oaek SÄ
810.
Eosinophile Zellen m ssb-
lingualem Tumor 34&
Epicvstostomie 853.
Epididymitis gonorrfceie»
Epiglottis, Punktioneidtf
Epilepsie 272.
— Bravais-JacksoDscke ?^
— genuine Sympatkicnsresek
tion bei Iw.
SachRegister.
1183
Epilepsie, Jackson 276.
— Jackson nicht traumatisch
273-277. 280.
— Eraniektomie bei 273—275.
— trauniatische 276.
Epiphjsenknorpel, Trans-
plantation 977.
Epipbysenlösung, trau-
matische 190.
Epiphysis femoris 975, 976.
— tibiae 975, 976.
Epispadie, Operation 1083.
Epitheliom 238, 239, 240,
241, 242.
Epithelioma der Haut 136.
Epitfaelwucherung, ex-
perimentelle 231.
Erblichkeit des Karzinoms
247, 250.
Erbrechen, schwarzes und
Appendicitis 604.
Erfrierungen, Behandlung
mit heisser Luft 115.
Erstickungstod bei Ileus-
und Peritonitisoperationen
502.
Erysipel, Albuminurie und
^lindurie bei 41.
— Erebsheilung bei 250.
Eukain 29.
— B mit Adrenalin 25, 27, 28.
Exarticulatio, interileo-
abdom. 980.
Exophthalmus 298, 299,
302, 303.
— pulsans 165, 261.
traumaticas 299, 300.
— trauma' ischer intermittie-
render 299.
Exostosis bursata210, 1006.
Exostose d. Calcaneus 1011.
Exostosen des Femur 1006.
— der Tibia 1008.
Extraduralabszesse 285,
286, 318.
Extremität, obere 1135 bis
1139.
Bildungsanomalien 1186.
— untere, Fremdkörper 1000.
kongenitale Defekte 949
bis 950. '
Prothesen 977.
Schindung der 985.
Verkürzung 976.
Extremitfttenkarzinom
251.
Extensionsapparat bei
unter- und ODerschenkel-
fraktur 188.
F,
Facialis, Verlauf im Felsen-
bein 282.
Facialislähmung 341.
— Nervenpfropf nng bei 177.
Fadeneiterung, tenporäre
Drainage 158.
Fascienquerschnitt,
suprasymphysäre 499.
Femur, Lösung der Pfannen-
epiphvse 1007.
— Statische Verhältnisse 976.
Femurkopf, Resektion und
Nearthrose 919, 920.
Fettnekrosen, abdominale
69, 70, 71, 1068.
Fibrogenvermehrung
nach Fleischnahrung 155.
Fibrome der Bauchdecken,
Zusammenhang mit d. Liga-
mentum rotundum 508, 509.
Fibrosarkom, s. Unter-
schenkelfascie 997.
Fibula, Hypertrophie 1009.
Fieber bei Garcinomheilung
248.
Finger, hammerförmige, Op.
913.
Finsenbehandlung 116,
123-128.
— Lampe nach Finsen Reyn
124.
— Lampe nach Lortet-Genoud
12ß
— StatisUk 123, 124.
— Veränderungen der Haut
126.
— Versuche am Kaninchen
124.
Fistelbildung nach Inzision
perityphlitiscber Abszesse
Fisteln des Darms 566.
nach Trauma 568.
Perforation 568.
Symptome 568.
— nach Appendicitis 602.
Fistula gastrocolica 677.
— vesico-vaginalis 854.
Fissura ani, Behandlung 699.
— vesico-abdominalis 877.
Fleischnahrung, Haupt-
ursache fOr Appendicitis 606,
607.
Formalinbehandlung d.
Krebses 247.
Fr aktur der Fibula 908, 909.
— des Fibulaköpfchens 908.
— des Humerus ourch Muskel-
zug 921, 922.
— des Humeruskopfes 1136.
— desMittelfussknochens971,
973.
bei Märschen 972.
— des Mondbeins 931.
— der Tibia 968, 969, 1115.
Frakturen, Abrtss d. Tro-
chanter major 956.
d. Trochanterium 955.
— Behandlung der 188.
— d. Calcaneus 971.
— Einfluss des Schilddrfisen-
verlustes und der Schild-
drüsenfütterong 1114.
— des Ellbogens 1136, 1137.
— der Ellbogengegend 923.
Frakturen bei Ellbogen-
luxation 923.
— der Handwurzelknochen
1114, 1115.
— des Humerus, Behandlung
923, 1114.
Röntgenbilder 922.
~ des Mittelfttssknochen 1116.
— der ob. Extremität 920—925.
— des Oberschenkels 956—
958.
Ambulante Behand-
lung 957.
Extension nach Metz
957.
— — — beim Neugebomen
953.
— des Os scapboideum 923,
924.
Operat. Behand-
lung 924.
Pseudarthose 924.
— der Patella 961-965.
Behandlung 961—
965.
— Kasuistik 962, 964.
— des Proc. styloid. d. Radius
u. der ülna 925.
— des Schenkelhalses 954—
956, 1006.
Behandlung 955, 956.
— snprakondyläre d. Humerus
922.
— tibiae intracondylica 969.
— der unt. Extrem., Schienen
951, 952.
Traktionsapparat
951.
— des Unterschenkels, Ambu-
lante Behandlung 952.
— der Wirbelsäule 1026, 1027,
1028.
Furunkel, Behandlung mit
Eisenlicht 125.
Furunkulosis, Behandlung
der 137.
Fuss, Exartikulation 984.
— osteoplast Resektion 984.
Fussgelenk, Angeborene
Verrenkung 942.
— chronisch-entztlndliche Af-
fektion 1025.
— Resektion 983.
Fussgeschwulst 972, 973,
1010, 1011, 1116.
G.
Qalaktocele 467, 468.
Galle, Konkrementbildung
759.
Q allen blase, Anomalien
738.
— Behandlung v. Perforation
und Zerreissungen 742.
— Karzinom 756.
— Chirurg. Krankheiten 786 ff.
— Empyem 766.
1184
Jahresbericht fflr Chirurgie. III. Teil.
G a 1 1 e n b 1 as e , Erkrankungen
756 ff.
— Fiatel 767.
— Gangrän ieS.
— Infiltration mit Pneumo-
kokken 740, 741.
— Inhalt, bakteriologischer
758, 759.
— Koliken 741.
— Koliken ohne Steine 764.
— Nekrose 763.
— Operation 741, 762, 763, 764.
— Ruptur 767.
— Tumoren 758.
— Verletzungen 741 ff.
G allen- Bronch US f ist el
495.
Gallen gang, operativ. 729.
— Tumoren 753.
Gallensteine, Chirurgisches
740.
— Grenze zwischen balneolog.
und Chirurg. Behandlung 759.
— grosse Beweglichkeit 766.
— Ileus 627, 793.
— Operation, Komplikationen
Technisches 760.
— Rezidiv .echtes* 761.
— Spülungen 760.
Gallensteinkolik 766.
G alle n stein kr an kh ei t
761, 762.
Gallenwege, Anatomisches
740.
— Chirurgie 741.
— subkutane, Rupturen trau-
matische 742.
Gallertkrebs des Kolon
630.
Galvanokaustik, intra-
okulare 310.
Ganglien der Hofalhand 914.
— nach Trauma 150, 151.
Ganglion und Uygrom 154.
— Gasseri, Ezstirpation 271,
272.
Gangrän des Kolon und Ue-
um 606.
— des Darmes 566.
— bei Diabetes 1003.
— der Karbolsäure 40.
— spontane an den 4 Extre-
mitäten 907.
— symmetrische am Unter-
schenkel 1001.
— bei Typhus 1002.
— des Unterschenkels 1001.
1002.
Gangräne foudroyante 979.
durch Gasbac. Fraenkel
38.
Gasphlegmonen 38, 39.
— Einteilung 39.
Gastritis nhlegmonosa 677.
— nach Salpetersäurevergif-
tung 677.
Gastroduodenostomie
649.
Gastroenteroplastiknach
vorausgegangener Gastroto-
mie 653.
Gastroenterostomia an-
terior anticolica ypsiliformis
652.
— posterior 647.
— retrocolica 641.
Gastroenterostomie 646.
— aseptischer Mageninhalt bei
641.
— bei gutartige^ Magenaffek-
tionen 640.
— bei Stenosen 640.
— Indikation 642.
— mit folgender Enteroanasto-
mose 64i3.
— mit Gastrostomie 651.
— neues aseptisches Verfah-
ren 651.
Gastrojejunostomia po-
sterior snpracolica 652.
Gastrojejunostomie 645.
Gastrophor, ein Assistenz-
ersparer 650.
Gastroptose 659.
— Therapie 659.
Gastrostomie 408, 658, 687,
698.
— nach Gastroenterostomie
655.
— bei Ulcus tubae des Gau-
mens 691.
Gaumen, epithelialer Tumor
des harten 373.
— Erkrankungen des 371 ff.
— hoher 372.
— Mischgeschwulst des 373,
374.
— Schussverletzung des 372.
373.
— vollständige Verwachsung
des weichen — nach Lues
373.
Gaumenfortsatz, Peri-
ostalabszess 391, 392.
Gaumenmandel, Knorpel
in der 323.
Gaumennaht, frOhzeitige
372.
Gaumen Operationen,
Rosesche Lage bei 344.
Ganmenplastik 325.
Gaumenschleimhautpla-
stik 335.
Gaumenspalte 343, 344,
345, 346.
Gaumentonsillen, Tuber-
kulose der 421, 422.
Gazekompressen zur Zu-
rückhaltung der Därme 501.
Gefässanastomose 979.
Gefässerkrankungenmit
nachfolgender Gangrän 166.
— nach mechan. Verletzungen
166.
— nach nervösen Störungen
166.
Gefässgeschwfllste 166.
Gefässnaht 158.
Gefässresektion, Hetiie-
den der 168.
GefässtransplaniatioB
159, 160.
Gefässsntnr 161 f.
— Prothesen zur 161.
— Thrombosen bei 161.
Gehörgang, Entfernung vob
Fremdkörpern 320. 321.
Geh Organ gs zerr ei ssoog
315.
GehstQtzapparai ▼. Loseea
952.
Geh verbände, abnehmbare,
Verstärkung durch Zellnloio
189.
Gelatine bei Blutung 154.
— Injektion 155.
— per OS 155.
— kalciumchlorid in 155.
Gelenkaffektionen hä
Sarkomen 250.
Gelenkaffektion, häm»-
phile 221.
Gelenkentzündungen,
Histologie der eitrigen 21 S.
Gelenke, Frakturen und Ver-
letzungen 183.
— intrauterine Fraktur 1S4.
— rheumatische Kraokfaeiin
213.
— Sublimatinjektionen in 212L
Gelenk er krank ungen.
Allgemeines Über 212.
— bei akuter Infektion 213.
— chronische 214.
der Rinder 215.
— hereditär-syphilitische 217.
— Mobilisation und Maasa^
212.
— septische nach geringen Id-
fektionsherden 214.
— tuberkulöse, Diagnostik216.
Enorpelveräoderong Wi
216.
svnoviale 217.
Gelenkkapselen Chon-
drome 221.
Gelenkkörper 222.
— traumatischen Urspnmgs
222.
Gelenk mause 193, 194.
Gelenkneurosen 1020.
Gelenkrheumatismus 90,
91.
— akuter, Knochenverände-
rungen 1117.
— tuberkulöser 92, 93.
Genitalerkrankungeo,
weibliche und Appendidtis
592. 593.
Genu recurvatum 941, 942.
— valgum 940—9«.
Osteotomie 940, 911.
Schranbenapparat zar
Korrektur 940.
Sach-Register.
1185
Genu valgnm, unblutige Be-
handlDDg 940, 941.
Geschichte der Chirargie
1145.
Geschwülste, Histologie d.
230.
— maligne, Beziehung des
adenoiden Gewebes zu 226.
— Statistik und Ätiologie 224,
227.
Geschwulstlehre, allge-
meine 224.
Geschwüre deeDarmes555.
Gesicht, Aktinomykose des
832.
— angeborene Missbildungen
343 ff.
— Erkrankungen des 328.
— sarkomatöse Geschwülste
831.
Gesichtskankroid 236,237.
239.
Gesichtslupus, Röntgen-
strahlen bei 332.
Gesichtsnerven, Erkran-
kungen der 336.
Gosichtsneuralgie, Rx-
stirpation des oberen Hals-
ganglion bei 342, 343.
Gesichts Operationen,
Narkose bei 334.
Gesichtsskelett, Freile-
gung des 335.
G i b b u s , spondy litischer 1039,
1047.
Gleitbeutel 153.
Glühhitze bei inoperabeln
Karzinomen 296.
Glutaalmuskulatur, Pa-
rese der 146.
Glyzerininjektionen in
oen Bauch, Ausscheidung bei
999.
Gonorrhöe, Behandl nngl084.
Granulationsgewebe,
Durchtritt bakterieller Stoffe
36.
Granulome 135.
Grawitsche Geschwüre 821.
Gummi- n. Zwirahandschuhe
50.
H.
Hämangiom, kavernöses, in
Muskeln 146.
Hftmangioendothelioma,
intravasculare, des Corpus
uteri 232.
Hämangioperitheliom
182.
— des N. medianus 908.
Hämatom, extradurales 267?
— subdarales 268.
Trepanation bei 267.
Hämatome, Vermeidung d.
Gelatine 155.
Hämatotympanon 815.
Jahresbericht für Chimrgle 1903.
Hämaturie 815, 816.
— bei Nephritis 829.
Hämatoporphinurie nach
Chloroformnarkose 847.
Hämolytisch eWirkung von
Tnmor-Extrakten 235.
Hämophilie 158.
Hämorrhoiden 702—704.
— Behandlung 703, 704.
Hämostase 154.
Hämostatika 154.
Ha 11 uz valgus 948, 949.
Hals, Aktinomykosi8412, 413.
— Bläbhals 418.
■*- chirurgische Krankheiten
402 ff.
— Dermoid cysto 461.
— entzündliche Prozesse 412,
413.
— Fistula congenita 415.
— Gefässe des 418.
— Hygrome 416.
— Kavernöses Angiom 416.
— Nerven 420.
— Subkutane Exstirpation d.
Lymphdrüsen 412.
— tuberkulöse Drüsen, Ope-
rationsverfahren V. Dollinger
1140.
— Tumoren 415, 416.
— Verletzungen 402 ff.
Halsrippen 413, 1046, 1047.
— Symptomatik 1047.
Hand, Maschinenverletzungen
932.
Handgelenk, Subluxation
929.
Hand Skelett, Varietäten
925.
Harn, Gefrierpunktsbestim-
mung 812—824.
Harnapparat, weibl., Tu-
berkulose 794, 795.
Harnblase, Allgemeines
851.
— alter Abszess 859.
— Blutungen bei Gonorrhoe
857, 858.
— Cvste der 872, 874.
— Dämpfungslinie bei Er-
güssen ins Cavum Retzii.
— Dilatation 851.
— Durchbruch eines Fötus 860.
— Exstirpation 869.
— Fremdkörper in der 868.
— Geschwülste 873—876.
Kasuistik 874, 875.
— Infektion bei Kindern 857.
— Karzinom 875.
— Naht 853, 854.
— Papillome 875, 876.
— — Behandlung mit Arg.
nitric. 875, 876.
— Plastik des Blasenhalses
853, 854.
— Ruptur, Diagnose 864, 865.
extraabdom. Versorgung
864.
Harnblase, Ruptur 864 bis
866.
Kasuistik 864—866.
— Schussverletzung 866.
— Spontanruptur 865.
— Tuberkulo8ed.857,868,869.
Therapie 868, 869.
— Ulcus Simplex 860.
— Urämie nach Blutung 858.
— Verletzungen 863—866.
— Verdoppelung 863.
Harnentleerung und Re-
sektion d. Vas deferens 848,
849.
Harnleiter 838 ff.
— angeborene Missbildungen
773 ff.
-•bruch 725.
— Chirurg. Krankheiten 773 ff.
— Verdoppelung 775.
— Verletzungen 773 ff.
Harnkryoskopie bei dop-
pelseitigerNierenerkrankung
814.
Harnretention 841.
Harnrezipienten 851, 852.
Harnsegregator 805, 855,
856.
Harnwege, Infektion durch
anaörobe Bakterien 856, 857.
— Tuberkulose 793.
Hasenscharte 343.
— amniogene 344, 345.
— erbliche 344, 345.
Haut, Angiom bei Krebs 249.
— Atrophie, allgemeine 138.
idiopathische 137.
— — nach Röntgenbestrah-
lung 137.
— epitheliale Anhangsgebilde
139.
— Ernährungsstörungen 131 f.
— Fibrom 149.
— Gangrän, artifizielle 138.
durch Schmierseife 138
— — neurotische 138.
symmetrische 138.
— Hypertrophie 131.
— Kankroid, Röntgenstrahlen
gegen 185.
— Krankheiten, Behandlung
mit Eosinlösung 128.
parasitäre 140.
simulierte 138.
— Plastiken 118-120.
bei Fingerverbrennung
119.
— Spezifische Entzündungen
12§ ff.
— Stratum granulosum 1064
1065.
— Tumoren 180, 135.
— Ulcera am Unterschenkel
durch Gefäss- und Nerven-
veränderungen 117.
— Verletzungen und chirurg.
Krankheiten 115 ff.
— Zirkulationsstöi-ungen 120
—122.
75
1186
Jahresbericht far Ghirnrgie. III. Teil.
H 6 d 0 n al • GhloroformnarkoBe
12.
Heisa luftbe handlang,
lokale 1157.
Hepatektomie 744.
Hepaticasdrainage 769.
—steine 771.
Hepatoptose 744.
Hernia barsae omentalis 728.
— craralis enterica 726.
— — Kadikaioperation 707,
708.
— diaphragmatica 731, 734.
— duodeno-jejunalis 729.
— epigastrica 508, 730, 731.
— inguinalis 706.
ovarii 722.
— ingaino-cruralis 784.
— lumbalis 732, 733.
doppelseitige 736.
— obtoratoria 731.
ovarii 735.
— ovarialÜB, torquierte 785.
— traumatica IW.
Hernien, Ätiologie 709, 720.
— des Cökam 736.
— Koinzidenz mit Hydrocele
714, 715.
— Cystocele bei 721.
— des Dickdarms par glisse-
ment 731.
— eingeklemmte, operatives
717.
707.
Statistik 707.
— Entschädigung bei Unfall
713.
— Folgen forzierter Taxis 711.
— der FoBsa duodeno-jejuna-
lis 728.
— innere 728, 729.
— Irrtum in der Diagnose 716.
— der Linea alba, Operation
507, 508.
— MiliUrstatistik 709.
— Netz in 533.
— Netzbruch des Zwerchfells
nach Stichverletzung 734.
— operatives 709, 712, 713,
715, 716.
— nach operiertem Typhus-
geschwar 563, 565.
— Peritonitis 520.
— primftre Darmresektion 713,
714.
— Prothesen 709.
— Radikaloperation von 721.
ohne eingesenkte Nähte
722, 724.
Prognose 714.
— Eecidive 70&
— Reduktion en masse 722.
— retroperitoneale 728.
— seltene 729 ff.
— des Skrotums 706.
— und Trauma 716.
— des Uterus 734.
— des Wurmfortsatzes 730.
Hernien d. Wurmfortsatzes,
Komplikation 733.
— des Zwerchfells, erworbene
738, 734.
traumatische 734.
Herniotomie 722.
— bei Kindern 710, 711.
— Yorbereitungskur bei fetten
Leuten 714.
— beim Weibe 721, 722.
Herzmassage bei freige-
legtem Herzen 9.
— durch das Zwerchfell 9.
Herz, traumat. Ruptur 1080.
— Verletzungen 1078. 1079.
Naht 1078, 1079.
Highmorshöhle, Eröffnung
der 380.
Hinken, intermittierendes
1001.
Hirn, Abszess 262, 280,281,
285.
otitischer 286.
rhinogener 1141.
traumatischer 269.
— Angiom 279.
^ Blutung aus arrodlerten
Blntleitern 285, 286.
—Chirurgie, allgemeine 257.
— Cysten des 277.
— Cysticercus racemosus 279.
— cystisches Fibrom 280.
—druck 258.
— Echinococcus 279.
— Otitische Sinusthrombose
282-284.
— Pyämie 281.
— Sarkom 279.
— SchussverletzuDgen 262.
— Solitärtuberkel 280.
— Trepanation, allgemeines
über 257.
— Tuberkulose 280.
— Tumoren 277, 279, 280.
— Verletzungen 262.
HirschsprungscheK rank-
heit 561.
Hoden, Dermoide 890.
— ektopie 895, 897.
mit Hernie kompliziert
893, 895.
Operationsverfahren 895,
896.
— entzOndung, tuberkuL 880.
Therapie 880.
— retention 892.
— teratom 893, 894.
Hohlfuss 946.
Holzspäne bei Verbänden
von Knochenbrüchen 190.
Hüftgelenk 1011-1015.
— kongenitale Luxation 933
Alter für die Behand-
lung 935, 936.
Apparate zur Reposi-
tion 937.
Behandlung nach Lorenz
935, 937.
Hüftgelenk, kongeoitalK,
Blutige Reposition 937.
Kasuistik 935—937
Nachbehaodlang 937.
Osteotomie nach Kir-
misson 936.
Resultate der unbluti-
gen Behandlung 934-937.
Sektionsbefund 937.
— Ezartikulation 980, 1006.
— Freilegung 979 f.
— intrakapsuläre MeisBcb'
Sektion 1013.
—kapsei, Ossifikation 1015.
— Pseudarthrose 1014.
~ Resektion 1012, 1013.
— Tuberkulose 101&
— luxation nach eiüriger Coli-
tis 190, 191.
Humeruskopf, Resektiu
und Nearthrose 919.
Humerussarkom 920.
Hydradenitis axillaris 903L
Hydrocele, Ätiologie 879.
— bilocularia 890.
— Operationsverfahren ^
von Moresco 893.
von Lorgnet 894.
— Therapie 879.
Hydrocephalus 269.
— bei Kompression u. Throa-
bose der Himvenen 270.
Hydronephrose 775,788.
— akute rekurrierende 790.
— Diagnostisches 790.
— intermittierende 789, 79Q.
— traumatische 781, 790.
— und kongenitale NiereBUO-
malien 789, 790.
— Üretero-Pyelostomie 790.
Hydrops intermittens, Jo^o-
formgiyzerininjektion 216.
Hygroma praepatelL 996.
Hygrome, Entstehung 153,
223.
Hyperästhesie bei Afp«-
dicitis 597.
Hypernephrom 818, 819.
— Diagnose 812.
Hypnotismus 984
Hypoplasia ilei congenit»
Hypospadie der Glans 1C€3.
— perineale 1083.
I. (J).
Jaboulayknopf 654.
J a cks on seh e Epilepsie.ope-
rat. Behandlung 1141.
Jahresberichtev.Krtnkea-
häusem etc. 1150-1152-
Ikterus, Ätiologie 34.
— nach Appendicitis 84.
^ nachChioroformnarkoseäi
— postoperativer 34.
Jejunostomie 542.
Saeh-Register.
1187
IleocOkaltumor, tuberku-
j löser 633.
^ — Operation bei 638.
^ IleoKoloninTagination ,
Darmresektion bei 635.
Ileokolostomie bei Darm-
okklasion 541.
Ileus bei Darmkarzinom 636.
— durch Darm verknotung 618,
619.
— durch Fremdkörper 627.
— durch Leinwaualäppchen
628.
— durch Meckelsches Diver-
tikel 625.
— dni'ch peritonitische Adhä-
sionen 636.
— nach EntzflnduDg eines
Meckelschen Divertikels 626.
— Lokal-Diagnostik 629.
— nach Thrombose der Ven.
mesent. 615.
— postoperativus 614.
— spastischer 612.
— subkutane Strychnininjek-
tionen bei 615.
Implantation von Arterien
in Venen 159.
Incontinentia alvi, Ope-
rationsmethoden 698.
— urinae, Behandlung 854.
Indikanurie bei Heus 629.
Infektionen, örtliche Be-
handlung von 57.
Infiltrationsanftsthesie
mit Akoin 30, 31.
Influenza und Appendicitis
604.
Inframaxillaris, Resek-
tion von 180.
Infusionen von Kochsalz
155.
— Apparat zu 156. •
Inguinalhernien 718ff.
— Operatives 719, 720, 721.
— • beim Weibe 715.
Inhalationsnarkosen 7.
Injektionsspritze nach
Spiegel 23.
Inkarzeration d. Meckel-
sches Divertikel 626.
Instrumente 1128, 1129.
Intrakranielle Eiterung
286.
IntusBusceptioD, Darm-
atresie aus 546.
— des Warzenfortsatzes 609.
Invaginatio ileocoecalis
durch invaginiertes Meckel-
sches Divertikel 625.
Invagination 622.
— akute, Operation bei 623,
625.
— Behandlung durch hydro-
statischen Druck 624.
— der Magenwand in den
Ösophagus 643.
— eines Meckelschen Diver-
tikels 626.
Invagination mit Ileuser-
scheinungen , Laparotomie
bei 624.
Jodoform Wirkung 53—54.
— bei Tuberkulose 54.
Ischias, Einspritzung von
Luft bei 180.
— unblutige, Dehnung bei 180.
Ischurie 860.
Jugularisthrombose284.
Kankroide 231.
Kankroin 248.
K a n ft 1 e fQr Witzeische
Schrftgfisteln 655.
Karfunkel, Behandlung mit
Kollodium 137.
KardiaverschlnsB, mus-
kulärer 642. ..
Karzinom, Ätiologie 253.
— und Alkoholismus 228.
— behandlung 232.
— durch X-Strahlen 236.
— bildung und Entzündung 228.
— branchiogene 251.
— Charakter des 248.
— des Dickdarms, Diagnose
554.
Operatives Verfahren
554.
—Entwicklung 231.
— HeUbarkeit 246.
— heilung, spontane 247.
— und Immunität 229.
— Kasuistik 248.
— des Magens und des Darmes
638, 639.
— bei Mäusen 228.
—Nachbehandlung durch Rönt-
genstrahlen 244.
— bei Paraffinarbeitem 253.
— primäres des Appendix 552,
553.
der Extremitäten 931.
— tief liegende 244, 246.
— und Trauma 228.
— des Wurmes 592.
— Zunahme der Häufigkeit
der Tiere 226, 240.
Katheter, abgeplatteter bei
Prostatahypertrophie 886.
— Sterilisation 852.
Kehlkopf 446 if.
— Lupus des 449, 450.
— Pachydermie des 448.
— Tuberkulose des 450.
— Übergang gutartiger Ge-
schwülste in bösartige 451.
— weisse Geschwfilste 448.
Kehlkopfe xstirpation
451.
— halbseitig 447.
Keilbeinhöhlenkaries,
latent 327.
— latente, mit Abducensläh-
mung 379, 380.
Keratitis parenchymatosa
luetica 217.
Kiefer, Erkrankungen der
382 ff.
— Fibrome, zentrale 395, 396.
— Leontiasis ossea der 344.
— Neoplasmen durch Zahn-
reizung 400.
—Cysten 391, 392, 393.
Kiefergelenksankylose,
Gondylusresektion bei 386.
— traumatische 389—391.
Kieferhöhle- Empyem,
Radikaloperation 379.
— Erkrankungen der 379 ff.
— Fibrochondrom der 380, 381.
— Tuberkulose der 381.
Kiemengangsfisteln 414.
Kinnplastik 332, 333.
Klavikularfrakturen bei
Neagebomen 921.
Kleinhirn, Freilegung 278,
319, 320.
— otitischer Abszess 286, 287.
— Tumor des 280,
K 1 i n i k der Geschwülste 232 f.
Klumpfuss 945-948.
— Behandlung und Operations-
methodeo 946, 947, 948.
— Kasuistik 946.
— Mechanik des 948.
—Operation 152.
— paralytischer 947.
Arthrodese bei 984.
— nach Unfall 946, 947.
— Therapeutische Resultate
946, 947.
Klump band, chirurg. Be-
handlung 901.
Kl^^stiere 539.
Knickung des Darmes 615.
Kniegelenk 958-966, 1015
-1025.
— Ankylosen 1020.
— arthrit. Muskelatrophie 1020'.
— Derangement interne 1020.
— Erguss, Behandlung 1023.
— Gelenkkörper 1021, 1022.
— Hypertrophie der Synovial-
Zotten 1022.
— intraartikuläre Lipome 1022.
— Lipoma 1020.
— Lipoma arborescens 1021,
1022.
— menisken 965.
— Osteochondritis dissecans
1021.
— Osteon 1020.
— pathol. Veränderungen des
Fettgewebes 1022.
— Radiographie 1016, 1017.
•- Resektion 980, 981.
operat. Resultat 1019.
Verkrümmung d. Beines
1019, 1020.
— Sarcoma intraarticulare
1023.
— septische Affektionen 1024,
1025.
75*
1188
Jahresbericht fOr Ghirargie. üf. Teil.
Kniegelenk, Sireckapparat
960 ff., 978.
— Syphilis 1024.
—Tuberkulose 1017,1019,1117.
operat, Behandlung 1017
-1019.
— Verletzungen 1023.
— ZerreissuDg der Kreuzbänder
966.
Kniescheibenbruch 152.
Knochen, Einfluss d. Muskeln
auf die 198.
— Geschwülste 1118.
— kongenitale Eni Wickelungs-
hemmungen 201.
— bei Typhus 196, 199, 203.
— abszess, osteo-myelitischer
203.
— aktinomykose 196, 203.
— unter Krankheitsbild der
Osteomyelitis 204.
— amputation, Bungesche Me-
thode, Modifikat. von Casati
34.
— aneurysma 867.
— atrophie 195, 200.
— akute nach entzündlichen
Prozessen 200.
— bei gonorrhoischer Arthritis
200.
— Heilbarkeit 201.
— nach Trauma 200.
— Unfallgesetzgebung bei 200.
—deformitäten, Entstehung der
199.
— erkrankungen. Allgemeines
über 195 f., 198.
— ersatz durch Zelluloid 197,
205, 208.
— exostosen, multiple 209.
kattilaginftre 209, 210.
— herde entzündliche, Be-
ziehung zur Arterienverzwei-
gung i:02.
Entstehung 202.
— infarkte 196, 203.
—klammer 190.
— naht, intraorale 384.
— neubildung 197, 205.
— nach Knorpelimplantation
207.
— in Nieren nach Implantation
von toten Knochen 206.
-plastik 185.
— funktionelle Anpassung bei
213.
-plomben 1018.
— von kalziniertem Knochen
207.
—plombierung 197, 205.
—bei akuter Osteomyelitis 207.
— Desinfektion vor der 208.
— Jodoformknochenplombe
207, 208.
— reproduktion , heteroplasti-
sche 206.
—tuberkulöse 196, 203.
— vom chemischen Stand-
punkte aus 204.
Knochentumören mit Kalk-
metastasen 231.
— wachstumsstdrungen 195,
201.
—mark bei Staphylokokken-
infektion 37.
Knorpel, kflnstl. Lftsionen
der 198.
— bildung bei Frakturheilung
185.
— neubildung 198.
— suppurative Phlogose bei
199.
Knotenbildung des Darmes,
Mechanismus der 617.
Kochsalz infusion bei dif-
fuser eitrige;* Peritonitis 519.
— lösung. physiologische 156.
K 0 k a i n in der Ophthalmologie
-Adrenalin 32, 33.
— bei akut entzündl. Prozessen
27.
— bei Zahneztraktioneu 26.
— anästhesie 24—26, 28.
— Diskussion darüber 24.
— Lokale Störungen 24.
— örtliche Wirkung 25.
— bei septischen Laparotomien
539.
Kollargoliniektionen
intravenöse bei septischen
Erkrankungen 54—56.
Wirkung 55.
Kolonkarzinom 553.
— transversum, Implantation
in das Rektum 633.
Kolotomie 701.
Kontrakturen, kozitische
1012.
Kontusionen 120.
K 0 p f ,Scbussverletzungen 330.
— nicker, Hftmatom 417.
— tetanus 64, 65.
Körper flfissigkeiten, Bestim-
mung der elektrischen Leit-
fähigkeit 805, 806.
—Säfte, hämolytischeWirkung
232.
Kot ekzem, permanentes Stad.
gegen 542.
— nsteln,operative Behandlung
634.
— Verschluss 541.
Krebs erkrankungen in der
Schweiz 244.
— komitee in Ungarn 1 139,1140.
—Parasitismus 228 f.
— und Verdauungsvakuolen
229.
— Rezidive bei 252.
Kreuz band er, Ruptur 1023,
1024.
Kriegschirurgie 1129
-1135.
— Antiseptik n. Aseptik 1130.
— Behandlung im Feldlazarett
1131.
— — auf dem Schlachtfeld
1133.
Kriegschirnrgie, Ktfab-
rungen im SfidafrikaDHcbea
Kriege 1132, 1133.
— EzpiosionsschQBse llHl
1132.
— in der alten Eidgenossen-
schaft 1131.
— Seh Usaverletzungen lloL
1135.
— Verbandstoffe find. llSi
— Verwendbark, von Schvia-
men 1131.
Kropffisteln 404. 405.
Kryo skopie des Blutes 8(^.
Kryptorchismas, Tberape
Kryptoskioakop zur Prü-
fung des Hftrtegrades der
Röntgenröhren 117.
Kümmel sehe Krankheit lOS^.
1031.
Knnstfehler bei Frakturen
187.
Künstliche Atmung caek
Schäfer 9.
Kyphoskoliose 1048.1049.
Kyphose, Behandlang 10^.
1039.
Labyrinthoperationen
320.
Lachgasnarkoae 19—20.
— Apparat von Hewitt 20l
Lähmung des Armes dord
Geburtstrauma 909.
— Behandlung 909, 910.
— des Armes, traamatascke
1138.
— isolierte des Mose. GLutwos
med. n. min. 998.
— d. Nerv, ischiadicos derDefa*
nunff 993.
— d. N. Peronaeua, operatiTe
I Behandlung 978.
nach Trauma 992.
'— d€S Nervus radialis 911,912.
Behandl. durch Moakel-
transplantation 911, 912.
bei Ankylose des Ell-
bogengelenkes 917.
bei Oberarmf raktar 91Q.
operat Behandlnng 910.
— spondvlitische 1035— 10o8.
— des Unterarms bei Frak-
turen am unteren Humens-
ende 910.
Lähmungen bei Kllbogei-
luzation 911.
Laminektom i je 1058, 10^
Laparocele, Ätiologie 507.
Laparotomie bei Appeodi-
citis 605.
— Thrombose a. Embolie nac&
488, 489.
— und Ventralhemien 508.
Laparotomien 503, 504.
Sach-Register.
1189
Laparotomien nach pene-
trierenden Wanden 548.
Laryngektomie 424, 425.
L a r y n X , Amy loidbildang 449.
— Comu laryngeara 449.
— Intubation bei Stenosen 451
bia 458.
— Papillome multiple 448.
—Stenose 455.
nach Tracheotomie 459.
Leber abszess 751 ff.
— — Differentialdiagnose mit
infektiöser Hepatitis 751.
tropischer 751—758.
tuberkulöser 747, 748.
— Adenom 754, 755.
— Aktinomykose 743-748.
— anomalien 740.
— atropbie, akute gelbe 747.
nach Appendektomie
753
nach Operation 603.
— karzinom 755.
— Chirurg. Krankheiten 786 ff.
— cirrhose 743 ff.
alkoholische Frühascites
529.
ascitische 744—747.
operative 744, 745.
— Deformierung 738.
— Echinococcus 749 ff.
— Hämangiom 754.
— Hämostase 743.
bei Resektion 738, 739.
— Kystom 750.
— Neoplasmen 755.
— operative 741, 744.
— Resektion 737, 738.
— Schussverletznngen 743.
— Syphilis 743—74«.
— Taimasche Operation 745,
bis 747.
— Tuberkulose 743 ff.
— Tumoren 753 ff.
— Untersuchung 738.
— Verletzungen 741 ff.
— Wiederherstellung d. Blut-
kreislaufs nach Operationen
745, 746.
Leichentuberkel 73.
Leistenhernie 721.
direkte beim Weibe 721.
— kanal, Fetthemie im 719.
Leitungsanästhesie nach
Braun 28, 29.
Lepra 109-110.
— - Y erbreit ungs weise 110.
— bazillen, Kultur 109, 110.
Leptomeningitis,otogene
320.
Leukämie, myelogene 1099.
Leukocytenzahl bei Ty-
phus 563, 564.
Leukocvtose 1157.
Leukoplasie 231.
Lidemphysem, traumati-
sches 296.
Lider, Karzinom 806.
— Cysten, durchsichtige 306.
Lider, Gangrän bei Neuge-
borenen 306.
— Pseudoleukämische Lym-
phome 305.
— Sarkom 306.
Ligaturen, Ansstossung
nicht resorbierbarer 52.
Lipom, grosses, eines Ap-
pendix epiploicus 531.
— retroneritoneal, rezidivie-
rend 586.
— d. Planta pedis 1001.
— symmetrisches 253.
Lipome, tiefsitzende 253.
Lipomyxomder Achselhöhle
251.
Lippenkarzinom 883.
— plastik 883. 384.
Litholapaxie 870.
Lithotripsie 871.
Lokalanästhesie 6.23-31.
— durch Kokain 984.
Luft eintritt in Venen 168.
Punktion des Herzens
bei 168.
— embolie, Vermeiddng v. 156.
—röhre 453 ff.
Lunge 482 ff.
— Abszesse 486, 490, 491, 494.
— Karzinom 494.
— Delormesche Dekortikation
481.
— Echinococcus 495, 496.
— Gangrän 490.
— Hernie, traumatische 485,
486.
— Neuritis im Gefolge von
Karzinom 494, 495.
— Schüsse, penetrierende 487.
— Tuberkulose, Cinnamon-So-
lution bei 247.
traumatische 484, 485.
— Tumor 492, 498.
— Chirurgie 496.
Grundriss der 493, 494.
— Gallengangfistel 772, 773.
Lupus 129.
— Behandlung nach Credo 126.
— Ferrum candens bei 129.
— Lichtbehandlung 126— 128;
s. Finsenbehandlung.
— Lichtbehandlung, mit Eisen-
licht 124.
— Mischiofektion bei 130.
— primärer u. sekundärer 128.
— rote Salzsäure bei 129.
— Röntgenstrahlen bei 129.
— Röntgenbestrahlung mit
chir. Behandlung 116.
— Tuberkulin bei 129.
L u X a t i 0 , cla vicnlae supra-
spinata 926. 927.
— numeri infracoracoidea
durch Mnskelzug 928.
subcoracoidalis 927.
Reposition 927, 928.
— iliaca bei Kinderlähmung
954.
— ossis scaphoid. et lanati930.
L u X a t i 0 sternodavicularis
durch chronisch wirkendes
Trauma 927.
— suprapubica, Sektionsbefund
953, 954.
— ulnae nach hinten 928.
Resektion 928, 929.
Luxation des Ellbogens, Läh-
mungen bei 911.
— des Epistropheus 1062.
— der Extensorensehnen der
Finger 914, 915.
— des Fusses 970.
— habitnelle durch Knochen-
defekte 191.
— des Handgelenkes, progres-
sive 198.
spontane 929, 930.
— im Höftgelenk 953, 954.
spontane 1014.
willkürliche 1014.
— des Knies 959, 1023, 1024.
— der Patella 960.
— progressive d. Handgelenks
— der Schulter, habituelle 928.
operative Methode.
bei Svringomyelie 928.
— des Semilunarknorpels 965,
966, 1028.
— der Wirbelsäule 1026, 1027.
Lymphangiom, diffuses 134.
— des Vorderarms 183.
Lymphangioma caverno-
sum 904, 996.
L y m p h bahnen perforierende
des Zwerchfelles 505, 506.
— drüsen 170.
Ausräumung 170.
— extravasat nach Trauma 996.
-gefässe der Appendix 607,
608.
— gefässerkranknngen 170.
— gefftssvaricen bei Gravidität
996.
—Sarkome des Darmes 551.
Lysoform 56.
Magen, akute Dilatation 600.
— Affektionen, gutartige, Ope-
ration bei 647.
— blutungen 648.
diffuse, septische 600.
—Chirurgie 639.
— Dilatation 667, 679.
— — Behandlung d. Gastro-
plikation 660.
— exstirpation, totale 654, 655.
— Fremdkörper 655, 658.
— geschwür, rundes 645.
s. Ulcus ventric.
— gutartige Stenosen, opera-
tive Behandlung 665, 666,
667.
—karzinom 243.
Operationsindikation 647 ^
1190
Jahresbericht für Ghirorgie. III. Teil.
Magen, Injektion von SSnren
und Laugen 658.
— luet. Geschwür 104.
— Operationen , Vorberei-
tungen 666, 667.
—Perforation und Magenperi-
tonitis 516.
—Peritonitis, Ätiologie und
Chirurgie 516, 517.
— resektion 698.
— Schleimpolypen 690.
—Bchuss wunden 656.
— traumatische Ruptur 657,
658,
— Tumoren, ausser Karzinom
(s. d.) 688, 689, 690.
— Ulcus carcinoroatosum 687.
— und Darmbewegungen 589.
Abhängigkeit vom Gross-
hirn 539.
— Verletzungen 655.
— Verletzungen und chirur-
gische Krankheiten 637.
— Volvulus 660.
Magnesiumpfeile bei ka-
vernösen Tumoren 251.
Makroglossie 364, 865.
Mal perforant 1000, 1001.
— Röntgenstrahlen bei 238.
Malaria, Milz 1094—1099.
Maligne Tumoren 257.
Malpighische Körper,
zweigeteilte 774.
Mamma, Abszess, chroni-
scher 467.
— Adeuo-Fibro-Myxo-Sarkom
473.
— Amputation wegen Karzi-
nom 471, 472.
— karzinom 237, 238, 243, 471
bis 474.
— Röntgenbehandlung bei
Karzinom 474, 475.
— Tuberkulose 468.
— unblutige Behandlung cysti-
scher Tumoren 474.
Mandel, Epithelialcyste der
377.
— Erkrankungen 374 ff.
— Verhalten bei Tuberkulö.<3en
375, 376.
Massage bei Frakturen 189.
Mastdarm, Prolaps 699.
—Vorfall nach Krebsoperation
569.
Mastoiditis 317.
Mastitis puerperalis, Opera-
tionsverfahren nach Harden-
heuer 468.
M a X i 1 1 a sup , Fibrosar k om
393, 894.
Meckelsches Divertikel
in einem Bruch sack 721.
evaginiertes 547.
Ileus durch 625.
offenes 547.
mit Vorfall der Darm-
schleimhaut 548.
M e d u 1 1 a oblongata, Gliom
der 280.
Megakolon 561.
Melanosarkom 136.
— alveoläres des Afters 551.
— des Unterschenkels 245.
Meningitis 269, 271.
— traumatica 262.
Meningocelen 269.
Mesenterialgefässe,
Thrombose und Embolie 534.
Mesenterialge'fftssvenen-
abszess 535.
Mesenterialcyste 531,536.
Mesokolonkrebs, Meta-
stase eines Mammakrebses
555.
Mesothelioma malignum
carcinomatodes 232.
Meteorismus, lokaler des
Gökum 612.
Miliartuberkulose mit
Sepsis 87-88.
Milz 1092—1099.
— Abszess 1093, 1094.
— Anatomie 1092.
— Echinococcus-Cysten 1096,
1097, 1098.
— Exstirpation 1093, 1095,
1096, 1097-1099.
— nekrose nach Appendicitis
603.
— Stieldrehung 1094.
— Tumor 1096, 1097.
— Verletzungen 1092, 1093.
Milzbrand 111.
— Ätiologie 111.
— Erkrankung des Zungen-
grundes und der seitlichen
Pharynxwand 111.
— Operative Behandlung 111.
— Pustula maligna 111.
Mittelohreiterung 315,
316, 317.
Mobilisierung der Gelenke
bei Extensionsverbändenl89.
Morphium- 8k opolamin-
narkose 21—23.
— Anwendung in der Gynä-
kologie 22, 23.
— Todesfälle bei 22, 28.
Mund, Schwierigkeit der
Krebsdiagnose 850, 351.
— boden, Dermoidcysten des
348.
—boden , Plattenepithelkrebs
349, 350.
— Schleimhaut, Erkrankungen
der 346 ff.
Murphy knöpf 646,653,654.
— bei Gastroenterostomie 649.
— in der Magen-Darmcbirur-
gie 631.
— und Modifikationen 543,
544, 545.
Muskel abszess 146.
' —defekte, angeborene 143.
< — dislokation 153.
I — elastizität 145.
Muskel erkrankong nach
gonorrhoischer Infektion 146.
— hämatom 142.
-hemien 997, 998.
— kavemom 146.
— kontraktionBYerhftltnisse
145.
— lähmung, iscbftoiisdie 191.
— flberpflanzoDg, totale 152.
— Veränderungen , entx&ndL,
Histologie der 149.
Muskeln, Erkrjuakimgen der
141 f.
Mycosis fnngoides 112L
Myelom 231.
— multiples bei Albnmosurie
252.
Myositis infeetioaa 147.
— ossificans 144, 146, 147, 14&
nach Amputation 148.
progressiva 151.
traumatica 146, 998, 9%.
— progressiva 147.
— syphilitica 149.
— traumatica 146, 14&
Myxolipom des Mesokoloa
531.
— retroperitoneal 536.
Nabel, Erkrankungen des 509.
— adenom 510.
— fistel desNeogeboronen durch
Appendix 602.
— geschwfllste durch prola-
bierte Meckelsche Divertikd
510.
embryonale 510, 511.
— hemie bei Erwachsenen und
Kindern 727.
Paraf&nprotlie8e726,727.
Radikaloperation 726,
728.
— sehnenbmch 510, 727.
Nachkrankheiten verletfr
ter Knochen und Gelenkr
191.
Nacken, Keloid nach Akne
416.
Nagel in der Appendix 607.
Nähnadel, Enttemang ia
Dünndarm 629.
Nährklystiere 692, 693.
Naht, versenkte, entfembaR
nach Milton 34.
Narbengewebe, elastische
Fasern in 36.
—platzung nach Laparotomie
507.
Narbige Furche durch Dmck
des Nabelstranges bei der
Geburt 508.
N arko se, allgemeine bei Ileus
543.
— bei akuten und chronis^eB
Krankheiten 6 ff., 8.
Sach-Register.
1191
Narkose, Beginn darch Co-
dein phospboric. 14.
Herniae 12.
Moiphin 14.
— bei Fettleibigkeit 8.
— Frttbnarkose und Halbnar-
kose 7.
— in der Gynäkologie 14.
— bei Magendarmoperationen
639, 648.
— bei maskelstarken und mus-
kelscbwacben Individuen 7.
— bei nervösen und erregten
Personen 8, 12.
— pulmonale 10.
— bei Rauchern 8.
— Vorbereitung d. Fat. 7.
Behandlung des Magens
15.
— — durch Tinet. Strophanti
etc. 12.
— Wirkung auf Lunge 8.
— Lähmungen 84.
Narkotika, Idiosynkrasie etc.
8.
Narkotil 20-21.
Nase, Karzinom 824, 828.
— Chirurg. Krankheiten 321 ff.
— Cbromatgeschwüre 825.
— Kongenitale Missbildung
823.
* Spaltbildung 344.
— llVemdkörper in der 825.
— Knochencysten in den pneu-
matischen Zellen der 826.
— nach operative Behandlung
826.
— Schleimhautlupus 326.
— Spindelzellensarkom 826.
— Talgdi-Üsenkarzinom 324.
— Tuberkulose 825, 826.
— Verletzungen 321 ff.
— Chirurgie 826.
— deformität, Paraffininjektion
bei 447.
— muschel, Angiosarkom 326.
— nebenhöhlen, Kasuistisches
zur Pathologie der 827.
empyem 327.
— polypen, Operationsmethode
325.
— rttcken, Dermoidcyste des
323.
— scheiden wandabszess 325.
—stein 325.
—Stenose, Operation 326.
—Synechie 328.
— Wurzel, Basalzellenkrebs 327.
328.
Nasopharyngealf ihrem
424.
Naviculare bipartitum 901,
902.
Nebenhoden, Resektion 880,
881.
Nebenniere 886 ff.
— Adenom 887.
— Atrophie 837.
— Karzinom 838.
Nebenniere, Degeneration
837.
— Flimmerepithelcyste 837.
— Lymphangiom 887.
— Morbus Addison 837.
— Tuberkulose 836, 838.
— Tumor 836.
— Geschwülste 838.
— Gewebe 837.
— Saft 836.
— Substanz und Tuberkulose
837.
Nebenschilddrüse 405.
Necrosis empbysematosa
Fraenkel 39.
Nekrose durch Verbanddruck
261, 262.
Nephrektomie 823, 824,833
bis 835.
— extraperitoneale 821.
— lumbale 820.
— paraperitoneale 821.
— transperitoneale 818, 819.
— und Nephropexie 785.
— Wirkung von NaCl auf
Autointoxikation 778.
Nephritis acuta 825 ff.
— Behandlung 832.
chirurgische 827—838.
— chronica 825 ff.
— posttraumatica 782.
— Salzstoffwechsel 809.
— traumatica 781.
Nephrolithiasis 796 ff.
— Diagnose 798, 799, 800.
— Differentialdiagnose 799.
— Operatives 797, 798.
-— u. Lebensversicherung 798.
Nephropexie 783—788.
— bei Nephritis 828, 829.
Nenhrorrhaphie 781, 782,
— bei Hydronephrosis 784.
Nephrektomie 824.
— bei Nephritis 828.
Nervenanastomosen 178.
— dehnung 173.
Folgen der 178.
— — bei Mal perforant, va-
rikösen, neurotischen Ge-
schwüren 178.
bei Neuralgien 1000.
bei Ulcus cruris u. Mal
Serforant 1000.
urchschneidung 171, 175.
-gesch Wülste 174.
des Plexus bracbialis
nach Amputation 182.
plexiform kongenitale
182.
— läsion bei Kniegelenkluxa-
tion 992.
— lösung 173.
bei Ischias 179.
bei Radialislähmung 178.
— luxation 172. 175, 176.
des Ulnaris, habituelle
176.
Nerven luxation des Ulnaris,
kongenitale 176.
traumatische 176.
-naht 172, 175, 176.
— periphere, Verletzung und
Chirurg. Erkrankung 171.
-pfroDfung 172, 176, 177.
bei Gesichtslähmung 886
bis 389.
— regeneration 171, 174.
— resektion 172.
des Ganglion Gasseri 179.
des Ischiadicus 180.
des Sympathicus 179.
— Verletzungen 171.
Nervus ischiadicus, Naht d.
998.
unblutige Dehnung 993.
— pudendus int., Resektion
1001.
-- ulnaris, Luxation 911.
operative Behandl. 911.
Netz, Dehnung von Intesti-
naldefekten durch 533.
— einlagerung zur Stillung von
Blutungen 501.
— schützende Tätigkeit des
532
— Torsion des 538, 584.
und Atrophie 53 i.
— tumor aus erweiterten Venen
581.
— Verwendung in der Bauch-
chirurgie 501.
— cystische Degeneration 538.
Neuralgie 178.
Neuritis ascendens nach
Trauma 173, 181, 992.
— des Medianus 181,
N e u r 0 m a spurium des Nerv.
suborbitalis 339, 840.
Neuro me, Ranken 182.
— Stamm 182.
Neurosen des Kolon 589.
Niere, Adeno-, Angio-, Myo-
sarkom 821.
— Alveolarkarzinom 821.
— Anatomisches 777 ff., 780.
— angeborene Missbildungen
778 ff.
— Anomalie 776, 776.
— Aplasie 776.
— Ausscheidung v. Bakterien
778.
— Bestimmung der Funktions-
unffthigkeit 807.
— Karzinom 819, 822.
— ehem. Differentialdiagnose
778.
— Chirurgie 883, 884, 835. 836.
— chirurgische Krankh. 773 ff.
— kongenitale Anomalien 774,
775.
— Cysten 816 ff.
niere 822.
kongenitale 774.
— doppelseitig 818.
— Durchblutung isolierter 779.
— Dystopie 775.
1192
Jahresbericht fftr Cbirargie. III. Teil.
Niere, eingeklemmte, £nt-
wickelang 774.
— Einwirkung von Bakterien
und ihrer Toxine 779, 780.
— Entwickeluagshemmung
775. 776.
— Fibrosarkom 818.
— fötale Riesenniere 776.
— Funktionsinsuffizienz 811.
— Gefrierpunkt 805.
— Geschwülste 816 ff.
Statistisches 818.
— Hämochromatose 779.
— fiufeisenniere 775, 776.
— Kasuistik 833 ff.
— Knorpel in der 776.
— Kuchenniere 775.
— Lehrbücher 833 ff.
— Lipo-myxo-earkom 819.
•— Liposarkom 819.
— Mxyolipofibrom 822.
— experimentelle Pathologie
806.
— Physiologie 777 ff.
— polycystische Degeneration
818.
— Rindennekrose bei Puerpera
802.
— Sarkom 818.
— Verletzungen 773 ff.
— Wirkung des Chloroforms
778.
— Wirkung des Sublimats 778.
— abszesse 790.
— arterie, Tuberkelbazillenin-
jektion 793.
— ausschaltung und elektrische
Leitfähigkeit des Blutes 804,
805.
— bakteriurie 847.
— becken, Karzinom 871.
— — Lithiasis 771.
~ — multiples Papillom 821.
— — Zottengesch Wülste 821.
— —furchung 782.
-blasen tuberkulöse 795.
— blutung 815 ff.
—Cyste bei SoUt&rniere 777.
— Cysten 818.
— —stein 797.
— diagnostik, Experimentelles
810, 811.
— •— funktionelle 802 ff.
— — ohne Ureterenkatheter
814, 815.
— — und Ureterenkatheteris-
mus 807.
— dystopie 776.
— echinococcus 820, 822, 823.
_entkapselung, experimen-
teUes 826, 827.
-^ — bei Nephritis 828, 829,
830, 831—833.
— epithel, Wirkung von Koch-
salzlösung 778.
— epitheldegeneration nach In-
jektion von Aalserum 779.
— epitheliom 821.
— exstirpation 791.
Nierenfettnekrose 847.
— funktion, zur 778. 779.
— funktion und Blutgefrier-
punkt 805.
—funktion und Gefrierpunkts-
erniedrigong des Barnes 815.
— geschwulst, bestehend aus
abgesprengten Nierensteinen
821, 822.
-g;ewebe 837.
— krankheiten, Bedeutung der
Knroskopie 805.
— inuurkt, traumatischer 782.
— Operationen 823 ff.
— permeabilitAt u. Phloridzin-
diabetes 805.
— quetschnng 781.
— ruptnr durch Hofschlag 513.
— ruptur, subkutane 781.
— sarkom 821.
—Schädigung bei Erysipel.
-schw&che 847.
—Sekretion, Einfluss defibri-
nierten Blutes auf die 779.
—Sekretion, Einfluss d. Körper-
haltung 778.
-Sequester 847.
—stein, diagnostischer 797,
834, 835.
— stein , Differentialdiagnose
mit Gallenstein 797.
—stein, Therapie 797.
— Steinkoliken, l'herapie 800.
—Syphilis 845 ff.
—Syphilis und Nephritis 845,
846.
— tätigkeit, physikalische Dia-
gnostik 778.
— topogranhie 780.
—tuberkulöse 792 ff.
Chirurgisches 795.
chronische 794.
— — zur Diagnose 793.
Diagnose u. Behandlung
795.
und Nierenarterien 793.
und Tierversuche 795.
— tumoren, Diagnose 818.
Symptome 819, 820.
Varikocele bei 812.
-Untersuchung, Wert der mo-
dernen Methodik 805.
— Venenthrombose 847.
—Verletzungen 780 ff.
Behandlung 781.
subkutane 782.
—Wassersucht 847.
Noma 40.
O.
bei
Oberkiefer, Nekrose
Lues 385, 386.
— Nekrose bei Tabes 385.
— Resektion 399.
Oberschenkel, Resektion
1005.
Oberschenkel, Stelluags^
Veränderung der Epipb^se
b. Kniegelenks- Abszess lOGS».
— Tumoren 1005, 1006.
Obstruktion, chronische, d.
Cökum u. Colon ascendens
613.
ödem, kongenitftlee, d. Am«
902.
— StauungB- 121, 122.
— traumatisches 120, 121.
Behandlung 121.
Barefikat4ond.KnochaB
121.
des Handrückens 932,
933.
0 e d e m a malignom 39, 979.
ösophag, chimrg. Erkru-
kangen 426 ff., 427, 428.
- diffuse Erweitenmg441,442,
443.
— idiopathische 443, 444.
— Dilatation nach Pyloiii-
Stenose 648.
— Fremdkörper 433-436,
1142.
— Lymphgef&sse 430.
— maligne ErkrmnkangeB44ä:
— narbigeVerfinderungeniSi
— Perforation 437.
— Physiologie 429, 430.
— Resektion 434, 444, 445.
— Schussverletzungen 41^
— Sondierung 431.
ohne ßide 437, 43S.
— Spritze 431.
— Strikturen 658.
— Ulcus 436, 437.
-- Widerstandsfähigkeit 413.
Ösophagoskopie 430, 431,
433, 434, 485, 436,
Ösophagotomie 433, 431,
435, 436.
— bei Manzenextraktion 43^
433.
ösophagusblutongen 431.
— divertikel 440, 441.
— karzinom 444, 445.
— Operationen 444, 445.
— ruptur, traumatische 43L
432.
— Stenose 4S8, 439.
— striktur 438, 439, 440.
Ohr, Adenokarzinom 315.
— Angiosarkom 315.
— Chirurg. Erkrankungen des
äusseren 31 1 ff.
— Cholesteatom 315.
— Fibrolipom 315.
— Missbüdung des finfisersn
314.
— Verletzung des finsseren
311 ff
Ohrläppchen, Tuherkulose
315.
Ohrmuschel, Anteveisioiu
operative 314.
— Fibrom 315.
— Gangrän 315.
Sach-Register.
1193
Ohrmascbel, Keloide 315.
— Pyocyaneus nach operierter
Perichoodritis 317.
— Rankenangiom 315.
Oidium mykosis 140.
Olli ersehe Dekortikafcion
323.
ODychatrophia congen.
950.
Onychogryphosis 139.
Operation scystoskop von
Nitze 855.
— Übungen an Tieren 1158.
— vorbereitnngen bei Magen-
darrochirargie 647.
Opticas, Evulsio nervi opt.
296.
— Verhältnis zu den Keil- u.
Siebbeinzellen 381, 382.
— Verletzungen 295.
Opticusscheide, Fibro-
endotheliom 302, 303.
Orbita, Dermoid cysto 804.
— Echinococcus 304.
~ Epitheliom 802.
— Fremdkörper in der 320.
— kavernöses Angiom 3l4.
— Erönleinsche Operation
301-303.
— Lymphadenom 304.
— Myxosarkom 303.
— Osteom 303.
— Paraffinprothesen 310.
— Plattenepithelkarzinom 302.
— Rundzeliensarkom 303.
— Teleangiektasie 304.
— Wanderabszess 297.
Orbital a£fektionen, entzünd-
liche, Behandlung 300.
— fraktur 296.
— Phlegmone 301.
— plastik 308.
— rand, Fetttransplantation bei
adhftrenten Narben 307.
— tumoren 801, 302, 304.
symmetrische 303.
— wandcysten, para- u. intra-
sinusäre 804.
Orchidopexie 894,896,897.
Os bipartitum 1115.
— trigonum 977, 978, 1115.
Ossifikation, beteropla-
stiscbe 206.
Osteitis rareficans nach Am-
putation 982.
Osteoarthritis deformans
199, 200.
Osteoarthropathie, meta-
traumatische 220.
— nervöse, pulmonäre 220.
Osteochondritis dissecans
194, 222.
Osteogenesis imperfecta
201.
Osteom im Muse, obturator.
ini 998.
— intramuskuläres 151.
radiograph. Differential-
diagnose 151.
Osteom alacia deformans
hypertrophica 1009.
Osteomalacie 196, 204.
— Häofigkeitsabnahme 204.
— Histolog. Untersuchung der
204.
Osteomyelitis 196, 202.
— der Epiphysen 203.
~ des Hüftgelenkes 1014, 1015.
— Lymnbocyten bei 202.
— bei Neugeborenen 203.
— Seltene Komplikation bei
203.
— tibiae 1009.
— tuberkul. des Beckeos 1004.
— typhöse 204.
Osteopsathyrosis 202.
Ostitis deformans 200.
— der Epiphysen 1117.
— gummöse der Patella 103.
0 1 i t i d e n , eitrige , Leuko-
cjrten werte bei 315.
Otitische Erkrankungen 281.
— Pyämie 318, 319.
0 1 0 e e n e intrakranielle Kom-
plikationen 317, 318, 319,
320.
P.
Pachymeningitis 1035.
— externa 285.
Pagetsche Krankheit 1009.
Palmarfascie, Kontraktur
d. 913.
Panaritium, Knochenei^
krankung 933.
Pankreas 1065-1076.
— Apoplexie 1068.
operative 1068.
— Chinirgie 1067.
— Cysten 1072, 1078, 1074,
— cvstisches Adenom 1074.
— Echinococcuscysten 1096,
1097.
— Erkrankungen 1067. 1070.
— — Beziehung zur hyper-
trophischen Lebercirrhose
1072, 1073.
— Nekrose 1070, 1071.
— normales Sekret 1067.
— PseudoCyste 1074.
— Steine 1068, 1072.
— Tumoren 1072, 1073, 1075,
1076.
— Verletzungen 1067.
Pankreatitis acuta 1067,
1070, 1071, 1072.
— chronica 1068, 1072, 1073.
— gangränosa 1069.
— hämorrhagica 1070.
— Tumor vortäuschend 531.
— typhosa 1070.
Paracentese, frühzeitige
314.
Paralyse, essentielle 950.
— periphere 174.
Paralyse, spastische, bei
Kindern 979.
Paralytisches Knochenge-
lenk, Arthrodese 917.
Paranephritis 792.
Paranephritische Cysten
781.
Para renale Cysten 820.
Par Onychia, Operation 985.
Parotitis, nach Operationen
am weiblichen Genitale 354,
355.
— otogene 356.
— Sympathische bei einge-
klemmter Nabelhernie 354.
— nach Wnrmfortsatzoperation
604.
Parotis, cystische Erkran-
kungen 357.
— Endotheliom 357.
— Epithelialkrebs 358, 359.
— Tuberkulose 355, 356.
— neonlasien 356, 357.
P a t e 1 1 a , habituelle Luxation
1022.
Pectoralisdefekt, kon-
genitaler 461.
u. Haarentwickelung in
der Axilla 461.
Pellagra 111, 112.
— Blutuntersuchung 112.
— Serumbehandlung 111.
— SUtistik 112.
Pelveoperitonitis und
Appendicitis 593.
Penis, Impotenz durch An-
schwellung der dorsalen
Venen 892.
— pigmentiertes Sarkom 890.
~ maligne Tumoren 878.
— Verletzung mit Hautgangrän
878.
Perforation des Darmes
555.
Peribulbäres Karzinom 304.
— Epitheliom 306.
Pericarditis exsudativa
1080.
— > suppurativa 1080.
Periepiglottische Phleg-
mone 360.
Periherniöse Phlegmone
709, 710.
Perikardotomie 1080.
Perimyositis 998.
Perinephritis 712.
P e r i o 8 1 i t i 8 albuminosa 1006.
— mastoidea syphilitica 261.
Perisinuöser Abszess 285.
Peritheliome der Haut 136.
Peritoneum, Chirurgie 497.
— parietale Substanzverluste
501, 502.
Peritonisation 501.
Peritonitis, akute 515.
— chronische 525.
— diffuse Behandlung 519.
— diffus -eitrige seltene Ein-
gangswege für 519.
1194
Jahresbericht für Chimrgie. IIL Teil.
Peritonits, diffus -eitrige,
bei Wurmfortsatzgangrän
604.
— fibrinös-eitrige nach Appen-
dixperforation 520.
— gonorrhoische 521.
—nach Magenperforation 669ff.
— septische Ertrinken in
fäkalem Erbrochenen bei
der Operation 539.
— sero-fibrinöse nach akuter
Enteritis 520.
— Spülungen bei 583.
— tuberkulöse 522.
— tuberculosa nach Bauch-
typhus 527.
Heilung der 524.
interne Behandlung 526.
Heilung durch Jod- Jod-
injektionen 527.
Pathologie und Therapie
523, 524.
Resultate nach Operation
526.
Spontanheilung 526. 527.
traumatica mit Ileus 527.
— und Vagus 517, 518.
Periurethralabszess 1085.
Perlmutter Osteomye-
litis 200.
Peronftusparalyse 181.
— nach schweren Geburten
182.
Perthes scher Symptomen-
komplex 462.
Pes calcaneus paralyiicus 152.
— equino-varus 151.
— planus paralyticus 152.
Pfählungen 515.
Pfortaderkreislauf,
Deviation 746, 747.
Pharyngealabszess, seitl.
423.
Pharyngitis, phlegmonosa
372
Pharyngotomie 425, 426.
— transhyoide 425.
Pharyngolaryngektomie
451.
Pharynx, Karzinom 424.
— Tuberkulose 422, 423.
— prothesen 425.
Phenopunktur 1018.
Phimose, Dilatator 878.
— Operation 877.
Phlegmone emphysematosa
39, '979.
— durch den Fränkelschen
Diplococcus 40.
— gloBso-epiglottica 361, 362.
Phonationsprothesen
425.
Placentarsyphilis 102.
Plastik des Quadriceps 978.
Plattfuss 1001, 1022.
— Anatomie und Mechanik
942-945.
— Apparate zur Behandlung
944.
Plattfuss, funktioneller
943.
— Operation nach Hevesi 945.
— öperationsyerfahren 948.
— Sennentransplantation 944.
Pleura 475 ff.
Pleuritis, appendikulftre
476, 477.
— diaphragmatica (Frühdia-
gnose) 477.
Pleuritische Erscheinungen
bei Operationen 34.
Plexus brachiaIid,Lähmuogen
des 176, 181.
traumatische Lftsionen
908, 909.
Verletzungen 1138.
— lähmung. doppelseitige nach
Trauma 182.
Pneumoooccus, Lokali-
sation des 38.
— Pyogene Wirkung des 37.
Pneumokokken arthritis
214.
— eiterungen in Gelenken und
Knochen 487.
-Peritonitis 488, 520, 521.
Pneumonie, Fremdkörper-
pneumonie 496, 497.
— postoperative, croupöse 34.
— traumatischeSpätpneuroooie
487.
Pneumothorax 478.
— während Chloroformnarkose
479, 480.
Poliomyelitis 1039.
Polydaktylie 902.
^ des Fusses 950.
Probe gastrotomie bei Magen-
krebs 644.
— punktion bei Appendicitis
583.
Proktostomose glutfiale
697.
Prolaps des Darmes 566.
Proliferationsstörungen
des Knorpels 210.
Prostataabszesse, Therapie
890.
— bei Blasentumoren 885.
— Hypertrophie beginnende
886.
Kastration 889.
Kauterisation 892.
Resektion des Vas de-
ferens 890, 891.
— - sexuelle Operationen 88 1 .
massage 884, 889.
—tumoren 885, 887, 889.
— enukleation bei Hypertrophie
886.
nach Freyer 887.
Prostatektomie 886, 887,
889-891.
Prostatiker ohne Prostata-
hypertrophie 855.
Prostatitis chronic, Dia-
gnose und Therapie 884.
bei Gonorrhöe 884.
Prothesen 1128. 1129.
Pruritus Taginalia 1001.
Pseudartbrose nach intra-
uteriner Fraktur 185.
Pseudo- Aktinomykoae 107.
— appendicitis 594/ 5d5.
— neurom 1057.
Psoriasis 219.
Ptosis congenita, Bebani-
lung 308.
—Operation 308, 309.
Pufskontrolleur Ton Gift-
ner 10.
Purpura hfimorrhagica bei
MesenterialgefässtliTombeae
534.
Pustula maügna 111.
Pyftmie 1140.
Pyelitis acuta 790ff:
primäre der San^iage
791.
— catarrhalis 791.
— gonorrhoica 791.
Pyelonephritisd. Scfawaa-
geren 791.
Pylephlebitia derWnmh
"(der Vena portae und septi-
sche Peritonitis 521.
Pyloroplastiken 645.
P y 1 0 r n 8 , kongeDÜale Stenose
661, 662.
— resektion 654.
—Spasmus 645.
— Striktur 658, 667.
Pyogene AllgemeinerkraB-
kungen 42 — 45.
Pyonephrose 790 ff.
— traumatische 782.
Q ueck Silber derma titis
171.
QuerkolonresektioB $54.
Rachen, chirurg. Erkraa-
kungen 421 ff.
-krebs 238, 241, 242.
— mandel, Schwell ong 377.
RadialisläkmuDg wk
Äthertnjektion 182.
Radiotherapie 122 ff^ lUd
-1127.
— aln EntfaaamngRinittd 116.
— bei HantkrankheiteB 115,
116, 1121, 1123, 1125.
— bei Hodgk inscher Sjraak-
heit 1123.
— bei Karzinom 115, IISl
— bei LungentuberkoIooellSl
— bei Lupus 127, 123. 1121.
— bei malignen Tumoieo 1^,
128. 1122—1127,
— Technik 1120. 1121.
Sach-Register.
1193
Ohrmascbel, Keloide 315.
— Py ocyaneus nach operierter
PerichoDdritis 317.
— RankeDangiom 315.
Oidium mykosis 140.
Olli ersehe Dekortikation
323.
Onychatrophia congen.
950.
Onychogryphosis 139.
OperatioDScyatoskop von
Nltze 855.
—Übungen an Tieren 1158.
— Yorbereitangen bei Magen-
darmchirurgie 647.
Optio aSy Evnisio nervi opt.
— Verhältnis zu den Keil- n.
Siebbeinzellen 381, 382.
: — Verletzungen 295.
Opticusscheide, Fibro-
endotheliom 802, 303.
[ Orbita, Dermoidcyste 304.
— Echinococcus 804.
— Epitheliom 802.
— Fremdkörper in der 320.
— kavernöses Angiom 3l4.
[ — Erönleinsche Operation
301-303.
— Lymphadenom 304.
— Myzosarkom 303.
— Osteom 303.
, — Paraffinprothesen 310.
— Plattenepithelkarzinom 302.
— Rundzellensarkom 303.
— Teleangiektasie 304.
— Wanderabszess 297.
Orbital afifektionen, entzünd-
liche, Behandlung 300.
-fraktur 296.
—Phlegmone 301.
— plastlk 308.
— rand, Fetttransplantation bei
adhftrenten Narben 307.
-tumoren 301, 302, 304.
symmetrische 303.
— wandcysten, para- u. intra-
sinusäre 3U4.
Orchidopexie 894,896,897.
Os bipartitum 1115.
— trigonum 977, 978, 1115.
Ossifikation, heteropla-
stische 206.
Osteitis rareficans nach Am-
putation 982.
Osteoarthritis deformans
199, 200.
Osteoarthropathie, meta-
traumatische 220.
— nervöse, pulmonftre 220.
Osteochondritis dissecans
194, 222.
Osteogenesis imperfecta
201.
Osteom im Mose, obturator.
int. 998.
— intramuskuläres 151.
radiograph. Differential-
diagnose 151.
Osteom alacia deformans
hypertrophica 1009.
Osteomalacie 196, 204.
— Häafigkeitsabnahme 204.
— Histolog. Untersuchung der
204.
06teom)relitis 196, 202.
— der Epiphysen 203.
— des Hüftgelenkes 1014, 1015.
— Lymnbocyten bei 202.
— bei Neugeborenen 203.
— Seltene Komplikation bei
203.
— tibiae 1009.
— tuberkul. des Beckens 1004.
— typhöse 204.
Osteopsathyrosis 202.
Ostitis deformans 200.
— der Epiphysen 1117.
— gummöse der Patella 103.
0 1 i t i d e n , eitrige , Leuko-
c^ten werte bei 315.
Otitische Erkrankungen '^81.
— Pyämie 318, 319.
0 1 o g e n e intrakranielle Kom-
plikationen 317, 318, 319,
820.
Pachymeningitis 1035.
— externa 285.
Pagetsche Krankheit 1009.
Palmarfascie, Kontraktur
d. 913.
Panaritium, Knochener^
krankung 983.
Pankreas 1065-1076.
— Apoplexie 1068.
operative 1068.
— Chirurgie 1067.
— Cysten 1072, 1073, 1074,
1075.
— cvstisches Adenom 1074.
— Echinococcuscysten 1096,
1097.
— Erkrankungen 1067, 1070.
— — Beziehung zur hyper-
trophischen Lebercirrhose
1072, 1073.
— Nekrose 1070, 1071.
— normales Sekret 1067.
— PseudoCyste 1074.
— Steine 1068, 1072.
— Tumoren 1072, 1073, 1075,
1076.
— Verletzungen 1067.
Pankreatitis acuta 1067,
1070, 1071, 1072.
— chronica 1068, 1072, 1073.
— gangränosa 1069.
— hämorrhagica 1070.
— . Tumor vortäuschend 531.
— typhosa 1070.
Paracentese, frühzeitige
314.
Paralyse, essentielle 950.
— periphere 174.
Paralyse, spastische, bei
Kindern 979.
Paralytisches Knochenge-
lenk, Arthrodese 917.
Paranephritis 792.
Paranephritische Cysten
781.
Para renale Cysten 820.
Par Onychia, Operation 985.
Parotitis, nach Operationen
am weiblichen Genitale 354,
355.
— otogene 356.
— Sympathische bei einge-
klemmter Nabelhernie 354.
— nach Wurmfortsatzoperation
604.
Parotis, cystische Erkran-
kungen 857.
— Endotheliom 357.
— Epithelialkrebs 358, 359.
— Tuberkulose 355, 356.
— neonlasien 356, 357.
P a t e 1 1 a , habituelle Luxation
1022.
Pectoralisdefekt, kon-
genitaler 461.
u. Haarentwickelung in
der Axilla 461.
Pellagra 111, 112.
— Blutuntersucbung 112.
— Serumbehandlung 111.
— SUtistik 112.
Pelveoperitonitis und
Appendicitis 593.
Penis, Impotenz durch An-
schwellung der dorsalen
Venen 892.
— pigmentiertes Sarkom 890.
— maligne Tumoren 878.
—Verletzung mit Hautgangrän
878.
Perforation des Darmes
555.
Peribulbäres Karzinom 304.
— Epitheliom 306.
Pericarditis exsudativa
1080.
— suppurativa 1080.
Periepiglottische Phleg-
mone 360.
Periherniöse Phlegmone
709, 710.
Perikardotomie 1080.
Perimyositis 998.
Perinephritis 712.
Periostitis albuminosa 1006.
— mastoidea syphilitica 261.
Perisinuöser Abszess 285.
Peritheliome der Haut 186.
Peritoneum, Chirurgie 497.
— parietale Substanzverluste
501, 502.
Peritonisatlon 501.
Peritonitis, akute 515.
— chronische 525.
— di£fuse Behandlung 519.
— diffus -eitrige seltene Ein-
gangswege für 519.
1196
Jahresbericht fQr Chirurgie. III. Teil.
Säureverletzungen deB
Magens 542.
Schädel, Erkrankangen des
knöchernen 259.
— Erkrankangen der Weich
teile 259.
— Psychische Störungen bei
Verletzungen 264, 265.
— Röntgenbehandlung bei Sar-
kom 260.
— Schnssverletzangen 262,
267, 268.
>- Tamoren des knöchernen
259.
— Tumoren d. Weichteile 259
— Verletzungen 262, 264.
— basisfraktur 264.
— — AccessoriusUbmung
nach 265.
Albuminurie nach 265.
Glykosurie nach 265.
— — Ketinalhämorrhagieen
bei 265.
Symptomenkomplex bei
267.
Venesektion bei 267.
Zylindrurie nach 265.
— dach, Echinococcus 261.
—defekte 258, 259.
Ersatz 258.
— di£formität, kongenitale 260.
— fraktnr, intrauterine 267.
— knochen, Epidermoide 261,
286.
— — Regeneration nach
Transplantation 266.
— - Tuberkulose 261.
— plastik 266.
— resektion, Schicksal der wie-
der eingepflanzten Knochen-
scheibe 257, 258.
—Schüsse 269.
penetrierende Geschoss-
extraktion 267, 268.
Headsche Zonen bei 268.
Scharlach, traumatischer,
nach Appendicektomie 606.
Scheitelbeinfraktur 267.
Scheitelgegend, Osteosar-
kom der 260, 261.
Schenkelbruch, Pseudo-
divertikel in einem 715.
Schilddrüse, Adenocarci-
nom 406, 407.
— Chirurg. Krankheiten 402 ff.
— kongenitales Cystadenom
406.
— Cystadenoma papilliforme
406.
— Fibrom 406.
— Osteochondrosarkom 407.
— Tuberkulose 404.
Schläfe, Epitheliom 332.
Czerny - Trunececksche
Methode 332.
Schläfen ab sze SS 330.
Schleichsche Lösung mit
Adrenalin 26.
Schleicbsches Narkosen-
gemisch 20.
Schleimbeutelcysten 996.1
— Erkrankungen der 223. I
— der Kniekehle, freie Knor-
pelstücke 1021.
— Neubildungen ans 223.
— über den Tro eh anter, Eite-
rung 995.
— über den Tuber ischii, Ent-
zündung und Fibrombildung
995.
Schlüsselbein, angeborene
Defekte 899.
Schwellende Finger 914.
Schnürfurchen, gangrä-
nöse Übernähung von 513.
Schnürleber 743 ff.
Schrotschussverlet-
zungen 1131^.
Schulterblatt, Oochstand,
Ätiologie 899, 900.
Therapie 900.
— Resektionen 918, 919.
funktionelles Resultat
918, 919.
Schulterluxation, kon-
genitale 900, 901.
Schussverletzung von
Arterien 1130.
— der Gefässe 1133, 1134.
Schusswunden, penetrie-
rende, Laparotomie bei 514.
Sclerosis emphysematosa
979.
Sehnen defektverschluss 152.
— Erkrankung der 141 f.
. — künstliche 151, 152.
— luxation 995.
Reposition durch Sehnen-
I bindung 147.
traumatische, unkom-
{ pli zierte 150.
-naht 149.
I — Perlmutterglanz der 144.
-plastik 143, 147, 153.
— — Heilungsvorgänge nach
: 149, 150.
\ — — bei Lähmungen und
I Kontrakturen 1140, 1141.
I bei Paralyse 950.
— runturen 149, 995.
— scneiden, Erkrankung der
I 141 f.
— scheidenhygrom, operative
; Resultate 913, 914.
, — scbeidentuberkulose 145.
— Seidenfäden bei Naht 144.
— transplantation 144, 146, 149.
I bei Arthritis 979.
I bei Kinderlähmung 979.
I —Überpflanzung 152.
I —Verkürzung 152.
—Verlängerung 152.
-vernähung, periostale 153.
-Verpflanzung nach Little-
scher Krankheit 150.
-Zellen 144.
Seidennaht, fortlaufende,
zur Vereinigung von Barm-
enden 544.
Semilunarknorpel 965.
Sensibilit fit sst drangen
bei Appendicitis 597.
Sepsis bei Appendicitis 586.
— und akuter Rheumatismus
44, 45.
Septikämie, bukkale 347.
348.
Septische Erkrankungen
Behandlung mit KoUarro!
54-56.
Serodiagnostik lldf^.
Sero-Serosanaht bei Ec-
teroanaatomose 633.
Serum Trumeczek bei
Neurasthenie, Pellagra, Ab-
ämie 111.
Sesambeine, abnorme 1114.
Sexualorgane, mfinnUdbe
876-897.
abnorme Entwickelong
877.
S h o c k , Temperatar beion
1157.
— und Shocktod 512.
Sialolithiasis 851, 352.
Siebbein, Schleimcyste des
326.
^Zellen, Mukooele der 2^
326.
Silber dr ahtn et ze b. Baoch-
muskulaturdefekten 509.
Sinus cavernosus, Thrombo-
phlebitis pnrulent« 271.
— lateralis, Thrombophlebitiä
284.
— longitudinalis, Schuasver-
letzung 268. 269.
— sigmoideus 282.
— Phlebitis 285.
— thrombose 281, 284.
— thrombosen, otitische 31^,
319.
septische 319.
— verbinaungen, Varianten d.
occipitalen 282.
Sinusitis frontalis 298.
Skapula, hydatische Cvatea
1138, 1139.
— Osteomyelitis 1139.
Skirrhus mammae 241.
Skleralruptur 294.
Sklerodermie 132, 1001.
Skoliose 1089-1055.
— Ätiologie 1041, 1043, 1049.
— anatomischer Befund 1012,
1043.
— Behandlung 1044, 104S,
1050—1055.
— Behandlung mit Korsett
1051, 1052.
— bei Coxitis 1047.
— durch Halsrippen 1046.
— kongeniUle 1045, 1046.
- Mechanismus der 10^
1043, 1044.
Sach- Register.
1197
Skoliose, operative Behand-
lung 1053—1055.
— Prophylaye 1045.
~ Redressement 1050, 1051,
1052, 1053.
— Rackenmaskeln 1041.
— als Schalkrankheit 1043,
1044.
— bei Tieren 1041.
— durch Wanderniere 1047.
— Zusammenhang mit adenoi-
den Wucherungen im Nasen-
Hacbenraum 1043.
Skoliosis hysterica 1048,
1049.
— ischiadica 1046.
Skopolamin- Morphinmnar-
kose s. Morphium 21, 23.
Somn oformnarkose 19.
Spannung überpflan zter
Muskeln 153.
Spätapoplexie, posttrau-
matische 266.
Speichel drüse, Erkran kun-
gen 352 ff.
— — zur symmetrischen Er-
krankung 353, 354.
Cyste 358.
tumorenjHistogenetisches
357, 358.
— stein im ductus Warthonia-
nus 354.
Spina bifida 1059, 1065.
— ventosa, Müllersche Ope-
ration 918.
Spindelzellensarkom 249.
Spin ofaciale, Anastomosen
337, 338.
Spiralbrache 188.
Splanchino]^ tose 540.
Splenektomie s. Milzex-
stirp. 1093.
Spondylitis bei Infektions-
krankheiten 1033, 1034.
— traumatica 1030.
-- tuberculosa 1034-1039.
Behandlung 1038.
Kasuistik 1035-1038.
Spongiosabau der oberen
Extremit. 916, 917.
Staitinoderma 132.
Staphylokokkeninfektion,
Verhalten d. Knochenmarks
37.
Staphylococcus aureus als
Erreger der Botryomykose
107.
Staphylomykose 1142.
Steine im Wurmfortsatz
594.
— niere 799.
Stenosen des Darmes 559.
Sterkoraltyphlitis 595.
Sterilisation der Ffiden
50-52.
— des Verbandsmaterials, der
Instrumente und Schwämme
52.
Stichverletzung des Ma-
gens, der Gallenblase und
des Duodenum 656.
Stimmband, Karzinom 450,
451.
Stirnhohle, Erkrankungen
269.
— Fremdkörper in d. 1139.
— empyem 269, 328.
— wand , kosmetische Resul-
tate nach Resektion 269.
Prothese 334.
Strangulation des Darmes
615.
— ileus, zweisitzige 616.
Streptococcus-Prodigio-
snssterilisation 238.
Streptokokken, Gifte der
37.
Strictura intestinalis syphi-
litica 690, 691.
Strikturen des Darmes 555.
Struma 404, 405, 406.
— accessoria 1141.
— kongenitale 406.
— endothorakischer Riesen-
kropf 461, 462.
— intrabracheale 449.
S trumektomie, Kokainan-
ästhesie 408.
— Vago-pneumonitis nach 405.
Subkutin Ritserts 30.
Subluxation des Handge-
lenkes 192.
Submaxillar drase, Lymph-
knoten 854.
entzQnd liehe Tumoren
374, 375.
— gegend, Chondrom der 357.
Subphrenischer Abszess
605, 749, 750, 751.
S übst an z Verlust deckun-
g e n bei Magendarmwunden
653.
Sudecksche Atrophie 186.
Symblepharon 309.
Sympathicusresektion
173.
Symphysis sacroiliaca, Re-
sektion 1004.
Tuberkulose d. 1035.
Symptomentstehung bei
Darmerkrankungen 569.
Syndaktylie, Operations-
verfahren von Katzenstein
902, 903.
Synovialmetastasen,
blenorrhoische.
Syphilis 101—104.
— im Altertum 130.
— des Darmes 557.
— Exzision des Primäraffektes
130.
— experimentelle an Anthro-
poiden 103.
— Frühstadium 103.
— GelenkaiFektionen 103.
— hereditaria 1009.
tarda 103.
Syphilis, Infektion 102.
— tertiäre 102, 103.
— Vererbung 101, 102.
Syringomyelie, Gelenker-
krank, bei 219.
— Kasuistik 1048.
— und Myositis ossificans 148.
Tabaksbeutelnaht bei
Darmlumenverschluss 540.
Tabes 1033.
Talma sehe Operation 529.
Tarsektomie 1011.
Technik bei Operation von
Tumoren 251.
Temperaturmaximum bei
Apnendicitis 606.
Tenaovaginitis crepitans
998.
Tenodese 146.
— eine Form partieller Arthro-
dese 151.
Tetanus 59 ff.
— Antitoxinbehandlnng 66.
— nach Gelatineinjektionen 63.
— Injektion von Uimemulsion
68.
Karbolsäure 68.
— Kasuistik 66, 67.
— kryptogenetischer 62, 63.
— Pattiogenese 59, 60.
— Therapie 63—68.
— Wirkung des Tetanusgiftes
60-62.
— antitoxin, Wirkung auf in-
fizierte Wunden 62.
Thorakoplastik 461.
— nach Schede 481.
-tomie 1079, 1080.
Thorax, chirurgische Er-
krankungen 460 ff.
— Per f oratio duplex 465.
— Resektion 464, 465.
— Stich- u. Schussverletzungen
466, 467, 477. 478.
— Verletzungen 460 ff.
— deform itfiten im Zusammen-
hang zu Skoliose und ade-
noiden Vegetationen 462.
Th r ä n e n drQse, Angiosarkom
307.
— sackfistel 306.
— sackgegeod, Karzinom der
306.
Thrombose nach Appendi-
citisoperation 581, 5o2.
— der Mesenterialarterien 534.
Thymus 409, 410.
— Ausschaltung 409.
— Status thymicus 410.
— Stridor congenit. 410.
Thyreoidea 404 ff.
— Tierversuche an 404.
Thyreoidektomie 405.
— Frakturheilung bei 186.
1198
Jahresbericht ffir Chirurgie. III. Teil
ThyreoidismuB nach
Thyreoidektomie 408.
Thyreoiditis acuta 404.
— bei Typhus 404.
T i b i a , Absprengungsfraktur
des Tibiarandes.
— Behandlung der Knochen-
höhlen 1007, 1008.
— Längsfissur d. oberen Tibia-
endes 967.
— Pseudartbrose 1008, 1009.
— Sarkom, Auskratzung 1008.
— Splitterfraktur 967.
—Verletzung 967.
Tonsille, Abszesse 876.
— Fibrolipom 378.
— Enochenbildung in d. 378.
— Knorpel bildung 378.
— Tonsilla pendula 377, 378.
Tonsillotom 875.
Tonsillotomie 376, 377.
Tophi arthritici 218.
Tor ti colli 8 177, 417, 418.
— congenita 417.
— mentalis 417.
— spasticus 417, 418.
Totalexstirpation des
Magens bei Hunden 655.
Toxämie und Pyämie 44.
Trachea, multiple Ekchon-
drosen 455.
— Resektion 455, 456.
T r a c h e a 1 defekt, Mangoldt-
sches Verfahren 455.
— doppelkanOle v. Tavel 455.
Tracheotomie, Arrosions-
blutung durch Eanalendecu-
bitus 459.
— Decaoulement 1159.
— Decanulementsschwierig-
keiten 459.
— SpätstOrungen nach 456.
— tödliche Blutung nach 459.
Transfusion mit Salzwasser
und Zuckerlösung 157.
Transplantation 118-120.
— eingetrockneter Epidermis-
läppchen 118.
— Krausesche Lappenplastik
118, 119.
— nach Thiersch 119, 120.
am Schädel 264.
Transport von Appendicitis-
kranken 580.
Tr an ssudations vor gange
am Bauchfell 498. •
Trepanation, Todesfälle
nach 259.
Tri ge minus äste, Neurezai-
rese der 179.
— neuralgie 271, 341.
— resektion 173.
am II. Ast 341, 342.
am III. Ast 271, 272,
342.
Guttaperchaeinlage bei
340.
Tropakokain 25, 28, 31,
32.
Tubentuberkulose und
tuberkulöse Peritonitis 525.
Tuberculum maxillare des
Keilbeines 178.
Tuberkelbazillen, Nach-
weis im Harn 89.
in pathol. Ergüssen 89.
durch Tierversuche und
Inoskopie 89, 90.
— Virulenz bei Menschen und
Rindern 80.
— Wirkung abgetöteter nnd
ihrer Toxine 96, 97.
Tuberkulin 96.
Tuberkulose 70-101.
— Ätiologie 74, 76. 87.
— die besondere Disposition
74. 75, 86. 87.
— des Darmes 557.
— Stenosen bei 558.
— Eigenartige Formen 93, 94.
^ Einteilung d. 93.
— experimentelle 76, 86.
— dos Fusses beim Kind 1010.
— Fütterungstnberkulose an
Affen 80.
— der Gaumen und Rachen-
tonsillen 88.
— der Gefässe in bezug zur
Miliartuberkulose 88.
~ Häufigkeit 74.
— Hodentuberkulose 90.
— der Hühner 77.
— Immunisierung 94—96.
von Rindern 77.
— Impftuberkulose 72, 73, 85.
— Infektion vom Darm aus
83, 84, 85, 557.
— Inhalationstuberkulose 73.
— Kasuistik zur Frage der
Übertragbarkeit der Rinder-
tuberkulose auf d. Menschen
79, 85.
— Leichentuberkulose 72, 73.
— der Leistendrüsen 996.
— - Menschen- und Rindertuber^
kulose 73, 74, 76-80.
— Menschen- und Schweine-
tuberkulose 83«
— Nachweis latenter 90.
— der Nates nach Tuberkulin-
injektion 997.
— der Placenta 88.
— primäre der quergestreiften
Muskeln 153.
— Prophylaxe 82.
— Therapie 96—101.
Chirurg. Behandlung 98.
Elektrisches Licht 100.
Jodoforminjektion 99.
Jodolinjektion 99, lüO.
Kalomel bei Frühtuber-
kulose 100, 101.
klimatische 98. 99.
Prinzip der Dauerheilung
100.
Tuberkulioinjektion 96.
— Traumatische Lokaltuber-
kulose 87.
Tuberkulose, Übertmgbar-
keit durch Eahmilch 79, ^.
— Sperma 86.
auf verschiedeoe Tier-
arten 81—83.
— verrucosa cotia 85. 86.
— Versuche an Bindern raü
T. B. verschiedener Herkunft
78. 79.
— bei Zigarrenarbett^m.
Tumoren der Knochen
197, 209.
Diagnose darch BSot-
genbild 209.
— maligne Genese der 290.
— des Muse, psoas and Muse:
iliacns 997.
— rapides Wachsen 531.
— retroperitoneale 536.
— tuberkulöse des Blinddarmes
588.
Typhlitis, akute 556.
— primäre akute 595.
— reine 566, 584.
— stercoralis 579.
Typhusgeschwür, Chirorg.
Behandlung bei Perforatioo
563, 554.
— periostitischer Abszess bei
203.
ülera varicoaa 991.
Ulcus cruris 984» 1000, lÜOL
Karzinom nach 2d3.
— duodeni 667, 668.
— pepticum 677, 678.
— rodens 236, 237. 238, m
240, 241, 242, 246.
Behandlung mit Köat-
genstrahlen 127, 139.
— typhosum, Operation 564.
— ventriculi 665—677.
Blutungen 608.
— — operative Behandlosg
665-676.
Operation bei Blntoneai
667, 668.
operat Behdlg., Durch-
schneiden des 8. Interkostal-
nerven 677.
Perforation, Kasoi&iik a.
operative Behandlung der-
selben 668, 669—677.
Perigastritis bei 666.
träum aticus 655.
Umbilikalhernien 726 iL
Umbilikalvene, Phlebitis
und Thrombophlebitis ö&
Pfortader 511.
Unterbindung der Ycbj
Cava inf. 168.
— der Venen 168.
Unterkiefer, Aktisomyko»
384.
_ — centrale 385.
— Epitheliom 394, 395.
Sach-Register.
1199
ünterkieferankylose 386
bis 389.
-fraktur 383.
—köpf, nekrotischer in der
Paukenhöhle 386.
-laxation 384.
— Prothesen 398, 399.
— resektion 397—399.
— tumoren 396, 397.
Unterleibsbrüche, Begut-
achtung 716.
— zur Kasuistik 715.
Unternierenzitter-
drflckung 540.
Unterschenkel, Frakturen,
Dislocatio ad peripheriam
967.
— osteoplast. Amputation 981.
— Pottsche Fraktur 968.
— Schussverletzung 1000.
— Spiralbrücke 967, 968.
— supramalleolare Frakturen
969.
— Tumoren 1008.
Urachusfistel 863.
— tuberkulöse 511.
Urämie 800, 801, 802.
Ureter, multiple Papillome
841.
— Parafünabgüsse 841.
— Verdoppelung 859, 863.
Ureteratresie 842.
—Cysten 839.
— cystoskop 808, 809.
— divertikel 839.
— Implantation in der Blase
aS9, 840, 841, 842.
in den Darm 839, 840,
841.
— Prolaps 840.
— prothese 840, 842.
—resektion 839, 840.
—verlauf 842.
Ureterenanomalie 842.
— kathetei-iamus 804, 805, 807,
808.
mit Radiographie in der
Diagnostik 847.
— plastik 839, 841.
— riss 840.
—stein 797, 839.
Urethra 1081—1091.
— Defekte, Implantation 1088.
Mobilisierung 1088.
— Fremdkörper 1091.
— Injektionen in die 1084.
— Resektion bei Striktur 890.
— Rupturen 1083, 1084.
— Streptokokken in der 1084.
— ätrikturen , Behandlung
1055, 1086-1089.
— - kongenitale 1085— 1089.
— Tuberkulose 1085-1090.
— Tumoren 1090, 1091.
Urethrocystotomie 852,
853.
Urethrotomia vaginalis
1089, 1090.
Urethrotomia ext., Auf-
finden des genitalen Harn-
röhrenendes 1088, 1089.
— int. 1088.
Urin, Rückströmen des 852.
— Separieren 808, 809, 810.
— abszesse 1084.
—Infiltration 1084.
-Separator 805, 855.
Uroeenitalsystero, Ano-
malien 1158.
—tuberkulöse 877, 893.
Behandlung 893.
experimentelle 893.
Oronepnrose 790.
Uterus fibroide und Earzi-
nome 252.
— fibrome und Ovarialcysten
251.
V.
Vagusreizung 175.
Varicen 169, 896.
— Durchschneidung des Sa-
phenastammes 169.
— Totalexstirpation des Sa-
phenastammes 169.
— Operation 989-991.
Varicocele 896, 897.
— Ätiologie 897.
— Therapie 892.
Varix am Unterarm 906.
Vena angularis, Unterbindung
bei Phlebitis 329.
— azygos, Venengeräusche an
der 487, 488.
— femoralis, Naht 987.
Unterbindung 987, 988.
Venen 169.
— entzündung 170.
Effleurage bei 170.
— sackförmige Dilatation 170.
Verbände, Alkohol 58.
— austrocknende 58.
— trockene und feuchte 57.
Verbrennungen 114.
— Behandlung 114.
Vergiftungen, Immunität
gegen Schlangengift 69.
— der Brust- und Bauchhöhle
514.
Verödung eines Arterienge-
bietes durch Injektion von
kochendem Wasser 167.
Versteifungen d. Schulter-
gelenks 193.
Vesicopexie 889.
Volvulus 616.
— des Cökum 621.
— des Dünndarms, Entstehung
617.
— der Flexura sigmoidea 636.
und Mesenterialschrump-
fong 619.
— des Kolon pelvinum 621.
— im Säuglingsalt^r 621.
— des S romanum 548.
W.
Wadenmuskel, Anomalie
976.
Wanderleber 743 ff.
— milz, operative Behandlung
1064, 1059.
— niere 783 ff.
und zyklische Albumin-
urie 788.
Behandlung 788.
Diagnose 784.
hvdronephrotische 789.
Massage 786.
Operatives 785, 786.
und Diabetes 784.
und Skoliose 783.
Wangen atrophie, Paraffin-
injektion bei 335.
— lymphdrüsen 331.
—plastik 333.
— schleimhautplastik 334, 335.
Warzenfortsatz, Karzi-
nom des 315.
— Dermoidcyste des 317.
— Verschluss des operierten
317.
Wirbelsäule 1025 ff.
— Ankylose 1032.
— Arthritis ankylopoetica
1026, 1027.
— chronische ankylosierende
Entzündung 1032, 1033.
— Zyste 1058, 1059.
— Erkrankungen, Anwendung
der* Röntgenstrahlen 1115,
1118.
— Exostose 1056.
— Osteoarthropathie bei Tabes
1033.
— Osteomyelitis acuta 1029,
1030.
— Kasuistik 1029, 1030.
— sakrale Teratome 1063,1064.
— Sarkom 1039.
— Schu 88 Verletzung 1026.
— traumatische Anl^l osel031 .
— Tumoren 1056, 1057.
— Verkrümmungen 1043.
hysterische 1048.
Lage der Speiseröhren
1048.
bei Syringomyelie 1047,
1048.
—Verletzungen, Indikation zur
Operation 102S.
Wolf fs eher Körper, Rest
des — als polyzystische Ge-
schwulst 817.
Wundbehandlung 46-50.
aseptische 46—48.
Geschichtliches 46,
47.
Bedingungen der Asep-
tik 47.
— — granulierende Wunden
47, 48.
offene 120.
1200
Jahresbericht för Chirurgie. III. Teil.
Wundheilang, Störungen der
35 --45.
— Infektion durch Geschosse
1183.
Wurmfortsatz, Inkarzera-
tion des 613.
— Obliteration 576.
— Pathologie 576.
— gangrän, Symptome 60>.
—nabeifistel 511.
Wut 68, 69.
— Ätiologie 69.
Y.
Yohimbin 31.
Zähne, Abschleif ung bei
chron. Magengeschwür 401.
— Erkrankungen 882 £f.
— Extraktion 401.
— als Ursache von Eiterungen
400, 401.
~ Lokalanästhesie 399, 400.
Zahn Cysten 390. 391.
—fleisch, Plattenepithelkrebs
des 348, 349.
Zehen, Hypertrophie lOOl.
Zunge, Adenom 366.
— Aktinomykose 863.
— halbseitige Atronhie 360.
— Karzinom 367, 368, 369.
Schwierigkeit der Dia-
gnose 370, 371.
Zunge, EpitheUom 367. 368.
— firkrankangen 359 fi.
— Exstirpation 370, 37L
— Leukoplakie 362, 363.
— Lipom 458.
— Lues 103.
— mit Pnlverbliser km-
nierter Spatel 360.
— Sarkom 866, 367.
— Tuberkulose 363. 364.
— Verlaufsanomalie der Ali
lingualis 360.
ZwerchfellhGhe 499.
— Verletzungen , Operätiaa
515.
Zylinderkrebs des Du«
252.
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